Mythologie und Alchemie in der Lehrepik des frühen 17. Jahrhunderts: Die 'Chryseidos Libri IIII' des Straßburger Dichterarztes Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633) 9783110233179, 9783110233162

Chryseidos Libri III, the Latin didactic poem on alchemy by the Strasbourg physician, alchemist and pharmacist Johannes

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Mythologie und Alchemie in der Lehrepik des frühen 17. Jahrhunderts: Die 'Chryseidos Libri IIII' des Straßburger Dichterarztes Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633)
 9783110233179, 9783110233162

Table of contents :
Inhalt
A. Einleitung
1. Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie – ein Grundriß
1.1. Antike
1.2. Mittelalter
1.3. Renaissance
2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt
2.1. Etymologie
2.2. Die spätantiken Gründungstexte und ihre Vermittlung
2.3. Mittelalter
2.4. Renaissance und Barock: Hermetismus – Paracelsismus – Rosenkreutzertum
3. Alchemie und Lehrgedicht
4. Alchemie und Vision
5. Mythologie und Alchemie
6. Kommentar und Alchemie
7. Ein Prosakommentar des Tractatus aureus als wichtige Quelle der Chryseis
8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg
9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer
10. Die Chryseis: Struktur
11. Die Chryseis im Vergleich mit der Chrysopoeia des Augurelli
12. Furichius’ Chryseis im Vergleich mit seinem Frühwerk Aurea Catena
13. Die Chryseis als publizistisches Ensemble zwischen Inter- und Paratextualität
B. Edition und Übersetzung
Vorbemerkung zur Edition der Scholien der ›Chryseis‹:
Anmerkungen zur Zitierweise:
Änderungen im Text:
C. Kommentar
Furichius, Chryseis, Praefatio, Kommentar
Furichius, Chryseis, Liber I, Kommentar
Furichius, Chryseis, Liber II, Kommentar
Furichius, Chryseidos, Liber III, Kommentar
Furichius, Chryseidos, Liber IIII, Kommentar
D. Anhang
1. Auswahl aus den Libelli Carminum Tres von 1621 Stadtarchiv Weißenburg in Bayern, Sign. 784/3
2. Edition des Briefes im Album Morsianum, Stadtbibliothek Lübeck, Altbestand
3. Edition des Programma Funebre Straßburg, Thomasarchiv
Literaturverzeichnis
Dank
Register
1. Sachregister
2. Personenregister

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Frhe Neuzeit Band 148 Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europischen Kontext Herausgegeben von Achim Aurnhammer, Wilhelm Khlmann, Jan-Dirk Mller, Martin Mulsow und Friedrich Vollhardt

Thomas Reiser

Mythologie und Alchemie in der Lehrepik des frhen 17. Jahrhunderts Die ›Chryseidos Libri IIII‹ des Straßburger Dichterarztes Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633)

De Gruyter

ISBN 978-3-11-023316-2 e-ISBN 978-3-11-023317-9 ISSN 0934-5531 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://www.dnb.de abrufbar.  2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York Satz: epline, Kircheim unter Teck Druck: Hubert & Co., Gçttingen

¥ Gedruckt auf surefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie – ein Grundriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Mittelalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Renaissance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Etymologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die spätantiken Gründungstexte und ihre Vermittlung . . 2.3. Mittelalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Renaissance und Barock: Hermetismus – Paracelsismus – Rosenkreutzertum . . . . 3. Alchemie und Lehrgedicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Alchemie und Vision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mythologie und Alchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kommentar und Alchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ein Prosakommentar des Tractatus aureus als wichtige Quelle der Chryseis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg . . . . . . . . . . . . . . . 9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Die Chryseis: Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Die Chryseis im Vergleich mit der Chrysopoeia des Augurelli 12. Furichius’ Chryseis im Vergleich mit seinem Frühwerk Aurea Catena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Die Chryseis als publizistisches Ensemble zwischen Inter- und Paratextualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Edition und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Vorbemerkung zur Edition der Scholien der ›Chryseis‹: . . . . 64 Anmerkungen zur Zitierweise: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Änderungen im Text: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

VI

Inhalt

C. Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Furichius, Furichius, Furichius, Furichius, Furichius,

Chryseis, Praefatio, Kommentar. . . Chryseis, Liber I, Kommentar . . . . Chryseis, Liber II, Kommentar . . . Chryseidos, Liber III, Kommentar . Chryseidos, Liber IIII, Kommentar.

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D. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 1. 2. 3.

Auswahl aus den Libelli Carminum Tres von 1621 Stadtarchiv Weißenburg in Bayern, Sign. 784/3. . . . . . . . . . 348 Edition des Briefes im Album Morsianum, Stadtbibliothek Lübeck, Altbestand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Edition des Programma Funebre Straßburg, Thomasarchiv . 356

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 1. Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 2. Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

Be patient child for the wolf is ever with you Listen my little one to the sound of your desire. God will come out of such ignorance as this: not like a jack-in-the-box but like a tree turned weeping father in delirium. […] God will find your genius for you in the dark: and give it you back again without a bondsman. The shadows wait for you to say the word. Think: you will never have to read another book. Malcolm Lowry, Fragment 440, v. 70–82

ai carissimi et famigliari amici miei Uta Schedler et Mino Gabriele

A. Einleitung Im Mittelpunkt der hier vorgelegten Edition und der sie begleitenden Untersuchungen steht das 1631 zu Straßburg in vier ›Büchern‹ (ca. 1600 Verse) erschienene alchemische Lehrepos eines heute beinahe unbekannten Autors und dem Paracelsismus nahestehenden Mediziners aus dem Umkreis des Straßburger Späthumanismus: Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633). Obschon er früh an der Pest verstarb, brachte er ein für seine Jugend erstaunlich umfangreiches Oeuvre zusammen. Als Schriftsteller ist er – diskurs- wie formgeschichtlich betrachtet – den bedeutenden Vertretern einer teils weit über das Schrifttum der europäischen Renaissance hinausreichenden Literatur-, Wissens- und Theorietradition zuzurechnen. Wenngleich diese erst in Ansätzen erforscht ist, wird doch seit geraumer Zeit jener schier unabsehbare Kontinent der hermetischen, oft vom Neuplatonismus inspirierten frühneuzeitlichen Naturphilosophie sukzessive von der internationalen Forschung erschlossen. Es beeindrucken an diesem Werk, der Chryseis, welcher Furichius ein ähnliches, in Italien publiziertes Carmen hatte vorangehen lassen, nicht nur die metrische Verarbeitung alchemohermetischer Fachliteratur, sondern auch die in narrativ-fiktionaler Darstellung bevorzugten Muster der mythoalchemischen Exegese und Bildlichkeit in Verbindung mit Topoi der Visionsliteratur und mit Reflexen der antiken bis zeitgenössischen Versepik. Furichius schuf mit der Chryseis als Publikationsverbund aus beigegebenen Glossen und umfangreichen Scholien ein in der europäischen Literatur wohl einzigartiges Werk. Derart findet man gerade im intellektuellen Profil dieses Arztdichters die epochal signifikante, in den urbanen Zentren der Frühen Neuzeit nicht ungewöhnliche Kombination aus naturphilosophischen Interessen und humanistisch-ästhetischer Bildungskompetenz exemplarisch ausgeprägt. Ihre Darstellung wirft somit auch manches Licht auf die damaligen kulturellen Formationen der oberrheinischen Stadtkultur. Zugleich wird über den Widmungsträger und Mentor des hier edierten Epos, Joachim Morsius (1593–1643), die in ihrer Bedeutung für das Geistesleben des frühen 17. Jahrhunderts kaum zu überschätzende Sphäre der sogenannten ›frühen Rosenkreutzer‹ einbezogen. Indem ich dieses Lehrgedicht mit einer erster Übersetzung und einem ebenso die sehr aussagekräftigen Scholien und Glossen berücksichtigenden Kommentar in seinen konzeptionellen Strukturen, seiner dichterischen Fak-

2

A. Einleitung

tur und seinen ideellen Referenzen erschließe, wird nicht nur eine Fülle literarischer Quellen und Allusionen (von Aristoteles über Ariost zu Ronsard wie von antiken und humanistischen Kommentatoren zu zeitgenössischen Forschungsreisenden und den sogenannten Paracelsisten) sichtbar, sondern auch ein Beitrag zur wissenschaftlich aktuellen Frage nach der frühneuzeitlichen Konnexion von Wissensbeständen beziehungsweise philosophischen Theoremen und ihrer poetischen Assimilation geleistet. Der Edition, der Übersetzung und den Kommentaren werden in der Einleitung die nötigen Informationen zum Autor, zu seinem Gesamtwerk und seinem Umfeld vorangestellt. Zudem werden die Geschichte der Gattung ›Lehrgedicht‹ wie auch der alchemischen Literatur exponiert, um schließlich mit einer Skizzierung des intertextuellen und paratextuellen Bezugsfeldes den Leser auf die eigene Lektüre der Chryseis einzustimmen.1

1.

Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie – ein Grundriß2

Der ›Lehrdichtung‹ kann, da der Terminus sich erst im Barock herausbildete, und auch die antike Rhetorik keine verbindlichen Gattungskriterien aufstellte, rückblickend ein jeder Verstext mit didaktischem Anspruch zugerechnet werden. Die konzeptuelle Problematik liegt hierbei in der besonderen Verbindung von Inhalt und Form, von ›res‹ und ›verba‹ – dergestalt, daß meist durch einen Hexametertext, also im Vers des Epos, sowohl Sachwissen vermittelt wird als auch dieses Sachwissen durch die ästhetische Formierung in seiner hohen Bedeutung symbolisch nobilitiert werden soll. So lavieren seit jeher alle Bestimmungsversuche zwischen einer Klassifizierung als ›Sonderfall des Epos‹ und als ›versifizierter Sachtext‹, wobei fast immer von der Verbannung der didaktischen Dichtung aus dem Kreise der Poesie bei Aristoteles (vgl. Arist. Po. 1447b) ausgegangen wird – jene wiederum war in Reaktion auf Platos Dichterschelte am Ende der Respublica (vgl. Pl. R. 602b) erfolgt. Da nach Aristoteles aufgrund der Bindung von Dichtung an Handlung amimetische Poesie nicht sein kann, vermag auch der eleganteste Vers aus Fachwissen kein Gedicht zu machen. Dementsprechend nahm der Stagirit trotz der Hexameter von Peri Physeos und Katharmoi Empedokles (4. Jd. v. Chr.) nicht als Dichter wahr, sondern betrachtete ihn als Philsophen.3  1  2

 3

Das Buch erscheint auf besonderen Wunsch des Verfassers in alter Rechtschreibung. Grundlegend zum Lehrgedicht sei verwiesen auf W. Kühlmann (2000c), vor der populärwissenschaftlichen Einführung P. Tooheys (1996) wird gewarnt; eine erhellende ›Geschichte der Geringschätzung‹ für die Gattung bietet D. Wuttke (1982); zu einzelnen Epochen und Teilfragen sei auf die folgenden Fußnoten verwiesen. Vgl. hierzu R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 9–11.

1. Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie – ein Grundriß

3

Die Gegenposition vertrat in der Antike am prominentesten Cicero am Beispiel der von ihm latinisierten Sterndichtung des Arat: »constat inter doctos, hominem ignarum astrologiae ornatissimis atque optimis versibus Aratum de caelo stellisque dixisse« (CIC. de orat. 1, 69) – zwar kein Fachwissen zu haben, doch den Stoff ästhetisch anspruchsvoll zu präsentieren, macht hier den Poeten aus. Die scheinbare Dichotomie von ›aut prodesse aut delectare‹ (vgl. HOR. ars. 333)4 löste dann anscheinend der im Mittelalter wieder rezipierte spätantike Grammatiker Diomedes mit der Rehabilitierung der von Aristoteles verworfenen Genera, insbesondere der didaktischen Poesie – »qua comprehenditur philosophia Empedoclis et Lucreti, item astrologia […] et georgica Vergilii et his similia« (vgl. Diomedes, S. 482 f.).5 Auch der kanonische Vergil-Kommentator Servius urteilte in diesem Sinne, da er die Kommunikationssituation des Verstextes für ausschlaggebend erachtete: »hi libri didascalici sunt, unde necesse est, ut ad aliquem scribantur; nam praeceptum et doctoris et discipuli personam requirit: unde ad Maecenatem scribit, sicut Hesiodus ad Persen, Lucretius ad Memmium.« (SERV. georg. prooem. 1, 1.).6 Allein, es ist wenig über die Rezeption und damit über die Verbindlichkeit solcher (allesamt ›unscharfer‹) Aussagen überliefert. Dementsprechend schrieben Lehrdichter von der Antike bis zur Neuzeit nicht nach einem Regelwerk, sondern, indem sie auf ›Prototypen‹, das heißt auf traditionsstiftende Vorbilder zurückgriffen und diesen – im Rahmen der humanistischen Imitationsästhetik – auch neuere Dichtungen anreihten.7

1.1. Antike Die ersten Sachschriftsteller der Vorsokratischen Zeit waren solcher Sorgen noch ledig, da sich bis ins 5. vorchristliche, Jahrhundert keine entsprechend tragfähige griechische Prosa ausgebildet hatte. Später standen sich zunächst noch Verstext und Fachprosa ebenbürtig gegenüber, dann verschob sich mit dem Hellenistischen Zeitalter die Rolle des Dichters vom Experten und Künstler in einer Person hin zum poetischen Könner, der einen ihm fremden Gegenstand ästhetisch anspruchsvoll aufbereitete, sprich Prosatraktate in kunstvolle Verse übertrug. So heißt es über besagten Arat, den Verfasser der Phainomena, er habe von Astronomie im Vergleich zum Astronomen Hipparchos, welcher ihm treulich Auskunft gab, fast nichts verstanden. Der  4  5

 6

 7

Vgl. auch E. Schäfers Nachwort zu Horatius (2008), S. 55–67. Vgl. B. Effe (1977), S. 19–22, W. Ludwig (1982), S. 151; E. Pöhlmann (1973), S. 825– 832. Vgl. A. Dalzell (1996), S. 21–34; zur Mimesis-Problematik, und deren Folgen bei Aristoteles und Plutarch auch E. Pöhlmann (1973) S. 816–819; R. Glei (1999), Sp. 26 f.; allgemein S. Scully (2003), S. 451. Vgl. etwa W. Ludwig (1982), S. 153.

4

A. Einleitung

literarische Ruhm fiel jedoch allein der Dichtung zu, wohingegen der Fachgelehrte nur als bescheidener Kommentator überdauerte.8 Da die römische Literatur sehr oft Interpretatio, Imitatio und Aemulatio der griechischen war, übernahm sie zwar mit dem Lehrgedicht dessen Gattungsproblematik, brachte jedoch dessenungeachtet die gerade für das Rinascimento bedeutendsten Vorbilder hervor.9 Zwar erachteten Cicero und Quintilian die Versdidaxe als einen ›Grenzfall des Epos‹, schlugen sie aber der Poesie zu. Poeta und Orator, als verwandte Berufe, sollten nach beider Dafürhalten schließlich in der Lage sein, auch ohne Fachwissen jeden Gegenstand adäquat zu behandeln (vgl. CIC. de orat. 1, 16 sowie QVINT. inst. 10, 1, 46–10, 1, 87). In diesem Sinne urteilte auch Horaz, der in seinem eigenen poetologischen Lehrgedicht zwar die Schwierigkeiten bei der Versdichtung abhandelte, doch das Problem der Mimesis nicht sah (vgl. HOR. ars. 335–344). Er unterschied allein nach den angemessenen Metren (vgl. HOR. ars. 73–82). Diesen zitierend gliederte auch Tacitus, der alle Gattungen der ›eloquentia‹ hochhielt, die Dichtung nicht nach den Gegenständen, sondern vorrangig nach den für den Gegenstand geeigneten Versmaßen: »ego vero omnem eloquentiam omnesque eius partes sacras et venerabiles puto, nec solum cothurnum vestrum aut heroici carminis sonum, sed lyricorum quoque iucunditatem et elegorum lascivias et iamborum amaritudinem [etc.]« (TAC. dial. 10, 4). In keinem anderen als Lukrez sah Cicero den idealen Lehrdichter verwirklicht, vereinigte dieser doch in sich ›furor, ingenium et ars‹.10 So gilt auch sein Werk als der wichtigste Prätext naturphilosophischer lateinischer Dichtung. Hinsichtlich De rerum natura wurde das Lehrgedicht als Ausdrucksmittel des persönlichen Anliegens gesehen, in diesem Fall der Vernichtung der Religio durch die Vermittlung des Epikureismus. Ebenso beanspruchte der Dichter für sich, die Schwierigkeit von ›egestas linguae‹ und ›novitas rerum‹ adäquat gelöst zu haben.11 Ohne weiteres lassen sich hier dem Epikureer die übrigen großen Vorbilder mit ihren Spezifika anfügen:12  8

 9

10 11 12

Aratos lebte Ende des 4. Jhds bis Mitte des 3. Jhds, studierte in Athen und hielt sich dann am Makedonischen Hof auf, er schrieb verschiedene Gelegenheitsdichtungen, sowie kleine Lehrdichtungen. Sein Hauptwerk aber sind die ›Phainomena‹; vgl. M. Fantuzzi (1996); B. Effe (1977), S. 23–25; Th. Haye (1997), S. 243–245; R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 11 f. E. Pöhlmann (1973), S. 835–878 erkennt den Hauptunterschied zwischen griechischer und lateinischer Lehrdichtung in den auftretenden Figuren; bei den Griechen: Lehrer, Schüler und Musen; bei den Römern: Dichter, Mäzen und Princeps. Vgl. R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 1–19; E. Pöhlmann (1973), S. 814–825. Vgl. B. Effe (1977), S. 66–79; E. Pöhlmann (1973), S. 849–854. Vgl. auch R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 16–20. Daneben stellt B. Effe (1977), S. 30– 32 eine Typologie auf: 1) Der Gegenstand ist für den Dichter bedeutend, er will (!) lehren, 2) Der Gegenstand ist dem Dichter gleichgültig, da er artistisch glänzen möchte, 3) Der Autor lehrt nicht den Stoff, sondern durch (!) den Stoff; diese Kategorisierung variiert unter ausdrücklicher Bezugnahme A. Dalzell (1996), S. 32 f.

1. Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie – ein Grundriß

5

– Vergils Georgica, welcher in hellenistischer Tradition (nach VERG. georg. 1, 177 u. 2, 475 ff.) auf die ›Kleinheit‹ des Stoffes hinweist, zugleich mit mythischen Epyllien zu Einzelbereichen arbeitet.13 Vor allem das Wort des Macrobius »Maro omnium disciplinarum peritus« (MACR. sat. 1, 16, 12) blieb für das Selbstbild der Lehrdichter nicht ohne Folgen. Mit Lukrez teilte Vergil zudem das (ebenso später zum Gemeingut gewordene) Inspirationsmodell der Dichterweihe.14 – Manilius’ Astronomica. Zu Beginn läßt der Dichter Hexameter-Dichtungen der Vergangenheit Revue passieren, denen er sich zwar als Spätling zugesellt, doch selbstbewußt die Neuheit seines Gegenstands, die Beschreibung der Weltgesetze, herausstreicht.15 Nachwirkung zeitigten fürder das anonyme Aetna-Gedicht wie auch die Ars poetica des Horaz, Ovids Ars amatoria;16 nicht minder wirkten spätantike christliche Lehrdichtungen fort, darunter besonders die Werke des Prudentius.17

1.2. Mittelalter18 Die mittelalterliche Lehrdichtung war für Furichius fast belanglos, sah er sich doch in der Tradition der italienischen Renaissanceautoren. Dennoch soll sie an dieser Stelle nicht gänzlich ausgeklammert werden, zumal die didaktische Epik von Antike und Mittelalter, mit Ausnahme des Lukrez und Manilius, keine ›Epochenschwelle‹ trennte, gehörten doch die Gattungsvorlagen häufig zur Schullektüre. Ovid und Vergil galten dabei – auch wissenschaftlich – als größte Autoritäten. Da Dichtung als eine Mischung aus Rhetorik, Theologie, Allegorie und der Ausbreitung enzyklopädischen Wissens begriffen wurde, war es erneut ein und derselbe Verfasser, welcher sein Wissen als Fachprosa und Verstext ausarbeitete, wobei der ästhetische Anspruch mit dem Wunsch nach Memorierbarkeit, der Nähe zum Merkvers, korrelierte. Besonders deutlich tritt dies bei dem in der Tradition des Macrobius stehenden Martianus Capella vor Augen (spätes 4. oder frühes 5. Jd.): Das Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und das Quadrivium der mathematischen Künste bündelte er in seiner prosimetrischen, allegorisch überformten Enzyklopädie De Nuptiis Philologiae cum Mercurio.19 13 14 15

16

17 18 19

Vgl. B. Effe (1977), S. 80–97. Vgl. E. Pöhlmann (1973), S. 854 f. Vgl. B. Effe (1977), S. 106–126; E. Pöhlmann (1973), S. 866; vgl. zur Nachwirkung des Manilius von Joseph Justus Scaliger bis Aby Warburg W. Hübner (1980). Vgl. B. Effe (1977), S. 204–219; zu anderen, wie Ovids ›Ars amatoria‹ und Serenus, W. Ludwig (1982), S. 153–155. Vgl. Th. Haye (1997), S. 359 f. Vgl. auch die Beiträge zu ›Lehrhafter Literatur‹ in LMA 5 (1991), Sp. 1827–1844. Vgl. R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 21–23.

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A. Einleitung

Letzthin gilt jedoch beinahe die gesamte mittelalterliche Dichtung als ›lehrhaft‹.20 Zugleich gewann die Paratextualität an Bedeutung, bedurfte doch das Lehrgedicht fast immer der erläuternden Prosa, der Glosse und des Kommentars. Es galt, den »nicht selten kryptischen Text des Lehrgedichts unter philologischen wie sachlichen Fragestellungen [zu] erläutern«.21 Man kannte zwar Diomedes, doch eine gewisse Verbindlichkeit genoß einzig die Hierarchie der ›Rota Vergilii‹ des Kommentators Aelius Donatus (geb. um 310), welche steigerte: Eklogen – Georgica – Aeneis. Dem Lehrgedicht wurde somit im literarischen Kanon der mittlere Rang zugesprochen.22

1.3. Renaissance Im deutschen Humanismus wurde das Lehrgedicht im 16. Jahrhundert »in ernsthafter Absicht als Medium der institutionalisierten Wissensvermittlung verwandt«.23 Die Verfasser waren in der Regel sowohl Experten des Fachs (gerade Ärzte) wie auch Dichter. Die italienische Renaissance dagegen blieb von äußeren Einflüssen kaum berührt und griff in Ablehnung des Überkommenen direkt auf die antiken Autoren und deren Selbstbild zurück;24 vor allem Manilius, Vergil und Lukrez, wenn es darum ging, die Frage nach dem Ursprung der Dinge zu erörtern.25 In der Folgezeit nahm man sich immer entlegenerer, immer herausfordernder Sachgebieten an, wobei den Dichter der nämlich Ehrgeiz wie Manilius trieb, intrikates Fachwissen in kunstvolle Verse zu fassen. Girolamo Fracastoros (1479–1553) Epos über Krankheitsbild und Verlauf der Syphilis (Verona 1530)26 oder Lodovico Lazzarellis (1450–1500) Opusculum de bombyce über die Seidenraupenzucht (gedruckt 1493) legen davon beredtes Zeugnis ab. Zugleich befanden sich die lateinischen Renaissancedichter im Wettstreit mit der klassizistischen Epik des Volgare: Kein geringeres Ziel gab es, als den Orlando furioso des Lodovico Ariosto (1474–1533) irgend zu überbieten, so daß ein Gregorio Ducchi (2. Hälfte des 16. Jd.) kühn bekundete, er wolle der ›Ariost‹ des Lehrgedichts werden – nicht minder jedoch Vidas (1485– 1566) ›Schachgedicht‹27 mit der eigenen Scacheide in Oktaven (erschien zuerst Vicenza 1586) in die Schranken weisen.28 20 21 22 23 24

25 26 27

Vgl. Th. Haye (1997), S. 257–268; und vor allem B. Sowinski (1971). Th. Haye (1997), S. 369. Vgl. J. Schuler u. R. Fitch (1983), S. 23–28. Th. Haye (1997), S. 391. Einen Kurzüberblick zur italienischen Renaissance bietet G. Roellenbleck (1973); ausführlich ders. (1975). Zu Lukrez im Neulateinischen vgl. etwa Y. Haskell (2007). Als zweisprachige Ausgabe herausgegeben von Georg Wöhrle; vgl. Literaturverzeichnis. In moderner Ausgabe mit Übersetzung herausgegeben von Walter Ludwig; vgl. Literaturverzeichnis.

1. Das epische Lehrgedicht als Genus rinascimentaler Poesie – ein Grundriß

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Als erster Erneuerer der Lehrdichtung wird Basinio da Parma (1425– 1457) mit seinen Astronomicon libri II. (abgeschlossen 1455) angesehen. Ihm folgt, ebenso astronomisch, Lorenzo Bonincontri (1410-um 1491) mit De rebus coelestibus libri III (gedruckt Neapel 1526), in welchen die Sternkunde mit der christlichen Heilslehre verbunden wird. Im Falle Bonincontris erwies sich des Verfassers eigener Kommentar zugleich als Prätext weiterer Lehrgedichte. In der Nachfolge des Manilius stand auch das erste gedruckte – meines Dafürhaltens schönste – neulateinische Lehrgedicht: die Urania des Giovanni Pontano (1426–1503).29 Sie erschien 1505, wurde jedoch bereits 1513 von Aldus in einer sonst den antiken Klassikern vorbehaltenen Reihe nachgedruckt. Pontano war es auch, der sich, sobald er Bilder gebrauchte, weitestgehend vom Traktat löste und eine Fülle, auch ad hoc von ihm, manchmal zum reinen artistischen Selbstzweck, erfundener Mythen einwob. Neben diesem Hauptwerk steht sein Lehrepos De hortis Hesperidum libri II (gedruckt 1505) als Zusammenführung Ovidianischer Metamorphosen mit didaktischen Mustern der Georgica Vergils. Die dort von Pontano gepflegte Ausgestaltung von Aitiologien zu Binnenepylien wurde stilbildend, wie es beispielsweise an der panegyrischen Borsias des Tito Strozzi (1425–1505) vor Augen tritt.30 Somit gelten die Jahre zwischen 1490 und 1530 als ›Blütezeit‹ des rinascimentalen Lehrgedichts in Italien, gilt Pontanos Werk als »Punkt der größten Entfaltung des Mythos in der didaktischen Literatur«31 – eine Ansicht, welcher man ohne Kenntnis der mytho-alchemischen Lehrdichtung auch beipflichten könnte. Denn umstrittenen Lehren die Weihen der epischen Form zu verleihen und zugleich einen schwierigen Gegenstand virtuos zu meistern, ist Ziel des großen Vorbildes der Chryseis, der von Mythologemen strotzenden Chrysopoeia des Giovanni Aurelio Augurelli (1441–1524), auf welche weiter unten ausführlich eingegangen wird. Hohes Ansehen genoß nördlich der Alpen zudem der die zwölf Tierkreiszeichen und alle Bereiche des menschlichen Daseins umspannende Zodiacus Vitae des Marcellus Palingenius Stellatus (um 1502–1543). Achtung zollte man nicht nur seiner ästhetischen Leistung, sondern – gerade in hermetoparacelsistischen Kreisen – auch dem wissenschaftlichen Gehalt des Epos.32 Zugleich sprengte Palingenius maßgeblich den strengen Rahmen 28 29

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Vgl. G. Roellenbleck (1975), S. 42–75; u. 216–219. Einen Überblick der astronomischen Lehrdichtung der Renaissance gibt Y. Haskell (1998). Die Werke Pontanos liegen vor in der zweibändigen Ausgabe von 1902; vgl. Literaturverzeichnis; vgl. zu Pontano zudem W. Ludwig (2004), Bd. 2, S. 134–150. Das Werk ist greifbar in einer Ausgabe von W. Ludwig, vgl. Strozzi im Literaturverzeichnis; zu Strozzi am Estehof vgl. W. Ludwig (2004), Bd. 1, S. 486–507. G. Roellenbleck (1975), S. 93; vgl. auch W. Ludwig (1982), S. 151–162; W. Hübner (1980), S. 44 f.; zu Pontano des weiteren Ch. Goddard (1991). Zum Verhältnis von Astrologie und Alchemie der Zeit vgl. J. Telle (1992a); zur Rezeption des ›Zodiacus‹ durch Michael Maier vgl. E. Leibenguth (2002), S. 77 f.

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A. Einleitung

der Lehrdichtung hin zur Ich-Erzählung in Versen, indem er ab dem 3. Buch sich selbst als Figur einführt und schildert, wie er einen Alten trifft, der ihn in das allegorische Reich der ›Regina voluptas‹ einführt. All der zahlreichen Orthodoxiebekenntnisse zum trotz ist das Werk der neuplatonischen Dämonologie verpflichtet. Das Okkulte findet seinen – bitterbösen – Höhepunkt im 9. Buch, da Palingenius auf dem Rückweg von einem Einsiedler auf dem Monte Serrato in die Gesellschaft von Dämonen gerät, welche auf dem Weg nach Rom sind und von ihrer Warte der dortigen Zustände höhnen.33 Das Kernproblem für jene Lehrdichter war weniger dasjenige der Mimesis als das Verhältnis von sachlicher zu dichterischer Ordnung, sprich die Strukturierung der einzelnen Teilgegenstände, die Dispositio. Hierzu merkt Georg Roellenbleck an: »Es fällt auf, daß die Form der Danteschen Reise […] das Problem vollkommen löst.«34 Das Itinerarium bot sich vor allem bei geographischen Werken, wie Francesco Berlinghieris (1440–1501) Geographia, an, doch vermochte es nicht minder jedweden anderen Stoff zu gliedern.35 Eine gewisse gattungstheoretische Verbindlichkeit – auf jeden Fall für Furichius, welcher ihn seit Gymnasialtagen gleichsam vergötterte – dürften die Ausführungen des Julius Caesar Scaliger (1484–1558) in dessen Poetices Libri VII zum Lehrgedicht besessen haben. Scaliger gelang es (neben Fracastoro, welcher dem Poeten eine dem Traktatschreiber überlegene Erkenntnis- wie Vermittlungsfähigkeit beimaß),36 den Konflikt zwischen ›amimetischer‹ und ›mimetischer‹ Dichtung zu umgehen, indem er von Diomedes ausgehend Horaz über Aristoteles stellte. Somit ist jede Dichtung der Mimesis zuzuordnen, zumal die dichterische Lehre ob ihrer ästhetischen Qualitäten der Prosa überlegen ist.37 Ohne die Gattung in Frage zu stellen, gibt Scaliger dann auch ein ›Iudicium de poetis recentioribus‹ (vgl. Scaliger Poetices, S. 295–316), wobei er auf die bisher genannten allesamt eingeht, und selbst den exzentrischen Palingenius literarisch würdigt: »Palingenii poema totum Satyra est: sed sobria, non insana, non foeda. eius dictio pura. versus ac stilus in imo genere dicendi.« (Ebd., S. 306). Die umfassende Kritik, welche Scaliger dann doch am Zodiacus anbringt, ist auch keine rhetorische; moniert werden – im Stile der in den Scholien des

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Vgl. G. Roellenbleck (1975), S. 190–204; in moderner Ausgabe mit Übersetzung als Palingène (1996) im Literaturverzeichnis. Vgl. G. Roellenbleck (1975), S. 24, Anm. 38. Vgl. zu Berlinghieri G. Roellenbleck (1975), S. 65–75; sowie generell W. Harms (1970). Vgl. B. Fabian (1968), S. 82 f. Vgl. hierzu besonders B. Czapla (1999), S. 23–29; dort wird zugleich in Anlehnung an D. Schaller (1989) ein Koordinatensystem für eine genaue Ortsbestimmung des Lehrgedichts im Kosmos der literarischen Gattungen entwickelt; desweiteren erneut B. Fabian (1968), der zudem Roger Bacon ins Spiel bringt.

2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt

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Straßburgers häufig zitierten Exercitationes de Subtilitate – einzig astronomische Details.38 Von Relevanz war für den Muttersprachler Furichius ebenso die französische Lehrdichtung. Mitte des 16. Jahrhunderts hatte das synkretistische Denken eines Marsilio Ficino (1433–1499) und Pico della Mirandola (1463– 1494), genährt von Pietro Pomponazzis (1462–1525) umstrittener Schrift De immortalitate animae (1516),39 begonnen, seine Spuren in der Literatur der Romania zu hinterlassen. Infolgedessen wurden gerade in den Gedichten der Pléïade um Pierre de Ronsard (1524–1585) die ›harmonia mundi‹ zu einem zentralen Thema. Etliche Hymnen, Oden und Sonetten des Dichterkreises wurden zur »célébration et l’explication des grandes forces de la nature, le développement d’idées philosophiques qui fournissent la matière de la meilleure partie du recueil.«40 Diese Dichter standen in selbstbewußter Nachfolge des Vergil und Lukrez wie sie sich auch kunstvoll des antiken Mythos zu bedienen wußten.41 Daher verwundert es kaum, wenn Furichius eine Passage seiner Chryseis (CHRYS. S. 4, 27-S. 5, 14) ausdrücklich als Adaption von Ronsards Hymne de l’Or begriffen haben will. Letztlich vereinnahmte die Lehrdichtung für sich immer neue – auch mit dem wissenschaftlichen Fortschritt neue – Gegenstände, wie es etwa an der Navis aëria des Bernardo Zamagna (1735–1820) über die Luftschiffahrt vor Augen tritt.42 Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden in Anlehnung an Vergil Huldigungen an den Wein, gar Epen zum chinesischen Tee und zur Kaffeebohne verfaßt.43 Vor allem die Jesuiten taten sich in der Gattung hervor und brachten mit der dreibändigen 1749 in Paris erschienen Anthologie Poemata didascalia die reiche Ernte ein. Doch war die Lehrdichtung im Rückgang begriffen und kam mit dem Ende des 19. Jahrhunderts fast gänzlich zum Erliegen.44

2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt Zur Entstehungszeit der Chryseis stand die Alchemie noch im – freilich nicht unumstrittenen – Ansehen einer ›Leitwissenschaft‹. Befeuert durch 38 39 40

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Eine Zusammenschau der Kritik moderner Autoren bietet W. Ludwig (1979). Vgl. den Kommentar zu CHRYS., S. 6, 13. H. Weber (1956), S. 463; als Großform zudem das wirkungsmächtige Schöpfungsepos ›La sepmaine‹ (1578) des Guillaume de Salluste Du Bartas (1544–1590), zu welchem etwa die Arbeit von K. Reichenberger (1962) vorliegt; sowie A. Neuschäfer (2004). Vgl. H. Weber (1956), S. 463–522. Hierzu die Arbeit von D. Bitzel (1997). Vgl. W. Ludwig (1982), S. 171–173. Weitere Literatur in Auswahl, so zum englischen Sprachraum U. Broich (1963); zur Aufklärung Ch. Siegrist (1974); zu Lukrez und den ›Atheisten‹ des 17. Jahrhunderts in Frankreich G. Hocke (1935).

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die Wirkung des Florentiner Neuplatonismus, dessen Anhänger einem humanistisch-philosophischen Synkretismus frönten, und angeheizt durch einen Paracelsismus, dessen Jünger das ganze Spektrum zwischen experimenteller Heilmedizin und religiös-sozialer Reformutopie ausfüllten, verfügte sie über »eine eigene, quasi innerdisziplinäre Geschichte der kosmologischen und substanzphilosophisch abgeleiteten Naturdoktrin […], die Heidnisches und Christliches provokant egalisierte und den christlichen Aeon überwölbte.«45 In dieser, für viele ihrer damaligen Protagonisten bis in vorsintflutliche Zeit hinabreichende Historie hatten sich zwei, häufig vermischte, Hauptströmungen herausgebildet: eine spirituelle und eine experimentelle. Letztere sah ihre »Hauptaufgabe darin, Materie zu verändern und in diesem Zusammenhang die von Gott in der Natur verborgenen Geheimnisse zu lüften.«46 Damit sollte zweierlei bezweckt werden, zum einem die medizinisch-pharmazeutische Suche nach der Panazee als Allheilmittel und Elixir ewigen Lebens, zum anderen die – volkstümlich mit der Alchemie assoziierten – metallurgischen Bestrebungen zum Zwecke der Verwandlung unedler Metalle in edle.47 In ihrer spirituellen Spielart wird der Alchemiker zum Mystagogen. Dessen meist in Abhängigkeit von göttlicher Gnade und sittlicher Reinheit stehenden seelischen Läuterungsprozesse lassen sich mit dem Wort Mino Gabrieles als »il viaggio dell’anima è il viaggio della materia«48 zusammenfassen. Derart wird Alchemie zur »Arte di non morire, giacché insegna ad unire il principio con la fine, l’alto con il basso e viceversa, investigando la processione degli esseri nell’unità del tutto.«49 Die Alchemie vermochte es, im Laufe ihrer geschichtlichen Entwicklung die meisten christlichen, aristotelischen wie platonischen Denkfiguren für sich zu vereinnahmen. Dementsprechend zahlreich sind ihre Darbietungsformen: Neben technischen Schriften wie Rezepten und Apparatbeschreibungen, trat sie in Form des Traktats, des Kommentars, des (Lehr-)Briefs oder in liturgischen Formen, wie als Gebet oder als Messe auf. Sie wurde behandelt in Ich-Erzählungen, in Dialogen, in Parabeln, Visionstexten und Quaestiones. Selbst als Synodenprotokoll oder als Gesangbuch ist sie überliefert, wie sie natürlich ebenso in zahlreichen Mischformen vorliegt – Alchemiegeschichte ist Literaturgeschichte. Besonders stark wahrgenommen wird ob der regen Forschung die Emblematik50 wie auch die alchemische Buchillustration, welche beispielsweise in der Tradition des Sol und Luna-Bildgedichts oder der prächtigen 45 46 47 48 49 50

W. Kühlmann (2004), S. 635. J. Telle (1978), S. 200. Vgl. W. Kühlmann (2004), S. 633 f. M. Gabriele (1997), S. 38. Vgl. M. Gabriele (1986), S. 33. Vgl. etwa den Sammelband von A. Adams u. St. Linden (1998); zur Sonderform des alchemischen Buchsignets vgl. J. Telle (2004a).

2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt

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Handschriften des Splendor Solis vorliegt.51 Neben den alchemischen Allegorien, die sich oftmals zu ganzen Bilderzyklen auswuchsen, stehen die nüchterneren Abbildungen von Apparaten und die alchemische Geometrie wie auch eine eigene, oft mit der Renaissancehieroglyphik gepaarte Symbolik.52 Die Funktion all dieser Bilder oszilliert zwischen Verhüllung, künstlerischer Originalität, Mnemotechnik und Didaxe.53

2.1. Etymologie Die Herkunft des Wortes ›Alchemie‹ verliert sich im Dunkeln. Vieles spricht für ägyptisch-mesopotamische Wurzeln, die sich in der byzantinischen sowie griechisch-arabischen Tradition fortpflanzten, bevor sie ins Lateinische gelangten. Ein daneben vertretener altchinesischer Ursprung ist unwahrscheinlich, jedoch läßt sich an einer solchen Hypothese und ihren Vertretern deutlich ablesen, daß mit jeder Deutung und Herleitung die Zuweisung an einen bestimmten historischen Kulturbereich und damit Semantisierung einhergehen. Es geht um die Ausweisung eines historischen Kulturraums als Wiege von Weisheit und Wissenschaft. Gut datierbar dagegen ist die Ankunft des Wortes im lateinischen Mittelalter: ›al-kīmijaˉ ‹ wurde im Jahre 1144 von Robert von Chester durch seinen Liber de Compositione Alchemiae eingeführt. Üblicherweise geht man von der Zusammensetzung aus dem arabischen Artikel ›al‹ und der aus dem Griechischen entlehnten χυμεία für ›Vermischung‹ oder der im Suidas verzeichneten χημεία für die künstliche Edelmetallherstellung aus. Gerade nach der Zerstörung Konstantinopels im 15. Jahrhundert und dem Exodus byzantinischer Gelehrter, die ihre Handschriften im Gepäck hatten, gewann diese griechische Herkunft an Befürwortern. Nach heutiger etymologischer Deutung rührt die χυμεία vom altägyptischen ›kmt‹ (›Kam-it‹ oder ›Kem-it‹) als Bezeichnung für die fruchtbare Erde des Nilbeckens her – und damit metonymisch für das Land Ägypten.54

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Vgl. zum ›Splendor Solis‹ J. Völlnagel (2004), und – als jüngster seiner zahlreichen Beiträge, darunter J. Telle (1991a) – J. Telle (2006b); zu ›Sol und Luna‹ ders. (1980). Weitere Definitionen alchemischer Bildlichkeit in H. Sheppard (1984), S. 16 f. Übersicht über die Gegenstands- und Forschungsproblematik bietet in luzider Kürze: W. Kühlmann (2004). Zur Zahlensymbolik sei auf die Kommentare zu CHRYS., S. 9, 27–30; S. 9, 24 – S. 10, 13; S. 34, 17; S. 50, 30; S. 51, 8–12 verwiesen; des weiteren auf J.-P. Brach (1987). Die beste Einführung in die Ikonographie der Alchemie ist M. Gabriele (1997), neuaufgelegt 2008; vgl. auch J. Völlnagel (2004), S. 92–95; eine bündige Einführung in das Feld von Mnemotechnik und Symbolik gibt M. Gabriele (2006), S. 7–60. Zusammengefaßt aus M. Gabriele (1997), S. 11–17; desweiteren B. D. Haage (1996), S. 50–53; S. Hartmann (1987); J. Telle (1987), S. 199 f.

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2.2. Die spätantiken Gründungstexte und ihre Vermittlung Die tatsächliche Herkunft der Alchemie ist schließlich auch im alten Ägypten zu suchen. So hüteten die der Priesterkaste zugehörigen Tempelhandwerker seit dem 3. Jahrtausend vor Christus ihr Wissen um die Nachahmung von Edelmetallen und Juwelen vor profanen Kollegen, wenn auch schriftliche Zeugnisse erst seit dem 3. Jahrhundert vor Christus existieren. Bei all dem blieb die Interferenz mit kosmologischen und mythischen Vorstellungen nicht aus. Gerade die Handlung des Isis-Osiris-Mythos, als Erklärung der Nilperioden, nach welchem Osiris von seiner Schwesterfrau getötet und wieder zum Leben erweckt wird, prägte maßgeblich alchemisches Denken, wie auch das in Ägypten bis um 2300 vor Christus zurückreichende Bild des Ouroboros damals in die Bildtradition einging. Jenes bereits mit kosmologischen Vorstellungen angereicherte metallurgische Geheimwissen traf in der geistigen Hochkultur des spätantiken Alexandria mit Hellenismus, christlicher und jüdischer Gnostik, wie den Mysterienkulten der jeweiligen Sektierer, dem sich zur selben Zeit in Alexandria formierenden Neuplatonismus, lokalem ägyptischem Mystizismus und babylonischer Astronomie, welche die Planeten den Metallen zuwies, zusammen. Der daraus resultierende Synkretismus schlug sich bereits im Werk des ersten geschichtlich gesicherten Alchemikers Zosimos von Panopolis (um 300) nieder, welcher die Bilder jener philosophisch-mystischen Traditionen als alchemische Allegorien aufgriff. Auch setzte er in seinen Schriften, die dennoch reich an Apparatbeschreibungen gewesen sein sollen, bereits den Gedanken an die ›Erlösung der Materie‹ demjenigen der ›Erlösung des Menschen‹ gleich. Ihm war also schon die besagte Zweiteilung der Kunst geläufig, wie er auch von den Adepten Geheimhaltung forderte und die Traumvision als literarische Form wählte: Dem über dem Werk Sinnenden erscheint ein Weiser, welcher ihm eine große Allegorie vor Augen führt, in dieser erfährt das Metall eine dreifache, an Opfer und Auferstehung der Mysteriengötter gemahnende Wandlung zur Reinheit.55 Auf solchem Boden blühte nicht minder die Pseudoepigraphie, wenn nicht sogar Pseudographie,56 unter den Namen christlich-jüdischer Gestalten, wie der Moses-Schwester Maria, und ägyptischer Halbgötter und Magier, wobei die größte Bedeutung Hermes Trismegistos zukommt. Das ihm zugeschriebene und bis in die Moderne gerne ins Antidiluviale vordatierte 55

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Zu den Anfängen der Alchemie vgl. etwa B. D. Haage (1996), S. 63–95, Alchemie Lexikon, S. 22–25 und zu Zosimos ebd., S. 380 f.; zur alexandrinischen alchemischen Literatur als Kommentar vgl. C. Viano (2000). Eine Erklärung dieses Phänomens bieten R. Schuler u. J. Fitch (1983), S. 38, Anm. 65 – unter Bezug auf W. Stahl (1962), S. 254 – mit der ›aura of uncanniness‹ solcher Schriften, die geradezu nach der Zuweisung ›to remote personages like Asclepius, Homer, or Pythagoras‹ verlangt, wie heute Unheimliches der Wissenschaft in die Science-Fiction transponiert wird.

2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt

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Corpus Hermeticum, als Sammlung kosmologisch mystischer – doch nicht genuin alchemischer – Texte, fand gerade in der lateinischen Übertragung durch Marsilio Ficino breite Resonanz. Auch Furichius nimmt auf die beiden dort enthaltenen kosmogonischen Dialoge Pimander und Asclepius, wie deren Übersetzer, ausdrücklich Bezug. Ebenso gestaltete er die Figur des Senex in der Chryseis nach dem fabelhaften Priesterkönig. Die Tatsache, daß dem Dreimalgrößten Hermes zudem etliche weitere, medizinische wie astrologische Texte zugeschrieben wurden, ließ ihn noch mehr durch die Phantasie der Gelehrten und Ungelehrten geistern. Den Alchemikern schließlich galt er als Verfasser der Tabula Smaragdina, eines ursprünglich wohl griechischen Textes, der vor allem in der arabischen Welt tradiert wurde, zusammen mit der Auffindungslegende der Smaragdtafel im ägyptischen Ruinengewölbe, wo sie der uralte Weise thronend in Händen hielt. Die Tabula stellt – im Rang den Tafeln vom Berge Sinai vergleichbar – eine Kurzfassung der Alexandrinischen Alchemie dar, aus welcher sich alle späteren Vorstellungen (Entsprechung von Makro- und Mikrokosmos, der Stein als Kind von Sol und Luna, die Auflösung der Gegensätze etc.) ableiten ließen.57 Ihren Weg ins christliche Mittelalter fand die spätantike alchemische Literatur vornehmlich über die arabische wie oströmische Vermittlung. So kannte Konstantinopel bereits annähernd alle literarischen Gattungen, welche später die Alchemie der Frühen Neuzeit prägen sollten. Allgemein wird für die byzantinische Alchemieliteratur ein mit der Zeit beständig zunehmendes Maß an Allegorisierung konstatiert; eine Entwicklung, für die jene von Furichius in seinen Scholien zitierten alchemischen Jamben des Heliodoros und Theophrastos aus dem 8. Jahrhundert beispielhaft sind.58 In der arabischen Welt herrschte seit dem 8. Jahrhundert eine rege Übersetzungstätigkeit aus dem Griechischen, darunter neben vielen anderen Zosimos und hermetische Texte. Unter den großen Vertretern des 9. Jahrhunderts, die jedoch zum Bildungsgut der Zeit gehörten, nimmt Furichius auf Rhazes (865–925), der vor allem auf Geber (1. Hälfte 12. Jd.) wirkte, und Avicenna (um 980–1037) Bezug.59 Wichtigstes Erzeugnis des arabischen Hermetischen Schrifttums ist die, gegen Ende des 9. Jahrhunderts entstandene, im 12. Jahrhundert ins Lateinische übersetzte alchemische Philosophensynode Turba philosophorum, der wiederum eine verlorene griechische Vorlage zugrunde lag. Auch zu ihr sind in der Chryseis Bezüge erkennbar.60 57

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Vgl. zur Tabula vor allem J. Ruska (1962) sowie J. Telle (1995c); zu Hermes und Hermetismus stellvertretend W. Kühlmann (2000b), F. Ebeling (2005); sowie M. Mulsow (2002); auch meinen Kommentar zu CHRYS., S. 16, 18 – S. 17, 10. Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 20, 27; u. S. 51, 22. Vgl. Alchemie Lexikon, S. 67. Zum lateinischen Geber vgl. J. Telle (1980c) u. ders. (1986a). Vgl. B. D. Haage (1996), S. 110–142 sowie J. Telle (1995e) u. ders. (1997b); die zugrundeliegende Ausgabe J. Ruska (1931).

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2.3. Mittelalter61 Zwar ist bereits für das Frühmittelalter alchemisches Schrifttum überliefert, es handelt sich hierbei in erster Linie um Gebrauchstexte zur Herstellung von Emaille oder Legierungen und Abhandlungen zum Bergbau. Die eigentliche geistige Auseinandersetzung mit der Transmutationskunst setzte jedoch erst im 12. Jahrhundert ein. Ausschlaggebend war die unter griechisch-arabischem Einfluß stehende, rationalistisch geprägte Schule von Chartres, welche sich zugleich mit Macrobius, Platos Timaios und Texten des Corpus Hermeticum auseinandersetzte. Daneben zeichneten sich die Universitäten von Salerno wie auch Toledo durch ihre Übertragungen ins Lateinische aus. Im Umkreis jener Übersetzerschule führte 1144 auch der vorgedachte Robert von Chester ›Alchemie‹ – als Begriff und ›ars nova‹ – in die Kultur des Abendlandes ein. In der Folgezeit zeichnete sich ein vorübergehender Stillstand der theoretischen Entwicklung ab, welchen jedoch die voranschreitende Spiritualisierung der Texte ausglich. Wie schon in der Spätantike blühte auch damals die Pseudoepigraphie, so daß neben den arabischen Gelehrten Rhazes und Avicenna oder Aristoteles nicht minder Thomas von Aquin (1224/5–1274), Raimundus Lullus (1232/33–1316) oder Arnaldus von Villanova (gest. 1311) zahllose Werke untergeschoben wurden. Daneben standen eigenständige Autoren, wie Johannes von Rupescissa (Mitte 14. Jd.) mit De consideratione quintae essentiae,62 der geheimnisumwobene Bernardus Trevisanus (14. Jd.), der erdichtete Nicolas Flamel (1330–1418)63 sowie Petrus Bonus (14. Jd.), an dessen Pretiosa margherita aus dem 1. Viertel des 14. Jahrhunderts sich die Modelle der alchemischen Mythenallegorese der Zeit und nicht minder der Stand der Alchemie in der damaligen Gelehrtenwelt ablesen lassen.64 So diente der Traktat keinem geringeren Zweck, als die spagyrische Kunst gegen ihre, durchgehend als ›ignorantes et idiotae‹ gebrandmarkten, Kritiker in Schutz zu nehmen und sie letztlich in die ›Septem Artes‹ zu integrieren. Ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, kann man die Alchemie der Zeit als durchaus nicht unangefochten, doch innerhalb der Gesellschaft höchst präsent bezeichnen. Es häuften sich Berichte über gelungene Transmutationen, nicht zuletzt von in Fürstendienst stehenden Alchemikern, wie auch Verteidigungen, War61

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Zusammengefaßt aus: Alchemie Lexikon, S. 26–29; sowie J. Telle (1978), S. 202f; Ch. Crisciani (1976); u. diess. (1996); G. Jüttner (1980); B. Obrist (1986); B. D. Haage (1996), S. 59–62; u. S. 143–177. Vgl. zu Arnald von Villanova W. Pagel (1958), S. 248–258; CP 1, S. 132 f.; Alchemie Lexikon, S. 62 f.; zu Johannes von Rupescissa ebd., S. 185–187 und W. Pagel (1958), S. 263–266; D. Kahn (2007), S. 40–42. Vgl. zu Trevisanus Alchemie Lexikon, S. 78 u. J. Telle (2008b); zu Flamel ebd., S. 136–138; besonders jedoch R. Halleux. Vgl. zu Bonus Alchemie Lexikon, S. 270 f. sowie C. Crisciani (1976) u. J. Telle (1983a).

