Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern [1 ed.] 9783428551835, 9783428151837

Die Arbeit beleuchtet eingehend das System des Nachteilsausgleichs im faktischen Konzern anhand der gesetzlichen Regelun

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Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern [1 ed.]
 9783428551835, 9783428151837

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 295

Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern Von

Tobias Will

Duncker & Humblot · Berlin

TOBIAS WILL

Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 295

Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern

Von

Tobias Will

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat diese Arbeit im Jahre 2016 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-15183-7 (Print) ISBN 978-3-428-55183-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-85183-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Für meine Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Sie entstand nach Abschluss meines Ersten Juristischen Staatsexamens an der Universität Konstanz und während des Juristischen Vorbereitungsdienstes am Landgericht Konstanz. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Ende Juni 2016 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Jens Koch für seinen Zuspruch und die stetige Unterstützung. Herrn Professor Dr. Michael Beurskens danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich bedanken möchte ich mich zudem beim Land Baden-Württemberg für die finanzielle Förderung während der Promotion im Rahmen der Landesgraduiertenförderung. Herrn Prof. Dr. Hans Christian Röhl gilt mein herzlicher Dank für die Einstellung als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht und Rechtsvergleichung an der Universität Konstanz, welche mein Interesse an einer vertieften wissenschaftlichen Arbeit in Form einer Promotion früh gefördert hat. Weiterhin gilt mein Dank meiner Verlobten Frau Nicole Stiglbauer, meiner Schwester Frau Andrea Lattemann und meinem Bruder Herrn Thomas Will für die moralische Unterstützung während des Studiums und meines Dissertationsvorhabens. Ganz besonders danken möchte ich schließlich meinen Eltern Frau Karin Will und Herrn Klaus Dieter Will, die mich während meiner juristischen Ausbildung jederzeit unterstützt und mir Rückhalt gegeben haben. Ebenfalls besonders danken möchte ich meiner Großmutter Frau Dorothea Grentzebach für die vielen Gespräche und den Zuspruch während des Studiums und der Promotion – ihnen allen ist diese Arbeit gewidmet. Denkendorf, im Februar 2017

Tobias Will

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Die Konzernsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2. Konzernrechtliche Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Unterordnungs- und Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Herrschendes Unternehmen und abhängiges Unternehmen (§ 17 AktG)

24

c) Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Die verschiedenen Formen des Unterordnungskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Konzerngefahren, insbesondere nachteilige Veranlassungen und deren Folgen 28 IV. Nachteilsausgleichsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Definition und Formen von Nachteilsausgleichsvereinbarungen . . . . . . . . . . 29 a) Bezifferte Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Unbezifferte Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 V. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 VI. Begrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Kapitel Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

34

§ 1 Der Normzweck der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 I. Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Ausgestaltung der Schutzfunktion – Verbot der Nachteilszufügung oder Verbot nicht ausgeglichener Nachteilszufügung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Privilegierungsfunktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 § 2 Die unterschiedlichen Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs . . . . . . . . . . . 42 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

10

Inhaltsverzeichnis II. Das Konzept der herrschenden Meinung (Tatbestandslösung) . . . . . . . . . . . . . . 42 III. Die Exculpationslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Auslegung des § 311 AktG als alleiniger Maßstab für die Bestimmung des Nachteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Auslegung des § 311 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 c) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 d) Begriffsbestimmung nach Sinn und Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . . 54 aa) Schutzzweck des § 317 Abs. 2 AktG im Vergleich zu § 311 AktG 54 bb) Teleologische Reduktion des § 311 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Die Folgen der Tatbestandslösung bei der Nachteilsbestimmung . . . . . . . . . 59 a) Die Nachteilsbestimmung bei Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Die Nachteilsbestimmung bei Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Die Folgen der Exculpationslösung bei der Nachteilsbestimmung . . . . . . . . 61 a) Die Nachteilsbestimmung bei Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 b) Die Nachteilsbestimmung bei Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Konzernfinanzierung, insbesondere Cash-Pools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Die Lösung der herrschenden Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Verbundinterne Kredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 c) Cash-Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 d) Besicherung von Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Die Ergebnisse der Exculpationslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Verbundinterne Kredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 c) Cash-Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 d) Besicherung von Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Umlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Die Sichtweise der Tatbestandslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Leistungen der Konzernspitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Steuerumlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Die Ergebnisse der Exculpationslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Leistungen der Konzernspitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Steuerumlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 § 4 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Inhaltsverzeichnis

11

2. Kapitel Nachteilsausgleich

71

§ 5 Reichweite und Rechtsnatur des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Der Zweck des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 II. Die Grenzen der Ausgleichsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 III. Die Rechtsnatur des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Die Schadenersatzthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Die Gegenleistungsthese der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Die Einordnung als Verschuldenshaftung für negotiorum gestio . . . . . . . . . . 75 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 § 6 Art und Höhe des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 I. Ausgleichsfähige Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Bewertbarkeit und Bilanzierungsfähigkeit als Voraussetzung? . . . . . . . . . 79 b) Die Problematik nicht quantifizierbarer Nachteile und der Ausgleich durch nicht quantifizierbare Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2. Nachträglicher Wegfall der Nachteiligkeit und Vorteilsausgleichung . . . . . . 85 a) Die herrschende Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Die Auffassung Altmeppens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Genereller Einwand: Trennung von Schadenersatz und Nachteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Gefährdung des Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 cc) Bereicherungsrechtlicher Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 III. Art und Weise der Festlegung des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Tatsächlicher Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Ausgleich durch Begründung eines Rechtsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als Urtypus des Rechtsanspruchs auf Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3. Einseitige Bestimmung durch das herrschende Unternehmen oder einvernehmliche Festlegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

12

Inhaltsverzeichnis IV. Verzicht auf den Nachteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Möglichkeiten des Verzichts auf den Nachteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Generelle Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Analoge Anwendung des § 309 Abs. 3 AktG bzw. des § 302 Abs. 3 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 d) Einschränkung des Verzichts mithilfe eines allgemeinen Rechtsgedankens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Ermittlung eines allgemeinen Rechtsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Kein Schluss a maiore ad minus möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Anwendung des allgemeinen Rechtsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Vertragliche Vereinbarung bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Anforderungen an eine wirksame Vereinbarung des Verzichts . . . . . . . . . 105 c) Wirkungen des zulässigen Verzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 V. Verjährung des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Dauer der Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Beginn der Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Vereinbarung über die Verjährung möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Verjährungsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

§ 7 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Kapitel Die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

116

§ 8 Gestaltung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . 117 I. Abstrakt-generelle Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 II. Auf konkrete Vorgänge bezogene Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 III. Abschluss der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 § 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – ein Instrument zur Haftungsreduzierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Der Nutzen aus Sicht des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Die Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Weitere Haftungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Inhaltsverzeichnis

13

II. Der Nutzen aus Sicht der Vorstände @ die Reduzierung von Haftungsrisiken

126

1. Der Vorstand des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Der Nichtausgleich des Nachteils und die Haftung nach § 317 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Haftung aus § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 c) Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 d) Haftung über den Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB 132 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Der fehlerhafte Abhängigkeitsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Unzulässige Einlagenrückgewähr – Haftung aus § 93 Abs. 3 Nr. 1, § 57 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 d) Haftung aus § 117 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 § 10 Der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . 139 I. Unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung trotz bezifferbaren Nachteils?

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II. Unternehmensbewertung als Risiko? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Die unterschiedlichen Bewertungsformen und ihre Nachteile . . . . . . . . . . . . 142 3. Die Unternehmensbewertung ist kein relevantes Haftungsrisiko . . . . . . . . . . 144 III. Tatsächlich relevante Risiken – der Versuch einer Fallgruppenbildung . . . . . . . 145 1. Pionierarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Entwicklung und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Abgrenzung der Fallgruppen zum qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . . . 149 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 § 11 Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 I. Abstrakte Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Die herrschende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Existenz einer Gegenauffassung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 II. Konkrete Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Die Befürworter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Die Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 § 12 Die Rechtsprechung zu unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen – der Fall HVB/Unicredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I. Sachverhalt (vereinfacht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 II. LG München I vom 10. 12. 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 III. OLG München vom 22. 12. 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

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Inhaltsverzeichnis IV. BGH vom 26. 06. 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

§ 13 Problemanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Die Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Keine klare Aussage zur Quantifizierung des Nachteils . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Quantifizierter Vorteil als zwingende Voraussetzung des Ausgleichs . . . . 166 d) Abstrakte Nachteilsausgleichsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Systematik der Regelungen über den faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) § 317 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 c) § 313 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 d) Die Regelungen über den Vertragskonzern – §§ 293 ff. AktG . . . . . . . . . 173 aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 304 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 bb) Der Abfindungsanspruch nach § 305 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Die Sicht des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 II. Die Problematik unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen . . . . . . . . . . 180 1. Aushebelung der §§ 311 ff. AktG, insbesondere des § 317 Abs. 1 AktG? . . 180 a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Verbesserung des Schutzniveaus @ die Auffassung Wirths . . . . . . . . . . . 182 c) Aushebelung oder Umgehung des § 317 Abs. 1 AktG? . . . . . . . . . . . . . . 184 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2. Fehlende Bilanzierungsmöglichkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Problem? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 3. Verlagerung des Beurteilungszeitraums nach hinten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4. Fehlende Planungssicherheit des abhängigen Unternehmens . . . . . . . . . . . . 190 5. Ein aufschiebend bedingter Anspruch als Rechtsanspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Die Anforderungen an einen Anspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Bedingung oder Fälligkeitsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Folgen für die Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 6. Ausschluss der Nachteiligkeit durch unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Inhaltsverzeichnis

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b) Der Garantievertrag und die Formulierung des Garantiefalls . . . . . . . . . . 200 c) Sonstige Anforderungen an die Garantie im Vergleich zur Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 d) Die Wirkungen der Garantie im Vergleich zur Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 e) Steckt in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung also eine Garantie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 7. Zulässigkeit der Nachteilsfestlegung durch einen Dritten? . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Gesellschaftsinterne Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Staatliche Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 c) Sonstige Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 8. Zirkuläre Ausgestaltung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – Ausschluss oder Einschränkung des Klagerechts der Minderheitsaktionäre? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Die verschiedenen Klagemöglichkeiten der Minderheitsaktionäre hinsichtlich des Nachteilsausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Klage nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (2) Klagen der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (3) Möglichkeit eines Zwischenfeststellungsurteils? . . . . . . . . . . . . . 215 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 bb) Klage nach §§ 147, 148 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 cc) Leistungsklage gestützt auf die Nachteilsausgleichsvereinbarung? 219 dd) Nichtigkeitsfeststellungsklage hinsichtlich der Vereinbarung? . . . . . 220 (1) Prozessführungsbefugnis der Minderheitsaktionäre? . . . . . . . . . . 220 (2) Erfüllt die Nichtigkeitsfeststellungsklage die Anforderungen der Bedingung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 ee) Klage auf Feststellung der Nachteiligkeit gegen die abhängige Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 ff) Anfechtungsklage gegen den der Nachteilszufügung zustimmenden Beschluss? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (2) Klage nach § 243 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (3) Klage nach § 243 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 gg) Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss über die Entlastung des Vorstands? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (1) Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

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Inhaltsverzeichnis (2) Genügt die Rechtskrafterstreckung nach § 248 AktG zur Erfüllung der Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (3) Ist die Anfechtungsklage begründet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (4) Überdies: Unzulässigkeit der Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . 230 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 hh) Möglichkeit der Nachteilsfeststellung im Rahmen eines Spruchverfahrens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 ii) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 b) Verhinderung der Klagemöglichkeit durch den Abschluss der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 c) Folgen für die Zulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 9. Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 IV. Beurteilung der Rechtsprechung zum Fall HVB/Unicredit . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1. Das Urteil des Landgerichts München I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2. Das Berufungsurteil des OLG München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 3. Die Aussagen des Revisionsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Die Einstufung als Anerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 aa) Fehlender Abstraktionswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 bb) Inhaltlich weder Schuldanerkenntnis noch Schuldversprechen . . . . . 245 cc) Keine Umgehungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

§ 14 „Rettungsversuche“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 I. Der Einsatz einer Nachbesserungsklausel löst das Problem nicht . . . . . . . . . . . 248 II. Auflösung der Zirkularität durch Einräumung von Klagerechten? . . . . . . . . . . 251 III. Das Ende der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 252 § 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 I. Garantie statt Ausgleich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 2. Wahl der Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Ausgleichsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Erfüllungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 c) Nachbesserungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Inhaltsverzeichnis

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3. Besondere inhaltliche Anforderungen und Abschlussvoraussetzungen? . . . . 256 a) Anforderungen an den Inhalt, insbesondere Erfordernis des Einzelausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Möglichkeit eines zeitlich gestreckten Ausgleichs bei Eintritt des Garantiefalls? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 bb) Einzelausgleichsfähigkeit der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 b) Besondere Abschlussvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 4. Wirkungen der Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Führt der Einsatz einer Ausgleichsgarantie zu einem Vertragskonzernrecht „zweiter Klasse“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 III. Sind die Probleme der alten Nachteilsausgleichsvereinbarung durch diese neue Form des „Ausgleichs“ gelöst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 1. Die Ausgleichsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2. Die Nachbesserungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 3. Die Nachteile beider Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 IV. Die Alternative: Ausgleich durch auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Ausgestaltung dieser Nachteilsausgleichsvereinbarung und weiterer Ablauf 269 a) Formalitäten und Inhalt des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Der Unterschied zur „normalen“ unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Besondere inhaltliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 cc) Besondere Abschlussvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 b) Der Ablauf nach Vertragsschluss – die Feststellung des Bedingungseintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 aa) Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 bb) Leistungsklage des herrschenden Unternehmens? . . . . . . . . . . . . . . . 273 cc) Klage auf Feststellung des Bedingungseintritts? . . . . . . . . . . . . . . . . 274 dd) Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 3. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung aus Sicht der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 4. Verbindung von Nachteilsausgleichsvereinbarung und Garantie als umfassende Problemlösung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 V. Mögliche Einwände gegen diese neue Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 1. Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

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Inhaltsverzeichnis 2. Bilanzneutralität des Ausgleichs durch auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 3. Ausreichende Planungssicherheit für die Beteiligten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 4. Zulässigkeit einer Feststellung des Bedingungseintritts im Schiedsverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 b) Zulässigkeit der Schiedsgutachtervereinbarung im Rahmen der Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 c) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 VI. Der Anwendungsbereich der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

§ 16 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 4. Kapitel Fazit

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5. Kapitel Mustervereinbarungen

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§ 17 Absichtserklärung mit Hinweis auf Hauptversammlungszuständigkeit . . . . . . . . . . . 300 § 18 Bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . 302 § 19 Auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Nachbesserungsgarantie und Schiedsgutachtervereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 § 20 Ausgleichsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. Abs. a.E. a.F. Anh. Az. Bearb. Begr. BT-Drs. bzw. ebd. f., ff. Fn. grds. Hrsg. h.M. i.E. LS. m.w.N. re./li. Sp. RefE RegE Rn. Rz. S. S.p.A. u. a. vgl. Vor/Vorb. z. B.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz am Ende alte Fassung Anhang Aktenzeichen Bearbeiter, bearbeitet Begründer, begründet Bundestagsdrucksache beziehungsweise ebenda folgend(e) Fußnote grundsätzlich Herausgeber herrschende Meinung Im Ergebnis Leitsatz mit weiteren Nachweisen rechte/linke Spalte Referentenentwurf Regierungsentwurf Randnummer Randziffer Seite(n), nach §§: Satz Società per azioni, italienische Form der Aktiengesellschaft und andere Vergleiche Vorbemerkung(en) zum Beispiel

Einführung I. Vorbemerkung Diese Arbeit befasst sich mit einem Thema im Bereich des Konzernrechts von hoher wirtschaftlicher wie rechtlicher Relevanz. Die Vorstellung des Rechtsanwenders bei der Verwendung des Begriffs „Konzern“ ist geprägt vom Bild des Unterordnungskonzerns, also des Zusammenschlusses eines herrschenden und eines abhängigen Unternehmens. Im Rahmen dieses Konzernverhältnisses hat das herrschende Unternehmen die Möglichkeit zur Einflussnahme auf das abhängige Unternehmen. Nimmt es tatsächlich Einfluss auf dessen Unternehmensführung, stellt sich die Frage nach etwaigen Ausgleichsverpflichtungen gegenüber dem abhängigen Unternehmen und der Art ihrer Erfüllung. So stehen die Geschäftsleiter der beteiligten Unternehmen bereits bei der Eingehung des Konzernverhältnisses vor einer Weichenstellung. Entscheiden sie sich für die vertragliche Regelung ihres Konzerns, so ist damit gleichzeitig die Wahl des Pauschalausgleichs von Nachteilen – der Ausgleich des Jahresfehlbetrags im Sinne des § 302 AktG – verbunden. Wird auf eine vertragliche Basis des Gesamtkonzerns verzichtet, so wird nach § 311 AktG eine vertragliche Regelung beim Ausgleich einzelner Nachteile erforderlich, sofern diese nicht tatsächlich ausgeglichen werden. Ein tatsächlicher Ausgleich ist jedoch nur dann möglich, wenn auch ein Vorteil aktuell verfügbar ist. Bei einer wirtschaftlich tätigen Gesellschaft wird die Gewährung eines tatsächlichen Vorteils indes nur selten der Fall sein, da die vorhandenen Mittel zumeist gebunden sein dürften. Hinzu kommt, dass selbst bei Verfügbarkeit eines ausgleichsfähigen Vorteils beim herrschenden Unternehmen nicht immer der Wille vorhanden sein dürfte, diesen Vorteil auch tatsächlich dem abhängigen Unternehmen zukommen zu lassen. Eine empirische Untersuchung zu dieser Vermutung ist wegen der Geheimhaltungsinteressen der Konzernunternehmen nahezu nicht möglich, weshalb es insoweit bei der Unterstellung bleiben muss, dass ein herrschendes Unternehmen eher einen Anspruch auf Ausgleich als einen tatsächlichen Ausgleich gewähren wird. Daher wird meist die Entscheidung eher zugunsten der durch Vertrag geregelten zukünftigen Vorteilsgewährung fallen. Eine vertragliche Vereinbarung etwaiger Ausgleichsverpflichtungen ist daher de facto meist nicht zu umgehen. Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit der nachgelagerten Ausgleichsregelung im Einzelfall und will klären, wie die jeweilige vertragliche Vereinbarung gestaltet werden kann. Als Ausgangspunkt dient hierbei die Regelung in § 311 AktG. Die Möglichkeiten, einen Nachteil auszugleichen, sind im Detail vielfältig, aber im Kern auf zwei Alternativen beschränkt. Im Ergebnis geht es um eine ähnliche

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Weichenstellung wie bereits bei der Entstehung des Konzerns: Pauschalausgleich oder Einzelausgleich. Ganz so parallel lässt sich der Entscheidungs- und Vereinbarungsinhalt freilich nicht fassen, aber diese plakative Einordnung verdeutlicht das Spannungsverhältnis beider Ausgleichsformen. Genauer gesagt geht es um die Frage, wann der Nachteil betragsmäßig zu bestimmen ist. So besteht zunächst gedanklich die Möglichkeit, den Nachteil und parallel dazu den Vorteil bereits bei Abschluss der Vereinbarung festzulegen. Dies wird praktisch immer dann getan, wenn der Nachteil leicht quantifizierbar ist. Alternativ könnte diese Bestimmung des Nachteils aber in die Zukunft verschoben werden und damit – stark vereinfacht – im Ergebnis doch eine pauschale Ausgleichszusage getroffen werden. Letztere Form wird in der Praxis dann verwendet, wenn der Nachteil quantitativ schwer zu bestimmen ist, und wird, wegen der fehlenden betragsmäßigen Feststellung des Nachteils, in der Regel als „unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung“ betitelt. Bei einem unbefangenen Blick ins Gesetz scheint dieses jedoch im Grundsatz von der ersten Alternative, der „bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung“ auszugehen. Nach § 311 Abs. 2 AktG muss am Ende des Geschäftsjahres bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil auszugleichen ist. Das klingt zunächst nach einem Zwang zur Bezifferung des Nachteils. Wird der Nachteil nicht ausgeglichen, so folgt daraus eine Schadenersatzpflicht des herrschenden Unternehmens nach § 317 AktG, die notfalls im Klageweg durchzusetzen ist. Eine Klage ist damit die Folge des unterbliebenen Ausgleichs. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geht jedoch einen anderen Weg. In ihr ist die gerichtliche Feststellung des Nachteils und seiner Höhe, und damit auch indirekt der zum Ausgleich erforderliche Vorteil, Voraussetzung einer Ausgleichspflicht. Ohne gerichtliche Feststellung des Nachteils fehlt es an einem Maßstab, anhand dessen ein Ausgleich aufgrund der Vereinbarung erfolgen kann. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung erhebt die Klage somit faktisch zur Anspruchsvoraussetzung des zukünftigen Ausgleichs. Diese Form des Nachteilsausgleichs war lange Zeit in der Praxis die gängige Variante, auf derzeit nicht bezifferbare Nachteile zu reagieren. Teilweise wurde dem in der Literatur widersprochen,1 teilweise zugestimmt.2 Die unterschiedlichen Auffassungen sind dabei entweder dem herrschenden oder dem abhängigen Unternehmen bzw. dessen außenstehenden Aktionären und Gläubigern freundlich gesinnt. Bis zum Jahr 2012 war dies jedoch eine Diskussion, die allein in der Literatur auf Basis theoretischer Überlegungen erfolgte, da insbesondere der BGH keine Gelegenheit zur Äußerung bekam. Anhand der nunmehr ergangenen ersten Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema lassen sich jetzt auch die in der Literatur vertretenen unterschiedlichen Positionen an einem praktischen Sachverhalt nachvollziehen.3 Der Streit zwischen Minderheitsaktionären der HypoVereinsbank AG 1 2 3

Vgl. etwa Heidel, in: FS Meilicke, S. 125 ff. Wirth, in: GS Martin Winter, S. 775 ff. BGH II ZR 30/11 = AG 2012, 680; ausführlich dazu unten §§ 12, 13 IV.

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(HVB) und deren Großaktionär Unicredit S.p.A. (Unicredit) hatte die Veranlassung eines aus Sicht der Minderheitsaktionäre für die HVB nachteiligen Rechtsgeschäfts (eine Veräußerung von Unternehmensteilen der HVB an Unicredit) zum Gegenstand. Dessen Nachteiligkeit war nicht beziffert worden, da die Vorstände davon ausgingen, dass der Nachteil ausgeglichen sei. Nur für den Fall, dass dies gerichtlich anders eingeschätzt werde, wurde die Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen.4 Zum Ausgleich wurde eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung verwendet, die eine Quantifizierung des Nachteils und damit auch die Entstehung des Anspruchs den staatlichen Gerichten überließ. Dem widersprach der BGH und schloss sich damit der Literaturauffassung an, die unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen ablehnend gegenüberstand. Unter Zuhilfenahme dieses geschilderten Falls, generell aber wegen der wirtschaftlichen wie rechtlichen Brisanz des Themas, bietet es sich an, die verschiedenen Formen der Nachteilsausgleichsvereinbarung, insbesondere die unbezifferte Variante, auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen. Hierbei sind zum besseren Verständnis des Problems zunächst der Konzern als Rechtsfigur und seine Wirkungen näher zu betrachten. Denn um die Probleme der Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern zu verstehen, genügt es nicht, sich allein mit der Rechtsfolgenseite des § 311 AktG zu beschäftigen, es ist vielmehr bereits ein Blick auf den Tatbestand an sich erforderlich. Hierzu wird zunächst der Konzern allgemein betrachtet, um dann den Fokus auf den faktischen Konzern und seine Nachteilsausgleichsregelung zu richten.

II. Die Konzernsituation 1. Einleitung Der Begriff „Konzern“ geht zurück auf das mittellateinische Wort concernere, was sich mit „(ver-)mischen“ übersetzen lässt, und bezeichnet nach allgemeinem (nicht nach juristischem) Sprachgebrauch die Verbindung zweier Unternehmen. Eine solche „Verbindung“ kann auf zweierlei Arten erfolgen: durch tatsächliche Kooperation oder durch Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung. Abzugrenzen ist der Konzern also von der Kooperation. Eine Kooperation erfolgt allein in wirtschaftlicher Hinsicht, etwa bei der auf einer rein wirtschaftlichen Zusammenarbeit fußenden Arbeitsgemeinschaft (ARGE). In diesem Fall sind die konzernrechtlichen Regelungen der §§ 15 ff., 291 ff., 311 ff. AktG nicht anwendbar. Ein Konzern im rechtlichen Sinne hingegen besteht nach der Definition des § 18 Abs. 1 AktG nur bei einer Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen (sog. Konzernunternehmen) unter einheitlicher Leitung.5 Die einheitliche Leitung kann entweder auf vertraglicher Basis funktionieren, dann liegt ein sog. Vertragskonzern vor, 4 Vgl. die Präambel der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, abgedruckt im Urteil des LG München I, AG 2010, 173 (Rn. 182, zitiert nach juris). 5 MüKo AktG/Bayer, § 18 AktG Rn. 1.

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oder sie besteht allein aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Unternehmen (sog. faktischer Konzern). Im letzteren Fall hält ein Aktionär bzw. Gesellschafter die Mehrheit der Anteile an der Gesellschaft. Er hat zwar mit der Gesellschaft keinen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen, aber dennoch großen – faktischen – Einfluss auf die Unternehmensleitung und kann so Handlungen der abhängigen Gesellschaft veranlassen. Dieser Einfluss ergibt sich bei der GmbH als abhängiges Unternehmen aus der Weisungsmacht der vom Mehrheitsgesellschafter beherrschten Gesellschafterversammlung. Bei einer abhängigen Aktiengesellschaft ist diese Leitung nicht (teilweise) rechtlicher, sondern allein tatsächlicher Natur, da der Vorstand nach § 76 AktG weisungsfrei handelt. Bevor aber die Folgen der auf dem Einfluss fußenden Veranlassungen betrachtet werden können, soll zunächst ein genauerer Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Konzerns im Allgemeinen geworfen werden. Nur wenn man die Grundbegriffe des Konzernrechts betrachtet, erschließen sich die Natur des faktischen Konzerns und seine spezifische Problematik. 2. Konzernrechtliche Begriffe a) Unterordnungs- und Gleichordnungskonzern Das Gesetz unterscheidet in den Grundnormen des Konzernrechts, den §§ 15 ff. AktG, zwischen Gleich- und Unterordnungskonzernen. Ein Gleichordnungskonzern ist neben der rechtlichen Selbständigkeit der Unternehmen, die bei beiden Konzernformen vorliegt, insbesondere durch ein fehlendes Abhängigkeitsverhältnis geprägt. Ist dagegen ein Abhängigkeitsverhältnis vorhanden, so spricht man vom Unterordnungskonzern. Den Gleichordnungskonzern findet man zumeist bei grenzüberschreitenden Kooperationen oder Familienunternehmen, aber auch bei Versicherungsgesellschaften.6 Alle anderen wirtschaftlich und tatsächlich denkbaren Fälle von Konzernierungen stellen Unterordnungskonzerne dar. Dieser bildet auch die Grundlage der folgenden Untersuchung, da sich insbesondere die für diese Arbeit zentrale Regelung des § 311 AktG nicht auf Gleichordnungskonzerne anwenden lässt. Der Unterordnungskonzern setzt die Existenz eines herrschenden und eines abhängigen Unternehmens voraus und die Zusammenfassung beider unter einer einheitlichen Leitung. b) Herrschendes Unternehmen und abhängiges Unternehmen (§ 17 AktG) Die Begriffe herrschendes und abhängiges Unternehmen sind interdependent im Gesetz definiert. So bestimmt § 17 Abs. 1 AktG, dass ein Unternehmen dann „abhängig“ ist, wenn ein anderes Unternehmen beherrschenden Einfluss ausübt. Letztere Gesellschaft wird als „herrschend“ bezeichnet. Entscheidend ist also die Aus6

Hirschmann, in: Hölters, § 18 AktG Rn. 22.

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übung beherrschenden Einflusses. Der Einflussempfänger ist dann abhängiges, der Einflussnehmende herrschendes Unternehmen. Nach allgemeiner Auffassung genügt aber bereits die Möglichkeit der Einflussnahme, um ein Abhängigkeitsverhältnis zu begründen.7 Wann ein solcher Einfluss gegeben ist, ergibt sich mittelbar aus § 17 Abs. 2 AktG.8 Dieser enthält für ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen die Vermutung der Abhängigkeit. Ein solches Unternehmen liegt nach § 16 Abs. 1 AktG vor, wenn die Mehrheit der Anteile an einem rechtlich selbständigen Unternehmen einem anderen Unternehmen gehört. Wenn bei Mehrheitsbeteiligung eine Abhängigkeit vermutet wird, so können an das Einflusspotenzial keine höheren Anforderungen als an das bei Mehrheitsbeteiligung gegebene gestellt werden. Erforderlich für die Feststellung der Abhängigkeit ist daher eine Art der Einflussnahme, die der einer Mehrheitsbeteiligung entspricht.9 Dieser Einfluss muss nicht tatsächlich ausgeübt werden, die Möglichkeit der Ausübung genügt.10 In der Regel greift aber bereits die eben angesprochene Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG in Verbindung mit § 16 AktG. Die so ermittelten herrschenden und abhängigen Unternehmen müssen ferner unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst sein, um einen Konzern zu bilden. c) Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung Diese Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung wird bei bestehender Abhängigkeit nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG wiederum vermutet. In der Anwendungspraxis stellt diese Vermutung den Regelfall dar. Abseits von § 18 Abs. 1 S. 3 AktG ist die Qualifikation einer einheitlichen Leitung umstritten. Kernpunkt des Streits ist die Frage, wie weit die einheitliche Leitung gehen muss, ob also die Vereinheitlichung alle zentralen Bereiche des Unternehmens erfassen muss (sog. enger Konzernbegriff) oder ob es genügt, wenn die einheitliche Leitung mindestens einen wesentlichen Bereich der unternehmerischen Tätigkeit umfasst (sog. weiter Konzernbegriff).11 Indiz für eine einheitliche Leitung ist insbesondere eine vorhandene personelle Verflechtung der Leitungsorgane unterschiedlicher Unternehmensteilbereiche beider Unternehmen, etwa in der Finanzabteilung.12 Anhand dieser Begrifflichkeiten wird somit festgelegt, wann es sich um einen Konzern im Rechtssinne handelt. Dieser Konzern, insbesondere der Unterordnungskonzern, um den es bei der nachfolgenden Untersuchung allein gehen soll, lässt sich aber noch weiter untergliedern. Diese Untergliederung dient einerseits der 7

Hüffer/Koch, § 17 AktG Rn. 4, 6. Hüffer/Koch, § 17 AktG Rn. 5. 9 MüKo AktG/Bayer, § 17 AktG Rn. 25. 10 Hüffer/Koch, § 17 AktG Rn. 6. 11 Auf eine ausführliche Darstellung der Meinungen wird @ insbesondere wegen der regelmäßig einschlägigen Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG @ verzichtet. Zusammenfassend mit umfangreichen Nachweisen Hüffer/Koch, § 18 AktG Rn. 9. 12 Vgl. Hüffer/Koch, § 18 AktG Rn. 11. 8

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Eingrenzung des Themas, andererseits können aus anderen Konzernformen aber Hinweise gewonnen werden, wie mit dem Problem des Nachteilsausgleichs umzugehen ist. So wird insbesondere der Vertragskonzern und dessen Ausgleichssystem oftmals dazu verwendet, die Unterschiede beim faktischen Konzern und den hier untersuchten Nachteilsausgleichsvereinbarungen zu verdeutlichen und den zulässigen Vereinbarungsinhalt zu begrenzen. 3. Die verschiedenen Formen des Unterordnungskonzerns a) Vertragskonzern Ein Vertragskonzern entsteht in der Regel durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages im Sinne des § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG. Diesem Vertragsschluss muss gemäß § 293 AktG die Hauptversammlung des abhängigen Unternehmens zustimmen. Ist die andere Vertragspartei ebenfalls eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so muss auch deren Hauptversammlung zustimmen. Mithilfe des so geschlossenen Vertrages unterstellt sich das abhängige Unternehmen vollständig der Leitung durch das herrschende Unternehmen. Durch diesen Vertrag werden zudem die Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57 ff. AktG für Leistungen zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen außer Kraft gesetzt (§ 291 Abs. 3 AktG). Die neben dem herrschenden Unternehmen an der abhängigen Gesellschaft beteiligten Aktionäre (sog. außenstehende Aktionäre) und die Gläubiger der Gesellschaft werden durch ein umfassendes System des Pauschalausgleichs und der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nach den §§ 302, 303 AktG geschützt. Das herrschende Unternehmen ist danach insbesondere verpflichtet, den Jahresfehlbetrag, der dem abhängigen Unternehmen entsteht, auszugleichen. Dieser Pauschalausgleich ist bereits gesetzlich vorgeschrieben und nicht erst durch eine Nachteilsausgleichsvereinbarung herbeizuführen, weshalb sich die nachfolgende Untersuchung allein auf den faktischen Konzern beschränkt. Lediglich dann, wenn die §§ 311 ff. AktG auf eine Fragestellung keine (eindeutige) Antwort geben, wird ergänzend oder vergleichend auf die Regelungen des Vertragskonzerns zurückgegriffen. Fehlt es an einer vertraglichen Grundlage für die Konzernierung, so liegt ein faktischer Konzern vor. b) Faktischer Konzern Der „faktische Konzern“ stellt die verbreitetste Form der Unternehmensverbindung dar,13 auch wenn sich dies nicht anhand klarer Zahlen belegen lässt. Bei diesem Begriff handelt es sich allerdings nicht um den vom Gesetzgeber verwandten Ausdruck, sondern um eine Sammelbezeichnung ohne gesetzliche Definition.14 Hier13

Wirth, in: GS Martin Winter, S. 775. Vgl. MüKo AktG/Bayer, § 18 AktG Rn. 8; Hirschmann, in: Hölters, § 18 AktG Rn. 5; Hüffer/Koch, § 18 AktG Rn. 3. 14

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unter fallen alle Gesellschaftsverbindungen, die nicht auf einem Beherrschungsvertrag (§ 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG) oder einer Eingliederung (§§ 319 ff. AktG) beruhen, aber auch solche Verbindungen, bei denen sich trotz Abhängigkeit kein Konzern feststellen lässt.15 Der Gesetzgeber spricht diese „Auffangfunktion“ in den für den faktischen Konzern relevanten Normen durch das Fehlen eines Beherrschungsvertrages als Tatbestandsvoraussetzung an. Bei Vorliegen eines faktischen Konzerns gelten die Regeln für Vertragskonzerne nicht, auch nicht analog. Stattdessen enthalten die §§ 311 ff. AktG ein eigenes Schutzsystem, das insbesondere auf dem Prinzip des Einzelausgleichs veranlasster Nachteile aufbaut. Wird der Nachteil nicht ausgeglichen, so haften das herrschende Unternehmen und auch dessen Verwaltung für den Schaden, der der abhängigen Gesellschaft durch den Nichtausgleich des Nachteils entstanden ist. Die Rechte der Minderheit hängen im faktischen Konzern maßgeblich von den zur Verfügung gestellten Informationen ab, weshalb der Vorstand jährlich einen Abhängigkeitsbericht anfertigen muss. Dieser wird aber den Minderheitsgesellschaftern nicht direkt zur Verfügung gestellt, sondern der nach § 314 AktG prüfende Aufsichtsrat erläutert in seinem Bericht an die Hauptversammlung nur das Ergebnis der Prüfung des Abhängigkeitsberichts. Die Minderheit kann insofern nur detailliertere Auskünfte im Rahmen des § 131 AktG verlangen. Neben den Vertragskonzernen und faktischen Konzernen besteht mit dem Eingliederungskonzern noch eine weitere Konzernform der Unterordnungskonzerne. Bei der Eingliederung wird ein Unternehmen vollständig in ein anderes integriert und verliert seine wirtschaftliche Eigenständigkeit. Die Leitung der abhängigen Gesellschaft wird durch § 323 AktG der des herrschenden Unternehmens unterstellt. Alle Anteile gehen nach § 320a AktG auf die herrschende Gesellschaft über. Zum Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger gibt es verschiedene Instrumente. Zunächst besteht als eine Art Konzerneingangsschutz nach §§ 319, 320 AktG die Verpflichtung zum Hauptversammlungsbeschluss. Den ausscheidenden Aktionären ist gemäß § 320b AktG eine Abfindung zu gewähren. Der Schutz der Gläubiger ist in § 321 AktG geregelt. Bei der Eingliederung bestehen, im Unterschied zum Vertragskonzern, nicht einmal Ansatzpunkte für eine vergleichende Auslegung, da die systemischen Gegebenheiten, insbesondere die fehlenden Minderheitsaktionäre, einen Vergleich unmöglich machen. Die nachfolgenden Erläuterungen beschäftigen sich daher allein mit dem faktischen Konzern @ und lediglich vergleichend mit dem oben beschriebenen Vertragskonzern. Im Rahmen dieses faktischen Konzerns muss sich das abhängige Unternehmen unterordnen. Daraus entsteht insbesondere die Gefahr, dass das herrschende Unternehmen Maßnahmen zum Nachteil des abhängigen Unternehmens veranlasst.

15

Vgl. hierzu Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 2, 8.

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III. Konzerngefahren, insbesondere nachteilige Veranlassungen und deren Folgen Im Rahmen dieses Konzernverhältnisses hat das beherrschende Unternehmen bzw. der beherrschende Gesellschafter die Möglichkeit, das abhängige Unternehmen zu beeinflussen.16 Diese Einflussnahme erfolgt beim faktischen Konzern durch tatsächliche Veranlassungen des Geschäftsleiters der abhängigen Gesellschaft. Jede dieser Veranlassungen kann sich für die Gesellschaft als vor- oder nachteilig erweisen. Vorteile bieten die veranlassten Maßnahmen in der Regel immer für den veranlassenden Gesellschafter, Nachteile eher für das abhängige Unternehmen. Ist die veranlasste Maßnahme tatsächlich nachteilig, so drängt sich die Frage auf, ob dieser Nachteil auszugleichen ist. Anders als beim Vertragskonzern in § 302 AktG gibt es beim faktischen Konzern keine pauschale Übernahme des Jahresfehlbetrags.17 Vielmehr erfolgt ein Einzelausgleich für jede Maßnahme nach Maßgabe des § 311 AktG. Danach ist es dem herrschenden Unternehmen untersagt, das abhängige Unternehmen zu einer nachteiligen Maßnahme zu veranlassen, es sei denn, dass es diesen Nachteil ausgleicht. Dieser Nachteilsausgleich kann tatsächlich oder durch Gewährung eines Rechtsanspruchs erfolgen. Der zeitliche Rahmen für den Ausgleich ist durch § 311 AktG ebenfalls genau definiert. Ein Ausgleich muss entweder im laufenden Geschäftsjahr erfolgen, wenn tatsächliche Vorteile an das abhängige Unternehmen weitergereicht werden sollen, andernfalls muss der Rechtsanspruch auf Ausgleich spätestens am Geschäftsjahresende gewährt werden. Die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich erfolgt durch Vertrag, oder prägnanter: durch eine Nachteilsausgleichsvereinbarung. Hierdurch verpflichtet sich das herrschende Unternehmen bzw. der herrschende Gesellschafter, den entstandenen Nachteil auszugleichen. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer solchen Vereinbarung sind vielfältig, wobei nicht jede wirtschaftlich interessante Vereinbarungsform auch rechtlich zulässig ist. Mit dieser rechtlichen Wirksamkeit befasst sich die vorliegende Untersuchung von Nachteilsausgleichsvereinbarungen im faktischen Konzern, wobei die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als eine Sonderform der Nachteilsausgleichsvereinbarung besondere Beachtung findet.

IV. Nachteilsausgleichsvereinbarungen 1. Verbreitung Eine empirische Analyse über die Verwendungshäufigkeit von Nachteilsausgleichsvereinbarungen existiert nicht. Nachteilsausgleichsvereinbarungen dürften aber in der Praxis aufgrund der eben beschriebenen zeitlichen Flexibilität regelmäßig den Vorzug vor dem tatsächlichen Ausgleich erhalten. Dies gilt insbesondere dann, 16 17

Dazu soeben Einführung II. 2. b). Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 2.

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wenn ein Vorteil aktuell nicht zur Verfügung steht. Auch gibt es keine Vielzahl veröffentlichter Entscheidungen von Gerichten, die sich mit der Verwendung von Nachteilsausgleichsvereinbarungen beschäftigen,18 was auf einen hohen Verwendungsgrad rückschließen ließe. Allerdings wird teilweise festgestellt, dass zumindest für den Gebrauch unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen ein großer Bedarf bestünde.19 So finden sich auch in einschlägigen Formularbüchern Mustervereinbarungen.20 Zusätzlich macht der erweiterte zeitliche Spielraum für die Vorteilsgewährung die Nachteilsausgleichsvereinbarung gegenüber dem bis zum Ende des Geschäftsjahres erforderlichen tatsächlichen Ausgleich attraktiv.21 Dem gedanklichen Gestaltungsspielraum sind bei der Nachteilsausgleichsvereinbarung zunächst keine Grenzen gesetzt und es sind daher die unterschiedlichsten Formen des Ausgleichs denkbar. Ob diese unterschiedlichen Formen von Nachteilsausgleichsvereinbarungen allerdings rechtlich zulässig sind, wurde bisher noch nicht umfassend untersucht. 2. Definition und Formen von Nachteilsausgleichsvereinbarungen a) Bezifferte Vereinbarung Das Gesetz schreibt in § 311 Abs. 2 AktG vor, dass am Ende des Geschäftsjahres, sofern kein tatsächlicher Ausgleich stattgefunden hat, dem abhängigen Unternehmen ein Rechtsanspruch auf Ausgleich gewährt werden muss. Andernfalls entsteht eine Haftung nach § 317 AktG. Bei Gewährung dieses Rechtsanspruchs muss bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Bei der bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wird der Nachteil berechnet und in der Vereinbarung festgestellt, der Vorteil parallel dazu bewertet und ein Anspruch auf diesen Vorteil gewährt. Sowohl Nachteil als auch Vorteil sind im Rahmen dieser Vereinbarung wertmäßig bestimmt, also „beziffert“. Diese Form der Gewährung des Rechtsanspruchs auf Ausgleich entspricht in jedem Fall den Vorgaben des Gesetzes und kann daher als „Normaltypus“ des Ausgleichsanspruchs angesehen werden. Von dieser Konstellation weicht die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung entscheidend ab.

18 Soweit veröffentlicht existieren nur die Entscheidungen des BGH und der vorangegangenen Instanzen in der Sache HVB/UniCredit (BGH II ZR 30/11), vgl. dazu ausführlich unten §§ 12, 13 IV. 19 Vgl. Wirth, in: GS Martin Winter, S. 775 f.; so im Ergebnis wohl auch Wilhelm NZG 2012, 1287, 1291 f. 20 Vgl. etwa die Vereinbarung bei Messerschmidt, in: Lorz/Baumeister, Formularbuch Aktienrecht, S. 1145. 21 Dazu unten § 6 III.

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b) Unbezifferte Vereinbarung Der Nachteil wird bei dieser Form des Ausgleichs wertmäßig nicht oder nicht ganz bestimmt; es bleibt ein variabler, eben „unbezifferter“ Teil übrig. Der zu gewährende Vorteil besteht zumindest im Hinblick auf diesen derzeit nicht bewertbaren Teil, regelmäßig jedoch insgesamt, in einer entsprechenden Barzahlung an das abhängige Unternehmen. Die gesetzliche Vorgabe der Bestimmung des Vorteils in § 311 Abs. 2 AktG wird durch eine zukünftige Bewertung des Nachteils (und parallel dazu der Höhe der Barzahlung als entsprechender Vorteil) erreicht. In der Regel wird hiermit ein Gericht „beauftragt“.22 Gewählt wird üblicherweise eine Formulierung, die sich in etwa so zusammenfassen lässt: „Sollte ein Gericht feststellen, dass durch die veranlasste Maßnahme ein Nachteil entstanden ist, so gleicht das herrschende Unternehmen diesen in bar aus.“23 Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um eine aufschiebende Bedingung.24 Der Nachteil und parallel dazu der Vorteil werden also im Endeffekt bestimmt, aber eben erst (weit) nach Abschluss der Vereinbarung. Ob sich dies mit dem Gesetz vereinbaren lässt, ist äußerst fraglich und daher Hauptgegenstand der folgenden Untersuchung. Maßgeblich für die Verwendung dieser Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung spricht der hohe Grad an Flexibilität, der mit der gewählten Formulierung erreicht wird. Die (schwierige) Nachteilsquantifizierung kann so elegant in die Zukunft verschoben und rechtssicher durch ein Gericht festgestellt werden. Sämtliche Bewertungsrisiken liegen dann beim Gericht bzw. beim abhängigen Unternehmen und können so nur eingeschränkt zu einer Haftung des herrschenden Unternehmens wegen unzureichenden Ausgleichs nach § 317 AktG führen. 3. Problemaufriss In der Regel wird es möglich sein, den veranlassten Nachteil zu beziffern, auch wenn die Nachteilsbestimmung mitunter problematisch sein kann.25 Es kann aber Situationen geben, in denen aus der Perspektive vor Veranlassung und auch bis zum Ende des Geschäftsjahres nicht eindeutig feststeht, wie hoch der Nachteil für das abhängige Unternehmen ausfällt (sog. derzeit nicht bezifferbare Nachteile). Diskutiert werden hier meist die Situationen bei Erwerb oder Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen durch die abhängige Gesellschaft auf Veranlassung des

22 Die „Beauftragung“ erfolgt durch die Wahl der aufschiebenden Bedingung, dass der Nachteil rechtskräftig durch ein Gericht festgestellt werden müsse, bevor eine Ausgleichspflicht entstehe; dazu ausführlich unten § 13 II. 7. 23 Vgl. für den vollständigen Wortlaut einer solchen Vereinbarung die Nachteilsausgleichsvereinbarung im Fall HVB/Unicredit, abgedruckt bei LG München AG 2010, 173 (ab Rn. 181, zitiert nach juris). 24 Zur genauen Einordnung vgl. unten § 13 II. 5. 25 Dazu ausführlich unten §§ 2, 3 und § 10 II., III.

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herrschenden Unternehmens.26 Insbesondere die Schwierigkeiten der Unternehmensbewertung ließen eine Bezifferung des Nachteils nicht verlässlich zu. In diesem Falle stünde der Geschäftsleiter, so die Verwender der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, vor dem Dilemma, entweder die – potenziell gewinnbringende, aber risikobehaftete – Maßnahme zu unterlassen oder der Entstehung eines Schadenersatzanspruches nach § 317 AktG tatenlos zusehen zu müssen, weil sich die Bewertung des Nachteils als unzureichend erwiesen habe.27 In solchen Situationen solle es die Verwendung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung dem Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft ermöglichen, auch solche Maßnahmen zu veranlassen, bei denen eine Berechnung des Nachteils problematisch sei.28 Zutreffend an dieser Überlegung ist, dass die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in diesen Fällen nicht ausreicht. Wird der Nachteil quantifiziert, so ist auch der entsprechende Vorteil festgelegt. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Berechnung fehlerhaft war, so ist der veranlasste Nachteil unzureichend ausgeglichen und es entsteht grundsätzlich ein Schadenersatzanspruch des abhängigen Unternehmens.29 Bei Fehlern des Geschäftsleiters des herrschenden Unternehmens droht die Haftung nach § 43 GmbHG bzw. § 93 AktG. Ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung dieses Ergebnis verändern, also den Nachteil dennoch vollständig ausgleichen kann, hängt von ihrer Zulässigkeit ab. Die Untersuchung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bzw. des auslösenden Ereignisses ihrer Verwendung bildet den zentralen Bestandteil dieser Arbeit.

V. Gang der Untersuchung Wie der Problematik des Nachteilsausgleichs, insbesondere aber derzeit nicht bezifferbarer Nachteile, wirkungsvoll begegnet werden kann, ist aufgrund einer detaillierten Untersuchung des Regelungsgefüges der §§ 311 ff. AktG zu klären. Hieran wird sich entscheiden, ob eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung die genannten derzeit nicht bewertbaren Nachteile ausgleichen kann oder nicht. Die Frage eines wirksamen Ausgleichs stellt sich bei allen denkbaren Formen der Nachteilsausgleichsvereinbarung, ist aber in erster Linie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung besonders interessant. Allein anhand der für den Nachteilsausgleich maßgeblichen Vorschrift des § 311 AktG ist eine fundierte Aussage über die Zulässigkeit der für die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung charakteristischen Konstruktion nämlich nicht möglich.30 Insbesondere bietet 26

Vgl. Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291 f.; Wirth, in: GS Martin Winter, S. 781 f. Statt aller Wirth, in: GS Martin Winter, S. 782 f. 28 So im Ergebnis auch Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291. 29 Auf die Voraussetzungen und Wirkungen des § 317 Abs. 2 AktG soll erst unten in § 9 eingegangen werden. 30 Dazu ausführlich unten § 13. 27

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das Gesetz auf den ersten Blick keine Antwort auf die Frage, ob eine aufschiebende Bedingung erlaubt ist oder nicht. Das Gesetz nennt als Ausgleichsmöglichkeit eben nur den tatsächlichen Ausgleich oder die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich. Bevor aber die Frage nach der Art und Weise des Ausgleichs geklärt werden kann, ist zuerst die Frage nach dem Grund der Ausgleichsverpflichtung, dem „Nachteil“, zu stellen. Diese keinesfalls unstrittige Begriffsklärung erlegt das Gesetz dem Rechtsanwender auf, da es selbst keine Aussage über den Inhalt des Begriffs trifft. Diese Grundlagenuntersuchung eröffnet den Blick auf die Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der Ausgleichsverpflichtung des § 311 AktG, insbesondere diejenigen der Quantifizierung des Nachteils. Wenn der Nachteil identifiziert ist, schließt sich die Frage nach den Ausgleichsmodalitäten an. Hierbei soll zunächst der augenscheinlich gesetzliche Regelfall einer bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung untersucht werden, um die Unterschiede zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufzuzeigen. Diese erschöpfen sich nicht – wie oben zunächst angedeutet – in der (fehlenden) Bewertung des Nachteils sowie des Vorteils. Sind die Grenzen des gesetzlich geregelten Normalfalls abgesteckt, folgt die eingehende Untersuchung des atypischen Falls der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Hierbei werden zunächst deren hypothetischer Anwendungsbereich und der Nutzen der Vereinbarungsform untersucht. Anhand der darauf folgenden Darstellung der unterschiedlichen Positionen in Literatur und Rechtsprechung wird die Komplexität dieses Themas verdeutlicht. Erst hiernach ist eine vertiefte Untersuchung der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung möglich. Dabei wird aufgezeigt, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung aus mehreren Gründen mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren und daher unzulässig ist. Ziel dieser Arbeit ist es aber nicht allein, die vom BGH31 mittlerweile ebenfalls vertretene Unzulässigkeitsthese zu untermauern, sondern aufgrund der erkennbaren Prognoseunsicherheit bei der Nachteilsbestimmung nach rechtswirksamen Lösungen für die Problematik derzeit nicht bezifferbarer Nachteile zu suchen. Abschließend werden nach den hier gesammelten Ergebnissen zulässige Mustervereinbarungen entworfen, um für die Praxis eine verlässliche Grundlage zu schaffen, auf der auch die Veranlassung von Maßnahmen ermöglicht wird, deren Nachteiligkeit im Zeitpunkt der Veranlassung nicht klar beziffert werden kann.

VI. Begrenzung des Untersuchungsgegenstands Bisher fehlt es an vertieften Auseinandersetzungen mit dem Thema der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung,32 deren Probleme und ihre Lösung Hauptgegenstand dieser Untersuchung sein sollen. Daher stellt diese Arbeit ein umfassendes Bild der Problematik her, um die vorhandene Lücke zu schließen. Dies 31

BGH II ZR 30/11 = BGH AG 2012, 680. Zu nennen sind hier lediglich Heidel, in: FS Meilicke, S. 125 ff.; Wilhelm, NZG 2012, 1287 ff.; Wirth, in: GS Martin Winter, S. 775 ff. 32

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kann aber nur gelingen, wenn an anderer Stelle Einschränkungen, insbesondere bei den untersuchten Rechtsformen der Konzernunternehmen, hingenommen werden. Die Welt der faktischen Konzerne ist aufgrund der denkbaren Konstellationen von Rechtsformen ebenso komplex wie die Frage nach der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst. Um die Untersuchung auf die Kernproblematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu konzentrieren, soll daher von der regelungstechnisch einfachsten Konzernsituation zweier nicht börsennotierter Aktiengesellschaften deutschen Rechts ausgegangen werden. Die hierbei gefundenen Ergebnisse lassen sich jedoch vollständig auf andere Konzernsituationen übertragen. Auch bei der hier vorzunehmenden Untersuchung der Voraussetzungen und Inhalte des § 311 AktG beschränkt sich die Arbeit auf die für die Frage der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erforderlichen Bereiche und lässt damit viele, aber hier nicht relevante Probleme bewusst außen vor. Die Untersuchung befasst sich dem Titel entsprechend nur mit dem kleinen Teilbereich des Nachteilsausgleichs und den hierfür relevanten Vorfeldfragen. Anhand des so festgelegten Untersuchungsgegenstands erfolgt nun der erste Schritt zur Klärung der Frage, ob unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarungen zulässig sind oder nicht. Dieser Schritt beginnt mit einem Blick auf Inhalt und Zweck der zentralen Norm des faktischen Konzerns, § 311 AktG.

1. Kapitel

Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG Die Untersuchung von Nachteilsausgleichsvereinbarungen, insbesondere der Zulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen hat ihren Ausgangspunkt bei der Frage, was ein Nachteil im Sinne des § 311 AktG ist. Allein ein Blick auf die Rechtsfolge des § 311 AktG, das Nachteilsausgleichserfordernis, genügt nicht, um die Probleme des Ausgleichs und der Nachteilsausgleichsvereinbarungen nachvollziehen zu können. Vielmehr ist zunächst der Tatbestand des § 311 AktG, insbesondere also der Nachteil zu betrachten. Der Begriff des Nachteils ist im Gesetz allerdings nicht definiert. Die Diskussion um den so selbst zu bestimmenden Begriffsinhalt beginnt beim Regelungszweck der §§ 311, 317 AktG. Dieser lässt sich vereinfachend mit der Feststellung umreißen, dass das faktisch abhängige Unternehmen vor übermäßiger kompensationsloser Einflussnahme des herrschenden Unternehmens bewahrt werden soll.1 Reflexartig werden hierdurch auch die Gläubiger und Anteilseigner des abhängigen Unternehmens geschützt.2 Um eine Bestimmung des Nachteilsbegriffs jedoch sinnvoll vornehmen zu können, ist der Normzweck der §§ 311, 317 AktG eingehender zu betrachten. Auf die Grundlage der hieraus gewonnenen Erkenntnisse stützt sich dann die Untersuchung des Regelungsgehalts des § 311 AktG, insbesondere hinsichtlich der Bedeutung des Begriffs „Nachteil“.

§ 1 Der Normzweck der §§ 311, 317 AktG I. Schutzfunktion 1. Ausgangspunkt Aus dem Schutzzweck der §§ 311, 317 AktG lassen sich bedeutende Rückschlüsse auf den Regelungsgehalt ziehen. Die Bestimmung dieses Schutzzwecks dient dabei nicht nur der Begriffsbestimmung des Nachteils, sondern auch als Argumentationshilfe bei der späteren Betrachtung einzelner Ausgleichsformen. Der Schutzzweck ergibt sich besonders deutlich bei einem Vergleich der Konzernsi1

Vgl. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 1 m.w.N.; so verkürzend Pfeuffer, Verschmelzungen als nachteilige Rechtsgeschäfte, S. 99. 2 So die Regierungsbegründung zum Aktiengesetz von 1965, vgl. Kropff, Aktiengesetz, S. 407.

§ 1 Der Normzweck der §§ 311, 317 AktG

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tuation mit einer unabhängigen Gesellschaft. Bei einer unabhängigen Gesellschaft ist davon auszugehen, dass allen Gesellschaftern ein sie vereinendes übergeordnetes Interesse der Gewinnerzielung gemein ist, weshalb kein Gesellschafter nebenher bestehende Sonderinteressen besitzt und diese zum Schaden, oder in der Sprache der §§ 311 ff. AktG zum „Nachteil“, der anderen Gesellschafter durchsetzen will.3 In einer abhängigen Gesellschaft ist es aber möglich, dass gesellschaftsfremde Partikularinteressen des herrschenden Gesellschafters die Gewinnerzielungsinteressen der anderen Gesellschafter (im Folgenden: außenstehende Aktionäre) und das Kapitalerhaltungsinteresse der Gläubiger überlagern.4 Es besteht die realistische Gefahr, dass das Vermögen der abhängigen Gesellschaft zu ihrem Nachteil vom herrschenden Unternehmen für dessen eigene Interessen eingesetzt wird.5 Dies kann sich auch nachteilig auf die Haftungsmasse auswirken, die den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft zur Verfügung steht. Vor dieser Situation will die Regelung der §§ 311 ff. AktG die außenstehenden Aktionäre schützen.6 Gleichzeitig wird damit auch dem Interesse der Gläubiger der Gesellschaft Genüge getan.7 Geschützt ist aber nicht nur das Vermögensinteresse der abhängigen Gesellschaft,8 sondern auch ihr Interesse, die ihr gegebenen Unternehmensziele selbständig, d. h. auch unter Aufrechterhaltung aller hierfür nötigen Funktionen, und optimal zu verwirklichen.9 Dieses so genannte Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft ergibt sich primär aus dem Gesellschaftszweck,10 der die Unternehmensziele festlegt und sekundär aus der Überlegung, wie sich jeder Gesellschafter zur Erreichung dieser Ziele verhalten müsste. Welcher Gesellschaftertyp hierbei zugrundezulegen ist, ergibt sich aus einem Vergleich beider denkbarer Typen. Auf der einen Seite ließe sich im Wege der Einzelfallbetrachtung ein real existierender Gesellschafter der als unabhängig fingierten Aktiengesellschaft als Maßstab dafür nehmen, wie die Gesellschaftsziele zu erreichen sind (im Folgenden: Realtheorie).11 Auf der anderen Seite könnte hierfür

3 Ähnlich Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 1; Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 132. 4 Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 1. 5 MüKo AktG/Altmeppen, Vorb. § 311 AktG Rn. 2; Strohn, Verfassung der AG, S. 11; vgl. auch die Begründung des RegE zum AktG 1965, in: BT- Drs. 3/1915 S. 228 f. 6 OLG München Az. 7 U 1584/10 (Rn. 70 f.) @ unveröffentlicht; zuletzt Stöcklhuber, Der Konzern 2011, 253. 7 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 3; Hogh, Nachteilsermittlung, S. 9; vgl. auch die Begründung zum RegE des AktG 1965, in: BT- Drs. 3/1915 S. 229 li. Sp. 8 Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 132 ff. 9 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 10; Koppensteiner, in: KK-AktG, Vorb. § 311 AktG Rn. 6; Strohn, Verfassung der AG, S. 18 f. 10 Vgl. Bollmann, Schadenersatzanspruch, S. 30. 11 Die Realtheorie wird soweit ersichtlich heute nicht mehr vertreten. Den bei Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 132 in Fn. 287 genannten Literaturmeinungen lässt sich diese Aussage nicht in der Deutlichkeit entnehmen.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

ein gedachter Idealgesellschafter vorzuziehen sein (im Folgenden: Idealtheorie).12 Dieser Idealgesellschafter der Idealtheorie unterscheidet sich vom Ansatzpunkt der Realtheorie allein in der Prämisse, dass der Idealgesellschafter hypothetischer Natur ist, während die Realtheorie eine existente Person als Vergleichsmaßstab annimmt.13 Der ideale Gesellschafter ist daran interessiert, dass die Gesellschaft zumindest fortbesteht, eher jedoch, dass sie Gewinne erwirtschaftet. Mithin ist das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft nach der Idealtheorie auf Erhaltung und Rentabilität gerichtet.14 Der ideale Gesellschafter tätigt keine überaus riskanten Geschäfte, um seine Ziele zu erreichen, da solchen Geschäften immer auch eine große Gefahr innewohnt, zu scheitern. Der real existierende Gesellschafter wird dieser Einstellung jedoch nicht immer entsprechen, weshalb der Idealgesellschafter als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Eigeninteresses anzunehmen ist.15 Zwar wäre bei der Betrachtung eines realen Gesellschafters eine optimale Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet. Allerdings erweiterte dies die ohnehin schon schwierige Bestimmung des Eigeninteresses um die Komponente eines sich ständig ändernden Typs des Realgesellschafters. Zudem ist das Schutzniveau der abhängigen Gesellschaft dann höher, wenn ein idealer Gesellschafter zur Bestimmung des Eigeninteresses herangezogen wird. In diesen Fällen wird zwar die abhängige Gesellschaft mehr vor ihren eigenen Gesellschaftern geschützt, als eine unabhängige Gesellschaft, in der nur die Treuepflicht vor einer allzu weit gehenden Handlungsfreiheit des Gesellschafters schützt. Dieses höhere Schutzniveau ist aber dann gerechtfertigt, wenn sich die Machtverhältnisse in der Gesellschaft zugunsten eines einzelnen Gesellschafters verschoben haben, wie es beim faktischen Konzern der Fall ist. Zur Verdeutlichung dieser These mag folgende Überlegung dienen: Das Verlangen der Gesellschafter, risikoreiche Geschäfte einzugehen, um das Vermögen der Gesellschaft und damit das eigene Vermögen stärker zu mehren, wird in solchen Fällen nicht merklich durch den Verlust des eingesetzten Kapitals begrenzt, in denen nur der Mindestbetrag des Grundkapitals nach § 7 AktG eingebracht ist.16 Der Verlust von 50.000 Euro wird, da dieser Betrag nur wenig über dem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen von 47.868 Euro im Jahr 2012 liegt,17 die Gesellschafter zwar mehr schmerzen als der Verlust der Einlage bei der GmbH. Durch dieses dennoch geringe monetäre Verlustrisiko scheint aber die Risikobereitschaft der Gesellschafter zumindest höher als bei größerem potenziellen Verlust. Dies belegen die hohe Zahl der Insolvenzen bei Aktiengesellschaften in den Jahren 2008 12 Zum Begriff Burgard, WM 1993, 925, 927; Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 131 ff. 13 Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 132. 14 Flume, Die juristische Person, S. 121; Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 135, 137; vgl. auch die parallele Diskussion zum Unternehmensinteresse bei Hüffer/Koch, § 76 AktG Rn. 13. 15 Ähnlich Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 132 f. 16 So für die GmbH Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 133. 17 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2015, S. 167; neuere Zahlen sind nicht vorhanden.

§ 1 Der Normzweck der §§ 311, 317 AktG

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bis 201418 sowie der Vergleich von Gewerbeanmeldungen bei Aktiengesellschaften wegen Betriebsgründung (2014: 1210) zu Gewerbeabmeldungen wegen Betriebsaufgabe (2014: 1299).19 Dies führte dazu, dass der Bestand der Aktiengesellschaften in den Jahren 2009 (-1,0 % im Vergleich zum Vorjahr) und 2010 (-2,2 % im Vergleich zum Vorjahr) zurückgegangen ist,20 in den Jahren 2011 und 2012 annähernd stagnierte, 2013 wieder zurückging und 2014 nahezu gleich blieb. Allerdings ist die Insolvenzanfälligkeit der Aktiengesellschaft wegen des im Vergleich zur GmbH höheren Grundkapitals immer noch deutlich niedriger.21 Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein realer Gesellschafter nicht immer auf langfristige Rentabilität aus ist, sondern oftmals auch riskantere Geschäfte eingehen dürfte, um kurzfristige Renditesteigerungen zu erreichen. Hinzu kommt, dass die Aktiengesellschaft zumeist eine andere Beteiligungsstruktur aufweist als die GmbH. Eine GmbH wird meist aus wirtschaftlich tätigen Gesellschaftern bestehen, die nur ihr Haftungsrisiko begrenzen wollen, während die Aktiengesellschaft eher (risikofreudigere) Kapitalanleger anziehen dürfte. Eine höhere Risikoaffinität von Aktionären im Vergleich zu GmbH-Gesellschaftern ist zumindest nicht mit Sicherheit auszuschließen und die genannten Unwägbarkeiten bei der Beteiligungsstruktur sind ebenfalls Gründe, die gegen das Abstellen auf den Realgesellschafter sprechen. Der Kapitalanleger hat zumeist ein Interesse an kurzfristiger Rendite und wird daher wiederum eher bereit sein, Risiken einzugehen. Daher spiegelt der real existierende Gesellschafter als Vergleichsmaßstab heutzutage nicht immer den Willen des Gesetzgebers nach einem umfassenden Schutz der Außenseiter22 und damit auch den von §§ 311 ff. AktG verfolgten Normzweck wider und stellt somit keinen pauschal verlässlichen Vergleichsmaßstab dar. Vielmehr ist im Interesse des Außenseiterschutzes auf den Idealgesellschafter abzustellen, um der Schutzfunktion der §§ 311 ff. AktG einen ausreichenden Spielraum zu gewährleisten. Aus diesem Grund ist hier der Idealtheorie zu folgen und allein auf den Idealgesellschafter als Maßstab für die Bestimmung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft abzustellen. Damit besteht das Eigeninteresse in der risikoarmen und selbständigen Verwirklichung der Unternehmensziele. Dieses Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft wird bereits verletzt, wenn das herr18 Insolvenzen 2008: 153, vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 503; Insolvenzen 2009: 296, vgl. Statistisches Jahrbuch 2010, S. 502; Insolvenzen 2010: 191, vgl. Statistisches Jahrbuch 2011, S. 497; Insolvenzen 2011: 224, vgl. Statistisches Jahrbuch, S. 515; Insolvenzen 2012: 197, vgl. Statistisches Jahrbuch 2013, S. 511; Insolvenzen 2013: 228, vgl. Statistisches Jahrbuch 2014, S. 515; Insolvenzen 2014: 163, vgl. Statistisches Jahrbuch 2015, S. 517; so bereits Wigand, Verzicht, S. 3. 19 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2014, S. 514 und 515. 20 Vgl. Kornblum, GmbHR 2009, 739, 745 (Tabelle 3) sowie Kornblum, GmbHR 2010, 692, 697 (Tabelle 4). 21 Insolvenzen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Jahr 2012: 7809 im Vergleich zu den Insolvenzen bei Aktiengesellschaften (197), vgl. Statistisches Jahrbuch 2013, S. 511; vgl. auch Ulmer, in: Großkomm. GmbHG, Einl. A 128 f. 22 Vgl. die Regierungsbegründung bei Kropff, Aktiengesetz, S. 407 ff.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

schende Unternehmen eine Maßnahme oder ein Rechtsgeschäft veranlasst, welche bzw. welches durch die abhängige Gesellschaft ohne Veranlassung nicht durchgeführt worden wäre. In diesem Fall ist das Interesse an der Selbständigkeit des Handelns der abhängigen Gesellschaft nicht gewahrt. Die Nachteiligkeit ist hierfür zunächst nicht entscheidend. Die Veranlassung selbst wird im Konzernverhältnis im Sinne des § 18 AktG vermutet.23 Der Eigenwille der abhängigen Gesellschaft ist hingegen nach der zutreffenden allgemeinen Auffassung nicht geschützt.24 Dieser Eigenwille ist ein über das Eigeninteresse hinausgehender Wille der abhängigen Gesellschaft, der auf eigen- und nicht fremdbestimmte Aufgabenerfüllung gerichtet ist. Gemeint ist damit die Frage, wer über die Art der Verfolgung des Eigeninteresses entscheidet.25 Ein solcher Wille kann jedoch durch die Regelung der §§ 311 ff. AktG, die den faktischen Konzern anerkennen, nicht geschützt werden, da dieser Wille auf das Fehlen einer faktischen Abhängigkeit gerichtet ist und so die Schutzrichtung, aber auch die Anerkennung der faktischen Konzernierung ad absurdum geführt würde. Mithin ist lediglich das Eigeninteresse vom Normzweck der § 311 ff. AktG umfasst. Sofern durch die Rechtsgeschäfte und Maßnahmen der herrschenden Gesellschaft das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft gewahrt bleibt, kann das herrschende Unternehmen im Einvernehmen mit dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft seine außerhalb der Gesellschaft verfolgten Interessen auch gegenüber einem gegenläufigen Eigenwillen der abhängigen Gesellschaft durchsetzen.26 Wie der Schutz des Eigeninteresses ausgestaltet sein soll, ist allerdings umstritten. 2. Ausgestaltung der Schutzfunktion – Verbot der Nachteilszufügung oder Verbot nicht ausgeglichener Nachteilszufügung? Nach herrschender Meinung ist eine Nachteilszufügung nicht per se unrechtmäßig, sondern nur dann, wenn der Ausgleich nicht oder nicht rechtzeitig erfolgt.27 Diese Ansicht bewertet die Nachteilszufügung nicht isoliert, sondern in einer Zusammenschau der Nachteile und Vorteile. Ein Recht der herrschenden Gesellschaft, nachteilige Maßnahmen vorzunehmen, besteht allerdings nicht. Wird aber ein Nachteilsausgleich gewährt oder ist dieser zu erwarten, so verhält sich die Maßnahme insgesamt neutral und ist zulässig.28 Einige verstehen hingegen die 23

Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 20 f. Statt aller MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 12. 25 Strohn, Verfassung der AG, S. 18. 26 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 2; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 273. 27 BGHZ 190, 7 (Rn. 37 ff.); Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 4; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 3, 6; Müller, in: Spindler/Stilz, Vorb. §§ 311 ff. AktG Rn. 3; Schatz/Schödel, in: Heidel, § 317 AktG Rn. 3; vgl. auch ausführlich Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 65; Zöllner, in: GS Knobbe-Keuk (1997), S. 371. 28 So Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 65. 24

§ 1 Der Normzweck der §§ 311, 317 AktG

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§§ 311 ff. AktG abweichend von der herrschenden Meinung als sanktioniertes Verbot der Nachteilszufügung.29 Demnach sei jede Veranlassung eines nachteiligen Rechtsgeschäfts per se unrechtmäßig, wobei der von § 311 AktG vorgesehene Nachteilsausgleich eine Sanktion darstelle. Dieser Verbotsthese steht aber schon die Entstehungsgeschichte der §§ 311 ff. AktG entgegen. Man hatte sich statt für eine Verbotsregelung wie noch in § 284 RefE 195830 für eine Angemessenheitsprüfung des Nachteilsausgleichs entschieden.31 Diese Angemessenheitsprüfung ist heute in §§ 313 ff., 317 AktG enthalten. Dennoch scheint die Regierungsbegründung auf den ersten Blick der Verbotsthese zu folgen, wenn sie formuliert, dass der Entwurf dem herrschenden Unternehmen, das keinen Beherrschungsvertrag abgeschlossen hat, verbiete, die abhängige Gesellschaft zu nachteiligen Rechtsgeschäften oder Maßnahmen zu veranlassen.32 Sie umschreibt hiermit aber bei genauerer Betrachtung kein generelles Verbot der Nachteilszufügung, sondern nur ein Verbot der unausgeglichenen Nachteilszufügung. Denn zu Absatz 2 wird ausgeführt: „Treu und Glauben verlangen, daß solche Nachteile in gewissem Umfang durch mit ihnen zusammenhängende Vorteile ausgeglichen werden können“.33 Diese Ausführungen verdeutlichen, dass kein generelles Verbot statuiert werden soll, sondern eben nur ein Verbot der kompensationslosen Nachteilszufügung. Untermauert wird dieses Ergebnis durch den Wortlaut des § 317 AktG. Die Ersatzpflicht gründet sich darauf, dass der Tatbestand des vorausgehenden Nebensatzes – Veranlassung zu nachteiligen Maßnahmen ohne Ausgleich – erfüllt ist und der Gesellschaft aus diesem Sachverhalt, also dem Nichtausgleich des Nachteils, ein Schaden entstanden ist.34 Weiterhin vermischt die Verbotsthese die Regelungsbereiche des § 311 AktG und des § 317 AktG. Insbesondere der Wortlaut von § 311 Abs. 1 a.E. AktG, „es sei denn, daß die Nachteile ausgeglichen werden“, ließe sich nach der Verbotsthese nicht erklären, da hier gerade eine Ausnahme vom Verbot geregelt wird und diese „Ausnahme“ den gesetzlichen Regelfall darstellt. Nur wenn ein Ausgleich nicht erfolgt, sind die daraus entstehenden Schäden zu ersetzen und nicht schon Schäden, die durch die Nachteilszufügung als solche entstehen. Deshalb ist der herrschenden These vom Nichtausgleich des Nachteils zu folgen. Mithin wird der Schutz des Eigeninteresses durch einen Schadenersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft bei 29 Grundlegend Mestmäcker, in: FS Kronstein (1967), S. 147; ebenso Bälz, in: FS Raiser (1974), S. 302 ff.; anhand der Formulierungen zweifelhaft MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 1, 3 ff. sowie Vorb. § 311 AktG Rn. 5 f., wegen der Ausführungen in Rn. 1 aber wohl der herrschenden Meinung zuzuordnen. 30 Vgl. Dettling, Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 224 f. 31 Vgl. E. Geßler, in: FS Flume, S. 55; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 65 mit Fn. 389 ff. auf S. 66. 32 Nachzulesen bei Kropff, Aktiengesetz, S. 407 und 408. 33 Kropff, Aktiengesetz, S. 408. 34 Vgl. auch Dettling, Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 282.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

nicht ausgeglichenen Nachteilen erreicht.35 Ein generelles Verbot der Nachteilszufügung besteht jedoch nicht.

II. Privilegierungsfunktion? Ob den §§ 311 ff. AktG zusätzlich zur Schutzfunktion eine Privilegierungsfunktion derart zukommt, dass Nachteile nicht unmittelbar ausgeglichen werden müssen, sondern zeitlich nachgelagert und nicht durch korrelierende Vorteile kompensiert werden können, ist umstritten. Die Vertreter der Verbotsthese müssen konsequenterweise eine Privilegierungsfunktion ablehnen. Die herrschende Auffassung sieht aber in § 311 AktG die Legalisierung der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens.36 Die Privilegierungswirkung des § 311 AktG zeige sich im Vergleich zu einer unabhängigen Gesellschaft. Hier sei jegliche Einflussnahme auf den Vorstand zur Durchsetzung gesellschaftsschädigender Interessen nach §§ 76, 93, 117 AktG verboten. Einer abhängigen AG dürften aber Nachteile zugefügt werden, sofern diese ausgeglichen werden. Eine weitere Privilegierung sei die zeitliche Verschiebung des Ausgleichs durch § 311 Abs. 2 AktG,37 und die temporäre Befreiung von den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57 ff. AktG.38 Allerdings liege hierin nach mittlerweile einhelliger Auffassung innerhalb der herrschenden Meinung kein Schädigungsprivileg, sondern nur eine Möglichkeit, den Ausgleich aufs Geschäftsjahresende zu verschieben.39 Die besseren Argumente sprechen für die Annahme einer Privilegierungsfunktion. Das herrschende Unternehmen kann im Gegensatz zu konzernunabhängigen Unternehmen einerseits Einfluss ausüben, muss daraus entstehende Nachteile aber spätestens bis zum Geschäftsjahresende ausgleichen. Die Privilegierung als solche liegt jedoch allein in der Ausformung des Außenseiterschutzes durch die Verschiebung des Ausgleichszeitpunkts nach hinten.40 Weitere Privilegierungswirkungen gibt es nicht. Auch die Befreiung von den Kapitalerhaltungsregeln stellt nur eine zeitliche Privilegierung dar, da diese Befreiung nur für den Zeitraum gilt, den § 311 AktG für den Ausgleich gewährt.41 Daher ist die Privilegierungsfunktion im

35

Vgl. auch Beuthien, DB 1969, 1781, 1783. So jetzt auch BGHZ 179, 71 – „MPS“ = NJW 2009, 850 (Rn. 11 f., zitiert nach juris); vgl. statt aller Koppensteiner, in: KK-AktG, Vorb. § 311 AktG Rn. 5; sowie MüKo AktG/ Altmeppen, § 311 AktG Rn. 38 ff.; ebenso schon Strohn, Verfassung der AG, S. 10. 37 Vgl. Hogh, Nachteilsermittlung, S. 13; sowie MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 32 mit Fn. 45. 38 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 448 f., 458 ff. 39 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 42. 40 Zu den Fällen, in denen eine solch zeitliche Privilegierung ausscheidet vgl. BGH AG 2012, 680 (Rn. 19 f.); dazu noch unten ausführlich § 8 III. 41 Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 49. 36

§ 1 Der Normzweck der §§ 311, 317 AktG

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Ergebnis nur die Ausprägung der Schutzfunktion,42 die die ausgleichslose Nachteilszufügung verhindert und so die Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaft schützt.43 Durch die Verschiebung des Ausgleichszeitpunkts nach hinten wird der herrschenden Gesellschaft zwar die Möglichkeit der nachteiligen Einflussnahme erleichtert, da eine Einflussnahme auch möglich wird, wenn gerade kein ausgleichsfähiger Vorteil vorhanden ist, aber ein solcher absehbar ist. Eine Beeinträchtigung der abhängigen Gesellschaft ist hiermit jedoch nicht verbunden.44 Denn der Umstand, dass der Ausgleich nicht sofort, sondern erst nachgelagert erfolgen muss, lässt nicht den Schluss zu, dass hierdurch einerseits eine erhöhte Nachteilszufügung gefördert wird und andererseits eine Schädigung der abhängigen Gesellschaft zu erwarten ist. Vielmehr schafft diese Ausformung der Schutzfunktion einen gelungenen Ausgleich zwischen den Konzernleitungsinteressen und dem Außenseiterschutz. Ein Grund, hierin eine eigenständige Privilegierungsfunktion zu sehen, besteht aber nicht, da diese Einordnung auch keinerlei Vorteile mit sich brächte. Es bleibt also bei der Einordnung der zeitlichen Privilegierung des herrschenden Unternehmens als Ausformung der Schutzfunktion.

III. Zwischenergebnis Der Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG umfasst den Schutz der Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaft durch das Verbot ausgleichsloser Nachteilszufügung und privilegiert sogleich das herrschende Unternehmen im Gegensatz zum Gesellschafter einer unabhängigen AG. Die Privilegierung besteht jedoch allein in zeitlicher Hinsicht und lässt einen Ausgleich bis zum Geschäftsjahresende zu. Danach ist ein Ausgleich im Sinne der §§ 311 ff. AktG nicht mehr möglich und es greift die Schadenersatzfolge des § 317 AktG. Dieses Schutzsystem zugunsten der abhängigen Gesellschaft schützt auch reflexhaft die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger. Vor diesem Hintergrund ist nun eine Begriffsbestimmung vorzunehmen, deren Ergebnis von der Literatur sehr unterschiedlich beurteilt wird. Im ersten Schritt werden daher die beiden Ansätze zur Bestimmung des Nachteils dargestellt, analysiert und bewertet (siehe sogleich § 2). Anschließend erfolgt eine kurze Analyse der einschlägigen Rechtsprechung zum Nachteilsbegriff (siehe § 3). Schlussendlich wird die abstrakte Diskussion um die Bestimmung des Nachteils anhand einiger Beispiele verdeutlicht (siehe § 4). 42 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 4; K. Schmidt, in: FS Lutter, S. 1179 ff.; a.A. Stahl, Benachteiligungsverbot, S. 14 f., der in § 311 AktG eine Legalisierung der fremdinteressenmotivierten Einflussnahme sieht, die aber zu einer erhöhten Schutzbedürftigkeit der abhängigen AG führe. 43 Siehe oben § 1 I. 1.; so im Ergebnis ebenfalls Hogh, Nachteilsermittlung, S. 15; Hogh sieht jedoch ein Spannungsverhältnis zwischen der Privilegierungsfunktion und der Schutzfunktion, das zugunsten der Schutzfunktion aufzulösen sei. 44 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 43 f.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

§ 2 Die unterschiedlichen Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs I. Problemaufriss Bei der Begriffsbestimmung des Nachteils werden im Grundsatz zwei gegenteilige Ansätze vertreten. Diese beiden Meinungsgruppen lassen sich in zwei Betrachtungsweisen unterteilen. Unterscheidungsmaßstab ist dabei die Frage, ob eine Pflichtverletzung im Sinne des § 317 Abs. 2 AktG Voraussetzung für die Nachteiligkeit einer Maßnahme ist oder nicht. Hierbei ist als „Exculpationslösung“ diejenige zu verstehen, die den Nachteil unabhängig von einer Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne des § 317 Abs. 2 AktG verstehen und eine möglicherweise fehlende Sorgfaltspflichtverletzung erst auf Ebenen eines Schadenersatzanspruchs berücksichtigen will. Demgegenüber verneint die „Tatbestandslösung“ wegen einer fehlenden Sorgfaltspflichtverletzung bereits den Nachteil. Übereinstimmend gehen jedoch beide Ansichten davon aus, dass die Begriffe Nachteil und Schaden inhaltlich verschieden sind.45 Beide Auffassungen legen diese inhaltliche Trennung der Begriffe Nachteil und Schaden zugrunde, bewerten sie allerdings unterschiedlich. Auch ist allgemein anerkannt, dass es sich bei den § 311 AktG und § 317 AktG um verschiedene Tatbestände mit verschiedenen Anwendungsbereichen handelt.46 Insgesamt lässt sich feststellen, dass die dogmatischen Begründungsmuster gar nicht so stark differieren, obwohl es auf den ersten Blick scheint, als träfen zwei sehr unversöhnliche Positionen aufeinander. Auch die Anwendung beider Ansätze in der Praxis führt zu wenigen, im Einzelfall aber bedeutenden, Unterschieden.

II. Das Konzept der herrschenden Meinung (Tatbestandslösung) Die herrschende Meinung in der Literatur47 und die Rechtsprechung48 gehen davon aus, dass die Veranlassung zu nachteiligem Handeln den Haftungsgrund der 45

LG Köln AG 2008, 327, 332; Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 43; MüKo AktG/ Altmeppen, § 311 AktG Rn. 156; Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 25; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 45; Hogh, Nachteilsermittlung, S. 57; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 28; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 53; Müller, in: Spindler/ Stilz, § 311 AktG Rn. 28; Schatz/Schödel, in: Heidel, § 317 AktG Rn. 10; Strohn, Verfassung der AG, S. 85; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 45; a.A. Kellmann, ZGR 3 (1974), 221, 222 f.; Möhring, in: FS Schilling (1973), S. 264 f. 46 Hieraus folgt nach Ansicht von Stöcklhuber die Uneinheitlichkeit der dogmatischen Einordnung der §§ 311 AktG; vgl. Stöcklhuber, Der Konzern 2011, 253, 254. Um dies zu vermeiden, wurde schon geraume Zeit nach der Änderung des AktG im Jahre 1965 gefordert, beide Tatbestände zu einem zusammen zu fassen. Für Nachweise hierzu siehe Stöcklhuber, a.a.O. Fn. 7. 47 Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 38; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 25 Rn. 15; Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 25; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 40; Hogh, Nachteilsermittlung, S. 41 ff.; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 25 ff.;

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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§§ 311 ff. AktG als so genannte Abhängigkeitsfolge darstellt. Diese Abhängigkeitsfolge konkretisiere § 317 Abs. 2 AktG, indem er ausführe, dass die Ersatzpflicht nach Abs. 1 nicht eintrete, „wenn auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft vorgenommen oder die Maßnahme getroffen oder unterlassen hätte“. Auch aus § 312 Abs. 3 AktG ergebe sich diese Schlussfolgerung, da sich die Wendung „nach den Umständen, die ihm in dem Zeitpunkt bekannt waren, in dem das Rechtsgeschäft vorgenommen oder die Maßnahme getroffen oder unterlassen wurde“ auch auf den Nachteil im vorangehenden Satzteil beziehe.49 Bestätigt werde dies durch § 313 Abs. 1 Nr. 2 AktG.50 Aus diesem Grunde sei § 317 Abs. 2 AktG schon bei der Nachteilsbestimmung zu berücksichtigen und nicht erst auf Ebene der Schadenersatzhaftung als Exculpationstatbestand.51 Dies folge aus dem Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG (Außenseiterschutz). Ein Nachteil sei dann nicht Abhängigkeitsfolge, wenn die Minderung des Gesellschaftsvermögens auch durch das gedachte Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters hervorgerufen worden wäre. Der Nachteil an sich sei als konkrete Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft unabhängig von der Quantifizierbarkeit52 zu definieren, wobei nur wirtschaftliche Auswirkungen zu berücksichtigen seien.53 Diese konkrete Gefährdung – eine tatsächliche Minderung sei nicht erforderlich – werde durch einen Vergleich mit dem Wert des Gesellschaftsvermögens, den es bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters haben würde, festgestellt. Nur dadurch bleiben nach dieser Auffassung Vermögensminderungen aufgrund der Verwirklichung des allgemeinen Geschäftsrisikos außer Betracht.54 Käme es auf das Vermögen der Gesellschaft bei lediglich hinweg gedachter Veranlassung durch das herrschende Unternehmen an, so würde das herrschende Unternehmen eine Erfolgshaftung treffen,55 die lediglich durch § 317 Abs. 2 AktG abgemildert werde.56 Nach Auffassung von Hogh hat sich der Gesetzgeber aber für eine andere RisikoKoppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 36; Kropff, in: FS Kastner (1992), S. 287; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 52 ff.; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 27; Pfeuffer, Verschmelzungen als nachteilige Rechtsgeschäfte, S. 102 ff.; Schatz/Schödel, in: Heidel, § 311 AktG Rn. 54; Schubert, BFuP 1966, 223; wohl auch Uecker, VorteilsNachteils-Ausgleich, S. 56, der dies mit der allgemeinen Ratio legis der §§ 311 ff. AktG begründet; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 40; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 86 ff. 48 Ambivalent noch BGHZ 141, 79; BGHZ 175, 365; danach ständige Rspr. vgl. BGHZ 179, 71; BGHZ 190, 7. 49 So Kropff, DB 1967, 2147, 2151. 50 Kropff, a.a.O. 51 Vgl. nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 40 mit Fn. 132. 52 Siehe hierzu nur J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 42 m.w.N. in Fn. 79. 53 Statt aller Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 34. 54 Vgl. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 28. 55 Hogh, Nachteilsermittlung, S. 41 f. 56 Diese Auffassung vertritt Bommert, Verdeckte Vermögensverlagerungen, S. 169.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

verteilung entschieden und der abhängigen Gesellschaft das Unternehmensrisiko aufgebürdet.57 Eine andere Betrachtungsweise würde den Begriff des Nachteils mit dem des Schadens gleichstellen und der gesetzgeberischen Intention widersprechen.58 Der Schutzzweck der §§ 311 AktG umfasse nur den Schutz vor Abhängigkeitsfolgen und nicht den Schutz vor unternehmerischen Risiken, die nicht in der Abhängigkeit begründet seien.59 Dem Nachteilsbegriff soll also nach dieser Auffassung der Sorgfaltsmaßstab des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG immanent sein.60 Zusätzlich wird zur Begründung dieser Auffassung angeführt, dass es keinen Sinn habe, einen Nachteil in Fällen anzunehmen, in denen Schadenersatz nach § 317 AktG nicht in Betracht komme und es deshalb an einer Sanktion der Nachteilszufügung fehle.61 Als Beurteilungszeitpunkt wird übereinstimmend die Vornahme62 des Rechtsgeschäfts bzw. der Maßnahme angenommen.63 Diese herrschende Auffassung wird wegen der beschriebenen tatbestandlichen Berücksichtigung des § 317 Abs. 2 AktG im Folgenden als Tatbestandslösung bezeichnet.

III. Die Exculpationslösung Die Vertreter der Exculpationslösung widersprachen der (heute) herrschenden Auffassung bereits bei Schaffung der §§ 311 ff. AktG.64 Angesichts der überwältigenden Vielzahl der Vertreter der herrschenden Meinung waren die Vertreter der Exculpationslösung in den ersten Jahrzehnten seit Einführung der §§ 311 ff. AktG stark in der Minderheit.65 Allerdings erfährt diese Auffassung in den letzten Jahren 57

So auch schon Strohn, Verfassung der AG, S. 71. Hogh, Nachteilsermittlung, S. 42, 36; ebenso Pfeuffer, Verschmelzungen als nachteilige Rechtsgeschäfte, S. 101; a.A. ist Möhring, in: FS Schilling (1973), S. 264, der die Begriffe Nachteil und Schaden gleichsetzt; ebenso Bachelin, Minderheitenschutz, S. 47. Mit dieser Auffassung sind sie weitestgehend allein geblieben. 59 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 25 Rn. 15 m.w.N. 60 So ausdrücklich Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 40. 61 Siehe Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 37. 62 Zum Unterlassen vgl. Hogh, Nachteilsermittlung, S. 39 f. 63 Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 42; Bundesministerium der Justiz, Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, S. 715; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 25 Rn. 18; Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 24; Habersack, in: Emmerich/ Habersack, § 311 AktG Rn. 44; Hogh, Nachteilsermittlung, S. 40; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 28; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 39; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 57 ff.; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 29; Strohn, Verfassung der AG, S. 71; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 45. 64 So wurde sie schon von Leo, AG 1965, 352, 357 und von Haesen, Abhängigkeitsbericht, S. 111 f. (m.w.N.) im Jahre 1970, also kurz nach Änderung des AktG im Jahre 1965 vertreten. 65 So finden sich Ausführungen nur bei Horn, ZIP 1987, 1225, 1228; Möhring, in: FS Schilling (1973), S. 253 ff.; und der Exculpationslösung nur im Ergebnis zustimmend Bälz, in: FS Raiser (1974), S. 308 f. 58

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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wieder vermehrten Zuspruch.66 Nach der Exculpationslösung begeht die herrschende Meinung den Fehler, die Haftung nach §§ 311, 317 AktG als reine Veranlasserhaftung zu verstehen.67 Vielmehr regele § 317 Abs. 2 AktG lediglich die Exculpationsmöglichkeit gegenüber der Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG entsprechend dem vielzitierten Vorbild der §§ 93 Abs. 2 S. 2, 309 Abs. 2 S. 2 AktG.68 Aber auch innerhalb dieser Exculpationslösung gibt es Unterschiede. So verkörpern die §§ 311, 317 AktG nach Ansicht Altmeppens eine Verschuldenshaftung für fehlerhafte Fremdgeschäftsführung.69 Gemein haben alle Vertreter dieser Auffassung aber das Ergebnis einer Bestimmung des Nachteils allein anhand des § 311 AktG. Ist § 317 Abs. 2 AktG erfüllt, so fehlt es nach dieser Ansicht lediglich an einer negativen Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG. Die fehlende Vergleichbarkeit des Handelns auf Veranlassung mit einer Handlung eines sorgfältigen Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft sei aber nicht gleichzusetzen mit einem Nichtvorliegen des Nachteils,70 denn hier würden der Tatbestand des § 311 AktG (Nachteil) und die Pflichtverletzung des § 317 Abs. 2 AktG dogmatisch unzulässig miteinander vermengt. Hierin zeige sich zudem der, auch von der herrschenden Meinung festgestellte,71 Unterschied zwischen Nachteil und Schaden. Nimmt man nach dieser Auffassung also die Bestimmung des § 317 Abs. 2 AktG vom Tatbestand des § 311 Abs. 1 AktG aus, so bleibt für die Nachteilsbestimmung eine rein an § 311 AktG bemessene Bestimmung übrig. Ein Nachteil ist nach dieser Auffassung somit jede Geschäftsführungsmaßnahme, die das Vermögen der abhängigen Gesellschaft bereits vermindert hat oder auf Grund der künftigen Entwicklung noch vermindern wird. Es komme jedoch nicht darauf an, ob diese Verminderung bewertbar oder bezifferbar sei.72 Insbesondere stelle dieser Nachteil nicht schon per se einen Schaden im Sinne von § 317 Abs. 1 AktG dar, da erst der Nichtausgleich des Nachteils den Tatbestand des § 317 Abs. 1 AktG erfülle.73 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Nachteils sei der Zeitpunkt der Vornahme oder Nichtvornahme der Maßnahme bzw. des Rechtsgeschäfts.74 66 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 162 ff.; ders., in: FS Priester (2007), S. 1 ff.; ders., NJW 2008, 1553; J. Geßler, in: J. Geßler/Käpplinger, § 311 AktG Rn. 12; wohl auch Philipp, AG 2001, 463, 466; Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 81 f.; Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 332 ff.; Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG, Rn. 12.369 ff.; zuletzt Stöcklhuber, Der Konzern 2011, 253, 255. 67 So ausdrücklich MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 163. 68 So im Ergebnis auch Leo, AG 1965, 352, 357. 69 Altmeppen, NJW 2008, 1553, 1554 m.w.N.; ausführliche Untersuchung hierzu bei Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 324 ff.; ablehnend zu dieser Sichtweise des § 317 Abs. 1 AktG unten § 5 III 4. 70 So aber die herrschende Meinung, vgl. hierzu nur Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 37 a.E. 71 Siehe hierzu ebenfalls Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 37. 72 Vgl. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.369 m.w.N. 73 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 166; a.A. Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 309 f. 74 Vgl. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.371 mit Fn. 4.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

Grundlage der ex-ante-Beurteilung seien alle jene Umstände, die ein sorgfältiger Geschäftsleiter erkennen könne; relevant seien also nicht nur die bekannten, sondern auch die grob fahrlässig unbekannten Umstände.75 Hierdurch werde aber dieser Sorgfaltsmaßstab nicht in die Bestimmung des Nachteils mit einbezogen, sondern es solle lediglich eine Eingrenzung der zu untersuchenden relevanten Umstände vorgenommen werden. Ferner könne die Ausgestaltung der Satzung der abhängigen Gesellschaft das Ergebnis der Nachteilsbestimmung stark beeinflussen.76 So sei der Unternehmensgegenstand für das Tätigkeitsfeld des abhängigen Unternehmens maßgeblich und die Nichtvornahme einer von diesem Gegenstand nicht gedeckten Maßnahme auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens daher selbst dann kein Nachteil, wenn das nicht vorgenommene Geschäft lukrativ gewesen wäre.77

IV. Stellungnahme 1. Auslegung des § 311 AktG als alleiniger Maßstab für die Bestimmung des Nachteilsbegriffs Die durch die soeben dargestellten Ansichten unterschiedlich vorgenommene Auslegung des Begriffs „Nachteil“ in § 311 AktG ist für das Ergebnis der Untersuchung in dieser Arbeit weitgehend folgenlos, da die Folge eines festgestellten oder derzeit nicht summenmäßig feststellbaren Nachteils den Schwerpunkt dieser Abhandlung bildet und nicht dessen Ermittlung. Für das Verständnis der Probleme bei der tatsächlichen Bestimmung des Nachteils und dessen Quantifizierung ist aber auch diese Begriffsbestimmung grundlegend, weshalb vor einer Diskussion der Ausgleichsmöglichkeiten deren rechtliche Voraussetzung, der „Nachteil“, genauer zu betrachten ist. Voranzustellen ist zunächst, dass die Unterschiede in der praktischen Anwendung der beiden vorherrschenden Auslegungsrichtungen – hier als Tatbestandslösung und als Exculpationslösung bezeichnet – gering sind, da sich deren Ergebnisse weitestgehend decken.78 Allerdings nimmt die Exculpationslösung die Nachteiligkeit schneller an, als es die Tatbestandslösung vermag,79 hält die besseren Argumente für die Bestimmung des Nachteils bereit und hat auch aus praktischer Sicht Vorzüge gegenüber der herrschenden Tatbestandslösung. Nach der herrschenden Auffassung liegt ein Nachteil in „jede[r] Minderung oder Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft ohne Rücksicht auf

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Vgl. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.372 mit Fn. 1. Ausführlich dazu Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 84 ff. Auf eine eingehende Untersuchung dieser Thematik wird hier aber angesichts der Zielsetzung der Arbeit verzichtet. 77 Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 85. 78 Ausführlich unten § 3 I. 2. a). 79 Siehe § 3 I. 2. a). 76

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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Quantifizierbarkeit, soweit sie als Abhängigkeitsfolge eintritt.“80 Diese Abhängigkeitsfolge enthalte § 317 Abs. 2 AktG, der daher zur Nachteilsbestimmung heranzuziehen oder anders ausgedrückt in § 311 AktG „hineinzulesen“ sei.81 Die Exculpationslösung widerspricht dem und sieht einen Nachteil in jeder Geschäftsführungsmaßnahme, die „das Vermögen der abhängigen Gesellschaft […] vermindert hat oder auf Grund der künftigen Ertragserwartung vermindern wird“. Zunächst erscheinen diese beiden Positionen unversöhnlich. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch auffallend viele Gemeinsamkeiten, die nur aufgrund uneinheitlicher Terminologie nicht als solche erkennbar sind. Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung soll daher zunächst § 311 AktG sein. Die darin angesprochene Nachteilszufügung setzt begrifflich voraus, dass das herrschende Unternehmen durch sein Handeln rechtlich geschützte Interessen der abhängigen Gesellschaft verletzt.82 Ergibt sich diese Verletzung rechtlich geschützter Interessen der abhängigen Gesellschaft als Merkmal der Nachteilszufügung aber schon aus § 311 Abs. 1 AktG, ist hierfür eine Heranziehung des § 317 Abs. 2 AktG nicht mehr erforderlich. Der Begriff des Nachteils ist dann allein anhand des § 311 AktG zu bestimmen. Sollte aber anhand des Wortlauts des § 311 AktG eine Begriffsbestimmung nicht möglich sein, so muss der Inhalt des Begriffs „Nachteil“ durch systematische oder teleologische Auslegung, möglicherweise auch mithilfe anderer Normen oder Rechtsgedanken, ermittelt werden. 2. Auslegung des § 311 AktG a) Wortlaut Der Wortlaut des § 311 AktG selbst enthält keine genaue Aussage, was unter einem Nachteil zu verstehen ist. Es bleibt in diesem Prüfungsschritt daher allein die Möglichkeit, den Begriff „Nachteil“ semantisch zu untersuchen. Ein Nachteil ist der Wortbedeutung nach etwas (also ein Umstand, eine Lage, Eigenschaft o. Ä.), was sich für jemanden gegenüber anderen negativ auswirkt, ihn beeinträchtigt, ihm schadet.83 Synonym verwendet werden im allgemeinen Sprachgebrauch Begriffe wie „Beeinträchtigung“, „Minus“ bzw. „Minderung“ oder „Schaden“. Gerade Letzteres bedeutet aber schon ein erstes Hindernis bei der semantischen Begriffsbestimmung: im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Nachteil oft mit einem Schaden gleichgesetzt, was nach allgemeiner Meinung im juristischen Sprachgebrauch nicht möglich ist.84 Daher muss sich eine Begriffsbestimmung im Hinblick auf den 80 Statt aller Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 87 mit Verweis auf BGHZ 141, 79 in Fn. 561. 81 Mit dieser Wortwahl schon Strohn, Verfassung der AG, S. 72. 82 Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 77 m.w.N. in Fn. 13. 83 So die gängige Definition im Duden. 84 Statt aller vgl. nur Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 28.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

Nachteil im Sinne des § 311 AktG an einem anderen Maßstab orientieren. Dieser Maßstab ist allein § 311 AktG. Nimmt man den im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendeten Begriff der „Minderung“, so ist zumindest ein erster Ansatz für die Begriffsklärung gefunden. Es geht um eine negative Abweichung der jetzigen von einer vorherigen Situation. Diese Situationen lassen sich mit Blick auf den Schutzzweck des § 311 AktG näher konkretisieren. Oben wurde bereits festgestellt, dass durch § 311 AktG insbesondere das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft geschützt wird.85 Umschreiben lässt sich dieses primär als das Vermögensinteresse der abhängigen Gesellschaft. Hinzu kommt sekundär das Ansinnen, die der abhängigen Gesellschaft gegebenen Unternehmensziele selbständig und optimal zu verwirklichen. Somit ist ein Nachteil eine negative Abweichung des Vermögens der abhängigen Gesellschaft von einer vorherigen Situation. Diese vorherige Situation stellt den Vermögensstand der Gesellschaft vor der Veranlassung durch das herrschende Unternehmen dar. Ein Nachteil ist demnach die negative Abweichung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft bei Veranlassung durch das herrschende Unternehmen im Vergleich zur Vermögens- und Ertragslage ohne Veranlassung. Bei einer solchen Abweichung ist wegen des veranlassungsbasierten Handelns das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft verletzt. Im Ergebnis ist also die Verletzung des oben beschriebenen Eigeninteresses der entscheidende Maßstab für die Bestimmung des Nachteils. Eine Verletzung des Eigeninteresses ist definitionsgemäß aber nur bei bestehender Abhängigkeit denkbar. Damit wird nach § 311 Abs. 1 AktG bei einer negativen Abweichung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft von der Lage ohne Veranlassung vermutet, dass die – nach der herrschenden Meinung positiv zu bestimmende – Abhängigkeitsfolge gegeben ist. Jedes Handeln auf Veranlassung mit Verletzung des Eigeninteresses stellt nämlich eine Abhängigkeitsfolge dar, da das Verhalten des abhängigen Vorstands in diesem Moment § 76 AktG nicht mehr entspricht. Diese Sicht bei der Bestimmung des Nachteils entspricht im Großen und Ganzen der Exculpationslösung. Die herrschende Tatbestandslösung versucht hingegen, den zunächst isoliert festgestellten „Nachteil“ einzugrenzen. Eine negative Abweichung der Vermögens- und Ertragslage solle nur dann auch Nachteil im Sinne des § 311 AktG sein, wenn sich die negative Abweichung als Abhängigkeitsfolge darstelle.86 Diese von der herrschenden Meinung ins Spiel gebrachte weitere Abhängigkeitsfolge ergibt sich unter Berücksichtigung des eben gefundenen Ergebnisses aber bereits aus dem Wortlaut des § 311 AktG und braucht daher grundsätzlich nicht anderweitig (doppelt) begründet zu werden. Einziger Unterschied der Sache nach ist die Frage, ob die Abhängigkeitsfolge positiv festzustellen ist (so die herrschende Auffassung) oder ob sie vermutet wird. Dieser augenscheinlich kleine Unterschied führt allerdings zu großen

85 86

Siehe bereits oben § 1 I. 1. Vgl. oben § 2 II.

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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praktischen Differenzen,87 da nach der Exculpationslösung die Pflichtverletzung bei der Nachteilsbestimmung nicht zu berücksichtigen ist, nach der herrschenden Tatbestandslösung hingegen schon. Im Kern geht es dabei also nicht um eine Einschränkung des Begriffs, die entweder aus systematischen Erwägungen oder aus teleologischen Gesichtspunkten folgen müsste, sondern allein um dogmatische und terminologische Genauigkeit. Der Rückgriff der herrschenden Meinung auf § 317 Abs. 2 AktG ist bei sorgfältiger Anwendung des Gesetzes gar nicht nötig und damit dogmatisch unsauber. Dies soll nun anhand einer weiteren Untersuchung des § 311 AktG belegt werden. Ausgangspunkt ist dabei nicht – um eine zirkuläre Argumentation zu vermeiden – die eben entwickelte Begriffsbestimmung, sondern allein die Minderung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft, wie die herrschende Auffassung den Wortlaut des § 311 AktG versteht. Diese – also im Ergebnis jede – Minderung mit einem ausgleichspflichtigen Nachteil gleichzusetzen, bedeutete tatsächlich dem herrschenden Unternehmen eine mit § 302 AktG einhergehende Verlustausgleichspflicht aufzubürden. Dies kann aber bereits aus systematischen Erwägungen nicht richtig sein, da dann ein Unterschied zwischen Vertragskonzern und faktischem Konzern in der Frage der Nachteilsausgleichsverpflichtung nicht mehr festzustellen wäre. Das Gesetz unterscheidet aber deutlich zwischen dem faktischen Konzern und dem Vertragskonzern. b) Systematik Gerade aus den eben angesprochenen Vorschriften des Vertragskonzerns, insbesondere aus § 302 AktG folgt, dass der Nachteil nicht allein in einer Minderung der Vermögens- und Ertragslage gesehen werden kann. Denkbar wäre es nun, aus vergleichbaren Vorschriften ein systematisches Argument für eine Beschränkung des ausgleichspflichtigen Nachteils zu entnehmen. Maßstab für eine solche Prüfung können aber nur die Regelungen des faktischen Konzerns darstellen, da das Recht des Vertragskonzerns in weiten Teilen (abgesehen von den Vorschriften, auf die das Gesetz etwa in § 317 Abs. 4 AktG ausdrücklich verweist) zu große Unterschiede zum faktischen Konzern aufweist. § 317 AktG enthält hier möglicherweise eine sinngemäß anwendbare Regelung, die den Nachteil im Sinne der herrschenden Meinung begrenzen könnte. Die in § 317 Abs. 2 AktG – allein dessen Wortlaut nach – enthaltene Einschränkung der Schadenersatzpflicht nach § 317 Abs. 1 AktG könnte bereits schon den ausgleichspflichtigen Nachteil begrenzen. Diese Begrenzung kann aber nur gelingen, wenn § 317 Abs. 2 AktG auch bei der Nachteilsbestimmung anwendbar wäre. Eine direkte Anwendung scheitert aber bereits an der fehlenden gesetzlichen Anordnung. Zudem würde eine direkte Heranziehung nicht zu dem von der herrschenden Auffassung gewollten Ergebnis führen, dass die Erfüllung des Sorgfaltsmaßstabs des § 317 Abs. 2 AktG die Nachteiligkeit einer 87

Siehe dazu ausführlich unten § 3.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

Maßnahme entfallen ließe. Der Wortlaut des § 317 Abs. 2 AktG spricht eindeutig vom Wegfall der Ersatzpflicht und nicht von Nachteilsausgleichspflicht. Beide Begriffe umschreiben unterschiedliche Rechtsinstitute und sind klar voneinander abzugrenzen. § 317 Abs. 1, 2 AktG setzen die Existenz des Nachteils voraus und können daher nicht zu dessen Bestimmung beitragen.88 Ein nichtausgeglichener Nachteil führt zu einer Schadenersatzpflicht nach § 317 Abs. 1 AktG. Diese tritt nach § 317 Abs. 2 AktG nicht ein, wenn das veranlasste Handeln dem Handeln einer, von einem sorgfältig handelnden Geschäftsleiter geführten, unabhängigen Gesellschaft entspricht, diesem also kein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen wäre. Umgekehrt liegt dann eine Schadenersatzverpflichtung vor, wenn die Durchführung der Maßnahme im Rahmen einer unabhängigen Gesellschaft eine Sorgfaltspflichtverletzung durch deren Geschäftsleiter bedeutete. Läge aber wegen der Anwendung des § 317 Abs. 2 AktG im Rahmen des § 311 AktG schon kein Nachteil vor, so entfiele der Anwendungsbereich des § 317 AktG und damit auch der des § 317 Abs. 2 AktG. Der Sinn und Zweck der Vorschrift würde also bei einer direkten Anwendung des § 317 Abs. 2 AktG bei der Nachteilsbestimmung durch sich selbst ausgehebelt. Daher scheitert eine direkte Anwendung schon aus rein logischen Gesichtspunkten. Denkbar erscheint auch, dass § 317 Abs. 2 AktG einen Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens des Aktienrechts enthält, der bei einer systematischen Betrachtung auch schon bei Bestimmung des Nachteils berücksichtigt werden muss.89 § 317 Abs. 2 AktG enthält mit dem Hinweis auf den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter und dessen Ermessensspielraum möglicherweise einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auf die Nachteilsbestimmung anzuwenden ist. Der hinsichtlich des Geschäftsleiters anzuwendende Sorgfaltsmaßstab findet sich in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG und wird zumeist mit der Begrifflichkeit der „Business Judgement Rule“ umschrieben.90 Die „Business Judgement Rule“ beinhaltet Ausnahmetatbestände, bei denen ein Vorstand nicht zu haften braucht, da pflichtgemäßes Verhalten selbst bei eingetretener Benachteiligung oder Schäden nicht zur Haftung führt. Diese Figur der „Business Judgement Rule“ ist ein Tatbestandsmerkmal des Schadensersatzanspruchs nach § 93 AktG. Dieses ist ebenfalls in § 317 Abs. 2 AktG angelegt und soll nach der herrschenden Auffassung als Beurteilungsmaßstab für die Nachteiligkeit einer Maßnahme oder eines Rechtsgeschäfts herangezogen werden, mit 88

Leo, AG 1965, 352, 357. Einführend zur Theorie des allgemeinen Rechtsgedankens siehe Bergmann, Die Auswertung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Rechtsbereich der Verwaltung, S. 41 – 43; sowie Henninger, Europäisches Privatrecht und Methode, S. 348 ff. Zur Bestimmung eines solchen allgemeinen Rechtsgedankens siehe ausführlich Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421 ff., der diese Methode als „Gesamtanalogie“ bezeichnet. Vgl. ebenfalls zur Schwierigkeit bei der Bestimmung eines solchen Rechtsgedankens Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, S. 167 f. Vgl. zudem Schack, in: FS Laun (1948), S. 278 ff., der diese Methode als „Rechtsanalogie“ bezeichnet. 90 Statt aller Leuering/Goertz, in: Hölters, § 317 AktG Rn. 23 f.; insofern aber im Gesamten inkonsequent, da die Ausführungen mit dem Wort „Haftungsausschluss“ überschrieben werden, die Erläuterungen aber einen Exculpationstatbestand verneinen. 89

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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dem Ergebnis, dass dann, wenn auch ein sorgfältiger unabhängiger Geschäftsleiter die Maßnahme vorgenommen hätte, schon kein Nachteil vorläge. Indirekt wird somit also die „Business Judgement Rule“ zum Kernpunkt der Bestimmung des Nachteils.91 Begründet wird dieses Vorgehen durch die herrschende Auffassung, dass nur so eine Erfolgshaftung hinsichtlich der Konzernpolitik vermieden werden könnte.92 Selbst wenn dies zutreffend wäre, so ist dennoch die Anwendung des § 317 Abs. 2 AktG im Zuge der Nachteilsbestimmung nicht möglich. Eine Heranziehung des Rechtsgedankens des sorgfaltsgemäßen Handelns ist nämlich nur in der dem Rechtsgedanken vorgegebenen Weise möglich.93 Die Business Judgement Rule ist, wie eben bereits festgestellt, ein Tatbestandsmerkmal des Schadenersatzanspruchs. Gleiches gilt für die entsprechende Formulierung in § 317 Abs. 2 AktG. Dieses Merkmal des pflichtgemäßen Verhaltens bereits bei der Bestimmung des Nachteils zu prüfen, bedeutete, ein Merkmal eines Schadenersatzanspruchs bereits bei der Bestimmung der zugrundeliegenden Ausgleichsverpflichtung zu verwenden.94 Auch ist kein zwingender Grund dafür erkennbar, weshalb der als allgemeiner Rechtsgedanke zu verstehende Sorgfaltsmaßstab bei der Bestimmung des Nachteils erforderlich ist.95 Die oben beschriebene Gefahr einer Erfolgshaftung besteht in Wirklichkeit nämlich nicht. Zwar wird häufig eingewandt, dass es unsinnig sei, einen Nachteil dort anzunehmen, wo ein Schadenersatzanspruch wegen § 317 Abs. 2 AktG ausgeschlossen sei.96 Bei genauerer Betrachtung entsteht diese Unsinnigkeit aber bereits nicht. Besteht ein Nachteil, so ist dieser nach § 311 AktG spätestens am Jahresende auszugleichen.97 Wird der Nachteil tatsächlich ausgeglichen, so entsteht schon deshalb kein Anspruch aus § 317 Abs. 1 AktG, da es an der tatbestandlichen Voraussetzung (Nichtausgleich des Nachteils) fehlt. Erfolgt hingegen kein Nachteilsausgleich, so ist ein Schadenersatzanspruch nur im Rahmen von § 317 Abs. 2 AktG gegeben. Dieses Ergebnis ist Folge des vom Gesetzgeber gewollten Regelungssystems und nicht Anlass, durch eine (fragwürdige) Anwendung des § 317 Abs. 2 AktG bei der Bestimmung des Nachteils den Nachteilsbegriff an der Ein-

91

Ablehnend auch MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 162 ff. So etwa Strohn, Verfassung der AG, S. 71 f. 93 So im Ergebnis wohl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 384, 426. Dieses Ergebnis lässt sich anhand der Voraussetzungen der, der Verallgemeinerung eines Rechtsgedankens ähnlichen, Analogie erkennen; siehe hierzu auch allgemein Schack, in: FS Laun (1948), S. 283, 287. 94 Dagegen auch Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 81 Fn. 33; ähnlich Kellmann, ZGR 1974, 220, 223. 95 Anderer Auffassung ist diesbezüglich wohl Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 81; ebenfalls anderer Meinung, aber kritisch Schneider, Business Judgement Rule im Konzern, WuB II A. § 317 AktG 1.08, S. 645. 96 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 37; im Ergebnis auch Möhring, in: FS Schilling (1973), S. 265. 97 Zu den Modalitäten vgl. unten § 5. 92

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

schränkung der (schadensrechtlichen) Kompensation auszurichten.98 Anderenfalls würde die Vorschrift des § 311 AktG lediglich eine unselbständige Hilfsnorm zum Schadenersatzanspruch nach § 317 AktG.99 Im Ergebnis ist aber auch bei dieser eben dargestellten Folge der genauen Gesetzesanwendung kein allzu großer Unterschied beider Auffassungen festzustellen. Nach der oben gefundenen Definition des Nachteils liegt ein ausgleichspflichtiges Verhalten nur dann vor, wenn das Eigeninteresse verletzt wurde. Diese Verletzung des Eigeninteresses begrenzt ebenso, wie die von der herrschenden Meinung geforderte Abhängigkeitsfolge, die ausgleichspflichtigen Nachteile. Im Ergebnis besteht im Regelfall also nach beiden Ansichten kein Nachteil, der zwar ausgleichspflichtig wäre, aber im Falle einer Nichtausgleichung nicht zum Schadenersatz führen würde. Beispielhaft wird von der herrschenden Auffassung mit der Problematik risikoreicher Geschäfte argumentiert.100 Gemeint sind insbesondere risikobehaftete Geschäfte zur Sanierung der abhängigen Gesellschaft, die sich (aus ex-ante-Sicht) als einzige Möglichkeit zur Sanierung darstellen. Diese Geschäfte sind nach der herrschenden Auffassung kein Nachteil, da sie auch von einem sorgfältigen und gewissenhaften Vorstand einer unabhängigen Gesellschaft vorgenommen werden dürften. Nach der Exculpationslösung stellt sich dieses Geschäft hingegen zunächst nachteilig dar. Dem ist insoweit zuzustimmen. Allerdings kann daraus nicht die Konsequenz gezogen werden, dass die Annahme der Exculpationslösung unsinnig – und damit die herrschende Auffassung vorzugswürdig – ist. Das benannte Geschäft ist nachteilig für die abhängige Gesellschaft, da ein hohes Bankrottrisiko besteht. Die reine Möglichkeit der Sanierung kann dieses Risiko nicht ausgleichen. Diese Annahme führt aber nur dazu, dass der Nachteil durch das herrschende Unternehmen auszugleichen ist. Wird der Ausgleich nicht vorgenommen, so ist Schadenersatz nur im Rahmen des § 317 Abs. 2 AktG zu leisten. Eine Schadenersatzpflicht ist also am Ende zu verneinen. Dieses Ergebnis verleitet dazu, dass bereits ein Ausschluss der Nachteiligkeit effektiver erscheint. Allerdings ließe sich wiederum einschränkend eine Verletzung des Eigeninteresses in den Fällen (zu recht) verneinen, in denen die veranlasste Maßnahme – im konkreten Fall die Sanierung – dazu führt, dass in Zukunft das Eigeninteresse wieder gewahrt werden könnte. Einer solchen einschränkenden Auslegung bedarf es aber in der Regel nicht, da das herrschende Unternehmen nicht aus altruistischen Gründen eine Sanierung der abhängigen Gesellschaft anstrebt, sondern aus Gewinnerzielungsabsicht handelt. Eine besondere Schutzwürdigkeit des herrschenden Unternehmens ist also nicht anzuerkennen. Letzten Endes dürften aber die Fälle, in denen tatsächlich eine risikoreiche Sanierung durchgeführt wird, die Ausnahme bilden. Genaue Statistiken hierüber sind zwar nicht zu finden, aber angesichts von 228 Insolvenzen von Aktiengesellschaften im 98

Ebenso Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 336; Kellmann, ZGR 1974, 220, 223; Linsmann, Ausgleichsanspruch, S. 45; nach Leo, AG 1965, 352, 357 ist dieses Ergebnis zwar Folge des Gesetzes, aber Anlass für den Gesetzgeber zu einer Gesetzesänderung. 99 So schon Linsmann, Ausgleichsanspruch, S. 45. 100 Vgl. Strohn, Verfassung der AG, S. 77.

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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Jahr 2013 mit durchschnittlich offenen Forderungen in Höhe von ca. 11,9 Mio. E und einer Abweisungsquote mangels Masse von etwa 20 %101 ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich darunter auch viele Unternehmen befinden, bei denen eine Sanierung allein wegen des Risikos unterblieben ist. Sollte es dennoch Fälle geben, in denen eine risikoreiche Sanierung ohne nachfolgende Gewinnerzielungsabsicht des herrschenden Unternehmens auf dessen Veranlassung durchgeführt worden sein, so ist definitionsgemäß ein Nachteil entstanden, der auch grundsätzlich auszugleichen ist. In der Regel bietet die erfolgreiche Sanierung dem abhängigen Unternehmen jedoch einen gleichwertigen Vorteil, nämlich dann, wenn die späteren Gewinne aus der Sanierung im abhängigen Unternehmen verbleiben. Für diese (wohl seltenen Fälle) ist es angemessen, die Verletzung des Eigeninteresses und damit die Entstehung eines Nachteils im Sinne des § 311 AktG zu verneinen. Mit dieser Definition des Nachteils im Sinne der Exculpationslösung steht fest, dass ein praktischer Unterschied zur herrschenden Meinung nur in unterschiedlicher Terminologie besteht. Ein Rückgriff auf § 317 Abs. 2 AktG ist nach der Definition der Exculpationslösung mithin nicht vonnöten und dennoch ist das gleiche Ziel erreicht, das die herrschende Auffassung verfolgt: eine Angleichung der Verantwortlichkeit an die Einflussmöglichkeit.102 c) Historische Auslegung Möglicherweise lassen sich der Gesetzesbegründung zum Normenkomplex der §§ 311 ff. AktG Hinweise darauf entnehmen, ob die hier gefundene Definition des „Nachteils“ dem Willen des Gesetzgebers entspricht oder doch die Sichtweise der herrschenden Auffassung vorzuziehen ist.103 Zunächst fällt aber auf, dass der Gesetzgeber viel über die Voraussetzungen des Schadenersatzes nach § 317 AktG spricht, aber über die Bestimmung des Nachteilsbegriffs kein Wort verliert. Somit schien der Gesetzgeber davon auszugehen, dass sich der Begriff entweder selbst erklärt oder er wollte die Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals dem Rechtsanwender überlassen. Dem Rechtsanwender obliegt es damit, neben der Subsumtion unter den Begriff „Nachteil“, auch, die jeweils gefundenen Ergebnisse kritisch mit der Sichtweise des Gesetzgebers abzugleichen. Anhaltspunkte für dessen Sichtweise finden sich aber nur mit Blick auf die Schadenersatzfolge eines nicht ausgeglichenen Nachteils. So finden sich weder Anhaltspunkte für die herrschende Auffassung bei der Bestimmung des Nachteils noch dagegen. Dieses Schweigen des Gesetzgebers kann auf zwei Weisen interpretiert werden. Einerseits ließe sich aus dem Schweigen der Schluss ziehen, dass eine Nichterwähnung die von der herrschenden Auffassung angestrebte Heranziehung gerade nicht ausschließt. Entgegengesetzt ergibt sich aber ebenfalls eine Interpretationsmöglichkeit, denn für eine wie auch immer geartete 101

Vgl. Statistisches Jahrbuch 2014, S. 515. Das Ziel der herrschenden Auffassung so zusammenfassend Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 80. 103 Die Gesetzesbegründung ist nachzulesen bei Kropff, Aktiengesetz, S. 406 ff. 102

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

Verwendung des § 317 Abs. 2 AktG zur Feststellung des Nachteils im Rahmen des § 311 Abs. 1 AktG könnten Äußerungen zu erwarten sein. Die Gesetzesbegründung ließe beide Interpretationsmöglichkeiten zu. Eher für die zweite Sichtweise ließe sich immerhin die Begründung zu § 306 des RegE anführen, die von Haftung und Ersatzpflicht spricht.104 Diese Begriffe entstammen dem Schadensrecht und sind nach ganz herrschender Meinung klar vom Begriff des Nachteilsausgleichs abzugrenzen. Genau heißt es in der Regierungsbegründung: „Nach Absatz 2 [des § 317 AktG = § 306 RegE] tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn das Rechtsgeschäft oder die Maßnahme sich zwar als nachteilig erwiesen hat, aber im Zeitpunkt der Vornahme auch vom Standpunkt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft nicht zu beanstanden war“.105 Dies lässt darauf schließen, dass § 317 Abs. 2 AktG nach dem Willen des Gesetzgebers nur als Exculpationstatbestand („die Ersatzpflicht [tritt] nicht ein“) zu sehen ist. Auch setzt der Gesetzgeber für die Anwendung des § 317 AktG einen bestehenden Nachteil voraus. Der Gesetzgeber unterscheidet also klar zwischen fehlender Ersatzpflicht bei sorgfaltsgemäßem Handeln und Nachteiligkeit.106 Eine eindeutige Einordnung der Sichtweise des Gesetzgebers aus diesen wenigen Andeutungen @ und um mehr handelt es sich nicht @ zu ziehen, hieße die Regierungsbegründung über zu interpretieren. Immerhin kann aus der Regierungsbegründung aber gefolgert werden, dass zumindest vorerst beide Auffassungen, die herrschende Tatbestandslösung und die Exculpationslösung, dem Willen des Gesetzgebers zumindest nicht widersprechen. d) Begriffsbestimmung nach Sinn und Zweck der Vorschrift aa) Schutzzweck des § 317 Abs. 2 AktG im Vergleich zu § 311 AktG Letztlich bleibt es aus Sicht der herrschenden Auffassung daher der Auslegung nach Sinn und Zweck überlassen, eine eindeutige Klärung des Nachteilsbegriffs herbeizuführen. Anhand dessen wird deutlich werden, dass die herrschende Auffassung und das hier gefundene Verständnis der Exculpationslösung trotz großer praktischer Unterschiede im Ergebnis inhaltlich nahezu parallel laufen und der Zwiespalt nur auf einer unsauberen dogmatischen Argumentation fußt. Ausgangspunkt der teleologischen Auslegung ist der Sinn und Zweck der §§ 311, 317 AktG. Der Schutzzweck des Regelungskomplexes der §§ 311, 317 AktG besteht im Schutz der außenstehenden Gläubiger und Aktionäre des abhängigen Unternehmens vor nachteiliger Einflussnahme der herrschenden Aktiengesellschaft.107 Dieser Zweck wird flankiert durch die Erlaubnis der Einflussnahme bei rechtzeitigem und vollständigem Ausgleich (sog. Privilegierungsfunktion).108 Beiden Normen ist also ein 104 105 106 107 108

Kropff, Aktiengesetz, S. 419. Kropff, Aktiengesetz, S. 419. So wohl auch Kropff, DB 1967, 2147, 2151. Siehe oben § 1 I. Siehe oben § 1 II.

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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normübergreifender Zweck gemein. Allerdings scheint § 317 Abs. 2 AktG nach dem hier vertretenen Verständnis hinter dem Schutz des § 311 AktG ein wenig zurück zu bleiben. § 317 Abs. 2 AktG lässt die Haftung entfallen, wenn auch ein unabhängiger Geschäftsleiter die Maßnahme vorgenommen hätte; erfasst ist also die Sorgfalt des Geschäftsleiters ähnlich §§ 76, 93 AktG. Damit werden Geschäfte aus der Schadenersatzhaftung des § 317 Abs. 1 AktG ausgenommen, die praktisch nicht auf der Konzernsituation beruhen. § 317 Abs. 2 AktG relativiert also die auf der vermuteten Veranlassung beruhende Verletzung des Eigeninteresses für die Fälle eines nicht rechtzeitig oder nicht vollständig ausgeglichenen Nachteils. § 311 AktG schützt hingegen maßgeblich das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft.109 Es sollen alle Geschäfte ausgleichspflichtig sein, die gegen dieses Eigeninteresse verstoßen, damit also Folge der Abhängigkeit sind. Die Differenzen zwischen beiden Schutzbereichen erscheinen zunächst kaum wahrnehmbar. Vergegenwärtigt man sich jedoch den Inhalt der Merkmale „Sorgfaltspflicht“ und „Verletzung des Eigeninteresses“, wird deutlich, dass hier dogmatisch zwar keine enormen aber doch bedeutsame Unterschiede bestehen, die sich bei der Anwendung in der Praxis einzelfallabhängig verstärken können. Das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft kann mit der Sorgfalt eines unabhängigen Geschäftsleiters gerade nicht gleichgesetzt werden, auch wenn der sorgfältig handelnde Geschäftsleiter daran interessiert ist, das Eigeninteresse der Gesellschaft zu wahren, da er sich andernfalls nach § 93 AktG schadenersatzpflichtig machen würde. Gerade in der Konzernsituation ist eine Veranlassung einer Maßnahme der Grund einer Verletzung des Eigeninteresses. Grund für die mangelnde Vergleichbarkeit von Eigeninteresse und Sorgfaltspflicht ist die unterschiedliche Reichweite und Zielsetzung beider Begriffe. Die Sorgfaltspflicht beschreibt dasjenige Verhalten des Vorstands, welches den Interessen der Gesellschaft dient. Zu diesen Interessen zählt, als eines unter vielen, auch das Eigeninteresse der Gesellschaft, wie es hier verstanden wird. Die Sorgfaltspflicht des Vorstands geht mithin über die Wahrung des Eigeninteresses hinaus. Zudem ist, wie bereits mehrfach erwähnt, der Begriff der „Sorgfaltspflicht“ dem Schadenersatzanspruch des § 317 Abs. 1 AktG und der Begriff des „Eigeninteresses“ der Ausgleichspflicht des § 311 AktG zuzuordnen. Sämtliche Fälle sorgfaltsgemäßen Handelns bereits aus dem Tatbestand des Nachteilsausgleichs herauszunehmen hieße, den praktischen Anwendungsbereich stark zu verkleinern. Dogmatisch ließe sich diese Verkleinerung nur durch eine teleologische Reduktion des Tatbestands erreichen. bb) Teleologische Reduktion des § 311 AktG? Ausgehend vom weitergehenden Befreiungsmechanismus des § 317 Abs. 2 AktG stellt sich also die Frage, ob die Vorschrift des § 311 AktG insoweit teleologisch reduziert werden muss, dass nur diejenigen Minderungen der Vermögens- und Er109

Siehe oben § 1 I.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

tragslage ausgleichspflichtig sind, die auch zu einem Schadenersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft bei Nichtausgleich des Nachteils führen würden. Hierbei wird naturgemäß nicht vom Nachteilsverständnis der Exculpationslösung ausgegangen, die die nachfolgend beschriebene Einschränkung ja bereits auf Ebene des Wortlauts und der Systematik der §§ 311 ff. AktG vorgenommen hat. Vielmehr liegt das Begriffsverständnis der herrschenden Auffassung zugrunde, die zunächst im Nachteil nur jede Minderung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft sieht und diesen Begriff durch die Abhängigkeitsfolge einschränken will. Diese Einschränkung wird, wie bereits erwähnt, in § 317 Abs. 2 AktG gesehen. Ohne dass es die herrschende Auffassung klar formuliert, reduziert sie durch die „Anwendung“ des § 317 Abs. 2 AktG den Tatbestand des § 311 AktG teleologisch. Voraussetzung dieser Reduktion ist, dass hierdurch das höherrangige Ziel, nämlich der Schutzzweck des § 311 AktG erreicht werden soll, was bei dessen isolierter, unreduzierter Anwendung nicht möglich sein soll. Nach dem Verständnis der herrschenden Auffassung ergibt sich bei alleiniger Anwendung des § 311 AktG ein zu weit gefasster Nachteilsbegriff. Dies liegt zwar nur daran, dass die herrschende Auffassung nicht sauber terminologisch arbeitet. Legt man aber dieses Verständnis der herrschenden Meinung zugrunde, so ergibt sich tatsächlich ein zu weiter Anwendungsbereich der Ausgleichspflicht. Die herrschende Auffassung versucht deshalb aus dem Regelungszweck die Begründung der Einbeziehung des § 317 Abs. 2 AktG herzuleiten. Danach solle durch „Anwendung“ des § 317 Abs. 2 AktG ein interner Widerspruch innerhalb des Regelungsgefüges der §§ 311 ff. AktG verhindert werden.110 Wenn kein „Sorgfaltspflichtverstoß“ im Sinne des § 317 Abs. 2 AktG – also die Vergleichbarkeit des veranlassten Handelns mit dem Handeln eines unabhängigen Unternehmens – vorliege, dann könne das herrschende Unternehmen den Ausgleich unterlassen, da eine Schadenersatzpflicht nicht drohe. Eine dennoch bestehende Ausgleichsverpflichtung wäre somit widersinnig und dem Schutzzweck des § 311 AktG nicht förderlich.111 Soweit ersichtlich, handelt es sich hierbei um das aus Sicht der herrschenden Auffassung tragende Begründungselement für die Reduktion des Anwendungsbereichs des § 311 AktG. Diese Reduktion des § 311 AktG führt, wie bereits aufgezeigt, zu einem mit der Exculpationslösung dogmatisch eng verwandten Ergebnis. Allerdings ist die von der herrschenden Auffassung vorgenommene Reduktion dogmatisch nicht vorzuziehen. Gegen die Reduktion sprechen zwei Argumente. Zum einen trägt das Argument der Gefährdung des Schutzzwecks der §§ 311, 317 AktG nicht. Oben wurde bereits aufgezeigt, dass eine solche Gefährdung nicht besteht, wenn auch Nachteile primär ausgleichspflichtig sind, für die bei Nichtausgleich kein Schadenersatzanspruch entsteht.112 Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass bei einer Ausgleichspflicht ohne damit verbundene Schadenersatzpflicht ein 110 111 112

Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 37. Koppensteiner, a.a.O. Vgl. oben § 2 IV. 2. b).

§ 2 Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Nachteilsbegriffs

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geringeres Schutzniveau erreicht wäre als bei fehlender Ausgleichspflicht. Überhaupt kann nicht nachvollzogen werden, warum ein Ausschluss der Nachteilsausgleichsverpflichtung dem Schutzzweck förderlicher sein soll als eine bestehende Ausgleichsverpflichtung, die nur nicht mit einem Schadenersatzanspruch bei Nichtausgleich einhergeht. Ein qualitativer Unterschied im Schutzniveau besteht hierbei nicht. Vielmehr besteht in beiden Fällen am Ende keine Schadenersatzpflicht, sofern die Sorgfaltspflicht eines unabhängigen Geschäftsleiters nicht verletzt wurde. Zum anderen spricht gegen die teleologische Reduktion des § 311 AktG die im Verhältnis zum Schadenersatzanspruch des § 317 AktG unterschiedliche Konzeption der Nachteilsausgleichspflicht. Die „Ausgleichsverpflichtung“ des § 311 AktG ist, rein schadensrechtlich betrachtet, nicht viel mehr als eine Obliegenheit,113 denn ein Anspruch auf Ausgleich besteht nicht.114 Bei Nichtbeachten dieser Obliegenheit besteht eine Schadenersatzpflicht. Der Nichtausgleich ist also immer eine selbständige Entscheidung des herrschenden Unternehmens. Entspricht die veranlasste Maßnahme dem Handeln eines sorgfältigen Geschäftsleiters einer als unabhängig fingierten Gesellschaft, so entfällt korrekterweise die Schadenersatzpflicht, da dann die Handlung aufgrund der Veranlassung selbst keine „Pflichtverletzung“ darstellt. Dies ist jedoch kein Grund, bereits die Nachteiligkeit und damit die Ausgleichsmöglichkeit und auch die Ausgleichspflicht wegen fehlender Sorgfaltspflichtverletzung auszuschließen.115 Anderenfalls würde die Vorschrift des § 311 AktG lediglich eine unselbständige Hilfsnorm zum Schadenersatzanspruch nach § 317 AktG.116 In diesem Falle würde dadurch ein unzulässiger Schluss von der fehlenden Schadenersatzpflicht auf die nicht bestehende Nachteilsausgleichspflicht vorgenommen. Nach nahezu allgemeiner Auffassung ist aber der Begriff des Nachteils gerade nicht mit dem des Schadens gleichzusetzen.117 Dies erkennt auch die herrschende Auffassung an, allerdings zieht sie hieraus nicht die entsprechenden Konsequenzen.118 Die von der herrschenden Auffassung geforderte Anwendung des § 317 Abs. 2 AktG als Einschränkung der Ausgleichspflicht ist zudem bei der Nachteilsermittlung hinderlich. Die §§ 311 ff. AktG bezwecken den Schutz der Außenseiter im Konzern. Dieser Schutz soll durch eine umfassende Nachteilsausgleichsverpflichtung erreicht werden. Die Feststellung eines Nachteils wird aber durch die Einbeziehung einer zu prüfenden Vergleichbarkeit mit dem Handeln einer unabhängigen Gesellschaft weitgehend erschwert, da hier einige Unwägbarkeiten, etwa 113

So auch Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 950. Zur fehlenden Anspruchsqualität vgl. statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 115 Ebenso Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 336; Kellmann, ZGR 1974, 220, 223; Linsmann, Ausgleichsanspruch, S. 45; nach Leo, AG 1965, 352, 357 ist dieses Ergebnis zwar Folge des Gesetzes, aber Anlass für den Gesetzgeber zu einer Gesetzesänderung. 116 So schon Linsmann, Ausgleichsanspruch, S. 45. 117 Vgl. statt aller nur Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 53; a.A. Möhring, in: FS Schilling (1973), S. 264; Voigt, Haftung aus Einfluss, S. 333 f. 118 Dazu ausführlich unten § 3. 114

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

die Reichweite des dort bestehenden Geschäftsleiterermessens, zu berücksichtigen sind. Die Heranziehung dieser Komponente privilegiert dadurch in unangemessener Weise die Konzerninteressen und stellt den Schutz der Außenseiter hintan, denn eine erschwerte Nachteilsfeststellung bevorzugt die Konzernmutter. Auch angesichts des Schutzzwecks der §§ 311 ff. AktG ist daher der herrschenden Meinung nicht zu folgen. Die „Pflichtverletzung“ des § 317 Abs. 2 AktG wird somit erst bei der Ermittlung der Schadenersatzpflicht aus § 317 Abs. 1 AktG relevant, nicht jedoch schon bei der vorgeschalteten Nachteilsausgleichspflicht, die insofern unabhängig von einer „Pflichtverletzung“ ist. Für eine Schadenersatzverpflichtung nach § 317 Abs. 1 AktG sind somit kumulativ drei Voraussetzungen erforderlich: ein Nachteil im Sinne des § 311 AktG, dessen fehlender oder unzureichender Ausgleich und die fehlende Vergleichbarkeit zwischen veranlasstem Handeln und dem Handeln einer unabhängigen Gesellschaft im Sinne des § 317 Abs. 2 AktG. Nachteil und „Sorgfaltspflichtverstoß“ sind daher zwei essentielle Tatbestandsmerkmale des Schadenersatzanspruchs, die sachlich strikt voneinander zu trennen sind.119 3. Ergebnis Der Nachteil ist allein nach § 311 AktG zu bestimmen. Eine Heranziehung des § 317 Abs. 2 AktG ist weder aus teleologischen Gesichtspunkten geboten noch dogmatisch zu begründen. Vielmehr ist mit der Exculpationslösung die Bestimmung des § 317 Abs. 2 AktG als das zu sehen, was sie vom Regelungszweck her sein soll, eine Exculpationsmöglichkeit des Vorstands im Falle der Schadenersatzpflicht aus § 317 Abs. 1 AktG.120 Diese Einordnung führt jedoch nicht dazu, die §§ 311, 317 AktG als Verschuldenshaftung für fehlerhafte Fremdgeschäftsführung (negotiorum gestio) einzustufen. Hierdurch werden beide Normen zu einem Haftungskomplex zusammengefasst. Diese Zusammenfassung widerspricht aber dem Wortlaut der Normen. § 311 AktG normiert ein Nachteilsausgleichserfordernis, bei dessen Nichterfüllung § 317 AktG einen Schadenersatzanspruch gewährt. Zwischen beiden Normen besteht also ein Abstufungsverhältnis und kein Gleichstellungsverhältnis. § 311 AktG erfasst ebenso wie § 317 AktG nur Geschäfte, die auf der Abhängigkeit beruhen. § 317 Abs. 2 AktG nimmt darüber hinaus die Fälle von einer Schadenersatzpflicht aus, in denen ein sorgfältig handelnder Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das gleiche Geschäft vorgenommen hätte. Die Norm relativiert also die auf der vermuteten Veranlassung beruhende Verletzung des Eigeninteresses für die Fälle eines nicht rechtzeitig oder nicht vollständig ausgeglichenen Nachteils. Der Schutzzweck des § 311 AktG in Form des Eigeninteresses gebietet aber, diese Geschäfte dennoch einer Nachteilsausgleichspflicht zu unter119

Kellmann, ZGR 1974, 220, 223. Vgl. auch MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 163; ebenfalls Timmann, Durchsetzung von Konzerninteressen, S. 82 f. 120

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen

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werfen. Daher ist eine Anwendung des § 317 Abs. 2 AktG zum Ausschluss der Nachteiligkeit nicht zulässig. Es bleibt also bei der Einordnung des § 317 Abs. 2 AktG als Tatbestandsmerkmal für die Schadenersatzpflicht aus § 317 Abs. 1 AktG.121 Nachteil ist damit jede vom herrschenden Unternehmen veranlasste Geschäftsleitungsmaßnahme des abhängigen Unternehmens, die dessen Vermögen vermindert hat oder zukünftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermindern wird.

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen I. Ausgangspunkt 1. Die Folgen der Tatbestandslösung bei der Nachteilsbestimmung a) Die Nachteilsbestimmung bei Rechtsgeschäften Die Folgen der unterschiedlichen Arten der Nachteilsbestimmung zeigen sich am deutlichsten, wenn man die abstrakt festgestellten Ermittlungsmethoden konkret anwendet. Zunächst wird hier die herrschende Auffassung dargestellt, um dann im Anschluss diese Ergebnisse mit der Exculpationslösung zu vergleichen. Bei der Nachteilsermittlung im Rahmen von Rechtsgeschäften wird vielfach eine Parallele zu den steuerrechtlichen Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung vorgeschlagen.122 Hiernach ist zu klären, ob das getätigte Geschäft einem sogenannten Drittvergleich standhält, also ob es auch mit einem konzernfremden Unternehmen abgeschlossen worden wäre. Diese Orientierung am Drittvergleich folgt aus § 312 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 S. 1 AktG sowie aus § 313 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG.123 Bestehen Marktpreise, so fällt dieser Drittvergleich leichter als ohne das Vorhandensein von Marktpreisen. Fehlen zudem vergleichbare Leistungen Dritter, so ist die Nachteilsfeststellung vor schier unlösbare Probleme gestellt.124 Auf den Bilanzwert kann hierbei nicht abgestellt werden.125 Vertreten werden für diesen Fall zwei

121

Hierzu einleuchtend Altmeppen, NJW 2008, 1553, 1554 f., der das Merkmal der „Veranlassung“ als reines Kausalitätsmerkmal auffasst und den Haftungsgrund der §§ 311, 317 AktG in der Haftung für schuldhafte Fremdgeschäftsführung sieht. Für die vorliegende Untersuchung ist dies inhaltlich aber nur am Rande, nämlich als Grund für die Ablehnung der herrschenden Auffassung, relevant und soll daher nicht näher untersucht werden. 122 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 61 m.w.N.; für eine nur eingeschränkte Anwendbarkeit dieser Grundsätze Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 47. 123 Vgl. Bachelin, Minderheitenschutz, S. 43. 124 Vgl. zum Vorstehenden ausführlich Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 61 ff. 125 Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 53.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

wirtschaftstheoretische Berechnungsansätze: die Kostenaufschlagsmethode und die Absatzpreismethode. Bei der Kostenaufschlagsmethode wird die Kalkulation der abhängigen AG betrachtet, wobei die normalerweise von konzernunabhängigen Unternehmen berechneten Gewinnzuschläge mit angesetzt werden.126 Problematisch bei dieser Methode ist, dass die Berechnung eines angemessenen Gewinnaufschlags meist schwer erfolgen kann. Weiterhin fällt es schwer, Nachteile nach dieser Methode festzustellen, wenn auch unabhängige Geschäftsleiter Preise in Höhe der Selbstkosten oder sogar darunter akzeptieren würden. Dies kann betriebswirtschaftlich häufig sinnvoll sein, um auch in schwierigen wirtschaftlichen Situationen zumindest einen Teil der Selbstkosten zu decken. In solchen Situationen ließe sich nach der Kostenaufschlagsmethode der Nachteil nur schwer ermitteln, da die Schwelle, unterhalb derer ein unabhängiger Geschäftsleiter solche Preise, die nicht einmal die Selbstkosten decken, nicht mehr akzeptieren würde, schwer bis gar nicht feststellbar ist. In Fällen konzerninterner Lieferungen von sogenannten Teil- oder Halbfabrikaten wird die Absatzpreismethode oder Wiederverkaufspreismethode vertreten, nach der der Endpreis, den ein Käufer zu zahlen hat, als Ausgangspunkt der Berechnung angesehen wird.127 Von diesem ausgehend wird dann ein angemessener Verrechnungspreis für die Zwischenlieferung ermittelt. Was in diesen Fällen angemessen sein soll, kann nicht mit Klarheit beantwortet werden, da schon die Feststellung im Einzelfall stark ermessensabhängig ist. b) Die Nachteilsbestimmung bei Maßnahmen Unter Maßnahmen fallen all die Handlungen des Vorstands der abhängigen Gesellschaft, die nicht Rechtsgeschäfte sind und dennoch geeignet sind, Einfluss auf das Vermögen oder die Ertragskraft der Gesellschaft zu nehmen.128 Die Nachteilsfeststellung ist in diesen Fällen sehr schwierig, teilweise sogar unmöglich.129 Problematisch ist hier hauptsächlich, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen von Maßnahmen aus der (notwendigen) ex-ante-Sichtweise nicht konkret ermitteln lassen.130 Dieser Unschärfe der Prognose wird mit einem weiten Ermessensspielraum des Vorstands im Rahmen des § 317 Abs. 2 AktG begegnet. Ein Nachteil soll nur noch dann vorliegen, wenn die Maßnahme sich außerhalb dieses Ermessensspiel126

Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 50. Vgl. die Ausführungen bei Stahl, Benachteiligungsverbot, S. 40 f.; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 32. 128 Vgl. Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 47 f.; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 34. 129 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 57; Paehler, Zulässigkeit des faktischen Konzerns, S. 141 ff. 130 Vgl. zur Problematik langfristiger Maßnahmen auch E. Geßler, in: FS Flume, S. 60. 127

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen

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raums bewegt.131 Hierin liegt nach Auffassung einiger das spezifische Problem der Nachteilsfeststellung nach dieser Methode.132 Als äußerste Grenze dieses Ermessensspielraums werden nur solche Geschäfte angesehen, die Risiken bergen, deren Eintritt zum Bankrott des Unternehmens führen kann.133 Ebenfalls nicht mehr gedeckt sind Maßnahmen, bei denen einem hohen Risiko kaum entsprechende Gewinne gegenüberstehen, und Maßnahmen, die bei Wegfall der Konzernierung die Lebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft gefährden würden. Als häufigstes Beispiel wird hier die Aufgabe eines Marktes zugunsten anderer Konzernunternehmen genannt.134 Sind solche Maßnahmen aber nur notwendige Folgen konzernintegrativer Maßnahmen im Vorfeld, so können diese vorangegangenen Maßnahmen den Sorgfaltsmaßstab des Vorstands verändern. Dies hat zur Folge, dass die spätere Maßnahme von der Sorgfaltspflicht gedeckt sein kann, weil sie der vorausgehenden Maßnahme zugerechnet wird. Mithin ist nach herrschender Meinung die Nachteilsprüfung auf das Ganze des Veranlassungsbündels zu beziehen, das die Lage der Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt prägt.135 Schwieriger noch als die Feststellung eines Sorgfaltsverstoßes ist aber die Quantifizierbarkeit des Nachteils, mithin die Messgröße für die Höhe der Ausgleichsverpflichtung. Zu vergleichen sind hier die zahlenmäßigen Auswirkungen aus der ex-ante-Sichtweise des handelnden Vorstands mit den Auswirkungen des Handelns, die (ebenfalls aus ex-ante-Sicht) ohne Veranlassung entstünden. Sofern nicht geklärt werden kann, welche Maßnahmen ohne Veranlassung getroffen werden, soll hier mit Maßnahmen verglichen werden, die sich noch im Rahmen der Sorgfaltspflicht bewegen. Willkürliche Ergebnisse sind die unausweichliche Folge.136 2. Die Folgen der Exculpationslösung bei der Nachteilsbestimmung a) Die Nachteilsbestimmung bei Rechtsgeschäften Bei der Nachteilsqualifizierung von Rechtsgeschäften ist der so genannte hypothetische Drittvergleich heranzuziehen. Gibt es für das zu untersuchende 131 Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 34; lediglich feststellend Pfeuffer, Verschmelzungen als nachteilige Rechtsgeschäfte, S. 113. 132 Druey, in: FS Bär (1998), S. 82 ff.; kritisch Schmidt-Hern, Schutz der außenstehenden Aktionäre, S. 116 f. 133 Vgl. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 38; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 73 mit Fn. 191. 134 Siehe u. a. Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 56. 135 So Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 75. 136 So i. E. sogar Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 76, mit dem Hinweis, dass auch mit dieser Technik der Nachteilsquantifizierung in der Praxis keine verwertbaren Ergebnisse zu erwarten seien (Rn. 76 a.E.); siehe zu dieser Problematik noch unten § 6 III. 2. b) bb) und § 10.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

Rechtsgeschäft Marktpreise, die bei einem Geschäft mit einem Dritten zu zahlen wären bzw. zu erlangen wären, so sind diese ein erster Indikator für die bestehende oder nicht bestehende Nachteiligkeit eines Geschäfts mit der herrschenden Gesellschaft.137 Allerdings ist dieses Vorgehen lediglich ein Indikator, aber noch lange kein Beweis. Sind die Konditionen eines Drittgeschäfts vergleichbar, schließt dies einen Nachteil nicht per se aus, sondern es sind gegebenenfalls Zuschläge oder Abschläge vom hypothetischen Preis des Drittgeschäfts vorzunehmen, etwa wenn sich bei nicht bestehender faktischer Konzernierung die Marktpreise für die jetzt abhängige Gesellschaft ändern würden.138 Bestehen keine Marktpreise, so ist auf die Absatzpreismethode bzw. Kostenaufschlagsmethode zurückzugreifen.139 In jedem Fall sind aber die Konditionen und die Folgen dieses Geschäfts, positive wie negative, zu berücksichtigen und zu bewerten.140 b) Die Nachteilsbestimmung bei Maßnahmen141 Maßnahmen sind jedes Handeln, das sich, ohne rechtsgeschäftlichen Charakter zu haben, auf die Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft auswirken kann.142 Für solche Maßnahmen gelten zunächst die Ausführungen zu Rechtsgeschäften entsprechend. Lassen sich die Auswirkungen einer Maßnahme isoliert betrachten, soll ein Nachteil mithilfe von betriebswirtschaftlichen Methoden (Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnungen) zu ermitteln sein.143 Nicht bei der Feststellung des Nachteils zu berücksichtigen seien etwaige (später erfolgte) Kompensationsgeschäfte; diese könnten allenfalls als Teil des Nachteilsausgleichs angerechnet werden (dies ist möglich, da ein Nachteilsausgleich schon vor Ende des Geschäftsjahres, aber begrifflich nicht vor Nachteilszufügung möglich ist).144 Lassen sich die Nachteile einer Maßnahme gar nicht quantifizieren, so ist diese Maßnahme rechtswidrig, die herrschende Gesellschaft insofern zum Schadenersatz verpflichtet.145 Eine zum Zeitpunkt der Beurteilung noch unmögliche konkrete Nachteilsquantifizierung ist hierbei aber grundsätzlich unschädlich.146

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MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 207 ff.; so bereits Leo, AG 1965, 352, 357. So Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.377. 139 Siehe hierzu schon § 3 I. 2. a). 140 Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.380. 141 Ausführlich untersucht bei Haesen, Abhängigkeitsbericht, S. 108 ff. 142 Vgl. schon oben § 4 I. 1. b); vgl. ebenfalls Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 312 AktG Rn. 34. 143 Müko AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 220. 144 Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.374; dazu auch unten § 9 II 1. a) bb) (2). 145 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 224. 146 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 198 ff.; ausführlich dazu unten § 9 II. 1. a) bb). 138

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen

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Im Folgenden werden zwei Gruppen von Einzelfällen betrachtet, um die Ergebnisse der beiden Ansichten plastisch darzustellen. Hierbei wird zunächst der konkrete Einzelfall nach der herrschenden Auffassung beleuchtet, um anschließend das Ergebnis der Exculpationslösung gegenüberzustellen.

II. Konzernfinanzierung, insbesondere Cash-Pools 1. Die Lösung der herrschenden Auffassung a) Allgemeines Der große Komplex der Konzernfinanzierung wird nach der herrschenden Auffassung in zwei Themenbereiche unterteilt. Im ersten Fall bekommt die abhängige Gesellschaft etwas, im zweiten gibt die abhängige Gesellschaft etwas. Ist die Gesellschaft Empfängerin von Leistungen, so ist für die Nachteilsfeststellung allein zu fragen, ob die von ihr zu gewährende Gegenleistung unangemessen hoch ist.147 Gibt die Gesellschaft allerdings eigene Vermögenswerte an ein Unternehmen im Konzernverbund (vermittelt über das herrschende Unternehmen) weiter, so ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu berücksichtigen, insbesondere jedoch das Ausfallrisiko des Kreditempfängers.148 Die Nachteilsfeststellung hat sich auch hier am sogenannten Drittvergleich auszurichten.149 Handelt es sich bei dem zu untersuchenden Geschäft um eine verdeckte Einlagenrückgewähr, so impliziert dies das Vorliegen eines Nachteils. b) Verbundinterne Kredite Ein Nachteil liegt schon dann nicht vor, wenn die abhängige Gesellschaft als Darlehensnehmerin keine Zinsen zu zahlen hat, die höher sind als der gängige Marktzins zum Zeitpunkt der Kreditvergabe.150 Bei der Darlehensvergabe durch die abhängige AG kommt es zusätzlich noch auf die Bonität des Darlehensnehmers und etwaiger zusätzlich haftender Verbundmitglieder an. Hier ist die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs maßgeblich.151 Langfristige Kredite dürfen ohne Besicherung nach den Grundsätzen des Drittvergleichs zudem nur an Verbundmitglieder mit „überragender Bonität“152 gewährt werden.153 Eine bloße Kündigungsmöglichkeit

147

Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 78. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 47a. 149 Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 35; zum Drittvergleich s. o. § 3 I. 1. a). 150 So i. E. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 47a. 151 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 58 f.; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 62. 152 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 79. 148

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

bei Bonitätsverschlechterung reicht hingegen nicht. In die Nachteilsfeststellung sind allerdings solche mit der Darlehenshingabe verbundenen Vorteile mit einzubeziehen, die die Übernahme eines Kreditrisikos als sorgfaltsgerecht erscheinen lassen. Genannt wird hier unter anderem die Ersparnis notwendiger Aufwendungen für konzernweite gemeinsame Einrichtungen (Rechenzentrum, Forschung, Vertrieb). Dies gilt aber dann nicht, wenn der Darlehensausfall zur Insolvenz der Gesellschaft führen könnte.154 c) Cash-Pooling Beim sogenannten (Cash-)Pooling wird die konzernweit vorhandene Liquidität zentral zusammengefasst und koordiniert eingesetzt. Sofern dies nur im Rahmen einer buchmäßigen Zusammenfassung der Banksalden der Konzernunternehmen mit dem Ziel der Zinsoptimierung erfolgt, liegt nach beiden hier diskutierten Auffassungen bei Ausgleich des entgehenden Zinses kein Nachteil vor, weshalb diese Variante im Folgenden außer Acht bleiben soll. Problematischer und damit für die vorliegende Untersuchung interessanter, ist die tatsächliche Zusammenfassung der konzernweit vorhandenen Mittel auf einem Konto. Hierbei bleiben der abhängigen Gesellschaft keine eigenen liquiden Mittel.155 Die Nachteilsfeststellung hängt nach der herrschenden Auffassung hierbei von der Situation der abhängigen Gesellschaft und des herrschenden Unternehmens vor Abschluss dieses Finanzierungssystems ab.156 Besitzt die abhängige Gesellschaft zu dieser Zeit eine ausreichende Liquidität und ist zu erwarten, dass dieser Zustand zukünftig unverändert bleibt, so hat der gewissenhaft handelnde Vorstand im Vorfeld die Leistungsfähigkeit des CashPooling-Systems, also die Fähigkeit des Systems, laufend die benötigten Mittel konzernweit zur Verfügung zu stellen, zu überprüfen. Zusätzlich muss er die Risiken abschätzen, die entstehen, wenn aufgrund einer Krise anderer Konzernunternehmen die gebundenen Mittel nicht zurückgeholt werden können.157 Des Weiteren ist eine angemessene Verzinsung (Haben- und Sollzinsen) sicherzustellen und zu hinterfragen, welche Auswirkungen der Verzicht auf eine eigene Bankverbindung des abhängigen Unternehmens hat. Ist die Liquiditätssituation des abhängigen Unternehmens vor Abschluss des Finanzierungssystems hingegen ungünstig, so liegt das Hauptaugenmerk des gewissenhaften Vorstands auf der Prüfung der systemimmanenten Liquiditätszusage.158 Wenn der gewissenhafte Vorstand hier zu dem Ergebnis kommen durfte, dass die Risiken des Systems dessen Vorteile nicht überwiegen, so fehlt es bei Abschluss des Finanzierungssystems an einem Nachteil im Sinne des 153 Zum Ganzen auch OLG Hamm AG 1995, 512, 513 f., 515; Zeidler, Cashmanagement, S. 71; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 156. 154 Zum Vorstehenden Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 79 a.E. 155 Hierzu ausführlich Zeidler, Cashmanagement, S. 45 ff. 156 Ausführlich hierzu J. Vetter/Stadler, Haftungsrisiken, S. 58 ff. ab Rn. 102. 157 Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 65. 158 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 48 m.w.N. in Fn. 188.

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen

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§ 311 Abs. 1 AktG.159 Jedoch ist die Zulässigkeit eines Cash-Pool-Systems immer von einem Vertrag abhängig zu machen, da sich die Folgen aus der Perspektive des Nachteilsbegriffs nicht abschätzen lassen.160 d) Besicherung von Verbindlichkeiten Ein Nachteil liegt parallel zur Lösung bei Cash-Pools jedenfalls dann vor, wenn der Regressanspruch bei Inanspruchnahme aus der Sicherheit nicht vollwertig ist161 oder keine angemessene Gebühr für die Besicherung gezahlt wird (sogenannte Avalgebühr).162 Ein Nachteil kann ebenfalls schon darin bestehen, dass die abhängige Gesellschaft den zur Besicherung eingesetzten Gegenstand nicht mehr selbst zur Besicherung einsetzen kann.163 Umgekehrt fehlt es bereits schon an einem Nachteil, wenn der besicherte Kredit an die abhängige Gesellschaft weitergeleitet wird oder dieser sonst zugutekommt (etwa über eine Steigerung der Kreditwürdigkeit der abhängigen Gesellschaft).164 2. Die Ergebnisse der Exculpationslösung a) Allgemeines In weiten Teilen lassen sich die Ergebnisse der herrschenden Ansicht hier reproduzieren, wenn auch deren Begründung naturgemäß anders ausfallen muss. Die Nachteilsfeststellung richtet sich ebenfalls am Drittvergleich aus.165 Die von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Maßstäbe zur verdeckten Gewinnausschüttung sind nur im Einzelfall heranzuziehen.166 Sie bilden aber meist ein brauchbares Indiz für die Nachteiligkeit eines Geschäfts oder einer Maßnahme.167

159

So i. E. auch Austmann, ZGR 38 (2009), 277, 292 m.w.N. Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 81 a.E. 161 Vgl. nur Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 157 m.w.N. in Fn. 107. 162 Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 44; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 82; i. E. auch J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 62; Wand/ Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148, 157 m.w.N. in Fn. 108. 163 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 47c; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 63. 164 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 47c m.w.N. in Fn. 183; Leuering/ Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 63. 165 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 212 mit Verweis auf die h.M. in Fn. 262; zum Drittvergleich siehe oben § 3 I. 1. a). 166 Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.376. 167 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 203. 160

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

b) Verbundinterne Kredite Verbundinterne Kredite stellen nach der Exculpationslösung dann nachteilige Rechtsgeschäfte dar, wenn es an einer angemessenen Verzinsung fehlt. Bei kurzfristigen Krediten innerhalb des Konzernverbundes ist aber im Einzelfall eine Ausnahme zu machen, wenn ein entsprechendes konzerninternes System dafür sorgt, dass die unverzinste Weggabe von Liquidität betriebswirtschaftlich vertretbar erscheint. Dies ist der Fall, wenn das kreditgebende Unternehmen anderweitig von der kurzfristigen Kreditvergabe profitiert, sei es durch die jederzeitige Möglichkeit, selbst unverzinste Kredite in Anspruch zu nehmen, sei es durch anderweitige Vergütungsmechanismen, die mit der Kreditvergabe in engem Zusammenhang stehen.168 Anders ist dies jedoch bei der Vergabe längerfristiger Kredite zu beurteilen. Hier ist immer eine angemessene Verzinsung zu fordern, die das Risiko der Liquiditätsvergabe widerspiegelt. Was langfristige Kreditvergabe in diesem Kontext bedeutet, lässt sich nicht allgemein beurteilen, sondern es ist vielmehr im Einzelfall die Liquiditätslage des abhängigen Unternehmens zu untersuchen.169 Bei knapper Liquiditätslage können auch kurze Zeiträume dazu führen, dass von den Grundsätzen einer langfristigen Kreditvergabe auszugehen ist. Entscheidend ist immer die Gegenüberstellung von der nach Kreditvergabe noch vorhandenen Liquidität und der in der Zukunft benötigten Liquidität. So wäre eine Kreditvergabe zum Beispiel dann nachteilig, wenn eine abhängige Gesellschaft ein unverzinstes Darlehen über die Laufzeit von zwei Wochen gewährt und hierbei die vorhandene Liquidität völlig aufbraucht, sofern der Einsatz liquider Mittel in diesem Zeitraum nicht gänzlich unwahrscheinlich ist. Eine Verzinsung des Darlehens ist dann nicht erforderlich, wenn zum Zeitpunkt der Vergabe kein Zweifel an der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB besteht. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die abhängige Gesellschaft jederzeit in der Lage ist, das Darlehen fällig zu stellen, sofern es dieser Liquidität bedarf.170 Nur dann ist auch ein unbesichertes langfristiges Darlehen nicht nachteilig. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Verzinsung erst erforderlich ist, wenn die Kreditvergabe auch aus Sicht der abhängigen AG letztlich nicht mehr vorteilhaft, also nachteilig im Sinne von § 311 Abs. 2 AktG ist.171

168

MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 255 f.; Altmeppen, ZIP 2009, 49, 52. So ist nach Altmeppen nicht von der bilanzrechtlichen Jahresfrist auszugehen, vgl. Müko AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 258. 170 Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 5.708a mit Fn. 6. 171 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 258 a.E., die Diskussion der Kreditvergabe erfolgt bei Altmeppen im Rahmen der Darstellung der Zulässigkeit von Cash-Pools. 169

§ 3 Nachteilsfeststellung im Einzelnen

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c) Cash-Pooling Nicht nachteilig sind nur Vereinbarungen über die Eingehung eines Cash-Pools, die eine Schädigung der AG im Ergebnis verhindern.172 Leistungen im Rahmen eines Cash-Pools sind nach der Exculpationslösung dann nicht nachteilig, wenn der Rückgewähranspruch vollwertig und eine ausreichende Verzinsung gewährleistet ist.173 Die Kriterien für die Angemessenheit der Verzinsung entsprechen denen für verbundinterne Kredite.174 d) Besicherung von Verbindlichkeiten Bei der Besicherung besteht die Problematik, dass allein schon die Vergabe der Sicherheit als nachteilig gesehen werden kann, denn die abhängige AG verliert die freie Verfügungsmöglichkeit über das Sicherungsgut. Diese Betrachtungsweise widerspricht nach der Exculpationslösung allerdings dem Willen des Gesetzgebers. Eine Besicherung von Verbindlichkeiten ist demnach solange zulässig, und damit kein Nachteil im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG, wie sich die Sicherheitengewährung bilanziell nicht negativ auswirkt.175 Dies gilt allerdings nur, sofern der abhängigen Gesellschaft für die Bestellung der Sicherheiten ein angemessenes Entgelt (Avalgebühr) gezahlt wird. Wird keine Avalgebühr entrichtet, liegt in der Sicherheitengewährung ein Nachteil, da der Verlust der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis nicht kompensiert wird.176

III. Umlagen 1. Die Sichtweise der Tatbestandslösung a) Leistungen der Konzernspitze Umlagen lassen sich als Inrechnungstellung von Leistungen des herrschenden an das abhängige Unternehmen definieren.177 Umlagen für tatsächlich erbrachte Leistungen der Konzernspitze sind nicht nachteilig, wenn die Leistungen im Interesse der Gesellschaft und nicht allein der Konzernspitze oder des gesamten Konzerns liegen

172

So MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 267. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 5.711 ff.; MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 242 ff. 174 Siehe soeben § 3 II. 2. b). 175 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 259 ff. 176 Altmeppen, ZIP 2009, 49, 52; MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 265. 177 Wiedemann/Strohn, AG 1979, 113, 113; mit Bezugnahme hierauf BGHZ 141, 79 (Rn. 11). 173

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

und die gezahlte Vergütung ihrerseits angemessen ist.178 Die Angemessenheit der Vergütung ist wiederum anhand eines Drittvergleichs zu ermitteln. Pauschalumlagen sind nur im Einzelfall zulässig, nämlich dann, wenn die Kosten für Einzelleistungen sich nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand aufschlüsseln lassen und diese Vorgehensweise marktüblich ist oder gegenüber dem Vorstand ein entsprechender Nachweis der wirtschaftlichen Unmöglichkeit der Aufschlüsselung geführt wird.179 b) Steuerumlagen Steuerumlagen fallen an, wenn der Organträger, also das herrschende Unternehmen, im Rahmen einer hier nicht näher zu erörternden umsatzsteuerlichen Organschaft Steuerschuldner ist.180 Diese Steuerumlagen entspringen der analogen Anwendung des § 426 BGB.181 Liegen die Umlagen höher als das tatsächliche Steueraufkommen des Organträgers, so handelt es sich nach Ansicht des BGH um eine verdeckte Einlagenrückgewähr im Sinne des § 57 AktG und damit um einen Nachteil im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG.182 Nicht ausgeschlossen ist aber eine durchschnittsweise Berechnung der Umlage anhand der letzten Veranlagungszeiträume.183 Entscheidend ist, dass die wirtschaftlichen Vorteile der Organschaft bei der Berechnung der Umlage angemessen berücksichtigt werden.184 Zur Nachteilsbestimmung kann ein Drittvergleich nach Auffassung des BGH nicht herangezogen werden.185 Dem hat sich die Literatur zur herrschenden Auffassung weitestgehend angeschlossen.186

178 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 66; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 66 ff.; ausführlich mit Unterscheidung nach verschiedenen Leistungsarten Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 83 ff.; a.A. Wiedemann/Strohn, AG 1979, 113, 119 (grundsätzliche Nachteiligkeit von Konzernumlagen mit Ausnahme von Entgelten für notwendige Assistenzleistungen). 179 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 84. 180 Eine körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft scheidet mangels Gewinnabführungsvertrags aus, vgl. § 14 KStG sowie § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG iVm § 14 KStG; vgl. auch J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 68; ebenfalls Grürmann, Verflechtungen, S. 83 f. sowie S. 102 f.; ausführlich zur Organschaft Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14 Rn. 1 ff. 181 BGHZ 120, 50, 59 f. 182 BGHZ 141, 79, 87 f. 183 Zum Ganzen Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 86; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 70. 184 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 68. 185 BGHZ 141, 79, 84. 186 Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 40; Habersack, BB 2007, 1397, 1400.

§ 4 Zwischenfazit

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2. Die Ergebnisse der Exculpationslösung a) Leistungen der Konzernspitze Umlagen sind grundsätzlich dann zulässig, wenn die Leistungen im Interesse der Konzerntochter erbracht wurden und diese hierdurch Kosten eingespart hat.187 Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass durch die Auslagerung hin zur Konzernspitze keine Kostensteigerung hervorgerufen wurde. Entstehen durch die Verlagerung selbst Kosten, so stellen diese einen ausgleichspflichtigen Nachteil dar.188 b) Steuerumlagen Für die Steuerumlagen ist auf obige Ausführungen zur Tatbestandslösung zu verweisen, da es hier keine nennenswerten Unterschiede gibt. Die von der Tatbestandslösung oft in Bezug genommene Entscheidung des BGH189 ist nach zutreffender Auffassung Altmeppens aber nicht verallgemeinerungsfähig.190 Zudem erkennt die herrschende Meinung weitestgehend die Tatsache an, dass es im faktischen Konzern nahezu keine steuerliche Organschaft geben kann.191

§ 4 Zwischenfazit Die Regelung der §§ 311 ff. AktG schützt die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger vor einer Verletzung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft. Dieses wird verstanden als das Interesse der abhängigen Gesellschaft, die ihr gegebenen Unternehmensziele selbständig, d. h. auch unter Aufrechterhaltung aller hierfür nötigen Funktionen, und optimal zu verwirklichen. Sie lässt es jedoch zu, dass der Nachteil erst am Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen wird, und privilegiert somit gleichzeitig das herrschende Unternehmen. Zusammengefasst stellen die §§ 311, 317 AktG das Verbot kompensationsloser Nachteilszufügung dar, wobei eben jene Kompensation zeitlich versetzt erfolgen darf. Dieses Zusammenspiel von Schutz und Privilegierung ist aber zugleich Grundlage der schwierigen Bestimmung des Nachteilsbegriffs. Der Nachteil als solcher ist, entgegen der herrschenden Meinung und Rechtsprechung, allein nach Maßgabe des § 311 AktG zu bestimmen. 187 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 279; Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.390. 188 Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.391. 189 BGHZ 141, 79. 190 Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 287 ff. zum Streitstand hinsichtlich der vom BGH vertretenen Berechnungsmethode. Auf diesen Streit soll hier nicht eingegangen werden. 191 Vgl. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.393 m.w.N.; MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 284.

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1. Kap.: Der Nachteilsbegriff des § 311 AktG

Nachteil im Sinne des § 311 AktG ist somit jede vom herrschenden Unternehmen veranlasste Geschäftsleitungsmaßnahme des abhängigen Unternehmens, die deren Vermögen vermindert hat oder zukünftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermindern wird.192 Eine „Heranziehung“ des § 317 Abs. 2 AktG zur Bestimmung des Nachteils lässt sich weder dogmatisch noch inhaltlich begründen. Inhaltlich kommt diese Heranziehung einer teleologischen Reduktion des § 311 AktG gleich, die aber anhand des Schutzzwecks der §§ 311, 317 AktG nicht zu begründen ist. So fehlt es insbesondere an einem weitergehenden Schutzgedanken des § 317 Abs. 2 AktG, der eine solche Einschränkung des § 311 AktG rechtfertigen könnte. Vielmehr geht der Schutz des § 311 AktG noch über den des § 317 Abs. 2 AktG hinaus. Eine Einschränkung privilegierte damit nur das herrschende Unternehmen. Für einen Nachteilsausgleich ist daher im Rahmen des § 311 AktG eine Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne des § 317 Abs. 2 AktG nicht erforderlich. Vielmehr ist ein existierender, nicht ausgeglichener Nachteil Voraussetzung für die Anwendung von § 317 AktG und damit auch für dessen Abs. 2. Die Nachteilsfeststellung anhand der Exculpationslösung ist auch praktisch leichter durchzuführen. Im Vergleich mit der herrschenden Auffassung kann ein Nachteil unter geringeren Voraussetzungen angenommen werden, was den Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger verstärkt. Eine Benachteiligung des herrschenden Unternehmens ist hiermit jedoch nicht verbunden, da im Rahmen des – bei nicht erfolgtem Ausgleich entstehenden – Schadenersatzanspruchs die Regelung des § 317 Abs. 2 AktG anzuwenden ist. Die Nachteilsbestimmung ist gerade im Bereich veranlasster Maßnahmen nicht unproblematisch, da immer ein Vergleich zur fiktiven unabhängigen Gesellschaft hergestellt werden muss. Dieser Vergleich erfolgt ohne Berücksichtigung einer Sorgfaltspflichtverletzung und bezieht nur die Sachverhalte mit ein, die objektiv aus ex-ante-Sicht erkennbar waren. Anhand dieser Erkenntnisse wird deutlich, dass bereits die Bestimmung der Anwendungsvoraussetzungen der Nachteilsausgleichsverpflichtung des § 311 AktG nicht ohne Schwierigkeiten erfolgt. Ist der Nachteil jedoch einmal bestimmt, schließen sich gleich weitere Probleme bei der Frage nach Art und Höhe des Ausgleichs an.

192

Vgl. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.369.

2. Kapitel

Nachteilsausgleich Nachdem der Begriff des Nachteils nun eingehend erläutert und bestimmt wurde, wird die Art und Weise des Ausgleichs erörtert. Hierzu werden wiederum in einem ersten Schritt der Zweck und die Grenzen des Nachteilsausgleichs beleuchtet, bevor in einem zweiten Schritt die Rechtsnatur des Ausgleichs dargelegt wird (siehe sogleich § 5), um dann schlussendlich die Art und Höhe des Ausgleichs (siehe § 6) zu beschreiben. Diese Vorgehensweise ist wichtig, um die Grenzen einer Nachteilsausgleichsvereinbarung ausloten zu können. Es wird gezeigt, dass schon aufgrund der Voraussetzungen des Ausgleichs an sich enge Grenzen der Nachteilsausgleichsvereinbarungen bestehen, an denen sich insbesondere die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung messen lassen muss. Bei der Form des Ausgleichs ist nach § 311 Abs. 1 und 2 AktG zwischen tatsächlichem Ausgleich und Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich zu unterscheiden. Mit Blick auf den Gegenstand der Untersuchung wird das Hauptaugenmerk auf der Gewährung des Rechtsanspruchs liegen. Hier werden die allgemeinen Anforderungen an den Anspruch dargestellt, um die Unterscheidung in bezifferte und unbezifferte Ausgleichsansprüche zu verdeutlichen. Ein besonderes Gewicht liegt bei der nachfolgenden Untersuchung indes auch auf der Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Ausgleich. Bevor aber der Ausgleich inhaltlich untersucht werden kann, ist eine dogmatische Einordnung unumgänglich.

§ 5 Reichweite und Rechtsnatur des Ausgleichs I. Der Zweck des Ausgleichs Zweck des Nachteilsausgleichs ist, dass @ im Interesse der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger @ die abhängige Gesellschaft aufgrund der Veranlassung der nachteiligen Geschäfte durch das herrschende Unternehmen spätestens am Ende des Geschäftsjahres keinen Vermögensnachteil erleidet.1 Die aus der Veranlassung des herrschenden Unternehmens entstandenen Nachteile sind daher bis zum Geschäftsjahresende vollständig auszugleichen. Geschieht dies nicht, greift die Sanktion des § 317 Abs. 1 AktG, der das herrschende Unternehmen für diesen Fall der Schadenersatzpflicht unterwirft. So wird dem Außenseiterschutz durch die Regelung 1

MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 303 ff.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

der §§ 311, 317 AktG ausreichend Rechnung getragen.2 Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass § 311 Abs. 1 AktG eine Nachteilszufügung bei rechtzeitigem vollständigem Ausgleich gestattet.3 Vor der Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich oder der tatsächlichen Ausgleichsgewährung besteht jedoch kein Anspruch des abhängigen Unternehmens auf Ausgleich.4 Dies ist Folge des Regelungssystems der §§ 311, 317 AktG, nach dem die Ausgleichsverpflichtung eine Obliegenheit zur Verhinderung des Schadenersatzanspruchs aus § 317 Abs. 1 AktG darstellt.5 Auf die Erfüllung von Obliegenheiten besteht naturgemäß kein Anspruch. Dass dennoch aus einer Obliegenheit, die gerade keine mit einem klagbaren Anspruch korrespondierende Rechtspflicht darstellt, ein Schadenersatzanspruch bei Verletzung folgen kann, verdeutlicht ein Blick in das Versicherungsvertragsrecht.6 Obliegenheiten unterscheiden sich nach althergebrachter Abgrenzungstheorie von den Pflichten durch ihre Rechtsfolge.7 Eine Verletzung der Obliegenheit zieht grundsätzlich nur einen Rechtsverlust nach sich, so zum Beispiel die Rügeobliegenheit des § 377 HGB, während eine Pflichtverletzung Schadenersatzansprüche entstehen lässt. Dieses System ist im Versicherungsvertragsrecht durchbrochen, da hier auch eine eigentliche Obliegenheitsverletzung zum Ersatzanspruch des Versicherers führt.8 Die Rechtsfolge ist somit nach zutreffender Auffassung Hähnchens kein geeignetes Abgrenzungskriterium.9 Wendet man diese Erkenntnis auf die Nachteilsausgleichspflicht des § 311 AktG an, die Hüffer/Koch als „Rechtspflicht minderer Zwangsintensität“ bezeichnen,10 so ist auch hier die Schadenersatzfolge bei Nichteinhalten der Ausgleichsverpflichtung kein Grund, an der Einordnung als Obliegenheit zu zweifeln. In diesem Fall ist die Ersatzverpflichtung nach § 317 Abs. 1 AktG die spezifische Rechtsfolge der Obliegenheitsverletzung. Erfüllt das herrschende Unternehmen jedoch die Ausgleichsobliegenheit, so entsteht kein Ersatzanspruch. Die Auswahl der Art und des Zeitpunkts des Ausgleichs obliegt nach Auffassung vieler dem herrschenden Unternehmen.11 Wählen darf das herrschende Unternehmen alle Vorteile, die geeignet sind, den Nachteil zur Gänze auszugleichen. Hierbei sind als Art des Ausgleichs und damit zur Rechtfertigung der Nachteils-

2

Zum Außenseiterschutz als Schutzzweck bereits oben § 1 I. Siehe schon oben § 1 I. 2. und II. 4 Ganz h.M.; statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 5 Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 950; Koch betitelt die Ausgleichspflicht als „Rechtspflicht minderer Zwangsintensität, der kein Anspruch gegenübersteht“; im Kern dürfte aber auch er einer Einordnung als Obliegenheit zustimmen, vgl. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 6 Umfassend hierzu Hähnchen, Obliegenheiten und Nebenpflichten, passim. 7 Zusammenfassend Hähnchen, Obliegenheiten und Nebenpflichten, S. 10 ff. 8 Vgl. Hähnchen, Obliegenheiten und Nebenpflichten, S. 180 und 251. 9 Hähnchen, Obliegenheiten und Nebenpflichten, S. 250. 10 Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 11 Vgl. statt aller Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 98; ausführlich dazu unten § 6 III. 3

§ 5 Reichweite und Rechtsnatur des Ausgleichs

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zufügung allerdings nur konkrete Vorteile zugelassen.12 Die Vorteilsgewährung als solche kann tatsächlich zum Beispiel in Form der Zahlung eines Ausgleichsbetrages oder nach § 311 Abs. 2 AktG auch in Form der Gewährung eines Rechtsanspruchs ausgestaltet sein.13 Um den Außenseiterschutz effektiv verwirklichen zu können, sind jedoch auch der Ausgleichsmöglichkeit Grenzen zu setzen.

II. Die Grenzen der Ausgleichsmöglichkeit Der Nachteilsausgleich ist nur dann möglich, wenn Nachteile zugefügt wurden, die in gleichem Maße wie der gewährte Vorteil bewertbar, somit quantifizierbar sind.14 Die Feststellung des Ausgleichs erfordert den Vergleich zwischen Nachteil und Vorteil, weshalb die Vergleichbarkeit im Sinne der Quantifizierbarkeit gegeben sein muss. Sofern zugefügte Nachteile nicht quantifizierbar oder anderweitig nicht ausgleichsfähig sind, kommt ein Nachteilsausgleich daher schon definitionsgemäß nicht in Betracht.15 Stattdessen entsteht bei der Zufügung solcher Nachteile eine direkte Schadenersatzpflicht des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 2 AktG.16 Zudem ist ein nachträglicher Ausgleich dann ausgeschlossen, wenn die Veranlassung des Nachteils bei der abhängigen Gesellschaft nicht dem Konzerninteresse, sondern dritten Interessen dient.17 Dies folgt aus dem Regelungszweck der §§ 311 ff. AktG, die durch die Zulassung eines gestreckten Ausgleichs die Möglichkeiten der Leitung des faktischen Konzerns erweitern wollen, was allerdings unter dem Gesichtspunkt des Außenseiterschutzes18 nur unter der Maßgabe der Lenkung im Konzerninteresse gestattet wird.19 Abgesehen vom Schutzzweck folgt diese Einschränkung überdies aus einer Gesamtschau der konzernrechtlichen Regelungen. In § 308 Abs. 1 S. 2 AktG wird das Konzerninteresse als Grenze der Lenkungsmöglichkeit gesetzlich angeordnet. Generell sind die Einflussmöglichkeiten bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages weitaus größer als im faktischen Konzern. Würde im faktischen Konzern die Einflussnahme auch im Drittinteresse gestattet, bedeutete dies eine erhebliche Ausweitung der Lenkungsmöglichkeiten gegenüber denen bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages. Eine so weit gehende Einflussmöglichkeit im faktischen Konzern widerspräche somit der Systematik der 12

Dazu unten § 6 I. Dazu ebenfalls unten § 6 III. 14 Zur Ausgestaltung der Vorteile unten § 6 I. 15 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 307; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 42; vgl. auch unten § 6 I. 2. b). 16 Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 52. 17 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 308; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 102. 18 Vgl. oben § 1 I. 1. 19 Vgl. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 53; Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 57. 13

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

konzernrechtlichen Regelungen und wäre wertungswidersprüchlich.20 Zusätzlich ist die Ausgleichsmöglichkeit begrenzt, wenn dem festgestellten Nachteil eine rechtswidrige Veranlassung zugrunde liegt. Diese wird durch einen Ausgleich nicht legitimiert und damit rechtmäßig. Rechtswidrige Veranlassungen in diesem Sinne sind insbesondere solche, die sich nicht mit dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand des abhängigen Unternehmens decken. Eine Veranlassung, die sich nicht im Unternehmensgegenstand widerspiegelt, ist somit nur nach einer entsprechenden Satzungsänderung zulässig. Beispielhaft lassen sich hier die Umwandlung eines produzierenden Unternehmens in ein Vermögensverwaltungsunternehmen oder die veranlasste Aufgabe des Betriebszweigs, der den Unternehmenszweck mitbestimmt, nennen.21 Damit sind dem Nachteilsausgleich vergleichbar enge Grenzen gesetzt. Diese Grenzen wirken sich stark auf die Zulässigkeit von Nachteilsausgleichsvereinbarungen aus.22

III. Die Rechtsnatur des Ausgleichs 1. Die Schadenersatzthese Nach einer früher verbreiteten Lehre stellt der Nachteilsausgleich lediglich eine Form des Schadenersatzes dar. Bei der Bestimmung dieser Form des Schadenersatzes gehen die Meinungen jedoch auseinander. Der Nachteilsausgleich ist nach einer teilweise vertretenen Ansicht nichts anderes als ein Unterfall der Vorteilsanrechnung.23 Mit dem vollständigen Ausgleich der Nachteile entfiele die Verpflichtung zum Schadenersatz. Nach einer anderen Meinung ist der Nachteilsausgleich Ausfluss einer Ersetzungsbefugnis des herrschenden Unternehmens, das sich durch den Ausgleich des Nachteils von der Schadenersatzpflicht selbst dann lösen kann, wenn der Ausgleich nicht vollständig erfolgt.24 Beide Ansätze sehen den Nachteilsausgleich als Abgeltung eines bereits mit Nachteilszufügung entstandenen Schadenersatzanspruchs. 2. Die Gegenleistungsthese der herrschenden Meinung Nach der herrschenden Meinung stellt dagegen der Nachteilsausgleich die Gegenleistung für die Leistung der abhängigen Gesellschaft, die sich im Nachteil widerspiegelt, dar. Zu verstehen sei diese Gegenleistung als Kompensation sui gene20

Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 60; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 43; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 AktG Rn. 92; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 53. 21 Zum Vorstehenden vgl. Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 100. 22 Siehe dazu unten § 10 und § 13. 23 Statt aller Bälz, in: FS Raiser, S. 308. 24 Statt aller Haesen, Abhängigkeitsbericht, S. 102.

§ 5 Reichweite und Rechtsnatur des Ausgleichs

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ris.25 Das Gleichgewicht sei dann erreicht, und damit kein Schadenersatzanspruch nach § 317 AktG begründet, wenn sich das Geschäft am Geschäftsjahresende wirtschaftlich betrachtet nicht mehr nachteilig darstelle. Begründet wird diese Ansicht meist mit der Entstehungsgeschichte des § 311 AktG. Die Begründung des Regierungsentwurfs verlangte einen engen Zusammenhang zwischen Nachteil und ausgleichsfähigem Vorteil, der den Vorgang als wirtschaftlich einheitliches Geschäft erscheinen ließ.26 Diese enge Sichtweise schwächte der Rechtsausschuss des Bundestages ab, indem er einen Ausgleich bis zum Ende des Geschäftsjahres zuließ.27 Am Grundsatz, dass der Ausgleich eine Gegenleistung für die Leistung der abhängigen Gesellschaft darstellt, ändert sich jedoch hierdurch nach herrschender Ansicht nichts.28 Diese Kompensationsleistung sui generis ist eine Obliegenheit des herrschenden Unternehmens. Auf die Gegenleistung besteht kein Anspruch.29 Wird diese Gegenleistung nicht erbracht, so entstehen für das herrschende Unternehmen nachteilige Folgen im Sinne eines Schadenersatzanspruchs nach § 317 Abs. 1 AktG. 3. Die Einordnung als Verschuldenshaftung für negotiorum gestio Eine vereinzelt vertretene Ansicht sieht die Gegenleistungsthese nur als ersten Schritt zur Einordnung der Rechtsnatur des Ausgleichs.30 Nach dieser Meinung fehlt es bei der Auslegung der herrschenden Auffassung an einer dogmatischen Einordnung. Vielmehr müsse beachtet werden, dass sich die herrschende und die abhängige Gesellschaft im faktischen Konzern gleichberechtigt gegenüberstehen und der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft selbständig und eigenverantwortlich über die Lenkung der Gesellschaft entscheidet.31 Wenn sich die herrschende Gesellschaft mit der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Geschäftspolitik abstimme, was die einzige Möglichkeit der „Einflussnahme“ darstelle, sei diese Kooperation als besonders ausgestaltete bürgerlich-rechtliche Innengesellschaft zu verstehen.32 Dieser faktische Einfluss auf die Lenkung der abhängigen AG gehe mit der Verpflichtung einher, die Grenzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung nicht zu überschreiten. Nach dieser Ansicht ist die Nachteilsausgleichspflicht also nur die Folge dieser 25 Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 47; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 61; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 37; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 48; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 105. 26 Nachzulesen bei Kropff, Aktiengesetz, S. 409. 27 Ebenfalls nachzulesen bei Kropff, Aktiengesetz, S. 409. 28 Statt aller MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 315, der sich jedoch der herrschenden Meinung nicht anschließt; dazu sogleich § 5 III. 3. 29 Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 30 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 315; Altmeppen, ZIP 2016, 441, 443. 31 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 318 f.; ders., ZIP 1996, 693, 694. 32 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 318; so schon J. Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 221 ff.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

Verpflichtung zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung bei der abhängigen AG.33 Werde diese Pflicht schuldhaft durch den faktischen Einfluss ausübenden Geschäftsleiter der herrschenden AG verletzt, hafte das herrschende Unternehmen für die pflichtwidrige Geschäftsführung.34

4. Stellungnahme Ausgangspunkt der Schadenersatzthese ist § 317 Abs. 1 AktG. Hiernach wird das herrschende Unternehmen zum Schadenersatz verpflichtet, wenn es entstandene Nachteile nicht rechtzeitig ausgeglichen hat. Nach der Schadenersatzthese soll aber der Nachteilsausgleich eine vorgezogene Leistung auf eben diesen Schadenersatzanspruch darstellen. Diese Sichtweise ist sowohl systematisch als auch dogmatisch verfehlt. Ein Anspruch aus § 317 Abs. 1 AktG entsteht nur unter der Bedingung, dass das herrschende Unternehmen den Nachteil nicht (rechtzeitig) ausgleicht. Gleicht es ihn aber aus, so entsteht schon kein Anspruch aus § 317 Abs. 1 AktG, auf den die Leistung anrechenbar wäre.35 Die Schadenersatzthese setzt aber in beiden Varianten einen bereits entstandenen Schaden voraus. Dies lässt sich mit dem Wortlaut des § 311 AktG, der eindeutig von Nachteil und nicht von Schaden spricht, nicht vereinbaren. Die schadensrechtliche Vorschrift im Rahmen der §§ 311 ff. AktG ist § 317 Abs. 1 AktG und diese baut gerade auf § 311 AktG und damit auf dem nichtausgeglichenen Nachteil auf. Die Schadenersatzthese begeht bei dieser Bestimmung der Rechtsnatur daher den Fehler, die Begriffe Schaden und Schadenersatz sowie Nachteil und Nachteilsausgleich unzulässig zu vermischen,36 denn sie führt dazu, dass schon die Veranlassung als solche den Schadenersatzanspruch des § 317 Abs. 1 AktG auslöst.37 Dies ist aber nicht die vom Gesetzgeber gewollte Folge, der in § 311 AktG den nachgelagerten Nachteilsausgleich zulässt, also gerade die Veranlassung als solche nicht als rechtswidrig einstuft.38 Zudem soll der Ausgleich nicht bewirken, dass eine vom Gesetz nicht gewollte Beeinflussung rückgängig gemacht würde. Das Gesetz gestattet über § 311 Abs. 1 AktG gerade die Veranlassung der abhängigen Gesellschaft zur Durchführung einer nachteiligen Maßnahme, sofern der daraus entstehende Nachteil vollständig und rechtzeitig ausgeglichen wird.39 Daher ist der Schadenersatzthese nicht zu folgen. Gegen die Einordnung als Verschuldenshaftung für negotiorum gestio spricht, dass hier die Regelungsbereiche des § 311 AktG und des § 317 AktG unzulässig vermischt werden und so im Ergebnis auch eine Einordnung als Leistung auf einen 33 34 35 36 37 38 39

MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 319. Ebd. So auch Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 61. Ablehnend zu dieser Gleichsetzung schon oben § 2 I. Vorauflage MüKo AktG/Kropff, § 311 AktG Rn. 220 f. m.w.N. Hierzu eingehend schon oben § 1 I. 2. Ebenso Vorauflage MüKo AktG/Kropff, § 311 AktG Rn. 221.

§ 5 Reichweite und Rechtsnatur des Ausgleichs

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Schadenersatzanspruch erfolgt.40 Dies zeigt sich auch bei den Folgen dieser Einordnung, die sich nicht von den Folgen einer Schadenersatzhaftung unterscheiden. Zum einen sollen die Grundsätze der Vorteilsaugleichung schon bei der Bestimmung des Ausgleichs Anwendung finden.41 Zum anderen stellt Altmeppen – als bisher einziger Vertreter dieser Verschuldenshaftung für negotiorum gestio – klar, dass keine Rede davon sein könne, dass „es sich bei den §§ 311, 317 AktG um etwas anderes als eine Schadensersatzhaftung handele.“42 Hieran ist zu erkennen, dass eine klare Trennung zwischen Schadenersatz und Nachteilsausgleich bei dieser Form der Einordnung nicht mehr möglich ist. Diese Trennung zwischen Schaden und Nachteil ist aber den §§ 311 ff. AktG immanent und wird so auch von Altmeppen erkannt und vertreten.43 Altmeppen begeht den Fehler, die § 311 AktG und § 317 AktG zusammenzufassen und ihnen insgesamt eine Haftungsvorschrift zu entnehmen. Dies führt indes dazu, dass – konsequent weitergedacht – der Ausgleich die Erfüllung des Schadenersatzanspruchs (aus negotiorum gestio) darstellt. Der Ausgleich des Nachteils selbst ist jedoch, wie auch Altmeppen feststellt, kein Schadenersatz.44 Zu dieser Gleichsetzung käme es aber, würde man der These Altmeppens folgen. Stattdessen liefert die herrschende Gegenleistungsthese den richtigen Ansatz für die Einordnung der Rechtsnatur des Ausgleichs. Der nachträgliche Ausgleich sorgt dafür, dass das bis dato ungleiche Geschäft vervollständigt wird, es also im Ergebnis nicht mehr nachteilig ist. Hierdurch stehen die Leistung der abhängigen Gesellschaft, die in Vorleistung getreten ist, und die (Gegen-)Leistung der herrschenden Gesellschaft einander gleichwertig gegenüber.45 Die Gegenleistungsthese ist daher die konsequente Folge des als Hauptindikator für die Nachteilsbestimmung angewandten Drittvergleichs, der überprüft, welche Gegenleistung am Markt zu erwarten gewesen wäre, wenn das abhängige Unternehmen seine, nun durch das herrschende Unternehmen veranlasste, Leistung dort angeboten hätte.46 Nimmt man anhand des Drittvergleichs einen Nachteil in Form der (bisher) ausgebliebenen Gegenleistung durch das herrschende Unternehmen an, so stellt der Ausgleich rechtlich die geforderte Gegenleistung für diese Leistung des abhängigen Unternehmens dar. Der Ausgleich erfüllt die, dem herrschenden Unternehmen durch §§ 311, 317 AktG gesetzte, Obliegenheit zur Vermeidung des Schadenersatzanspruchs.47 Hierin wird auch der entscheidende Unterschied zur Schadenersatzthese deutlich. Nach dieser Auffassung wird ein bereits mit Nachteilszufügung entstandener Schadenersatzanspruch durch den Ausgleich abgegolten, während nach der zutreffenden herr40 41 42 43 44 45 46 47

Ablehnend zu dieser Einordnung allgemein bereits oben § 2 IV. 2. d). Ablehnend dazu noch unten § 6 II. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 326. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 313. Ebd. Vgl. Vorauflage MüKo AktG/Kropff, § 311 AktG Rn. 224. Siehe dazu im Einzelnen oben § 3. Vgl. Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 950.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

schenden Auffassung durch die Gegenleistung als Erfüllung der Obliegenheit ein solcher gar nicht erst entsteht. Allerdings soll nach Auffassung von Hüffer/Koch keine Gegenleistung im technischen Sinne vorliegen.48 Gemeint sein kann damit nur, dass kein Synallagma erforderlich ist, also keine vertraglich mit der Leistung verknüpfte Gegenleistung vorliegen muss.49 An der Einordnung als rechtliche Gegenleistung ändert dies allerdings nichts. Diese Gegenleistung muss in ihrer Höhe dem Nachteil entsprechen, um diesen vollständig auszugleichen. Wie jedoch der zu gewährende Vorteil beschaffen sein muss, um die Anforderungen des § 311 AktG zu erfüllen, ist nicht minder schwierig zu bestimmen als die Feststellung des Nachteils. Demzufolge gibt es sowohl bei der Auswahl der Vorteile als auch bei deren Höhe Differenzen. Es ist daher erforderlich, die zulässigen Vorteile genau zu bestimmen, um auf dieser Grundlage eine belastbare Aussage über den Sonderfall der Vorteilsgewährung, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, treffen zu können.

§ 6 Art und Höhe des Ausgleichs I. Ausgleichsfähige Vorteile 1. Grundsatz Der festgestellte Nachteil kann entweder tatsächlich oder durch Einräumung eines Rechtsanspruchs innerhalb des Geschäftsjahres ausgeglichen werden, § 311 Abs. 2 AktG.50 Wählt das herrschende Unternehmen die Möglichkeit, dem abhängigen Unternehmen einen Rechtsanspruch auf (spätere) Vorteilsgewährung einzuräumen, so muss dieser Rechtsanspruch nach § 311 Abs. 2 S. 1 AktG bestimmen, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Erforderlich ist mithin eine konkrete Bestimmung der Vorteile. Diese Eingrenzung ist dem Sinn und Zweck der Vorschrift nach auch bei der tatsächlichen Vorteilsgewährung innerhalb oder am Ende des Geschäftsjahres nötig.51 Daher ist generell ein konkreter Vorteil erforderlich, um den entstandenen Nachteil ausgleichen zu können.52 Parallel zur Bestimmung des Nachteils sind nach herrschender Meinung nur solche Vorteile zulässig, die bewertbar und quantifizierbar sind.53 Bilanzierungsfähigkeit ist nach 48 Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 41, der die Rechtsnatur als Kompensationsleistung sui generis verstehen will, vgl. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 37; ebenso Wirth, in: GS Martin Winter, S. 786 mit dem Hinweis auf die angeblich herrschende Auffassung. 49 Dazu auch sogleich § 6 I 1. 50 Zur Einräumung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich ausführlich unten § 6 III. 51 So ebenfalls MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 340. 52 Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 62. 53 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 340; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 63 f.; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 39; Koppensteiner, in: KK-AktG,

§ 6 Art und Höhe des Ausgleichs

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herrschender Meinung nicht erforderlich.54 Ob dies in dieser Pauschalität aufrechterhalten werden kann, wird sogleich untersucht.55 Deshalb können zum Beispiel passive Konzerneffekte weder einen Nachteil noch einen Vorteil darstellen.56 Gegenstand der Vorteilsgewährung können zweierlei Arten von Vorteilen sein: solche, an denen die abhängige Gesellschaft ein Interesse besitzt und solche, an denen kein Interesse der abhängigen Gesellschaft besteht. Im Interesse des Außenseiterschutzes als Normzweck der §§ 311 ff. AktG wäre es, wenn der abhängigen Gesellschaft nur solche Vorteile zufließen dürfen, die ihr auch von Nutzen sind. Um den Außenseiterschutz bestmöglich zu gewährleisten, sind daher nur solche Vorteile zum Ausgleich des Nachteils zugelassen, an denen die abhängige Gesellschaft ein Interesse besitzt, die also für sie brauchbar sind.57 Nicht erforderlich ist hingegen, dass der gewährte oder im Rahmen des Rechtsanspruchs zu gewährende Vorteil zum veranlassten Nachteil in irgendeinem inneren Zusammenhang steht.58 Dies würde den Schutz der Außenseiter unbillig zu Lasten des herrschenden Unternehmens überdehnen, da nicht immer korrelierende Vorteile zum veranlassten Nachteil vorhanden sind. Bei Anwendung dieser Prämisse würden daher die Konzernleitungsmöglichkeiten des herrschenden Unternehmens über Gebühr beschränkt, weshalb es zum Ausgleich der gegenläufigen Interessen genügt, wenn irgendein Vorteil dem abhängigen Unternehmen zufließt. Dann ist dem Außenseiterschutz ausreichend Rechnung getragen. Bei der Erfüllung der Ausgleichspflicht kann auch ein drittes Unternehmen – etwa ein anderes abhängiges Unternehmen aus dem Konzernverbund – Schuldner des Anspruchs auf Vorteilsgewährung bzw. der tatsächlichen Vorteilsgewährung sein.59 Dem steht der Außenseiterschutz nicht entgegen, da Intention lediglich der Ausgleich an sich und nicht die zwingende Herkunft desselben aus der Vermögensmasse des herrschenden Unternehmens ist. 2. Sonderfragen a) Bewertbarkeit und Bilanzierungsfähigkeit als Voraussetzung? Um herauszufinden, ob der Vorteil den Nachteil zur Gänze ausgeglichen hat, ist nach herrschender Auffassung zwar die Bewertbarkeit des Vorteils, nicht aber dessen § 311 AktG Rn. 109; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 50; J. Vetter, in: K. Schmidt/ Lutter, § 311 AktG Rn. 86. 54 Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 39. 55 Ausführlich dazu sogleich § 6 I. 2. 56 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 62; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 39; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 50; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 85. 57 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 338. 58 Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 39; siehe auch oben § 5 III. 4. 59 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 62; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 120 f.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

Bilanzierbarkeit erforderlich. Es stellt sich bei genauerer Betrachtung im Einzelfall die Frage, ob diese Behauptung in dieser Allgemeinheit aufrechterhalten werden kann. Zumindest hinsichtlich der Bewertbarkeit ist diese Frage jedoch schnell beantwortet. Nachdem die Veranlassung nicht quantifizierbarer Nachteile grundsätzlich rechtswidrig ist, also nur bewertbare Nachteile überhaupt ausgeglichen werden können, ist für die Frage, ob der Ausgleich vollständig erfolgt ist, der gewährte oder zu gewährende Vorteil zu betrachten. Ist dieser nicht bewertbar, kann auch nicht festgestellt werden, ob er zum Ausgleich des Nachteils genügt, und muss mithin als nicht ausreichend gewertet werden. Wenn aber ein nicht bewertbarer Vorteil bei der Frage, ob der Ausgleich vollständig erfolgt ist, außen vor bleiben muss, liegt es nahe, solche nicht bewertbaren Vorteile generell vom Ausgleich auszuschließen.60 Allerdings gibt es Stimmen, die solche nicht bewertbaren Vorteile als Ausgleich für entsprechende Nachteile zulassen wollen.61 Problematischer ist die Beantwortung jedoch bei der Behauptung, dass der Vorteil nicht bilanzierungsfähig sein muss.62 Setzt man die Bilanzierungsfähigkeit des Vorteils als zwingende Voraussetzung seiner Anerkennung voraus, so begrenzt man damit die in Frage kommenden Vorteile nur wenig.63 Denn fast jeder bewertbare Vorteil ist auch bilanzierbar. Nicht hierunter fallen lediglich bedingte Forderungen, die noch nicht bilanzierbar sind, und sonstige Vorteile, die sich zwar in Zahlen ausdrücken lassen, aber bilanziell nicht genau fassbar sind, etwa eine Steigerung der Markenreputation durch entsprechende Maßnahmen des herrschenden Unternehmens. Hierbei sind nicht die Einzelmaßnahmen Gegenstand der Betrachtung – obwohl diese selbst Vorteilscharakter haben können –, sondern gerade die Steigerung der Reputation selbst. Gerade dieser Vorteil sollte aber Beachtung finden dürfen, denn er ist für die Zukunft mit großen Vorteilen für das abhängige Unternehmen verbunden. So entstehen zumeist aus einer gestiegenen Markenreputation höhere Umsätze und eventuell auch höhere Gewinne. Ließe man diesen Vorteil nicht zum Ausgleich zu, so vernichtet man den Anreiz für das herrschende Unternehmen, dem abhängigen Unternehmen einen solch wichtigen Vorteil zu gewähren.64 Dies kann aber nicht im Sinne des Außenseiterschutzes sein. Eine Bilanzierungsfähigkeit des Vorteils selbst ist daher mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG nicht immer erforderlich.65 Die herrschende Auffassung verlangt statt der Bilanzierungsfähigkeit des Vorteils selbst aber, dass der gewährte Vorteil geeignet sein muss, die bilanziellen Auswirkungen des veranlassten Nachteils zu neutralisieren.66 Ausgehend von der erforderlichen Bewertbarkeit des Vorteils ist klar, dass zumindest 60

H.M.; statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 63. Dazu sogleich § 6 I. 2. b). 62 Einführend Bachelin, Minderheitenschutz, S. 49 ff. 63 Leo spricht hingegen von einer gravierenden Einschränkung, ohne diese jedoch näher auszuführen, vgl. Leo, AG 1965, 352, 358. 64 In diesem Sinne auch Rothley, in: Wachter, § 311 AktG Rn. 28. 65 Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 39. 66 Statt aller Hüffer/Koch, a.a.O. 61

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langfristig auch ein bilanziell feststellbarer Ausgleich erfolgt. Versteht man die Forderung der herrschenden Meinung hinsichtlich einer bilanziellen Neutralisierungswirkung des Vorteils aber dahingehend, dass eine bilanzielle Neutralisierung in jedem folgenden Geschäftsjahr zu erfolgen hat,67 so ist dieses Postulat Folge eines überzogen verfolgten Außenseiterschutzes. Hierzu ein Beispiel: In Fällen, in denen die Veranlassung in der Stilllegung eines Betriebsteils liegt, sind die hieraus resultierenden Abschreibungen der tatsächlich veranlasste Nachteil. Werden diese Nachteile durch konzerninterne Lieferungen der zuvor produzierten Teile zu angemessenen Preisen, die den konzernweit entstandenen Spezialisierungsvorteil weitergeben, ausgeglichen, so sind diese Kostenvorteile erst bei deren Realisation ansatzfähig, während die Abschreibungen sofort anzusetzen sind. So sieht es das im Bilanzrecht in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB vorherrschende Realisationsprinzip vor.68 Ebenso ist zu verfahren, wenn der Ausgleich nicht erst unterjährig bzw. am Ende des Geschäftsjahres, sondern sofort erfolgt. Diese Variante der Spezialisierung wird aber auch von unabhängigen Gesellschaften zum beiderseitigen Vorteil verfolgt. Warum aufseiten einer abhängigen Gesellschaft nur wegen des Vorliegens einer faktischen Konzernierung hieran etwas zu ändern sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Einziger Grund hierfür ist ein falsch verstandener Außenseiterschutz, der es so den Minderheitsaktionären ermöglichen soll, eine höhere Dividende im entsprechenden Geschäftsjahr zu kassieren. Diese kurzfristige Ausrichtung an der Höhe der auszuschüttenden Dividende ist aber nicht Pflicht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft und kann somit zumindest im Grundsatz nicht zwingende Folge des Nachteilsausgleichs sein.69 Auch aus praktischen Gesichtspunkten ist die Forderung nach einer generellen Bilanzneutralität nicht zu verwirklichen, da sich nicht in jedem Fall vorhersagen lässt, wann sich Nachteil wie Vorteil bilanziell auswirken. Diese Prognose ist insbesondere bei der Veranlassung sich längerfristig auswirkender Maßnahmen, wie zum Beispiel Strategieänderungen, nicht möglich. Nach herrschender Auffassung würde diese fehlende (momentane) Bilanzneutralität dafür sorgen, dass der gewährte Vorteil den veranlassten Nachteil nicht gänzlich ausgleicht und somit die Grundlage eines Schadenersatzanspruchs nach § 317 Abs. 1 AktG geschaffen ist. Allein die fehlende Bilanzneutralität führt aber wirtschaftlich nicht dazu, dass der Nachteil am Ende nicht ausgeglichen ist. Die Forderung nach genereller Bilanzneutralität liefe daher darauf hinaus, dass sämtliche vorlaufenden Belastungen, die sich aufgrund des Imparitätsprinzips des deutschen Bilanzrechts ergeben, nicht hingenommen werden dürften, mithin Grundlage eines Schadenersatzanspruchs nach § 317 Abs. 1 AktG würden, auch wenn der abhängigen Gesellschaft im Ergebnis kein Nachteil entsteht.70 Dies ist nicht gewollte Folge der gesetzgeberischen Konzeption der 67 So wird die herrschende Auffassung nachvollziehbar von Kropff, in: Vorauflage MüKo AktG/Kropff, § 311 AktG Rn. 242 verstanden. 68 Zum Vorstehenden ausführlich MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 349 ff. 69 Ebenso MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 356. 70 Rothley, in: Wachter, § 311 AktG Rn. 28.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

§§ 311 ff. AktG und daher abzulehnen.71 Vor dem hier aufgezeigten Hintergrund ist ein Festhalten an der geforderten generellen Bilanzneutralität des Ausgleichs somit nicht möglich. Hat sich jedoch der Nachteil definitiv in der Bilanz des Veranlassungsgeschäftsjahres niedergeschlagen, so muss der gewährte Vorteil geeignet sein, diesen Nachteil auszugleichen.72 In diesem Falle ist der entstandene Nachteil für das abhängige Unternehmen nämlich sowohl finanzieller als auch bilanzieller Natur. Für einen vollständigen Ausgleich im Sinne des § 311 AktG ist daher erforderlich, dass auch die bilanziellen Nachteile mit entsprechenden bilanziellen Vorteilen ausgeglichen werden. Dies bedeutet, dass in diesem Falle ein Vorteil auch bilanzierbar sein muss, um den bilanziellen Nachteil ausgleichen zu können. Eine Bilanzneutralität nach obiger Konzeption der herrschenden Auffassung liegt hierin jedoch nicht. Es ist nur dann notwendig, den Nachteil auch auf Bilanzebene auszugleichen, wenn sich dieser bereits im Veranlassungsgeschäftsjahr zeigt.73 Eine weitergehende Neutralisierungswirkung in jedem folgenden Geschäftsjahr ist aber nicht erforderlich. Hier muss es ausreichen, dass der Nachteil finanziell ausgeglichen wird, um das herrschende Unternehmen nicht über Gebühr zu belasten. Insgesamt ergibt sich bei der Frage der Bewertbarkeit und Bilanzierungsfähigkeit der Vorteile daher folgendes Bild: Vorteile, die nicht bewertbar sind, können den Nachteil nicht ausgleichen. Die erforderliche Bewertbarkeit sorgt in nahezu allen Fällen auch für eine Bilanzierbarkeit der Vorteile. Diese Bilanzierbarkeit ist aber nur dann auch erforderlich, wenn sich der Nachteil im Veranlassungsgeschäftsjahr auch wirklich bilanziell niedergeschlagen hat. Eine bilanzielle Neutralisierungswirkung in jedem folgenden Geschäftsjahr muss dem gewährten Vorteil jedoch nicht innewohnen. b) Die Problematik nicht quantifizierbarer Nachteile und der Ausgleich durch nicht quantifizierbare Vorteile Neben der Frage der Bilanzierbarkeit gibt es ein weiteres Spannungsfeld, das die zu gewährenden Vorteile betrifft. Wie oben schon dargestellt, lassen sich nicht quantifizierbare Nachteile schon dem Regelungszweck des Nachteilsausgleichs zufolge nicht ausgleichen.74 Zudem sind nicht bewertbare Vorteile vom Nachteilsausgleich ausgenommen.75 Nach herrschender Auffassung soll es jedoch möglich sein, einen nicht quantifizierbaren Nachteil durch einen ebenso wenig quantifi-

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Eingehend MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 350 ff. So auch BGH AG 2012, 680 (Rn. 23); Bachelin, Minderheitenschutz, S. 52; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 63. 73 So wohl auch BGH AG 2012, 680 (Rn. 23). 74 Siehe § 5 II.; zusammenfassend auch Ulmer, in: FS Hüffer, S. 1003. 75 Siehe soeben § 6 I. 2. a). 72

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zierbaren Vorteil auszugleichen.76 Voraussetzung dafür sei, dass aus ex-ante Betrachtung die Risiken und Chancen nicht einseitig zu Lasten der abhängigen Gesellschaft verschoben sind. Das bedeutet, dass der Vorteil bereits gleichzeitig mit der Nachteilszufügung gewährt werden muss. Bei näherer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Maßnahme in solchen Fällen nicht in einen Nachteil mündet, sondern vielmehr neutral ist.77 Sind jedoch die Risiken und Chancen ungleich verteilt, dann kann der nicht quantifizierbare Vorteile den Nachteil nicht ausgleichen und es liegt weiterhin wegen des nicht quantifizierbaren Nachteils eine rechtswidrige Maßnahme vor, die der abhängigen Gesellschaft einen Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG gewährt. Dies entspricht der Auffassung der herrschenden Meinung, nach der nur bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen der Nachteil durch nicht quantifizierbare Vorteile ausgeglichen werden kann. Dann fehlt es nach beiden Auffassungen an der Grundlage eines Schadenersatzanspruchs nach § 317 Abs. 1 AktG, da ein Nachteil entweder nicht vorliegt oder ausgeglichen ist. Die hier diskutierte Auffassung geht insofern nur von einem zeitlich etwas nachgelagerten Beurteilungszeitpunkt bei der Bestimmung des Nachteils aus. Stehen jedoch die gewährten (nicht quantifizierbaren) Vorteile in einem so engen zeitlichen Zusammenhang mit der veranlassten Maßnahme wie in den in diesem Rahmen diskutierten Fällen, so ist es sinnvoller davon auszugehen, dass schon kein Nachteil entstanden ist. Ähnliches wird auch für die Abgabe einer Garantie gleichzeitig zur Nachteilszufügung vertreten.78 Dies führt dazu, die Diskussion auf die wirklich bedeutsamen Punkte zu lenken.

II. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt 1. Allgemeines Nachdem für die Bewertung des Nachteils die ex-ante Sichtweise maßgeblich ist,79 stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt bei der Bewertung des Vorteils und vor allem der Vollständigkeit des Ausgleichs abzustellen ist. In Betracht kommen grundsätzlich drei Zeitpunkte: der Zeitpunkt der Veranlassung der nachteiligen Maßnahme, das Ende des Geschäftsjahres, in dem der Nachteil entstanden ist oder der Zeitpunkt der tatsächlichen Vorteilsgewährung bzw. der Einräumung des Anspruchs auf Vorteilsgewährung.80 Unproblematisch zu beantworten ist diese Frage, 76 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 340; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 134 ff.; a.A. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 42; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 52; jeweils m.w.N. 77 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 64. 78 Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 66; dazu noch ausführlich unten § 13 II. 6. und § 15 I. 79 Vgl. oben § 2 II. bzw. III. 80 Vgl. Vorauflage MüKo AktG/Kropff, § 311 AktG Rn. 229.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

wenn der Ausgleich tatsächlich erst am Geschäftsjahresende erfolgt, da dann nur auf diesen Zeitpunkt abgestellt werden kann. Problematischer wird es aber, wenn die Möglichkeit des gestreckten Ausgleichs nicht ausgenutzt wird, sondern sofort oder zumindest vor Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen wird. Hierbei wird es relevant, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist. Nähme man das Ende des Geschäftsjahres, um festzustellen, ob der Vorteil den Nachteil zur Gänze ausgeglichen hat, so müsste man auch die Spätwirkungen des Nachteils mit einbeziehen und so einen höheren Vorteil verlangen. Dies würde jedoch zu weit gehen. Das Risiko eines nach Ausgleich des veranlassten Nachteils eintretenden weiteren „Schadens“ oder Nachteils soll das herrschende Unternehmen ausgehend vom Schutzzweck nicht tragen.81 Stellt man hingegen auf den Zeitpunkt der Vorteilsgewährung ab, so ergibt sich folgendes Bild: Nachteile, die nach Veranlassung der nachteiligen Maßnahme oder des nachteiligen Rechtsgeschäfts, aber noch vor der Gewährung des Vorteils eintreten, sind bei der Frage, ob der gewährte oder aufgrund des Rechtsanspruchs zu gewährende Vorteil ausreicht, zu berücksichtigen.82 Berücksichtigungsfähig sind in diesem Sinne allerdings nur Nachteile, die aus ex-ante Sicht erkennbar waren. Erfasst wird hiervon zudem auch der sogenannte Verzögerungsnachteil, also ein Nachteil, der gerade dadurch entsteht, dass der Vorteil nicht sofort, sondern im Rahmen der Gewährung eines Rechtsanspruchs zeitlich nachgelagert gewährt wird.83 Führt die Maßnahme im Nachhinein, trotz ex-ante festgestellter Angemessenheit des Nachteilsausgleichs, zu einem Verlust bei der abhängigen Gesellschaft, so ist dieser Verlust nicht auszugleichen.84 War dieser Nachteil jedoch bereits vorab bei sorgfältiger Beurteilung erkennbar, so ist der Nachteilsausgleich entsprechend nachzubessern, um nicht die Schadenersatzpflicht nach § 317 Abs. 1, Abs. 2 AktG auszulösen. Dass der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder der Maßnahme entscheidend ist, ergibt sich ebenfalls aus der Schlusserklärung zum Abhängigkeitsbericht des Vorstands nach § 312 Abs. 3 S. 1 AktG, der erklären muss, „ob die Gesellschaft nach den Umständen, die ihm in dem Zeitpunkt bekannt waren, in dem das Rechtsgeschäft vorgenommen oder die Maßnahme getroffen oder unterlassen wurde, bei jedem Rechtsgeschäft eine angemessene Gegenleistung erhielt […]“.85

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MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 333 ff. Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 49; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 68 m.w.N.; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 91. 83 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 68. 84 Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 328 f. 85 So auch Heidel, in: FS Meilicke, S. 143 allerdings mit fehlerhaftem Zitat von § 313 Abs. 3 S. 1 AktG. 82

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2. Nachträglicher Wegfall der Nachteiligkeit und Vorteilsausgleichung a) Die herrschende Sichtweise Führen allerdings nachträgliche und nicht vorhersehbare Entwicklungen dazu, dass der Nachteil entfällt oder geringer ausfällt, so ist fraglich, ob und wie ein Nachteilsausgleich erfolgen muss. Nach einer als herrschend zu bezeichnenden Ansicht ist das herrschende Unternehmen dennoch zum Ausgleich des vormals festgestellten Nachteils verpflichtet.86 Dies ergebe sich daraus, dass der Beurteilungszeitpunkt bei der Vornahme der Maßnahme liege und nachträgliche Entwicklungen bei der Festlegung des Nachteils nicht mehr anzusetzen seien.87 b) Die Auffassung Altmeppens Nach Auffassung Altmeppens (sogenannte Kausalitätstheorie) ist jedoch in solchen Fällen ein Ausgleich nicht mehr erforderlich. Dies ergebe sich aus allgemeinen Erwägungen im Rahmen der Kausalitätslehre, insbesondere aus Gesichtspunkten des Vorteilsausgleichs.88 c) Stellungnahme aa) Genereller Einwand: Trennung von Schadenersatz und Nachteilsausgleich Problematisch an der Ansicht Altmeppens ist, dass die Vorteilsausgleichung eine Fallgruppe des Schadensrechts, genauer der haftungsausfüllenden Kausalität ist.89 Vorliegend geht es aber gerade nicht um den Ausgleich eines Schadens, sondern um den Ausgleich eines Nachteils, was begrifflich strikt zu trennen ist. Deshalb lassen sich schadensrechtliche Lösungsansätze nicht ohne weiteres übertragen. Die Anwendung der Regeln über die Vorteilsausgleichung ist aus Sicht Altmeppens insofern aber folgerichtig, als er die Rechtsnatur des Ausgleichs als Haftung für negotiorum gestio versteht.90 Diese Einordnung ist jedoch abzulehnen, da so die klare Trennung zwischen Schadenersatz und Nachteilsausgleich aufgehoben würde.91 Das zeigt sich schon an der Wortwahl Altmeppens,92 der davon spricht, dass „unerwartet günstige 86 Erstmals Kropff, DB 1967, 2147, 2151; im Anschluss daran Habersack, in: Emmerich/ Habersack, § 311 AktG Rn. 68; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 28; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 119 jeweils m.w.N. 87 So Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 28. 88 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 337. 89 Vgl. nur BGH NJW 2007, 2695, 2696; MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB Rn. 278. 90 Siehe dazu oben § 5 III. 3. 91 Siehe bereits oben § 5 III. 4. 92 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 337.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

Umstände, die den Schaden verringern oder abwenden, die Haftung ausschließen.“ Auch die Durchführung der schadensrechtlichen Vorteilsausgleichung lässt sich mit der Durchführung des Nachteilsausgleichs und der von Altmeppen geforderten Anrechnung unberücksichtigter positiver Entwicklungen nicht vergleichen.93 Wendet man die Regeln der Vorteilsausgleichung konsequent an, so ist problematisch, dass es in vielen Fällen an der Gleichartigkeit von Vorteil und Nachteil fehlen dürfte. Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung ist aber für die vorzunehmende Saldierung erforderlich, dass Vorteil und Schaden – auf den vorliegenden Fall entsprechend angewandt: Vorteil und Nachteil – gleichartig sind, anderenfalls erfolgt ein Leistungsaustausch Zug-um-Zug.94 Insbesondere im letzten Fall, also bei fehlender Gleichartigkeit von Vorteil und Nachteil, ist aber der Leistungsaustausch Zugum-Zug unbillig. Hier kann es dazu kommen, dass vom abhängigen Unternehmen ein Vorteil herauszugeben ist, der brauchbarer ist als der daraufhin gewährte Ausgleich. Dies wird an folgendem Beispiel deutlich: Das herrschende Unternehmen hat die abhängige Gesellschaft zu einer nachteiligen Maßnahme veranlasst. Im Nachhinein ergeben sich aus dieser Maßnahme ungeahnte Geschäftschancen, etwa lukrative Aufträge aufgrund unvorhersehbarer Marktentwicklung. Der vom herrschenden Unternehmen vorgenommene Ausgleich erfolgt wie vereinbart in Geld, während nach den Regeln der Vorteilsausgleichung hier die lukrativen Aufträge herauszugeben wären, da diese nicht gleichartig sind. Bei der Anrechnung ungeahnt positiver Entwicklungen soll hingegen abweichend von den Regeln der Vorteilsausgleichung der Nachteil wertmäßig verringert werden, auf eine Gleichartigkeit von Vorteil und Nachteil käme es hier also nicht an. Dies zeigt, dass die von Altmeppen geforderte Anrechnung nicht aus den Regeln der Vorteilsausgleichung folgen kann, da es nicht um Schadenersatz, sondern um Nachteilsausgleich geht. bb) Gefährdung des Schutzzwecks Auch lässt sich die alleinige Anrechnung sämtlicher ungeahnt positiver Entwicklungen nicht auf die allgemeine Kausalitätslehre stützen. Sofern man unter Zuhilfenahme der Kausalitätslehre alle nachträglichen positiven Entwicklungen berücksichtigen würde, müsste dies entsprechend auch für nachträgliche negative Entwicklungen gelten, um die abhängige Gesellschaft nicht unbillig zu belasten. Dieses Ergebnis wäre dann Folge des Schutzzwecks der §§ 311 ff. AktG. Dieser gebietet, dass die abhängige Gesellschaft nicht unbillig mit den „Risiken“ des verzögerten Nachteilsausgleichs belastet wird, wobei Vorteile bzw. geringere Nachteile grundsätzlich kein Risiko im wörtlichen Sinne darstellen, aber nach der Kausalitätstheorie den Ausgleich schmälern können. Dieses „Risiko“ des geschmälerten Ausgleichs müsste daher auf der anderen Seite dadurch ausgeglichen werden, indem auch ungeahnt nachteilige Entwicklungen in Ansatz gebracht würden. Diese Kon93 Zur Durchführung der Vorteilsausgleichung allgemein MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB Rn. 279. 94 MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB Rn. 279.

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sequenz wird aber von der Kausalitätstheorie nicht gezogen.95 So sollen zwar binnen Jahresfrist nach dem Ausgleich eintretende Nachteile anzusetzen sein, was eine „Nachschusspflicht“ des herrschenden Unternehmens nach sich ziehen würde, aber sämtlich Nachteile, die nach Ablauf der Jahresfrist eintreten, seien nicht mehr ansatzfähig.96 Abgesehen von der Tatsache, dass die Möglichkeit, binnen Jahresfrist nachträglich eintretende Nachteile mit zu berücksichtigen, den Beurteilungszeitpunkt der Nachteiligkeit einer Maßnahme unzulässig nach hinten verlagert, ist diese von Altmeppen genannte Jahresfrist aus dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zudem führt dies dazu, dass zwar sämtliche Vorteile angerechnet werden sollen, demgegenüber aber nur Nachteile in Ansatz gebracht werden können, die binnen Jahresfrist entstanden sind. Dies ist angesichts des Schutzzwecks des § 311 AktG nicht gerechtfertigt. cc) Bereicherungsrechtlicher Einwand Neben dieser Ungleichbehandlung der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Anrechnung nachträglicher Entwicklungen ist die Kausalitätstheorie auch aus anderen Gründen abzulehnen. Wendet man nämlich die Fallgruppe der Vorteilsausgleichung konsequent an, so ergibt sich in einigen Fällen ein wohl auch von der Kausalitätstheorie ungewünschtes Bild: Gesetzt den Fall, ein festgestellter Nachteil wird unterjährig voll ausgeglichen und es ergeben sich nach dem Ausgleich vorher nicht vorhersehbare Vorteile, so sind die zu viel gewährten Vorteile als Folge der Kausalitätstheorie nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen herauszugeben. Die abhängige Gesellschaft hat die gewährten Vorteile durch Leistung des herrschenden Unternehmens ohne Rechtsgrund erlangt und hat diese ungerechtfertigte Bereicherung nach § 818 Abs. 1, 2 BGB herauszugeben, sofern keine Entreicherung im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB eingetreten ist. § 814 BGB schließt die Kondiktion nicht aus, da es an der positiven Kenntnis fehlender Leistungsverpflichtung fehlt. Diese Folge der Vorteilsausgleichung kollidiert mit dem Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG, da sich dieses Ergebnis auch innerhalb eines größeren Zeitraums einstellen kann, also auch erst Jahre nach dem Ausgleich. Hierdurch würde eine riskante Geschäftspolitik des herrschenden Unternehmens gefördert, da etwaige Erfolge der veranlassten risikoreichen Maßnahme auch nach Jahren noch zu einem Rückzahlungsanspruch gegen das abhängige Unternehmen führen würden. Dies allein würde zwar noch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des abhängigen Unternehmens und damit zu einer Gefährdung der Interessen der außenstehenden Gesellschafter und Gläubiger führen, da der veranlasste Nachteil ja erst einmal ausgeglichen wurde. Zu berücksichtigen ist aber, dass die aus dem erlangten Vorteil gezogenen Nutzungen, etwa bei Vorteilsausgleich in Geld die gezogenen Zinsen, oder auch Zinsersparnisse wegen nicht erforderlicher Kreditaufnahme, 95 Vgl. nämlich zum umgekehrten Fall des nachträglich eintretenden Nachteils Müko AktG/ Altmeppen, § 311 AktG Rn. 328 ff. 96 Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 331 f.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

ebenfalls mit herauszugeben sind.97 Sind indes sämtliche nachträglichen Vorteile herauszugeben, die sich aus der veranlassten Maßnahme ergeben, steigt die Gefahr, dass das herrschende Unternehmen risikoreiche Maßnahmen veranlasst. Diese können im ungünstigsten Fall zur Insolvenz des abhängigen Unternehmens führen. Die Regeln über den Nachteilsausgleich sind allerdings gerade dazu da, das abhängige Unternehmen vor erhöhter Einflussnahme des herrschenden Unternehmens, insbesondere aber vor stark risikobehafteten Einflussnahmen zu bewahren. Als Gegenpol für die Veranlassung besteht immer die Nachteilsausgleichspflicht, die durch die Vorteilsausgleichung ausgehöhlt und so der Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger verwässert würde. Daher ist auch ausgehend vom Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG die Vorteilsausgleichung nicht anzuwenden. dd) Zwischenergebnis Bei der Beurteilung der Vorteile und damit auch der Vollständigkeit des Ausgleichs ist vielmehr auf den Zeitpunkt der Vorteilsgewährung abzustellen. Nachträgliche Entwicklungen sind damit nicht mehr zu berücksichtigen. Wendet man korrekterweise die Grundsätze der Vorteilsausgleichung nur im Rahmen des Schadenersatzes an, so bleibt der Anwendungsbereich daher auf die haftungsausfüllende Kausalität des Anspruchs aus § 317 Abs. 1 AktG begrenzt. Hiergegen könnte allerdings noch eingewandt werden, dass dann das herrschende Unternehmen bewusst den Ausgleich unterlassen könnte, um etwaige nachträgliche Vorteile im Rahmen des Schadenersatzanspruchs abziehen zu können. Allerdings besteht für das herrschende Unternehmen dann auch das Risiko, dass spätere Schäden zusätzlich zu ersetzen sind. Dieses Risiko und die Gefahr des verschleppten Ausgleichs dürften sich die Waage halten. Sollte die Gefahr des verschleppten Ausgleichs größer sein, so bleibt festzuhalten, dass dieses Risiko die Folge der Konzeption der §§ 311 ff. AktG und daher hinzunehmen ist.98 Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Vorteilsausgleichung führen aber nicht dazu, dass sich an der grundsätzlichen Schadensberechnung im Rahmen des § 317 AktG etwas ändert. Die Schadenssumme ist hier nach den allgemeinen Grundsätzen zu berechnen.99 Sie ergibt sich aus dem Schaden der wegen Nichtausgleichs des Nachteils entstanden ist.100 Hierzu zählt aber auch der nichtausgeglichene Nachteil selbst.101 Diese Form der Schadensberechnung folgt aus dem Schutzzweck des § 317 AktG, Verstöße gegen § 311 AktG zu sanktionieren.102 Für 97

Vgl. nur MüKo BGB/Schwab, § 818 BGB Rn. 87 ff. und Rn. 11 ff. Anders wohl Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 AktG Rn. 17, allerdings für den Bereich der Schadensberechnung im Rahmen des § 317 AktG. 99 Wozu auch die Fallgruppen der Vorteilsausgleichung gehören. 100 Allerdings handelt es sich nicht um eine Fallgruppe des Verzugsschadens, da auf den Ausgleich kein Anspruch besteht, bei dessen Erfüllung das herrschende Unternehmen in Verzug geraten könnte. 101 Anschaulich Beuthien, DB 1969, 1781, 1783 f. 102 Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 AktG Rn. 2. 98

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die Beantwortung der Frage, ob der gewährte Vorteil den zugefügten Nachteil ausgleichen kann, hat dies jedoch keine Bedeutung. Die Fallgruppen der Vorteilsausgleichung sind nicht hier anwendbar, sondern erst bei der Frage der Berechnung des Schadens im Sinne von § 317 AktG. 3. Ergebnis Im Ergebnis sind daher für die Feststellung, ob der Ausgleich in voller Höhe erfolgt ist, mehrere Bewertungen vorzunehmen. In einem ersten Schritt ist der Nachteil als solcher aus ex-ante-Sicht im Zeitpunkt der Veranlassung zu bestimmen. Dieser Wert stellt die Untergrenze dar, die der Vorteil mindestens erreichen muss. Nachfolgend sind die ausgleichsfähigen Vorteile zu bewerten, wobei der maßgebliche Zeitpunkt die Zeit der Leistung der Vorteile bzw. der Gewährung des Anspruchs auf Vorteilsgewährung ist. Erreichen die ausgleichsfähigen Vorteile mindestens den (negativen) Wert des festgestellten Nachteils, so ist dieser ausgeglichen und es entsteht kein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG.103 So sind nun zwar die an sich zulässigen Vorteile eingegrenzt und ist die Frage nach deren Mindesthöhe beantwortet, es bleibt aber noch zu klären, wer den konkreten Vorteil und die Art der Vorteilsgewährung bestimmen darf. Bisher ist nur der Kreis der Vorteile auf solche beschränkt, an denen das abhängige Unternehmen ein Interesse hat.