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nungen, Verbote und Satiren – kurz: die Flut an Schriften der Befürworter wie der Gegner schwoll stetig an. Neben dem lateinischen Schrifttum trat nicht minder vulgärsprachliche Literatur auf, so sind etwa seit dem 14. Jahrhundert deutschsprachige alchemische Texte überliefert. Das anonyme Bildgedicht Sol und Luna kann hierfür, gewiß auch wegen seiner erotischen Bildlichkeit als bestes Beispiel angesehen werden.65

2.4. Renaissance und Barock: Hermetismus – Paracelsismus – Rosenkreutzertum66 Die rinascimentale Alchemie war zum einem bestimmt durch den Florentiner Neuplatonismus, dessen Begründer, Marsilio Ficino, das Interesse an hermetischem Schrifttum im Zuge einer Neuerschließung der ›prisca sapientia‹ und damit einhergehender Übersetzungen und Reflexionen entfachte. Die Schülergeneration verwob sein Oeuvre mit anderen Kosmologien, mit der Kabbala und Naturspekulationen. Zum anderen prägten die Spagyrik maßgeblich – oft auch mit den Florentinern in Verbindung gebracht67 – Paracelsus (1493/94–1541) und die Paracelsisten.68 Der Hohenheimer leitete zwar insofern eine neue Epoche der Naturerkenntnis ein, als er die Alchemie als Chemiatrie in seine ›medicina reformata‹ integrierte, wie auch die Trias Sal-Sulphur-Mercurius der Principia des Festen, Brennbar-Öligen und Flüchtig-Flüssigen etablierte und vor allem der praktischen Erfahrung das Primat vor der philologischen Behandlung medizinischer Schriften zusprach.69 Der sich auf ihn berufende Paracelsismus aber war alles andere als eine einheitliche Schule, nicht zuletzt weil es am hierfür nötigen autorisierten oder systematisierten Schrifttum aus der Feder des Wundarztes gebrach. Er war vielmehr das Kind der jeweiligen Paracelsusdeutung und Fortschreibung durch drei ›Väter‹: des Arztes Adam von Bo65 66

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Ediert, eingeleitet und kommentiert von J. Telle (1980d). Vgl. CP 1, S. 1–37; sowie A.-Ch. Trepp (2001) und die Einzelbeiträge des so eingeleiteten Sammelbandes, dort besonders zu ›Paracelsismus und Hermetismus‹ W. Kühlmann (2001). Die von F. Ebeling (2005), S. 109 postulierte – und von J. Assmann im Vorwort abgesegnete – hermetische Trennung zwischen Neuplatonikern im Süden und Paracelsisten im Norden gilt bezeichnend nur für den volkssprachlichen Bereich; vgl. für die Italiener etwa Leonardo Fioravanti, Fabrizio Bartoletti oder den Synkretisten Antonio Ricciardi im Kommentar zu CHRYS., S. 24, 1–25; u. S. 32, 30–31; sowie S. 51, SCHOL. 29; zu den Franzosen liegt inzwischen die umfassende Monographie von D. Kahn (2007) vor. Die Literatur zu Theophrastus Bombastus von Hohenheim ist kaum überschaubar. Als biographischer Abriß: K. Goldammer (1991). Einen von der Renaissance bis in die Jetztzeit schweifenden Überblick über die Widersprüchlichkeiten und Weglosigkeiten in Paracelsusbild und -rezeption, (Miß-)Stand der Edition und zahllosen Aufgaben der Forschung bietet die Druckfassung des Vortrags von J. Telle (2006a); eine erste bibliographische Zusammenschau ders. (1994b). Vgl. B. D. Haage (1996), S. 30–33

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denstein (1528–1577), des Humanisten und Mediziners Michael Schütz, genannt Toxites (1514–1581),70 und des Gerhard Dorn (um 1530-nach 1584), einer mit »verstreuten Schwenkfeldianern engstens liierte Schlüsselgestalt in der auf Jakob Böhme und die Rosenkreutzer zulaufenden theosophischen Spiritualisierung und ausdrücklichen Hermetisierung des ursprünglich medizinisch-therapeutisch ausgerichteten Theophrastischen Denkens.«71 Es wurde also einerseits über eine Hinkehr zur Praxis in der Heilmedizin wie auch generell zum Experiment der Weg der modernen Chemie mitbereitet.72 Andererseits fanden gerade weltverbessernde Protestanten, heterodoxe Geister und Mystiker mit der alsbald ebenso verklärten wie verdammten Paracelsusgestalt Stoff für ihre Phantasmagorien, welche sie mit neuplatonisch-hermetischen Schrifttum und auch der Kabbala zu harmonisieren suchten. Auffällig sind hierbei gerade der theosophische Alchemiker Heinrich Khunrath (1560-um 1605) mit seinem Amphitheatrum Sapientiae Aeternae73 und Oswald Crollius (um 1560–1608) mit seiner Basilica chymica (erschienen ab 1609).74 Als folgenreich erwies sich in einem solchem Umfeld das Frühwerk des umstrittenen protestantischen Theologen und Schriftstellers Johann Valentin Andreae (1586–1654). Nachdem er – auch ob des Kontaktes zu hermetisch-spiritualistischen Kreisen – der Universität Tübingen verwiesen worden war, führte er, weiterhin Theologie studierend, ein Wanderleben. Auf seinen Reisen kam er mit allen geistigen Strömungen seiner Zeit, vom Calvinismus und Humanismus bis zum Mystizismus, in Berührung. In seinen drei sogenannten ›Rosenkreutzermanifesten‹, der Fama Fraternitatis von 1614, der Confessio Fraternitatis im Folgejahr und gerade der allegorischen Chymischen Hochzeit Christiani Rosencreutz Anno 1459 (gedruckt 1616), entwickelt er an der idealisierten wie fiktiven Gestalt des Christian Rosenkreutz das Modell einer der ›praxis pietatis‹ gewidmeten ›Rosen70

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Vgl. zu Bodenstein dessen im wissenschaftshistorischen Kontext erschlossene Korrespondenz CP1, S. 104–544; dort einleitend ein biographischer Abriß S. 104–110; wie auch etliche über das Personenregister auffindbare Einträge in CP 2; sowie J. Telle (2008c) – vgl. zu Toxites besonders, konzeptionell wie zum Vorgenannten, CP 2, S. 41–528; neben weiteren zahlreichen Notizen in CP 1; sowie auch J. Telle (1991d). W. Kühlmann (2005a), S. 89; wie auch zum ›häretischen Potential des Paracelsismus‹ ders. (2006); vgl. auch W. Kühlmann (2008c); sowie Alchemie Lexikon, S. 112–114. Etwa in Gestalt von Andreas Libavius; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 2v. Zu Khunrath J. Telle (1986d) u. ders. (1990b) wie auch dessen Eintrag im Alchemie Lexikon, S. 194–196; neben R. Evans (1997), S. 213–215 et passim; u. C. Gilly (2002a); sowie zur Wirkungsgeschichte des ›Amphiteatrum‹ in Frankreich D. Kahn (2007), S. 569–593; vgl. zu dessen Synkretismen auch den Kommenar zu CHRYS., S. 24, 1–25. Vgl. zu Crollius das Alchemie Lexikon, S. 102 f., W. Kühlmann (1992a); die Artikel J. Telle (1989a) und ders. (2008d); sowie R. Evans (1997), S. 142 f. et passim; die wichtigsten Schriften von Crollius werden derzeit herausgegeben von W. Kühlmann u. J. Telle (1996–1998); weitere Synkretisten bei W. Kühlmann (1995), S. 509 f.; zur Rhodostaurischen Publizistik der Zeit vgl. auch den Katalog C. Gilly (1995).

2. Die Alchemie: Geschichte und Textwelt

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kreutzerbruderschaft‹. Diese sollte in sich endlich praktisches Christentum und Naturerkenntnis verwirklichen. Obschon Andreae sich später als Superintendent in Calw mit satirischen Schriften von diesen ›jugendlichen Irrungen‹ distanzierte, konnte er nicht verhindern, daß sich davon ausgehend »eine der wirkmächtigsten, von unzufriedenen Intellektuellen getragene Protest- und Reformbewegung des fürstenstaatlichen Protestantismus [formierte]. Postulate einer nachhaltigen Rechristianisierung des öffentlichen und privaten Lebens, Widerstand gegen die innerkonfessionelle Streittheologie, apokalyptische Hoffnungen auf die Überwindung der Papstkirche und eine tiefgreifende Revision der akademischen Wissenschaftspraxis verbanden sich hier zum Projekt einer ›Generalreformation der ganzen Welt‹.«75 Dieser epochale Umbruch wurde vorbereitet durch Visionsschriften, welche die Wiederherstellung Adamitischen Wissens an die endzeitliche Wiederkunft des Elias knüpften, durch hermetisch-neuplatonische, gegen den offiziellen Aristotelismus gerichtete Naturspekulationen, durch Sozietätsentwürfe und Zirkelbildungen. Höhepunkt des Schriftund Rosenkreutzertums an sich waren die Jahre 1610–1630. Die bedeutendsten Vertreter der Fraternität waren der Engländer Robert Fludd (1574–1637), bekanntermaßen Michael Maier (1568/69–1622),76 Melchior Breler (1589–1644) und Christoph Hirsch (gest. nach 1649), der Gießener Professor Henricus Nollius (um 1590–1626) – und nicht zuletzt der Widmungsträger der Chryseis Joachim Morsius.77 Einer der wichtigsten Druckorte okkulten und wissenschaftlich unorthodoxen Schrifttums war im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts Straßburg, welches sich zuvor bereits durch seine Bibelproduktion und Verlage reformatorischer Werke einen Namen gemacht hatte. Dort brachte die eindrucksvolle Verlegergestalt des Lazarus Zetzner (1551–1616)78 zahlreiche Paracelsica, darunter 1605 das Opus chirurgicum, heraus. Daneben veröffentlichte er die Werke verschiedener Alchemiker, zum Beispiel des Toxites oder des Theosophen Khunrath, welcher die ganze Schöpfung alchemisch erklärte, indem er Kabbala, Neuplatonismus und Aristotelismus zu verbinden wußte. Schließlich druckte Zetzner zwischen 1602 und 1622 ›die‹ gro75

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W. Kühlmann (1998), S. 407; zudem die Studie zu Rosenkreutzern am Hof des Moritz von Hessen Kassel (1572–1632), zu welchem zeitweise auch Maier gehörte, B. T. Moran (1991), bes. S. 87–114. Vgl. zu Fludd Alchemie Lexikon, S. 139 f. Zu Maier sei auf die Monographie von H. Tilton (2003) verwiesen, sowie die Biblio-Biographie von E. Leibenguth (2002), S. 21–64; davor U. Neumann (1993); sowie J. Craven (1968); neben den Abschnitten in R. Evans (1997), S. 200 f. et passim. Zu Andreae bes. R. Van Dülmen (1978) u. W. Kühlmann (1988); desweiteren B. D. Haage (1996), S. 176–196; S. Rusterholz (2007); J. Telle (1978), S. 203–206; Alchemie Lexikon, S. 46–48. Zu Zetzner als Verleger von Hermetica sei verwiesen auf C. Gilly (2002c); u. J. Telle (2004a), S. 13–25; sowie D. Kahn (2007), S. 112–121.

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ße Anthologie hermetischen Schrifttums, das Theatrum Chemicum, welche die Erben 1659 und 1661 nochmals erweiterten. Auch die als ›Gründungsschrift‹ der Rosenkreutzer begriffene Chymische Hochzeit Andreaes erlebte ihre Erstausgabe nirgendwo anders als 1616 in seiner Werkstatt. Insgesamt zeichnete sich die Freie Reichsstadt, obschon sich ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das konservative Luthertum durchzusetzen vermochte, durch ihr offenes, stets von historisch markanten Strömungen mitbestimmtes geistiges wie geistliches Klima aus. Vorübergehend wurden hier sogar öffentlich Täufer und Schwenckfeldianern geduldet, und es galt Straßburg zahlreichen Hugenotten als erste und willkommenste Zuflucht. Zugleich war es geistiges Zentrum eines sich nicht nur auf das Oberrheinische beschränkenden Kulturraums, der als Heimstatt der Paracelsismen und Wirkungsort der vorgenannten Adam von Bodenstein, Toxites, Dorn, im ständigen personellen und publizistischen Austausch mit den intellektuellen Zentren der Reformation und den sich abspaltenden Heterodoxien stand, wie Speyer, Basel, Tübingen und Heidelberg. Und ebenso wie das Elsaß schon damals seine Mittlerfunktion zu Frankreich, sprich Akademie und Universität von Paris, innehatte, so unterhielt man selbstredend Kontakte bis an den Prager Hof und zu den Zirkeln der Schlesischen Mystik.79 In einem solchen geistigen Umfeld verwundert es nicht, daß man sich an der Straßburger Akademie im Jahre 1620 genötigt fühlte, gegen ketzerische Lehrmeinungen und deren Verbreitung vorzugehen.80 Es war dies die Zeit, in welcher Furichius das Gymnasium abschloß und seine ersten Gedichte, auch zu naturkundlichen Themen, verfaßte.

3. Alchemie und Lehrgedicht Von Manilius, welcher sich der glücklichen Versifizierung astronomischer Zahlenverhältnisse rühmte, bis zur enzyklopädisch-kosmologischen Lehrdichtung der frühen Neuzeit, wie der Première Semaine ou Création du Monde des Guillaume de Salluste Du Bartas (1544–1590) von 1578, stand der ›Kunstanspruch der Lehrepik in direktem Verhältnis zur Schwierigkeit des Themas.‹81 In der proteischen Vielgestaltigkeit ihrer literarischen Manifestationen war die Alchemie stets auch als Lehrgedicht gegenwärtig; seien es die erwähnten Jamben der Byzantiner Heliodoros und Theophrastos des 8. Jahrhunderts oder die im deutschen Kulturraum verfaßten muttersprach79

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Ein intelektuelles Profil der Stadt während der Reformation zeichnet M. Usher Chrisman (1967); während des Humanismus dies. (1982); kurz B. Vogler (2001), S. 233– 237; zu Oberrhein und Paracelsismus die beiden Vorworte CP 1, S. 15–37 et passim; und CP 2, S. 6–13 et passim. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 106–110. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 123 f.

3. Alchemie und Lehrgedicht

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lichen Dichtungen, wie das seit dem frühen 16. Jahrhundert vielfach überlieferte Spruchgedicht Von der Bescheidenheit des Alchemikers82 oder die bis ins 18. Jahrhundert weitverbreitete Dichtung vom Sermo Philosophicus (zuerst gedruckt 1605).83 Daß für das Verfassen wie Erforschen gerade volkssprachlicher alchemischer Dichtung kein tieferer Einblick in die Materie nötig war und ist, beweist eindrucksvoll der Nürnberger Wundarzt Hans Folz (1435/40–1513), der – wie er mit seinem Fastnachtspiel Der Juden Messias deren Ausweisung beförderte – auch diesen Teil des Pegnesischen Stadtgesprächs mit seinem Stein der Weisen für sein Publikum literarisch aufbereitete.84 Daneben ist ebenso das längere kompilatorischautobiographisch allegorische Viatorium spagyricum des (historisch ungesicherten) Herbrandt Jamsthaler vom Ende des 16. Jahrhunderts zu nennen, welches noch bis ins 18. Jahrhundert gelesen wurde.85 Im angelsächsischen Sprachraum erlangte das, ebenso von Furichius erwähnte, Lehrgedicht der Twelve Gates des George Ripley (um 1415–1490) hohe Berühmtheit, nicht minder jedoch seine lateinische Prosafassung.86 Lateinisch (ab 1600) wie auch ursprünglich volkssprachlich (ab 1500) wurde auch der Vers-BildTraktat Vom Stein der Weisen des (nicht zu identifizierenden) Lamspring verbreitet, doch scheint von den alchemischen Autoren fast ausschließlich die internationale Fassung wahrgenommen worden zu sein.87 Im Lateinischen jedoch herrschten im Gegensatz zu den Volkssprachen die Kleinformen vor, wie es die Dichtungen des Johannes von Teschen (14. Jd.), mit seinem stark rezipierten Lumen secretorum,88 des Alexander von Suchten (1520–1575)89 oder etwa eines Laurentius Span von Spanau (1530–1575)90 zeigen. Der oberrheinische Paracelsist Michael Schütz, genannt Toxites (1514–1581), der von 1542–1545 auch Lehrer an der Straßburger Akademie gewesen war, verfaßte neben vielen eleganten lateinischen Schriften unter 82 83 84 85

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Vgl. J. Telle (2003a). Vgl. J. Telle (2003b) Vgl. J. Telle (1992d); sowie ders. (1994c). Vgl. J. Telle (1977); u. ders (1990a); und mit dem vielsagenden Titel: Jamsthaler, Herbrandt: Viatorium Spagyricum. Das ist: Ein Gebenedeyter Spagyrischer Wegweiser/ in den edlen Sonnengarten der Hesperidum zu kommen/ vnnd daselbst den Güldenen Tinctur Zweig deß vniversals (sonsten Lapis Philosophorum genandt.) zu erlangen. Alles in einem Historico-Poetischen Discurs sampt Erzehlung deß Authoris ganzem Leben. Frankfurt/Main 1625. Näheres in den Kommentaren zu CHRYS., S. 12, 25; S. 35, 10; S. 42, 3; S. 47, 21 – S. 48, 2. Vgl. J. Telle (1985) u. ders. (1995a); der Abdruck im ›Museum Hermeticum‹ von 1678 unter Lambsprick im Literaturverzeichnis. Vgl. J. Telle (1983b). Vgl. zu Suchten Alchemie Lexikon, S. 352 f.; J. Telle (1991c) u. ders. (2006c) sowie O. Humberg (2007) – ein repräsentativer und kommentierter Ausschnitt aus Suchtens Korrespondenz in: CP 1, S. 545–584; mit Kurzporträt S. 545–549. Eine kommentierte Teiledition seiner Briefe mit Übersetzung und Kurzbiographie in CP 2, S. 562–583; Auszüge aus dessen Lehrgedicht ›Spagirologica‹ mit Adnoten der Herausgeber ebd., S. 572–583.

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anderem ein alchemisches Gedicht über das Antimon; dies als Beitrag zum Disput um dessen medizinische Verwendung. Es erschien 1567 unter dem Titel Spongia Stibii adversus Lucae Stenglini Medicinae Doctoris, Et Physici Augustani Aspergensis als Einzeldruck, in welchem das beschuldigte Antimon sich selbst verteidigt und Paracelsus huldigt.91 Doch selbst ein Michael Maier kam mit seinen Cantilenae intellectuales und anderen Gedichten kaum über epyllisches Format hinaus;92 ebensowenig wie der Arztdichter Stoltz von Stolzenberg (1600 – nach 1644). Dessen 1624 zum ersten Mal erschienenes und als Chymisches Lustgärtlein kurz darauf verteutschtes Viridarium chymicum 1624 stellt letztlich nur eine, wenn auch lange, Sequenz alchemischer Emblemta mit Subscriptiones dar.93 Kurzum: Augurellis Chrysopoeia und Furichius’ Aurea Catena wie seine Chryseis, als veritable alchemodidaktische Epen, werden zu recht als ›formgeschichtliche Ausnahmen‹ betrachtet.94

4. Alchemie und Vision Wie die Alchemie sich nach und nach schier aller literarischen Formen bemächtigte, war sie allein schon ob ihrer Verwurzelung im Mystisch-Spekulativen seit Zosimos durch Visions- und Traumschilderungen bestimmt. Hinzu kommt, daß »Visionen als inkorporierte oder autonome Texte fester Bestandteil der abendländischen Literatur sind, da sie im Alten und Neuen Testament häufig begegnen (Danieltraum, Apokalypse des Johannes).«95 Für kosmologische Träume des lateinischen Mittelalters und der Renaissance war zudem der Rekurs auf das Somnium Scipionis (CIC. rep. 6, 9– 29) und dessen umfangreiche Deutung durch Macrobius, zumal dieser eine Kategorisierung der Erscheinungen vorausschickt, geradezu unumgänglich; auch für den wohl wichtigsten und wirksamsten Traumtext der Zeit, die Hypnerotomachia Poliphili des Francesco Colonna von 1499.96 Und wie sich die Visionsliteratur seit der Spätantike bewußt hermeneutisch gesicherter Bilder bediente – aus Traumbüchern, wie demjenigen des Artemidoros von Daldis, über die Patristik bis zur mittelalterlichen Mystik97 – bedienten 91

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Vgl. W. Kühlmann (1995); dort abgedruckt S. 520–526; sowie D. Kahn (2007), S. 136 f.; 215–217 et passim. Vgl. die Monographie von E. Leibenguth (2002). Vgl. J. Telle (1991b) sowie W. Kühlmann (1992b). Vgl. W. Kühlmann (1995), S. 511; und zu Maier in der Tradition der (alchemischen) Lehrdichtung E. Leibenguth (2002), S. 75–80. P. G. Schmidt (2003), S. 785. Zur Nachwirkung von MACR. somn. vgl. A. Hüttig (1990); vgl. auch Kommentar zu CHRYS., S. 26, 1–9; grundlegend zu philosophisch-naturkundlichen Träumen M. Ariani (1999) u. M. Gabriele (1999). Zur Interdependenz von Traumbüchern und literarischen Traumvisionen grundlegend P. Habermehl (1992), S. 65–177.

4. Alchemie und Vision / 5. Mythologie und Alchemie

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sich gleichermaßen alchemische Visionen einschlägiger alchemischer Allegorien oder spannen diese fort.98 In der alchemischen Literatur, in welcher sich allenthalben Träume und deren Deutungen finden, ist die Visio Arislei als Mustertext zu nennen. Diese offenbarte sich nach Ende des Kongresses dem ›Protokollanten‹ der Turba Philosophorum namens Arisleus. Meist zusammen mit dem Kongreßbericht ist sie ab dem 12. Jahrhundert überliefert, ab dem 15. Jahrhundert ist zudem eine versifizierte Fassung belegt. In seinem Traum bringt Arisleus, als Gesandter des Pythagoras, einem unfruchtbaren Königreich am Meer, das nur gleichgeschlechtliche Partnerschaften kennt, durch die Vereinigung des Männlichen und Weiblichen, nach gescheitertem erstem Versuch, langer Haft und endlichem Gelingen, die Fruchtbarkeit zurück.99 Auch Kombinationen von Wach- und Traumvisionen waren häufig, wobei die Wachvision die Deutung des Somnium darstellte.100 Nicht minder traten oft Traumführer auf, um das Geschaute zu deuten, oder ›Geistergestalten‹ großer Meister.101 Furichius band in sein Werk ebenso zwei Visionen ein: den sprechenden Rabe im zweiten, den Traum von der Ermordung des Phoebus im Bade im dritten Buch. Zwei seiner Vorbilder nennt der Arztdichter explizit in den Paratexten: Es sind dies der satirische Dialogus Mercurii, Alchemistae et Naturae, der auch die alchemische Visionsliteratur persifliert,102 und die ernster gemeinte Parabola im Novum lumen des Michael Sendivogius, welche ebenso mit den genannten Versatzstücken ihr Spiel treiben.103

5. Mythologie und Alchemie104 Der alchemische Hermetismus begriff sich »als Restauration eines in historisch-humaner Verschuldung verschütteten Wissens«.105 Ein Ort, an welchem jenes überdauerte, war neben den ägyptischen Hieroglyphen der My-

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Zur Vision allgemein vgl. P. G. Schmidt (2003); M. Frenschkowski (2003), S, 117– 120; P. Adnès (1996); zur christlichen Vision P. Dinzelbacher (1981) u. ders. (1989), sowie – für Außerchristliches unbrauchbar – E. Benz (1969). Abdruck einer lateinischen Versfassung, Entstehungs-, Wirkungsgeschichte und Kommentar in S. Limbeck (1999); vgl. pro forma J. Telle (2004b) u. M. Jammermann (2008), S. 6 f. Vgl. M. Jammermann (2008), S. 17. Zur Allegorese vgl. M. Jammermann (2008), S. 40 f. Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 32, 7. Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 14, 0–4; S. 28, 31 – S. 29, 1; S. 40, 10; zum Werk und Sendivogius CHRYS., S. 46, 30. Einen Überblick über die Mythenrezeption der Renaissance im Allgemeinen bietet B. Guthmüller (1997) wie auch weitere Beiträge des enthaltenden Sammelbandes. W. Kühlmann (2004), S. 635 f.

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thos.106 Schon bei Zosimos war das Bestreben erkennbar, Mythen, welche er dem Hesiod entnahm, antike Orakelsprüche wie auch die Orphik für seine Zwecke zu verwenden.107 Als schließlich um die Jahrtausendwende die byzantinische Enzyklopädie Suidas entstand, stand unter dem Lemma ›Goldenes Vlies‹ wie selbstverständlich nur dessen alchemische Deutung.108 Im Mittelalter alchemisierte Albertus Magnus (um 1200–1280) in De mineralibus die Geschichte von Pyrrhus und Deucalion, Petrus Bonus bediente sich reichlich aus Vergils Mytheneinschüben und nicht minder aus den ganzen Metamorphosen Ovids.109 Dahinter stand die Annahme eines ›sensus naturalis der mythologischen Fiktion‹, welcher über Tertia comparationis, wie Farbanalogien, Bezüge zum Gold, dem großen Wagnis und jeglicher Art der Verwandlung, vor allem Gorgo, Proteus, den Goldenen Zweig, Proserpina, Phaeton, das Kretische Labyrinth, Medea mitsamt Vlies und Argonautenfahrt sowie Pyramus und Thisbe sowohl ›in verbis‹ als auch ›in factis‹ hermetoalchemisch deutete.110 Wie dieser ›sensus chimicus‹ als hermeneutische Kategorie der Vier-sensus-Lehre der Bibelexegese entstammte, wurde im Gegenzug auch die Heilige Schrift hermetisch gedeutet: zum einem als Interpretation goldbehandelnder Bibelstellen, wie »dabit pro terra silicem et pro silice torrentes aureos« (Iob. 22, 24), zum anderen als Gleichsetzung Jesu Christi, des wiederauferstanden Erlösers, mit dem Stein der Weisen, und bildimmanent der Heiligen Jungfrau mit der Retorte – agierten doch bereits die babylonischen Metallgötter als Mysteriengötter, betrafen Tod und Auferstehung schon Isis und Osiris.111 Diese Lesart brachte unter anderem die alchemische Meßliturgie eines Nicolaus Melchior von Hermannstadt hervor, des 1531 hingerichteten böhmisch-ungarischen Hofkaplans.112 Daß der Klerus – trotz der ›Alchemistenbulle‹ Spondent quas non exhibent (um 1317) des Avignoner Papstes Johannes XXII. (1244–1334, ab 1314 Pontifex) – im Mittelalter Träger alchemischer Bildung war, scheint Derartiges nur begünstigt zu haben. Anfang des 14. Jahrhunderts bot schließlich der pseudo-Arnaldische Tractatus parabolicus einen alchemischen Bibelkommentar, welcher Christus durchgängig in Analogie zum Mercurius setzte.113 Da also die hermeneutischen Methoden vorlagen, stand ihrer Anwendung selbst auf neuere Werke nichts mehr im Wege. Einer besonderen Beliebtheit erfreute sich

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Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 17, 28–32. Vgl. S. Matton (1991). Furichius zitiert den Eintrag CHRYS, S. A2v; vgl. auch meinen entsprechenden Kommentar. Vgl. F. Secret (1981). Vgl. W. Kühlmann (2002b), S. 163–169. Vgl. K. Hoheisel (1984). Vgl. J. Telle (1993). Vgl. A. Calvet (2000), S. 467–470.

5. Mythologie und Alchemie

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dabei die Divina Commedia Dantes,114 gefolgt von Artusromanen und der Hypnerotomachia.115 Wiederum war es der Florentiner Neuplatonismus, welcher die Mythoalchemie maßgeblich anregte. Geistesgeschichtlich handelte es sich bei dieser Auffassung des Mythos um eine Variante des Euhemerismus, jener nach Euhemeros aus Messene benannten Lesart. Dieser leitete die Entzauberung mit seinem um 300 vor Christus verfaßten utopischen Reisebericht über die Insel Panchaia ein. Seinem Ich-Erzähler wird im dortigen Tempel offenbart, daß die Olympischen Götter nur deifizierte Könige der Vorzeit gewesen seien. Dem frühen Christentum waren solche Erklärungsmuster in seiner antipaganen Polemik äußerst willkommen, so daß vor allem Augustinus den Euhemeros in Ehren hielt.116 Den Mythologen der Hochrenaissance waren dann auch die alchemischen Deutungen vertraut. Dem großen Natale Conti (um 1520–1582)117 war ihre Verbreitung schlechterdings ein Dorn im Auge. In seinen Mythologiae libri X wettert er immer wieder – zugunsten seines eigenen historisch-christlich-moralischen Euhemerismus, im Sinne der ›sedes scelerata‹ als Purgatorium, etc.118 – gegen die ›metallorum tortores‹ und deren sowohl gottlosen als auch unsinnigen Deutungen.119 Literarisch bot ihm eine Generation später der Mythoalchemiker schlechthin Paroli: Michael Maier wird in seinem, nicht minder umfangreichen, alchemischen Götter- und Heroenhandbuch Arcana Arcanissima nicht müde, den Italiener – welchen 114

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In der Italianistik hat sich inzwischen für esoterische Exegeten kanonischer Texte der feste Terminus ›velamisti‹ eingebürgert; vgl. U. Eco (1990), S. 86–95. Ursprünglich kannte nur die Danteforschung den Begriff als ironische Bezeichnung für diejenigen, welche – auf die Verse »O voi ch’avete li’ intelletti sani, / mirate la dottrina che s’asconde/ sotto ’l velame de li versi strani.« (Dante Inf. 9, 60–62) gestützt – Dante als Rosenkreutzer, Templer, Freimaurer oder gar Protokommunisten sehen wollten und wollen; vgl. P. M. Pozzato (1989); H. Lozano Miralles (1989), S. 47 f.; zur Ausbildung einer veritablen Sensus-Lehre beim Dante-Exegeten René Guénon (1886–1951) vgl. C. Miranda (1989); einen Überblick gibt zudem A. Asor Rosa (1989); zum Thema vgl. auch J. Telle (1978), S. 212. Vgl. D. Kahn (2000), S. 476–480. S. Matton (2000), S. 449–452. Bis in die Gegenwart ist etwa der italienische Kunstgeschichtler Maurizio Calvesi bemüht, seine alchemischen Deutungen der ›Hypnerotomachia‹ in symbolisches Kapital auszumünzen; der köstliche Verriß bei M. Gabriele (1997), S. 156–160. Zum Euhemerismus: M. Fusillo (1998) u. K. v. See (1989). Vgl. R. Ricciardi (1983). Aufschlußreich ist diesbezüglich in seiner ›Mythologia‹ das 10. Buch ›Quod omnia philosophorum dogmata sub fabulis contineatur‹ – dort werden die wichtigsten Mythen ausdrücklich ›ethice‹ gedeutet; und somit auch die antike Unterwelt christianisiert: »His igitur rebus antiqui nos hortabantur ad probitatem, quoniam si quis dum viuit, poenas suorum scelerum deuitauerit, at certè post mortem supplicium deuitare non poterit.« (Conti, S. 536). So etwa gegen alchemische Deutungen des Saturnus: »Conantur enim metallorum tortores et has, et alias his similes artes excogitare, quibus possint metalla in alias formas transferre terterrima paupertatis forma perterriti;« (Conti, S. 64).

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er in Anspielung auf dessen Jagdbuch als ›Braceschus Italicus‹ (›Italienerbracke‹) tituliert120 – anzugreifen: »Non mirum igitur si hoc illi faciant suo modo (legitimo) quos tu metallorum tortores vocas; Quorum nonnullos (de veris loquor) plus veritatis ex metallis, quam tu forte ex fabulis extorsisti, ne quid de vtilitate dicam, elicuisse constat« (Maier Arc., S. 104). Zwar war er, uneingestanden, hochgradig von Conti als Hauptquelle abhängig,121 doch las er ihn nach seiner eigenen, im ersten Buch der Arcana entwikkelten und auf den alchemischen Leser zugeschnittenen Hermeneutik.122 Der Ruhm der ersten systematischen Zusammenstellung mythoalchemischer Deutungen gebührt indes dem, allerdings nur als Handschrift überlieferten, Auriloquio. Nel quale si tratta dello ascoso secreto dell’Alchimia des spanischen Regenten Siziliens Vincenzo Percolla (gest. 1572). Dieser ist nichts anderes als eine im Volgare verfaßte alchemische Mythologie.123 Im Gegensatz zum orthodoxen Conti las der Verfasser des anderen großen mythologischen Kompendiums, Lilio Gregorio Giraldi (1479-um 1552),124 die Argonautica ohne Gewissensbisse unter alchemischen Gesichtspunkten. Der Brescianer Antonio Ricciardi (um 1520–1610) schließlich, welchem das Abendland sein umfangreichstes Symbollexikon, die Commentaria Symbolica, verdankt, führte bei allen Lemmata – und vor allem bei Mythologemen – oft unter Verweis auf Hermetoparacelsisten, sofern sie sich nur belegen ließ, die alchemische Deutungstradition an.125 Die heute bekanntesten alchemischen Mythologien stammen aus der Feder des Antoine-Joseph Dom Pernety (1716–1796). Nachdem der ehemalige Benediktiner Frankreich verlassen hatte, wurde er Bibliothekar Friedrichs II. (1712–1786) und schloß sich den Illuminaten an. Nach dem Tod seines preußischen Gönners saß er bis zu seinem Ableben einem okkultistischen Orakel-Kult in Avignon vor. Neben einem Malereilexikon gründet sein Ruf auf den monumentalen Fables égyptiennes et grecques devoilées und seinem Dictionnaire mytho-hérmétique.126 Wie an einer jüngst erschienenen, sich auf Pernety berufender französischen Übersetzung der Arcana arcanissima zutage tritt, so ist die mythoalchemische Lesart in gewissen, nicht ungebildeten Kreisen bis in die Gegenwart virulent.127 120 121

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Vgl. Maier Arc., S. 103; dort mit fast ganzseitigem Zitat aus Conti. Die ›Arcana arcanissima‹ können eigentlich als alchemischer Kommentar der ›Mythologiae‹ angesehen werden. Vgl. Maier Arc., S. 1–55. Der den Maierschen Kriterien inhärenten Logik (letztlich ist jeder Mythos alchemisch) wie auch der – teils recht amüsanten – Polemik gegen Conti wäre eine eigene Ursuchung zu widmen; vgl. T. Reiser (2007c) als Rezension von St. Feye (2005). Vgl. C. A. Anzuini (1996). Vgl. S. Foà (2001). Zu Ricciardi und seinen ›Commentaria‹ vgl. M. Gabriele (2005); desweiteren F. Secret (1973), S. 209–211; u. ders. (1981). Kurzporträt bei M. Meillassoux-Le Cerf (1989). Vgl. St. Feye (2005).

6. Kommentar und Alchemie

6.

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Kommentar und Alchemie

Der Vorwurf, welchen die moderne Forschung gegen die Chrysopoeia des Augurelli erhebt, daß sie als Text »whose classical form dictates candour and transparency«128 keinerlei Lehre vermittle, kann ebenso gut gegen die Chryseis erhoben werden. Beide alchemischen Lehrgedichte zeichnen sich dadurch aus, daß sie Lehrgedichte sind, welche den Leser die Alchemie nicht lehren – nicht einmal im bescheidenen Maße von Vergils Georgica, nach welchen man (mag dies auch umstritten sein) zumindest ansatzweise eine kleine Landwirtschaft betreiben kann. So wird der Leser des Trevisaners oder des Straßburgers selbst durch intensive Lektüre nicht in den Stand gesetzt, die Transmutation zu vollbringen oder das Allheilmittel zu extrahieren. Dasselbe ›Defizit‹ freilich findet sich in aller129 alchemischer Literatur, welche das ›Opus magnum‹ thematisiert: Strenggenommen bieten spagyrischen Schriften keinerlei Aufklärung, und dies selbst dann, wenn sie ausdrücklich als die erklärende Gattung schlechterdings, nämlich als Kommentare, ausgewiesen werden. Da die alchemische Literatur sich jedoch in ihrer Gesamtheit durch die Erklärung ihrer ›dunklen‹ Prätexte rechtfertigt, so kann sie auch insgesamt als Sonderfall des Genres ›Kommentar‹ betrachtet werden:130 »Un des leitmotive de la quasi totalité de ces auteurs est en effet de prétendre vouloir avant tout expliquer et justifier le propos des auteurs antérieurs, comme le fait dès le IIIe siècle Zosime de Panopolis«.131 Dementsprechend war die arabische und mittelalterliche lateinische Tradition weitestgehend Kommentierung der Tabula smaragdina und der jeweils vorausgehenden, an sich schon kommentierenden alchemischen Literatur, während bei nicht mehr eindeutig kenntlichen Prätexten Kommentar und Paraphrase ununterscheidbar wurden. Zwar gab es stets die üblichen paratextuellen Kommentarformen, wie glossierte Handschriften der Pretiosa margharita oder Scholienbände zum Rosarium des Arnaldus von Villanova, doch traten gerade ab der Renaissance vermehrt weitere literarische Formen an deren Stelle, wie etwa die Emblemata der Atalanta fugiens oder auch die alchemischen Lehrgedichte. Ebenso mischte sich in die alchemische Kommentierung die Rezeption und Ausdeutung der (pseudo-)paracelsischen Schriften.132 Die damalige Auffassung der Alchemie als Königsweg zur Natur- und damit Gotteserkenntnis, als Physik und Ethik in 128 129

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Y. Haskell (1997), S. 589. Die Existenz geheimer, unverhüllt die Transmutation beschreibender Schriften wurde mir einmal von einem geheimnistuerischen nordamerikanischen ›Rosenkreutzer‹ unter dem Siegel der Verschwiegenheit angedeutet. Vgl. R. Häfner (2000), S. 299 f. S. Matton (2000), S. 437. Vgl. S. Matton (2000), S. 438–449; die alchemische Kommentierung neigt dahin, daß: »le commentaire se voit fréquentement assimilé à l’oeuvre commentée en s’insinuant en elle sous forme de gloses incorporées, ou bien, absorbant l’oeuvre commentée

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A. Einleitung

sich vereinende Wissenschaft, führte bei alledem zu einer bis dahin ungesehenen Steigerung des intertextuellen Aufwands.133 Der alchemische Kommentar jedoch ist – wie angedeutet – per se dem philosophischen oder philologischen entgegengesetzt: Er ist in seiner Erscheinung paradox, indem er zwar verheißt, alles zu erhellen, doch dies dann wortreich unterläßt – »tout l’art du commentaire va consister à dire qu’on ne va rien expliciter, ou plus exactement qu’on va tout révéler, mais d’une façon qui ne sera compréhensible qu’à ceux qui connaissent déjà le secret lui-même.«134 Dem zeitgenössischen wie auch modernen Leser wird die Lösung versprochen, doch letztlich wieder und wieder vorenthalten, was, gerade wenn der alchemische Kommentar als ›carmen didascalicon‹ auftritt, eine gewisse kognitive Dissonanz hervorrufen mag.135 Letztlich aber bedeutet alchemische ›Kommentierung‹ nichts anderes, als daß die poetische Phantasie eine Metapher durch eine andere ersetzt, was Mythologeme einschließt sowie konsequent Allegorien umfaßt. Daneben bedienen diese Kommentatoren sich mit Vorliebe des Oxymorons (›lac virginis‹ etc.) oder der vermeintlich ›näheren‹ Bestimmung bekannter Substanzen wie ›Sulphur‹ als ›Sulphur noster‹, ›Sulphur philosophorum‹ in Abgrenzung gegen ›communis‹ oder ›vulgaris‹.136 So faßt auch Umberto Eco – mit Blick auf Antoine Pernety – die Grundzüge der alchemischen Semiotik, wie folgt, zusammen: 1) Das Geheimnis ist stets woanders, 2) die Substanzbezeichnungen bezeichnen nicht die Substanzen, die Substanzen haben andere Bezeichnungen, 3) trotzdem geht es immer um dasselbe Geheimnis.137 Und sobald dieses Geheimnis einem Mythologem, einer ägyptischen Hieroglyphe, einer Bibelstelle oder einem philosophischen Theorem eingeschrieben scheint, werden jene Teil des alchemischen »discorso di sinonimia totale«138 – welchem man nur mit neuen Synonymen beizukommen glaubt. Hierbei ist allen alchemischen Texten gemein, daß sie sich letztlich auf das Geheimnis der Transmutation als (unbekannten) Urtext beziehen, den wiederherzustellen sie ankündigen,

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jusqu’à la rendre indiscernable, il apparaît lui-même comme une oeuvre indépendante.« (ebd. S. 452). Vgl. »l’alchimie est une ›philosophie naturelle‹, puisqu’elle a pour objet l’étude des corps naturels – principialement (mais pas exclusivement) métalliques –; en outre, elle repose sur une ›éthique‹, dans la mésure où la pureté de l’âme de l’adepte est souvent présentée comme une condition nécessaire à la réussite des opérations laboratoires.« (J.-M. Mandioso (2000), S. 482). J.-M. Mandioso (2000), S. 483. Vgl. hierzu auch die Ausführungen Ecos zur Maierschen Emblematik: »il lettore ha continuamente l’impressione di vedersi offrire delle chiavi (come un tempo), ma ora il significato finale, la soluzione ultima, tende sempre ad allontanarsi, e la nuova enigmistica – a differenza di quella medievale, che premiava il solutore corretto – diventa una tecnica dell’elusione.« (U. Eco (1985), S. 239). Vgl. J.-M. Mandioso (2000), S. 485 f. Vgl. U. Eco (1990), S. 75–76.

7. Ein Prosakommentar des Tractatus aureus als wichtige Quelle der Chryseis

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ihn dann jedoch hinter weiteren Metaphern verdunkeln. Doch nicht nur Literaturwissenschaftler machen sich darüber ihre Gedanken, bereits Petrus Bonus stellte, während er das integumentale Sprechen der Autoritäten abhandelte, die Überlegung an, daß das Geheimnis aperte wohl in sechs bis zwölf Zeilen mitgeteilt werden könnte: »Et verè dico, sicut opinor, quod si totam hanc artem, cum omnibus necessariis, practicè tradere vellent, reliquendo omnes figuras, quod in 6. vel 12. lineis scribere ipsam possent, quod quare non fecerint, supra dilucidè satis enituit.« (Bonus, S. 37 f.).139

7.

Ein Prosakommentar des Tractatus aureus als wichtige Quelle der Chryseis

Die soeben beschriebene Zugehörigkeit alchemischer Literatur zum Kommentar ist in einigen Passagen von Furichius’ Chryseis überdeutlich zu erkennen, sind doch die entsprechenden (in der unten folgenden Strukturübersicht hervorgehobenen) hochallegorischen und Ekphrasen alchemischer Geometrie verwertenden Stellen offensichtliche Versifizierungen von 1610 zum ersten Male erschienen Scholien zum Tractatus aureus; also im weitesten Sinne nichts als in die Struktur des Epos eingefügte Kommentare zu angeblichen Sentenzen des legendären Hermes Trismegistos. Diese waren damals unter dem Titel Tractatus vere aureus, De Lapidis Philosophici Secreto in capitula 7 divisus: nunc verò a quodam Anonymo, scholijs tam exquisitè et acute illustratus, ut qui ex hoc libro non sapiat, ex alio vix sapere poterit, similis enim huic vix hodie reperitur mit dem wohl pseudonymen belgischen Herausgeber Dominicus Gnosius bei ›Valentinus am Ende‹ in Leipzig herausgekommen.140 Die hier exponierte Sammlung angeblicher Winke des Priesterkönigs an einen Schüler ist seit dem 13. Jahrhundert in zwei lateinischen Fassungen belegt und erfreute sich, auch in den Vulgärsprachen, großer Beliebtheit. Begnügte der Text in der Princeps von 1566 (Septem tractatus seu capitula Hermes Trismegisti aurei durch Samuel Emmel in der Straßburger Anthologie Ars Chemica) sich in großen Lettern noch mit dreizehn Blät138 139

140

U. Eco (1990), S. 78. Als Kuriosum ist hinzuzufügen, daß sich später einige Aufklärer und Enzyklopädisten bemüßigt fühlten, ebenso Kommentare zu alchemischen Texten zu verfassen, welche durch ihre positivistische Lesart ›ad litteram‹ – seit Bonus die Rezeptionshaltung der ›ignorantes‹ und ›idiotae‹ – deren Unsinn zu entlarven gedachten; vgl. D. Kahn (2000), S. 488 f. Ein ›Gnosius‹ findet sich übrigens in der ›Hypnerotomachia‹ gleichfalls in Verbindung mit uneindeutiger Autorschaft: Das hinsichtlich der Verfasserfrage im Geleitepigramm des Brescianers Andrea Marone (1475/75–1528) stehende ›Nolumus Agnosci‹ entlarvt den angrammatisierten ›Columna Gnosius‹ als den Adepten Fra Colonna; vgl. Poliphilo, Bd. 1, S. 8 u. Bd. 2, S. 495 f.

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A. Einleitung

tern,141 so kommt der von Furichius verwandte Leipziger Kommentar auf stattliche 280 Octavseiten: Aus den ursprünglich symbolischen sieben Abschnitten wurden derart sieben symbolvolle Bücher, welchen zwei Dedikationsepisteln voranstehen, und welche eine ›Conclusio totius operis‹ abrundet. In jedem Hauptkapitel finden sich jeweils mehrere Hermes-Aussprüche im Wechsel mit deren Scholien vereinigt. Einigen Erläuterungen sind graphische Schemata beigestellt. Im Vergleich zu Furichius sticht ins Auge, daß die Scholien des Tractatus Aureus durchgehend Bezüge zur Heiligen Schrift herstellen und diese mit zahlreichen Stellen belegen, wogegen der Straßburger in seinen Adaption – wie in der gesamten Chryseis – fast gänzlich auf Schriftbezüge verzichtet. Der Adressat des ersten Widmungsbriefes des Tractatus vere aureus ist Baron Ladislaus Welen von Zierotin (1579–1638) aus der mährischen Linie des 1708 in den Grafenstand erhobenen alten böhmisch-mährischen Geschlechts. Nach Studienreisen an den Oberrhein, die Schweiz und Norditalien war der welterfahrene, protestantische Adlige zur Druckzeit des Tractatus-Kommentars Hauptmann von Olmütz. Im Dreißigjährigen Krieg verschlug es ihn schließlich auf die schwedische Seite.142 Der andere Empfänger ist der als mäzenatischer Pfalzgraf und Leibarzt des Französischen Königs angesprochene Jakob Alstein. Dieser war seit 1602 als Anhänger der Kunst ruchbar, wirkte höchstwahrscheinlich an der ersten Edition des Novum lumen des Michael Sendivogius mit, in den Jahren 1608/1609 oblag ihm das leiblich Wohl von Heinrich IV. (1553–1610). Ingleichen pflog er mit Joachim Morsius Umgang, in dessen Album er ebenso anzutreffen ist.143 Als Verfasser des Kommentators wird üblicherweise der aus Orleans stammende Mediziner und streitbare Spagyriker Israël Harvet144 angenommen; doch auch Gerhard Dorn immer wieder ins Gespräch gebracht.145 Wie 141 142

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Vgl. Ars Chemica, S. 7–31. Vgl. die Monographie F. Hrubý (1930); desweiteren J. Červenka (1970); R. Evans (1997), S. 143–145; sowie zur besagten Widmung S. 288f; vgl. auch Zedler 62 (1749), Sp. 1554–1556. Ein Kurzporträt, des bisher schwer greifbaren Alstein, in J. Paulus (1994), S. 384, Anm. 353; vgl. auch D. Kahn (2007), S. 399. Vgl. zu Harvet C. Gilly (1977), S. 74 f.; mit weiteren Hinweisen D. Kahn (2007), S. 381–383 et passim; wenig bei Kestner, S. 377 u. Ferguson 2 (1954), S. 366 – sowohl zu Alstein als auch zu Harvet verweist D. Kahn auf seine, während der Niederschrift dieser Zeilen noch nicht vorliegende, neue Studie: Cercles alchimiques et mécénat princier en France au temps des guerres de religion. Eine größere Arbeit zu jenem einflußreichen Werk steht noch aus. Ansatzpunkte mit Hinweisen auf die verstreute Behandlung in der Forschung bieten: CP 2, S. 696 f.; zur Urheberschaft Dorns vgl. W. Pagel (1979), S. 206 u. ders. (1984), S. 21 u. 189; D. Kahn (1994), S. 60, Anm. 5; zur Text- und Überlieferungsgeschichte des ›Goldenen Traktats‹ vor allem J. Telle (1995d); sowie im Katalog S. Gentile u. C. Gilly (1999), S. 210–212; wenig dagegen bei Ferguson 1 (1954), S. 390. Textidentisch ist der hier zugrundegelegte und leichter zugängliche Abdruck im ›Theatrum chemicum‹ vgl. TC 4 (1659), S. 587–717.

8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg

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dem auch sei: Der bisher nicht eindeutig zu klärende Kommentator ließ zumindest durchblicken, daß seine Muttersprache das Französische war, da er bei Gelegenheit die eigene Übertragung einiger alchemischer Verse ›in Gallicam nostram‹ einfügte: »Ouurier sur tout aye cure,/ Que l’art imite nature./ L’externe feu de charbon/ Rendla matiere alteree:/ Mais l’interne et l’aetheree/ Faira ton ouurage bon.« (Tract. aur., S. 622). Auch waren just diese Erklärungen, von der sonstigen Wirkung der Hermetischen Apophthegmata abgesehen – so inspirierten sie nicht minder Allegorien der Chymischen Hochzeit – eine der Hauptquellen von Michael Maiers Emblembuch Atalanta fugiens; wobei etwa bezüglich der alchemischen Geometrie und des alchemischen Rabens dieselben Scholien zugrundeliegen.146

8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg147 Im Jahr 1602 kam Johannes Nicolaus Furichius in Straßburg als Sohn des französischen Schreibzeugmachers Johannes Nicolaus Furichius und dessen Frau Elisabeth, geborene Huaschin, zur Welt. Es liegt nahe, anzunehmen, daß Mutter und Vater als Religionsflüchtlinge ins Elsaß gekommen waren. Im Elternhaus sprach man französisch, deutsch lernte Furichius erst richtig, als er bereits Schüler der Straßburger Akademie war.148 Seit diesen Tagen verband ihn eine innige Studien- wie auch Dichterfreundschaft mit dem ein Jahr älteren Johann Michael Moscherosch (1601–1669),149 die auch lyrisch ihren Niederschlag fand. So drückte, als der ältere Freund 1620 sein Baccalaureat erwarb, Furichius in der Gratulationsschrift epigrammatisch für die Mitbenutzung von dessen Büchersammlung seinen Dank aus.150 Am 28. November 1622 erhielt Furichius als einer der ersten – genau genommen als vierter – zusammen mit der Magisterwürde diejenige eines Poeta laureatus.151 Im gleichen Jahr erschienen seine Libelli Carminum Tres.152 An diesem Jugendwerk ist hervorzuheben, daß es »in thematischer und formaler Vielfalt eine größere Bandbreite als Moscheroschs Epigramme«153 aufweist. Neben den üblichen Gelegenheitsdichtun146 147

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Vgl. H. De Jong (1969), S. 170–172; u. S. 271 f. Der biographische Teil ist eng abgeglichen mit W. Kühlmann (1984), S. 111–135 – Hauptquelle ist auch hier das weiter unten in Übersetzung wiedergegebene ›Programma funebre‹. Eine Monographie zur Akademie der Zeit bietet A. Schindling (1977); eine Kurzfassung ders. (2000); eine Einführung ins Schulwesen im deutschen Humanismus W. Kühlmann (2007). Zur Schulzeit Moscheroschs an der Straßburger Akademie, bis die Wege sich trennten, und dem damaligen geistigen Umfeld vgl. W. Kühlmann (1981); sowie ders. u. W. Schäfer (1983), S. 14–35. Abgedruckt in W. Kühlmann u. E. Schäfer (1983), S. 21. Vgl. G. Knod (1897), S. 519, u. 586. W. Kühlmann stellte mir hierfür freundlicherweise seine Aufzeichnungen zur Verfügung. W. Kühlmann (1984), S. 111.

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A. Einleitung

gen, vom Epithalamion über den Geburtstagsgruß zum Reisegedicht, stehen Reflexionen über das Dichten wie auch Moralisches und Konfessions-Theologisches. Der Band enthält versifizierten Lehrstoff wie auch Porträts antiker Gestalten, des Moses und des Elias. Fabeln reihen sich an Schwankhaftes, welches sich bis zur Ständesatire steigert und über die Miles-Gloriosus-Topik zum Zeitgeschichtlichen führt. So schildert Furichius sowohl die Kriegsgreuel (Actiones sceleratorum Militum quorundam) als auch den Eindruck neuer Geschütztechnik in einem Artilleriegedicht De Bombarba ex fulminei teli irruptione inventâ.154 Bei all dem beeindruckt ein derb antikatholischer, vor allem ›in Lojoliticos‹ und wider die Franziskaner gerichteter Tonfall, so etwa In Medardum Erasmicum Franciscanum Calumniatorem:155 Non mihi Medardus, sed eris Merd-ardea posthâc: Merdâ cum pugnes Ardea sicut iners. (LIBELLI, S. B8r)

Oder gleich Ad funigeros Monachos: Funis, quem vestris gestatis in Ilibus, esse Aptior in collo, nexus in Ilicibus. (LIBELLI, S. A8r)

Wie auch, ebenso mehrfach, gegen den Stellvertreter Christi: Unde corona triplex? antu trismegistus es Hermes? Es magis Hermoglyphus: tot simulacra facis. Te nego Geryonem; tu simplex, ille tricorpor: Quanquam scis gerras ore blatire satis. Treis habuit formas Hecate, sed foemina: Verum, Nî sis Evnuchus, te reor esse virum. Vnum restat adhuc: unum caput una corona Ornet, tres tria; sis Cerberus ergo triceps: (LIBELLI, S. A6rf.)