III. Art und Weise der Festlegung des Ausgleichs 1. Tatsächlicher Ausgleich Nach der Konzeption des § 311 Abs. 2 AktG fällt dem herrschenden Unternehmen die Wahl zu, auf welche Weise der Vorteil gewährt wird. Entscheidet es sich für den tatsächlichen Ausgleich, gilt es ein paar Dinge zu beachten. Wichtig ist, dass der Vorteil spätestens zum Bilanzstichtag, also dem Ende des Geschäftsjahres des abhängigen Unternehmens, dem Vermögen der abhängigen Gesellschaft zugeführt wird.104 Ausreichend ist es hierbei, wenn die veranlassten Nachteile und die gewährten Vorteile kontokorrentartig zusammengefasst werden.105 Allerdings ist es dann erforderlich, dass am Ende die Durchführung des von § 311 AktG geforderten Einzelausgleichs überprüfbar bleibt, mithin die Einzelposten als solche isoliert werden können. Sofern eine Isolierung und einzelne Ausgleichung nicht möglich, also der einzelne Nachteil nicht quantifizierbar ist, ist die veranlasste Maßnahme rechtswidrig und es entsteht ein Schadenersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft. Ergibt sich aus dem Kontokorrent ein Nachteil zu Lasten der abhängigen 103

Vgl. zum Vorstehenden Vorauflage MüKo AktG/Kropff, § 311 AktG Rn. 232. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 69 f. 105 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 346; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 128. 104

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

Gesellschaft und wird dieser tatsächlich durch quantifizierbare Vorteile ausgeglichen, so besteht keine Notwendigkeit zur Einräumung eines weiteren Rechtsanspruchs auf Ausgleich. Möglich ist auch eine Verrechnung früher gewährter Vorteile mit den veranlassten Nachteilen, sofern sich das herrschende Unternehmen diese Verrechnung bei der Vorteilsgewährung vorbehalten hat.106 Diese Verrechnung erfolgt in Form einer vertraglichen Vereinbarung. Fehlt es allerdings am tatsächlichen Ausgleich und ist dieser zum Bilanzstichtag nicht möglich, so ist der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch auf Ausgleich des Nachteils einzuräumen.107 2. Ausgleich durch Begründung eines Rechtsanspruchs a) Einleitung Die Begründung des Rechtsanspruchs ist der Ausgangspunkt der Überlegungen zur Zulässigkeit von Nachteilsausgleichsvereinbarungen.108 Zur Begründung des Rechtsanspruchs bedarf es eines Vertrages zwischen herrschender und abhängiger Gesellschaft bzw. zwischen abhängiger Gesellschaft und einem vom herrschenden Unternehmen beauftragten Dritten. Ein besonderes Schriftformerfordernis besteht nicht, bietet sich aber schon aus praktischen Gründen an.109 Der Abschluss des Vertrages hat parallel zur Gewährung des tatsächlichen Ausgleichs spätestens am Bilanzstichtag des abhängigen Unternehmens zu erfolgen, wobei die Erfüllung des Anspruchs naturgemäß auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben werden kann.110 Dieser Fälligkeitszeitpunkt muss zumindest bestimmbar sein, eine kalendermäßige Festlegung ist hingegen nicht erforderlich.111 Der Rechtsanspruch muss dem abhängigen Unternehmen bestimmte Vorteile einräumen, die allerdings nicht zwingend in eine Leistung münden müssen. Zulässig ist nach herrschender Auffassung auch eine Wahlschuld mit Auswahlrecht der abhängigen Gesellschaft. Auch der umgekehrte Fall ist wegen der Mitwirkungsmöglichkeit der abhängigen Gesellschaft im Grundsatz zulässig.112 Erforderlich ist aber immer, dass die abhängige Gesellschaft mit den versprochenen Vorteilen kalkulieren kann. Daher genügt eine Abrede, in der ein bestimmter Vorteil versprochen wird, dann den Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG nicht, wenn sich das herrschende Unternehmen vorbehält, diesen Vorteil gegen einen wertgleichen anderen Vorteil auszutauschen, ohne diesen Al-

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Statt aller Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 127. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 70; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 128. 108 Dazu sogleich § 6 III. 2. b) und zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung §§ 8 ff. 109 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 72. 110 Zu den einzelnen Abschlussmodalitäten siehe noch unten § 8 III. 111 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 131. 112 Zum Ganzen Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 132. 107

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ternativvorteil vertraglich im Wege einer Wahlschuld konkret festzuhalten.113 Besonderheiten bestehen gegenüber der tatsächlichen Vorteilsgewährung hinsichtlich der Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs. Bei der Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich ist der hinausgeschobene Ausgleich entsprechend wertmindernd zu berücksichtigen, der zu gewährende Vorteil also wertmäßig zu erhöhen.114 Bei der Gewährung eines Rechtsanspruchs ist daher ein größerer Vorteil erforderlich als beim tatsächlichen Ausgleich.115 Treten im Nachhinein Leistungsstörungen mit Bezug auf den zu gewährenden Vorteil auf, so gilt das allgemeine Leistungsstörungsrecht des BGB.116 Der Grundtypus dieses Rechtsanspruchs auf Ausgleich ist die sogenannte bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung. Die andere Form dieses Rechtsanspruchs, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, ist teilweise stark umstritten und Gegenstand näherer Untersuchung in Kapitel 3. b) Die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als Urtypus des Rechtsanspruchs auf Ausgleich aa) Grundlegendes Bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarungen stellen die grundsätzliche Form des Rechtsanspruchs im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG dar. Hierbei wird im Einvernehmen mit dem abhängigen Unternehmen ein Nachteilsausgleich für zugefügte Nachteile vereinbart. Sowohl der zugefügte Nachteil als auch der zu gewährende Vorteil werden hierbei, im Unterschied zur sogenannten unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung,117 konkret benannt und beziffert und vertraglich miteinander verbunden, sodass sich wertmäßig ein Ausgleich ergibt. Durch diese vertragliche Verknüpfung von Nachteil und Vorteil entfällt jedoch nicht schon der Nachteil als solcher, sondern es findet lediglich der in § 311 AktG vorgeschriebene Ausgleich statt. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn noch vor oder zumindest gleichzeitig mit Nachteilszufügung eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wird, die dem abhängigen Unternehmen einen Ausgleich zusichert.118 Die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung verschafft dem abhängigen Unternehmen als Gegenpol zum verzögerten Ausgleich in natura ein Höchstmaß an Planungssicherheit, da der zu gewährende Vorteil oder sein in Form einer Wahlschuld festgelegtes Äquivalent und der Leistungszeitpunkt schon mit Vertragsschluss feststehen. Zudem ist der Rechtsanspruch bilanzierungsfähig und sorgt so bereits mit Abschluss der 113

Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 74. Förschle/Kropp, in: Beck Bil.-Komm., § 289 HGB Rn. 166. 115 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 73. 116 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 76. 117 Dazu unten §§ 8 ff. 118 Vgl. Förschle/Heinz, in: Beck Bil.-Komm. Neuaufl., § 289 HGB Rn. 325; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 66; ausführlicher zu dieser Problematik sogleich § 6 III. 2. b) bb). 114

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Vereinbarung für eine ausgeglichene Bilanz, sofern der Ausgleich angemessen ist.119 Auch für das herrschende Unternehmen ist die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung vorteilhaft, da die Vorteilsgewährung zwar zu einem festgelegten Zeitpunkt, aber eben später erfolgt und so den wirtschaftlichen Handlungsspielraum des herrschenden Unternehmens um diesen Zeitraum bis zur tatsächlichen Vorteilsgewährung im Sinne der Erfüllung des Rechtsanspruchs erweitert. Somit ist diese Form der Vereinbarung für beide Seiten je nach der konkreten Situation mehr oder weniger interessant.120 bb) Problemfelder Die bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen sind zwar rechtlich, nicht aber in der praktischen Anwendung unproblematisch. Zunächst einmal ist der Spielraum einer solchen Vereinbarung äußerst gering, da der Ausgleich von Nachteil und Vorteil vollständig erfolgen muss. Der zu gewährende Vorteil muss also wertmäßig den veranlassten Nachteil aufwiegen.121 Lediglich hinsichtlich der jeweiligen Bewertung von Vorteilen und Nachteilen bleiben gewisse Bewertungsspielräume. So ist etwa die Bewertung von Vorteilen, die keine Barleistungen enthalten, entweder rein ökonomisch oder unter zusätzlicher Heranziehung bilanzrechtlicher Erwägungen, wie dem Vorsichtsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB,122 durchführbar. Eine besondere Bindung an die eine oder andere Bewertungsform besteht nicht. Allerdings hat die Bewertung des Vorteils nach den gleichen Maßstäben wie die Bewertung des Nachteils zu erfolgen.123 Wie bereits erläutert, ist die Bestimmung des Nachteils selbst in einfach gelagerten Fällen nicht immer eindeutig, da sie einer Prognose unterliegt.124 Die genannten Spielräume sind jedoch nahezu vollständig gerichtlich überprüfbar.125 Ausschlaggebend für eine solche gerichtliche Kontrolle ist die Frage, ob die der Prognose zugrundegelegten Tatsachen ausreichend waren.126 Somit wird nicht nur das Ergebnis der Prognose kontrolliert, sondern auch die Basis der Ermittlung des Ergebnisses. Die Unsicherheiten einer Prognose werden nach ganz herrschender Auffassung durch einen nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum abgemildert.127 Dennoch sieht sich der Vorstand des herrschenden Unterneh119

Der Anspruch ist nach § 246 Abs. 1 HGB sogar aktivierungspflichtig; vgl. nur Förschle/ Kropp, in: Beck Bil.-Komm., § 289 HGB Rn. 166. 120 Dazu auch noch unten § 9. 121 Vgl. hierzu bereits oben § 5. 122 Vgl. hierzu Winkeljohann/Büssow, in: Beck Bil.-Komm., § 252 HGB Rn. 29 f. 123 Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.402. 124 Vgl. schon oben § 3; allgemein zur Problematik von Prognosen im Gesellschaftsrecht vgl. Spindler, AG 2006, 677 passim. 125 Zur Frage, ob dennoch ein nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum verbleibt, sogleich. 126 Vgl. Spindler, AG 2006, 677, 685, 687. 127 Statt aller Spindler, AG 2006, 677, 678.

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mens der Gefahr einer Fehlbewertung des Nachteils ausgesetzt, da die tatsächliche Feststellung des Nachteils wie des Vorteils nicht unproblematisch ist. Geht man jedoch richtigerweise von der Bestimmung des Nachteilsbegriffs allein nach Maßgabe des § 311 AktG aus, so ist die Gefahr einer Fehlbewertung zumindest um die Feststellung der Pflichtverletzung verringert.128 Es ist daher anhand des § 311 AktG zu untersuchen, ob die Bewertung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage erfolgte, ein geeignetes Bewertungsverfahren ausgewählt wurde und ob die darauf beruhende Entscheidung objektiv nachvollziehbar war.129 Doch auch hierbei verbleiben große Risiken für das herrschende Unternehmen bei der Nachteilsfeststellung, etwa wenn sich der Nachteil erst zu einem späteren Zeitpunkt genauer abschätzen lässt.130 Dies wird an folgendem Beispiel deutlich: Das herrschende Unternehmen veranlasst den Vorstand der abhängigen Gesellschaft ein neues Marktsegment zu erschließen, das zuvor konzernweit noch nicht abgedeckt wurde.131 Diese Markterschließung ist abgesehen von den Forschungskosten und Einrichtungskosten von Produktionsstätten sowie Werbekosten nicht vollständig planbar, da innerhalb des Konzerns hierzu keine Vergleichswerte bestehen, und daher sind auch die entstehenden Nachteile nicht sofort feststellbar. Sollte es sich um ein gänzlich neues Marktsegment handeln, so gibt es nicht einmal externe Informationsquellen anhand derer sich die Nachteiligkeit beziffern ließe. Erst die spätere Entwicklung wird zeigen, was an Nachteilen oder sogar Vorteilen auf das abhängige Unternehmen zukommt. Der Vorstand des herrschenden Unternehmens hat aber nur bis Ende des Geschäftsjahres @ also im günstigsten Fall ein knappes Jahr @ Zeit, die Entwicklung zu beobachten und so die aus der veranlassten Maßnahme entstandenen Nachteile abzuschätzen. Reicht diese Zeit hierfür nicht aus, ist es die Pflicht des Vorstands des herrschenden Unternehmens, den Nachteil dennoch festzulegen, um den Nachteilsausgleich angemessen zu gestalten. Diese Festlegung des Nachteils erfolgt dann allein anhand einer (unsicheren) Prognose der zukünftigen Entwicklungen. Gleichzeitig muss der Vorstand des abhängigen Unternehmens gemäß § 312 Abs. 1, Abs. 3 AktG die veranlasste Maßnahme und die daraus entstandenen Nachteile sowie die Art und Weise des Ausgleichs und dessen Vollständigkeit im Abhängigkeitsbericht aufführen. Auch hierfür sind Prognosen erforderlich, sofern sich der Nachteil nicht ausnahmsweise schon in der Bilanz niedergeschlagen hat. Insgesamt besteht somit ein hohes Risiko der Fehlkalkulation. Für den Vorstand und das herrschende Unternehmen entstehen hierdurch teilweise hohe Haftungsrisiken.132 Zu beachten ist allerdings, dass mit Prognosen auch immer ein gerichtlich nicht über128

Vgl. oben § 2 IV. sowie § 4. So im Ergebnis wohl auch Spindler, AG 2006, 677, 687; allerdings unter Bezugnahme auf die herrschende Auffassung bei der Bestimmung des Nachteils. 130 Dazu ausführlich unten § 10. 131 Zu diesem als Pionierarbeit betitelten Anwendungsfall der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung siehe noch unten § 10 III. 1. 132 Hierzu auch unten § 9. 129

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prüfbarer Beurteilungsspielraum einhergeht.133 Hierin liegt auch kein Widerspruch zur Bestimmung des Nachteils allein nach Maßgabe des § 311 AktG, da nicht die Sorgfalt eines unabhängigen Geschäftsleiters bei der Bestimmung der Nachteiligkeit herangezogen wird, sondern der Vorstand der herrschenden Gesellschaft nur seiner eigenen Sorgfalt im Sinne des § 76 AktG unterworfen ist. Bei der Nachprüfung besteht indes die Gefahr der rückschauenden Beurteilung bei gleichzeitiger Beachtung der tatsächlichen Entwicklung.134 Daraus folgt zunächst die Bindung an die ex-ante Betrachtungsweise.135 Weiterhin ergibt sich daraus eben jener Beurteilungsspielraum, um eine „Haftung für falsche Hellseherei“ zu vermeiden.136 Sind die Nachteile tatsächlich derzeit nicht bewertbar, so hilft allerdings auch der Beurteilungsspielraum nicht weiter. Für den Einsatz einer bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist aber ein bewerteter Nachteil erforderlich. So bleibt in diesen Fällen entweder die Schadenersatzfolge des § 317 Abs. 1 AktG wegen unausgeglichenen Nachteils oder der Einsatz einer anderen Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung.137 cc) Fazit Die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als Grundform des Rechtsanspruchs auf Ausgleich ist zumindest aus rechtlicher Sicht unproblematisch. Schwierigkeiten ergeben sich hauptsächlich im Bereich der Wertermittlung von Vorteilen und Nachteilen und den mit einer Fehlbewertung verbundenen Haftungsrisiken für den Vorstand. Dies führt aus wirtschaftlicher Sicht zu einem entscheidenden Nachteil der bezifferten Vereinbarung. Allerdings ist bei dieser Argumentation zumindest im Hinterkopf zu behalten, dass das Gesetz dem Vorstand eine eigenverantwortliche Unternehmensleitung auferlegt, die auch mit Bewertungsrisiken und einer aus Fehlentscheidungen resultierenden Haftung verbunden ist. Durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wird dagegen versucht, die Haftungsrisiken zu minimieren. Während nach dem Grundgedanken einer bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung einer aufwendigen Bewertung des Nachteils auch dessen vertragliche Festsetzung folgt, fehlt diese Festsetzung bei der unbezifferten Vereinbarung. Dieser Unterschied wird daher Auswirkungen sowohl auf die Zulässigkeit138 als auch auf den Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung haben.139 Sollte sich bei der unten folgenden Prüfung aber 133 Nach der Auffassung Spindlers ist dieser Beurteilungsspielraum sogar zwingend, vgl. Spindler, AG 2006, 677, 678 li. Sp. 134 Sogenannte hindsight bias; vgl. Spindler, AG 2006, 677, 678 m.w.N. in Fn. 2. 135 Spindler, a.a.O.; dazu auch oben § 3 und § 6 II. 136 Spindler, a.a.O. 137 Hier soll nach Auffassung der Befürworter der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung deren Hauptanwendungsbereich liegen. 138 Dazu ebenfalls § 13. 139 Zum Anwendungsbereich vgl. unten § 10.

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herausstellen, dass eine unbezifferte Vereinbarung gegen geltendes Recht verstößt und daher unwirksam ist, so ist die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung trotz ihrer Probleme zunächst die einzig zulässige Form der Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich. Zuvor sind aber noch weitere Voraussetzungen für den Rechtsanspruch auf Ausgleich, insbesondere die Frage, wer den Inhalt des Anspruchs bestimmen darf, zu klären. 3. Einseitige Bestimmung durch das herrschende Unternehmen oder einvernehmliche Festlegung? Das abhängige Unternehmen hat bei dieser Frage eine denkbar schwache Ausgangsposition, denn trotz der Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme hat es keinen gerichtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Ausgleich aus § 311 AktG.140 Ein solcher Anspruch besteht nur als Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG, wenn der Ausgleich nicht oder nicht rechtzeitig erfolgt. Der Anspruch auf Ausgleich entsteht erst durch die Gewährung im Rahmen des § 311 Abs. 2 AktG. Fraglich und höchst umstritten ist, ob das herrschende Unternehmen bei der Bestimmung der Art und Höhe des Ausgleichs der zwingenden Mitwirkung des abhängigen Unternehmens bedarf oder ob eine einseitige Festlegung durch das herrschende Unternehmen möglich ist.141 Nach herrschender Auffassung ist es dem herrschenden Unternehmen gestattet, die Art und Weise des Ausgleichs einseitig zu bestimmen.142 Das Einvernehmen mit der abhängigen Gesellschaft ergebe sich weder aus rechtlichen noch aus sachlichen Gründen und sei wegen der Privilegierungsfunktion der §§ 311 ff. AktG abzulehnen.143 Nach anderer Auffassung ist jedoch die einvernehmliche Festlegung von Art und Weise des Ausgleichs den §§ 311 ff. AktG immanent und diese Form der Festlegung somit zwingend.144 Nach einer vermittelnden Ansicht ist es dem herrschenden Unternehmen zu gestatten, die Höhe des Ausgleichs einseitig zu bestimmen, während es bei der Art der zu gewährenden Vorteile im Einvernehmen mit der abhängigen Gesellschaft handeln muss.145 Letztere Auffassung verdient den Vorzug. Zwar ist anzuerkennen, dass bei einseitiger Bestimmungsmöglichkeit des herrschenden Unternehmens die Konzernleitung wesentlich erleichtert würde und auch der Wortlaut nach Auffassung vieler eher für ein einseitiges Bestimmungsrecht spricht.146 Gegen die herrschende Auf140

Allg. Meinung; vgl. nur Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. Ausführlich hierzu MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 358 ff. 142 Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 53; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 41; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 56; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 90. 143 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 71; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 41. 144 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 359 ff. m.w.N.; Walchner, in: Heidel, § 311 AktG Rn. 43. 145 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 123 ff. 146 Statt aller Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 123. 141

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fassung ist allerdings einzuwenden, dass die Privilegierungsfunktion der §§ 311 ff. AktG ein solches von der herrschenden Auffassung unterstelltes Ausmaß nicht per se besitzt und eine Erweiterung der Privilegierung des herrschenden Unternehmens den Schutz der Außenseiter über Gebühr beeinträchtigt, da auch die Brauchbarkeit des Vorteils Voraussetzung eines erfolgreichen Nachteilsausgleichs ist.147 Die für die Feststellung des vollständigen Ausgleichs erforderliche Brauchbarkeit des Vorteils für die abhängige Gesellschaft148 kann nur von deren Vorstand bewertet werden.149 Dieser Umstand wird von der herrschenden Auffassung jedoch nicht in entsprechender Art gewürdigt, da sie, trotz dieser ebenfalls geteilten Erkenntnis,150 die objektive Brauchbarkeit für maßgeblich erachtet.151 Deshalb ist schon vom Schutzzweck des § 311 AktG eine einseitige Bestimmungsmöglichkeit des herrschenden Unternehmens abzulehnen. Zudem lässt der Wortlaut des § 311 AktG nicht, wie meist behauptet,152 zwingend nur den Schluss zu, dass dem herrschenden Unternehmen ein Bestimmungsrecht zukommt. Das Gesetz spricht in § 311 Abs. 1, 2 AktG von der Nachteilsausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens, nicht jedoch von einem Recht der Wahl des zu gewährenden Vorteils. Vielmehr lässt sich der Gesamtschau der Absätze 1 und 2 des § 311 AktG entnehmen, dass ein solches Wahlrecht nicht besteht, da in § 311 Abs. 2 AktG nur die Wahl der Form des Ausgleichs (also die Wahl zwischen tatsächlichem Ausgleich und Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich) dem herrschenden Unternehmen zugesprochen wird. Satz 2 des § 311 Abs. 2 AktG mag zwar dazu verleiten, ein Bestimmungsrecht des herrschenden Unternehmens in Satz 1 zu erblicken, da auf die bestimmten Vorteile ein Rechtsanspruch zu gewähren ist.153 Dass hieraus ein Bestimmungsrecht des herrschenden Unternehmens folgen soll, ist aber keinesfalls zwingend. Satz 2 enthält mit dem Hinweis auf die bestimmten Vorteile wiederum lediglich den Hinweis darauf, dass nur konkrete Vorteile Inhalt des zu gewährenden Rechtsanspruchs sein dürfen. Einen zwingenden Schluss ließe der Wortlaut bloß zu, wenn er wie folgt lauten würde: „Ist der Ausgleich nicht während des Geschäftsjahrs tatsächlich erfolgt, so muß durch das herrschende Unternehmen (…) bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll.“ Da der Zusatz „durch das herrschende Unternehmen“ aber fehlt, enthält der Wortlaut nicht zwingend ein einseitiges Bestimmungsrecht. Er ließe sich ebenso in die andere Richtung interpretieren, dass zusammen mit der abhängigen Gesellschaft die zu gewährenden Vorteile bestimmt werden müssen. Im 147

Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 361. Siehe oben § 6 I. 1. 149 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 124. 150 Statt aller Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 56. 151 Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 41. 152 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 123. 153 Wahrscheinlich mit diesem Hintergedanken formuliert Koppensteiner, dass der Wortlaut wohl eher der herrschenden Auffassung entspräche, vgl. Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 123. 148

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Zusammenspiel mit den obigen Schutzzweckerwägungen deutet der Wortlaut eher auf eine einvernehmliche Festlegung gemeinsam mit dem abhängigen Unternehmen hin. Eine Einigung über die Höhe des zu gewährenden Vorteils ist aber angesichts der bei zu geringer Höhe drohenden Schadenersatzpflicht nach § 317 Abs. 1 AktG nicht erforderlich. Die Höhe des zu gewährenden Vorteils wird durch die Höhe des Nachteils festgelegt und obliegt daher allein dem herrschenden Unternehmen.154 Die Frage, ob die Wahl der Vorteile einseitig dem herrschenden Unternehmen obliegt, ist zwar praktisch bisher nicht relevant geworden,155 aber für den zulässigen Inhalt von Nachteilsausgleichsvereinbarungen von Bedeutung. Dieser zulässige Inhalt hängt auch davon ab, ob das abhängige Unternehmen bei der Gestaltung ein Mitspracherecht hat oder nicht. Das hier gefundene Ergebnis der einvernehmlichen Wahl der Art des zu gewährenden Vorteils hat daher Auswirkungen auf den zulässigen Inhalt und wird deshalb an anderer Stelle noch einmal aufgegriffen.156 Damit sind sowohl Inhalt als auch Grenzen des Nachteilsausgleichs bestimmt. Zuletzt ist aber noch ein Blick auf die Durchsetzungshindernisse beim Ausgleich zu werfen, bevor sich den verschiedenen Problemen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zugewandt werden kann. Die Durchsetzung des gewährten Nachteilsausgleichsanspruchs ist entweder bei Verzicht oder Verjährung gehindert. Zunächst soll diejenige Variante untersucht werden, bei der das abhängige Unternehmen durch eine positive Erklärung selbst die Durchsetzung des Anspruchs verhindert.

IV. Verzicht auf den Nachteilsausgleich 1. Möglichkeiten des Verzichts auf den Nachteilsausgleich a) Generelle Möglichkeiten Der Nachteilsausgleich erfolgt entweder durch tatsächliche Gewährung eines Vorteils oder durch Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich. Prinzipiell könnte das abhängige Unternehmen auf beide Formen des Nachteilsausgleichs verzichten. Dies lässt sich aus der Möglichkeit der §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 3 AktG schließen, auf Schadenersatzansprüche zu verzichten. Wenn es dem abhängigen Unternehmen möglich ist, auf einen Schadenersatzanspruch zu verzichten, muss dies auch für die vorgelagerte, den Anspruch ausschließende Nachteilsausgleichsver-

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Ebenso Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 125; a.A. Ziemons, in: Nirk/ Ziemons/Binnewies, § 311 AktG, Rn. 12.401. 155 So MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 363. 156 Zum zulässigen Inhalt von Nachteilsausgleichsvereinbarungen siehe sogleich § 6 IV. und V. und § 15 V. 4.

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

einbarung gelten.157 Zusätzlich ergibt sich diese Verzichtsmöglichkeit aus der allgemeinen Regelung des § 397 BGB, die grundsätzlich auf sämtliche privatrechtlichen Ansprüche anwendbar ist. Beim tatsächlichen Ausgleich ist ein Verzicht etwa durch Verweigerung der Annahme des Vorteils denkbar, mit gleichzeitiger Erklärung, dass auf einen weiteren Ausgleich verzichtet werde. Das herrschende Unternehmen hätte in diesem Falle die sich aus § 311 AktG ergebenden Verpflichtungen erfüllt ohne z. B. auf die Möglichkeit der Hinterlegung zurückgreifen oder den Vorteil erneut andienen zu müssen. Eine Schadenersatzverpflichtung aus § 317 Abs. 2 AktG scheiterte spätestens am vollständigen Mitverschulden des abhängigen Unternehmens an der Schadensentstehung im Sinne des § 254 BGB. Bei der Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich sind die Möglichkeiten eines Verzichts hingegen weitaus vielfältiger. So besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Verzichtserklärung nach § 397 BGB oder im Gerichtsverfahren nach § 306 ZPO. Des Weiteren kann das abhängige Unternehmen in eine GmbH umgewandelt und sodann angewiesen werden, auf den Anspruch zu verzichten. Diese Umwandlung ließe sich möglicherweise sogar schon in der Nachteilsausgleichsvereinbarung vorab bestimmen. b) Problemstellung Bevor die Zulässigkeit eines Verzichts untersucht werden kann, soll zunächst noch einmal das eigentliche Problem verdeutlicht werden. Dabei ist es hilfreich, die Folgen eines vom herrschenden Unternehmen veranlassten Verzichts näher zu betrachten. Eine entsprechende Veranlassung könnte entweder durch eine direkte Weisung oder eine rein auf faktischen Verhältnissen beruhende Veranlassung erfolgen. Eine direkte Weisungsmöglichkeit hinsichtlich eines Verzichts besteht nur, wenn das abhängige Unternehmen in der Rechtsform der GmbH auftritt. Sonst bestünde lediglich aufgrund der faktischen Verhältnisse eine Möglichkeit zur Veranlassung des Verzichts. Diese Veranlassung stellt aber eine erneute Nachteilszufügung dar und ist nach § 311 AktG auszugleichen. Der auszugleichende Nachteil ist in Höhe des vormals bestehenden Anspruchs zu bewerten. Der zu gewährende Vorteil muss diesmal jedoch höher ausfallen, da die Zeitspanne von der Veranlassung bis hin zum Ausgleich einzupreisen ist.158 Das oben genannte Verzichtsbeispiel der Umwandlung in eine GmbH mit entsprechender Weisung ist daher zunächst nicht geeignet, den Verzicht endgültig werden zu lassen und den Ausgleich damit auszuschließen. Einen Vorteil hätte diese Vorgehensweise allerdings: Die Verpflichtung zum Ausgleich kann so in die Länge gezogen werden. Wenn das herrschende Unternehmen einen Anspruch auf Ausgleich gewährt und dann das abhängige Unternehmen zum Verzicht veranlasst, erfolgt diese Nachteilszufügung später und setzt so eine neue Frist nach § 311 Abs. 2 AktG in Gang. Dieses Vorgehen ließe sich weit157 Vgl. etwa Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG, Rn. 12.415; so bereits Leo, AG 1965, 352, 356. 158 Zur Bewertung des Vorteils oben § 6 I. 1. und § 6 III. 2.

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gehend unendlich wiederholen. Dies führte dazu, dass das abhängige Unternehmen immer nur einen Anspruch auf Ausgleich bekäme, diesen aber effektiv nicht durchsetzen könnte. Andererseits steigt die Höhe des zu gewährenden Vorteils mit jeder erneuten Veranlassung des Verzichts weiter an. Diesem Vorgehen ist mit Blick auf die gesetzliche Regelung des § 311 AktG zunächst nichts entgegenzusetzen, da die Art der veranlassten nachteiligen Maßnahme nicht ausschlaggebend ist. Einschränkungen des Verzichts, etwa zeitlicher Natur, nennt das Gesetz nicht. Möglicherweise folgt aber aus dem Schutzzweck des § 311 AktG etwas anderes. Vordergründig ist die finanzielle Situation des abhängigen Unternehmens nicht schlechter als bei isolierter Einzelveranlassung. Betrachtet man dieses Geschehen jedoch über einen längeren Zeitraum, so wird klar, dass der – auch bilanzierte – Anspruch auf Ausgleich nahezu wertlos ist, da der veranlasste Verzicht absehbar ist. Diese Vorgehensweise kann daher aus Sicht der Minderheitsaktionäre nicht befriedigend sein. Eine Lösung für dieses Problem bietet das Gesetz aber nicht direkt. Bei anderen Ersatzansprüchen wird der Verzicht eingeschränkt, wenn ein bestimmtes Quorum von Aktionären dem Verzicht widerspricht159 oder sämtliche außenstehenden Aktionäre nicht zustimmen.160 Eine solche Regelung existiert beim faktischen Konzern hingegen nicht. Aus Sicht der Minderheitsaktionäre wäre eine solche Regelung aber wünschenswert, da sie so indirekt die Möglichkeit bekommen, den Ausgleich auch tatsächlich durchzusetzen. c) Analoge Anwendung des § 309 Abs. 3 AktG bzw. des § 302 Abs. 3 AktG? Fraglich ist, ob sämtliche dargestellten Möglichkeiten des Verzichts bei der Sondersituation des Nachteilsausgleichs im faktischen Konzern auch zulässig sind. Wie oben schon angesprochen, gibt es mit §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 3 AktG eine Regelung für den Verzicht auf den Schadenersatzanspruch. Für den Ausgleichsanspruch existiert im Vertragskonzern eine ähnliche Regelung in § 302 Abs. 3 AktG. Die in § 309 Abs. 3 AktG enthaltenen Restriktionen könnten auf den Verzicht des Ausgleichs analog anzuwenden sein. Hierfür spräche ein so erreichtes vergleichbares Schutzniveau zwischen Schadenersatz und Nachteilsausgleichsvereinbarung. Dagegen sprechen die grundlegenden Unterschiede zwischen Nachteilsausgleich und Schadenersatz. Ebenso besteht die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG. Die Argumente für eine solche Anwendung sind die gleichen wie bei § 309 Abs. 3 AktG, dagegen spricht der große Unterschied zwischen faktischem Konzern und Vertragskonzern.161 Wegen dieser Unterschiede ist eine genaue Betrachtung der Voraussetzungen einer Analogie erforderlich. Hierfür bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Mangels 159 Vgl. hierfür etwa § 50 S. 1 HS 2 AktG, § 93 Abs. 4 S. 3 HS 2 AktG, § 302 Abs. 3 S. 3 HS 2 AktG, § 309 Abs. 3 S. 1 AktG. 160 Für Letzteres vgl. z. B. § 302 Abs. 3 S. 3 HS 1 AktG. 161 Siehe hierzu noch unten § 13 I. 2. d).

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Regelung über den Verzicht auf den Anspruch auf Ausgleich besteht offensichtlich eine Regelungslücke. Fraglich ist jedoch, ob diese planwidrig ist. Der Gesetzgeber des AktG von 1965 hatte an verschiedenen Stellen des AktG Verzichtsmöglichkeiten vorgesehen und in den Materialien konsequent auf die sonstigen bestehenden Verzichtsmöglichkeiten hingewiesen, wenn in einer Vorschrift vom Verzicht auf Ersatzansprüche die Rede war.162 Es zeigt sich, dass der Gesetzgeber eine klare Vorstellung der zu regelnden Verzichtsmöglichkeiten für Ersatzansprüche hatte. Insbesondere in der zu § 311 AktG parallelen Ausgleichsnorm im Recht des Vertragskonzerns, § 302 Abs. 3 AktG, ist ein Verzicht geregelt. In der Begründung zu § 291 AktG RegE163 wird auf die Begründungen zum Verzicht auf Ersatzansprüche verwiesen.164 Durch diese bewussten Regelungen und Verweisungen auf parallele Verzichtsmöglichkeiten wird deutlich, dass eine Regelung des Verzichts im Rahmen des faktischen Konzerns nicht angedacht war. Es liegt somit keine planwidrige Regelungslücke vor. Daher ist die Einschränkung des § 309 Abs. 3 AktG nicht auf den Nachteilsausgleich übertragbar.165 Dies gilt parallel für eine analoge Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG. Daher bestehen zunächst keinerlei gesetzliche Beschränkungen eines Verzichts auf den Nachteilsausgleich. d) Einschränkung des Verzichts mithilfe eines allgemeinen Rechtsgedankens? aa) Ermittlung eines allgemeinen Rechtsgedankens Möglicherweise verkörpern indes die oben genannten Normen einen allgemeinen Rechtsgedanken des Aktienrechts, der auf die Situation im faktischen Konzern ebenfalls anwendbar ist. Voraussetzung eines allgemeinen Rechtsgedankens ist, dass erstens mehrere Vorschriften einen gemeinsamen Grundgedanken besitzen, der sich zweitens auch auf den hier genannten Fall übertragen lässt.166 Auf den Fall angewandt bedeutete dies: 1. Das AktG sieht für bestimmte Ersatzansprüche und Ausgleichsansprüche eine Einschränkung der Verzichtsmöglichkeit vor, 2. alle Ersatzansprüche und Ausgleichsansprüche betreffen ähnliche Fallkonstellationen, 3. die genannten Ansprüche betreffen Rechtsverhältnisse, die in Rechtspositionen einer Minderheit oder eines abhängigen Rechtssubjekts eingreifen, 4. die Verzichtseinschränkung folgt aus dieser Einordnung des jeweiligen Rechtsverhältnisses und 5. die Verzichtseinschränkung lässt sich grundsätzlich auf ähnliche Rechtsverhält162 Vgl. etwa die Begründung zu § 298 AktG RegE, BT-Drs. 3/1915, S. 227 mit Verweis auf die Begründung zu § 291 Abs. 3 AktG RegE, BT-Drs. 3/1915, S. 223 mit Verweis etwa auf die Begründung zu § 47 AktG RegE, BT-Drs. 3/1915, S. 111 f. 163 § 291 AktG RegE entspricht § 302 Abs. 3 AktG. 164 Vgl. BT-Drs. 3/1915, S. 223. 165 A.A. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG, Rn. 12.415. 166 Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 892; Wank, Gesetzesauslegung, S. 102, in der 5. Auflage (2011) nur noch angedeutet; kritisch zur induktiven Methode bei der Verallgemeinerung Aarnio, Denkweisen, S. 201 ff.

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nisse anwenden.167 Zusätzlich muss 6. der Fall eines Verzichts auf den Nachteilsausgleich den oben genannten Rechtsverhältnissen ähnlich sein, um eine Übertragung des gefundenen allgemeinen Rechtsgedankens zu rechtfertigen. Sind diese sechs Voraussetzungen erfüllt, kann induktiv auf einen allgemeinen Rechtsgedanken geschlossen werden, der sich deduktiv auf den Verzicht auf den Nachteilsausgleich anwenden lässt.168 Daher ist eine eingehende Untersuchung der Voraussetzungen eines allgemeinen Rechtsgedankens und seiner Übertragung erforderlich. Die oben genannten Vorschriften behandeln den ähnlichen Fall, dass es einer Minderheit vorbehalten sein kann über den Verzicht hinsichtlich eines Ersatzanspruchs oder Ausgleichsanspruchs zu entscheiden. Dieser Vorbehalt zeigt sich entweder durch Zustimmungs- oder Widerspruchsbefugnisse. Die genannten Fallgruppen umfassen alle Rechtsverhältnisse, die in die Rechtsposition des abhängigen Unternehmens oder generell des Unternehmens zu Lasten einer Minderheit oder des Unternehmens selbst eingreifen. Die Einschränkung des Verzichts soll die Machtposition der Minderheit wieder stärken. Diese Einschränkung ließe sich auch grundsätzlich auf das @ diesen Situationen ähnliche @ Rechtsverhältnis des Verzichts über den Nachteilsausgleich anwenden. Auch ist der Verzicht auf den Nachteilsausgleich im faktischen Konzern prinzipiell mit den genannten Situationen vergleichbar. Eine hohe Ähnlichkeit zeigt sich bei der Situation im Vertragskonzern, wo es ebenfalls der Minderheit ermöglicht wird, den Verzicht zu unterbinden. bb) Kein Schluss a maiore ad minus möglich In diesem Zusammenhang ließe sich bei der Einschränkung des Verzichts sogar an einen Schluss a maiore ad minus denken. Immerhin bestimmen die Aktionäre schon bei der Eingehung des Vertragskonzerns mit und erhalten darüber hinaus die Möglichkeit, den Verzicht zu unterbinden. Dies könnte erst recht für den @ mit weitaus geringeren Einstiegsvoraussetzungen versehenen @ faktischen Konzern gelten. Hierin liegt aber kein logischer Schluss. Der Schluss a maiore ad minus erfordert eine auf den ersten (größeren) Fall bezogene wahre Aussage als Ausgangspunkt und ein zwischen beiden Fällen bestehendes abwärts gerichtetes Stufenverhältnis.169 Aufgrund dieses Stufenverhältnisses ist der Schluss erst logisch. Fehlt es am Stufenverhältnis oder ist es nicht systemübergreifend, so ist der Schluss nicht möglich. Zwar ließe sich in einigen Bereichen ein Stufenverhältnis zwischen Vertragskonzern und faktischem Konzern begründen, etwa was die Einflussmöglichkeiten des herrschenden Unternehmens anbelangt. Aber es gibt auch Teilbereiche, in denen gerade keine Abstufung zwischen Vertragskonzern und faktischem 167 Die Voraussetzungen sind an Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 384 angelehnt. 168 Anschaulich Aarnio, Denkweisen, S. 201, zum deduktiven Ergebnis aber kritisch S. 204 f. 169 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 389; Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 897 f.

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Konzern vorliegt. So lässt sich eine Abstufung insbesondere bei der Form des Schutzes nicht erkennen. Schutzgrund beim Vertragskonzern ist die Eingehung des Vertrages selbst und damit der Verlust der Eigenständigkeit des abhängigen Unternehmens.170 Beim faktischen Konzern ist jede Einzelmaßnahme der Grund des Schutzes.171 Zwar liegt bei jeder Einzelmaßnahme auch ein partieller Verlust der Eigenständigkeit vor, da die Entscheidung nicht mehr autonom getroffen wird. Der Unterschied ist aber dennoch beträchtlich, da von einer fremdbestimmten Leitung im faktischen Konzern nicht die Rede sein kann. Der Vorstand des abhängigen Unternehmens handelt weiterhin nach § 76 AktG eigenverantwortlich. Eine generelle Übernahme der Leitungsmacht fehlt gerade beim faktischen Konzern.172 Ein Stufenverhältnis nach obigen Ausführungen bestünde daher nur dann, wenn der Schutzgrund derselbe, die Intensität aber eine andere wäre. Zwischen dem Schutz vor Einzelmaßnahmen und dem Schutz bei Eingehung des Vertragskonzerns besteht indes keine Identität. Vielmehr handelt es sich bei Vertragskonzern und faktischem Konzern um zwei gänzlich unterschiedliche Regelungssysteme.173 Daher lässt sich nicht durch einen logischen Schluss die Einschränkung des Verzichts auf den Ausgleich auf die Situationen des Nachteilsausgleichs im faktischen Konzern übertragen. cc) Anwendung des allgemeinen Rechtsgedankens Es bleibt daher nur die Möglichkeit der Übertragung eines allgemeinen Rechtsgedankens. Anhand obiger Untersuchungsergebnisse enthalten die aktienrechtlichen Normen über die Einschränkung des Verzichts einen allgemeinen Rechtsgedanken, der sich auf den Verzicht auf den Nachteilsausgleich übertragen lässt. Daher ist infolge einer Gesamtanalogie zu den Vorschriften der § 50 S. 1 AktG, § 93 Abs. 4 S. 3 AktG, § 302 Abs. 3 S. 3 AktG, § 309 Abs. 3 S. 1 AktG der Verzicht auf den Nachteilsausgleich einzuschränken. Es besteht somit für die Minderheitsaktionäre die Möglichkeit, dem Verzicht zu widersprechen, sofern sie ein entsprechendes Quorum erreichen. Fraglich ist weiterhin, inwieweit eine zusätzliche zeitliche Grenze für den Verzicht zu ziehen ist. Alle genannten Vorschriften enthalten eine Grenze von drei Jahren, nach denen ein Verzicht überhaupt möglich ist. Diese Frist ist daher ebenfalls im Wege der Gesamtanalogie anzuwenden. Problematisch ist hingegen, dass die Vorschriften unterschiedliche Zeitpunkte zum Beginn der Frist nennen. Da die Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht im Handelsregister einzutragen ist, kann nur der Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung oder deren Fälligkeit maßgeblich sein. Die genannten Vorschriften beziehen sich aber im Kern immer auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung – entweder mit Handelsregistereintragung oder Fälligkeit. Daher ist auf den Zeitpunkt der Fälligkeit des An170 171 172 173

Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 291 AktG Rn. 1, Vor § 311 AktG Rn. 3. MüKo AktG/Altmeppen, Vor § 311 AktG Rn. 4. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 8. Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, Vor § 311 AktG Rn. 3.

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spruchs auf Ausgleich als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung abzustellen. Damit haben die Minderheitsaktionäre ein taugliches Mittel zur Beschränkung des Verzichts in der Hand. Der Verzicht bietet deshalb @ von atypischen Beteiligungsverhältnissen abgesehen @ anders als oben zunächst angenommen, keine Möglichkeit für das herrschende Unternehmen, durch wiederholte Veranlassungen des Verzichts Zeit zu gewinnen, sofern die Minderheitsaktionäre mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind. Letzteres dürfte die Regel sein. e) Ergebnis Zusammenfassend lässt sich also @ mit Blick auf die mittels Gesamtanalogie herangezogenen Normen @ feststellen, dass ein Verzicht des abhängigen Unternehmens auf den Ausgleich erst drei Jahre nach Entstehung des Anspruchs und nur dann möglich ist, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluss zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ausgleichspflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ausgleichspflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird. Mithilfe der Gesamtanalogie kann also auch ohne eigene gesetzliche Regelung in § 311 AktG ein mit anderen Ersatz- oder Ausgleichsansprüchen vergleichbares Ergebnis erzielt werden. Wünschenswert wäre allerdings eine diese Einschränkung übernehmende Reaktion des Gesetzgebers. Damit ist aber ein Verzicht mit Blick auf die herangezogenen Normen zunächst möglich, wenn auch nach den genannten Kriterien eingeschränkt. Ein vollständiger Ausschluss des Verzichts kann sich nun nur noch aus Sinn und Zweck des § 311 AktG ergeben. Dieser soll, im Zusammenspiel mit der nachgelagerten Schadenersatzpflicht nach § 317 AktG, verhindern, dass es zu einer Vermögensminderung bei der abhängigen Gesellschaft zu Lasten der Minderheitsaktionäre und Gläubiger kommt. Dieser Schutzzweck könnte indes unterlaufen werden, wenn man einen Verzicht auf den Ausgleich zuließe, aber einen Verzicht auf den Schadenersatzanspruch einschränkt. Daher könnte es aus Wertungsgesichtspunkten geboten sein, den Verzicht auf den Ausgleich gänzlich zu verbieten. Da allerdings eine den Vorgaben der §§ 317, 309 AktG entsprechende Einschränkung des Verzichts gegeben ist, lässt sich ein Totalausschluss des Verzichts mit dem Schutzzweck des § 311 AktG nicht begründen. Nachdem auf diese Weise die Rahmenbedingungen eines Verzichts auf den Ausgleich abgesteckt sind, kann ein Blick auf die Einzelheiten eines solchen Verzichts, insbesondere auf die Frage nach Zeit und Ort der Verzichtsvereinbarung, geworfen werden.

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2. Einzelheiten a) Vertragliche Vereinbarung bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung? Um auf den Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung zu verzichten, genügt eine einseitige Erklärung des abhängigen Unternehmens als Gläubiger nicht.174 Ein einseitiger Verzicht ist nur im Hinblick auf Einreden und Gestaltungsrechte möglich.175 Der Verzicht auf vertragliche Ansprüche ist vielmehr ebenfalls durch eine vertragliche Vereinbarung zu erklären. Das abhängige Unternehmen muss daher dem herrschenden Unternehmen die Schuld erlassen, vgl. § 397 Abs. 1 BGB. Dieser Erlass ist nach Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung und Fälligkeit des Anspruchs erst nach Ablauf von drei Jahren wirksam. Bei Einhaltung dieses Zeitraums besteht parallel aber bereits die Möglichkeit der Verjährung des Anspruchs, solange keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen ergriffen wurden.176 Alternativ könnte die Verzichtserklärung aber bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung antizipiert werden. Ein Ausschluss dieses Vorgehens kann nicht bereits aus den §§ 305 ff. BGB gefolgert werden, da die Nachteilsausgleichsvereinbarung in der Regel ein Produkt individualvertraglicher Vereinbarungen ist. Sollte das herrschende Unternehmen den Nachteilsausgleichsvertrag dennoch schon vorformuliert haben, so ist in einer den Verzicht antizipierenden Klausel regelmäßig eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB zu sehen. Abseits der AGB-Problematik stellt sich jedoch die Frage nach der grundlegenden Zulässigkeit eines antizipierten Verzichts. Diese Frage muss, wie die Frage der Einschränkung des Verzichts selbst, anhand der mittels Gesamtanalogie herangezogenen Normen untersucht werden. Die Voraussetzungen eines Verzichts lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Der Verzicht darf erst drei Jahre nach Fälligkeit des Anspruchs erklärt werden, 2. er ist nur durch Sonderbeschluss der Minderheitsaktionäre möglich und 3. darf keine entsprechende Minderheit dem Verzicht widersprechen. Die ersten beiden Voraussetzungen ließen sich ohne weiteres schon mithilfe der Nachteilsausgleichsvereinbarung antizipieren. Die Dreijahresfrist wäre dann eine aufschiebende Bedingung der Verzichtsvereinbarung.177 Wenn die Nachteilsausgleichsvereinbarung Gegenstand eines Hauptversammlungsbeschlusses ist,178 dann könnte dort auch die Regelung über den Verzicht mit den Stimmen der Minderheitsaktionäre gebilligt werden. Erforderlich wäre aber ein zusätzlicher Sonderbeschluss der Minderheitsaktionäre. Wird dieser verweigert, ist die vertragliche Verzichtsklausel unwirksam. Dies ist eine erste Schwierigkeit eines solch antizipierten Verzichts. Und auch die letzte Voraussetzung ist nicht 174

MüKo BGB/Schlüter, § 397 BGB Rn. 1. Vgl. nur MüKo BGB/Schlüter, § 397 BGB Rn. 19. 176 Zur Verjährungsproblematik sogleich unten § 6 V. 177 Zur Zulässigkeit einer solch aufschiebenden Bedingung sogleich. 178 Spätestens durch diese Verzichtsvereinbarung wird der Hauptversammlungsbeschluss dann zwingend. Vgl. zur sonstigen Hauptversammlungszuständigkeit auch unten § 8 III. 175

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unproblematisch. Zwar können auch die Minderheitsaktionäre in der Hauptversammlung, die durch Sonderbeschluss der Minderheitsaktionäre dem Verzicht zustimmt, bereits Widerspruch einlegen. Fraglich ist aber, ob dies den Anforderungen an den Minderheitenschutz gerecht werden würde. Sämtliche formalen Anforderungen an den Verzicht verfolgen, wie die §§ 311 ff. AktG, den Zweck, die Minderheiten im Unternehmen vor der Verschlechterung der finanziellen Situation des Unternehmens zu schützen und, falls diese von ihnen hingenommen wird, ein eindeutiges Votum in diese Richtung zu verlangen. Dieser Zweck könnte durch eine Antizipation des Verzichts bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung konterkariert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Zeitraum zwischen Abschluss der Vereinbarung und Ablauf der Dreijahresfrist Minderheitsaktionäre hinzukommen.179 Diesen ist sowohl das Widerspruchsrecht als auch das Zustimmungsrecht genommen. Auch eine nachträgliche Genehmigung der neu eingetretenen Aktionäre ändert hieran nichts.180 Allein daher ist es nicht zulässig, den Verzicht bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung zu vereinbaren, da den Anforderungen der in Gesamtanalogie herangezogenen Vorschriften nicht genügt wird. Des Weiteren erscheint es insgesamt fragwürdig, einen Verzicht auf den Anspruch bereits in der vertraglichen Grundlage zu vereinbaren, die zur Entstehung des Anspruchs führt. Entscheidend für die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens ist hierbei die Rechtsnatur der in Gesamtanalogie herangezogenen Zeitbestimmung. Nach zutreffender allgemeiner Auffassung handelt es sich um eine Sperrfrist. Vor Ablauf der Frist ist daher jede getroffene Verzichtsvereinbarung unwirksam.181 Dies gilt parallel für sämtliche Umgehungsversuche.182 Eine aufschiebende Bedingung des Verzichts ist deshalb ebenfalls unwirksam und mit ihr die gesamte Verzichtsklausel. Ein antizipierter Verzicht bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung ist somit nicht zulässig. Es ist demzufolge nur möglich, den Verzicht nach Ablauf der Dreijahresfrist und unter Einhaltung der Zustimmungserfordernisse und Beachtung der Widerspruchsrechte zu vereinbaren. Je nach Einzelfall liegt dabei allerdings die Möglichkeit näher, den Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung schlichtweg verjähren zu lassen.183 b) Anforderungen an eine wirksame Vereinbarung des Verzichts Fraglich ist, ob es neben der zeitlichen Komponente noch weitere formale Anforderungen an einen wirksamen Verzicht gibt. Diese bzw. weitere Einschränkungen des Verzichts können sich, mangels eigenständiger Regelung im AktG, nur aus allgemeinen Vorschriften ergeben. So darf etwa der Verzicht nicht allein darauf 179 Insbesondere bei börsennotierten abhängigen Gesellschaften ist dies keinesfalls unwahrscheinlich. 180 So im Ergebnis auch Wigand, Verzicht, S. 331. 181 Ausführlich Wigand, Verzicht, S. 325 ff., 330. 182 Wigand, Verzicht, S. 331. 183 Zu Beginn und Dauer der Verjährung siehe sogleich unten § 6 V.

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ausgerichtet sein, die Minderheitsaktionäre oder Gläubiger der abhängigen Gesellschaft zu schädigen. Eine dahingehende Vereinbarung wäre nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.184 In der Regel dürfte es dann aber bereits an der erforderlichen Zustimmung durch die Minderheitsaktionäre fehlen oder Widerspruch eingelegt worden sein. Auch Fälle einer Übervorteilung der Minderheitsaktionäre sind praktisch eher ausgeschlossen, wenn auch nicht undenkbar. Eine weitere Einschränkung enthält § 80 Abs. 1 InsO für den Fall, dass über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft bereits das Insolvenzverfahren eröffnet ist. In diesem Falle fehlt es dem eigentlichen Gläubiger an der Verfügungsbefugnis über das Vermögen.185 Weitere Einschränkungen des Verzichts kennt das deutsche Zivilrecht hingegen nicht.186 Daher ist es dem abhängigen Unternehmen in der Regel möglich, nach drei Jahren und unter Zustimmung der Minderheitsaktionäre auf den Anspruch auf Ausgleich zu verzichten. c) Wirkungen des zulässigen Verzichts Der zulässige Verzicht geht in seinen Rechtswirkungen weit über ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs hinaus.187 Er sorgt dafür, dass das Schuldverhältnis mit Wirkung für die Zukunft nicht mehr besteht.188 Der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung ist somit erloschen. Dies gilt jedoch allein für den Anspruch auf Ausgleich. Sind in der Nachteilsausgleichsvereinbarung noch andere Ansprüche, etwa Informationsansprüche, geregelt, so gelten diese im Zweifel fort. Um alle aus dieser Nachteilsausgleichsvereinbarung entstehenden Ansprüche erlöschen zu lassen, wäre ein Aufhebungsvertrag erforderlich. Da zunächst ein wirksamer und rechtzeitiger Anspruch auf Ausgleich bestanden hat, entsteht nun auch kein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG.189 3. Fazit Das abhängige Unternehmen kann auf den Ausgleich grundsätzlich wie auf jeden anderen Anspruch auch verzichten. Allerdings ist angesichts der Konzernsituation diese generelle Möglichkeit einzuschränken. Mangels gesetzlicher Regelung gelingt dies nur durch eine Gesamtanalogie zu den sonstigen Ersatz- und Ausgleichsan184

Vgl. Wigand, Verzicht, S. 344. Wigand, Verzicht, S. 345. 186 Mit einer Aufzählung aller allgemein denkbaren, hier aber nicht einschlägigen Verzichtsverbote MüKo BGB/Schlüter, § 397 BGB Rn. 20. 187 Ein Beispiel für ein Unterlassen der Geltendmachung ist die Verjährung, siehe sogleich unten § 6 V. 188 Dennhardt, in: Bamberger/Roth, § 397 BGB Rn. 17; Wigand, Verzicht, S. 345. 189 Für den vergleichbaren Fall vom herrschenden Unternehmen nicht zu vertretender Leistungsstörungen bei der Durchsetzung der Nachteilsausgleichsvereinbarung vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 383. 185

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sprüchen im AktG. Daher ist der Verzicht erst drei Jahre nach Anspruchsentstehung und lediglich durch einen Sonderbeschluss der Minderheitsaktionäre möglich. Damit haben es nur diese und eben nicht das herrschende Unternehmen in der Hand, über die Durchsetzung des Anspruchs zu entscheiden. Der Verzicht kann nicht bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung antizipiert werden. Dies folgt zum einen aus dem Schutzzweck des § 311 AktG und zum anderen aus dem Schutzzweck der in Gesamtanalogie herangezogenen Normen über den Verzicht auf Ersatz- und Ausgleichsansprüche. Wird der Verzicht jedoch tatsächlich erst nach Ablauf der Dreijahresfrist vereinbart, so geht der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung unter. Damit sind, auch mit Blick auf den Minderheitenschutz, hohe Anforderungen an einen wirksamen Verzicht gestellt. Eine weitaus einfachere Art des „Verzichts“ aus Sicht des abhängigen Unternehmens ist es daher, den Anspruch schlichtweg verjähren zu lassen.

V. Verjährung des Ausgleichsanspruchs 1. Dauer der Verjährung Neben der Möglichkeit, auf den Anspruch zu verzichten, kann die Durchsetzung des Anspruchs auch auf andere Weise unterbleiben. Die Durchsetzbarkeit fehlt, wenn sich das herrschende Unternehmen zu Recht auf Verjährung des Anspruchs aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung berufen kann. Hierbei drängen sich aber gleich zwei Fragen auf: Welche Verjährungsfrist gilt und wann beginnt diese Frist zu laufen? Zuerst ist die Dauer der Verjährung relevant. Diese ist nämlich nach § 200 BGB für den Beginn entscheidend. Zur Verjährung der in der Nachteilsausgleichsvereinbarung gewährten Ansprüche findet sich keine Regelung im AktG. Lediglich Schadenersatzansprüche gegen das herrschende Unternehmen aus § 317 Abs. 1 AktG erfahren eine Regelung. Sie verjähren gemäß §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 5 AktG in fünf Jahren. Ob diese Frist auch für die den Schadenersatzanspruch ausschließende Nachteilsausgleichsvereinbarung gilt, ist fraglich. Dafür spräche ein so erzielter vergleichbarer Schutz der abhängigen Gesellschaft bei Ansprüchen aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung und auf Schadenersatz. Dagegen spricht der grundlegende Unterschied zwischen Schadenersatz und Nachteilsausgleich.190 Diejenigen Vertreter der Auffassung, die beim Verzicht auf den Ausgleich einen Gleichlauf zwischen Ausgleich und Schadenersatz herstellen wollen, müssen folgerichtig auch bei der Verjährung § 309 Abs. 5 AktG analog anwenden. Umgekehrt gilt dies für die Vertreter der Gegenauffassung, die eine Anwendung des § 309 Abs. 5 AktG ablehnen müssten. Einer analogen Anwendung des § 309 Abs. 5 AktG ist mit der gleichen Argumentation wie oben zu widersprechen.191 Es fehlt trotz vergleichbarer Interessenlage an der notwendigen planwidrigen Regelungslücke. 190 191

Vgl. hierzu bereits ausführlich oben § 2 I. und § 2 IV. 2. sowie § 5 III. 4. Vgl. soeben § 6 IV. 1. b).

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Auch die Heranziehung eines allgemeinen Rechtsgedankens aus den §§ 51, 93 Abs. 4, 302, 309 Abs. 5 AktG scheitert hier. Bei der Frage des Verzichts waren alle Normen, die einen Ersatzanspruch betrafen, noch in Einklang zu bringen. Bei der Verjährung gibt es hier aber deutliche Unterschiede. § 51 AktG und § 309 Abs. 5 AktG enthalten eine fünfjährige Verjährungsfrist. § 93 Abs. 4 AktG unterscheidet anders als die restlichen Normen zwischen börsennotierten (dann zehn Jahre) und nicht börsennotierten Unternehmen (dann fünf Jahre). § 302 Abs. 4 AktG hingegen geht nur von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus. Ein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke ist daher hier nicht zu finden. Deshalb ist mangels eigenständiger Regelung im AktG von der Regelverjährung des § 195 BGB auszugehen.192 2. Beginn der Verjährung Nachdem nun die Dauer der Verjährung geklärt ist, wird der eigentliche Beginn dieser Verjährungsfrist interessant. Grundsätzlich denkbar sind auch hier mehrere Zeitpunkte. Der frühestmögliche Beginn liegt im Zeitpunkt der Veranlassung des nachteiligen Rechtsgeschäfts oder der nachteiligen Maßnahme. Je nach Einzelfall weitaus später liegt die andere Variante des Beginns: das Ende des Veranlassungsgeschäftsjahres. Denkbar wäre zuletzt auch der Fälligkeitszeitpunkt, der in der Nachteilsausgleichsvereinbarung für die Leistung genannt ist. Um diese Frage zu beantworten, ist mangels eigenständiger Verjährungsvorschrift im Rahmen des § 311 AktG ein Blick auf die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB zu werfen. Die Verjährung eines Anspruchs beginnt dort mit dem Ende des Geschäftsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, und der Gläubiger Kenntnis von der Anspruchsentstehung erlangt hat, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Auf diese Kenntnis käme es nach § 200 BGB nur nicht an, wenn eine andere Verjährungsfrist als die regelmäßige Verjährung gilt, was aber hier nicht der Fall ist.193 Allerdings ist mit Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung in der Regel auch von der Kenntnis der Anspruchsentstehung im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auszugehen.194 Entscheidend ist somit die Anspruchsentstehung. Ein Anspruch ist entstanden, wenn er erstmals geltend gemacht oder durch Klage durchgesetzt werden kann.195 Dies bedeutet in der Regel die Fälligkeit des Anspruchs.196 Ausreichend ist aber, dass objektiv die Möglichkeit besteht, den Anspruch geltend zu machen.197 192

Allgemeine Meinung; vgl. nur MüKo BGB/Grothe, § 195 BGB Rn. 13. Dazu oben § 6 V. 1. 194 Auf jeden Fall ließe sich grob fahrlässige Unkenntnis der Anspruchsentstehung bejahen, da das abhängige Unternehmen den Fälligkeitszeitpunkt durch einen Blick in die Nachteilsausgleichsvereinbarung hätte erkennen können. Zur grob fahrlässigen Unkenntnis vgl. MüKo BGB/Grothe, § 199 BGB Rn. 28. 195 BGHZ 55, 340, 341. 196 BGHZ 53, 222, 225. 197 MüKo BGB/Grothe, § 199 BGB Rn. 5. 193

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Übertragen auf den Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung bedeutete dies, dass die Verjährung erst begänne, wenn die Leistung aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung fällig geworden ist. Ein Beginn der Verjährung mit Veranlassung der nachteiligen Maßnahme scheidet aus, da zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Ausgleich besteht.198 Aus Sicht des herrschenden Unternehmens ist dies naturgemäß nachteilig, da der nach obigen Überlegungen späteste Zeitpunkt maßgeblich ist. Allerdings hat es damit den Verjährungsbeginn selbst in der Hand, da die Vereinbarung der Fälligkeit eine Angelegenheit des herrschenden Unternehmens ist. Will es von der sofortigen Fälligkeit des § 271 Abs. 1 BGB mit Abschluss der Vereinbarung am Geschäftsjahresende abweichen, so muss es auch einen späteren Verjährungsfristbeginn hinnehmen.199 Aus Sicht der Minderheitsaktionäre und Gläubiger des abhängigen Unternehmens führt dieser späte Beginn zu einem umfassenden Schutz vor der Undurchsetzbarkeit der Forderung. Die Verjährung beginnt daher mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung fällig geworden ist und das abhängige Unternehmen hiervon Kenntnis genommen hat, wovon schon mit Abschluss der Vereinbarung auszugehen ist. Fraglich ist, ob hiervon durch Vereinbarung abgewichen werden kann. 3. Vereinbarung über die Verjährung möglich? a) Verjährungsbeginn Eine Vereinbarung über die Verjährung kann entweder deren Dauer oder aber auch deren Beginn betreffen. Grundsätzlich darf auch der Beginn der Verjährung abweichend von § 199 BGB geregelt werden.200 Dies war bereits bei der Vorgängervorschrift des § 225 BGB a.F. unbestritten.201 Satz 2 der Norm lautete: „Erleichterung der Verjährung, insbesondere Abkürzung der Verjährungsfrist, ist zulässig.“ Demgegenüber beschränkt die heutige Norm des § 202 Abs. 1 BGB eine Verjährungserleichterung nur für die Fälle der Haftung wegen Vorsatzes. Zwar erfolgt die Nachteilszufügung auf „vorsätzlicher“ Veranlassung des herrschenden Unternehmens, eine Haftung wegen Vorsatzes liegt in der Anspruchsgewährung im Rahmen der Nachteilsausgleichsvereinbarung aber nicht. Es fehlt schon an einer „Haftung“, da auf den Nachteilsausgleich vor Anspruchsgewährung kein Anspruch besteht.202 Zudem regelt § 311 AktG keine Haftung im Sinne des § 202 BGB. Ge198

Zur fehlenden Anspruchsqualität des § 311 AktG vgl. oben § 5 I. und III. 4. Diese Beispielsrechnung gilt nur für den Fall, dass das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Andernfalls kann es hier zu größeren Verschiebungen kommen, die aber bei dieser grundlegenden Betrachtung nicht näher untersucht werden sollen. 200 So etwa Heinrich, in: Bamberger/Roth, § 202 BGB Rn. 3; Mansel, NJW 2002, 89, 96; Palandt/Ellenberger, § 202 BGB Rn. 4. 201 Zur Vorgängervorschrift des § 225 S. 2 BGB a.F. vgl. auch RGZ 66, 413, 414; Palandt/ Heinrichs, 60. Aufl. 2001, § 225 BGB Rn. 4. 202 Zur fehlenden Anspruchsqualität statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 199

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meint ist damit nämlich die Vorsatzhaftung im Schadensrecht.203 Eine Einschränkung der vertraglichen Vorverlegung des Verjährungsbeginns ist daher zumindest aus Sicht des § 202 BGB nicht gegeben. Fraglich ist aber, ob sich aus dem Sinn und Zweck der §§ 311 ff. AktG etwas anderes ergeben kann. Zur Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich zu sehen, auf welchen Zeitpunkt der Verjährungsbeginn maximal vorverlagert werden kann. Aus Sicht der Nachteilszufügung wäre der frühestmögliche Verjährungsbeginn der Zeitpunkt der Veranlassung. Eine Rückdatierung auf einen Zeitpunkt vor Veranlassung ist nicht möglich.204 Dies widerspräche dem Schutzzweck des § 311 AktG und auch allgemeinen Erwägungen des BGB, nach denen vertraglich vereinbarte Rückwirkungen nur schuldrechtlicher Natur sind, vgl. etwa § 159 BGB. Echte Rückdatierungen gibt es bloß in den gesetzlich angeordneten Bereichen, etwa der Anfechtung, vgl. § 142 BGB.205 Und selbst dann gibt es bereits Schwierigkeiten mit der rechtlichen Abwicklung.206 Aber auch aus sonstigen Erwägungen ist eine Vorverlegung des Verjährungsbeginns auf einen Zeitpunkt vor der Veranlassung nicht wirksam. Eine zulässige Rückdatierung würde für ein Chaos bei der Rechtsanwendung sorgen. Es müsste bei jeder Rechtsfolge die Vergangenheit, anders als tatsächlich geschehen, „umgeschrieben“ werden. Die Absurdität dieses Vorgehens verdeutlicht folgendes Beispiel: Angenommen es wäre zulässig, den Verjährungsbeginn vor die den Anspruch begründende Tatsache vorzuverlegen. Dann wäre es denklogisch ebenfalls möglich, diesen Zeitpunkt weiter in die Vergangenheit zurückzuverlegen, als die Verjährungsfrist dauert. Bei einer Frist von drei Jahren wäre es also möglich, den Beginn dieser Frist auf einen Zeitpunkt vier Jahre in der Vergangenheit zurückzuverlegen. Dann wäre der Anspruch aber vor Entstehung bereits verjährt. Dieses Ergebnis kann nicht überzeugen. Eine Rückdatierung auf einen Zeitpunkt vor der Erfüllung des Tatbestands des § 311 AktG ist daher unzulässig. Zu untersuchen bleibt somit nur noch die Vereinbarung eines Verjährungsbeginns mit Veranlassung der nachteiligen Maßnahme. Der Zeitpunkt der Veranlassung muss im selben Geschäftsjahr liegen wie der Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung, um die Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG zu erfüllen. Nach der gesetzlichen Regelung beginnt deshalb die Verjährung mit dem Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung, also am Ende des Veranlassungsgeschäftsjahres. Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen dem gesetzlichen Verjährungsbeginn und dem maximal möglichen vertraglich vereinbarten Verjährungsbeginn im Höchstfall ein knappes Jahr betragen könnte. Dies käme im Ergebnis einer Verkürzung der Verjährungsfrist um diesen Zeitraum nahe. Da es sich dogmatisch aber eben nicht um eine Verkürzung der Frist, sondern um eine Veränderung des Fristbeginns handelt, kann diese Frage nicht mit Verweis auf die – noch genauer zu untersuchende – 203 204 205 206

MüKo BGB/Grothe, § 202 BGB Rn. 7. Allgemein zur Rückdatierung von Rechtsgeschäften Schneider, AcP 1975, 279. So auch Schneider, AcP 1975, 279, 285. Vgl. z. B. die im Gesetz nicht verankerte „Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft“.

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Zulässigkeit einer Fristverkürzung offengelassen werden.207 Die Verschiebung des Fristbeginns ist eine Disposition des gesetzlichen Regelfalls. Ein Verbot dieser Verschiebung könnte sich mangels Regelung in § 202 BGB nur aus der zentralen Norm des Rechts über den faktischen Konzern, § 311 AktG, ergeben. Insbesondere die Erwägungen zum Schutzzweck des § 311 AktG sind hierbei zu untersuchen. Auf den ersten Blick verstößt eine vertragliche Verschiebung des Fristbeginns nicht gegen den Schutzzweck des § 311 AktG. Denn eine Veränderung der Verjährungsdauer selbst ist hiermit nicht verbunden. Den außenstehenden Aktionären und Gläubigern bleibt also erst einmal die gleiche Frist, um den Anspruch geltend machen zu können bzw. gerichtlich feststellen zu lassen. Für das abhängige Unternehmen an sich ist eine solche Verschiebung auch unproblematisch, da es mit Veranlassung von der Nachteiligkeit Kenntnis erlangen dürfte und somit auch hier keinerlei „faktische Fristverkürzung“ droht. Da allerdings mit Verschiebung dieses Fristbeginns ein kenntnisunabhängiger Zeitpunkt erwählt wird, liegt hierin zunächst eine Verschlechterung der Lage der Minderheitsaktionäre. Diese erfahren erst durch den Abhängigkeitsbericht und damit im Höchstfall ein knappes Jahr nach Veranlassung von der nachteiligen Maßnahme und damit vom Verjährungsbeginn. Zumindest bei unveränderter Verjährungsfrist bleibt indes auch so grundsätzlich noch ausreichend Zeit, den Anspruch geltend zu machen oder zumindest die Verjährung zu hemmen. Bei einer kumulierten vertraglichen Abänderung des gesetzlichen Regelfalls, also Fristverschiebung und -verkürzung, ist der Schutzzweck des § 311 AktG aber in jedem Falle verletzt.208 Abgesehen davon ist indes auch einer isolierten Verschiebung des Verjährungsbeginns auf den Zeitpunkt der Veranlassung die Zustimmung zu verweigern. Hierin liegt im Ergebnis nämlich ebenfalls eine Rückdatierung der Nachteilsausgleichsvereinbarung. Damit würde, bezogen auf die Verjährung, fingiert, dass die Nachteilsausgleichsvereinbarung bereits im Zeitpunkt der Veranlassung abgeschlossen worden wäre. Dem herrschenden Unternehmen käme somit eine „doppelte“ Privilegierung zugute. Zum einen könnte es bis Geschäftsjahresende mit der Gewährung des Rechtsanspruchs warten. Zum anderen könnte es sich bei der Durchsetzbarkeit des Anspruchs früher auf Verjährung berufen. Diese „doppelte“ Privilegierung lässt sich aber § 311 Abs. 2 AktG nicht entnehmen. Dieser gestattet es dem herrschenden Unternehmen lediglich den Ausgleichszeitpunkt hinauszuschieben, nicht jedoch die Verjährungsfrist früher als mit Abschluss des Vertrages beginnen zu lassen. Daher darf der Verjährungsbeginn nicht auf den Zeitpunkt der Veranlassung zurückbezogen werden. Eine Vereinbarung, die den Beginn der Verjährung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Nachteilsausgleichsvereinbarung festlegt, ist aber nicht zu beanstanden. Im Regelfall wird das herrschende Unternehmen die zeitliche Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG voll ausnutzen und die Nachteilsausgleichsvereinbarung erst mit Ende des Geschäftsjahres schließen, weshalb hier praktisch gar keine 207 208

Zur Zulässigkeit einer Fristverkürzung sogleich § 6 V. 3. b). Dazu unten § 6 V. 3. b).

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2. Kap.: Nachteilsausgleich

Verschiebung vorliegt. Generell liefe eine Verschiebung auf den Abschluss der Vereinbarung gleichwohl nur auf die vertraglich vereinbarte Anwendung von § 200 BGB hinaus, was nicht bemängelt werden kann. Die generelle Möglichkeit, den Verjährungsbeginn individualvertraglich zu verändern, ist somit im Rahmen des Nachteilsausgleichs im faktischen Konzern stark beschränkt. b) Verjährungsfrist Zu klären bleibt nun noch, ob das herrschende Unternehmen zu seinen Gunsten eine Verjährungsfristverkürzung vornehmen kann. Eine Beschränkung, die Verjährungsfristen zu verkürzen, könnte sich zunächst aus Treu und Glauben, § 242 BGB, ergeben.209 Dies wird zum Beispiel angenommen, wenn bei Gesellschaftsformen, die nicht im AktG geregelt sind, Verjährungsfristen für ähnlich gelagerte Konstellationen weit unter denen des AktG vereinbart werden sollen.210 Diese Überlegung lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen, da beim Nachteilsausgleich gerade die Regelverjährung des § 195 BGB anwendbar ist.211 Eine allgemeine Aussage in Bezug auf eine Verletzung von § 242 BGB lässt sich aber nur schwer treffen. In jedem Falle läge jedoch ein Verstoß gegen Treu und Glauben vor, wenn die Frist nur wenige Wochen oder Monate betragen soll.212 Ein Verstoß gegen §§ 305c, 307 BGB wird allerdings in der Regel ausgeschlossen sein, da nach obigen Ausführungen der zu gewährende Vorteil und im Ergebnis somit auch die gesamte Vereinbarung im Einvernehmen zwischen abhängigem und herrschendem Unternehmen geregelt wird. Denkbar ist es indes, dass zwar der Vorteil individualvertraglich ausgehandelt wird, aber alle sonstigen Bestimmungen formularvertraglich festgehalten sind. In diesem Fall kann eine zu kurze Verjährungsfrist unwirksam sein, mit der Folge, dass nach § 306 Abs. 2 BGB die Regelverjährung nach § 195 BGB anzuwenden ist. Zu kurz ist die Verjährung bei einer vorformulierten Nachteilsausgleichsvereinbarung gegenüber dem abhängigen Unternehmen als Unternehmer dann, wenn sie weniger als sechs Monate beträgt.213 Somit lässt sich die Fristverkürzung der Höhe nach nur im Einzelfall beschränken, da es keine gesetzliche Regelung einer Maximalverkürzung gibt. Möglicherweise ist aber die Fristverkürzung nicht nur zu beschränken, sondern sogar dem Grunde nach auszuschließen. Dies gilt dann, wenn es anderweitige Erwägungen gibt, die eine Fristverkürzung im Zuge der Nachteilsausgleichsvereinbarung generell nicht zulassen.

209 210 211 212

771.

MüKo BGB/Grothe, § 202 BGB Rn. 9 a.E. MüKo BGB/Grothe, a.a.O. Vgl. oben § 6 V. 1. Gegen eine Anwendung des § 242 BGB bei Verjährungsfragen Lakkis, AcP 2003, 763,

213 So im Ergebnis wohl v. Westphalen/v. Westphalen, Vertragsrecht, Abschnitt 35 „Verjährungsklauseln“ Rn. 25.

§ 6 Art und Höhe des Ausgleichs

113

Das Gesetz nennt in § 202 Abs. 1 BGB einen ersten Ausschlussgrund bei Haftung wegen Vorsatzes.214 Diese liegt jedoch beim Nachteilsausgleich im Sinne des § 311 AktG nicht vor.215 Einzig aus Sinn und Zweck der §§ 311 ff. AktG könnte sich ein definitiver Ausschluss der Verkürzung der Verjährungsfrist noch ergeben. Die §§ 311 ff. AktG sollen insbesondere Minderheitsaktionäre und Gläubiger vor einer Verschlechterung der Vermögenslage der abhängigen Gesellschaft auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens schützen. Dieser Schutz könnte unterlaufen werden, wenn man eine (zu starke) Verkürzung der Regelverjährung durch eine Vereinbarung zwischen dem abhängigen und dem herrschenden Unternehmen zuließe. Einwirkungsmöglichkeiten der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger bestehen in gleicher Weise wie bei der Nachteilszufügung selbst. Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen die Hauptversammlung des abhängigen Unternehmens über die Nachteilszufügung und den Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung entscheiden muss,216 zumindest auch die Minderheitsaktionäre Einflussmöglichkeiten hätten. Praktisch bedeutsam sind diese aufgrund der (zumindest faktischen) Hauptversammlungsmehrheit des herrschenden Unternehmens aber nicht. Dieser faktisch nicht vorhandene Einfluss kann eine Verkürzung der Verjährung also nicht verhindern. Ließe man eine Verkürzung zu, so würde der Schutz der Minderheitsaktionäre weiter verringert. Dies gilt umso mehr, wenn neben der Verjährungsfristverkürzung parallel auch eine Verschiebung des Fristbeginns stattfindet. Daher ist nach dem Schutzzweck des § 311 AktG eine Verkürzung der gesetzlichen Regelverjährung abzulehnen. 4. Fazit Der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung verjährt innerhalb von drei Jahren. Diese Verjährungsfrist kann individualvertraglich nicht verkürzt werden. Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden, also fällig geworden, ist und das abhängige Unternehmen hiervon Kenntnis erlangt hat. Von Letzterem ist bei Vertragsschluss aber bereits auszugehen. Der Verjährungsbeginn kann hiervon abweichend auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vorverlegt werden, was jedoch praktisch nur von Bedeutung ist, wenn von der zeitlichen Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG kein oder unvollständig Gebrauch gemacht wird oder das Geschäftsjahr vom Kalenderjahr abweicht. Ist der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung verjährt, so entsteht parallel zu obiger Überlegung beim Verzicht kein Schadenersatzanspruch des abhängigen Unternehmens nach § 317 Abs. 2 AktG, da zunächst ein wirksamer und vollständiger Rechtsanspruch auf Ausgleich bestanden hat.

214 215 216

Dazu ausführlich MüKo BGB/Grothe, § 202 BGB Rn. 7 ff. Dazu soeben § 6 V. 3. a). Dazu ausführlich unten § 8 III.

114

2. Kap.: Nachteilsausgleich

§ 7 Zwischenfazit Zweck des Nachteilsausgleichs ist, dass @ im Interesse der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger @ die abhängige Gesellschaft aufgrund der Veranlassung der nachteiligen Geschäfte durch das herrschende Unternehmen spätestens am Ende des Geschäftsjahres keinen Vermögensnachteil erleidet. Bei rechtzeitigem vollständigem Ausgleich gestattet § 311 Abs. 1 AktG die Nachteilszufügung. Hierbei sind als Art des Ausgleichs und damit zur Rechtfertigung der Nachteilszufügung nur konkrete Vorteile zugelassen. Sofern zugefügte Nachteile nicht quantifizierbar oder anderweitig nicht ausgleichsfähig sind, kommt ein Nachteilsausgleich nicht in Betracht. Stattdessen entsteht bei der Zufügung solcher Nachteile eine direkte Schadenersatzpflicht des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 2 AktG. Zusätzlich ist die Ausgleichsmöglichkeit ausgeschlossen, wenn dem festgestellten Nachteil eine rechtswidrige Veranlassung zugrunde liegt. Der nachträgliche Ausgleich sorgt dafür, dass das bis dato ungleiche Geschäft derart vervollständigt wird, es also im Ergebnis nicht mehr nachteilig ist. Hierdurch stehen die Leistung der abhängigen Gesellschaft, die in Vorleistung getreten ist, und die (Gegen-)Leistung der herrschenden Gesellschaft einander gleichwertig gegenüber. Deshalb ist die Rechtsnatur des Ausgleichs als Kompensationsleistung sui generis zu qualifizieren. Diese Einordnung ist die konsequente Folge des als Hauptindikator für die Nachteilsbestimmung angewandten Drittvergleichs. Der festgestellte Nachteil kann entweder tatsächlich oder durch Einräumung eines Rechtsanspruchs innerhalb des Geschäftsjahres erfolgen, § 311 Abs. 2 AktG. Parallel zur Bestimmung des Nachteils sind nur solche Vorteile zugelassen, die bewertbar und quantifizierbar sind und an denen die abhängige Gesellschaft ein Interesse besitzt, die also für sie brauchbar sind. Eine bilanzielle Neutralisierung des festgestellten Nachteils durch den gewährten Vorteil in jedem folgenden Geschäftsjahr ist jedoch nicht erforderlich. Zugefügte, nicht quantifizierbare Nachteile sind rechtswidrig und entgegen der herrschenden Meinung nicht durch nicht quantifizierbare Nachteile auszugleichen. Vielmehr liegt in den von der herrschenden Auffassung zugrunde gelegten Fällen schon kein Nachteil vor, sondern es handelt sich um eine neutrale Maßnahme. Das herrschende Unternehmen kann die Höhe des Ausgleichs einseitig bestimmen, während es bei der Art der zu gewährenden Vorteile im Einvernehmen mit der abhängigen Gesellschaft handeln muss. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Nachteil vollständig ausgeglichen ist, ist auf den Zeitpunkt der Vorteilsgewährung abzustellen und der Wert des Vorteils in diesem Zeitpunkt mit dem Wert des festgestellten Nachteils zu vergleichen. Eine Anrechnung nachträglich eintretender Vorteile der veranlassten Maßnahme ist nicht möglich. Die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist der Grundtypus des Nachteilsausgleichs durch Gewährung eines Rechtsanspruchs. Die Verwendung dieser Vereinbarung scheitert jedoch dann, wenn der Nachteil derzeit nicht bestimmbar ist,

§ 7 Zwischenfazit

115

aber in Zukunft – nach Eintritt bestimmter ex-ante bekannter Ereignisse – bestimmbar sein wird. In diesen Fällen kann entweder die Maßnahme unterlassen, der Schadenersatzanspruch des § 317 Abs. 1 AktG abgewartet oder eine möglicherweise andere Form des Ausgleichs, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, verwendet werden. Das abhängige Unternehmen kann auf den Ausgleichsanspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung wie auf jeden Anspruch verzichten. Der Verzicht ist aber unter Anwendung des in den § 50 S. 1 AktG, § 93 Abs. 4 S. 3 AktG, § 302 Abs. 3 S. 3 AktG, § 309 Abs. 3 S. 1 AktG enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens zu beschränken. Er ist erst drei Jahre nach Entstehung des Anspruchs und nur dann möglich, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluss zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Eine antizipierte Vereinbarung des Verzichts, etwa bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung, ist unzulässig. Der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung verjährt innerhalb von drei Jahren. Diese Verjährungsfrist kann individualvertraglich nicht verkürzt werden. Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden, also fällig geworden, ist und das abhängige Unternehmen hiervon Kenntnis erlangt hat. Der Verjährungsbeginn kann hiervon abweichend auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vorverlegt werden.

3. Kapitel

Die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung Nachdem der Nachteilsbegriff erörtert und im Ergebnis der Nachteil als jede vom herrschenden Unternehmen veranlasste Geschäftsleitungsmaßnahme des abhängigen Unternehmens, die dessen Vermögen vermindert hat oder zukünftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermindern wird, definiert werden konnte und die Problematik des Ausgleichs abstrakt und anhand der bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung behandelt wurde,1 kann sich die Untersuchung jetzt ihrem eigentlichen Kern widmen, der Frage nach der Zulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen. Innerhalb dieser nun folgenden Prüfung der Zulässigkeit dieser Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung werden zunächst die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung thematisiert. Im Anschluss daran wird ausführlich der Frage nach dem Nutzen und Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen nachgegangen. Diese Diskussion bietet bereits erste Einblicke in die Komplexität und Problematik des Themas. Anhand der daraus gewonnenen Erkenntnisse erfolgt sodann eine vertiefte Untersuchung der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Sollte sich die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als unzulässig erweisen, ist im Anschluss an diese Feststellung nach Alternativen zu suchen, um den Anforderungen der Praxis an die Formen des Nachteilsausgleichs gerecht werden zu können. Zusätzlich sind vereinbarungsübergreifend verwendbare Klauseln auf ihre Zulässigkeit im Rahmen der jeweiligen Ausgleichsform zu untersuchen. Denkbare Klauseln in diesem Zusammenhang sind Schiedsvereinbarungen, Verzichtsklauseln und Verjährungsvereinbarungen. Die beiden letztgenannten Klauseltypen wurden bereits abstrakt bei der Frage des Nachteilsausgleichs untersucht, da sie dort thematisch zu verorten sind.2 Die Untersuchung der Schiedsvereinbarung bietet sich jedoch erst an, wenn eine tatsächlich zulässige Form des Ausgleichs derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile festgestellt wurde.3

1 2 3

Dazu bereits eben § 6 III. 2. b). Dazu oben § 6 IV. und V. Siehe dazu § 15 V. 4.

§ 8 Gestaltung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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§ 8 Gestaltung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung I. Abstrakt-generelle Vereinbarungen Bei unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen wird der Nachteil nicht konkret beziffert und die tatsächliche Feststellung einem Dritten, zumeist den Gerichten, überlassen. Solche Nachteilsausgleichsvereinbarungen lassen sich wiederum in zwei Unterarten untergliedern. Eine abstrakt-generelle Vereinbarung ist möglichst vage gehalten und ließe sich in etwa so formulieren: „Sollte irgendein im Jahre xy auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens getätigtes Rechtsgeschäft oder irgendeine getätigte Maßnahme sich als nachteilig im Sinne von § 311 Abs. 1 AktG erweisen, wird ein angemessener Ausgleich seitens des herrschenden Unternehmens geleistet.“ Eine solche Formulierung bietet augenscheinlich größtmögliche Flexibilität. Diese Art der Nachteilsausgleichsvereinbarung wird praktischerweise schon am Beginn eines Geschäftsjahres geschlossen und deckt, je nach Formulierung, sämtliche Rechtsgeschäfte und Maßnahmen ab, die durch das herrschende Unternehmen veranlasst werden. Hierdurch wird bereits bei Abschluss der Vereinbarung ein pauschaler Ausgleich sämtlicher (nachteiligen) Konzernleitungsmaßnahmen zugesichert.4 Der Anspruch auf Ausgleich wird mit dem Ende des betreffenden Geschäftsjahres fällig und entsprechend verzinst. Diese Form der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bietet sich insbesondere im Vorfeld vieler kleinerer Veranlassungen durch das herrschende Unternehmen im Rahmen der täglichen konzerninternen Geschäfte an, bei denen sich ein individuell vereinbarter Ausgleich jeder einzelnen Veranlassung aus Praktikabilitätserwägungen nicht gebietet. Bei dieser Form der Vereinbarung handelt es sich um einen Rahmenvertrag, der zukünftige nachteilige Veranlassungen schon vorab ausgleichen soll.5 Zugleich werden der genaue Ablauf der Nachteilsfeststellung und das anschließende Verfahren genauestens geregelt.6 Dieser Rahmenvertrag macht einzelne Nachteilsausgleichsvereinbarungen für jede veranlasste Maßnahme, wie es das Gesetz auf den ersten Blick vorsieht, überflüssig.

II. Auf konkrete Vorgänge bezogene Vereinbarungen Das Gegenstück zur abstrakt-generellen Vereinbarung ist die auf konkrete Vorgänge zwischen dem herrschenden und dem abhängigen Unternehmen bezogene Vereinbarung. Sie umfasst mindestens einen konkreten Geschäftsvorfall und regelt 4

Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 71; im Anschluss daran Messerschmidt, in: Lorz/Baumeister, Formularbuch Aktienrecht, S. 1147. 5 Vgl. Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.406. 6 Vgl. das entsprechende Formular bei Luther/Happ, FormKomm, Form. 2.204 § 2 Abs. 2 lit. c), e).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

ausschließlich den Ausgleich der hiermit verbundenen Nachteile. Andere Maßnahmen des herrschenden Unternehmens werden zumeist in gesonderten Vereinbarungen oder auch in abstrakt-generellen Vereinbarungen behandelt. Die hierunter verstandenen Anwendungsfälle einer konkreten Nachteilsausgleichsvereinbarung sind meist größere Transaktionen oder weitreichende konzernpolitische Entscheidungen, die auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens getätigt oder getroffen wurden. Diese Vorfälle sind mit Blick auf das Geschäftsjahr leicht zu identifizieren und daher Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung. Größter Unterschied zur abstrakten Vereinbarung ist, dass die konkrete Vereinbarung regelmäßig erst nach Veranlassung der Maßnahme geschlossen wird, während die abstrakte Vereinbarung vorher getroffen wird. Eine solche konkrete Vereinbarung findet sich wörtlich in einem Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I, das sich mit den Vorgängen zwischen der Unicredit S.p.A. (Unicredit) und der HypoVereinsbank (HVB) beschäftigt. Darin heißt es: „Sollte in einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung mit gesetzlicher oder vertraglicher Wirkung gegenüber U… ausgesprochen werden, dass der Abschluss oder der Vollzug der Verträge für H… Nachteile im Sinne von §§ 311 ff. AktG darstellt, insbesondere, dass der Abschluss oder der Vollzug eines Vertrages einem Drittvergleich nicht standhält oder unangemessen war (die ,Nachteile‘), hat U… H… die Nachteile innerhalb von zehn Werktagen nach der Zustellung der betreffenden Gerichtsentscheidung an U… (oder innerhalb von zehn Tagen, nachdem U… von H… von einer solchen Gerichtsentscheidung unterrichtet wurde) in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen (sofern die Bestimmungen dieses Vertrages nicht etwas anderes vorsehen) in bar auszugleichen (der ,verbindliche Ausgleichsanspruch‘).“7 Der Anspruch wird zum 31.12. des entsprechenden Geschäftsjahres für fällig erklärt und entsprechend verzinst. Verknappt bedeutet diese Vereinbarung nichts anderes als eine @ nicht im Rechtssinne zu verstehende – „Garantie“,8 dass bei Bestehen eines Nachteils dieser innerhalb einer bestimmten Frist ausgeglichen wird. Diese „Garantie“ wird unter die Bedingung gestellt, dass der Nachteil in einer gerichtlichen Entscheidung festgestellt wird. Dies sorgt für eine augenscheinlich sichere Grundlage, auf der diese Zusicherung und damit der Rechtsanspruch auf Ausgleich in Anspruch genommen werden kann, aber es führt gleichzeitig zu schwerwiegenden Problemen.9 Das erste von vielen Problemen dieser Vereinbarungsform ist jedoch weniger ein inhaltliches, sondern bereits ein formelles.

7 Verkürzte Darstellung nach LG München I, Urteil vom 10. 12. 2009 – 5 HK O 13261/08, AG 2010, 173 (Rn. 186). 8 Zur Problematik dieses Begriffs ausführlich unten § 13 II. 6. e). 9 Siehe dazu ebenfalls § 13 II.

§ 8 Gestaltung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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III. Abschluss der Vereinbarung Beide Formen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung können auf verschiedenen Wegen abgeschlossen werden.10 Zunächst besteht die Möglichkeit, dass der Vorstand der herrschenden Gesellschaft diesen Vertrag mit dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft ohne Beteiligung anderer Personen bzw. Organe abschließt. Bei geringerer Höhe des zugefügten Nachteils, insbesondere bei häufigeren kleineren Veranlassungen seitens des herrschenden Unternehmens im Rahmen der täglichen Geschäftspolitik, bietet sich diese Form des Abschlusses an. Hierbei sind auf beiden Seiten in aller Regel nur die Geschäftsleiter – Vorstände und/oder Geschäftsführer – der beteiligten Gesellschaften vertreten. Soll der Nachteil durch ein vom herrschenden Unternehmen verschiedenes Konzernunternehmen ausgeglichen werden, ist es sinnvoll, auch dessen Geschäftsleiter bei Vertragsabschluss hinzuzuziehen, da es sich bei einer entsprechenden Vereinbarung wiederum um eine nachteilige Veranlassung des herrschenden Unternehmens gegenüber dem Unternehmen handelt, das zum Ausgleich verpflichtet werden soll. Durch die geringe personelle Beteiligung handelt es sich um einen äußerst flexiblen und schlanken Vorgang. Auch ist zumeist wenig Konfrontationspotenzial zu erwarten, da das herrschende Unternehmen und das faktisch abhängige Unternehmen zumindest nach außen hin als Einheit erscheinen und potenzielle Konflikte vorab „intern“ geregelt werden. Zudem liegt der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung dann im Interesse aller Beteiligten, wenn durch diesen Abschluss eventuell bestehende Haftungsrisiken vermindert oder beseitigt werden können.11 Wesentlich komplizierter und aufwendiger ist die zweite Möglichkeit: Die Nachteilsausgleichsvereinbarung wird Teil eines Hauptversammlungsbeschlusses, der sich mit der Nachteilszufügung durch das herrschende Unternehmen befasst.12 Der Vorstand kann, anstatt selbst zu entscheiden, nach § 119 Abs. 2 AktG eine Entscheidung der Hauptversammlung über die Vornahme eines nachteiligen Rechtsgeschäfts verlangen. Dies wird er in der Regel aus Selbstschutz tun, da er dann vom Haftungsausschluss des § 93 Abs. 4 S. 1 AktG profitiert.13 Fällt das Rechtsgeschäft, das das abhängige Unternehmen auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens vornehmen soll, in die Kompetenz der Hauptversammlung,14 muss die Hauptversammlung über die Vornahme des Rechtsgeschäfts bereits nach § 119 Abs. 1 AktG entscheiden. Letzterer Fall wird aber nur selten vorkommen. Durch die (faktische) Stimmenmehrheit des herrschenden Unternehmens wird es an einem zustimmenden Beschluss aber in den seltensten Fällen fehlen. In beiden Fällen liegt 10

Die Ausführungen gelten für eine bezifferte Vereinbarung entsprechend. Dazu sogleich § 9. 12 Dies dürfte in vielen Fällen sogar die zwingend erforderliche Vorgehensweise sein; so im Ergebnis auch BGH II ZR 30/11 = AG 2012, 680 (Rn. 17). 13 Altmeppen, ZIP 2016, 441. 14 Dies gilt in Fällen des § 119 I AktG und nach den Grundsätzen der Holzmüller-Entscheidung des BGH (BGHZ 83, 122) sowie der Gelatine-Entscheidung (BGHZ 159, 30). 11

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

indes schon im positiven Beschluss über die Vornahme des Rechtsgeschäfts, genauer in der Ausübung des Stimmrechts des herrschenden Unternehmens, die Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme durch das herrschende Unternehmen.15 Wenn dieser Beschluss Sondervorteile für den Mehrheitsaktionär, das herrschende Unternehmen, im Sinne des § 243 Abs. 2 AktG enthält, führt dies dazu, dass dieser Sondervorteil auszugleichen ist. Sondervorteil in diesem Sinne ist ohne Rücksicht auf die Art seiner Erlangung jedweder Vorteil, sofern es bei einer Gesamtwürdigung der Fallumstände als sachwidrige, mit den Interessen der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre unvereinbare Bevorzugung erscheint, dem Aktionär oder einem Dritten den Vorteilserwerb zu gestatten oder den bereits vollzogenen Erwerb hinzunehmen.16 Im konkreten Fall der Nachteilszufügung ist der ihr zustimmende Beschluss der vom Mehrheitsaktionär erlangte Sondervorteil,17 denn der Mehrheitsaktionär erhält günstigere Konditionen, als sie ein konzernfremder Dritter bekommen würde, dies löst ja gerade die Nachteiligkeit der Maßnahme bzw. des Rechtsgeschäfts aus.18 Mithin enthalten Hauptversammlungsbeschlüsse, die einer Nachteilszufügung zustimmen, regelmäßig Sondervorteile für den Mehrheitsaktionär. Dies führt zu einer Ausgleichspflicht nach § 243 Abs. 2 S. 2 AktG, um den Beschluss nicht anfechtbar zu machen. Hieraus folgt, dass schon im zustimmenden Beschluss der Hauptversammlung über die Nachteilszufügung der Sondervorteil, der regelmäßig dem Nachteil entspricht, auszugleichen ist. Im Ergebnis ist somit der Nachteilsausgleich, der dem Ausgleich des Sondervorteils entspricht, bereits im Hauptversammlungsbeschluss zu vereinbaren.19 Dies bedeutet, dass die bezifferte oder unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in den meisten praktisch relevanten Fällen durch die Hauptversammlung abzuschließen ist. Hierdurch werden die außenstehenden Aktionäre ausreichend mit in die Entscheidungsfindung einbezogen. Andernfalls ist der Beschluss anfechtbar. Ist der Hauptversammlungsbeschluss aus anderen Gründen anfechtbar oder sogar nichtig, ändert dies nichts an der Rechtsfolge des § 243 Abs. 2 S. 2 AktG, die insofern – im Einklang mit der Kipp’schen Lehre zu Doppelwirkungen im Recht20 – unabhängig vom sonstigen Bestand des Hauptversammlungsbeschlusses ist. Der Zwang zum Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinba15

So auch BGH II ZR 30/11 = AG 2012, 680 (Rn. 18). BGHZ 138, 71, 80 f.; MüKo AktG/Hüffer, § 243 AktG Rn. 75. 17 Anders wohl Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 85, der den Sondervorteil im Zahlungsaufschub bis zum Geschäftsjahresende im Sinne von § 311 Abs. 2 AktG sehen will. Dies ist aber mit Blick auf die in Frage stehende Rechtsfolge des § 243 Abs. 2 AktG widersprüchlich formuliert. 18 Zum nach der hier vertretenen Exculpationslösung allein maßgeblichen Drittvergleich siehe oben § 3 I. 2. a). 19 Vgl. MüKo AktG/Hüffer, § 243 AktG Rn. 105 a.E.; nach Schilling, in: Freundesgabe für Hengeler, S. 226, 234 wäre eine andere Alternative der Ausgleich des Sondervorteils ohne Nachteilsausgleichsvereinbarung. Dies kann aber aus Sicht des herrschenden Unternehmens zu einer Doppelbelastung kann, wenn sich die Höhe des Sondervorteils anders darstellt als der auf der veranlassten Maßnahme beruhende Nachteil. 20 Vgl. zu dieser Lehre Kipp, in: FS Martitz, S. 211 ff. 16

§ 8 Gestaltung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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rung innerhalb des Hauptversammlungsbeschlusses gilt daher nach zutreffender Auffassung des BGH auch bei sonstiger Nichtigkeit dieses Beschlusses.21 Dies ist aber für die hier untersuchten generellen Abschlussvoraussetzungen von nachrangiger Bedeutung, da hier zunächst nicht von einer Nichtigkeit des Beschlusses auszugehen ist. Relevant wird diese Sichtweise erst bei forensischer Betrachtung des Vorgangs. Gegen den weitreichenden Zwang zum Abschluss durch die Hauptversammlung wird jedoch zuweilen die Privilegierungsfunktion des § 311 Abs. 2 AktG angeführt.22 Demnach solle auch in den Fällen, in denen die Hauptversammlung über die Zustimmung zur nachteiligen Maßnahme beschließt, für den Abschluss der Vereinbarung die Frist bis zum Geschäftsjahresende gemäß § 311 Abs. 2 S. 1 AktG maßgeblich sein.23 Die wohl herrschende Auffassung geht jedoch davon aus, dass schon der – der Nachteilszufügung zustimmende – Beschluss der Hauptversammlung den Nachteilsausgleich regeln muss.24 Hierfür spricht, dass bei Verdrängung des § 243 Abs. 2 S. 2 AktG durch § 311 Abs. 2 AktG der Zustimmungsbeschluss bei Ablauf der Anfechtungsfrist bestandskräftig würde, auch wenn der Nachteilsausgleich nicht (später) erfolgt. Eine Beseitigung der nachteiligen Maßnahme könnte dann, wegen der Bestandskraft, nicht mehr erfolgen.25 Zudem hätte ein Minderheitsaktionär keine Möglichkeit, einen aus seiner Sicht nichtigen Beschluss gerichtlich anzugreifen, bevor das Geschäftsjahr abgelaufen und bis dahin kein (angemessener) Nachteilsausgleich erfolgt ist.26 Daher kann die Privilegierungsfunktion des § 311 Abs. 2 AktG bei Hauptversammlungsbeschlüssen über die Nachteilszufügung nicht zur Anwendung kommen, womit schon im Hauptversammlungsbeschluss der Nachteilsausgleich geregelt werden muss.27 Die Vorschriften § 311 Abs. 2 AktG und § 243 Abs. 2 AktG gelten also nebeneinander.28 Im Kern liegt hierin eine teleologische Reduktion des Konzernprivilegs des § 311 Abs. 2 AktG.29 21

BGH II ZR 30/11= AG 2012, 680 (Rn. 20). Zu dieser Funktion des § 311 AktG schon oben § 1 II.; ausführliche Untersuchung des Verhältnisses bei Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 288 ff.; vgl. ebenfalls Strohn, Verfassung der AG, S. 36 ff., S. 193 f.; für den Vorrang des § 311 Abs. 2 AktG auch Arnold/Gärtner, in: FS Stilz, S. 9 ff. 23 Abrell, BB 1974, 1463, 1467; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 289 ff.; für die Fälle der Zuständigkeit der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 2 AktG auch Strohn, Verfassung der AG, S. 40. 24 Vgl. nur OLG Frankfurt, WM 1973, 348, 350 f.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 85; mit anderer Begründung aber inhaltlich gleichem Ergebnis Altmeppen, ZIP 2016, 441, 443 f. 25 Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 Rn. 65; Würthwein, in: Spindler/Stilz, § 243 AktG Rn. 219 ff. 26 So schon OLG Frankfurt WM 1973, 348, 350. 27 Ebenso Seulen, EWiR 2012, 683, 684; a.A. Altmeppen, ZIP 2016, 441, 442. 28 So im Ergebnis Altmeppen, ZIP 2016, 441, 445; ebenfalls schon Martens, AG 1974, 9, 13 im Anschluss an OLG Frankfurt WM 1973, 348; a.A Arnold/Gärtner, in: FS Stilz, S. 9 ff. 29 Vgl. Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1289. 22

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Der Schutzzweck des § 311 AktG und der des § 243 Abs. 2 AktG wirken in diesem Fall zusammen und verbieten eine zeitliche Privilegierung. Mithin ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung schon durch die Hauptversammlung zu beschließen und wird somit Teil des Hauptversammlungsbeschlusses. Altmeppen30 wählt insoweit einen differenzierten Weg und will danach unterscheiden, ob eine zeitliche Streckung des Ausgleichs überhaupt sorgfaltsgemäß aus Sicht des Vorstands ist. Diese Differenzierung beruht auf einem gänzlich anderen Verständnis der §§ 311 ff. AktG.31 Dieses Verständnis der Rechtsnatur des Ausgleichs nach § 311 AktG ist allerdings abzulehnen.32 Daraus folgt auch, dass der in Bezug auf das Verhältnis von § 243 AktG und § 311 AktG von Altmeppen vorgeschlagenen Differenzierung nicht zu folgen ist, da die fehlerhafte Grundprämisse insoweit Ausstrahlungswirkung entfaltet. Durch die Hauptversammlungsmehrheit des herrschenden Unternehmens ist diese Form des Abschlusses allerdings unproblematisch. Ein Stimmverbot wegen der Verfolgung von Sondervorteilen besteht nicht.33 Praktisch können diese formellen Anforderungen durch eine aufschiebende Bedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung oder des Hauptversammlungsbeschlusses erreicht werden.34 Fehlt die Nachteilsausgleichsvereinbarung oder die Zustimmung der Hauptversammlung im Hauptversammlungsbeschluss, ist dieser Beschluss nach § 243 Abs. 2 AktG anfechtbar. Allerdings wird auch die formgerecht im Hauptversammlungsbeschluss enthaltene Nachteilsausgleichsvereinbarung über eine Anfechtungsklage angreifbar, sofern sonstige Anfechtungsgründe bestehen.35 Dieser Nachteil des zwingenden Abschlusses durch die Hauptversammlung in einem Großteil der praktisch relevanten Fälle wird vielleicht aber durch die Vorteile der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kompensiert.

30

Altmeppen, ZIP 2016, 441 – passim. Hierzu bereits oben § 5 III. 3. 32 Hierzu bereits oben § 5 III. 4. 33 Dies folgt aus einem Umkehrschluss der gesetzlichen Regelung in § 243 Abs. 2 AktG, die verlangt, dass ein Aktionär durch den Beschluss einen Sondervorteil erlangt. Vgl. zum Erfordernis der Stimmabgabe durch den Aktionär auch MüKo AktG/Hüffer, § 243 AktG Rn. 74. 34 Vgl. hierzu Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1288. 35 Dazu ausführlich unten § 13 II. 8. ff), gg). 31

§ 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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§ 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – ein Instrument zur Haftungsreduzierung? I. Der Nutzen aus Sicht des herrschenden Unternehmens 1. Die Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG als Ausgangspunkt Der Abschluss von unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen ist hauptsächlich für das herrschende Unternehmen vorteilhaft. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die den Abschluss einer unbezifferten Vereinbarung im Vergleich zur bezifferten Vereinbarung attraktiver erscheinen lassen.36 Insbesondere ist hier die Möglichkeit hervorzuheben, auch Maßnahmen zu veranlassen, die zwar insgesamt quantifizierbar sind, deren Nachteilsumfang sich aber im relevanten Zeitpunkt noch nicht abschließend bestimmen lässt.37 Diese Situationen lassen sowohl aus Sicht des herrschenden Unternehmens und seiner Anteilseigner als auch aus Sicht der Vorstände den Abschluss einer bezifferten Vereinbarung nicht zu. Insbesondere die sich aus § 311 Abs. 2 AktG ergebende Pflicht, den Vorteil konkret zu benennen, kann mit einer bezifferten Vereinbarung dann nicht mit Sicherheit erfüllt werden. Dadurch entsteht das Risiko einer Schadenersatzpflicht nach § 317 AktG. Aus Sicht des Unternehmens genügt wahrscheinlich in aller Regel schon dieses potenzielle Haftungsrisiko nach § 317 Abs. 1 AktG, um den Abschluss der flexiblen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu rechtfertigen. Zwar hat auch dessen Vorstand selbst ein Interesse an geringen Haftungsrisiken, allerdings steht das Wohl des Unternehmens – ausgedrückt in einer risikoarmen Geschäftsführung durch den Vorstand – über den potenziellen Risiken, denen sich der Vorstand möglicherweise ausgesetzt sieht. Zunächst werden daher die Vorteile für das herrschende Unternehmen näher beleuchtet. Dieses sieht sich im Rahmen des faktischen Konzerns vielen Bewertungsrisiken ausgesetzt,38 die sich durch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung umgehen ließen.39 Zu nennen sind hier vor allem zukunftsbezogene Veranlassungen, wie Entwicklungsaufträge oder Markterschließungen.40 Insbesondere problematisch ist es, den Nachteil genau zu quantifizieren, wenn Prognosen erforderlich sind.41 Sind diese Prognosen unsicher oder mit hohem Fehlerpotenzial ausgestattet, so besteht bei dennoch erfolgter Veranlassung der Maßnahme das eben angedeutete Haftungsrisiko 36

Einleitend dazu schon oben § 6 III. 2. b) bb). Zur Frage, ob diese Konstruktion zulässig ist, vgl. ausführlich unten § 13 II. 38 Vertiefend zur Prognoseproblematik vgl. Spindler, AG 2006, 677 passim. 39 Zu den einzelnen Anwendungsfeldern siehe noch ausführlich unten § 10. 40 Vielfach wird hier auch die Unternehmensbewertung genannt, dazu jedoch ausführlich unten § 10 II. 41 Zu Prognosen im Bereich des Nachteilsausgleichs Spindler, AG 2006, 677, 688 f. 37

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

des § 317 Abs. 1 AktG. Wird der Nachteil als Folge der unsicheren Prognose nur unzureichend ausgeglichen, entsteht nach § 317 Abs. 1 AktG ein Schadenersatzanspruch wegen Nichtausgleichs des Nachteils.42 Dieses Haftungsrisiko kann aber durch eine sorgfältige Bewertung der Nachteiligkeit schon im Lichte des § 317 Abs. 2 AktG um ein Vielfaches verringert werden. Hat der Vorstand nämlich alles unternommen, um den Nachteil festzustellen, und hierbei vertretbar keine Nachteiligkeit ermitteln können, so liegt ein Haftungsausschluss nach § 317 Abs. 2 AktG nahe.43 Insbesondere in den Fällen, in denen der Vorstand auf einer ausreichenden Informationsgrundlage den vom Gesetz gegebenen Ermessensspielraum eingehalten hat, ist ein Schadenersatzanspruch daher ausgeschlossen.44 Es wird aber Fälle geben, in denen die Nachteiligkeit an sich nicht zu übersehen ist, jedoch die Höhe zum relevanten Zeitpunkt trotz aller Anstrengungen nicht ermittelt werden kann.45 Dann steht grundsätzlich eine Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG im Raume, die durch den Abschluss einer – hier zunächst als zulässig unterstellten – unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vermieden werden könnte, da hier jeder Nachteil sofort als ausgeglichen gilt.46 Neben dieser Haftung wegen fehlerhaften Nachteilsausgleichs gibt es aber noch weitere Haftungsgründe aus Sicht des herrschenden Unternehmens, die den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nahelegen. Abseits der konzernrechtlichen Sonderregeln existieren auch andere aktienrechtliche Normen, die ein solches Haftungsrisiko in Fällen derzeit nicht exakt quantifizierbarer Nachteile begründen können. Bestehen weitere Risiken, so vergrößert sich naturgemäß der Anreiz, eine Vereinbarung abzuschließen, die diese Risiken scheinbar problemlos beseitigen kann. 2. Weitere Haftungsgründe Zunächst liegt in der Veranlassung einer Maßnahme auch die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf den Vorstand des abhängigen Unternehmens. Das herrschende Unternehmen hat seinen Einfluss auf die abhängige Gesellschaft ausgenutzt, um diese zu einem für sie nachteiligen Geschäft zu veranlassen. Dieses Geschäft wurde unter dem Druck der herrschenden Gesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand als satzungsgemäß berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB,47 vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft in Abkehr von der Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durchgeführt. Ein ausreichender Nachteilsausgleich ist nicht gesichert, da schon der Nachteil nur mit Schwierigkeiten bestimmt werden kann. Dieser möglicherweise unvollständige Ausgleich stellt einen poten42

Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 6. Nach bestrittener herrschender Auffassung liegt schon kein Nachteil vor; siehe oben § 2. 44 Zur ausreichenden Informationsgrundlage siehe auch Spindler, AG 2006, 677, 681. 45 Zu diesen Fällen siehe ausführlich unten § 10. 46 Zur genauen Formulierung vgl. oben § 8 II. 47 Zur möglichen Haftung des Vorstands des herrschenden Unternehmens nach § 117 Abs. 1 AktG vgl. unten § 9 II. 1. b). 43

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ziellen Schaden der Gesellschaft im Sinne des § 317 Abs. 1 AktG, aber auch des § 117 Abs. 1 S. 1 AktG dar. Das herrschende Unternehmen hat seinen Einfluss zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft geltend gemacht und haftet daher in der Regel nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG, falls aus der Veranlassung ein Schaden für die abhängige Gesellschaft resultiert. Dieser Anspruch entsteht im Moment der Schadenszufügung und ist sofort fällig. Zudem besteht die oben erläuterte Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG. Daher stellt sich die Frage, wie diese beiden Haftungsnormen zueinander stehen. Liegt ein ausreichender Nachteilsausgleich im Sinne des § 311 AktG vor, bzw. ist die Frist zum Ausgleich noch nicht abgelaufen, so tritt § 117 AktG nach allgemeiner Auffassung hinter die Sonderregeln des faktischen Konzerns zurück,48 um die privilegierende Wirkung des § 311 Abs. 2 AktG nicht zu unterlaufen. Fehlt es aber, wie in den hier relevanten Fällen, an einem vollständigen und rechtzeitigen Nachteilsausgleich, besteht also eine Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG, so wird diese durch § 117 Abs. 1 AktG ergänzt, da es im Bereich des Schadenersatzanspruchs keine vorrangige privilegierende Wirkung mehr gibt.49 Zudem ist das herrschende Unternehmen in den meisten Fällen Nutznießer im Sinne des § 117 Abs. 3 AktG.50 Wird jedoch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen, entfällt bereits der Haftungsgrund der §§ 117, 317 AktG, da der Nachteil in jedem Fall vollständig und rechtzeitig ausgeglichen und deshalb schon kein Schaden im Sinne des § 117 AktG entstanden ist. Weiterhin ist der Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in den hier diskutierten Situationen für das herrschende Unternehmen in prozessualer Hinsicht interessant.51 In den meisten Fällen einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens zweifeln die am abhängigen Unternehmen beteiligten Minderheitsaktionäre an der Vollständigkeit des Ausgleichs bzw. an der festgestellten Nachteilshöhe. In diesen Situationen haben das herrschende Unternehmen und mit ihm auch die abhängige Gesellschaft zwei Möglichkeiten vorzugehen, wenn beide von der Angemessenheit des vorgesehenen Ausgleichs ausgehen: Entweder sie lassen sich auf eine Klage der Minderheitsaktionäre ein und gehen somit das Risiko einer Schadenersatzpflicht nach § 317 AktG ein oder sie lassen die veranlasste Maßnahme und damit den zugefügten Nachteil erneut aufwendig bewerten, mit der Folge einer doppelten Kostenbelastung. Einen denkbaren Ausweg bietet in solchen Situationen der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Diese sorgt 48 Ganz h.M.; statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 50; a.A. noch Brüggemeier, der die §§ 311 ff. AktG generell als leges speciales zu § 117 AktG ansieht, vgl. Brüggemeier, AG 1988, 93, 102. Zur Privilegierungswirkung vgl. schon oben § 1. 49 Vgl. nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 88. 50 Sollte das Äquivalent des Nachteils der abhängigen Gesellschaft einem anderen als dem herrschenden Unternehmen zufließen (etwa einer ebenfalls im Konzernverbund stehenden Schwestergesellschaft des abhängigen Unternehmens), so haftet dieses nach § 117 Abs. 3 AktG, was dessen Vorstand wiederum zum Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bewegen dürfte. 51 Siehe hierzu aber ausführlich unten § 13 II. 8.

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dafür, dass der Nachteil auf jeden Fall rechtzeitig und vollständig ausgeglichen ist, und bildet so möglicherweise einen kostengünstigen Kompromiss.52 3. Ergebnis Als Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass bei stärkeren Eingriffen in die Souveränität der abhängigen Gesellschaft der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung für das herrschende Unternehmen vorteilhaft erscheint. Allein das potenzielle Haftungsrisiko wegen Fehlbewertung des entstandenen Nachteils im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG genügt also aus Sicht des herrschenden Unternehmens, um eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, die jeden Nachteil ausgleicht,53 abzuschließen. Daher wird der Vorstand, schon um eine eigene Haftung aus §§ 76, 93 AktG zu vermeiden, den Abschluss dieser Vereinbarung vorantreiben. Neben der Sorgfaltspflicht aus § 76 AktG und der Haftung für ihre Verletzung nach § 93 AktG bestehen für den Vorstand des herrschenden Unternehmens aber auch weitere Anreize für den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Zusätzlich existiert auch die Möglichkeit, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft am Abschluss dieser Vereinbarung interessiert ist.54 Dieser Nutzen der beteiligten Vorstände ist dabei immer abhängig vom Risiko der fehlerhaften Nachteilsbewertung.

II. Der Nutzen aus Sicht der Vorstände @ die Reduzierung von Haftungsrisiken 1. Der Vorstand des herrschenden Unternehmens a) Der Nichtausgleich des Nachteils und die Haftung nach § 317 Abs. 3 AktG Wohl der bedeutendste Grund aus Sicht des Vorstands des herrschenden Unternehmens für den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist daher das Haftungsrisiko, dem er sich bei der Veranlassung nachteiliger Maßnahmen ausgesetzt sieht. Dieses Haftungsrisiko im faktischen Konzern ist die Summe einer Vielzahl einzelner Risiken, die sich für den Vorstand aus einer Veranlassung des abhängigen Unternehmens ergeben. Um den Willen des Vorstands hin zum Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verstehen zu können, werden diese verschiedenen Risiken daher näher beleuchtet. Allerdings bleibt die Untersuchung dieser Risiken auf die zukunftsbezogenen Veranlassungen mit Pro52 Mit diesen Erwägungen auch OLG München, Az. 7 U 1584/10 (Rn. 75); dazu auch unten § 12 III. und § 13 IV. 2. 53 Dazu bereits oben § 8 II. 54 Dazu unten § 9 II. 2.

§ 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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gnoseunsicherheiten und dadurch derzeit nicht bestimmbare Nachteile beschränkt.55 In allen anderen Fällen ist der Vorstand nach § 76 AktG allein verantwortlich und kann diese Verantwortung nicht durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung umgehen. Damit sind die sonstigen Bewertungsrisiken rechtlich nicht in einer Weise relevant, dass der Vorstand hier durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung die Bewertung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben und sich so „die Arbeit erleichtern“ kann. Die aus Sicht des Vorstands bei der Bewertung des Nachteils bestehende Haftungsgefahr stellt zunächst lediglich einen Reflex des Risikos des herrschenden Unternehmens dar. Zunächst haftet der Vorstand daher nach § 317 Abs. 3 AktG gesamtschuldnerisch neben dem herrschenden Unternehmen auf Schadenersatz für die nachteilige Veranlassung, wenn der Nachteilsausgleich nicht vollständig erfolgt ist.56 Der fehlende vollständige Ausgleich ist in den hier diskutierten Fällen durch die fehlerhafte, weil schwierige, Bewertung des Nachteils im Rahmen der Prognose zukünftiger Entwicklungen verursacht.57 Die fehlerhafte Bewertung des Nachteils, dessen dennoch erfolgte Veranlassung und der mit der fehlerhaften Nachteilsbewertung verbundene mangelhafte Ausgleich stellen zudem einen Sorgfaltspflichtverstoß des Vorstands dar, der in Fällen eines nur schwer zu bestimmenden Nachteils die Veranlassung – wegen der Gefahr eines nicht vollständigen Ausgleichs – hätte unterlassen müssen. Erfolgte dieser Pflichtverstoß schuldhaft, so ist der Vorstand gegenüber dem herrschenden Unternehmen zum Ersatz des aus dem nicht vollständig ausgeglichenen Nachteil entstehenden Schadens verpflichtet. Der Schaden besteht insoweit in der Schadenersatzverpflichtung des herrschenden Unternehmens aus § 317 Abs. 1 AktG. Zusätzlich haftet der Vorstand neben dem herrschenden Unternehmen auch nach § 317 Abs. 3 AktG als Gesamtschuldner. Ein Verschulden des Vorstands hinsichtlich der Veranlassung des Nachteils ist weder für die Haftung des Unternehmens nach Abs. 1 noch für die gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit nach Abs. 3 erforderlich.58 Folgt man der herrschenden Tatbestandslösung bei der Bestimmung des Nachteils, so fehlt es an einem zusätzlichen Erfordernis einer Pflichtverletzung des Vorstands des herrschenden Unternehmens, da dessen Beurteilung bzw. die Überschreitung des Beurteilungsspielraums schon im Rahmen der Nachteilsbestimmung ausreichend berücksichtigt wurde.59 Nach der hier vertretenen Exculpationslösung ist ein Nachteil bei Verletzung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft gegeben.60 Der Nachteil als solcher und auch dessen Veranlassung 55 Zu einzelnen tatsächlichen Anwendungsfeldern der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung siehe unten § 10 III. 56 Vgl. nur Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 13 f. 57 Vgl. soeben § 9 I. 58 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 AktG Rn. 5, 7; Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 5 m.w.N.; Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, Rz. 12.566. Für ein Verschuldenserfordernis im Sinne des Vorsatzes Brüggemeier, AG 1988, 93, 100. 59 Zu dieser Auffassung bereits oben § 2 II. 60 Zur Exculpationslösung siehe oben § 2 III. und IV.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

sind allein anhand des § 311 AktG zu betrachten. Ein Verschuldenserfordernis ist auch hierin nicht zu sehen. Vielmehr enthält die Vorschrift des § 317 Abs. 2 AktG, wenn auch etwas umständlich ausgedrückt, den Beurteilungsspielraum des Vorstands des herrschenden Unternehmens und ist entgegen der herrschenden Auffassung erst auf der Ebene der Haftung auf Schadenersatz relevant. Der Vorstand muss gemäß § 76 AktG jede Veranlassung eigenverantwortlich als Vertreter des herrschenden Unternehmens bewerten. Hierbei ist zu untersuchen, ob die veranlasste Maßnahme auch ohne Veranlassung durchgeführt worden wäre, nämlich dann, wenn ihre Durchführung durch den Vorstand der abhängigen Gesellschaft dessen Sorgfaltspflicht entsprochen hätte. Der hierin enthaltene Drittvergleich umreißt den Beurteilungsspielraum des Vorstands der herrschenden Gesellschaft. Hat der Vorstand des herrschenden Unternehmens die von § 317 Abs. 2 AktG gesetzten Grenzen – verschuldensunabhängig – verletzt, so haftet das herrschende Unternehmen nach § 317 Abs. 1 AktG und nach § 317 Abs. 3 AktG der Vorstand auf Schadenersatz. Wird jedoch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung getroffen, so wäre – bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – jeder Nachteil, der sich nach Feststellung eines Gerichts ergibt, durch den Rechtsanspruch aus der Vereinbarung ausgeglichen, weshalb keine Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG entstehen könnte und somit auch keine Haftung des Vorstands aus § 317 Abs. 3 AktG.61 Möglicherweise stellt aber die Fehlbewertung des Nachteils oder die Veranlassung der nachteiligen Maßnahme die Grundlage für anderweitige Haftungsansprüche dar, denen sich der Vorstand ausgesetzt sieht. Bei diesen eventuell erfüllten Haftungsnormen ist jeweils das Verhältnis zu den Regeln über den faktischen Konzern zu untersuchen. Hierbei kann es entweder zu einer Normenkollision, zu Wertungswidersprüchen oder zu einer parallelen Anwendung der Haftungsnormen und der §§ 311 ff. AktG kommen.62 Dies kann aus Sicht des Vorstands entweder zu einer Vervielfältigung des Haftungsrisikos führen, etwa wenn auch andere Anspruchsgrundlagen unabhängig von der Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 1 AktG in Frage kommen, oder nicht. Im Folgenden werden daher die weiteren in Frage kommenden Haftungsnormen untersucht und es wird deren Verhältnis zu den Regeln über den faktischen Konzern geklärt. Bei den Wirkungen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wird dabei jedes Mal deren Zulässigkeit unterstellt. Zunächst fällt bei der Untersuchung weiterer Haftungs-

61 Hierin liegt allerdings ein erstes Problem der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, da sie mit dieser Argumentation nach herrschender Auffassung schon den Nachteil selbst ausschließt. Dieser Schluss wird aber von den Verwendern der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, allen voran Wirth, in: GS Martin Winter, S. 789, nicht gezogen; vgl. dazu ausführlich unten § 13 II. 8. a) aa). 62 Diese verschiedenen Ergebnisvarianten beschreibt Strohn im Vorgriff auf eine Untersuchung der Verflechtung der unterschiedlichen Haftungsnormen anschaulich; vgl. Strohn, Verfassung der AG, S. 23 f.

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normen der Blick wiederum auf die §§ 311, 317 AktG artverwandte Vorschrift des § 117 AktG. b) Haftung aus § 117 AktG Möglicherweise sieht sich der Vorstand des herrschenden Unternehmens auch einem Schadenersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft aus § 117 AktG ausgesetzt. Hier stellt sich neben der Frage des Verhältnisses zu den §§ 311 ff. AktG das Problem, ob den Vorstand diese Haftung überhaupt trifft oder ob es sich allein um eine Haftung des herrschenden Unternehmens handelt.63 Der Vorstand übt bei der Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme als alleinvertretungsberechtigtes Organ der herrschenden Aktiengesellschaft Einfluss auf den Vorstand der abhängigen Gesellschaft aus. Dieser Einfluss führt bei Nichtausgleich des Nachteils zu einem Schaden der abhängigen Gesellschaft, vgl. § 317 Abs. 1 AktG.64 Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft hat daher unter dem Einfluss des Vorstands der herrschenden Gesellschaft zum Nachteil der eigenen Gesellschaft gehandelt. Deshalb ist der Vorstand der herrschenden Gesellschaft möglicherweise nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet. Allerdings stellt sich die Frage, ob Haftungsadressat nicht eher das herrschende Unternehmen ist, dem nach § 31 BGB das Handeln des Vorstands zugerechnet wird.65 Diese Zurechnung führt jedoch nicht dazu, dass der Vorstand selbst von seiner Haftung frei wird. Vielmehr haftet er nach herrschender Auffassung neben der herrschenden Gesellschaft.66 Nach der Gegenauffassung, die vor allem auf Brüggemeier zurückgeht, haftet der Vorstand selbst nicht, da er nur den Einfluss der Gesellschaft geltend macht.67 Die Pflicht, eine schädigende Einflussnahme zu unterlassen, träfe das Unternehmen, die Verletzung erfolge aber durch den Organwalter, wobei diese Verletzung dem Unternehmen zugerechnet werde.68 Dies macht Brüggemeier am Beispiel einer GmbH deutlich, bei der der Geschäftsführer auf Weisung der Gesellschafter die nachteilige Einflussnahme begeht. In diesem Fall ist auch einleuchtend, dass der Geschäftsführer selbst hier nicht verantwortlich ist, da er weisungsunterworfen ist. Bei der Aktiengesellschaft ist der Vorstand aber weisungsfrei. Daher kann das für die GmbH nachvoll-

63 Zum Verhältnis der sonstigen Haftungsnormen zu den § 311 ff. AktG ausführlich bei der Haftung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft unten § 9 II. 2. 64 Dazu auch oben § 9 I. 65 Zu dieser Zurechnung vgl. nur Schall, in: Spindler/Stilz, § 117 AktG Rn. 14; für alleinige Haftung des Unternehmens Brüggemeier, AG 1988, 93, 95; im Anschluss daran Mertens, in: KK-AktG, § 117 AktG Rn. 12. 66 So wohl auch MüKo AktG/Spindler, § 117 AktG Rn. 12 a.E., 14 f.; a.A. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 88. 67 Brüggemeier, AG 1988, 93, 95 re. Sp. 68 Brüggemeier, a.a.O. (Fn. 397).

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ziehbare Prinzip nicht auf die AG übertragen werden.69 Auch über § 317 Abs. 3 AktG ergibt sich kein anderes Ergebnis. Hiernach haftet der Vorstand neben dem herrschenden Unternehmen auf Schadenersatz, wegen Nichtausgleich des zugefügten Nachteils. Aus § 317 Abs. 3 AktG lässt sich aber weder schließen, dass hierdurch eine Haftung aus § 117 AktG ausgeschlossen ist, da eine Haftung des Vorstands über § 317 Abs. 3 AktG generiert werden muss, noch dass eine solche Haftung neben § 317 Abs. 3 AktG wirklich besteht. Die Auffassung Brüggemeiers lässt sich daher auch nicht über § 317 Abs. 3 AktG herleiten. Den Vorstand trifft deshalb dem Grunde nach eine Schadenersatzhaftung aus § 117 AktG für die schädigende Einflussnahme auf den Vorstand der abhängigen Gesellschaft. Zu klären ist deshalb, wie § 117 Abs. 1 S. 1 AktG zu § 317 Abs. 3 AktG steht. Die Haftung des Vorstands über § 317 Abs. 3 AktG setzt eine solche der herrschenden Gesellschaft nach § 317 Abs. 1 AktG voraus, weshalb sich die Frage nach einem Konkurrenzverhältnis grundsätzlich auf die Vorschriften des § 117 Abs. 1 AktG und des § 317 Abs. 1 AktG beschränkt. Nach überwiegender Auffassung wird § 117 AktG nicht durch § 317 AktG verdrängt.70 Zwar ist die in § 311 AktG enthaltene Privilegierung gegenüber der sofortigen Schadenersatzfolge des § 117 AktG vorrangig,71 allerdings bleibt für dieses Vorrangverhältnis kein sachlicher Grund mehr, wenn der Nachteilsausgleich nicht rechtzeitig und/oder vollständig erfolgt ist und ein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1, Abs. 3 AktG entsteht, da dieser ebenfalls sofort fällig ist.72 Daher ist mit der ganz herrschenden Meinung von einer gleichzeitigen Anwendbarkeit von § 317 Abs. 3 AktG und § 117 AktG bei der Haftung des Vorstands der herrschenden Gesellschaft aufgrund nachteiliger Einflussnahme auszugehen.73 Wird allerdings eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen, so entfiele nicht nur der Anspruch aus § 317 Abs. 1, Abs. 3 AktG und damit das Konkurrenzverhältnis, sondern es fehlte auch an einem Schaden im Sinne des § 117 AktG. Fehlt es jedoch an einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, so kann sich aus der Veranlassung auch ein Regressanspruch der herrschenden Gesellschaft gegen den Vorstand ergeben. c) Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG Sollte die herrschende Gesellschaft nach § 317 Abs. 1 AktG schadenersatzpflichtig werden, da kein ausreichender Nachteilsausgleich erfolgt ist, so stellt sich die Frage, ob sie beim Vorstand Regress nehmen kann. Die Haftung aus § 317 69 So im Ergebnis auch MüKo AktG/Spindler, § 117 AktG Rn. 15; a.A. Mertens, in: KK-AktG, § 117 AktG Rn. 12. 70 Statt aller Hüffer/Koch, § 117 AktG Rn. 14. 71 Ulmer, in: FS Hüffer, S. 1010 f. 72 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 88; im Ergebnis auch Ulmer, in: FS Hüffer, S. 1011. 73 Insofern gilt das Gleiche wie beim oben geprüften Verhältnis zwischen § 317 Abs. 1 AktG und § 117 AktG; vgl. oben § 9 I.

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Abs. 1 AktG entsteht bei Missachtung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in Person des Vorstands der abhängigen Gesellschaft, vgl. § 317 Abs. 2 AktG. Dieser Verschuldensmaßstab entspricht dem des § 93 Abs. 1 AktG.74 Daher besteht zumindest die Möglichkeit einer Haftung des Vorstands des herrschenden Unternehmens für die schuldhafte Herbeiführung eines Schadenersatzanspruchs des herrschenden Unternehmens aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG, wenn auch ihm ein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen ist. Der Vorstand führt gemäß § 76 Abs. 1 AktG das herrschende Unternehmen in eigener Verantwortung. Weisungen ist er nicht unterworfen.75 Daher entspringt die Entscheidung, das abhängige Unternehmen zu einer nachteiligen Maßnahme zu veranlassen, allein dem Verantwortungsbereich des Vorstands. Und auch die Entscheidungen über die Bewertung des Nachteils und die Gewährung des Ausgleichs sind allein solche des Vorstands. Deshalb ist auch ein unzureichender Nachteilsausgleich und damit der Haftungsgrund des § 317 Abs. 1, Abs. 2 AktG allein dem Vorstand vorzuwerfen. Hat der Vorstand der herrschenden Gesellschaft in Bezug auf den unzureichenden Nachteilsausgleich zugunsten der abhängigen Gesellschaft den von § 317 Abs. 2 AktG vorgegebenen Ermessensspielraum missachtet, liegt hierin eine interne Pflichtverletzung des Vorstands des herrschenden Unternehmens gegenüber dem herrschenden Unternehmen. Der Vorstand des herrschenden Unternehmens hätte erkennen müssen, dass ein unabhängiger Geschäftsleiter die von ihm als Vertreter des herrschenden Unternehmens veranlasste Maßnahme nicht durchgeführt hätte. Zudem hätte er bemerken müssen, dass der Ausgleich des Nachteils nicht vollständig erfolgt ist. Zumindest ein fahrlässiges Verhalten ist daher dem Vorstand des herrschenden Unternehmens vorzuwerfen. Das herrschende Unternehmen haftet nur wegen dieses Sorgfaltsverstoßes des Vorstands für die unzureichende Nachteilskompensation. Diese schuldhafte Herbeiführung der Haftung des herrschenden Unternehmens ist daher Haftungsgrund des Regressanspruchs aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG.76 Damit hat das herrschende Unternehmen einen Anspruch gegen seinen Vorstand, wenn dieser es schuldhaft unterlassen hat den Nachteilsausgleich vollständig zu erbringen. Wird jedoch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen, wäre der Nachteil vollständig ausgeglichen und ein Haftungsgrund bestünde nicht. Daher sorgt der Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung trotz des nur schwer zu bestimmenden Nachteils für einen vollständigen Ausgleich und führt damit zur Haftungsreduzierung aus Sicht des Vorstands. Diese Haftungsreduzierung ergibt sich auch mit Blick auf weitere Haftungsgrundlagen, wie etwa den Gesamtschuldnerausgleich.

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Vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 317 AktG Rn. 30. Ausführlich Hüffer/Koch, § 76 AktG Rn. 10 f. So im Ergebnis auch Müller, in: Spindler/Stilz, § 317 AktG Rn. 16.

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d) Haftung über den Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB Der Vorstand des herrschenden Unternehmens haftet neben dem herrschenden Unternehmen gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz bei Nichtausgleich des Nachteils aus § 317 Abs. 3 AktG. Wird zunächst das herrschende Unternehmen durch die Gläubiger, also das abhängige Unternehmen bzw. im Rahmen des § 317 Abs. 1 S. 2 AktG die außenstehenden Aktionäre, in Anspruch genommen, stellt sich die Frage eines möglichen Innenregresses über § 426 Abs. 2 S. 1 BGB. Im Innenverhältnis trägt der Vorstand als alleiniger Entscheidungsträger und alleinvertretungsbefugtes Organ der Gesellschaft nach § 76 AktG die alleinige Verantwortung für den unterbliebenen vollständigen Nachteilsausgleich.77 Die Zweifelsregelung des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB findet deshalb keine Anwendung. Daher ist er über § 426 Abs. 2 S. 1 BGB der vom Gläubiger zuerst in Anspruch genommenen Gesellschaft zum Ausgleich in voller Höhe verpflichtet. Dieser Anspruch steht gleichrangig neben dem Anspruch aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Zugleich besteht kein Regressanspruch des Vorstands gegen die herrschende Gesellschaft, wenn er selbst zuerst in Anspruch genommen wird. Auch dieses Haftungsrisiko könnte jedoch über den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung umgangen werden, da es durch diese Vereinbarung bereits am Haftungsgrund des § 317 Abs. 1, Abs. 3 AktG fehlte. e) Zwischenergebnis Ohne eine wirksame unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung sieht sich der Vorstand des herrschenden Unternehmens bei der Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme immer mit dem Haftungsrisiko wegen Nichtausgleichs des Nachteils aus § 317 Abs. 3 AktG konfrontiert. Daneben stehen die Haftung aus § 117 Abs. 1 AktG gegenüber der abhängigen Gesellschaft und § 93 Abs. 2 S. 1 AktG sowie der Innenregress über § 426 BGB gegenüber dem herrschenden Unternehmen. Abgesehen von diesen aufgezeigten Interessen auf Seiten des herrschenden Unternehmens ist daneben aber auch ein Nutzen für den Vorstand des abhängigen Unternehmens denkbar, der auch ihn zu einem Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bewegen könnte. Besteht auch ein Interesse des Vorstands der abhängigen Gesellschaft, so lässt sich der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung noch leichter nachvollziehen, da in diesem Fall keiner der unmittelbar Beteiligten Einwände gegen den Abschluss der Vereinbarung haben dürfte.

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Siehe soeben § 9 II. 1. c).

§ 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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2. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft a) Der fehlerhafte Abhängigkeitsbericht Neben dem Vorstand des herrschenden Unternehmens kann auch der Vorstand der abhängigen Gesellschaft am Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung interessiert sein, denn auch er ist Haftungsrisiken bei Fehlbewertung des Nachteils und bei Durchführung der veranlassten Maßnahme ausgesetzt. Zunächst ist der Vorstand nach § 312 Abs. 1 S. 2, 3 AktG verpflichtet den zugefügten Nachteil im Abhängigkeitsbericht genauestens darzustellen.78 Ist der Abhängigkeitsbericht fehlerhaft, haftet der Vorstand gesamtschuldnerisch neben dem herrschenden Unternehmen gemäß § 318 Abs. 1 AktG in Verbindung mit § 317 Abs. 1 AktG auf Schadenersatz, sofern der Nachteil nicht vollständig ausgeglichen wurde und der Vorstand den Fehler des Abhängigkeitsberichts zumindest fahrlässig herbeigeführt hat.79 Wurde jedoch zugunsten des abhängigen Unternehmens eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung getroffen, so wäre – die Wirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung einmal unterstellt – auch ein sich im Nachhinein größer darstellender Nachteil von dieser Vereinbarung erfasst und ausgeglichen. Eine Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 1 AktG entstünde daher nicht, weshalb es auch nicht zu einer gesamtschuldnerischen Haftung des Vorstands nach §§ 317 Abs. 3, 318 Abs. 1 AktG kommen könnte. Dies gilt selbst bei (weiterhin) fehlerhaftem Abhängigkeitsbericht, in dem der Nachteil oder der Ausgleich falsch ausgewiesen wurde, denn Haftungsgrund ist auch bei § 318 Abs. 1 S. 1 AktG der unterbliebene vollständige Nachteilsausgleich.80 Beschließt die Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft mit den Stimmen des herrschenden Unternehmens die Durchführung der nachteiligen Maßnahme, so ist die Haftung selbst bei fehlerhaftem Abhängigkeitsbericht und unterbliebenem vollständigen Ausgleich nach § 318 Abs. 3 AktG ausgeschlossen. In diesen Fällen ist gleichzeitig der Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung im Beschluss der Hauptversammlung erforderlich.81 Handelt es sich um eine unbezifferte Vereinbarung, entfällt wiederum schon der Haftungsgrund, da der Nachteil vollständig ausgeglichen wurde und somit keine Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG entsteht. Möglicherweise stellt aber diese Fehlbewertung des Nachteils bzw. die Durchführung der veranlassten Maßnahme neben § 318 Abs. 1 S. 1 AktG auch die Grundlage für anderweitige Haftungsansprüche dar, denen sich der Vorstand des abhängigen Unternehmens ausgesetzt sieht. Hierbei ist wiederum das Verhältnis der 78 Zu den einzelnen hiermit verbundenen Berichtspflichten ausführlich Hüffer/Koch, § 312 AktG Rn. 11 ff. 79 Förschle/Heinz, in: Beck Bil.-Komm. Neuaufl., § 289 HGB Rn. 390; Hüffer/Koch, § 318 AktG Rn. 4. 80 Angesichts des Wortlauts von § 318 Abs. 1 AktG allg. M.; statt aller Hüffer/Koch, § 318 AktG Rn. 3. 81 Vgl. oben § 8 III.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Haftungsnormen zum Normenkomplex der §§ 311 ff. AktG zu klären, was aus Sicht des Vorstands entweder zu einer Vervielfältigung des Haftungsrisikos führen kann, etwa wenn auch andere Anspruchsgrundlagen unabhängig von der Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 1 AktG in Frage kommen, oder zu dem oben beschriebenen Ergebnis, dass trotz eines Fehlers im Abhängigkeitsbericht keine Haftung besteht. Daher ist bei allen möglicherweise einschlägigen Haftungstatbeständen deren Anwendung innerhalb des Geltungsbereichs der Regelungen über den faktischen Konzern zu untersuchen. Zunächst wird das neben der Haftung wegen fehlerhaften Abhängigkeitsberichts augenscheinlichste Haftungsrisiko bei der Umsetzung der veranlassten Maßnahme, die Haftung wegen unzulässiger Einlagenrückgewähr, geprüft. b) Unzulässige Einlagenrückgewähr – Haftung aus § 93 Abs. 3 Nr. 1, § 57 AktG? Die Veranlassung einer für die abhängige Gesellschaft nachteiligen Maßnahme und die anschließende Ausführung können sich als unzulässige Einlagenrückgewähr (so genannte verdeckte Gewinnausschüttung) an das herrschende Unternehmen als Mehrheitsaktionär im Sinne von § 57 AktG darstellen, wenn es aufgrund der Hauptversammlungsmehrheit zum faktischen Konzernverhältnis gekommen ist. Handelt es sich bei dem herrschenden Unternehmen nicht um einen Aktionär der abhängigen Gesellschaft, so ist § 57 AktG nicht einschlägig.82 In diesem Fall fehlt es für eine denkbare Kollision von § 57 AktG mit den §§ 311 ff. AktG auch schon an der Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG.83 Andernfalls stellt sich die Frage, ob in der Ausführung der veranlassten Maßnahme eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne der § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG und § 57 AktG gesehen werden kann. Eine solche verdeckte Gewinnausschüttung wird umschrieben als jeder Vorteil, der einem Gesellschafter oder nahestehenden Personen zugewendet wird und einem Drittvergleich nicht standhält, und stellt damit die Kehrseite eines Nachteils im Sinne des § 311 AktG dar.84 Den Vorstand der abhängigen Gesellschaft träfe daher eine Haftung nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, wenn die Auszahlung bzw. Vorteilsgewährung an den herrschenden Gesellschafter nicht durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 2 AktG gesichert ist. Unabhängig davon, ob in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ein solcher Rückgewähranspruch zu sehen sein könnte, gehen die herrschende Auffassung85 und auch die Rechtsprechung86 davon aus, dass § 57 AktG von den Regeln über das faktische Konzern82

S. 25. 83

Für die Formen der rein tatsächlichen Abhängigkeit vgl. Strohn, Verfassung der AG,

Vgl. nur Hüffer/Koch, § 17 AktG Rn. 8; anders noch Strohn, Verfassung der AG, S. 25 f. Vgl. schon BFHE 141, 266 (Rn. 23); zuletzt auch BGHZ 175, 365 (Rn. 28); vgl. auch Hüffer/Koch, § 57 AktG Rn. 8 m.w.N. 85 Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 49 f. 86 BGHZ 179, 71 Rn. 11; zuletzt BGH AG 2012, 680 (Rn. 16). 84

§ 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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verhältnis verdrängt wird. Anderenfalls würde die von § 311 Abs. 1 AktG vorgesehene Privilegierung des herrschenden Unternehmens unterlaufen werden, da § 57 AktG einen bestehenden Rückgewähranspruch voraussetze, während nach § 311 Abs. 2 AktG der Ausgleich auf das Ende des Geschäftsjahresende hin verschoben werden könne.87 Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da sonst die Regelung in § 311 Abs. 2 AktG leer liefe und es zwingend zu einem sofortigen Ausgleich kommen müsste. Anderenfalls fehlte es an einem Rückgewähranspruch im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 2 AktG. Aus diesem Grunde besteht für den Vorstand der abhängigen Gesellschaft nicht das Risiko einer Haftung aus § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, wenn er das veranlasste nachteilige Rechtsgeschäft umsetzt. Diese Umsetzung kann aber die Grundlage anderer Haftungsrisiken, etwa einer Haftung aus allgemeiner Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG, darstellen. c) Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG Unabhängig von der faktischen Konzernierung bleibt der Vorstand der abhängigen Gesellschaft weiterhin zur eigenverantwortlichen Leitung der abhängigen Gesellschaft gemäß § 76 AktG verpflichtet.88 Verstößt er gegen diesen Grundsatz, so kann er sich nach § 93 AktG schadenersatzpflichtig machen. Daher darf der Vorstand einer nachteiligen Veranlassung seitens des herrschenden Unternehmens nicht nachgeben, wenn er es versäumt hat zu prüfen, ob der Nachteilsausgleich gewährleistet ist, oder wenn er sogar weiß, dass ein ausreichender Ausgleich nicht gewährleistet ist.89 Dies gilt insbesondere in den hier diskutierten Fällen, in denen der Nachteil nur schwer zu beziffern ist, da dann auch die Frage eines vollständigen Ausgleichs nicht genau beantwortet werden kann.90 Gibt der Vorstand in diesen Fällen der Veranlassung nach und führt die nachteilige Maßnahme ohne gesicherten Nachteilsausgleich aus, so verstößt er gegen die in § 93 Abs. 1 S. 1, S. 2 AktG genannte Sorgfaltspflicht. Es besteht somit dem Grunde nach ein Schadenersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Problematisch ist jedoch das Verhältnis dieses Haftungsanspruchs zum Normenkomplex der §§ 311 ff. AktG. Liegt eine Nachteilszufügung im Sinne des § 311 AktG vor und ist ein vollständiger Ausgleich nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung absehbar, so tritt nach herrschender Auffassung die Haftung des § 93 AktG hinter die aus §§ 311 ff. AktG zurück.91 Dieses Zurücktreten der Haftung aus § 93 AktG ist aber kein Zurücktreten im Sinne einer Konkurrenz, denn bei Betrachtung der Voraussetzungen dieser „Konkurrenz“ fällt auf, dass in den genannten Fällen eine Haftung nach § 93 AktG schon tatbestandlich ausscheidet. Der Vorstand haftet nach 87

Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 63 m.w.N. Vgl. nur Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 62. 89 Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 78; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 1003 f. 90 Zu den relevanten Fallgruppen siehe noch unten § 10 III. 91 Vgl. nur Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 48. 88

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

§ 93 AktG nur, wenn er einer nachteiligen Veranlassung – trotz der Gefahr eines nicht durch Nachteilsausgleich gedeckten Schadens der abhängigen Gesellschaft – entgegen seiner Pflicht aus § 76 AktG folgt. Ist aber ein Nachteilsausgleich, wie von der herrschenden Auffassung gefordert, nach vernünftiger kaufmännischer Betrachtung absehbar, dann liegt schon keine Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne des § 93 AktG vor und ein Konkurrenzverhältnis zu den §§ 311 ff. AktG entsteht gar nicht.92 Zusätzlich stellt die aufgrund der schwierigen Bezifferbarkeit des Nachteils erfolgte Fehlbewertung im Abhängigkeitsbericht grundsätzlich eine Pflichtverletzung im Rahmen des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG dar.93 Fraglich ist, ob dieser Haftungsgrund neben der schon erläuterten Haftung aus § 318 Abs. 1 AktG angewendet werden kann. Daher ist hier ebenfalls das Verhältnis zu den §§ 311 ff. AktG, insbesondere aber das Verhältnis zur Haftung aus § 318 Abs. 1 AktG zu untersuchen. § 318 AktG ist speziell auf die Verhältnisse im faktischen Konzern zugeschnitten und enthält Sonderanforderungen hinsichtlich der Sorgfaltspflichten des Vorstands. Allerdings fehlt es für die Annahme einer generellen Spezialität an einer umfassenden Regelung der Sorgfaltspflichten des Vorstands im faktischen Konzernverhältnis.94 Mit Rücksicht auf die eigenverantwortliche Leitungspflicht des Vorstands nach § 76 AktG ist daher weiterhin § 93 AktG die zentrale Haftungsnorm für die Verletzung von Sorgfaltspflichten und damit grundsätzlich auch für die Verletzung von Berichtspflichten. § 318 Abs. 1 AktG konkretisiert diese Haftung im Bereich des fehlerhaften Abhängigkeitsberichts und ist somit für fehlerhafte Berichterstattungen im Grundsatz vorrangig anzuwenden.95 Allerdings schließt dies eine weitere Haftung nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG keineswegs aus.96 Vielmehr besteht auch ein Anspruch wegen schuldhafter Sorgfaltspflichtverletzung, unabhängig von der Verletzung der Berichtspflicht bzw. auch bei pflichtgemäßer Berichterstattung, wenn dem Vorstand eine weitere Verletzung seiner Pflichten aus § 76 AktG vorzuwerfen ist.97 Jedoch wird dieser Anspruch durch § 318 AktG modifiziert.98 Haftet allerdings das herrschende Unternehmen nicht nach § 317 Abs. 1 AktG, fehlt somit also der Haftungsgrund des § 318 Abs. 1 AktG, so gilt auch für die Verletzung der Berichtspflichten weiterhin § 93 AktG.99

92 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 78 im Anschluss an Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999, 1013 f. 93 Vgl. nur Hüffer/Koch, § 312 AktG Rn. 10. 94 Hüffer/Koch, § 312 AktG Rn. 10. 95 Vgl. nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 318 AktG Rn. 10. 96 Hüffer/Koch, § 318 AktG Rn. 1; im Anschluss daran auch Ulmer, in: FS Hüffer, S. 1012 f. 97 BGHZ 179, 71 – MPS (Rn. 14). 98 So Hüffer/Koch, § 318 AktG Rn. 9. 99 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 318 AktG Rn. 11.

§ 9 Der Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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Die Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG wird somit nicht durch die §§ 311 ff. AktG verdrängt, wenn entweder das herrschende Unternehmen nicht nach § 317 Abs. 1 AktG haftet und somit keine Haftung nach § 318 AktG entstehen kann oder der vollständige Nachteilsausgleich nicht bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung absehbar ist.100 Demnach gilt gerade für die hier relevanten Fälle eines nur schwer (oder noch nicht) zu bestimmenden Nachteils, bei denen selbst bei vernünftiger kaufmännischer Betrachtungsweise ein vollständiger Ausgleich durch entsprechende Vorteile nicht im Voraus geklärt werden kann, dass die Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG neben der aus §§ 311 ff. AktG bestehen bleibt. Wird jedoch eine (hier wiederum als zulässig unterstellte) unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung getroffen, die den nur unzureichend zu bestimmenden Nachteil ausgleicht, so wird die Haftung nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG durch die Vereinbarung ausgeschlossen, da der Nachteilsausgleich gewährleistet ist und der Vorstand des abhängigen Unternehmens bei Abschluss der Vereinbarung einbezogen war und auf diese Weise seinen Pflichten aus § 76 AktG genügt hat. Regelmäßig wird diese Vereinbarung zudem zwingender Gegenstand eines Hauptversammlungsbeschlusses.101 In diesen Fällen ist die Haftung des Vorstands schon nach § 93 Abs. 4 S. 1 AktG ausgeschlossen.102 Unterlässt es der Vorstand aber die Nachteilsausgleichsvereinbarung zum Beschlussgegenstand der Hauptversammlung zu machen, so stellt sich die Frage einer Haftung nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG erneut. Im Ergebnis führt der fehlende Beschluss der Hauptversammlung zur Unwirksamkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung nach § 243 Abs. 2 AktG.103 Dies stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung des Vorstands dar, da durch die unwirksame Nachteilsausgleichsvereinbarung der Nachteil nicht ausgeglichen ist. In diesen Fällen ist aber das Haftungsregime der §§ 311 ff. AktG vorrangig.104 Schlussendlich führt dies dazu, dass dem Vorstand daran gelegen ist, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung im Rahmen des Hauptversammlungsbeschlusses abzuschließen, um sein Haftungsrisiko zu minimieren. d) Haftung aus § 117 Abs. 2 S. 1 AktG Neben der Haftung aus Sorgfaltspflichtverletzung im Rahmen des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG liegt in der Durchführung der nachteiligen Maßnahme ohne gesicherten vollständigen Nachteilsausgleich noch eine weitere haftungsrelevante Pflichtverletzung. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft hat sich durch einen Dritten in seiner eigenverantwortlichen Leitung beeinflussen lassen. Daher haftet der Vorstand 100

Ganz h.M.; vgl. nur Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 48 m.w.N.; allerdings besteht, wie soeben ausgeführt, bei diesen Voraussetzungen schon kein Konkurrenzverhältnis, vgl. auch die Nachweise in Fn. 92. 101 Siehe hierzu oben § 8 III. 102 So im Ergebnis auch Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 318 AktG Rn. 13. 103 Siehe ebenfalls oben § 8 III. 104 Siehe oben mit Nachweisen in Fn. 91.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

der abhängigen Gesellschaft aus § 117 Abs. 2 S. 1 AktG, weil er diese schädliche Einflussnahme zugelassen hat. Diese Haftung steht nach einhelliger Auffassung neben der Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG.105 Fraglich ist jedoch das Verhältnis zur Haftung aus § 317 Abs. 3 AktG.106 Grundsätzlich ist im Anwendungsbereich des faktischen Konzerns – wie aus § 311 Abs. 1 1. HS AktG zu entnehmen ist – die Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme und die damit verbundene Einflussnahme auf den Vorstand der abhängigen Gesellschaft unzulässig. In diesen Fällen wiederholt § 311 Abs. 1 AktG nur die Wertung des § 117 AktG, weshalb dieser auch anwendbar bleibt. Wird allerdings der entstandene Nachteil ausgeglichen, ordnet § 311 Abs. 1 2. HS AktG die Zulässigkeit dieser Veranlassung bzw. Einflussnahme an. Dieses Ergebnis würde bei gleichzeitiger Anwendbarkeit des § 117 AktG konterkariert, weshalb bei vollständigem Ausgleich § 117 AktG keine Anwendung findet.107 Liegen jedoch die Voraussetzungen des § 317 Abs. 1 AktG vor, so ist § 117 AktG weiterhin anwendbar. In den hier diskutierten Fällen des schwierig zu bestimmenden Nachteils ist ein unvollständiger Nachteilsausgleich sehr wahrscheinlich und damit auch eine Anwendung des § 117 AktG. Wird jedoch eine (als zulässig unterstellte) unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen, so ist der Nachteil in jedem Fall ausgeglichen und eine Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG besteht nicht. Allerdings existiert dann auch kein Konkurrenzverhältnis, da es ebenfalls am Haftungsgrund für § 117 AktG fehlt. Zudem müsste diese Nachteilsausgleichsvereinbarung und damit auch die Durchführung der veranlassten nachteiligen Maßnahme in nahezu allen denkbaren Fällen durch die Hauptversammlung beschlossen werden,108 was die Haftung auch nach § 117 Abs. 2 S. 3 AktG ausschließen würde. Letztendlich ist der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aus Sicht der Beteiligten nahezu zwingend, um das Haftungsrisiko so weit als möglich zu begrenzen. e) Zwischenergebnis Wird bei schwierig zu bestimmenden Nachteilen keine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen, so sieht sich auch der Vorstand der abhängigen Gesellschaft hohen Haftungsrisiken, hier im Speziellen aus §§ 93 Abs. 2 S.1, 117 Abs. 2 S. 1, 318 Abs. 1 AktG, ausgesetzt.109 Dieses Haftungsrisiko ließe sich nur durch bessere Nachteilsbewertung bzw. Bewertung der Gefahr eines unvollständigen Ausgleichs und damit verbundener Unterlassung der veranlassten Maßnahme oder durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung reduzieren. Ist, wie in den vorgenannten Fällen, selbst bei größtmöglicher Anstrengung und überobligatorischem Kostenaufwand eine Nachteilsbestimmung nicht ein105 106 107 108 109

MüKo AktG/Spindler, § 117 AktG Rn. 58; zudem argumentum e § 117 Abs. 4 AktG. Ausführlich auch Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 88. Statt aller Hüffer/Koch, § 117 AktG Rn. 14. Siehe dazu bereits oben § 8 III. Zu diesen Anwendungsfällen sogleich ausführlich unten § 10.

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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wandfrei möglich, so ist das Anwendungsfeld der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eröffnet und eine Haftungsreduzierung für die Vorstände und das herrschende Unternehmen erreicht.

III. Zusammenfassung Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung hat sowohl für das herrschende Unternehmen als auch seinen Vorstand und den Vorstand der abhängigen Gesellschaft scheinbar unübersehbare Vorteile. Daher werden die beteiligten Vorstände schon aus Selbstschutz auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung dringen, auch wenn dies bedeutet, dass sie die Hauptversammlung mit einbeziehen müssen.110 Der Abschluss der Vereinbarung vermindert das Haftungsrisiko aller Beteiligten erheblich. Zudem führt der meist zwingende Abschluss der Vereinbarung durch die Hauptversammlung zu einer weiteren Verringerung des Haftungsrisikos, da der Beschluss der Hauptversammlung zumeist die Haftung komplett ausschließt, vgl. §§ 93 Abs. 4 S. 1, 117 Abs. 2 S. 3, 318 Abs. 3 AktG. Durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung kann daher der Vorstand ein sowohl für das herrschende Unternehmen als auch für sich und den Vorstand des abhängigen Unternehmens günstiges Ergebnis erzielen. Allerdings ist die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung – trotz des hier festgestellten Nutzens – stark umstritten. Es stellt sich daher die Frage, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung die an sie gestellten Erwartungen erfüllen kann und ob sie sich mit dem Gesetz, insbesondere dem Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG, vereinbaren lässt. Zunächst gilt es aber den Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu klären.

§ 10 Der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung I. Unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung trotz bezifferbaren Nachteils? Bevor die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung untersucht werden kann, soll zunächst deren Anwendungsbereich geklärt werden. Dieser Schritt ist notwendig, da eine Nachteilsausgleichsvereinbarung ohne Anwendungsbereich erst gar nicht auf die inhaltliche Zulässigkeit hin untersucht werden muss. Ist aber ein Anwendungsbereich, bei zunächst unterstellter inhaltlicher Zulässigkeit, vorhanden, so ist im Anschluss diese Unterstellung auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen. Ausgangspunkt der Diskussion über den Anwendungsbereich ist die Frage nach dem Grund einer Begrenzung und deren Reichweite. 110

Hierzu bereits oben § 8 III.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wird prinzipiell in Bereichen derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile gesehen. Abseits von dieser generellen Diskussion über die relevanten Fälle einer fehlenden derzeitigen Nachteilsquantifizierung drängt sich zunächst die Überlegung auf, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht generell auf alle Fälle der Veranlassung nachteiliger Maßnahmen und Rechtsgeschäfte anwendbar sein kann. In diesem Falle wäre eine weitere Diskussion des Anwendungsbereichs überflüssig. Allein mit Blick auf den Schutzzweck des § 311 AktG ist eine solche weitreichende Anwendungsmöglichkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung jedoch fraglich. Das Gesetz schreibt in § 311 Abs. 2 AktG zum Schutze der Minderheitsaktionäre vor, dass, statt den Nachteil tatsächlich auszugleichen, am Ende des Geschäftsjahres bestimmt werden muss, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Auf die zum Ausgleich bestimmten Vorteile ist der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch zu gewähren. Der Vorteil muss also „bestimmt“ werden. Diese Bestimmung des Vorteils ist nichts anderes als die Festlegung der Höhe des zu gewährenden Vorteils und dessen Art. Der Vorteil muss, um die Schadenersatzfolge zu vermeiden, den Nachteil vollständig ausgleichen. Erreicht werden kann dies aber auch durch eine Ausgleichsverpflichtung in bar, die einen vollen Ausgleich des Nachteils zusichert. Dabei braucht der Vorteil selbst dann nicht genau beziffert zu werden, da er sich nach der Höhe des Nachteils bemisst. Immer ist aber die Quantifizierung des Vorteils an die Quantifizierung des Nachteils gekoppelt. Im Grundsatz bedeutet dies also auch eine Quantifizierung des Nachteils im Rechtsanspruch auf Ausgleich. Dies dient hauptsächlich der Sicherung der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger vor einem zu starken Abfluss der Liquidität des abhängigen Unternehmens. Falls ein solcher Abfluss vorliegt, muss immer ein Rechtsanspruch auf Ausgleich die Vorteile zusichern, die diesen Nachteil ausgleichen können. Ist jedoch eine veranlasste Maßnahme aus ex-ante-Sicht derzeit nicht quantifizierbar, so fehlt es im Umkehrschluss im Rechtsanspruch zunächst auch an einem hinreichend bestimmten Vorteil. Ein Vollausgleich in bar ist zumindest der Höhe nach unbestimmt, wenn kein korrelierender Nachteil quantifiziert werden konnte. In diesem Falle läge also auf den ersten Blick ein Verstoß gegen § 311 Abs. 2 AktG vor.111 Dieser „Verstoß“ könnte jedoch angesichts späterer Quantifizierbarkeit hingenommen werden. Denn ab dem Zeitpunkt der Quantifizierbarkeit ist ein vollständiger Ausgleich anhand der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung möglich. Die Frage, ob wegen der erst später erfolgenden Quantifizierung ein Verstoß gegen § 311 Abs. 2 AktG durch die Verwendung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vorliegt, ist aber keine Frage des Anwendungsbereichs, sondern der inhaltlichen Zulässigkeit und soll deshalb unten näher erörtert werden.112 Daher ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, bei unterstellter Wirksamkeit, auf derzeit nicht quantifizierbare Nachteile anwendbar. Ausgeschlossen ist jedoch eine Anwendung auf generell nicht quantifizierbare Nachteile, da deren 111 112

Ausführlich zu dieser Frage unten § 13 I. Siehe unten § 13.

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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Zufügung generell gegen § 311 AktG verstößt und daher direkt einen Schadenersatzanspruch nach § 317 AktG nach sich zieht. Ist hingegen der Nachteil im maßgeblichen Zeitpunkt quantifizierbar und entsteht dadurch auch ein bilanzieller Nachteil bei der abhängigen Gesellschaft, so muss die Nachteilsausgleichsvereinbarung den Nachteil und den Vorteil genau benennen, um den Nachteil auch auf Bilanzebene ausgleichen zu können.113 Andernfalls liegt kein vollständiger Ausgleich im Sinne der §§ 311 Abs. 2, 317 Abs. 1 AktG vor. Es ist daher nicht möglich, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung auf alle Nachteilszufügungen, unabhängig von der Quantifizierbarkeit, anzuwenden. Sie kann somit nur für das enge Anwendungsfeld im Bereich tatsächlich derzeit nicht zu quantifizierender Nachteil genutzt werden. Die Begrenzung dieses Anwendungsbereichs bereitet jedoch Schwierigkeiten, da es keine gesicherten Grundsätze gibt, bei welchen Maßnahmen ein Nachteil derzeit nicht quantifizierbar ist. Eine pauschale Betrachtung verbietet sich daher. Vielmehr kommt es darauf an, die einzelnen in Frage kommenden Fallgestaltungen detailliert zu untersuchen.

II. Unternehmensbewertung als Risiko? 1. Grundlegendes Bei der Frage des Einsatzbereichs der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist zu beachten, dass das Gesetz grundsätzlich einen konkreten Ausgleich vorsieht. Dies folgt zumindest auf den ersten Blick aus einem Vergleich der beiden Ausgleichsarten und aus der Tatsache, dass der Vorteil, der gewährt werden soll, nach § 311 Abs. 2 AktG konkret zu bestimmen ist.114 Diese Vorgabe ist deshalb in allen Fällen, in denen eine konkrete Bestimmung des Nachteils möglich ist, auch einzuhalten.115 Anderenfalls besteht schon hierdurch die Gefahr, dass der Minderheitenschutz der §§ 311 ff. AktG umgangen wird.116 Daher sind die Anwendungsfelder eng zu umgrenzen und ist jeder potenzielle Anwendungsfall daraufhin zu untersuchen, ob wirklich eine mangelnde Quantifizierbarkeit im Beurteilungszeitpunkt gegeben ist oder nicht. Nur im ersteren Fall ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung unproblematisch anwendbar.117 Bei der Auswahl der möglichen Anwendungsfelder fällt auf, dass es insbesondere dann problematisch wird, den Nachteil genau zu quantifizieren, wenn Prognosen erforderlich sind.118 Beispielhaft sei hier zunächst der Erwerb oder die Veräußerung eines Unternehmens(teils) durch das 113

Siehe bereits oben § 6 I. 2.; so nun auch BGH AG 2012, 680 (Rn. 23). Hierzu ausführlich unten § 13 I. 1. 115 So auch eben § 10 I. 116 Dieses Problem stellt sich noch einmal bei der inhaltlichen Zulässigkeit einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung; dazu unten § 13 II. 117 Dazu ausführlich oben § 10 I. 118 Zu Prognosen im Gesellschaftsrecht allgemein Spindler, AG 2006, 677 passim. 114

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

abhängige Unternehmen auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens genannt.119 Um den Nachteil, der sich sowohl bei der Veräußerung als auch beim Erwerb eines (wenig rentablen) Unternehmens ergeben kann, zu ermitteln, ist dieses Unternehmen zu bewerten. 2. Die unterschiedlichen Bewertungsformen und ihre Nachteile Die Bewertung eines Unternehmens ist jedoch höchst unsicher und die verschiedenen Bewertungsmethoden führen teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.120 Bei der Bewertung eines Unternehmens gibt es im Grunde zwei Arten der Bewertung, die Betrachtung des Unternehmens als Ganzes und die Betrachtung der einzelnen Betriebsteile für sich, sowie Mischformen, die versuchen die Ergebnisse beider Bewertungsarten anzugleichen.121 In der deutschen Bewertungspraxis ist das Verfahren der Gesamtbetrachtung vorherrschend.122 Diese Betrachtungsweise lässt sich wiederum in verschiedene Unterarten untergliedern @ hervorzuheben sind vor allem das Ertragswertverfahren und das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren).123 Beim Ertragswertverfahren werden die Summe der zukünftigen Erträge, abgezinst mit einem Kapitalisierungszinssatz, und der Barwert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens addiert.124 Hierbei bildet der Liquidationswert stets die Untergrenze des Unternehmenswertes.125 Das DCF-Verfahren ist wie das Ertragswertverfahren ebenfalls ein investitionstheoretisches Barwertmodell.126 Der Cash-Flow ist der periodenhaft ermittelte Nettozufluss liquider Mittel eines Unternehmens, die aus der laufenden Umsatztätigkeit herrühren.127 Diese Cash-Flows werden ebenfalls prognostiziert und abgezinst.128 Jedoch sind die – bei beiden Methoden zugrundegelegten – zukünftigen Erträge als Ergebnis mehrerer Prognosen 119

Diesen Fall führt auch Wirth als Hauptanwendungsfall einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung an, vgl. Wirth, in: GS Martin Winter, S. 785 ff., 789; anders zu Recht BGH AG 2012, 680 (Rn. 23 f.), ausführlich dazu unten § 13 IV. und § 14 IV. 3. 120 Einführend Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, Rz. 1076 ff.; ausführlich Matzen, in: Knott/Mielke, Unternehmenskauf, S. 29 ff.; Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 76 f. (Rn. 2.5); überblickshaft auch Mandl/Rabel, in: FS Loitlsberger, S. 205 ff.; mit Verweis auf die auch bei deutschen Gerichten sehr unterschiedliche Praxis Wirth, in: GS Martin Winter, S. 785 ff., 786; zur Bewertung der aktuellen Rechtsprechung vgl. Emmerich, in: FS Stilz, S. 135 ff. 121 Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 90 f. (Rn. 2.49 ff.). 122 Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 93 (Rn. 2.60). 123 Mit historischer Betrachtung Matzen, in: Knott/Mielke, Unternehmenskauf, S. 29. 124 Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 168 ff.; Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 94 ff. (Rn. 2.63 ff.). 125 Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 99 (Rn. 2.82). 126 Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 103 ff. (Rn. 2.100 ff.). 127 Matzen, in: Knott/Mielke, Unternehmenskauf, S. 23. 128 Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, Rz. 1104 ff.

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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stark fehleranfällig.129 Beide Methoden stellen daher keine verlässliche Form der Unternehmensbewertung dar.130 Bei börsennotierten Aktiengesellschaften kann neben diesen beiden Methoden zur Unterstützung der Börsenkurs als Abbild des Unternehmenswertes pro Aktie zur Bewertung herangezogen werden. Allerdings ist auch diese Form der Wertermittlung wegen der vielfältigen Einflussmöglichkeiten auf den Börsenkurs nicht zuverlässig,131 und damit die Unternehmensbewertung insgesamt, angesichts der eben aufgezeigten Ungewissheiten, sehr risikoreich.132 Dies wird durch die bei deutschen Gerichten ebenfalls nicht einheitliche Bewertungspraxis deutlich.133 Aus der fehlerhaften Unternehmensbewertung folgt dann ein womöglich ebenfalls falsch bewerteter Nachteil. Durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung könnte das dadurch entstehende Risiko einer Haftung für die Fehlbewertung minimiert werden, da der Nachteil nicht genau zu beziffern ist und auch die zu gewährenden Vorteile variabel bleiben.134 Der zugefügte Nachteil wäre in jedem Fall vollständig und rechtzeitig ausgeglichen. Allein diese Möglichkeit, das Risiko einer Fehlbewertung und die darauf fußende Haftung zu verringern, dürfte für das herrschende Unternehmen und seine Aktionäre ein ausreichender Grund zum Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sein.135 Die Vorteile der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung für das herrschende Unternehmen wären zudem für dessen Vorstand im Lichte von §§ 76, 93 AktG Anreiz genug, den Abschluss einer solchen Vereinbarung zu forcieren. Aus Sicht des herrschenden Unternehmens liegt damit bei jeder Unternehmensbewertung, die wegen einer Veranlassung des abhängigen Unternehmens vorgenommen werden muss, ein Grund vor, eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung abzuschließen. Ließe man dies in dieser Allgemeinheit so stehen, gäbe es in der Praxis fast ausschließlich unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarungen. Denn ein Bewertungsrisiko ließe sich schnell argumentieren.

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Zu den verschiedenen Prognosen vgl. Keim/Jeromin, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, S. 95 (Rn. 2.68). 130 So im Ergebnis wohl auch Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 166. 131 Sehr anschaulich mit Blick auf den aktienrechtlichen Squeeze-Out: Burger, NZG 2012, 281 passim. 132 Allerdings ist der BGH hier augenscheinlich anderer Auffassung, wie das Urteil vom 26. 06. 2012 = AG 2012, 680 veranschaulicht, hierzu noch unten § 12 IV. bzw. § 13 IV. 3. 133 Eine gute Zusammenstellung liefert Wirth, in: GS Martin Winter, S. 785 ff., 786. 134 Zum Wortlaut der Vereinbarung siehe oben § 8 II. 135 Mit diesem Argument auch Wirth, in: GS Martin Winter, S. 789.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

3. Die Unternehmensbewertung ist kein relevantes Haftungsrisiko Zu beachten ist hierbei aber, dass das Risiko der Unternehmensbewertung tatsächlich kein rechtlich relevantes Risiko darstellt.136 Etwas anderes könnte sich dadurch ergeben, dass in der Regel bei Unternehmensveräußerungen sogenannte Earn-Out-Klauseln verwendet werden.137 Dabei ist der zu zahlende Kaufpreis nur in Teilen fixiert und der restliche Betrag von der Entwicklung vorher festgelegter Parameter abhängig. In diesem Falle wäre ein am Ende des Geschäftsjahres festzustellender Nachteil in Höhe der variablen Komponente schwer zu bestimmen. Ein Risiko der Fehlbewertung ergibt sich hieraus allerdings ebenfalls nicht. Auch hier kann anhand mathematischer Rechenmodelle die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Entwicklungen „eingepreist“ werden. Eine etwaige Prognoseunsicherheit wird hierbei durch das Vermeiden einer rückschauenden Betrachtung ausgeschlossen. So lässt sich anhand der ex-ante-Betrachtung bestimmen, ob die gewählte Bewertungsmethode und das Ergebnis objektiv betrachtet korrekt waren. Spätere, von dieser Berechnung abweichende Entwicklungen, die ex-ante nicht vorhersehbar waren, führen gerade nicht zu einer nachträglichen Veränderung des Nachteils.138 Die Unternehmensbewertung ist stichtagsbezogen und damit lässt sich, egal welcher Bewertungsmethode man folgen mag, an diesem Tag sehr genau der Wert des Unternehmens feststellen.139 Alle Fehlerrisiken, die hier angeführt werden mögen, liegen ausschließlich in fehlerhafter Berechnung oder fehlerhafter Kontrolle der zur Bewertung engagierten Wirtschaftsprüfer. Ebenfalls lassen sich diese Fehler auf die unzureichende Einholung von Wertgutachten zurückführen. Eine unzureichende Informationsgrundlage gerade im Bereich strategischer Entscheidungen, zu denen eine auch teilweise Veräußerung eines Unternehmens gehört, stellt eine originäre Sorgfaltspflichtverletzung des Vorstands im Sinne des § 93 AktG dar.140 Es handelt sich hierbei also um Fehler in der Organisation des Vorstandshandelns. Solche Fehler gehören aber zum gesetzlich gewollten Risiko eines eigenverantwortlich handelnden Vorstands.141 Zudem ist dieses Risiko in der Praxis meist durch den Abschluss einer D&O-Versicherung abgedeckt.142 Die Wahl einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bzw. deren Zulassung würde nur dazu führen, dass die privatwirtschaftliche Versicherung des Vorstandshandelns gegen Fehler unnötig wird, da dem Vorstand ein Mittel zur Verfügung steht, alle Risiken zu umgehen. 136

Die Veräußerung eines Unternehmens ist gerade kein „Risikogeschäft“, wie Wilhelm andeutet, vgl. Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291. 137 Mit dieser Überlegung auch Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291. 138 Vgl. oben § 6 II. 139 Statt aller Veil, in: Spindler/Stilz, § 305 AktG Rn. 78. 140 MüKo AktG/Spindler, § 93 AktG Rn. 48 a.E. 141 Allgemein zu unternehmerischen Entscheidungen MüKo AktG/Spindler, § 93 AktG Rn. 40 ff. 142 Allgemein zur Directors’ and Officers’ Liability (D&O-Versicherung) MüKo AktG/ Spindler, § 93 AktG Rn. 173 ff.

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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Damit wäre aber die eigentlich zur Kontrolle des Vorstands im Aktienrecht enthaltene Schadenersatzpflicht des § 93 AktG obsolet, da Vorstände sich immer auf den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung berufen könnten, um so einer Haftung, aber schlimmer noch dem eigenverantwortlichen Handeln selbst, zu entkommen. Daher hat der Vorstand seine Entscheidung hinsichtlich des Unternehmenswertes selbst zu verantworten, erst recht, wenn es an einer ausreichenden Informationsgrundlage fehlt. Für eine Umgehung der Haftung wegen einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Bewertung des Unternehmens(teils) darf die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung daher nicht missbraucht werden. Sie ist eher als Ausnahme von der Gewährung eines konkreten Rechtsanspruchs im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG für die Fälle zu verstehen, in denen sich ein Nachteil auch unter größter Anstrengung nicht mit Sicherheit beziffern lässt. Nur in diesen Fällen ist es zulässig, von der gesetzlichen Konzeption abzuweichen. In allen anderen Fällen hat der Vorstand des herrschenden Unternehmens das „Risiko“ einer Fehlbewertung zu tragen oder die Veranlassung der Maßnahme zu unterlassen. Daher ist die – zugegebenermaßen komplexe – Unternehmensbewertung kein Anwendungsfeld für eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, da sich der Unternehmenswert in jedem Fall feststellen lässt.143

III. Tatsächlich relevante Risiken – der Versuch einer Fallgruppenbildung 1. Pionierarbeit Allerdings kann es Fälle geben, in denen zum maßgeblichen Zeitpunkt am Ende des Veranlassungsgeschäftsjahres ein Nachteil für das abhängige Unternehmen weder ausgeschlossen noch mit Sicherheit genau beziffert werden kann.144 Diese Sachverhalte lassen sich indes in der Regel nur bei der Betrachtung im Einzelfall ausmachen. Zunächst gibt es den schon oben diskutierten Fall einer veranlassten Marktsegmenterschließung,145 der nach einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verlangen könnte. Dieses Anwendungsbeispiel einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung soll nun näher betrachtet werden, um so Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, wann eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zum Einsatz kommen kann. Der nachfolgend dargestellte Sachverhalt ließe sich beliebig auf andere Formen der Pionierarbeit, wie diese Fallgruppe fortan benannt werden soll, übertragen. Das herrschende Unternehmen veranlasst den Vorstand der abhängigen Gesellschaft in diesem Beispielsfall ein neues Marktsegment zu erschließen, das zuvor konzernweit noch nicht abgedeckt wurde oder sich am 143 So jetzt auch BGH II ZR 30/11 = DB 2012, 1972 = AG 2012, 680 = BB 2012, 2395 = NZG 2012, 1030; dazu ausführlich unten § 12 IV. und § 13 IV. 3. 144 Dies offen lassend BGH AG 2012, 680. 145 Zu diesem Beispiel siehe schon oben § 6 III. 2. b) bb).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Markt komplett neu gebildet hat. Diese Markterschließung ist @ abgesehen von den Forschungskosten und Einrichtungskosten von Produktionsstätten sowie Werbekosten @ nicht vollständig finanziell planbar, da innerhalb des Konzerns oder im Einzelfall sogar marktweit keine Vergleichswerte bestehen. Daher sind auch die entstehenden Nachteile, die regelmäßig anhand eines Drittvergleichs ermittelt werden müssen, nicht sofort feststellbar. Erst die späteren Entwicklungen werden zeigen, was an Nachteilen oder sogar Vorteilen durch die Marktsegmenterschließung auf das abhängige Unternehmen zukommt. Darüberhinaus ist in diesem Falle nicht einmal klar, unter welchen Voraussetzungen überhaupt ein Nachteil entsteht. Es lassen sich vielmehr nur einzelne Parameter benennen, bei deren Eintritt ein Nachteil definitiv auszuschließen ist. Hierzu zählen etwa das erwartete Konsumentenverhalten, Preisentwicklungen oder die Entwicklung des Marktes insgesamt. Fraglich ist, ob in diesem Fall wirklich der Abschluss einer – zunächst als zulässig unterstellten – unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erlaubt sein soll. Dies hängt davon ab, ob es sich bei dieser veranlassten Maßnahme um eine dem Einzelausgleich zugängliche Veranlassung handelt oder nicht. Nur wenn ein Einzelausgleich möglich ist, ist die Nachteilsausgleichsvereinbarung als Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG überhaupt zulässig.146 Dabei ist die konkrete Maßnahme auf ihre Fähigkeit zum Einzelausgleich hin zu untersuchen. Zwar handelt es sich bei der Markt(segment)erschließung um ein komplexes Vorhaben, zu dem das abhängige Unternehmen veranlasst wird. Allerdings lassen sich alle Maßnahmen genau benennen und demzufolge auch grundsätzlich ausgleichen. Daher ist der Einzelausgleich in diesen Fällen möglich und die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als Ausgleichsmöglichkeit im Sinne des § 311 AktG zumindest im Ansatz anwendbar.147 2. Entwicklung und Forschung Eine weitere Fallgruppe ließe sich mit dem Beispiel eines vom herrschenden Unternehmen veranlassten Entwicklungs- oder Forschungsauftrags eröffnen. Auch hier handelt es sich aber nur um eine Simplifizierung der Einzelfallbetrachtung und keine wirkliche Fallgruppenbildung. In diesem Beispielsfall tritt ein Großkunde an die Konzernmutter heran und bestellt ein noch zu entwickelndes Produkt, allerdings mit der vertraglich mit dem herrschenden Unternehmen vereinbarten Klausel, dass nach der Entwicklung keine Abnahmepflicht besteht. Vielmehr soll nur dann eine Abnahmeverpflichtung entstehen, wenn sich der Wunsch des Bestellers vollständig umsetzen lässt, das zu entwickelnde Produkt also in vollem Umfang seinen Anforderungen entspricht. Hierbei kann es Unwägbarkeiten auf allen technischen Entwicklungsebenen geben, die zwar am Ende einem fertigen Produkt nicht im Wege 146

Zum Prinzip des Einzelausgleichs schon oben § 5 II. und § 6 I.; siehe ebenso noch unten § 10 III. 3. 147 Damit ist aber nur die Anwendbarkeit bei unterstellter Zulässigkeit bejaht. Zur tatsächlichen Zulässigkeit unten § 13.

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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stehen, aber keine Abnahmeverpflichtung auslösen, weil die Anforderungen des Kunden verfehlt wurden. Angenommen der Entwicklungsauftrag umfasst einen Akku im Kraftfahrzeugbereich, der den Betrieb eines Elektrofahrzeugs mit einer größeren Reichweite als bisher denkbar ermöglicht. Das herrschende Unternehmen weist nun die abhängige Gesellschaft an, diesen Akku nach den Vereinbarungsvorgaben zu entwickeln. Erfüllt dieser die Bedingungen des Bestellers, kommt ein Großauftrag zustande, der die Kosten bei weitem deckt. In diesem Fall entsteht dem abhängigen Unternehmen kein Nachteil. Stellt sich nach der Entwicklung jedoch im Praxistest heraus, dass die geforderten Werte des Bestellers nicht erreicht werden, so besteht laut der getroffenen Vereinbarung keine Abnahmeverpflichtung. Nimmt der Besteller daraufhin kein einziges Produkt ab, so verbleibt ein Nachteil beim abhängigen Unternehmen in Höhe der Entwicklungskosten. Diesen Nachteil hat das herrschende Unternehmen veranlasst. Indes ist dieser im Veranlassungsgeschäftsjahr womöglich nicht bezifferbar, selbst wenn die Entwicklung noch in diesem Geschäftsjahr abgeschlossen werden sollte, was in der Praxis nur selten vorkommt. Der Nachteil entsteht nämlich anders als die Veranlassung augenscheinlich erst in dem Geschäftsjahr, in dem der Besteller endgültig die Abnahme des Produkts verweigert. Erst dann stehen den angefallenen Kosten nicht einmal mehr Erwerbschancen gegenüber. Es kann nur noch versucht werden, das entwickelte Produkt zur Reduzierung des Nachteils anderweitig zu vermarkten. Fraglich ist allerdings, ob der Nachteil wirklich erst dann entsteht, wenn der Besteller den Auftrag zurückzieht. Möglich wäre es auch die Nachteiligkeit schon im Moment des Forschungsauftrags zu bejahen, da hier schon das Risiko besteht, dass der Besteller das Produkt nicht abnimmt. Um die Frage zu beantworten, wann bereits ein Nachteil vorliegt, ist auf die Veranlassung der Maßnahme durch das herrschende Unternehmen abzustellen.148 Wird der Forschungsauftrag erteilt, ohne dass die Abnahme des entwickelten Produkts auch dem abhängigen Unternehmen zugutekommen soll, so ist bereits in diesem Zeitpunkt ein Nachteil in Höhe der Forschungs- und Entwicklungskosten gegeben. Werden aber dem abhängigen Unternehmen die wirtschaftlichen Ergebnisse der Entwicklung zugesichert, bestehen im Zeitpunkt der Veranlassung schon Ertragschancen. Diese führen indes nicht zwingend dazu, dass ein Nachteil erst in dem Moment angenommen werden kann, in dem der Besteller den Produktionsauftrag nicht vergibt bzw. das fertige Produkt nicht abnimmt. Daher ist diese Form der Veranlassung eingehender anhand der oben aufgestellten Methoden zur Nachteilsbestimmung zu untersuchen. Die Nachteiligkeit einer Maßnahme ist immer mittels eines Drittvergleichs zu ermitteln.149 Deshalb ist in dieser Situation zu untersuchen, ob auch ein unabhängiges drittes Unternehmen diesen Forschungsauftrag entgegengenommen hätte. Dies hängt ausschließlich von der Prognose der Ertragschancen ab. Sind zumindest Teilerträge aus ex-ante-Sicht gesichert, so kann 148 149

Zur Nachteilsfeststellung vgl. oben § 3. Dazu ausführlich oben § 3.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

auch ein unabhängiges Unternehmen geneigt sein, einen solchen Forschungsauftrag anzunehmen, auch wenn die Abnahmeverpflichtung bezogen auf das entwickelte Produkt tatsächlich noch unsicher ist. In diesem Falle dürfte schon der Nachteil auszuschließen sein. Erweisen sich die Ertragschancen aufgrund der Prognosen als unzureichend, ist ein Nachteil spätestens in dem Moment zu bejahen, wenn das abhängige Unternehmen dennoch zur Entwicklung veranlasst wird und keine Erträge erwirtschaftet werden. Ein unabhängiges Unternehmen hätte in einem solchen Falle die Entwicklung unterlassen. Daher liegt eine Nachteilszufügung nur dann nicht vor, wenn der Auftrag tatsächlich angenommen wird. Ansonsten ist der Nachteil schon im Veranlassungsgeschäftsjahr gegeben und in diesem Zeitpunkt aus ex-ante-Sicht zu bestimmen.150 Damit ist aber noch nichts über die Quantifizierbarkeit dieses Nachteils gesagt. Denn gerade im Bereich der Forschung ist nicht immer vorhersagbar, welche Kosten entstehen.151 Eine gesicherte Grundlage für die Bestimmung des Nachteils ergibt sich erst nach Abschluss der Forschung durch Zusammenstellung der angefallenen Kosten. Daher ist im Zeitpunkt der Nachteilszufügung der Nachteil noch nicht konkret bestimmbar. Die Schwierigkeiten der Prognose des Nachteils lassen sich mit denen der Pionierarbeit vergleichen. Es handelt sich bei dem hier diskutierten Fall auch nicht um die bereits oben diskutierte Fallgruppe der Einbeziehung ungeahnter nachträglicher Entwicklungen in die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs.152 Denn die Abnahme des Produkts ist an bestimmte, vorher festgelegte Parameter geknüpft. Treten diese Rahmenbedingungen ein, besteht eine Abnahmeverpflichtung. Damit führen auch die Fälle der veranlassten Forschungs- und Entwicklungsarbeit grundsätzlich zu einem im Zeitpunkt der Nachteilszufügung nicht konkret bestimmbaren Nachteil. Allerdings ist auch hier eine Einzelfallbetrachtung geboten. Der vorstehend genannte Fall unterfällt aber bei genauerer Prüfung nicht der Fallgruppe nicht zu berücksichtigender späterer positiver Entwicklungen.153 In diesen Fällen ist ein Nachteil angenommen, der durch spätere Entwicklungen, die nicht vorhersehbar waren, zumindest teilweise kompensiert werden kann. Diese späteren Entwicklungen sind nicht zu berücksichtigen. Im hier dargestellten Fall ist aber der Nachteil von der späteren Entwicklung schon im Zeitpunkt der Veranlassung abhängig. Es geht also nicht um ungeahnte positive Entwicklungen, sondern nur um unsichere, aber bereits eingeplante positive Entwicklungen. Daher sind beide Fälle nicht vergleichbar. Zugefügt ist dieser Nachteil nicht erst mit Eintritt der Bedingung,154 sondern es besteht schon mit Veranlassung der Produktentwicklung eine hinreichende Gefahr der Verschlechterung der Ver150

So generell für Rahmenverträge MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 302. Verallgemeinernd für langfristige Verträge MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 301. 152 Dazu oben § 6 II. 153 Dazu oben § 6 II. 154 Für den Bedingungseintritt als Zufügungszeitpunkt OLG München Az. 7 U 1584/10, bisher unveröffentlicht. Hier ging es aber um die aufschiebende Bedingung des veranlassten Rechtsgeschäfts selbst. 151

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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mögens- und Ertragslage. Denn nicht das veranlasste Rechtsgeschäft ist bedingt, sondern nur der Eintritt der Nachteiligkeit. Somit lassen sich zumindest zwei Fälle zum Anwendungsfeld der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zählen. Eine wirkliche Fallgruppenbildung ist dabei allerdings nur schwer möglich, da es an gesicherten Parametern fehlt, nach denen sich exakt bemessen lassen kann, bei welcher veranlassten Tätigkeit ein Nachteil derzeit nicht feststellbar ist. Immerhin deutlich wird, dass es sich bei den vielen denkbaren Maßnahmen allesamt um langfristige handelt.155 In den genannten Sachverhalten ist aber zumindest im Einzelfall trotz intensiver Anstrengungen bei der Nachteilsfeststellung eine solche nicht immer exakt möglich.156 Klar ist hierbei jedoch auch, dass auf Grundlage des Gesetzes nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann, dass solche Veranlassungen auch in einem faktischen Konzern möglich sein sollen.157 Ein direkter Zwang einen Vertragskonzern einzugehen, lässt sich zumindest in den hier untersuchten Fällen nicht herausarbeiten. Insgesamt bleibt es daher bei einer Betrachtung im Einzelfall, da es nur sehr wenige Sachverhaltskonstellationen geben wird, in denen ein Nachteil tatsächlich bis zum Ende des Geschäftsjahres nicht genau bezifferbar ist. 3. Abgrenzung der Fallgruppen zum qualifiziert faktischen Konzern In diesen genannten Fällen mag es gerechtfertigt sein, den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zuzulassen. Denn nur dort besteht ein auch aus Sicht des herrschenden Unternehmens gerechtfertigtes und vor allem rechtlich relevantes Risiko der Fehlbeurteilung und damit der Haftung. Damit ist aber noch nichts über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung an sich gesagt.158 Es sind vielmehr nur die – stark eingegrenzten – Anwendungsfelder der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung markiert. Sind diese Anwendungsfelder verlassen, ist die Verwendung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung schon deshalb unzulässig. Zudem ist der Abschluss dieser Vereinbarung nicht dazu gedacht, einen vorsorglichen Ausgleich zu erreichen.159 Gehen beide Unternehmen von einer fehlenden Nachteiligkeit aus, so ist keine Veranlassung für eine solche Vereinbarung gegeben. Denn diese soll gerade einen Rechtsanspruch für einen tatsächlich vorliegenden Nachteil gewähren, der aber in der Summe noch nicht quantifizierbar ist. Sie ist aber kein Mittel, eine ungewisse Nachteiligkeit weiterhin 155

Diese Fallgruppe eröffnet MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 301. Im Ansatz zustimmend MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 301; allerdings will Altmeppen dieses Problem der im Beurteilungszeitpunkt schwierigen Quantifizierbarkeit durch eine Garantie lösen, vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 348; dazu ausführlich unten § 15 I. 157 A.A. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 40. 158 Dazu unten § 11 und § 13. 159 So aber Wirth, in: GS Martin Winter, S. 789. 156

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

im Ungewissen zu belassen und die daraufhin drohende Schadenersatzhaftung zu umgehen. Das Gesetz sieht diese Möglichkeit in § 311 AktG nicht vor. Dem könnte man zwar die generell aus § 311 BGB ableitbare Vertragsfreiheit entgegenhalten, die auch einen vorsorglichen Ausgleich regeln kann. Ein Ausgleich im Sinne des § 311 AktG liegt hierin aber nicht. Insbesondere mit Blick auf den Abhängigkeitsbericht ist eine vorsorgliche Vereinbarung aber auch nicht sinnvoll. So ist es nicht nachvollziehbar, wenn der Vorstand des abhängigen Unternehmens erklärt, er sehe keine Nachteile durch die veranlasste Maßnahme, im gleichen Zuge aber bereits den „vorsorglichen“ Abschluss einer Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellt und berichtet. Zwar ist ein vorsorglicher Ausgleich mehr, als die gesetzliche Regelung in § 311 AktG will; dort wird ja nur ein Ausgleich tatsächlich nachteiliger Veranlassungen verlangt. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dieser vorsorgliche Ausgleich indes nicht mehr als so vorteilhaft aus Sicht der schützenswerten Gläubiger und außenstehenden Aktionären. Ein zulässiger vorsorglicher Ausgleich entbände die Vorstände von einer genauen Untersuchung der Nachteiligkeit der veranlassten Maßnahme und damit von der Untersuchung der Risiken der konkreten Veranlassung. Dies ist gerade mit Blick auf den Minderheitenschutz des § 311 AktG nicht hinzunehmen, da auf diese Weise auch existenzbedrohende Risiken übersehen werden könnten. § 311 AktG zwingt die beteiligten Vorstände zu einer sorgfältigen Beurteilung der veranlassten Maßnahme, insbesondere den Vorstand der herrschenden Gesellschaft. Dieser ist verpflichtet, die entstehende Nachteiligkeit intensiv zu bewerten und kann sich dieser aus §§ 311 ff. AktG entspringenden Pflicht nicht durch den Abschluss einer vorsorglich getroffenen Nachteilsausgleichsvereinbarung entziehen. Daher müssen sich die Vorstände darauf festlegen lassen, wenn sie die Nachteiligkeit selbst verneinen, und dürfen nicht vorsorglich einen unbezifferten Nachteilsausgleich vereinbaren. Liegen sie mit dieser Einschätzung der Nachteiligkeit der Maßnahme falsch, so sieht das Gesetz die Schadenersatzhaftung nach § 317 AktG vor. Dieses System aus Nachteilsausgleich für einen festgestellten Nachteil und Schadenersatz für den Nichtausgleich kann somit nicht vorsorglich durch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung umgangen werden. Ein vorsorglicher Ausgleich kann insoweit allenfalls den Schaden im Sinne des § 317 AktG minimieren. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass die veranlassten Maßnahmen und die jeweiligen Nachteile weiterhin individualisierbar bleiben.160 Gelingt dies nicht, ist der Anwendungsbereich des § 311 AktG und damit der der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verlassen und es sind vielmehr die Regeln über den qualifiziert faktischen Aktienkonzern anwendbar.161 Die Zulassung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung im Einzelfall darf daher nicht dazu führen, dass die Grenzziehung zum qualifiziert faktischen Konzern verschwimmt. Die als Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG verstandene Nachteilsausgleichsvereinbarung ist 160 In den beiden genannten Fällen dürfte dies zwar ebenfalls pauschal nicht zu bejahen sein, aber es ist eher von Individualisierbarkeit als vom Gegenteil auszugehen. 161 Dazu ausführlich MüKo AktG/Altmeppen, Anh. zu § 317 AktG Rn. 1 ff.

§ 10 Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

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somit kein Instrument zur Umgehung des Einzelausgleichs, sondern vielmehr ein Instrument zur Befolgung dieses Prinzips. Denn im Rahmen des faktischen Konzerns haben sich Ausgleichsvereinbarungen an eben diese gesetzliche Vorgabe zu halten. Nur unter diesen Beschränkungen kann die gesetzgeberische Konzeption des faktischen Konzerns optimal in der Praxis umgesetzt werden. Um das Schutzniveau des faktischen Konzerns auch in den Situationen eines derzeit nicht konkret zu bestimmenden Nachteils zu gewährleisten,162 ist daher die Abgrenzung zum qualifiziert faktischen Aktienkonzern maßgeblich, um den Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht zu stark auszuweiten. Dem können auch nicht die Vorteile des faktischen Konzerns gegenüber dem Vertragskonzern im Sinne einer optimalen Haftungssegmentierung entgegengehalten werden.163 Denn sind die Grenzen des Einzelausgleichs verlassen, ist allein aus Gründen des Minderheitenschutzes ein Verbleib im faktischen Konzern nicht mehr gerechtfertigt.

IV. Ergebnis Der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist daher schon im Sinne der Effektivität des Regelungssystems der §§ 311 ff. AktG auf ein Minimum zu beschränken. Hierbei bietet sich jedoch keine Verallgemeinerung an, sondern es können allenfalls Fallgruppen gebildet werden. Zumeist wird es in der Praxis gleichwohl auf eine Einzelfallbetrachtung hinauslaufen. Die Vorstände müssen daher zunächst alle vertretbaren Mittel ausschöpfen, um den Nachteil zu prognostizieren.164 Erst wenn zum relevanten Zeitpunkt tatsächlich kein Nachteil mit Sicherheit festgestellt werden kann, ist der Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung denkbar, um die Haftungsrisiken des herrschenden Unternehmens nicht zu überhöhen. Ein vorsorglicher Abschluss zur Vermeidung einer Kostenbelastung aufgrund der Nachteilsfeststellung und damit zur Vermeidung eines Schadenersatzanspruchs wegen fehlerhafter Nachteilsquantifizierung ist im Lichte des § 311 AktG nicht zulässig. Die gesetzlichen Regelungen sehen eine solche Haftungsvermeidung nur in den Grenzen eines den Nachteil ausgleichenden Rechtsanspruchs vor und beschränken daher in § 317 Abs. 1 AktG die Haftung auf den durch Nichtausgleich des Nachteils entstandenen Schaden.165 Dieses Haftungsrisiko kann aber durch eine sorgfältige Bewertung der Nachteiligkeit schon im Lichte des § 317 Abs. 2 AktG um ein Vielfaches verringert werden. Hat der Vorstand nämlich alles unternommen, um den Nachteil festzustellen, und hat er hierbei vertretbar keine Nachteiligkeit ermitteln können, so liegt ein Haftungsausschluss nach 162

Zum Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG vgl. oben § 1. So im Ergebnis aber wohl Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1292. 164 Vgl. hierzu MüKo AktG/Spindler, § 93 AktG Rn. 47 f. 165 Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 6; zur möglichen Verringerung des Schadens durch eine vorsorgliche Nachteilsausgleichsvereinbarung siehe soeben § 10 III. 3. 163

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

§ 317 Abs. 2 AktG nahe.166 Insbesondere in den Fällen, in denen der Vorstand auf einer ausreichenden Informationsgrundlage den vom Gesetz gegebenen Ermessensspielraum eingehalten hat, ist ein Schadenersatzanspruch daher ausgeschlossen.167 Es wird indes Fälle geben, in denen die Nachteiligkeit an sich nicht zu übersehen ist, aber die Höhe zum relevanten Zeitpunkt trotz aller Anstrengungen rein tatsächlich nicht ermittelt werden kann. Dann steht grundsätzlich eine Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG im Raume, die durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vermieden werden könnte. Dies gilt aber nur, solange die Maßnahmen und der Nachteil individualisierbar bleiben. Zusätzlich ist hierbei darauf zu achten, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nur für solche Fälle angewandt wird, in denen das Risiko einer Fehlbewertung tatsächlich besteht.168 Nur dann, wenn ein Nachteil der Höhe nach nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, ist auch tatsächlich der Anlass für eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gegeben.169 Ist jedoch das Risiko einer Fehlbewertung auf Fehler des Vorstands oder der Wirtschaftsprüfer zurückzuführen, so ist für die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung kein Raum. Hier ist das herrschende Unternehmen auf die selbst gewählte Bewertungsart und den so festgestellten Nachteil zu verweisen. Bei nicht vertretbaren Fehlern im Rahmen der Nachteilsbestimmung kann somit der daraus entstehende Schadenersatzanspruch wegen unvollständigen Nachteilsausgleichs nicht durch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung umgangen werden.170 Zusätzlich darf die Verwendung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht die Zielsetzung des faktischen Konzerns umgehen: den Ausgleich von veranlassten Einzelmaßnahmen zur Ermöglichung einer vereinfachten Konzernleitung ohne Beherrschungsvertrag.171 Ist absehbar, dass weitere nicht einfach bezifferbare Nachteilszufügungen folgen, darf daher nicht auf das Instrument der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zurückgegriffen werden. Vielmehr ist in diesen Fällen der Vertragskonzern das probate Mittel für weiterreichende Beeinflussungen.172 Abseits des Vertragskonzerns ist die Einflussnahme zu unterlassen. Hierdurch wird aber der faktische Konzern keinesfalls unattraktiver gemacht. Denn für die weitergehende Einflussnahme sieht das Gesetz eben nicht den faktischen Konzern, sondern gerade den Vertragskonzern vor. Bei dieser Qualität der Beeinflussung ist auch der Zweck einer Haftungssegmentierung durch die §§ 311 ff. AktG nicht höher 166

§ 2. 167

Nach hier bestrittener herrschender Auffassung liegt schon kein Nachteil vor; siehe oben

Zur ausreichenden Informationsgrundlage siehe auch Spindler, AG 2006, 677, 681. Dazu ausführlich oben § 10 II. 169 Siehe soeben § 10 I. 170 Zu diesem Umgehungsproblem der Nachteilsausgleichsvereinbarung siehe unten § 13 II. 1. 171 Zu dieser Zielsetzung statt aller MüKo AktG/Altmeppen, Vorb. §§ 311 ff. AktG Rn. 4. 172 MüKo AktG/Altmeppen, Vorb. §§ 311 ff. AktG Rn. 3; Näheres zur Unterscheidung von Vertragskonzern und faktischem Konzern noch unten § 13 I. 2. d). 168

§ 11 Meinungsstand in der Literatur

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anzusiedeln als der Schutz der abhängigen Gesellschaft.173 Daher besteht für die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ein vergleichbar geringer Anwendungsbereich, der auf die wenigen oben entwickelten Fallgruppen beschränkt ist. In diesen Bereichen ist aber diese Vereinbarungsform sehr nützlich, um die Haftungsrisiken des herrschenden Unternehmens auf ein vertretbares Maß zu verringern. Nachdem nun der Anwendungsbereich festgestellt ist, ist eine eingehende Untersuchung der inhaltlichen Zulässigkeit möglich. Zunächst sollen aber zur Verdeutlichung der Problematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung die verschiedenen Auffassungen aus Rechtsprechung und Literatur dargestellt werden. Daran schließt sich dann die ausführliche Betrachtung der Zulässigkeit an.

§ 11 Meinungsstand in der Literatur I. Abstrakte Vereinbarungen 1. Die herrschende Auffassung In der Literatur hat das Thema der Zulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen bisher nur wenig Aufmerksamkeit erfahren. Allerdings sind die wenigen Stimmen in der Literatur eindeutig zu positionieren und stehen sich meist unversöhnlich gegenüber. Die Position der einzelnen Literaturauffassungen differiert zudem stark aufgrund des Inhalts und der Formulierung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Auch bei der Darstellung der wenigen zu dieser Vereinbarungsform vertretenen Meinungen ist daher zwischen abstrakten und konkreten Vereinbarungen zu unterscheiden.174 Hinsichtlich abstrakter Nachteilsausgleichsvereinbarungen, die also den zugefügten Nachteil nicht eindeutig kennzeichnen, lässt sich jedoch eine eindeutige Strömung in der Literatur ausmachen. Nach einer als herrschend zu bezeichnenden Auffassung ist der Abschluss einer abstrakt gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht geeignet, die ausgleichende Wirkung des § 311 Abs. 2 AktG herbeizuführen.175 Eine Zulässigkeit der abstrakt gehaltenen Vereinbarung widerspräche der gesetzlichen Regelung in den §§ 311 ff. AktG, da in § 311 AktG der Ausgleich konkret zu bezeichnender nachteiliger Maßnahmen durch konkret zu beziffernde Vorteile verlangt wird. Das Gesetz gestatte es aber nicht, die Maßnahme, für die ein Ausgleich geleistet

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So aber im Ergebnis Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1292. In der bisher erschienenen Literatur zu Nachteilsausgleichsvereinbarungen fehlt eine solche Unterscheidung aber zumeist, was zu Fehlinterpretationen führt; dazu sogleich. 175 MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 367; Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 54; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 74; Ziemons, in: Nirk/Ziemons/ Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.407. 174

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

werden soll, unbenannt zu lassen. Dies widerspräche dem nach ganz herrschender Meinung in § 311 AktG enthaltenen Prinzip des Einzelausgleichs.176 2. Existenz einer Gegenauffassung? Demgegenüber soll nach einer vereinzelt gebliebenen Gegenauffassung der Abschluss auch abstrakt gehaltener Nachteilsausgleichsvereinbarungen zulässig sein.177 Jedoch ist diese Aussage von Adler/Düring/Schmaltz bei näherer Betrachtung keine Gegenauffassung zur herrschenden Auffassung. Vielmehr trifft die zitierte Literaturauffassung nur keine Unterscheidung zwischen abstrakten und konkreten Nachteilsausgleichsvereinbarungen. Die hier genannte Auffassung hält es in den Fällen, in denen innerhalb eines Geschäftsjahres eine genaue Feststellung der Nachteile und deren Ausgleich nicht möglich ist, für zulässig, dass ein Nachteilsausgleichsvertrag geschlossen wird, der den Nachteilsausgleich der Höhe nach noch unbeziffert lässt.178 Hierin liegt aber keinesfalls das auch von der herrschenden Auffassung für unzulässig erklärte „Offenlassen der nachteiligen Maßnahme“ als solches, sondern lediglich die Feststellung, dass die Höhe des Nachteils zur Zeit des Vertragsschlusses noch offengelassen werden kann. Allerdings ist zuzugeben, dass die Formulierungen bei Adler/Düring/Schmaltz insoweit missverständlich sind, was hauptsächlich aus der fehlenden Unterscheidung zwischen abstrakten und konkreten Vereinbarungen herrührt. Mithin bezieht sich die Auffassung von Adler/Düring/ Schmaltz nur auf die Zulässigkeit konkret gehaltener Vereinbarungen und stellt damit keine Gegenauffassung im Hinblick auf abstrakte Vereinbarungen dar.179 Wenn man jedoch das von der herrschenden Auffassung ebenfalls in Bezug genommene Formular bei Luther/Happ näher beleuchtet,180 lässt sich immerhin in diesem Formular eine Gegenauffassung erkennen. In § 2 Abs. 2 lit. f) des Formulars findet sich eine Regelung, nach der ein entstandener Nachteil, der am Ende des Geschäftsjahres noch nicht ausgeglichen ist, durch einen monetären Anspruch ausgeglichen werden soll.181 176

Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 2 f. Nach herrschender Auffassung werden so die Ausführungen bei Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 71 und Krieger, in: MünchHdb. AG, 3. Aufl. 2007, § 69 Rn. 88a eingeordnet, vgl. MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 367 mit Fn. 493 und Ziemons, in: Nirk/Ziemons/ Binnewies, § 311 AktG Rn. 12.407 mit Fn. 1. Zudem findet sich meist ein ebenfalls in Bezug genommenes Formular für eine Nachteilsausgleichsvereinbarung bei Luther/Happ, in: FormKomm, Form. 2.204, das jedoch in der Neuauflage nicht mehr enthalten ist. Mittlerweile ist die Auffassung Kriegers in der Neuauflage an die herrschende Auffassung angelehnt, vgl. Krieger, in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 91. 178 Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O. 179 Immerhin die Ausführungen bei Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 75 lassen sich dahingehend verstehen. 180 Luther/Happ, in: FormKomm, Form. 2.204. 181 § 2 Abs. 2 lit. f): „Ist ein PAVAG entstandener Nachteil am Ende des PAVAG-Geschäftsjahres noch nicht ausgeglichen, so ist der Ausgleichsanspruch auf Ausgleichung des Nachteils in Geld gerichtet.“ Aus Luther/Happ, in: FormKomm, Form. 2.204. 177

§ 11 Meinungsstand in der Literatur

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Und in § 2 Abs. 2 lit. c), e) ist festgehalten, dass erst zwei Monate nach Ende des Geschäftsjahres die Nachteiligkeit als solche tatsächlich überprüft wird.182 Einen eindeutigen Bezug zu einer Maßnahme, wie bei einer konkret-generellen Vereinbarung findet sich in diesem Formular allerdings nicht. Daher können zumindest Luther/Happ als Vertreter der Zulässigkeit einer abstrakt gehaltenen Nachteilsausgleichsvereinbarung angesehen werden.183 Mittlerweile kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich auch Luther/Happ der herrschenden Auffassung angeschlossen haben oder zumindest nicht mehr die gegenteilige Auffassung vertreten, da sich das oben genannte Formular in der Neuauflage nicht mehr findet. Mithin sind nach ganz herrschender Auffassung abstrakt gehaltene Nachteilsausgleichsvereinbarungen, die sich nicht auf einzelne Maßnahmen des herrschenden Unternehmens beziehen, mit § 311 AktG nicht vereinbar und damit unzulässig.184 Deutlich uneinheitlicher sieht das Meinungsbild jedoch bei der auf einen konkreten Nachteil bezogenen Vereinbarung aus.

II. Konkrete Vereinbarungen 1. Die Befürworter Die Frage, ob konkrete Nachteilsausgleichsvereinbarungen, die sich also nur auf eine oder mehrere konkret benannte und durch das herrschende Unternehmen veranlasste nachteilige Maßnahmen beziehen, nach § 311 Abs. 2 AktG zulässig sein sollen, wird unterschiedlich beantwortet; die Literatur spaltet sich hier in zwei gegensätzliche Lager.185 Nach einer weit verbreiteten Auffassung ist in den Fällen, in denen sich die genaue Nachteilshöhe erst später – also nach Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres – feststellen lässt, der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zulässig, um die Haftungsfolge der §§ 317, 318 AktG zu vermeiden.186 Es handele sich um eine konkrete Zusage, die den Anforderungen des 182 § 2 Abs. 2 lit. c): „Der PAVAG-Vorstand wird jeweils probeweise zum 31. August (Vortermin) und gültig zum 31. Dezember eines jeden PAVAG-Geschäftsjahres (Stichtag) überprüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Art und Höhe der PAVAG Nachteile im Sinne von § 2 Abs. 1 dieses Vertrages entstanden sein könnten, die ZWG nach seiner Ansicht verpflichtet ist, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages auszugleichen.“ § 2 Abs. 2 lit. e): „PAVAG und ZWG werden jeweils innerhalb von zwei Monaten nach dem Stichtag ermitteln, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe PAVAG ein auszugleichender Nachteil entstanden ist.“ 183 Diese Einordnung wird auch bei den Anmerkungen zum Formular deutlich, vgl. Anm. 1 zu Form. 2.204 auf S. 288 f. 184 Ob dies in dieser Allgemeinheit so aufrechterhalten werden kann, wird sogleich unter § 13 geklärt. 185 Teilweise fehlt es aber an einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema. 186 Adler/Düring/Schmaltz, § 311 AktG Rn. 71, 75; MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 348 und 367; Wirth, in: GS Martin Winter, S. 785 ff.; im Ergebnis auch Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

§ 311 Abs. 2 AktG genüge.187 Auch sei es zulässig, die Bezifferung des Nachteils einem Gericht zu übertragen, da es sich bei dem Gericht um einen unabhängigen Dritten handele, weshalb die Grundsätze, dass einem Dritten, etwa dem Abschlussprüfer, die Feststellung der Nachteiligkeit einer Maßnahme nicht übertragen werden dürfen,188 nicht gelten sollen.189 Ebenfalls sei eine ausreichende Planungssicherheit der abhängigen Gesellschaft gewährleistet.190 Zudem läge keine Umgehung der §§ 317 f. AktG vor, da die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung sogar in einigen Fällen ein höheres Schutzniveau biete als das Haftungsregime des faktischen Konzerns.191 Teilweise wird die Zustimmung zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aber auf die Fälle begrenzt, in denen die beteiligten Vorstände davon ausgingen, dass es sich bei der veranlassten Maßnahme nicht um eine nachteilige Maßnahme handele.192 In diesen Fällen, insbesondere im Rahmen der schwierigen Unternehmensbewertung, sei es nicht gerechtfertigt, die Vorstände auf das Haftungsregime der §§ 317 f. AktG zu verweisen.193 Die Vorstände hätten alle verfügbaren Maßnahmen zur Nachteilsermittlung ausgeschöpft und dürften auf den eingeholten Rat vertrauen.194 Teilweise lassen sich aber auch einigen Literaturmeinungen zumindest vordergründig keine klaren Aussagen hinsichtlich der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen entnehmen. Koppensteiner etwa verweigert einer Vereinbarung, die einen Ausgleich für den Fall zusichert, dass sich anhand einer nachträglichen Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung ein Nachteil herausstellt, seine Zustimmung.195 Andererseits hält er eine Vereinbarung für zulässig, die in Form einer Garantie den Ausgleich später festgestellter Nachteile in jedem kommenden Geschäftsjahr zusichert.196 In der Gesamtschau lässt sich aber eines feststellen und somit eine Einordnung der Aussagen Koppensteiners vornehmen: Eine Vereinbarung, die den Nachteil oder, genauer formuliert,197 die nachteilige

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MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 348. Vgl. hierzu nur Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 60. 189 In dieser Deutlichkeit bisher allerdings nur OLG München, Az. 7 U 1584/10, hierzu unten § 12 III. und § 13 IV. 2.; im Anschluss daran, aber ohne eine eindeutige Äußerung in diesem Punkt, Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 47. 190 Wirth, in: GS Martin Winter, S. 788. 191 Vgl. Wirth, a.a.O. 192 Wirth, in: GS Martin Winter, S. 789. 193 Wirth, in: GS Martin Winter, S. 787. 194 Vgl. Wirth, in: GS Martin Winter, S. 785 f.; insbesondere zur Streitfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertrauen auf Expertenrat vor Haftung schützt, Fleischer, KSzW 2013, 3, 7 ff. 195 Vgl. Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 129. 196 Vgl. Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 135 ff. 197 Hierin liegt das eigentliche Problem: Begrifflichkeiten werden nicht konsequent und meinungsübergreifend verwendet, was zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen führt. 188

§ 11 Meinungsstand in der Literatur

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Maßnahme nicht benennt, ist unzulässig.198 Zulässig hingegen dürften nach Auffassung Koppensteiners – somit im Einklang mit der herrschenden Auffassung – aber Vereinbarungen sein, die eine konkrete Maßnahme betreffen, deren Nachteiligkeit betragsmäßig derzeit noch nicht festgestellt werden kann.199 Deutlich wird dies am Ende der hier untersuchten Ausführungen Koppensteiners, wo nur Veranlassungen eines nicht feststellbaren Nachteils eine Absage erteilt wird, aber zukünftig feststellbare Nachteile für zulässig und ausgleichsfähig erachtet werden.200 Unklar ist auch die Einordnung J. Vetters, der zunächst lediglich das Urteil des LG München im Fall HVB/Unicredit201 wiedergibt, aber auch fordert, dass Art und Umfang der zugesagten Vorteile konkret zu bestimmen seien.202 Allerdings lässt sich der Hinweis auf die Möglichkeit, derzeit noch nicht quantifizierbare Nachteile in Höhe der tatsächlich eintretenden Nachteile auszugleichen,203 als Zustimmung zur Verwendung unbezifferter konkreter Nachteilsausgleichsvereinbarungen verstehen und J. Vetter damit ebenfalls der herrschenden Auffassung zuordnen. Mithin ist nach zwar umstrittener, aber herrschender Auffassung eine unbezifferte Ausgleichsvereinbarung zulässig, die die nachteilige Maßnahme zwar benennt, aber den Nachteil der Höhe nach noch offen lässt. 2. Die Gegner Hingegen ist nach einer anderen Auffassung in der Literatur eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht geeignet, die Wirkungen des § 311 Abs. 2 AktG herbeizuführen.204 Der abhängigen Gesellschaft solle über § 311 Abs. 2 AktG, wenn sie schon keinen sofortigen tatsächlichen Ausgleich erhalte, die Möglichkeit eingeräumt werden, mit einem konkreten Anspruch zumindest für die Zukunft Planungssicherheit zu erlangen.205 Zudem werde über diese Ausgleichsmöglichkeit das grundsätzliche Verbot nicht quantifizierbarer Nachteilszufügung und damit auch das Schutzsystem der Regelungen über den faktischen Konzern unterlaufen.206 Weiterhin sei die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zir198 Hiermit ist die Unzulässigkeit abstrakter Vereinbarungen gemeint; so ist wohl auch Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 129 a.E. zu verstehen. 199 So sind wohl die Ausführungen bei Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 136 f. einzuordnen. 200 Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 137 a.E. 201 Siehe sogleich unten § 12 II. 202 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 100. 203 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 100 a.E. 204 Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 54; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 74; Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 47; Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 60 a.E.; Seulen, EWiR 2012, 683, 684. 205 Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 60. 206 Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 54.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

kulär angelegt.207 Einen anderen Ansatzpunkt wählt Heidel, der allein darauf abstellt, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung dem abhängigen Unternehmen lediglich einen aufschiebend bedingten Anspruch gewähre und dieser aufschiebend bedingte Anspruch keinen Rechtsanspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 S. 1 AktG darstelle.208 Demnach begründe nicht die Vereinbarung, sondern erst das einen Nachteil feststellende Urteil den Anspruch auf Nachteilsausgleich.209 Dies erfülle aber nicht mehr die zeitlichen Vorgaben des § 311 Abs. 2 AktG.210 Alle Vertreter dieser Auffassung halten eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung somit für generell unzulässig.

III. Zusammenfassung Betrachtet man die unterschiedlichen Positionen in der Literatur, wird deutlich, dass es einer näheren Untersuchung der Zulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen bedarf. Weder die eine noch die andere Auffassung hat klare Vorzüge. Oftmals fehlt es innerhalb der einzelnen Aussagen an einer klaren Begründung, die für oder gegen die Zulässigkeit sprechen würde. Es wird daher in den nachfolgenden Abschnitten eine umfängliche Analyse der rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Nachteilsausgleichsvereinbarung erstellt und damit die Grundlage für eine belastbare Aussage hinsichtlich der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung geschaffen. Bevor jedoch eine Stellungnahme bezüglich der Meinungen in der Literatur angebracht ist, wird zunächst noch die Position der Rechtsprechung in dieser umstrittenen Rechtsfrage dargestellt. Denn auch hier ist ein einheitliches Bild nicht ersichtlich. Erst im Anschluss daran lassen sich die insgesamt doch sehr unterschiedlichen Begründungsmuster bewerten.

§ 12 Die Rechtsprechung zu unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen – der Fall HVB/Unicredit Die Rechtsprechung hat sich, ähnlich wie die Literatur, nur wenig mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung befasst. Als einziges Beispiel ist bisher der Fall HVB/Unicredit zu nennen, der mit der Entscheidung des BGH vom 26. 06. 2012 seinen höchstrichterlichen Abschluss gefunden hat. Bei der Analyse dieses Falls beziehen sich die genannten Entscheidungsgründe der verschiedenen 207 Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1290 f. im Anschluss an BGH AG 2012, 680; hierzu ausführlich unten § 14 II. 8. 208 Vgl. Heidel, in: FS Meilicke, S. 135. 209 Heidel, in: FS Meilicke, S. 135 f. 210 Heidel, in: FS Meilicke, S. 137.

§ 12 Rechtsprechung zu unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen

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Instanzen allein auf das der Untersuchung zugrunde liegende Thema der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Eine umfassende Darstellung und Würdigung der Entscheidungen sprengt den Rahmen dieser Abhandlung. Die rechtliche Beurteilung dieser Rechtsprechung erfordert zunächst eine eingehendere Untersuchung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung und erfolgt daher im Anschluss an die eingehende Untersuchung der Zulässigkeit von unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen.211

I. Sachverhalt (vereinfacht)212 Die HypoVereinsbank (im Folgenden: HVB), die frühere Bayrische Hypo- und Vereinsbank AG, und die Unicredit S.p.A. (im Folgenden: Unicredit), die damals ca. 94 % des Grundkapitals der HVB hielt, vereinbarten am 12. September2006 die Übertragung des Osteuropageschäfts der HVB auf Unicredit. Unicredit kaufte hierzu Aktien der Bank Austria AG von der HVB. Als Gegenleistung wurde eine Zahlung in Höhe von 12,5 Mrd. Euro vereinbart. Der Kaufpreis entsprach dem von einem Wirtschaftsprüfer ermittelten Unternehmenswert der Bank Austria AG und lag 12 % über dem Börsenwert der Aktie der Bank Austria AG am Tag der Bekanntgabe der geplanten Veräußerung. Am 25. Oktober 2006 stimmten die Aktionäre auf der außerordentlichen Hauptversammlung der HVB mehrheitlich den einzelnen Verträgen über die Veräußerung des Osteuropageschäfts zu (erster Bestätigungsbeschluss). An diesem Tag lag der zugrundegelegte Unternehmenswert immer noch 6 % über dem Börsenwert der Aktie der Bank Austria AG. In der Hauptversammlung der HVB am 26. und 27. Juni 2007 wurde die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf Unicredit beschlossen. Am 21. Dezember 2007 schlossen die HVB und Unicredit eine Vereinbarung, in der der HVB ein Ausgleich sämtlicher Nachteile, die durch die Veräußerung des Osteuropageschäfts entstehen sollten, zugesichert wurde, sofern diese Nachteile von einem Gericht festgestellt würden. Beziffert wurden die Nachteile allerdings nicht (unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung).213 Auf einer weiteren Hauptversammlung am 29. und 30. Juli 2008 wurden die Zustimmungsbeschlüsse vom 25. Oktober 2006 bestätigt (zweiter Bestätigungsbeschluss). Nach der Eintragung der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf Unicredit am 15. September 2008 im Handelsregister fasste die neue Alleinaktionärin am 5. Februar 2009 einen weiteren (den dritten) Bestätigungsbeschluss. Gegen die Zustimmungsbeschlüsse vom 25. Oktober 2006 erhoben zahlreiche Aktionäre der HVB Anfechtungsklage. Das Landgericht München I erklärte die Beschlüsse für nichtig, das OLG München setzte das Berufungsverfahren zeitweilig 211 212 213

Siehe unten § 13 IV. Sachverhalt nach Wirth, in: GS Martin Winter, S. 780 ff. Vgl. zum Wortlaut der Vereinbarung schon oben § 8 II.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

aus. Im Anschluss daran erhoben weitere Aktionäre der HVB Anfechtungsklage gegen die Bestätigungsbeschlüsse der Hauptversammlung vom 29. und 30. Juli 2008. Die Klagen begründeten sie unter anderem damit, dass die Zustimmungsbeschlüsse vom 25. Oktober 2006 nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig seien, weil die Veräußerung des Osteuropageschäfts erheblich unter Wert erfolgt sei und damit gegen § 57 Abs. 1 AktG verstoße. Die nachfolgenden Bestätigungsbeschlüsse bezögen sich auf einen nichtigen Beschluss und seien damit wirkungslos. Die Vereinbarung vom 21. Dezember 2007 zwischen der HVB und Unicredit ändere an der Nichtigkeit nichts.

II. LG München I vom 10. 12. 2009214 Das LG München I hatte als Erstinstanz über den dargelegten Sachverhalt zu entscheiden. Es stellt zunächst die Nachteiligkeit der Veräußerung des Osteuropageschäfts ohne nähere Auseinandersetzung mit der Höhe des Nachteils fest, und hält die daraufhin geschlossene Nachteilsausgleichsvereinbarung für zulässig.215 Der Vertrag bestimme hinreichend deutlich Art und Umfang der als Ausgleich zu bestimmenden Vorteile, da ein Ausgleich in bar festgelegt sei. Bezüglich der Höhe des Anspruchs müsse der Hinweis auf ein Gerichtsurteil genügen. Das Urteil eines Gerichts mit Rechtskraftwirkung gegenüber dem herrschenden Unternehmen sei nicht zu vergleichen mit der Situation, in der ein unbezifferter Ausgleich der erst später festzustellenden Nachteile eingeräumt werde. Die fehlende Vergleichbarkeit ergebe sich aus dem Wesen eines Gerichtsurteils – die Rechtslage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Nachteils und damit einer Ausgleichspflicht stehe im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits objektiv fest, nur die Vertragspartner seien sich darüber noch im Ungewissen. Die Entscheidung in einem Gerichtsverfahren, in dem der Nachteilsausgleich klageweise geltend gemacht werde, führe zu einer Klarstellung des bereits objektiv feststehenden Rechtszustandes. Außerdem sei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 21. 12. 2007 eine bezifferte Klage von Aktionären bei demselben Gericht bereits rechtshängig gewesen, weshalb auch eine entsprechende Grundlage für eine zahlenmäßige Ausgleichsverpflichtung bestanden habe und nicht lediglich eine gegenüber dem herrschenden Unternehmen nicht denkbar in Rechtskraft erwachsende Entscheidung.216

214 215 216

Az. 5 HK O 13261/08 = AG 2010, 173. LG München AG 2010, 173 (Rn. 224). LG München AG 2010, 173 (Rn. 226 f.).

§ 12 Rechtsprechung zu unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen

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III. OLG München vom 22. 12. 2010217 Das OLG München als Berufungsinstanz lässt zunächst die Frage einer tatsächlichen Nachteilszufügung im Gegensatz zum LG München I offen.218 Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung sei fristgerecht abgeschlossen worden und entspräche den Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG. Es bestehe ein durchsetzbarer Rechtsanspruch gegen das beherrschende Unternehmen; der Anspruch sei auf eine Geldzahlung gerichtet und umfasse die etwaigen Nachteile, die durch die Maßnahme entstanden sein können. Unschädlich sei, dass diese in der Höhe nicht beziffert seien und deren Bestehen von der Entscheidung eines Gerichts abhängig gemacht werde. Dies sei der besonderen Situation geschuldet, in der die Vereinbarung geschlossen wurde.219 Zweifelten die Minderheitsaktionäre an der Angemessenheit des Ausgleichs kämen das beherrschende Unternehmen und die Gesellschaft in eine Konfliktsituation, wenn beide davon ausgingen, dass ein nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG nicht vorliege. Sie müssten entweder die Meinung der anderen Aktionäre übergehen, dann aber im Falle eines Rechtsstreits, in dem ein Nachteil festgestellt werde, unterliegen und nach § 317 Abs. 1 AktG umfassend ersatzpflichtig werden oder erneut eine umfangreiche Bewertung durch ein anderes Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit entsprechenden Kosten für die Gesellschaft vornehmen lassen. In Fällen, in denen ein Rechtsstreit absehbar oder wie vorliegend bereits anhängig sei, dürften die Gesellschaft und das beherrschende Unternehmen eine Vereinbarung über einen Nachteilsausgleich schließen, der bedingt sei durch eine den Nachteil feststellende Gerichtsentscheidung, welche die Zweifel ausräume. Dies entspräche letztlich den Interessen der Gesellschaft und gehe auch nicht zu Lasten ihrer Aktionäre. Die Nachteilsausgleichsvereinbarung sei auch nicht deshalb unzulässig, weil die Feststellung der Verpflichtung zum etwaigen Nachteilsausgleich einem Dritten überlassen werde. Anders als in der Fallgestaltung, in der die Bestimmung der Angemessenheit dem Abschlussprüfer (§ 313 AktG) überlassen werde und die daher als mit § 311 Abs. 2 AktG nicht vereinbar anzusehen sei, erfolge die Feststellung hier durch ein unabhängiges staatliches Gericht.220

IV. BGH vom 26. 06. 2012221 Der BGH hat demgegenüber das in der Revision angegriffene Urteil des OLG München verworfen.222 Wenn die Hauptversammlung einem nachteiligen Rechts217 218 219 220 221 222

Az. 7 U 1584/10, bisher unveröffentlicht. OLG München Az. 7 U 1584/10 (Rn. 71). OLG München Az. 7 U 1584/10 (Rn. 71 f.). OLG München Az. 7 U 1584/10 (Rn. 75 f.). Az. II ZR 30/11 = DB 2012, 1972 = AG 2012, 680 = BB 2012, 2395 = NZG 2012, 1030. Siehe soeben OLG München Az. 7 U 1584/10.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

geschäft zustimme, müsse bereits der Hauptversammlungsbeschluss einen Nachteilsausgleich vorsehen.223 Die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen an das herrschende Unternehmen unter ihrem Wert sei ein nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne von § 311 Abs. 1 und 2 AktG.224 Die Ausübung des Stimmrechts des herrschenden Unternehmens in der Hauptversammlung sei eine nachteilige Veranlassung im Sinn des § 311 Abs. 1 AktG, wenn nachteilige Geschäftsführungsmaßnahmen nach § 119 Abs. 2 AktG beschlossen würden. Dazu genüge auch die Zustimmung zu einer nachteiligen Geschäftsführungsmaßnahme, selbst wenn sie noch umgesetzt werden müsse, da der Vorstand Beschlüsse der Hauptversammlung grundsätzlich umzusetzen habe. Dem Zustimmungsbeschluss fehle die Bedeutung für eine nachteilige Maßnahme auch nicht, wenn der Vorstand nach § 119 Abs. 2 AktG eine Entscheidung der Hauptversammlung verlange, ohne dazu – etwa nach den Grundsätzen der Gelatine-Entscheidung – verpflichtet zu sein. Wenn die nachteilige Veranlassung in einem mit der Stimmenmehrheit des herrschenden Unternehmens gefassten Hauptversammlungsbeschluss bestehe, könne der Nachteilsausgleich nicht aufgeschoben werden, sondern müsse bereits im Beschluss vorgesehen sein. Die Privilegierung des herrschenden Aktionärs, einen Nachteilsausgleich erst zum Ende des Geschäftsjahres zu vereinbaren, könne nicht greifen, wenn die Hauptversammlung über ein nachteiliges Rechtsgeschäft beschließe.225 § 311 Abs. 2 AktG diene nicht einer Heilung von Beschlussmängeln oder der Behebung der Unsicherheit, ob und inwieweit ein Nachteil vorliege, sondern solle ein herrschendes Unternehmen nur insoweit privilegieren, als es die Bestimmung über den Ausgleich eines Nachteils längstens bis zum Geschäftsjahresende aufschieben dürfe, ohne schadensersatzpflichtig zu werden.226 Wenn ein Beschluss neben dem Nachteil für die abhängige Gesellschaft auch Sondervorteile für einen herrschenden Aktionär biete, müsse schon nach dem Wortlaut von § 243 Abs. 2 Satz 2 AktG mit dem Beschluss ein angemessener Ausgleich vorgesehen sein, um die Anfechtbarkeit zu beseitigen. Der Aktionär könne nicht darauf verwiesen werden, den Beschluss in der Hoffnung auf einen ungewissen Ausgleich unanfechtbar werden zu lassen. Das müsse auch gelten, wenn der Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern wegen Verstoßes gegen gläubigerschützende Vorschriften nichtig sei. Dem Minderheitsaktionär sei es aber nicht zumutbar, mit einer Klage zuzuwarten, bis feststehe, ob und wie das herrschende Unternehmen noch eine Vereinbarung über den Nachteilsausgleich treffe. Die Hauptversammlung könne auch – anders als etwa der Vorstand – nicht selbst nach der nachteiligen Veranlassung dafür Sorge tragen, dass der Nachteil spätestens bis zum

223 224 225 226

BGH AG 2012, 680 (Rn. 15). BGH AG 2012, 680 (Rn. 16). BGH AG 2012, 680 (Rn. 18 ff.). BGH AG 2012, 680 (Rn. 25 a.E.).