[5]

Diese Trismegistos-Reminiszenz hat allerdings noch nichts mit Hermetoalchemischem zu tun. Einige naturkundliche Themen lassen jedoch bereits auf ein sich ausprägendes Interesse an naturphilosophischen Fragestellungen schließen, wie das Gedicht De Universo: Iure locum Iudex quaesivit in aethere summum: Vt nutu quaevis inferiora regat. Ille suis quondam summo pro numine leges Sanxit imaginibus, quas cupit esse ratas. At sunt heu! plures, qui nolunt hasce subire, Quas tamen et tonitru fulminibusque dedit. Hinc Quaesitores statuit sibi IOVA planetas: Fecit Carnifices hinc Elementa suos. Ergo si peccent homines, irascitur Vltor, Et Quaesitores convocat ille suos. 154 155

[5]

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Beide im 1. Anhang. Die, hier kursivierten, dort fetten, Hervorhebungen entsprechen der Ausgabe von 1622.

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Mandat ut infundant Elementis coelitus iram, Et jubeant homines discruciare malos. At cum momentis delinquant quique quibusvis, Nil, nisi quod noceat, pene Planeta parit. (Ebd., S. B4rf.)

Oder die im Druck folgende Comparatio Mundi cum Homine zum Komplex von Mikro- und Makrokosmos: Fatur Aristoteles hominem Microcosmion esse: Iccirco Mundo hic aequiparandus erit. Sit Cerebrum firmamentum: duo Lumina stellae: Inferior Cerebro pars velut aer erit. Sint Meteora, petens sursum Fumatio Ventris: Humentes pluviae sunto Catarrhus item: Terra Caro: Sanguis, terram qui permeet, Humor: Corpus enim totum perfluit unda velut. Corque, Iecurque, Lien, Splen, sint Animalia, Heparque Vitales motus congerit his cerebrum. Si dicis, nondum me declarasse quis Ignis? Hic Radicalis Corporis esto calor. Vt toti Mundo tandem Deus imperat unus: Sic rectrix etiam Corporis est Anima. (Ebd., S. B4vf.)

[5]

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Wie auch das Distichon Quatuor Elementa: Ferte famen in terris: in Aqua nece: in Aere pestem: Igni flagrabit, quicquid in orbe manet. (Ebd., S. C7v)

Auch das Lob des in den Paratexten der Chryseis mehrfach angeführten wie gepriesenen Julius Caesar Scaliger wird bereits in den Libelli gesungen.156 Doch wie die Physica in Furichius’ Erstlingswerk noch ein Gegenstand unter vielen sind, so hat auch De Somniis Naturalibus noch nichts mit Visionsliteratur zu tun: Somnia nascuntur tantum ex affectibus ejus, Qui vigilat, nulla haec postera significant. Namque repraesentant ea, quae sunt visa diebus; Ergo superstitio nulla feratur iis. (Libelli, S. F1r)

Den größten Teil machen Freundschaftsdichtung und Freundschaftskultur aus, neben der Kasualdichtung finden sich Schulkameraden und Lehrer in zahlreichen anagrammatischen Spielen wieder, so etwa der ›musenverehrende‹ Freund Moscherosch: »Johannes Michael Moscherosch Wilstadiensis./ Αναγρ./ – – – saltans/ Inde in hias hîc ê Musicolûm esse chore.« und »Epigr./ Usque adeò blandè redolet tibi Laurus odora:/ Inde inhias hic ê Musicolûm esse choro.« (LIBELLI, S. D6r). Vom Straßburger Lehrkörper verwandelt Furichius namentlich an erster Stelle den Dekan der Jahre 1620/ 1621, Laurentius Thomas Walliser (1569–1631), in ›Nite Laurus‹ (vgl. 156

Der Text in meinem Kommentar zu CHRYS., S. A2v, Scaliger quidem pater, ad Cardanum scribens.

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A. Einleitung

LIBELLI, S. D7v); dieser seines Herkommens Ethikprofessor und als solcher Spezialist für Nikomachische Ethik des Aristoteles.157 An zweiter Stelle wird der Rhetorikprofessor von 1604 bis 1626, Marcus Florus, zu ›Os, ars, fulcrum‹ (vgl. ebd.) verklärt. Höchstwahrscheinlich hielt dieser sich an den ›Idealplan‹ seines großen Vorgängers Johann Sturm (1538–1581): Reden von Demosthenes und Cicero als Vorbilder, Behandlung der theoretischen Schriften Platos sowie von Aristoteles, Cicero, Hermogenes und Quintilian – mit einem Wort: »Die Formierung des vollkommenen Redners, der in der Lage sein sollte, über alle Stillagen der lateinischen Sprache zu verfügen«.158 Nach der Ehrerbietung an die beiden Honoratioren, Florus war ebenso Dekan und Rektor gewesen, folgt an dritter, und in Anbetracht dessen, daß er in der Geschichte der Akademie kaum Spuren hinterließ, bezeichnender Stelle Dr. Nikolaus Ager, welchem zwischen 1618 und 1634 die Physikvorlesungen oblagen. In diesen wurden fast ausschließlich die naturkundlichen Werke des Stagiriten kommentiert.159 Ihm schließt sich, als ›fautor adamatus‹ angesprochen, der Wilhelmspfarrer Paul Crusius (1588–1629) an, ein lateinischer Dramatiker, von dem bekannt ist, daß er ebenso naturkundliche Epigramme verfaßte.160 Von den Anagrammatisierten ist in diesem Kontext noch der 1615 amtierende Professor für Poetik Kaspar Brülow (1585–162) zu nennen. Dieser Poeta laureatus erwarb sich mit seinen neulateinischen Dramen, darunter ein Mosesstück anläßlich der Erhebung der Akademie zur Volluniversität, große Verdienste um das Schultheater und das kulturelle Leben der Stadt.161 Nach seiner Gymnasialzeit galt, gerade auch in Anbetracht der im Erstlingswerk Bedachten, für Furichius, was schon zwei Jahre zuvor – erst 1623 wurde der Lehrplan drastisch reformiert – für Moscherosch gegolten hatte: Er war mit den Schriftstellern und Gattungen der antiken Literatur vertraut, im Trivium geschult, kannte die Evangelien der Lesungen, die Katechismen Luthers und des David Chytraeus (1531–1600).162 Auch hatte er die Privatbibliothek seines Freundes mitbenutzen dürfen.163 Wahrscheinlich zu Beginn des Jahres 1623 wechselte Furichius, seiner naturkundlichen 157 158

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Vgl. A. Schindling (1977), S. 127, 148, 244–247. W. Kühlmann u. E. Schäfer (1983), S. 31; vgl auch A. Schindling (1977), S. 211, et passim. Vgl. A. Schindling (1977), S. 248–251. Vgl. A. Schindling (1977), S. 237 f. Anm. 10 u. W. Kühlmann (2008b); ein humoriges Gratulationsgedicht aus dessen Feder zum Baccalaureat von Morsius im Jahre 1620 in W. Kühlmann u. E. Schäfer (1983), S. 20; sowie S. 23 f. Vgl. A. Schindling (1977), S. 270; sowie W. Kühlmann (2008a). Der in Rostock wirkende Lutherschüler Chyträus gilt als ›letzter Vater‹ der protestantischen Kirche und ›Leitfigur der Spätreformation‹; vgl. P. Barton (1981). Kenntnisse des Hebräischen sind für Furichius, im Gegensatz zu Moscherosch, da sich in seinen Schriften nur kabbalistische Termini in lateinischer Umschrift finden, nicht anzunehmen – er hätte gewiß Gebrauch davon gemacht.

8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg

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Neigung folgend, als Student der Medizin auf die Artistenfakultät, an welcher er bis 1625 blieb. Obgleich sie zu den größten Hochschulen im deutschen Sprachraum gehörte, hatte die Straßburger Akademie erst 1621 durch Kaiser Ferdinand II. (1578–1637) die Privilegien einer Volluniversität mit dem Recht der Doktorpromotion erhalten, sie umfaßte die vier Fakultäten Theologie, Recht, Medizin und Philosophie.164 Bestimmend für die Medizinische Fakultät war damals, als Sohn seines Vorgängers im Amte, der Dekan Melchior Sebitz junior (1578–1674). Mit 34 Jahren war er 1612 nachgerückt und hatte das Amt bis 1668 inne. Zwar orientierte er sich – vor allem was die Disputationen seiner Studenten betraf – am Galenismus, doch war er bestrebt, diesen nicht philologisch zu behandeln, sondern mit der alltäglichen Erfahrung des Arztes abzustimmen. Er legte eine Sammlung kurioser Todesfälle an, lehrte vorzugsweise und einflußreich über Diätetik und Badekuren und ließ um 1620 einen eigenen botanischen Garten anlegen. Ebenso sezierte er mit seinen Studenten und setzte die Einrichtung eines anatomischen Theaters durch, weshalb damals die Straßburger Medizin zu den fortschrittlicheren in Europa gehörte. Bei aller Freude an der Empirie stand er jedoch dem Paracelsismus grundsätzlich ablehnend gegenüber.165 In jener Zeit bestritt Furichius einen Teil seines Unterhalts als Präzeptor zweier Schweizer Studenten, Johann Wernher Bygel und Bartholomäus Peyer, welche vom Schaffhausener Prediger Melchior Hurter (1584–1655) betreut wurden. Ein Teil des Briefwechsels zwischen dem Geistlichen und Furichius ist erhalten, in welchen Furichius auch die dortige Familie Oschwald herzlich grüßen läßt. Der Sohn Johann Jakob Oschwald war einer der drei Widmungsträger der Libelli Carminum Tres, dessen Abschied im Gedichtband besungen wird.166 In einem Brief vom 19. 3. 1624 an Hurter ist der Tutor, nachdem er wegen eines Epigramms gerügt worden war, bemüht, dem strenggläubigen Calvinisten zu verdeutlichen, daß er keinen verderblichen Einfluß auf seine Schützlinge ausübe. Aus dem Schreiben ist ersichtlich, daß er sich literarisch mit Paracelsus und, wenn er diesen auch als Ketzer verdammt, Valentin Weigel (1533–1588)167 auseinandergesetzt hatte.168 1624 erschien schließlich die zweite Gedichtsammlung, Poemata Miscellanea. Lyrica, Epigrammata, Satyrae, Eclogae, Alia, ebenso in Straßburg, welche nun Kommilitionen, darunter ausdrücklich Moscherosch, dediziert ist. Dieser steuerte auch zwei Geleitepigramme bei, und Furchius würdigte den wissenschaftlichen Fortschritt seines Freundes in drei Dich164 165 166 167 168

Vgl. A. Schindling (1977), S. 67–77. Vgl. A. Schindling (1977), S. 335–341. Die Korrespondenz ist ausgewertet in W. Kühlmann (1984), S. 112–117. Erste Anhaltspunkte zu Weigel bieten S. Wollgast (1992) u. H. Pfefferl (2003). Herausgegeben und übersetzt in W. Kühlmann (1984), S. 115 f.

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A. Einleitung

tungen des Bandes.169 Auch hier finden sich zahlreiche Freundschafts- und Gelegenheitswerke, so treten neben den Freunden, darunter erneut besagter Oschwald, die Professoren der Universität in Erscheinung, sei es in Epitaphien auf den Scholarch – einer der drei Schulherren, welche Finanzen und Berufungen der Hochschule bestimmten als auch Disziplinarfragen entschieden – Adam Zorn von Plobsheim (im Amt 1618–1623), sei es als Widmung an dessen Amtskollegen Peter Stork (1614–1627)170 oder den Juraprofessor und Spezialisten für Feudalrecht Kaspar Bitsch (1579– 1637).171 Neben Brülow findet sich auch Daniel Rixinger, welcher von 1600 bis 1633 als Professor für Philosophie im Amt war und hauptsächlich über das Organon und die Metaphysik las.172 Vom September 1624 bis zum April 1625 hielt Furichius sich in Genf auf, wobei sich womöglich hier nochmals die Wege der beiden Freunde Furichius und Moscherosch, welcher dann nach Frankreich weiterzog, kreuzten. In der Überzeugung, dort seine Ausbildung zum Arzt nicht weiter vertiefen zu können, beschloß Furichius, nach Italien weiterzureisen – dies, obschon sich ein fester Austausch der medizinischen Fakultät Straßburgs mit Basel und Tübingen etabliert hatte.173 Von den Kämpfen um das Veltlin gehindert, bezog er zunächst Quartier in Brixen und arbeitete als Hauslehrer bei einer Offiziersfamilie. Auf die damaligen Umstände spielte er in einem Geleitgedicht zu Moscheroschs Centuria Prima Epigrammatum an: Cum me Brixia militem fovebat, Ad Musas monitis tuis redivi. Tu, cum Celtica rura permeâras, Ut vitam excoleres probe futuram, Ductu, nescio quo, propè incidisti In Martis laqueos, quod improbabas, Ni Musa monitu ipsius redisses, Et pro Marte tibi ipse Martialis, Et sit reddita Penna pro Bipenni. (Moscherosch Centuria, S. 9)

[5]

Als Ziel der Reise stand für ihn Padua – von 1406 bis 1814 der Republik Venedig zugehörig – fest, welches er in einem Brief als das ›neue Athen‹ pries, und dessen für die damalige Zeit fortschrittlichste medizinische Fakultät ihn lockte.174 Die Universität Padua bestand spätestens seit dem Jahr 1222, bereits 1261 war der erste deutsche Student eingetragen. In der Folgezeit sollte gerade das Heilige Römische Reich unter den Immatrikulierten aus dem Norden, vor allem im 16. und 17. Jahrhundert, den größten Teil stellen. 169 170 171 172 173 174

Auch hierzu übergab mir W. Kühlmann seine Notizen. Vgl. A. Schindling (1977), S. 80–84 et passim. Vgl. A. Schindling (1977), S. 320 f. et passim. Vgl. A. Schindling (1977), S. 239–241. Vgl. A. Schindling (1977), S. 340. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 116 f.

8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg

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Waren bis 1553 die Studenten der Deutschen Nation (darunter etwa auch Ungarn, Schweizer und Dänen) aller vier Fakultäten zusammen organisiert, spaltete sich nun, zu neuem Selbstbewußtsein gelangt, die ›natio Germanica artistarum‹ von den Juristen ab. Sie gab sich eigene Statuten und Siegel und legte eine eigene Bibliothek an. Die Kirche Santa Sofia wurde zur Stätte ihrer festlichen Zusammenkünfte bestimmt, und man begann mit einem eigenen Matrikel. Unabhängig von der allgemeinen Immatrikulation, hatte sich dort jeder Student binnen zwei Wochen persönlich einzutragen,175 so auch Furichius am 15. Oktober 1626: »Iohannes Nicolaus Furichius Argentinensis, poeta caesareus, huic sese inscripsit libro, solutis solvendis, 15 octobris anno 1626«.176 Womöglich war es für ihn in Anbetracht seiner antikatholischen Epigramme und seiner sich in dieser Zeit verstärkenden Neigung zum Hermetismus nicht unvorteilhaft, daß er als Student der Deutschen Nation zugleich die von Venedig (um den Handel nördlich der Alpen nicht zu gefährden) durchgesetzte Immunität gegenüber der Römischen Inquisition genoß. Da leider Näheres über den Studienaufenthalt des Furichius nicht bekannt ist,177 soll hier zumindest die medizinische Fakultät seiner italienischen Alma mater näher beschrieben werden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte der gebürtige Brüssler Andreas Vesalius (1514–1564) Padua zum Zentrum der modernen Anatomie gemacht. Sein anhand von Leichensektionen gewonnenes Wissen erschien 1543 als De humani corporis fabrica. Er ließ anatomische Tafelwerke drucken, und seine Studenten erwarben ihr Wissen ebenso am Seziertisch. Unter seinen Nachfolgern machte sich vor allem Girolamo Fabrici d’Acquapendente (1533–1619) um die vergleichende Anatomie verdient, auch gilt er ob seiner Schriften De formatu foetu von 1600 und De formatione ovi et pulli (1621) als Begründer der Embryologie, wie er zuvor schon das wegweisende De venarum ostiolis (1603) zum Blutsystem verfaßt hatte. Seit 1533 gab es einen Lehrstuhl für Pharmakologie, an welchem hauptsächlich Dioskurides und Galen gelehrt wurden. Doch da man bald erkannt hatte, daß eine eher philologische Lektüre der Medizinbücher wenig nutzte, kam es, daß schon 1546 ein eigener botanischer Garten eingeweiht wurde. Über die hervorragenden Handelsbeziehungen der Serenissima war man in der Lage, exotische Pflanzen zu importieren und zu kultivieren. Auch hatte in Padua der im Abschnitt zu den Lehrgedichten erwähnte Veroneser Girolamo Fracastoro, dort ein Freund und Kommilitone des Kopernikus, studiert und es zum Spezialisten für Infektionskrankheiten gebracht, wie auch sein Lehrgedicht Syphilis sive 175 176 177

Vgl. L. Rossetti (1986), S. IX–XII. Abgedruck in: L. Rossetti (1986), S. 213, Nr. 1738. Nach der Niederschrift dieses Buches gemachte Archivfunde um eine Bücherspende Furichius’ an die ›Natio‹ in Padua werden gesondert in der Zeitschrift ›Aus dem Antiquariat‹ erscheinen.

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A. Einleitung

morbus gallicus beweist. Der von Furichius mehrmals in den Scholien der Chryseis erwähnte Ägyptenreisende Prospero Alpino (1553–1616) hatte dort von 1594 an einen Lehrstuhl innegehabt und war ab 1603 dem botanischen Garten vorgestanden, dessen Ausbau der hervorragende Pharmazeut weiter vorantrieb.178 Im 17. Jahrhundert wandte man sich unter dem Einfluß der von Galileo Galilei (1564–1642), dort von 1592 bis 1610 Mathematikprofessor, eingeführten wissenschaftlichen Methode des Messens der experimentellen Anatomie zu. Der theoretische Mediziner Santorio Santorio (1561–1636) bestimmte als erster die Frequenz des Pulses mit einem Pendelapparat. Der (Wieder-)Entdecker des Blutkreislaufes William Harvey (1578–1657) hatte ebenso 1602 in Padua seinen Doktortitel erworben.179 Ein Jahr vor der Ankunft Furichius’ war der seit 1619 lehrende Anatom Adriaan van den Spieghel (1578–1625) verstorben, nachdem er zu Lebzeiten den Ruf der Universität als Hauptsitz von Anatomie und Pharmazie weiter gefestigt hatte. Auch der bedeutende Arzt, Naturforscher und Wegbereiter der modernen Wissenschaft Joachim Jungius (1587–1657), hatte sich dort 1618 promoviert,180 und der genannte Initiator der Rosenkreutzerbewegung, Valentin Andreae, hatte dort als Student Station gemacht.181 Es ist anzunehmen, daß die in den Paratexten der Chryseis stattfindende Diskussion wissenschaftlicher Probleme zwischen einem Aristotelismus, wie er in Padua gelehrt wurde, und hermeto-paracelsischen Gedanken aus dieser Zeit herrührt; nicht minder, daß Furichius in Norditalien mit der Chrysopoeia des Giovanni Aurelio Augurelli in Berührung gekommen sein muß, welche dem ehrgeizigen angehenden Arzt und erprobten Dichter eindrucksvoll die Möglichkeit der Ausformung kosmologisch-alchemischen Wissens in versepischer Form vor Augen führte, sowie mit dem Werk des großen Ariost. So entstand in diesen Jahren Furichius’ – weiter unter ausführlicher der Chryseis verglichenes – erstes alchemisches Lehrgedicht Aurea Catena siue Hermes poeticus de Lapide Philosophorum, welches 1627 in Padua gedruckt wurde und den ›Häuptern‹ der beiden deutschen Nationes zugeeignet ist.182 Zu Beginn Jahres 1628 war Furichius schließlich zurück in Straßburg. Dort schrieb er seine Dissertation unter dem Titel Disceptatio de Phrenetide, welche im selben Jahre erschien, und als Tag der Promotion den 1. März nennt. Laut Programma funebre erfolgten die dazugehörigen Feierlichkeiten erst im Juni. Noch im selben Jahr heiratete er Marie Barbette, Tochter des angesehenen Goldschmiedes Josias Barbette. Dieser Schwie178 179 180 181

182

Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 3, 28; S. 32, 30–31; S. 48, 9-S, 49, 2. Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 11, 22–28. Vgl. Ch. Meinel (1990). Vgl. W. Kühlann (1984), S. 117 f. Einen Überblick über die medizinische Fakultät der Zeit bieten etwa K. Bergdolt (1994) oder G. Ongaro (2001), S. 164–186. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 118 f.

9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer

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gervater stammte aus Pfalzweiler bei Lützelstein im Elsaß und erwarb 1603 das Straßburger Bürgerrecht; in der Stempeltafel der Goldschmiedezunft von 1612 wird er als 1605 aufgenommener Meister geführt. Soweit bekannt, sind von ihm nur einige Entwürfe und die Geschäftskorrespondenz (in deutscher Sprache) seiner Tätigkeit für Erzherzog Leopold V. von Tirol (1586–1632) aus den Jahren 1628 bis 1632 überliefert. Für diesen fertigte beziehungsweise verzierte Barbette äußerst kunstvoll Blank- und Feuerwaffen, Jagdausrüstung, Prunkuhren und Hutschmuck.183 Aus der fruchtbaren Ehe gingen bis Herbst 1633 insgesamt fünf Kinder hervor, drei Mädchen und ein männliches Zwillingspaar, zwei der Töchter ereilte der Kindstod. Furichius hatte sich damals in Straßburg als Arzt niedergelassen und arbeitete daneben an seinem ambitionierten Hauptwerk, den Chryseidos Libri IIII, welche 1631 erschienen. Moscherosch, mit dem er weiterhin sehr gut befreundet war, trug hierfür zwei Glückwunschgedichte bei.184 Angeregt wurde das Werk jedoch von seinem Widmungsträger. Dieser war der, von Furichius in der Vorrede als ›teuerster Freund‹ (vgl. CHRYS., S. A2r) bezeichnete, neun Jahre ältere Joachim Morsius, welchen seine Biographen gerne als das ›Idealbild eines Rosenkreutzers‹ schildern.185

9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer Joachim Morsius kam als jüngster von drei Brüdern am 3. Januar 1593 als Sohn des Goldschmieds Jakob Mores (auch: Mors, Moers, Mortzen etc.) und der ebenfalls aus einer Goldschmiedsfamilie stammenden Engel, geborene Kopstedt, in Hamburg zur Welt. Wohlstand und Ansehen dieses Elternhauses gestatteten ihm eine sorgfältige Schulbildung. 1610 immatrikulierte er sich als Student der Theologie in Rostock, widmete sich dann aber mehr und mehr humanistisch-philologischen sowie alchemischen Studien. 1611 wechselte er nach Leyden und kehrte über mehrere Zwischenaufenthalte 1613 nach Rostock zurück, wo er, der er bereits damals begann, eine eigene große Büchersammlung aufzubauen, von 1615 bis 1618 als Bibliothekar der neugegründeten Universitätsbibliothek geführt wird. Inwieweit diese Funktion allerdings über das Beratende hinausging, ist fraglich, fiel doch in jene Zeit eine erste längere Studienreise nach Kopenhagen und Stettin. In jener Zeit begann Morsius sich für die aufkommende Rosen183

184

185

Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 119; zu Josias Barbet vgl. H. Haug (1978), unpaginiert ›Table II. 1612‹; sowie H. Meyer (1881), S. 219. Eine kurze kunstgeschichtliche Würdigung des Goldschmiedes bietet E. Egg (1966). Mit Übersetzung abgedruckt bei W. Kühlmann (1984), 120; vgl. auch meinen Kommentar zu CHRYS., S. A3v morosos istos Catones, aut Solones, letzter Abschnitt. Vgl. H. Schneider (1929), S. 7.

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A. Einleitung

kreutzerbewegung zu erwärmen: In einem offenen Brief bat er die Sozietät, ihm ihre Unterweisung zu gewähren. Daß er nie Antwort erhielt, schmälerte seine Begeisterung keineswegs. 1617 trennte er sich, nach dem frühen Tod seines Sohnes, und infolge eines heftigen Zerwürfnisses von seiner Frau. Eine für das Jahr 1618 geplante Italienreise führte Morsius erneut nach Leyden. Er blieb bis 1619 in den Niederlanden und setzte im Oktober des Jahres nach England über. Dort lernte er bedeutende Dichter, wie den ›Britischen Martial‹ John Owen (1564–1622) und Ben Jonson (1572–1637) kennen, aber auch den herausragenden Alchemiker und Verfechter des Rosenkreutzertums Robert Fludd. Er erwarb einen Master in Cambridge und kehrte 1620 nach Hamburg zurück. Von da an widmete er sich vornehmlich alchemischen und theosophischen Studien. Er publizierte zwei Abhandlungen des Alchemikers und frühen Uboot-Konstrukteurs Cornelius Drebbel aus Alkmar (1572–1633) und widmet diese seinem Freund Heinrich Nollius, dem späteren Giessener Medizinprofessor und frühen Chemiker, von welchem er ebenfalls Schriften veröffentlichte. In dieser Lebensphase nahm die Zahl derer zu, welche sich in seinem Album (siehe unten) als Alchemiker eintrugen; neben bekannteren wie dem Landgrafen Moritz von Hessen (1572–1632) ebenso sein Bekannter, der Arzt und Mathematiker Joachim Jungius. Doch nicht nur Vertreter der spagyrischen Kunst gehörten zu seinen Freunden und Korrespondenten, sondern auch theosophische Erneuerer, wie Michael Dilherr (1604–1669), Johann Heinrich Alsted (1588–1638), Johannes Arndt (1555–1621)186 und natürlich Johann Valentin Andreae. Als die Gründung reformatorischer Zirkel ruchbar wurde, gerieten 1624 Morsius und sein Umfeld in Konflikt mit den Lübecker Behörden, weswegen er sich hilfesuchend an den ihm wahlverwandten schlesischen Mystiker Abraham von Franckenberg (1593–1652)187 und dessen Lehrer Jakob Böhme (1575–1624) wandte. Obschon er in jenem Jahr eigentlich bis nach Afrika zu reisen gedacht hatte, verschlug es ihn erneut nach Norden, und er verbrachte den Sommer in Schweden. 1629 lernte er den von ihm verehrten Andreae auf einer Reise nach Süddeutschland, deren erste Station der Herzog von Braunschweig war, schließlich persönlich in Calw kennen. Um die Jahreswende von 1630/31 machte er Station in Straßburg, wo er die Ärzte Valerius Charstadt und auch Furichius kennenlernte. Furichius, dessen Aurea Catena Morsius schon früher gelesen hatte, regte er in gemeinsamen Gesprächen zur Abfassung der Chryseis an. Über Frankfurt am Main begab er sich über Hamburg zurück nach Lübeck. Dort wurde er 1633 aufs neue mit schwärmerischen Umtrieben in der Stadt in Verbindung gebracht und angeklagt. Einige mystische Bücher aus sei186

187

Vgl. zu Dilherr R. Jürgensen (2008) u. R. Evans (1997), S. 233–235; 283–285; zu Arndt J. Wallmann (2000), zu Alstedt F. G. Sieveke (2008). Vgl. zu Abraham von Franckenberg J. Telle (1989c) u. ders. (2008 f.); die Korrespondenz hg. von demselben unter A. Franckenberg (1995) im Literaturverzeichnis.

9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer

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nem Besitz wurden beschlagnahmt. Während die Untersuchungen und Verhandlungen noch andauerten, bemühte sich der ihm verbliebene Bruder Jakob 1635 um seine Entmündigung, auf daß der weiteren Verschwendung des väterlichen Erbes durch Morsius’ teure Studien und Reisen, und nicht zuletzt durch kostspielige Bücherkäufe, ein Riegel vorgeschoben würde. In der Tat genügte Morsius die Rente aus dem väterlichen Erbe kaum, zudem nahm er auf den guten Namen seiner Familie überall Kredit auf, oft ohne seine Schulden jemals zu begleichen. Eine von Morsius gegen seine Entmündigung veröffentlichte Protestschrift verfehlte die Wirkung: 1636 wurde er in Hamburg verhaftet und im Pesthof, der Verwahrungsstätte für Geisteskranke, festgesetzt. Erst 1640 kam er frei, nachdem Christian IV. von Dänemark (1577–1648) sich für ihn verwandt hatte. Eine Obhut fand der Unstete schließlich bei Herzog Friedrich III. (1597–1659) in Gottorp, wo er vereinsamt und verbittert im Jahre 1643 starb.188 Seine umfangreiche Bibliothek – 1626 gab Morsius einen Katalog heraus189 – kaufte 1648 die Stadt Lübeck. Von den einst reichen Beständen ließen sich jedoch in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts nur noch fünf als aus dem Besitz von Morsius identifizieren.190 Das bedeutendste Stück aus dem Nachlaß von Morsius ist seine erwähnte ›Autographensammlung‹ der bedeutendsten Gelehrten der Zeit: das vierbändige Album Morsianum mit über 800 Einträgen und mehreren Kupferstichen herausragender Zeitgenossen, welche er auf seinen vielen Reisen von 1610 an gesammelt hatte. Unter dem 17. September 1631 ist dort auch ein Brief von Furichius inseriert:191 [S. 745] Lange schon hätte ich Dir, Hochberühmter Morsius, eine Nachricht abgepreßt mit ebendiesem meinem recht verwegenen Brief, wenn nicht das ganz und gar verlogene Gerücht durch die Verkündigung Deines jüngsten Geschicks uns Stillschweigen geboten hätte. Da ich aber vor wenigen Tagen ein Gespräch hatte mit jenem großen Diktator unserer Ge188

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190 191

Vgl. u. a. R. Van Dülmen (1978), S. 154 f.; R. Kayser (1897); W. Kühlmann (1984), S. 129–131; W.-E. Peuckert (1973), S. 207–216, u. S. 249–253; H. Schneider (1929), S. 7–72; ebenso Einträge in biographischen Sammelwerken, wie Moller 1 (1744), S. 440–446; aus jüngerer Zeit R. Hoche (1885) und demnächst J. Telle (2010). Der unter dem Pseudonym ›Anastasius Philaretus Cosmopolita‹ herausgegebene ›Nuncius Olympicus‹ findet sich als reprographischer Nachdruck in C. Gilly (1994a), S. 239–289. Der Katalog verzeichnet 228 Manuskripte, wovon die meisten aus der Feder des streitbaren Vielschreibers unter den Paracelsisten und Rosenkreutzern, Anton Haslmayr, stammen; geboren 1560 in Bozen, wurde er 1612 in Innsbruck wegen Ketzerei verhaftet und zur Galeere verurteilt, vgl. C. Gilly (1994a), S. 32–67; zum ›Nuncius Olympicus‹ vgl. ebenso H. Schneider (1929), S. 74. Verzeichnisse der übrigen von Morsius verfaßten und herausgegebenen Werke finden sich etwa in: Moller 1 (1744), S. 445 f.; H. Schneider (1929), S. 73–78. Vgl. H. Schneider (1929), S. 118 f., Anm. 60. Vgl. R. Kayser (1897), S. 310. Das eindrucksvolle Personenregister des Albums findet sich in H. Schneider (1929), S. 79–110 – die Transkription des lateinischen Orignaltextes im 2. Anhang. Die dort griechischen Begriffe sind hier kursiv gesetzt, für deren Auflösung bin ich Peter Habermehl, Berlin, zu großem Dank verpflichtet.

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lehrtenrepublik [5] Matthias Bernegger,192 erfuhr ich, worüber ich froh bin, daß Du wohlbehalten bist, in dem Grade, daß Du mir in meinem Sinn auferweckt von den Toten scheinst, in der Art eines gewissen neuen Eros Armenios,193 wenn wir dem Plato glauben, oder Enarchus,194 wenn dem Plutarch, oder schließlich Aristeas Prokonesios,195 wenn dem Herodot. Wo in aller Welt Du aber steckst, darüber habe ich noch keine Gewißheit. Nicht hieltest Du Dich an die Versprechungen, wie ich gehofft hatte, bezüglich Deines Briefes [10] angekündigtem Eintreffen. An Dir liegt es, unser Gemüt von den Hirngespinsten zu befreien, warum es nicht unternommen wurde. Nicht, daß ich nicht wüßte, daß es im Übermaß gibt, was Dich von überallher in Anspruch nimmt. Weil Du dennoch so viel an Liebe zu Dir in uns erweckt hast, solltest Du wenigstens dem nach Dir Glühenden das wütende Verlangen durch ein Wort mildern. Du erinnerst Dich ohne Zweifel, daß, als Du damals noch mit uns Dich eines Himmels erfreutest, von Dir aus Erwähnung fand [15] ein gewisses Gedicht von mir, zu Padua niedergeschrieben, über jenen berüchtigten Stein der Weisen, welches Du zur damaligen Zeit ein Flickwerk statt Neuem nanntest. Gedruckt ist es in Italien, wie es unter der Feder zustande kam, wobei die Lektüre manniger Autoren Hebammendienste leistete. Auf Dein Betreiben hin nahm ich dennoch dieses Werklein erneut in die Hände, erneut ging ich es durch, erneut schuf ich es, Oft den Griffel wendend, dann, was erneut zu lesen wert, zu schreiben.196 [20] Dann endlich wird es als so, wie Du es sehen wirst, ans Licht kommen. Ich sollte freilich zuvor, wie der Dichter anmahnt: Mit den Tafeln zugleich des redlichen Zensors Herz erfassen197 Ja überhaupt, weil, Da verschlossen noch das Konzept, ich vernichten dürfte, was ich nicht veröffentlichen sollte.198 [25] Allein, wenn ich mir vorstellte, daß es einst in dürftigerem Gewand gewagt wurde, in der Zensoren Augen zu bestehen, darf man sich nun ob zu wenig Ausschmückung nicht davonstehlen; auf Dein Geheiß vor allem hin, für den der ganze Mythos vollendet wurde. Nimm daher an, was Dein ist, offensichtlich, denn Du machtest es durch dieses Geheiß zum Deinigen. Und, sofern irgend etwas in den Worten oder Gegenständen selbst verfehlt [30] ist, woran ich in der Tat keineswegs zweifle, wende freimütig die Zensorenrute an, welche ich in einem solchen Labyrinth anstelle eines Ariadnefadens gelten lassen will. Wie es hoffentlich, wie in diesem, so bei meinen anderen Studien und Überlegungen 192

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Zu Matthias Bernegger vgl. A. Schindling (1977), S. 279–289, 378–382 et passim; sowie W. Kühlmann (1982), S. 118–135. Nach Plat. R. 10, 8; 614b-615c wird Eros, Sohn des Armenios, als man nach zehn Tagen die Gefallenen vom Schlachtfeld räumt, noch unverwest aufgefunden. Am zwölften Tage erhebt er sich vom Scheiterhaufen, um von seinen Erfahrungen im Jenseits zu berichten. Furichius bezieht sich bezüglich dieses Widergängers nicht direkt auf Plutarch, bei welchem ein ›Enarchos‹ nicht aufzufinden ist, sondern auf Ficinos Schrift zur ›Unsterblichkeit der Seelen‹ – dort im 13. Buch: »Enarchus, inquit [Plutarchus], nuper aegrotans tamquam iam mortuus a medicis fuit relictus, et brevi tempore in seipsum [sic] postea reductus dicebat se mortuum fuisse et in corpus iterum restitutum [etc.]« (Ficino Theologia, S. 219). Bei Herodot (vgl. Hdt. 4, 13 f.) ist Aristeas aus Prokonnesos ein Dichter, der in einem Werk behauptet, er sei von Apoll inspiriert bei einem Volk namens Arimaspi jenseits der Hyperboreer gewesen. Tatsächlich war er vor der Abfassung, nachdem er scheintot in einer Walkstube zusammengebrochen war, sieben Jahre lang spurlos verschwunden. Und auch nach der Veröffentlichung des Poems wurde er nicht mehr gesehen. Nach HOR. sat. 1, 10, 72 f. Nach HOR. epist. 2, 2, 110. Frei nach HOR. ars. 389 f. Die Übersetzung folgt derjenigen E. Schäfers in Horatius (2008).

9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer

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gestattet sein möge. Gewiß lerne ich erst zu leben und, um es so zu sagen, mit umgewandter Ferse den neuen Weg zu beschreiten, dennoch unsicheren Fußes, wie es jene zu tun pflegen, die aus dem Schlaf aufgeweckt sich zur Reise gürten; [35] noch in tiefer Dämmerung. Ich beginne, sage ich, mich vor jenen Kleingeistern zu ekeln, deren Worte und Werke, nicht Menschen gehören sondern Ameisen: Ich platze! Fast meint man, es brüllten Arkadiens Herden.199 In dem Maße bellen sich die Besseren an, und selbst unruhig stören sie alle Ruhe mit ihrem Gekläff. Dasjenige, welches wir Gott schulden, maßen sie sich an. Was [40] soll ich mit den Faslern? Doch, was lege ich mich mit jenen Metrikern an? Esel werde ich rascher zum Fliegen bringen oder einen Äthiopier weißwaschen, als ich diese da ändern werde. Aus dem Grunde, so lange es möglich ist, laß uns emportauchen aus diesem Menschendreck, laß uns in um so helleres Licht unsere Geister stellen. Laß uns leben erhaben in königlicher Würde, auf dem Thron der hohen heiligen Wahrheit ruhend. Bereitet ist uns der Weg; dargelegt von vielen, geheim dennoch [S. 746] gehalten, und einzig den glühend Strebenden aufgezeigt. Wenn er, wie man sagt, bekannt ist, dann einer gewissen sogenannten Rosenkreutzerbruderschaft. Deren Ruf und Herrlichkeit, wenn Worte und Werke nicht entsprechen, könnte bei Dir, bei anderen den Anfang nehmen. Auf staunenswert Weise fürwahr gefiel Dein Urteil über die heiligen Dinge, um so mehr, desto [5] näher es den Sterblichen zu Gott herausführt, und, nachdem die schmutzige Häute des Leibes verlassen sind, den Geist zu Höheren antreibt, indem es von unten dränget, oder vielmehr die Liebe Gottes beschwört. Die Alten bereiteten uns einen Weg. Denn sie lehrten glücklich jenes zu verachten, welches nicht zum Menschen gehöret, damit wir um so sorgfältiger jenem zu Glanz verhelfen, was in der Tat ausmacht ein Mensch zu sein. Oft erblickte ich staunend das Licht Epiktets in solcher [10] Finsternis, und pries ich bei mir denjenigen glücklich, welcher jene überdacht hatte, sich selbst glücklicher gemacht hatte; wir gleichermaßen glücklich, wenn wir nacheifern, fürwahr glücklicher, weil wir den ewigen Sohn unseres unaussprechlichen Gott haben, der über dies hinaus seligeres Naschwerk des Geistes darreicht: Gottes Wort selbst bringt das großes Landgut der gewaltigen göttlichen Weisheit. Die Liebe selbst verkündigte die Liebe, erwirkte sie, brachte sie hervor. Fürwahr durch seinen Geist [15] des völlig Glücklichen gab er unseren Geistern zu trinken seine nektarsüße Wonne in einzelnen Augenblicken. Dies ist unsere Philosophie: oder jede andere, die darauf Bezug nimmt. So wird berichtet, daß Marsilio Ficino, nachdem er beinahe aller Wissenschaften Feinheiten erschöpft hatte, einzig bei der Lektüre der Heiligen Schrift seine Ruhe gefunden hat. Wenn wir dennoch darüber hinaus irgend etwas verfolgen, wollen wir Alles tun, um unseres Gottes Ruhm [20] zu verbreiten, die Güte unters Volk zu bringen, die Macht zu preisen. Ach, wieviel dieser Zeit ist übel vertan von vielen in der Literatur glänzenden Männern. Denn so viel an menschlicher Weisheit verliehen ist, so viel ist fortgenommen an göttlicher. Die meisten von uns streben nach Lob aus anderer Gebeugtheit, oder aus den Trümmern eines anderen Namens oder Schelte errichten wir den Unsrigen. Doch, um zu uns zurückzukehren, damit wir nicht ebenso [25] den Eindruck erwecken, allzu betriebsam beim eifrigen Vortragen der Schlechtigkeiten anderer scheinen. Ich möchte, wenn ich es irgend verdiente, Deiner Güter teilhaftig werden. Ob Du dem Vulcanus Opfer darbringst? Ob Du etwas herausgefunden hast beim Entlocken jener Seele des Goldes? Wenn Du ebenso die Art, [es] in seine Principia aufzulösen, in Erfahrung gebracht hast, daß Du sie wenigstens mitteiltest. Ich habe soweit nichts versucht, wie sehr ich auch überzeugt bin, etwas zustande zu bringen, wenn ich mich daran mache. Unterdessen lokke ich Heilmittel von überall her heraus, ja [30] mit dem Aesopischen Hahn wühle ich sogar aus dem Misthaufen Juwelen, und, was sonst geglaubt wurde, daß es durch Feuer nicht hervorgebracht würde, mache ich der dessen Macht gefügig. Alle (man muß es 199

Übersetzung von PERS. 3, 9 durch W. Kißel, in: Persius (1990).

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A. Einleitung

nämlich zugegeben) sind zu gewerbsmäßiger Heilkunst geeignet; und dies aus Notwendigkeit. Es wächst die Familie, und noch nicht kam irgendwoher eine Erbschaft, es drückt der Unterhalt, auch ist etwas für die Schutzmacht zu entrichten. Der hiesigen Ärzte Söhne Schar hat dahingehend zugenommen, daß es beinahe [35] so viele Kranke wie Ärzte gibt. Doch was von allem am meisten schändlich ist: Nach Quacksalberbrauch machen sie aus der Medizin eine Hure: Mist verkaufen sie gegen Gold, mit Worten bezwingen sie die Krankheiten, nicht mit Kräutern. Dann erst wehen die geschwollenen Windbeutel Lügen aus. Kurz: Alles geht so drunter und drüber, so daß ich fürwahr mit dem Dichter ausrufen wollte: [40] Ach der Menschen Bemüh’n, ach viel auf der Welt ist eitel!200 Dies ist dennoch zu ertragen, sofern, wie der Komödiendichter sagt, die unsterbliche Götter wollten, daß wir diese Plackerei ausführen. Es schickt sich, es ruhigen Gemüts zu erdulden, wenn wir es so halten werden, wird die Mühe leichter sein. Es ist zwar, wie er sonst lehrt, Gleichmut der Plackerei bestes Gewürz. Doch diese Lehre war schicklicher aus den Prophezeiungen unseres Heilands [S. 747] zu entnehmen. Zu all dem kommt das allgemeine Unglück hinzu, die Unbill des Krieges, welche bisher so an Gewalt zunahm, daß wir einzig durch die Kunde niedergeschlagen nur zur Aufgabe nicht bereit sein werden. Für glücklich halte ich oft meinerseits die Magdeburger, und mit Mühe halte ich mich zurück, daß ich nicht mit Aeneas bei Vergil ausrufe: [5] O dreifach ihr und vierfach Beglückte, denen vergönnt war, einst vor Trojas ragenden Mauern vor den Augen der Väter zu sterben.201 Wenn ich den Zustand unseres Gemeinwesens betrachte, ahne ich unausweichliche Gefahr: wenn [auch nicht] die Bürger den Krieg im Inneren [führen], wenn er auch nicht mit Waffen entschieden wird, haftet in den Seelen dennoch [10] unheilbare Feindschaft. Wenn ich Gründe nennen werde, wirst Du sie wiedererkennen. Ich höre, daß die Eurigen im nämlichen Kot steckengeblieben sind. Mögen die Götter gute Gesinnung herbeiführen. Doch was geht uns das alles an. Es gibt, außer in der Einbildung, keine Übel. Man muß sich mühen mit jener Tugend der Stoiker, welche sie Unempfindlichkeit nennen, der Geist ist zu sich selbst zurückzurufen. Du machst das alles besser. Mir nur war dies von mir einzutrichtern. Dich vor allem halte ich gerade für einen, der Du viel ergänzen könntest; [15] so wie es, in meinem Vertrauen, gewiß geschehen wird, im nächsten Brief, wenn Du nicht allzusehr durch Geschäfte abgelenkt sein wirst. Lebe wohl, aber dies doch so, daß es mir bald wohl ergeht! Niedergeschrieben zu Straßburg, den 17. September, im Jahre des Heils 1631. Deiner Erhabenheit größter Verehrer Johannes Nicolaus Furichius Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter

Wie das Schreiben Zeugnis vom unsteten und anrüchigen Wanderleben des Morsius ablegt, so erhellt es nicht minder die Entstehungsumstände der Chryseis als die durch den Hamburger angeregte Überbearbeitung der Aurea catena, welche Morsius mit Winken zum Alchemischen mündlich und später schriftlich begleitete. Zugleich geht aus dem Brief hervor, daß Furichius zwar über Morsius der Rosenkreutzerbewegung, vor allem in ihrem theosophischen Impetus, nahestand, ja sich Großes von ihr erhoffte, selbst 200 201

Übersetzung von PERS. 1, 1; nach W. Kißel, in: Persius (1990). VERG. Aen. 1, 94–96; Übersetzung nach J. Götte (1988).

9. Exkurs: Joachim Morsius – ›teuerster Freund‹ und Rosenkreutzer

43

aber nicht in jene Zirkel eingebunden war. Auch läßt sein Konflikt mit der als störrisch empfundenen protestantischen Orthodoxie – welche sich anmaße ›vorzuschreiben, was wir Gott schulden‹ – nicht erkennen, ob er der sich auf Paracelsus berufenden, ›Theophrastica Sancta‹ genannten Gruppe religiöser Sektierer zuzurechnen ist.202 Doch nicht nur mit seinem Gewissen sondern auch mit dem Vorhaben, den Hermetoparacelsimus im ehrwürdigen Hexameter ein Denkmal zu setzten, scheint er – ›Was lege ich mich mit jenen Metrikern an?‹ – in gewissen Straßburger Gelehrtenkreisen auf Ablehnung gestoßen zu sein. Wie aus den diesbezüglichen Bitten um die Mitteilung von Arkanwissen und Winken zur Transmutation hervorgeht, war er jedoch selbst (sofern es sich nicht um affektierte Bescheidenheit handelte) während der Abfassung seiner beiden alchemischen Lehrgedichte nicht mit spagyrischen Experimenten beschäftigt. Seine Labortätigkeit beschränkte sich damals – und bis zu seinem frühen Tode dürfte sich sowohl in Anbetracht der Säumigkeit des Adressaten als auch seiner prekären Finanzlage wenig geändert haben – höchstwahrscheinlich auf die Herstellung iatrochemischer Präparate. Durch deren Verkauf und seine Tätigkeit als Arzt hatte er sich, seine Frau und die Kinder durchzubringen: eine Aufgabe, die in Anbetracht der von Furichius beklagten Mißstände, der widrigen Konkurrenz der Kurpfuscher und der, auch im Programma funebre erwähnten, Überversorgung der Universitätsstadt mit Medizinern sicherlich nicht leicht fiel. Zu diesen Alltagssorgen kamen die steigende innere Unruhe der Stadt und die allgemeine Kriegslage. Hierbei schlägt gerade dem Reformierten die Einnahme des protestantischen Magdeburg, das vergeblich auf die Entsetzung durch Gustav Adolf (1594–1632) gehofft hatte, durch den Feldherrn der Katholischen Liga Tilly (1559–1632) am 20. Mai desselben Jahres auf das Gemüt: Im Zuge von Beschießung, Erstürmung und Plünderung waren schätzungsweise 20.000 Zivilisten, mehr als die Hälfte der Einwohner, umgekommen; die Stadt war dem Erdboden gleichgemacht. Solch traurige Geschehnisse waren vor allem in Flugblattpropaganda der Reformierten barbarisch ausgemalt worden.203 Dies also waren die Entstehungsumstände der Chryseidos libri IIII. Doch selbst des Ruhmes dieser Dichtung konnte Furichius sich nicht lange erfreuen. Als 1633 einmal mehr die Pest in seiner Vaterstadt ausbrach, forderte die Seuche von der besonders gefährdeten Ärzteschaft einen hohen Zoll. Furichius infizierte sich und starb am Abend des 14. Oktober 1633 in seiner Wohnung in der Münstergasse. Das Leichenbegängnis fand 17. Oktober statt. Das zu diesem Anlaß gehaltene Programma funebre des nunmaligen Akademierektors und konservativen – mit keiner Silbe erwähnt er des 202 203

Vgl. hierzu C. Gilly (1994b). Eine Übersicht gibt M. Puhle (1998), S. 236–265; auch sei auf die anderen Beiträge des Bandes verwiesen.

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A. Einleitung

Toten hermetoalchemische Neigungen – Theologen Johann Schmidt (1594–1658) ist im Druck überliefert:204 DER REKTOR DER STRASSBURGER AKADEMIE

JOHANN SCHMIDT205 DOKTOR DER HOCHHEILIGEN THEOLOGIE, ÖFFENTLICHER PROFESSOR UND DES CONVENTVS ECCLESIASTICUS VORSITZENDER, Entbietet den Mitgliedern der Akademie seinen erbietigsten Gruß. Wir schienen bisher mit dem Überfluß an Ärzten unsere Not zu haben, ob des Ausbleibens der Kranken. Es schienen manche Ärzte Armut zu leiden, da es wenige waren, die Beistand verlangten oder erwünschten. Nun ist es soweit gekommen, daß, indem die Seuche einer gewissen todbringenden Krankheit unsere Bürgerschaft entvölkert, wir beinahe mit dem Mangel an Ärzten unsere Not haben. Denn aus jener Gemeinschaft sind nicht der eine oder der andere, sondern innerhalb weniger Monate mehrere dem Schicksal erlegen. Nachdem gleichsam das Haupt und erste Wurzel, ihr Vorstand, Herr RIXINGER206 treuen Andenkens, abgetrennt war, drang das gegenwärtige Übel auch in die restliche Körperschaft ein. Es verschlang den Herrn Doktor STEINIGER, wenig später löste es den äußerst berühmten Arzt und Mathematiker Herrn Doktor HABRECHT aus dem Gefüge der Körperschaft. Nun drang es mit schleichendem Gift ebenso zum äußerst bewanderten und äußerst berühmten Herrn Doktor JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS, Doktor der Philosophie und der Medizin wie auch Praktischer Arzt in dieser Stadt nicht ohne Erfolg, der, als er zum Verlassen dieses Lebens gerufen wurde, am 14. Oktober zwischen der 4. und 5. Abendstunde, jene Anrede207 des Dichters ebenso auf sich bezog: Zurückzulassen ist die Erde, das Haus, das gütige Weib. Und von jenen, die Du pflegst, Bäumen, Wird Dir, außer den verhaßten Zypressen,208 Kein einziger, als dem kurzlebigen Herren, folgen. [HOR. carm. 2, 14, 21–24] Zwar kamen ihm Heilmittel im Überfluß zu, aber diesen gab die Gewalt des Schmerzes nicht nach, und sie widerstand, und, nachdem sie sich der Quelle des Lebens bemächtigt hatte, raffte sie den Mann, der mitten in der Blüte seiner Jahre stand (er hatte nämlich eben erst das dreißigste Jahr vollendet), hinweg. Damit ich sein ganzes Leben in Kürze, wie es sich für eine Rede gehört, auf diese Weise zusammenfasse: In Straßburg wurde jener geboren, von französischen Eltern, JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS, ehemals Bürger und Schreibzeugmacher,209 und die Mutter ELISABETH HUASCHIN; und daher sog er die französische Sprache als seine Muttersprache mit der Milch in sich auf, unsere deutsche lernte er vollkommen in den Straßen, auf dem Markt und in der Schule. Denn von unserem GYMNASIUM in jeder Hinsicht war er Zögling, an den Tag legte er ungewöhnliche Zeichen einer herausragenden Begabung. Hinzu kam der Fleiß, weshalb er bei der Klassenversetzung oft die Schar anführte, niemals zuletzt kam. Als er daher zu öffentlichen Vorlesungen zugelassen worden war, widmete er sich ihnen mit Klugheit und Leidenschaft, und aus jenen Beschäftigungen erwuchs ihm dreifach der Lorbeer, zuerst 204 205

206 207 208 209

Der lateinische Text im 3. Anhang. Bedeutender evangelischer Theologe (1594–1658); als Rektor maßgeblich für die Hinwendung der Straßburger Hochschule zum orthodoxen Luthertum verantwortlich; W. Kühlmann u. W. Schäfer (1983), S. 130–160; ein umfangreiches Schriftenverzeichnis bietet Zedler 35 (1743), Sp. 378–381. Welchem Furichius ein Epigramm widmete, siehe oben. Griechisch. Für den Scheiterhaufen. Zur Berufsbezeichnung des Vaters ›atramentariorum opifex‹ vgl. W. Kühlmann (1984), S. 111; sowie Forcellini 1 (1860), S. 458.