§ 12 Rechtsprechung zu unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen

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Ende des Geschäftsjahres durch Vorteile ausgeglichen oder ein Rechtsanspruch auf die Vorteile vereinbart werde, weil sie nicht ständig zusammentrete.227 Die Nachteilsausgleichsvereinbarung genüge nicht den Anforderungen, die an die Bestimmung eines Rechtsanspruchs auf einen ausgleichenden Vorteil (§ 311 Abs. 2 AktG) zu stellen seien.228 Wenn der Nachteil bezifferbar sei, müsse eine Ausgleichsvereinbarung, die einen Zahlungsanspruch begründe, den Ausgleichsanspruch beziffern und dürfe ihn nicht von der späteren Feststellung des Nachteils abhängig machen. Jede Ausgleichsvereinbarung müsse zudem Art, Umfang und Leistungszeit der als Ausgleich zugesagten Vorteile festlegen, um den Ausgleich nicht „auf die lange Bank zu schieben“ und die Grenzen zum Schadensersatzanspruch nach § 317 AktG nicht zu verwischen. Werde nur ein unbezifferter Anspruch auf Ausgleich später festgestellter Nachteile eingeräumt, obwohl der Nachteil bezifferbar sei, werde die erforderliche Klarheit nicht geschaffen und der Forderung des § 311 Abs. 2 AktG nach konkreter Festlegung der Vorteile nicht entsprochen.229 Als wichtigstes Argument gegen die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen nennt der BGH jedoch die zirkuläre Gestaltung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Den Anfechtungsklagen gegen die Zustimmungsbeschlüsse, die allenfalls mittelbar und nicht durch den Urteilsausspruch selbst zur Feststellung eines Nachteils führen könnten, sei die Grundlage entzogen, wenn man die Vereinbarung für ausreichend hielte. Im Ergebnis enthielte die Vereinbarung nicht mehr als das Anerkenntnis, einen Nachteil ausgleichen zu müssen, wenn und soweit ein solcher gerichtlich festgestellt werde. Damit würden die Grenzen zum Schadensersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG verwischt, in dessen Rahmen der Nachteil als Teil des Schadens zu ersetzen sei.230

V. Zusammenfassung Die ersten Instanzen hielten die getroffene unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung für zulässig und haben sich damit einem Teil der Literatur angeschlossen. Der BGH hingegen hat in einem ziemlich deutlich formulierten, aber knappen Urteil dieser Auffassung eine klare Absage erteilt und zumindest einen Großteil der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen für unzulässig erklärt. Aufgrund der Komplexität der Materie ist an diesem Punkt der Untersuchung noch keine klare Aussage über die Richtigkeit der jeweiligen Urteile zu treffen. Eine Beurteilung dieser Rechtsprechung – wie auch der Aussagen in der Literatur – bietet sich daher

227 228 229 230

BGH AG 2012, 680 (Rn. 18 ff.). BGH AG 2012, 680 (Rn. 22 a.E.). BGH AG 2012, 680 (Rn. 23 f.). BGH AG 2012, 680 (Rn. 24 a.E.).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

erst an, wenn umfassend die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung geklärt wurde.231

§ 13 Problemanalyse I. Die Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG 1. Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG a) Einführung Die Zulässigkeit einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung hängt von der gesetzlichen Regelung in § 311 AktG ab. Diese ist auf ihren Regelungsgehalt hin zu untersuchen, um festzustellen, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung auch als (rechtzeitiger) Rechtsanspruch auf Nachteilsausgleich gewertet werden kann. Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist der Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG. Hiernach ist der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch auf Ausgleich zu gewähren, wenn der Ausgleich des zugefügten Nachteils nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres erfolgt ist. Es muss spätestens am Ende des Geschäftsjahrs, in dem der abhängigen Gesellschaft der Nachteil zugefügt worden ist, bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Mithin muss klar sein, welche Vorteile das beherrschte Unternehmen gewährt bekommen soll.232 Betrachtet man aber die Kehrseite dieses Rechtsanspruchs, den Nachteil, so wird aus dem Wortlaut zunächst nicht deutlich, dass dieser konkret bestimmt sein muss. Allerdings stellt sich die Frage, ob e contrario nicht aus der Pflicht, den Vorteil konkret zu benennen, auch eine Pflicht zur konkreten Bestimmung des Nachteils folgt.233 Immerhin ließe sich argumentieren, dass sich nur bei beiderseitiger konkreter Benennung schon bei Gewährung des Rechtsanspruchs die Feststellung treffen ließe, ob der Nachteil zur Gänze ausgeglichen ist oder nicht. Auf den ersten Blick folgt aus § 311 Abs. 2 AktG allein jedoch nicht die Pflicht, den Ausgleich sofort auf Vollständigkeit untersuchen zu können. Diese Pflicht ergibt sich erst mit Blick auf die sonst drohende Schadenersatzhaftung nach § 317 Abs. 1 AktG. Der Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG selbst könnte daher eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gestatten. Um dies aber mit Sicherheit sagen zu können, ist der Wortlaut noch eingehender zu untersuchen.

231

Siehe daher unten § 13 IV. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 47. 233 Einleitend zu dieser Frage bereits oben § 10 I.; in diesem Sinne wohl Rothley, in: Wachter, § 311 AktG Rn. 26. 232

§ 13 Problemanalyse

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b) Keine klare Aussage zur Quantifizierung des Nachteils Die Vorschrift des § 311 Abs. 1 AktG erlaubt eine Nachteilszufügung nur unter der Voraussetzung, dass die Nachteile ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich erfolgt im Falle der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nach § 311 Abs. 2 AktG durch Gewährung eines Rechtsanspruchs. Dieser Rechtsanspruch muss, wie oben bereits gesagt, die Vorteile nennen, die zum Ausgleich gewährt werden sollen. Eine Regelung zur genauen Feststellung der Nachteilshöhe ist hierin nicht enthalten. Es muss nur bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Auf die zum Ausgleich bestimmten Vorteile ist der abhängigen Gesellschaft sodann ein Rechtsanspruch zu gewähren. Dieser muss daher dem Wortlaut entsprechend nur die Art der Vorteile, deren Höhe und den Nachteil, der ausgeglichen werden soll, enthalten. Für den Rechtsanspruch ist aber § 311 Abs. 2 AktG nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Nachteil auch der Höhe nach festgehalten sein muss.234 Dies lässt indes wiederum nicht den zwingenden Schluss zu, dass eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung dem Wortlaut nach zulässig ist. Zum einen lässt die Nachteilsausgleichsvereinbarung den Nachteil nicht einfach offen, sondern verknüpft die Quantifizierung des Nachteils und des Vorteils und verschiebt den Zeitpunkt der tatsächlichen Quantifizierung in die Zukunft. Zum anderen ließe sich der Wortlaut des § 311 AktG auch so interpretieren, dass er eine eindeutige Quantifizierung des Nachteils bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung verlangte. Denn das Wort „Nachteil“ in § 311 AktG ließe sich im Gesamtzusammenhang der Vorschrift auch als tatsächliche Nachteilshöhe verstehen. In Abs. 1 der Vorschrift wird klar zwischen der veranlassten Maßnahme und dem daraus entstehenden Nachteil differenziert. Damit bezeichnet „Maßnahme“ den Inhalt der Veranlassung und „Nachteil“ bezieht sich auf die negative Entwicklung aufgrund der Veranlassung. Diese negative Entwicklung kann am besten mit konkreten Werten, also zum Beispiel einer negativen Entwicklung des Bilanzgewinns, dargestellt werden. Daher kann das Wort „Nachteil“ als wertmäßiger Indikator für die Folgen einer Veranlassung gesehen und damit eher als monetärer Faktor betrachtet werden. Diese Unterscheidung gilt so auch für Abs. 2. Deshalb ließe sich ebenso gut argumentieren, dass der Nachteil im Rechtsanspruch der Höhe nach bestimmt sein muss, da es sich um einen Begriff handelt, dem zumindest vorrangig eine Werthaltigkeit immanent zu sein scheint. Jedoch gibt es zunächst für keine der eben aufgezeigten Interpretationsmöglichkeiten klare Vorzüge. Daher kann der Wortlaut einmal dahingehend verstanden werden, dass er es erlaubt, die Quantifizierung des Nachteils selbst offenzulassen. Er kann aber auch dahingehend eingeordnet werden, dass er zwingend die Nachteilsfeststellung der Höhe nach bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung fordert. Mithin bleibt festzuhalten, dass sich anhand des Wortlauts des § 311 Abs. 2 AktG allein keine eindeutige Aussage hin234 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 74, 64 ff.; siehe zu der von Habersack empfohlenen Lösung für nicht quantifizierbare konkrete Nachteile unten § 13 II. 6. und § 15 I.; mit dieser freilich nicht konsequent zu Ende gedachten Auffassung auch Arnold/ Gärtner, in: FS Stilz, S. 17.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

sichtlich der Zulässigkeit einer konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung treffen lässt, da ihm eine zwingende Quantifizierung des Nachteils bereits im Rechtsanspruch auf Ausgleich nicht mit Sicherheit entnommen werden kann. Ein denkbarer Rückgriff auf den Wortlaut des § 317 Abs. 1 AktG ist hierbei – trotz der engen Verzahnung mit § 311 AktG – aufgrund der Eigenständigkeit beider Vorschriften nicht möglich.235 Indes ist § 317 Abs. 1 AktG abseits der Wortlautuntersuchung für die Auslegung des § 311 AktG relevant.236 Unbeantwortet ist bisher auch die Frage, ob ein bedingter Anspruch – wie ihn die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung schafft @ die Wirkung des Ausgleichs im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG entfalten kann. Dies hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf die direkte Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, sondern ist vielmehr eine Frage nach dem Sinn einer solchen Vereinbarung und soll daher erst unten thematisiert werden.237 Damit lässt sich aus § 311 Abs. 2 AktG zunächst nicht herleiten, dass der Nachteil an sich konkret zu bestimmen ist. c) Quantifizierter Vorteil als zwingende Voraussetzung des Ausgleichs Etwas anderes gilt jedoch für den Vorteil, der gewährt werden soll, denn dieser ist genau zu bestimmen. Wird ein Ausgleich in bar ohne nähere Bezifferung für alle entstandenen Nachteile gewährt, wie meist bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung,238 so ist die Quantifizierung des Vorteils fest an die des Nachteils gebunden. Damit ist die obige Diskussion über einen gesetzlichen Zwang, den Nachteil bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung zu bestimmen, durch individualvertragliche Regelung obsolet geworden, da sich die Vertragsparteien von der denkbaren gesetzlichen Vorgabe getrennter Bestimmung von Nachteil und Vorteil verabschieden und eine Verknüpfung erzwingen.239 Wenn aber der Vorteil genau zu beziffern ist, so gilt dies zumindest für diese Fälle im Umkehrschluss auch für den Nachteil.240 Das bedeutet, dass grundsätzlich der Nachteil, als Gegenstück zum genau zu bestimmenden Vorteil, ebenfalls bestimmt werden muss.241 Dies ist aber nicht immer exakt möglich.242 In den Fällen, in denen eine Nachteilsquantifizierung erst im Nachhinein möglich ist, stellt sich die Frage, ob durch die Wahl einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung die Bestimmung des Nachteils erst später erfolgen darf.243 Wenn dies zu bejahen ist, dann ist der Vorteil als Korrelat gleichzeitig auch hinreichend bestimmt, da er an die Nachteilshöhe gebunden ist. 235 236 237 238 239 240 241 242 243

Vgl. zu dieser Eigenständigkeit schon oben § 2 IV. 2. Siehe sogleich § 13 I. 2. a) und § 13 II. 1. Siehe dazu unten § 13 II. 5. Zu dieser Formulierung vgl. bereits oben § 8 II. So wie bereits bei der Anwendungsbereichsdiskussion erläutert, vgl. oben § 10 I. Gerade diese Konsequenz ziehen Arnold/Gärtner, in: FS Stilz, S. 17 unzutreffend nicht. Siehe bereits oben § 10 I. Vgl. zu den Problemfällen oben § 6 III. 2. b) bb). Bejahend Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 AktG Rn. 137 a.E.

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Diese Frage lässt sich aber mit Blick auf den Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG nicht zweifelsfrei beantworten, da hier keine pauschale Betrachtung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erfolgen kann. Sie ist vielmehr in ihrem Kern auf Zulässigkeit hin zu untersuchen. Zur Verdeutlichung der einzelnen Problempunkte soll dies aber erst weiter unten geschehen.244 Ist der Nachteil indes konkretisierbar, so ergibt sich aus dem Zwang des § 311 Abs. 2 AktG, den Vorteil konkret zu benennen, schon in diesem Moment die Voraussetzung den Nachteil ebenfalls konkret zu benennen.245 Es ist deshalb bei der Betrachtung der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zwischen zwei Untersuchungsergebnissen zu differenzieren. Einerseits ist der Wortlaut des § 311 AktG hinsichtlich einer zwingenden Nachteilsquantifizierung im Rechtsanspruch auf Ausgleich nicht eindeutig. Andererseits kann sich durch die Formulierung der Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst etwas anderes ergeben. In diesem letztgenannten Fall wurde individualvertraglich eine feste Abhängigkeit von Vorteil und Nachteil vereinbart. Die Zulässigkeit dieser Vereinbarung ergibt sich jedoch nicht allein aus dem Wortlaut des § 311 AktG, sondern aus der unten folgenden detaillierten Untersuchung der Problematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. d) Abstrakte Nachteilsausgleichsvereinbarungen Im Hinblick auf abstrakte Vereinbarungen ist der Wortlaut allerdings eindeutig. Es muss bestimmt werden, durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Dies bedeutet nichts anderes, als dass zumindest klar sein muss, um welchen Nachteil es der Sache nach geht, was auch im ersten Halbsatz von § 311 Abs. 2 S. 1 AktG deutlich wird.246 Demnach muss der Ausgleich spätestens am Ende des Geschäftsjahres bestimmt werden, in dem der abhängigen Gesellschaft der Nachteil zugefügt worden ist. Daher ist zumindest die nachteilige Maßnahme selbst genau zu benennen, was bei der abstrakten Nachteilsausgleichsvereinbarung aber gerade vermieden werden soll.247 Eine abstrakte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist bereits der Konzeption nach kein Ausgleich eines konkreten Nachteils. Mithin ist diese Form der Vereinbarung schon mit dem Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG nicht zu vereinbaren. Die Zulässigkeit der abstrakt gehaltenen Nachteilsausgleichsvereinbarung könnte sich daher allenfalls über eine teleologische Reduktion des § 311 Abs. 2 AktG ergeben. So müsste es Fälle geben, in denen das Abstellen auf einen konkreten Nachteil nicht gerechtfertigt ist und der Sinn und Zweck der Norm einen Ausgleich mehrerer zunächst nicht konkreter Nachteile ermöglichen soll. Dem dürfte aber der Schutzzweck des § 311 AktG entgegenstehen.248 Dieser umfasst insbesondere den Schutz der Minderheitsaktionäre vor übermäßiger Einflussnahme 244 245 246 247 248

Siehe unten § 13 II. Siehe oben § 10 I.; so nun auch BGH AG 2012, 680 (Rn. 23). Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 40. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 74. Zum Schutzzweck bereits oben § 1.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

durch das herrschende Unternehmen. Würde man es diesem gestatten, sämtliche Veranlassungen vorab durch den Einsatz einer abstrakten Vereinbarung zu legitimieren, würde dieser Schutz unterlaufen. Zudem ist das Erfordernis des Einzelausgleichs bei abstrakten Nachteilsausgleichsvereinbarungen nicht per se einzuhalten, da bei Abschluss der Vereinbarung die Einzelausgleichsfähigkeit noch nicht feststeht. Daher bleibt es bei obigem Ergebnis, dass eine abstrakte unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gegen den Wortlaut des § 311 Abs. 2 AktG verstößt. e) Zwischenergebnis Der Wortlaut des § 311 AktG als Kernvorschrift der Regelungen über den faktischen Konzern enthält keine klare Aussage hinsichtlich der Zulässigkeit der konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Auch bei einer individualvertraglichen Verknüpfung von Vorteilsquantifizierung und Nachteilsquantifizierung hängt die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben von der Zulässigkeit dieser Verknüpfung und der Verschiebung des Quantifizierungszeitpunkts ab. Möglicherweise lässt sich aber anhand einer tiefergehenden Analyse des gesamten Normenkomplexes eine Aussage über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung treffen. Deshalb ist zunächst dieser Normenkomplex auf eine belastbare Aussage hin zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu untersuchen, bevor abschließend eine vertiefte Untersuchung der Probleme einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung Aufschluss über deren Zulässigkeit geben wird.249 Diese Untersuchungsabfolge ist nötig, da nur so die Komplexität der Frage nach der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufgelöst und ein eindeutiges Untersuchungsergebnis gefunden werden kann. 2. Systematik der Regelungen über den faktischen Konzern a) § 317 Abs. 1 AktG Die Vorschrift des § 311 Abs. 2 AktG kann bei der Untersuchung der Frage, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zulässig ist oder nicht, keinesfalls isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist das Gesamtgebilde des faktischen Konzerns und sogar – zur Abgrenzung – der Vertragskonzern in die Überlegungen mit einzubeziehen. In erster Linie ist hier auf die eben bereits angesprochene Vorschrift des § 317 Abs. 1 AktG einzugehen. Hiernach haftet das herrschende Unternehmen auf Schadenersatz, wenn es die veranlassten Nachteile nicht rechtzeitig ausgeglichen hat. Insbesondere bei der Gewährung von Rechtsansprüchen ist hierbei zu fragen, auf welches Ereignis bei der Rechtzeitigkeit abzustellen ist. Möglich ist es, einerseits auf 249

Siehe ebenfalls unten § 13 II.

§ 13 Problemanalyse

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den Zeitpunkt der Anspruchsgewährung und andererseits auf den Eintritt der für die Fälligkeit des Anspruchs genannten Bedingungen abzustellen.250 Nach richtiger Auffassung ist aber auf den Zeitpunkt der Vorteilsgewährung, mithin auf den Zeitpunkt der Gewährung des Rechtsanspruchs auf Ausgleich abzustellen.251 Daher muss grundsätzlich auch in diesem Zeitpunkt erkennbar sein, ob der Nachteilsausgleich vollständig erfolgt ist. Ausreichend ist es unter diesem Gesichtspunkt allerdings, dass erkennbar ist, ob durch den Anspruch ein vollständiger Ausgleich möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Nachteil vollumfänglich in Geld ausgeglichen werden soll.252 Erforderlich ist also aus Sicht des § 317 Abs. 1 AktG eine Vereinbarung, die den vollständigen Ausgleich des Nachteils zusichert. Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber, wie genau der Nachteil formuliert sein muss, der ausgeglichen werden soll. Insbesondere ist ausschlaggebend, ob es genügt, die nachteilige Maßnahme genau zu benennen, oder ob darüber hinaus die exakte Festlegung der Höhe des Nachteils erforderlich ist. Wichtig ist allerdings, dass der auszugleichende Nachteil der Sache nach benannt wird, weshalb eine abstrakt gehaltene Nachteilsausgleichsvereinbarung nach zutreffender Auffassung nicht den Anforderungen der §§ 311 Abs. 2, 317 Abs. 1 AktG entspricht.253 Bei dieser Form der Vereinbarung kann eben im Zeitpunkt der Ausgleichsgewährung nicht festgestellt werden, ob der Nachteil zur Gänze ausgeglichen ist, da nicht spezifiziert werden kann, welcher Nachteil ausgeglichen wird. Wird dieser Nachteil aber der Sache nach benannt, so ist die Lösung komplizierter. Dann ist zwar klar, um welchen Nachteil es sich handelt, aber die Vollständigkeit des Ausgleichs ist nicht sofort ersichtlich. Diese Schwäche der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wird indes genau dadurch umgangen, dass dem abhängigen Unternehmen ein vollumfänglicher Ausgleich zugesichert wird. Dadurch soll – bei unterstellter Zulässigkeit der Vereinbarung – von vornherein sichergestellt werden, dass der Ausgleich vollständig sein wird, egal wie hoch der Nachteil tatsächlich ist. Mithin könnte ein Schadenersatzanspruch gar nicht entstehen.254 Zudem wäre der Ausgleich nach dem oben Gesagten augenscheinlich rechtzeitig erfolgt.255 Die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kann aber nicht so einfach unterstellt werden. Fraglich ist, ob sich aus § 317 Abs. 1 AktG tatsächlich ein Verbot der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ergeben kann. Die Norm gewährt einen Ersatzanspruch für nicht (rechtzeitig) ausgeglichene Nachteile. Ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung unzulässig, so erfolgte der Ausgleich nicht und ein Ersatzanspruch besteht. § 317 AktG kann jedoch gerade deswegen keinerlei Aussage über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entnommen werden, da er nur die Rechtsfolge der Unzulässigkeit regelt. Von der Rechtsfolge bei Un250 251 252 253 254 255

Zum Problem der letzteren Betrachtungsweise vgl. unten § 13 II. 5. Siehe ausführlich oben § 6 II. Vgl. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 47 a.E. Vgl. Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 40. Zu den großen Problemen dieser Konstruktion siehe aber unten § 13 II. Bei näherer Betrachtung ist dies jedoch höchst fraglich; dazu unten § 13 II. 5.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

zulässigkeit auf diese selbst zu schließen wäre indes zirkulär. Einen Hinweis auf die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung enthält § 317 Abs. 1 AktG somit nicht. b) § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG Eine weitere Vorschrift, die bei der Auslegung des § 311 AktG nicht außer Acht gelassen werden darf, ist § 312 Abs. 1 AktG. Nach § 312 Abs. 1 AktG muss der Vorstand am Beginn des auf die Veranlassung folgenden Geschäftsjahres, spätestens drei Monate nach Ende des alten Geschäftsjahres, einen Bericht über die veranlassten Maßnahmen und Rechtsgeschäfte abgeben (sogenannter Abhängigkeitsbericht). Insbesondere ist er nach § 312 Abs. 1 S. 3 AktG verpflichtet, bei den Rechtsgeschäften Leistung und Gegenleistung, bei den Maßnahmen die Gründe der Maßnahme und deren Vorteile und Nachteile für die Gesellschaft anzugeben. Nach Satz 4 gilt zudem, dass bei einem Ausgleich von Nachteilen im Einzelnen anzugebenist, wie der Ausgleich während des Geschäftsjahrs tatsächlich erfolgt ist, oder auf welche Vorteile der Gesellschaft ein Rechtsanspruch gewährt worden ist. Hierin zeigt sich, dass der Vorstand ganz genau die dem abhängigen Unternehmen entstandenen Nachteile anzugeben hat.256 Diese Angabe ist auf den ersten Blick nur möglich, wenn der Nachteil betragsmäßig feststeht.257 Nur in diesen Fällen kann dargelegt werden, ob und wie der Ausgleich erfolgt ist.258 Daher wäre auch mit Blick auf § 312 Abs. 1 S. 4 AktG die abstrakt gefasste Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht mit den Regelungen über den faktischen Konzern vereinbar, da in dieser Vereinbarung keinerlei konkrete Nachteile benannt werden. Diese Schlussfolgerung setzt aber voraus, dass § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG überhaupt Regeln für den in § 311 Abs. 2 AktG genannten Rechtsanspruch enthalten kann.259 Insbesondere im Hinblick auf die konkret gefasste unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist daher fraglich, ob eine Vorschrift, die zeitlich nachgelagerte Pflichten des Vorstands der abhängigen Gesellschaft enthält, Auswirkungen auf die Zulässigkeit der konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung haben kann.260 Immerhin kann diese Verpflichtung auch ohne konkrete Benennung der Höhe des zugefügten Nachteils in der Nachteilsausgleichsvereinbarung erfüllt werden, nämlich dann, wenn der Nachteil erst nach Abschluss der Vereinbarung, aber noch innerhalb des ersten Quartals des Folgegeschäftsjahres beziffert werden kann. Zudem ist bei der Bestimmung der Höhe des Nachteils ein Abstellen auf die Ergebnisse des Abhängigkeitsberichts unzulässig, da die Frist des § 311 Abs. 2 AktG abgelaufen ist.261 256

Statt aller Hüffer/Koch, § 312 AktG Rn. 27 ff. Hüffer/Koch, § 312 AktG, Rn. 29 m.w.N. 258 Hüffer/Koch, § 312 AktG, Rn. 30. 259 Zustimmend Heidel, in: FS Meilicke, S. 135; wohl auch MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 346. 260 Dafür J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 89. 261 So auch J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 99. 257

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Wenn aber bei der Nachteilshöhe nicht auf den Abhängigkeitsbericht abgestellt werden darf, ist es schwer begründbar, warum bei der Frage, ob der Nachteil genauestens festzulegen ist, eine Bestimmung über die Prüfungspflichten des Vorstands bei der Erstellung des Abhängigkeitsberichts ausschlaggebend sein soll. Vielmehr baut die Vorschrift des § 312 AktG auf den zugesagten Nachteilsausgleich auf und erlegt dem Vorstand zusätzliche Pflichten auf. Eine zwingende Abhängigkeit zwischen der Verpflichtung des § 312 Abs. 1 S. 3 AktG und der Zulässigkeit der konkreten unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung besteht aber nicht. Aus diesem Grund kann aus dieser Vorschrift keine belastbare Schlussfolgerung über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gezogen werden. Mithin ist § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG in systematischer Hinsicht für eine Auslegung des § 311 Abs. 2 AktG nicht nutzbar zu machen.262 Vielmehr enthält § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG lediglich von § 311 Abs. 2 AktG unabhängige Pflichten des Vorstands der abhängigen Gesellschaft. Eine konkrete Benennung der Nachteilshöhe stellt daher keine Bedingung für den Rechtsanspruch nach § 311 Abs. 2 AktG dar, sondern erleichtert nur die dem Vorstand des abhängigen Unternehmens zugeteilte Aufgabe. Deshalb lässt sich anhand der Betrachtung von § 312 AktG weder für die abstrakt gefasste unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung noch für ihr konkret gehaltenes Pendant eine Aussage über die Zulässigkeit treffen. Neben § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG gibt es im Rahmen der Regelungen des faktischen Konzernsund des Vertragskonzerns jedoch weitere Vorschriften, die enger mit § 311 Abs. 2 AktG verwoben sein könnten. Allen voran die Regelungen über die Prüfung des soeben erörterten Abhängigkeitsberichts in § 313 AktG. c) § 313 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 AktG Nach § 313 Abs. 1 AktG hat der Abschlussprüfer insbesondere zu prüfen, ob vom herrschenden Unternehmen veranlasste Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen für das abhängige Unternehmen nachteilig waren, und wenn dies der Fall ist, ob diese Nachteile ausgeglichen wurden. Über das Ergebnis seiner Untersuchung hat er nach § 313 Abs. 3 AktG Bericht zu erstatten. Auch hier stellt sich wieder die Frage, ob zeitlich nachgelagerte Pflichten eines außenstehenden Dritten Auswirkungen auf die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung haben können. Die Aufgabe des Abschlussprüfers erfüllt einen Teil der Schutzfunktion der §§ 311 ff. AktG.263 Dies gilt ebenso für die soeben diskutierte Vorschrift des § 312 Abs. 1 S. 3, 4 AktG. Ohne Frage ist die Aufgabe des Abschlussprüfers leichter zu erfüllen, wenn der Nachteil in der Nachteilsausgleichsvereinbarung und damit im Abschlussbericht des Vorstands bereits konkret benannt werden konnte. Diese Vereinfachung ist aber wiederum kein zwingender Grund, den Nachteil in der Nachteilsausgleichsvereinbarung benennen zu müssen.264 Zudem enthält § 313 262 263 264

A.A. J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 89. Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 313 AktG Rn. 2. Daher deutet sich schon hier ein mit oben § 13 I. 2. b) übereinstimmendes Ergebnis an.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG eine Formulierung, die sogar für die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sprechen könnte. Demnach muss der Abschlussprüfer untersuchen, ob bei den im Bericht aufgeführten Rechtsgeschäften nach den Umständen, die im Zeitpunkt ihrer Vornahme bekannt waren, die Leistung der Gesellschaft nicht unangemessen hoch war; soweit sie dies war, ob die Nachteile ausgeglichen worden sind. Relevant sind die Kenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Ist in diesem Zeitpunkt die Nachteiligkeit der Maßnahme zwar bekannt, aber die Höhe des Nachteils noch nicht eindeutig feststellbar, so kann der Abschlussprüfer anhand der Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen, dass ein vollständiger Ausgleich zugesichert ist, auch wenn noch nicht geklärt werden kann, ob die Leistung der abhängigen Gesellschaft nicht angemessen war. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ermöglicht daher dem Abschlussprüfer auf den ersten Blick, seine Untersuchung schneller mit belastbaren Ergebnissen abzuschließen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber auch Absatz 3 der Vorschrift. Demnach muss der Abschlussprüfer nach § 313 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AktG bestätigen, dass bei den im Bericht aufgeführten Rechtsgeschäften die Leistung der Gesellschaft nicht unangemessen hoch war oder Nachteile ausgeglichen worden sind, und nach Nr. 3, dass bei den im Bericht aufgeführten Maßnahmen keine Umstände für eine wesentlich andere Beurteilung als die durch den Vorstand sprechen. Diese Erklärung ist nur dann zweifelsfrei möglich, wenn der Abschlussprüfer mit genauen Werten über die Höhe des Nachteils im Bericht des Vorstands nach § 312 AktG arbeiten kann. Daran fehlt es grundsätzlich, wenn der Nachteil der Höhe nach nicht benannt wurde. Allerdings ist auch dies wiederum nur eine Erleichterung und Beschleunigung der Arbeit des Abschlussprüfers und keine zwingende Voraussetzung des Rechtsanspruchs nach § 311 Abs. 2 AktG.265 Vielmehr muss der Abschlussprüfer in solchen Fällen auf Ergänzung des Abschlussberichts im Sinne des § 312 AktG bestehen.266 Insgesamt ist daher auch der Vorschrift des § 313 AktG keine eindeutige Aussage über die Zulässigkeit der konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu entnehmen. Parallel zu den Ausführungen zu § 312 AktG ließe sich wiederum nur die Unzulässigkeit der abstrakt formulierten unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen, da die nachteilige Maßnahme selbst auch für die Untersuchung und den Bericht des Abschlussprüfers feststehen muss. Allerdings ist auch in diesem Rahmen fraglich, ob eine Vorschrift, die nachgelagerte Verpflichtungen des Vorstands der abhängigen Gesellschaft – also nur auf den einen Vertragsteil – enthält, Auswirkungen auf die Wirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung haben kann.267 Da § 313 AktG auf dem oben bereits besprochenen Abhängigkeitsbericht aufbaut, lässt sich das dort

265

Damit ergibt sich tatsächlich ein mit der obigen Untersuchung von § 312 AktG übereinstimmendes Ergebnis, was nicht zuletzt auf die enge sachliche Verknüpfung von § 312 AktG und § 313 AktG zurückzuführen ist. 266 Vgl. nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 313 AktG Rn. 21. 267 Vgl. soeben § 13 I. 2. b).

§ 13 Problemanalyse

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gefundene Ergebnis übertragen.268 Eine zwingende Abhängigkeit zwischen der Verpflichtung des § 313 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 AktG und der Zulässigkeit der konkreten unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung besteht daher nicht. Aus diesem Grund kann aus dieser Vorschrift keine belastbare Schlussfolgerung über die Zulässigkeit der beiden Formen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gezogen werden. Damit kann insgesamt den Regelungen des faktischen Konzerns keinerlei eindeutige Aussage über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entnommen werden.269 In diesem Fall verbleibt die Abgrenzung zum Recht des Vertragskonzerns als letzte Möglichkeit, aus den Regelungen des Konzernrechts eine genauere Aussage hinsichtlich der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung herzuleiten. d) Die Regelungen über den Vertragskonzern – §§ 293 ff. AktG aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 304 AktG Der Vertragskonzern ist das Pendant zum faktischen Konzern und deshalb auch mit mehr Befugnissen für das herrschende Unternehmen ausgestattet.270 Daher ist, zumindest zur Abgrenzung, auch auf diese Regelungen einzugehen. Insbesondere, wenn Maßnahmen oder Gestaltungen nach den §§ 293 ff. AktG erlaubt sind, bedeutet dies im Umkehrschluss meist, dass diese Maßnahmen oder Gestaltungen beim faktischen Konzern unzulässig sind, da Grundlage dieser Zulässigkeit der Abschluss eines Unternehmensvertrages ist.271 Andererseits wird teilweise auch innerhalb der Regeln des faktischen Konzerns auf Normen des Vertragskonzerns verwiesen, wie etwa in §§ 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG jeweils mit Verweis auf § 309 Abs. 3 bis 5 AktG. Diese Systematik könnte deshalb Hinweise auf die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung enthalten. Insbesondere der in §§ 304 ff. AktG geregelte Gewinnabführungsvertrag weist Übereinstimmungen mit der hier diskutierten unbezifferten, konkret gehaltenen Nachteilsausgleichsvereinbarung auf. Bei beiden Vereinbarungen wird der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen ein Nachteil zugefügt, der aus Sicht und zum Schutz der außenstehenden Aktionäre auszugleichen ist. Unterschiede gibt es hierbei nur beim Ausgleichsadressaten. Während im Vertragskonzern die außenstehenden Aktionäre selbst Empfänger der Ausgleichsleistungen im Sinne der §§ 304 f. AktG sind, fließen die Ausgleichsleistungen im faktischen Konzern primär dem abhängigen Unternehmen und damit nur reflexartig den außenstehenden Aktionären zu. Dennoch lassen sich diese beiden Institute grundsätzlich miteinander vergleichen, da bei 268

Vgl. soeben § 13 I. 2. b). Allerdings werden unten Problematiken der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufgezeigt, die sehr wohl dem System des Konzernrechts entspringen. Aufgrund der Übersichtlichkeit sollen diese aber erst im Anschluss behandelt werden. 270 Dazu im Überblick Hüffer/Koch, § 291 AktG Rn. 2 f. 271 So im Ergebnis auch Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 3. 269

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

beiden ein sehr hohes Schutzniveau für die außenstehenden Aktionäre besteht.272 Betrachtet man zunächst die auch vom Inhalt her naheliegendere Regelung des § 304 Abs. 3 AktG, so wird dieses hohe Schutzniveau dadurch deutlich, dass ein Gewinnabführungsvertrag ganz ohne Ausgleich nach § 304 Abs. 3 S. 1 AktG generell nichtig ist.273 Bei einem lediglich unangemessenen Ausgleich sind die Rechte der außenstehenden Aktionäre eingeschränkt.274 Eine Anfechtungsklage ist ihnen nach § 304 Abs. 3 S. 2 AktG zwar verwehrt, dafür steht aber nach § 304 Abs. 3 S. 3 AktG das Spruchverfahren zur Verfügung.275 Gerade diese Verweisung auf das Urteil im Spruchverfahren als Grundlage des angemessenen Ausgleichs weist eine Parallele zum Inhalt der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auf. Auch beim Vertragskonzern ist der Ausgleich nach § 304 Abs. 3 AktG an eine Prognose geknüpft,276 was zu ähnlichen Problemen wie bei der Bestimmung des Nachteils beim faktischen Konzern führen könnte. Bei unangemessenem Ausgleich bestimmt das Gericht den Ausgleich. Diese Gerichtsentscheidung wirkt nach § 13 SpruchG vertragsgestaltend und auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück.277 Daher ließe sich diese gesetzliche Bestimmung gut mit der in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vereinbarten Bedingung der Nachteilsfeststellung durch ein Gericht vergleichen und somit die Zulässigkeit dieser vertraglichen Bestimmung bedeuten. Dies zumindest dann, wenn nicht die vertraglich vereinbarte Beherrschung Grundlage dieser Regelung ist – dann wäre diese Form der Behebung der Unangemessenheit einzig dem Recht des Vertragskonzerns vorbehalten. Schon die Vergleichbarkeit des Ausgleichs nach § 304 AktG und der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist jedoch höchst fraglich. Grundlage des Ausgleichs nach § 304 AktG ist die Prognose der zukünftigen Gewinnausschüttungen bei hinweg gedachtem Gewinnabführungsvertrag. Allerdings stellt sich bei dieser Prognose nicht das Problem, dass die Entwicklung der zukünftigen Gewinnausschüttungen nicht berechnet und bewertet werden kann. Grundlage der anzustellenden Prognose sind die vergangenen Dividendenausschüttungen.278 Aufgrund mathematischer Rechenmodelle lässt sich damit sehr zuverlässig der für den Ausgleich zugrundezulegende Wert ermitteln.279 Bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist aber gerade die ungenaue Prognose insbesondere bei Unternehmensbewertungen Hintergrund der vertraglichen 272 Zum Schutz der außenstehenden Aktionäre im faktischen Konzern vgl. oben § 1; zum Schutzzweck der §§ 304 ff. AktG vgl. MüKo AktG/Paulsen, § 305 AktG Rn. 7. 273 Hüffer/Koch, § 304 AktG Rn. 20. 274 Vgl. hierzu Veil, in: Spindler/Stilz, § 304 AktG Rn. 84, 87 f. 275 Vgl. hierzu Hüffer/Koch, § 304 AktG Rn. 21 f.; MüKo AktG/Paulsen, § 304 AktG Rn. 184 ff. 276 Vgl. hierzu ausführlich Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 304 AktG Rn. 30 ff. 277 Vgl. Hüffer/Koch, § 304 AktG Rn. 22 a.E. sowie Anh. § 305 AktG § 13 SpruchG Rn. 3. 278 Vgl. zur Berechnung ausführlich MüKo AktG/Paulsen, § 304 AktG Rn. 60 ff. 279 Siehe Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 304 AktG Rn. 30 ff.

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Regelung.280 Daher bestehen schon deshalb Zweifel an der Vergleichbarkeit von unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarung einerseits und Ausgleich nach § 304 AktG andererseits. Obwohl im Rahmen des Vertragskonzerns keine Probleme bei der Prognose des angemessenen Ausgleichs bestehen, stellt sich weiterhin die Frage, ob sich aus § 304 AktG dennoch die Möglichkeit im faktischen Konzern ergeben kann, ein Gericht mit der Bestimmung zu betrauen. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass auch die Ausgangssituation beim Ausgleich im Vertragskonzern und im faktischen Konzern eine gänzlich verschiedene ist. Beim Vertragskonzern gibt es einen vereinbarten Ausgleich, wenn auch nicht in angemessenem Umfang. Diese Unangemessenheit wird durch ein Gericht beseitigt. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gewährt diesen Ausgleich jedoch erst auf Grundlage des Urteils.281 Daher ist die Situation im faktischen Konzern bei Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eher mit der in § 304 Abs. 3 S. 1 AktG beschriebenen Situation vergleichbar, dass nämlich gar kein Ausgleich vorgesehen ist. In diesem Fall ist aber die Vereinbarung nichtig. Dies ist ein wichtiger Grund, der gegen eine mögliche Ableitung der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aus den Regeln des Vertragskonzerns spricht. Zudem liegt dem Vertragskonzern insgesamt ein System des Pauschalausgleichs zugrunde, während im faktischen Konzern zwingend der Einzelausgleich erfolgt.282 Dieser Unterschied spricht sogar eher gegen die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, da die Möglichkeit, das Gericht einen gerechten Ausgleich bestimmen zu lassen, eben auf dem Pauschalausgleich beruht und nicht für einen Einzelausgleich gedacht ist. Eine Übertragung auf den Einzelausgleich ist zumindest nicht ohne weiteres möglich. Für eine solche Übertragung fehlt es, wie bereits angesprochen, schon an der Vergleichbarkeit der Situationen. Daher lässt sich der Ausgleich des Vertragskonzerns in § 304 AktG in den hier diskutierten Fällen nicht mit dem des faktischen Konzerns vergleichen und damit zunächst nicht die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aus der Betrachtung des § 304 AktG folgern. bb) Der Abfindungsanspruch nach § 305 AktG Möglicherweise ergibt sich dieses Ergebnis aber aus der den Ausgleich nach § 304 Abs. 3 AktG ergänzenden Abfindung nach § 305 Abs. 5 AktG.283 Die außenstehenden Aktionäre bekommen @ anstatt gegen Zahlung des angemessenen Ausgleichs im Unternehmen zu bleiben @ die Möglichkeit, das abhängige Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung zu verlassen. Diese Abfindungsmöglichkeit des § 305 AktG weist allerdings einen bedeutenden Unterschied zur eben untersuchten Norm auf. Während nach § 304 Abs. 3 S. 1 AktG ein unterbliebener Aus280 281 282 283

Dazu bereits oben § 9 I. Vgl. Heidel, in: FS Meilicke, S. 135 ff.; dazu ausführlich unten § 13 II. 5. Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 2. Vgl. zu dieser Ergänzungswirkung nur MüKo AktG/Paulsen, § 305 AktG Rn. 7.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gleich zur Nichtigkeit des Gewinnabführungsvertrages führt, ist eine unterbliebene Abfindung nach § 305 Abs. 5 S. 2 AktG anders zu beurteilen. Hier gilt das Gleiche wie bei einem unangemessenen Ausgleich: Das Gericht bestimmt die Abfindung. Es besteht daher auf Basis des Regelungsgedankens eine höhere Vergleichbarkeit zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als bei Ausgleichsregelungen nach § 304 AktG, da nun in beiden Fällen das Gericht die Grundlage für den Ausgleich nach § 311 AktG bzw. für die Abfindung nach § 305 AktG schafft, indem es die angemessene Höhe bestimmt. Diese Bestimmung ist im Rahmen des § 305 Abs. 5 S. 2 AktG ebenfalls vertragsgestaltend und wirkt auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück.284 Die gleiche Wirkung soll auch durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung erreicht werden. Parallel zum oben bei § 304 AktG Gesagten besteht auch im Falle der Abfindung nach § 305 AktG kein Prognoseproblem als Grundlage des unangemessen vereinbarten Abfindungsbetrags. Daher ist wiederum die Vergleichbarkeit von unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarung und Abfindung im Sinne des § 305 AktG problematisch. Vieles spricht dafür, auch hier eine Vergleichbarkeit schon aus diesem Grund abzulehnen. Zusätzlich spricht auch der Zweck der Regelung in § 305 AktG gegen eine Vergleichbarkeit mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Anders als der Ausgleichsanspruch nach § 304 AktG, der „die außenstehenden Aktionäre gegen die wirtschaftliche Beeinträchtigung ihres Gewinnbezugsrechts sichern soll“,285 ermöglicht § 305 AktG den Erwerb von Mitgliedschaftsrechten im herrschenden Unternehmen bzw. die Desinvestition des außenstehenden Aktionärs, der durch den Gewinn- und Beherrschungsvertrag in seinen mitgliedschaftlichen Rechten innerhalb des beherrschten Unternehmens beschnitten wird.286 Es entsteht daher zwar wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ein – nun sogar direkter – Ausgleichsanspruch für Beeinträchtigungen durch das herrschende Unternehmen, allerdings gilt für diese positiven Wirkungen für den Aktionär im faktischen Konzern die Voraussetzung, dass der Aktionär im Unternehmen verbleibt und nicht, wie im Rahmen des § 305 AktG, das abhängige Unternehmen verlässt. Dieser große Unterschied führt dazu, dass die Regelung des § 305 AktG nicht zur Begründung angeführt werden kann, dass es auch im Rahmen des faktischen Konzerns zulässig wäre, die Bestimmung des Ausgleichs und damit die Nachteilsfeststellung einem Gericht zu übertragen. Außerdem gilt auch im Rahmen des § 305 AktG das System des Pauschalausgleichs, das mit dem im faktischen Konzern verankerten Einzelausgleich nicht vereinbar ist.287 Somit kann auch aus § 305 Abs. 5 AktG nicht auf die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung geschlossen werden, da die Ausgangssituationen zu verschieden sind.

284 285 286 287

Vgl. Hüffer/Koch, § 305 AktG Rn. 31. Müko AktG/Paulsen, § 305 AktG Rn. 7. Müko AktG/Paulsen, § 305 AktG Rn. 7 a.E. Dazu schon oben § 13 I. 2. d) aa).

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cc) Fazit Eine Vergleichbarkeit der Situationen wäre damit allenfalls zwischen der Ausgleichsregelung in § 304 AktG und der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gegeben. Aber auch hier ist nach der obigen Untersuchung kein Rückschluss auf die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung möglich. Daher lassen sich die Ausgleichsmöglichkeiten des Vertragskonzerns nach §§ 304, 305 AktG nicht mit der Situation der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vergleichen, da die Problematik eines derzeit nicht zu bestimmenden Nachteils keine Entsprechung im Recht des Vertragskonzerns findet. Mithin ist insgesamt aus der Abgrenzung zum Vertragskonzern dem Gesetz keinerlei Aussage zur Zulässigkeit einer konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu entnehmen. e) Zwischenergebnis Auch aus systematischer Sicht ist die abstrakt gefasste unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung unzulässig.288 Dies bestätigt das Ergebnis, das sich schon bei der Untersuchung des Wortlauts von § 311 AktG andeutete.289 Im Gegenzug können dem Umfeld des § 311 AktG aber keinerlei belastbare Aussagen hinsichtlich der Zulässigkeit der konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entnommen werden. Weder die den Nachteilsausgleich flankierenden Normen der §§ 312, 313, 317 AktG noch eine Abgrenzung zum Recht des Vertragskonzerns haben die Frage nach der Zulässigkeit eindeutig beantworten können. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass eine konkrete Benennung der Höhe des Nachteils zur Vereinfachung diverser Verpflichtungen nach den §§ 311 ff. AktG führen kann,290 aber ein Zwang zur genauen Nachteilsfestlegung ist hierin nach den Ergebnissen der bisherigen Untersuchung noch nicht zu sehen. So lässt sich aus den Regeln des faktischen Konzerns nur auf die Rechtsfolge einer unzulässigen oder zulässigen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung schließen, nicht aber deren tatsächliche Zulässigkeit klären. Wenn aber Wortlaut und systematischer Zusammenhang keine Hinweise für oder gegen die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung enthalten, kann sich der Gesetzgeber dennoch für die eine oder andere Position ausgesprochen haben, auch ohne dies im Gesetzeswortlaut genau wiederzugeben. Um dies feststellen zu können, sind die Aussagen des Gesetzgebers näher zu beleuchten. Da § 311 AktG seit 1965 unverändert geblieben ist, kann auch nur auf die der Aktienrechtsnovelle von 1965 zugrundeliegenden Gesetzgebungsmaterialien zurückgegriffen werden.

288 289 290

Ebenfalls MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 367 m.w.N. Vgl. oben § 13 I. 1. Siehe oben § 13 I. 2. b) und § 13 I. 2. c).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

3. Die Sicht des Gesetzgebers Auch anhand dieser Gesetzesmaterialien zur Aktienrechtsnovelle von 1965 lassen sich nur wenige Argumente gewinnen, die aber sowohl für als auch gegen die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sprechen können. Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist der Regierungsentwurf eines Aktiengesetzes aus den Jahren 1960291 und 1962.292 Dieser ursprüngliche Entwurf sah eine sehr eingeschränkte Ausgleichsmöglichkeit bei der Zufügung von Nachteilen durch das herrschende Unternehmen vor. Es sollte diesem nur erlaubt sein, die veranlassten Nachteile durch eng verbundene, vertraglich zugesicherte Vorteile, die mit der Nachteilszufügung eine wirtschaftliche Einheit bilden, auszugleichen.293 Diese Einschränkung sorgte in der Praxis für einigen Aufruhr.294 Daraufhin änderte der Rechtsausschuss des Bundestags auf den Vorschlag des Wirtschaftsausschusses, nach eingehender Diskussion der gegen diese Einschränkung vorgebrachten Argumente, die Vorschrift ab und gab ihr die heutige Fassung.295 Dadurch sind die Möglichkeiten des Ausgleichs um ein Vielfaches erweitert worden. Seither ist der zeitlich gestreckte Ausgleich sowohl mit tatsächlicher Vorteilsgewährung als auch mit Anspruchsbegründung möglich. Beachtenswert ist aber auch, dass die Erweiterung teilweise weit hinter vielen Forderungen der Spitzenverbände296 und einiger Mitglieder der jeweiligen Ausschüsse297 zurückblieb. Hierin zeigt sich die weiterhin restriktive Zulassung der nachteiligen Einflussnahme.298 Daraus lässt sich ableiten, dass eine weitergehende Ausgleichsmöglichkeit, als sie das Gesetz vorschreibt, vom Gesetzgeber nicht gewollt war.299 Allerdings ist damit nicht die Frage beantwortet, ob eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung vom Gesetzgeber akzeptiert worden wäre. Der Zwang, den Rechtsanspruch auf Ausgleich am Ende des Geschäftsjahres zu gewähren, um den Ausgleich nicht auf die lange Bank zu schieben, ist auch mit einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung grundsätzlich umgesetzt.300 Eine Antwort auf diese Frage liefert eventuell die weitere Begründung des Wirtschaftsausschusses,301 der sich der Rechtsausschuss und später auch der 291

BT-Drs. III/1915. BT-Drs. IV/171. 293 Vgl. § 300 Abs. 2 des RegE, abgedruckt, in: BT-Drs. IV/3296, S. 168. 294 Vgl. die Ausführungen und Nachweise bei Heidel, in: FS Meilicke, S. 140; vgl. die ausführliche Darstellung bei Kropff, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, S. 866 ff. 295 Vgl. ebenfalls BT-Drs. IV/3296, S. 168; zur Diskussion im Bundestag und in den Ausschüssen auch Dettling, Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 319 ff. 296 Kropff, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, S. 878. 297 Vgl. zu diesen Forderungen Kropff, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, S. 879 ff. 298 Vgl. die Begründung des Wirtschaftsausschusses bei Kropff, Aktiengesetz, S. 409 f. 299 So im Ergebnis wohl auch Heidel, in: FS Meilicke, S. 142. 300 Vgl. etwa die Ausführungen bei Luther/Happ, in: FormKomm, Form. 2.204 Anm. 1; a.A. Heidel, in: FS Meilicke, S. 135 ff. 301 Vgl. Kropff, Aktiengesetz, S. 410. 292

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Gesetzgeber angeschlossen haben. Darin wird ausgeführt, wenn man einen Vorteilsausgleich über die von den Ausschüssen vorgeschlagenen Grenzen hinaus zulasse, werde die ohnehin schwierige Prüfung, ob dem einzelnen Nachteil aus dem Beherrschungsverhältnis ein bestimmter Vorteil gegenüber stehe, unmöglich. Dann sei nicht nur der Schutz der Aktionäre und Gläubiger im faktischen Konzern entscheidend entwertet. Daraus lässt sich schließen, dass eine weitere Verzögerung der Feststellung eines vollständigen Ausgleichs nicht gewollt war. Allerdings ist damit nicht die Frage geklärt, ob es möglich bleibt, den Nachteil später festzustellen und diesen dann vollumfänglich auszugleichen. Hierbei ist nämlich die Frage des Ausgleichs immer beantwortbar, nur die Höhe des Nachteils festzustellen wird mit fortschreitendem Zeitablauf immer schwieriger. Lediglich einer weiteren Verschiebung des Zeitpunkts, bis zu dem der Rechtsanspruch zu gewähren ist, weg vom Zeitpunkt der Veranlassung, hat der Gesetzgeber ausdrücklich keine Zustimmung erteilt. Eine eindeutige Ablehnung der später erfolgenden Nachteilsfeststellung bei sofortigem Ausgleich steckt hierin aber nicht. Immerhin kann diesen Ausführungen indes entnommen werden, dass der Wirtschaftsausschuss den Außenseiterschutz als obersten Schutzzweck des § 311 AktG ansah. Daraus lässt sich aber nicht mit unumstößlicher Sicherheit die Behauptung aufstellen, dass der Gesetzgeber einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung die Wirksamkeit absprechen würde. Festzuhalten bleibt, dass der Wille des Gesetzgebers nicht hinreichend klar für oder gegen die Zulässigkeit der konkret gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung spricht. Nur in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten kann im Lichte des Außenseiterschutzes die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gefolgert werden.302 Aus Sicht des Gesetzgebers wird allerdings nur ein zeitnaher Ausgleich dem Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG gerecht. Anders sieht diese Beurteilung jedoch hinsichtlich der abstrakt gehaltenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aus. Hier lässt sich eindeutig feststellen, dass der Gesetzgeber einer solchen Form der Vereinbarung nicht seine Zustimmung gegeben hätte. Nach seinem Willen ist der Einzelausgleich unter genauer Benennung des Nachteils zentrales Anliegen des § 311 AktG. Ein Pauschalausgleich für alle Nachteile innerhalb einer Rechnungsperiode war, obwohl es von einigen Stimmen aus der Wirtschaft vorgeschlagen wurde, nicht im Regierungsentwurf vorgesehen, um den Außenseiterschutz nicht zu gefährden.303 Dieser Auffassung ist der spätere Gesetzgeber im Grundsatz – mit Ausnahme der soeben erörterten Ausgleichsfrist – gefolgt.304 Daher ist eine abstrakt gehaltene Nachteilsausgleichsvereinbarung mit dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbar, was sich auch schon anhand des Wortlauts angedeutet hat.305 Aufgrund dessen ließe sich die Zulässigkeit der abstrakt gefassten unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nur noch über 302 303 304 305

Hierzu sogleich § 13 II. Vgl. die Ausführungen der Bundesregierung bei Kropff, Aktiengesetz, S. 409. Vgl. Kropff, Aktiengesetz, S. 409 f. Siehe soeben § 13 I. 1.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

eine teleologische Reduktion erreichen. Diese ist aber wegen des eindeutigen Willens des Gesetzgebers und des ebenfalls eindeutigen Wortlauts ausgeschlossen und auch nicht aus wichtigen Gründen angebracht. Deshalb wird die abstrakt gefasste unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in der weiteren Untersuchung nicht mehr näher behandelt. 4. Zwischenergebnis Nach erster Analyse des § 311 AktG ist die Frage, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zulässig ist oder nicht, noch nicht zu beantworten. Eine belastbare Aussage enthält das Gesetz mit Blick auf dessen Wortlaut und die Systematik der Regelungen über den faktischen Konzern zunächst nicht. Der Normenkomplex geht vielmehr nur von zulässigen oder unzulässigen Ausgleichsformen aus und regelt deren Rechtsfolge. Die Zulässigkeit der einzelnen Ausgleichsformen ist ihm aber nicht zu entnehmen. Umso mehr muss daher das Augenmerk nun auf die Untersuchung des § 311 AktG innewohnenden Sinns und Zwecks gerichtet werden. Hierzu wird die Problematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung anhand vieler kleinerer und größerer Widersprüche aufgezeigt, die die Gestaltung und den Inhalt der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung betreffen. Dies ließen sich ebenso gut im Rahmen der Untersuchung des Wortlauts des § 311 AktG verorten, was aber die Sichtweise einengen und damit auch den Erkenntnisgewinn schmälern könnte. Daher werden diese Probleme der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung abstrakt im Rahmen des Sinngehalts des § 311 AktG untersucht. Anhand der hierdurch erzielten Ergebnisse kann sodann ein Urteil über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gefällt werden. Deutlich gegen die Verwendung unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen spräche, wenn durch ihre Anwendung der vom Gesetzgeber vorgesehene Anwendungsbereich der §§ 311 ff. AktG umgangen, der Schutz der §§ 311, 317 AktG also ausgehebelt würde.

II. Die Problematik unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen 1. Aushebelung der §§ 311 ff. AktG, insbesondere des § 317 Abs. 1 AktG? a) Problemaufriss Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt.306 Häufigster Kritikpunkt ist eine vermutete Umgehung der Regelungen des faktischen Konzerns, insbesondere eine Umgehung der Schadenersatzver306

Dazu oben § 10 II.

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pflichtung bei unvollständigem bzw. nicht rechtzeitigem Ausgleich.307 Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung führt tatsächlich bei unterstellter Zulässigkeit dazu, dass es nicht mehr zu einem Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG kommen kann. Jeglicher später festgestellte Nachteil würde rechtzeitig durch den Rechtsanspruch auf Ausgleich aus der Vereinbarung ausgeglichen. Zunächst könnte man daher annehmen, dass mit der Vereinbarung quasi nur der spätere Schadenersatzanspruch in Vertragsform „gegossen“ und somit lediglich die Haftung vorweggenommen wird.308 Allerdings ist der Nachteil im Sinne des § 311 AktG nicht mit dem Schaden im Sinne des § 317 Abs. 1 AktG gleichzusetzen.309 Der Schaden kann vielmehr auch betragsmäßig stark vom eigentlich veranlassten Nachteil abweichen. Daher stellt sich die Frage, ob der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung das im Recht des faktischen Konzerns vorgesehene System aus Ausgleich und Schadenersatz umgeht. Oben wurde zwar festgestellt, dass die Schadenersatzpflicht nach § 317 Abs. 1 AktG grundsätzlich nicht zur Antwort auf die Frage der Zulässigkeit taugt.310 Diese Aussage erfolgte aber im Kontext der Auslegung des § 311 AktG. In dessen Rahmen ist die Vorschrift des § 317 AktG nicht als Auslegungshilfe geeignet.311 Bei der Frage der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nach Sinn und Zweck der Regelungen des faktischen Konzerns ist aber dessen Gesamtgebilde zu betrachten. Die (Un-)Zulässigkeit ergibt sich, mangels eindeutiger Regelung, nicht allein aus der Betrachtung von § 311 AktG. Daher ist auch die Vorschrift über die Verpflichtung zum Schadenersatz zumindest partiell relevant. Wenn durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung das Gesamtkonzept des faktischen Konzerns unterlaufen wird, ist diese Form des Nachteilsausgleichs nicht mit § 311 AktG zu vereinbaren. Und dies auch, obwohl § 317 AktG bei der systematischen Auslegung des § 311 AktG keine Rolle spielt. Deshalb sind die Wirkungen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung im Rahmen des Rechts der faktischen Konzernierung eingehender zu betrachten. Auf die Einschränkung der Klagemöglichkeiten aus § 317 Abs. 4 AktG soll jedoch erst unten näher eingegangen werden.312 Fraglich ist daher, ob durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung das Regelungssystem des faktischen Konzerns umgangen, mithin obsolet wird. Sollte auch im bereits eingeengten Anwendungsbereich eine Umgehung der §§ 311 ff. AktG diagnostiziert werden, stellt sich die anschließende Frage, ob eine weitere Einschränkung im Lichte des Schutzzwecks des faktischen Konzerns geboten und möglich ist oder ob dieses Problem mit Hilfe einer unbezifferten Ver-

307 308 309 310 311 312

So etwa Fett, in: Bürgers/Körber, § 311 AktG Rn. 54. Vgl. Heidel, in: FS Meilicke, S. 143 unten. Siehe hierzu bereits oben § 2 IV. 1. Siehe oben § 13 I. 2. a). Dies gilt ebenfalls für die Bestimmung des Begriffs „Nachteil“; siehe oben § 2 IV. 2. Siehe unten § 13 II. 8. c).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

einbarung überhaupt behoben werden kann.313 Für die Frage, ob mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung das Schutzsystem des faktischen Konzerns umgangen wird, sind das Verhältnis der Regelungen zur Vereinbarung und die jeweiligen Wirkungen genauer zu untersuchen. Hierbei gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: eine tatsächliche Umgehung der §§ 311 ff. AktG, ein annähernd gleiches Schutzsystem durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung oder ein weitergehendes Schutzniveau. b) Verbesserung des Schutzniveaus @ die Auffassung Wirths Keine Kollision mit dem Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG ergibt sich, wenn die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung einen über deren Niveau hinausgehenden Schutz bietet. In diesem Falle wäre sogar eine dennoch vorliegende Kollision aus Gründen des Minderheitenschutzes gerechtfertigt. Allen voran plädiert Wirth für diese Sichtweise.314 Hiernach erhielten die abhängige Gesellschaft und mit ihr die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger ein über die maßgebliche Vorschrift des § 317 AktG hinausgehendes Schutzniveau, weshalb von einer Umgehung oder gar Aushebelung der §§ 311 ff. AktG keine Rede sein könne.315 Denn durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung würde auch in den Fällen, in denen sich der Vorstand auf angemessener Informationsgrundlage dennoch zur Durchführung der veranlassten Maßnahme entscheide und sich dadurch auf den Ermessensspielraum des § 317 Abs. 2 AktG stützen könne, ein Nachteilsausgleich gewährleistet. Diese Argumentation kann jedoch schon im Ansatz nicht überzeugen. Wirth folgt bei der Nachteilsermittlung der herrschenden Auffassung, wonach der Nachteil dann nicht Folge der Abhängigkeit sei, wenn sich der Vorstand im Rahmen seines durch § 317 Abs. 2 AktG gegebenen Ermessensspielraums halte.316 In diesen Situationen entsteht nach der herrschenden Auffassung schon kein ausgleichspflichtiger Nachteil. Fehlt es aber wegen des sorgfaltsgemäß handelnden Vorstands an einem Nachteil, so gibt es weder einen Anspruch auf Schadenersatz aus § 317 AktG noch einen Anspruch aus der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung.317 Denn auch diese basiert auf einem (gerichtlich festgestellten) Nachteil als Auslöser der Ausgleichsverpflichtung. Das Gericht wird aber einen Nachteil verneinen, wenn es ebenfalls der herrschenden Auffassung bei der Nachteilsermittlung folgt, wovon anhand ein313 Zum Anwendungsbereich der Nachteilsausgleichsvereinbarung vgl. bereits oben § 10; zur Neuausrichtung des Nachteilsausgleichs in den problematischen Fällen siehe unten § 14 und § 15. 314 Wirth, in: GS Martin Winter, S. 788 f. 315 Vgl. Wirth, a.a.O. 316 So Wirth, in: GS Martin Winter S. 789 oben; zu diesem Meinungsstreit ausführlich oben § 2. 317 Nach der Auffassung Wirths soll zwar ebenfalls ein Schadenersatzanspruch scheitern, aber dennoch ein Anspruch aus der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gegeben sein, was das höhere Schutzniveau begründen soll; zur Zirkularität dieser Argumentation noch ausführlich unten § 13 II. 8.

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schlägiger BGH-Rechtsprechung auszugehen ist.318 Worin also nun der Vorteil der Nachteilsausgleichsvereinbarung vor der Haftung aus § 317 AktG liegen soll, ist nicht ersichtlich. Ein höheres Schutzniveau ist jedenfalls nicht gegeben. Folgt man jedoch, wie hier, der Exculpationslösung zur Bestimmung des Nachteils,319 so liegt trotz sorgfaltsgemäßen Handelns des Vorstands ein Nachteil vor. Es besteht nur kein Schadenersatzanspruch, da sich das herrschende Unternehmen nach § 317 Abs. 2 AktG entlasten kann. In diesem Fall geht die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung tatsächlich über den Schutz des § 317 Abs. 2 AktG hinaus. Hierin liegt damit der erste Widerspruch der Auffassung Wirths. Folgt man wie er der herrschenden Auffassung, gibt es keinerlei Vorteile der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vor dem Schutzsystem der §§ 311 ff. AktG. Zusätzlich sind die von Wirth gesetzten Prämissen in sich widersprüchlich. Gehen die Verwender vom sorgfaltsgemäßen Handeln des Vorstands aus, so gibt es keinen Grund, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung abzuschließen. Denn nach beiden zum Nachteilsbegriff vertretenen Auffassungen ergibt sich dann kein Schadenersatzanspruch nach § 317 AktG. In diesem Falle ist aber eine solche Nachteilsausgleichsvereinbarung @ die in Konstellationen einen Ausgleich herbeiführt, in denen nur nach einer vereinzelt gebliebenen Auffassung ein Nachteil vorliegt @ aus Sicht des herrschenden Unternehmens schädlich. Es würde nämlich möglicherweise ein Ausgleich in Situationen geschuldet, in denen sonst nicht einmal ein Schadenersatzanspruch bei Nichtausgleich des Nachteils entstünde, da sich das herrschende Unternehmen nach § 317 Abs. 2 AktG entlasten könnte. Daher müssten die Verwender von sorgfaltswidrigem Verhalten des Vorstands ausgehen, damit die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ihren propagierten Zweck – Vermeidung einer Schadenersatzpflicht durch Ausgleich des Nachteils – erfüllen kann. Dann besteht aber kein höheres Schutzniveau der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, sondern vielmehr die Gefahr, dass der Schutz des § 317 Abs. 1 AktG ausgehebelt wird.320 Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wäre somit nur ein Instrument, um vorsorglich einer Schadenersatzhaftung aus dem Weg zu gehen.321 Daher ist der Auffassung Wirths, die der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung einen Vorteil gegenüber der gesetzlichen Konzeption aus Nachteilsausgleich und Schadenersatz zuspricht, nicht zu folgen. Es bleibt somit die Frage, ob durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung das Schutzsystem der §§ 311 ff. AktG tatsächlich umgangen wird oder nicht.

318

Vgl. BGHZ 141, 79; BGHZ 175, 365; BGHZ 179, 71; BGHZ 190, 7. Dazu oben § 2. 320 Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird sogleich untersucht. 321 Dies widerspricht aber der Konzeption der Verantwortungsverteilung im Aktienrecht, dazu bereits oben § 10. 319

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

c) Aushebelung oder Umgehung des § 317 Abs. 1 AktG? Wie oben bereits festgestellt, führt eine als zulässig unterstellte unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zu einem stets rechtzeitig und vollständig ausgeglichenen Nachteil. Ein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG kann somit nicht entstehen.322 Fraglich ist daher, ob durch die Wahl dieser Ausgleichsform das Schutzsystem des § 317 AktG beeinträchtigt wird. Liegt in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung tatsächlich nur die vertraglich vorweggenommene Erfüllung der Schadenersatzpflicht aus § 317 Abs. 1 AktG,323 so kann von einer Kollision mit § 317 AktG oder sogar einer Umgehung nicht gesprochen werden. Allerdings sind Schaden und Nachteil inhaltlich verschiedene Positionen, was hauptsächlich auf den Ermittlungszeitpunkt zurückzuführen ist.324 Der Nachteil wird grundsätzlich ex-ante ermittelt,325 während ein Schaden aus der Perspektive ex-post bewertet wird.326 Dass sich diese beiden Anspruchspositionen inhaltlich decken, ist daher allenfalls zufällig.327 Nach einer wohl als herrschend zu bezeichnenden Auffassung soll aber der Nachteil den Mindestschaden darstellen.328 In diesem Falle wäre zumindest ein Teil des Schadens durch die Nachteilsausgleichsvereinbarung vorweggenommen. Um aber eine Kollision mit § 317 AktG generell auszuschließen, müsste der komplette Schaden, der auch weit über dem Nachteil liegen kann, in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vorweggenommen worden sein. Dieser ist aus der Perspektive des Abschlusses der Vereinbarung aber gar nicht mit Sicherheit zu prognostizieren, wenn schon die Ermittlung der Nachteilshöhe scheitert. Zudem wäre eine Vereinbarung, die den Schaden wirklich vorwegnimmt, nicht immer eindeutig als Nachteilsausgleichsvereinbarung zu klassifizieren, da Nachteil und Schaden unterschiedliche Begriffe sind.329 Daher kann von einer vertraglich vorweggenommenen Vereinbarung des Schadenersatzanspruchs keine Rede sein. Aus diesem Grund ist auch ein gleichbleibendes Schutzsystem von Nachteilsausgleichsvereinbarung und den Regelungen der §§ 311, 317 AktG nicht zwingend gewährleistet. Dies wäre nur sichergestellt, wenn die in der Nachteilsausgleichsvereinbarung zugesicherten Vorteile mindestens den späteren Schaden decken könnten. Daran fehlt es aber, da nur der Nachteilsausgleich zugesagt wird, jedoch nicht der Ausgleich der zusätzlichen Schäden. Gerade der Ausgleich zusätzlicher Schäden soll ja durch die Nachteilsausgleichsvereinbarung vermieden 322

Siehe dazu oben § 8 II. und § 13 II. 1. Vgl. Heidel, in: FS Meilicke, S. 143 unten. 324 Dazu oben § 2 II., III. 325 Es besteht bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung möglicherweise aber eine Verschiebung dieses Beurteilungszeitpunkts, siehe dazu noch unten § 13 II. 3. 326 Dieses Prinzip des allgemeinen Schadensrechts gilt im Aktienrecht uneingeschränkt; statt aller Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 9. Zum Beurteilungszeitpunkt im allgemeinen Schadensrecht statt aller Müko BGB/Oetker, § 249 BGB Rn. 314. 327 Vgl. Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 7. 328 Hüffer/Koch, a.a.O. m.w.N.; siehe dazu schon oben § 6 II. 329 Allg. M.; siehe schon oben § 2 I. 323

§ 13 Problemanalyse

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werden, weshalb ein gleichbleibendes Schutzniveau von Nachteilsausgleichsvereinbarung und Schadenersatzanspruch nach § 317 AktG nur dem Zufall überlassen wäre. Vielmehr besteht die Gefahr, die Regelungen des faktischen Konzerns in Situationen einer möglichen qualifiziert faktischen Konzernierung zu umgehen. Dies zeigt sich insbesondere in folgendem Beispielsfall, der mit der oben diskutierten Fallgruppe der Pionierarbeit330 vergleichbar ist: Das herrschende Unternehmen veranlasst den Vorstand des abhängigen Unternehmens eine bestimmte Produktgruppe neu in das Unternehmensportfolio aufzunehmen. Hierzu sind Neuentwicklungen erforderlich. Die Kosten dieser Entwicklungen sind zur Zeit der Veranlassung nicht genau abschätzbar. Unklar ist außerdem, ob die einzelnen Nachteile jemals quantifizierbar sein werden. Wird in diesem Fall eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung abgeschlossen, die jeden Nachteil ausgleicht, so ist ein Schadenersatzanspruch ausgeschlossen. Ohne unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wären aber zumindest die Nachteile, die nicht quantifizierbar sind, vom Ausgleich ausgenommen und es wäre hier vollumfänglich Schadenersatz nach § 317 Abs. 1 AktG zu leisten. Der Schaden dürfte gerade in diesem Beispielsfall über dem Wert des Nachteils liegen. Daher ist das Schutzniveau bei Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in diesem Fall geringer als ohne Abschluss.331 Es ist daher erforderlich, den Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auf diejenigen Fälle zu begrenzen, in denen eine Quantifizierbarkeit des Nachteils nur derzeit, aber nicht generell unmöglich ist.332 Ist indes die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nur im tatsächlichen Bereich des faktischen Konzerns anwendbar, sind also die Nachteile an sich quantifizierbar, so wird über die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung grundsätzlich das von § 311 AktG bezweckte Schutzniveau durch den Ausgleich der zugefügten Nachteile hergestellt. Allerdings wird durch die Vereinbarung ein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG ausgeschlossen. Dies allein mag jedoch die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht begründen, da Schadenersatz immer nur bei unzureichendem Ausgleich zu leisten ist. Erfolgt der Ausgleich aber vollständig und rechtzeitig, ist kein Raum für einen Schadenersatzanspruch, da ein Schaden hier nicht entstehen kann. Unzulässig ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung allerdings dann, wenn sie für den Zweck eingesetzt wird, die Grenzen des faktischen Konzerns – insbesondere das Einzelausgleichssystem – zu umgehen. In diesen Fällen besteht tatsächlich die Gefahr einer Aushebelung des Systems aus Einzelausgleich und Schadenersatz. Dies kann jedoch angesichts der großen Risiken einer qualifiziert faktischen Konzernierung nicht hingenommen werden. Daher ist der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auf diejenigen Fälle zu begrenzen, in

330 331 332

Vgl. dazu oben § 10 III. 1. Zur hierbei ebenfalls fehlenden Planungssicherheit siehe unten § 13 II. 4. Dazu bereits oben § 10 III.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

denen der Nachteil zwar generell, aber nicht derzeit quantifiziert werden kann.333 Schon durch diese Begrenzung des Anwendungsbereichs wird der Umgehungsgefahr durch den Abschluss einer unbezifferten Vereinbarung ausreichend Rechnung getragen, da die Intention des Gesetzgebers und insgesamt das System zwischen Ausgleich und Schadenersatz beibehalten und dennoch eine effektive Konzernleitung auch bei schwieriger Nachteilsquantifizierung ermöglicht wird. d) Ergebnis Nach eingehender Analyse der Wirkungen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung hat sich daher gezeigt, dass durch die Vereinbarung keine Verbesserung des Minderheitenschutzes erreicht werden kann. Der Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung führt vielmehr im Grundsatz zu keiner Veränderung des Schutzniveaus, das vom Gesetz in den §§ 311 ff. AktG vorgesehen ist. Es lässt sich bei generell quantifizierbarer Nachteilszufügung weder eine Verbesserung noch Verschlechterung dieses Niveaus beobachten. Wird allerdings der Bereich des Einzelausgleichs verlassen, sind also Maßnahmen und damit Nachteile nicht mehr quantifizierbar, so ist der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verlassen und derjenige des qualifiziert faktischen Konzerns eröffnet. In diesem Bereich würde sonst der Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eine Absenkung des Schutzniveaus unter den Status quo ante bedeuten. Damit liegt indes im Grundsatz keine Umgehung der §§ 311 ff. AktG vor. Möglicherweise stellt aber die erst später erfolgende Nachteilsbestimmung einen Umstand dar, der zur Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung führt. Denn diese spätere Nachteilsbestimmung führt dazu, dass die Ausgleichsvereinbarung und damit der darin enthaltene Vorteil im Zeitpunkt des Abschlusses bzw. am Ende des Veranlassungsgeschäftsjahres aufseiten des abhängigen Unternehmens nicht bilanzierbar ist, da es an einer messbaren Anspruchshöhe fehlt. 2. Fehlende Bilanzierungsmöglichkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Problem? Eine solche fehlende Bilanzierbarkeit könnte dafür sorgen, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung den bilanzrechtlichen Anforderungen an den Nachteilsausgleich nicht genügt. Hierfür sind der gewährte Vorteil und seine Bewertungs- und Bilanzierungsfähigkeit näher zu betrachten.334 Nicht bewertbare Vorteile sind zum Nachteilsausgleich nicht geeignet und daher nicht zugelassen.335 Die in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung angegebenen Vorteile, 333 334 335

Dazu oben § 10 III. 3. Dazu auch oben § 6 I. 2. a). Vgl. ebd.

§ 13 Problemanalyse

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zumeist in Form eines Ausgleichs in bar, sind jedoch grundsätzlich bewertbar. Allerdings steht ihr tatsächlicher Wert zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung noch nicht fest. Er ist aber negativ durch den Wert des Nachteils bestimmbar, da der Ausgleich sämtlicher Nachteile zugesichert ist. Lässt man derzeit nicht bewertbare Nachteile als Folge einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens zu, so ist im Umkehrschluss auch ein Ausgleich in bar mit derzeit ungewisser Höhe zuzulassen, da eine strenge Bindung des zugesicherten Vorteils an den Nachteil vorliegt. Daran anschließend stellt sich die Frage nach der bilanziellen Einordnung der Nachteilsausgleichsvereinbarung. Die Höhe des Vorteils ist durch die Höhe des Nachteils, aber allem voran durch ein die Nachteilshöhe feststellendes Gerichtsurteil bedingt.336 Bedingte Forderungen sind im Grundsatz aber nicht bilanzierungsfähig.337 Vor Bedingungseintritt entsteht lediglich eine nicht bilanzierungsfähige Forderungsanwartschaft. Das im deutschen Bilanzrecht vorherrschende Realisationsprinzip zwingt daher dazu, die Forderung erst mit tatsächlicher Entstehung, also erst nach Bedingungseintritt, zu bilanzieren. Dieses Realisationsprinzip erlaubt es indes auch Forderungen bereits zu bilanzieren, wenn diese aufgrund einer noch nicht eingetretenen Bedingung selbst zwar noch nicht entstanden sind, aber deren Entstehung so gut wie sicher ist. Dies ist von der genauen Formulierung der Bedingung abhängig.338 „So gut wie sicher“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das abhängige Unternehmen nur das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des herrschenden Unternehmens trägt.339 Damit müssen jedoch alle Voraussetzungen der Forderungsentstehung soweit vorliegen. Dies ist bei der gewählten Bedingung eines rechtskräftigen Gerichtsurteils aber nicht der Fall. Eine Bilanzierung der Forderung aus der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist demnach vor tatsächlicher Feststellung des Nachteils nicht möglich. Auch eine vereinbarte Rückbeziehung des Bedingungseintritts nach § 159 BGB sorgt nicht dafür, dass die Bedingung bilanzrechtlich als mit Forderungsbegründung eingetreten gilt. Vielmehr hat diese Vereinbarung lediglich schuldrechtlichen Charakter. Eine bilanzielle Rückwirkung gibt es nicht.340 Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung sorgt damit – bilanzrechtlich gesehen – im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht für einen bilanziellen Ausgleich. Allerdings ist ein genereller bilanzieller Ausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG auch nicht erforderlich.341 Die von der wohl herrschenden Auffassung geforderte generelle bilanzneutralisierende Wirkung des Ausgleichs wird durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ebenfalls nicht (vollständig) erzielt. Der Nachteilsausgleich soll nach 336

Zum Inhalt der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vgl. bereits oben § 8 II. BFHE 177, 444; vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz, § 246 HGB Rn. 53 ff.; Ellrott/Roscher, in: Beck Bil.-Komm § 247 Rn. 80. 338 Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O. 339 Mit Blick auf sonstige Verträge so auch Ellrott/Roscher, in: Beck Bil.-Komm § 247 Rn. 80. 340 Adler/Düring/Schmaltz, § 246 HGB Rn. 56. 341 Vgl. hierzu bereits oben § 6 I. 2. a). 337

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

dieser Auffassung dafür sorgen, dass der Nachteil in sämtlichen folgenden Geschäftsjahren bilanziell neutralisiert wird. In dem Geschäftsjahr der Nachteilszufügung ist eine neutralisierende Wirkung der Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgeschlossen, da sie erst bilanzierbar wird, wenn der Nachteil betragsmäßig feststeht. In diesem Geschäftsjahr fehlt es aber auch an einem bilanziellen Nachteil, der auszugleichen wäre. In allen nach der Nachteilsfeststellung liegenden Geschäftsjahren ist der Eintritt der Neutralisierungswirkung gleichwohl möglich. Nach der hier vertretenen Auffassung ist jedoch auch diese Wirkung der gewährten Vorteile nicht erforderlich.342 Wenn an die zu gewährenden Vorteile aber keinerlei Anforderungen bezüglich der Bilanzierungsfähigkeit zu stellen sind, so ist hinsichtlich des zu gewährenden Rechtsanspruchs auf Ausgleich parallel zu verfahren. Eine anderweitige Entscheidung lässt sich weder mit dem Gesetzeswortlaut noch dem Schutzzweck des § 311 AktG begründen.343 Daher hat die Tatsache, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht bilanzierbar ist, keinerlei Auswirkungen auf ihre Zulässigkeit. Allerdings steckt hierin ein weiterer Aspekt, der den eng zu umgrenzenden Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung unterstreicht.344 Nur innerhalb dieses Anwendungsfeldes ist es zulässig, einen derzeit nicht quantifizierbaren und somit auch nicht bilanzierbaren Nachteil durch einen ebenso wenig bilanzierbaren Vorteil auszugleichen.345 Hat sich der Nachteil aber in der Bilanz niedergeschlagen, ist er insofern also doch bilanzierund quantifizierbar, so ist wegen fehlenden bilanziellen Ausgleichs die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht geeignet, den Nachteil vollständig auszugleichen.346 In diesen Fällen sind die in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zugesicherten Vorteile also wegen fehlenden bilanziellen Ausgleichs keine zulässigen Vorteile im Sinne des § 311 AktG und ist die gesamte Vereinbarung daher wirkungslos. Die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung lässt sich hieraus dennoch nicht folgern, da die verspätete Benennung des Vorteils und damit verbunden die Feststellung des Nachteils nur zur Wirkungslosigkeit führen, weil den Voraussetzungen des § 311 AktG nicht genügt wird. Eine Unzulässigkeitsfolge bei wirkungsloser Nachteilsausgleichsvereinbarung enthält § 311 AktG aber nicht. Folge einer solchen Wirkungslosigkeit ist „lediglich“ die Schadenersatzverpflichtung nach § 317 Abs. 1 AktG. Die späte Nachteilsfeststellung kann jedoch anders betrachtet zu einem Unzulässigkeitsgrund führen, nämlich dann, wenn hierdurch nicht nur der Feststellungs-, sondern auch der Beurteilungszeitpunkt hin zur Beurteilung ex-post verschoben wird.

342

Dazu ebenfalls oben § 6 I. 2. a). Anders, jedoch ohne Begründung BGH AG 2012, 680 (Rn. 23). 344 Zu dieser Einschränkung vgl. ausführlich oben § 10. 345 Insofern stimmt der BGH auch wieder mit dieser Aussage überein, da er nur einen bilanzierbaren Nachteil nicht durch eine nicht bilanzierbare Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgeglichen sehen will; vgl. BGH a.a.O. 346 Dazu bereits oben § 6 I. 2. a). 343

§ 13 Problemanalyse

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3. Verlagerung des Beurteilungszeitraums nach hinten? Diese Frage stellt sich parallel zur Problematik, ob ein bedingter Anspruch den Anforderungen der §§ 311 ff. AktG genügen kann.347 Sollte sie zu bejahen sein, könnte sich aus allein dieser Verschiebung die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ergeben. Zwar ist eine Verschiebung des Betrachtungszeitpunkts nach hinten im Regelfall aus Sicht der Minderheitsaktionäre vorteilhaft, da eine veranlasste Maßnahme im Nachhinein eher als nachteilig angesehen werden kann. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen eine Maßnahme exante keinerlei Vorteile bietet, aber bei Betrachtung ex-post einige Vorteile für das abhängige Unternehmen in Abzug gebracht werden könnten.348 Ließe man eine Verschiebung des Betrachtungszeitpunkts zu, könnten ungewollte Anreize hin zur faktischen Konzernierung geschaffen werden. Wenn nämlich durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sonst nicht zu berücksichtigende spätere Vorteile in Ansatz gebracht werden könnten, besteht ein größerer Anreiz zur Veranlassung riskanter Maßnahmen. Dieser sodann latent bestehende Anreiz bei ex-post-Betrachtung würde durch eine weiterhin aus ex-ante-Sicht erfolgende Beurteilung zumindest nicht gefördert. Eine Verschiebung des Betrachtungszeitpunkts hätte somit weitreichende Folgen und wäre grundsätzlich anhand des Schutzzwecks der §§ 311 ff. AktG kritisch zu beurteilen. Liegt durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung allerdings keine solche Verschiebung vor, ist zumindest aus diesem Grund nicht an deren Zulässigkeit zu zweifeln. Ob tatsächlich durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung eine Verschiebung des Betrachtungszeitpunkts vorliegt, ist durch einen Vergleich der jeweiligen Untersuchungsergebnisse mit und ohne Vereinbarung festzustellen. Abseits der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist die Frage der Nachteiligkeit einer veranlassten Maßnahme aus ex-ante-Sicht zu untersuchen.349 Gleiches gilt für die Frage, ob der Ausgleich vollständig erfolgt ist.350 Durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung erfolgt eine Überprüfung der Nachteiligkeit erst weit nach der Veranlassung. Ob allein hierdurch jedoch auch die relevante ex-anteSichtweise zur Betrachtung ex-post wird, ist fraglich. Richtig ist, dass ein nach hinten verlagerter Untersuchungszeitpunkt grundsätzlich die Beurteilung aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht erschwert. Diese Erschwernis allein führt aber noch nicht dazu, dass durch die Nachteilsausgleichsvereinbarung der Beurteilungszeitpunkt als verschoben angesehen werden kann. Denn bei einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen eines Schadenersatzprozesses nach § 317 Abs. 1 AktG ist der Untersuchungszeitpunkt ebenfalls weit vom Veranlassungszeitpunkt entfernt, eine ex-anteBeurteilung aber weiterhin erforderlich. Verstünde man jedoch, wie einige Stimmen 347 348

§ 6 II. 349 350

Siehe dazu ausführlich unten § 13 II. 5. Diese wirken bei normaler ex-ante-Betrachtung nicht anspruchsmindernd, vgl. oben Ausführlich dazu oben § 2 II. bzw. III. Dazu oben § 6 II.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

in der Literatur, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als vertraglich vorweggenommene Schadenersatzleistung,351 so könnte hierin tatsächlich eine expost-Betrachtung zu sehen sein, da Schäden erst bei ex-post-Betrachtung erkennbar und bewertbar sind. Die Vereinbarung selbst stellt allerdings auf einen Ausgleich eines gerichtlich festgestellten Nachteils ab. Das Gericht muss diesen Nachteil gemäß § 311 Abs. 1 AktG anhand einer ex-ante-Analyse bestimmen. Insoweit bleibt es also bei der Bestimmung ex-ante. Ist aber der Nachteil in dieser Form bestimmt, so ist der darauffolgende Ausgleich auf diesen so festgestellten Nachteil abgestimmt. Eine ex-post-Betrachtung und mithin eine vertragliche Vorwegnahme der Schadenersatzverpflichtung liegt somit nicht vor. Durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wird somit nur der Zeitpunkt der Feststellung des Nachteils nach hinten verlagert, nicht aber der Beurteilungszeitpunkt. Diese Form der Vereinbarung und die dadurch vorliegende Verschiebung des Untersuchungszeitpunkts weichen indes stark vom gesetzlich eigentlich vorgesehenen Grundtypus der bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung352 mit sofortiger Untersuchung der Nachteiligkeit ab. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung verhindert dadurch eventuell, dass das abhängige Unternehmen verlässlich zukünftige Strategien entwickeln kann, da es an ausreichender Planungssicherheit hinsichtlich des Ausgleichs fehlen kann. 4. Fehlende Planungssicherheit des abhängigen Unternehmens Teilweise wird daher gegen den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eingewandt, dass diese dem abhängigen Unternehmen zu wenig Planungssicherheit verschaffe.353 Dem hält insbesondere Wirth entgegen, dass in den Fällen der Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen, bei denen der Vorstand der abhängigen Gesellschaft von fehlender Nachteiligkeit ausgehe, eine ausreichende Planungssicherheit durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gegeben sei.354 Dies ergebe sich aus der Schwierigkeit der Unternehmensbewertung.355 Eine weitere Begründung, worin diese Planungssicherheit der abhängigen Gesellschaft bestehen solle, erfolgt allerdings nicht. Einzig das subjektive Empfinden des Vorstands begründet also in den von Wirth genannten Fällen die Planungssicherheit der abhängigen Gesellschaft. Auf den ersten Blick mag dies vielleicht noch überzeugen: Der Vorstand ist nach § 76 AktG allein für die Planung der zukünftigen Aktivitäten der abhängigen Gesellschaft verantwortlich. Hierin enthalten ist auch das Verhalten der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern. Wenn indessen allein der Vorstand mit dem – bei entsprechender Gerichtsentscheidung – in Aussicht gestellten 351 352 353 354 355

So etwa Heidel, in: FS Meilicke, S. 143 unten. Dazu oben § 6 III. 2. b). Siehe hierzu bereits oben § 11 II. Wirth, in: GS Martin Winter, S. 788. Dazu schon oben § 9 I.

§ 13 Problemanalyse

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Nachteilsausgleich planen muss und selbst aber von fehlender Nachteiligkeit ausgeht, dann verschafft die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ihm eine ausreichende Planungsgrundlage. Bei genauerem Hinsehen greift diese Überlegung allerdings zu kurz. Man muss sich fragen, auf wen bei der Ermittlung ausreichender Planungssicherheit abzustellen ist, auf den Vorstand als Vertreter der Gesellschaft oder auf die Gesellschaft selbst. Entscheidend ist hierbei der von §§ 311 ff. AktG verfolgte Zweck: der Schutz des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft. Der Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG umfasst eben nicht nur den Vorstand der abhängigen Gesellschaft, sondern vielmehr auch alle von der Planung der Aktivitäten der Gesellschaft ausgeschlossenen Personen, nämlich die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger. Zwar schützen die Regelungen des faktischen Konzerns primär die abhängige Gesellschaft und ihr Eigeninteresse, aber reflexartig sind hierdurch auch die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger erfasst.356 Stellt man nur auf den Vorstand als handlungsbevollmächtigten Repräsentanten der Gesellschaft ab, verfehlt man gerade in der Konzernsituation den vom Gesetzgeber den §§ 311 ff. AktG zugedachten Schutzzweck. Dieser vertritt zwar die Gesellschaft und ihre Interessen, in der Konzernsituation im Rahmen veranlasster Maßnahmen aber nicht unbedingt das Eigeninteresse der Gesellschaft. Für das Eigeninteresse als Schutzinhalt und dessen Wahrung sind vielmehr die Minderheitsaktionäre glaubhaftere Indikatoren. Diesem Schutzzweck wird durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung im Hinblick auf die Planungssicherheit nicht Genüge getan.357 Die geforderte Planungssicherheit umfasst also nicht nur die Planungen des Vorstands aus seiner subjektiven Sicht, sondern es ist ebenfalls erforderlich, dass die geschützten außenstehenden Aktionäre als Repräsentanten des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft und die Gläubiger, zum Beispiel anhand des Geschäftsberichts oder des Lageberichts nach § 312 AktG, Planungssicherheit hinsichtlich der derzeitigen und zukünftigen Finanzausstattung der abhängigen Gesellschaft erlangen können. Daran fehlt es aber, wenn ein unbezifferter Anspruch Planungsgrundlage sein soll. Die Konstruktion der Nachteilsausgleichsvereinbarung, eine Leistung nur unter der aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Nachteilsquantifizierung durch ein Gericht fordern zu können, lässt eine vernünftige Planung der Finanzausstattung der abhängigen Gesellschaft nicht zu. Im Interesse der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger ist daher im Grundsatz eine Formulierung zu fordern, die allen Beteiligten ausreichende Planungssicherheit verschafft. Die derzeitige Ausgestaltung erfüllt diese Anforderungen jedoch nicht. Selbst wenn eine Formulierung gefunden werden sollte, die die Anforderungen an die Planungssicherheit erfüllt und gleichzeitig die Problematik eines derzeit nicht zu beziffernden Nachteils berücksichtigt, wird diese Formulierung wohl weiterhin die Nachteilsfeststellung in die Zukunft verschieben. Fraglich ist daher, ob eine solche Verschiebung überhaupt zulässig sein kann. Dies ist dann zu verneinen, wenn der aufschiebend bedingte Anspruch die Anforderungen 356

Hierzu ausführlich bereits oben § 1. So ist im Ergebnis wohl auch Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 60 a.E. zu verstehen. 357

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

des § 311 Abs. 2 AktG an die Rechtzeitigkeit des Ausgleichs nicht erfüllt. Dies wäre zudem im Sinne eines Reflexes ein weiterer Aspekt fehlender Planungssicherheit der abhängigen Gesellschaft, da in diesem Fall ein Ausgleich trotz bestehender Nachteiligkeit nicht bzw. nicht rechtzeitig erfolgt. 5. Ein aufschiebend bedingter Anspruch als Rechtsanspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG? a) Die Anforderungen an einen Anspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 S. 2 AktG Die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung hängt maßgeblich davon ab, ob mit ihrer Hilfe die Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG zunächst generell erfüllt werden können. Wenn dies zu bejahen ist, bedeutet dies aber noch nicht, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung tatsächlich zulässig ist. Vielmehr ist dann zu klären, ob sie inhaltlich ebenfalls wirksam ist, ob also die Bedingung, die die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zur Voraussetzung des Ausgleichs macht, die Vorgaben der Regelungen des faktischen Konzerns erfüllt. Hierbei stellt sich dann insbesondere die Frage, ob die Bedingung an sich erfüllbar ist.358 Bei der Untersuchung der generellen Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung anhand des Wortlauts des § 311 Abs. 2 AktG hat sich gezeigt, dass dieser einen bedingten Ausgleich nicht prinzipiell verbietet.359 Diese generelle Aussage kann aber nur Bestand haben, wenn eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung auch die Wirkungen des rechtzeitigen Ausgleichs erfüllen kann. Fehlt es hieran, so führt dies nicht zur Unzulässigkeit, aber zur Wirkungslosigkeit der Vereinbarung. Diese Frage soll anhand der von der HVB und Unicredit gewählten Vereinbarung näher untersucht werden. In § 2 der Vereinbarung heißt es unter Nr. 1: „Sollte in einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung mit gesetzlicher oder vertraglicher Wirkung gegenüber Unicredit ausgesprochen werden, dass der Abschluss oder der Vollzug der VERTRÄGE für HVB Nachteile im Sinne von §§ 311 ff. AktG darstellt, insbesondere, dass der Abschluss oder der Vollzug eines VERTRAGES einem Drittvergleich nicht standhält oder unangemessen war (die ,NACHTEILE‘), hat Unicredit HVB die NACHTEILE innerhalb von zehn Werktagen nach der Zustellung der betreffenden Gerichtsentscheidung an Unicredit (oder innerhalb von zehn Tagen, nachdem Unicredit von HVB von einer solchen Gerichtsentscheidung unterrichtet wurde) in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen (sofern die Bestimmungen dieses Vertrages nicht etwas anderes vorsehen) in bar auszugleichen (der ,VERBINDLICHE AUSGLEICHSANSPRUCH‘).“360 358

Dazu unten ausführlich § 13 II. 8. Vgl. oben § 13 I. 1. 360 Hervorhebung im Original; zum weiteren Wortlaut der Vereinbarung vgl. LG München I AG 2010, 173 (Rn. 181 ff.). 359

§ 13 Problemanalyse

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Die Gewährung des Ausgleichs ist also von der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts abhängig.361 Ob diese Wahl der Formulierung die Bedingung erfüllbar macht, soll an späterer Stelle genauer untersucht werden.362 In einem ersten Schritt bleibt die Frage darauf beschränkt, ob ein bedingter Anspruch generell die Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG erfüllen kann. Dies hängt auch vom Normzweck des § 311 AktG ab. Regelungsziel des § 311 AktG ist es, die abhängige Gesellschaft, rein wirtschaftlich betrachtet, so zu stellen, als wäre sie nicht von den Partikularinteressen des herrschenden Unternehmens geleitet.363 Daher stellt § 311 Abs. 2 AktG hohe Anforderungen an die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich.364 Fraglich ist, ob die bisherige Form der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung diesen Anforderungen gerecht wird. Unproblematisch ist hierbei die oben im Rahmen des Abschlusses der Vereinbarung genannte Bedingung eines zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses. Diese Bedingung wird im nächsten Hauptversammlungsbeschluss zeitgleich mit der Zustimmung zur nachteiligen Maßnahme, also noch vor Ablauf des Veranlassungsgeschäftsjahres eintreten. Problematisch ist aber die Wirksamkeit der Urteilsklausel angesichts der Erfüllung der Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG. Nach einer bisher vereinzelt gebliebenen Auffassung ist dies schon mit Blick auf die Frage, ob tatsächlich ein Rechtsanspruch gewährt werde, zu verneinen.365 Dem Grunde nach sei eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nichts anderes als ein aufschiebend bedingter Anspruch. Bedingung des Nachteilsausgleichs sei die rechtskräftige Feststellung der Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäfts. Erst mit dieser gerichtlichen Feststellung solle der Nachteilsausgleich entstehen und der Nachteil binnen kurzer Frist ausgeglichen werden. Diese Aussagen enthalten die Kernthesen, die zur ablehnenden Haltung Heidels gegenüber der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung führen. Demnach könne die eben beschriebene Konstruktion den Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG nicht genügen.366 Ob diese Aussagen wirklich zutreffend sind, lässt sich zumindest auf den ersten Blick nicht eindeutig beantworten. Nach § 311 Abs. 2 AktG ist @ statt den Nachteil tatsächlich auszugleichen @ die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich zulässig. Nach Auffassung Heidels stellt ein bedingter Ausgleichsanspruch keinen Anspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG dar, denn die aufschiebende Bedingung lasse die Forderung erst mit Bedingungseintritt entstehen.367 Damit sei der Anspruch erst mit Bedingungseintritt 361 Im Folgenden wird diese Klausel daher als Urteilsklausel oder Urteilsbedingung bezeichnet. 362 Dazu unten § 13 II. 8. c). 363 Siehe schon oben § 1. 364 Siehe bereits oben § 6 III. 2. sowie § 13 I. 365 Vgl. Heidel, in: FS Meilicke, S. 132 ff. 366 Heidel, a.a.O. 367 So grundsätzlich auch Staudinger/Bork, § 158 BGB Rn. 18.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gewährt und damit nicht mehr rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG.368 Dies erscheint zunächst sehr plausibel. Einzig fraglich ist hierbei die Grundprämisse, dass ein Rechtsanspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG nur ein unbedingter Anspruch sein kann. Aus dem Gesetz folgt dies zuerst einmal nicht. Das Gesetz verlangt lediglich die Gewährung eines Rechtsanspruchs. Der (Rechts-)Anspruch ist in § 194 Abs. 1 BGB legal definiert als das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Nach § 158 Abs. 1 BGB ist es daneben möglich, ein Rechtsgeschäft mit einer Bedingung zu verknüpfen. Aus diesen unterschiedlichen Rechtsbegriffen „Rechtsgeschäft“ und „Anspruch“ ließe sich schließen, dass die Bedingbarkeit eines Rechtsgeschäfts es nicht ausschließt, dass ein Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB vorliegt. In diesem Fall wäre auch die Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kein Grund, an deren Anspruchsqualität im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG zu zweifeln. Klarzustellen ist jedoch, dass das in der Schwebe befindliche Rechtsgeschäft den Anspruch erst entstehen lässt, mithin der Anspruch untrennbar mit dem Rechtsgeschäft verbunden ist.369 Das Rechtsgeschäft und mit ihm der Anspruch wird also erst mit Bedingungseintritt voll wirksam.370 Dies zeigt sich auch in der Verjährungsregelung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, nach der die Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Ein Anspruch ist in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach gegeben sind und er fällig geworden ist, mithin dann, wenn er zu ersten Mal im Klagewege geltend gemacht werden kann.371 Zwar ist im vorliegenden Fall der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zwischen HVB und Unicredit die Fälligkeit auf den Schluss des Geschäftsjahres der Veranlassung der nachteiligen Maßnahme festgelegt,372 aber der Anspruch selbst ist durch die Rechtskraft des den Nachteil feststellenden Urteils bedingt. In diesem Fall entsteht der Anspruch nicht schon mit Fälligkeit, sondern mit Bedingungseintritt.373 Liegt dieser nicht mehr im Veranlassungsgeschäftsjahr, so entsteht der Rechtsanspruch auf Ausgleich zu spät im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG. Daher ist ein bedingtes Rechtsgeschäft im Grundsatz nicht geeignet, die Wirkungen des Nachteilsausgleichs herbeizuführen, sofern der Bedingungseintritt nicht vor Ende des Veranlassungsgeschäftsjahres liegt. Dies ist im Fall der zwischen HVB und Unicredit getroffenen Vereinbarung aber nicht gegeben und auch in der Praxis bei der Wahl der Urteilsklausel schwer denkbar.