8. Furichius: Arzt und Dichter in Straßburg

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der Philosophische, dann der zweite zusammen mit der Dichtkunst, nicht ohne das größte Lob. An Milch nämlich und Honig war er überreich, wie jener sagt. Ihm wurde das Wesen der Wortgewandtheit im Überfluß zuteil, welchem er den Eifer und die arbeitsame Anstrengung hinzufügte, Diese zwei nämlich * so machen sie auch den Dichter aus; aus dem Grunde Horaz:210 Ob durch Naturtalent eine Dichtung Beifall erring oder durch Kunstverstand, Hat man gefragt. Ich kann nicht erkennen, was ein Bemühen ohne fündige Ader Oder was eine unausgebildete Begabung nützt; so fordert das eine die Hilfe Des anderen und verschwört sich mit ihm in Freundschaft.211 Obgleich er aber in dieser Studiengattung, als der Muße Ergötzlichkeit, vortrefflich war, wollte er dennoch weder an jenem einen gemessen werden, noch darin Bug und Heck der Studien verankern; sondern fürder richtete er den Sinn auf das äußerst nützliche Studium der Medizin, auf welche er nicht nur hier, sondern auch in Genf und Padua fürtrefflich seinen Fleiß verwandte. Von der Reise zurückgekehrt, wurde er an dieser seiner heimischen Akademie mit der Doktorenwürde ausgezeichnet, im Jahre 1628, im Monat Juni. Welchem er die Würde des Ehestandes hinzugesellte, welchen er einging im nämlichen Jahre mit der äußerst Sittsamen Jungfer MARIA BARBETIN, des vortrefflichen Herrn JOSIAS BARBETTES, Goldschmiedes, Tochter. Aus welchem Ehebund er fünf Kinder empfing, Zwillingsknaben, die bisher überlebten, drei Töchter, von welchen eine noch am Leben ist. Dies ist des recht kurzen Lebens des Furichius kurzer Abriß. Der Gemeinschaft unserer Studenten schulden wir die letzte Ehre, wir schulden das Leichenbegräbnis all jenen, die einmal Mitglieder unserer Akademie gewesen sind. Vor allem jedoch, was wir bereits häufiger in eben diesen Wochen anmahnten, gehört es sich aus dieser Verdichtung der Todesfälle, welche wir täglich vor Augen haben, für alle Stände Ansporn, das Leben zu bessern, zu schöpfen. Es verdienten Sünden das Schwert, durch das soviel tausende bereits zugrunde gingen, sie verdienten den Hunger, der, wie er viele andernorts nach langer Marter verzehrte, so auch bereits an unsere Tore pocht. Sie verdienten eben diese Geißel der Pest, vor welcher wir verdientermaßen schaudernd zurückschrecken, da wir mitanschauen, wie Greise, Jünglinge, Gelehrte, Ungelehrte, Gemeine, Adlige, in großer Zahl daselbst vernichtet werden. Die Sünden in aufrichtigen Tränen der Reue zu beklagen, auf daß sie durch die Göttliche Gnade getilgt werden, damit nicht, wenn wir säumig sind und träge bei der Umkehr, aller Sicherheit Verkehrung nachfolgt. Ich füge an, welche ich lange im Blick habe, die Worte des Ambrosius aus der 85. Predigt, Band 3, Seite 311, am Ende: »Einer Stadt wird nur aufgrund der Sünden der Bürger der Untergang auferlegt, laß’ daher ab zu sündigen, und die Stadt wird nicht untergehen.«212 Laßt uns hinzufügen glühende Gebete, welche die Macht haben zu binden den Unbezwingbaren und zu bezwingen den Allmächtigen. Möge unter uns zahlreich jenes allerdemütigste [Lied] vernommen werden: Laß ab, Herr, von Deinem furchtbaren Zorn Und halte ein mit der blutigen Geißel und eile nicht, Mit gerechtem Richterstab zu strafen unseren Frevel. Wenn gerechte Strafen empfangen unsere Übeltaten, Wer kann aushalten die schrecklichen Schläge, Da er doch nicht ertrüge Die mit solcher Gewalt strafende Zuchtrute. Laß doch ab von unserer Schuld,

210

211

212

An der mit Asterisk markierten Stelle weist das ›Programma‹ einen etwa fünf Silben langen Riß auf. Nach HOR. ars 408–411. Die Übersetzung folgt derjenigen E. Schäfers in Horatius (2008). In einer anderen zeitgenössischen Ausgabe die 85. Predigt ›De Barbaris non timendis‹; vgl. Ambrosius, S. 900–902.

46

A. Einleitung

Dich erbarmend und gnädig Recht Vereinigend mit gleicher Güte. Du dem es eigen ist, die böse Welt zu schonen.213 Es wird denn der Leichnam des verstorbenen Herrn Doktors heute die 9. Stunde des Vormittags aus dem Hause getragen, welches er zu Lebzeiten bewohnte, in der Gasse, welche nach dem höchsten Gotteshaus benannt ist (in der Münstergassen), gelegen, Gegenwärtig den Gegenwärtigen, den 17. Oktober des Jahres 1633. ZU STRASSBURG führte es aus Wilhelm Christian Glaser, Drucker der Akademie.

In der jüngeren Forschung fand Furichius kaum Nachhall. Bevor Wilhelm Kühlmann ihn in den 1980er Jahren gleichsam wiederentdeckte, wurde er – wie es scheint – nur kurz in der Jubiläumsschrift des protestantischen Straßburger Gymnasiums von 1888 gewürdigt. Ansonsten finden sich in den großen wie kleineren Sammelwerken nur verstreute Notizen.214 So verzeichnet auch Karl Christoph Schmieders Geschichte der Alchemie von 1832 ihn nur am Rande des Eintrags zu Michael Maier mit teils falschen Angaben: »Johann Nikolaus Furich schrieb: De Lapide philosophico, seu Chryseidos Lib. IV. Ohne Druckort, 1622, 8. Eine zweite Ausgabe: Argentorati, 1631, 4.«215

10. Die Chryseis: Struktur Die Chryseis besteht unerachtet der Gliederung der Bücher grundsätzlich aus zwei Darstellungskomplexen: einem kosmologisch-alchemischen Lehrgedicht, welches das erste Buch darstellt, und einem, die anderen drei Bücher umfassenden, episch-narrativen Teil, dessen spärliche Handlung den Rahmen zweier Visionen und der jene erklärende Protagonistenrede bietet. Der narrative Teil integriert in sich weitere Passagen alchemischer Kommentare des in den Visionen allegorisch geoffenbarten Großen Werkes, welche wiederum für sich über ein Geflecht mannigfacher Bildbezüge, Rückgriffe und Praeparationes mit dem übrigen Werk dicht verwoben sind. In der folgenden Strukturanalyse wird daher, soweit sie geeignet erscheint, die von Furichius durch Absätze und Paratexte, vor allem die vier Argumenta und die Glossen, vorgenommene Einteilung mit entsprechenden, hier kursivgestellten, Bezeichnungen übernommen. Da aber gerade ab dem dritten Buch ein- und derselbe Gegenstand mehrfach mit unterschiedlichen Allegorien über längere Abschnitte gedeutet wird, werden jene 213

214 215

Ursprünglich die ›Ode Sapphica irae divinae deprecatrix‹ des Matthias Bergius (1536– 1592), abgedruckt in G. Scipione (1613), letztes Blatt. Sie wurde später berühmt in der Vertonung durch Heinrich Schütz, SWV 337; vgl. H. Schütz (1963), S. 93–114; und Hinweise S. 115–117; ebenso Zedler 3 (1733), Sp. 1271. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 119, Anm. 49. K. Ch. Schmieder (1932), S. 354 – in der Neuauflage des ›Killy Literaturlexikon‹ findet sich nun ein Artikel; vgl. Reiser (2009b).

10. Die Chryseis: Struktur

47

Passagen unter Nennung der vorherrschenden Bildbereiche zusammengefaßt. Auch wird, sofern ein Passus eindeutig Adaption einer Quelle ist – sprich: Versbearbeitung der Scholien des Tractatus aureus oder besagter Hymne Ronsards – dies in eckigen Klammern angegeben: S. A1v S.

A2r–A3v

S. 1–13

S. 1 – 2, 1

S. 2, 2 – 3, 6

S. 3, 7 – 4, 1 S. 4, 2 – 5, 29 S. 4, 22 – 5, 14 S. 5, 15 – 29 S. 5, 30 – 7, 4

S. 7, 5 – 20 S. 7, 21 – 10

S. 8, 11–9, 14

Epigramm: Ad Lectorem de Aufidio. Praefatio, Widmungsbrief an Joachim Morsius. Liber I: Alchemo-Kosmologisches Lehrgedicht, darin der Ich-Erzähler in der Rolle des Lehrers die direkt angesprochenen Leser unterweist; von den Gestirnen stufenweise und unter zunehmender Verdeutlichung der spagyrischen Bedeutung des Beschriebenen ins Erdinnere hinabsteigend. Exordium: Anrufung Apolls, als Musenführer und Metallgottheit, Erklärung des dichterischen Ansinnens: Anleitung zur Wiedererlangung der verlorenen Kunst Chymia, welche den Einblick in die Geheimnisse der Großen Mutter Cybele gewährt. Die Gestirne und ihr Lauf: Historischer Abriß der Astronomie und deren Pervertierung zur Sterndeuterei als Parabel vom dreifach unternommenen Himmelsturm einer ambitiosa cohors: Giganten des Mythos, griechische und arabische Weise; abschließende Verdammung der Astrologie als vana superstitio. Meteora und Erdoberfläche: Pflanzen, Anatomie des Menschen, Entstehung und Wachstum; unter beständiger Vergleichung von Makround Mikrokosmos, etwa des Blutkreislaufes mit dem Okeanos. Erdinneres: Nachdem die rastlose ambitiosa cohors die Meere durchschifft hat, dringt sie ins Reich der Cybele ein, findet dort die sieben Metalle und den alchemischen Schwefel. Allegorie des Strebens aller Metalle zur Vollkommenheit des Goldes. [= Adaption von Ronsards Hymne d’Or] Die alchemische Gewinnung des Samens des Goldes als Entsprechung dieses Strebens bei den Sterblichen. Mehrmalige Ermahnung zur Frömmigkeit, ohne die das Werk nicht gelingt: die nova gens gottesfürchtiger Weiser in Antithese zu atheistischen Frevlern; illustriert mit abschreckenden Bildern des Scheiterns im Mythos, wie Palinurus und Prometheus am Kaukasus. Darlegung der Mixtionis doctrina: Die nova gens erforschte Verhältnis und Gesetz der vier Elemente und der Principia, indem sie ›das Gewebe der Natur aufwirkte‹. Excusatio Chymicorum de nominum diversitate: Entschuldigung der Decknamen, technischen Termini wie auch der geometrischen Symbole. Versifizierte Ekphrasis und Deutung geometrischer Symbole [dem Tractatus aureus entnommen], unter Verwendung der Bildlichkeit des alchemischen Ackerbaus: Kreis im Kreis, Dreieck, Viereck, die jene drei vereinende Figur als Sinnbild des ganzen Opus.

48

A. Einleitung

S. 9, 15 – 23

Mercurius als das alchemische Wasser, welches sich aus drei (Principia) und vier Teilen (Elementa) zusammensetzt; Bilder von Nymphen und Naß. S. 9, 24 – 10, 13 Septenarii numeri laus: Lob der Siebenzahl anhand von Beispielen ihres Vorkommens in Kosmologie und Medizin. S. 10, 14 – 28 Erklärung der Analogie zwischen Alchemie und Ackerbau; mit mythoalchemischem Ornat, wie dem Goldenem Vlies und dem Hesperidenbaum. S. 10, 29 – 11, 16 All dies bezeichnet Mercurius und das Opus; weitere Bilder: Phoenix, Sol und Luna. S. 11, 17 – 12, 3 Ankündigung des Autors, all dies dem Leser vor Augen zu führen; Vergleich des Wachstums der Metalle mit demjenigen der Korallen. S. 12, 4 – 22 Synkretismus mehrerer Naturphilosopheme: Radius Mundi, Calor, Amor, Venus, Anima Mundi, welche allesamt den Mercurius bedeuten. S. 12, 23 – 13, 2 Dessen weitere Beschreibung; Verwerfen vulgärer Vorstellungen; weitere Decknamen, wie Kreide und Drachblut. S. 13, 3 – 16 Schau in das Innere der Erde: dramatische Schilderung des Waltens des Weltgeistes bei der Erzeugung der Metalle; Vergleich seiner Gewalt mit dem Scheitern auf See. S. 13, 17 – 19 Abschließende Ermahnung der Leser, das Wachsen und Werden der alchemischen Pflanze zu studieren. S. 13–56

Libri II–IV Episch-narrativer Teil: Der Ich-Erzähler, Chrysanthus, berichtet von seinen vergangenen Erlebnissen in der Lybischen Wüste, wodurch der Rahmen für seine Visionen und deren Deutungen (alchemische Kommentarreihe) durch den Greis, als Einführung in die Mysterien der Chryseis, vorgegeben wird.

S. 13–24

Liber II: Vision des Raben, Begegnung mit dem Greis, Gespräch bis Sonnenuntergang.

S. 14, 0 – 5

Bericht des Ich-Erzählers, wie er einst in der Lybischen Wüste an den Berg gelangte, auf dessen Spitze ein sprechender Rabe saß (Phasma). S. 14, 6 – 16, 6 Rede des Vogels: S. 14, 6 – 14 über sich selbst: Dreifarbig versinnbildlicht er das Opus, welches Mercurius als alchemisches Wasser hervorbringt. S. 14, 15 – 16, 6 Anleitung, den Drachen, welcher die Schätze auf der Spitze des Berges bewacht, mit bereiteten Giften (Menstrua) zu quälen und dann in Heilschlaf zu versetzen, um Zugang zu erlangen. [= Versbearbeitung einer Scholie des Tractatus aureus] S. 16, 7 – 19 Farb- und klangliche Metamorphose des Raben, Auftritt des Senex. S. 16, 20 – 17, 10 Begrüßung und Vorstellungsrede des Greises: sein heiligenmäßiger Wandel, und wie er von Gott geleitet an jenen Berg in der Wüste kam. S. 17, 11 – 28 Beginn der Einführung in die Mysterien: Ermahnung zur Frömmigkeit, erneut Bilder der Navigation (Gott als Leitstern) für den Alchemiker, welcher sonst scheitert; Welterkenntnis als Gotteserkenntnis. S. 17, 29 – 18, 28 Geheimwissen einst in Hieroglyphen und Mythen (miris figuris, locutio aenigmatica) verborgen, die sich nur durch Göttliche Gnade er-

10. Die Chryseis: Struktur

49

schließen, Verdammung der Hoffart, Ermahnung zur Verschwiegenheit; Lektüre der Autoren. S. 18, 29 – 19, 23 Expositio phasmatis: fabula de Chryseide – der alchemisierte Chryseis-Proserpina-Mythos: Die geraubte Tochter der Ceres kehrt alljährlich auf den Berg zurück, wo ihre Burg stand. Als Vegetations-Metallgöttin unterweist sie dann die Ackerbauern-Alchemiker. Für die Zwischenzeit hinterließ sie ihre Geheimnisse im nahen Heiligtum. S. 19, 24 – 20, 7 Schilderung der Chryseis und ihrer Dienerinnen bei der Erzeugung des Chrysolith (lapis Philosophorum) im Erdinnern, und dessen Macht. S. 20, 8 – 26 Erklärung des Raben und dessen Verwandlungen. S. 20, 27 – 21, 2 Erklärung des Drachens und dessen Betäubung. S. 21, 3 – 17 Raritas virorum chemicorum: Erneute Ermahnung mit Bildern des Scheiterns auf See, Ankündigung der unermeßlichen Mühen, Warnung vor der obscuritas authorum; Medea-Vergleich. S. 21, 18 – 22, 9 Gefordert ist das geistige Durchdringen (naturae contemplatio) der Welt, der Principia, der Weltseele Ursprung und Wirken. S. 22, 10 – 24, 25 Davon die nähere Aus- wie synkretistische Zusammenführung mit Hermetischem: Mercurius als Weltseele, als Cupido, etc. S. 22, 10 – 23, 4 Platonische Lehre der Weltseele und der Ideen, Mixtio der vier Qualitäten, Veneris nodus, etc. S. 23, 5 – 12 Diesbezügliche Lehren des Paracelsus. S. 23, 13–31 Weitere Analogien aus alchemischen Prozessen; Sal, Oleum, Sulphur. S. 24, 1–25 Weitere mythische Allegorien; sowie Orphik und Kabbala. S. 24, 26 – 30 Abruptio der Ausführungen, da die Sonne sich neigt; Verabredung der beiden auf den nächsten Morgen. S. 25–37

S. 26, 1 – 22 S. 26, 23 – 29, 1

Liber III: Traumvision von der Ermordung des Phoebus im Bade durch Saturnus und der Wiederbelebung; Deutung(en) derselben am nächsten Morgen durch den Greis. Unruhiger Schlaf und Traumgesichter des Chrysanthus. Bei Morgengrauen sucht er den Greis auf, welchen er beim Gebet antrifft; Bitte, den Traum erzählen zu dürfen. Somnium authoris: [= Adaption einer Scholie des Tractatus aureus] S. 26, 23 – 27, 12 Erste Götterversammlung: Venus stellt sich als Metallgottheit und Gebärerin des Lapis vor. S. 27, 13 – 19 Phoebus stellt sich als Bruder vor und klagt über die Nachstellungen des Saturnus. S. 27, 20 – 24 Phoebus verliert im Bad das Bewußtsein und erstarrt. S. 27, 24 – 28, 16 Zweite Götterversammlung: Hermes bittet Saturnus um Rat, dieser stellt sich vor und bekennt seine Tat, welche jedoch zum Wohle aller geschah. S. 28, 17 – 30 Iupiter, Diana, Venus und Mars beleben Phoebus mit ihren Balsamen wieder, voll Dank verleiht er den Geschwistern seinen Glanz. S. 28, 31 – 29, 1 Dieweil erwacht Chrysanthus, hält das Geschaute jedoch für bedeutungslos.

50

A. Einleitung

S. 29, 2 – 20

Der Greis preist Chrysanthus ob des Geschauten, das er als von der Chryseis gesandt erkennt, glücklich und beginnt dessen mytho-alchemische Kommentierung. S. 29, 21 – 33 Erneute Mahnung, die alchemischen Schriften nicht simplice sensu aufzufassen; Notwendigkeit der Menstrua, um den Samen des Goldes aus dem Golde zu gewinnen. S. 30, 1 – 16 Ablehnung anderer Ursprünge und mythoalchemische Ausführungen. S. 30, 17 – 31, 29 Auri encomia – Lob des alchemischen Goldes: Mit Bildern des Grün-Vegetativen und unter Bezug auf die CalorDiskussion der zeitgenössischen Medizin erhobene Forderung, der Chrysolith solle frisch sein; Vergleich mit dem, leider verlorenen, Goldenen Zeitalter. S. 31, 30 – 32, 13 Satyrica elusione in secus sentientes: Verspottung der Wahnsinnigen (Nieswurz-Topik), welche den Samen des Chrysolith nicht im Golde suchen; Schmähung als gottlose Schöpfungszerstörer. S. 32, 14 – 25 De sulfuribus Solis et Lunae – Unterscheidung der Schwefel von Sol und Luna. S. 32, 26 – 33, 5 Ignis modus – Ausführungen zum alchemischen Feuer. S. 33, 6 – 25 Fortführung der Ackerbaubilder des Vortages; die Erde, in welche der Same gesetzt wird, dessen Entwicklung zum Keimling. S. 33, 26 – 34, 1 Beschreibung des Mercurius in der Sublimatio und Circulatio. S. 34, 2 – 35, 19 Weiteres zur Extractio des Mercurius: Vergleiche mit Geflügelten und großer Hitze in Mythos und Naturgeschichte; Adler und Sonne. S. 35, 20 – 36, 15 Nochmalige Beschreibung des Principium des Steins anhand des Proserpina-Mythos wie auch der Orphik; unter Einbeziehung des alchemischen Raben. S. 36, 16 – 37, 1 Weitere Beschreibung: Ouroboros, Pelikan und Auster. S. 37, 2 – 15 Zusammenfassung des Gesagten, um an der Transmutation Zweifelnde zu widerlegen. S. 38–56

Liber IV: Weitere Erklärungen in Form immer neuer Allegorien. Dankrede des Ich-Erzählers. Der Greis bricht seine Ausführungen ab, da zuvor ein Schwur zu leisten ist.

S. 39, 1 – 7 Invocatio Numinis divini. S. 39, 8 – 15 Rekurs auf die Worte des Raben. S. 39, 16 – 40, 15 Zu den Menstrua: S. 39, 16 – 40, 15 qualitates: Vergleich mit goldführenden Flüssen aus Geographie und Mythos; die Säuren der Quacksalber werden verworfen. S. 40, 16 – 33 vis et origo: Nur den Eingeweihten der Göttin sind die wahren Quellen der benötigten tinctura auri pura bekannt. S. 41, 1 – 17 Ikonographie des alchemischen Königs als Entsprechung des derart geläuterten Phoebus, sowie dessen Wirkung. S. 41, 18 – 42, 14 Meditation über diesen Mercurius Philosophorum als Sal und als Aqua; Vergleiche mit Unterweltsflüssen, dem Ei des Basilisken, dem Menstruationsblut. S. 42, 14 – 43, 22 Meditation über die Fermenta und deren, auch farbliche, Wirkung; Bilder der Gärung und des Tagesanbruchs; unter Einbeziehung des Mythos.

11. Die Chryseis im Vergleich mit der Chrysopoeia des Augurelli

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S. 43, 23 – 46, 2 die besagten Bilder weiterspinnende Phantasmagorie über die Conjunctio der beiden Principia in den Zirkulationsgefäßen. S. 46, 3 – 23 Einzig die wahre Kunst kennt zwei Lapides; Bilder von Sol und Luna, des Weinbaus im Mythos. S. 46, 24 – 48, 2 Phantasmagorie über deren gegenseitige Abhängigkeit; Bilder der alchemischen Hochzeit; Luna dabei dem Grünem Löwen verglichen, welchen die Unkundigen im Weingeist suchen; Anspielungen auf den Bacchusmythos. S, 48, 3 – 8 Mit dem Salamandervergleich leitet der Greis über zur: S. 48, 9 – 49, 2 Parabel von Phoebus und der Schlange Cerastes, als Erklärung der Badeszene. [= Adaption einer Scholie des Tractatus aureus] S. 49, 3 – 24 Meditation über die vielen Erscheinungsformen des Hermaphroditischen Steines. S. 49, 25 – 50, 7 Wachholderbeerallegorie. [= Adaption einer Scholie des Tractatus aureus] S. 50, 8 – 52, 23 Meditation über die Zeitdauer und Reihenfolge von Opus und Augmentatio; unter erneutem Bezug auf die Siebenzahl. S. 52, 24 – 53, 18 Der Greis erkennt Chrysanthus als zum Chryseis-Priester bestimmt; Verdammung jeglicher Dämonenbeschwörung. S. 53, 19 – 54, 6 Einschaltung des Ich-Erzählers, fällt auf die Knie, gelobt Treue und ewigen Dank. S. 54, 7 – 56, 7 Abschließende Worte des Greises: Lobpreis des Chrysolith und weitere Ausführungen. Diese bricht er jedoch aus Furcht (Abruptio) ab, Geheimnisse zu verraten, da Chrysanthus erst im nahen Tempel den Eid der Chryseis zu schwören habe.

11. Die Chryseis im Vergleich mit der Chrysopoeia des Augurelli Die Chryseis entstand – im Unausgesprochenen überdeutlich – »im ästhetischen Wettbewerb mit Giovanni Aurelio Augurelli«.216 Dessen drei Bücher der Chrysopoeia stellen das bis heute bekannteste alchemische Lehrgedicht in lateinischer Sprache dar. Augurelli wurde 1456 in Rimini geboren, er studierte seit 1473 in Rom sowie in Florenz, wo er Marsilio Ficino zum Freund gewann, wie auch Angelo Poliziano (1454–1494). Ab 1475 nahm sich seiner ebenso der venetische Gesandte und Rhetor Bernardo Bembo (1433–1519) an, welcher ihm riet, sich durch die Zueignung lateinischer Elegien und Petrarkistischer Liebeslyrik im Volgare Mediceischer Protektion versichern. Nachdem Bembo ein Jahr später die Arnostadt verlassen hatte, begab Augurelli sich nach Padua und studierte dort bis 1485 die Rechte. Mit Hingabe widmete er sich, beständig an der eigenen Latinität feilend, der antiken Literatur, wie er auch in den wichtigen Humanistenzirkeln verkehrte. 1485 schließlich ging er als Sekretär seines Freundes Nicolò Franco (1425–1499), der dorthin als Päpstlicher Nuntius entsandt 216

W. Kühlmann (2002b), S. 167.

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wurde, nach Treviso. War bereits 1491 eine erste Sammlung ausgewählter Gedichte in Verona erschienen, arbeitete er nun mit anderen an einer CatullAusgabe. Nachdem Franco 1499 verstorben war, ging Augurelli 1500 als Kanzler nach Feltre. Damals beteiligte er sich auch an der Volgare-Diskussion. 1503 kehrte er als Lehrer für klassische Sprachen nach Treviso zurück. 1505 publizierte er schließlich eine zweite Gedichtsammlung bei Aldus, in welcher sich bereits ein kurzes alchemisches Gedicht mit dem Titel Vellus aureum findet.217 1509 zwang ihn der Krieg der Liga von Cambrai, sich vorübergehend nach Venedig zurückzuziehen, wo er Dichtungen Bembos revidierte und sein eigenes alchemisches Lehrgedicht, die Chrysopoeiae libri III, zum Abschluß brachte. Diese, erst Julius II. (1443–1513, ab 1503 Pontifex), dann Leo X. (1475–1521, ab 1513 Patriarch des Abendlandes) zugeeignet, erschienen 1515 in Venedig – zusammen mit der christlich-spirituellen Dichtung Geronticon liber primus.218 Augurelli erhielt dafür übrigens vom Heiligen Vater nicht – wie es altkluge Antiquare zum besten geben – eine ebenso schöne wie leere Börse, da er sich diese ja selbst füllen könne, sondern eine Bestallung als Kanoniker in Treviso.219 Dort ist er zudem 1518 als Bibliothekar verzeichnet. 1524 ereilte ihn über einem gelehrten Disput in einer Buchhandlung der Gelehrtentod.220 Mit der Abfassung der Chrysopoeia begann Augurelli bereits um 1500, in jenem intellektuellen Umfeld, in welchem sich fast jeder Gelehrte, wie schon sein Jugendfreund Ficino, in irgendeiner Form mit Alchemie und Hermetismus auseinandersetzte; sei es, daß er praktisch iatrochemisch oder spagyrisch experimentierte, sich kosmologischen Spekulationen hingab, oder sei es, daß er gegen das Vorgenannte polemisierte.221 Augurelli betonte zu recht der erste zu sein, welcher im klassischen Hexameter und unter Herbeizitierung der Muse des Mantuaners die Kunst behandelte. Unberührt vom vernichtenden Urteil Julius Scaligers in dessen Poetik222 war die Rezeption der Chrysopoeia gewaltig: Augurellis Lehrgedicht brachte es 217 218 219 220

221 222

Nochmals abgedruckt und besprochen in F. Secret (1976a). Zur Werkgeschichte im nächsten Absatz. Vgl. Z. v. Martels (1993), S. 124; ders. (1994), S. 979. Vgl. die immer noch führende Monographie G. Pavanello (1905), S. 1–40; sowie den Artikel R. Weiss (1962) neben J. Telle (1980a); zu Augurelli im Kontext der italienischen Lehrdichtung G. Roellenbleck (1975), S. 123–125. Vgl. G. Pavanello (1905), S. 60–64; Z. v. Martels (1993), S. 122. Vgl. »Augurelli multa vidimus, Lyrica, Sermones, Chrysopoeiam, Iambica. Sanè prae se fert egregiam animi aequabilitatem. parum potest, parum praestat, parum conatur. In Lyricis vix ferendus. […] Elaborantior ipsius Chrysopoeia. caeterùm vix adeò spirat: ita languida omnia, ac penè emortua. trepidationis potius quàm limae agnoscas vestigia.« (Scaliger Poetices, S. 303) – hierzu auch I. Reineke (1988), S. 535–537; der bisher zugänglichste Abdruck der ›Chrysopoeia‹ in TC 3 (1659), S. 197–244, dort sind jedoch die Verse nicht gezählt. Dieser Arbeit liegt daher das, mir freundlicherweise zur Verfügung gestellte, Typoskript der Neuedition von Zweder von Martels zugrunde, welche auf der Ausgabe Venedig 1515 basiert.

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allein im 16. Jahrhundert auf fünf weitere Auflagen, bis ins 19. Jahrhundert folgten 21 Editionen. Schon um 1560 erschienen zwei französische Übersetzungen,223 1614 mit dem Chrysopoeiae compendium paraphrasticum in Frankfurt am Main eine Prosazusammenfassung. Zu den ersten Lesern der Chrysopoeia zählten auch Agrippa von Nettesheim (1486–1535) und dessen Sohn Johannes (1525 – nach 1560).224 Der Vater verwandte das Lehrgedicht als Quelle seiner Alchemistenschelte des 90. Kapitels von De incertitudine et vanitate scientiarum (gedruckt ab 1530), der Sohn verfaßte in den 1560er Jahren in Nachahmung Augurellis, mit Anleihen bei Vergil und Ovid, ein Pius IV. (1499–1565, ab Pontifex) gewidmetes eigenes Lehrgedicht unter dem Titel Vellus Aureum, welches allerdings nur als Originalmanuskript mit Scholien von eigener Hand im Vatikan überliefert ist.225 Als anderer Aemulator ist der Florentiner Dichter Antonio Allegretti (um 1512-nach 1572) zu nennen, ein Freund Benvenuto Cellinis (1500–1571) und Benedetto Varchis (1503–1565). Allegretti arbeitete von der Mitte der 1550er Jahre bis an sein Lebensende fortwährend am Manuskript seiner Cosimo I. de’ Medici (1519–1574) gewidmeten vier Bücher, gut 1500 Verse, De la Transmutatione de metalli. Sie sind zum Großteil eine in der Tradition Petracas stehende ›versione in volgare‹ der Chrysopoeia, wobei der Autor jedoch auch eigene umfassende Kenntnisse der hermetischen Tradition und des spagyrischen Schrifttums – vor allem zur spirituellen Alchemie – einfließen läßt.226 Aus dem Jahre 1716 schließlich ist eine Valentin Weigel zugeschriebene Verteutschung überliefert.227 Diese Rezeptionsgeschichte ist nun um Furichius zu erweitern; jedoch nicht als schlichter Nachahmer, sondern als von Augurellis Werk zu eigenem Schaffen inspirierter Nachfolger in der Gattung der alchemischen lateinischen Lehrdichtung, als deren einzige bekannte Autoren beide, nach dem Stand der Dinge, gelten können.228 Vor einer Gegenüberstellung zunächst der Aufbau der Chrysopoeia – wobei man Yasmin Haskells Stoßseufzer »the poem as a whole cannot be said to evince a clear logical structure«229 in gewisser Weise beipflichten muß: Das 1. Buch behandelt die Existenz des Steines und die Wahrheit der Kunst. Daß die Transmuta223 224

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Vgl. auch F. Secret (1976b). Unsinnig die Zuordnung der ›Chrysopoeia‹ als Handbuch für praktizierende Alchemiker, wie der sonst gute Th. Haye (1997), S. 373 sie vertritt. Vgl. zur Rezeptionsgeschichte Z. v. Martels (2000), S. 181–194; zum französischen Sprachraum D. Kahn (2007), S. 77 f. u. 87–89. Eine moderne Edition nach dem Autograph der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze liegt vor als A. Allegretti (1981). Zu Biographie und Werkkontext vgl. die Einleitung des Herausgebers M. Gabriele (1981). Dort wird zudem exemplarisch der lateinische Text Augurellis der italienischen Bearbeitung gegenübergestellt. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 122. Ein erster Vergleich in W. Kühlmann (1984), S. 122–124. Y. Haskell (1997), S. 584.

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tion möglich ist, läßt sich durch ›ratio‹ und ›experientia‹ erkennen, auch wird die profane Goldgier der Sterblichen verworfen.230 Im 2. Buch verteidigt der Trevisaner die Ars gegen ihre Verächter und weist hochallegorisch den Weg zu einem die Transmutation ermöglichendem Pulver. Dieses wird nach beschwerlichem Aufstieg in einer auf einem Berge gelegenen Nymphengrotte gefunden. Das 3. und abschließende Buch behandelt die Gerätschaften und Prozesse, erhebt das Schweigegebot und verheißt gewaltige Reichtümer, wie auch die lange gesuchte Panazee.231 Die Unterschiede der beiden Lehrepen beginnen im Formalen: Umfaßt die Chrysopoeia drei Bücher von jeweils sechs- bis siebenhundert Versen, hat die Chryseis dagegen vier mit insgesamt 1600 Hexametern. Sprachlich ahmt Augurelli mit Emphase den Vergil der Georgica nach, wenngleich sein Opus nur drei Bücher umfaßt, seine Diktion ist klassisch und elegant.232 Das Latein von Furichius dagegen ist nicht streng den Augusteern verpflichtet: Klassisches und Nachklassisches findet sich, neben dem unvermeidlichen Fachvokabular, durchwoben mit Archaismen, mittel- wie kirchenlateinischen Spuren, neulateinischem Wortschatz und Neologismen.233 Auch wirken viele Verse, als seien sie mit ›-que‹ aufgefüllt. Dies soll ihn in keiner Weise zugunsten des Italieners abwerten, denn Furichius geht – wie aus obigem Schema ersichtlich – in drei von vier Büchern weit über seinen Vorgänger hinaus. Der Straßburger gestaltet seinen Gegenstand episch narrativ, wogegen Augurelli über sein ganzes Werk, das zwar einige Epyllien und Exkurse aufweist, als Unterweisender zum Leser spricht, als solcher ist er durchgehend mit dem in der Republik Venedig lebenden Humanisten Augurelli der Entstehungszeit identifizierbar. Zur Exemplifizierung der Behandlung des, letztlich doch gleichen, Stoffes durch beide Dichter mag die Darstellung der Metallerzeugung im Erdinnern dienen: Wo Augurelli im 1. Buch der Chrysopoeia das Epyllion des Lyncaeus einfügt, dessen Sehvermögen bis an ferne Gestade, ja bis ins Erdinnere hinabreicht, wo er der Metalle Entstehung schaut – vgl. »Lynceus, ut fama est, uisu praelatus acuto/ omnibus [….]« (Augurelli, 1, 203 f.) – läßt Furichius selbst den Senex (vgl. CHRYS., S. 19, 24-S. 20, 7) vom Wirken der Chryseis-Proserpina und ihrer Dienerinnen bei der Metallerzeugung berichten, welche auch die Alchemiker lehrte – hier die doppelte Einbindung in die narrative 230

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Vgl. »Hactenus auriferam secretae Palladis artem/ inuentam humana quondam uirtute coegit/ credere nunc ratio, nunc experientia suasit.« (Augurelli, 2, 1–3). Vgl. Z. v. Martels (1994), S. 985–987; Y. Haskell (1997), S. 584–588; den Aufbau des Werkes am ausführlichsten in G. Pavanello (1905), S. 65–77. Vgl. auch Y. Haskell (1993), S. 124; Z. v. Martels (2000), S. 179–181. Als Beispiele: altlateinisch ›artubus‹ für ›artibus‹ (CHRYS., S. 3, 18); ›intumulare‹ (S. 33, 9) oder ›discursamen‹ (S. 36, 15); ›luctifluus‹ (S. 11, 12); baccescere (S. 50, 1) – jeweils mit Anmerkungen in meinem Kommentar; wie auch S. 33, 29–30 ›flamen clarificum‹ nicht klassisch zur Bezeichnung einer Luftbewegung sondern für ›Flamme‹ – wie erst im Mittelalter üblich; vgl. A. Blaise (1975), S. 388.

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Struktur, als Personenrede und Tätigkeit der titelgebenden und das Telos des Werkes darstellenden Mysteriengöttin, dort brillanter Einschub. Weiterhin kontrastieren die jeweiligen Widmungen und Anrufungen von Gottheiten. Augurelli eignet sein Werk dem Medici-Papst zu, wobei der Renaissancekatholik im Gegensatz zum Straßburger Reformierten mit weniger Eifer seine Orthodoxie bekunden muß als sich vielmehr ›pro forma‹ für die folgenden Mythologeme entschuldigt. Dann ruft er die Götter für das Große Werk und gesondert am Ende des 1. Buches den alchemischen Hermes an.234 Zu Beginn des 2. Buches versichert er sich zudem des Beistands der Muse Vergils. Furichius nennt seinen Widmungsträger Morsius im voranstehenden Brief, von den Göttern wird einzig Phoebus als Musenführer und Stein der Weisen herbeizitiert (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 1, 2–3). Am deutlichsten springt jedoch ins Auge, daß Augurelli Persönliches und Zeitgeschichtliches in sein Werk einflicht: Ist der Handlungsort der Chryseis der hochfiktive ›Berg in der Lybischen Wüste‹ als Burg- und Tempelberg der Chryseis-Proserpina mit Bezügen zum Corpus Hermeticum und Eremitenlegenden (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 14, 0–4), ist die Nymphengrotte Augurellis ein »Taruisiis […] in montibus antrum« (Augurelli, 2, 279 f.). Der Ort der Offenbarung findet sich also im Veneto bei Treviso, und Augurelli gedenkt so der Landhäuser seiner Freunde und Gönner.235 Auch seine Liebe zur darstellenden Kunst klingt an, wenn er auf das Auripigment der Maler verweist: »Est lapis effossus Syriae pictoribus, auri/ pigmentum uero quod et ipsi nomine dicunt. [etc.]« (Augurelli, 1, 428– 441). Im 3. Buch hebt er als nützlichen Aspekt des alchemischen Experimentierens sogar hervor, daß ihm immerhin die Herstellung von Farben für einen Malerfreund gelungen sei, vor allem ein besonderes, als ›caeruleus‹ ausgewiesenes Blau (vgl. Augurelli 3, 291–322).236 Er geht soweit, die Alchemie als beste Lieferantin von Farben zu preisen, neben ihren Vorteilen für die Glasfärberei und Metallurgie (vgl. Augurelli 3, 284–304). Der hierbei mit ›meus Iulius‹ bezeichnete Nutznießer von Augurellis Alchemistenküche ist kein anderer als der ebenso mit dem Hermetismus in Verbindung gebrachte Giulio Campagnola (geb. 1480); welcher damals in der Lagunenstadt in den gleichen Kreisen verkehrte, und im Testament des Aldus aus dem Jahre 1514 verzeichnet ist.237 Die anschließenden Verse enthalten dann auch die Descriptio eines von Campagnolas Gemälden (vgl. Augurelli, 3, 305–22), wie auch die Schilderung des Ortes des Steins als Hain der 234 235 236

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Vgl. Z. v. Martels (1994), S. 984 f. Vgl. Orbis latinus 3 (1972), S. 457; diskutiert von Y. Haskell (1997), S. 592, Anm. 16. Vgl. zum Farbadjektiv ›caeruleus‹ im spagyrischen Kontext allerdings meinen Kommentar zu CHRYS., S. 43, 12–13. Vgl. hierzu den zweigeteilten Beitrag von G. Dal Canton (1977 u. 1978); sowie E. Safarik (1974).

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Nymphe Glaura in den bukolischen Landstücken des Freundes ihr Vorbild zu haben scheint.238 Eine solche Aufzählung der Errungenschaften der ›chymischen Kunst‹ klammert jedoch die Schattenseiten nicht aus: »qui genus id nuper tormenti ex aere peractum/ horrendum miseris edit mortalibus, altos/ quo murorum apices longe quatit; et graue pondus/ machina terribili iaculatur in aera bombo,/ quo tellus tremit assultans, atque oppida circum/ icta procul diro strepitu, ceu fulminis, horrent.« (Augurelli, 3, 331–336) – den militärischen Einsatz neuer Pyrotechnik hatte Augurelli mit eigenen Ohren bei der Belagerung Paduas im Frühherbst des Jahres 1509 erlebt: »Quales attonita stupidi percepimus aure/ litore nunc Veneto, Pataui dum magnus ad urbem/ rex sedet, et latos diuerso milite campos/ occupat; at contra Venetus se exercitus intra/ continet, et uariis arcet terroribus hostem.« (Augurelli 3, 337–341). Daneben vergegenwärtigen mehrmalige Wünsche nach Otium (vor allem im Horazisch anmutenden Beginn des 3. Buches) und Frieden die kriegerische Entstehungszeit des Werkes. Furichius, der noch zu Schulzeiten über Soldatengreuel und Schlachtenruhm gedichtet hatte, aus dessen Eintrag im Album Morsianum ersichtlich wird, wie sehr ihm die Wirren seiner Zeit zu Herzen gingen, verweigerte es dagegen dem Dreißigjährigen Krieg, in sein Werk Einzug zu halten.

12. Furichius’ Chryseis im Vergleich mit seinem Frühwerk Aurea Catena239 Innerhalb des Furichianischen Oeuvres stellt die Aurea Catena inhaltlich, stilistisch und formal eine Art Vorstufe der Chryseis dar. Das Carmen aus dem Paduaner Studienjahr 1627 ist noch nicht in Bücher unterteilt, es ist kürzer. Den über 1600 Hexametern der Chryseis gehen hier gut 1100 voran.240 Im Ganzen ist es der Kommunikationssituation des antiken Lehrgedichtes verpflichtete und weist noch keinen episch-erzählenden Rahmen auf. Zwar wird der titelgebende Hermes Poeticus in den ersten Versen als Trismegist eingeführt, entpuppt sich aber sogleich prosopoeisch als den 238 239

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Vgl. Y. Haskell (1997), S. 600 f.; A. Balduino (1987), S. 67–69. Zu beiden Werken vgl. auch W. Kühlmann (1984), S. 124–135; sowie ders. (2005a), S. 106–108. Die Paginierung der Ausgabe ist – wie ich vor Ort dank der zuvorkommenden Unterstützung durch den Vizedirektor der Universitätbibliothek zu Padua, Pietro Gnan, nochmals überprüfen durfte – fehlerhaft, von S. 31 erfolgt ein Sprung auf S. 48. Auch der Text an sich und der Vergleich mit der ›Chryseis‹ schließen aus, daß etwas verlorenging; vgl. »Veluti quum mens primum omnia fecit,/ Se/ [S. 48] Se supra haec terrena simul glomerarit in vnum:/ Et genuit motum, et spatiantia lumina coelo.« – in der Entsprechung: »Hinc factum est, ut Mens, cum prudens omnia fecit,/ Ignis terrena haec supra glomerârit in unum:« (CHRYS., S. 35, 13 f.).

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Leser unterweisender Sprecher der Aurea Catena. In der Chryseis ist er weiterentwickelt und mit anderen literarischen Typen in der Figur des Senex verschmolzen,241 wodurch die Aurea Catena, als Ausführungen des Hermes, gleichsam in der, über die Hälfte der Chryseis ausmachenden Rede des Greises aufgegangen ist. Zudem kam Furichius in seiner Aurea Catena noch gänzlich ohne Glossen oder gar Scholien aus. Wie die Chryseis ist bereits der Hermes Poeticus den Scholien des Tractatus Aureus verpflichtet, dies ist allein aus der Gegenüberstellung einiger Abschnitte ersichtlich – vor allem durch die Verwendung des in den anderen Quellen nicht belegten Decknamens ›Seyr‹ (vgl. Kommentar zu CHRYS, S. 10, 21–23). Bezüglich der versifizierten Descriptiones alchemischer Geometrie befindet sich die Aurea Catena noch näher an der Vorlage. In ihr wird der in den graphischen Symbolen wirkende ›Mercurius‹ explizit als solcher bezeichnet und ist somit als Stein der Weisen erkennbar. In der Chryseis dagegen ist er durch auf den ersten Blick irreführende Synonyma wie ›Feuer‹ oder ›Erde‹ ersetzt (vgl. Kommentare zu CHRYS, S. 8, 32-S. 9, 1 u. S. 9, 2–3). Dergleichen wurden ganze Verse wie auch Versteile übernommen. Fürderhin ist aus metrischen Gründen das ohne Glosse verwirrende ›vulturnus‹ (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 14, 4) in beiden Texten anzutreffen. Daneben ist zu beobachten, daß in der Chryseis durch die Variation von Metaphern gegenüber dem CatenaText dort bereits dunkle Ausdrücke hier noch kryptischer geworden sind, so daß die korrelierenden Passagen des ersten Epos oft das Verständnis der entsprechenden Passi der Chryseis befördern. Nicht minder ist in der Aurea Catena skizzenhaft einiges umrissen, welches sich amplifiziert im Hauptwerk wiederfindet, so die Zusammenführung des alchemischen grünen Löwen mit den Zugraubkatzen des Bacchus (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 47, 21–48, 2) oder die Allegorie des Wachholdbeerbaumes (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 49, 25-S. 50, 7). Der in der Chryseis vor allem durch die Paratexte erhobenen Anspruch auf umfassende Gelehrsamkeit tritt etwa bezüglich der Phoebus-Schlangen-Episode (vgl. Kommentare zu CHRYS., S. 48, 9-S, 49, 2) im ersten Lehrgedicht noch zurück: Wo sich in der Chryseis (mit den zugehörigen, die Giftigkeit und weitere pharmakologische Verwertbarkeit des Reptils diskutierenden, Autorkommentaren) die nordafrikanische giftspeiende Hornschlange Cerastes und der als Ovidianischer Python-Bezwinger gezeichnete Jagdgott gegenseitig zur Strecke bringen, sind in der Aurea Catena schlicht »rex et serpens, ambo una morte sepulti« (AVR. CAT., S. 26, 17). Signifikant ist auch der jeweilige Umgang mit dem Proserpina-Mythos: In der Chryseis ist die Fabula in ihrer alchemisierten Variante titelgebend und handlungsbestim-

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Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 16, 18 – S. 17, 10.

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mend,242 in der Aurea Catena dagegen ist die kosmische Verwirrung bei Plutos Raubfahrt nur ein Vergleich der unförmigen Prima Materia unter vielen und wird in zwei Zeilen abgehandelt: »Non secus ac facies nascentis marcida Mundi/ Primùm erat: aut quondam propter Plutonis amorem,/ Cum rapuit Cereri natam, tenebresceret aër./ Threicea haec nox est, a qua dependet origo [etc.]« (AUR. CAT., S. 48, 30 – S. 49, 2).

13. Die Chryseis als publizistisches Ensemble zwischen Inter- und Paratextualität In seinen Limiti dell’interpretazione sieht Eco den alchemischen Text an sich in einem ›discorso al quadrato‹: Wortreich läßt dieser sich über etwas außerhalb seines ›Diskurses‹ Liegendes (das Geheimnis der Transmutation) aus und ist zugleich – und gerade im kunstvollen Verzögern und Verschweigen – der übrigen spagyrischen Texttradition verbunden, ja Resultat und Bestandteil derselben.243 In der Chryseis, die Furichius als ›publizistisches Ensemble‹ aus Hexameterteil, Glossen und umfangreichen Scholien konzipierte, gewinnen die intertextuellen Bezüge kaum noch abzusehende Ausmaße.244 Das Grundwerkzeug einer theoretischen Betrachtung von Textbeziehungen stellt die Schrift Gerard Genettes dar, welcher hier die Studie Jörg Helbigs zur ›Markiertheit von Intertextualität‹ an die Seite gestellt wird.245 Jedoch bleiben die, beiden Arbeiten zugrundeliegenden, literarischen Werke weit hinter der Komplexität eines humanistischen Lehrge242

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Zur, kaum belegten, alchemischen Deutung des Proserpina-Mythos vgl. W. Kühlmann (2002b), S. 167 und ders. (1984), S. 134, Anm. 78; mit dem Verweis auf Johann Rudolph Glaubers (1604–1670): ›Kurtze Erklärung über die Höllische Göttin Proserpinam, Plutonis Haußfrawen‹ Amsterdam 1667 – H. Antons (1967) Motivgeschichte bietet, ohne alchemische Texte zu streifen, die Rezeption des Mythos in der Neuzeit, doch liegt sein Schwerpunkt auf der galanten Literatur im Umfeld des Pariser Hofes. Vgl. »Il discorso alchemico è un ›discorso al quadrato‹: esso è il discorso dell’alchimia sui discorsi alchimistici. […] Può darsi che l’autore non conosca ciò di cui parla e ne parli in termini poetici proprio per poterlo rendere in qualche modo evidente (e persino per suggerire che di quel Qualcosa di oscuro non si può parlare altrimenti), ma egli vuole pur sempre parlare di Qualcosa che non è il suo discorso. Invece il discorso alchemico è il discorso di quei testi – o di quelle pagine che appaiono sempre in un testo alchemistico – in cui l’autore parla di ciò che hanno detto gli altri alchimisti, per omologarlo al suo discorso. Il discorso alchemico è il discorso che l’alchimista fa sulla continuità discorsiva della tradizione alchemica.« (U. Eco (1990), S. 74). Zur Intertextualitätsproblematik in der Frühen Neuzeit am Beispiel Moscherosch und Rollenhagens; vgl. W. Kühlmann (1994). J. Helbig (1996), S. 17–82 diskutiert die einschlägige Forschung, darunter Genette, dessen Modell er für überfrachtet hält, ausführlich und verwirft sie – nachvollziehbar – zugunsten der einfachen ›alludierender/alludierter Text‹, deren ›Schnittmenge‹ er als ›intertextuelle Spur bezeichnet‹.

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dichts zurück, geschweige denn eines alchemischen Lehrepos samt Paratexten. Es sollen daher dem Text der Chryseis und meinem Kommentar – welcher (oft auf der Ebene des Metakommentares) Bezüge im Detail nachzeichnet und deren Markiertheit reflektiert – einige theoretische Überlegungen vorangestellt werden, um den Leser gleichsam auf das Kommende einzustimmen und zu sensibilisieren. Die für alle Intertextualität wichtige ›Allusionserkennungskompetenz‹ seitens des Rezipienten – seiner Erwartungshaltung eng verbunden – kann man in Anbetracht des Publikums, für welches Furichius schrieb (Gelehrte vom Schlage eines Morsius oder Moscherosch) als ideal betrachten. Bei ihnen dürfte ob der fehlenden Mitteilung von Arkanwissen auch kognitive Dissonanz ausgeschlossen gewesen sein.246 Vielmehr ist anzunehmen, daß sie bei der Ankündigung eines alchemischen Lehrgedichts aus der Feder des Poeta laureatus neuen und virtuosen Variationen über das Thema ›Opus Magnum‹ entgegensahen. Grundsätzlich gehörte – nach der Genetteschen Klassifizierung ›transtextueller Beziehungen‹ – alle alchemische Literatur insofern, als sie kommentierender Art ist, in die Kategorie ›Metatextualität‹. Die Chryseis hätte hieran Anteil. Die ›Hypertextualität‹, als Ableitung von einem Vorgängertext durch direkte oder indirekte Anverwandlung, ist hinsichtlich der Chryseis als Ganzes mannigfach. Eindeutig läßt sich lediglich sagen, daß innerhalb des Furichianischen Oeuvres die Chryseis als Amplificatio der Aurea Catena angesehen werden kann. Als (schlichte) ›formale Transposition‹ können, sofern man will, die Textstellen betrachtetet werden, welche Versifikationen des Tractatus vere aureus sind. Ansonsten wechseln die Hypertexte – sprich: die relevanten oder von Furichius für relevant erachteten Prätexte – ständig, oft sogar in ein und demselben Vers. Ob der Scholien wachsen sie gelegentlich zu ganzen, die zeitgenössische Fachdiskussion ausmachenden Textcorpora an. Wenn man konsequent die Chryseis zudem ›à la fois à la classe du genre officiel et celle des hypertextes‹ zuordnete, hieße dies nur unnütz das Dilemma der Gattungszuordnung zu erneuern – wenngleich die ›offizielle Gattung‹ der Chryseis diejenige des Carmen didascalicon ist.247 Als »höchst ökonomisches Referenzobjekt«248 – wenn nicht das wirtschaftlichste an sich – sieht Helbig den Titel an. ›Chryseidos Libri IIII‹ evoziert sowohl mit der ersten Silbe den Gegenstand des Epos, das Gold, und reiht das Werk somit an andere alchemische Titel und Autorpseudonyme.249 Nicht minder wird selbstbewußt Bezug auf die hier aemulierte Chrysopoeia des Augurelli genommen. Allein, ›Chreyseidos‹ als Genitiv246

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Vgl. J. Helbig (1996), S. 14–16; zum Phänomen ›cognitiver Dissonanz‹ am hagiographischen Beispiel vgl. T. Reiser (2007a), S. 87 f. Vgl. G. Genette (1982), S. 10–17. J. Helbig (1996), S. 108. Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 16, 20; u. S. 19, 5–6.

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A. Einleitung

form des Namens ›Chryseis‹ betont ausdrücklich das Episch-Narrative, wie man es von der Achilleis des Valerius Flaccus über die Aeneis des Vergil, die mittelalterliche Alexandreis des Walther von Châtillon bis zur rinascimentalen Panegyrik auf die Borgia in Gestalt der Borsias kennt. Handlung wird also angekündigt. Nicht zuletzt ruft auch die Zahl der Bücher den für die Gattung maßgeblichen Prototypen ins Bewußtsein: die Georgicon Libri IIII. Der ›Signalwert‹ intertextueller Spuren in der Chryseis und die Deutlichkeit ihrer Markierung250 in Verbindung mit der jeweiligen Funktion, sollen an einigen Beispielen nachgezeichnet werden: Der Tractatus aureus-Kommentar wird ebensowenig erwähnt wie die Chrysopoeia oder Augurelli. Die großen antiken Vorbilder Claudian, Ovid und Manilius sind als Textspuren dagegen so präsent, wie es die entsprechenden Markierungen nahelegen. Frappierend ist die Glosse zu Beginn des zweiten Buches, welche das Auftreten des Greises mit ›Ita quoque Ariostus senes vatidicos introducit‹ kommentiert und den Leser, der bis dahin nur alchemisch-naturkundliche, mythologische oder gliedernde rhetorischen Termini am Textrand wahrnahm, innehalten läßt.251 Mit dieser ›dominanten Markierungsart der Autornennung‹252 nimmt Furichius einerseits für sich in Anspruch, antonomastisch ›der Ariost‹ der alchemischen Lehrdichtung sein zu wollen. Andererseits sind die inhaltlichen Gemeinsamkeiten von Chryseis und Orlando furioso, wenn man von ubiquitären Bezügen zu Mythos und Epik, absieht, vernachlässigbar und wirken weit hergeholt: Die »donne, i cavallier, l’arme, gli amori,/ le cortesie, l’audaci imprese« (Orlando 1, 1 f.), welche Ariost besingt, sucht man in der Chryseis vergebens. Pierre de Ronsards Hymne de l’Or, auf welche eine Scholie verweist, ist dagegen zwar unvermuteter, doch deutlich erkennbarer Prätext der entsprechenden Chryseis-Stelle.253 Eine Sonderrolle kommt in den Glossen der graphischen Markierung im Druck zu:254 Auffällig, wenn auch nicht zeituntypisch, sind in Randnotizen: Griechisches, mathematische Schemata und geometrische Zeichen. Furichius verzichtet fast ganz auf die sonst in der alchemischen Literatur häufig vorkommenden Metall-/Planeten, Stoff- und Massenzeichen. Jedoch entpuppen sich die dem Text (CHRYS. S. 7, 21 – S. 9, 23) beigegebenen Dreiecke, Kreise und Quadrate, welche auf den ersten Blick die bekannten Elementsymbole zu sein scheinen, in Kenntnis des Prätextes Tractatus aureus als jene dort viel größer und komplexer abgebildeten alchemischen Figuren. In der Chryseis sind sie schlicht auf ihre geometrischen Grundformen reduziert und ihrer Inscriptiones beraubt. Die dazugehörigen Verse enthalten 250 251 252 253 254

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

J. Helbig (1996), S. 81 f. Kommentar zu CHRYS., S. 16, 18 – S. 17, 10, vorletzter Abschnitt. J. Helbig (1996), S. 128–130. Kommentar zu CHRYS., S. 4, 27 – S. 5, 14. J. Helbig (1996), S. 121–126.

13. Die Chryseis als publizistisches Ensemble zwischen Inter- und Paratextualität

61

die Ekphrasen der ursprünglichen Abbildungen. Das Komplement hierzu bildet die in einer Scholie beigegebene Descriptio eines ominösen Florentiner Kunstwerks als Inspirationsquelle der von Furichius im Verstext entworfenen Ikonographie des Alchemischen Königs.255 Die von Helbig unter ›onomastischer Markierung‹ subsumierten Wiederverwendungen bekannter Namen und Bezeichnungen256 betreibt die Chryseis allein schon als mythoalchemischer Text exzessiv: Jedes Mythologem, jeder alchemische Deckname, jeder philosophische Terminus, jede als Autorität herbeizitierte Person rufen seit Zosimos, seit Homer gefüllte Bibliotheken ins Gedächtnis. Relative Klarheit besteht hinsichtlich der Funktion des Scholienapparats, welchem die Rolle ›pro domo‹ zukommt: »Dabei wird ein unmittelbarer Dialog zwischen Autor und Rezipient suggeriert, bei dem der manifeste Text nur als scheinbar zufälliges Medium der relevanten Botschaft fungiert. Die Argumentation verfolgt hierbei vor allem zwei Zielsetzungen: (Selbst-)Verteidigung und Selbstdarstellung.«,257 sprich präventiver Angriff durch das Vorwegnehmen von Gegenargumenten und die Beistandsbeschwörung von Autoritäten, wie auch die Selbstverortung des Autors im wissenschaftlichen und poetischen Umfeld.258 Zur Selbstverteidigung sind generell alle – letztlich auch im epischen Teil und stets durch Glossen gekennzeichneten – Orthodoxiebekenntnisse zu rechnen, wie etwa die mehrmalige ausdrückliche Verdammung der Sterndeuterei, des Atheismus, der Teufelbeschwörung und des Umgangs mit Dämonen sowie sonstiger Formen des Okkultismus, welche in der vorletzten Scholie im Verdikt gegen die (angedichteten) astromantischen Praktiken Roger Bacons gipfeln.259 Literarischer Beistand zur Abschwächung möglicher Einwände und Gegenargumente wird immer wieder durch das katalogartige Aneinanderreihen von Autoritäten erwirkt. Dies geht einher mit der Zurschaustellung der eigenen Gelehrtheit: im ersten Buch vor allem Manilius und dessen Kommentator Julius Justus Scaliger, immer wieder Aristoteles, der Galen-Kommentar des Hippokrates, Proklos und Plato, das Corpus Hermeticum, Florentiner Neuplatoniker, allen voran Marsilio Ficino, weitere humanistische Kommentatoren, wobei dem älteren Scaliger eine Sonderrolle zukommt. Hinzu kommen Alchemiker, wobei sich eine Vorliebe für George Ripley und Michael Sendivogius erkennen läßt, Paracelsisten und ihre Widersacher, wie Thomas Erastus oder Daniel Sennert. Heterodoxe Lehrmeinungen und die Einwände der Orthodoxie referiert Furichius meist, ohne offen zu werten, nebeneinander. Die Fülle der Autoren reicht schließlich bis zum pharmakologischen Fachschrifttum eines Prospero Al255 256 257 258 259

Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 41, 7–13. Vgl. J. Helbig (1996), S. 113–117. J. Helbig (1996), S. 181. Vgl. J. Helbig (1996), S. 181 f. Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 54, 26.

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A. Einleitung

pino, welcher in Padua eine Generation zuvor einen Lehrstuhl innegehabt hatte. Einzig bezüglich der Lebendigkeit der Metalle widerspricht der Straßburger einmal ausdrücklich den Antiparacelsisten (vgl SCHOL., [S. 69] S. 51, 29), wie er sich auch zwei Mal genötigt fühlt, vom Verdikt seines ›Helden‹ Julius Caesar Scaliger, geschraubt und demütigst, abzuweichen.260 Zugleich sind die Scholien – sprich SCHOL., [S. 62 f.] S. 22, 15 – auch willkommener Veröffentlichungsort eines eigenen Gedichtes, in welchem als Dreingabe lyrisch die Prinzipium-Lehre der Vorsokratiker abgehandelt wird. Neben der Zurschaustellung der eigenen Fachkompetenz führen, sei es gewollt oder ungewollt, letztlich alle Verweise zur ›Sinnkomplexion‹ des mythoalchemischen Haupttextes, und werden gerade auch nichtalchemische Schriften in den ›discorso al quadrato‹ der Chryseis eingebunden. Letzthin gehen alle Gegenstände aller Gebiete – man denke an die Septimana philosophica als alchemische Interpretation der Sieben Schöpfungstage durch Michael Maier – auf in jenem »mirabile sincretismo che nasce tra l’alchimia e i linguaggi culturali coevi alla sua introduzione e propagazione, dei quali si nutre attraversandoli e utilizzandoli per inventare e conservare il proprio [linguaggio].«261

260 261

Vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 4, 11; u. S. 29, 19 M. Gabriele (1997), S. 96.

B. Edition und Übersetzung Vorbemerkung zu Edition und Übersetzung der ›Chryseis‹ beziehungsweise der Wiedergabe lateinischer wie auch volkssprachlicher Quellen: Angestrebt ist eine möglichst zeichengetreue Wiedergabe der Vorlage sowie lateinischer und volkssprachlicher Quellen der Renaissance und des Barock unter Beibehaltung der jeweiligen Orthographie, Interpunktion und Akzentsetzung. Dies gilt auch für Zitate aus antiken Texten innerhalb dieser Quellen. Sonst aber richten sich Zitate aus antiken lateinischen Texten nach den im Literaturverzeichnis angeführten modernen Ausgaben. Im Text der Chryseis und anderen Texten der Renaissance und des Barock wurden, sofern sie nach Ausgaben der Zeit (oder deren reprographischem Nachdruck) zitiert werden, stillschweigend folgende Änderungen im Zeichenbestand vorgenommen: 1. Kürzel und Ligaturen, auch Nasalstriche und e-caudata, wurden stillschweigend aufgelöst. Für das Zeichen ›&‹ (oder ähnliches) wurde ›et‹ gesetzt. 2. Abkürzungen werden in eckigen Klammern ergänzt, dabei entfällt der Abkürzungspunkt. In eckigen Klammern erscheinen auch Zusätze und Erläuterungen durch mich, wie die Angabe von Vers- und Seitenzahlen. 3. Adscribierte Umlaute wurden normalisiert, e-caudata erscheint somit als Umlaut. Normalisiert wurde auch die Schreibung der s-Laute: langes ›s‹ wurde gerundet, ›ß‹ wurde zu ›ss‹. 4. Bei Bogen- und Blattzählung wird zur Bezeichnung der Seite die Abkürzung ›r‹ (recto) und ›v‹ (verso) gebraucht. 5. Offenkundige Fehler, wie vertauschte oder verdrehte Buchstaben, wurden stillschweigend korrigiert. 6. Die Schreibung von i/j : I/J bzw. u/v : U/V bleibt erhalten; auch die Schreibung ›ij‹ (etwa in ›ijs‹ oder ›conscij‹). In der deutschen Übersetzung sind Passagen und Wörter, welche im Original in griechischer Sprache stehen, kursiviert. Im lateinischen Text der (aus drucktechnischen Gründen unter den Verstext gesetzten) Glossen wurden wie auch in den Scholien die von Furichius

64

B. Edition und Übersetzung

verwandten Abkürzungen antiker Schriften beibehalten. In der deutschen Übersetzung der Glossen stehen dagegen die heute gebräuchlichen, welche auch sonst in dieser Arbeit Verwendung finden. Aus technischen Gründen stehen die Glossen mit der Zahl des entsprechenden Verses, auf welchen sie sich beziehen, oder neben welchem sie (sofern sie sich auf den Inhalt eines ganzen Abschnitts beziehen) stehen, nicht neben, sondern unter dem Text.

Vorbemerkung zur Edition der Scholien der ›Chryseis‹: Der lateinische Text der Scholien wurde (bis auf offensichtliche Druckfehler) eins zu eins übernommen, dabei wurden auch die von Furichius verwandten Abkürzungen für antike Autoren und Schriften beibehalten – im Stellenkommentar sind sie erläutert. Griechische Zitate in den Scholien wurden, da sie in der Vorlage oft aufgrund schlechten Drucks kaum lesbar sind, soweit ermittelbar, mit dem Text einer modernen Ausgabe abgeglichen. Dies ist jeweils in einer Fußnote verzeichnet. Die Verszahlen wie auch Verszitate als Lemmata wurden, sofern sie vom epischen Teil der Chryseis abweichen, stillschweigend berichtigt.

Anmerkungen zur Zitierweise: Auf den Text der Chryseis wird, da im Original die Verse je Seite und nicht nach Büchern durchnumeriert sind, bezug genommen nach dem Schema: CHRYS., Seite des Originals, Vers (z. B. CHRYS., S. 23, 2) Auf die Glossen und Scholien der Chryseis: GL., Seite des Originals, Vers, zu welchem die Glosse gehört (z. B. GL., S. 11, 7) Im Stellenkommentar steht, wenn die Glosse desselben Verses gemeint ist, einfach nur GL. Wenn der Stellenkommentar einen Abschnitt von Versen behandelt, steht ebenso nur GL. mit der zugehörigen Verszahl. SCHOL., [Originalseite in den ›Scholia‹] Seite, Vers, darauf bezug genommen (z. B. SCHOL., [S. 57] S. 2, 22) Auch hinsichtlich der Scholien steht im Stellenkommentar, wenn die zitierte Scholie sich auf denselben Vers bezieht, einfach nur SCHOL.

65

B. Edition und Übersetzung

Änderungen im Text: Die folgenden Änderungen wurden gegenüber dem Originaltext der Chryseis, deren Ausgabe keine ›Errata‹ enthält, vorgenommen: S. 2, 8 mirtantem: S. 4, 8 gontem: u. 26 oelsum: S. 12, 30 qua: S. 18, 28 misêre: S. 31, 30 ingne: S. 35, 11 furosius: S. 36, GL. 16 ἀνακεφαλέωϲιϲ S. 52, 8 termitis: S. 53, 6 rota:

mirantem fontem celsum quae miserêre igne furiosius ἀνακεφαλαίωϲιϲ terminis vota

66

B. Edition und Übersetzung

Furichius, Chryseis, Praefatio

[S. A1v]

[5]

[S. A2r]

Ad Lectorem de Aufidio. Descripsi versu veterum, pie Lector, Elixir: Legit hoc Aufidius non sine nare sua. Ergo non, inquit, medicam colet amplius artem, Si vera inventa est Aurificina sibi. Somniat Aufidius: non illico possidet artem, Describens, quis sit verus in arte modus. Vt nequé, qui tabulis totum decircinat orbem, Propterea dominus dicitur esse soli.

IOHANNIS NICOLAI FURICHII. Medicinae Doctoris et Poëtae Caesarei. PRAEFATIO. AD

Clarissimum IOACHIMUM MORSIUM, Patricium Hamburgensem. MI rabar, Claris[sime] Ioachime Morsi, cum praeterita hyeme ad me veniens, amicitiae mecum contrahendae ansam cepisse profitebaris ex poëmate, inculto mehercule, et nullam limam experto, quod mihi etiam recusanti olim excidit, cum in Italia Musarum gratiâ versabar. Non equidem unquam sperare audebam, fore quenquam, qui tali legendo operam aliquam impendere vellet, tantum abest, ut te, de quo fama hactenus summa quaeque mihi est pollicitata, ejusdem gustum aliquem capturum expectassem, praesertim quum rei materia ita sit constituta, ut maxima pars etiam eruditorum fabulosam existimet esse, meréque nugatoriam. Ego verò, quamvis aliorum opiniones censere [S. A2v] semper veritus sim, eorum tamen me malle judicio stare fateor, qui rem pensiculatius excutientes, aliquam eidem inesse veritatem invenerunt: quorum sanè longam enumerarem seriem, nisi cornicum, quod ajunt, oculos configere velle viderer. Unus Libavius suffi-

67

Praefatio

Furichius, Chryseis, Praefatio

An den Leser über Aufidius.

[S. A1v]

[5]

Im Versmaß der Alten beschrieb ich, geneigter Leser, das Elixir: Es liest dies Aufidius nicht ohne seinen Spott. Also wird er sich nicht, sagt er, weiter mit der Heilkunst beschäftigen, Sofern die wahre Goldschmiede für ihn gefunden ist. Es träumt Aufidius: Nicht auf der Stelle wird über die Kunst er verfügen, Wenn er abschreibt, was das wahre Maß in der Kunst ist. Wie auch nicht, wer auf Landkarten den ganzen Erdkreis abzirkelte, Deswegen Herrscher der Erde genannt wird.

DES JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS,

[S. A2r]

Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter, VORWORT AN

Den vortrefflichsten JOACHIM MORSIUS , Hamburger Patrizier.262 Ich wunderte mich, teuerster Joachim Morsius, als Du, da Du vergangenen Winter zu mir kamest, kundtatst, daß Du den Anlaß mit mir Freundschaft zu schließen, aus einem Gedicht genommen hättest, einem – beim Herkules – unfertigen, an welchem ich auch gar nicht gefeilt hatte, welches mir, auch noch widerwillig, einstmals auskam, während ich mich aus Liebe zu den Musen in Italien aufhielt. Freilich wagte ich niemals zu hoffen, daß es einen geben könnte, der irgendwelche Mühe darauf verwenden wollte, derartiges zu lesen. Es liegt so fern, daß ich erwartet hätte, Du, vom dem der Leumund mir bisher alles Erhabene versprochen hat, würdest einen anderen Eindruck von diesem gewinnen. Vor allem, da der Stoff des Gegenstandes so beschaffen ist, daß selbst der größte Teil der Gebildeten meint, er sei erlogen; geradezu albern. Ich aber, obschon ich mich, die Meinungen anderer zu verurteilen immer [S. A2v] gescheut habe, bekenne doch, daß ich mich lieber dem Urteil derer anschließen möchte, welche, da sie den Gegenstand genauer abwägend durchforschten, befanden, daß darin eine gewisse Wahrheit liegt: Von diesen könnte ich wahrlich eine lange Reihe aufzählen, wenn es nicht schiene, ich wolle den Krähen – wie man 262

Diese Übersetzung der Vorrede ist bezüglich der dort zitierten Passagen abgeglichen mit W. Kühlmann (1984), S. 130 f.

68

B. Edition und Übersetzung

ciat demonstrando artis veritatem, cujus innumeros producit testes. Huic adde testimonia Roberti Vallensis, quae tradit recentiorum infinita. Divinus Scaliger quidem pater, ad Cardanum scribens, vix inducere potuit animum, ut Alchimiae aliquam crederet certitudinem. Filius tamen in Manilium commentans, quamvis Ciniflonibus, ut vocat, et flaturarijs stigma aliquod inussisse videatur: non tamen negare potest, quin artis antiquitas etiam supra Romanorum tempora repetenda sit; quam â Bessis didicisse, Cassiodoro, et Claudiano poëtâ, testibus, affirmat. Praeter enim Firmicum Suidas de vellere aureo Colchorum haec ait: Τοῦτο δὲ οὐχ ὡϲ ποιητικῶϲ φέρεται. ἀλλὰ βιβλίον ἦν ἐν δέρμαϲι γεγραμμένον, περιέχον ὅπωϲ δεῖ γίνεϲθαι διὰ χημείαϲ χρυϲόν. εἰκότωϲ οὖν οἱ τότε χρυϲοῦν ὠνόμαζον αὐτὸ δέραϲ, διὰ τὴν ἐνέργειαν τὴν ἐξ αὐτοῦ. Alibi. χημεία, ἡ τοῦ ἀργύρου καὶ χρυϲοῦ καταϲκευή, ἧϲ τὰ βιβλία διερευνηϲάμενοϲ ὁ διοκλητιανὸϲ ἔκαυϲε, διὰ τὰ νεὼτεριϲθέντα αἰγυπτίοιϲ διοκλητιανῷ. τούτοιϲ ἀνημέρωϲ καὶ φονικῶϲ ἐχρήϲατο, ὅτε δὴ καὶ τὰ περὶ χημείαϲ χρυϲοῦ καὶ ἀργύρου τοῖϲ παλαιοῖϲ αὐτῶν γεγραμμένα βιβλία διερευνηϲάμενοϲ ἔκαυϲε πρὸϲ τὸ μηκέτι πλοῦτον αἱγυπτίοιϲ, ἐκ τῆϲ τοιαύτηϲ προϲγίνεϲθαι τέχνηϲ, μηδὲ χρημάτων αὐτοὺϲ θαρ[S A3r]ροῦνταϲ περιουϲία τοῦ λοιποῦ ῥωμαίοιϲ ἀνταίρειν.263 Eorum Virorum authoritate olim impulsus coepi attentius indagare in scripta aliorum, qui eâ de re prolixius tractaverant: Veniebant ad manus multi, quos non nisi extremis oculis libare licebat. Nôstì enim hominum hac parte, superstitionem dicamne, an invidiam? maximam. Ego verò, quae potui, in ephemerides meos transtuli versiculis expressa, scabris quidem ijs, operaque tumultuariâ effusis, donec quidam mearum ineptiarum conscij, easdem importunius efflagitare satagentes, obtinuerint, ut typis mandarem. Produxi in scenam carnem, non quod, ut ille ait, Multa dies, et multa litura coêrcuit. (Neque enim occasio tulit:) sed quod aliquam saltem ordinis speciem prae se ferret. Tuo tamen suasu, et persuasu, factum est, ut foetum expositum, postquam in patriam redijssem, recognoscerem, praesertim cum multa deprehenderem, partim inscitè, partim etiam minus solidè dicta, quae manu

263

Der griechische Text ist bezüglich der Akzentsetzung abgeglichen mit den hier von Furichius, indirekt über Joseph Scaligers Maniliuskommentar, zitierten Einträgen ›Δέραϲ‹ und ›Χημεία‹ in Suidas 2 (1931), S. 24 u. Ebd. 4 (1935), S. 804.

Praefatio

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sagt – die Augen aushacken. Ein Libavius würde genügen, um die Wahrheit der Kunst zu beweisen, wofür er zahllose Gewährsleute aufführt. Zu diesem kommen die Zeugnisse von Robertus Vallensis, welche er von den Neueren ohne Ende überliefert. Der göttliche Scaliger zwar – der Vater – vermochte, wie er an Cardanus schreibt, sich kaum dazu zu entschließen, daß er für die Alchemie irgendeine Gewißheit gelten ließe. Der Sohn jedoch, beim Kommentieren des Manilius, obschon er den ›Aschenbrödeln‹ – wie er sie nennt – und den ›Münzgießern‹ ein Brandmal aufgedrückt zu haben scheint, vermag dennoch nicht abzustreiten, daß von einem Ursprung der Kunst weit vor den Zeiten der Römer ausgegangen werden muß; welche sie von den Bessi gelernt hätten, [was er durch] Cassiodor und den Dichter Claudian als Gewährsmänner bekräftigt. Neben Firmicus sagt ja Suidas über das goldene Vlies der Colchier dieses: Dieses ist aber nicht wie es dichterisch gesagt wird, sondern es ist ein auf Vlies geschriebenes Buch, das enthält, auf welche Weise man mit der Chemie Gold hervorbringen muß. Bildlich also nannten sie es damals das goldene Vlies, wegen der Wirkung aus ihm. An anderer Stelle. Chemie: Von Silber und Gold die Zubereitung, deren Bücher, da er sie durchforschte, Diokletian verbrannte. Deshalb, weil sie von den Ägyptern wegen Diokletian erneuert wurden. Mit diesen verfuhr er unerbittlich wie auch mordlüstern, als er sowohl die über die Chemie des Goldes als auch des Silbers von deren Ahnen geschriebenen Bücher, da er sie durchmusterte, verbrannte, damit nicht mehr den Ägyptern Reichtum aus solcher Kunst entstünde, auch nicht, damit sie sich im Vertrauen [S. A3r] auf einen Überfluß an Geldmitteln in Zukunft gegen die Römer zu erhöben. Von dieser Männer Exempel angeregt begann ich recht aufmerksam in den Schriften der anderen nachzuforschen, welche diesen Gegenstand recht weitschweifig verhandelt hatten: Viele kamen zu Händen, welche man nur aus größter Entfernung leicht mit den Augen streifen durfte. Du kennst nämlich in diesem Bereich den größten Aberglauben der Menschen – oder sollte ich Neid sagen? Ich aber, soweit ich es vermochte, übertrug es, in Verslein gebracht, in mein Journal; eine allerdings in größter Hast verrichtete Arbeit, mit diesen Rauheiten überstreut, so lange bis einige Mitwisser meiner Ungereimtheiten, welche recht ungestüm nach ebenjenen beharrlich und dringend zu verlangten, daß ich es in Druck gäbe. Auf die Bühne brachte ich eine Dichtung, nicht weil, wie jener sagt, mancher Tag und so manches Polieren gekürzt,264 (Es bestand nämlich auch keine Gelegenheit) sondern, weil sie wenigstens einen gewissen Anschein von Regelhaftigkeit zur Schau tragen würde. Gleichwohl ist es auf Dein Anraten hin, und durch Deine Überzeugung geschehen, daß ich die ausgestoßene Leibesfrucht, als ich in die Heimat zurückkehrte, sorgfältig durchmusterte. Vor allem, da ich vieles fand, das 264

Übersetzung von HOR. ars. 292 f. nach E. Schäfer, in Horatius (2008).

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[S. A3v]

B. Edition und Übersetzung

scriptorum tuorum adminiculo emendare conatus sum, cui meo voto, si non omnia, ut sperabam, respondent, tuae saltem petitioni satis fecisse suffecerit. Ec quis verò in tanta rei novitate omnia ad normam exactissimam dirigere possit? Nemo enim hactenus inter Romanae elegantiae proceres materiam hancce attingere dignatus est. Invenies totam Lapidis Philosophici tractationem severiorem barbari seculi limitibus circumscriptam. Tuos verò Graeculos, quos manuscriptos hac de materia ostendisti, pace tua dicam, admodum novitios judico, atque etiam semibarbaros, quod ex duorum, quos adhuc domi meae servo, lectione arguere possum. Fortasse verò, si quis tui similis tentaverit, naevos longo situ contractos acrioris judicij lixivio diluere possit. Lusus igitur hosce meos, tibi transmitto, qui eosdem quasi de trivio redemptos tibi ipse destinâsti proprios. Illud verò tantò facio audentior, quantò aequanimitatis tuae sum confidentior. Neque enim te inter morosos istos Catones, aut Solones existimo recensendum, Obstipo capite, et figentes lumine terram, Murmura cum secum et rabiosa silentia rodunt, Atqué exporrecto truntinantur verba labello. Ut acriorem censuram tuam extimescere necesse habeam. Ut namqué decet inter bonos benè agier: ita optima quaeque de te spero. Vale amicissime Morsi. Dabam Argentorati Mense Martio, Anno M. DC. XXXI.

Praefatio

[S. A3v]

71

teils ungeschickt, teils zuwenig gediegen ausgedrückt war, welches ich, mit Deinen Schriften als Stütze, von Hand versucht habe auszubessern. Wenn dem nach meinem Wunsch auch nicht alle, wie ich hoffte, entsprechen, möge es wenigstens dafür ausreichen, Deinem Anbegehren genüge getan zu haben. Könnte tatsächlich irgend jemand bei einem solch ungewöhnlichen Gegenstand alles an einer exakten Norm ausrichten? Niemand freilich von den Meistern der Römischen ›Elegantia‹ hat es bisher für wert gehalten, ebendiesen Stoff anzurühren. Du wirst feststellen, daß die ganze ernsthaftere Behandlung des Steins der Weisen rings von den Grenzen einer barbarischen Zeit umgeben ist. Deine Griechlein aber, welche Du als Handschriften über diesen Stoff vorgewiesen hast – mit Deinem Einverständnis mag ich es sagen – sind nach meinem Urteil jüngeren Datums, wie auch halbe Barbaren, was ich aufgrund der Lektüre der beiden, welche ich noch bei mir zuhause aufbewahre, schließen kann. Wenn aber jemand, der Dir ähnlich ist, es versuchte, könnte er die durch langes Liegenlassen zugezogenen Makel mit der Lauge einer schärferen Urteilskraft abwaschen. Diese meine Spielereien also übersende ich Dir, der Du diese gleichsam von der Gasse für Dich selbst aufgelesen als Eigentum ausersehen hast. Das mache ich aber desto dreister, je fester ich auf Deine Gleichmut vertraue. Auch meine ich nämlich nicht, daß Du zu jenen mürrischen Männern wie Cato oder Solon hinzuzurechnen bist, welche, den Kopf verdreht und den Grund mit dem Blick durchbohrend, im Stillen für sich ihr Murmeln und wütiges Schweigen zerkauen und auf geschürzter Lippe ein Wort ums andere wägen,265 so daß ich es nötig hätte, Deine gestrenge Abrechnung mit Furcht zu erwarten. Wie es sich nämlich unter Tüchtigen gehört, gut behandelt zu werden: Daher wünsche ich Dir alles Gute. Lebe wohl mein bester Freund Morsius. Ich schrieb es nieder zu Straßburg, im Monat März, im Jahre 1631.

265

Übersetzung nach W. Kißel, in: Persius (1990), S. 39.

72 [S. 1]

B. Edition und Übersetzung

IOHANNIS NICOLAI FURICHII, Med[icinae] D[octoris] et P[oetae] Caes[arei].

CHRYSEIDOS LIBER I. Argumentum, AU thor exorditur â vicissitudine scientiarum et artium, earundemque accretione, et explicat, qua tandem ratione ad Alchemiam sit perventum: deinde auri praecellentiam pertexit, monstratque modum, et viam generalem ejus efficiendi, ut et materiam operis non sine assidua infinitae Bonitatis invocatione praemissa: tum mixtionis doctrinam subjungit: Principiorum Chymicorum nomina varia excusat: certum eorundem numerum tradit: Tandem Mercurij Philosophici praeparandi modum, et spatium annectit.

[5]

MAgnum opus adgredior: festino ad culmina rerum: Teque meos lustrante animos novo, Apollo, vigore, Incipio immensis reparare laboribus artem, Quae docuit totos * magnae penetrare recessus Matris, et † ignotis animam defendere ab umbris, —————— [›Argumentum‹] Exordium. [v. 4] * Cybelles, quae dea terrarum fingitur. [v. 5] † Chymiae, quae minus nota fuit apud veteres.

[S. 2]

[5]

[10]

Quae tenuere homines elapsi turpiter aevi. (a) Ambitiosa cohors, cui mens turgebat inani Prodigio rerum, totum exhausisse putabat Naturae fontem: stabat captivus Olympus Insidiis hominum, (b) superataqué sidera prolem Admisêre novam quam dudum fulmine jacto Credebant cecidisse solo, quum Iuppiter Ossam Prostravit, crescente astris cervice mirantem. Res non ficta fuit. Victoria nota Tonantis Enceladi quondam flammis crepitantibus Aethnae Membra dedit, sociosqué olim Titanes averno

—————— [v. 2] a Graeci et Arabum nonnulli. [v. 5] b Γιγαντομαχία: Rectè atheorum subnotatur impietas, eorundemqué poena. Vide et Virigil. lib. Georgic.

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Chryseis, Liber I.

[S. 1]

DES JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS, Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter,

DER CHRYSEIS I. BUCH Inhalt, Der Verfasser beginnt bei der gegenseitigen Bedingtheit der Wissenschaften und Künste sowie deren Entwicklung und erklärt, auf welche Weise man endlich bei der Alchemie angelangt ist. Danach führt er des Goldes große Vortrefflichkeit aus und zeigt die Methode und den allgemeinen Weg, dieses herzustellen, wie auch den Stoff des Werkes, nicht ohne die beständige Anrufung der unendlichen Güte vorausgesandt zu haben. Dann fügt er die Lehre von der Mischung hinzu. Die mannigfaltigen Bezeichnungen der chemischen Grundstoffe rechtfertigt er. Deren genaue Anzahl teilt er mit. Zuletzt fügt er noch die Methode wie auch den Zeitraum, den philosophischen Mercurius zu bereiten, an. Ein großes Werk nehm’ ich in Angriff. Ich eile zu den Gipfeln der Dinge. Und, da Du Apoll, mein Herz mit neuer Lebenskraft weihend besprengst, beginne ich mit unermeßlichen Mühen die Kunst zu erneuern, welche lehrte wie man eindringt in alle der * großen Mutter Verstecke [5] und wie man † die Seele vor der Dunkelheit der Unkenntnis bewahrt, —————— [›Inhalt‹] Beginn. [v. 4] * Cybele, die als Göttin der Erde dargestellt wird. [v. 5] † Der Chemie, die bei den Alten weniger bekannt war. [S. 2]

welche die Menschen vergangener Zeit schmählich in ihrer Gewalt hielt. (a) Die ehrgeizige Schar, der das Gedächtnis aufgeschwollen war von der Dinge nichtiger Monstrosität, glaubte daß die Quelle der Natur zur Gänze erschöpft sei. Der Olymp stand da, eingenommen [5] durch die Schliche der Menschen. (b) Die überwundnen Gestirne ließen ein neues Geschlecht zu, welches sie schon lange durch den geschleuderten Blitz zu Boden geworfen glaubten, als Jupiter den staunenden Ossa, dessen Nacken sich zu den Sternen erhob, niederschmetterte. Die Sache war nicht erdacht. Des Donnerers berühmter Sieg [10] übergab einst den Leichnam des Enceladus an die knisternden Flammen des Ätna und sandte damals die verbündeten Titanen —————— [v. 2] a Die Griechen und von den Arabern einige. [v. 5] b Gigantomachie: Üblicherweise wird die Gottlosigkeit der Atheisten darunter verstanden, wie auch deren Bestrafung. Siehe auch VERG. georg.

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[35]

Immisit: cecidit Bryareus, suntque arma Mimantis Rupta Iovi, centumgeminiqué Aegeonis enses. (c) At nata est nova gens olim, quae damna revolvens Insanae turbae, coepit contexere fraudem, Quâ precibus, non vi conscendat ad aethera summum: Cumqué pererravit stellantia culmina caeli Ingenio, voluit dominam se reddere sedis Aetheriae. Rapidi jam prodita semita solis, Atque fuit notum, qua cedat origine Phoebus: Frenaque vertat ubi radiata auriga quadrigae: Cur lucem extendant * Chelae? Cur Bruma remittat? Quid pariat nivea cursus per signa Diana? Cur jubar abscondat? Cur manca fronte coruscet? Quid vehat Orion nimboso vertice terris? Vergiliae quid agant? Quid * proxima signa Bootae? Et quas portendat combusta Canicula messes? At tandem exorta est Arabum gens conscia coeli, Quae docuit majora illinc deducere facta. Illa Planetarum varios certo ordine motus Distinxit, longasque vias, viresque notavit. Qua se quisque aliis fronte implicet, atque figuret? Signifer obliquo quid tramite denotet arcus? Non est in coelis regio: non angulus ullus, Cui leges non sint praescripta, et jura severa, —————— [v. 14] c Astrologi. [v. 21] Duo solstitia. [v. 22] * Tropicus Cancri et Capricorni. [v. 26] * Arcturus.

[S. 3]

[5]

B. Edition und Übersetzung

Ipsae etiam Parcae, mutatis sedibus, Orco Defunctae, in coelum quondam migrâsse feruntur: Hinc vitae produci hominum, rursumque revelli. Vana superstitio, cultusque ignara deorum! Creditur imperium Mundi tribuisse creatis Rex coeli, Satrapasqué polo statuisse tremendos. Postea vicino lustravit in aere nubes, Et supra nubes metuendo crine Cometas: Totaque ignes huc ex illa regione cadentes. —————— [v. 2] Astrologiae vel potius ᾽Αϲρομαντέιαϲ vanitas. [v. 7] Meteora. [v. 9] Metallica.

Chryseis, Liber I.

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in die Unterwelt: Bryareus fiel, die Waffen des Mimas wurden durch Jupiter zertrümmert, wie die Schwerter des hundertarmigen Aegeon. (c) Allein, ein neues Geschlecht trat ehedem auf, [15] welches, die Verheerungen der wahnsinnigen Schar erneuernd, begann eine Intrige zu spinnen, durch welche es mit Bitten, nicht durch Gewalt, hinaufsteigt zum höchsten Himmel. Indem es mit dem Geist die gestirnten Gipfel des Himmels durchirrte, wollte es sich zum Herrn des Himmelsthrones erheben. Bereits war die Bahn der schnellen Sonne zum Vorschein gekommen, [20] ebenso war bekannt, von welchem Ausgangspunkt Phoebus seinen Weg nimmt; wo der Wagenlenker die gleißenden Zügel des Viergespanns wendet; warum * die Scheren den Tag verlängern; warum die Wintersonnenwende ihn verkürzt; welchen Weg sich die schneeweiße Diana durch die Sternbilder bahnt; warum sie den Glanz verbirgt; warum sie mit unvollständigem Antlitz scheint; [25] auf welche Weise Orion mit Wolkenscheitel über die Länder reitet; wie es um die Plejaden steht; wie um das * benachbarte Sternbild des Bootes; und welche Ernten der kleine Hund ankündigt. Allein, endlich entsprang ein Geschlecht der Araber, kundig des Himmels, das lehrte wie man von dort bedeutsamere Geschehnisse erschließt. [30] Jenes unterschied die verschiedenen Bewegungen der Planeten nach fester Ordnung, zeichnete die langen Bahnen auf, wie auch die Kräfte; mit welcher Seite ein jeder sich den anderen verbindet und sich darstellt; was der auf schiefem Weg mit Gestirnen versehene Kreisbogen bezeichnet. Nicht gibt es einen Bereich am Himmel, nicht irgendeinen Winkel, [35] dem nicht Gesetze vorschrieben sind und eine strenge Rechtsordnung. —————— [v. 14] c Die Astrologen. [v. 21] Die zwei Solstitia. [v. 22] * Der Wendekreis des Krebses wie auch des Steinbocks. [v. 26] * Arcturus.

[S. 3]

Die Parzen selbst überdies, so behaupten sie, welche, nachdem sie beim Wechsel der Wohnstatt dem Orcus verloren gegangen, seien einst an den Himmel gewandert. Von dort aus würden die Leben der Menschen gesponnen und wiederum abgerissen. Eitler Aberglaube und Kult, ohne Ahnung von den Göttern! [5] Es wird geglaubt, der König des Himmels habe die Herrschaft über die Welt den Geschöpfen überantwortet und über den Himmel schreckliche Statthalter eingesetzt. Hernach schmückte er den nahen Luftraum mit Wolken und oberhalb der Wolken mit Kometen mit furchtbarem Schweif und mit den Feuern, welche aus jenem ganzen Bereich herabfallen. [10] Zuletzt stieg es [das neue —————— [v. 2] Der Astrologie oder vielmehr der Sterndeuterei Nichtigkeit. [v. 7] Luftzeichen. [v. 9] Aus Metall.

76 [10]

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[20]

[25]

[30]

Tandem etiam in terras descendit, et intima terrae Viscera rimata est, et supra tergora plantas, Quae tot habent species, Lybiae quot littus arenas. Imprimis hominem inspexit, partesque minutas Vsque adeò discerpsit homo, dum cunta notâvit. Vt primùm Deus ossa hominis, ceu rudera, terrâ Formâvit madidâ, quam non secus igne potenti Miscuit, ac Siculis Steropes fornacibus arma? Vtque recocta suis distinxerit artubus ossa? Vt lubricos dederit motus mediante * liquore? Vt nervis stabilita, velut per frena, trahantur, Quo velit aut nolit dominans Regina voluntas. Inde pari vidit sensu, quo semine molles Prodierint carnes? Quo quaevis rore madescant? Vt cedant duris? Roseis ut flumina venis Per totum excurrant corpus, locaque abdita cuncta. Vt pater Oceanus magni per climata Mundi Vndarum effundit seriem, modò flumina mittens Niliacis alveîs, mox, lubrica frena retractans, Fundit in Euxinum furiosis cornibus Istrum: Post ortum petit, et jactat se nomine Gangen: Atqué iterum, Hesperias cum jam pervenit ad oras, Dicitur Eridanus. Sic repperit omnia, postquam Ruspari coepit ventres hominum atqué ferarum, —————— [v. 11] Plantae. [v. 12] Anatomia. [v. 13] Hominis generatio. [v. 18] Vide Hipp. de artic. et Gal. comment. [v. 19] * Paracelsus barbarâ voce Synoviam vocat. [v. 27] Nutritio.

[S. 4]

[5]

B. Edition und Übersetzung

Quaerereque agrorum latitantia semina cultris. Nec sat erat. Coepit transire audace carina Oceanum, montesque ipsos perrupit hianteis. Diva soli, Cybele violento territa motu Restitit, et fulvis inhibebat frena leaenis. Non emittebant ululatus Moenades ullos: Tibia conticuit: responsabant cymbala nusquam. Obstupuit furiosa cohors, mirataque fontem Insanire novam, rabiem detersit inanem. —————— [v. 1] Μεταλλών.

Chryseis, Liber I.

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Geschlecht, die Araber] noch in die Erde hinab. Durchstöbert wurden die innersten Eingeweide der Erde und oberhalb des Erdrückens die Pflanzen, von denen es so viele Arten gibt, wie Sandkörner in den Gefilden Lybiens. Vor allem den Menschen sah es sich an, und so lange zerpflückte der Mensch die winzigen Teile, bis er alles kannte: [15] wie am Anfang Gott die Knochen des Menschen, gleichsam wie Gestein, aus feuchter Erde formte, welche er nicht anders mit mächtigem Feuer durchsetzte als Steropes es in den Sizilischen Öfen mit den Waffen tat; wie auch von seinen Gliedern die neu aufgekochten Knochen trennte; wie er ihnen die leichte Bewegungen gab mit Hilfe * einer Flüssigkeit; [20] wie sie an den Sehnen befestigt, so wie über Zügel, gezogen werden, wohin der regierende König Wille möchte oder nicht möchte; hierauf hin sieht es [d. h. besagtes Geschlecht] im gleichen Bewußtsein, aus welchem Samen das weiche Fleisch hervorkam; durch welchen Tau was auch immer träuft, damit es harten Gegenständen nachgibt; wie die Ströme in den rosenfarbigen Adern sich [25] durch den ganzen Körper verbreiten und alle verborgenen Orte; wie der Vater Oceanus durch die Zonen der weiten Welt die Reihe der Wellen ausgießt, indem er bald die Fluten durch die Becken des Nils schickt, bald die schlüpfrigen Zügel anzieht, gießt aus tosenden Hörnern in das Gastliche Meer die Donau. [30] Hernach strebt er nach Sonnenaufgang und sonnt sich im Glanze des Ganges. Und wiederum, wenn er nun anlangte an den abendlichen Küsten, nennt man ihn Eridanus. So entdeckt es alles, nachdem es sich anschickte, die Bäuche der Menschen und Tiere zu ergründen —————— [v. 11] Pflanzen. [v. 12] Anatomie. [v. 13] Die Erzeugung des Menschen. [v. 18] Siehe Hp. Art. wie auch Galens Kommentar. [v. 19] * Paracelsus nennt ihn mit einem fremden Wort Synovia. [v. 27] Ernährung. [S. 4]

und mit den Pflugmessern nach den sich verborgendenhaltenden Samen der Äcker zu forschen. Doch es war nicht genug. Es schickte sich an, auf verwegenem Kiel den Ozean zu durchfahren, wie es auch seinen Weg bahnte selbst durch gespaltene Berge. Die Göttin der Erde, Cybele entsetzt durch das gewaltsame Beben [5] hielt inne, zog an die Zügel der rotblonden Löwinnen. Gar kein Geheul gaben die Mänaden von sich. Die Flöte verstummte. Nirgends gaben Widerhall die Cymbeln. Vor Furcht verstummte die tobende Schar, und vor Verwunderung, daß eine neue Quelle rase, streifte sie ab das un—————— [v. 1] Der Metalle.

78 [10]

[15]

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B. Edition und Übersetzung

Divitiae interea rutilarunt undique magnae: Hinc aurum fulsit generoso sulphure turgens: Illinc argentum, cui pallens aemula Luna: Stannum hinc promicuit sublustri ductile filo: Triste illinc plumbum, cui Martis dira supellex Accubuit, cuprumque rubens, sacra Cypridos aera. Haec inter mixtim vivax ebullijt unda, Ante immota tamen, sed quum jam mobilis ignem Experta est, errare utrò citròque solebat. Non secus ac Majâ genitus, quum nuncius alas Librat, et his terris affert mandata deorum. Nec dum finis erat: longè his majora patrârunt Mortales. Vidêre auri sic vincere amorem, Atque ejus radios totum perstringere Mundum. Viderunt reges auri exsultare fodinis: Viderunt isto digitos ornare metallo, Et celsum aurifera caput investire coronâ. Ipse Iovis currus rutilo locupletior auro Spledebat, crinesque Dei hac fulsere nitellâ. Mundum Iuno suum contexuit inde superbum: Hoc collo gessit, gessit que hoc auribus unum, Et voluit bigae temonem hôc aere sonare, Alitis et binae rostra ima hôc tingere fuco. Illicô Mars Siculum petijt Rhodopeius antrum, —————— [v. 10] Septem metalla. [v. 22] Auri praecellentia.

[S. 5]

[5]

[10]

Mucronesque auro gladiorum obducere jussit, Et simili factu decorare manubria summa. Aurea cassis erat, clypeusque intectus eadem Promicuit massâ, thorax quoque splenduit auro. Accessit Citherea, atque inde monilia fecit Et cestum, et crepidas hôc censuit, atque cothurnos. Natus inaurâsset fermè sua tela Cupido, Ni cuperet letale anìmis infligere vulnus. Abstulit auricomas tamen ipsa pharetra colores, Atque strias arcus, pinnae geminaeque nitellas. Sic reliqui caetus imitando egêre deorum. Quivis prout decuit. Sed, quod super omnia mirum est, Iustitia ipsa etiam lances illo aere gemellas Curavit fieri, et summum mucronis acumen.

Chryseis, Liber I.

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nütze Wüten. [10] Dieweil glissen von überall große Reichtümer. Von hier strahlte das Gold schwellend von edlem Schwefel, von dort das Silber, welchem es Luna erblassend gleichtut. Das Zinn blitzte hervor von hier sanft schimmernd als gezogener Strang. Dort das trübsinnige Blei, welchem des Mars grausiges Rüstzeug [15] beilag, und das rötliche Kupfer, die der Zyprierin heiligen Erze. Zwischen diesen vermischt brodelte auf die muntere Woge, vorher gleichwohl erstarrt, doch da sie bereits flüssig das Feuer verspürte, pflog sie nach hier und nach dort zu fließen. Nicht anders Majas Sohn, da er als Bote die Flügel [20] schwingt und dieser Welt die Weisungen der Götter überbringt. Noch nicht war es zu Ende: Weitaus größere Dinge als diese vollbrachten die Sterblichen. Man sah, wie die Liebe zum Gold ohne weiteres obsiegte, und wie dessen Strahlen die ganze Welt durchziehen. Man sah, wie Könige jubelten über Minen von Gold. [25] Man sah, wie sie mit diesem Metall die Finger zierten und dem hohen Haupt die goldene Krone aufsetzten. Selbst des Jupiters Wagen glänzte prächtiger von Gold und das Haar des Gottes strahlte von diesem Glanz. Ihre Prachtgewänder wob Juno sich aus diesem, [30] dieses trug sie am Hals, dieses eine auch trug sie an den Ohren, ebenso wollte sie, daß des Zweigespanns Deichsel von diesem Erz tönt; auch die nach unten gehaltenen Schnäbel des geflügelten Paares mit diesem Farbstoff zu bestreichen. Alsbald verlangte der Rhodopeische Mars nach der Sizilischen Grotte,

—————— [v. 10] Die sieben Metalle. [v. 22] Die Vortrefflichkeit des Goldes.

[S. 5]

und die Spitzen der Schwerter befahl er mit Gold zu überziehen und auf ähnliche Machart die Enden der Hefte zu verzieren. Golden war der Helm, und der Schild erstrahlte überzogen mit demselben Material, der Brustpanzer strahlte ebenso von Gold. [5] Es trat Citherea hinzu, und machte daraus Halsbänder und Gürtel, auch für Sandalen hielt sie dieses für angemessen, wie auch für die Kothurne. Der Sohn Cupido würde beinahe immer seine Geschosse vergolden, wenn er nicht begehrte den Seelen die tödliche Wunde zuzufügen. Davon trug dennoch der Köcher selbst die goldglänzenden Verzierungen, [10] wie auch der Bogen die Kanneluren, ebenso die Doppelfedern den Glanz. So war es der Schar der übrigen Götter ein Bedürfnis, dem gleich zu tun. Ein jeder wie es sich schickte. Doch, was über alles hinaus erstaunlich ist, Iustitia selbst trug ebenso Sorge, daß die doppelten Waagschalen aus diesem Erz gemacht wurden wie auch des Dolches oberste Spitze.

80 [15]

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B. Edition und Übersetzung

Haec ita mortales animis expendere caetus Dum satagunt, naturae ipsas sibi sumere vires Caeperunt, aurique altos perquirere fontes. Cum namque incultas aurum producere cryptas Cernebant, glebáque informi haerere metallum, Dictavit ratio, siqua ars accederet agris, Ingeniumque sagax, longè fore fertiliores. Addidit hinc animis stimulos audacia fretis: Fornaces arsêre cavae, fumosque dedêre. Vasa intus tenuêre rudem * sine semine terram, Vitâi plenam tamen, et virtute tumentem Vivificâ, quae terrenis jam libera vinclis Prolicit ex auro nudum cum foenore semen, Quod proprij exsugens cognata alimenta novalis, Crescit in immensas immenso robore vires. Interea gens gnara artis se credidit ausis: Imprimis orarare Deum sine fine potentem Cura fuit, numenque sibi impressisse supremum. Mota Dei natura sinum haut invita reduxit, —————— [v. 15] Alchymia. [v. 24] * Semen enim ex auro trahitur. [v. 30] Propositio.

[S. 6]

[5]

[10]

[15]

Quae roseos imitans Solis, diffusa, capillos Omnibus allucet, repletque omne, atque per omnia vadit. Hanc qui non poscit, misera sub nocte jacebit: Haerebit medijs alter Palinurus arenis. Hac sine, cum medicus, genuit quem Pergamus olim, Tentavit morbos aegris evellere membris, Tradidit infirmam, mutilamque nepotibus artem: Sed quoqué virus habet penitis immane medullis, Quod qui delibant, rabiem stimulantur in atram, Atque * Deum truce dente petunt, brutisque cavillis. Dispereant Graij, quorum deliria mentes Sic turbant hominum, nulla ut primordia Mundi Esse putent, animasqué rapi letalibus umbris. Permisit nobis summi clementia regis Liberius sentire animis, sed facta tuendi Impia, nulla dedit venerandus semina rector. Icarus in medijs quondam submergitur undis, —————— [v. 10] * Christum.

Chryseis, Liber I.

[15]

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Solange daher die sterblichen Scharen sich abmühten, dies in Gedanken abzuwägen, wurden sie fähig, sich die Kräfte der Natur anzueignen und nach den tiefen Quellen des Goldes zu schürfen. Da sie nämlich gewahr wurden, daß die unberührten Gewölbe Gold hervorbringen, und an der unförmigen Scholle das Metall hängt, [20] gab die Vernunft ein, daß, wenn Kunst sich der Äcker annähme und ein scharfsinniger Verstand, sie bei weitem ergiebiger wären. Den hierauf vertrauenden Gemütern verlieh die Kühnheit Ansporn. Hohle Öfen glühten und gaben Qualm von sich. Die Gefäße bargen im Inneren rohe Erde * ohne Samen, [25] dennoch voll Leben, wie auch von lebensspendender Kraft strotzend, welche nun befreit von den irdischen Banden aus dem Gold mit Gewinn den bloßen Samen herauslockt, welcher, indem er die verwandten Nährstoffe des eigenen Brachfeldes aussaugt, anwächst mit unermeßlicher Stärke zu unermeßlichen Kräften. [30] Dieweil verließ sich die der Kunst kundige Heidenschaft auf das Gewagte. Vor allem war man darauf bedacht, ohne Unterlaß Gott den Mächtigen anzubeten, wie auch die höchste Gottheit für sich eingenommen zu haben. Bewegt, nicht widerwillig, zog Gottes Natur den Busen zurück, —————— [v. 15] Alchemie. [v. 24] * Der Same nämlich wird aus dem Gold gezogen. [v. 30] Propositio.