368

Heidel, in: FS Meilicke, S. 135. So im Ergebnis auch Kesseler, in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 194 BGB Rn. 5. 370 Müko BGB/Westermann, § 158 BGB Rn. 38; zur inhaltlichen Wirksamkeit dieser Bedingung vgl. unten § 13 II. 7. und 8. 371 Statt aller MüKo BGB/Grothe, § 199 BGB Rn. 4. 372 Siehe § 2 Abs. 4 des Vertrages zwischen HVB und Unicredit, abgedruckt, in: LG München I AG 2010, 173 (Rn. 189). 373 Vgl. schon BGHZ 47, 387, 391; so auch BGH NJW 1996, 1054; dazu auch Kesseler, in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 199 BGB Rn. 3 a.E. und Rn. 4 a.E. 369

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Eventuell ändert sich dieses Ergebnis jedoch durch Vorschrift des § 159 BGB. Hiernach kann die Wirkung der Bedingung auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden. Diese Rückbeziehung wird auch in § 2 Abs. 4 des Vertrages zwischen der HVB und Unicredit deutlich. Demnach gilt der Ausgleichsanspruch als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden.374 Dies führt allerdings nicht dazu, dass der Anspruch mit Bedingungseintritt tatsächlich rückwirkend im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsteht, also die materiell-rechtlichen Folgen als zu diesem Zeitpunkt eingetreten gelten.375 Vielmehr enthält § 159 BGB lediglich schuldrechtliche Wirkungen, die in diesem Falle die Höhe der zu leistenden Zahlung betreffen.376 Demnach bleibt es bei dem soeben festgestellten Ergebnis, dass ein aufschiebend bedingter Anspruch erst mit Eintritt der Bedingung seine vollen Rechtswirkungen entfaltet. Damit ist aber im Zeitpunkt des Abschlusses einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kein Rechtsanspruch auf Ausgleich gewährt. Dieser entsteht erst mit Eintritt der Bedingung. Liegt dieser Zeitpunkt nicht mehr innerhalb des Veranlassungsgeschäftsjahres, wovon im Regelfall angesichts der Überlastung deutscher Gerichte auszugehen ist, führt die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht mehr zu einem rechtzeitigen Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 S. 1 AktG. An der Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst ändert dies jedoch nichts. Eine fehlende Bedingung an sich ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Nachteilsausgleichsvereinbarung.377 Der von der Nachteilsausgleichsvereinbarung bezweckte Erfolg des rechtzeitigen Ausgleichs kann aber nicht eintreten, weshalb diese Form der Vereinbarung nicht sinnvoll ist. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es sich bei der Klausel der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung tatsächlich um eine aufschiebende Bedingung handelt. b) Bedingung oder Fälligkeitsvereinbarung? Bisher wurde ohne nähere Diskussion davon ausgegangen, dass es sich bei der Formulierung im Rahmen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung um eine aufschiebende Bedingung handelt. Möglicherweise enthält diese Formulierung aber lediglich eine Fälligkeitsregelung, die nicht zwingend unter § 158 BGB fällt. Dann wäre auch die eben beschriebene fehlende Wirkung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Anspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG anders zu beurteilen. Daher sind aufschiebende Bedingung und Fälligkeitsvereinbarung sorgsam voneinander abzugrenzen. Eine Fälligkeitsvereinbarung lässt den Anspruch sofort entstehen, aber die Leistungszeit wird abweichend von § 271 BGB vereinbart. Dass eine Fälligkeitsvereinbarung auch im Rahmen des Nachteilsausgleichs möglich 374 375 376 377

Vgl. LG München I AG 2010, 173 (Rn. 189). Jauernig/Jauernig, § 159 BGB Rn. 1. Statt aller MüKo BGB/Westermann, § 159 BGB Rn. 3. So aber im Ergebnis wohl Heidel, in: FS Meilicke, S. 135 f.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

ist, ergibt sich aus § 311 Abs. 2 S. 1 AktG.378 Zudem kann die Fälligkeit auch von der Vorlage von Dokumenten, also prinzipiell auch von der Rechtskraft eines Urteils, abhängig gemacht werden.379 Bei der Bedingung entsteht demgegenüber der Anspruch erst mit Bedingungseintritt. Ob in der gewählten Formulierung also tatsächlich nur eine Fälligkeitsvereinbarung zu sehen ist, ergibt sich durch Auslegung des Vertrages. Hierbei gelten die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB.380 Fehlt in der Überschrift der Klausel und in deren Inhalt die Benutzung des Wortes „Bedingung“, so ist die Qualifizierung als Fälligkeitsvereinbarung zumindest möglich.381 Der Vertragstext ist insofern nicht eindeutig, weshalb für die Auslegung und Einordnung der Klausel die Verkehrsauffassung und der Zweck des Vertrages maßgeblich sind.382 Die Verkehrsauffassung liefert keinerlei belastbare Aussagen hinsichtlich der Einordnung dieser Formulierung, da es keine gesicherten Eckdaten für eine eindeutige Qualifizierung gibt. Daher muss der nun näher zu untersuchende Vertragszweck Aufschluss über die Einordnung der Formulierung geben. Dieser Zweck des Vertrages liegt in der Vereinbarung eines rechtzeitigen und vollständigen Ausgleichs im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG. Dieser von den Vertragsparteien verfolgte Zweck ließe sich nach dem Vorgenannten mithilfe einer Bedingung nicht erfüllen, da die Bedingung den Anspruch erst mit Eintritt rechtswirksam werden lässt. Ein rechtzeitiger Ausgleich könnte also nicht erreicht werden. Daher spricht die Interessenlage der Vertragspartner zunächst eher für eine Fälligkeitsvereinbarung. Allerdings enthält das Vertragswerk keinerlei Vertragspflichten der Parteien, die schon vor Eintritt der Fälligkeit bestehen.383 Die Zahlungsverpflichtung soll vielmehr erst mit Rechtskraft des Urteils entstehen, da die Parteien von fehlender Nachteiligkeit ausgehen.384 Eine Ausgleichsverpflichtung entsteht aber auch dem Grunde nach erst mit tatsächlicher Feststellung der Nachteiligkeit einer Maßnahme und kann nicht schon zuvor vereinbart werden. Eine vorsorgliche Nachteilsausgleichsvereinbarung kennt das Gesetz nicht.385 Damit spricht die Formulierung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eher für die Einordnung als aufschiebende Bedingung, da sämtliche Rechtswirkungen und nicht nur die Fälligkeit erst mit Rechtskraft des Urteils eintreten sollen. Ebenfalls könnte gegen die Annahme einer Fälligkeitsvereinbarung sprechen, dass der Ausgleich in der im Urteil festgestellten 378

Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 73. Vgl. MüKo BGB/Krüger, § 271 BGB Rn. 28. 380 Hierzu ausführlich MüKo BGB/Busche, § 133 BGB Rn. 54 ff. sowie § 157 BGB Rn. 1 ff. 381 Vgl. BGH NJW 1993, 1381 (Rn. 36). 382 Vgl. BGH NJW 1993, 1381 (Rn. 37). 383 Dies nahm der BGH im genannten Fall aber als Hauptargument für die Fälligkeitsvereinbarung an, vgl. BGH NJW 1993, 1381 (Rn. 45 f.). 384 Siehe z. B. die Vorbemerkung der Parteien (HVB, Unicredit) zum Vertrag, abgedruckt bei LG München I AG 2010, 173 (Rn. 182). 385 Dazu auch oben § 10 I. 379

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Höhe nach der Nachteilsausgleichsvereinbarung binnen zehn Tagen zu leisten sein soll.386 Diese Vereinbarung betrifft jedoch nur den Leistungszeitraum nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Eine Fälligkeitsvereinbarung liegt hierin nicht. Allerdings wird die Fälligkeit an anderer Stelle auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses datiert: „Unabhängig von dem Zeitpunkt, in dem ein in Abs. 1 oder Abs. 2 beschriebenes Gerichtsurteil gefällt wird, gilt der AUSGLEICHSANSPRUCH als am 31. Dezember 2007 entstanden und ist von diesem Zeitpunkt an fällig.“387 Wenn aber der Anspruch sofort fällig sein soll, ist es schwer begründbar, in der Urteilsklausel des § 2 Abs. 1 des Vertrages eine hiervon abweichende Fälligkeitsvereinbarung zu sehen. Dies wäre widersprüchlich und beide Klauseln mithin unwirksam. Mithin liegt keine Fälligkeitsvereinbarung, sondern wie bereits angenommen eine echte aufschiebende Bedingung vor. c) Folgen für die Wirksamkeit der Klausel Die Abhängigkeit der Ausgleichsverpflichtung von der rechtskräftigen Feststellung des Nachteils und seines Umfangs durch ein Gericht stellt somit eine aufschiebende Bedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung dar. Nachdem § 311 Abs. 2 AktG aber für den rechtzeitigen Ausgleich einen unbedingten Anspruch verlangt, sind mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung diese Anforderungen nicht erfüllt. Daher kann eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht den Schadenersatzanspruch aus § 317 Abs. 1 AktG wegen nicht rechtzeitigen Ausgleichs vermeiden. Sie ist allerdings deshalb nicht etwa per se unwirksam, sondern nur nicht mit der ihr zugedachten Rechtswirkung ausgestattet. Ließe sich aber nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts etwa ein Dissens gemäß §§ 154, 155 BGB feststellen, so wäre die aufschiebende Bedingung (und mit ihr über § 139 BGB eventuell sogar der gesamte Vertrag) tatsächlich unwirksam. Es stellt sich also die Frage, ob eine Klausel, die nicht die von den Parteien erhofften Rechtswirkungen entfaltet, einen offenen oder verdeckten Einigungsmangel darstellt. Ersteres hätte zur Folge, dass die Nachteilsausgleichsvereinbarung im Zweifel nicht geschlossen, mithin unwirksam ist, während beim verdeckten Dissens die Vereinbarung nur unter der Voraussetzung des § 139 BGB als gesamtnichtig anzusehen ist.388 Fraglich ist aber zunächst, ob es sich bei der fehlenden Wirkung der relevanten Urteilsklausel tatsächlich um einen Einigungsmangel handelt. Betrachtet man lediglich den Abschluss des Vertrages, haben sich die Parteien auch hinsichtlich der hier untersuchten Klausel geeinigt. Ein Einigungsmangel läge damit nicht vor. Betrachtet man aber die dahinterliegende Intention, fehlt es an einer Vereinbarung, die das gewünschte Ergebnis auch herbeiführen kann. Insofern läge also ein Dissens vor. Entscheidend ist somit, ob es bezüglich des Einigungsmangels auf die konkrete 386

Siehe zu dieser oft gewählten Formulierung LG München I AG 2010, 173 (Rn. 186). Vgl. die Formulierung in § 2 Abs. 4 des Vertrages bei LG München I AG 2010, 173 (Rn. 189). 388 Einleitend hierzu Eckert, in: Bamberger/Roth, § 154 BGB Rn. 1 ff. 387

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Klausel oder die Erfüllung der Intention der Parteien ankommt. Dies ist auch von der Typisierung des vermuteten Einigungsmangels als offenen oder versteckten Dissens abhängig, weshalb dies voranzustellen ist. Beim offenen Dissens wissen die Parteien, dass sie sich über einen vertragsrelevanten Punkt noch nicht geeinigt haben. Betrifft diese Uneinigkeit einen Bestandteil der essentialia negotii der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, so liegt ein Totaldissens vor.389 Es genügt allerdings, wenn eine Partei von der fehlenden Einigung ausgeht und dies der anderen Partei erkennbar ist.390 Im Fall des Abschlusses einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gehen jedoch im Normalfall beide Parteien davon aus, dass die von ihnen beabsichtigten Rechtswirkungen durch die Vereinbarung auch erzielt werden können. Ein offener Dissens ist daher nur dann anzunehmen, wenn die Parteien positiv wissen, dass mittels einer solchen Vereinbarung ein Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Anhaltspunkte dafür gab es zumindest vor dem Urteil des BGH in Sachen HVB/Unicredit nicht.391 Daher wäre bei tatsächlichem Einigungsmangel kein offener Dissens gegeben. Es läge vielmehr ein versteckter Totaldissens vor. Die Parteien wollten durch den Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung den Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG herbeiführen. Dies ist nach dem oben Gesagten nicht rechtzeitig möglich, weshalb ein Einigungsmangel vorzuliegen scheint. Demnach wäre die gesamte Vereinbarung nur dann unwirksam, wenn eine Geltung des Vertrages wegen fehlender essentialia negotii nicht möglich ist.392 Die Ausgleichswirkung der Vereinbarung gehört zu den wesentlichen von den Parteien gewünschten Bestandteilen des Vertrages. Fehlt es an dieser, da ein rechtzeitiger Ausgleich aufgrund der Vereinbarung nicht erzielt werden kann, so fehlt es an einer Einigung über die essentialia negotii des Vertrages. Dieser Mangel wäre so schwerwiegend, dass der gesamte Vertrag als nicht geschlossen anzusehen wäre. Eine ergänzende Vertragsauslegung hin zu einer wirksamen, weil rechtzeitig ausgleichenden, Vereinbarung wäre angesichts der fehlenden Nachteilsquantifizierung im Vertrag ebenfalls nicht möglich. Beim versteckten Dissens muss der Einigungsmangel aber sowohl im subjektiven Willen als auch in der äußeren Erklärung vorliegen.393 Im Zeitpunkt des Abschlusses der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sind sich die Parteien dagegen subjektiv einig, mittels der Vereinbarung die ausgleichende Wirkung des § 311 Abs. 2 AktG herbeizuführen. Diese Einigkeit führte nur nicht zum gewünschten Ergebnis. Daher ist ein Einigungsmangel und mithin auch ein versteckter Dissens 389

Statt aller MüKo BGB/Busche, § 154 BGB Rn. 3. Müko BGB/Busche, § 154 BGB Rn. 4. 391 Siehe zu diesem Urteil oben § 12 IV. und die Besprechung unten in § 13 IV. 3. In Zukunft dürften abhängiges und herrschendes Unternehmen allerdings davon ausgehen, dass die Urteilsklausel ihre Absichten nicht mehr erfüllen kann und damit ein offener Dissens zu bejahen sein. 392 Müko BGB/Busche, § 154 BGB Rn. 3. 393 Statt aller Eckert, in: Bamberger/Roth, § 155 BGB Rn. 3. 390

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nicht anzunehmen. Die Nachteilsausgleichsvereinbarung ist damit weiterhin wirksam geschlossen, aber nicht mit der ihr zugedachten Rechtswirkung versehen. Ein genereller Unwirksamkeitsgrund liegt daher bisher nicht vor. Ein abschließendes Urteil über die Wirksamkeit der Bedingung selbst ist hierin indes noch nicht zu sehen. Vielmehr ist bisher nur etwas über den fehlenden Erfolg eines so bedingten Rechtsanspruchs auf Ausgleich gesagt. Ob die Bedingung inhaltlich zulässig ist, bleibt zunächst dahingestellt,394 da das Ergebnis der fehlenden rechtzeitigen Ausgleichswirkung nur für den Fall gilt, dass es sich bei der gewählten Vereinbarungsform tatsächlich um einen Ausgleich des Nachteils, wie es der Name suggeriert, und nicht schon um den Ausschluss der Nachteiligkeit selbst handelt. Im letzteren Fall gelten die Regeln des § 311 Abs. 2 AktG hinsichtlich der Rechtzeitigkeit nicht. 6. Ausschluss der Nachteiligkeit durch unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung? a) Problemaufriss Bisher wurde ohne vertiefte Überlegung davon ausgegangen, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung das ist, was der Name verspricht: ein Rechtsanspruch auf Ausgleich. Bei genauerer Betrachtung ist diese Einordnung aber nicht so zwingend, wie es auf den ersten Blick scheint. Vielfach wird vertreten, dass bei nicht quantifizierbaren Nachteilen eine Ausgleichsgarantie gleichzeitig zur Nachteilszufügung schon den Nachteil selbst entfallen ließe.395 Dies gelte umso mehr bei bezifferbaren Nachteilen. Daher stellt sich die Frage, ob eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung für derzeit nicht bezifferbare Nachteile den gleichen Effekt haben kann. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht um einen Rechtsanspruch auf Ausgleich, sondern um eine (ungewöhnlich formulierte) Ausgleichsgarantie handelte.396 Vorangestellt sei folgende Überlegung: Ist der Nachteil bezifferbar, lässt sich mittels einer Garantie sofort die Nachteiligkeit ausschließen, da in Summe kein Nachteil für das abhängige Unternehmen entsteht. Die Abgabe dieser Garantieerklärung ist daher von der Bezifferbarkeit des Nachteils abhängig. Ist dieser Nachteil derzeit noch nicht bezifferbar, könnte es möglich sein, diese Bezifferbarkeit zu einer echten Bedingung der Garantie zu machen, mit der Wirkung, dass bei Bedingungseintritt die Garantie ihre Geltung entfaltet. Möglich ist es auch, dass in diesem Falle eine Rückwirkung nach § 159 BGB vereinbart wird.397 Dann wäre aber eine unbezifferte Nachteils394

Dazu unten ausführlich § 13 II. 7. und 8. Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 66; siehe schon oben § 6 I. 2. b). 396 Diese freilich unreflektierte Gleichstellung vertreten wohl Arnold/Gärtner, in: FS Stilz, S. 18. 397 Diese hätte allerdings im Rahmen der Garantie keine allzu große Bedeutung, da sie nur schuldrechtliche Wirkungen entfaltet, vgl. MüKo BGB/Westermann, § 159 BGB Rn. 3. 395

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

ausgleichsvereinbarung bei entsprechender Formulierung nichts anderes als eine solche Garantie, die nicht erst für den Ausgleich des Nachteils sorgt, sondern bereits dessen Entstehung verhindert. Zumindest vom gedachten Ergebnis entsprechen sich eine so formulierte Garantie und die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, weshalb es einer näheren Untersuchung vorbehalten bleibt, ob statt eines Ausgleichs im Sinne von § 311 Abs. 2 AktG nicht schon ein Ausschluss des Nachteils gegeben ist. In diesem Falle käme es auf die oben geprüften Voraussetzungen des § 311 Abs. 2 AktG und damit auf sämtliche inhaltlichen Anforderungen an eine Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht mehr an. Lässt sich die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung hingegen nicht als Garantie verstehen, so bleibt es bei dem oben gefundenen Zwischenergebnis, dass die Nachteilsausgleichsvereinbarung in der bisher angewendeten Form den Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG nicht genügt. In diesem Fall ist dann zu untersuchen, ob es Möglichkeiten gibt, den an sich positiven Effekt der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung für das herrschende Unternehmen und seine Unternehmensleiter398 etwa durch Umformulierungen oder Ergänzungen der Nachteilsausgleichsvereinbarung weiterhin nutzbar zu machen. Zunächst aber soll die aufgeworfene Frage, ob es sich bei der unbezifferten Ausgleichsvereinbarung nicht um eine (wenn auch atypische) Form der Garantie handelt. Ausgehend von dieser Überlegung ist zuerst zu untersuchen, welche Anforderungen das Gesetz generell an eine Garantie stellt, die den Nachteil direkt entfallen lässt, und sodann ob diese Wirkung auch bei bedingten Garantien entstehen kann. Anschließend ist zu überprüfen, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als so eine bedingte Garantie verstanden werden kann. Ist dies zu bejahen, so ist darauffolgend die Frage zu beantworten, ob eine solche Garantie den Anforderungen des Regelungssystems des faktischen Konzerns, insbesondere § 311 AktG, genügt. b) Der Garantievertrag und die Formulierung des Garantiefalls Der Garantievertrag als solcher ist im Gesetz nicht geregelt. Erwähnungen finden sich nur in §§ 276 Abs. 1 S. 1 HS. 2, 443, 639 BGB. Dennoch ist der Abschluss eines solchen Vertrages nach § 311 Abs. 1 BGB ohne weiteres möglich.399 Auch ist es möglich, das Garantieversprechen als Klausel innerhalb eines (Nachteilsausgleichs-) Vertrages zu vereinbaren. Durch den Garantievertrag verpflichtet sich der Garant (hier das herrschende Unternehmen) den Garantienehmer (hier die abhängige Gesellschaft) so zu stellen, als wäre die durch den Garantievertrag abgesicherte Verpflichtung rechtzeitig und vollständig erfüllt worden.400 Nicht erforderlich ist ein 398

Vgl. dazu oben § 9. Zu den vielfältigen Formen des Garantieversprechens und der daraus folgenden Nichtregelung im BGB vgl. MüKo BGB/Habersack, Vorb. §§ 765 ff. BGB Rn. 16. 400 Allgemein zum Inhalt des Garantieversprechens MüKo BGB/Habersack, Vorb. §§ 765 ff. BGB Rn. 16 ff.; Rohe, in: Bamberger/Roth, § 415 BGB Rn. 48; zur Wirkung der Garantie siehe unten § 13 II. 6. d). 399

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Mehrpersonenverhältnis, es genügt also eine Abrede, durch die die Erfüllung des Nachteilsausgleichs zugesichert werden soll. Hinderlich ist in diesem Falle ebenfalls nicht, dass der „Schuldner“ selbst ein Garantieversprechen abgibt, denn nach der zutreffenden herrschenden Auffassung ist dies zulässig, da der Schuldner durch die Garantie seine Haftung erweitert.401 Zusätzlich besteht auf den Ausgleich des Nachteils noch gar kein Anspruch, bevor nicht ein Rechtsanspruch nach § 311 Abs. 2 AktG gewährt wird.402 Daher stellt sich das Problem, ob der Schuldner ein Garantieversprechen bezüglich einer eigenen Leistungsverpflichtung abgeben kann, nicht. Beim hier zu untersuchenden Garantieversprechen handelt es sich auch nicht um eine abstrakte Verbindlichkeit,403 sondern der Garant verspricht für den Fall, dass ein Nachteil gerichtlich festgestellt wird, die Zahlung des Ausgleichs. Fraglich ist hierbei, ob es sich bei dieser Formulierung des Garantiefalls nicht um eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB handelt. Im Falle einer bedingten Garantie können sich parallele Wirksamkeitsprobleme wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ergeben.404 Grundsätzlich ist die Abgabe eines Garantieversprechens auch unter aufschiebenden oder auflösenden Bedingungen möglich. Allerdings ist jeweils genau zu untersuchen, ob es sich allein um die Ausgestaltung des Garantiefalls oder um eine echte zusätzliche Bedingung handelt. Der Garantiefall ist im Ausgangsfall der derzeit nicht quantifizierbaren Nachteile wie folgt zu beschreiben: „Stellt sich in Zukunft ein Nachteil für das abhängige Unternehmen heraus, der auf die veranlasste Maßnahme zurückzuführen ist, so gleicht das herrschende Unternehmen diesen Nachteil aus“.405 Die Frage, wie sich dieser Nachteil zeigen muss, wird nicht beantwortet. In dieser Formulierung steckt nichts anderes als eine „Bedingung“ der nachträglichen Nachteilsfeststellung als Auslöser der Ausgleichsverpflichtung. Diese „Bedingung“ ist aber keine echte Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB, sondern lediglich Ausgestaltung des Garantiefalls. Diese Formulierung ist indes weit von derjenigen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entfernt. Zudem ließe sich diese Wortwahl auch für nicht quantifizierbare Nachteile gebrauchen. Ähnlich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ließe sich der Garantiefall jedoch formulieren, wenn es um derzeit nicht quantifizierbare Nachteile geht: „Wird in Zukunft, etwa durch rechtskräftiges Urteil eines Gerichts,406 festgestellt, dass durch die veranlasste 401

Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 618. Ganz h.M.; statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 403 Generell für alle Arten der Garantie vgl. MüKo BGB/Habersack, Vorb. §§ 765 ff. BGB Rn. 18. 404 Siehe soeben § 13 II. 5. und zur Differenzierung zwischen unbedingter und bedingter Garantie im konkreten Fall unten § 13 II. 6. d). 405 So dürfte wohl die von Habersack beschriebene Garantie aussehen, vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 66 a.E. 406 Zur Zulässigkeit der Nachteilsfeststellung durch das Gericht siehe aber sogleich § 13 II. 7. b). 402

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Maßnahme dem abhängigen Unternehmen ein derzeit nicht erkennbarer Nachteil entstanden ist, so gleicht das herrschende Unternehmen diesen Nachteil aus. Bei der Inanspruchnahme ist auf das rechtskräftige Urteil Bezug zu nehmen.“ In diesem Fall läge ebenfalls nur eine Ausformulierung des Garantiefalls und keine echte Bedingung im Sinne des § 158 BGB vor. Mit der Wahl dieser Formulierung rückt die Garantie sehr nahe an die Formulierung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung heran. Bei dieser hohen Ähnlichkeit ist eine Einordnung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Garantie zumindest denkbar. Allerdings birgt auch die Formulierung der Garantie noch weitere Fragen. Unklar ist insbesondere noch, ob es sich bei der „Bedingung“ des rechtskräftigen Urteils als Auslöser der Leistungsverpflichtung um den sogenannten „formellen“ Garantiefall handelt, welcher streng vom „materiellen“ Garantiefall abzugrenzen ist, oder ob eine Bedingung im Sinne des § 158 BGB vorliegt. Der „materielle“ Garantiefall stellt die Verwirklichung des vom Garanten übernommenen Risikos und damit die Tatbestandsvoraussetzung der Garantie dar.407 Im hier diskutierten Fall ist also der „materielle“ Garantiefall die Nachteiligkeit der veranlassten Maßnahme oder des Rechtsgeschäfts. Der „formelle“ Garantiefall hingegen stellt Bedingungen an den Garantienehmer, das abhängige Unternehmen, unter denen eine Erfüllung der Garantieverpflichtung verlangt werden kann; der formelle Garantiefall ist daher besser als Nachweiserfordernis zu bezeichnen.408 Auf diese Weise wird ein Abgrenzungsproblem der unterschiedlichen Garantiefälle vermieden. Unter dieses Nachweiserfordernis fällt regelmäßig die Vorlage bestimmter Dokumente.409 Hierunter kann auch das rechtskräftige Urteil eines Gerichts fallen.410 Es ist jedoch darauf zu achten, dass das rechtskräftige Urteil im Rahmen der Formulierung des „formellen“ Garantiefalls nicht als Tatbestandsvoraussetzung der Garantie aufgefasst werden kann. Es muss vielmehr klar sein, dass es sich bei dem Urteil nur um ein Nachweiserfordernis handelt. Daher ist die oben gewählte Formulierung wie folgt anzupassen: „Das herrschende Unternehmen garantiert den Ausgleich sämtlicher derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile. Der Ausgleich erfolgt in bar, sobald ein Nachteil quantifiziert werden kann. Den Eintritt dieses Garantiefalls hat das abhängige Unternehmen durch Vorlage eines rechtskräftigen Urteils mit Wirkung gegenüber dem herrschenden Unternehmen nachzuweisen.“ So gefasst ließe sich 407

Kratz, Rechtsdogmatik des Garantievertrages, S. 161. Vgl. zum Vorstehenden Kratz, Rechtsdogmatik des Garantievertrages, S. 161 f. 409 Für den besonders regelungsbedürftigen Bankverkehr bestehen international anerkannte Bestimmungen, wie der formelle Garantiefall in diesen Fällen formuliert sein sollte, vgl. ICC Richtlinie, Art. 15 Abs. a. URDG 758: „A demand under the guarantee shall be supported by such other documents as the guarantee specifies, and in any event by a statement, by the beneficiary, indicating in what respect the applicant is in breach of its obligations under the underlying relationship. This statement may be in the demand or in a separate signed document accompanying or identifying the demand.“; vgl. hierzu auch Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, IV.L.4. (S. 1649 ff.). 410 Vgl. Horn, Bürgschaften und Garantien, Rn. 525 mit Verweis auf Rn. 444; Staudinger/ Horn, Vorb. §§ 765 ff. Rn. 260. 408

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dieser Formulierungsvorschlag als Ausformung des formellen Garantiefalls und nicht als echte Bedingung im Sinne des § 158 BGB verstehen.411 Damit ist aber noch nicht über die inhaltliche Zulässigkeit dieser Nachteilsfeststellung durch das Gericht als Teil des formellen Garantiefalls entschieden. Diese Unterscheidung zwischen Bedingung und Garantiefall ist jedoch insofern unerheblich, als sich bei der Garantie die Bedingungsproblematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht in dieser Form stellt.412 Auswirkungen hätte diese Einordnung nur für den Fall, dass eine bedingte Garantie nicht zum Ausschluss des Nachteils, sondern nur zu dessen Ausgleich führt.413 In diesem Falle müssten allein aus Gründen des Umgehungsschutzes die Regeln des faktischen Konzerns, insbesondere also die Gewährung eines unbedingten Rechtsanspruchs auf Ausgleich, anwendbar sein. Nachdem nun die inhaltlichen Anforderungen an eine Garantie, die einen ähnlichen Anwendungsbereich abdeckt wie die derzeit verwendete Nachteilsausgleichsvereinbarung, aufgezeigt wurden, ist der weitere formale Ablauf dieses Garantieversprechens mit dem der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu vergleichen. Hierbei können sich entweder Erleichterungen ergeben oder es können auch schärfere Anforderungen an die Formalitäten zu beachten sein. Wenn die Anforderungen an eine Garantie ähnlich oder geringer sind als an eine Nachteilsausgleichsvereinbarung, so kann die bestehende Vereinbarungsform noch leichter auch als Garantieversprechen gedeutet werden, was obige Bedingungsproblematik vermeiden könnte.414 c) Sonstige Anforderungen an die Garantie im Vergleich zur Nachteilsausgleichsvereinbarung Der Nachteil im Sinne des § 311 AktG ist aus ex-ante-Sicht zu bestimmen. Es ist daher darauf zu achten, dass das Garantieversprechen gleichzeitig mit der Veranlassung erfolgt.415 Nur in diesen Fällen sorgt das Garantieversprechen dafür, dass schon kein Nachteil entsteht, da ein sofortiger „Ausgleich“ gegeben ist.416 Die zeitliche Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG gilt insoweit nicht. Wird die Garantie erst im Nachhinein abgegeben, tritt keine rückwirkende Beseitigung des Nachteils ein. Dies liegt ebenfalls an der Ermittlung des Nachteils aus ex-ante-Sicht. Eine andere Beurteilung der Garantie würde das Prinzip des Nachteilsausgleichs verletzen. Daher ist es erforderlich, die Garantie spätestens mit Durchführung der veranlassten Maßnahme abzugeben. Voraussetzung für die den Nachteil beseitigende 411 Horn spricht insofern von der Erklärungsform, vgl. Staudinger/Horn, Vorb. §§ 765 ff. Rn. 261. 412 Zu dieser Problematik soeben § 13 II. 5. 413 Zu dieser Frage sogleich § 13 II. 6. d). 414 Dazu oben § 13 II. 5. 415 Diese Einschränkung entspricht der wohl herrschenden Auffassung, vgl. nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 66 mit Nachweisen in Fn. 270. 416 Krieger, in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 91 m.w.N.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Wirkung ist aber, wie in allen Fällen der Veranlassung im faktischen Konzern, dass der Nachteil, wenn auch nicht sofort, so zumindest später überhaupt quantifizierbar ist.417 Insofern besteht eine Parallele zur Nachteilsausgleichsvereinbarung. Andernfalls wäre die Schwelle zum qualifiziert faktischen Konzern überschritten. Andere Regeln, die für die Nachteilsausgleichsvereinbarung gelten, finden auf die Garantie aber keine Anwendung. So wären für die Garantiezusage zum Beispiel die Abschlussvoraussetzungen der Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht einzuhalten,418 da es sich bei der gleichzeitig zur Nachteilszufügung abgegebenen Garantie eben nicht um einen Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG handelt. Insbesondere läge keine Verfolgung von Sondervorteilen vor, die zur zwingenden Hauptversammlungskompetenz hinsichtlich des Abschlusses nach § 243 Abs. 2 AktG führen würde, da der Nachteil durch die Garantiezusage gar nicht erst entsteht und somit auch keine kompensationslose Verschiebung von Vorteilen hin zum herrschenden Unternehmen vorläge. Es genügt daher der Abschluss zwischen den beteiligten Gesellschaften, vertreten durch ihre jeweiligen Vorstände. Allerdings ist, anders als bei der Nachteilsausgleichsvereinbarung, in der Regel nur eine Geldleistung tauglicher Anspruchsinhalt. Zudem ist es auch schwieriger, wenn auch nicht unmöglich, die tatsächliche Leistung im Garantiefall durch einen Dritten vornehmen zu lassen. Die Abschlussvoraussetzungen sind also teilweise geringer als die der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Sind demnach die höher anzusiedelnden Anforderungen, etwa ein Beschluss der Hauptversammlung nach § 243 Abs. 2 AktG, eingehalten, so erleichtert dies grundsätzlich die Einordnung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Garantie. d) Die Wirkungen der Garantie im Vergleich zur Nachteilsausgleichsvereinbarung Wenn man also die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung grundsätzlich auch als Garantiezusage des herrschenden Unternehmens hinsichtlich des Ausgleichs des Nachteils verstehen könnte, so stellt sich die Frage, ob eine so formulierte Vereinbarung ebenfalls den Effekt hat, dass dadurch nicht erst der Nachteil ausgeglichen, sondern schon die Nachteiligkeit selbst ausgeschlossen ist. Vorangestellt sei aber die Frage, ob bereits eine unbedingte Garantie diese eben beschriebene Wirkung haben kann. Fehlt es schon bei einer unbedingten Garantie an dieser Wirkung, kann eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in Form einer bedingten Garantie dieses Ergebnis noch weniger erreichen. Die Abgabe eines unbedingten Garantieversprechens ist ein Vorteil, der dem abhängigen Unternehmen gewährt wird. Vorteile, die gleichzeitig mit der nachteiligen Veranlassung gewährt werden, heben nach allgemeiner Auffassung den Nachteil insoweit auf.419 Dies gilt grundsätzlich auch in 417

Vgl. hierzu schon oben § 5 II. Zu den Abschlussvoraussetzungen der Nachteilsausgleichsvereinbarung oben § 8 III. und zu denen der Garantie noch unten § 15 I. 3. b). 419 Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 AktG Rn. 52. 418

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vollem Umfang, wenn sich gewährter Vorteil und zugefügter Nachteil die Waage halten. In diesem Falle liegt nach allgemeiner Auffassung schon kein Nachteil vor. Denn nach der maßgeblichen ex-ante-Betrachtung fehlt es im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder der Maßnahme bereits an einem feststellbaren Nachteil.420 Eine unbedingte Garantie kann also schon die Nachteiligkeit selbst beseitigen. Fraglich ist, ob sich diese Wirkung auch bei einer bedingten Garantie ergeben kann. Um dies zu beantworten, ist ein Blick auf die Wirkung einer Bedingung erforderlich. Diese lässt einen Anspruch erst mit Eintritt der Bedingung entstehen.421 Der Ausschluss des Nachteils ergibt sich aber im Grundsatz nur dann, wenn eine Vorteilsgewährung schon im Zeitpunkt der Veranlassung gegeben ist. Entsteht der Anspruch aus der Garantie erst später, so ist diese Grundvoraussetzung für den Ausschluss des Nachteils indes nicht erfüllt. Auch eine Rückbeziehung nach § 159 BGB ändert hieran, wegen der rein schuldrechtlichen Wirkung, nichts.422 Daher kann eine bedingte Garantie den Nachteil nicht ausschließen, sondern führt wie eine Nachteilsausgleichsvereinbarung nur zum Ausgleich des Nachteils. In diesem Falle ist die bedingte Garantie jedoch auch den Anforderungen des § 311 AktG unterworfen. Mithin ist bei der Formulierung des Garantiefalls darauf zu achten, dass dieser keine echte Bedingung enthält. Andernfalls müssten diese Bedingung und damit der gesamte materielle Garantiefall den Anforderungen des § 311 AktG genügen. Somit ist zunächst zu fragen, ob bei der gewählten Formulierung tatsächlich eine aufschiebende Wirkung im Sinne einer Bedingung eintritt. Der materielle Garantiefall stellt für die Verpflichtung aus der Garantie auf die Nachteiligkeit der Maßnahme ab. Diese wird jedoch an sich erst später festgestellt. Allerdings ergibt sich hieraus keine aufschiebende Wirkung des Garantiefalls, da die Nachteiligkeit an sich bereits objektiv feststeht, nur noch nicht beziffert werden kann.423 Eine aufschiebende Wirkung bestünde lediglich bei gar nicht feststehender Nachteiligkeit, da es an der Ungewissheit als maßgeblichem Merkmal der Bedingung424 fehlt. Der Nachteil und damit der Eintritt des Garantiefalls sind damit ab dem Zeitpunkt der Veranlassung gegeben. Der Anspruch entsteht auch nicht erst mit der späteren Feststellung der Nachteilshöhe, sondern ist in unbezifferter Höhe bereits mit der Entstehung des Nachteils und gleichzeitigem Abschluss der Garantie gegeben. Damit gilt die zu Recht von Heidel gegen das Urteil des LG München I425 vorgebrachte Kritik bezüglich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht für die hier angedachte Garantie,426 da bei dieser der Anspruch nicht erst mit der 420 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 64; so im Ergebnis auch Hüffer/ Koch, § 311 AktG Rn. 28. 421 Vgl. oben § 13 II. 5. a) und b). 422 Siehe oben § 13 II. 5. a). 423 So bereits für die Wirkung einer (Eventual-)Anfechtung BGH NJW 1968, 2099. 424 Vgl. zum Bedingungsbegriff MüKo BGB/Westermann, § 158 BGB Rn. 8. 425 AG 2010, 173 (Rn. 226); dazu auch unten § 13 IV. 1. 426 Zu dieser Kritik vgl. Heidel, in: FS Meilicke, S. 137.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

tatsächlichen Bezifferung des Nachteils entsteht. Die gewählte Formulierung des Garantiefalls stellt also eine unbedingte Garantie dar, die den Nachteil bereits ausschließen kann. Daher kommt es darauf an, ob sich die untersuchte unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung auch als eine unbedingte Garantiezusage mit der rechtskräftigen Gerichtsentscheidung als formellem Garantiefall verstehen lässt. In diesem Fall führt sie bereits zum Ausschluss des Nachteils und ist daher nicht an die Restriktionen des § 311 Abs. 2 AktG, insbesondere nicht an die zeitlichen Vorgaben hinsichtlich der Konkretisierung und Quantifizierung des Nachteils gebunden. e) Steckt in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung also eine Garantie? Nachdem aufgezeigt werden konnte, dass anstatt einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auch ein Garantieversprechen ähnliche Wirkungen entfaltet, begrenzt sich nun die Frage darauf, ob eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung tatsächlich nichts anderes ist als eine (unbedingte) Garantie. In diesem Falle gelten insbesondere die zeitlichen Beschränkungen an die rechtzeitige Gewährung des Anspruchs nicht. Zwar ist das Garantieversprechen früher abzugeben, als die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung abzuschließen ist, da die Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG nicht gilt. Allerdings muss die Garantie die Anforderungen an die Bestimmung der Nachteilshöhe im Gegensatz zur Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht mittels aufschiebender Bedingung lösen. Es besteht also nicht das Problem der Wirkungslosigkeit wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung.427 Es genügt, wenn eine den obigen Kriterien entsprechende Formulierung den materiellen Garantiefall an die Situation eines derzeit nicht zu quantifizierenden Nachteils anpasst. Und damit ist der Kern der oben428 gestellten Frage erreicht: eine derartige Formulierung könnte nämlich auch in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung stecken, weshalb sie statt als Ausgleich im Sinne des § 311 AktG als Garantie anzusehen wäre. So einfach gelagert ist der Fall allerdings nicht. Die bisherige Formulierung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kann nämlich nicht als eine Garantie im oben genannten Sinne verstanden werden, da sie gegen die oben aufgestellten Prämissen verstößt. Zum einen wird sie meist erst weit nach der Veranlassung der nachteiligen Maßnahme abgegeben, zum anderen lässt sie sich auch inhaltlich nicht als Garantie verstehen. Die oben genannten Formulierungen des formellen Garantiefalls weichen stark von der hier diskutierten Vereinbarung zwischen der HVB und Unicredit ab, was eine Einordnung als Garantievereinbarung unmöglich macht. Insbesondere fehlt es an der für eine Garantie maßgeblichen unbeschränkten Einstandsverpflichtung. In der vorliegenden Vereinbarung wird zusätzlich durch die Parteien selbst von einer Ausgleichswirkung der Vereinbarung nach § 311 Abs. 2 AktG und eben nicht von einer den Nachteil selbst ausschließenden Garantie ausgegangen. Diese jetzt so banal 427 428

Dazu oben § 13 II. 5. § 13 II. 6. a).

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wirkende Feststellung war aber erst durch die ausführliche Diskussion der Garantievoraussetzungen und ihrer Wirkungen möglich. Ohne diese differenzierte Betrachtung ließe sich aus der Formulierung weiterhin leicht die oben aufgestellte Vermutung folgern, dass eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nichts anderes sei als eine (schlecht formulierte) Garantie. Nach den hier gesammelten Erkenntnissen liegt in der bisherigen Form der Vereinbarung aber tatsächlich das, was der Name suggeriert: eine Ausgleichsvereinbarung im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG. Selbst wenn man zukünftige Vereinbarungen im obigen Sinne als Garantie formulierte, dürften sich ähnliche Zulässigkeitsprobleme wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ergeben.429 f) Ergebnis Die Garantievereinbarung sorgt grundsätzlich dafür, dass ein Nachteil gar nicht erst entsteht. Ist die Garantieverpflichtung hingegen aufschiebend bedingt, treten die Rechtswirkungen der Garantie erst mit Bedingungseintritt ein. Eine so formulierte Garantie ist daher nur zum Ausgleich des Nachteils, nicht aber schon zu dessen Ausschluss geeignet. Allerdings lässt sich die bisherige Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht als unbedingte Garantie einordnen, weshalb sie nur zum Ausgleich des Nachteils führen kann. Damit ist aber auch die obige Frage nun eindeutig zu beantworten. In der gewählten Formulierung liegt eine bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung, die den Nachteil nicht mehr rechtzeitig ausgleichen und so den Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG nicht verhindern kann. Die Nachteilsfeststellung durch das Gericht und somit die Erfüllung der aufschiebenden Bedingung erfolgt nicht mehr rechtzeitig. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung kann also die ihr zugedachte Ausgleichswirkung im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG bei gleichzeitiger vager Bezifferung des zu gewährenden Vorteils, bedingt durch ein rechtskräftiges Urteil, nicht erzielen. Jene Feststellung des Nachteils durch das Gericht als Voraussetzung des Ausgleichs könnte allerdings der entscheidende Grund dafür sein, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht nur rein tatsächlich ohne Wirkung,430 sondern sogar auch rechtlich unzulässig ist. Dies gilt dann, wenn die Nachteilsfestlegung rechtlich nicht dem Gericht übertragen werden darf. Hiermit eng verknüpft ist die Frage, ob es sich bei der Nachteilsfeststellung und der daraus resultierenden Vorteilsgewährung um eine Leistungsbestimmung eines Dritten handelt.

429 Siehe zu den Problemen der Nachteilsausgleichsvereinbarung oben § 13 II. 4. und unten § 13 II. 7., 8. sowie zur vergleichbaren Situation bei der Garantie unten § 15 III. 430 Vgl. hierzu § 13 II. 5.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

7. Zulässigkeit der Nachteilsfestlegung durch einen Dritten? a) Gesellschaftsinterne Personen Bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wird die Festlegung des Nachteilsausgleichs einem Dritten, in den vorliegenden Fällen dem sachlich zuständigen Gericht im Rahmen eines anhängigen Verfahrens, überlassen. Die Zulässigkeit einer solchen Leistungsbestimmung durch einen – unabhängigen – Dritten ist jedoch fraglich.431 Mögliche Dritte in den Konstellationen der faktischen Konzernierung sind (Schieds-)Gerichte, Abschlussprüfer, der Aufsichtsrat und außenstehende Dritte. Diesen Dritten werden innerhalb der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung die Entscheidung über die Nachteiligkeit an sich und auch die genaue Festlegung der Höhe des Nachteils übertragen. Nach überwiegender Auffassung ist es unzulässig, die Nachteilsbestimmung und damit die Erforderlichkeit des Ausgleichs dem Abschlussprüfer zu überlassen.432 Dieser ist in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 3 Nr. 3 HGB daran gehindert, auf den Inhalt des Berichts, insbesondere im Hinblick auf eine positive Schlusserklärung nach § 313 Abs. 3 AktG, einzuwirken. Eine solche Einwirkung liegt nach zutreffender Auffassung insbesondere im Aushandeln oder Festlegen des Nachteilsausgleichs.433 Daher ist es tatsächlich nicht zulässig, die Bestimmung des Ausgleichs dem Abschlussprüfer zu übertragen. Eine Bestimmung der Nachteiligkeit durch den Aufsichtsrat ist ebenfalls unzulässig, sofern sie erst im Anschluss an die Prüfung durch den Abschlussprüfer erfolgt.434 In diesem Falle ist die Nachteilsfeststellung verspätet. Steht aber der Nachteil dem Grunde nach fest und ist somit nur derzeit nicht quantifizierbar, so stellt sich die Frage, ob dem Aufsichtsrat die Bestimmung des Leistungsinhalts in Form der Höhe der Ausgleichsverpflichtung gestattet sein soll. Dies dürfte zumindest dann zu bejahen sein, wenn es auch außenstehenden Dritten möglich ist, den Nachteil der Höhe nach zu bestimmen. Ist allerdings schon neutralen Außenstehenden dieses Leistungsbestimmungsrecht wegen Verstoßes gegen konzernrechtliche (Schutz-) Vorschriften verwehrt, erübrigt sich die Untersuchung hinsichtlich eines Leistungsbestimmungsrechts des meist parteiischen Aufsichtsrats. Fraglich ist somit, ob es außenstehenden Dritten gestattet sein soll, den Ausgleich zu bestimmen. Grundsätzlich liefe dies auf ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 317 BGB hinaus.435 Abzugrenzen ist hierbei grundsätzlich zur sogenannten Schiedsvereinba-

431

Zur Frage, ob es sich tatsächlich um eine Leistungsbestimmung im Sinne des § 317 BGB handelt, siehe sogleich § 13 II. 7. b). 432 Hüffer/Koch, § 313 AktG Rn. 8; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 313 AktG Rn. 10, 17. 433 Statt aller MüKo AktG/Altmeppen, § 313 AktG Rn. 36. 434 Statt aller MüKo AktG/Altmeppen, § 311 AktG Rn. 366. 435 Allgemein hierzu MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 6 ff.

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rung,436 die sich aber im Großen und Ganzen mit dem Leistungsbestimmungsrecht des § 317 BGB deckt,437 weshalb auf die genauere Abgrenzung erst unten eingegangen werden soll. Das Leistungsbestimmungsrecht des § 317 BGB umfasst auch die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen, im Rahmen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung also die Feststellung der Nachteilshöhe. Diese Leistungsbestimmung durch den Dritten wird ab dem Zugang der Willenserklärung des Dritten an die Vertragsparteien wirksam,438 mithin wird der Ausgleichsanspruch spätestens ab diesem Zeitpunktfällig.439 Dritter kann in diesem Zusammenhang grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person sein, mit Ausnahme der Vertragsparteien.440 Die Aufsichtsräte des abhängigen und herrschenden Unternehmens zählen zu den Vertragsparteien, weshalb sie schon deshalb nicht zu den berechtigten Dritten im Sinne des § 317 BGB gehören. Daher könnte für Aufsichtsräte nur eine Leistungsbestimmung nach § 315 BGB angedacht werden. Es widerspricht aber eindeutig der gesetzgeberischen Konzeption des § 311 AktG, wenn eine Partei einseitig die Anspruchsvoraussetzungen feststellen dürfte.441 Insbesondere bei einer Bestimmung durch den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens liegt hierin eine eindeutige Umgehung der zeitlichen Vorgaben des § 311 AktG. Daher scheiden sie aus dem Bereich der Personen aus, die den Nachteil zulässigerweise feststellen dürfen. b) Staatliche Gerichte Staatliche Gerichte zählen ebenso nach herrschender Auffassung innerhalb ihrer gesetzlich festgelegten Zuständigkeit nicht zu den zur Leistungsbestimmung berechtigten Dritten, da sonst der gesetzliche Aufgabenbereich der Parteidisposition unterworfen würde.442 Nur außerhalb des Zuständigkeitsbereichs ist es daher möglich, ein Gericht mit der Leistungsbestimmung zu betrauen, oder wenn die getroffene Entscheidung des sonstigen Dritten unbillig im Sinne der §§ 315 Abs. 3, 319 Abs. 1 S. 2 BGB ist. Fraglich ist also insoweit, ob es sich wirklich um ein Leistungsbestimmungsrecht des Gerichts handelt. Bevor diese Frage beantwortet werden kann, soll zunächst geklärt werden, ob das in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung mit der „Leistungsbestimmung“ betraute Gericht innerhalb oder außerhalb seiner gesetzlichen Zuständigkeit tätig werden würde. Hierbei ist zu unterstellen, dass es trotz der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu einer 436

Dazu noch unten § 15 V. 4. Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 8 f. mit Verweis auf die h.M. 438 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 23. 439 In der hier untersuchten Nachteilsausgleichsvereinbarung zwischen der HVB und Unicredit wurde dieser Fälligkeitszeitpunkt auf den Abschluss der Vereinbarung vorverlagert. 440 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 14. 441 Dazu auch oben § 6 III. 3. 442 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 16 m.w.N. der h.M. in Fn. 43; a.A. OLG München, Az. 7 U 1584/10 (Rn. 75 f.), dazu unten § 13 IV. 2. 437

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gerichtlichen Feststellung kommen kann.443 Die Nachteilsfeststellung ist grundsätzlich nur im Rahmen einer Klage möglich, ein selbständiges Beweisverfahren erscheint hier nicht möglich, da es an einer abschließenden Entscheidung des Gerichts fehlt.444 Grundlage einer solchen Klage wäre im Ausgangspunkt § 317 AktG,445 da ein Anspruch auf Ausgleich vor Einräumung des Rechtsanspruchs nicht besteht.446 Für diese Klage als Unterform der bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten besteht eine gesetzliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach § 13 GVG.447 Wird ein Gericht mit der Nachteilsfeststellung beauftragt, fällt dieses Klagebegehren daher in seine gesetzlich festgelegte Zuständigkeit. Andernfalls wäre eine Anrufung des Gerichts mit dem Ziel eines rechtskräftigen Urteils schon unzulässig. Das in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Voraussetzung der Fälligkeit der Ausgleichsverpflichtung verlangte Urteil im Sinne des § 300 ZPO448 kann aber nur aufgrund eines zulässigen Rechtsstreits ergehen.449 Daher wäre das in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung genannte Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeit dazu berufen, die Anspruchsvoraussetzungen der Nachteilsausgleichsvereinbarung festzustellen. Dies ist nach herrschender Auffassung nicht möglich, weshalb dem sachlich zuständigen erstinstanzlichen Gericht ein Leistungsbestimmungsrecht nicht eingeräumt werden könnte, da es nicht Dritter im Sinne des § 317 BGB sein kann. Fraglich ist aber, ob es sich bei der Klausel der Nachteilsausgleichsvereinbarung, die ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hinsichtlich der Nachteilshöhe verlangt, wirklich um ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 317 BGB handelt. Ist dies zu bejahen, ist diese Bestimmung schon deshalb unwirksam. Nach der Formulierung in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung soll die Ausgleichszahlung fällig werden, wenn ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, das den Nachteil der Höhe nach festsetzt. Vordergründig liegt hierin allein eine Bedingung als auslösendes Ereignis für die Ausgleichsverpflichtung.450 Allerdings ist es das angerufene Gericht, welches den Ausgleich nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach festlegt, denn der zu gewährende Vorteil in bar bemisst sich nach

443 444

Urteil. 445

Dies ist allerdings zweifelhaft; dazu ausführlich unten § 13 II. 8. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung verlangt ja auch ein rechtskräftiges

Zu anderen Klagemöglichkeiten sogleich § 13 II. 8. Die fehlende Anspruchsqualität des § 311 AktG ist allgemeine Meinung; statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 447 Vgl. die Aufzählung bei MüKo ZPO/Zimmermann, § 13 GVG Rn. 5. 448 Jede andere Urteilsform (Teil-, Zwischen-, Anerkenntnis- oder Versäumnisurteil) setzt ebenfalls einen zulässigen Prozess voraus. 449 Vgl. dazu MüKo ZPO/Musielak, § 300 ZPO Rn. 6; allgemein zu den Prozessvoraussetzungen, die das Gericht betreffen, MüKo ZPO/Becker-Eberhard, Vorb. zu §§ 253 ff. ZPO Rn. 7. 450 Dazu schon oben § 13 II. 5. 446

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der im Urteil festgestellten Nachteilshöhe.451 Damit bestimmt das Gericht den tatsächlichen Leistungsumfang. Mithin liegt in der Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung die Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsrechts durch das sachlich zuständige Gericht. Oben wurde bereits festgestellt, dass diese Bedingung die Rechtswirkungen eines rechtzeitigen und vollständigen Ausgleichs schon an sich nicht herbeiführen kann. Wenn im Rahmen eines bedingten Rechtsanspruchs auf Ausgleich einem Gericht die Bestimmung des Ausgleichs auferlegt wird, so ist diese Bedingung auch inhaltlich unzulässig. Wenn aber die Leistungsbestimmung durch das Gericht unzulässig ist, so fehlt es an einer Bestimmung der Nachteilshöhe in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. An gerade diese Bestimmung durch das Gericht ist indes der Ausgleich in bar geknüpft. Damit sind auch die Vorteile nicht ausreichend konkret bestimmt, da deren Quantifizierung fest an die des Nachteils gekoppelt ist und keine Alternativvorteile gewährt werden. Sind aber weder Vorteile noch Nachteile ausreichend konkret bestimmt, so sind die Vorgaben des § 311 Abs. 2 AktG nicht eingehalten und ist die Vereinbarung insgesamt nicht geeignet, die Wirkungen des rechtzeitigen Ausgleichs herbeizuführen. Die Unzulässigkeit der Leistungsbestimmung durch ein staatliches Gericht trifft allerdings grundsätzlich nur diese eine Vertragsbestimmung. Da die gesamte Nachteilsausgleichsvereinbarung auf dieser Bedingung beruht und sie ohne diese @ abgesehen von vagen Absichtserklärungen und diversen rechtlich irrelevanten Beteuerungen452 @ keinerlei Rechtswirkungen mehr entfalten kann, ist die gesamte Vereinbarung daher auch nach § 139 BGB nichtig. Damit ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wegen fehlender Konkretisierung des Vorteils unwirksam. c) Sonstige Dritte Sonstigen Dritten, insbesondere unabhängigen Schiedsgerichten ohne sachliche Zuständigkeit, könnte aber grundsätzlich ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 317 BGB eingeräumt werden, sofern dies nicht den Vorgaben des Aktienrechts, insbesondere des § 311 Abs. 2 AktG, widerspricht. Zu beachten sind insoweit insbesondere die vom Gesetz gesetzten zeitlichen Grenzen. Der Rechtsanspruch auf Ausgleich muss danach bereits am Ende des Veranlassungsgeschäftsjahres gewährt werden. Eine später erfolgte Anspruchsgewährung ist nicht mehr rechtzeitig und löst die Schadenersatzpflicht des § 317 AktG aus. In diesem Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten läge aber wiederum eine Bedingung des Rechtsanspruchs auf Aus-

451

So auch Heidel, in: FS Meilicke, S. 135 f., allerdings ohne die folgende Konsequenz der Unzulässigkeit wegen unwirksamen Leistungsbestimmungsrechts. 452 Vgl. etwa die Bemerkung, nach der beide Parteien zwar von fehlender Nachteiligkeit ausgehen, aber vorsorglich die Nachteilsausgleichsvereinbarung schließen; zu finden z. B. in der von der HVB und Unicredit gewählten Formulierung in Nr. 4 der Vorbemerkungen, nachzulesen bei LG München I AG 2010, 173 (Rn. 182).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gleich, der die ausgleichende Wirkung des § 311 Abs. 2 AktG nicht besitzt.453 Damit ist das Leistungsbestimmungsrecht eines sonstigen Dritten zwar kein Unzulässigkeitsgrund, es führt aber auch nicht zur Rechtswirkung eines rechtzeitigen und vollständigen Ausgleichs. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass in der Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ein teilweise unzulässiges, teilweise auch nur schlicht wirkungsloses Leistungsbestimmungsrecht liegt, das in keiner Weise die Schadenersatzpflicht des § 317 Abs. 1 AktG vermeiden kann. Wird wie zumeist ein Gericht mit dieser Leistungsbestimmung betraut, ist die Bedingung unwirksam. Neben dieser hier festgestellten Unzulässigkeit gibt es aber noch weitere Gründe, die gegen die Verwendung einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sprechen. Die Verwendung ist inhaltlich auch nur dann sinnvoll, wenn durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auch tatsächlich ein Ausgleich herbeigeführt werden kann. Dieser ist in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung durch die rechtskräftige Feststellung des Nachteils durch ein Gericht bedingt. Ist diese Feststellung durch ein Gericht nicht möglich, so ist diese Bedingung unerfüllbar und es liegt dennoch ein Umgehungsversuch bezüglich der Regelungen des faktischen Konzerns vor.454 Die vorgenannte Bedingung ist schon nicht geeignet, die Rechtswirkungen zu erfüllen, die ihr von den Verwendern zugedacht werden, da ein bedingter Anspruch kein Rechtsanspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG sein kann.455 Dies allein führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung, wenn man die eben festgestellte (unzulässige) Leistungsbestimmung durch das Gericht hinweg denkt. Daher ist diese Bedingung inhaltlich auf ihre Erfüllbarkeit hin zu untersuchen. Hierzu wird die Zulässigkeit einer Zuweisung eines Leistungsbestimmungsrechts an das sachlich zuständige Gericht entgegen obiger Untersuchungsergebnisse unterstellt, um die Unzulässigkeit dieser Bedingung mit weiteren Argumenten zu untermauern.

453 454 455

Siehe hierzu bereits oben § 13 II. 5. c). Bisher konnte dieser aber nicht festgestellt werden, siehe oben § 13 II. 1. Siehe hierzu bereits oben § 13 II. 5.

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8. Zirkuläre Ausgestaltung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – Ausschluss oder Einschränkung des Klagerechts der Minderheitsaktionäre? a) Die verschiedenen Klagemöglichkeiten der Minderheitsaktionäre hinsichtlich des Nachteilsausgleichs aa) Klage nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG (1) Einführung Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gewährt in ihrer bisherigen Konzeption einen Anspruch auf Ausgleich erst mit Rechtskraft eines den Nachteil und seine Höhe feststellenden Gerichtsurteils. Eine solche auf Nachteilsausgleich gerichtete Klage geht regelmäßig in der Praxis nicht vom abhängigen Unternehmen selbst, sondern von dessen Minderheitsaktionären aus.456 Die Minderheitsaktionäre (außenstehende Aktionäre) und Gläubiger der abhängigen Gesellschaft sind in ihren Möglichkeiten, den Nachteilsausgleich gerichtlich durchzusetzen und einzufordern, jedoch eingeschränkt. Dies liegt insbesondere daran, dass nach § 311 AktG kein Anspruch auf Ausgleich besteht.457 Den Abschluss einer Nachteilsausgleichsvereinbarung können die Aktionäre und Gläubiger also nicht verlangen. Besteht eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, so ist fraglich, ob insbesondere den Minderheitsaktionären überhaupt ein Klagerecht zusteht. Dies ist gerade deshalb relevant, da sich die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung auf eine gerichtliche Feststellung der Nachteiligkeit einer veranlassten Maßnahme stützt.458 Wenn es aber mangels Klagerecht keine gerichtliche Feststellung eines Nachteils geben kann, ist ein Nachteilsausgleich niemals möglich und die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung daher wegen zirkulärer Formulierung unzulässig. Es ist deshalb erforderlich, eine Klagemöglichkeit auf Feststellung der Nachteiligkeit zu identifizieren, die nicht durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgeschlossen ist. Nur dann kann die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung überhaupt zu einem Ausgleich zugefügter Nachteile führen. Bei der nachfolgenden Untersuchung wird daher die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung unterstellt, da nur so aufgezeigt werden kann, welche Urteile als Bedingung im Rahmen der Nachteilsausgleichsvereinbarung gemeint sein können. Die Verwender der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung müssen schon aus der Natur der Sache von der Zulässigkeit der Vereinbarung ausgehen. Wenn sich herausstellen sollte, dass es – bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – keine Klagemöglichkeit und damit auch kein den Nachteil der Höhe nach feststellendes Urteil gegenüber dem herrschenden 456

So im Grundsatz auch im hier näher besprochenen Fall „HVB/Unicredit“, bei dem es im erstinstanzlichen Verfahren 78 Kläger und 8 Nebenintervenienten allein auf Seiten der Aktionäre der HVB gab; vgl. den Tenor des LG München I, AG 2010, 173. 457 Statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. 458 Zum Wortlaut der meist verwendeten Bedingung siehe oben § 8 II.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Unternehmen geben kann, ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wegen der Aufstellung einer unmöglichen Bedingung unwirksam. Um die Wirksamkeit dieser Bedingung und damit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst verlässlich bestimmen zu können, sind daher alle denkbaren Konstellationen einer Klage mit einer Urteilswirkung gegenüber dem herrschenden Unternehmen zu untersuchen. Deshalb sind neben den Minderheitsaktionären des abhängigen Unternehmens auch alle anderen Konzernbeteiligten einschließlich ihrer Aktionäre und auch die Gläubiger des abhängigen Unternehmens zu betrachten. Eine Klagemöglichkeit des herrschenden Unternehmens selbst auf Feststellung des Nachteils ist nur schwer denkbar und auch anhand der Interessenlage nicht erfolgversprechend. Dies gilt ebenfalls für Klagen der Aktionäre der herrschenden Gesellschaft. Ein Anreiz für eine solche Klage der Aktionäre des herrschenden Unternehmens könnte allenfalls in der Abwendung einer Schadenersatzverpflichtung desselben nach § 317 AktG gesehen werden.459 Allerdings fehlt es den Aktionären hierfür an der Klagebefugnis, da die in §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG gesetzlich geregelte Form der actio pro socio nur für die Aktionäre der abhängigen Gesellschaft gilt. Sonstige Klagemöglichkeiten, die herrschende Gesellschaft zur Leistung an die abhängige Gesellschaft zu bewegen, bestehen nicht. Die Abwendung einer Schadenersatzverpflichtung der Gesellschaft könnte zwar eine im Grundsatz nachvollziehbare Intention sein, die eigene Gesellschaft zu verklagen. Hierfür fehlt es aber de lege lata an einer Klagemöglichkeit im AktG. (2) Klagen der abhängigen Gesellschaft Daher ist bei der Frage, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zirkulär angelegt ist, nur nach Klagerechten der abhängigen Gesellschaft und ihrer Aktionäre und Gläubiger zu suchen. Auch hier ist eine selbstinitiierte Klage der abhängigen Gesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand, anhand der Konzernsituation schwer vorstellbar. Außerdem fehlt es hierfür bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vermutlich ebenfalls an der Klagebefugnis.460 Vielversprechend sind aber Klagen der Minderheitsaktionäre der abhängigen Gesellschaft. Diese können entweder direkt auf Feststellung des Nachteilsausgleichs gerichtet sein oder den eigenen Vorstand zwingen, eine solche Klage zu erheben.461 Ausgegangen wird bei dieser Untersuchung vom Fall einer abgeschlossenen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufgrund einer vom herrschenden Unternehmen veranlassten Maßnahme. Hierbei stellt sich zunächst die Frage eines Schadenersatzanspruchs des abhängigen Unternehmens wegen unzureichenden Ausgleichs, den auch die Aktionäre und die Gläubiger geltend machen können. Insbesondere die Klage nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG 459 Diese Schadenersatzverpflichtung stellt auch den vorrangigen Grund dar, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung abzuschließen, vgl. oben § 9 I. 1. 460 Dazu sogleich nach der Untersuchung der Klage nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG. 461 Zu dieser Klageerzwingung sogleich § 13 II. 8. a) bb).

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ist daher vorrangig zu untersuchen. Voraussetzung dieser Klage ist der unzureichende oder nicht rechtzeitige Nachteilsausgleich.462 Bei einer fehlenden oder unzulässigen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist der Ausgleich nicht erfolgt und die Klage damit erfolgreich. Im Rahmen dieser Klage werden vom Gericht die Nachteiligkeit der Maßnahme und der (fehlende) Ausgleich untersucht. Hierbei hat der Kläger den Schaden der abhängigen Gesellschaft zu beweisen.463 Dieser Schaden besteht im Nichtausgleich des Nachteils.464 Bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung liegt jedoch schon kein Schaden vor.465 Fehlt es am Schaden, so liegen die Anspruchsvoraussetzungen des § 317 Abs. 1 AktG nicht vor. Damit wäre aber die Klage unbegründet und eine Feststellung der Höhe des Nachteils über diesen Weg ausgeschlossen. Mithin sind auch Klagen der abhängigen Gesellschaft selbst nach § 317 Abs. 1 AktG ausgeschlossen. (3) Möglichkeit eines Zwischenfeststellungsurteils? Eventuell ändert sich aber an diesem Ergebnis etwas, wenn von den Minderheitsaktionären oder auch dem beklagten herrschenden Unternehmen ein Zwischenfeststellungsurteil hinsichtlich der Nachteiligkeit der Maßnahme beantragt und auch erlassen wird. Die Möglichkeit der Zwischenfeststellungsklage ergibt sich aus § 256 Abs. 2 ZPO.466 Demnach kann eine der Parteien der Klage nach § 317 AktG die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragen, das zwischen den Parteien streitig (geworden) ist. Die Feststellung kann bereits im Rahmen der Klageschrift, auch hilfsweise, beantragt werden.467 Erforderlich ist aber, dass die Zwischenfeststellungsklage von der Hauptsacheklage abhängig ist. Die Feststellung abstrakter Rechtsfragen ist daher, wie bei der allgemeinen Feststellungsklage, unzulässig.468 Es stellt sich deshalb vorrangig die Frage, ob die Nachteiligkeit der vom herrschenden Unternehmen veranlassten Maßnahme die Voraussetzungen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO erfüllt. Nach allgemeiner Meinung gilt für die Ausfüllung dieses Begriffs nichts anderes als im Rahmen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO.469 Demnach ist ein Rechtsverhältnis „eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder Gegenständen“.470 Der Antragsteller muss darlegen, dass das festzustellende

462 463 464 465 466 467 468 469 470

Vgl. Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 6. Müko AktG/Altmeppen, § 317 AktG Rn. 75 ff. Siehe bereits oben § 1 I. 2. Siehe bereits oben § 9 I. Ausführlich hierzu Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 102 ff. Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 102. Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 30. Statt aller vgl. Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 103 und Rn. 21 ff. BGHZ 22, 43, 47.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Rechtsverhältnis auf einem konkreten vorzutragenden Sachverhalt beruht.471 Nicht erfasst sind nach herrschender Auffassung daher die Feststellung rechtserheblicher Tatsachen,472 bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses sowie die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens.473 Allerdings fällt die Feststellung subjektiver Rechte unstreitig unter das Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO.474 Nicht entscheidend ist hierbei, ob der Anspruch selbständig oder als Ausfluss eines weitergehenden Rechtsverhältnisses anzusehen ist.475 Auch einzelne Rechte und Pflichten aus umfassenderen Rechtsverhältnissen sind feststellungsfähig.476 Allerdings muss sich in diesem Fall die Abhängigkeit im Rahmen des § 256 Abs. 2 ZPO gerade auf diese Rechte und Pflichten stützen.477 Anhand dieser Vorgaben ist nun also zu untersuchen, inwiefern die Nachteiligkeit im Rahmen einer Zwischenfeststellungsklage isoliert feststellbar ist. Die Nachteiligkeit ist eine Voraussetzung des Anspruchs auf Schadenersatz aus § 317 AktG. Sie beruht auf einem konkret darlegbaren Sachverhalt. Fraglich ist, ob es sich hierbei nicht nur um die von der herrschenden Auffassung abgelehnte Feststellung einer rechtserheblichen Tatsache oder Vorfrage handelt. Tatsachen sind nur im Rahmen des § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähig, also nur die Frage der Echtheit oder Unechtheit von Urkunden. Sonstige Tatsachen sind im Umkehrschluss nicht der Feststellungsklage zugänglich.478 Bei der bloßen Nachteiligkeit der veranlassten Maßnahme handelt es sich auf den ersten Blick um eine reine Tatsache. Auch die Rechtserheblichkeit als eine Voraussetzung des Schadenersatzanspruchs lässt keine Feststellungsklage zu.479 Eine Einordnung unter den Begriff „Rechtsverhältnis“ ergäbe sich bei der Nachteiligkeit nur dann, wenn sich aus ihr selbst bereits konkrete Rechtsfolgen ergäben.480 Die Nachteiligkeit für sich genommen ist aber in §§ 311 ff. AktG nicht mit einer Rechtsfolge versehen. Hinzukommen muss immer die fehlende Kompensation, erst dann ist die Maßnahme rechtswidrig im Sinne des § 311 AktG und führt zum Schadenersatz nach § 317 AktG. Es handelt sich daher bei der Nachteiligkeit um eine reine Vorfrage, die nach allen Auffassungen nicht durch eine Zwischenfeststellungsklage vorab

471

Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 21 m.w.N. in Fn. 64. BGHZ 22, 43, 47. 473 BGH NJW 2000, 2280, 2281; a.A. Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 27 ff. m.w.N. 474 Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 23 m.w.N. 475 Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 24. 476 H.M.; statt aller Stein/Jonas/Roth, § 256ZPO Rn. 26. 477 In Anlehnung an Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 102 und Rn. 26. 478 Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 29. 479 Generell hierzu Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 29. 480 So die, allerdings umstrittene, Auffassung bei Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 27a; nach h.M. ist die Nachteiligkeit als reine Vorfrage nicht mittels Zwischenfeststellungsurteils feststellbar. 472

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rechtskräftig festgestellt werden kann.481 Eine andere Sichtweise würde zudem dazu führen, dass eine isolierte Feststellungsklage mit dem Ziel, die Nachteiligkeit einer Maßnahme feststellen zu lassen, bei gegebenem Feststellungsinteresse, immer zulässig wäre.482 Zudem wäre allein mithilfe der Zwischenfeststellungsklage nicht die Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nach einem die Nachteilshöhe feststellenden Urteil gegenüber dem herrschenden Unternehmen geklärt. Trotzdem hat die Untersuchung dieser Frage Erkenntnisse gebracht, die sich auf die Feststellung der Nachteilshöhe als Ziel der Zwischenfeststellungsklage durchaus übertragen lassen. Diese Feststellung ginge über die Feststellung der bloßen Nachteiligkeit einer Maßnahme hinaus. Allerdings ergibt sich aus der Feststellung der Nachteilshöhe ebenfalls keine direkte Rechtsfolge. Zwar wird es teilweise für zulässig erachtet, die Grundlagen der Berechnung eines streitgegenständlichen Anspruchs feststellen zu lassen, insbesondere wenn diese Feststellung im Hauptsacheverfahren relevant ist,483 allerdings geht es bei der Feststellung der Nachteilshöhe nicht um die Frage, wie diese zu berechnen ist, sondern nur um die tatsächliche Feststellung der Höhe. Hierin liegt aber wieder lediglich die Klärung einer Vorfrage, genauer nur die Feststellung einer Tatsache. Damit dürfte auch nach dieser vereinzelt gebliebenen Ansicht die Feststellung der Nachteilshöhe im Zwischenfeststellungsverfahren nicht zulässig sein. Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung soll ein (Zwischen-)Feststellungsurteil in Abgrenzung zum eben Gesagten aber dann möglich sein, wenn die begehrte Feststellung geeignet ist, den konkret bestehenden Parteienstreit zu beseitigen. Insbesondere sollen durch diese Sichtweise Rechtsschutzlücken geschlossen werden.484 Ziel dieser Feststellung solle es sein, weitere Prozesse über die gleiche Rechtsfrage auszuschließen.485 Doch auch nach dieser Auffassung dürften die Nachteiligkeit und die Nachteilshöhe nicht Gegenstand der Feststellungsklage sein, da auch hierbei die begehrte Feststellung auf eine Rechtsfolge gerichtet sein muss.486 Zudem dürfte es in allen hier untersuchten Fällen vorrangig an der Abhängigkeit der zu klärenden Rechtsfrage von der Hauptsache fehlen. In der Hauptsacheklage auf Schadenersatz nach § 317 AktG ist bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung die Nachteilshöhe keine entscheidende Rechtsfrage, da in jedem Falle ein ausreichender und rechtzeitiger Ausgleich erfolgt ist. Daher bietet auch die Zwischenfeststellungsklage keine Möglichkeit, die Nachteiligkeit im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen. Unabhängig davon erschiene eine 481 Die Nachteiligkeit der Maßnahme fällt auch nicht unter die von Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 27 ff. aufgestellten Fallgruppen, in denen auch die Klärung von Vorfragen möglich sein soll. 482 Dazu noch unten § 13 II. 8. a) ee). 483 Vgl. Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 27a. 484 Darstellung dieser Auffassung bei Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 27 m.w.N. 485 Müko ZPO/Becker-Eberhard, § 256 ZPO Rn. 22. 486 So wohl auch MüKo ZPO/Becker-Eberhard, § 256 ZPO Rn. 24 f.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Zwischenfeststellungsklage in einem ansonsten – aus Sicht der Verwender – offensichtlich unbegründeten Verfahren als Voraussetzung eines Ausgleichsanspruchs aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG als zu hohe Hürde. (4) Zwischenergebnis Es ist mithin, bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, im Rahmen einer Klage nach § 317 AktG nicht möglich, den Nachteil der Höhe nach feststellen zu lassen. Gleiches gilt für die parallele Klage aus § 318 Abs. 4 AktG bei unvollständigem Abhängigkeitsbericht.487 Damit besteht ein erstes Indiz für den zirkulären Aufbau der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung.488 Möglicherweise ergibt sich aber aus anderen Vorschriften ein Klagerecht der Aktionäre, mithilfe dessen der Nachteil festgestellt und für den Ausgleich zugunsten des abhängigen Unternehmens gesorgt werden kann. Vielversprechend erscheint in diesem Zusammenhang zunächst die Klagemöglichkeit nach §§ 147, 148 AktG. bb) Klage nach §§ 147, 148 AktG? Neben dem in § 317 Abs. 4 AktG enthaltenen Individualklagerecht, das mit einem hohen Kostenrisiko eines allein geführten Prozesses belastet ist, existiert in den §§ 147 f. AktG die Möglichkeit, dieses Kostenrisiko zumindest teilweise zu umgehen.489 Den Aktionären gewährt § 147 AktG das Recht, die abhängige Gesellschaft zu zwingen, Klage gegen das herrschende Unternehmen zu erheben.490 Ebenfalls haben mehrere Aktionäre gemeinsam die Möglichkeit, ein Klagezulassungsverfahren nach § 148 AktG anzustrengen. Im ersten Fall trägt das abhängige Unternehmen die Verfahrenskosten, wenn eine Hauptversammlungsmehrheit die Klageerhebung beschließt. Zusätzlich kann ein besonderer Vertreter nach § 147 Abs. 2 AktG mit der Klageerhebung betraut werden. Dieser führt das Klageverfahren für die Gesellschaft und fungiert hierbei als temporäres Sonderorgan der Gesellschaft.491 Wird im Anschluss daran ein Urteil erlassen, so wirkt dieses auch gegen die herrschende Gesellschaft als Aktionärin. Im Falle des § 148 AktG ist es mehreren Aktionären möglich, vor dem zuständigen Gericht ein Klagezulassungsverfahren anzustrengen. Wird die Klage zugelassen und ergeht ein Urteil, so wirkt dies nach § 148 Abs. 5 AktG für und gegen die abhängige Gesellschaft und die übrigen Aktionäre. Insbesondere läge hiermit auch ein Urteil gegen das herrschende Unter487 488 489 490 491

1143.

Hierzu auch schon oben § 13 I. 2. b). Ausführliche Analyse dazu unten in § 13 II. 8. b) und c). Statt aller Hüffer/Koch, § 148 AktG Rn. 22 f. Allgemein dazu Hüffer/Koch, § 147 AktG, Rn. 2 ff. H.M.; statt aller Hüffer/Koch, § 147 AktG Rn. 7; a.A. Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129 ff.,

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nehmen als Aktionär der abhängigen Gesellschaft vor.492 Wird also in solch einem Urteil ein Nachteil zu Lasten der abhängigen Gesellschaft festgestellt, wären die Voraussetzungen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erfüllt und das herrschende Unternehmen müsste diesen Nachteil ausgleichen. Allerdings ist umstritten, ob die §§ 147 f. AktG auch auf den Nachteilsausgleich bzw. Schadenersatzanspruch im Rahmen des faktischen Konzerns anwendbar sind.493 Zumindest in den Fällen, in denen neben einer möglichen Haftung aus § 317 AktG auch eine Haftung aus § 117 AktG im Raume steht, sind die §§ 147 f. AktG anwendbar.494 Wie oben bereits besprochen, sind nachteilhafte Einflussnahmen ohne Ausgleich sowohl von § 317 AktG, als auch von § 117 AktG erfasst.495 Die Aktionäre haben daher das Recht über die §§ 147 f. AktG eine Schadenersatzklage nach § 117 AktG zu erheben. Auf die Frage, ob die §§ 147 f. AktG darüber hinaus auch auf Klagen nach § 317 AktG anwendbar sind, kommt es daher nicht an.496 Die Aktionäre haben daher grundsätzlich die Möglichkeit, über die §§ 147 f. AktG die Nachteiligkeit der veranlassten Maßnahme gerichtlich feststellen zu lassen. Voraussetzung der Klage nach §§ 147, 148 AktG ist daher ein Schadenersatzanspruch des abhängigen Unternehmens gegen seinen (Haupt-)Aktionär, das herrschende Unternehmen nach § 117 AktG. Dieser verlangt einen Schaden der Gesellschaft durch die Einflussnahme des Aktionärs. Diese Tatbestandsvoraussetzungen stimmen daher mit § 317 Abs. 1 AktG überein.497 Für die Aussichten dieses Verfahrens gegen das herrschende Unternehmen gilt somit das eben unter § 13 II. 8. a) aa) (1) Gesagte. Eine Klage nach §§ 147, 148 AktG ist deshalb ebenfalls nicht geeignet, den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bestimmen zu lassen. cc) Leistungsklage gestützt auf die Nachteilsausgleichsvereinbarung? Neben den Möglichkeiten durch eine Klage gegen das herrschende Unternehmen auf Schadenersatz oder durch ein Klagezulassungsverfahren nach §§ 147 f. AktG die Nachteilsfeststellung zu erreichen, besteht grundsätzlich auch die Option durch Klage auf Leistung aus der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung den Ausgleich zu veranlassen. Diese Klage richtet sich ebenfalls gegen das herrschende Unternehmen als Schuldner der Vereinbarung. Dem Grundgedanken nach ist für diese Klage auf Leistung ein Anspruch notwendig. Ob die Minderheitsaktionäre in 492

Hierzu Hüffer/Koch, § 148 AktG Rn. 19 f. Dazu im Überblick J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 317 AktG Rn. 26 m.w.N. zum Streitstand. 494 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 317 AktG Rn. 26. 495 Siehe dazu oben § 9 I. 496 Eine Anwendbarkeit bejahen OLG München AG 2008, 864, 866 f.; MüKo AktG/Altmeppen, § 317 AktG Rn. 63 ff.; Müller, in: Spindler/Stilz, § 317 AktG Rn. 19; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 317 AktG Rn. 26; ablehnend Hüffer/Koch, § 317 AktG Rn. 16 und § 147 AktG Rn. 2a. 497 Dazu bereits oben § 9 I. 493

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

diesem Fall aktivlegitimiert wären, sei zunächst einmal dahingestellt. Erst wenn die Durchsetzbarkeit des Leistungsanspruchs bejaht werden kann, ist es notwendig, eine Aktivlegitimation der Minderheitsaktionäre genauer zu untersuchen. Dieser Leistungsanspruch ergibt sich aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung, ist jedoch durch die Feststellung des Nachteils durch ein Gericht bedingt.498 Fraglich ist also, ob dieser bedingte Anspruch überhaupt gerichtlich durchsetzbar wäre. Aufschiebend bedingte Forderungen sind noch nicht rechtswirksam.499 Eine Klage auf sofortige Leistung ist daher unbegründet, solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist.500 Im Rahmen der Prüfung der Klage auf Leistung aus der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung durch das angerufene Gericht würde somit nur die Rechtskraft eines die Nachteilshöhe feststellenden Urteils überprüft werden. Fehlt es hieran, wird das Gericht die Klage als unschlüssig und damit unbegründet abweisen.501 Auch eine Klage auf zukünftige Leistung nach § 257 ZPO ist nicht begründet, da die Leistungszeit nicht nach dem Kalender zu bestimmen ist, sondern erst der zeitlich ungewisse Eintritt eines Ereignisses, die Rechtskraft eines die Nachteilshöhe feststellenden Urteils, zur Fälligkeit des Anspruchs führt. § 257 ZPO hilft daher nur über vorübergehende dilatorische Einreden, wie etwa die Stundung, hinweg.502 Damit bietet die Leistungsklage – unabhängig von der Frage, ob die Minderheitsaktionäre aktivlegitimiert wären – keinerlei Erfolgsaussichten, den Nachteil der Höhe nach feststellen zu lassen, und ist damit als Klage im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgeschlossen. dd) Nichtigkeitsfeststellungsklage hinsichtlich der Vereinbarung? (1) Prozessführungsbefugnis der Minderheitsaktionäre? Als letztes probates Mittel direkt gegen das herrschende Unternehmen zu klagen, verbleibt nun noch die Feststellung der Nichtigkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung. Zunächst ist fraglich, ob den Minderheitsaktionären überhaupt die Prozessführungsbefugnis für eine solche Klage gegeben ist. Die Minderheitsaktionäre selbst sind am Abschluss des Vertrages nämlich nicht beteiligt. Daher könnte es sich allenfalls um eine Feststellungsklage gegen Rechtshandlungen zwischen dem beklagten herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft als Drittem handeln. Eine Klage gegen das abhängige Unternehmen ist zwar ebenfalls denkbar, aber im Rahmen dieser Untersuchung nicht geeignet, die Wirkungen der Nachteilsfeststellung im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu erzielen. Der Minderheitsaktionär des abhängigen Unternehmens klagt hierbei 498

Dazu oben § 13 II. 5. Statt aller Staudinger/Bork, § 158 BGB Rn. 18. 500 Vgl. statt aller Stein/Jonas/Roth, § 257 ZPO Rn. 1. 501 Zur Schlüssigkeit als Begründetheitsvoraussetzung statt aller Greger, in: Zöller ZPO, Vor § 253 ZPO Rn. 22 ff. 502 Stein/Jonas/Roth, § 257 ZPO Rn. 2. 499

§ 13 Problemanalyse

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nämlich offensichtlich nicht in Prozessstandschaft für das herrschende Unternehmen. Dies wäre aber erforderlich, damit sich die Rechtskraft des Urteils auf das herrschende Unternehmen erstreckt.503 In diesem Fall fehlender Prozessstandschaft bliebe es bei der Rechtskraftwirkung inter partes gemäß §§ 322 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 1 ZPO. Fehlt es an der Rechtskrafterstreckung, so liegt kein Urteil gegenüber dem herrschenden Unternehmen vor. Gerade dies setzt aber die Nachteilsausgleichsvereinbarung für die Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs voraus.504 Daher wird im Folgenden nur von einer möglichen Klage des Minderheitsaktionärs gegen das herrschende Unternehmen ausgegangen. Ob eine solche Klage allerdings überhaupt zulässig ist, mithin eine Prozessführungsbefugnis der Aktionäre besteht, ist umstritten.505 Nach herrschender Auffassung lässt der Wortlaut des hier einschlägigen § 256 ZPO grundsätzlich eine solche Klage zu.506 Insbesondere Klagen eines Aktionärs gegen die Gesellschaft auf Feststellung der Nichtigkeit von Verträgen derselben mit Dritten seien erfasst, gerade dann, wenn die aktienrechtlichen Klagemöglichkeiten keinen Erfolg versprechen.507 Im Umkehrschluss dürften daher auch grundsätzlich Klagen gegen den Dritten, mit dem die Gesellschaft einen Vertrag geschlossen hat, von § 256 ZPO erfasst sein.508 Diese grundsätzliche Zulässigkeit begegnet jedoch einigen Bedenken.509 Diese richten sich hauptsächlich gegen das pauschaliert angenommene Feststellungsinteresse.510 Wie für jede Feststellungsklage ist auch bei der sogenannten Drittfeststellungsklage ein besonderes Feststellungsinteresse nötig, um die Klagebefugnis zu begründen. Insbesondere bei der Drittfeststellungsklage ist hierauf besonders einzugehen.511 Auch die herrschende Auffassung erkennt dieses Erfordernis grundsätzlich an, sieht es jedoch bereits dann als gewahrt an, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis auch für die Streitparteien untereinander von Bedeutung sei.512 Die Nachteilsausgleichsvereinbarung ist grundsätzlich nur im Verhältnis der Vertragsparteien relevant. Bei angenommener Wirksamkeit besteht auch für den Minderheitsaktionär keinerlei Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit, denn die Nachteilsausgleichsvereinbarung sorgt gerade für den von § 311 AktG gewollten Nachteilsausgleich. Geht der Aktionär allerdings davon aus, dass die Nachteilsausgleichsvereinbarung nichtig ist, was gerade der 503

Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132, 1133. Ausführlich zu diesem Punkt oben § 13 II. 5. 505 Zum Streitstand MüKo ZPO/Becker-Eberhard, § 256 ZPO Rn. 33 ff.; Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 33 ff.; ausführlich Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132 ff. 506 Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 33 m.w.N.; zustimmend allerdings nur in diesem Punkt Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132. 507 BGH NJW 1982, 1703, 1704. 508 Dies insbesondere, da nach Ansicht des BGH auch Klagen allein unter Dritten zulässig sein sollen; vgl. BGHZ 69, 37, 40. 509 Müko ZPO/Becker-Eberhard, § 256 ZPO Rn. 34. 510 Ausführlich Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132, 1133 ff. 511 Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132, 1133. 512 BGH NJW-RR 1987, 1522. 504

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Grund für das Anstrengen einer Nichtigkeitsklage ist, so hat diese Vereinbarung auch eine grundsätzliche Bedeutung für den Minderheitsaktionär. Fehlt es mangels wirksamer Vereinbarung nämlich an einem rechtzeitigen Nachteilsausgleich, so ist ein Schadenersatzanspruch der Gesellschaft nach § 317 Abs. 1 AktG gegeben, den auch der Aktionär nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG geltend machen könnte. Daher wäre die zuvor erfolgreiche Nichtigkeitsfeststellungsklage ein wirksames Präjudiz im späteren Schadenersatzprozess. Zudem bietet der Minderheitsaktionär durch diese Klage dem abhängigen Unternehmen einen starken Anreiz, den Schadenersatzanspruch selbst geltend zu machen. In den Fällen einer eigenständigen Bedeutung der Feststellung des Drittrechtsverhältnisses für die Streitparteien sieht aber auch die Gegenauffassung die Prozessführungsbefugnis als gegeben an.513 Auch wäre dieses Präjudiz nicht durch andere (aktienrechtliche) Klageformen erreichbar. Mithin ist der Streit, welche Voraussetzungen an die Prozessführungsbefugnis des Dritten zu stellen sind, im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, da nach beiden Auffassungen hier die Nichtigkeitsfeststellungsklage zulässig wäre.514 (2) Erfüllt die Nichtigkeitsfeststellungsklage die Anforderungen der Bedingung? Fraglich ist jedoch schon, ob mit dieser Klage das eigentliche Primärziel dieser Untersuchung, die Feststellung des Nachteils durch ein Gericht (im Folgenden: Urteilsbedingung), erreicht werden kann. Um diese Frage beantworten zu können, muss man einen Blick auf die Folgen eines positiven Urteils werfen. Würde die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als Ergebnis dieses Verfahrens für nichtig erklärt, wäre der Nachteilsausgleich nicht (rechtzeitig) erfolgt. Damit entstünde ein Schadenersatzanspruch aus § 317 Abs. 1 AktG. Möglich erscheint auch eine kombinierte Klage, die beide Klageziele verbindet. Innerhalb der Prüfung des Schadenersatzanspruchs erfolgten dann die Prüfung der Nachteiligkeit der vom herrschenden Unternehmen veranlassten Maßnahme, die Nachteilshöhe und die Feststellung der Höhe des auszugleichenden Schadens. Damit würde aber nicht der Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung festgestellt, denn diese wäre zum Zeitpunkt der Prüfung des Nachteils bereits für nichtig befunden. Würde hingegen am Ende des Prozesses die Nachteilsausgleichsvereinbarung für wirksam erklärt, also die Klage als unbegründet abgewiesen, wäre damit einerseits nicht zwingend der Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung festgestellt, andererseits kann die Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht auf eine – aus Sicht der Verwender offensichtliche – Klageabweisung als bedingungserfüllenden Urteilsinhalt aufbauen. Die Urteilsbedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eröffnet im Rahmen der Untersuchung der Nichtigkeitsfeststellungsklage bei genauerer Betrachtung nur die Möglichkeit, 513

Vgl. nur Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132, 1133. Auf die von Ulrich/Jäckel, NZG 2009, 1132, 1136 ff. angesprochene mögliche Kollision mit der actio pro socio kommt es daher nicht an. 514

§ 13 Problemanalyse

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eine offensichtlich unbegründete Klage zu erheben und erlegt dem außenstehenden Aktionär insbesondere das mit dieser Klage zwingend verbundene Prozesskostenrisiko auf. Diese Bedingung wäre aus Sicht der Minderheitsaktionäre rechtsmissbräuchlich. Wenn man unterstellt, dass die Nichtigkeitsfeststellungsklage die einzig denkbare Klageform darstellt, um den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen lassen zu können, wäre die Urteilsbedingung daher unzulässig. Da aber neben der Nichtigkeitsfeststellungsklage theoretisch noch andere Klageformen existieren, mit deren Hilfe es prinzipiell möglich ist, den Nachteil der Höhe nach feststellen zu lassen, kann allein hieraus nicht die Unzulässigkeit der Urteilsbedingung und damit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst geschlossen werden. (3) Zwischenergebnis Zusammenfassend bleibt indes festzuhalten, dass eine Nichtigkeitsfeststellungsklage die Urteilsbedingung nicht erfüllen kann. Diese Klageform kann daher von der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht zur Grundlage der Fälligkeit des Ausgleichs gemacht werden. Allerdings ist es auch schwer denkbar, dass der Verwender der Nachteilsausgleichsvereinbarung eine Drittklage als Bedingung für den Ausgleich gewollt hat. Selbst wenn man dies unterstellen würde, wäre diese Klage nicht geeignet, die Wirkungen der Nachteilsfeststellung im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bestimmen zu lassen. Damit ist auch diese Klage keine Möglichkeit für den Minderheitsaktionär, den Nachteil im Sinne der Urteilsbedingung feststellen zu lassen, damit der Ausgleich aus der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung geschuldet wird. Mangels Klagen gegenüber dem herrschenden Unternehmen direkt verbleiben daher nur noch Klagen, die sich zunächst gegen die abhängige Gesellschaft richten, aber in ihrer Urteilswirkung auch das herrschende Unternehmen betreffen. ee) Klage auf Feststellung der Nachteiligkeit gegen die abhängige Gesellschaft? Nachdem Klagen direkt gegen das herrschende Unternehmen ergebnislos verlaufen sind, richtet sich der Blick somit auf alle die Klagemöglichkeiten, die nur im Rahmen der Urteilswirkungen auch das herrschende Unternehmen betreffen und somit prinzipiell geeignet sein können, die Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung herbeizuführen. Denkbar erscheint in diesem Rahmen zunächst eine Feststellungsklage gegen die abhängige Gesellschaft mit dem Ziel, die Nachteiligkeit der Maßnahme und die Höhe des Nachteils gerichtlich ermitteln zu lassen. Eine solche Klage entbehrt jedoch jeglicher Klagebefugnis. So führt das OLG Köln treffend aus, dass sich weder aus der Verletzung mitgliedschaftlicher Rechte des Aktionärs noch aus §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG ein Recht herleiten lasse,

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Klage gegen das abhängige Unternehmen zu erheben.515 Zusätzlich würde durch die Zulassung einer solchen Einzelklage die abschließende Regelung über die Beantragung einer Sonderprüfung nach § 315 AktG konterkariert.516 Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da das AktG abschließend die Rechte des einzelnen Aktionärs im Rahmen der faktischen Konzernierung regelt. Eine Erweiterung dieser Klagebefugnisse ist nicht angebracht. Allein deshalb ist eine Feststellungsklage mit dem Ziel, die Nachteiligkeit gegenüber dem abhängigen Unternehmen feststellen zu lassen, nicht erfolgversprechend. Daneben gibt es aber noch einen weiteren Grund, der schon vom Ansatz her diese Klageform ausschließt. Betrachtet man den Text der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nämlich genauer, so fällt zusätzlich zum eben Gesagten auf, dass nicht jedes Urteil, das einen Nachteil aufgrund der veranlassten Maßnahme feststellt, zur Ausgleichsverpflichtung führen soll. Relevant sind nach dem Wortlaut der Vereinbarung nur Urteile gegenüber dem herrschenden Unternehmen. Die Rechtskraft einer Feststellungsklage gegenüber dem abhängigen Unternehmen erstreckt sich aber nicht auf das herrschende Unternehmen. Das Feststellungsurteil würde, bei unterstellter Klagebefugnis, lediglich gegenüber dem abhängigen Unternehmen feststellen, dass eine bestimmte Maßnahme nachteilig gewesen wäre. Möglich wäre insoweit nur die Streitverkündung durch die abhängige Gesellschaft gegenüber dem herrschenden Unternehmen, was aber nicht über die fehlende Klagebefugnis hinweg hilft. Auch handelt es sich bei dieser Klage nicht um eine Form der actio pro socio. Diese Rechtsfigur stellt eine ungeschriebene Klagebefugnis dar, die @ aus dem Personengesellschaftsrecht entlehnt @ insbesondere im Recht der GmbH Anwendung findet, aber im Aktienrecht für unzulässig gehalten wird, da den Aktionären grundsätzlich ausreichende Klagemöglichkeiten offenstehen.517 Die §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG und die §§ 147 f. AktG regeln die Klagebefugnisse der Aktionäre umfassend. Eine Anwendung einer abstrakten actio pro socio wird daher nicht für nötig erachtet. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass nach obiger Untersuchung bisher keine Klagemöglichkeit zur Feststellung der Nachteilshöhe gefunden werden konnte. Denn es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers oder der Wissenschaft, die inhaltliche Erfüllbarkeit individualvertraglicher Bedingungen herzustellen, sondern umgekehrt Aufgabe der Vertragspraxis, Formulierungen zu finden, die anhand des Gesetzes erfüllbar sind. Damit ist auch die Feststellung der Nachteiligkeit gegenüber der abhängigen Gesellschaft kein probates Mittel, den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen. Hierfür fehlt es sowohl an der Klagebefugnis als auch an der Eignung, ein Urteil mit Wirkung gegenüber dem herrschenden Unternehmen zu erwirken, wie es die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung vorschreibt. Eventuell ergibt sich aber aus einer Klage wegen formaler Fehler die Möglichkeit, auch ein den Nachteil der Höhe nach feststellendes Urteil zu erlangen. Als formaler Fehler kommt hierbei lediglich der fehlende Beschluss der Hauptversammlung des 515 516 517

Vgl. das Züblin-Urteil des OLG Köln; OLG Köln AG 2009, 416 (Rn. 86). OLG Köln AG 2009, 416 (Rn. 87); dazu auch noch unten § 13 II. 8. a) gg). Statt aller Casper, in: Spindler/Stilz, Vorb. §§ 241 ff. AktG Rn. 29 m.w.N.

§ 13 Problemanalyse

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abhängigen Unternehmens wegen kompensationsloser Verfolgung von Sondervorteilen nach § 243 Abs. 2 AktG in Betracht. ff) Anfechtungsklage gegen den der Nachteilszufügung zustimmenden Beschluss? (1) Einführung Befasst sich die Hauptversammlung mit der Nachteilszufügung, so ist in der Regel erforderlich, dass schon der ihr zustimmende Beschluss den Nachteilsausgleich regeln muss, da das herrschende Unternehmen mit dem zustimmenden Beschluss einen Sondervorteil im Sinne des § 243 Abs. 2 S. 1 AktG erlangt.518 Die Minderheitsaktionäre haben das Recht im Wege der Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss vorzugehen, wenn der Sondervorteil nicht angemessen ausgeglichen ist und dieser Ausgleich im Beschluss enthalten ist, § 243 Abs. 2 S. 2 AktG. Weiterhin können sie nach § 243 Abs. 1 AktG eine Verletzung des § 311 Abs. 1, Abs. 2 AktG geltend machen.519 Die Nachteilszufügung selbst ist jedoch kein Anfechtungsgrund im Sinne des § 243 AktG. Im Rahmen der Anfechtungsklage wird daher untersucht, ob der Ausgleich angemessen ist. Bei unterstellter Wirksamkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung ist der Ausgleich generell angemessen, da der Nachteil nicht genau benannt wird, aber jeder festgestellte Nachteil als zum Fälligkeitszeitpunkt ausgeglichen gilt.520 In diesen Fällen wäre daher eine Klage der Aktionäre unbegründet. Die Wirksamkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung wird jedoch vom Gericht nicht unterstellt, sondern untersucht.521 Denn nur dann, wenn diese Vereinbarung zulässig oder unzulässig ist, kann eine substantiierte Aussage über das Anfechtungsbegehren getroffen werden. Fraglich ist, ob damit der Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung rechtskräftig gegenüber dem herrschenden Unternehmen festgestellt werden kann, um die Bedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung zu erfüllen und dadurch den Ausgleichsanspruch auszulösen. Dies hängt davon ab, ob im Rahmen des Anfechtungsprozesses die Nachteilshöhe urteilsrelevant ist.522 Diese Relevanz ergibt sich aus den Anträgen der Prozessparteien, an die das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO gebunden ist.523 Im Rahmen des Anfechtungsprozesses beantragen die Minderheitsaktionäre als Kläger die Feststellung der Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses, der der Durchführung der nachteiligen Maßnahme zugestimmt hat. Diese Nichtigkeit kann sich, wie schon gesagt, aus zweierlei Fehlern ergeben. 518

BGH II ZR 30/11 = AG 2012, 680 (Rn. 19 f.); dazu ausführlich oben § 8 III. § 243 Abs. 2 AktG und § 311 AktG schließen sich nicht gegenseitig aus, vgl. Würthwein, in: Spindler/Stilz, § 243 AktG Rn. 219 ff. 520 Zum Inhalt der Nachteilsausgleichsvereinbarung vgl. oben § 8 II. 521 So zuletzt BGH AG 2012, 680 (Rn. 24 f.). 522 Ablehnend LG München I AG 2010, 173 (Rn. 252). 523 Allgemein hierzu MüKo ZPO/Musielak, § 308 ZPO Rn. 5 ff. 519

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

(2) Klage nach § 243 Abs. 2 AktG Bei einer Klage nach § 243 Abs. 2 AktG wird die Nichtigkeit des Beschlusses auf die Verfolgung von Sondervorteilen gestützt. Im Rahmen dieses Verfahrens wird daher untersucht, ob ein Sondervorteil gegeben ist. Dieser kann nur in der nicht kompensierten Nachteilszufügung zugunsten des herrschenden Unternehmens gesehen werden. Die Nachteilsausgleichsvereinbarung wird hier zwar auf ihre Zulässigkeit hin untersucht, aber der Nachteil wird hierbei nicht rechtskräftig festgestellt, unabhängig davon, wie die Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung vom Gericht entschieden wird. Dies folgt aus der Bindung an die Parteianträge, nach denen nur über den Anfechtungsgrund zu entscheiden ist. Denn für die Zulässigkeit der Vereinbarung selbst hat die Nachteiligkeit keinerlei Bedeutung und muss daher auch nicht untersucht werden.524 (3) Klage nach § 243 Abs. 1 AktG Bei einer Klage nach § 243 Abs. 1 AktG wird die Feststellung einer Verletzung der §§ 311 ff. AktG durch den Hauptversammlungsbeschluss begehrt. Eine solche Verletzung kann nur im fehlenden oder unzureichenden Nachteilsausgleich gesehen werden. Dieser fehlt dann, wenn die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung für unzulässig erklärt wird. Daher wird auch in diesem Prozess die Zulässigkeit der Vereinbarung untersucht. Die Nachteiligkeit selbst wird aber wiederum nicht rechtskräftig festgestellt, da obige Ausführungen zu § 308 Abs. 1 ZPO parallel gelten. Wird die Nachteilsausgleichsvereinbarung für unzulässig erklärt und damit der Anfechtungsklage stattgegeben, so wäre selbst eine rechtskräftige Feststellung des Nachteils wirkungslos.525 Wird sie hingegen für zulässig erklärt, ist der Nachteil in jedem Falle ausgeglichen, weshalb es an einem Verstoß gegen § 311 AktG fehlt und das Gericht die Nachteiligkeit wiederum nicht entscheiden muss. Mithin ist dann, wenn die Nachteilsausgleichsvereinbarung formgerecht über § 243 Abs. 2 AktG zum Gegenstand eines Hauptversammlungsbeschlusses gemacht wurde, die anschließende Anfechtungsklage nicht geeignet, den Nachteil im Sinne der Vereinbarung rechtskräftig festzustellen.526 (4) Zusammenfassung Allerdings gilt dieses Ergebnis nur für die Fälle, in denen die Nachteilsausgleichsvereinbarung Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses ist. In allen anderen Fällen kommt es aus einem anderen Grunde nicht zu einer Ausgleichspflicht anhand der Vereinbarung. Fehlt es an einem Beschluss der Hauptversammlung über die Nachteilszufügung, so können Minderheitsaktionäre nach § 243 Abs. 2 AktG Anfechtungsklage wegen unzulässiger Verfolgung von Sondervorteilen durch den 524 525 526

Ähnlich Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291. So auch Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291. So im Allgemeinen auch LG München I AG 2010, 173 (Rn. 252).

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Mehrheitsaktionär, das herrschende Unternehmen, erheben. Im Rahmen dieser Klage wird sodann die Nichtigkeit der Vereinbarung festgestellt, wenn es zu einer Nachteilszufügung und einer mit ihr verbundenen kompensationslosen Vorteilsgewährung an den Mehrheitsaktionär gekommen ist. Damit kann aber im Falle eines Abschlusses der Vereinbarung außerhalb der Hauptversammlung die Klage nach § 243 Abs. 2 AktG den Nachteil nicht im Sinne der Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen und eine Ausgleichspflicht auslösen,527 da die Vereinbarung mit Rechtskraft des Urteils wegen unzulässiger Gewährung von Sondervorteilen nichtig ist. Mithin ist die Anfechtungsklage gegen den der Nachteilszufügung zustimmenden Beschluss nach § 243 AktG generell nicht geeignet, den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen. Allerdings ist dies nicht der einzige Grund, der Gegenstand einer Anfechtungsklage sein kann. Im Rahmen der Hauptversammlung wird auch über die Entlastung des Vorstands beschlossen, was auch ein Votum hinsichtlich der Durchführung der veranlassten Maßnahme beinhaltet. Möglicherweise kann über eine Anfechtung dieses Beschlusses eine Nachteilsfeststellung im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erreicht werden. gg) Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss über die Entlastung des Vorstands? (1) Grundlegendes Eine Möglichkeit der Minderheitsaktionäre, mittels einer Klage gegen die eigene (die abhängige) Gesellschaft die Nachteiligkeit einer vom herrschenden Unternehmen veranlassten Maßnahme feststellen zu lassen, besteht nach den obigen Ausführungen nicht.528 Eine denkbare Strategie der Minderheitsaktionäre ist es aber, den Hauptversammlungsbeschluss über die Entlastung des Vorstands anzufechten. Im Rahmen dieser Anfechtung werden zumindest gedanklich alle Handlungen des Vorstands, also auch die Durchführung der nachteiligen Maßnahme und der Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, untersucht. Diese Klage richtet sich ausschließlich gegen die abhängige Gesellschaft.529 Allerdings wird der Entlastungsbeschluss nur dann vom Gericht für nichtig erklärt, wenn er unter einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß leidet.530 Allein die Erfüllung dieser inhaltlichen Voraussetzung ist mit Blick auf die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung schon fraglich. Denn durch die Wahl dieser Vereinbarung soll jeder Nachteil auf den ersten Blick als ausgeglichen gelten. Daher muss ein Verwender der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung davon ausgehen, dass im Rahmen der Anfechtung des Entlastungsbeschlusses kein of527 528 529 530

So auch LG München I AG 2010, 173 (Rn. 252). Vgl. oben § 13 II. 8. a) bb) und cc); so auch OLG Köln AG 2009, 416 (Rn. 86). Beachte aber für die Urteilswirkungen § 248 AktG, dazu sogleich. Vgl. BGHZ NZG 2003, 280, 281; dazu auch MüKo AktG/Kubis, § 120 AktG Rn. 54.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

fensichtlicher Satzungs- oder Gesetzesverstoß vorliegt. Damit scheidet aus Sicht der Verwender diese Klage zwar als Option, den Nachteil der Höhe nach feststellen zu lassen, aus. Dennoch ist es, den bisherigen Untersuchungsergebnissen geschuldet, angebracht, diese Klageform weiter zu untersuchen. Denn bisher ist keine Klageform bei unterstellter Wirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung geeignet, den Nachteil bestimmen zu lassen, da es – neben offensichtlicher Unbegründetheit wegen Ausgleichs des Nachteils durch die als zulässig unterstellte Vereinbarung – teilweise schon an der Klagebefugnis fehlte. Bevor jedoch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Klagemöglichkeit erfolgen kann, ist es zweckmäßig, einen Blick auf die Folge einer erfolgreichen Klage zu werfen. Nur wenn ein stattgebendes Urteil auch die Wirkungen im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entfalten kann, ist eine Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss über die Entlastung des Vorstands auch sinnvoll. (2) Genügt die Rechtskrafterstreckung nach § 248 AktG zur Erfüllung der Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung? Neben der möglichen Unbegründetheit gibt es aber weitere Gründe, die gegen die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses als mögliche Klageform im Rahmen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sprechen. Zunächst drängt sich die Frage auf, ob mit einem positiven Urteil aus Sicht der Minderheitsaktionäre überhaupt die Bedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – ein die Nachteilshöhe feststellendes Urteil gegenüber dem herrschenden Unternehmen – erfüllt wird; hierbei wird die Begründetheit der Anfechtung des Entlastungsbeschlusses unterstellt. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Urteil neben der Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses auch rechtskräftige Aussagen über die Nachteilshöhe enthielte. Dies zwingt dazu, die Urteilswirkungen der Anfechtungsklage gegen den Entlastungsbeschluss näher zu beleuchten. Durch ein die Unwirksamkeit der Entlastung feststellendes Urteil gilt der Entlastungsbeschluss als von Anfang an nichtig.531 Nur die Entscheidungssätze dieses Urteils, nicht aber die Tatsachenfeststellungen, die zu dieser Entscheidung geführt haben, erwachsen in Rechtskraft.532 Da die Nachteiligkeit einer vom Vorstand ausgeführten und vom herrschenden Unternehmen veranlassten Maßnahme und auch deren bisher unterbliebener vollständiger Ausgleich aber nur (Teil-)Erwägungen für die Versagung der Entlastung sind, gehören diese Erwägungen nicht zum Entscheidungssatz. Damit wird in diesem Urteil nicht rechtskräftig die Nachteilshöhe festgestellt, da diese nicht in den Urteilstenor aufgenommen wird. Schon aus diesem Grunde ist daher eine Anfechtungsklage gegen die Entlastung des Vorstands nicht geeignet, die Nachteilshöhe im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen. Selbst wenn die Nachteiligkeit, deren Höhe und die Tatsache, dass der Ausgleich nicht erfolgt ist, in den Entscheidungssatz mit aufgenommen werden sollten, stellt sich die Frage, ob 531 532

Statt aller Hüffer/Koch, § 248 AktG Rn. 4 ff. BeckOK ZPO/Gruber, § 322 ZPO Rn. 27 ff.

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hiermit wirklich ein Urteil gegenüber dem herrschenden Unternehmen vorliegt. Ein solches Urteil verlangt aber die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung. Nach § 248 AktG erstreckt sich die Rechtskraft des Feststellungsurteils auch auf alle Aktionäre und damit auch auf das herrschende Unternehmen. Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass die Anfechtungsklage begründet ist. Fraglich ist aber schon, ob diese Rechtskrafterstreckung von der Formulierung „Urteil gegenüber dem herrschenden Unternehmen“ erfasst ist. Die entsprechende Klausel der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist daher auszulegen. Einerseits könnten nur Urteile in einem Prozess gegen das herrschende Unternehmen selbst erfasst sein, andererseits kann auch die bloße Rechtskrafterstreckung genügen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung ist auch die Rechtskrafterstreckung erfasst, da auch in diesen Fällen ein Urteil gegenüber dem herrschenden Unternehmen vorliegt. Fraglich ist aber, ob die Parteien diese Rechtskrafterstreckung mit der Formulierung auch erfassen wollten. Angesichts der obigen Untersuchungsergebnisse ist davon auszugehen, dass die Beteiligten zumindest irgendeine Form der gerichtlichen Feststellung der Höhe des Nachteils erfassen wollten. Daher ist im Interesse der von den Parteien gewollten Wirksamkeit der Vereinbarung davon auszugehen, dass die Rechtskrafterstreckung auf das herrschende Unternehmen zur Erfüllung der Bedingung ausreichen sollte.533 Eine Rechtskrafterstreckung hinsichtlich der Nachteilshöhe auf das herrschende Unternehmen führt deshalb grundsätzlich zum Bedingungseintritt. Allerdings wird im Urteil über die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses grundsätzlich nicht die Feststellung der Tatsachen – insbesondere also die Nachteiligkeit der Maßnahme und die Höhe des Nachteils – von der Rechtskraft erfasst. Damit wäre nur in besonders gelagerten Einzelfällen die Möglichkeit gegeben, die Nachteilshöhe in einem Anfechtungsurteil über die Entlastung des Vorstands rechtskräftig feststellen zu lassen. Da aber diese Möglichkeit prinzipiell besteht, ist nun zu fragen, ob tatsächlich Gründe für die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses vorliegen und ob diese zur Feststellung der Nachteiligkeit führen könnten. (3) Ist die Anfechtungsklage begründet? Die hierfür in der Klage anzuführenden Gründe müssen einen schwerwiegenden und offensichtlichen Satzungs- oder Gesetzesverstoß darlegen.534 Im Hinblick auf die Konzernsituation kann hierbei nur die Ausführung der veranlassten Maßnahme ohne ausreichende Nachteilskompensation angeführt werden. Um hierin aber einen anfechtungsrelevanten Verstoß sehen zu können, muss dieser auch erkennbar sein.535 Ob allerdings die Nachteiligkeit der veranlassten Maßnahme und damit der unzureichende oder fehlende Ausgleich für die Aktionäre erkennbar waren, ist fraglich. In 533 Im Zweifel gilt also die Auslegung, die zur Wirksamkeit der Bedingung führen soll; vgl. hierzu allgemein BGHZ 152, 153, 158 f.; sowie MüKo BGB/Busche, § 133 BGB Rn. 62 ff. 534 Statt aller MüKo AktG/Kubis, § 120 AktG Rn. 58. 535 Litzenberger, NZG 2010, 854, 856.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

den Situationen, die die Befürworter der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung für diese vorsehen, ist aber noch nicht einmal für die vollständig informierten Vorstände eine Nachteiligkeit sicher feststellbar, geschweige denn der Nachteil quantifizierbar. Daher kann von Erkennbarkeit des Verstoßes hier keine Rede sein. Zudem ist bei unterstellter Wirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kein schwerwiegender Verstoß gegeben, da jeder Nachteil ausgeglichen ist. Somit fehlt es bereits an der Grundlage für ein positives Urteil. Daher ist diese Klagemöglichkeit schon im Ansatz nicht geeignet, die Nachteiligkeit im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen, da es nicht zu einer rechtskräftigen Nachteilsfeststellung kommt. Eine positive Entscheidung aus Sicht der Kläger hätte zudem allenfalls symbolischen Charakter und wäre nur geeignet, das abhängige Unternehmen zu einer Klage gegen die herrschende Gesellschaft zu bewegen. Ein Zwang zur Klage für das abhängige Unternehmen besteht aber nicht, ebenso wenig wie eine Klagemöglichkeit.536 Diese positive Entscheidung ist indes, mangels Anfechtungsgrund und daraus folgender Unbegründetheit, nicht in Sicht. Die Anfechtungsklage gegen den Entlastungsbeschluss wäre daher unbegründet und somit wenig erfolgversprechend. Sie wird sogar gänzlich ungeeignet, wenn sie nicht nur unbegründet, sondern bereits unzulässig ist. (4) Überdies: Unzulässigkeit der Anfechtungsklage Problematisch ist neben der Begründetheit der Klage auch deren Zulässigkeit. Fraglich ist in diesem Zusammenhang bereits die Klagebefugnis, ob also ein einzelner Aktionär, trotz der allgemeinen Klagebefugnis aus § 245 AktG, überhaupt die Nachteiligkeit einer Maßnahme über die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses verlangen könnte. Hierbei wird die Feststellung des Nachteils im Urteil und auch dessen Begründetheit vorausgesetzt, um die schon bestehende Unzulässigkeit dieser Klage deutlich werden zu lassen. Der Klagebefugnis des einzelnen Aktionärs könnte nämlich der abschließende Charakter der Regelungen des faktischen Konzerns entgegenstehen. Im Rahmen des faktischen Konzerns sind an eine Überprüfung der Maßnahmen der abhängigen Gesellschaft besondere Anforderungen gestellt. Insbesondere die Regelung des § 315 AktG über das Recht, eine Sonderprüfung zu verlangen, ist abschließend.537 Dürfte im Rahmen der Anfechtung des Entlastungsbeschlusses auch die Nachteiligkeit einer vom Vorstand durchgeführten Maßnahme und vor allem deren fehlender Ausgleich überprüft werden, so wäre es dem einzelnen Aktionär möglich die Rechtswirkungen des § 315 AktG herbeizuführen. Nach § 315 S. 1 Nr. 3 AktG ist es einem einzelnen Aktionär aber nur möglich, eine Sonderprüfung zu beantragen, wenn durch Äußerungen des Vorstands schon feststeht, dass die Nachteile nicht vollständig ausgeglichen sind.538 Liegt eine solche Erklärung des Vorstands noch nicht vor, so kann er nur gemeinsam mit an536 537 538

Siehe vor allem oben § 13 II. 8. a) bb). Vgl. OLG Köln AG 2009, 416 (Rn. 87); dazu bereits oben § 13 II. 8. a) ee). Hüffer/Koch, § 315 AktG Rn. 3.

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deren Aktionären eine Sonderprüfung beantragen, deren Anteile zusammen den Schwellenwert des § 142 Abs. 2 AktG erreichen, wenn diese glaubhaft machen, dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tage der Antragstellung Inhaber der Aktien sind. Dieses Quorum würde durch eine Anfechtungsmöglichkeit des Entlastungsbeschlusses umgangen.539 Die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses darf nicht dazu führen, dass alle Maßnahmen der Geschäftsführung von einzelnen Aktionären im Detail überprüft werden können, ohne dass die im Aktienrecht im Allgemeinen dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört auch das Mindestquorum im Bereich der Beantragung einer Sonderprüfung. Daher ist die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses, mit dem Ziel, die Nachteiligkeit einer vom herrschenden Unternehmen veranlassten Maßnahme feststellen zu lassen, schon von vornherein nicht zulässig. Eine solche Klage muss daher aus den verschiedenen oben genannten Gründen ausscheiden. (5) Zwischenergebnis Die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses führt aus mehreren Gründen nicht dazu, dass die Urteilsbedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erfüllt werden kann. Sie ist sowohl unzulässig als auch unbegründet und damit erfolglos. Darüber hinaus bestehen schon Zweifel an einer tatsächlichen rechtskräftigen Feststellung der Nachteilshöhe. Diese Feststellung dürfte nur in besonders gelagerten Fällen überhaupt im Urteilstenor auftauchen. Auch in diesem Rahmen wäre ein Zwischenfeststellungsurteil wiederum nicht zielführend.540 Somit sind sämtliche Klageformen des Aktienrechts nicht dazu geeignet, den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung rechtskräftig feststellen zu lassen. hh) Möglichkeit der Nachteilsfeststellung im Rahmen eines Spruchverfahrens? Wenn es anhand aktienrechtlicher Regelungen keine Möglichkeit gibt, den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen lassen zu können, so stellt sich die Feststellung im Rahmen eines Spruchverfahrens als letzte denkbare Möglichkeit dar. Fraglich ist hierbei zunächst, ob mit dieser Wahl der Feststellung überhaupt die in der Nachteilsausgleichsvereinbarung gesetzte Bedingung erfüllt wird. Hierzu müsste das Spruchverfahren anwendbar sein und an dessen Ende ein rechtskräftiges Urteil mit Wirkung gegenüber dem herrschenden Unternehmen stehen.541 Das Spruchverfahren ist seit 2003 im SpruchG geregelt. Es ist grundsätzlich nur in den Grenzen des § 1 SpruchG anwendbar. Eine Zuständigkeit 539 So auch OLG Köln AG 2009, 416 (Rn. 87) für eine abstrakte Feststellungsklage gegen die abhängige Gesellschaft. 540 Vgl. dazu bereits oben § 13 II. 8. a) aa) (3). 541 Letzteres ließe sich mit Blick auf § 13 S. 2 SpruchG immerhin bejahen.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

für die Bestimmung des Ausgleichs im Rahmen des § 311 AktG findet sich hierin aber nicht. Im Rahmen des Konzernrechts wird indes an vielen Stellen eine analoge Anwendung des Spruchverfahrens auf Situationen diskutiert, die mit denen in § 1 SpruchG vergleichbar sind.542 So wird eine entsprechende Anwendung insbesondere im Falle einer qualifizierten Nachteilszufügung im Rahmen des faktischen Konzerns bejaht.543 Fraglich ist somit, ob das Spruchverfahren auch auf den vorliegenden Fall einer „normalen“ Nachteilszufügung anzuwenden sein kann. Dies führte dazu, dass in diesen Fällen das zuständige Gericht anstelle des herrschenden Unternehmens die Nachteilsbestimmung vorzunehmen hätte. Diese entsprechende Anwendung erfordert zunächst eine planwidrige Regelungslücke. Diese kann entweder in § 1 SpruchG oder in § 311 AktG zu suchen sein. Angefangen mit § 1 SpruchG fällt zunächst auf, dass zwar einige Konzernsituationen in den Anwendungsbereich aufgenommen werden, andere aber nicht. Ob deshalb schon von einer planwidrigen Regelungslücke gesprochen werden kann, ist jedoch fraglich. Eine Lücke ist immerhin feststellbar. Betrachtet man den Wortlaut von § 1 SpruchG, so scheint dieser zunächst abschließend zu sein.544 Hiergegen spricht aber die in vielen Fällen angeordnete Geltung des Spruchverfahrens über die in § 1 SpruchG genannten Fälle hinaus, so etwa in § 5 Abs. 5 EGAktG. Daher ist die Aufzählung des § 1 SpruchG nicht maßgeblich für den Anwendungsbereich des Spruchverfahrens.545 Vielmehr ist anhand des AktG die Anwendbarkeit zu bestimmen.546 Damit kann allerdings auch in § 1 SpruchG keine planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Anwendbarkeit auf den faktischen Konzern gesehen werden, da dessen Aufzählung rein deklaratorisch ist.547 Diese Regelungslücke ist daher nur in § 311 AktG zu suchen. Andere Vorschriften, wie etwa § 327f S. 2 AktG, erklären statt des aktienrechtlichen Verfahrens das des SpruchG für anwendbar. Eine solche Regelung fehlt augenscheinlich in § 311 AktG. Fraglich ist aber, ob dies überhaupt eine planwidrige Regelungslücke darstellt. Eine solche ist dann gegeben, wenn der Gesetzgeber einen selbst als regelungsbedürftig angesehenen Bereich nicht oder nur unzureichend geregelt hat. Es genügt indes, wenn die erhoffte Regelung im systematischen Zusammenhang gefunden werden kann, um eine Regelungslücke auszuschließen. Die Prüfung der Angemessenheit des Ausgleichs ist nach § 313 Abs. 1 Nr. 2 AktG dem Abschlussprüfer bzw. vorrangig nach § 312 Abs. 3 AktG dem Vorstand zugewiesen. Es liegt daher eine Regelung zur Überprüfung der Angemessenheit des Ausgleichs vor, weshalb es schon an einer Regelungslücke fehlt. Abgesehen davon erscheint auch die zweite Voraussetzung der Analogie, die vergleichbare Interessenlage, zu542 Vgl. etwa Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Anh. zu § 328 AktG, § 1 SpruchG Rn. 5 ff. 543 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. zu § 317 AktG Rn. 29. 544 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Anh. zu § 328 AktG, § 1 SpruchG Rn. 5. 545 Insbesondere hat der Gesetzgeber keinen abschließenden Charakter gesehen, vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 15/838, S. 16. 546 Timm-Wagner, SpruchG, § 1 SpruchG Rn. 1. 547 Emmerich, a.a.O.

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mindest fraglich. Im Spruchverfahren sollen gewährte Abfindungen auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. In dessen Rahmen ist auch eine Anfechtungsklage nach § 243 Abs. 4 S. 2 AktG nicht mehr statthaft. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass zunächst eine Abfindung bzw. im Rahmen einer möglichen analogen Anwendung ein Ausgleich gewährt sein muss. Eine originäre Bestimmung des angemessenen Ausgleichs bzw. der angemessenen Abfindung kennt das Spruchverfahren nicht.548 Darauf würde jedoch eine Bestimmung der Nachteilshöhe durch das zuständige Gericht im Spruchverfahren hinauslaufen. Es fehlt somit bereits an einer vergleichbaren Interessenlage. Eine Feststellung der Nachteilshöhe im Rahmen des Spruchverfahrens ist daher, mangels Anwendbarkeit, nicht möglich. Selbst wenn man eine Nachteilsfeststellung durch das im Spruchverfahren zuständige Gericht für zulässig erachten sollte, ist diese Zuweisung der Nachteilsbestimmung wiederum eine Leistungsbestimmung durch das sachlich zuständige Gericht, vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 SpruchG. Dies ist aber nicht zulässig.549 Daher ist auch diese Variante der Nachteilsfeststellung keine Klageform im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. ii) Zwischenergebnis Nach Analyse der verschiedenen Klagemöglichkeiten der Minderheitsaktionäre fällt auf, dass es neben den Möglichkeiten im Recht des faktischen Konzerns nahezu keine Alternative gibt, den Nachteil gerichtlich feststellen zu lassen. Es besteht nur die Möglichkeit, formale Fehler der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, wie zum Beispiel die Anfechtbarkeit wegen Verfolgung von Sondervorteilen nach § 243 Abs. 2 AktG geltend zu machen. Aber auch in diesem Fall wird nicht rechtskräftig über den Nachteil entschieden. Alle anderen Klagemöglichkeiten scheitern entweder an der in diesem Rahmen zu unterstellenden Zulässigkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung oder daran, dass in keiner denkbaren Konstellation rechtskräftig über die Höhe des Nachteils in einer Weise entschieden werden kann, die im Nachhinein eine Ausgleichsverpflichtung im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auslösen kann. Daher bleibt es bei der im Konzernrecht vorgesehenen Möglichkeit der Klageerhebung nach § 317 Abs. 4 AktG. Diese ist allerdings vom fehlerhaften Ausgleich abhängig. Bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist aber gerade ein vollständiger und rechtzeitiger Ausgleich gewährleistet, weshalb eine Klagemöglichkeit auf Feststellung des Nachteils in diesem Falle ausscheiden muss. Die Nachteilsausgleichsvereinbarung verhindert somit, dass die Minderheitsaktionäre ihr Klagerecht nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG AktG ausüben können. Dieser Ausschluss des Klagerechts könnte daher zur Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung führen. 548 549

Vgl. etwa die Regelung in § 304 Abs. 3 S. 1 AktG; dazu schon oben § 13 I. 2. d) aa). Vgl. oben § 13 II. 7.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

b) Verhinderung der Klagemöglichkeit durch den Abschluss der Vereinbarung Zur Verdeutlichung dieses Kritikpunkts wird die Zulässigkeit der Vereinbarung noch einmal unterstellt. Bei der Frage, ob durch eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung die Klagemöglichkeit der Minderheitsaktionäre ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist zwischen zwei Situationen zu unterscheiden. Zunächst wird davon ausgegangen, dass die Minderheitsaktionäre im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung noch keine Klage eingereicht haben. Anschließend werden die Auswirkungen einer solchen Vereinbarung auf eine bereits anhängige Klage näher beleuchtet. Bei der erstgenannten Situation ergibt sich folgendes Bild: Eine Klage der Minderheitsaktionäre ist nach dem oben Gesagten zumindest unbegründet, wenn nicht schon unzulässig. Das bedeutet, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in dieser Situation eine Klage der Minderheitsaktionäre komplett ausschließt. Wird vor Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung von den Minderheitsaktionären Klage erhoben, so ist der weitere Fortgang der Klage fraglich. Bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung könnte nämlich eine offensichtliche Erfolglosigkeit der Klage ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Nachteilsausgleichsvereinbarung vorliegen. Damit hätte sich die Klage im Nachhinein erledigt.550 Der klagende Minderheitsaktionär kann mithilfe der Klage das Rechtsschutzziel des Schadenersatzes zugunsten des abhängigen Unternehmens nach § 317 AktG nicht mehr erreichen, da es augenscheinlich an einem unausgeglichenen Nachteil als Tatbestandsvoraussetzung fehlt.551 In diesem Falle kann der Kläger die Sache für erledigt erklären.552 Das Gericht entscheidet dann nach § 91a ZPO nur noch über die Kosten des bisherigen Verfahrens. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn der Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht mehr rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG ist. Daher kann die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung bei Klagen nach § 317 Abs. 1 AktG das Rechtsschutzziel vereiteln und wäre somit unzulässig. Fraglich ist nun, wie es sich bei anderen Klagen, etwa der Anfechtungsklage wegen unzulässiger Verfolgung von Sondervorteilen durch den Mehrheitsaktionär, verhält. Nach überwiegender Ansicht ist in einem Verfahren nach § 243 Abs. 2 AktG auch bei nachträglichem Abschluss einer Nachteilsausgleichsvereinbarung kein Erledi550 Anders wohl LG München I AG 2010, 173 (Rn. 226), sowie OLG München, Az. 7 U 1584/10 (Rn. 75). 551 So schon Martens, AG 1974, 9, 13; allerdings fehlt es in der Regel bereits am Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Klage schon vor Ablauf des Veranlassungsgeschäftsjahres erhoben wird, da ein Ausgleich noch möglich ist und kein Anspruch auf Ausgleich besteht. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn das herrschende Unternehmen zahlungsunfähig oder -unwillig ist. 552 Allgemein zur einseitigen Erledigungserklärung des Klägers MüKo ZPO/Lindacher, § 91a ZPO Rn. 75 ff.

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gungsgrund gegeben.553 Begründet wird dies mit dem Sinn und Zweck der §§ 311, 243 Abs. 2 AktG. Es solle dem herrschenden Unternehmen nicht die Möglichkeit gegeben werden, „erst einmal den Verlauf des Anfechtungsverfahrens abzuwarten, um bei ungünstiger Konstellation sich dann im letzten Moment zur Ausgleichsgewährung zu entschließen.“554 Damit wäre eine solche „Erledigungsentscheidung“ des Klägers eine kostenbewehrte Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 ZPO. Daher ist eine nach Klageerhebung getroffene unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in diesem Fall nicht geeignet, die Klage zu erledigen, und führt so trotzdem zu einem gegen das herrschende Unternehmen gerichteten Urteil. Inhalt dieses Urteils ist die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung eine unkompensierte Verfolgung von Sondervorteilen vorlag und der Hauptversammlungsbeschluss somit nichtig ist. Dieses Ergebnis hat aber auf die Untersuchung insofern keine Auswirkungen, als die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung in diesen Fällen bereits formunwirksam ist,555 die Zulässigkeit also nicht unterstellt werden kann. In allen anderen Fällen führt eine als zulässig unterstellte Nachteilsausgleichsvereinbarung dazu, dass der Minderheitsaktionär keine reelle Möglichkeit hat, den Nachteilsausgleich, genauer den Schadenersatzanspruch wegen unzureichenden oder verspäteten Ausgleichs, gerichtlich erfolgreich durchzusetzen. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung beschränkt also die Klagemöglichkeiten der Minderheitsaktionäre massiv. Allein diese Beschneidung der Klagemöglichkeiten der Minderheitsaktionäre, bei immer noch unterstellter Zulässigkeit der Vereinbarung, stellt eine so schwerwiegende Umgehung der §§ 311 ff. AktG dar, dass bereits hieraus die Unzulässigkeit der Vereinbarung folgt.556 Neben diesem teleologischen Argument gegen die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gibt es aber noch einen weitaus schwerwiegenderen Einwand – den eines logischen Fehlschlusses. Trifft dies zu, so ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung aus mehreren Gründen unzulässig. c) Folgen für die Zulässigkeit unbezifferter Nachteilsausgleichsvereinbarungen Nachdem nun festgestellt werden konnte, dass es keine Klagemöglichkeit gibt, die den Nachteil im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung rechtskräftig feststellen kann, wenn man deren Zulässigkeit unterstellt, kann sich nun der Frage gewidmet werden, was diese Ergebnisse tatsächlich für die Zulässigkeit der Vereinbarung bedeuten. Die Verwender einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung müssen naturgemäß von deren Zulässigkeit ausgehen. Ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zulässig, so ist die Voraussetzung des Ausgleichs ein Gerichtsurteil, das die Nachteiligkeit gegenüber dem herrschenden Unternehmen feststellt. Aufgrund dieses Urteils erfolgt ein vollständiger Nach553 554 555 556

Vgl. Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1290 m.w.N. Zöllner, in: KK-AktG, § 243 AktG Rn. 258. Vgl. bereits oben § 8 III. Zur Umgehung der §§ 311 ff. AktG siehe schon oben § 13 II. 1.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

teilsausgleich in bar.557 Das bedeutet, dass der Nachteil, den das Gericht feststellen soll, im selben Moment durch Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich und damit in jedem Falle vollständig ausgeglichen ist. Wenn der Nachteil aber in jedem Falle ausgeglichen ist, besteht keine Möglichkeit den Nachteil gerichtlich feststellen zu lassen, da alle Klagemöglichkeiten auf unzureichendem Nachteilsausgleich aufbauen oder die Voraussetzungen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung an das Urteil nicht erfüllen.558 In diesen Fällen ist also die Grundprämisse des Ausgleichs nicht erfüllbar und damit der gesamte Ausgleich nicht geschuldet. Wenn das angerufene Gericht die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht nur unterstellt, sondern tatsächlich prüft, kommt es wiederum zu – aus Sicht der Verwender – ungewünschten Ergebnissen. Entweder das Gericht erklärt die Vereinbarung für unzulässig, dann fehlt es am Ausgleich und der Anspruch der abhängigen Gesellschaft auf Schadenersatz ist begründet, oder aber es erklärt die Vereinbarung für zulässig. In beiden Fällen wird indes nicht über die Nachteiligkeit in dem Sinne entschieden, dass die Voraussetzungen der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erfüllt wären. Bei Unzulässigkeit der Vereinbarung ergibt sich die ausgleichende Wirkung nicht aus der (nichtigen) Vereinbarung, bei zulässiger Vereinbarung wird die Nachteilshöhe nicht rechtskräftig festgestellt. Die Bedingung des Ausgleichs aufgrund der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist damit nicht erfüllbar und die gesamte Vereinbarung daher auf einem Zirkelschluss aufgebaut.559 Fraglich ist, wie dieser rechtlich zu behandeln ist. Der Zirkelschluss ist ein Unterfall der petitio principii und gehört zu den fehlerhaften Beweisschlüssen.560 Eine zirkulär aufgebaute Argumentation ist unzulässig. Stützt sich wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung der Ausgleich auf ein niemals mögliches Urteil eines Gerichts, ist diese Voraussetzung vom Beginn des Vertragsschlusses an nicht erfüllbar. Die aufschiebende Bedingung ist zentraler Bestandteil des bedingten Rechtsgeschäfts. Ist aber die Bedingung als zur Leistung verpflichtende Voraussetzung des Rechtsanspruchs auf Ausgleich nicht erfüllbar, so ist das gesamte Rechtsgeschäft unwirksam,561 mithin die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung unzulässig. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus § 139 BGB, da die Bedingung von den Parteien übereinstimmend als zentraler Vertragsbestandteil anzusehen sein dürfte. Insbesondere stellt die unmögliche Bedingung keinen Fall des § 311a Abs. 1 BGB dar, da in dessen Rahmen ein ansonsten wirksamer Vertrag Voraussetzung ist, bei dem nur die Leistungserbringung nach § 275 BGB anfänglich unmöglich ist. Selbst wenn man nur eine reine Unwirksamkeit der Bedingung, bei Fortgeltung des Restvertrages, annähme, läge kein Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG mehr vor, da es dann an einer Bestim557

Zur genauen Formulierung siehe oben § 8 II. Vgl. obige Untersuchung unter § 13 II. 8. a). 559 So auch Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1290. 560 Allgemein Schneider, Logik für Juristen, S. 239 ff., 245 ff. 561 Vgl. für die unmögliche Bedingung MüKo BGB/Westermann, § 158 BGB Rn. 48; Staudinger/Bork, Vorb. zu §§ 158 ff. BGB Rn. 30. 558

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mung sowohl des zu gewährenden Vorteils als auch des Nachteils fehlte. Dies widerspricht aber den Voraussetzungen des § 311 Abs. 2 AktG. Damit ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wegen der Wahl einer unmöglichen Bedingung insgesamt unwirksam und somit in der hier untersuchten Konzeption unzulässig. d) Zwischenergebnis Die Urteilsbedingung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist nicht zu erfüllen. Es gibt keine Klage, die bei unterstellter Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zur rechtskräftigen Feststellung der Nachteilshöhe gelangen kann. Die Verwender müssen aber naturgemäß von der Zulässigkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgehen. Dann indes ist die Bedingung zirkulär angelegt und damit unwirksam. Sie lässt sich auch nicht geltungserhaltend reduzieren oder umdeuten. Daher ist diese Bedingung gleich aus mehreren Gründen rechtlich unzulässig. Darin liegt sowohl die Wahl eines unzulässigen Leistungsbestimmungsrechts des sachlich zuständigen Gerichts, als auch eine inhaltlich unerfüllbare Bedingung. Mithin tritt neben die Wirkungslosigkeit der Bedingung auch deren Unzulässigkeit. Damit ist nun ein abschließendes Urteil über die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung möglich. 9. Zusammenfassung der Erkenntnisse Nach eingehender Untersuchung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist erkennbar geworden, dass diese mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren ist. Zwar fehlt es an einer generellen Umgehung des Schutzsystems der §§ 311, 317 AktG. Diese wollen die Außenseiter vor einer Verschlechterung der Situation in der abhängigen Gesellschaft bewahren. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung beeinträchtigt diesen Schutz jedoch per se nicht. Eine Verlagerung des Beurteilungszeitpunkts durch die Vereinbarung konnte auch nicht festgestellt werden. Die fehlende Bilanzierungsmöglichkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist zudem kein Grund für deren Unzulässigkeit. Allerdings führt die Konzeption der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu einer Situation, die weder aus praktischen Gesichtspunkten sinnvoll noch rechtlich zulässig ist. Dies folgt aus der Art und Weise, wie das von der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verfolgte Ziel einer erst im Nachhinein erfolgenden Nachteilsfeststellung erreicht werden soll. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass durch ein rechtskräftiges Urteil die Nachteiligkeit der Höhe nach festgestellt wird. Diese aufschiebende Bedingung führt jedoch nicht wie beabsichtigt dazu, dass im Ergebnis jeder festgestellte Nachteil rechtzeitig im Sinne des § 311 AktG ausgeglichen wird, sondern dazu, dass der Rechtsanspruch auf Ausgleich erst mit Bedingungseintritt entsteht und somit die Gewährung nicht mehr rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG erfolgt. Damit ist

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung aber nicht automatisch rechtlich unzulässig, sondern nur ohne die ihr zugedachte Rechtswirkung. Sie lässt sich auch nicht als Garantiezusage verstehen, was den Nachteil schon ausschließen würde, statt ihn nur auszugleichen. In diesem Falle entfielen die von §§ 311 ff. AktG aufgestellten – insbesondere zeitlichen – Restriktionen. Insofern kann die Nachteilsausgleichsvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung zwar als zulässig, aber wirkungslos qualifiziert werden. Betrachtet man die gewählte Bedingung jedoch genauer, so wird dieser erste Eindruck gestört, da die Bedingung inhaltlich gleich aus mehreren Gründen unwirksam ist. Zunächst handelt es sich um die Zuweisung eines Leistungsbestimmungsrechts an das sachlich zuständige Gericht, was nicht zulässig ist. Auch spricht gegen die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, dass dadurch die Planungssicherheit des abhängigen Unternehmens zu stark beeinträchtig wird, was angesichts des Schutzzwecks der §§ 311 ff. AktG nicht hinzunehmen ist. Die Untersuchung der möglichen Klageformen, die auf Festsetzung der Höhe des Nachteils bzw. auf die Durchführung des Ausgleichs gerichtet sind, hat zudem gezeigt, dass bei unterstellter Wirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung keine Klagemöglichkeit gegeben ist, den Nachteil im Sinne der Urteilsbedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen. Diese Bedingung ist damit auch aus diesem Grunde inhaltlich unwirksam. Das bedeutet zugleich die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in der bisherigen Form, da diese Form der Gewährung des Rechtsanspruchs ohne die Urteilsbedingung nicht verwendet wird und auch nicht denkbar ist. Damit ist – auch nach § 139 BGB – die gesamte Vereinbarung unwirksam.

III. Zwischenfazit Anhand einer eingehenden Untersuchung des Regelungssystems der §§ 311 ff. AktG und der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung konnte deren Unzulässigkeit festgestellt werden. Ebenso bedeutsam für den weiteren Fortgang der Untersuchung ist aber, dass jegliche aufschiebende Bedingung zur Wirkungslosigkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung führt. Das bedeutet, dass als Bedingungen nur auflösende Bedingungen die Rechtswirkungen der Nachteilsausgleichsvereinbarung herbeiführen und somit den Schadenersatzanspruch des § 317 Abs. 1 AktG verhindern können. Hierauf wird unten dezidiert eingegangen.562 Es wird aber weiterhin Fälle geben, in denen sich ein Nachteil zum relevanten Zeitpunkt nicht eindeutig feststellen lässt.563 Für diese Situationen muss eine den Anforderungen der Praxis entsprechende Lösung gefunden werden. Abschließend ist jedoch zunächst die Rechtsprechung im hier nun ausführlich diskutierten Fall HVB/Unicredit zu bewerten. Erst wenn die hier getroffenen Aussagen einer eingehenden 562

Siehe dazu unten § 14. In diesen Fällen wäre eine Vereinbarung, die den Nachteil ausgleichen kann von großem Nutzen, vgl. dazu oben § 9. 563

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Prüfung unterzogen wurden, lässt sich eine praxistaugliche, vor allem rechtsprechungskonforme, Nachteilsausgleichsvereinbarung entwickeln, die dennoch die eben genannten Situationen zu einem befriedigenden Ergebnis führt.

IV. Beurteilung der Rechtsprechung zum Fall HVB/Unicredit564 1. Das Urteil des Landgerichts München I Zuerst hatte sich das Landgericht München I mit dem Fall HVB/Unicredit zu befassen. Das Echo auf dieses Urteil des Landgerichts München I könnte unterschiedlicher nicht ausfallen. Während einerseits dem Rechtsanwender die Umstellung der verwendeten Nachteilsausgleichsvereinbarungen auf unbezifferte Vereinbarungen angeraten wird,565 wird andernorts das Urteil als „schwerlich überzeugend“ betitelt.566 Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen ist daher – auch angesichts des oben gefundenen Ergebnisses – angebracht. Zur Erleichterung der Diskussion werden zunächst aber die bereits oben dargestellten Argumente des LG in ihrem Kern hier noch einmal zusammengefasst. Das Landgericht hatte die zwischen der HVB und Unicredit geschlossene unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als zulässig angesehen. Unschädlich sei es, dass der Nachteil derzeit nicht bestimmt werde, da er objektiv bereits feststehe. Es handele sich damit nicht um einen nach Auffassung des Gerichts unterschiedlich zu beurteilenden Fall eines tatsächlich nicht zu beziffernden Nachteils, sondern nur um einen subjektiv von den Beteiligten bis dato nicht bezifferbaren Nachteil. Daher sei auch die Auswahl eines Gerichts als unabhängige Instanz zur nachträglichen Bestimmung des tatsächlich vorliegenden Nachteils nicht zu beanstanden. Es würde lediglich der objektiv feststehende Rechtszustand vom Gericht den Parteien nähergebracht. Dem ist nicht zu folgen. Eine Unterscheidung von objektiv und subjektiv feststellbarem Nachteilsausmaß kennt das Gesetz nicht. Es handelt sich hierbei nicht um die umstrittene Frage, wie der Nachteil an sich zu bestimmen ist,567 sondern nur um die Frage, ob ein tatsächlich nach beiden Auffassungen gegebener Nachteil im Zeitpunkt des Abschlusses der Nachteilsausgleichsvereinbarung der Höhe nach von den Parteien feststellbar ist. Diese Frage lässt sich aber eindeutig beantworten: Steht der Nachteil „objektiv“ – auf eine subjektive Komponente kommt es insoweit nicht an, weshalb diese Unterscheidung misslich ist – der Höhe nach fest, so liegt bei der Wahl einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ein Verstoß gegen § 311 Abs. 2 AktG vor.568 Insbesondere der Aufschub der genauen Feststellung ist bei feststehendem Nachteil nach § 311 Abs. 2 AktG nicht zulässig. Zudem ist die 564 565 566 567 568

Zu den Entscheidungsgründen oben § 12. Dürr, GWR 2010, 62. Veil/Wildhirth, BB 2010, 1035, 1040. Dazu oben § 2. Vgl. oben § 10 I.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

hier verwendete Bedingung der Nachteilsfeststellung durch ein Gericht nicht geeignet, den Nachteil rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG auszugleichen.569 Der Nachteilsausgleich kann und muss demnach konkret beziffert werden, wobei es nicht genügt, die Feststellung der genauen Höhe des Ausgleichs wie in einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufzuschieben.570 Dies ändert sich auch nicht in den oben beschriebenen Fällen, in denen der Nachteil der Höhe nach derzeit nicht bestimmbar ist.571 Hier besteht zwar ein nachvollziehbares Bedürfnis, die Lücke zwischen vollständiger Nachteilsausgleichspflicht und der Ungewissheit bei der Nachteilsbestimmung durch die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zu schließen.572 Allerdings hat sich gezeigt, dass die gewählte Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung weder wirkungsvoll noch rechtlich wirksam ist. Insofern ist dem Landgericht auch vorzuwerfen, dass es sich inhaltlich nicht mit der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung auseinandergesetzt, sondern deren Zulässigkeit lapidar mit dem Satz festgestellt hat, bezüglich der Höhe des Anspruchs müsse der Hinweis auf ein Gerichtsurteil genügen.573 Die von den Klägern vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Erfüllbarkeit der Bedingung wurden ebenfalls mit kurzen Ausführungen übergangen und inhaltlich nicht gewürdigt. Es liegt gerade kein Fall eines objektiv bereits der Höhe nach feststehenden Nachteils vor, der die gewählte Bedingung zulässig macht. Denn diese lässt den Anspruch erst mit Urteilsspruch entstehen.574 Zudem führt auch die bereits anhängige Klage zum Zeitpunkt des Abschlusses der Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht zur Erfüllbarkeit der Bedingung, da diese Klage mit Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bei unterstellter Zulässigkeit in der Sache erledigt wäre.575 Nähme man hier, ähnlich wie wohl das LG, eine fehlende Erledigungswirkung der Nachteilsausgleichsvereinbarung an, so ist damit die fehlende Rechtzeitigkeit des Ausgleichs impliziert. Nur ein verspäteter Ausgleich kann die bereits anhängige Klage auf Prüfung der Nachteiligkeit nicht erledigen. Auch kann der Aussage des LG nicht zugestimmt werden, dass mit dem Spruchverfahren eine taugliche Möglichkeit zur Bestimmung der Nachteilshöhe bereitsteht, um die Bedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung erfüllen zu können. Das Spruchverfahren ist auf den Nachteilsausgleich nach § 311 AktG nicht anwendbar.576 Vorzuwerfen ist dem LG hierbei also eine bei weitem zu ergebnisorientierte Sicht der Dinge, da die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung im Ergebnis zwingend für zulässig erklärt werden sollte. Das LG hatte nämlich das Problem der mangelnden Erfüllbarkeit der hier 569 570 571 572 573 574 575 576

Vgl. oben § 13 II. 7. Vgl. oben § 13 II. 5. Vgl. zu diesen Beispielen oben § 6 III. 2. b) bb) sowie § 9 I. Vgl. oben § 9. LG München I AG 2010, 173 (Rn. 226). So auch Heidel, in: FS Meilicke, S. 137; vgl. ausführlich oben § 13 II. 5. Siehe oben § 13 II. 8. c). Siehe oben § 13 II. 8. a) hh).

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diskutierten Bedingung sogar erkannt,577 aber durch Verweis auf ein nicht einschlägiges Urteil des BGH zu lösen versucht. Insgesamt kann daher die Entscheidung des LG anhand der hier gefundenen Untersuchungsergebnisse nicht überzeugen. 2. Das Berufungsurteil des OLG München Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts ungeachtet der obigen Erkenntnisse hinsichtlich der Zulässigkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung bestätigt. Auffallend ist, dass sich der Argumentationsschwerpunkt des OLG stark von dem des LG unterscheidet. Auch hier soll, bevor eine Bewertung der Entscheidung erfolgt, der Kern der Argumentation noch einmal kurz dargestellt werden. Während das Landgericht die Wirksamkeit der Vereinbarung umständlich herzuleiten versuchte, geht das OLG wesentlich pragmatischer vor und versucht Argumente für einen unumgänglichen Verwendungszwang einer solchen Vereinbarung zu finden. Die Verwendung sei insbesondere durch die gegebene Situation bei HVB und Unicredit angesichts einer drohenden Klage unausweichlich gewesen.578 Mit dieser konkreten Situation als Ausgangspunkt könnte die Entscheidung lediglich als Urteil im Einzelfall eingeordnet werden. Anhand der weiteren Ausführungen lässt sich aber erkennen, dass dem nicht so ist, da das OLG trotz der hier herausgearbeiteten zentralen Kritikpunkte an der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung diese dennoch als zulässige Form des Nachteilsausgleichs auffassen will. Dies zeigt sich exemplarisch bei der Betrachtung des Inhalts der zentralen Bedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung: der Nachteilsfeststellung durch ein Gericht als Auslöser des Ausgleichsanspruchs. Diese Tatsache, dass durch eine solche Vereinbarung die Bestimmung des Nachteils einem Dritten überlassen wird, wurde besonders beleuchtet. Das Oberlandesgericht nimmt infolgedessen eine Abgrenzung zwischen sonstigen Dritten und Gerichten vor. Ein Gericht als staatliche, unabhängige Stelle sei nicht als Dritter im Sinne des § 313 AktG anzusehen. Gerade diese Aussage macht deutlich, dass das OLG die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zwingend für zulässig erklären wollte. Nähere Aussagen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Nachteilsbestimmung durch das Gericht finden sich allerdings nicht. Es ist aber nach obiger Untersuchung eindeutig, dass immer nur das sachlich zuständige Gericht angerufen werden kann, um den Nachteil im Sinne der Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen lassen zu können. Eine Leistungsbestimmung durch das sachlich zuständige Gericht ist aber, entgegen der Feststellungen des OLG, gerade nicht zulässig.579 Damit ist der gewährte Vorteil („Ausgleich in bar“) nicht hinreichend konkret bestimmt, da es an der hiermit verknüpften Nachteilsfeststellung fehlt. Dennoch sieht das OLG die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als zulässig an, ohne zu erkennen, dass diese sowohl wirkungslos als auch inhaltlich 577 578 579

Vgl. LG München I AG 2010, 173 (Rn. 226 a.E.). OLG München, Az. 7 U 1584/10 (Rn. 75 f.). Siehe oben § 13 II. 7.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

aus mehreren Gründen unwirksam ist. Dem abhängigen Unternehmen sei, so das OLG, ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Ausgleich gegeben.580 Hierbei verkennt es aber zweierlei: Erstens ist die Bedingung der Nachteilsfeststellung durch ein Gericht noch nicht eingetreten, weshalb es bereits deshalb an der angenommenen Durchsetzbarkeit fehlt, und zweitens ist die gewählte Bedingung nach obigen Erkenntnissen nicht erfüllbar.581 Dieses fehlerhafte Ergebnis resultiert hauptsächlich aus der nur oberflächlich gehaltenen Untersuchung der inhaltlichen Zulässigkeit. Diese Oberflächlichkeit zeigt sich auch, wenn vom OLG unterstellt wird, es gebe keine Nachteile für die anderen Aktionäre der abhängigen Gesellschaft. Diese Aussage ähnelt der Auffassung Wirths,582 der als Vertreter der Beklagten das Verfahren begleitete, kann anhand obiger Untersuchung aber nicht aufrechterhalten werden. In einem Punkt hat das OLG an dieser Stelle aber Recht: Es gibt keine Nachteile für die Aktionäre im konkreten Fall, da die Nachteilsausgleichsvereinbarung unwirksam ist und somit ein Schadenersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft besteht. Insgesamt kann jedoch auch das Berufungsurteil rechtlich nicht überzeugen. 3. Die Aussagen des Revisionsgerichts a) Einleitung Folgerichtig hat der BGH daher als Revisionsinstanz das Urteil des OLG München aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Eine erneute Entscheidung des OLG ist derzeit noch nicht bekannt. Auffallend ist, dass sich der BGH außerordentlich deutlich zur Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung geäußert hat. Zunächst ist nach seiner Auffassung eine unbezifferte Vereinbarung dann nicht zulässig, wenn der Nachteil tatsächlich bestimmbar ist. Allerdings lässt der BGH die Anwendbarkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in den Fällen offen, in denen der Nachteil tatsächlich nicht bestimmbar ist.583 Für solche Fälle will Wilhelm den Urteilen des BGH die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in Form einer pauschalen Freistellungszusage entnehmen.584 Dies ergebe sich aus dem „Telekom III-Urteil“ des BGH.585 Bei genauerer Lektüre des in Bezug genommenen Urteils lässt sich die Zulässigkeit einer so formulierten Nachteilsausgleichsvereinbarung aber nicht erkennen. Der BGH stellt nur fest, dass die Beklagte der Telekom weder einen Frei580

OLG München, Az. 7 U 1584/10 (Rn. 73). Vgl. oben § 13 II. 8. 582 Siehe ausführlich oben § 13 II. 1. a). 583 Vgl. auch Weber/Kühnel, Nachteilsausgleich bei Hauptversammlungsbeschluss, WUB II A § 311 AktG 1.13, S. 28 f. 584 Vgl. Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291 Fn. 60. 585 BGHZ 190, 7. 581

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stellungsanspruch noch einen Ausgleichsanspruch eingeräumt habe.586 Letzterer ist nicht näher spezifiziert, kann aber angesichts der neueren Rechtsprechung des BGH nicht mit einem pauschalen Freistellungsanspruch gleichgesetzt werden. Der Freistellungsanspruch ist zudem kein Anspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG, da durch die pauschale Freistellungswirkung der Nachteil gar nicht erst entsteht, sofern der Anspruch bereits mit Veranlassung erteilt wird. Insofern liegt in der neueren Rechtsprechung keine Abkehr vom „Telekom III-Urteil“, sondern nur eine Präzisierung der Formulierung des Ausgleichsanspruchs. Dieser kann durch eine pauschale Ausgleichszusage nicht die Wirkungen des § 311 Abs. 2 AktG erzielen. Weiterhin erklärt der BGH die Nachteilsausgleichsvereinbarung folgerichtig schon aus formalen Gründen für unwirksam, da sie nicht durch einen Beschluss der Hauptversammlung abgeschlossen wurde, was jedoch § 243 Abs. 2 AktG erfordere. Die für die vorliegende Untersuchung wohl bedeutendste Aussage findet sich aber in einem kurzen obiter dictum des BGH. Er musste sich wegen der formalen Unwirksamkeit eigentlich nicht mehr zum Inhalt der Nachteilsausgleichsvereinbarung äußern, schien diesbezüglich indes – eventuell wegen des offen gelassenen generellen Anwendungsbereichs der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung – ein großes Bedürfnis zu haben. Er stellt das obige Untersuchungsergebnis der Zirkularität der Vereinbarung knapp fest und schließt hieraus ebenfalls auf die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Wünschenswert wäre aber auch noch eine Äußerung hinsichtlich der Leistungsbestimmung durch das sachlich zuständige Gericht, welche hierin im Kern zu sehen ist, gewesen. Im Ergebnis ist also dem BGH zuzustimmen. Allerdings finden sich im Urteil einige Ausführungen, die einer vertieften Klärung bedürfen, insbesondere was die vom BGH vorgenommen „Ersatzqualifikation“ der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Anerkenntnis anbelangt. b) Die Einstufung als Anerkenntnis aa) Fehlender Abstraktionswille Nachdem also die Einstufung als Nachteilsausgleichsvereinbarung zur Unwirksamkeit gleich aus mehreren Gründen führte, versuchte der BGH die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung anders zu qualifizieren. So ordnet der BGH sie im Ergebnis lediglich als Anerkenntnis der Ausgleichsverpflichtung ein, welches die Grenzen zum Schadenersatz nach § 317 AktG verwische und deshalb ebenfalls unzulässig sei.587 Dem kann aber nur in der letzten Konsequenz zugestimmt werden. Ein Anerkenntnis der Ausgleichsverpflichtung liegt in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung dem Grunde nach nicht. Dies ergibt sich bereits aus der Vereinbarung selbst, da hier in § 3 Abs. 1 der zwischen HVB und Unicredit ge586 587

BGHZ 190, 7 (Rn. 48). Vgl. BGH AG 2012, 680 (Rn. 24).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

schlossenen Vereinbarung das Anerkenntnis eines Nachteils explizit ausgeschlossen wurde. Hier heißt es: „Dieser Vertrag ist nicht als ein Anerkenntnis einer der Parteien auszulegen, dass die am 25. Oktober 2006 gefassten Beschlüsse in irgendeiner Hinsicht fehlerhaft sind oder dass der Abschluss oder der Vollzug der VERTRÄGE für die H… nachteilig war.“588 Für die Annahme eines abstrakten Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses wäre es allerdings erforderlich, dass der sogenannte Abstraktionswillen festzustellen ist.589 Ob dieser vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.590 Die obige Klausel lässt hingegen keinen anderen als den Schluss zu, dass die Parteien eben kein Anerkenntnis hinsichtlich der Nachteiligkeit vereinbaren wollten. Insoweit fehlte es also bereits an der Grundvoraussetzung eines Anerkenntnisses. Der BGH will daher nur ein Anerkenntnis einer späteren Leistungsverpflichtung bei Feststellung der Nachteiligkeit durch das Gericht annehmen. Diesbezüglich wäre der Abstraktionswille zumindest nicht anhand der oben erwähnten Klausel auszuschließen. Allerdings ist dies nur die Feststellung einer Verpflichtung, die nach dem Gesetz ohnehin besteht, nämlich eine Schadenersatzverpflichtung bei unvollständigem oder fehlendem Ausgleich. Ein „Verwischen“ der Grenzen zu § 317 AktG kann hierin aber nicht gesehen werden, da das abstrakte Schuldversprechen an der eigentlichen Schadenersatzpflicht nichts ändert, sondern diese nur bestätigt, wenn die Bedingung – die gleichzeitig Voraussetzung eines Schadenersatzanspruchs ist – eintritt. Insbesondere besteht durch dieses Schuldversprechen nicht die Gefahr einer Umgehung des § 317 AktG, da nach § 317 AktG weiterhin der Schaden zu ersetzen ist, unabhängig vom nach dem Schuldversprechen zu ersetzenden Nachteil.591 Anders wäre dies nur, wenn von den Parteien eine Novation des Kausalverhältnisses beabsichtigt wäre.592 Eine solche liegt aber regelmäßig nicht im Interesse der Parteien.593 Auch hier lässt sich anhand der gesamten Vereinbarung eine Novationswirkung nicht zweifelsfrei feststellen, weshalb die Auslegungsregel des § 364 Abs. 2 BGB zur Annahme einer rein feststellenden Wirkung führt.594 Es tritt also gerade keine die Ersatzpflicht nach § 317 AktG modifizierende Wirkung ein. Daher dürfte es den Parteien, in Anbetracht der praktischen Wirkungslosigkeit dieses Schuldversprechens, schon am Rechtsbindungswillen und damit wiederum am Abstraktionswillen fehlen.

588

Nachzulesen im Urteil des LG München, abgedruckt, in: AG 2010, 173 (Rn. 191). Vgl. statt aller Müko BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 16 ff. 590 Müko BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 17. 591 Das Schuldversprechen hat grundsätzlich keine Auswirkung auf das zugrunde liegende Kausalverhältnis; vgl. nur MüKo BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 47. 592 Einleitend MüKo BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 45 f. m.w.N. 593 Müko BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 46. 594 Müko BGB/Habersack, a.a.O. 589

§ 13 Problemanalyse

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bb) Inhaltlich weder Schuldanerkenntnis noch Schuldversprechen Zudem liegt auch der Sache nach kein Anerkenntnis vor. Zwar kann eine Anerkenntnisvereinbarung grundsätzlich auch unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen werden,595 aber es fehlt bereits am Tatbestand eines solchen Anerkenntnisses. Vorliegend kann mangels zugrundeliegender Leistungsverpflichtung des herrschenden Unternehmens nur ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB gemeint sein.596 Ein Anspruch auf Ausgleich des Nachteils besteht gerade nicht597 und soll erst durch den Nachteilsausgleichsvertrag bzw. das Schuldversprechen begründet werden.598 Inhalt dieses Schuldversprechens ist die Begründung eines selbständigen Leistungsanspruchs unabhängig vom eigentlichen Schuldgrund und nicht dessen Anerkennung. Aber auch ein abstraktes Schuldversprechen wollten die Parteien aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vereinbaren. Vielmehr lag es in ihrem Interesse, einen Ausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG herbeizuführen. Ob dies mittels eines abstrakten Schuldversprechens möglich ist, ist fraglich. Dieses wirkt in der Regel nur schuldverstärkend, bezieht sich also trotz der Abstraktion der Sache nach auf ein Kausalverhältnis.599 Im vorliegenden Fall fehlt dieses Kausalverhältnis, da die Nachteilsausgleichsvereinbarung unwirksam ist. Dennoch ist zumindest die ausgleichende Wirkung im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG nicht per se ausgeschlossen. Dem Wortlaut nach liegt auch in einem abstrakten Schuldversprechen ein Rechtsanspruch auf Ausgleich. Dieser ist aber wiederum aufschiebend bedingt, was die Wirkungen des § 311 Abs. 2 AktG nicht herbeiführen kann. Daher ergeben sich auf den ersten Blick keine Unterschiede zwischen einer Qualifizierung als Nachteilsausgleichsvereinbarung und der als abstraktes Schuldversprechen. Aus Sicht des abhängigen Unternehmens wäre aber Letzteres nicht interessengerecht. Das abstrakte Leistungsversprechen ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass der begünstigten Partei im Prozess eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Bestehens eines Anspruchs zugutekommen soll.600 Diese Beweislastumkehr weist aber auch auf die Problematik der Annahme eines abstrakten Schuldversprechens hin. Fehlt es nämlich am eigentlichen Schuldgrund – der Leistungsverpflichtung aus einer Nachteilsausgleichsvereinbarung601 –, so ist auch die Leistung im Rahmen des Schuldversprechens nicht kondiktionsfest.602 Die spätere Schadenersatzpflicht ist kein Schuldgrund im Sinne des Schuldversprechens, da einmal der Ausgleich eines 595 596 597 598 599 600 601 602

Jauernig/Stadler, §§ 780, 781 BGB, Rn. 7. Zu dieser Abgrenzung Jauernig/Stadler, §§ 780, 781 BGB Rn. 4. Ganz h.M.; statt aller Hüffer/Koch, § 311 AktG Rn. 38. Insofern ist die Einordnung des BGH als Anerkenntnis also eine Fehlbezeichnung. Müko BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 46. Jauernig/Stadler, §§ 780, 781 BGB Rn. 14. Vorher besteht gerade keine Leistungsverpflichtung, siehe oben. Müko BGB/Habersack, § 780 BGB Rn. 47 f.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Nachteils und einmal Schadenersatz Gegenstand der Leistung sind.603 Dies kann aus Sicht des abhängigen Unternehmens nicht gewollt sein. Gerade diese mögliche Kondiktion ist aber auch ein Grund, das abstrakte Schuldversprechen nicht als Rechtsanspruch im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG zuzulassen. Dieser bezweckt maßgeblich den Schutz der Minderheitsaktionäre,604 was indes durch die Zulassung eines abstrakten Schuldversprechens mit Kondiktionsmöglichkeit konterkariert würde, da der Leistungsverpflichtung des herrschenden Unternehmens eine Einrede entgegenstünde.605 Damit fehlt es schon deshalb bereits am Rechtsbindungswillen der Parteien hinsichtlich der Vereinbarung eines abstrakten Schuldversprechens, da diese einen Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG vereinbaren wollten. cc) Keine Umgehungsgefahr Letztendlich ist aber selbst die Annahme eines abstrakten Schuldversprechens auch kein Vorgriff auf eine spätere Schadenersatzverpflichtung nach § 317 Abs. 1 AktG,606 da hierin nicht die spätere Schuld enthalten ist. Nach § 317 AktG ist der Schaden zu ersetzen, der durch den Nichtausgleich des Nachteils entstanden ist, wobei der Nachteil den Mindestschaden darstellt.607 Damit ist im abstrakten Schuldversprechen nur ein Teil des späteren Schadens enthalten und auch keine Umgehungsgefahr gegeben, wie vom BGH angenommen.608 Zudem litte dieses abstrakte Schuldversprechen an der gleichen Problematik wie die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung. Zwar wäre eine Klage auf Feststellung der Nachteiligkeit bzw. auf Schadenersatz nach § 317 Abs. 4 AktG möglich, da kein Nachteilsausgleich im Sinne des § 311 AktG stattgefunden hat – und somit die Bedingung nicht zirkulär. Allerdings wäre die Bedingung im Rahmen des abstrakten Schuldversprechens, dass das herrschende Unternehmen erst bei gerichtlicher Feststellung des Nachteils zur Leistung verpflichtet, weiterhin eine Leistungsbestimmung durch das sachlich zuständige Gericht und damit immer noch unzulässig. Hieran zeigt sich, dass der BGH die Zulässigkeit der Bedingung nicht detailliert genug untersucht hat. Damit wäre aber auch das abstrakte Schuldversprechen unwirksam und kann allein deshalb keine Umgehung der Schadenersatzhaftung nach § 317 AktG darstellen. Es ist daher in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung weder inhaltlich noch aus Sicht der Parteien ein abstraktes Schuldanerkenntnis bzw. Schuldversprechen gegeben. Insofern ist diese Einordnung des BGH 603

Diese Begriffe sind strikt voneinander zu trennen; vgl. dazu oben § 2 I. Siehe oben § 1. 605 Das Berufen auf die Einrede wäre insofern auch nicht rechtsmissbräuchlich, da nach § 311 AktG gerade keine einklagbare Pflicht besteht, den Rechtsanspruch auf Ausgleich zu gewähren. 606 So aber der BGH; vgl. BGH AG 2012, 680 (Rn. 24 a.E.). 607 Siehe dazu oben § 13 II. 1. b) und § 6 II. 608 Zu derselben Problematik bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bereits ausführlich oben § 13 II. 1. 604

§ 13 Problemanalyse

247

fehlerhaft. Es bleibt deshalb bei der Zustimmung zur Konsequenz, die der BGH hinsichtlich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gezogen hat: Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist unzulässig. c) Zusammenfassung Insgesamt ist also dieses Urteil des BGH zu begrüßen, auch wenn an einigen Stellen noch deutlichere Aussagen wünschenswert gewesen wären. Es deckt sich weitestgehend mit den hier gefundenen Untersuchungsergebnissen. Allerdings ist die Begründung der Unzulässigkeit durch den BGH bei weitem nicht vollständig. Was fehlt, ist ein Ansatz hin zu einer Lösung für die Fälle, in denen ein Nachteil tatsächlich derzeit nicht quantifiziert werden kann. Dies hatte der BGH im vorliegenden Fall aber auch nicht zu entscheiden. Auch der Einordnung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Anerkenntnis kann so nicht zugestimmt werden. Am Ende steht aber das, aus Sicht der Untersuchung korrekte, Ergebnis der Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann nun ein abschließendes Urteil über die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung erfolgen.

V. Ergebnis Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist bei oberflächlicher Betrachtung der §§ 311 ff. AktG anscheinend noch gesetzeskonform. Bei eingehender Untersuchung ist sie indes mit dem Gesetz, insbesondere dem in §§ 311 ff. AktG enthaltenen Minderheitenschutz und grundlegenden Anforderungen an die Logik nicht zu vereinbaren. Dieser Auffassung hat sich nun auch der BGH, anders als die Vorinstanzen, zu Recht angeschlossen. Insbesondere die Wahl einer aufschiebenden Bedingung und deren Qualifizierung als Leistungsbestimmungsrecht des sachlich zuständigen Gerichts machen die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung sowohl wirkungslos als auch unwirksam. Hinzu kommt die zirkuläre Gestaltung der aufschiebenden Bedingung selbst. Eine direkte Umgehung der §§ 311, 317 AktG lag aber nicht vor. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist schon im Grundsatz nicht geeignet, das Schutzsystem des faktischen Konzerns zu umgehen, sondern muss sich an dessen Voraussetzungen messen lassen. Diese Voraussetzungen konnten nach eingehender Untersuchung jedoch nicht als erfüllt angesehen werden. Insbesondere nach der festgestellten Unwirksamkeit der Bedingung ist die gesamte Nachteilsausgleichsvereinbarung als zumindest wirkungslos anzusehen, da ein Ausgleich nicht geschuldet ist. Die Nachteilsausgleichsvereinbarung ist vielmehr eine leere Hülse, die nicht den Anforderungen an den Nachteilsausgleich im Sinne von § 311 AktG genügen kann. Eine weitere Verwendung führt zu Haftungsrisiken der Vorstände wegen unausgeglichener Nachteile,609 was die unbezifferte Nach609

Zu den einzelnen Risiken siehe oben § 9 II.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

teilsausgleichsvereinbarung eigentlich vermeiden helfen sollte. Daher ist vom Einsatz einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in Zukunft, auch aus Sicht der beteiligten Vorstände mit Blick auf eine mögliche Haftung für Sorgfaltspflichtverletzungen nach § 93 AktG, dringend abzuraten. Angesichts dieser Erkenntnisse ist das Problem einer derzeit unmöglichen Quantifizierbarkeit von Nachteilen in der Praxis des faktischen Konzerns somit anderweitig zu lösen. Die zumindest theoretisch bestehende Häufigkeit der Anwendungsfälle einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verlangt nach einer gründlichen Untersuchung, die ein rechtssicheres und dogmatisch überzeugendes Mittel zur Bewältigung der genannten Bewertungsprobleme liefert. Eine solche Lösung besteht entweder in der Abwandlung bzw. Ergänzung der bisherigen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung oder in völlig neuen Ansätzen, etwa einer Ausgleichsgarantie oder einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Zunächst soll versucht werden, die bisherige Form der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung so zu ergänzen, dass eine dem Gesetz entsprechende Möglichkeit zur Bewältigung des Problems derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile entsteht. Diese Ergänzung kann entweder mithilfe einer Nachbesserungsklausel oder durch Einräumung von Klagerechten der Minderheitsaktionäre gelingen.

§ 14 „Rettungsversuche“ I. Der Einsatz einer Nachbesserungsklausel löst das Problem nicht Der denkbare Nutzen einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung als Instrument zur Haftungsreduzierung ist hoch610 und kann daher dazu führen, dass das herrschende Unternehmen und auch der Vorstand des abhängigen Unternehmens gerne weiterhin diesen Typus der Nachteilsausgleichsvereinbarung verwenden würden. Nachdem aber festgestellt wurde, dass diese Form der Vereinbarung gegen das geltende Recht verstößt und daher unwirksam ist, muss eine Lösung gefunden werden, die das Spannungsverhältnis zwischen Nutzen und rechtlicher (Un-)Wirksamkeit auflöst. Es ist somit zu fragen, ob es nicht Möglichkeiten gibt, eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung so zu gestalten, dass das Problem der ungewissen Nachteilsbestimmung umgangen und dennoch nicht gegen fundamentale Grundsätze des faktischen Konzerns bzw. allgemein des Aktien- und Zivilrechts verstoßen wird. Da es nicht möglich erscheint, eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ohne die Wahl einer aufschiebenden Bedingung zu verwenden, ist damit zunächst auch das Urteil generell gegen die Zulässigkeit einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gefallen.

610

Vgl. oben § 9.

§ 14 „Rettungsversuche“

249

Vereinzelt wird aber erwogen, die für unzulässig gehaltene unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung durch den Einsatz einer Nachbesserungsklausel wirksam werden zu lassen.611 Diese solle parallel zu den im Recht des Unternehmenskaufs geläufigen Earn-Out-Klauseln ausgestaltet sein. Hierbei würde dann der geschuldete Ausgleich in eine feste und eine variable Komponente unterteilt, wobei die variable Komponente den Teil der Nachteilszufügung erfasst, dessen Quantifizierung problematisch ist. Zeige sich in Zukunft ein größerer Nachteil als angenommen, solle dieser über die Nachbesserungsklausel ausgeglichen werden.612 Es solle damit der abhängigen Gesellschaft die Möglichkeit gegeben werden, „zusätzliche Nachforschungen zum ,wahren‘ Unternehmenswert anzustrengen und etwaige Nachteile geltend zu machen.“613 Bei Verwendung dieser Konstruktion werde ein Wertungswiderspruch vermieden, der entstünde, wenn man einerseits – beim oftmals parallel wirksam werdenden Kaufvertrag im Rahmen einer Veräußerung von Unternehmensteilen – die Earn-Out-Klausel zulasse und andererseits die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung verbiete. Schließlich gebiete es sich aus rechtspolitischer Sicht, den faktischen Konzern nicht noch unattraktiver zu machen.614 Letzteres ist sicherlich zutreffend. Der Weg hin zu dieser Attraktivitätssteigerung bzw. zumindest zum Erhalt des status quo führt jedoch nicht über den Einsatz einer Nachbesserungsklausel, da dieser ähnliche Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen wie der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Zunächst handelt es sich bei der Nachbesserungsklausel wiederum um eine aufschiebende Bedingung des Rechtsanspruchs auf Ausgleich. Der erhöhte Ausgleich ist erst bei Eintritt bestimmter Parameter zu leisten.615 Eine aufschiebende Bedingung erfüllt aber nicht die Anforderungen des § 311 Abs. 2 AktG an einen rechtzeitigen Ausgleich.616 Insofern liegt also ein teilweise unzureichender Ausgleich in Höhe des variablen Anteils vor. Außerdem ist es mit § 311 AktG nicht zu vereinbaren, dass die Ermittlung eines Nachteils auf diese Weise auf das abhängige Unternehmen abgewälzt wird. Die Nachteilsermittlung fällt nämlich nach der gesetzlichen Konzeption in den Aufgabenbereich des herrschenden Unternehmens. Insofern wäre es keine, wie es Wilhelm impliziert,617 Verbesserung der Stellung des abhängigen Unternehmens gegenüber der Geltendmachung des Schadenersatzes wegen unzureichenden Nachteilsausgleichs. Auch die Aussage, dass mithilfe der Nachbesserungsklausel die Quantifizierung des Nachteils nicht weniger auf die lange Bank geschoben werde als 611

So zuletzt Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291 f. So dürfte zumindest die bei Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291 f. vorgeschlagene Konstruktion aussehen. 613 Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1292. 614 Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1292. 615 Zu den bei Earn-Out-Klauseln häufig gewählten Parametern siehe Ihlau/Gödecke, BB 2010, 687, 689; Werner, DStR 2012, 1662, 1663 f. 616 Insofern gilt dasselbe wie für die, auch von Wilhelm, a.a.O. abgelehnte, unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung; siehe dazu oben § 13 II. 5. 617 Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1292. 612

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, entbehrt jeglichen Arguments für die Verwendung der Nachbesserungsklausel. Gerade die Verschiebung der Bewertung in die Zukunft ist ein maßgeblicher Aspekt der Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung.618 Problematisch wäre auch der Inhalt dieser Nachbesserungsklausel. Um der Probleme derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile Herr zu werden, ist inhaltlich eine ähnliche Formulierung wie die in der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verwendete erforderlich. Mithin würde eine Nachbesserung auch wieder erst nach rechtskräftigem Urteil über die Nachteiligkeit und deren Umfang verlangt werden können. Dies begegnet den gleichen Bedenken wie die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung.619 Insbesondere läge hierin wieder die Leistungsbestimmung durch das sachlich zuständige Gericht. Daher ist eine so formulierte Nachbesserungsklausel ebenfalls nicht geeignet, den Ausgleich im Nachhinein angemessen werden zu lassen.620 Bei anderer Formulierung, etwa dass diese Leistungsbestimmung einem Dritten, zum Beispiel Schiedsgerichten,621 zufallen soll, stellt sich letzteres Problem aber nicht. Diesen wäre eine Leistungsbestimmung im Grundsatz gestattet.622 Allerdings wäre auch hier wieder eine zum Teil aufschiebende Bedingung Auslöser der Ausgleichsverpflichtung, weshalb der Ausgleich weiterhin nicht rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG ist. Eine Anpassung über eine Nachbesserungsklausel kann daher das Problem derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile nicht beseitigen, da sie den gleichen Bedenken ausgesetzt ist wie die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung. Denkbar ist nur eine Anpassung im Rahmen des § 313 BGB, wobei es hierfür keiner eigenen Klausel innerhalb der Nachteilsausgleichsvereinbarung bedarf. Ändern sich die Verhältnisse grundlegend und erscheint ein Ausgleich daher als unangemessen, so ist es möglich, aufgrund einer Anpassung nach § 313 BGB die Angemessenheit wiederherzustellen.623 Dies gilt jedoch nicht, wenn sich lediglich die wirtschaftlichen Verhältnisse der abhängigen Gesellschaft ändern, da dies ein Risiko ist, das das herrschende Unternehmen nach der gesetzlichen Konzeption des faktischen Konzerns zu tragen hat.624 Insofern fehlt es an der Unzumutbarkeit des Festhaltens an den geänderten Umständen im Sinne des § 313 Abs. 1 a.E. BGB. Andere Änderungen der Verhältnisse sind aber in Kombination mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nur schwer denkbar. Damit steht indes auch fest, dass in den bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung relevanten Fällen eine Anpassung nur selten über § 313 BGB möglich sein wird. Insgesamt bedeutet 618

Siehe dazu bereits oben § 13 II. 5. Siehe dazu insbesondere oben § 13 II. 5., 7., 8. 620 Mit diesem Argument schon OLG München NZG 2005, 181 (LS. 3 und Rn. 59). 621 Zur Schiedsvereinbarung als Bestandteil der Nachteilsausgleichsvereinbarung siehe noch unten § 15 V. 4. 622 Siehe dazu oben § 13 II. 7. 623 Für den Bereich des Vertragskonzerns Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 304 AktG Rn. 67, 69. 624 Emmerich, a.a.O. 619

§ 14 „Rettungsversuche“

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dies für die hier diskutierte unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, dass auch eine Nachbesserung(sklausel) ihr nicht zur Wirksamkeit verhilft. Möglicherweise kann aber die gleichzeitige Einräumung von Klagerechten die Problematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, insbesondere den Vorwurf der Zirkularität, auflösen.

II. Auflösung der Zirkularität durch Einräumung von Klagerechten? Als eines der schwerwiegendsten Probleme der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung kann man deren zirkulären Aufbau bezeichnen. Ein Klagerecht, das zur gerichtlichen Feststellung des Nachteils, bei gleichzeitiger Zulässigkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung, führt, existiert nicht.625 Möglicherweise ließe sich diese Zirkularität jedoch beseitigen und damit die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wirksam werden, wenn man ein solches Klagerecht auf dem Wege der Parteivereinbarung schafft. Soll dies die Minderheitsaktionäre mit einbinden, läge insofern ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB vor. Fraglich ist aber bereits, ob es möglich ist, den Aktionären oder dem abhängigen Unternehmen ein Klagerecht im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung einzuräumen. Dies ist prinzipiell auf zwei Wegen denkbar. Entweder der begünstigten Partei wird ein klagbarer Anspruch eingeräumt, der die Nachteilsfeststellung umfasst, oder es wird lediglich eine Klagebefugnis unabhängig vom Anspruch vereinbart. Die erste Variante ist im Konzern nicht denkbar, da es, abgesehen von der gerade problematischen Nachteilsausgleichsvereinbarung, keinen Anspruch gibt, aus dem eine Klagebefugnis zur Feststellung des Nachteils folgen könnte. Ebenfalls nicht möglich ist daher eine Ermächtigung im Sinne des § 185 BGB, denn hierfür fehlt es an einem bestehenden Klagerecht, dessen Durchsetzung übertragen werden könnte. Deshalb rückt die zweite Variante in den Fokus der Untersuchung. Im Kern handelt es sich hierbei um einen Prozessvertrag zwischen den Parteien.626 Allerdings ist der Abschluss eines Prozessvertrages an enge inhaltliche Grenzen gebunden. Insbesondere Normen über die Voraussetzungen der Justizgewähr, mithin die Klagebefugnis, sind nicht disponibel.627 Daher ist es dem Gesetzgeber vorbehalten, die Voraussetzungen der Klageerhebung abseits bestehender Ansprüche zu schaffen. Fehlt es hieran, dürfen die Parteien nicht Klagebefugnisse unabhängig von bestehenden Ansprüchen vereinbaren. Eine dennoch getroffene Vereinbarung kann die bestehende Zirkularität der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung daher nicht beseitigen. Auch eine Formulierung, nach der die Klagemöglichkeit nach § 317 Abs. 1, Abs. 4 AktG von der Nachteilsaus625

Vgl. oben § 13 II. 8. Zum Prozessvertrag vgl. ausführlich Wagner, Prozeßverträge, S. 397 ff.; allgemeiner Häsemeyer, ZZP 118 (2005), 265, 295 ff. 627 Häsemeyer, ZZP 118 (2005), 265, 295. 626

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gleichsvereinbarung unberührt bleiben soll, kann diese Wirkung nicht herbeiführen. Eine solche zeigt entweder, dass die Verwender selbst nicht von der Wirksamkeit des Ausgleichs ausgehen, dann ist aber diese Formulierung nur die Wiedergabe der gesetzlichen Schadenersatzfolge, oder dass die Vereinbarung in sich widersprüchlich ist. Denn im Ergebnis würde einerseits ein Ausgleich im Sinne des § 311 AktG angestrebt, andererseits aber die ausgleichende Wirkung mit Blick auf die Klagebefugnis verneint.628 Den Verwendern einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung bliebe damit nur die Möglichkeit, die Nachteilsfeststellung in einem Schiedsverfahren herbeizuführen.629 Damit ist aber die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung immer noch kein rechtzeitiger Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG. Als Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass eine Klagebefugnis auf bestehenden Ansprüchen aufbaut und nicht abstrakt vereinbart werden kann.630 Dies zeigt sich allein daran, dass eine Diskussion über die Disposition der Klagebefugnis nur hinsichtlich eines Klageverzichts geführt wird,631 nicht aber bezüglich einer Klageermöglichung. Daher ist auch die Schaffung einer Klagebefugnis, mangels Zulässigkeit, nicht geeignet, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wirksam werden zu lassen.

III. Das Ende der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung Alle Versuche, die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wirksam werden zu lassen, sind nach eingehender Untersuchung zum Scheitern verurteilt, da sich das Problem fehlender Rechtzeitigkeit des Ausgleichs mit einer aufschiebenden Bedingung nicht lösen lässt. Nur unter Verwendung einer aufschiebenden Bedingung ist es aber möglich, den genauen Ausgleichsbetrag, der auf der Nachteilsquantifizierung fußt, offenzulassen. Eine Alternative zur aufschiebenden Bedingung ist nicht ersichtlich. Daher ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung keine Möglichkeit, einen Ausgleich im Sinne des § 311 AktG herbeizuführen. Eine weitere Verwendung verbietet sich für die Vorstände und Unternehmen allein aus Haftungsgesichtspunkten.632 Es ist daher der Praxis zu raten, die unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarungen in Zukunft nicht mehr zu verwenden. Dieses Ergebnis folgt schon aus einer sorgfältigen Analyse der Rechtsprechung des BGH im Falle HVB/Unicredit. Allerdings sind die tatsächlichen Auswirkungen der Unwirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eher gering, da bereits der An628

Für den umgekehrten Fall eines Prozessvertrages, der eine Klage ausschließen soll, vgl. Häsemeyer, ZZP 118 (2005) 265, 297; Wagner, Prozeßverträge, S. 413 ff. 629 Zur Schiedsklausel in Nachteilsausgleichsvereinbarungen siehe ausführlich unten § 15 V. 4. 630 Musielak/Foerste, Vorb. §§ 253 ff. ZPO Rn. 6; Wagner, Prozeßverträge, S. 409. 631 Zur Verdeutlichung siehe die Habilitationsschrift von Wagner, Prozeßverträge, passim. 632 Dazu bereits oben § 9.

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

253

wendungsbereich wesentlich enger gefasst ist, als bisher von der Praxis und den erstinstanzlichen Gerichten im Fall HVB/Unicredit angenommen. Eine Verwendung außerhalb des Anwendungsfelds der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung verstößt schon gegen elementare Ausgleichsgrundsätze und ist daher unzulässig.633 Damit ist aber auch der Weg frei für neue Ansätze, die vergleichbare Ergebnisse bei der Bewältigung der Probleme derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile erzielen können. Denkbar wäre zunächst die Abgabe eines Garantieversprechens durch das herrschende Unternehmen, das den Nachteil statt ihn nur auszugleichen, bereits ausschließen kann. Diese Garantie wäre deshalb nicht an die Problematik einer Nachteilsquantifizierung zum Stichtag gebunden und könnte damit die Fälle derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile elegant lösen. Diskutiert wurde diese Garantie schon oben bei der Frage, ob die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht bereits zum Ausschluss des Nachteils führen könnte, wenn sie den Wirkungen nach einer Garantie gleichkommt. Diese Gleichstellung scheiterte aber noch an den Unterschieden zwischen den inhaltlichen Anforderungen der Garantie und den Gegebenheiten der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Abseits dieser Ausgleichsvereinbarung ist aber nun Raum für eine vertiefte Diskussion über den Einsatz dieser Garantie zum Ausschluss des Nachteils. Scheitert auch dieser Ansatz, so bleibt eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung als letzte Möglichkeit, die Problematik der derzeit nicht bezifferbaren Nachteile zu lösen.634

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile I. Garantie statt Ausgleich? 1. Problemaufriss Die derzeitige Form der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung lässt sich nicht als Garantie im eigentlichen Sinne verstehen.635 Wird sie jedoch so umformuliert, dass tatsächlich von einer Garantie gesprochen werden kann, so stellt sich die Frage, ob damit die oben beschriebene Problematik der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung umgangen werden kann. Zunächst ist dabei die genaue Formulierung dieser Garantievereinbarung entscheidend. Einerseits ließe sich an eine Garantie innerhalb der Nachteilsausgleichsvereinbarung denken, die die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs bzw. den Ausgleich weiterer Nachteile garantiert. Andererseits bestünde die Möglichkeit, die Garantie anstatt der Nachteilsaus633 Zum darin liegenden Verstoß gegen das Gebot der Bilanzneutralität siehe bereits oben § 10, § 13 II. 2. und § 6 I. 2. a). 634 Dazu unten § 15 VI. 635 Vgl. bereits oben § 13 II. 6.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gleichsvereinbarung einzusetzen. Damit bestehen gleich drei Varianten durch die Abgabe eines Garantieversprechens den Nachteil gar nicht erst entstehen zu lassen. Die tatsächlichen Wirkungen hängen jedoch stark von der Ausprägung der jeweiligen Garantieform ab. Daher muss zunächst geklärt werden, wie die verschiedenen Garantien inhaltlich ausgestaltet sind. Parallel dazu erfolgt eine Untersuchung der zwingenden Anforderungen an die jeweilige Garantie und der tatsächlichen Wirkungen der einzelnen Garantieform. 2. Wahl der Formulierung a) Ausgleichsgarantie Es gibt eine Vielzahl denkbarer Formulierungen für eine Garantie, die das Problem derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile bewältigen können soll.636 Diese lassen sich in drei Kategorien einteilen: die Ausgleichsgarantie, die Erfüllungsgarantie und die Nachbesserungsgarantie. Bei der Ausgleichsgarantie verspricht das herrschende Unternehmen als Garant, dass dem abhängigen Unternehmen aus der veranlassten Maßnahme keine Nachteile entstehen. Diese Garantie ist im Grundsatz geeignet, den Nachteil schon gar nicht entstehen zu lassen.637 Abhängig ist dies jedoch wiederum von der genauen Formulierung. Denkbar wäre zum Beispiel: „Das herrschende Unternehmen garantiert, dass dem abhängigen Unternehmen aus der veranlassten Maßnahme kein Nachteil im Sinne des § 311 AktG entsteht. Jeglicher dennoch festgestellter Nachteil wird sofort in bar ausgeglichen. Den Eintritt des Garantiefalls hat das abhängige Unternehmen durch Vorlage eines Prüfungsberichts einer unabhängigen Stelle nachzuweisen. Die Kosten für diese Prüfung übernimmt das herrschende Unternehmen. Unabhängig davon prüfen abhängiges und herrschendes Unternehmen anhand der Quartalsberichte den Eintritt weiterer Nachteile. Zeigt sich bei dieser Untersuchung ein Nachteil, der bisher nicht ausgeglichen ist, so garantiert das herrschende Unternehmen den Ausgleich dieses Nachteils.“

Hiermit ist sichergestellt, dass dem abhängigen Unternehmen keinerlei Benachteiligungen aus der veranlassten Maßnahme entstehen. Daher ist in diesem Falle bereits der Nachteil selbst ausgeschlossen.638 Wesentlich weniger umfangreich mit Versprechen ausgestattet ist die Garantie, wenn sie neben der eigentlichen Nachteilsausgleichsvereinbarung zum Tragen kommen soll. Dann ist sie kein Äquivalent des Ausgleichs, sondern lediglich ein Annex. Die erste Möglichkeit einer solch ergänzenden Garantie ist die Erfüllungsgarantie.

636

Siehe etwa oben § 13 II. 6. b). Dazu oben § 13 II. 6. d). 638 Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 AktG Rn. 64; siehe dazu schon oben § 13 II. 6.; zu den Wirkungen im Einzelnen sogleich § 15 I. 4. 637

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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b) Erfüllungsgarantie Bei der Erfüllungsgarantie sichert der Garant lediglich die Erfüllung des in der Nachteilsausgleichsvereinbarung beschriebenen Ausgleichsanspruchs zu. Diese Garantie kann auch Bestandteil der korrespondierenden Nachteilsausgleichsvereinbarung sein. Hierdurch wird eine neue Verpflichtung neben der Nachteilsausgleichsvereinbarung geschaffen. Allerdings ist diese Garantie nicht geeignet, eine unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung wirksam werden zu lassen. Zwar entsteht ein von der Nachteilsausgleichsvereinbarung unabhängiger Anspruch, der auch unbedingt sein kann. Eine rechtzeitige Gewährung des Ausgleichsanspruchs liegt hierin jedoch nicht. Die Garantie sichert nur die Erfüllung des bisher noch bedingten Anspruchs. Sie gewährt somit lediglich einen weiteren Anspruch auf Erfüllung eines bisher nicht bestehenden und auch in Zukunft nicht entstehenden Anspruchs. Eine solche Haftungserweiterung durch den Schuldner selbst ist nach herrschender Auffassung zwar durchaus zulässig.639 Die Formulierung dieser Garantie kann, wegen ihrer geringen Auswirkungen auf den Nachteilsausgleich an sich, auch relativ schlank ausfallen. Denkbar wäre etwa folgende Klausel: „Das herrschende Unternehmen garantiert den Ausgleich der in der Nachteilsausgleichsvereinbarung festgestellten Nachteile.“ Es besteht somit nur eine neben dem Ausgleich stehende Garantie desselben. Allerdings kann ein bis dato unwirksamer oder wirkungsloser Ausgleich durch diese Garantie nicht wirksam werden, da nur die Erfüllung des Anspruchs in seiner tatsächlichen Form garantiert wird. Auch eine Erleichterung der Durchsetzbarkeit des Ausgleichs ist mithilfe einer solchen Garantie nicht möglich, da sie sich eben nur auf den in der Nachteilsausgleichsvereinbarung festgestellten Nachteil bezieht. Die Abgabe einer solchen Garantie hat daher allenfalls Symbolwirkung und soll deshalb im Folgenden nicht näher erläutert werden. Die letzte Form der Garantievereinbarung ist ebenfalls ein Annex der eigentlichen Nachteilsausgleichsvereinbarung, geht aber über die Erfüllungsgarantie hinaus. c) Nachbesserungsgarantie Die Nachbesserungsgarantie ergänzt die Nachteilsausgleichsvereinbarung und sichert dem abhängigen Unternehmen zu, dass alle weiteren Nachteile ausgeglichen werden. Die Nachbesserungsgarantie ist im Grundsatz also mit der oben untersuchten Nachbesserungsklausel vergleichbar.640 Im Gegensatz zur Nachbesserungsklausel enthält diese Garantie bei entsprechender Formulierung aber keine aufschiebende Bedingung. Sie garantiert wie eine Ausgleichsgarantie den Ausgleich aller weiteren Nachteile. Sie umfasst indes nicht sämtliche Nachteile, sondern nur diejenigen Nachteile, die erst später ersichtlich werden, aber ex-ante betrachtet zu den Nachteilen zählen. Die Formulierung einer solchen Garantie ist daher besonders anspruchsvoll. 639 640

Statt aller Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 618. Siehe oben § 14 I.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Möglich erscheint folgende Wortwahl: „Sollte sich herausstellen, dass die Nachteile aus der veranlassten Maßnahme im Sinne des § 311 AktG einen größeren Umfang haben, als in der Nachteilsausgleichsvereinbarung vom … angenommen, so garantiert das herrschende Unternehmen den Ausgleich dieser Nachteile. Den Eintritt des Garantiefalls hat das abhängige Unternehmen durch Vorlage eines Prüfungsberichts einer unabhängigen Stelle nachzuweisen. Die Kosten für diese Prüfung übernimmt das herrschende Unternehmen. Unabhängig davon prüfen abhängiges und herrschendes Unternehmen anhand der Quartalsberichte den Eintritt weiterer Nachteile. Zeigt sich bei dieser Untersuchung ein Nachteil, der bisher nicht ausgeglichen ist, garantiert das herrschende Unternehmen den Ausgleich dieses Nachteils.“

Damit enthält die Nachbesserungsgarantie einige Elemente der Ausgleichsgarantie, bleibt aber bei der Reichweite hinter dieser zurück. Beide Garantien sind im Ergebnis wirkungsidentisch und werden daher im Folgenden gemeinsam untersucht. Insbesondere kommt es bei der Abgabe dieser Garantien darauf an, ob bestimmte inhaltliche oder formale Voraussetzungen einzuhalten sind. 3. Besondere inhaltliche Anforderungen und Abschlussvoraussetzungen? a) Anforderungen an den Inhalt, insbesondere Erfordernis des Einzelausgleichs aa) Möglichkeit eines zeitlich gestreckten Ausgleichs bei Eintritt des Garantiefalls? Auch bei Abschluss der Garantie, die den Nachteil nicht ausgleichen, sondern bereits ausschließen soll, gilt es inhaltliche Vorgaben einzuhalten. Die Garantie verspricht dem abhängigen Unternehmen, dass aus der veranlassten Maßnahme keine Nachteile entstehen. Tritt der Garantiefall ein, stellt sich die Maßnahme also doch als nachteilig heraus, stellt sich die Frage, wie schnell der „Ausgleich“ dieses Nachteils erfolgen muss. Grundsätzlich gibt es hierfür zwei denkbare Varianten: die sofortige Begleichung oder eine zeitlich gestreckte Erstattung. Aus Sicht des abhängigen Unternehmens ist eine sofortige Erstattung des Garantiebetrags die beste Lösung. Aber auch aus dogmatischer Sicht entfaltet der gestreckte „Ausgleich“ nicht die gewünschte Ausschließungswirkung beim Nachteil. Durch den Einsatz der Garantie soll der Nachteil gar nicht erst entstehen. Diese Wirkung resultiert daraus, dass durch die Garantie ein sofortiger Vorteil geschaffen wird, der den Nachteil aufwiegt. Wird aber eine Garantieforderung trotz Eintritts des Garantiefalls erst später fällig, so ist der Vorteil eine bloße Forderung gegen das herrschende Unternehmen und damit nicht geeignet, den Nachteil direkt auszuschließen. Diese Forderung kann den nun festgestellten Nachteil nur ausgleichen, muss sich dann aber an die Regeln des § 311 AktG halten. Soll der Nachteil bereits ausgeschlossen werden, muss mit Feststellung einer Nachteiligkeit sofort ein adäquater Vorteil bereitstehen,

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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um einen Nachteil im Sinne des § 311 AktG von vornherein auszuschließen. Die Garantie erfüllt ihren Zweck daher nur bei sofortiger Erstattung des Garantiebetrags. Dies ist allein wegen der bilanziellen Auswirkungen einer festgestellten nachteiligen Wirkung der veranlassten Maßnahme erforderlich. Diese sofortige Erstattung ist allerdings nicht rein wörtlich zu verstehen, weshalb es zulässig ist ein Zahlungsziel von zehn Tagen bis zwei Wochen zu vereinbaren. Unzulässig bleiben Erstattungszeiträume oberhalb dieser Frist, da sonst die Grenzen zum Nachteilsausgleich zu sehr verschwimmen. Neben diesem kurzen Zahlungsziel gibt es aber noch eine weitere, für den Anwender interessantere Voraussetzung, deren Notwendigkeit es nun zu untersuchen gilt. Die Rede ist vom Erfordernis der Einzelausgleichsfähigkeit der Garantie. bb) Einzelausgleichsfähigkeit der Garantie Sowohl die Nachbesserungsgarantie als auch die Ausgleichsgarantie sollen den Nachteilsausgleich (zum Teil) ersetzen. Daher ist zu untersuchen, ob diese Garantien an die Voraussetzungen einer „normalen“ Nachteilsausgleichsvereinbarung gebunden sind oder ob geringere Anforderungen an die Formulierung dieser Garantien zu stellen sind. Insbesondere ist hierbei das Erfordernis des Einzelausgleichs relevant. Sofern die Garantie diesem zentralen Prinzip des faktischen Konzerns nicht unterliegen sollte, wäre sie der Idealtypus der Umgehung des faktischen Konzerns und ein Instrument zur Auflösung des Instituts des qualifiziert faktischen Konzerns. Hiermit verknüpft ist die Frage nach der Zulässigkeit einer allgemeinen Garantie des Ausgleichs noch vor jeder Veranlassung, ähnlich also einer abstrakten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Daher ist genau zu untersuchen, ob die Garantie, als Mittel zum Ausschluss des Nachteils selbst, an das Prinzip des Einzelausgleichs gebunden ist. Dafür spricht, dass ein Nachteil mit Ausgleichsmöglichkeit im Sinne des § 311 AktG nur bei Individualisierbarkeit anzunehmen ist und die Garantie gerade diesen Nachteil ausschließen soll. Ebenfalls für ein Erfordernis der Einzelausgleichsfähigkeit ist anzuführen, dass sonst der qualifiziert faktische Konzern mit seiner rigiden Schadenersatzverpflichtung umgangen werden könnte. Dagegen spricht, dass die Garantie gerade den Tatbestand des faktischen Konzerns ausschließen soll, der auch die Verpflichtung zum Einzelausgleich enthält. Nicht zuletzt geht es jedoch bei der Verwendung der Garantie gerade darum, einen Nachteil, der zwar individualisierbar, aber derzeit nicht quantifizierbar ist, auszuschließen. In diesem Falle stellt sich die Frage nach der Pflicht zur Einzelausgleichsfähigkeit nicht, da diese gegeben ist. Interessant wird die Frage erst, wenn es um die Verwendung der Garantie in Bereichen des qualifiziert faktischen Konzerns geht. Zentrale Voraussetzung für die Anwendung der Regeln des qualifiziert faktischen Konzerns ist eine Vielzahl nachteiliger Einflussnahmen, die nicht isoliert werden können.641 Rechtsfolge ohne Garantie wäre die Anwendbarkeit der §§ 302 f. AktG, 641

Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. zu § 317 AktG Rn. 9 ff.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

also insbesondere die Verlustübernahmepflicht.642 Bei Verwendung der Garantie sind die finanziellen Auswirkungen @ allein bezogen auf die veranlasste Maßnahme @ im Ergebnis annähernd identisch. Allerdings ergeben sich für den Zeitpunkt bis zur tatsächlichen Leistung der Garantie Unterschiede. Die Garantie verspricht den sofortigen „Ausgleich“ der festgestellten Nachteile, der Verlustausgleich analog § 302 Abs. 1 AktG verspricht den Ausgleich des Jahresfehlbetrags.643 Insofern ist bei qualifizierten Einflussnahmen die Eingehung des Vertragskonzerns für das herrschende Unternehmen sinnvoller, da dann eine zeitliche Privilegierung bis zum Geschäftsjahresende besteht. Die praktischen Auswirkungen einer Garantie sind mit Blick auf den Schutzzweck zunächst also nicht besser als die der Anwendung der Regeln des (qualifiziert) faktischen Konzerns. Anderes ergäbe sich nur dann, wenn die abhängige Gesellschaft ohne die veranlasste Maßnahme Gewinne erwirtschaftet hätte, die nur wegen der qualifizierten Nachteilszufügung entfallen. Diese Fälle dürften aber nicht die Regel sein. Fasst man jedoch nicht nur die Einzelmaßnahme, sondern die kompletten Wirkungen beider Institute bezogen auf das Geschäftsjahr ins Auge, so ergeben sich teilweise drastische Unterschiede. Selbst eine abstrakt gefasste Garantie erfasst nur Einzelmaßnahmen und deren nachteilige Wirkungen. Der Verlustausgleich des § 302 AktG (analog) umfasst jedoch sämtliche Verluste, die auch ohne konkrete Veranlassung entstanden sein können.644 Diese können weit größer als der Nachteil sein, der allein auf der veranlassten Maßnahme beruht. Somit liegt aufs Gesamtgeschäftsjahr bezogen gerade kein Gleichlauf zwischen Garantie und Verlustausgleich vor. Eine Umgehung des qualifiziert faktischen Konzerns wäre in der Regel anzunehmen, wenn mithilfe der Garantie auch qualifizierte Nachteilszufügungen ausgeschlossen werden sollen. Selbst wenn die Garantie in diesen Fällen nicht zum Ausschluss des Nachteils im Sinne der Regeln des qualifiziert faktischen Konzerns führen würde, sorgt sie doch zumindest dafür, dass aus der Veranlassung selbst kein Jahresfehlbetrag entsteht, weil sich an ihrer generellen Wirkung nichts ändert. Da aber wie gezeigt auch ein anderweitiger Jahresfehlbetrag entstehen kann, muss die Frage nach dem Erfordernis des Einzelausgleichs abschließend beantwortet werden, um ein wirtschaftlich und dogmatisch sauberes Ergebnis bei der Verwendung der Garantie zu erzielen. Kern dieser Frage ist, ob die Garantie neben ihrer allgemeinen Wirkung auch dafür sorgen kann, die Rechtsfolge des qualifiziert faktischen Konzerns auszuschließen. Allein die drohende Umgehung des qualifiziert faktischen Konzerns ist ein gutes Argument für die Voraussetzung der Fähigkeit der Garantie zum Einzelausgleich. Fehlt es an diesem Erfordernis, kann die Garantie dazu verwendet werden, den (qualifiziert) faktischen Konzern und den Vertragskonzern zu umgehen. Da642

Zur Frage einer möglichen Umgehung des Vertragskonzerns siehe unten § 15 II. Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. zu § 317 AktG Rn. 23. 644 Habersack, a.a.O.; zur Verdeutlichung bei direkter Anwendung des § 302 AktG ebenfalls Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 AktG Rn. 27. 643

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gegen ließe sich aber obiges Argument, der Tatbestand würde bereits ausgeschlossen, anführen. Sowohl beim faktischen Konzern als auch beim qualifiziert faktischen Konzern steht die Nachteilsermittlung an erster Stelle. Die Frage eines Einzelausgleichs ist zunächst nachrangig zu prüfen, wenn der Nachteil als solcher feststeht. Fehlt es am Nachteil ist auch eine Prüfung des Einzelausgleichs nicht mehr erforderlich. Dies ist aber nur eine willkürliche Prüfungsreihenfolge, die auch genauso gut andersherum stattfinden könnte. Ein zwingender Schluss auf die obige Reihenfolge ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Auch rein logisch ist es nicht zwingend, erst die Nachteiligkeit einer Maßnahme zu prüfen, um dann die Einzelausgleichsfähigkeit festzustellen. Diese Einzelausgleichsfähigkeit ergibt sich erst aus der Isolierbarkeit der einzelnen Veranlassungen. Diese ließe sich aber auch ohne Nachteiligkeit feststellen. Selbst wenn man aus der Prüfungsreihenfolge eine Prüfung der Einzelausgleichsfähigkeit bei verneintem Nachteil für ausgeschlossen hält, führt dies allein wegen der Umgehungsgefahr des qualifiziert faktischen Konzerns jedoch nicht dazu, dass der Garantie die Einzelausgleichsfähigkeit fehlen darf. Diese ist allein aus Schutzzweckerwägungen zu verlangen. Ohne das Einzelausgleichserfordernis bliebe vom Anwendungsbereich sowohl des Vertragskonzerns als auch des faktischen Konzerns nicht mehr viel übrig, da in allen unklaren und damit oft dem qualifiziert faktischen Konzern zuzuordnenden Fällen eine Ausgleichsgarantie dafür sorgen könnte, dass bereits der Nachteil ausgeschlossen wäre. Hiergegen ließe sich zwar einwenden, dass die Wirkungen einer Garantie ähnlich der Wirkungen der gesetzlich vorgesehenen Ausgleichsformen sind. Diese Überlegung kann jedoch angesichts der drohenden Missbrauchsgefahren nicht überzeugen. Zum einen ist ein Gleichlauf zwischen Garantie und (beim qualifiziert faktischen Konzern analog angewandten) Verlustausgleich nur bezogen auf die einzelne Maßnahme hergestellt. Der Verlustausgleich nach § 302 AktG geht in seinen Wirkungen jedoch über die Garantie hinaus, da er eben nicht nur die Einzelmaßnahme, sondern das gesamte Geschäftsjahr und somit sämtliche Verluste erfasst. Der Unterschied von Verlust und Nachteil würde aber bei einer generellen Anwendbarkeit der Garantie umgangen. Zum anderen spricht auch der Schutz der Minderheitsaktionäre gegen eine umfassende Anwendung der Garantie. Diese verhindert oder erschwert die Kontrollmöglichkeit der Minderheitsaktionäre, da ein umfassendes Prüfungsrecht nur bei Nachteilen im Sinne des § 311 AktG besteht, dieser Nachteil aber ausgeschlossen wird. Daher ist zum Schutz der abhängigen Gesellschaft und ihrer Aktionäre der Anwendungsbereich der Garantie auf einzelausgleichsfähige Maßnahmen zu beschränken. Mithin ist es erforderlich, dass auch die Ausgleichsgarantie nur isolierbare Veranlassungen erfasst. Eine Anwendung der Ausgleichsgarantie auf qualifiziert faktische Konzernierungen ist daher ausgeschlossen. Ebenfalls ist es nicht möglich die Garantie ähnlich einer abstrakten Nachteilsausgleichsvereinbarung einzusetzen. Das Gleiche gilt für die Nachbesserungsgarantie, wenn sie Nachteile erfassen soll, die nicht isolierbar sind.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

cc) Zwischenergebnis Beide Garantieformen haben zum Teil ähnliche Voraussetzungen wie eine Nachteilsausgleichsvereinbarung. Hervorzuheben sind der Zwang zum Einzelausgleich und das kurze Zahlungsziel bei der Erstattung im Garantiefall. Nur bei Beachtung dieser Voraussetzungen können die Garantien ihre spezifische Wirkung entfalten.645 Weitere inhaltliche Voraussetzungen bestehen allerdings nicht. Werden diese Voraussetzungen beachtet, so kann die Wahl einer Garantie, die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise zunächst unterstellt, dazu beitragen, das Problem derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile zu lösen. Für diese Wirkung ist aber auch die Einhaltung der besonderen Formalien einer solchen Garantie erforderlich. Diese Formalien müssen sich entweder an denen der Nachteilsausgleichsvereinbarung orientieren oder ergeben sich allein aus allgemeinen Vorschriften. Was hierbei interessengerechter und dogmatisch sauberer ist, ist Gegenstand der folgenden Untersuchung. b) Besondere Abschlussvoraussetzungen Fraglich ist daher, ob eine Garantie ähnlichen Abschlussvoraussetzungen unterworfen ist wie die Nachteilsausgleichsvereinbarung.646 Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Garantie zum Gegenstand eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 243 Abs. 2 AktG zu machen ist. Dies ist wiederum abhängig von der Form der Garantie. Die Ausgleichsgarantie soll dafür sorgen, dass ein Nachteil gar nicht erst generiert wird.647 In diesem Fall fehlt es auch an einem Sondervorteil des Mehrheitsaktionärs bei einem Beschluss über die veranlasste Maßnahme, da der mit dem Nachteil korrelierende Sondervorteil beim herrschenden Unternehmen durch die sofortige Garantie des Ausgleichs ebenfalls gar nicht erst entsteht.648 Daher ist ein Beschluss der Hauptversammlung über die Abgabe einer Ausgleichsgarantie selbst dann nicht erforderlich, wenn die Hauptversammlung über die Durchführung der veranlassten Maßnahme entscheiden soll oder muss. Bei der Nachbesserungsgarantie soll nur der bisher nicht entdeckte Nachteil mithilfe der Garantie am Entstehen gehindert werden. Demzufolge ist die zugrunde liegende Vereinbarung wie jede Nachteilsausgleichsvereinbarung zu behandeln. Beschließt die Hauptversammlung über die Durchführung der veranlassten Maßnahme, so ist es auch ihre Aufgabe, nach § 243 Abs. 2 AktG dem Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung zuzustimmen, damit der Durchführungsbeschluss nicht anfechtbar wird. Ist die Nachbesserungsgarantie Bestandteil der Nachteilsausgleichsvereinbarung, wird dann über sie mit beschlossen. Wird sie als separate Garantie konzipiert, so ist die Hauptversammlung wie bei der Ausgleichsgarantie nicht berufen, über den Abschluss dieser 645 646 647 648

Dazu noch unten § 15 I. 4. Dazu oben § 8 III. Ob ihr tatsächlich diese Wirkung zuteil wird, siehe sogleich § 15 I. 4. Vgl. oben § 13 II. 6. c).

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Garantievereinbarung abzustimmen. Somit zeigt sich auch bei den einzuhaltenden Formalien die nahe Verwandtschaft beider Garantieformen. Um die Nachteilsentstehung aber tatsächlich auszuschließen, ist darauf zu achten, dass die Garantie gleichzeitig mit der Veranlassung der nachteiligen Maßnahme abgegeben wird.649 Dies kann bei der Nachbesserungsgarantie dazu führen, dass auch die Nachteilsausgleichsvereinbarung praktischerweise bereits mit der Nachteilszufügung abzuschließen ist. Grundsätzlich kann zwar die Garantie auch vergangene Ereignisse betreffen, wenn der Eintritt eines Erfolgs oder Schadens im Umfang noch unsicher ist, selbst wenn der Eintritt selbst bereits sicher ist.650 Da der Nachteil im Sinne des § 311 AktG aber aus ex-ante-Sicht zu bestimmen ist, führt nur eine gleichzeitig mit der Veranlassung abgegebene Garantie zum tatsächlichen Ausschluss des Nachteils. Eine später abgegebene Garantie fällt dann nur unter die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleich und muss insbesondere die Maßgaben des § 311 AktG beachten.651 Zudem muss die Garantie eine sofortige Zahlung bei festgestellten Nachteilen enthalten, um ebenfalls nicht erst zum Ausgleich, sondern bereits zum Ausschluss des Nachteils zu führen.652 Des Weiteren muss schon in der Formulierung des Garantiefalls genau festgelegt werden, anhand welcher Kriterien sich ein Nachteil „zeigt“, um eine rückschauende Betrachtungsweise zu vermeiden. Diese ist auch bei Verwendung einer Garantie zum Ausschluss des Nachteils nicht zulässig. Das Erfordernis der ex-ante-Betrachtung folgt wie das Erfordernis des Einzelausgleichs aus der dennoch gegebenen Bindung der Garantie an einzelne Anforderungen des § 311 AktG. Wenn ein Nachteil mithilfe der Garantie ausgeschlossen werden soll, so muss dieser Nachteil benannt werden. Die Kriterien für den Eintritt des Garantiefalls sind nichts anderes als Kriterien zur Bestimmung des Nachteils. Wenn dieser ausgeschlossen werden soll, müssen die Maßstäbe seiner Ermittlung ex-ante bestimmt werden. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Nachteil auch vollständig ermittelt und damit ausgeschlossen wird. Umgekehrt schützt diese Vorgehensweise das herrschende Unternehmen auch vor Zuvielzahlungen, etwa wenn sich der Nachteil im Nachhinein größer darstellt als bei ex-ante-Betrachtung. 4. Wirkungen der Garantien Die Ausgleichsgarantie sorgt bei entsprechender Formulierung und Einhaltung der zeitlichen Vorgaben dafür, dass der Nachteil gar nicht erst entsteht.653 Die Nachbesserungsgarantie hingegen sorgt für einen garantierten Ausgleich sämtlicher 649 Siehe bereits oben § 13 II. 6.; vgl. auch J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 AktG Rn. 87. 650 Vgl. etwa Staudinger/Horn, Vorb. zu §§ 765 ff. BGB Rn. 208 und 273. 651 Siehe schon oben § 13 II. 6. c). 652 Dazu bereits oben § 15 I. 3. a) aa). 653 Dazu bereits oben § 13 II. 6. d).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Nachteile, die erst später erkennbar werden. Damit ist sie so etwas wie die „kleine Schwester“ der Ausgleichsgarantie. Wird durch die Garantie der Nachteil bereits ausgeschlossen und nicht erst ausgeglichen, entfällt bereits jegliche Grundlage eines Schadenersatzanspruchs aus § 317 Abs. 1 AktG, da der Tatbestand schon nicht erfüllt ist. Diese Wirkungen gelten aber nur bei Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen und Abschlussvoraussetzungen. Andernfalls handelt es sich trotz der Vereinbarung einer Garantie bloß um eine besondere Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung. Somit ist die Garantie bei der Wahl der Formulierungen und bei den zeitlichen Abläufen anspruchsvoller als eine „normale“ Nachteilsausgleichsvereinbarung. Diese Nachteile gegenüber dem Nachteilsausgleich werden aber durch die Vorteile der Garantie bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen mehr als kompensiert. Daher bieten sowohl Ausgleichsgarantie als auch Nachbesserungsgarantie im Grundsatz gute Möglichkeiten, das Problem derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile zu umgehen. Hiermit ist aber noch nicht über die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens entschieden. Gerade wegen der nachteilsausschließenden Wirkung ist die Garantie besonders aufmerksam auf die Vereinbarkeit mit den Regeln des Konzernrechts hin zu untersuchen. Zunächst stellt sich dabei die Frage, ob durch den Einsatz einer Garantie, insbesondere der Ausgleichgarantie, die andere Form des Konzerns, der Vertragskonzern, umgangen werden könnte.

II. Führt der Einsatz einer Ausgleichsgarantie zu einem Vertragskonzernrecht „zweiter Klasse“? Problematisch am Einsatz einer Garantie könnte in diesem Zusammenhang die fehlende Bindung an die Vorgaben der §§ 311 ff. AktG sein. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Garantie – ähnlich wie die abstrakte Nachteilsausgleichsvereinbarung – auch für alle zukünftigen Nachteilszufügungen bereits vorab abgegeben werden kann. Wäre dies zulässig, so ergeben sich ähnliche Wirkungen wie bei Eingehung des Vertragskonzerns. Das herrschende Unternehmen müsste für jeglichen Nachteil des abhängigen Unternehmens aufkommen, sofern dieser auf eine Veranlassung zurückzuführen ist. Insgesamt vereinfacht eine solche Garantie die Veranlassung und den „Nachteilsausgleich“, der aber kein Ausgleich im Sinne des § 311 AktG wäre, da bereits der Nachteil als solcher ausgeschlossen würde. Im Gegensatz zum Vertragskonzern wäre aber die Hürde einer solchen Konstruktion wesentlich geringer. Insbesondere die Abschlussvoraussetzungen der §§ 293 ff. AktG und die Regelungen über den zwingenden Verlustausgleich nach §§ 302 f. AktG finden keine Anwendung. Letzterer ließe sich zwar individualvertraglich vereinbaren, was aber angesichts der Verhältnisse bei einer rein faktischen Konzernierung in der Praxis nicht vorkommen dürfte. Die wirtschaftlichen Ergebnisse der Garantievereinbarung und des Vertragskonzerns dürften aber zumindest

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annähernd identisch sein.654 Dies jedoch nur, wenn man allein die jeweilige Maßnahme betrachtet. Mit Blick auf den Einzelausgleich wird allerdings die Nähe der Garantie zur Nachteilsausgleichsvereinbarung sichtbar. Da anhand der Garantie bereits der Nachteil selbst ausgeschlossen ist, ist die Garantie zwar grundsätzlich nicht an alle Anforderungen des § 311 AktG gebunden. Allerdings besteht dennoch die Verpflichtung zum Einzelausgleich.655 Damit weist die Ausgleichsgarantie eine größere Nähe zum faktischen Konzern als zum Vertragskonzern auf. Trotz dieser festgestellten Nähe zum faktischen Konzern und seinen Ausgleichsmöglichkeiten stellt sich die Frage, ob insgesamt eine Umgehung des Vertragskonzerns und seiner höheren Voraussetzungen vorliegt und dadurch die Garantie unzulässig ist. Allerdings zeigt das Erfordernis des Einzelausgleichs sehr deutlich den Unterschied zum Vertragskonzern. Gerade diese Voraussetzung verhindert aber auch eine Umgehung des Vertragskonzerns. Sind Maßnahmen nicht isolierbar, so bleibt dem herrschenden Unternehmen nur die Eingehung des Vertragskonzerns oder die Hinnahme der analogen Anwendung des § 302 AktG als Folge des qualifiziert faktischen Konzerns. Die Garantie ist gerade wegen des Einzelausgleichserfordernisses nicht geeignet, den Vertragskonzern zu umgehen. Zudem wird es in den Fällen, in denen ein schwerwiegenderer Eingriff oder häufigere Eingriffe mit derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen vorliegen, aus einem anderen Grund nicht zu einer gehäuften Verwendung der Garantie kommen. Diese hat gegenüber dem Vertragskonzern nämlich einen weitreichenden Nachteil: Eine steuerliche Organschaft nach §§ 14, 17 KStG mit ihren Vorteilen ist bei einer rein faktischen Konzernierung mit Ausgleichsgarantien nicht möglich. Je häufiger also verlustreiche Geschäfte durch das herrschende Unternehmen veranlasst werden, desto eher wird sich allein aus steuerlichen Gründen die Eingehung des Vertragskonzerns @ im Vergleich mit einer fortbestehenden faktischen Konzernierung @ lohnen. Insgesamt konnte aber aus der Verwendung der Garantie und einer dem Vertragskonzern ähnlichen finanziellen Ergebnislage keine Unzulässigkeit der beiden Garantieformen gefolgert werden. Daher schließt sich nun die Frage an, ob durch den Einsatz der beiden Garantien die Problematik derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile gelöst werden kann.

III. Sind die Probleme der alten Nachteilsausgleichsvereinbarung durch diese neue Form des „Ausgleichs“ gelöst? 1. Die Ausgleichsgarantie Zunächst stellt sich, wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, die Frage, ob durch die Verwendung einer Garantie das Regelungssystem der §§ 311 ff. AktG umgangen wird. Hierbei ist zwischen den einzelnen Garantiearten zu unterscheiden. Die Ausgleichsgarantie führt dazu, dass ein Nachteil und damit die 654 655

Vgl. dazu schon die Untersuchung bei § 15 I. 3. a) bb). Siehe soeben § 15 I. 3.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Voraussetzung der Anwendbarkeit der §§ 311, 317 AktG gar nicht erst entsteht. Bei Einsatz dieser Vereinbarung wird also das Haftungsregime des faktischen Konzerns umgangen. Die typischen Berichtspflichten entfallen dabei aber nicht. Diese sollen die Einhaltung der Regeln des § 311 AktG sichern.656 Nach § 312 Abs. 1 S. 1 AktG hat der Vorstand über alle Rechtsgeschäfte, welche die Gesellschaft im vergangenen Geschäftsjahr mit dem herrschenden Unternehmen oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen oder auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen vorgenommen hat, und alle anderen Maßnahmen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr getroffen oder unterlassen hat zu berichten. Insbesondere muss er über ausreichende Gegenleistungen berichten. Hierunter fällt auch die Abgabe der Garantie als Folge einer veranlassten Maßnahme der herrschenden Gesellschaft.657 Auch die auf § 312 AktG aufbauenden Kontrollpflichten bleiben anwendbar. Damit liegt keine Umgehung der §§ 312 f. AktG vor. Der Abschluss einer Garantie erzielt für die Minderheitsaktionäre und das abhängige Unternehmen zudem ein mit den §§ 311 ff. AktG vergleichbares Schutzniveau, weshalb man von der Zulässigkeit einer solchen Garantie ausgehen kann. Zumindest aus Sicht des durch §§ 311 ff. AktG bezweckten Minderheitenschutzes ist die Garantie vorteilhaft für das abhängige Unternehmen, weshalb bisher kein Grund für die Annahme der Unzulässigkeit ersichtlich ist. Die Ausgleichsgarantie verschafft zudem dem abhängigen Unternehmen eine ausreichende Planungssicherheit, die über die Planungssicherheit der normalen Nachteilsausgleichsvereinbarung hinausgeht. Jegliche Nachteiligkeit wird nicht nur ausgeglichen, sondern sogar ausgeschlossen. Darüber hinaus kann, ohne auf eine Urteilsbedingung im Sinne der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zurückzugreifen, das Problem eines derzeit nicht bezifferbaren Nachteils gelöst werden. Da es zudem an jeglicher Bedingung fehlt, die Anforderungen an den Nachweis des Garantiefalls sind insofern keine echte Bedingung,658 und der Nachteil gar nicht erst entstehen kann, sind auch alle weiteren Probleme der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht auf die Ausgleichsgarantie übertragbar. Auch das Problem fehlender Bilanzierbarkeit bzw. fehlenden bilanziellen Ausgleichs stellt sich bei der Ausgleichsgarantie nicht. In dem Moment, in dem der Nachteil erkennbar wird, führt dieser zu negativen bilanziellen Auswirkungen. Gleichzeitig tritt der materielle Garantiefall ein, weshalb ein gleich großer Vorteil – in Form eines Ausgleichsanspruchs in bar – den bilanziellen Nachteil aufwiegt. Es herrscht somit ständige Bilanzneutralität. Daher ist die Ausgleichsgarantie eine zulässige Möglichkeit, die Problematik derzeit nicht bezifferbarer Nachteile zu umgehen. Fraglich ist, ob dieses Ergebnis auch für die „kleine Schwester“ der Ausgleichsgarantie, die Nachbesserungsgarantie, gilt.

656 657 658

Vgl. Hüffer/Koch, § 312 AktG Rn. 1; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 312 AktG Rn. 1. Zu den Berichtspflichten vgl. J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 312 AktG Rn. 29 ff. Vgl. oben § 13 II. 2. 6. b).

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2. Die Nachbesserungsgarantie Die Nachbesserungsgarantie sieht sich, ähnlich wie die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung,659 dem Vorwurf ausgesetzt, die Schadenersatzverpflichtung des § 317 Abs. 1 AktG zu umgehen. Denn nach dem Regelungssystem des faktischen Konzerns ist jeder unausgeglichene oder nicht vollständig ausgeglichene Nachteil ein Grund für die Schadenersatzhaftung nach § 317 Abs. 1 AktG. Die Nachbesserungsgarantie verhindert somit letztlich die gesetzlich vorgesehene Folge bei Nichtausgleich des Nachteils. Hierin liegt aber auf den ersten Blick keine Umgehung des § 317 AktG, da dessen Schutzbereich gar nicht berührt wird. § 317 AktG dient der Verwirklichung des Schutzzwecks von § 311 AktG.660 Wenn aber ein (zusätzlicher) Nachteil gar nicht erst entstehen kann, eröffnet dies den Schutzbereich des § 311 AktG gar nicht. Mithin gäbe es auch keinen Grund für eine Schadenersatzhaftung nach § 317 Abs. 1 AktG. So einfach lässt sich allerdings nicht argumentieren, da auf diese Weise von der Zulässigkeit ausgegangen würde, um dieselbe zu untermauern. Daher ist eine eingehende Untersuchung erforderlich. Der Schutzzweck des § 317 AktG erfordert eine genaue Betrachtung der Nachteiligkeit einer veranlassten Maßnahme. War diese nachteilig, ist ein vollständiger und rechtzeitiger Ausgleich nötig, um den Schutz des § 311 AktG vor nicht kompensierten Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens zu verwirklichen. Dieser Schutz wird bei Vernachlässigung der Pflichten durch das herrschende Unternehmen durch eine weitgehende Schadenersatzverpflichtung erfüllt. Das abhängige Unternehmen soll so gestellt werden, als sei rechtzeitig und vollständig ausgeglichen worden. Genau den gleichen Zweck verfolgt aber die Garantie. Diese geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt das abhängige Unternehmen so, als wäre nie eine nachteilige Einflussnahme erfolgt. Der Schutz durch eine Garantie geht also weiter als der vereinte Schutz durch §§ 311, 317 AktG. Daher kann von einer Umgehung des § 317 AktG keine Rede sein. Des Weiteren gilt für die Nachbesserungsgarantie mit Blick auf die Zulässigkeitshindernisse der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung das Gleiche wie für die Ausgleichsgarantie. Auch hier ist eine ausreichende Planungssicherheit gewährleistet, die nicht mithilfe unzulässiger oder wirkungsloser Bestimmungen innerhalb der Garantie „erkauft“ werden muss. Hier zeigt sich wiederum die enge Verwandtschaft beider Garantien. Diese führt aber bei beiden Garantieformen zu einem augenscheinlich großen Nachteil im Vergleich zur Nachteilsausgleichsvereinbarung.

659 660

Dazu oben § 13 II. 1. Vgl. J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 317 AktG Rn. 1.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

3. Die Nachteile beider Garantien Bei beiden Garantieformen gibt es einen entscheidenden Nachteil, insbesondere für das abhängige Unternehmen. Um die Nachteiligkeit auch finanziell wirklich auszuschließen, ist es erforderlich, laufend den Eintritt des Garantiefalls zu kontrollieren. Dies ist zwar durch elektronische Buchhaltungsmethoden leicht zu bewerkstelligen, erlegt aber im Umkehrschluss dem abhängigen Unternehmen die Pflicht auf, die „Nachteiligkeit“ der Maßnahme eigenständig zu beurteilen. Die Zulässigkeit der Garantie als Mittel, den Nachteil auszuschließen, hängt daher von der Frage ab, ob diese Umverteilung der Kontrollpflichten dem Schutzzweck des § 311 AktG entspricht. Dieser stellt die Grundnorm des faktischen Konzerns dar und ist deshalb grundsätzlich auch bei Einsatz der Garantie zum Nachteilsausschluss zu beachten. Nach dessen Konzeption ist es Aufgabe des herrschenden Unternehmens, gegebenenfalls gemeinsam mit dem abhängigen Unternehmen, die Nachteiligkeit zu ermitteln. Nur auf dieser Grundlage kann es entscheiden, ob ein Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG erfolgen muss. Die Feststellung des Ausgleichserfordernisses kann allein deshalb nicht sinnvoll durch das abhängige Unternehmen durchzuführen sein, da es selbst bei Feststellung einer Nachteiligkeit keinen Anspruch auf Ausgleich besäße. Die Auswahl des Ausgleichs obliegt beiden Unternehmen hingegen gemeinsam.661 Im Gegenzug muss das abhängige Unternehmen prüfen, ob die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs nach § 317 AktG vorliegen. Dieses Verhältnis der Prüfungspflichten lässt sich auch anhand der §§ 312 f. AktG erkennen. Diese enthalten Prüf- und Berichtspflichten der abhängigen Gesellschaft und ihres Vorstands. Hieraus lässt sich aber nicht schließen, dass die abhängige Gesellschaft auch das Risiko der Nachteilsfeststellung trägt. Denn die Prüf- und Berichtspflichten der §§ 312 f. AktG sind zeitlich nachgelagerte Pflichten, die eine vom herrschenden Unternehmen bereits erfolgte Nachteilsbewertung und einen zumindest möglichen Ausgleich voraussetzen. Diese Pflichten dienen der Dokumentation bereits erfolgter Bewertungen und Ausgleichsleistungen.662 Demnach muss etwa der Vorstand der abhängigen Gesellschaft am Ende des Geschäftsjahres nach § 312 Abs. 3 S. 2 AktG erklären, ob die Gesellschaft benachteiligt wurde und, falls ja, ob die Nachteile ausgeglichen worden sind. Eine Pflicht, die Nachteiligkeit vorher zu ermitteln, enthält § 312 AktG indes nicht. Daher ist das herrschende Unternehmen nach der gesetzgeberischen Konzeption dafür verantwortlich, dass der Nachteil quantifiziert wird. Dies zeigt sich auch an der sonst drohenden Schadenersatzfolge des § 317 Abs. 1 AktG, die nur das herrschende Unternehmen trifft. Durch den Einsatz der Garantie werden die Nachteilsermittlung und damit auch das Risiko einer Fehlbewertung scheinbar vollständig dem abhängigen Unternehmen zugewiesen. Das herrschende Unternehmen kann durch den Einsatz einer Garantie seine eigenen Kontrollpflichten hinsichtlich der Nachteiligkeit von Maßnahmen somit komplett auf das abhängige Unternehmen abwälzen. Diese Verschiebung 661 662

Dazu bereits oben § 6 III. 3. So wohl auch MüKo AktG/Altmeppen, § 312 AktG Rn. 3.

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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scheint zunächst der eben aufgezeigten gesetzgeberischen Konzeption zu widersprechen, wonach es der gesetzliche Regelfall ist, dass das herrschende Unternehmen den Nachteil festzustellen hat und für einen Ausgleich sorgen muss. Eine vollständige Verlagerung auf das abhängige Unternehmen dürfte angesichts des Sinn und Zwecks der §§ 311 ff. AktG auch nicht zulässig sein. Eine Aufteilung der Prüfpflichten hin zu einer gemeinsamen Prüfung ist jedoch nicht zu beanstanden.663 Anhand der gewählten Formulierung der Garantie wird diese Verschiebung daher auf das zulässige Maß begrenzt.664 Beide Unternehmen prüfen anhand der Quartalsberichte den Eintritt des Garantiefalls. Wenn dem abhängigen Unternehmen ein zusätzlicher Nachteil auffällt, kann es diesen selbst geltend machen. Diese Wahl der Überprüfungsmechanismen entspricht im Ergebnis der oben dargestellten gesetzgeberischen Konzeption. Zunächst überprüfen beide Unternehmen gemeinsam den Eintritt des Garantiefalls – in der Sprache des faktischen Konzerns die Nachteiligkeit. Diese gemeinsame Überprüfung ist für das abhängige Unternehmen sogar besser als die beim faktischen Konzern vorgesehene Überprüfung allein durch das herrschende Unternehmen, da ihm insoweit ein Mitspracherecht bei der Überprüfung zusteht. Bei zusätzlichen Nachteilen ist das abhängige Unternehmen, ähnlich wie bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs, allein verantwortlich. Insgesamt ist in der Verteilung der Prüfpflichten also keine Verschlechterung für das abhängige Unternehmen enthalten. Die Ausgleichs- und die Nachbesserungsgarantie sind daher zulässig. 4. Ergebnis Sowohl die Ausgleichsgarantie als auch die Nachbesserungsgarantie sehen sich zunächst ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt wie die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung. Mithilfe einer Garantie kann aber einerseits das Problem der derzeit nicht bezifferbaren Nachteile umgangen werden und können andererseits auch die Kritikpunkte an der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vermieden werden. Damit stehen beide Garantieformen als Möglichkeiten zur Bewältigung der Probleme derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile fest. Neben dieser Möglichkeit, deren Anwendungsbereich noch näher zu bestimmen bleibt, gibt es aber noch eine andere Variante zur Lösung des Problems. Diese setzt nicht bereits bei der Entstehung des Nachteils an, sondern versucht, wie die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung, den Nachteil auszugleichen.

663

Zumal bei der Garantie die Regelungen der §§ 311 ff. AktG nur eingeschränkt Anwendung finden; vgl. etwa oben § 15 I. 3. a) bb). 664 Zu den insofern bei beiden Garantieformen inhaltsgleichen Formulierungen vgl. oben § 15 I. 2. a), c).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

IV. Die Alternative: Ausgleich durch auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung 1. Einleitung Anstatt eine Garantie zu verwenden, lassen sich die Probleme derzeit nicht genau zu beziffernder Nachteile eventuell auf andere Weise lösen. Im Regelfall lassen sich diese Nachteile zwar nicht summenmäßig exakt feststellen, aber eine Obergrenze für jeden Nachteil ließe sich normalerweise finden. Gerade nach der erforderlichen intensiven Nachteilsermittlung ist eine solche Obergrenze relativ leicht auszumachen. Daher besteht zumindest gedanklich die Möglichkeit, die Problematik derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile durch den Einsatz einer auflösenden Bedingung zu beseitigen. Hierbei wird dem abhängigen Unternehmen ein Anspruch auf Nachteilsausgleich am Ende des Geschäftsjahres gewährt, der die Obergrenze der denkbaren Nachteilshöhe enthält. Dieser Ausgleich steht unter der auflösenden Bedingung, dass sich die Ausgleichspflicht verringert, wenn sich die Nachteilshöhe später geringer darstellt, als in der Vereinbarung festgehalten. Eine auflösende Bedingung birgt gerade nicht die oben genannten Probleme. Sie sorgt vielmehr für einen rechtzeitigen Ausgleich und führt dennoch in der Gesamtschau nicht zu einer Überbelastung des herrschenden Unternehmens.665 Weiterhin besteht dadurch ein hoher Anreiz, die Veranlassung von Maßnahmen, die zu einem derzeit nicht quantifizierbaren Nachteil führen, zukünftig zu unterlassen und alternativ den Vertragskonzern einzugehen. Dies ist aus Sicht der Minderheitsaktionäre zu begrüßen. Auch aus der Perspektive des herrschenden Unternehmens hat die Wahl einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht nur Nachteile. Zwar ist es zukünftig erforderlich, die Nachteilsquantifizierung intensiver zu betreiben, allerdings kann die daraus folgende Rechtssicherheit hinsichtlich der fehlenden Schadenersatzpflicht nicht hoch genug angesiedelt werden. Außerdem bietet eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung dem herrschenden Unternehmen ebenfalls nicht zu unterschätzende bilanzielle Vorteile, da der durch die veranlasste Maßnahme erlangte (bilanzielle) Vorteil am Geschäftsjahresende durch die nun bilanzierbare Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgeglichen werden kann. Allerdings ist auch diese Form der Vereinbarung nicht ohne weiteres zulässig, da auch hier bestimmte Anforderungen an Inhalt und Formalien einzuhalten sind. Diese Anforderungen sind Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung.

665

Dazu sogleich.

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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2. Ausgestaltung dieser Nachteilsausgleichsvereinbarung und weiterer Ablauf a) Formalitäten und Inhalt des Vertragsschlusses aa) Der Unterschied zur „normalen“ unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist in ihrem Kern eine normale bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung.666 Allerdings ist sie mit der auflösenden Bedingung einer späteren Nachteilsquantifizierung unterhalb des im Rechtsanspruch genannten Wertes versehen. Tritt dieser Fall ein, so wird der Anspruch auf die nun festgestellte Summe beschränkt. Im Folgenden soll nun das Verfahren hin zu einer solchen Vereinbarung näher erläutert werden. Bei der Wahl einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist darauf zu achten, dass nach den oben genannten Kriterien eine ausführliche Nachteilsanalyse erfolgt.667 An deren Ende steht zumindest ein summenmäßig nach oben begrenzter oder begrenzbarer Nachteil. Hinsichtlich dieses Nachteils ist ein Rechtsanspruch auf Ausgleich in voller Höhe zu gewähren. Dieser Anspruch ist sowohl der Höhe nach als auch dem Grunde nach auflösend bedingt durch eine spätere Nachteilsquantifizierung. Fällt der Nachteil der Höhe nach geringer aus als bisher angenommen, ist der Anspruch nach § 158 Abs. 2 BGB auf den tatsächlich festgestellten Wert reduziert. Diese Möglichkeit besteht bei einer regulären Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht, da es keine gesetzliche Grundlage einer solchen nachträglichen Reduzierung gibt.668 Möglich erscheint nur eine Reduzierung der Nachteilsausgleichsvereinbarung als Grundlage des Anspruchs. Um eine nachträgliche Reduzierung zu erreichen, müsste der für die Leistung bestehende Rechtsgrund teilweise entfallen sein. Denkbarer Rechtsgrund kann hierbei allein § 311 AktG bzw. die Nachteilszufügung selbst sein. Für eine genauere Aussage ist daher die mögliche Einstufung beider Varianten als Rechtsgrund näher zu untersuchen. Rechtsgrund ist immer das der Leistung zugrunde liegende Kausalverhältnis, der Grund für das „Behaltendürfen“ der Leistung.669 Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Nachteilsausgleichsvereinbarung in ihrer Ausgangshöhe ist die Nachteilszufügung. Der Umfang des Behaltendürfens richtet sich daher nach dem Umfang der Nachteilszufügung. Ergibt sich im Nachhinein ein geringerer Nachteil als zunächst angenommen, könnte der Rechtsgrund des Ausgleichs (teilweise) entfallen sein. Dies gilt aber nicht generell für jede Nachteilsausgleichsvereinbarung, da im Normalfall nachträgliche positive Entwicklungen nicht den Nachteil verändern.670 Nur falls auch aus ex-ante-Sicht der 666 667 668 669 670

Zur bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung oben § 6 III. 2. b). Dazu ausführlich § 3 und auf die hier angesprochenen Anwendungsfelder bezogen § 10. So schon oben § 6 II. für die Frage, ob der Ausgleich vollständig erfolgt ist. Statt aller MüKo BGB/Schwab, § 812 BGB Rn. 336 ff. Siehe oben § 6 II.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Nachteil zu hoch bewertet war, kann im Ausnahmefall eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung geboten sein. Daher liegt bei einer unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung in der Regel nicht der teilweise Wegfall des Rechtsgrundes im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB vor, da es keinen Anspruch auf Ausgleich gibt, der teilweise entfallen sein könnte. Dies zeigt den deutlichen Unterschied zur auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Bei dieser tritt die Reduzierung schon aufgrund § 158 Abs. 2 BGB ein.671 Entfällt der Nachteil völlig, so ist der gesamte Anspruch aus der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung als nicht entstanden anzusehen. bb) Besondere inhaltliche Anforderungen Allerdings ist es erforderlich, in der Nachteilsausgleichsvereinbarung die Parameter einer solchen späteren Nachteilsquantifizierung und die Bedingungen einer Reduzierung der Anspruchshöhe genauestens festzulegen. Nur dann besteht auch eine ausreichende Planungssicherheit des abhängigen Unternehmens.672 Daher muss schon bei Abschluss der Vereinbarung genau geklärt werden, in welchen Fällen eine Reduzierung des Anspruchs eintreten soll. Insofern besteht bei der Formulierung dieser Parameter ein Gleichlauf mit der Garantievereinbarung, bei der auch die Kriterien zur Bestimmung des Eintritts des Garantiefalls vorher genau festzulegen sind. Inhaltlich dürften sich diese Kriterien nahezu entsprechen. Weiterhin sollten schon in der Nachteilsausgleichsvereinbarung Zeitintervalle und Kontrollinstrumente vereinbart werden, anhand derer der Eintritt der Parameter zweifelsfrei festgestellt werden kann.673 Auf diese Weise kann einer gerichtlichen Klärung vorgebeugt werden. Möglich ist aber auch, diese Feststellung auf dem Wege eines schiedsrichterlichen Verfahrens treffen zu lassen.674 Wichtig ist indes, dass durch eine solche Nachteilsausgleichsvereinbarung die Beurteilung der Nachteiligkeit weiterhin aus ex-ante-Sicht erfolgt. Dies macht die Bewertung natürlich nicht einfacher. Eine andere Sicht ist aber allein aus Gründen des Minderheitenschutzes nicht gerechtfertigt.675 Des Weiteren folgt diese Eingrenzung der Formulierungswahl aus der Bindung der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung an § 311 AktG, der eine ex-ante-Betrachtung der Nachteiligkeit vorschreibt. Die Parameter, anhand derer eine Reduzierung der Nachteilshöhe vorgenommen werden sollen, sind nichts anderes als eine (zeitlich nach hinten verschobene) Neubewertung des Nachteils. Diese muss sich aber, um den Anforderungen des § 311 AktG gerecht zu werden aus ex-ante festgelegten Parametern ergeben. Daher ist bei der Formulierung der Parameter, anhand derer ein Eintritt der Bedingung festgestellt werden 671

Zum Ablauf nach Vertragsschluss noch ausführlich unten § 15 IV. 2. b). Dazu noch unten § 15 V. 3. 673 Ein Formulierungsvorschlag findet sich unten unter § 19. 674 Dazu noch unten § 15 V. 4. 675 Zur Frage, ob nicht dennoch eine Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts droht, siehe unten § 15 V. 1. 672

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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soll, darauf zu achten, dass diese keine rückschauende Beurteilung enthalten. Es ist also erforderlich, dass die genannten Parameter mit dem Kenntnisstand im Zeitpunkt der Nachteilszufügung verfasst werden und dieser Kenntnisstand auch inhaltlich wiedergegeben wird. Eine solche Formulierung ist nach einer vorangegangenen eingehenden, aber mit Blick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ergebnislosen, Nachteilsquantifizierung leicht möglich, da die Gründe einer fehlenden Quantifizierbarkeit das Äquivalent der Prognoseunsicherheit und damit auch der notwendigen Parameter einer späteren Quantifizierung darstellen. Eine pauschale Benennung dieser Gründe ist allerdings nicht möglich. Es kommt vielmehr darauf an, die im Einzelfall erforderlichen Kriterien zu identifizieren und dann vertraglich festzuhalten. Hierbei bieten sich generell bestimmte Geschäftsentwicklungen als Indikator an. Diese müssen aber antizipiert werden, um nicht die Gefahr einer rückschauenden Betrachtung zu bergen. Daher reicht es nicht, auf die entsprechende bilanzielle Entwicklung zu verweisen, da dies eine rein rückwärts gewandte Betrachtung darstellen würde. Das bedeutet konkret, dass genau die Unsicherheiten, die zur fehlenden Ad-hoc-Quantifizierbarkeit geführt haben, die Grundlage einer späteren Kontrolle des Bedingungseintritts bieten müssen. Dazu ein Beispiel: Im Falle einer veranlassten Produktentwicklung mit nur vager Abnahmeverpflichtung durch den Kunden des herrschenden Unternehmens676 stellt gerade diese vage Abnahmeverpflichtung den Grund einer nicht prognostizierbaren Nachteiligkeit dar. Daher kann die tatsächlich erfolgte Nichtabnahme als Kriterium zur Bestimmung der Nachteiligkeit und damit zur Feststellung des Bedingungseintritts herangezogen werden. Allerdings ist noch in der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung der Nachteil im Falle des Bedingungseintritts zu quantifizieren. Das bedeutet, die erwarteten Entwicklungskosten sind für den Fall des Bedingungseintritts als Nachteil festzuhalten. Es genügt aber nicht der ex-ante-Betrachtung, wenn nur der Bedingungseintritt festgehalten wird, aber für die tatsächliche Quantifizierung der Zeitpunkt des Bedingungseintritts und damit eine rückschauende Betrachtungsweise herangezogen werden. Dieses Beispiel zeigt, dass sich die notwendigen Parameter nicht pauschal darstellen lassen, sondern einzelfallabhängig sind. Bei der Wahl dieser Parameter muss die gleiche Sorgfalt beachtet werden, die auch der Ermittlung der Nachteiligkeit selbst zugrundeliegt. Eine doppelte Anstrengung liegt hierin aber nicht. Neben diesen inhaltlichen Anforderungen bestehen indes auch formale Bestimmungen, die es einzuhalten gilt. Allen voran zwar kein gesetzliches, aber ein praktisches Schriftformerfordernis, da sich sonst die inhaltlichen Anforderungen nur äußerst schwer nachweisen und kontrollieren lassen. cc) Besondere Abschlussvoraussetzungen Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist zudem – parallel zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung677 – im Rahmen der Hauptver676 677

Zu diesem Beispiel vgl. bereits oben § 10 III. 2. Vgl. oben § 8 III.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

sammlung, die über die Durchführung der veranlassten Maßnahme beschließt, nach § 243 Abs. 2 AktG Gegenstand des zustimmenden Beschlusses. Befasst sich die Hauptversammlung zu Recht nicht mit der nachteiligen Maßnahme, etwa weil der Vorstand das Optionsrecht des § 119 Abs. 2 AktG nicht ausübt, so dürfen die beteiligten Vorstände die Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst schließen. Den Vorständen ist aber bei weitreichenden Veranlassungen, welche bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen zumeist vorliegen dürften, zu raten, die Hauptversammlung zumindest nach § 119 Abs. 2 AktG mit der Nachteilszufügung und damit dann zwingend auch der Nachteilsausgleichsvereinbarung zu befassen. Dies vereinfacht die Prozedur zwar nicht, erhöht jedoch die Rechtssicherheit und verringert das Haftungsrisiko sowohl für die Vorstände als auch für die jeweiligen Unternehmen. Insgesamt gelten aber die gleichen Anforderungen an die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung wie an eine unbedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung. dd) Zwischenergebnis Zusammenfassend ist erkennbar geworden, dass eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung inhaltlich wesentlich aufwendiger ist als eine unbedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung, aber ebenso aufwendig wie eine Ausgleichsgarantie. Mit Blick auf derzeit nicht quantifizierbare Nachteile gibt es aber nur die Wahl zwischen zwei Alternativen – entweder diesen Aufwand zu betreiben oder aber nach § 317 AktG schadenersatzpflichtig zu werden. Die im Regelfall höheren finanziellen Risiken des Schadenersatzanspruchs lassen indes den hier dargestellten Aufwand für die Formulierung der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung vertretbar erscheinen. Damit ist der Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung selbst hinreichend erläutert. Es hat sich gezeigt, dass zur normalen Nachteilsausgleichsvereinbarung ohne auflösende Bedingung kein Unterschied besteht. Wesentlich interessanter ist der anschließende Ablauf nach Vertragsschluss. Hier kommt es insbesondere darauf an, dass ein mit der unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung vergleichbarer Ablauf gewährleistet ist, um die Regelungen des faktischen Konzerns einzuhalten. b) Der Ablauf nach Vertragsschluss – die Feststellung des Bedingungseintritts aa) Grundlegendes Aus Sicht des herrschenden Unternehmens ist der Abschluss einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung zunächst mit höheren Ausgleichsbeträgen verknüpft als tatsächlich im Ergebnis geschuldet wären. Es wird daher darauf drängen, den Bedingungseintritt, der zu niedrigerer Ausgleichsschuld führt, schnellstmöglich festzustellen oder feststellen zu lassen. Im Anschluss an die Ver-

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einbarung muss daher in regelmäßigen Zeitabständen der Eintritt der Bedingung untersucht werden. Das hierbei anzuwendende Prozedere kann bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung abgestimmt werden.678 Ist die Bedingung nachweisbar eingetreten, wird der Ausgleichsanspruch nach § 158 Abs. 2 BGB entsprechend reduziert oder gilt insgesamt als nicht entstanden. Problematisch ist, welche Anforderungen an diese Nachweisbarkeit zu stellen sind. Eine einvernehmliche Begutachtung des Bedingungseintritts innerhalb vorher festgelegter Zeitintervalle anhand festgelegter Parameter ist hierbei die einfachste Lösung. Scheitert eine solch einvernehmliche Begutachtung oder ist die vorherige Festlegung der Parameter nicht zweifelsfrei möglich, stellt sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Parallel zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist die rechtskräftige Feststellung des Bedingungseintritts durch ein Gericht denkbar. Eine Leistungsbestimmung liegt hierin nicht, da die Leistung bzw. Gewährung eines Rechtsanspruchs auf einen konkreten, zahlenmäßig bestimmten Vorteil bereits erfolgt ist und nur dem Grunde und der Höhe nach kontrolliert werden soll. Deshalb ist dieses Vorgehen prinzipiell möglich, aber es fehlt eventuell an einer Klagebefugnis zur Feststellung des Bedingungseintritts. Eine Klage des abhängigen Unternehmens auf positive Feststellung ist hierbei praktisch irrelevant, da es sich einen eigenen Anspruch beschneiden würde. Eine dahingehende Veranlassung des herrschenden Unternehmens könnte zudem eine erneute Nachteilszufügung darstellen,679 scheitert aber spätestens an einer Klagebefugnis der abhängigen Gesellschaft. Denkbar wäre nur der umgekehrte Fall, dass das herrschende Unternehmen den Bedingungseintritt behauptet, er aber aus Sicht des abhängigen Unternehmens oder tatsächlich nicht vorliegt. In diesem Falle wäre eine (negative) Feststellungsklage des abhängigen Unternehmens auf Feststellung des Nichteintritts der Bedingung im Regelfall zulässig. Eine positive Feststellung des Bedingungseintritts durch das abhängige Unternehmen bleibt aber praktisch ausgeschlossen. bb) Leistungsklage des herrschenden Unternehmens? In Betracht kommt daher eine Klage des herrschenden Unternehmens auf Leistung aus einem Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Dazu bedarf es einer Leistung, die ohne rechtlichen Grund erfolgte. Ob eine anfängliche Rechtsgrundlosigkeit vorliegt, was angesichts der Rechtsfolge des § 158 Abs. 2 HS. 2 BGB naheliegend ist, oder ein späterer Entfall des Rechtsgrundes,680 wofür die Möglichkeit der Vereinbarung einer Rückwirkung nach § 159 BGB spräche, ist für die Grundfrage einer 678 So bereits für die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung Luther/Happ, in: FormKomm, Form 2.204 II. § 2 Abs. 2 c) – e). 679 Hierzu noch unten § 15 V. 4. c). 680 So BGH NJW 1952, 1171 (Rn. 26); BGH MDR 1959, 658 (Rn. 26); OLG Brandenburg ZIP 1999, 116 (Rn. 23 f.); Jauernig/Stadler, § 812 BGB Rn. 14; Wendehorst, in: Bamberger/ Roth § 812 BGB Rn. 79.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

tatsächlichen Rechtsgrundlosigkeit der Leistung ohne Belang. Wirklich entscheidend ist, ob überhaupt der Rechtsgrund der Leistung fehlt. Dieses Fehlen des Rechtsgrundes der Leistung ist abhängig vom jeweiligen Leistungsinhalt. Wurde aufgrund der Nachteilsausgleichsvereinbarung bereits der Ausgleich tatsächlich geleistet, so fehlt es bei verringerter Schuld aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung teilweise am Rechtsgrund. Wurde allerdings noch nicht geleistet, ist der einzige Leistungsinhalt die Gewährung des Rechtsanspruchs. Fraglich ist aber, ob § 311 AktG oder die Nachteilszufügung selbst tatsächlich einen Rechtsgrund für diese Leistung darstellen können. Wie bereits festgestellt, besteht auf den Ausgleich kein Anspruch seitens des abhängigen Unternehmens.681 Daher ist zu klären, ob die Qualifizierung als Rechtsgrund einen Anspruch voraussetzt. Nach einer in der Literatur zu § 812 BGB vertretenen subjektiven Auffassung fehlt es am Rechtsgrund, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist.682 Dem hält die wohl herrschende Auffassung entgegen, dass dies eine Frage der Zweckverfehlungskondiktion sei. Rechtsgrundlosigkeit sei dann gegeben, wenn objektiv kein Rechtsverhältnis besteht, das die Zuordnung einer Güterbewegung ermögliche.683 Nach beiden Auffassungen stellt aber die Nachteilszufügung im Sinne des § 311 AktG einen Rechtsgrund für den Ausgleich dar. Sobald die tatbestandlichen Voraussetzungen des faktischen Konzerns erfüllt sind und eine Veranlassung nachteiliger Maßnahmen vorliegt, gibt es einen Rechtsgrund für den Nachteilsausgleich aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung. Fehlt es, zumindest teilweise durch Eintritt der auflösenden Bedingung, an einem Nachteil, so fehlt es damit möglicherweise am Rechtsgrund der Leistung in Form der Gewährung des Rechtsanspruchs. Dann wäre der Rechtsanspruch zumindest teilweise kondizierbar. Diese Lösung erscheint jedoch mit Blick auf die fehlende Anspruchsqualität des § 311 AktG höchst fragwürdig. Allerdings ist zu beachten, dass sich @ im Falle einer bisher nicht erfolgten Erfüllung der Nachteilsausgleichsvereinbarung @ der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung schon aufgrund der eingetretenen Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB automatisch reduziert. Der Weg über § 812 BGB ist daher gar nicht erforderlich. Deshalb ist in diesem Fall eine Klage des herrschenden Unternehmens allenfalls auf Feststellung des Bedingungseintritts nach § 256 ZPO möglich. cc) Klage auf Feststellung des Bedingungseintritts? Fraglich ist aber, ob für eine solche Klage das nötige Feststellungsinteresse gegeben wäre.684 Dieses Feststellungsinteresse ist zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung 681 682 683 684

Rn. 7.