[S. 6]

welche, indem sie, ausgebreitet, es der Sonne rosenfarbigen Haaren gleichtut, alles anscheint und jedes erfüllt, wie auch durch alles dringt. Wer diese nicht erheischt, wird begraben sein unter trostloser Nacht. Als zweiter Palinurus wird er mitten auf dem Strand festsitzen. [5] Ohne diese, da der Arzt, den einst Pergamus hervorbrachte, versuchte aus den leidenden Gliedern die Krankheiten zu entfernen, vertraute er die schwächliche und verstümmelte Kunst den Nachkommen an. Allein, tief im Mark trägt sie ein entsetzliches Gift. Die davon kosten, werden in schwarzen Wahnsinn getrieben, [10] und * Gott fallen sie an mit grimmigem Zahn, und unbeholfenen Spöttereien. Zugrundegehen sollen die Griechen, deren Irrsinn so die Gemüter der Menschen verwirrt, daß sie glauben, es gab keinen Ursprung der Welt, und die Seelen würden von todbringenden Schatten geraubt. Es gestattete uns die Milde des höchsten Königs, [15] recht frei zu urteilen. Doch schändliche Taten zu schützen, dafür gab keinen Anlaß der verehrungswürdige Lenker. Icarus ertrank einst mitten in den Wogen, während

—————— [v. 10] * Christus.

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B. Edition und Übersetzung

Dum rapidis audet Solem contingere pinnis: At rediit salvus ceratis Daedalus alis, Dum prudens citimo decrevit in aëre ferri. Nos verò ad coelos audacibus ire carinis Non formidamus, summi nec Apollinis auram Adspirare pudet depressa lumine mentis. Heu quotus in tanta gaudens errare Charybdi Naufragium patitur? Quoties mens luce superba Dum voluit lustrare Deum, de vertice summi Deturbata poli, tenebras remeavit ad imas? At nova gens coelo quondam demissa supremo Nos vocat ad melius, serisque nepotibus offert Sanctius exemplum, qualique authore triumphet, Demonstrat factis. Genialem namqué medelam Terrigenis prodit, quam per tot secula cuncti Optarunt populi, hanc reddit cum foenore largo, —————— [v. 22] Deus ἀγραῖοϲ.

[S. 7]

[5]

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Ne gravis, ut dignum est, forsan vindicta maneret Iudicis aetherij, et raperent Plutonia regna Invidiosam animam, mordax ubi pectora vultur, Sorte Promethea, rostro fodicabit adunco. Primum igitur gressus placato numine sanctos Direxit minimis Naturae in stamine telis, Primaque scitata est, coêant quo corpora nexu: Qua formâ humentem tellus absorbeat undam? Vnda auram, flammamque aër? Vt singula quodvis Pervadant corpus? Nam multùm strenua lex est Principijs, quorum qui noverit undiqué vires, Dicendus demum sapiens erit, atque peritus. Illis namque modus datus est occultus agendi: Nec prius exporgunt vires, et * molis honorem, Quàm si jam firmis fatalis copula nodis Facta sit, atque color se summo ê corpore tollat. Nec satis est. Ars Naturae vestigia legit, Atqué retexendo stamen telamque vetustam, Invenit majora illis, quae lumina plebis Tangunt, et tectum docuit sub cortice coelum. —————— [v. 5] Mixtionis doctrina. [v. 14] * Formam totius. [v. 18] Chymia.

Chryseis, Liber I.

83

er wagte, mit schnellen Schwingen an die Sonne zu rühren. Jedoch Daedalus kehrte unversehrt mit aus Wachs gefügten Flügeln zurück, [20] während er umsichtig beschloß im nächsten Luftraum zu schweben. Wir aber schrekken nicht davor zurück, auf verwegenen Kielen zu den Himmeln zu fahren. Auch schämt man sich nicht, das innerer Auge [vor Ehrfurcht] gesenkt, sich dem Glanz des höchsten Apoll anzunähern. Wehe, wie viele, die sich noch freuten in die Irre zu gehen, erlitten an solch einer Charybdis Schiffbruch? Wie viele Male kehrte der Geist, da er im höchsten Licht Gott schauen wollte, hinabgerissen vom höchsten Gipfel des Himmels, zur tiefsten Finsternis zurück? Jedoch ein neues Geschlecht, einstmals vom obersten Himmel entsandt, ruft uns zu Besserem und bietet der spätgebornen Nachkommenschaft [30] ein ehrwürdigeres Beispiel. Auf wessen Veranlassung hin es den Sieg davon trägt, zeigt es durch Taten. Fürwahr hinterließ es den Erdgebornen ein edles Heilmittel, welches durch so viele Jahrhunderte alle Völker ersehnten, dies gewährt es mit üppigem Gewinn, —————— [v. 22] Der die Jagd beschützende Gott.

[S. 7]

damit nicht, wie es sich ziemt, womöglich bevorstünde die strenge Rache des himmlischen Richters, und das Plutonische Reich die verrufene Seele verschleppte, wo hackend der Geier die Brust, nach Prometheischem Schicksal, aufwühlen wird mit gekrümmtem Schnabel. [5] Zunächst also lenkte es [das neue Geschlecht] die gottgefälligen Schritte, da die Gottheit befriedet, nach dem Grundfaden in den feinsten Geweben der Natur. Zunächst also forschte es nach, durch welche Verbindung die Teile sich fügen; in welcher Gestalt die Erde die nasse Woge aufschlürft; die Woge den Lufthauch, die Luft die Flamme; wie die Einzelnen jeden beliebigen [10] Körper durchdringen. Denn ein sehr strenges Gesetz gilt für die Principia, wer deren Kräfte in jeder Hinsicht kennte, der erst wäre weise zu nennen wie auch erfahren. Jenen ist fürwahr eine verborgene Art des Einflusses gegeben. Und nicht früher entfalten sie die Kräfte und * die Zierde der Masse, [15] als wenn bereits mit festen Knoten das tödliche Band geknüpft ist und auch die Farbe aus dem obersten Körper entweicht. Und noch nicht ist es genug. Die Kunst liest die Spuren der Natur und, indem sie den Grundfaden aufwirkt und das alte Gewebe, findet sie Größeres als jene, welche die Augen des Pöbels [20] berühren, und sie zeigte auf den unter der Schale bedeckten Himmel. —————— [v. 5] Die Lehre von der Mischung. [v. 14] * Die Gestalt des Ganzen. [v. 18] Chemie.

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B. Edition und Übersetzung

At quia res nova erat, varijs haec prodere coepit Nominibus, prout inventis fore congrua vidit. Non secus ac mater, cum proles edita luci Iam fuerit, nato imprimis effabile nomen Eligit, et renuit peregrinam affingere vocem: Interea tamen ipsa joco, nugisqué puellum Mille modis vocitat, jamque intimita corcula dicit: Mox animam, lumenque suum, tenerumque columbum: Iam vocat Aeacidem, mox Hectora: jamque Dianam, Mox Venerem vocat aurifluam, Andromedenque pudicam. Sic lusit quoque mutatis ars aemula verbis: Quaeque nova elicuit luteis elementa caminis, Spiramenque unà corpusque animamque vocavit. —————— [v. 21] Excusatio Chymicorum de nominum diversitate.

[S. 8]

[5]

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At quia, quae quisquis contrectat munia dextrâ, Illa oculis versare suis solet usque, vocatque Saepius absimiles aequali nomine merces. Hinc ea monticolae dixerunt sulphura fabri, Et sal, et vivum quod siccâ interludit undâ Argentum sabulis: alij * hoc, sulphurque vocarunt. Haec duo namque operis dicunt primordia magni: Quamvis * Mercurium fermè omnes nomine jactent Emendicato, similem cum circite nudo Quem pingunt, cui simplicitas sincera cohaeret. Sed nondum contenta fuit mens saucia amore Exercendi artem: nondum nox omnis abibat Obtusis oculis; lux major debuit addi Verbis ambiguis. Ergò, non postea oberret, Mens sensu distracta vago, jam serior aetas Descripsit tacitis artis secreta figuris. Circulus in circo repsit contractior amplo, Qui circa punctum vergens angustior ambit, Excellit pretio, et meliori schemate pollet. Non secus, ac in farre latet foecunda medulla, Quam palea includunt, et circùm stramina dura: Aut veluti potius pinguis terram imbuit humor —————— [v. 3] Tria principia Chymicorum. [v. 6] * Mercurium id est Argentum vivum. [v. 8] * Argentum vivum sed Philosophorum. [v. 17] ⊙ [v. 20] Comparatio.

Chryseis, Liber I.

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Allein, weil die Sache neu war, begann sie unter verschiedenen Namen aufzutreten, je nachdem, wie sie es für ihre Funde passend befindet. Ganz so wie die Mutter, da die Nachkommenschaft schon ans Licht herausgebracht war, für den Neugeborenen vor allem einen angenehmen Namen [25] wählt und sich weigerte ein ausländisches Wort anzudichten. Indessen doch ruft sie selbst zum Scherz und beim Spiele das Kind auf tausenderlei Arten, ferner sagt sie traute Koseworte: bald Seele, und ihren Augapfel und zartes Täubchen; schon ruft sie Sohn des Aeacus, bald Hector, und einmal Diana, [30] bald ruft sie goldfließende Venus, bald züchtige Andromeda. So spielt auch die Kunst als Nachahmerin mit veränderten Worten. Und alle neuen Elemente, die sie aus den schmutzigen Öfen auflas, nannte sie zugleich Atem, Körper und Seele. —————— [v. 21] Rechtfertigung der Verschiedenheit der Namen der Chemiker. [S. 8]

Allein, weil jeder, was ihn beschäftigt mit der Rechten anrührt, sich jenes in einem fort vor Augen zu halten pflegt und grundverschiedene Waren des öfteren mit gleichem Namen bezeichnet, nannten daher jene bergbewohnenden Handwerker diese Schwefel, [5] ebenso Salz, und Quecksilber, welches mit der trockenen Woge sein Spiel in den Kieseln treibt. Andere nannten * dieses ebenso Schwefel. Diese beiden freilich nennen sie die Uranfänge des Werkes. Immerhin stellen beinahe alle * Mercurius mit erbetteltem Namen zur Schau, welchen sie ähnlich mit einer schlichten Kreislinie [10] zeichnen, der die unverdorbene Einfachheit verbunden ist. Doch noch nicht war der Geist zufriedengestellt; wund von der Liebe, die Kunst auszuüben. Noch nicht war alle Nacht den geschwächten Augen entschwunden. Helleres Licht mußte an die doppeldeutigen Wörter gehalten werden. Folglich, damit nicht hernach ein [15] vom unklaren Sinn zerrütteter Geist umherirren soll, schrieb schon ein späteres Zeitalter die Geheimnisse der Kunst in verschwiegenen Zeichen. Ein zusammengezogenes Kreislein kroch im weiten Kreis, welches, indem es sich windet, sich recht eng zusammenzieht. Es zeichnet sich aus an Wert und gilt als das bessere Zeichen. [20] Ganz so wie sich beim Getreide das fruchtbare Mark verbirgt, welches die Spreu umschließt, und herum die harte Streu; oder mehr so wie nahr-

—————— [v. 3] Die drei Principia der Chemiker. [v. 6] * Mercurius, das heißt Quecksilber. [v. 8] * Das Quecksilber der Weisen. [v. 17] ⊙ [v. 20] Vergleich.

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B. Edition und Übersetzung

Qui teneris alimenta habilis radicibus affert: Sic sub materiae lutulento pulvere crudae Caelestis natura latet, quae sordida postquam Abjecit foeces, insignia pabula praebet. Haec sacra est Tellus, picti aemula vera trigoni: Huic si sementem inijcias, prodibit arista Aurea, dum dena atque iterum dena effluat hora Et numerus perfectus eat, fluxusque dierum. Hunc motum, hoc spacium, quô spiritus intus inardet, Tetragono dixêre parem depingere formam, In cujus medio divinior emicat ignis, —————— [v. 27] △ [v. 32] □

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[20]

[25]

Concilians elementa gravi insurgentia bello. Ast triquetri fundum primùm terra infima lambit, Mox surgit, praecepsque datur, retinetque profundum. Imprimis tamen ingenij super omnia magni est, Quod punctum, aut cyclum potis est, geminumqué quaternum Communem in lucem proferre, operique supremas Admovisse manus, ut prodeat astrica virtus: Vt species regina micet, radiusque nivalis. Sed prius ê siliqua sementis libera dura Exeat, et demum intrabit telluris in alvum Intacta gremium, quae impuri nescia amoris, Parthenia virtute gravis, genitale mariti Sucscipiat semen, quod postea viscere blando Concoquat, et specie faciat meliore coruscum. Porrò penetrandum dominantis intima regna Artis, quae rursus secretam in quattuor undas Didit aquam, (sub aquâ praedictam intelligo terram:) Quae primùm binas abicit, servatque manentem: Quum verò stagno rursum impuram eruit algam, Tres pereunt undae partes, et quarta moratur. Hac trutinâ, hoc numero, hoc examine summa venustas His accedit aquis, quibus ipsae immergere membra Näiades formosa volent, Nymphaeque pudicae. Haec qui perpendet praeacutae indagine mentis, Septenum inveniet numerum, quem secula cuncta —————— [v. 16] Praeparatio Mercurij Philosophorum universalis. [v. 24] Septenarij numeri laus.

Chryseis, Liber I.

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hafte Nässe die Erde tränkt, welche geschickt Nährstoffe an die Wurzeln bringt. So verbirgt sich unter dem schmierichtem Staub aus roher Materie [25] die himmlische Natur, welche, nachdem sie den schmutzigen Bodensatz abgeworfen hat, vortreffliche Speise gewährt. Dies ist die heilige Erde, die wahre Entsprechung des gezeichneten Dreiecks. Wenn man dieser die Saat einsteckt, wird die goldene Ähre hervorkommen, wofern je zehnmal und erneut je zehnmal die Stunde verrinnt [30] und die vollkommene Zahl ablief, wie auch der Tage Fluß. Diese Regung, dieser Raum, in welcher drinnen der Geist entbrennt, sagte man beschriebe eine Gestalt gleich dem Viereck, in dessen Mitte recht göttliches Feuer aufblitzt, —————— [v. 27] △ [v. 32] □

[S. 9]

welches die Elemente, die sich zu heftigem Kampfe erheben, versöhnt. Allein, als unterterste berührt die Erde zuerst den Grund des Dreieckigen, dann erhebt sie sich und wird überkopf gekehrt, nun gelangt sie wieder in die Tiefe. Zuvörderst dennoch ist es ein Kennzeichen großen Scharfsinns über alles hinaus, [5] daß es möglich ist, den Punkt oder den Kreis und das zweifache Vierfache ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, wie auch ans Werk die letzten Handgriffe zu legen, damit hervorkommt die Sternenkraft, auf daß die königliche Zier gleißt und der schneeweiße Strahl. Doch zuvor muß sie als Freie aus der festen Hülse des Setzlings [10] hervorgehen, und dann erst wird sie unversehrt in den nährenden Schoß der Erde eingehen, welche, die nie unreine Liebe erfuhr, trächtig ob der Parthenischen Anlage, den edlen Samen des Gatten aufnehmen soll, welchen sie hernach im schmeichelnden Mutterleibe verkocht und in größerer Zier strahlend macht. [15] Fürderhin ist in die innersten Herrschaftsbereiche der gebietenden Kunst einzudringen, welche wiederum das verborgenen Wasser in vier Wogen teilte (unter Wasser verstehe ich die vorerwähnte Erde), welche am Anfang je zwei absondert und das Übrige verwahrt. Wenn sie aber erneut im Meer den abscheulichen Seetang auswirft, [20] vergehen drei Teile der Woge, doch der vierte bleibt bestehen. Durch diese Waage, durch diese Gewichtung, durch diese Prüfung wird diesen Wassern die höchste Schönheit zuteil, in welche selbst die Naiaden die schönen Glieder zu tauchen wünschen, wie auch die scheuen Nymphen. Wer diese genau untersucht durch die Nachforschung eines scharfsinnigen Geistes [25] wird die Zahl Sieben vorfinden,

—————— [v. 16] Allgemeine Zubereitung des Mercurius der Weisen. [v. 24] Lob der Siebenzahl.

88

[30]

B. Edition und Übersetzung

Sunt mirata unum: quemque ipsa sacravit ab ortu Mens vegetis subnixa aquilis, coelestibus undis, Hanc postquam totam extruxit molem, atque creavit. Ipsa sagittifero pergrata est septima Phoebo, Threicius si vera refert, Naturaque gaudet Septade, quod coelum septem testabitur * astris, Et motu vaga Luna suo, septemque metalla: Septimus absolvit mensis membra omnia foetus: —————— [v. 31] * Planetis. [v. 32] 4. Septimanarum.

[S. 10]

[5]

[10]

[15]

[20]

[25]

Septima lux etiam invito dejecit abortu Infantem, cui tota fuit connata figura: Septimus â partu Sol immutare puellum Saepe solet, morbosque infert ferè septima septas: Ipse etiam morbus numero vel cessat eodem, Vel vitae insultat, vel magna sollicitat vi. Annon septenos variari cernimus annos? Aut messes aliò traduci, aut crescere fruges? Annon et pueros crescentes septima messis Angit, et ex imis ciet excrementa latebris? Hic numerus sacer est dijs immortalibus aequè, Atque hominum ordinibus multum sapientibus olim, Sive illos tulerit Nilus, seu splendida Aethna. Hactenus auriferae dictum est telluris aratrum Et seges, et vannus. Reliqua est dicenda supellex. At prius effari dignum est, quam nomine multo Planta haec dicta fuit, nequem irreparabilis error Distrahat artificem. Nam crebrò semen, et arvum Atque etiam culmus mixto sunt nomine dicta, Cum primùm proceres inter fama aurea repsit: Ille Seyr flavum peregrino nomine dixit: Hic picturam auri, et mutata voce, liquorem: Ille Austri ardorem: hic fulgentis Apollinis unguen. Et totidem formis lusêre, quot improba Circe, Cum socios quondam in porcòs mutavit Vlyssis. Non tamen in diversa meant: mens omnibus una est. Omnes Iasonij dicunt de velleris ortu, Hesperidumque horto, cui floruit aurea pomus: Omnes Mercurium vario jam flumine lotum —————— [v. 29] Mensura temporis pro figendo Mercurio.

Chryseis, Liber I.

89

welche als einzige alle Zeitalter mit Staunen wahrnahmen, und welche der Geist selbst von den Urgründen an, auf die kräftigen Adler gestützt, weihte den himmlischen Wogen, nachdem er diese ganze Masse aufbaute und schuf. Hochwillkommen ist selbst die Siebenzahl dem mit Pfeilen bewaffneten Phoebus, [30] sofern der Thraker die Wahrheit berichtet, auch die Natur findet Vergnügen an der Siebenzahl, weil der Himmel seinen Willen durch sieben * Sterne bezeugt und die unstete Luna durch ihre Bewegung; ebenso sieben Metalle. Der siebente Monat vollendet alle Glieder der Leibesfrucht. —————— [v. 31] * Planeten. [v. 32] 4 der Wochen.

[S. 10]

Der siebente Tag tötet ebenso, als Frühgeburt wider Willen, das Kind, dem die ganze Gestalt zueigen war. Der siebente Tag von der Geburt an pflegt oft das Knäblein zu wandeln, wie auch für gewöhnlich die Siebenzahl die Siebentägigen Krankheiten auslöst; [5] wie selbst auch die Krankheit entweder bei dieser Zahl nachläßt oder das Leben verhöhnt und erschüttert mit großer Gewalt. Oder nehmen wir nicht etwa wahr, wie je sieben Jahre sich unterscheiden? Oder wie die Ernten andersartig sich sehen lassen, oder wie die Früchte wachsen? Oder plagt nicht etwa auch die heranwachsenden Knaben die siebente Ernte [10] und holt hervor die Ausscheidungen aus den innersten Verstecken? Diese Zahl ist gleichermaßen den untersterblichen Göttern heilig, wie auch einst sehr den weisen Ständen der Menschen, sei es, daß jene der Nil hervorbrachte, sei es der strahlende Ätna. Bis hierher wurde über den Ackerboden der goldbringenden Erde gesprochen [15] und die Aussaat wie auch die Futterschwinge. Zu nennen ist übrig ist die Gerätschaft. Allein, zuvor ist es ziemlich mitzuteilen, mit wie vielen Namen diese Pflanze bezeichnet wurde, damit nicht ein nicht gutzumachender Fehler den Kunstwerker abbringt. Denn wiederholt wurden Same und das Ackerland ebenso wie der Stengel mit vermischten Namen bezeichnet, [20] da zum ersten Male das goldene Gerücht sich unter die Vornehmsten schlich. Jener nannte ihn das rotblonde Seyr mit ausländischem Namen, dieser Abbild des Goldes, und mit verändertem Wort: Saft. Jener des Südwindes Glut. Dieser des blitzenden Apolls Salbe. Und mit ebensoviel Gestalten trieben sie ihr Spiel wie die schändliche Circe, [25] da sie einst in Schweine verwandelte die Gefährten des Odysseus. Dennoch gehen sie nicht in verschiedene Richtungen: Allen ist eine Vorstellung gemeinsam. Alle sprechen von der Entstehung des Jasonischen Vlieses und vom Garten der Hesperiden, welchem erblüht der goldene Obstbaum. Alle meinen den bereits in unterschiedlichem Flusse gebadeten Merkur, —————— [v. 29] Umfang der Zeit um den Mercurius fix zu machen.

90 [30]

[S. 11]

[5]

[10]

[15]

[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Significant, qui bis quarto mutatur ab igne In cinerem, cui nulla ignis post flamma nocebit: Attamen elapsis redit invariabilis horis, Et repetit veterem superato funere lucem. At demum hîc urgebit opus, repetetqué labores, Qui volet innumerâ reddi virtute decorum: Credet idem flammae, licet imminuatur eadem, Atque iterum in cineres abeat, mortemqué resignat. Namqué brevi mors illa perit, vitamqué recentem Induit, atqué novis Phoenix progerminat alis. Denique conandum est, dumque ipse arridet Olympus, Altius urgendum, dum summa cacumina tangat, Nec possit magis immensae producere lucis Multiplices radios, placidasqué extendere vires. Non secus ac tumidos amittit Delia vultus, Luctifluasque faces minuit, fulgetqué bicornis, Dum frater percurrit iter radiantis Olympi, Vicinamque deam radijs percellit avaris, Dum rursum dimotus eat, rectisque sagittis Percutiat, totumque nova luce impleat orbem. Haec ego mortales, vobis aliquando tenebris Mersa in conspectum, et clarum produco theatrum. Quaerite naturam propriam, connataque vobis Semina: spirantem vobiscum quaerite mentem: Qua serie pertexat opus resolubile vitae: Ex quo puniceum derivet fonte cruorem? Quâ nectar coeleste rosâ per curva viarum Deferat, et multis faciat laudabile gyris? Quomodò venarum rimas diducat hianteis, Carnibus ut veniant justa incrementa tenellis? Quo tandem impulsu summae cervicis acumen Conscendant, retroque petant vaga flumina montes. Non minus in rudibus quondam natura metallis Ingeniosa fuit, quibus olim adfinia nobis Crescendi momenta * dedit, tenerasque cavernas, Per quas admittant secreta ad viscera pultes. Nam sint dura licet proprijs exempta latebris,

—————— [v. 7] Augmentatio. [v. 31] * Generatio, et nutritio metallorum non fit per appositionem partium.

Chryseis, Liber I.

91

[30] der zweimal zum vierten Male durch Feuer in Asche gewandelt wird, dem nach der Flamme kein Feuer schaden wird. Trotzdem geht er unveränderlich, nachdem die Stunden verflossen, hervor und erlangt, da der Tod überwunden, den alten Glanz zurück. [S. 11]

Allein, nun erst wird er das Werk vorantreiben und die Mühen erneuern, der gemacht werden möchte mit unzähligen Kräften als herrlicher. Derselbe vertraut sich der Flamme an, wird er auch durch dieselbe verringert und wiederum zu Asche schwinden, und hebt den Tod auf. [5] Denn in kürze verliert sich jener Tod, dann hüllt er sich in frisches Leben, und der Phoenix entsprießt mit neuen Flügeln. Schließlich muß man sich erkühnen, solange selbst das Firmament zustimmend lächelt, höher zu drängen, solange er die höchsten Gipfel berührt, könnte er auch nicht mehr an unermeßlichem Licht [10] vielfache Strahlen hervorbringen und die sanften Kräfte ausbreiten. Ganz so wie Delia verliert das geschwollene Antlitz und die trauerverströmenden Fackeln abschwächt, dann gleißt als Zweihörnige, während der Bruder durchläuft den Weg des strahlenden Firmaments und die anverwandte Göttin verzagen macht mit den spärlichen Strahlen, [15] bis der Entfernte erneut kommt und nun mit geraden Pfeilen durchbohrt und in neues Licht taucht den ganzen Erdkreis. Dieses, Sterbliche, für Euch zuweilen in Finsternis getaucht, wie auch das leuchtende Schauspiel, bringe ich zur Ansicht und führe es auf den hellen Schauplatz. Sucht nach der eigenen Natur, den Euch verwandten [20] Samen, sucht den in Euch atmenden Geist: in welcher Reihenfolge er des Lebens wiederauflösliches Werk webt; aus welcher Quelle er ableitet das purpurfarbene Blut; aus welcher Rose er den himmlischen Nektar durch die Wegeskrümmungen herbeibringt und ihn auf vielen Kreisbahnen preisenswert macht; [25] auf welche Weise er die klaffenden Spalten der Adern zerspaltet, damit den zärtlichen Fleischpartien ausreichende Stärkungen zukommen; durch welchen Drang schließlich die unsteten Ströme die oberste Nackenspitze und wiederum die Höhen anstreben. Nicht weniger war die Natur einst bei den rohen Metallen [30] einfallsreich, welchen sie uns ähnliche Umstände für das Wachstum * gab, und feine Höhlungen, durch welche sie die Nährstoffe zu den verborgenen Eingeweiden senden. Denn mögen sie auch hart sein, wenn man sie aus den eigenen Schlupfwinkeln entfernt,

—————— [v. 7] Vermehrung. [v. 31] * Die Erzeugung, wie auch die Ernährung, der Metalle geschieht nicht durch das Zufügen der Bestandteile.

92 [S. 12]

[5]

[10]

[15]

[20]

[25]

[30]

Sunt tamen intra ipsos digitis cedentia calles: Non secus Aeoliis ac dura Coralia ab undis Promuntur, quae fixa mari sunt cerea in alto. Vna equidem ratio est, similisque cuique propago: Sors eadem, radix communis, spiritus unus. Est radius per totum orbem diffusus ab axe, Quo magis haec minus illa tument, prout ipse Creator Vnicuique dedit, cum primitus omnia fecit. Hic radius Mundi vita est, mensque ipsa resedit Mundi his igniculis, animusque et spiritus ingens. Hunc Amor â cunis, et diva Erycina per omnem Distribuit naturam, et corpore miscuit amplo: Huic vita omnis inest: illo quoque victitat aether: Illo aër, illo unda viget: volat ille sine alis, Et sine nocte diem per secula cuncta profundit. Hic tamen haut aliter, nisi compede quoque solutus Evolat, et liber terrena mole triumphat. Haec qui purae animae poterit transcendere pinnâ, Non aliis torquere volet sua pectora curis: Spernet opes, Mundóque pius sese exuet ipso Et * quaeret sine fine Dei his vestigia in umbris, Secum habitans totus, prorsusqué aliena relinquens. Mercurium servate ergò, quotcunque potentem Quaeritis artifices vestro pro semine glebam: Non hùnc, qui lubricus digitos eludit hianteis, Et vanâ ignaram spe plebem saepe fefellit, Dum varium exseruit media intra vasa colorem; Eximite intactam fumante ê viscere cretam, Quam nulla impura maculavit dextera caenis, Sed quae viva auri thalamis jam prodit ab imis. Accumbitque auro velut ovi albugo vitello: Cinnabarin dicunt, miniumvé rubentius Ostro. Non tamen indocilis capit haec, licet obvia, turba, —————— [v. 6] Animus et Spiritus Mundi. [v. 21] * Ritu Democriti. [v. 24] Materia Lapidis Philosophici. [v. 28] Qualis sit Mercurius Philosophorum.

[S. 13]

B. Edition und Übersetzung

Namque oculos caligo tenet, renuitque serenâ Apricari aurâ, lux se licet inferat alta. Delicium est, nescire operam, quam spiritus antris —————— [v. 3] Invectio in avaros.

Chryseis, Liber I.

[S. 12]

93

sind sie dennoch zwischen den Gebirgstriften nachgiebig gegenüber den Fingern. Ganz so wie die Korallen von den Äolischen Wogen als harte hervorgebracht werden, welche im tiefen Meer verhaftet weich wie Wachs sind. Eine Gesetzmäßigkeit ist es fürwahr, und zwar ist einem jeden die Nachkommenschaft ähnlich. [5] Es ist dasselbe Schicksal, die gemeinsame Wurzel, ein Geist. Es gibt einen Strahl, durch den ganzen Erdkreis vom Himmel ausgebreitet, durch den diese mehr oder weniger schwellen, je nachdem wie der Schöpfer selbst es jedem zuwies, da er zuerst alles machte. Dieser Strahl ist das Leben der Welt, und der Geist selbst ruht in [10] diesen Fünklein der Welt wie auch die Lebenskraft und die ungeheure Seele. Diesen verteilte Amor und die Eryzinische Göttin durch die ganze Natur und mischte ihn unter den gewaltigen Körper. Diesem wohnt alles Leben inne. Von jenem nährt sich ebenso der Äther. Durch jenen regt sich die Luft, die Woge. Er fliegt ohne Flügel,266 [15] und Tageslicht ohne Nacht läßt er durch alle Zeitalter strömen. Gleichwohl erhebt dieser sich nur von der Beinfessel befreit in die Höhe und frei triumphiert er über die irdische Masse. Wer über diese hinwegsteigen könnte auf reiner Seele Fittich, wird nicht sein Innerstes mit anderen Sorgen quälen wollen, [20] Hilfsmittel verschmäht er, und gottergeben reinigt er sich von der Welt selbst und * forscht endlos in diesen Schatten nach Gottes Spuren, gänzlich sich selbst genügend, wie auch ganz und gar das Fremde zurücklassend. Achtet also auf den Mercurius, immer wenn ihr, Kunstwerker, für Eueren Samen nach einer Scholle sucht. [25] Nicht auf den, welcher schlüpfrig den offenen Fingern spottet, und den unkundigen Pöbel mit eitler Hoffnung oft betrog, indem er mitten in den Gefäßen wechselhafte Farbe sehen ließ. Nehmt heraus aus dem dampfenden Innersten unberührte Kreide, welche keine von Kot unreine Rechte besudelte, [30] sondern die schon lebendig hervorgeht aus den untersten Gemächern des Goldes und sich im Gold niederläßt, wie im Weißen des Eies der Dotter. Drachenblut nennt man es oder purpurrotglühenden Bergzinnober. Dennoch begreift dies nicht, auch wenn es sich aufdrängt, die ungelehrige Schar, —————— [v. 6] Lebenskraft und Seele der Welt. [v. 21] * Nach Art des Demokrit. [v. 24] Der Nahrungsstoff des Steines der Weisen. [v. 28] Wie der Mercurius der Weisen beschaffen sei.

[S. 13]

denn Dunkelheit bedeckt die Augen und versagt, daß sie sich wärmen an heiterem Glanz, mag auch starkes Licht einfallen. Eine Wonne ist es, nicht um die Arbeit zu wissen, welche der Geist in unermeßlichen Höhlen ver—————— [v. 3] Schelte wider die Geizigen. 266

Die Übersetzung der Verse 6–15 ist abgeglichen mit derjenigen bei W. Kühlmann (1984), S. 133.

94

[5]

[10]

[15]

Explicat immensis, similem mortalibus ausis. Cernimus ingentes scopulos, rupesque minaces Perrumpi ferro, et findi specua horrida rastris: Incumbit moles humeris, magnúmque sepulcrum Opprimit immani cippo, sempérque minatur. Intereà nox atra tenet, tenebraeque profundae: Auditur sonitus, formidandúsque tumultus: Non secus ac quando ventis laxavit habenas Aeolus, angustúmque dedit transire foramen: Aut quando illidunt ad saxa Capharea naves, Dissiliúntque trabes, seque inter fragmina stridunt. Haec fiunt, ut emantur opes mox damna daturae: Non ut Naturae secreta cubilia prostent. Vos potius versate solum, qui quaeritis auri Scire modum, occultasque vias, et pabula vera, Qua veniat radice? Quibus turgescat aristis?

B. Edition und Übersetzung

Chryseis, Liber I.

95

richtet, ähnlich den Wagnissen der Sterblichen. [5] Wir erschauen, wie ungeheuere Klippen und dräuende Felsen von Eisen durchdrungen werden und unter den Spitzhacken schauerliche Grotten aufklaffen. Die Masse lastet auf den Schultern, ein großes Grab erdrückt mit gewaltigem Block und dräut stetig. Unterdessen herrschen schwarze Nacht und tiefe Finsternis. [10] Man hört ein Getöse und fürchterliches Brausen, nicht anders als wenn Aeolus den Winden die Zügel schießen ließ, und ihnen eine enge Öffnung zu durchqueren gab. Oder, wenn bei Caphar an den Felsen Schiffe zerschellen und die Balken auseinanderfliegen und sie unter den Trümmern erknarren. [15] Diese geschehen, damit Reichtümer erworben werden, welche alsbald Verderben bringen, nicht wie sie die geheimen Ruhestätten der Natur feilzuhaben vermöchten. Ihr lieber kehrt um das Erdreich, die Ihr danach strebt, vom Gold Art und Weise zu kennen, die verborgenen Wege, und die angemessene Nahrung; aus welcher Wurzel es sprießt; in welchen Ähren es schwillt.

96 [S. 13]

B. Edition und Übersetzung

IOHANNIS NICOLAI FURICHII, Med[icinae] D[octoris] et Poët[ae] Caes[arei]

CHRYSEIDOS LIBER II. Argumentum,

[S. 14]

[0] [1]

[5]

[10]

[15]

IN cipit hunc librum â fictione, significativa tamen totius operis in Mercurio praeparando: additur ejus interpretatio a sene facta, ubi [S. 14] ejusdem vitae sanctimonia describitur, fideli adhortatio, de invocando supremo Numine: admonitio praeterea in arte observanda: fabula de Chryseide, et quid sibi velit: Iterum admonitio, de non evulganda arte, et lectione authorum selectiorum: principiorum omnium rerum enucleatio: doctrina de Anima Mundi Platonica, et ideis; de anima spiritu et corpore secundum Paracelsum, deque eorum natura: Quid sit spiritus, et quomodo pariter cum anima omnibus insinuetur?

FO rte peragravi Lybiae deserta remota, Cum tenuit quondam noscendi aliena libido: Vrgeo iter, platantásque premo, et dum molior ultra, Veni ad radices prearupti montis amoenas, In cujus summo * vulturnum vertice vidi, Humana qui voce loquens prope talia dixit: Sum niveus, qui furvus eram, sed deinde rubesco: Cum ruber fuero, mox flavum efflabo colorem. Ille ego nycticorax, quem nox ante alta premebat, Ereptus tenebris in apricum profero frontem: Mox, postquam piceo guttavero gutture amara, Picturatus ero, licet â natalibus ipsis, Coccineus quondam extiterim, seu purpura Lecti. Ecce ego post aliquos soles de tergore puras Effundam lymphas, quas, si sapis, excipe dextra: Non tamen ascdendes prius haec fastigia rupis, † Quam si monstrosi truncaveris ora * draconis, Qui, quum centeno custodit lumine montis

—————— [v. 0] Confirmatio fictionem significativam continens. [v. 4] * Corvum. [v. 15] † Terram maledictam intelligit. [v. 16] * Ignem contra naturam Ripla vocat lib. 12 portarum: alii per draconem intelligunt Antimonium: sed falsò.

97

Chryseis, Liber II.

[S. 13]

DES JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS, Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter

DER CHRYSEIS II. BUCH Inhalt,

[S. 14]

Er beginnt dieses Buch mit einer Dichtung, welche gleichwohl das ganze bei der Bereitung des Mercurius zu verrichtende Werk darstellt. Beigefügt ist ihre Auslegung durch einen Greis, wo auch [S. 14] desselben heiligenmäßiges Leben beschrieben wird; eine Ermahnung des Frommen, den höchsten Gott anzurufen; darüber hinaus eine hinsichtlich der Kunst zu befolgende Erinnerung; der Mythos der Chryseis, und was es mit ihm auf sich hat; wiederum eine Erinnerung, die Kunst nicht auszuschwätzen, und zur Lektüre ausgewählter Autoren; die genaue Erklärung der Grundlagen aller Dinge; die Lehre von der Platonischen Weltseele und von den Ideen, von Seele, Geist und Körper gemäß Paracelsus, und über ihre Beschaffenheit; was der Geist ist, und auf welche Weise er zugleich mit der Seele in allen Dingen steckt. Von ungefähr durchwanderte ich Lybiens entlegene Wüsten, [1] da mich einst das Verlangen, Fremdartiges kennen zu lernen, ergriff. Eilends machte ich mich auf den Weg, und ich beschleunigte den Tritt, während ich nun vorankam, langte ich an den anmutigen Ausläufern eines steilen Berges an, auf dessen höchstem Gipfel ich einen Raubvogel erblickte, [5] der, indem er mit menschlicher Stimme sprach, etwa das folgende sagte: Ich bin weiß, der ich rabenschwarz war, aber danach röte ich mich: Sobald ich rötlich gewesen sein werde, wird mir alsbald die goldgelbe Farbe zuteil werden. Ich bin jener Nachtrabe, den davor tiefe Nacht bedeckte, der Finsternis entrissen, halte ich in die Sonne die Stirn. [10] Bald, nachdem ich mit pechschwarzem Kropf das Bittere gekostet haben werde, werde ich gefärbt sein, das heißt als ob ich von der Geburt an scharlachrot einst hervorgetreten wäre, so wie der Purpur Lectons. Siehe da, nach einigen Tagen verströme ich aus dem Rücken eine klare Flüssigkeit, welche Du, wenn Du schlau bist, mit der Rechten auffängst. [15] Nicht jedoch wirst Du diese Felsspitze erklimmen, † bevor Du verstümmelt haben wirst den Schlund des abscheulichen * Drachens, welcher, indem er mit hundertfachem Auge zum Berge —————— [v. 0] Eine Confirmatio, welche aus einer bedeutungsvollen Dichtung besteht. [v. 4] * Einen Raben. [v. 15] † Er meint verfluchte Erde. [v. 16] * ›Widernatürliches Feuer‹ nennt ihn Ripley im ›Liber 12 portarum‹. Andere verstehen unter dem Drachen den Grauspießglanz; doch fälschlich.

98 [S. 15]

[5]

[10]

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[30]

[35]

B. Edition und Übersetzung

Nocte diéque fores, nulli dat adire roganti. Ergo † soporifero primùm medicamine in altum Dandus erit somnum, ne si de corpore magno Torporem abstergat lenem, nova bella revolvat. Teque adeò in medio deprendens limite portae Virosâ perimat caudâ, praedâmque resumat. Res eget * ingenio, cum sit subjecta periclis: Nec clava Alcidae juvat hic, si desit Vlyssis Circumspecte astus ratióque pericla cavendi. Tu de Thessalicis Circea venena tabernis Collige, quae superent aconita sapore cruenta. Succum aufer, miscequé una furiale metallum, † Quod fluit et plumbo simulac praeponderat auro. Ex hoc bis binas forma glomeramine pastas, Atque operi tenui, ne serpens horreat, auro. Iamque premens limen pedibus, deprome venenum E digitis unum, Soliqué expone micanti. Tum colubrum auricomae percellet gratia baccae. Cujus inexpleto tandem deceptus amore: Arripiet virus, caváque intra viscera condet. Namque manu Hesperidum donata haec mala putabit. Tu tamen esto vigil, ne si vicinius addas Forte latus, spolium te sponti objeceris hydrae. Mox reliquas quoque servato simili ordine baccas Proijce, quas avidè quum deglutiverit omnes, Sentiet in vasto cruciamina viscere magna, At postquam variis ingentia corpora gyris Volverit, exposcet languenti corde levamen. Hîc rosa cum flava ferrugine temperet aurum, Chalcantéque potens anima se immisceat acri. Haec redige in pilulas, et anhelis faucibus offer; Illico, cum feriet nares odor, eriget anguis, Squamea colla ferox, et opem per pharmaca quaeret. Vix ventri immittet, cum somnum sentiet artus Permulcere novum, et virtutem afferre recentem.

—————— [v. 2] † Menstruo proprio. [v. 7] * Cautela circa menstruum. [v. 10] Quale debeat esse menstruum. [v. 13] † Argentum vivum. [v. 22] Quod in Mercurio Philosophorum lateat venenum. [v. 29] Ablutio menstrui.

Chryseis, Liber II.

[S. 15]

99

den Zugang Tag und Nacht bewacht, keinem, den danach verlangt, den Zugang gewährt. Folglich wird er zunächst durch ein † schlummerbringendes Mittel in tiefen Schlaf zu versetzten sein, damit er nicht, wofern er vom gewaltigen Leib eine leichte Müdigkeit abstreift, den Kampf wiederaufnimmt [5] und Dich, wenn er Dich mitten auf der Schwelle der Pforte ertappt, gar mit dem giftigen Schwanz tötet und als Beute packt. Die Sache verlangt nach * Verstand, da sie unter Gefahren geschieht. Auch hilft hier nicht die Keule eines Alciden, wenn nicht mit Umsicht die Verschlagenheit eines Odysseus zur Stelle ist und die sich vor Gefahren in Acht nehmende Vernunft. [10] Du sammle aus den Höhlen Thessaliens die Gifte der Kirke, welche im Geschmack die blutroten Gifttränke überdecken. Nimm davon den Saft und misch’ ihn zusammen mit dem Metall, † welches fließt und zugleich an Gewicht Blei und Gold überwiegt. Aus diesem Kloß forme zweimal zwei Täfelchen [15] und hülle sie, auf daß die Schlange sich nicht fürchtet, in dünnes Gold. Und, wenn Du schon mit den Füßen auf der Schwelle stehst, hole ein Zaubermittel hervor aus den Fingern und entblöße es der strahlenden Sonne. Dann wirft der goldglänzenden Beere Wirkung die Schlange zu Boden. Von ihrem unersättlichen Verlangen nach dieser endlich betört, [20] wird sie sich schnappen das Gift und es bergen in den Höhlungen der Gedärme. Denn sie wird glauben, diese Äpfel seien Gaben von der Hand der Hesperiden. Du aber sei auf der Hut, damit Du nicht, falls Du womöglich die Flanke näher heranbringst, Dich aus eigenem Antrieb der Hydra zum Raube preisgibst. Bald hernach werfe auch die übrigen Beeren unter Einhaltung der gleichen Regel [25] zum Fraß vor, sobald sie diese alle gierig verschlungen haben wird, wird sie im weiten Gedärm große Pein verspüren. Allein, nachdem sie die gewaltigen Leiber in vielerlei Kreisen gewunden hat, wird sie schmachtenden Herzens nach Erleichterung verlangen. Hier wird die Rose zusammen mit rotgelbem Rost das Gold abmildern, [30] und die durch das Vitriol gekräftigte Seele wird sich dem Herben vermischen. Diese mache zu Pillen und biete sie den klaffenden Schlünden. Sogleich, wenn der Duft die Nasenlöcher erreicht, wird die grausame Schlange die schuppigen Nacken erheben und Hilfe durch Heilmittel suchen. Kaum hat sie sich [diese] einverleibt, da wird sie spüren, [35] wie neuer Schlaf die Glieder durchschmeichelt und frische Stärke herbeibringt.

—————— [v. 2] † Durch das geeignete Menstruum. [v. 7] * Vorsicht bezüglich des Menstruum. [v. 10] Wie beschaffen das Menstruum sein soll. [v. 13] † Quecksilber. [v. 22] Welches Gift sich im Mercurius der Philosophen verbirgt. [v. 29] Das Abwaschen des Menstruum.

100 [S. 16 ]

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[30]

B. Edition und Übersetzung

Ast ubi stratus jam viridanti in gramine stertet, Tu sensim penetra montem, nunc obice rupto, Omnia perlustrans, et cuncta impunè pererrans. Tum demum poteris me claro auferre triumpho: Dumque meas jam condis opes, majoribus auge Viribus, innumera dum tandem luce coruscent. Dixit, et in variias visa est discedere formas, Atque modò, quae pullatis apparuit alis, Raucisonamqué dedit crocitanti gutture vocem, Candida fulsit avis, cygnosqué imitata Caystri, Blandisonum explicuit carmen, dum denique coccum Induerit, cantúque lyram superaverit omnem. Haec ego dum stupidus video, subita incidit umbra, Et tota ex oculis rapit haec miracula nostris. Ipse diu turbato animo sine voce remansi, Nescius, an vanâ deludat imagine Morpheus, An quidam infanda Moeris me fascinet herba: Tandem canitie quidam venerandus, et annis Adstitit, et tremulus pede verbis talibus infit: Ne Chrysanthe, time: venio tibi missus ab astris: Nec mea te trahat incertum grandaeva senectus. Bis centum fluxêre anni, quod sancta voluntas Compulerit mentem immundo secedere mundo. Multa tuli, vidique olim: cura improba rerum Diverso rapuit studio, dum denique coepi Illecebras sentire orbis, verasqué notare Delicias animi, tum demum impulsus amore Vsque Dei, visus sum noctu audire monentem Divino sermone, loca ut mea pristina mutem, Neglectísque aliis haec in deserta recedam. Non moror; accingo vili vestimina nodo: Carpo viam, atque Dei monitis obtempero sanctis. Intereà dum solus ago, precibúsque fatigo —————— [v. 1] Dracone perempto, seu fugato, melius licet tractare materiam. [v. 8] Quatuor colores Lapidis. [v. 25] Contemptus mundi.

[S. 17]

Assiduis dominum, venio * has quoque ductus ad oras, Quas cernis. Subitò species rapit ardua mentem, Attonitúmque novâ splendor circumfluit aurâ; —————— [v. 1] * Ubi phasma illud apparuit.

Chryseis, Liber II.

[S. 16]

101

Aber, sobald sie hingestreckt im grünenden Gras schnarchen wird, dringe Du heimlich in den Berg ein, nun da der Riegel gebrochen, indem Du Alles durchwanderst und ungestraft Alles durchstreifst. Dann erst wirst Du mich in strahlendem Triumph davontragen können, [5] während Du nun birgst meine Reichtümer, vermehre sie mit größeren Kräften, bis sie endlich zahllos im Lichte schimmern. Sprach er und schien sich in verschiedene Formen aufzulösen. Und bald gab er, der er mit schmutzigen Flügeln erschien, mit krächzender Kehle heisere Laute von sich, [10] er gliß dann als strahlendweißer Vogel, der die Schwäne des Caystrus nachahmt, er sang ein sanfttönendes Lied, während er schließlich den Scharlach anlegte, und im Gesang jede Lyra übertraf. Während ich dies verblüfft sehe, bricht plötzliche Dunkelheit herein und raubt all diese Wunder aus unserem Blick. [15] Ich selbst blieb verwirrt und sprachlos zurück, unklar darüber, ob Morpheus mich täuschte mit eitlem Blendwerk, ob irgendein Moeris mich behexte mit abscheulichem Kraut. Endlich stand jemand, der ob seines weißen Haares und seiner Jahre zu verehren war, da und sprach zitternden Fußes die folgenden Worte: [20] Fürchte Dich nicht Chrysanthus, ich komme zu Dir gesandt von den Sternen. Auch nicht soll mein hochbejahrtes Greisenalter Dich verunsichern. Zweimal sind hundert Jahre verflossen, daß mich der göttliche Wille veranlaßte, mich aus der unreinen Welt zurückzuziehen. Vieles ertrug und sah ich einst. Die schändliche Sorge um Hab und Gut [25] riß fort von andersartiger Beschäftigung, bis ich dann endlich anfing, der Verführungen des Erdkreises gewahr zu werden und die wahren Freuden des Geistes zur Kenntnis zu nehmen. Dann endlich in einem fort getrieben von der Liebe zu Gott, schien ich ihn nachts mahnend zu hören in göttlicher Rede, daß ich meine früheren Aufenthaltsorte verließe und mich, [30] nachdem ich die anderen Dinge aufgegeben hätte, in diese Wüsten zurückzöge. Ich zögere nicht. Ich gürte mit einfachem Knoten die Gewänder. Ich unternehme die Fahrt und leiste Folge den heiligen Mahnungen Gottes. Unterdessen, da ich einsam lebe und durch beständiges Bitten lästig falle —————— [v. 1] Nachdem der Drache getötet oder verjagt ist, vermag man die Materie besser zu handhaben. [v. 8] Die vier Farben des Steines. [v. 25] Weltverachtung.

[S. 17]

dem Herren, gelange ich derart geleitet zu * diesen Gefilden, welche Du erblickst. Unerwartet raubt die Sinne ein erhabener Anblick, und mich Erstaunten umströmt Glanz von ungekanntem Strahlen. Aus tiefem Grunde —————— [v. 1] * Wo jene Erscheinung sich zeigte.

102

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B. Edition und Übersetzung

Ex humili video terra succrescere montem, Ad montisque pedes monstrum prodire tremendum: In summóque ales variis stat vertice formis, An tibi prodigium fortasse apparuit illud? Sed scio. Namque mihi data mens est gnara futuri. Quando igitur voluit Deus, haec quoque te * Orgia nosse: Percipe mente, tibi quid porrò erit utile factu. Non potes haec cognôsse prius * mysteria rerum, Quàm si sustuleris animos ad numina sanctos, Conciliésque tibi precibus, votísque secundis. Sit tua nempe Deus Cynosura per avia ponti: Huc referas animum, si jam velit aetheris ira Mergere fortè ratem, tuque ipsi victima praceps Nerinae incipias fieri, monstrísque marinis. Exulet ingenium, proprio quod robure fretum Eijciat pietatis opus, mentísque tenebras Non facibus sanctis, coelestique expiet aurâ: Vt quondam gentes divino lumine cassae, Quarum manca fuit sapientia, et improba tota, Et Lunae maculis similis, pannísque cruentis. Tu potius Mundum crede adspectabile numen, Et numen non visibilem versa via Mundum. Sic in utroque morans, nec ab ulla parte recedens, In Mundóque Deum, inque Deo Mundum usque videbis. Magni olim proceres tanta ut secreta laterent, Miris texerunt oracula sancta figuris, Non ut possideant soli, verùm impia ne plebs Inde magis rapiat crudelia pabula morum, Consceleretqué animos. Nam concio sacra piorum Non his arcetur: monet hanc vox edita caelo, —————— [v. 8] Ita quoque Ariostus Senes vatidicos introducit. [v. 9] * Id est sacra. [v. 11] * Pietas in Chemia requiritur. [v. 21] Graeci et ex parte Aegyptii. [v. 28] Veterum locutio Aenigmatica excusatur.

[S. 18]

[5]

Et stimulat tacitis praecordia mystica flammis. Gens autem malesana Deum, divináque spernens Munera, non poterit tali clarescere luce. In proprium vertit dona impolluta venenum, Horridus ut serpens, gladiúmque sibi ipsa ministrat, —————— [v. 1] Homines improbi DEI opera non rectè perspiciunt.

Chryseis, Liber II.

103

sehe ich einen Berg emporwachsen, [5] und zu den Füßen des Berges ein furchtbares Ungeheuer hervorkriechen. Auf dem höchsten Gipfel steht ein vielgestaltiger Vogel. Ist etwa jenes Vorzeichen Dir erschienen? Doch ich weiß schon. Denn mir ist die Gabe verliehen, das Zukünftige zu wissen, da ja Gott doch wollte, daß auch Du diese * Geheimnisse kennst. [10] Nimm wahr, was Dir fürderhin bei der Herstellung nützlich sein wird. Nicht eher vermagst Du diese * Geheimnisse der Dinge zu erkennen, als daß Du fromme Gedanken zu den Gottheiten erhebst und sie Dir durch Bitten gnädig stimmst wie auch durch begünstigende Gelübde. Es soll fürwahr Gott auf deinen Abwegen zur See das Nordpolgestirn sein. [15] Hierhin sollst Du den Sinn wiederum richten, wenn auch etwa schon längst die Wut des Äthers das Floß versenken möchte und Du Dich anschickst, jählings ein Opfer zu werden für die Nerine und für die Seeungeheuer. Es lebt ein schöpferischer Geist als Verbannter, wenn er im Vertrauen auf seine Stärke das Werk der Frömmigkeit Schiffbruch erleiden läßt und nicht die Finsternis des Verstandes [20] mit heiligen Fackeln und mit himmlischem Glanz reinigt; wie einst die Heidenschaft, welche des göttlichen Lichtes entbehrte, deren Kenntnis unvollständig war und ruchlos als ganzes, zudem ähnlich den Flecken des Mondes und blutigen Lumpen. Du vielmehr erachte die Welt als die sichtbare Gottheit [25] und die nicht sichtbare Gottheit im Gegenzug als die Welt. Auf diese Weise wirst Du, indem Du bei beiden verweilst und von keinem abweichst, immerfort in der Welt Gott wie auch in Gott die Welt sehen.267 Die großen Meister bedeckten einst, auf daß sie so große Geheimnisse verbargen, die heiligen Offenbarungen unter sonderbaren Zeichen; [30] nicht, damit sie als einzige [diese] besäßen, in der Tat aber, damit der frevelhafte Pöbel nicht von dort mehr grausige Nahrung der Sitten entnähme und die Gemüter zu Verbrechen anstiftete. Denn durch diese kommt keine heilige Gemeinschaft der Gottesfürchtigen zusammen. Diese unterweist eine Stimme, welche vom Himmel erschallt, —————— [v. 8] So führt auch Ariost prophetische Greise ein. [v. 9] * Das heißt: heilige. [v. 11] * Frömmigkeit wird in der Chemie verlangt. [v. 21] Die Griechen wie auch zum Teil die Ägypter. [v. 28] Der Alten rätselhafte Ausdrucksweise wird gerechtfertigt. [S. 18]

und bewegt die Brust der Eingeweihten mit stillen Flammen. Die geisteskranken Heiden aber, welche Gott und die göttlichen Gaben verachten, konnten vom solchem Licht nicht erleuchtet werden. Ins eigene Gift wandelten sie die unbefleckten Geschenke, [5] wie die schreckliche Schlange —————— [v. 1] Ruchlose Menschen erkennen GOTTES Werke nicht richtig. 267

Die Übersetzung der Verse 24–28 ist abgeglichen mit derjenigen bei W. Kühlmann (1984), S. 134.