Siehe bereits oben § 6 III. 3. Zuletzt Ehmann, JZ 2003, 702, 709. Statt aller MüKo BGB/Schwab, § 812 BGB Rn. 337 m.w.N. Allgemein zum Erfordernis des Feststellungsinteresses Musielak/Foerste, § 256 ZPO

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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der Feststellungsklage.685 Für ein rechtliches Interesse an der Feststellung ist es erforderlich, dass dem Recht oder Rechtsverhältnis des herrschenden Unternehmens eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht.686 Eine Unsicherheit ließe sich bereits mit einer anderen Rechtsauffassung durch das abhängige Unternehmen, also etwa mit der Behauptung des Nichteintritts der Bedingung, begründen.687 Einer solchen Behauptung des Nichteintritts der Bedingung stünde die Zahlungsaufforderung in voller Höhe gleich. Zu beachten ist auch, dass die Formulierung des Klageantrags so gewählt wird, dass es sich bei der zu klärenden Frage nicht nur um eine reine Vorfrage der eigentlichen Leistungsklage auf Rückforderung zu viel gewährter Leistungen handelt.688 In den Fällen, in denen eine tatsächliche Leistung aufgrund der Nachteilsausgleichsvereinbarung aber noch nicht vorliegt und auch nicht absehbar ist, dürfte es sich beim Gegenstand der Feststellung jedoch gerade nicht um eine reine Vorfrage handeln.689 Erforderlich ist daher weiterhin eine gegenwärtige Gefahr für das Recht oder Rechtsverhältnis des herrschenden Unternehmens als Kläger. Das streitige Recht oder Rechtsverhältnis kann in diesem Fall nur die potenzielle Verpflichtung aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung sein. Fraglich ist, ob diesem Recht überhaupt eine gegenwärtige Gefahr durch die Behauptung des Nichteintritts der Bedingung drohen kann. Dies ist bereits zweifelhaft.690 Möglich ist es zwar, in der Leistungsverpflichtung ein feststellungsbedürftiges Rechtsverhältnis zu sehen. Dies gilt im Regelfall aber aus Gläubigersicht und nicht aus Schuldnersicht. Auch der Schuldner kann indes ein nachvollziehbares Interesse an der Feststellung einer geringeren Leistungsverpflichtung, als vom Gläubiger verlangt, haben.691 Fehlt es an einer tatsächlichen Leistungsaufforderung, so ist eine gegenwärtige Gefahr für das Recht – in Form der Leistungsverpflichtung in voller Höhe – gleichwohl nicht ersichtlich. Gegenwärtig wird die Gefahr frühestens mit Zahlungsaufforderung. Selbst im Falle einer tatsächlichen Leistungsaufforderung durch das abhängige Unternehmen in voller Höhe droht aber keinem Rechtsverhältnis eine solch gegenwärtige Gefahr, dass eine Feststellungsklage zulässig wäre. In diesem Falle läge eine vorbeugende negative Feststellungsklage vor, bei der die Gefahr für das Recht des Klägers das berechtigte Interesse des Beklagten, einen Prozess nicht zur Unzeit führen zu müssen, überwiegen müsste.692 Bei einer 685

Vgl. bereits Hahn, Materialien zur Civilprozessordnung, S. 257. Vgl. Musielak/Foerste, § 256 ZPO Rn. 8. 687 Zum Merkmal der Unsicherheit Musielak/Foerste, § 256 ZPO Rn. 9. 688 Etwa Brehm, in: FS BGH, S. 105; anders Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 26. 689 So im Ergebnis wohl auch Musielak/Foerste, § 256 ZPO Rn. 16a, der ein fehlendes Feststellungsinteresse bei einer späteren Leistungsklage nur dann annehmen will, wenn diese nicht mehr zurücknehmbar ist. Im Umkehrschluss ist die Feststellungsklage aus seiner Sicht in diesem Fall daher keine reine Vorfragenklärung. 690 So etwa für den Fall einer Berühmung eines Rechts Musielak/Foerste, § 256 ZPO Rn. 10. 691 Zur Zulässigkeit der Feststellung einer Leistungspflicht in Umfang und Inhalt zuletzt BGH NJW 2010, 2793, 2794 (Rn. 16). 692 Musielak/Foerste, § 256 ZPO Rn. 10. 686

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

rein vorbeugenden Klärung einer geringeren Leistungsverpflichtung ist ein Überwiegen der Interessen des herrschenden Unternehmens aber nicht ersichtlich. Daher wäre das herrschende Unternehmen auf eine Widerklage oder eine reine Verteidigung im Rahmen der Leistungsklage des abhängigen Unternehmens auf Leistung aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung zu verweisen.693 Eine eigenständige Feststellungsklage wäre somit unzulässig. Es kann aber Fälle geben, in denen die Gefahr für die in Rede stehende Leistungsverpflichtung in voller Höhe größer ist, als das Interesse des abhängigen Unternehmens den Prozess nicht zur Unzeit zu führen, etwa wenn bei Abwarten finanzielle Schäden beim herrschenden Unternehmen drohen. Dies dürfte jedoch auf wenige Einzelfälle beschränkt sein. Dann wäre eine Feststellungsklage, mit dem Ziel, den Bedingungseintritt feststellen zu lassen, zulässig. Mithin ist ein Feststellungsinteresse des herrschenden Unternehmens, abgesehen von atypischen Einzelfällen, nicht zu begründen, weshalb eine klageweise Feststellung des Bedingungseintritts nicht zulässig wäre. Daher bietet die Feststellungsklage in der Regel keine Möglichkeit für das herrschende Unternehmen, den Bedingungseintritt rechtssicher feststellen zu lassen. dd) Schiedsverfahren Möglich erscheint es aber, die Frage des tatsächlichen Bedingungseintritts durch ein Schiedsverfahren klären zu lassen.694 Damit gäbe es grundsätzlich ein verlässliches Verfahren, den Eintritt der Bedingung überprüfen zu lassen, wenn eine einvernehmliche Überprüfung scheitert. In der Praxis dürfte aber bei entsprechenden Machtverhältnissen im faktischen Konzern das herrschende Unternehmen auf eine Überprüfung im Schiedsverfahren drängen, um Gewissheit hinsichtlich der bestehenden Zahlungsverpflichtung erlangen zu können, auch wenn dies im Vergleich zur einvernehmlichen Lösung mit höheren Kosten verbunden ist. Hierbei ist es dem herrschenden Unternehmen nicht gestattet, die Kosten für das Schiedsverfahren ohne Kompensation auf das abhängige Unternehmen abzuwälzen, da hierin eine erneute Nachteilszufügung zu sehen ist, die nach §§ 311, 317 AktG auszugleichen ist.695 Detaillierter soll aber auf die Anforderungen und die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens erst eingegangen werden, wenn feststeht, dass die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung auch wirklich allen Anforderungen des Gesetzes, insbesondere des Schutzzwecks des § 311 AktG, entspricht. Bislang genügt es, dass neben der Klage nach § 812 BGB bei bereits erbrachter Leistung auch grundsätzlich ein anderes Verfahren zur Verfügung stünde, um den Bedingungseintritt rechtssicher und von unabhängiger Seite feststellen zu lassen. Es bleibt den Parteien jedoch unbenommen, die Nachteilsfeststellung anhand eines vorab festgelegten Verfahrens selbst und ohne Einschaltung Dritter vorzunehmen. 693 694 695

Anders wohl Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 26 ff. Dazu noch ausführlich unten § 15 V. 4. Dazu ebenfalls unten § 15 V. 4. c).

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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ee) Ergebnis Der tatsächliche Ablauf des Verfahrens nach Vertragsschluss ist insgesamt stark von den individuellen Verhältnissen im konkreten Fall abhängig und lässt sich daher nur überblickshaft darstellen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es im Kern drei Möglichkeiten gibt, den Eintritt der Bedingung festzustellen. Die konfliktfreieste Möglichkeit ist eine einvernehmliche Prüfung anhand vorher festgelegter Parameter und Zeitintervalle. Daneben besteht die Möglichkeit der klageweisen Geltendmachung des Bedingungseintritts für das herrschende Unternehmen, wenn es aufgrund der Nachteilsausgleichsvereinbarung bereits geleistet hat. Generell kann, bei Vereinbarung einer Schiedsklausel, der Eintritt der Bedingung auch in einem schiedsrichterlichen Verfahren festgestellt werden. Damit ist die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung aber nicht konfliktanfälliger als jede andere Nachteilsausgleichsvereinbarung. 3. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung aus Sicht der Beteiligten Fraglich ist jedoch, ob eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung auch den Interessen aller Beteiligten gerecht wird. Insbesondere die Interessen der von § 311 AktG besonders geschützten, außenstehenden Aktionäre und Gläubiger dürfen durch die Wahl einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht beeinträchtigt werden. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung gewährt jedoch anders als die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung zunächst einen vollständigen Ausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG. Daher sind die Interessen der Minderheitsaktionäre und Gläubiger hierdurch gewahrt. Ebenso gilt dies für das Interesse des abhängigen Unternehmens an einem vollständigen Ausgleich. Auch die mögliche nachträgliche Verringerung des Rechtsanspruchs ist nur sachgemäß. Wäre der Nachteil von vornherein quantifizierbar gewesen, so wäre auch nur dieser zu ersetzen gewesen. Ein weitergehender Ersatz kann insoweit nicht verlangt werden. Dies darf sich auch durch eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht grundlegend ändern. Auch hier wird am Ende nur der tatsächliche Nachteil ausgeglichen. Letzteres ist auch der Grund, warum das herrschende Unternehmen eine so formulierte Nachteilsausgleichsvereinbarung einer unwirksamen unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vorziehen dürfte. Mit der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist der Ausgleich vollständig und rechtzeitig geleistet und ein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG kann nicht entstehen. Außerdem bietet die auflösende Bedingung die Möglichkeit, den Ausgleich vorsorglich höher anzusetzen, um dann bei tatsächlicher Quantifizierbarkeit nur den in der Sache angemessenen Nachteil ausgleichen zu müssen. Dem abhängigen Unternehmen entsteht durch diese Vorgehensweise ebenfalls kein „Nachteil“ im eigentlichen Sinn. Es besteht nur ein Anrecht, kein Anspruch, auf den Ausgleich des tatsächlichen aus ex-ante-Sicht feststellbaren

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Nachteils. Fehlt es hieran, ist Schadenersatz zu gewähren. Es besteht im Rahmen dieses Anspruchs aus § 317 AktG aber nicht die Möglichkeit, den Nachteil – als Mindestschaden – höher als tatsächlich einzustufen. Daher ist auch dem abhängigen Unternehmen mit der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung insoweit geholfen, als es zunächst einen weitgehenden Anspruch auf Ausgleich genießt, der bei Eintritt bestimmter Parameter auf das sachgerechte Maß begrenzt wird. Auf eine Mehrleistung hat das abhängige Unternehmen im Ergebnis auch nach der Konzeption des § 311 AktG kein Anrecht, da nur der zugefügte Nachteil auszugleichen ist. Vorteil für das abhängige Unternehmen ist aber die im Vergleich zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung höhere Planungssicherheit.696 Da die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung aus Sicht der beteiligten Unternehmen besser ist als abzuwarten, ob ein Schadenersatzanspruch nach § 317 Abs. 1 AktG wegen unvollständigen Nachteilsausgleichs entsteht, sind auch die jeweiligen Vorstände angehalten, solch eine Vereinbarung abzuschließen. Dieser Anreiz ergibt sich allein schon aus der sonst drohenden Schadenersatzhaftung, etwa nach § 317 Abs. 3 AktG.697 Insbesondere mit Blick auf die unzulässige und wirkungslose unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als Alternative bleibt einem sorgfältig handelnden Vorstand keine andere Wahl als die Verwendung dieser neuen Ausgleichsform. Damit ist die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung aus Sicht aller Beteiligten geeignet, die Risiken eines derzeit nicht zu beziffernden Nachteils auszugleichen. 4. Verbindung von Nachteilsausgleichsvereinbarung und Garantie als umfassende Problemlösung? Nachdem nun gleich zwei Lösungen für das Problem derzeit nicht genau quantifizierbarer Nachteile gefunden sind, stellt sich abschließend die Frage, ob eine Verbindung der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung mit einer Nachbesserungsgarantie zur umfassenden Problemlösung taugt. Allgemein betrachtet bestehen keine Bedenken, die zulässige Nachbesserungsgarantie statt bei unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarungen bei einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung einzusetzen. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens hätte den Reiz einer umfassenden Ausgleichsmöglichkeit, die alle Eventualitäten erfasst. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung deckt den erkennbaren Teil der Nachteile ab und reduziert sogar den Anspruch des abhängigen Unternehmens, falls die Bedingung eintritt. Sollte der Nachteil aber entgegen allen Erwartungen noch größer sein, als in der Prognose im Rahmen der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung angenommen, so hilft die Nachbesserungsgarantie auch in diesem Fall einen Schadenersatzanspruch nach § 317 696 697

§ 9 II.

Dazu noch sogleich § 15 V. 2., 3. Zu den verschiedenen Haftungsrisiken der beteiligten Vorstände siehe bereits oben

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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Abs. 1 AktG zu vermeiden. Ob diese optimale Gestaltung zulässig ist, hängt maßgeblich vom Anwendungsbereich der Nachbesserungsgarantie ab. Dieser ist identisch mit dem der Ausgleichsgarantie. Beide Garantieformen können nur bei quantifizierbaren oder derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilszufügungen eingesetzt werden. Eine Verwendung bei qualifizierten Nachteilszufügungen ist ausgeschlossen.698 Auch ein Einsatz bei quantifizierbaren Nachteilen bietet sich zumindest für die Ausgleichsgarantie praktisch nur selten an, da sie in diesem Fall keinerlei Vorzüge vor einer bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufweist. Lediglich die Nachbesserungsgarantie bietet sich auch hier für den „Dauereinsatz“ an, um die Auswirkungen von Bewertungsfehlern und damit verbundene Haftungsrisiken zu minimieren. Der praktisch bedeutsamere Anwendungsfall liegt aber gerade bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen, da hier beide Garantieformen ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Eine Einschränkung der Anwendbarkeit in diesem Rahmen lässt sich weder aus dem Gesetz noch aus allgemeinen Erwägungen entnehmen. Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die Nachbesserungsgarantie gut zur Ergänzung der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung taugt. Im Sinne eines optimalen Ausgleichs ist daher den beteiligten Konzernunternehmen zu einem solch kombinierten Vorgehen zu raten, da hier einerseits über die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung die Möglichkeit besteht, vorhersehbare, aber unsichere günstige Entwicklungen zu berücksichtigen und andererseits etwaige Fehlbewertungen des Nachteils über die Nachbesserungsgarantie ausgeschlossen werden können. 5. Ergebnis Eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung kann zwar nicht das Problem der derzeit nicht quantifizierbaren Nachteile beseitigen, aber sie hilft ein auch für diese Fälle gerechtes und vor allem rechtssicheres Ergebnis herbeizuführen. Dieses Ergebnis ist aus Sicht aller Beteiligten eine gute Alternative zum bloßen Abwarten, ob die Voraussetzungen des § 317 Abs. 1 AktG eintreten oder nicht. Daher ist den Vorständen beider Unternehmen zu raten, statt der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung abzuschließen, um das potenzielle Haftungsrisiko so weit wie möglich zu reduzieren. Der Abschluss dieser Vereinbarung orientiert sich formal an den für alle Nachteilsausgleichsvereinbarungen geltenden Regeln. Inhaltlich sind jedoch besonders hohe Anforderungen an die Formulierung der auflösenden Bedingung zu stellen, was aber aus Sicht des herrschenden Unternehmens nur billig ist. Je besser die Parameter der Bedingung gewählt sind, umso eher ist eine Reduzierung der Ausgleichslast zu erreichen. Diese Kriterien für die Feststellung des Bedingungseintritts müssen aus ex-ante-Perspektive formuliert werden, sie entsprechen jedoch meist genau den Unsicherheiten, die bei der Nachteilsermittlung zur fehlenden derzeitigen 698

Vgl. oben § 15 II.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

Quantifizierbarkeit geführt haben. Die Kosten der Ermittlung der Parameter dürften von der „Ersparnis“ im Vergleich zur Verwendung einer unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung mit der Unsicherheit einer drohenden Schadenersatzpflicht bei unzureichendem Ausgleich bzw. der Gefahr einer „Überzahlung“ mehr als ausgeglichen werden. Der Bedingungseintritt lässt sich im Falle einer bereits erfolgten Leistung im Klagewege über § 812 Abs. 1 S. 1, 2 BGB feststellen. Ist noch nicht geleistet worden, so ist eine klageweise Feststellung nicht möglich. Allenfalls eine schiedsrichterliche Feststellung verbleibt neben der immer möglichen einvernehmlichen Feststellung. Ebenfalls ist es möglich die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung mit einer Nachbesserungsgarantie zu verbinden, um eine optimale Lösung des Problems derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile herbeizuführen. Ist die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung also eine Art „Wunderwaffe“ bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen? Dies lässt sich nur dann bejahen, wenn die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung den Anforderungen der §§ 311 ff. AktG gerecht werden kann. Hierbei werden ähnliche Einwände untersucht wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, um die Vorteile der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung herauszustellen.

V. Mögliche Einwände gegen diese neue Form der Nachteilsausgleichsvereinbarung 1. Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts? Im Vergleich mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung besteht bei der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung umso mehr die Gefahr einer rückschauenden Betrachtung. Fraglich ist, ob es hierdurch auch zu einer generellen Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts hin zu einer ex-post-Betrachtung kommt und damit spätere Entwicklungen berücksichtigt werden. Beim Nachteilsausgleich erfolgt nach der Konzeption des § 311 AktG eine ex-ante-Betrachtung bei der Nachteilsfeststellung.699 Die Verwendung einer auflösenden Bedingung könnte dazu führen, dass durch die Überprüfung der Parameter eine rückschauende Betrachtung des Nachteils entsteht. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass diese Parameter schon bei Abschluss der Nachteilsausgleichsvereinbarung vereinbart wurden und bei tatsächlichem Vorliegen im Zeitpunkt des Abschlusses der Nachteilsausgleichsvereinbarung schon dort zu einer Reduzierung des Nachteils geführt hätten. Wichtig ist hierbei allerdings die Wahl der Formulierung, da auch bei Abschluss vereinbarte Parameter eine rückschauende Betrachtung beinhalten können. Sind die Parameter aber nur Äquivalent der Probleme bei der Nachteilsquantifi699

Dazu bereits oben § 3 I.

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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zierung, also zukunftsbezogene Unsicherheiten, so ist eine rückschauende Betrachtung nahezu ausgeschlossen. Wird eine Formulierung aus ex-ante-Perspektive gewählt, so verschiebt sich auch der Beurteilungszeitpunkt nicht. Es werden nur diejenigen Parameter bei der Frage eines Bedingungseintritts untersucht, die aus exante-Sicht erkennbar waren und entsprechend formuliert wurden.700 Spätere ungeahnte Entwicklungen bleiben von der Berücksichtigung ausgeschlossen. Daher lässt sich eine Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts nicht erkennen. Daneben gibt es aber noch einen anderen möglichen Kritikpunkt an der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung, der sich ebenfalls bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung stellte – die Frage der Bilanzneutralität des Ausgleichs. 2. Bilanzneutralität des Ausgleichs durch auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung? Fraglich ist, ob die geforderte Bilanzneutralität des Ausgleichs durch eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung eingehalten werden kann. Der Nachteil muss im Entstehungsgeschäftsjahr vollständig bilanziert werden. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung muss bis zum Ende dieses Veranlassungsgeschäftsjahres geschlossen werden. Eine auflösend bedingte Forderung ist grundsätzlich nur bis zum Bedingungseintritt aktivierbar und muss ebenfalls im Entstehungsgeschäftsjahr aktiviert werden.701 Dies gilt aber nur, wenn der Bedingungseintritt erst in einem späteren Geschäftsjahr zu verorten ist.702 Es ist indes möglich, die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts bereits einzupreisen.703 Ist die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts mit Zahlen zu belegen, so folgt aus den bilanzrechtlichen Bewertungsgrundsätzen, dass der bilanzielle Anspruchswert gemindert werden muss. Wenn aber die Bewertbarkeit des Nachteils Schwierigkeiten bereitet, ist die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts ebenso wenig bewertbar. Daher ist der in der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung gewährte Vorteil zunächst voll zu aktivieren und gleicht den bilanzierten Nachteil somit aus. Der Vorteil ist gerade kein Gewinn, der erst im Realisierungsgeschäftsjahr zu bilanzieren wäre.704 Die Forderung nach Bilanzneutralität ist also erfüllt. Problematisch sind aber ein späterer Eintritt der Bedingung und dessen Auswirkungen auf die Bilanz. Der Rückforderungsanspruch bei späterem Bedingungseintritt ist erst mit Eintritt der Bedingung realisiert und darf daher erst dann bilanziert werden.705 Zu diesem Zeitpunkt ist aber auch klar, dass der Nachteil ebenfalls geringer ausfällt als zuvor angenommen und bilanziert. Fraglich ist, ob der Nachteil somit nachträglich 700

Zu den Formulierungen sieh oben § 15 IV. 2. a) bb). Statt aller Adler/Düring/Schmaltz, § 246 HGB Rn. 54. 702 Schmidt/Weber-Grellet, § 5 EStG Rn. 270 „Forderungen“. 703 Mit Einzelheiten Adler/Düring/Schmaltz, § 246 HGB Rn. 55. 704 Für die Bilanzierung des Gewinns Schmidt/Weber-Grellet, § 5 EStG Rn. 270 „Forderungen“. 705 Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O. 701

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

ebenfalls korrigiert werden kann oder ob ein rein bilanzielles Missverhältnis zwischen Nachteil und Vorteil über mehrere Abrechnungsperioden hinweg entsteht. Unabhängig von einer Korrektur des Nachteils, deren Zulässigkeit zweifelhaft ist, ist aber ein solches Missverhältnis gar nicht gegeben, da dem nun geringeren Nachteil ein entsprechender Vorteil aus der Veranlassung selbst gegenübersteht, der zusammen mit dem Vorteil aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung den Nachteil insgesamt vollständig ausgleicht. Hierzu ein Beispiel: Im ersten Geschäftsjahr (GJ 1) wird vom herrschenden Unternehmen die Entwicklung eines Produkts mit einer Stückzahl von 10 veranlasst. Die Herstellungskosten betragen insgesamt 100 Euro. Das herrschende Unternehmen gibt hierbei einen Auftrag eines eigenen Kunden weiter, der mit dem herrschenden Unternehmen eine Abnahme nur unter bestimmten Bedingungen, zum Beispiel bestimmte Eigenschaften des Produkts, vereinbart hat. Die auf die Veranlassung hin getroffene Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Vorteilsgewährung in bar ist auflösend durch eine Abnahme des Großkunden bedingt. Jedes abgenommene Produkt soll, bezogen auf die Nachteilsausgleichsvereinbarung, anspruchsmindernd wirken, bei vollständiger Abnahme soll der Ausgleichsanspruch ganz entfallen. Im zweiten Geschäftsjahr (GJ 2) wird vom Großkunden nur ein einziges Produkt zum Preis von 10 Euro abgenommen. Bilanziell betrachtet ergibt sich daher beim abhängigen Unternehmen folgendes Bild: Im GJ 1 ist der Nachteil in Form der Entwicklungskosten mit 100 Euro zu bilanzieren. Dem steht der Anspruch des abhängigen Unternehmens aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung in Höhe von 100 Euro gegenüber, weshalb ein bilanzieller Ausgleich vorliegt. Im GJ 2 erfolgt aufgrund der eingetretenen Bedingung die Rückforderung eines Teils der Nachteilsausgleichsvereinbarung durch das herrschende Unternehmen in Höhe von 10 Euro oder die Reduzierung des Anspruchs aus dem Vorjahr um 10 Euro. Um diesen Betrag ist der Gesamtnachteil durch die (wenn auch geringe) Abnahme seitens des Kunden reduziert. Aufgrund der nun erst vorliegenden Realisierung ist diese Veränderung erst im GJ 2 zu bilanzieren. Dem steht aber der Vorteil aus der Abnahme des Produkts ebenfalls in Höhe von 10 Euro ausgleichend gegenüber. Somit sorgt die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung für einen auch bilanziellen Ausgleich. Ein weiterer Kritikpunkt, der bereits die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung betraf, war die fehlende Planungssicherheit bei einer aufschiebend bedingten Formulierung des Ausgleichs. Fraglich ist, ob dies unverändert auch für die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung gelten kann. 3. Ausreichende Planungssicherheit für die Beteiligten? Schon bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung stellte sich das Problem der Planungssicherheit für das abhängige Unternehmen und die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger. In ähnlicher Weise gilt diese Frage aber auch für die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung. Wenn es ihr gelingt, auch in diesem Punkt ein hohes Maß an Sicherheit für alle Beteiligten zu schaffen, ist ihrem Einsatz nichts mehr entgegenzusetzen. Die Problematik fehlender Pla-

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nungssicherheit ist dabei wieder einmal abhängig von der genauen Formulierung der Nachteilsausgleichsvereinbarung. Sind die Parameter, anhand derer der Bedingungseintritt überprüft werden soll, genau festgelegt, besteht für alle Beteiligten ein hohes Maß an Planungssicherheit. Der Vorteil wird zunächst voll gewährt bzw. versprochen und schafft damit eine solide Planungsgrundlage. Auf dieser Grundlage lassen sich zukünftige Entwicklungen gut vorausplanen. Zudem steht, wie im obigen Beispiel gut zu sehen war,706 einer verringerten Schuld aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung, wegen Eintritts der Bedingung, ein ebenso großer Vorteil aus der veranlassten Maßnahme selbst gegenüber. Dieser ständige Ausgleich macht die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ebenso planungssicher wie die unbedingte bezifferte Vereinbarung. Zu begründen ist dies mit der identischen anfänglichen Struktur beider Nachteilsausgleichsvereinbarungen. Erst mit Bedingungseintritt wird der Unterschied beider Varianten deutlich. Daher schafft es die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung, auch diesen Kritikpunkt der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu umgehen. Letzter möglicher Einwand gegen die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist ein verfahrensrechtlicher Einwand. Bei der Darstellung des Ablaufs nach Vertragsschluss wurde als eine Möglichkeit, den Bedingungseintritt feststellen zu lassen, das Schiedsverfahren genannt. Dessen Zulässigkeit als Mittel einer rechtssicheren Feststellung des Bedingungseintritts ist jedoch nicht pauschal anzuerkennen, sondern bedarf einer näheren Betrachtung. 4. Zulässigkeit einer Feststellung des Bedingungseintritts im Schiedsverfahren? a) Einführung Bisher wurde ohne nähere Untersuchung davon ausgegangen, dass zumindest eine schiedsrichterliche oder -gutachterliche Beurteilung des Bedingungseintritts dessen rechtssichere Feststellung vereinfacht.707 Ob dies in dieser Pauschalität aufrechterhalten werden kann, bleibt einer eingehenden Untersuchung vorbehalten. Fraglich ist zum einen, ob hierin ein Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten zu sehen ist und ob dieses den Anforderungen der §§ 311 ff. AktG genügt, und zum anderen, ob die Feststellung des Bedingungseintritts überhaupt durch ein Schiedsgericht oder ein Schiedsgutachten erfolgen kann. Letzteres ist als Einstiegsfrage vorrangig zu untersuchen. Zunächst ist zwischen Schiedsurteil und Schiedsgutachten zu unterscheiden. Der Begriff der Schiedsvereinbarung erfasst nur die schiedsrichterliche Tätigkeit, während die schiedsgutachterliche Tätigkeit in einer Schiedsgutachtervereinbarung ihre Entsprechung findet. Beim Schiedsgutachten übertragen das herrschende und das abhängige Unternehmen als Vertragsparteien die Klar706 707

Siehe soeben § 15 V. 2. So etwa oben § 15 IV. 2. b).

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

stellung einzelner Umstände oder Anspruchsvoraussetzungen einem Dritten.708 Die Feststellungen des Schiedsgutachters sind für die Parteien, aber auch staatliche Gerichte grundsätzlich bindend.709 Der Tätigkeitsbereich im Rahmen eines Schiedsgutachtens umfasst grundsätzlich nur Teilfragen.710 Auf den Schiedsgutachtervertrag finden die §§ 1025 ff. ZPO keine Anwendung, da es sich um einen rein schuldrechtlichen Vertrag handelt.711 Anzuwenden sind vielmehr die §§ 116 ff., 317 ff. BGB. Da die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung in der Regel individualvertraglich vereinbart wird, stellt sich die Frage nach einer AGB-Kontrolle nicht.712 Parallel zu dieser Vereinbarung ist ein weiterer Vertrag der Parteien mit dem Schiedsgutachter erforderlich. Dieser entspricht seiner Rechtsnatur nach einem Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 BGB.713 Beim Schiedsurteil soll ein Dritter abschließend an Stelle eines staatlichen Gerichts nach § 1055 ZPO rechtsverbindlich entscheiden.714 Dieses Schiedsgericht besteht in der Regel aus drei Schiedsrichtern, die Anzahl kann aber anderweitig vereinbart werden. Die zugrunde liegende Schiedsvereinbarung ist ein materiellrechtlicher Vertrag, der zusätzlich mit den prozessualen Wirkungen der §§ 1025 ff. ZPO ausgestattet ist.715 Welches der beiden Institute vorliegt, ist anhand des in der Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgedrückten Parteiwillens zu erforschen, wobei im Zweifel von einem Schiedsgutachten auszugehen ist.716 Diese Einordnung wird zudem dadurch erleichtert, dass eine Schiedsvereinbarung ein konkretes Rechtsverhältnis betreffen muss,717 während die Schiedsgutachtervereinbarung auch mehrere Streitpunkte umfassen kann. Ist also eine Vereinbarung getroffen, die nach dem Willen der Vertragsparteien auf mehrere verschiedene Streitigkeiten anzuwenden sein soll, so liegt eine Schiedsgutachtervereinbarung nahe. Im Regelfall ergibt sich auch aus der konkreten Nachteilsausgleichsvereinbarung, dass lediglich ein Schiedsgutachten gemeint ist. Zum einen sind für dieses die Formanforderungen des § 1031 ZPO nicht anwendbar718 und zum anderen lässt 708

Vgl. etwa MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 9. Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 36 ff. 710 Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1126 unter 4. 711 H.M.; statt aller Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, a.a.O. 712 Zur AGB-Problematik ausführlich v. Westphalen/v. Westphalen, Vertragsrecht, Abschnitt 28 „Schiedsgutachten“ Rn. 4 ff. 713 Etwa v. Westphalen/v. Westphalen, Vertragsrecht, Abschnitt 28 „Schiedsgutachten“ Rn. 3. 714 So auch MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 12. 715 H.M.; vgl. nur Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1126 f. unter 4. und 5. 716 BGH NJW 2004, 2226, 2228; MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 12 a.E. 717 Vgl. Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1127 (unter 8.); zu weiteren inhaltlichen Anforderungen vgl. Musielak/Voit, § 1029 ZPO Rn. 15 ff. 718 H.M.; statt aller MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 41; a.A. Stein/Jonas/Schlosser, Vor § 1025 ZPO Rn. 29 ff. 709

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es den Parteien im Streitfall weiterhin die Möglichkeit, staatliche Gerichte anzurufen oder die Bindungswirkung der Feststellungen anderweitig, etwa nach § 319 BGB, zu beseitigen.719 Die Einordnung einer konkreten Klausel als Schiedsgutachtervereinbarung oder Schiedsvereinbarung wird allerdings durch unklare Begrifflichkeiten erschwert. Zur Klarstellung sollten nur die beiden genannten Begriffe verwendet werden, Alternativen wie „Schiedsabrede“, „Schiedsklausel“ oder „Schiedsvertrag“ sollten vermieden werden.720 Die tatsächliche Einordnung hängt aber allein vom Inhalt, insbesondere von der Frage ab, ob die Entscheidung im Rahmen des Verfahrens justiziabel sein soll (dann liegt ein Schiedsgutachten vor) oder nicht (dann ist von einer Schiedsvereinbarung auszugehen).721 Nach dieser grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Schiedsgutachtervereinbarung und Schiedsvereinbarung stellt sich die entscheidende Frage, welcher Typus im Rahmen der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung angewendet werden sollte und ob diese Anwendung zulässig ist. b) Zulässigkeit der Schiedsgutachtervereinbarung im Rahmen der Nachteilsausgleichsvereinbarung Ausgehend von obiger Einordnung handelt es sich bei „Schiedsvereinbarungen“722 in den Fällen der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung zumeist um eine Schiedsgutachtervereinbarung. Im Rahmen des Verfahrens nach Vertragsschluss soll für die Parteien bindend der Eintritt der Bedingung festgestellt werden. Allerdings dürfte, auch anhand obiger Zweifelsregelung, keine endgültige Entscheidung im Sinne eines Schiedsurteils gewollt sein. Die Schiedsgutachtervereinbarung enthält in der Regel die Vereinbarung der Form des Sachverständigengutachtens bzw. des rechtsfeststellenden Schiedsgutachtens,723 bei dem der Schiedsgutachter aufgrund seiner besonderen (z. B. betriebswirtschaftlichen oder steuerrechtlichen) Sachkunde Tatsachen, wie den Bedingungseintritt, feststellen soll. Diese Form des Schiedsgutachtens hat im Vergleich zur Normalform eine erhöhte Bindungswirkung.724 Dem Schiedsgutachter kommt bei dieser Feststellung des Bedingungseintritts ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, Ermessen hat er allerdings nicht.725 Einwände gegen eine schiedsgutachterliche Feststellung des Bedin719 Dazu etwa v. Westphalen/v. Westphalen, Vertragsrecht, Abschnitt 27 „Schiedsgerichtsklauseln“, Rn. 2, Abschnitt 28 „Schiedsgutachten“ Rn. 1 ff.; Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 37; zur Bindungswirkung ausführlich Stubbe, SchiedsVZ 2006, 150, 153 ff. 720 Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1125 (unter 3.). 721 Vgl. Gehrlein, in: Bamberger/Roth, § 317 BGB Rn. 11. 722 Zur Konturenlosigkeit dieses Begriffs siehe Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1125 (unter 3.); sowie soeben § 15 V. 4. a). 723 Eine übersichtliche Darstellung der verschiedenen Arten des Schiedsgutachtens findet sich bei MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 29 ff. 724 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 32. 725 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 38.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

gungseintritts sind nicht ersichtlich, obwohl eine ausdrückliche Nennung dieses Anwendungsfalls in der Literatur bisher fehlt.726 Solange der Schiedsgutachter die Feststellungen neutral trifft, ist seine Feststellung daher für beide Konzernunternehmen verbindlich.727 Daher kann der Bedingungseintritt grundsätzlich auch durch ein Schiedsgutachten festgestellt werden. Bei der Formulierung im Rahmen der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist deshalb die Bestellung eines Schiedsgutachters bzw. die Regelung des Schiedsgutachtens zulässig. Der grundsätzlichen Zulässigkeit einer schiedsgutachterlichen Feststellung des Bedingungseintritts könnten aber ähnliche Erwägungen wie der Urteilsklausel der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entgegenstehen. Es besteht die Möglichkeit, dass in der Feststellung des Bedingungseintritts das Leistungsbestimmungsrecht eines Dritten enthalten ist, und damit stellt sich die Frage einer Zulässigkeit dieser Vereinbarung im Rahmen des § 311 AktG. Die schiedsgutachterliche Tätigkeit ist eine besondere Form der Leistungsbestimmung. Es wird hierbei nicht der Inhalt eines Vertrages ergänzt, sondern durch den Dritten werden nur bestimmte Umstände klargestellt. Eine exakte Abgrenzung zur Leistungsbestimmung ist allerdings nur schwer möglich.728 Im Zusammenhang mit § 311 AktG ist aber eine genaue Abgrenzung zwischen Leistungsbestimmung und Schiedsgutachten gar nicht erforderlich, da § 311 AktG eine Leistungsbestimmung durch einen Dritten nicht per se verbietet.729 Im Fall der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist eine solche Leistungsbestimmung im Gegensatz zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auch mit der ihr zugedachten Wirkung ausgestattet, da der Ausgleich weiterhin rechtzeitig erfolgt. Der Ausgleich wird ja zunächst vollständig gewährt. Daher ist eine schiedsgutachterliche Feststellung des Bedingungseintritts auch unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 311 AktG zulässig. Eine dahingehend getroffene Schiedsgutachtervereinbarung kann sowohl im Rahmen der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung als auch abseits davon getroffen werden. Dies gilt parallel für eine, in der Praxis eher seltenere, schiedsrichterliche Feststellung.730 In diesem Fall liegt eine Schiedsvereinbarung im eigentlichen Wortsinn vor.731 Inhaltlich kann ergänzend auf die Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) verwiesen werden.732 Bei der Schiedsvereinbarung ist im Gegensatz zur Schiedsgutachtervereinbarung gemäß § 1031 ZPO die Schriftform erforderlich. Die inhaltliche Be726

Vgl. etwa die Nennungen der Anwendungsfelder bei MüKo BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 32 und Rn. 47. 727 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 44. 728 Müko BGB/Würdinger, § 317 BGB Rn. 8. 729 Vgl. oben § 13 II. 7. c). 730 Zur Vereinbarung einer schiedsrichterlichen Entscheidung ausführlich Hopt/Trittmann/ Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1127 ff. 731 Zur Unterscheidung der Begrifflichkeiten soeben § 15 V. 4. a). 732 Vgl. Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1127 (unter 9.).

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schränkung des § 1030 Abs. 1 ZPO auf Streitgegenstände, bei denen die Parteien sachlich und persönlich verfügungsbefugt sind, gilt hingegen im Rahmen dieser Untersuchung nur für die Fälle, in denen der zugesicherte Vorteil von einem Dritten, etwa einem weiteren abhängigen Unternehmen, geleistet werden soll. Dann ist eine Schiedsvereinbarung per Gesetz ausgeschlossen. Insgesamt bietet sich daher die Schiedsgutachtervereinbarung für die Parteien aufgrund größerer inhaltlicher Gestaltungsmöglichkeiten und des größeren Anwendungsbereichs an. Allerdings ist auch bei der schiedsgutachterlichen oder schiedsrichterlichen Feststellung des Bedingungseintritts die maßgebliche ex-ante-Betrachtungsweise einzuhalten. Daher muss sich der Schiedsgutachter oder -richter an die in der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung festgelegten Parameter für die Feststellung des Bedingungseintritts halten. Auf diese Bindung sollte in der Schieds (gutachter)vereinbarung gesondert hingewiesen werden. Nur dann ist eine den Anforderungen des § 311 AktG entsprechende Beurteilung des Bedingungseintritts gewährleistet. Insgesamt lässt sich daher konstatieren, dass sowohl eine schiedsgutachterliche als auch eine schiedsrichterliche Feststellung des Bedingungseintritts zulässig ist. In der Regel werden die Parteien jedoch eine schiedsgutachterliche Feststellung vereinbaren, weshalb sich die nachfolgende Untersuchung auf diesen Punkt beschränken wird. c) Kostentragung Neben der generellen Zulässigkeit einer Schiedsgutachtervereinbarung zur Feststellung des Bedingungseintritts ist es eine Betrachtung wert, wer die Kosten dieses Schiedsgutachterverfahrens zu tragen hat. Auf den ersten Blick erscheinen sowohl die alleinige Kostentragung eines der beiden Unternehmen als auch eine anteilige Kostentragung beider Unternehmen denkbar. Bei näherer Betrachtung gerade des Anteils des abhängigen Unternehmens fällt jedoch auf, dass hierdurch eine teilweise Abwälzung von Verpflichtungen des herrschenden Unternehmens erfolgt. Diesem ist es nach dem Gesetz zugewiesen, den Nachteil zu ermitteln und auszugleichen. Damit sind zwingend auch die Kosten der Nachteilsermittlung vom herrschenden Unternehmen zu tragen. Werden diese Kosten im Rahmen der Nachteilsausgleichsvereinbarung auf das abhängige Unternehmen ganz oder teilweise übertragen, so liegt hierin nichts anderes als eine erneute Nachteilszufügung, die eine Ausgleichsverpflichtung nach § 311 AktG nach sich zieht. Parallel verhält es sich bei den Kosten der Ermittlung des Bedingungseintritts. Die Feststellung des Bedingungseintritts führt zu einer genaueren Feststellung des tatsächlichen Nachteils und gehört damit in den Bereich der Nachteilsermittlung. Zudem wäre es höchst widersprüchlich, die Kosten auf das abhängige Unternehmen übertragen zu können, wenn durch diesen Kosteneinsatz eine geringere Vorteilsgewährung zugunsten des abhängigen Unternehmens droht. Im Rahmen der Nachteilsausgleichsvereinbarung können also die Kosten der Ermittlung des Bedingungseintritts nicht auf das abhängige Unternehmen abgewälzt werden. Schwieriger sieht dies jedoch aus, wenn

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

bereits im Vorhinein eine Schiedsvereinbarung zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen geschlossen wurde. Hierin ließe sich grundsätzlich auch eine anteilige Kostentragungsverpflichtung des abhängigen Unternehmens festlegen. Ein Nachteil ist hierin nicht pauschal zu sehen, wobei eine vollständige Auferlegung der Kosten einen Nachteil im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG darstellen dürfte, wenn dies auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens erfolgt. Die vorab getroffene Schiedsgutachtervereinbarung wird für alle künftigen Streitigkeiten aus der konkreten Veranlassung getroffen.733 Davon ist aber auch die Ermittlung des Bedingungseintritts erfasst. Für diesen Einzelfall ist eine Auferlegung der Kosten daher wiederum eine Nachteilszufügung im Sinne des § 311 AktG. Anders ließe sich dies nur beurteilen, wenn das abhängige Unternehmen ohne jegliche Veranlassung eine anteilige oder vollständige Kostenübernahme anbietet. Bei der vorab getroffenen Schiedsgutachtervereinbarung ist daher im Einzelfall zu untersuchen, unter welchen Bedingungen sie getroffen wurde. Hiervon hängt dann die spätere Einordnung der Kostentragungspflicht im Rahmen der Ermittlung des Bedingungseintritts ab. Im Zweifel ist hierbei aber von einer Nachteiligkeit im Sinne des § 311 AktG auszugehen. d) Zwischenergebnis Sowohl eine Schiedsvereinbarung als auch eine Schiedsgutachtervereinbarung sind geeignet, den Bedingungseintritt rechtssicher feststellen zu lassen. Bei Unsicherheiten im Zuge der Einordnung einer bestehenden Klausel ist im Zweifel von einer Schiedsgutachtervereinbarung auszugehen. Der Vertragspraxis ist allerdings eher die Verwendung einer klar formulierten Schiedsgutachtervereinbarung anzuraten, da hier die Bindungswirkungen der Entscheidung des Schiedsgutachters individualvertraglich festgelegt werden können.734 Auch hier ist der Schiedsgutachter aber bei der Ermittlung des Bedingungseintritts an die in der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung festgelegten Parameter zur Feststellung des Bedingungseintritts gebunden. Die Kosten der Ermittlung des Bedingungseintritts dürfen nicht einseitig dem abhängigen Unternehmen auferlegt werden, da hierin eine erneute Nachteilszufügung im Sinne des § 311 AktG zu sehen ist. Ein Wirksamkeitshindernis der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung liegt bei der Verwendung einer Schiedsgutachtervereinbarung mithin nicht vor. 5. Ergebnis Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung schafft es, jeden Kritikpunkt, der der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung entgegengehalten 733

Eine allgemeine Schiedsvereinbarung „für alle künftigen Streitigkeiten“ ist unzulässig, vgl. nur Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1127 (unter 8.); dies gilt jedoch nicht für die Schiedsgutachtervereinbarung. 734 Hierzu Stubbe, SchiedsVZ 2006, 150, 153.

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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werden konnte, auszuräumen und ist somit ein probates Mittel, die Schwierigkeiten derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile zu beseitigen. Sie führt weder zu einer Verschiebung des Beurteilungszeitpunkts noch zu einer verschlechterten Planungssicherheit der Beteiligten. Sie sorgt weiterhin für einen auch bilanziellen Ausgleich des Nachteils. In Verbindung mit einer Nachbesserungsgarantie ist sie somit die umfassendste Lösung für die Fälle eines derzeit nicht quantifizierbaren Nachteils. Der Bedingungseintritt kann entweder einvernehmlich anhand vorher festgelegter Kriterien oder durch ein Schiedsgutachten erfolgen. Der Schiedsgutachter muss allerdings ebenfalls anhand der aus ex-ante-Sicht festgelegten Kriterien den Bedingungseintritt feststellen. Dieses Verfahren bietet den Parteien aber ein hohes Maß an Rechtssicherheit bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen. Den beteiligten Konzernunternehmen ist daher in den Fällen solcher Bewertungsschwierigkeiten der Einsatz einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung anzuraten. Diese ist, parallel zur unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, ein Sonderfall des vertraglichen Nachteilsausgleichs im Sinne von § 311 Abs. 2 AktG und ist daher genau auf ihren Anwendungsbereich hin zu untersuchen. Zumindest für die oben diskutierten Fälle eines derzeit nicht quantifizierbaren Nachteils ist die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung gedacht. Ob sie in diesen Fällen tatsächlich anzuwenden ist und ob noch weitere Anwendungsmöglichkeiten bestehen, ist Teil der nachfolgenden Untersuchung.

VI. Der Anwendungsbereich der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung Nachdem der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung sehr begrenzt gesehen wurde, bleibt nun noch die Frage nach dem Anwendungsbereich der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Diese ist aus Sicht der Minderheitsaktionäre weniger schädlich als eine unbezifferte Vereinbarung, da zunächst voller Ausgleich geleistet wird. Allerdings kann eine ständige Verwendung dieser Vereinbarung zu einem Anstieg der (nachteiligen) Veranlassungen führen, da das herrschende Unternehmen im Erfolgsfall den Ausgleich nicht leisten und nur tatsächlich bei bestehender Nachteiligkeit zahlen müsste. Diese Form der Vereinbarung könnte also den faktischen Konzern attraktiver machen. Letzteres ist aber nicht ungewollt.735 Allerdings ist der Aufwand der Nachteilsquantifizierung und der Bestimmung entsprechender Parameter nicht zu vernachlässigen. In der Praxis hängt es daher vom Einzelfall ab, wann ein Anreiz zur Verwendung der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung besteht und wann nicht. Fraglich ist aber, ob in allen diesen Anreizfällen eine Verwendung auch rechtlich zulässig ist. Grundsätzlich entspricht der Anwendungsbereich der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung dem der bezifferten unbedingten Nach735

Vgl. etwa Wilhelm, NZG 2012, 1287, 1291 f.

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

teilsausgleichsvereinbarung. Die auflösende Bedingung verändert die Grundaussage der Nachteilsausgleichsvereinbarung mit einem bezifferten Ausgleich nicht. Daher ist der Anwendungsbereich rechtlich zunächst nicht wie bei der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung auf die Fälle derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile zu begrenzen. Eine solche rechtliche Begrenzung kann sich nur aus den sonstigen Erwägungen des Gesetzes, insbesondere dem Gedanken des Minderheitenschutzes ergeben. Praktisch ist der Einsatz, aufgrund der hohen Anforderungen an die Formulierung der Parameter zur Bestimmung des Bedingungseintritts, aber durch die mit der Ermittlung dieser Kriterien verbundenen hohen Kosten begrenzt. Übersteigen die Kosten der Parameterbestimmung die potenziell einzusparenden Vorteile, so lohnt sich die Ermittlung allein aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Eine weitere Beschränkung ergibt sich ebenfalls aus den Gegebenheiten des Einzelfalls, etwa bei der oben angesprochenen Pionierarbeit.736 In diesem Fall dürfte es bereits schwer sein, eine Obergrenze für den Nachteil zu finden, was aber zwingende Voraussetzung für den Einsatz der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist. Ist der Nachteil zumindest grob abschätzbar, kann dies als Obergrenze genommen werden und können weitere Unsicherheiten durch den Einsatz einer Nachbesserungsgarantie abgefangen werden. Neben diesen Einschränkungen aus rein praktischen Erwägungen gibt es aber nahezu keine rechtlichen Einschränkungen. Zu nennen ist hier zunächst nur die Fähigkeit der veranlassten Nachteile zum Einzelausgleich, da andernfalls die Regeln des qualifiziert faktischen Konzerns anzuwenden sind. Dieses Erfordernis ist aber in den genannten Anwendungsfällen erfüllt, da hier nur konkrete individualisierbare Nachteile auftreten. Auch aus Schutzzweckerwägungen zugunsten der abhängigen Gesellschaft ergibt sich keine weitere Einschränkung. Zwar sind nachträgliche positive Entwicklungen, die ex-ante nicht vorhersehbar waren, nicht nachteilsmindernd zu berücksichtigen.737 An dieser Aussage ändert aber auch die Zulässigkeit der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung nichts, da durch die ebenfalls aus ex-ante-Sicht formulierten Parameter zur Bestimmung des Bedingungseintritts auch keine Berücksichtigung ungeahnt positiver Entwicklungen erfolgt. Weitere rechtliche Beschränkungen aus dem Schutzzweck des § 311 AktG sind nicht ersichtlich, da die auflösende Bedingung den Schutz der Minderheitsaktionäre in keiner Weise beeinträchtigt.738 Somit bestehen nur wenige Beschränkungen für die Anwendung der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung, die größtenteils wirtschaftlichen Erwägungen entspringen. Im Zusammenspiel mit einer Nachbesserungsgarantie ist nun also ein wirksames und wirkungsvolles Werkzeug zur Bekämpfung des Problems derzeit nicht bezifferbarer Nachteile gefunden.

736 737 738

Vgl. dazu oben § 10 III. 1. Dazu oben § 6 II. Vgl. dazu oben § 15 V.

§ 15 Neue Ansätze für derzeit nicht quantifizierbare Nachteile

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VII. Zusammenfassung Auch der Einsatz einer Nachbesserungsklausel und die Idee einer individualvertraglichen Einräumung von Klagerechten konnten der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Daher ist von dieser Ausgleichsform nun endgültig Abstand zu nehmen. Stattdessen wurden zwei Alternativen entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, die Probleme derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile zu lösen. Zum einen besteht die Möglichkeit, durch den Einsatz einer Garantie den Nachteil (zum Teil) auszuschließen und somit einen Ausgleich obsolet werden zu lassen. Diese Garantie ist im Grundsatz für alle quantifizierbaren und derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilszufügungen anwendbar. Lediglich eine Anwendung im Bereich des qualifiziert faktischen Konzerns scheidet aus. Aus praktischer Sicht wird der Anwendungsbereich aber nur bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen zu sehen sein, da die Anforderungen an die Festlegung der Parameter zur Feststellung des Garantiefalls hoch sind. Im Rahmen derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile sind diese Anforderungen aber mit Blick auf den vorangehenden detaillierten Versuch der Nachteilsermittlung leicht zu erfüllen, da die Probleme der Nachteilsquantifizierung das Äquivalent der genannten Parameter darstellen. Insgesamt sind drei Arten einer Garantie denkbar: die Ausgleichsgarantie, die Erfüllungsgarantie und die Nachbesserungsgarantie. Die Ausgleichsgarantie und die Nachbesserungsgarantie sorgen tatsächlich für einen Ausschluss des Nachteils, während die Erfüllungsgarantie nur Symbolwirkungen entfalten kann. Die Garantie muss, um ihre volle Wirkung zu entfalten, bereits gleichzeitig mit der Nachteilszufügung abgegeben werden. Dadurch entfällt die zeitliche Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG, allerdings zugunsten verringerter Haftungsrisiken. Hervorzuheben ist weiterhin der Zwang zum Einzelausgleich. Hiermit werden zwar die Einsatzmöglichkeiten der Garantien beschnitten, aber sie müssen sich demgegenüber auch nicht den Vorwurf einer Umgehung des Vertragskonzerns gefallen lassen. Damit bestehen qualitativ ähnlich hohe Anforderungen wie bei einer Nachteilsausgleichsvereinbarung. Allerdings führt die Garantie bei Einhaltung der Voraussetzungen nicht nur zum Ausgleich des Nachteils, sondern bereits zu dessen Ausschluss, was gerade bei derzeit nicht bezifferbaren Nachteilen von Vorteil sein kann. Die Wahl einer Garantie zum Ausschluss des Nachteils ist aber nicht nur vorteilhaft. Durch ihre Verwendung entstehen zeitintensive Kontrollpflichten, die zunächst vor allem das abhängige Unternehmen zu treffen scheinen. Eine tatsächliche – und damit unzulässige – Abwälzung aller Prüfpflichten liegt hierin aber nicht, da die gefundene Formulierung der Garantien dafür sorgt, dass beide Unternehmen gleichsam berechtigt und verpflichtet sind, was die Kontrolle des Eintritts des Garantiefalls anbelangt. Alternativ kann ein derzeit nicht quantifizierbarer Nachteil durch eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ausgeglichen werden. Hierbei bietet sich meist die Verbindung mit einer Nachbesserungsgarantie an. Mit dieser Konstruktion sind alle Eventualitäten bei der Nachteilsermittlung rechtssicher abgedeckt und ist

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

den Konzernunternehmen ein Mittel zur Vermeidung von Haftungsrisiken an die Hand gegeben. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung orientiert sich grundsätzlich an den Vorgaben der bezifferten unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Sie enthält jedoch zusätzlich eine auflösende Bedingung, dass bei Erfüllung bestimmter vorher festgelegter Kriterien der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung reduziert oder gar ganz ausgeschlossen wird. Diese Kriterien sind aus ex-ante-Sicht zu formulieren und können entweder einvernehmlich oder zum Beispiel schiedsgutachterlich auf ihre Erfüllung hin untersucht werden. Eine Schiedsgutachtervereinbarung ist den Parteien dann anzuraten, wenn eine rechtssichere Feststellung des Bedingungseintritts gewünscht wird, wobei die Kosten dieser Feststellung nicht dem abhängigen Unternehmen auferlegt werden dürfen. Bei Eintritt der Bedingung reduziert sich der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung, zu viel gewährte Vorteile sind nach § 812 BGB zurückzuerstatten. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung sieht sich, anders als die unbezifferte Variante, auch nicht den für diese typischen Kritikpunkten ausgesetzt. So wird der Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der Nachteiligkeit nicht verschoben, da es nur anhand der bereits vorab festgehaltenen Parameter zur Feststellung des Bedingungseintritts kommt. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung sorgt auch für eine ständige Bilanzneutralität und ausreichende Planungssicherheit aller Beteiligten, da der Anspruch zunächst voll gewährt wird und anhand der Kriterien für die Feststellung des Bedingungseintritts jederzeit die Nachteiligkeit überprüft werden kann. Allein deshalb ist die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ein für alle Beteiligten probates Mittel zur Lösung der Probleme derzeit nicht genau zu beziffernder Nachteile. Der Anwendungsbereich der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist rechtlich durch die erforderliche Einzelausgleichsfähigkeit der veranlassten Nachteile nur leicht beschränkt. Die weitaus größeren Beschränkungen sind rein wirtschaftlicher Natur und dem hohen Kostenaufwand bei der Ermittlung der zur Kontrolle des Bedingungseintritts nötigen Parameter geschuldet, der zu potenziellen Einsparungen in Relation zu setzen ist. Auf der Basis dieser Ergebnisse kann nun eine abschließende Beurteilung der Problematik derzeit nicht zu beziffernder Nachteile erfolgen. Die Probleme, die sich im Laufe der Untersuchung gezeigt haben, sind vielfältig und komplex. Dennoch ist es gelungen, ein praxistaugliches und rechtlich zulässiges Instrument zur Bewältigung dieser Probleme zu entwickeln. Die Verwendung dieser Mittel ist zwar mit hohem Kostenaufwand verbunden, aber angesichts des sonst drohenden Schadenersatzanspruchs deutlich attraktiver als die Rechtsfolge des § 317 AktG. Zunächst sollen aber noch einmal alle bedeutsamen Untersuchungsergebnisse dieses Kapitels zusammengefasst werden.

§ 16 Ergebnis

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§ 16 Ergebnis Die Frage nach der Zulässigkeit einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist komplex und war nur mit großem Aufwand zu beantworten. Dieser Aufwand ist jedoch allein schon wegen des möglichen Nutzens dieser Form des Nachteilsausgleichs gerechtfertigt gewesen. Durch die Verwendung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wäre es möglich, sämtliche Haftungsrisiken bei der Bewertung von Nachteilen zu umgehen. Bereits der Anwendungsbereich der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung wäre jedoch im Sinne der Effektivität des Regelungssystems der §§ 311 ff. AktG auf ein Minimum zu beschränken. Hierbei bietet sich indes keine Verallgemeinerung an, sondern es können allenfalls Fallgruppen gebildet werden. Die Vorstände müssen daher zunächst alle vertretbaren Mittel ausschöpfen, um den Nachteil zu prognostizieren. Erst wenn zum relevanten Zeitpunkt tatsächlich kein Nachteil mit Sicherheit festgestellt werden kann, wäre der Abschluss der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung denkbar, um die Haftungsrisiken des herrschenden Unternehmens nicht zu überhöhen. Ein vorsorglicher Abschluss zur Vermeidung einer Kostenbelastung aufgrund der Nachteilsfeststellung und damit zur Vermeidung eines Schadenersatzanspruchs wegen fehlerhafter Nachteilsquantifizierung ist allerdings nicht zulässig. Es wird aber Fälle geben, in denen die Nachteiligkeit an sich nicht zu übersehen ist, aber die Höhe zum relevanten Zeitpunkt trotz aller Anstrengungen nicht ermittelt werden kann. Dann steht grundsätzlich eine Haftung aus § 317 Abs. 1 AktG im Raume, die durch den Abschluss einer unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vermieden werden könnte. Dies dürfte aber nur gelten, solange die Maßnahmen und der Nachteil individualisierbar blieben. Zusätzlich wäre hierbei darauf zu achten, dass die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung nur für solche Fälle angewandt würde, in denen das Risiko einer Fehlbewertung tatsächlich bestünde. Als Fallgruppen böten sich hier die Entwicklungstätigkeiten auf Anforderung und Pionierverhalten an. Der geringe tatsächliche Anwendungsbereich kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die derzeitige Form der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht mit dem Gesetz zu vereinbaren war. Zwar fehlt es an einer generellen Umgehung des Schutzsystems der §§ 311, 317 AktG. Allerdings führt die Konzeption der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung zu einer Situation, die weder aus praktischen Gesichtspunkten sinnvoll noch rechtlich zulässig ist. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass durch ein rechtskräftiges Urteil die Nachteiligkeit der Höhe nach festgestellt wird. Diese aufschiebende Bedingung führt jedoch nicht wie beabsichtigt dazu, dass im Ergebnis jeder festgestellte Nachteil rechtzeitig im Sinne des § 311 AktG ausgeglichen wird, sondern dazu, dass der Rechtsanspruch auf Ausgleich erst mit Bedingungseintritt entsteht und somit die Gewährung nicht mehr rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG erfolgt. Damit ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ohne die ihr zugedachte Rechtswirkung. Insofern könnte die Nachteilsausgleichs-

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3. Kap.: Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung

vereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung lediglich als in tatsächlicher Hinsicht wirkungslos qualifiziert werden. Betrachtet man die gewählte Bedingung jedoch genauer, so wird dieser erste Eindruck gestört, da die Bedingung inhaltlich gleich aus mehreren Gründen unwirksam ist. Zunächst handelt es sich um die Zuweisung eines Leistungsbestimmungsrechts an das sachlich zuständige Gericht, was nicht zulässig ist. Auch spricht gegen die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung, dass dadurch die Planungssicherheit des abhängigen Unternehmens zu stark beeinträchtigt wird, was angesichts des Schutzzwecks der §§ 311 ff. AktG nicht hinzunehmen ist. Die Untersuchung der möglichen Klageformen, die auf Festsetzung der Höhe des Nachteils bzw. auf die Durchführung des Ausgleichs gerichtet sind, hat zudem gezeigt, dass bei unterstellter Wirksamkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung keine Klagemöglichkeit gegeben ist, um den Nachteil im Sinne der Urteilsbedingung der Nachteilsausgleichsvereinbarung feststellen zu lassen. Diese Bedingung ist damit auch aus diesem Grunde inhaltlich unwirksam. Das bedeutet zugleich die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung in der bisherigen Form, da diese Form der Gewährung des Rechtsanspruchs ohne die Urteilsbedingung nicht verwendet wird und auch nicht denkbar ist. Damit ist die gesamte Vereinbarung unwirksam. Auch der Einsatz einer Nachbesserungsklausel oder die Einräumung von Klagerechten konnten der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Daher war es erforderlich, eine neue Gestaltung zu entwickeln, die sich auf das Gesetz stützen lässt. Durch die Verwendung dieser neuen Form des „Ausgleichs“ besteht in einigen Fällen die Möglichkeit, eine effektive Konzernleitung auch im faktischen Konzern zu realisieren und dabei dennoch die Haftungsrisiken auf ein überschaubares Maß zu verringern. Zunächst ist es möglich, durch den Einsatz einer Ausgleichsgarantie den Nachteil nicht nur auszugleichen, sondern bereits auszuschließen – insofern wäre die Bezeichnung als „Nachteilsausgleichsvereinbarung“ aber verfehlt, vielmehr handelte es sich um eine Nachteilsausschlussvereinbarung. Dies führt dazu, dass die meisten Regelungen der §§ 311 ff. AktG, mit Ausnahme des Einzelausgleichserfordernisses, keine Anwendung finden. Diese Garantie ist im Grundsatz für alle quantifizierbaren und derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilszufügungen anwendbar. Lediglich eine Anwendung im Bereich des qualifiziert faktischen Konzerns scheidet aus. Aus praktischer Sicht wird der Anwendungsbereich aber nur bei derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilen zu sehen sein, da die Anforderungen an die Festlegung der Parameter zur Feststellung des Garantiefalls hoch sind. Die Garantie muss, um ihre volle Wirkung zu entfalten, bereits gleichzeitig mit der Nachteilszufügung abgegeben werden. Dadurch entfällt die zeitliche Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG, allerdings zugunsten verringerter Haftungsrisiken. Hervorzuheben ist weiterhin der Zwang zum Einzelausgleich. Die Wahl einer Garantie zum Ausschluss des Nachteils ist aber nicht nur vorteilhaft. Durch ihre Verwendung entstehen zeitintensive Kontrollpflichten, die indes beide Unternehmen gemeinsam treffen.

§ 16 Ergebnis

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Alternativ kann das Problem derzeit nicht bezifferbarer Nachteile in den bereits für die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung geltenden Fallgruppen durch den Einsatz einer auflösend bedingten bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung gelöst werden. In Verbindung mit einer der Ausgleichsgarantie nahe verwandten Nachbesserungsgarantie sind alle Eventualitäten bei der Nachteilsermittlung rechtssicher abgedeckt und ist den Konzernunternehmen ein Mittel zur Vermeidung von Haftungsrisiken an die Hand gegeben. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung orientiert sich zumeist an den Vorgaben der bezifferten unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Sie enthält jedoch zusätzlich eine auflösende Bedingung, dass bei Erfüllung bestimmter vorher festgelegter Kriterien der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung reduziert oder gar ganz ausgeschlossen wird. Diese Kriterien sind aus ex-ante-Sicht zu formulieren und können entweder einvernehmlich oder zum Beispiel schiedsgutachterlich auf ihre Erfüllung hin untersucht werden. Bei festgestelltem Eintritt der Bedingung reduziert sich der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung, zu viel gewährte Vorteile sind nach § 812 BGB zurückzuerstatten. Der Anwendungsbereich dieser auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung ist rechtlich durch die erforderliche Einzelausgleichsfähigkeit der veranlassten Nachteile nur leicht beschränkbar. Die weitaus größeren Beschränkungen sind rein tatsächlicher, nämlich wirtschaftlicher Natur und dem hohen Kostenaufwand bei der Ermittlung der zur Kontrolle des Bedingungseintritts nötigen Parameter geschuldet, der zu potenziellen Einsparungen in Relation zu setzen ist.

4. Kapitel

Fazit Lange Zeit war die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ein rein theoretischer Streit. Die Praxis wandte sie an, die Literatur stimmte dem nur in Teilen zu. Spätestens seit dem Urteil des BGH in Sachen HVB/Unicredit, in dem der Anwendungsbereich und die Zulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung beschränkt wurden, wurde es Zeit, die mehr oder weniger unreflektierte Behandlung der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung aufzugeben und sich vertieft mit deren Anwendungsbereich und Zulässigkeit auseinanderzusetzen. Die vorliegende Untersuchung bietet ein umfassendes Bild der Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung. Statt jedoch allein destruktiv die Unzulässigkeit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung festzustellen, war es erforderlich, konstruktiv nach einer Lösung für das in der Praxis nicht unwahrscheinliche Problem derzeit nicht bezifferbarer Nachteile zu suchen. Hierzu gehört aber auch eine umfassende Untersuchung des Inhalts der gesetzlichen Regelung der §§ 311 ff. AktG. Die hierbei gefundenen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. §§ 311 ff. AktG schützen das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft auf selbständige und optimale Verwirklichung der ihr gegebenen Unternehmensziele, d. h. auch unter Aufrechterhaltung aller hierfür nötigen Funktionen, durch das Verbot ausgleichsloser Nachteilszufügung und privilegieren sogleich das herrschende Unternehmen im Gegensatz zum Gesellschafter einer unabhängigen AG. Reflexhaft werden die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger geschützt. 2. Der „Nachteil“ ist allein anhand des § 311 AktG zu bestimmen. Er bezeichnet jede vom herrschenden Unternehmen veranlasste Geschäftsleitungsmaßnahme des abhängigen Unternehmens, die deren Vermögen vermindert hat oder zukünftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermindern wird. Die Vorschrift des § 317 Abs. 2 AktG ist bei der Begriffsbestimmung nicht weiter beachtlich und regelt lediglich eine Enthaftungsmöglichkeit im Rahmen des Schadenersatzanspruchs. Im Rahmen dieser Prüfung erfolgt ein Vergleich des veranlassten Handelns mit dem Handeln einer unabhängigen Gesellschaft. Hätte der Vorstand bei Beachtung seiner Sorgfaltspflicht die Maßnahme ebenfalls durchgeführt, so entfällt eine Schadenersatzpflicht. Entspräche diese Maßnahme aber einer Sorgfaltspflichtverletzung, so ist das herrschende Unternehmen zum Schadenersatz verpflichtet. 3. Zweck des Nachteilsausgleichs ist, dass – im Interesse der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger – die abhängige Gesellschaft aufgrund der Veranlassung

4. Kap.: Fazit

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der nachteiligen Geschäfte durch das herrschende Unternehmen spätestens am Ende des Geschäftsjahres keinen Vermögensnachteil erleidet. Er sorgt dafür, dass das bis dato ungleiche Geschäft derart vervollständigt wird, es also im Ergebnis nicht mehr nachteilig ist. Hierdurch stehen die Leistung der abhängigen Gesellschaft, die in Vorleistung getreten ist, und die (Gegen)Leistung der herrschenden Gesellschaft einander gleichwertig gegenüber. 4. Zum Ausgleich sind nur solche Vorteile zugelassen, die bewertbar und quantifizierbar sind und an denen die abhängige Gesellschaft ein Interesse besitzt. Eine bilanzielle Neutralisierung des festgestellten Nachteils durch den gewährten Vorteil in jedem folgenden Geschäftsjahr ist nicht erforderlich. Hat sich der Nachteil jedoch bereits im Veranlassungsgeschäftsjahr bilanziell niedergeschlagen, so ist auch dieser bilanzielle Nachteil auszugleichen. Das herrschende Unternehmen kann die Höhe des Ausgleichs einseitig bestimmen, während es bei der Art der zu gewährenden Vorteile im Einvernehmen mit der abhängigen Gesellschaft handeln muss. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Nachteil vollständig ausgeglichen ist, ist auf den Zeitpunkt der Vorteilsgewährung abzustellen und der Wert des Vorteils in diesem Zeitpunkt mit dem Wert des festgestellten Nachteils zu vergleichen. Aus ex-anteSicht ungeahnt positive Entwicklungen sind nicht zu berücksichtigen. 5. Die bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist die Grundform des Rechtsanspruchs auf Ausgleich und zumindest aus rechtlicher Sicht unproblematisch. Schwierigkeiten ergeben sich hauptsächlich im Bereich der Wertermittlung von Vorteilen und Nachteilen und den mit einer Fehlbewertung verbundenen Haftungsrisiken für den Vorstand. Das abhängige Unternehmen kann auf den Ausgleichsanspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung wie auf jeden Anspruch verzichten. Der Verzicht ist aber unter Anwendung des in § 50 S. 1 AktG, § 93 Abs. 4 S. 3 AktG, § 302 Abs. 3 S. 3 AktG, § 309 Abs. 3 S. 1 AktG enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens zu beschränken. Eine antizipierte Vereinbarung des Verzichts, etwa bereits in der Nachteilsausgleichsvereinbarung, ist unzulässig. Der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung verjährt innerhalb von drei Jahren. Diese Verjährungsfrist kann individualvertraglich nicht verkürzt werden. Der Verjährungsbeginn kann hiervon abweichend auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vorverlegt werden. 6. Die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist unzulässig. Neben einem auf wenige Einzelfälle beschränkten Anwendungsbereich war es vor allem die inhaltliche Gestaltung, die zur Unzulässigkeit führte. Die Abhängigkeit des Ausgleichs von einem rechtskräftig den Nachteil feststellenden Urteil ist aus mehreren Gründen nicht zulässig. Zum einen liegt, wegen fehlender Klagemöglichkeiten, ein unüberwindbarer Zirkelschluss vor, der für sich genommen bereits zur Unwirksamkeit führt. Daneben ist diese Bedingung inhaltlich ein unzulässiges Leistungsbestimmungsrecht des sachlich zuständigen Gerichts. Zum anderen ist die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung gerade durch die gewählte Bedingung nicht in der Lage, die in sie gesetzten Erwartungen eines rechtzeitigen Ausgleichs im Sinne von

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4. Kap.: Fazit

§§ 311, 317 AktG zu erfüllen, da eine aufschiebend bedingte Vereinbarung nicht mehr rechtzeitig im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG ist. Diese Unzulänglichkeiten der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung ließen sich auch nicht durch eine Nachbesserungsklausel oder die Einräumung von Klagemöglichkeiten beseitigen, weshalb die unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung als endgültig unzulässig anzusehen ist. Diese Auffassung wird mittlerweile auch vom BGH geteilt. 7. Sind Nachteile derzeit nicht bezifferbar, so bedeutet dies jedoch nicht, dass die Maßnahme deshalb zu unterlassen ist. Vielmehr kann durch den Einsatz einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung oder einer Ausgleichsgarantie in diesen Fällen ein inhaltlich mit der unbezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung vergleichbares, aber rechtswirksames Ergebnis erzielt werden. Beide Formen sind auf den faktischen Konzern beschränkt, was die Individualisierbarkeit der nachteiligen Maßnahme voraussetzt. Andere Beschränkungen sind rein wirtschaftlicher Natur und dem hohen Kostenaufwand bei der Schaffung der Grundlagen für die jeweilige Ausgleichsform geschuldet. 8. Durch den Einsatz einer Ausgleichs- oder Nachbesserungsgarantie ist es möglich, den Nachteil nicht nur auszugleichen, sondern bereits auszuschließen. Dies führt dazu, dass die meisten Regelungen der §§ 311 ff. AktG, mit Ausnahme des Einzelausgleichserfordernisses, keine Anwendung finden. Diese Garantie ist im Grundsatz für alle quantifizierbaren und derzeit nicht quantifizierbaren Nachteilszufügungen anwendbar. Lediglich eine Anwendung im Bereich des qualifiziert faktischen Konzerns scheidet aus. Die Garantie muss, um ihre volle Wirkung zu entfalten, bereits gleichzeitig mit der Nachteilszufügung abgegeben werden. Dadurch entfällt die zeitliche Privilegierung des § 311 Abs. 2 AktG, allerdings zugunsten verringerter Haftungsrisiken. 9. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung ist ein parallel bestehender Lösungsansatz für das Problem derzeit nicht quantifizierbarer Nachteile. In Verbindung mit einer Nachbesserungsgarantie sind alle Eventualitäten bei der Nachteilsermittlung rechtssicher abgedeckt und ist den Konzernunternehmen ein Mittel zur Vermeidung von Haftungsrisiken an die Hand gegeben. Die auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung orientiert sich zumeist an den Vorgaben der bezifferten unbedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung, enthält jedoch zusätzlich eine auflösende Bedingung, dass bei Erfüllung bestimmter vorher festgelegter Kriterien der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung reduziert oder gar ganz ausgeschlossen wird. Diese Kriterien sind aus ex-ante-Sicht zu formulieren und können entweder einvernehmlich oder zum Beispiel schiedsgutachterlich auf ihre Erfüllung hin untersucht werden. Bei festgestelltem Eintritt der Bedingung reduziert sich der Anspruch aus der Nachteilsausgleichsvereinbarung, zu viel gewährte Vorteile sind nach § 812 BGB zurückzuerstatten.

5. Kapitel

Mustervereinbarungen In diesem Anhang sollen zum Abschluss die nach dem Ergebnis dieser Untersuchung zulässigen Formen des Nachteilsausgleichs als Muster dargestellt werden. Diese Muster sind als Grundlage einer Vereinbarung gedacht und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies ist auch in den oben beschriebenen Anwendungsbereichen gar nicht möglich, da der Einsatz insbesondere der auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung nur im Einzelfall ratsam und praktikabel ist. Gerade in diesen Einzelfällen ist es erforderlich, die Vereinbarung um eine umfangreiche Darstellung der Konzernsituation und die Situation der Veranlassung zu ergänzen. In diesen Fällen kann das unten anschließende Muster nur ein Grundgerüst der Vereinbarung darstellen. Am Anfang steht eine Absichtserklärung, die noch vor Veranlassung auf die mögliche Zuständigkeit der Hauptversammlung hinweist. Sie dient dazu, die Parteien auf mögliche Folgen des Verfahrensfehlers bei unterbliebenem Hauptversammlungsbeschluss hinzuweisen und diesem Fehler vorzubeugen. Des Weiteren soll sie die Konzernsituation und die Rahmenbedingungen der Veranlassung näher erläutern, da gerade im Anwendungsbereich derzeit nicht bezifferbarer Nachteile ein komplexerer Sachverhalt vorliegt. Hieran schließen sich die verschiedenen Formen einer Nachteilsausgleichsvereinbarung an. Zunächst soll die vom Gesetz ursprünglich vorgesehene Form der bezifferten Nachteilsausgleichsvereinbarung dem Rechtsverkehr wieder nähergebracht werden. Diese Form der Vereinbarung stellt die unproblematischste Form des Nachteilsausgleichs dar, auch wenn die Bezifferbarkeit des Nachteils zuweilen Schwierigkeiten bereiten kann. Anschließend folgt der Mustertext einer auflösend bedingten Nachteilsausgleichsvereinbarung für die Fälle, in denen der Nachteil noch nicht beziffert werden kann. Nach den obigen Ausführungen sind nur durch eine Garantie oder eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung der Nutzen einer unbezifferten Vereinbarung und die Problematik der Nachteilsbestimmung miteinander in Einklang zu bringen. Abschließend wird eine Ausgleichsgarantie zum Ausschluss des Nachteils formuliert. Nähere Erläuterungen zu den einzelnen Klauseln finden sich in den jeweiligen Fußnoten.

300

5. Kap.: Mustervereinbarungen

§ 17 Absichtserklärung mit Hinweis auf Hauptversammlungszuständigkeit An den Vorstand der Firma Y-Produktions-AG 78467 Konstanz1

01. 08. 2015

Absichtserklärung über die Weiterleitung eines Großauftrags zur Entwicklung eines neuartigen Großgetriebes Sehr geehrte Damen und Herren, ein langjähriger Geschäftspartner und Großkunde ist an die X-Holding-AG im Rahmen einer Fachtagung in Frankfurt am Main am 15. 05. 2015 herangetreten. Im Rahmen dieses Gesprächs kam es zu ersten Sondierungen über die Vergabe eines Großauftrags an unseren Konzern. Dieser beinhaltet die Entwicklung eines neuartigen Großgetriebes. Eine Adaption und Veränderung bestehender Getriebe aus unserer Produktionspalette ist angesichts der gewünschten Spezifikationen des Kunden nicht möglich, weshalb eine völlige Neuentwicklung erforderlich wird. Im Anschluss an dieses Gespräch kam es am 03. 06. 2015 zu internen Verhandlungen zwischen Ihnen und uns über die Weitergabe des Großauftrags an Sie. Die Ergebnisse dieser Sondierung lauten: 1. Die X-Holding-AG leitet den Großauftrag an die Y-Produktions-AG weiter und beauftragt die Y-Produktions-AG mit der Entwicklung und Produktion des Getriebes. 2. Die Kosten für die unter Ziffer 1 genannten Maßnahmen trägt die Y-Produktions-AG. 3. Entspricht das hergestellte Getriebe den Anforderungen des Kunden, so überlässt die Y-Produktions-AG der X-Holding-AG unentgeltlich die Getriebe zur abschließenden Abwicklung des zwischen der X-Holding-AG und dem Kunden geschlossenen Kaufvertrags. 4. Einnahmen aus der Geschäftsbeziehung zwischen der X-Holding-AG und dem Kunden, die auf die Entwicklung des Getriebes zurückzuführen sind, werden an die Y-Produktions-AG ausgeschüttet. 5. Entspricht das Getriebe nicht den Anforderungen des Kunden, so besteht für diesen keine Abnahmeverpflichtung und die Getriebe verbleiben bei der Y-Produktions-AG. Anhand dieser Sondierungsergebnisse wurde klar, dass es sich hierbei um eine für die Y-Produktions-AG nachteilige Maßnahme im Sinne des § 311 AktG handelt, sofern der Großauftrag in dieser Form an die Y-Produktions-AG weitergereicht wird. Der Vorstand der X-Holding-AG hat sich daher entschlossen, folgende Absichtserklärung abzugeben: 1. Die Weitergabe des Auftrags stellt aus übereinstimmender Sicht beider Konzernunternehmen eine nachteilige Veranlassung durch die X-Holding-AG dar, sofern der Kunde die Getriebe nicht abnimmt. 2. Für diesen Fall schließen die X-Holding-AG und die Y-Produktions-AG eine auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung. 1 In Teilen angelehnt an D. Beisel/Klumpp, in: W. Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, 20. Kapitel, Rn. 1 ff.

§ 17 Absichtserklärung mit Hinweis auf Hauptversammlungszuständigkeit

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3. Den Parteien ist bewusst, dass zur Wirksamkeit der Nachteilsausgleichsvereinbarung ein Hauptversammlungsbeschluss der Y-Produktions-AG im Sinne von § 243 Abs. 2 AktG erforderlich ist. Sie arbeiten auf eine rechtzeitige Einberufung der Hauptversammlung hin. 4. Die X-Holding-AG arbeitet derzeit einen Entwurf der Nachteilsausgleichsvereinbarung aus und wird diesen binnen 10 Tagen der Y-Produktions-AG zur Diskussion vorlegen. Der Abschluss dieses Vertrages erfolgt nach Ende der Verhandlungen, jedoch spätestens zum Ende dieses Geschäftsjahres. 5. Die X-Holding-AG stimmt einer gutachterlichen Feststellung der anfallenden Kosten für Entwicklung und Produktion des Getriebes bereits jetzt zu und übernimmt die Kosten dieser Feststellung. 6. Der Vertrag mit dem Großkunden wurde am 10. 06. 2015 im Einvernehmen mit der Y-Produktions-AG mit dem Großkunden geschlossen. Die Y-Produktions-AG ist nicht Vertragspartner dieses Vertrages. Der genannte Vertrag ist als Anlage beigefügt. Mit freundlichen Grüßen gez. Firma X-Holding-AG Max Mustermann Vorstandsvorsitzender

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5. Kap.: Mustervereinbarungen

§ 18 Bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Schiedsvereinbarung Nachteilsausgleichsvereinbarung zwischen [Name des herrschenden Unternehmens] als herrschendem Unternehmen und [Name des abhängigen Unternehmens] als abhängigem Unternehmen Präambel2 [Das herrschende Unternehmen] und [das abhängige Unternehmen]3 sind Konzernunternehmen im Sinne des § 17 AktG. [Das herrschende Unternehmen] hat [das abhängige Unternehmen] dazu veranlasst, [nachteilige Maßnahme oder Rechtsgeschäft benennen]. Die Parteien dieses Vertrages sind überzeugt, dass die Veranlassung im besten Interesse [des abhängigen Unternehmens] erfolgte. Aus Rücksicht auf die Belange [des abhängigen Unternehmens] und mit Blick auf die gesetzliche Verpflichtung der §§ 311 ff. AktG treffen die Parteien folgende Vereinbarung: § 1 Art und Höhe des Nachteils (1) Die Parteien vereinbaren, dass [die nachteilige Maßnahme] als im Sinne von §§ 311 ff. AktG durch [das herrschende Unternehmen] veranlasst anzusehen ist.4 (2) Durch die Veranlassung sind [dem abhängigen Unternehmen] folgende Nachteile entstanden: [Nachteile aufzählen]5 (3) Der [dem abhängigen Unternehmen] entstandene Nachteil beläuft sich somit insgesamt auf [Gesamtbetrag in Euro].6 § 2 Art und Umfang des Ausgleichs Der Nachteil im Sinne von § 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung wird in vollem Umfang in bar ausgeglichen.7 2 Hier werden die Situation der Nachteilszufügung und die Konzernverflechtung dargestellt. Es kann ebenfalls auf eine vorangegangene Absichtserklärung (siehe oben § 17) Bezug genommen werden. 3 Jeweils mit Sitz und Handelsregistereintrag. 4 Diese Vereinbarung erleichtert die spätere Abwicklung. Aufgrund der Veranlassungsvermutung im Rahmen des § 311 AktG kann diese Vereinbarung auch unterbleiben. 5 Alternativ kann hier auch inhaltlich auf ein Gutachten verwiesen werden, das den Nachteil bereits berechnet hat. Dieses Gutachten kann ergänzend auch als Anlage beigefügt werden, wobei darauf zu achten ist, dass diese Anlagen Vertragsbestandteil werden sollten. 6 Diese Erwähnung ist sinnvoll, wenn der Nachteil in bar ausgeglichen werden soll. Andernfalls kann dieser Absatz entfallen. 7 Möglich ist auch ein Ausgleich durch andere Vorteile. In diesem Falle ist der Vorteil nach den gleichen Grundsätzen wie der Nachteil zu bewerten und die Bewertung darzustellen.

§ 18 Bezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Schiedsvereinbarung

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§ 3 Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs, Zinsen Die Ausgleichsleistung nach § 2 dieser Vereinbarung ist sofort fällig. Verzögert sich die Auszahlung, so fallen Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an. § 4 Ausgleichspflichtiger8 Schuldner des Ausgleichs nach § 3 dieser Vereinbarung ist [herrschendes Unternehmen oder Dritter].9 § 5 Schiedsvereinbarung10 Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder dessen Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsverordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs endgültig entschieden. Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt drei. Der Ort des Verfahrens ist [Sitz des abhängigen Unternehmens]. § 6 Inkrafttreten Dieser Vertrag wird erst wirksam, wenn die Hauptversammlung [des abhängigen Unternehmens] dem Vertrag zugestimmt hat. Die Vertragsparteien sind sich über die bereits in der Absichtserklärung vom [Datum] festgestellte Zustimmungspflicht der Hauptversammlungen im Klaren.11 § 7 Verjährung Ansprüche aus dieser Vereinbarung verjähren in drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit Inkrafttreten. § 8 Gerichtsstand, Salvatorische Klausel, Vertragsänderungen (1) Gerichtsstand ist [Sitz des abhängigen Unternehmens]. Es findet ausschließlich deutsches Recht (mit Ausnahme der Bestimmungen des Internationalen Privatrechts) Anwendung. (2) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise als unwirksam oder undurchführbar erweisen oder infolge Änderungen der Gesetzgebung nach Vertragsabschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleiben die übrigen Vertragsbestimmungen und die Wirksamkeit des Vertrages im Ganzen hiervon unberührt. An die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung tritt die wirksame und durchführbare Bestimmung, die dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung mög8

Hier ist der Ausgleichspflichtige noch einmal genau zu bezeichnen. Sollte der Ausgleich durch das herrschende Unternehmen erfolgen, kann diese Klausel entfallen. Möglich ist es aber auch, den Ausgleich von einem Dritten, z. B. auch einem weiteren Tochterunternehmen, vornehmen zu lassen. Im Falle eines konzernverbundenen Unternehmens als Ausgleichspflichtigen ist aber zu beachten, dass im Ausgleich wiederum eine veranlasste Nachteilszufügung zu sehen ist. 9 Im Falle eines Dritten als Ausgleichspflichtigen ist die volle Anschrift des Schuldners erforderlich. 10 Nach Hopt/Trittmann/Pfitzner/Schmalz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, S. 1123; vgl. ebenfalls D. Beisel/Klumpp, in: W. Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, Rn. 272. 11 Je nach Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist eine außerordentliche Hauptversammlung beim abhängigen Unternehmen einzuberufen.

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5. Kap.: Mustervereinbarungen lichst nahekommt. Erweist sich der Vertrag als lückenhaft, gelten die Bestimmungen als vereinbart, die dem Sinn und Zweck des Vertrages entsprechen und vernünftigerweise von den Parteien vereinbart worden wären.

(3) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages, einschließlich der Abbedingung dieser Bestimmung selbst, bedürfen der Schriftform, soweit nicht weitergehende Formvorschriften einzuhalten sind.

§ 19 Nachbesserungsgarantie und Schiedsgutachtervereinbarung

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§ 19 Auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung mit Nachbesserungsgarantie und Schiedsgutachtervereinbarung Nachteilsausgleichsvereinbarung zwischen X-Holding-AG, mit Sitz in Frankfurt am Main, als herrschendem Unternehmen und Y-Produktions-AG, mit Sitz in Konstanz, als abhängigem Unternehmen Präambel12 X-Holding-AG und Y-Produktions-AG13 sind Konzernunternehmen im Sinne des § 17 AktG. Ein langjähriger Geschäftspartner und Großkunde der X-Holding-AG ist an die X-Holding-AG herangetreten und hat ein noch zu entwickelndes Großgetriebe entsprechend seinen gewünschten Spezifikationen bestellt. Mit dem Kunden wurde vertraglich vereinbart, dass nach der Entwicklung keine Abnahmepflicht besteht. Vielmehr soll nur dann eine Abnahmeverpflichtung entstehen, wenn sich der Wunsch des Bestellers vollständig umsetzen lässt. Hierbei kann es Unwägbarkeiten auf allen technischen Entwicklungsebenen geben, die zwar am Ende ein fertiges Produkt bedeuten, aber keine Abnahmeverpflichtung auslösen. Stellt sich nach der Entwicklung im Praxistest heraus, dass die geforderten Werte des Bestellers nicht erreicht werden, so besteht laut getroffener Vereinbarung keine Abnahmeverpflichtung. Die X-HoldingAG hat die Y-Produktions-AG im Rahmen der konzerninternen Kooperation angewiesen, dieses Getriebe nach den Vereinbarungsvorgaben zu entwickeln. Erfüllt dieses die Bedingungen des Bestellers, so kommt ein Großauftrag zustande, der die Kosten bei weitem deckt. Diese Einnahmen werden kostendeckend an die Y-Produktions-AG weitergereicht. Die Parteien dieses Vertrages sind überzeugt, dass die Veranlassung im besten Interesse der Y-Produktions-AG erfolgte. Aus Rücksicht auf die Belange der Y-Produktions-AG und mit Blick auf die gesetzliche Verpflichtung der §§ 311 ff. AktG treffen die Parteien folgende Vereinbarung: § 1 Art und Höhe des Nachteils (1) Die Parteien vereinbaren, dass die Anweisung der Getriebeentwicklung nach den Vorgaben des Kunden als im Sinne von §§ 311 ff. AktG durch die X-Holding-AG veranlasst anzusehen sind.14 (2) Durch die Veranlassung sind der Y-Produktions-AG folgende Nachteile im Sinne des § 311 AktG15 entstanden: a. Planungskosten in Höhe von 145.000 Euro 12

stellt. 13

Hier werden die Situation der Nachteilszufügung und die Konzernverflechtung darge-

Jeweils mit Sitz und Handelsregistereintrag genau benennen. Diese Vereinbarung erleichtert die spätere Abwicklung. Aufgrund der Veranlassungsvermutung im Rahmen des § 311 AktG kann diese Vereinbarung auch unterbleiben. 15 Alternativ kann hier auch inhaltlich auf ein Gutachten verwiesen werden, das den Nachteil bereits berechnet hat. Dieses Gutachten kann ergänzend auch als Anlage beigefügt werden, wobei darauf zu achten ist, dass diese Anlagen Vertragsbestandteil werden. 14

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5. Kap.: Mustervereinbarungen b. Entwicklungskosten in Höhe von 1,2 Mio. Euro c. Fertigungskosten in Höhe von 7,13 Mio. Euro d. Kosten für Qualitätssicherung und -kontrolle in Höhe von 2,1 Mio. Euro e. Vorführkosten in Höhe von 13.000 Euro

(3) Die Bewertung der jeweiligen Nachteile ist von der weiteren Entwicklung der Veranlassung abhängig und im Einzelnen ungewiss. Diese Nachteile sind daher jeweils mit dem Maximalwert angesetzt. (4) Der Y-Produktions-AG entstandene Nachteil beläuft sich somit maximal auf 10,588 Mio. Euro. § 2 Art und Umfang des Ausgleichs Der Nachteil im Sinne von § 1 Abs. 3 dieser Vereinbarung wird in vollem Umfang in bar ausgeglichen.16 § 3 Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs, Zinsen Die Ausgleichsleistung ist sofort fällig.17 Verzögert sich die Auszahlung, so fallen Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an. § 4 Ausgleichspflichtiger18 Schuldner des Ausgleichs nach § 3 dieser Vereinbarung ist die X-Holding-AG.19 § 5 Auflösende Bedingung Nimmt der Großkunde die entwickelten Großgetriebe ab, so entfällt der Anspruch auf Ausgleich (im Folgenden: „Bedingung“). Zur Feststellung des Eintritts der Bedingung sind folgende Parameter maßgeblich: 1. Die Entwicklung entspricht den Anforderungen des Kunden, spezifiziert in Anlage 1 (Vertrag zwischen dem Großkunden und X-Holding-AG). Die Anlage wird somit Vertragsbestandteil. 2. Bei der Fertigung sind keine Qualitätsmängel aufgetreten, die eine Nichtabnahme oder Kaufpreisminderung bedeuten.

16 Möglich ist auch ein Ausgleich durch andere Vorteile. In diesem Falle ist der Vorteil nach den gleichen Grundsätzen wie der Nachteil zu bewerten und die Bewertung darzustellen. 17 Bei einer abweichenden Fälligkeitsregelung ist der Verjährungsbeginn auf den Fälligkeitszeitpunkt zu verlegen. 18 Hier ist der Ausgleichspflichtige noch einmal genau zu bezeichnen. Sollte der Ausgleich durch das herrschende Unternehmen erfolgen, kann diese Klausel entfallen. Möglich ist es aber auch, den Ausgleich von einem Dritten, z. B. auch einem weiteren Tochterunternehmen, vornehmen zu lassen. Im Falle eines konzernverbundenen Unternehmens als Ausgleichspflichtigen ist aber zu beachten, dass im Ausgleich wiederum eine veranlasste Nachteilszufügung zu sehen ist. 19 Im Falle eines Dritten als Ausgleichspflichtigen ist die volle Anschrift des Schuldners erforderlich.

§ 19 Nachbesserungsgarantie und Schiedsgutachtervereinbarung

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3. Der Kunde hat die bestellte Anzahl an Getrieben (Anlage 1) abgenommen und seine sonstigen vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.20 4. … § 6 Rückforderung Im Falle des Bedingungseintritts nach § 5 dieser Vereinbarung erstattet die Y-Produktions-AG zu viel gezahlte Ausgleichsleistungen an den Ausgleichspflichtigen zurück. Die Rückerstattung ist sofort fällig und im Verzugsfalle zu verzinsen. Der Verzugszins richtet sich nach § 3 dieser Vereinbarung. § 7 Schiedsgutachtervereinbarung21 (1) Den Eintritt der Bedingung bestimmen die Parteien einvernehmlich. Können sich die Parteien nicht über den tatsächlichen Eintritt der Bedingung einigen, vereinbaren sie für diesen Fall, dass ein Schiedsgutachten durch folgenden Gutachter erstellt werden soll: [Name des Gutachters].22 (2) Beide Parteien werden innerhalb von einer Woche nach Erteilung des Schiedsgutachtensauftrages dem Schiedsgutachter ihren Standpunkt schriftsätzlich darlegen. Der Schiedsgutachter leitet diese Stellungnahme an die jeweils andere Partei weiter. Beide Parteien können binnen einer weiteren Frist von vier Wochen erwidern. (3) Verzichtet eine Partei darauf, ihren Standpunkt schriftsätzlich innerhalb der Wochenfrist darzulegen, so ist der Verfahrensabschnitt der schriftsätzlichen Vorbereitung abgeschlossen; ein Erwiderungsrecht besteht für diese Partei dann nicht mehr. Im nachfolgenden Verfahrensabschnitt bestimmt der Schiedsgutachter das weitere Verfahren nach freiem Ermessen. Er kann die Parteien auffordern, zu bestimmten Fragen schriftlich – ggf. unter Fristsetzung – Stellung zu nehmen. Er kann den Sachverhalt mit den Parteien erörtern. Er hat lediglich dafür Sorge zu tragen, dass schriftliche Stellungnahmen und der wesentliche Inhalt mündlicher Erklärungen der jeweils anderen Partei zugehen. (4) Das Schiedsgutachten wird schriftlich erstattet. Bei der Ermittlung des Eintritts der Bedingung ist der Schiedsgutachter an die unter § 5 genannten Parameter gebunden. Das Gutachten soll die wesentlichen tatsächlichen Annahmen enthalten, auf denen die gutachterliche Bewertung beruht. Das Ergebnis des Schiedsgutachtens ist für die Parteien bindend. (5) Die Kosten des Schiedsgutachtens trägt die X-Holding-AG.23 § 8 Nachbesserungsgarantie Sollte sich herausstellen, dass die Nachteile einen größeren Umfang haben, als in § 1 dieser Vereinbarung angenommen, so garantiert das herrschende Unternehmen den Ausgleich dieser Nachteile (der „Garantiefall“). Den Eintritt des Garantiefalls ist von der Y-Produktions-AG durch Vorlage eines Prüfungsberichts einer unabhängigen Stelle nachzuweisen. Die Kosten für 20

Die Parameter sind aus ex-ante-Sicht zu bestimmen und einzelfallabhängig. Nach Stubbe, SchiedsVZ 2006, 150, 154 f. 22 Die Erstellung des Schiedsgutachtens kann auch als alleinige Ermittlungsmethode gewählt werden. 23 Andernfalls liegt in einer Auferlegung der Kosten eine erneute Nachteilszufügung, die wiederum ausgleichpflichtig ist. 21

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5. Kap.: Mustervereinbarungen

diese Prüfung übernimmt die X-Holding-AG. Unabhängig davon prüfen beide Unternehmen anhand der Quartalsberichte den Eintritt weiterer Nachteile. Zeigt sich bei dieser Untersuchung ein Nachteil, der bisher nicht ausgeglichen ist, so garantiert die X-Holding-AG den Ausgleich dieses Nachteils. § 9 Inkrafttreten Dieser Vertrag wird erst wirksam, wenn die Hauptversammlung der Y-Produktions-AG dem Vertrag zugestimmt hat. Die Vertragsparteien sind sich über die bereits in der Absichtserklärung vom 01. 08. 201524 festgestellte Zustimmungspflicht der Hauptversammlungen im Klaren.25 § 10 Verjährung Ansprüche aus dieser Vereinbarung verjähren in drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit Inkrafttreten. § 11 Gerichtsstand, Salvatorische Klausel, Vertragsänderungen (1) Gerichtsstand ist Konstanz.26 Es findet ausschließlich deutsches Recht (mit Ausnahme der Bestimmungen des Internationalen Privatrechts) Anwendung. (2) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise als unwirksam oder undurchführbar erweisen oder infolge Änderungen der Gesetzgebung nach Vertragsabschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleiben die übrigen Vertragsbestimmungen und die Wirksamkeit des Vertrages im Ganzen hiervon unberührt. An die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung tritt die wirksame und durchführbare Bestimmung, die dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung möglichst nahekommt. Erweist sich der Vertrag als lückenhaft, gelten die Bestimmungen als vereinbart, die dem Sinn und Zweck des Vertrages entsprechen und vernünftigerweise von den Parteien vereinbart worden wären. (3) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages, einschließlich der Abbedingung dieser Bestimmung selbst, bedürfen der Schriftform, soweit nicht weitergehende Formvorschriften einzuhalten sind.

24

Die Absichtserklärung ist unter § 17 abgedruckt. Je nach Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist eine außerordentliche Hauptversammlung beim abhängigen Unternehmen einzuberufen. 26 Sitz des abhängigen Unternehmens. 25

§ 20 Ausgleichsgarantie

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§ 20 Ausgleichsgarantie Garantievereinbarung zwischen A-Holding-AG, mit Sitz in Frankfurt am Main, als herrschendem Unternehmen und B-Produktions-AG, mit Sitz in Konstanz, als abhängigem Unternehmen Präambel27 A-Holding-AG und B-Produktions-AG sind verbundene Unternehmen im Sinne von § 17 AktG. Aufgrund der rasanten Entwicklung der Forschung im Bereich der Energiegewinnung lohnt es sich aus Sicht beider Unternehmen einen neuen Betriebszweig für die Entwicklung und Produktion von Offshore-Wasserkraftwerken zu etablieren. Die A-Holding-AG hat den Vorstand der B-Produktions-AG dazu veranlasst, dieses neue Marktsegment zu erschließen, das zuvor konzernweit noch nicht abgedeckt wurde. Dieses Marktsegment hat sich am Markt komplett neu gebildet. Diese Markterschließung ist abgesehen von den Forschungskosten und Einrichtungskosten von Produktionsstätten sowie Werbekosten nicht vollständig planbar, da innerhalb des Konzerns und sogar marktweit keine Vergleichswerte bestehen. Daher sind auch die entstehenden Nachteile nicht sofort feststellbar. Erst die späteren Entwicklungen werden zeigen, was an Nachteilen oder sogar Vorteilen durch die Marktsegmenterschließung auf die B-Produktions-AG zukommt. Es lassen sich vielmehr nur einzelne Parameter benennen, bei deren Eintritt ein Nachteil auszuschließen ist. Hierzu zählen etwa das erwartete Konsumentenverhalten, Preisentwicklungen oder die Entwicklung des Marktes insgesamt. Die Vertragspartner gehen davon aus, dass sich diese Markterschließung zum Vorteil der B-Produktions-AG auswirken wird und den gesamten Konzern zum Marktführer im Bereich der Offshore-Wasserkraft machen wird. Aufgrund der hohen Unsicherheiten bei der Markterschließung besteht auch das Risiko, dass der B-Produktions-AG Nachteile aus dieser Erschließung entstehen können. Um dies und die Rechtsfolgen der §§ 311 ff. AktG auszuschließen, vereinbaren die Parteien Folgendes: § 1 Materieller Garantiefall (1) A-Holding-AG und B-Produktions-AG vereinbaren, dass die Markterschließung für die Entwicklung und Produktion von Offshore-Wasserkraftwerken durch die A-Holding-AG veranlasst sind. (2) Die A-Holding-AG garantiert, dass der B-Produktions-AG aus der veranlassten Maßnahme kein Nachteil im Sinne des § 311 AktG entsteht. Jeglicher dennoch festgestellter Nachteil in diesem Sinne wird sofort in bar ausgeglichen. 27

stellt.

Hier werden die Situation der Nachteilszufügung und die Konzernverflechtung darge-

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5. Kap.: Mustervereinbarungen

§ 2 Formeller Garantiefall (1) Den Eintritt des Garantiefalls nach § 1 hat die B-Produktions-AG durch Vorlage eines Prüfungsberichts einer unabhängigen Stelle nachzuweisen. Die Kosten für diese Prüfung übernimmt die A-Holding-AG. (2) Als unabhängige Stelle wird das Wirtschaftsprüfungsunternehmen X beauftragt. Dieses prüft laufend die Entwicklung des Marktes und die etwaige Entstehung von Nachteilen für die B-Produktions-AG. Hierzu stellen die Vertragsparteien dem Wirtschaftsprüfer alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung. Aufgrund der vorgelegten Daten prüft X den Eintritt von Nachteilen für die B-Produktions-AG. An eine ex-ante-Betrachtung ist X hierbei nicht gebunden.28 § 3 Weiterer Verfahrensablauf Unabhängig davon prüfen die Vertragsparteien eigenständig anhand der Quartalsberichte den Eintritt weiterer Nachteile im Sinne des § 311 AktG. Zeigt sich bei dieser Untersuchung ein Nachteil, der nach übereinstimmender Auffassung bisher nicht ausgeglichen ist, so garantiert die A-Holding-AG den Ausgleich dieses Nachteils. § 4 Gerichtsstand, Salvatorische Klausel, Vertragsänderungen (4) Gerichtsstand ist Konstanz.29 Es findet ausschließlich deutsches Recht (mit Ausnahme der Bestimmungen des Internationalen Privatrechts) Anwendung. (5) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise als unwirksam oder undurchführbar erweisen oder infolge Änderungen der Gesetzgebung nach Vertragsabschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleiben die übrigen Vertragsbestimmungen und die Wirksamkeit des Vertrages im Ganzen hiervon unberührt. An die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung tritt die wirksame und durchführbare Bestimmung, die dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung möglichst nahe kommt. Erweist sich der Vertrag als lückenhaft, gelten die Bestimmungen als vereinbart, die dem Sinn und Zweck des Vertrages entsprechen und vernünftigerweise von den Parteien vereinbart worden wären. (6) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages, einschließlich der Abbedingung dieser Bestimmung selbst, bedürfen der Schriftform, soweit nicht weitergehende Formvorschriften einzuhalten sind.

28 Im Einzelfall kann hier auch die Bindung an eine ex-ante-Betrachtung vereinbart werden. Dann müssen aber alle Parameter für die Feststellung der Nachteiligkeit bereits in der Garantievereinbarung genannt werden. In der Regel ist dies bei den hier dargestellten Fällen aber wegen der Prognoseunsicherheiten nicht möglich. 29 Sitz des abhängigen Unternehmens.

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Stichwortverzeichnis Anwendungsbereich unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung – Entwicklung und Forschung 146 – Pionierarbeit 145 auflösend bedingte Nachteilsausgleichsvereinbarung – Abschlussvoraussetzungen 271 – Anwendungsbereich 289 – auflösende Bedingung 269 – Ausgestaltung 269 – Beurteilungszeitpunkt 280 – Bilanzneutralität 281 – Inhalt 269 – Kritik 280 – Planungssicherheit 282 – Schiedsgutachtervereinbarung 285 – Sicht der Beteiligten 277 – Verbindung mit Nachbesserungsgarantie 278 auflösende Bedingung – Feststellung des Bedingungseintritts 272 – Feststellungsklage 274 – inhaltliche Anforderungen 270 – Leistungsklage 273 – Schiedsverfahren 276 aufschiebende Bedingung 192 Ausgleichsgarantie 254 – Kritik 262 – Lösungsansätze 263 – Nachteile 266 Bedingungseintritt – Schiedsverfahren siehe Schiedsverfahren Business Judgement Rule 50 f. Drittvergleich 59, 61, 63, 65, 68, 118, 120, 128, 134, 192 Erfüllungsgarantie 255 Exculpationslösung – Nachteilsbestimmung bei Maßnahmen 62

– Nachteilsbestimmung bei Rechtsgeschäften 61 Fälligkeitsvereinbarung siehe unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung Garantie – Abschlussvoraussetzungen 203, 260 – Ausgleichsgarantie siehe Ausgleichsgarantie – Einzelausgleichsfähigkeit 257 – Erfüllungsgarantie siehe Erfüllungsgarantie – Garantiefall 200 – inhaltliche Anforderungen 256 – Nachbesserungsgarantie siehe Nachbesserungsgarantie – Wirkung 204, 261 Garantiefall – formeller 202 – materieller 202 Klagemöglichkeiten – §§ 147, 148 AktG 218 – §§ 317 Abs. 4, 319 Abs. 4 AktG 213 – Anfechtungsklage 225, 227 – Einräumung von Klagerechten 251 – Feststellungsklage 223 – Klagen der abhängigen Gesellschaft 214 – Leistungsklage 219 – Nichtigkeitsfeststellungsklage 220 – Spruchverfahren 231 – Zwischenfeststellungsurteil 215 Konzernsituation 23 – Faktischer Konzern 26 – Vertragskonzern 26 Nachbesserungsgarantie 255 – Lösungsansätze 265 – Nachteile 266 Nachbesserungsklausel 248

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Stichwortverzeichnis

Nachteilsausgleich 28, 31, 71, 73, 85 – ausgleichsfähige Vorteile 78 – Beurteilungszeitpunkt 83 – Festlegung 89, 95 – Grenzen 73 – kein Anspruch auf 109 – Rechtsnatur 74 – Verjährung 107 – Verzicht 97 – Zweck 71 Nachteilsausgleichsvereinbarung 28 – bezifferte 29, 91 – Definition 29 – unbezifferte 30, 117 – Verbreitung 28 Nachteilsbegriff 34 – Exculpationslösung 42, 44 – 49, 52 – 54, 56, 58 f., 61, 63, 65 – 67, 69 f., 120, 127, 183 – historische Auslegung § 311 AktG 53 – Sinn und Zweck § 311 AktG 54 – Systematik §§ 311 ff. AktG 49 – Tatbestandslösung 42, 44, 46, 48 f., 54, 59, 69, 127 – Wortlaut § 311 AktG 47 Nachteilsbestimmung – Cash-Pool 63 – Umlagen 67 Nachteilsbestimmung durch Dritte 208 – Abschlussprüfer 208 – Aufsichtsrat 208 – Gerichte 209 – gesellschaftsinterne Personen 208 – sonstige Dritte 211 Normzweck §§ 311 ff. AktG – Schutzzweck 34 Pionierarbeit 145, 290 Schiedsverfahren 283 – Kostentragung 287 – Unterscheidung Schiedsgutachten, Schiedsurteil 283 Schuldanerkenntnis 245 Schutzzweck – Ausgestaltung 38 – Eigeninteresse 35 – 38, 48, 52, 55, 191, 296

– Idealtheorie 36 – Privilegierungsfunktion 40 – Realtheorie 35 Tatbestandslösung – Nachteilsbestimmung bei Maßnahmen 60 – Nachteilsbestimmung bei Rechtsgeschäften 59 unbezifferte Nachteilsausgleichsvereinbarung – Abschluss 119 – abstrakte 117 – Anwendungsbereich, Fallgruppen 139, 145 – aufschiebende Bedingung 192 – Bilanzierung 186 – Fälligkeitsvereinbarung 195 – fehlende Planungssicherheit 190 – Klage nach §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG 213 – Klagemöglichkeiten auf Ausgleich 213 – konkrete 117 – Meinungsstand 153 – Nutzen 123 – Rechtsprechung 158 – Umgehung Schutzzweck §§ 311 ff. AktG 180 – Unternehmensbewertung 141 – Vergleich zu Garantie 206 – Verlagerung Beurteilungszeitraum 189 – zirkuläre Ausgestaltung 213 Verjährung – Beginn 108 – Dauer 107 – vertragliche Vereinbarung über 109 Verzicht – vertragliche Vereinbarung 104 – Wirkungen 106 Vorteil 82 – Bewertbarkeit 79 f., 82, 281 – Bilanzierbarkeit 80 – 82 – nicht quantifizierbarer 82 Zirkelschluss 236