104

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Viscera quo trepido tandem transverberet ictu. Haec igitur qui sacra cupit sublimia scire, Imprimis caveat tumidas extollere cristas, Atque Deum timeat, veróque observet amore: Et sciat ingenii coelum contingere pinnâ, Idémque ingenii discendere ad infima scalâ, Atqué in secretis * praestare silentia rebus. At qui non istas servaverit undique leges, Sacrilegam caveat temerè his immitere dextram. Non ego crediderim tali culpabilis aras, Postea ne sapiens in me defulminet ultor. Tu verò monitis animum compone sequacem, Non secus ac stimulis sitis mentem egeris ipsam, Post cultumqué Dei, sapientum perlege scripta, Et mentis librâ trutina, multumqué revolve: Ne tamen ullius jures in verba magistri. Namque data est cuivis quaerendi vera potestas. Non te rerum Opifex fecit ratione carentem: Nec quondam menti fuit ala accisa volanti, Quò minus ad summum possit pertendere rerum. Hîc naturae etiam nobis stat campus apertus. Hoc animo tantum serva, * atque absconde profundo, Quod misêrere Dii, fatuo ne credito cuiquam. At nunc exponam, † quid visum denotet omen, Quod sic attonitos tibi perculit undíque sensus. Fama olim fortasse tuas pervenit ad auras, Vt sese extulerint quondam * hîc Chryseidos arces, Cum nondum est thalamis Ditis subrepta secundis. —————— [v. 7] Superbia damnatur. [v. 10] Requiritur acumen ingenii. [v. 12] * Silentium. [v. 17] Lectio auctorum. [v. 20] Improbatur τὸ ἀυτὸϲ ἒφα. [v. 27] * Artis jusiurandum. [v. 29] † Expositio phasmatis. [v. 32] * Fabula de Chryseide â Plutone raptâ.

[S. 19]

B. Edition und Übersetzung

Namque atrae noctis domitor, Cocytia quassans Flumina, cum cepit fastidia longa * maritae, Atque novos tentare thoros, toedasque videbat † Fratrem, distincto pariter prurivit amore: —————— [v. 2] * Proserpinae, quae Cereris filia erat. [v. 4] † Jovem.

Chryseis, Liber II.

105

sich selbst den Tod bereitet, wodurch sie sich endlich durch hastigen Biß die Eingeweide durchbohrt. Wer also begehrt, diese heiligen und erhabenen Dinge zu erfahren, soll sich vor allem davor hüten, den geschwollenen Kamm aufzurichten, und vor allem soll er Gott fürchten und in wahrer Liebe verehren. [10] Ebenso soll er sich darauf verstehen, mit dem Fittich an den Himmel zu rühren und ebenso zur untersten Stufe des Geistes hinabzusteigen und in geheimen * Dingen Verschwiegenheit zu bewahren. Allein, wer diese Gesetze nicht überall befolgen würde, soll sich hüten, hier unüberlegt die frevelnde Rechte anzulegen. [15] Nicht würde ich vermuten, daß Du tadelnswert nach solchem lechzest, damit nicht hernach der weise Rächer auf mich herniederschleudert den Blitz. Du aber mache Dein Denken den Mahnungen gefügig, genauso wie Du wegen der Stachel des Verlangens des Verstandes selbst bedürfen wirst. Nächst der Verehrung Gottes, lies durch die Schriften der Weisen, [20] und wäge ab mit der Wage des Verstandes, und überdenke es vielmals. Dennoch sollst Du nicht auf die Worte irgendeines Meister schwören. Denn jedweden ist das Vermögen gegeben, die wahren Dinge zu erforschen. Nicht machte Dich der Schöpfergott ohne Verstand. Auch nicht ward je einem fliegenden Gedanken die Schwinge beschnitten, [25] daß er sich nicht zum Höchsten der Dinge ausstrecken könnte. Hier steht uns noch immer das Spielfeld der Natur offen. Dies alles behalte im Sinn, * und ferner verbirg es im Inneren, was die Götter sich erbarmten, sollst Du nicht irgendeinem Toren anvertrauen. Allein, jetzt werde ich darlegen, † was genau das geschaute Vorzeichen bezeichnet, [30] das Dir also in jeder Hinsicht die betäubten Sinne erschütterte. Das Gerücht gelangte womöglich einst zu deinen Ohren, wie sich * hier einstmals die Anhöhen der Chryseis erhoben, da sie noch nicht wegen des Dis glücklichen Ehelagers hinabgekrochen war. —————— [v. 7] Die Hoffart wird verdammt. [v. 10] Verlangt wird Scharfsinn. [v. 12] * Verschwiegenheit. [v. 17] Die Lektüre von Autoren. [v. 20] Verworfen wird das ›Er selbst hat’s gesagt‹. [v. 27] * Ein Eid der Kunst. [v. 29] † Die Auslegung der Erscheinung. [v. 32] * Der Mythos der von Pluto geraubten Chryseis. [S. 19]

Denn den Bändiger der schwarzen Nacht, der die Fluten des Cocytus aufwühlte, nachdem er die Abneigung der weitentfernten * Geliebten erfahren, und sah, wie † der Bruder neue Gespielinnen und Geliebte ausprobierte, begann gleichermaßen ein gewisses Verlangen zu jucken. —————— [v. 2] * Der Proserpina, welche der Ceres Tochter war. [v. 4] † Den Jupiter.

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B. Edition und Übersetzung

Atque hos immani colles divulsit hiatu, Et rapuit Cereris minimam Chryseida natu. Longum esset, si cuncta tibi narrare luberet. Magnae nata Deae, patriae non immemor aedis, His redit * inferiis loca ad haec antiqua quotannis, Vatidicoqué sonat † terrore, laresqué revisit. Haec etenim pro dote auri specua abdita caepit, Ipsaqué versata est inter fumosa metalli Sulfura, et imposuit longissima pensa ministris. Illa exoravit furvo de Ditis averno Solennes reditus, * operaequé haec signa vetustae Arcano inculcat spectro, sacrosqué colonos Invitat, monstratqué vias, quibus aemula turba Ex auro eliciat crescentia semina crudo. Namque dea, ut quondam Stygiis immersa tenebris Inter mortales nonnullam linqueret auram, Vicino hôc statuit † sua dona novissima saxo. Tu tamen haec numquam propria virtute prehendes, Si non dispulero prius alta luce tenebras. Iam tot secula eunt, serpit quôd fama per orbem * Chrysolithi, quem Diva sinu rutilante fovebat: At postquam sedes, et sceptra antiqua reliquit, Plutonis † turba jam instante, graviqué tumultu, E gremio eripuit, medioqué ejecit averno. Huic inerat virtus, ut quae modò tangeret, aurum Verteret in purum, quamvis rudiora metalla. Namque * operi adstabat spectatrix sedula magno, Cum primùm † Pyralis conceptos follibus ignes —————— [v. 6] Chryseis filia Cereris fingitur, quia aurum ex terra eruitur. [v. 9] * Portentis. [v. 10] † Ut spectra sepulcralia solent. [v. 15] * Aurificinae. [v. 21] † Alchemiam. [v. 25] * Ita Lapidem Philosophorum appellare placuit. [v. 27] † Vide fabulam de raptu Proserpinae apud Claudianum. [v. 31] * Virtus Lapidis. [v. 32] † Ministrae Chryseidos, quae totam μεταλλουργίαϲ operam subinnuunt.

[S. 20]

Vrgebat, fumosqué diu Psolopoea rotabat, Dum tandem haerentes scruposo in pariete telas Verterit Oncophore in scorias, molésque sonantes. Tum Chryseis opus gemma hâc, nitidoqué sigillo —————— [v. 1] Allusio à fabris mutuata.

Chryseis, Liber II.

107

[5] Sodann zerspaltete er diese Hügel durch eine ungeheure Kluft und raubte die jüngste Tochter der Ceres. Lange würde es dauern, wenn es beliebte, Dir alles zu erzählen. Die Tochter der Großen Göttin, des heimischen Sitzes wohl eingedenk, kehrt alljährlich aus der * Unterwelt an diese früheren Stätten zurück, [10] tönt dann mit prophetischem † Schrecken, und besucht die Laren. Sie nämlich empfing als Mitgift verborgene Grotten von Gold, auch hielt sie sich selbst unter den rauchigen Schwefeln des Metalls auf und legte den Dienerinnen sehr langwierige Arbeiten auf. Sie erflehte sich aus der düstren Schattenwelt des Dis [15] alljährliche Rückkehr, * und die Zeichen des altehrwürdigen Werkes drückt sie ein als geheimnisvolles Bild und die ehrfürchtigen Ackerbauern lädt sie ein und zeigt Wege, auf welchen die gelehrige Schar aus rohem Gold Samen, welche emporwachsen, hervorbringt. Fürwahr, damit die Göttin, wenn sie zu gewissen Zeit in die Finsternis des Styx eingetaucht ist, [20] unter den Sterblichen einigen Glanz hinterließe, † stellte sie ihre ungewöhnlichen Gaben auf diesen nahen Felsen. Du wirst dennoch diese niemals aus eigener Kraft erlangen, wenn ich nicht vorher die Schatten mit hellem Licht auseinandergetrieben haben. Schon so viele Jahrhunderte sind es, daß sich um den Erdkreis schlängelt der Ruf [25] des * Chrysolith, welchen die Gottheit im blitzenden Busen zu hegen pflog. Allein, nachdem sie die alten Stätten und Herrschaftsbereiche verließ, entriß ihr Plutos † Schar, die bereits darauf lauerte, in heftigem Aufruhr [diesen] aus dem Schoß und schleuderte [ihn] mitten ins Schattenreich. Diesem wohnte die Kraft inne, daß er, was er nur berührte, [30] in reines Gold verwandelte, wie beliebige rohere Metalle. Denn fürwahr * wohnte sie als betriebsame Aufpasserin dem großen Werk bei, als zum ersten Male † Pyralis die zusammengefaßten Feuer mit Blasebälgen —————— [v. 6] Chryseis wird als Ceres’ Tochter gedacht, weil man das Gold aus der Erde herausholt. [v. 9] * Durch Wunderzeichen. [v. 10] † Wie Gespenster es am Grab zu tun pflegen. [v. 15] * Der Goldmacherei. [v. 21] † Die Alchemie. [v. 25] * So gefiel es den Stein der Weisen zu nennen. [v. 27] † Siehe den Mythos vom Raub der Proserpina bei Claudian. [v. 31] * Die Tugend des Steines. [v. 32] † Die Dienerinnen der Chryseis, die auf das ganze Werk der Metallurgie anspielen. [S. 20]

anfachte, und Rauchwolken lange im Kreise drehte Psolopoea, bis endlich die an der schroffen Wand hängenden Gewebe gewandelt hatte Oncophore zu Schlacken und tönenden Klumpen. Daraufhin besiegelte Chryseis das Werk mit diesem Stein und mit glänzendem Siegel [5] und versah es mit —————— [v. 1] Übertragener Ausdruck, von den Schmieden entlehnt.

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B. Edition und Übersetzung

Signabat, pulcróque auri tingebat honore. Diva ipsa hanc fecit gemmam: diva ipsa reponit Efficiendi artem, tibíque hoc modò phasmate monstrat. Ales enim clarisona jam voce locuta est, Et tot mutavit vicibus plumásque sonumqué, Materies gemmae est, genialis purpura terrae, Quae † primùm producta recens de viscere matris Nigricat, et facie magnetem imitatur opacum. Hinc fortasse etiam meruit Magnesia dici. Hinc cornix dicta est, sibi quam Tymbraeus Apollo Maluit esse sacram, rostro quae mussitat atro, Quot sibi virtutes: quot pulcro in corpore vires! * Postea olorino facta est candore corusca, Corneolóque hiscens rostro coeleste poëma Explicuit: quòd mox tabulae procedat eburnae Instar, cum sentit doctis in vasibus ignem. Iste color gemmae lac alitis † audiit olim, Atque Galactites, neveásque excelluit Alpes. At quia vidisti tandem splendescere * cocco, Divinumqué melos resonare, et Musica verba, Qualia non Musae Iovis ad convivia promunt, Conijce Chrysolithi summa ornamenta notari. Immanis serpens, † quem consopire necesse est, Sordities notat immundas, faecésque malignas, Quae gemmae impediunt vires, ceu nubila solem. Has faeces tu primum atris exterge venenis, Atque novis iterum remanentia pondera lymphis Asperge, ut sedeat mundatâ spiritus * urnâ. Sic placuit Divae arcanis deludere formis, —————— [v. 11] † Nigredo apparet in utroque principio lapidis ubi jam cepit putrefactionem experiri. [v. 17] * Vicissitudo colorum in materia Lapidis invicem subsequentium. [v. 21] † Quid sit lac alitis apud Chemicos? [v. 23] * Color summus, in Lapide. [v. 27] † Quid sit Draco apud Chemicos? [v. 32] * Vasis Chemicis.

[S. 21]

Ne superis ingrata cohors haec templa pererret, Sacrilegísque animis capiat mysteria tanta. Tu monitu si forte meo placabile littus —————— [v. 3] Ars non prodenda cuivis obvio.

Chryseis, Liber II.

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der schönen Pracht des Goldes. Die Göttin selbst fertigte diesen Stein. Die Göttin selbst bewahrte die Kunst, wie man es vollbringt, auf und zeigt sie Dir nun durch diese Erscheinung. Der Vogel nämlich hat bereits mit helltönender Stimme gesprochen, und auf so viele Arten veränderte er sowohl Federn als auch Stimme, [10] er ist die Materie des Steines, der Purpur der Gebärerin Erde, welcher, † anfangs frisch aus dem Inneren der Mutter hervorgebracht, schwärzlich ist und im Aussehen den stumpfen Magnetstein nachahmt. Daher hat er es vielleicht auch verdient Magnesia genannt zu werden. Daher wurde er die Krähe genannte, welche für sich Apoll Tymbraeus [15] lieber heilig haben wollte und die mit dem schwarzen Schnabel keinen Mucks macht. Wie viele Eigenschaften sie hat! Wie viele Kräfte im schönen Leib! * Hernach ist sie durch das zum Schwane gehörende Weiß blitzend gemacht worden, und brachte den hörnernen Schnabel aufsperrend ein himmlisches Lied dar, sofern es alsbald hervorkommt in der Art einer elfenbeinernen Tafel, [20] wenn sie der Kundigen Gefäßen das Feuer verspürt. Diese Farbe des Steins wurde einst als der lieblichsüße † Sang des Flügelgängers erachtet, und übertraf die Milchstraße und die schneeigen Alpen. Allein, weil Du zuletzt gewahrtest, wie er von * Scharlach erglänzte, und eine göttliche Melodie ertönte, wie auch Gesänge, [25] von der Art, wie sie nicht einmal die Musen bei den Gastmählern Jupiters vortragen, nimm wahr, daß die höchsten Zierden des Chrysolith bezeichnet werden. Eine ungeheure Schlange, † die zu betäuben notwendig ist, bemerkt alle unreinen Verschmutzungen und schlechten Brennstoffe, welche die Kräfte des Steines abhalten, wie Wolken die Sonne. [30] Diesen Bodensatz wasche zuerst ab mit schwarzen Giften, dann besprenkle die verbleibende Menge wiederum mit frischen Wassern, damit sich im der gereinigten * Topf der Geist absetzt. So gefiel es der Göttin in geheimen Zeichen ihr Spiel zu treiben, —————— [v. 11] † Die Schwärze zeigt sich in beiden Principia des Steines, sobald er einmal beginnt die Faulung zu verspüren. [v. 17] * Der Wechsel der abwechselnd aufeinanderfolgenden Farben bei der Materie des Steines. [v. 21] † Was die Milch des Flügelgängers bei den Chemikern ist. [v. 23] * Die letzte Farbe, beim Stein. [v. 27] † Was der Drache bei den Chemikern ist. [v. 32] * In den chemische Gefäßen.

[S. 21]

damit nicht die den Oberen unwillkommene Schar durch diese Tempel irrt und mit tempelräuberischem Sinnen sich so große Geheimnisse aneignet. Du, wenn Du etwa ob meiner deutlichen Warnung anlandetest am ver—————— [v. 3] Die Kunst darf keinem Dahergelaufenen entdeckt werden.

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Appuleris artis, ne pravae ostende carinae Syrteísque et scopulos, queîs mox illidere possit: Et licet illidat, ne salvum emitte * celeusma. Cuíque patent etenim furiosi flumina Ponti, Atque licet cuivis quaecunque pericla subire. At remigrare salo, saevisque evadere Cauris; Hîc opus hîc labor est. Si te vult diva potiri Auricomo spolio, venient fortasse trecenti, Queîs non obtinget tam prospera fata videre. Sufficerent jam dicta † tibi pro simplice rerum Indicio, nisi sic animum salebrosa docentum Dogmata diriperent, ut quondam viscera fratris Disjecit Medea sui, cum patria fugit Littora, et Argolicum sectata est stulta juvencum. Quare dum volvis ludibria docta sophorum, Vtere mente sagax, sensum et rimare profundum: Atque cave, quod mortali culpabile factum est, Alterius ne te distringat opinio fallax. Non tamen invenies primordia mystica gemmae, Et genus, et seriem, qua nasci ê cortice suevit, Si non ipse prius, post lecta volumina patrum; Concinnes alas humeris, rapidóque volatu Per totum penetres orbem, magnúmque veharis Naturae per inane vagae, videasqué meatus Terrarum, et supra crescentia germina terras. Haec servare animis, ô rerum conscie, fas est: Haec mentis latebras intra, penitósque recessus Consultare diu, † quae sint elementa quibusvis? Vnde neat vitas hominum colus improba Clothus? Vnde fluant ductus animae: quo tramite cedat —————— [v. 6] * Symbolum nauticum. [v. 11] Raritas virorum Chemicorum. [v. 13] † Obscuritas authorum. [v. 25] Naturae contemplatio commendatur. [v. 31] † Principia rerum. [v. 33] Durabilitatis rerum causa.

[S. 22]

Vivificans rerum virtus: quo dante virescat? Indefessa etenim motu mens perpete fertur, Se turgens, animisqué quasi foecunda minutis: —————— [v. 1] Anima Mundi.

B. Edition und Übersetzung

Chryseis, Liber II.

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söhnlichen Gestade der Kunst, halte Du nicht den gebogenen Kiel vor [5] den Syrten und Riffen, auf welche er alsbald auflaufen könnte. Und wenn er auch auflaufen mag, laß kein glücklich davongekommenes * Seemannslied ertönen. Jedweder fürwahr hat Zugang zu den Fluten des tosenden Pontus, wie es jedem beliebigen gestattet ist, alle Fährnisse auf sich zu nehmen. Allein, vom weiten offenen Meer zurückzukehren, und den reißenden Nordwestwinden zu entgehen: [10] Hierin liegt die Aufgabe, die Mühe. Wenn die Gottheit will, daß Du Dich des goldhaarigen Fells bemächtigst, werden vielleicht dreihundert kommen, welchen es nicht zuteil werden wird, ein so günstiges Schicksal zu erleben. Es sollte das bereits Gesagte † Dir genügen als ein einfacher Hinweis auf die Dinge, sofern nicht der Gelehrten holperige [15] Lehrsätze [Dir] so den Verstand zerrissen haben, wie einst Medea die Eingeweide ihres Bruders zerteilte, als sie die heimischen Gestade floh und töricht dem Argolischen Jüngling nachlief. Deshalb, während Du die gelehrten Spielereien der Weisen überdenkst, setzte scharfsinnig den Verstand ein und erforsche die tiefe Bedeutung. [20] Und hüte Dich überhaupt, was für den Sterblichen ein tadelnswertes Handeln ist, daß Dich nicht die trügerische Meinung eines anderen beschäftigt hält. Dennoch wirst Du die geheimen Urgründe des Steines nicht finden, wie auch die Gattung und den Zusammenhang, durch welche er aus der Schale hervorzukommen pflog, wenn Du nicht vorher, nachdem die Schriften der Väter gelesen sind, [25] den Schultern Flügel ansetzt und in geschwindem Fluge den ganzen Erdkreis durchdringst, wie auch durch die große Leere der unsteten Natur fährst und die Gänge in der Erde schaust, wie auch oberhalb die wachsenden Sprößlinge. Diese im Gedächtnis zu bewahren, oh in die Verhältnisse Eingeweihter, ist göttliches Gebot; [30] diese in den Schlupfwinkeln des Geistes und den tiefen Winkeln lange zu befragen: † welche die Elemente sind für jegliches Ding; woher die schändliche Clotho die Leben der Menschen spinnt; woher die Leitungen der Lebenskraft fließen; auf welchem Weg —————— [v. 6] * Bildlicher Ausdruck aus der Seefahrt. [v. 11] Die geringe Zahl der echten Chemiker. [v. 13] † Die Dunkelheit der Autoren. [v. 25] Die Betrachtung der Natur wird empfohlen. [v. 31] † Die Principia der Dinge. [v. 33] Der Dauerhaftigkeit der Dinge Ursache.

[S. 22]

die lebendigmachende Kraft der Dinge entweicht; durch welchen Spender sie erstarkt. Der unermüdliche Geist nämlich wird in andauernder Bewegung gehalten, in sich gärend ist er gleichsam trächtig an kleinen Seelen. —————— [v. 1] Die Weltseele.

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B. Edition und Übersetzung

Et micat in cunctis natae sapientia mentis. Percontare animae mores per cuncta meantis, Vt simile ex simili semper creet ordine firmo? Adversa ut non adversis erronea jungat? Et si quando errat diverso semine juncto, Non sinit ulterius monstrosas cedere formas. Est igitur cunctis generatrix forma statuta, Cujus lege manent idéae in corpore fixae: Cujus fonte fluunt species, formaequé minores. Hac tu lege mees; hoc more simillima quaeque Confer, nequa operis praeceps confusio fiat. At quia non possunt cuncta uno ê corpore gigni, Sed siccis humecta haerent, * et mollia duris: Cum gelidóque calens firmissima foedera pangit, † Non potuit nisi per medium mens ista ligare. Mens etenim divina extans, et corporis expers, Glutnieas explere vices in mole nequivit. Est aliud quiddam, quod non est terra, nec aether: a Est Veneris nodus, quo tam variantia in unum Pronuba Iuno ligat, statuitque cubilia junctis. Hoc moderante, polo tractabilis ima fit unda, Et terra, et quicquid supraqué infraqué moratur. b Hic fomes Mentis, purusqué Cupidinis ignis Est animus, subtile unguen, seu fertile olivum. Hic est Naturae gluten, lumenqué perenne. Vnde venit virtus plantis, et gratia gemmis: c Quod Sal sub terris caelesti copulat undae. Nam praeter mentem, praeter spirabile olivum, —————— [v. 8] Monstra non generant. [v. 11] Species aeternae et immutabiles. [v. 15] Nil generatur ex uno. [v. 16] * Mixtio quatuor qualitatum. [v. 18] † Quaenam sit mixtionis caussa formalis? [v. 22] a Vide Lucretium à principio operis. Et pervigilium Veneris Catullo attributum. [v. 26] b Est aliud ab anima Mundi. Vide etiam Fernelium. [v. 30] c Chymicorum Mercurio jungitur mediante sulfure.

[S. 23]

Quod pingue est, rudibúsque Elementis copula prima est, Terrenis fabricis alia insunt corpora viva. Portio namque salis quaedam Crystallina inhaeret, Atque aliud quiddam, * quod linguae adspergit acorem. —————— [v. 4] * Mercurius secundum nonnullos naturaliter acidus est.

Chryseis, Liber II.

113

Ebenso funkelt in allen die Weisheit des eingezeugten Geistes. [5] Erforsche die Gepflogenheiten der durch alle Dinge gehenden Seele, wie sie nach fester Ordnung stets Gleiches aus Gleichem erschafft, damit sie nicht irrig Gegensätzliches mit Gegensätzlichem verbindet. Selbst wenn sie einmal irrt, da sie mit verschiedenen Samen verbunden ist, duldet sie es nicht, daß darüber hinaus naturwidrige Gestalten zustande kommen. [10] Es gibt folglich für alles eine bestimmte erzeugende Form, nach deren Vorschrift die Ideen im Körper verhaftet bleiben, aus deren Quelle sich die Arten und Unterarten ausbreiten. Nach diesem Gesetz sollst Du vorgehen. Nach dieser Regel bringe alles sehr Ähnliche eng zusammen, damit kein überstürztes Durcheinander des Werkes entsteht. [15] Allein, weil nicht alle aus einem Körper hervorgebracht werden können, haften doch die Trockenen den Feuchten an, * wie auch die Weichen den Harten. Ebenso schließt mit dem Kalten das Warme die festesten Bündnisse, † nicht anders als durch ein Mittleres konnte der Geist diese verbinden. Der Geist nämlich, der sich als göttlich erzeigt und eines Körpers entbehrt, [20] vermochte nicht die haftenden Seiten zu ergänzen in der Masse. Ein gewisses anderes gibt es, das es nicht auf Erden gibt und nicht im Himmel. a Es ist die Fessel der Venus, durch welche Juno Pronuba solch Verschiedenes zu einem verbindet, wie auch festsetzte Stätten für die Verbundenen. Durch dessen Einfluß wird dem Himmelsgewölbe gefügig das tiefste Naß [25] und die Erde, wie auch alles, das darüber wie darunter sich aufhält. b Dies ist der Zunder des Geistes, und der reine Hauch von Cupidos Feuer, die geschmeidige Salbe oder das ergiebige Öl. Dieser ist der Leim der Natur, das immerwährende Licht. Woher den Pflanzen die Wirksamkeit und den Steinen die Kraft kommt; [30] c welches das Salz unter der Erde dem himmlischen Strom verbindet. Denn neben dem Geist, neben dem hauchigen Öl, —————— [v. 8] Ungeheuer gebären nicht. [v. 11] Die ewigen und unveränderlichen Gestalten. [v. 15] Nichts wird aus einem erzeugt. [v. 16] * Die Vermischung der vier Eigenschaften. [v. 18] † Welche denn die Ursache der Vermischung der Formen ist. [v. 22] a Siehe Lukrez vom Anfang des Werkes an; wie auch das dem Catull zugeschriebene ›Pervigilium Veneris‹. [v. 26] b Es kommt ein anderer von der Weltseele. Siehe auch Fernel. [v. 30] c Dem Mercurius der Chemiker wird es verbunden durch die Vermittlung des Schwefels. [S. 23]

welches fett ist, ist es das erste Band der groben Elemente, den irdischen Stoffen wohnen andere lebendige Teile inne. Es steckt nämlich darin gewissermaßen ein kristallinischer Teil des Salzes wie auch ein gewisses anderes, * welches sauren Geschmack auf die Zunge träufelt. [5] Diese rieb —————— [v. 4] * Der Mercurius ist nach einigen von Natur aus ein Essig.

114 [5]

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[30]

B. Edition und Übersetzung

Haec animo quondam adfricuit Natura creatrix, His ut subsidiis fieret † generatio rerum, Atque sapor mixtis, et pondus, odorqué veniret. Et licet in fabricis nox illis incubet atra, Et veluti tenebris lateant immersa profundis, Cum tamen a exiliunt probroso ê carcere noctis, De palma possint cum agili contendere caelo: Findor, b an ipsum astrum defusum ex aethere dicas! Vsque adeò aethereis fateare simillima flammis, Haec vis in cunctis, et in unoque seorsim Exurgit, postquam c fumum secreverit d unda: e Vnguinis aura fimum: sal pernicialia foecis Stercora, et aethereis reddantur consona stellis. f Donec enim pingue hoc flammans depaverit ignis, Dixeris impurum; sin in medio igne triumphet, Sidereum verè est, quod nil dispertit ab igne, g Vt quoque nulla potest astrum comburere flamma. Non tamen est oleis similis natura quibusvis. h Queîs verò est animo major cognatio Mundi, Hoc magis adversus possunt subsistere flammam, i Quale est argento, quale est rutilo unguen in auro: Caetera quò distant magis, hôc minus ignibus obstant. k At quia Chrysolithi nullo igne cremabile semen Esse decet, de trunco auri decerpere fas est. Non tamen hinc opus exurgat venerabile gemma. Spiritus est animae socius, quem jungere debes, Atque Salis virtus, uno quae corpore constant. —————— [v. 6] † Paracelsi opinio de qualitatibus secundis. [v. 10] a Operâ Chymicorum, per putrefactionem scilicet principio separantem. [v. 12] b Ita Persius: Findor an Arcadiae etc. [v. 15] c Impuritas. [v. 15] d Mercurius. [v. 16] e Oleum seu sulfur. [v. 18] f Combustibilitas ab impuritate dependet. [v. 21] g Oleorum diversitas. [v. 23] h Quo purius oleum, eò impatibilius. [v. 25] i Olea auri, et argenti. [v. 27] k Quale semen debeat esse ipsius Lapidis.

[S. 24]

Spiritus hic pariter, diffusus in omnia Mundi Fundamenta potens, magnum dat rebus honorem. —————— [v. 1] Spiritus Mundi.

Chryseis, Liber II.

115

ein einst mit Lebenskraft die Schöpferin Natur, damit mit diesen Hilfsmitteln die † Erzeugung der Dinge geschähe, wie auch den Vermischten Geschmack, Masse und Geruch zukäme. Und möge auch finstere Nacht auf jenen Erzeugnissen lasten, und mögen sie gleichsam in tiefer Finsternis getaucht verborgen sein, [10] wenn sie dennoch a aus der Dunkelheit schimpflichem Kerker hervorspringen, könnten sie um den Siegeszweig wetteifern mit dem behenden Himmel. Ich platze, b fast meint man, ein Stern selbst sei aus dem Himmel herabgefallen! Soweit halte sie für sehr ähnlich den himmlischen Flammen. Diese Kraft lebt in allen wie auch in einem besonders [15] wieder auf, nachdem c den Dampft d das Naß abgesondert hat; der Glanz e den Schmutz des Salböls; das Salz den verderblichen Unrat des Bodensatzes; nun werden sie den himmlischen Sternen einvernehmlich gemacht. f Bis nämlich das lodernde Feuer dieses Fette verzehrt hat, nennt man es unrein. Wofern es aber mitten im Feuer den Sieg davon trägt, [20] ist es wahrhaftig das göttliche, das nicht vom Feuer vernichtet wird, g wie es auch keine Flamme vermag, ein Gestirn zu verbrennen. Jedoch ist die Natur nicht irgendwelchen Ölen ähnlich. h Desto größer diesen freilich die Verwandtschaft zur Welt als zum Geist ist, desto mehr vermögen sie es, der Flamme zu widerstehen, [25] i welches im Silber, welches im rotglänzenden Golde die Salbe ist: Je weiter die Übrigen fern stehen, desto weniger widerstehen sie den Feuern. k Allein, weil es sich für den Chrysolith geziemt ein durch kein Feuer verbrennbarer Same zu sein, ist es göttliches Gebot, ihn vom Stamme des Goldes abzupflücken. Dennoch soll nicht aus diesem verehrungswürdigen Werk der Stein sich erheben. [30] Der Geist ist der Seele Gefährte, den man verbinden muß, wie auch die Tugend des Salzes, welche sich in einem Teil befinden. —————— [v. 6] † Des Paracelsus Meinung von den sekundären Eigenschaften. [v. 10] a Durch die Arbeit der Chemiker; durch die Faulung, versteht sich, welche anfangs absondert. [v. 12] b So Persius: Ich platze, fast meint man, [es brüllten] Arkadiens [Herden], etc.268 [v. 15] c Unreinheit. [v. 15] d Mercurius. [v. 16] e Öl oder Schwefel. [v. 18] f Die Brennbarkeit hängt von der Unreinheit ab. [v. 21] g Der Öle Verschiedenheit. [v. 23] h Je reiner das Öl, desto unempfindlicher [ist es]. [v. 25] i Die Öle des Goldes und des Silbers. [v. 27] k Wie beschaffen der Same desselben Steins sein soll. [S. 24]

Dieser Geist verleiht ebenso, mächtig verströmt in allen Urgründen der Welt, —————— [v. 1] Der Geist der Welt. 268

Abgeglichen mit der Übersetzung von W. Kißel, in: Persius (1990), S. 35.

116

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B. Edition und Übersetzung

Hic Cypri diva est: hic est grandaeva Dione: l Hic fortasse Phanes, quem quondam prodidit Orpheus, Ante Chaos inter coelestia numina primùm Constituisse torum rebus numerumqué decentem. m Hic quasi cardo virens stabili quasi rotat omnia motu: Hic dirimit totum partes in quattuor annum: Hic trahit in sese, quod continet Orbis uterque, Et volitans, et quadrifida qui mole quiescit. Hic licet aetherius, tamen his dignatus oletis Connasci, se multimodis virtutibus infert: Magna dei suboles * Chronii, qui cuncta per omnem Movit naturam, et primaeva est rebus origo. Spiritus ille ingens, Mundi distractus in artus Non una virtute cluit, sed mille figuras: Mille modos profert, et spargit mille colores. Namque suae par est contractae dotibus aurae, Quam sibi perpetuis vinclis univit ab ortu. Est tamen in † minio longè preciosior aura: Non in vulgari, sed quod se Solis ab ortu Extulit, et tractim pelagi * spumantibus undis Aequale evadit, Veneris natalibus almae: Et spernit tandem Vulcanum, † et in igne triumphat, Multicolorqué velut splendet Thaumantia proles. Sed jam Sol vergit, * seróque it Vesper Olympo: I, Chrysanthe: casâ vicinâ hâc nocte jacebis. Cras ubi puniceo Pallantias ibit amictu, Et caput igniferum producet ab aequore Phoebus, Plura revelabo: tu me hac sub frunde videbis. —————— [v. 4] l De Phanete deorum parente vide Orphei hymnum. [v. 7] m Alias linea viridis dicitur. [v. 13] * Saturni id est temporis. [v. 20] † Mercurio Philosophorum. [v. 22] * Albescentibus. [v. 24] † Varii in Mercurio colores. [v. 26] * Abruptio.

Chryseis, Liber II.

117

den Dingen große Pracht. Dieser ist die Cyprische Gottheit. Dieser ist die hochbejahrte Dione. l Dieser [ist] womöglich Phanes, von dem einst Orpheus überlieferte, [5] er habe vor dem Chaos zu Anfang unter den himmlischen Göttern für die Dinge die Stätte und den passenden Rang festgesetzt. m Dieser dreht gleichsam als Angelpunkt kräftig alles mit fester Bewegung herum. Dieser unterteilt das ganze Jahr in vier Teile. Dieser hat bei sich im Gefolge, was ein jeder der Weltkreise enthält; [10] sowohl der hochschwebende, als auch derjenige, welcher in der viergeteilten Masse ruht. Dieser, mag er auch ein himmlischer sein, hielt es dennoch für wert, diesem Unrat eingeboren zu werden; bringt sich mit mannigfaltigen Eigenschaften ein. Der große Abkömmling des Gottes * Chronos, welcher alles in der ganzen Natur bewegt, ist auch den Dingen der früheste Ursprung. [15] Jener ungeheuere Geist, zerteilt in die Glieder der Welt ist nicht wegen einer Eigenschaft groß, sondern tausend Gestalten, tausend Erscheinungen bringt er hervor, und streut aus tausend Farben. Denn er ist an Gaben gleich seinem verbundenen Glanz, welchem er sich durch stetige Bande von Anfang an vereinigte. [20] Es ist dennoch im † Zinnober ein weitaus kostbarerer Glanz; nicht im gemeinen, sondern welcher sich von Sonnenaufgang an verbreitete, und der nach und nach sich selbst gleich den * schäumenden Wogen der See entkam, den Geburtsstätten der nährenden Venus. Ebenso verachtet er zuletzt Vulcanus † und trägt im Feuer den Triumph davon, [25] und er glänzt vielfarbig so wie die Thaumantische Tochter Doch bereits neigt sich die Sonne, * und spät tritt der Abendstern ans Firmament. Geh, Chrysanthus. In einer nahen Hütte wirst Du in dieser Nacht ruhen. Morgen, sobald im purpurfarbenen Umhang Pallantias auftreten wird, und Phoebus das feuertragende Haupt aus der Meeresfläche erheben wird, [30] werde ich Mehreres enthüllen. Unter diesem Laub wirst Du mich finden. —————— [v. 4] l Über Phanes, den Erzeuger der Götter, siehe den Hymnus des Orpheus. [v. 7] m Sonst wird sie die Grüne Linie genannt. [v. 13] * Des Saturns, das heißt: der Zeit. [v. 20] † Im Mercurius der Philosophen. [v. 22] * Den Weißmachenden. [v. 24] † Beim Mercurius die verschiedenen Farben. [v. 26] * Abruptio.

118 [S. 25]

B. Edition und Übersetzung

IOHANNIS NICOLAI FURICHII, Med[icinae] D[octoris] et Poët[ae] Caes[arei]

CHRYSEIDOS LIBER III. Argumentum, CO ntinet liber tertius somnium authoris, et ejus explicationem â Sene subjunctam, unde arguitur, quod ex auro semen Lapidis Philosophici sit petendum; ostendit insuper quale requiratur aurum, et quo pacto, mediove extundatur ejus semen: rejecit interim caetera, quae tincturam aliquam metallis tantum illinunt, perfacili labore rursus inde separandum: iterum de auro minerali: extollit rerum natalem integritatem: invehitur Satyrica elusione in secus sentientes: tradit aliqua de sulfuribus Solis et Lunae: obiter tangit ignis modum: iterum de Mercurio Philosoph[ico] specialiora, et nonnulla de ejus cum semine conjunctione: de Mercurii partibus combustibilibus, quas quidam cambar vocant: solvit tandem objectionem de transmutatione metallorum.

[S. 26]

[5]

[10]

AS t ego nocturnae condo mea membra quieti: Vix connixi oculis, agitant cum somnia mentem. Quid sibi tanta volunt, exclamo, horrende * Phobetor? Et mea stratus humi languentia membra voluto. Tollo caput, relevóque oculos ad sidera fessos: Vergilias video vix dum * concedere coelo, Et Iugulas lento cursum persolvere passis. Intereà verso insomnis nova somnia mecum, Dum coepit roseis Aurora micare capillis: Impatiens expecto senem: consurgo, pedemqué Promoveo, et venio signatae ad germina quercus. Hîc offendo senem junctis ad sidera palmis, Cumque audit strepitum, respexit ponè meantem: Surgit, et amplexu, salve sis, dixit amico: —————— [v. 3] * Deus somniorum, quemadmodum et Morpheus. [v. 6] * Ita Plautus in Amphitruone.

119

Chryseis, Liber III.

[S. 25]

DES JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS, Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter

DER CHRYSEIS III. BUCH Inhalt, Es enthält das dritte Buch einen Traum des Verfassers, und hinzugefügt dessen Erklärung durch einen Greis, worin deutlich kundgetan wird, welcher Same des Steins der Weisen aus dem Gold zu erlangen ist. Es zeigt darüber hinaus auf, was für ein Gold benötigt wird und auf welche Weise oder durch welches Mittel dessen Same zu Wege gebracht wird. Es verwirft indessen die übrigen, welche den Metallen bloß irgendeine Färbung aufschmieren, die durch äußerst geringe Mühe von diesen wiederum abzusondern ist; wiederum über das mineralische Gold: Es hebt die Reinheit der Dinge bei der Entstehung hervor. In ›satyrischer‹ Verhöhnung wird gegen jene losgezogen, welche anderer Meinung sind. Es behandelt weiteres über die Schwefel von Sol und Luna. Unterwegs kommt es auf die Art des Feuers; wiederum über den Philosophischen Mercurius Genaueres wie auch manches über dessen Vereinigung mit dem Samen; über die verbrennbaren Teile des Mercurius, welche manche Zinnober nennen. Zuletzt entkräftet es den Einwand bezüglich der Verwandlung der Metalle. [S. 26]

Allein, ich berge meine Glieder in nächtlicher Ruhe. Kaum sind die Augen geschlossen, da wühlen Träume das Gemüt auf. »Was, rufe ich aus, schrecklicher * Phobetor, soll das alles bedeuten?« Und auf dem Boden hingestreckt wälze ich meine matten Glieder hin und her. [5] Ich hebe das Haupt und richte die müden Augen zu den Sternen empor. Kaum sehe ich, wie die Plejaden sich * vom Himmel zurückziehen, und das Dreigestirn mit trägen Schritten den Lauf vollendet. Unterdessen bin ich bei mir schlaflos mit neuen Träumen zugange, da Aurora mit rosenfarbigen Haaren zu schimmern beginnt. [10] Ungeduldig erwarte ich den Greis. Ich erhebe mich, mache mich auf den Weg und komme zu den Zweigen der vereinbarten Eiche. Dort stoße ich auf den Greis, der die Hände zu den Gestirnen ausgestreckt hat. Als er das Geräusch hörte, blickte er nach hinten auf den Ankömmling. Er erhob sich und, indem er den Freund umarmte, sagte er:

—————— [v. 3] * Ein Traumgott, ebenso auch Morpheus. [v. 6] * So Plautus im ›Amphytruo‹.

120 [15]

[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Quid, Chrysanthe, vales? Ecquid placet hospita tellus? Parcior hîc somnus: sunt dura cubilia nobis: Non haec sancte senex, inquam, turbare valerent Defessos animos: caussa at sublimior obstat. Mira hodiè nostram quassârunt somnia mentem. Si vacat, et gratum est, omnem enarrabo tenorem: Annuit ille, simul mecum consedit in herba. Tunc ego confidens: dictis ergò arrige mentem. Ante meos oculos visa est speciosa deorum Apparere cohors, et me circumdare totum. Diva Paphi custos primùm est ordita loquelam, Dicens: Ecce sequor modò sera cubilia Phoebi, Mox praeco, Eois cum Sol redit udus ab oris. Ad te jam venio * aerato spontanea curru, Non impulsa minis. Quis enim divae imperet audax? Aëre quidem vestita sono: sonat aere curule: Aenea sceptra haec sunt: fulcra aenea, et aenae torques. Ne mirare habitum: mihi non Cytheria Cypros Iam dat tecta: inter jam gratum est ire fodinas. —————— [v. 15] Ita Authorem adscitio nomine compellat Senex. [v. 26] Hesperus. [v. 27] Lucifer. [v. 28] * Quia jam Cupri dea dicitur.

[S. 27]

[5]

[10]

Vis quidem ab axe data est, * purâ splendescere luce Vt liceat: mihi dura tamen, vilisque supellex Exsolvit vires; alias mea numina cunctae Sentirent fabricae. Tamen haec carchesia porto, Vnde profundo imbrem super haec * infirma metalla, Et maculas extergo omnes, naevósque vetustòs, Vt jubar introeat Phoebi, grandísque facultas. Hic imber fluit uberibus, cum copula Amoris Mulciberiqué dolus me junxit forte † Gradivo. Iam sum foeta brevi pulcrum enixura * puellum, Atque mihi Lucina foret bis quarta Diana: Clarus erit laude, atque excellet utrumqué parentem. —————— [v. 1] * Id est non obscura. [v. 3] N[ota] B[ene]. [v. 5] * Caetera omnia praeter Aurum et argentum. [v. 9] † Ferro. [v. 10] * Spiritum ex vitriolo utriusque destillatum.

Chryseis, Liber III.

121

»Sei gegrüßt. [15] Wie fühlst Du Dich, Chrysanthus? Wie gefällt Dir das fremde Land? Schlaf ist hier recht selten, die Lager sind für uns hart.« »Nicht diese, ehrwürdiger Greis, erwidere ich, wären imstande, die erschöpften Sinne in Unruhe zu halten. Eine höhere Ursache jedoch steht dagegen. Mein Gemüt erschütterten heute wundersame Träume. [20] Sofern wir Zeit haben, und es recht ist, werde ich den ganzen Verlauf erzählen.« Jener nickte zustimmend, und gleich darauf setzte er sich mit mir ins Gras. Darauf begann ich im Vertrauen: »Also richte deine Aufmerksamkeit auf das Gesagte. Vor meinen Augen schien eine prächtige Schar von Göttern aufzutauchen und mich ganz zu umgeben. [25] Zuerst war es an der göttlichen Behüterin der Stadt Paphus zu sprechen, sie sagte: ,Sieh, bald folge ich spätabends den Nachtlagern des Phöbus, bald kündige ich ihn an, wenn der Sonnengott benetzt aus den Gegenden im Morgen zurückkehrt. Zu Dir komme ich aus eigenem Antrieb im * erzbeschlagenen Wagen, nicht durch Drohungen veranlaßt. Wer wäre so verwegen, einer Gottheit Befehle zu erteilen? [30] Gehüllt bin ich nämlich in tönendes Erz. Von Erz tönt der Sitz. Aus Erz sind diese Szepter, die Polster aus Erz, wie auch aus Erz die Halsberge. Wundere Dich nicht über die Aufmachung. Mir bietet kein Obdach mehr das Cythereische Zypern. In den Bergwerken zu wandeln ist nunmehr willkommen. —————— [v. 15] So redet den Verfasser mit dem erfunden Namen an der Greis. [v. 26] Abendstern. [v. 27] Morgenstern. [v. 28] * Weil sie außerdem die Göttin des Kupfers genannt wird.

[S. 27]

Die Kraft ist zwar von der Himmelsachse verliehen,* so daß es frei steht, in reinem Licht zu gleißen. Dennoch entzieht mir das derbe und wertlose Rüstzeug die Kräfte. Andernfalls würden alle Metallwerkstätten meine Gottheit verspüren. Gleichwohl trage ich diese Gefäße, [5] aus welchen ich über diese * schwachen Metalle ein Wasser ausgieße und alle Flecken abwasche und alten Makel, damit der Glanz des Phoebus hineintritt, und eine bedeutende Kraft. Dieses Wasser entströmte den Brüsten, da gerade die Fessel Amors und die List des Schmelzers mich einmal dem † Kriegsgott verbanden. [10] Schon bin ich schwanger und werde in kürze einen holden * Knaben gebären. Und Geburtsgöttin wird zweimal die vierte Diana mir sein. Berühmt wird er ob seiner Vortrefflichkeit sein und beide El—————— [v. 1] * Das heißt: nicht im Dunklen befindlich. [v. 3] Beachte genau. [v. 5] * Alle anderen neben dem Gold und dem Silber. [v. 9] † Dem Eisen. [v. 10] * Den Geist, welcher aus dem Vitriol der beiden destilliert ist.

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B. Edition und Übersetzung

At a Phoebus, postquam percepit verba sororis, Parcius ista diis, inquit: non sola metallis Praeses ades: sed ego quoque sceptra superba guberno: Nos etiam b ignis alit, nec promulsa antia flammis Conflagrat, quamvis caput inter fulmina condam. Ipse mihi c genitor nato struit usque fideli Crebras insidias, regnumqué invadit avitum. Haec simulac dixit, thermas descendere in altas Visus Apollo fuit, sesequé immergere lymphis. Interea dum ludit aquis prolutus amoenis, Deliquium invadit mentis, tenerosqué per artus Perreptat glacies. Mox prodit concio divûm: Consultant medici divi: suffragia poscit Alipes ille deus. Dic tu, d Saturne, deorum Quid sentis, inquit, genitor? Quid caussa doloris? Te penes est etenim secreta e scientia rerum. Huic ita Saturnus: Vera inquis: temporis author Sum verúsque parens: meus est et Olympus et Orcus, Hujus de latebris per Mundum f semino mortem, Illius at latices me fundunt auspice vitam. —————— [v. 13] a Aurum. [v. 16] b Aurum ab igne nihil deperdit. [v. 18] c Saturnus. [v. 26] d Mercurius. [v. 28] e Saturnus scientiae secretae inventor. [v. 31] f Tempus omnis generationis et corruptionis author.

[S. 28]

[5]

[10]

Ne turbate animos: falce hac percussus Apollo Seminianimis cecidit, vitreo dum fonte lavabat. Haec namque arma fluunt grave olente peruncta veneno: Non tamen extinxi. Namque est carissima proles, Delicium proprio quamvis sit sanguine vesci: Et licet effundat torrentem ê corde cruoris, Non animam tamen efflabit. Nam vita deorum Immortalis agit, crudelis nescia fati. Haec nostri feci caussâ, generosus ut humor Exfricet * has rugas, et tetri plumbea vultus Terricula, et parili vos omnes mactet honore. Namque cruor Phoebi nostro de corpore sordes —————— [v. 6] Plumbum mirè auro adhaerescit. [v. 10] * Ipsius Saturni.

Chryseis, Liber III.

123

ternteile wird er übertreffen.‹ Allein, a Phoebus, nachdem er die Worte der Schwester vernommen hatte, diese war für eine Gottheit recht bescheiden, sprach: ›Nicht nur Du, als Vorsteherin der Metalle [15] bist anwesend, sondern auch ich regiere das erhabene Reich. Uns nährt außerdem b das Feuer, aber nicht steht uns das nach vorn gestrichene Haupthaar in Flammen, wie sehr auch ich den Kopf zwischen Blitzstrahlen berge. Der c Urvater selbst bereitete mir, der ich ein verläßlicher Nachkomme war, in einem fort zahlreiche Nachstellungen und drang in das vom ihm ererbte Herrschaftsgebiet ein.‹ [20] Sobald er dies gesagt hatte, sah man, wie Apoll in tiefe warme Quellen hinabstieg und in die Wasser eintauchte. Dieweil er sich von den angenehmen Fluten überströmt seine Zeit vertreibt, überkommt [ihn] geistige Umnachtung, und durch die feinen Gliedmaßen kriecht eine Starre. Bald tritt die Götterschar auf. [25] Man zieht die für Heilung zuständigen Götter heran. Eine Beratschlagung fordert jener Gott mit den Flügelschuhen. ›Sprich Du, d Saturn, Erzeuger der Götter, sagt er, was denkst Du? Was ist die Ursache des Leidens? In Deinem Besitz ist das geheime e Wissen von den Dingen.‹ Darauf antwortete folgendermaßen Saturn: ›Du sprichst Wahres. Ich bin der Urheber der Zeit [30] und der wahrhaftige Vater. Mein ist der Olymp, wie auch der Orcus, aus dessen verborgenen Winkeln ich den Tod in die Welt f aussähe, andererseits verströmen die Wasser von jenem unter meiner Gutheißung Leben. —————— [v. 13] a Das Gold. [v. 16] b Das Gold verliert nichts durch das Feuer. [v. 18] c Saturn. [v. 26] d Mercurius. [v. 28] e Saturn, der geheimen Wissenschaft Erfinder. [v. 31] f Die Zeit als Urheber jedweden Werdens und Vergehens.

[S. 28]

Laßt den Mut nicht sinken. Von dieser Sichel durchbohrt fiel Apoll halbtot, während er sich im gläsernen Quell wusch. Denn wahrlich triefen diese Waffen schwer bestrichenen von übelriechendem Gift. Dennoch habe ich ihn nicht getötet. Denn fürwahr ist er der teuerste Nachkomme, [5] wie sehr es auch eine Wonne sein mag, sich am eigenen Fleisch und Blut zu laben. Und wenn er auch aus dem Herzen einen Schwall von Blut ergießt, wird er dennoch die Seele nicht aushauchen. Denn er lebt das unsterbliche Leben der Götter, welches das grausame Schicksal nicht kennt. Dies tat ich um unsretwillen, [10] damit der edle Saft * diese Runzeln glättet und die bleiernen Schrecknisse des häßlichen Antlitzes, und euch alle mit gleicher Pracht beschenkt. Denn fürwahr wäscht das Blut des Phöbus allen Schmutz von un—————— [v. 6] Das Blei bleibt auf auffällige Weise am Gold hängen. [v. 10] * Des Saturn selbst.

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B. Edition und Übersetzung

Abluit, et vita dat nobiliore potiri. Hujus ego interea vitae fundamina fovi, Ad se dum redeat, pergatque cuique coronam Ex auro effectam, gemmisque rubentibus auctam. Haec cum fatus erat, pergit * Cyllenius heros, Atque Iovem affatur summum, † cui nulla corona Aurea visa fuit crispos circuire capillos. Post hunc pallentem compellat voce Dianam: Mox Venerem alloquitur: tum Martis numina poscit. Spondet opem unusquisque suam. Iam balsama odora Certatim nares mulcent, et tempora Phoebi, Dum revocasse animi vires in corde latentes Denique spectabant divi, Phoebusque repente Subsiliens, surgebat iners ab imagine mortis. Extulit ille caput, curásque expendit acutas Divorum, quantis dederint solatia damnis: Effundit lumen, radiosqué extendit amoenos, Et fratres implet miranda luce clienteis. Haec ego dum video, suplex in genua videbar Procubuisse, volens divos majora precari: Ast ego difficilem dum duco spiritum anhelus, —————— [v. 17] * Mercurius [v. 18] † Quia jam ignobiliori solum metallo praeest. [v. 20] Argentum. [v. 21] Cuprum. Ferrum. [v. 30] Loquitur de tinctura.

[S. 29]

[5]

[10]

Somno expergiscor, specieque elabor inani. Hîc meus ille Senex: O te, Chrysanthe, beatum! Non equidem species haec est, ut reris, iananis: Iam mihi vera fides, quòd amet te concio divûm. Non etenim haec cuivis veniunt oracula ad aures: Verùm exponendum est, haec quid tibi phasmata signent. Haut dubium est, inter legisse volumina patrum, Quòd, cui septenus foret una in voce character, Chrysolithi sit principium: sed grammate scribunt Septeno Argivi, res est manifesta, Planetam: Ipse Planeta notat bis trina unumque metalla. Namque antistibus non est contraria, opinor, Dictio, ut adversis tollant sua signa maniplis. Argentum eliciunt vivum; sulfúrque metallis: —————— [v. 9] Vox ἑπταγράμματοϲ quid significet apud Chymicos?

Chryseis, Liber III.

125

serem Körper und gibt, daß wir eines vornehmeren Lebens teilhaftig werden. Unterdessen hegte ich die Grundlagen von dessen Leben, [15] damit er, sobald er zu sich zurückkehrt, einem jeden eine Krone überreicht, aus Gold gefertigt und mit roten Edelsteinen geziert.‹ Als er dies gesagte hatte, fuhr der * Cyllenische Heros fort und wandte sich an den höchsten Jupiter, † dem keine goldene Krone das krause Haar zu umgeben schien. [20] Nach diesem richtete er das Wort an die bleiche Diana. Dann wandte er sich an die Venus. Darauf geht er die Person des Gottes Mars um Rat an. Ein jeder gelobt seinen Beistand. Schon umschmeicheln wohlriechende Balsame im Wettstreit die Nasenlöcher und Schläfen des Phoebus, [25] während die Götter schließlich mitansahen, wie sie die im Herzen verborgenen Kräfte zurückriefen, erhob sich nun Phoebus, da er unvermutet emporfuhr, träge vom Abbild des Todes. Jener hob das Haupt und vergalt die weitsichtigen Bemühungen der Götter, welchen Qualen sie Abhilfe verschafft hätten. Er verströmte Licht, breitete angenehme Strahlen aus [30] und hüllte die dienstbaren Geschwister in staunenerregenden Glanz. Während ich dies sah, schien ich flehend auf die Knie gefallen zu sein, in der Absicht, von den Göttern bedeutendere Dinge zu erbitten. Allein, da ich keuchend mit Mühe Atem hole,

—————— [v. 17] * Mercurius [v. 18] † Weil er außerdem bloß über ein recht geringes Metall gesetzt ist. [v. 20] Das Silber. [v. 21] Das Kupfer. Das Eisen. [v. 30] Es wird über die Tinktur gesprochen. [S. 29]

erwache ich aus dem Schlaf und entgleite der bedeutungslosen Erscheinung.« Da nun rief mein Greis: »Oh, Chrysanthus, Du glücklicher! Diese Erscheinung ist allerdings nicht bedeutungslos, wie Du annimmst. Nunmehr bin ich der festen Überzeugung, daß Dich die Götterschar liebt. [5] Nicht jedem Beliebigen nämlich kommen diese Geheimnisse zu Ohren. Aber es ist darzulegen, was diese Erscheinungen für Dich bedeuten. Es besteht kein Zweifel, während man die Bände der Väter gelesen, daß der Urgrund des Chrysolith sei, welchem in einem Wort zusammen sieben Buchstaben wären. [10] Aber durch jeden der sieben Buchstaben bezeichnen die Argiver, die Sache ist offenkundig, einen Planeten. Zweimal drei und ein Metall bezeichnet seinerseits jeweils ein Planet. Wahrlich, so meine ich, den Meistern steht die Aussage nicht entgegen, daß sie ihre Zeichen in entgegensetzter Ordnung aufreihen. Das Quecksilber entlocken sie den Metallen und —————— [v. 9] Was das aus sieben Buchstaben bestehende Wort bei den Chemikern bedeuten soll.

126 [15]

[20]

[25]

[30]

His qui sordities potis est emungere cunctas, Alterum in alterius sincera ut corpora repat, Non fortasse operam et perdet frustratus olivum. At plus ex auro vicinius eruta possunt. Aurum etenim cum sit reliquis quasi summa metallis, Cunctorum includit vires, ceu flumina Pontus. Fac ergo imprimis caveas, né simplice sensu Scripta virûm accipias, nec [*]269 semina inania vulgi Supponas veris. Dii te monuere faventes. Phoebus enim imperii verè jactavit habenas: Ipse praeest auro, postquam † Chryseis abivit: Non tamen ex auro divinum semen habebis, Si non ante bibat * mordacis flumina lymphae, Sentiat atque intus Saturni toxica dira. Tale est Chrysolithi semen, quod viscera in ima † Secreta condatur humi: est hoc nobile sulfur, Quod stabili donat sua fundamenta colore. Sulfura namque solo sunt diversissima quovis, Naturámque sui sectantur cuncta metalli: —————— [v. 22] * Id est semina metallorum. [v. 25] † Rapta fuit à Plutone. [v. 27] * Menstrui. [v. 30] † Mercurium praeparatum. [v. 31] Sulfur auri. [v. 32] Sulfarum diversitas.

[S. 30]

[5]

[10]

B. Edition und Übersetzung

Sunt tamen et sordeis, atque excrementa fodinis, Quae pariter tingunt leviora alio aera colore: Est tamen his fucis tantum difflabilis aura, Qui licet afflando videantur ferre vigorem, Non tamen in penita fixi radice morantur, Quales sunt vulgò contracti ab alumine vili, Aut de sulfuribus, vendit quae elumbis anicla. Hi sunt * Idaliae fuci, quos sprevit Apollo. Ergo non illinc gemmae est tinctura cienda: Prodeat ex Phoebi, pallentísque aere Dianae: Sulfureas illinc gemmae, Chrysanthe, medelas Eliquet ignipotens, et multo diluat igne: —————— [v. 6] Alumen albificat. [v. 8] * Veneris. [v. 10] Sulfur auri et argenti vera sunt principia Lapidis. 269

Asterisk fehlt in Vorlage, obschon in der Glosse.

Chryseis, Liber III.

127

den Schwefel, [15] der imstande ist, alle Verunreinigungen von diesen abzuwaschen, auf daß der eine in des anderen unvermischte Körper schlüpft, womöglich nicht wird ein Betrogener Öl und Mühe verschwenden. Allein, mehr vermögen die näher aus dem Golde Gezogenen. Denn in der Tat enthält das Gold, da es im Vergleich zu den übrigen Metallen gleichsam die Summe darstellt [20], die Kräfte aller, wie der Pontus die Ströme. Trag also Sorge, daß Du Dich vor allem davor hütest, daß Du die Schriften der Männer im einfachen Sinn auffaßt, auch nicht [*] den wahren die eitlen Samen des Pöbels unterschiebst. Die Dir gewogenen Götter haben Dich unterwiesen. Phoebus nämlich schwang in der Tat die Zügel der Herrschaft. [25] Er selbst steht dem Gold voran, nachdem † Chryseis fortging. Dennoch wirst Du aus Gold keinen göttlichen Samen erhalten, wenn es nicht vorher Ströme von beißendem Wasser trinkt und nicht im Innern die grausamen Gifte Saturns verspürt. So beschaffen ist der Same des Chrysolith, daß er in den verborgenen [30] † innersten Eingeweiden des Erdreichs aufbewahrt wird. Es ist dies der edle Schwefel, der seinen Urgründen eine dauerhafte Färbung verleiht. Denn es gibt fürwahr überall im Boden die unterschiedlichsten Schwefel, und alle spüren der Natur seines Metalls nach. —————— [v. 22] * Das heißt: die Samen der Metalle. [v. 25] † Sie wurde geraubt von Pluto. [v. 27] * Des Menstruum. [v. 30] † Der bereitete Mercurius. [v. 31] Der Schwefel des Goldes. [v. 32] Der Schwefel Verschiedenenheit. [S. 30]

Dennoch gibt es Verunreinigungen wie auch Aussonderungen in den Bergwerken, welche ebenso die leichteren Erze in eine andere Farbe tauchen. Es entsteht lediglich ein abblasbarer Glanz durch dieses Schminken, die, sei es auch, daß sie das Angepustetwerden auszuhalten scheinen, [5] dennoch nicht drinnen in der Wurzel verhaftet sind. Solche werden vom Pöbel aus gemeinem Alaun gezogen oder aus Schwefeln, welche ein lahmes altes Mütterchen feilbietet. Dies ist der Idalischen * Schminkzeug, welches Apoll verschmähte. Folglich ist hieraus die Tinktur für den Stein nicht zu ziehen. [10] Sie soll hervortreten aus dem Erz des Phoebus und der bleichen Diana. Hieraus, Chrysanthus, läßt der Feuerbeherrscher die schwefligen Heilmittel des Steines herausfließen und klärt sie in heftigem Feuer, so

—————— [v. 6] Das Alaun macht weiß. [v. 8] * Der Venus. [v. 10] Der Schwefel des Goldes und des Silbers sind die wahren Principia des Steins.

128

[15]

[20]

[25]

[30]

Dum palpare manu nequeat, † similisque sit aurae. His iterum extensis, et in infinita redactis, Immensam poterit molem * convertere in aurum, Ingentem minimo: grano portenta Colossi. Magnum equidem est † Naturae opus, et mirabile lumen Aurum: non tamen id, quod vulgò pascit avaros: Sed quod sub terris altè viget usque repostum: Aes non expertum violenti brachia fabri: Electri rutilans instar, sed purius auro, * Quod compar viridi cuncti dixêre smaragdo: Non quod sic vireat, veluti vaga gramina Tempe, Sed quod in hoc regnet spirantis copia caeli. Hoc aes intactum viridans quoque linea dicta est, Creditaque immensum distenta fuisse per orbem, Naturaequé ipsi dare vitam, et condere leges. Chrysolithi hoc genus est: haec est natura reposta. Non est in cupro: non est in corpore vili, Quamvis sic tecto clament sermone magistri. Ergo quod gemma est, ejecta faece, futurum, Esto recens, sapiátque suae incunabula matris: E scrobibus veniat, puro spiramine turgens, —————— [v. 13] † Alcool Arabes vocant. [v. 15] * Tinctura. [v. 17] † Auri encomia, sed subterranei. [v. 22] * Viredo auri. [v. 25] Linea viridis quid. [v. 29] Materia Lapidis in caeteris metallis non existit.

[S. 31]

[5]

[10]

B. Edition und Übersetzung

Non passum aritificis conamina torva ferini: Non ignis vires, pluviosi aut aetheris iram. Nam quò quid propius natali abscessit ab ortu, Vi tanto majore tumet, majoribus ausis. In pueris calor ê cunis * generosior halat: Major inest virtus herbis, et floribus ipsis, † Quando luxuriant prima lanugine foeta. Aurea prima aetas erat, atque uberrima doctis Ingeniis: homines grandes excedere pinus * Visi sunt quondam, non, ut nunc, pumiliones. —————— [v. 1] Primordia cujusque rei sunt nobiliora progressu. [v. 5] * Blandus puerorum calor. [v. 6] † Non tamen generale est. [v. 9] * Homines primi saeculi.

Chryseis, Liber III.

129

lange er es mit der Hand nicht zu berühren vermag † und es der Luft ähnlich ist. Mit diesen, sobald sie wiederum gestreckt und ins Unendliche gebracht sind, [15] könnte er eine unermeßliche Menge * in Gold verwandeln, mit einem ganz kleinen Körnchen die ungeheuren Massen des Kolosses. Sicherlich ist ein großes † Werk und eine wunderbare Zierde der Natur das Gold. Dennoch nicht das, welches nach Volksmeinung die Geizhälse satt macht, sondern das sich tief unter der Erde verborgen immerfort regt. [20] Ein Erz, das nicht die Arme des kräftigen Schmiedes verspürt hat, schimmernd wie Bernstein, aber reiner als Gold, * von dem alle sagten, es sei völlig gleich dem grünen Smaragd. Nicht weil es so grün wäre, wie die ausgedehnten Grasflächen im Tempetal, sondern weil in ihm waltet die Pracht des belebten Himmels. [25] Dieses unberührte Erz wird auch die grünende Linie genannt und man glaubt, daß sie um den ganzen unermeßlichen Erdkreis gespannt ward, und daß sie der Natur selbst Leben gab und Gesetze begründete. Dies ist die Art des Chrysolith, dies ist die verborgene Natur. Nicht ist er im Kupfer, nicht ist er in einem wertlosen Körper, [30] wie sehr auch derart in verdeckter Rede die Magister plärren. Frisch hat er zu sein, und man soll ihm noch die Wickelbänder seiner Mutter anmerken, aus dem Mutterschoß soll er kommen, strotzend von reiner Atemluft;

—————— [v. 13] † ›Alcool‹ nennen ihn die Araber. [v. 15] * Die Tinktur. [v. 17] † Des Goldes Lobpreis, doch des unterirdischen. [v. 22] * Das Grünwerden des Goldes. [v. 25] Was die Grüne Linie bezeichnet. [v. 29] Die Materie des Steines kommt in den übrigen Metallen nicht vor.

[S. 31]

nicht erfahren habend die grimmigen Mühen des rohen Handwerkers, nicht die Kräfte des Feuers oder den Zorn des regenbringenden Äthers. Denn je weniger etwas vom Moment der Entstehung entfernt ist, von desto größerer Stärke strotzt es, von desto größerer Tatkraft. [5] Bei neugeborenen Kindern weht der Lebenshauch * üppiger. Größere Kraft ist in den Kräutern und selbst in den Blumen, † wenn sie als Keimlinge im ersten Flaum wuchern. Golden war das erste Zeitalter und dazu äußerst reich an gelehrten Köpfen. [10] Einst schienen die Menschen die hohen Pinien zu überragen

—————— [v. 1] Die Urzustände eines jeden Dinges sind edler als die Entwicklung. [v. 5] * Die angenehme Wärme bei den Kindern. [v. 6] † Dennoch ist es nicht allgemeingültig. [v. 9] * Die Menschen des ersten Zeitalters.

130

[15]

[20]

[25]

[30]

Non fuso immiti Lachesis fatale sinistra † Praecipitabat opus: sed vita fluebat ad instar Dulcisonî torrentis avis: Latitabat Erynnis Nescia terrigenûm: * Furiae quoque lumina Mundi Nondum calcabant, morbis comitantibus, atrae. Ecquae caussa fuit? Dextram sapuêre creantis † Nempe Dei: testa innatum servabat odorem; Et nondum sceleris crepitabat pondere tellus. Iam verò postquam pravo deperdita luxu Omnia degenerant, meritò gravis incubat aetas: Et cana ante diem venit accelerata senectus, Atque ruinoso portendit corpore fatum. Sic aurum, quò prima magis natalia spirat, [†]270 Hoc magis arridet, melioraqué semina praebet, Spiritibúsque incorruptis viget integra moles: Vis agit inconcussa intus: latet ardua virtus. Quam tu virtutem statuas in lumine claro, Ruptis corticibus, siquidem tingentia quaeris Semina, quae caeno quasi erant obtecta profundo. Quocirca, quod igne fluit, ne longius hauri: Ex auro trahitur, quod in aurum vertere debet. Annon explodes, fundésque ê splene cachinnos Si quis aquam hausturus migret, quà Sirius ignes —————— [v. 11] † Primaevae gentes μακροβιῴτεραι. [v. 14] * N[ota] B[ene]. [v. 16] † Ratio dictorum. [v. 26] Aurum solvendum. [v. 33] Plagae Meridionales.

[S. 32]

[5]

Exerit, et Cancri sunt sidera mista Leonis? Si quis, ut incaleat, brumales currat ad oras? Ergo eat Anticyras gens, et purgetur acuto Stulta * Melampodio, quam sic dementia caepit, Vt vivax oleum, invalidis ceu chrisma metallis, Fontibus ex auri temerè neget esse petendum: Audétque in lotiis, et pumice quaerere sicco. O rabies hominum! Scelus ô nulla arte piandum! —————— [v. 2] Septentrionales. [v. 4] * Helleboro. [v. 7] Exclamatio. 270

Crux fehlt in der Vorlage, obschon in der Glosse.

B. Edition und Übersetzung

Chryseis, Liber III.

131

und nicht, wie jetzt, Zwerge. Nicht † überhastete die üble Lachesis mit der Schicksalsspindel das Werk, sondern das Leben floß für die Ahnherren dahin wie ein lieblich murmelnder Wildbach. Die Erynnie, welche das Erdengeschlecht nicht kannte, hielt sich verborgen. * Auch die schwarzen Furien [15] traten noch nicht, von Krankheiten begleitet, vor die Augen der Welt. Gab es irgendeinen Grund? Offenbar erkannte man die rechte Hand des Schöpfergottes. † Der Topf behielt den Wohlgeruch, mit welchem er in Berührung gekommen war. Auch ächzte die Erde noch nicht unter der Last des Verbrechens. Fürwahr aber, da [20] * alles, durch unschickliche Ausschweifung verdorben, entartet, lastet zu Recht ein beschwerliches Zeitalter auf uns. Auch kommt vor dem Tag grau das beschleunigte Alter und kündigt im hinfälligen Leib an das Schicksal: ebenso das Gold. Je mehr es vom Duft der frühesten Entstehungszeit an sich hat, desto mehr verheißt es, desto bessere Samen bringt es hervor, [25] auch steht die unberührte Masse mit ungeminderter Stärke in voller Blüte. Drinnen verweilt unerschüttert die Kraft, verbirgt sich schwer zugänglich die Tugend. Diese Tugend erkennst Du im hellen Licht, sobald die Schalen aufgebrochen sind, sofern Du ja nach den Samen, die einfärben, verlangst, welche gleichsam von dickem Schmutz überdeckt waren. [30] Deswegen, was im Feuer fließt, schöpfe nicht länger: Aus Gold wird gewonnen, was in Gold wandeln soll. Oder pochst Du nicht aus und prikkelt Dir nicht vor lauter Gelächter die Milz, wenn jemand, um Wasser zu schöpfen dorthin wandert, wo der Hundsstern die Flammen —————— [v. 11] † Die Urvölker waren recht langlebig. [v. 14] * Beachte genau. [v. 16] † Die Beziehung zum Gesagten. [v. 26] Das aufzulösende Gold. [v. 33] Die südlichen Gefilde.

[S. 32]

heraustreibt, und das Sternbild des Krebses mit dem des Löwen vermischt ist? Wenn jemand, um es warm zu haben, zu den hochwinterlichen Gegenden eilt? Also soll die Sippschaft sich nach Anticyra begeben und in ihrer Einfalt mit scharfer * Nieswurz purgiert werden, welche derart dem Schwachsinn anheimfiel, [5] daß sie lebhaft aufs Geratewohl verneint, daß Öl, als Salbung für die kranken Metalle, aus den Quellen des Goldes zu erlangen ist. Und sich untersteht, im Harn und im trockenen Geröll herumzusuchen. Oh, Raserei der Menschen! Oh, auf keine Weise zu süh—————— [v. 2] Die Nördlichen. [v. 4] * Mit Nieswurz. [v. 7] Exclamatio.

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B. Edition und Übersetzung

Audebit tentare chaos gens impia foedum, Dum rerum invertit natura atque ordine rupto Ipsa catenatum sensim diffibulat orbem. Namque Deus cognata dedit primordia cunctis, Et statuit rebus seriem, metasque severas. Sed quoniam argenti de sulfure mentio facta est, A Phoebi puro impurum dignosce Dianae: Hoc ab eo innati capit incrementa decoris: Hoc est terrenum potius, coeleste sed illud. Huic tamen illo opus est, illi hôc opus ordine verso est. Non secus ac coeli spaciosa volumina formis Plena, sui in terras simulacra simillima fundunt: Terra sinum roseum veniunte reducta marito Intumet, et variis conspergit tergora plantis. Sic junctis operis dum sulfura bina cohaerent, Fatali gaudent nexu, ceu foedere firmo, Atque maritali quasi congeminata capistro. Ergo focum strue subde ignem, sed ab aethere raptum: Extrahe lento igni naturae sulfura fixae, Qualia non superet ferventis spiritus Aethnae: Haeret in his virtus animae, cunctique metalli: Haec sunt naturae quasi vivida * balsama lapsae, Queis si vel minimum cariosa metallae † perungas, Producent vitam, et quasi luxuriantia vivis —————— [v. 14] Sulfur Lunae sive Argenti. [v. 19] Comparatio. [v. 27] Sulfura fixa. [v. 30] * Mutuatio vocis. [v. 31] † Ita dicitur, non ut junctione solum transmutent: sed allusivè Medicorum inunctiones subinnuit.

[S. 33]

[5]

Turgebunt succis. Dictum est, quô fonte petenda. Namque suo radio produnt se sulfura tanta: Haec non Vulcani feritas, sed mitior ignis Eruat, aut subitò disrupto pariete sursum Aufugiet patriam versus, finésque polorum. Nunc haerere animis; spero quid denotet omen, Quô te praemonuit per somnia † nata Cybelles. Iam redeo ad terram, cui seminis aurea pulpa * —————— [v. 3] Cautela penes ignem. [v. 7] † Chryseis. [v. 8] * Iterum de Mercurio.

Chryseis, Liber III.

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nender Frevel! Die gottlose Sippschaft wird es wagen, sich an das furchtbare Chaos zu machen, [10] wenn sie nur das Wesen der Dinge verkehrt und, sobald die Ordnung zerstört ist, selbst nach und nach auflöst den verknüpften Erdkreis. Denn Gott gab fürwahr allen ähnliche Urgründe und beschloß für die Dinge den Zusammenhang und die genauen Ziele. Aber, weil ja der Schwefel des Silbers Erwähnung gefunden hat, [15] unterscheide vom reinen des Phoebus den unreinen der Diana. Dieser nimmt sich von jenem die Steigerung des angeborenen Schmucks. Jener gehört eher zur Erde, dieser aber zum Himmel. Dieser braucht gleichwohl jenen, jener braucht diesen in umkehrtem Verhältnis. Ganz so wie die weiten Wölbungen des Himmels von Bildern [20] voll, auf der Erde ihnen sehr ähnliche Abbilder erzeugen. Die Erde wölbt, da der Gatte naht, versöhnt den rosigen Busen und bestreut den Rücken mit mannigfaltigen Pflanzen. Derart verehelicht erfreuen sie sich, da die beiden Schwefel zusammenhängen, einer vom Schicksal bestimmten Verbindung, oder vielmehr eines festen Bündnisses, [25] und gleichsam einander angeschlossen des Ehebandes. Also errichte einen Herd und tue Feuer hinzu, aber aus dem Äther geraubtes. Entziehe auf kleiner Flamme die Schwefel von fester Beschaffenheit, wie sie nicht der Atem des brodelnden Ätna überträfe. In diesen steckt die Tugend der Seele und aller Metalle. [30] Jene sind gleichsam die lebendigen * Balsame der abgeglittenen Natur, wenn man mit diesen, auch nur sehr wenig, einem Metall die faulen Stellen † bestreicht, werden sie Leben hervorbringen und, als ob sie von Lebenskraft schwollen, —————— [v. 14] Der Schwefel der Luna, oder des Silbers. [v. 19] Vergleich. [v. 27] Die feuerbeständigen Schwefel. [v. 30] * Eine Entlehnung des Wortes. [v. 31] † So wird gesagt, nicht dergestalt, daß sie bloß in der Vereinigung verändern, sondern es spielt übertragen an auf die Salben der Ärzte.

[S. 33]

werden sie von Säften strotzen. Es ist gesagt, aus welcher Quelle sie zu erhalten sind. Denn fürwahr durch ihren Strahl kommen so viele Schwefel hervor. Diese soll nicht die Wildheit Vulkans, sondern sanfteres Feuer herausbringen, oder er wird plötzlich, nachdem die Wand ringsum zerborsten ist, [5] entfliehen hin zur Heimat oder den Grenzen des Himmels. Nun hoffe ich, daß im Gedächtnis haftet, was das Vorzeichen bedeutet, mit welchem Dir † die Tochter der Cybele durch Traumbilder weissagte. Nun kehre ich zur Erde zurück, welcher das goldene zarte Holz des Keimlings * —————— [v. 3] Vorsicht hinsichtlich des Feuers. [v. 7] † Chryseis. [v. 8] * Wiederum über den Mercurius.

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Intumulanda foret. Nam lux hesterna vetabat Exsinuare modum, et sanctae natalia terrae. Cinnabarim dixi dare pro sementibus agrum. Haec terrae ê venis pariter, * velut aurea messis, Produci debet: ne illi de robore quicquam Dempserit ignis opus, † sed vivo cespite semen Ambiat, et fido conservet ventre solutum. Interea nutricis agat pia munera * verae, Dum menses bis quinque fluant, et nectare dulci Crescentem irroret foetum, dum denique membris [†]271 Omnibus erumpat pulcer, lucemqué patentem Adfectet, spernatqué utero, claustrisqué teneri. Imminet hîc partus: solvuntur vincula nato: Incipiunt animae apparere in corpore signa: * Procedit suboles patrio dignissima coelo, Et licet inferior Saturno patre sit annis, Pondere praecellit tamen, et virtutibus ipsum. Ergo metallorum summus, quem dico, Tyrannus, (Mercurium vocitant) scrobibus productus ab imis, Gemma est, quam toties decantavere priores, Purpureis rutilans radiis, quae flamine constans Clarifico, fundit lymphas de fonte * perennes. Hic eat ad coelos, et mox iterum inde recedat; Cumque iterum atque iterum coelum fundumqué relambit Penniger instabilis, pereunte rubigine quavis —————— [v. 12] * Genitale solum Mercurii. [v. 14] † Sit integer, ignem non expertus. [v. 16] * Ut Mercurius aurum enutriat. [v. 18] † Allusio. [v. 23] * Lapis Philosophorum. [v. 30] * Perennantes. [v. 32] Sublimatio saepius repetenda.

[S. 34]

[5]

B. Edition und Übersetzung

Impatiens carici valido persistet in igne. Extrahimus verò pedetentim, nec nisi certis Solibus exactis, operis primordia nostri. Horum si rectam semper teneamus amussim, Procedet votum. Requiescat vase profundo Immotum corpus, flatus cui mobilis haeret: —————— [v. 2] Extractio fit certis mensuris. 271

Crux fehlt in der Vorlage, obschon in der Glosse.

Chryseis, Liber III.

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einzupflanzen sein wird. Denn das gestrige Licht gestattete nicht, [10] das Ziel und den Ursprung der göttlichen Erde darzulegen. Ich sagte, der Acker brächte statt jungem Getreide Drachenblut hervor. Dieses muß aus den Adern der Erde * ganz genauso wie eine goldene Ernte hervorgebracht werden, damit jenem die Einwirkung des Feuers nichts von der Stärke fortnehmen wird, † sondern den Samen im intaktem Erdreich [15] umgibt, und ihn im sicheren Bauch sacht gelagert bewahrt. Unterdessen soll sie den redlichen Pflichten einer * wahrhaften Ernährerin nachkommen, während zweimal fünf Monate verrinnen, und mit süßem Nektar soll sie den Keimling benetzen, bis er schließlich mit allen Gliedern prächtig hervorbricht [†] und das freie Tageslicht [20] anstrebt, und es verschmäht, im Mutterleib unter Verschluß gehalten zu werden. Alsdann steht die Geburt bevor, dem Geborenen werden die Fesseln gelöst. Im Körper beginnen sich Anzeichen von Leben zu zeigen. * Der äußerst würdige Sprößling kommt dem väterlichen Himmel gleich, und mag er auch an Jahren jünger sein als der Vater Saturn, [25] übertrifft er ihn selbst dennoch an Gewicht und an Tugenden. Folglich ist das höchste der Metalle, welches ich ›Tyrannus‹ nenne (man nennt es üblicherweise Mercurius), welches hervorgebracht wurde aus den untersten Gruben, der Stein, den so viele zuvor besungen haben, in purpurnen Strahlen rotleuchtend, [30] der beständig mit hellmachender Flamme gießt aus der Quelle * immerwährend Wasser. Nun soll er in die Himmel steigen und bald wiederum von dort zurückkehren. Und wenn der rastlose Geflügelte immer und immer wieder Himmel und Erdboden beleckt hat, wird er, da die Rostfarbe zur Gänze vergeht, —————— [v. 12] * Der zur Erzeugung des Mercurius gehörige Grund. [v. 14] † Er soll unversehrt sein, das Feuer nicht erfahren habend. [v. 16] * Wie der Mercurius das Gold aufziehen soll. [v. 18] † Übertragener Ausdruck. [v. 23] * Der Stein der Weisen. [v. 30] * Lange Währ verleihend. [v. 32] Die Erhebung ist öfters zu wiederholen.

[S. 34]

nicht geneigt die Bürde zu tragen, im kräftigen Feuer verharren. Wir aber ziehen daraus nach und nach und nur, wenn ein bestimmte Anzahl von Tagen vergangen ist, die Urgründe unseres Werkes. Deren, sofern wir immer das rechte Maß einhalten, [5] verheißener Erfolg eintritt. In einem tiefen Gefäß soll der unbewegliche Körper ruhen, an welchem —————— [v. 2] Die Ausziehung geschieht in bestimmten Maßen.

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[10]

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[20]

[25]

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B. Edition und Übersetzung

Corpus aquis acidis solvendum a flamine primum est, Illico ad alta ibit fugiens quasi carcere rupto. Haec crebris vicibus fiant, dum denique * fomes Extinguatur iners, et mors invisa fugetur, Dum maneat totum, nihil et de pondere cedat, Nec fiant unquam parvae divortia molis. Ergo dum radius volat altius, alitis instar, Separa ab impura, quum sit damnabilis, umbra: Exuat obscuras nebulas, et luce meraci Prodeat, et contra fiat durabilis Orcum. * Semper habet Venerem teneris in carnibus Hermes, Quae fugit impatiens radiantis fulgura Phoebi, More aquilae spuriae, quae non, ut † Dijovis ales, Arboreae insidens frondi collineat ortum: Sic etiam enervata Venus, cui lumina languent, Mutua * forte capit, fratre irradiante marito. Namque † calor maris illepidas cum dissipat umbras Conjugis, et pexos decorant calamistra capillos, Insignem imponit gemmis auroqué coronam Marmoreae fronti, qua freta nec aetheris iram Extimeat, nec marcescat sprirantibus Euris, Nec ferat aegrè hyemem, nec saevi incendia Cancri. Est autem Venus haec, quod ab igne cremabile sursum Semper agit, sed eodem ustum demiserit alas. Hic est Mercurius, tenues cui demere pinnas Debes, ut possit stabilis cum sulfure jungi. Debet et urgeri flando vehementior ignis, —————— [v. 7] Solutio Mercurii. [v. 9] [*]272 Cambar Arabes vocant, id quod in uno quoque corpore ignobilitas causa est. [v. 17] * Volatile in Mercurio vocatur Venus. [v. 19] † Aquila vera. [v. 22] * Lumina scilicet. [v. 23] † Sulfur auri subintelligitur.

[S. 35]

[5]

Tentarique idem, qui si de pondere quicquam Perdit, et igne ipso non ut Salamandra triumphet, Crede imperfectum, de nostroqué argue limo Adglomeratum aliquid. Nam si nitet aethere puro, Ridebit flammas, ridebit fulminis iram: Astrum erit, et certare volet cum sidere caeli: Aut si nobilius fingi quid sidere possit. 272

Asterisk fehlt in der Vorlage, obschon im Text.

Chryseis, Liber III.

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eine bewegliche Hauchseele hängt. Mit beißenden Wassern ist der Körper zuerst vom Hauch zu lösen. Auf der Stelle wird er in die Höhe steigen, gleichsam als wäre das Gefängnis zerbrochen. Dies soll einige Male geschehen, bis schließlich die träge * Wärme [10] erloschen und der verhaßte Tod in die Flucht geschlagen ist, bis er als ganzes übrigbleibt, nichts von der Masse entweicht, und keinerlei Abweichungen von geringer Masse vorkommen. Also, solange der Strahl höher fliegt, gleich wie ein Flügelgänger, trenne ihn, da es sträflich ist, von den unreinen Schatten. [15] Er soll sich der finsteren Nebel entledigen, er soll aus reinem Lichte hervorgehen und er soll beständig werden gegen den Orcus. * Immer soll Hermes die Venus im zarten Leibe haben, welche unduldsam die Blitze des strahlenden Phoebus flieht, in der Art des unechten Adlerweibchens, welches nicht, wie der † Flieger des Jupiters, [20] im Laub der Bäume sitzend sich zum Sonnenaufgang hin ausrichtet. Derart empfängt auch die verzärtelte Venus, deren Glanz ermattet, als * Borgende gar, da der Brudergatte erstrahlt. Denn fürwahr, † wenn die Glut des Mannes die unangenehmen Schatten der Gattin zerstreut, und Brenneisen das gekämmte Haar in Form bringen, [25] und auf die glänzendweiße Stirn das mit Gold und Edelsteinen gezierte Diadem setzt, im Vertrauen auf welches sie weder mit Furcht den Zorn des Äthers erwarten muß, noch wird sie geschwächt durch die blasenden Ostwinde, noch muß sie mit Mühsal den Winter ertragen, noch die wütenden Feuerbrände des Krebses. Es ist aber diese Venus das, was als Brennstoff immer wieder vom Feuer weg nach oben [30] strebt, aber durch dasselbe verbrannt die Schwingen ablegen würde. Dies ist Mercurius, dem Du die zarten Fittige fortnehmen mußt, damit er beständig mit dem Schwefel verbunden werden kann. Auch muß ihm recht heftig durch das Blasen von Feuer zugesetzt werden, —————— [v. 7] Die Auflösung des Mercurius. [v. 9] [*] ›Cambar‹ nennen die Araber das, was in einem jeglichen Körper, die Ursache der Niedrigkeit ist. [v. 17] * Das Flüchtige im Mercurius wird Venus genannt. [v. 19] † Der echte Adler. [v. 22] * Den Glanz, versteht sich. [v. 23] † Der Schwefel des Goldes wird darunter verstanden. [S. 35]

und ebenso muß geprüft werden, ob er an Gewicht irgend etwas verliert, und nicht wie der Salamander durch das Feuer selbst den Sieg davon trägt. Erachte ihn als unvollendet, und weise einiges Angeballte von unserem Dreck nach. Denn, wenn er an der reinen Luft erglänzt, [5] wird er verlachen die Flammen, wird er verlachen den Zorn des Blitzes. Ein Stern wird er sein und er wird wetteifern wollen mit den Gestirnen des Himmels, oder

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[10]

[15]

[20]

[25]

[30]

Scilicet Hermetis talis Riphaea pruina est, Postquam divini sensit momenta caloris. Quidquid enim tangit rerum hic vegetabilis author, Ius vocat in proprium, non ut furiosius in se Omnia convertat; verùm ut pomoeria tendat. Hinc factum est, ut Mens, cum prudens omnia fecit, Ignis terrena haec supra glomerârit in unum: Et nisi continuô in patriam, sursumque volaret, Illico flagraret Mundus, solúsque per omne Ignis regnaret. Siculis ut flamma caminis Dicitur, atque extra Herculeas flagrare columnas: Et velut in Lipara, totàque in Perside fertur. Ergò Mercurius princeps est portio gemmae, In quo cepit opus, quôque aurea planta resultat. Hic auram solvit, quum verò * abjecerit alas, Iuxta aurum tranquillus agit, thalamísque quietis Accubat implicitus, nullisque avellitur ausis. Expansis autem tenebris primùm area sordet, Non secus ac facies nascentis sordida Mundi Extitit, â terris cum nondum distitit aether. Aut cum Taenariis Dis emolitus ab antris Aureolam magnae rapuit Chryseida matri. Threicea haec nox est, â qua dependet origo Seminibus. Nec enim quisquam ferit aëra luce, Ni prius in tenebris mersum latitaverit altis. Nam quod nos oculis externo in cortice tantum —————— [v. 10] Ignis Elementaris praestantia. [v. 22] * Fixatur. [v. 25] Principium digestionis quale signum? [v. 31] Corruptio unius est generatio alterius.

[S. 36]

[5]

B. Edition und Übersetzung

Cernimus, umbra rei, * non res est in cute vera, Non etiam semen, vel spiritus ipse penetrat, Ni prius ê paleis † divino nectare tractus Extiterit purus: tum non contagia coeni Amplius obstabunt: non caeca sepulcra nocebunt. Hic est principium gemmae, si vera fatebor: Hic est e tenebris fugiens * crocitator obortis, Ales Apollineus, sylvarum garrulus oscen: † —————— [v. 1] * Forma intelligibilis est, non visibilis. [v. 3] † Menstruo accommodo. [v. 7] * Superius vulturnum vocavit. [v. 8] † Apollini sacer fuit corvus apud veteres.

Chryseis, Liber III.

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wenn man etwas Erhabeneres als einen Stern erdenken könnte. So beschaffen allerdings ist der Riphaeische Reif des Hermes, da er die Einwirkungen der göttlichen Glut verspürt. [10] Alle Dinge nämlich, welche dieser Urheber des Lebens berührt, versetzt er in den eigenen Stand, nicht, daß er Alles recht wild in sich umwandelt, sondern, daß er sein Umland ausdehnt. Daher rührt es her, daß der Geist, als er klug alles schuf, diese Äcker des Feuers in der Höhe an einer Stelle zusammenballte. [15] Und wenn es nicht andauernd nach oben in die Heimat flöge, stünde die Welt auf der Stelle in Brand und überall herrschte einzig das Feuer; so wie man sagt, daß die Flamme in den Sizilischen Feueröfen lodere und auch jenseits der Säulen des Herkules; und, wie berichtet wird, auf Lipara und im ganzen Perserland. [20] Folglich ist Mercurius der hauptsächliche Bestandteil des Steins, in welchem das Werk seinen Anfang nimmt, aus dem auch das goldene Pflänzlein hervorgeht. Dieser durchschneidet die Luft, sobald er aber die Schwingen * weggeworfen hat, verhält er sich dem Gold gegenüber friedlich und bettet sich tief eingesunken ins Ruhelager, und ist durch keinerlei Ansinnen fortzureißen. [25] Zunächst aber scheint in der ausgedehnten Finsternis der Grund unansehnlich, nicht anders als das unansehnliche Antlitz der neuentstandenen Welt hervortrat, als von den Ländern der Äther noch nicht getrennt war. Oder als Dis, der sich aus den Taenarischen Grotten erhoben hatte, der großen Mutter die güldne Chryseis raubte. [30] Dies ist die Thrakische Nacht, von welcher den Samen abhängig ist der Ursprung. Und es trifft fürwahr keiner bei Licht auf Erze, wenn er sich nicht vorher versunken in tiefer Finsternis verborgen gehalten hätte. Denn, was wir mit Augen bloß in der äußeren Schale —————— [v. 10] Des Elementaren Feuers Vortrefflichkeit. [v. 22] * Er wird beständig gemacht. [v. 25] Welches das hauptsächliche Anzeichen der Digestion ist. [v. 31] Das Vergehen des einen ist das Werden des anderen. [S. 36]

erblicken, sind die Schatten der Sache, * nicht die wahrhaftige Sache liegt in der Hülle, nicht einmal der Same, oder der Geist selbst dringt ein, wenn er nicht, vorher durch † göttlichem Nektar befreit, rein aus den Schlacken hervorgetreten ist: [5] Dann werden nicht weiter die Befleckungen mit Unrat hemmen, nicht werden die dunklen Gräber schaden. Dies ist das Principium des Steines, wenn Wahres ich künde. Dies ist der aus der plötzlich hereingebrochenen Finsternis fliehende * Bekrächzer, der Apollinische Vogel, der geschwätzige Schreier der Wälder. † —————— [v. 1] * Die begreifbare Gestalt ist es, nicht die sichtbare. [v. 3] † Durch das geeignete Menstruum. [v. 7] * Weiter oben nannte er ihn Raubvogel. [v. 8] † Dem Apoll heilig war der Rabe bei den Alten.

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[10]

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[20]

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B. Edition und Übersetzung

Hic niger in niveum quondam mutatur Olorem Vndarum decus, atque sui quasi funeris ipsum Luctificum vatem, et tandem Iovii alitis instar Aera permensus pascit sua lumina Sole. Imò etiam usque adeo pernicibus involat alis, * Vt potius genium juraveris esse volantem, Praevolet ut celeris vaga discursamina mentis. Sed quid pergo oculis diuturnam offundere noctem? † Eloquar, et posthac verborum syrmata mittam. In cineres abeat tenues nova purpura terrae, Sic tamen, ut * madido si forte humecta recessu Fiat, in humorem clarum resoluta liquescat. Hunc tamen ad furnum revoca, multísque retorque Ambitibus, donec quocunque potentior igne In mediis maneat flammis, fabríque minantis Ludificet nisum cinis impermistus oletis: Non secus ac serpens, penitis qui sibilat antris, In circum torquet caudam, quam dente tenaci Morsicat, et quasi sic teretem decircinat annum. Aut veluti proprio sustentat sanguine pullos Ales, quae rostro sua pectora rodit adunco, Dum prono nutat collo, et cervice recurva Purpureum fodit usque sinum, caenaqué cruentâ Enutrit pullos. Sic vasa rotantia tornant Materiam gemmae, dum sit pulcerimma tota, —————— [v. 13] * Spiritus. [v. 16] † ἀνακεφαλαίωϲιϲ. [v. 19] * Cellâ vinariâ, aut alio loco humido. [v. 28] Pelecanus.

[S. 37]

[5]

[10]

Purpureoqué micet spectabilis ostrea fuco. Non te decipiat, si quis tibi naris obesae Occurat nugator iners, et retia tendat, Dum species negitat mutari posse metallis. Vna triumphatrix, reginaqué forma statuta est, Ad quam cuncta quidem, ceu finem, prona feruntur, Pauca sed attingunt minus haec, magis ista propinqua: Sic quoque prona ruunt florentibus aera fodinis Auricomam in formam, quamvis non omnia captent. Nam quia materiam cunctis hydrargyron affert, —————— [v. 2] Objectio. [v. 5] Responsio.

Chryseis, Liber III.

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Dieser Schwarze wird zuweilen in einen weißen Schwan verwandelt, [10] die Zierde der Wellen, und zugleich selber gleichsam des eigenen Todes trauernder Seher, und dennoch weidet er in der Art von Jupiters Vogel, hat er die Lüfte durchmessen, seine Augen an der Sonne. Fürwahr auch fliegt er auf hurtigen Flügeln so weit hinauf, * daß man beschwöre, es sei eher ein fliegender Genius, [15] wie er die weiten Umläufe des geschwinden Geistes durcheilt. Doch, was fahre ich fort, die Augen in beständige Nacht zu tauchen? † Ich werde es darlegen und dann den Schweif der Wörter nachschicken. Zu feiner Asche soll das neue Purpurkleid der Erde werden, dennoch so, daß es * vom triefenden Versteck [20] getränkt wird, in klaren Saft aufgelöst soll es sich verflüssigen. Daraufhin hole es dennoch zum Ofen zurück, und rühre es vielmals im Kreise hin- und her, so lange bis es stärker als jedwedes Feuer mitten in den Flammen ausharrt und die mit Unflat unvermischte Asche der Anstrengung des Stollen treibenden Bergmannes spottet. [25] Genauso wie die Schlange, die zischt in den innersten Höhlen, den Schwanz zum Kreis windet, in welchen sie beißt mit festhaltendem Zahn, und auf diese Weise gleichsam einen gerundeten Ring umzirkelt; oder in der Art wie mit eigenem Blut der Vogel, der mit gekrümmten Schnabel seine Brust aufhackt, seine Jungen am Leben erhält, [30] während er mit gebeugtem Halse nickt und den Nacken zurückgebogen das Purpurne bis zur Brust verströmt, dann mit blutiger Mahlzeit die Jungen ernährt. So sollen die drehenden Gefäße die Materie des Steines wenden, bis er ganz wunderschön ist —————— [v. 13] * Der Geist. [v. 16] † Recapitulatio. [v. 19] * Im Weinkeller, oder an einem anderen feuchten Ort. [v. 28] Der Pelikan. [S. 37]

und wie die ansehnliche Auster in der purpurnen der Bruthöhle glänzt. Nicht soll Dich verwirren, wenn Dir irgendein dummer, nichtsnutziger Aufschneider über den Weg läuft und es darauf anlegt, daß Du ihm ins Garn gehst, da er den Metallen beharrlich abstreitet, daß ihre Art geändert werden kann. [5] Eine triumphierende und königliche Gestalt ist festgelegt, zu der zwar alle, wie zu einem Ziel, getragen werden, äußerst wenige aber gelangen bei ihr an, vielmehr kommen sie jener nahe. So stürzen auch leichthin die Erze in den schimmernden Bergwerken in die goldglänzende Gestalt, wenn auch nicht alle sie erreichen. [10] Denn, weil das Quecksilber —————— [v. 2] Obiectio. [v. 5] Responsio.

142

[15]

B. Edition und Übersetzung

Cunctaqué sunt in eo, sicut quoque pullus in ovo est, Materiam credes Aquilae, quae semine faeta, Prolifico, excludet fotu generosius ovum, Quod velut ante oculis erat aspectabile nullis, Mox velut electrum, seu purum fulgurat aurum. —————— [v. 12] Mercurius passim aquila vocatur apud Chemicos.

Chryseis, Liber III.

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Allen die Materie einflößt, befinden sich alle in ihm, ebenso wie auch das Küken im Ei ist; Du wirst glauben, die Materie gehöre dem Adlerweibchen, das durch den Samen trächtig, durch brütende Wärme sehr recht wohlwollend das Ei ausbrütet, welches, gleichwie es niemandem unter die Augen kam, [15] alsbald das wie Bernstein blitzt oder reines Gold. —————— [v. 12] Mercurius wird allenthalben bei den Chemikern Adler genannt.

144 [S. 38]

B. Edition und Übersetzung

IOHANNIS NICOLAI FURICHII, Med[icinae] D[octoris] et Poët[ae] Caes[arei]

CHRYSEIDOS LIBER IV. Argumentum, IN hoc libro, invocatione Numinis divini praemissa, venit ad menstrua, quae vocant, auri et Mercurii: eorumque qualitates, vim et originem innuit: demonstrat, quod menstrui virtus â Salis quadam natura dependeat; distinguit menstrua primi et secundi operis: interfatur nonnulla de fermentis, et in qua virtute consistant: subdit conjunctionem duorum principiorum Lapidis, vasorumqué figuram: docet duos esse Lapides, alterum tamen ex altero dependere: aenigmaticam Lapidis fabricam, et facultatem dilucidat: improbat eos, qui spiritui vini tribuunt hoc opus: Iterum de menstruo auri: de augmentatione Lapidis: de ignis administratione: de spatio totius operis: de spatio augmentationis: his dictorum repetitionem summariam subijcit, et tandem admonitionem, et adplausum, cum Lapidis elogiis coronidis loco adijcit.

[S. 39]

[5]

[10]

[15]

HI s ita praelusis, mens pernici alite nixa Evolet ad superum, prece non cessante fatigans, Vt, quae non potuit nostris depascere in agris, Eruat ê caelo, et suprema sede deorum. Non etenim vacuos de se dimittit alumnos Iustitiae, Pater aetherius, nec mentis iniquae Qui celant ignes, impunes negligit umquam. Dixit avis, Chrysanthe, sedens in vertice montis, Si meminisse juvat, quibus anguis oporteat armis Sopiri, ut possis apices conscendere summos. Agnôsses etiam, si mens non laeva fuisset, Balnea, queîs Phoebus deliquit mente, lavatus. Hactenus ast oculis praetensa est improba nubes. Iam sine nube tibi clarus prodidit Apollo: Et ferrugineum deponet Luna galerum. —————— [v. 1] Commendantur preces.

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Chryseis, Liber IIII.

[S. 38]

DES JOHANNES NICOLAUS FURICHIUS, Doktor der Medizin und Kaiserlicher Dichter,

DER CHRYSEIS IV. BUCH Inhalt, In diesem Buch, nachdem die Anrufung der göttlichen Person vorausgeschickt ist, kommt er zu den Menstrua, wie man sie nennt, des Goldes und des Mercurius; wie er auch auf deren Eigenschaften, Kraft und Ursprung hinweist. Er zeigt auf, daß die Tugend des Menstruum von der jeweiligen Natur des Salzes abhängt. Er unterscheidet Menstrua des ersten und des zweiten Werkes. Er führt dazwischen einiges über die Fermente aus, auch mit welcher Tugend sie auftreten. Er gibt die Verbindung der beiden Principia des Steines preis, wie auch die Gestalt der Gefäße. Er lehrt, daß es zwei Steine gibt, wobei der eine dennoch vom anderen abhängig ist. Die rätselhafte Herstellung und Macht des Steines erhellt er. Er schilt diejenigen, welche dem Weingeist dieses Werk zuweisen; wiederum über das Menstruum des Goldes; über die Vermehrung des Steines; über die Betreuung des Feuers; über den Zeitraum des ganzen Werkes; über den Zeitraum der Vermehrung. Diesen stellt er die zusammenfassende Wiederholung des Gesagten nach, dann fügt er schließlich eine Ermahnung und Beifall, mit den Lobesreden des Steines anstelle einer Coronis, hinzu. [S. 39]

Da nun diese Vorspiele geleistet sind, wird der Geist sich auf geschwinden Fittich gestützt aufschwingen zum Höchsten, wobei er sich mit nicht endendem Gebeten erschöpft, daß er, was er auf unseren Äckern abweiden konnte, dem Himmel entreißen möge, und dem höchsten Sitz der Götter. [5] Fürwahr entläßt der Himmlische Vater nicht von sich Jünger der Gerechtigkeit mit leeren Händen, auch nicht verdrossen, welche bergen die Feuer, noch bleibt er jemals gleichgültig gegenüber den Arglosen. Es sagte der Vogel, Chrysanthus, der auf dem Gipfel des Berges saß, wenn es erinnert zu werden gefällt, mit welchen Waffen es sich gehört, die Schlange [10] einzuschläfern, auf daß man die höchsten Gipfel erklimmen kann. Du hättest es auch erkannt, wenn der Sinn nicht linkisch gewesen wäre, die Bäder, in welche getaucht, dem Phoebus der Geist umnachtet wird. Diesbezüglich allein ist vor den Augen eine schändliche Wolke gehangen, ohne Wolke trat Dir sogleich leuchtend Apollo hervor. [15] Ebenso nimmt Luna die eisenbraune Kappe ab. —————— [v. 1] Gebete werden empfohlen.

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[20]

[25]

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B. Edition und Übersetzung

Est aqua, vel potius lymphae fluitantis imago, Haec magnum est operi fulmentum, et grande levamen: Namque huic si lymphae durissima corpora mergas, In tenerum humorem, seu mollia flumina vertes: Exterges labem, et quodcunque ignobile vires Impedit, eijcies, pressamqué â carcere formam Perduces luci. Tantum haec operantur aceta. Namque unda haec acida est, quae sulfura prolicit auri: Vnda Tagi, seu Pactoli preciosior undâ: Non acris, quamvis penetret virtute metallum: Non violens, nihil offendens, peramabilis unda. Hanc pauci inveniunt, quamvis per mille viarum * Indagent homines: latet haec quoque tecta sub umbris. Cur folle, aut tumidis reddunt spiracula buccis? Frustra animum exagitant, et frustrà membra fatigant: Ocia praestarent, operam quam ludere inertem, Et penes Aethnaeas frustrà marcescere flammas. † Iste liquor, quem Naturae gens stulta propinat, —————— [v. 16] Menstrua. [v. 25] Qualia sint menstrua. [v. 27] * Menstrua vera vulgò sunt incognita. [v. 32] † Rejectio menstruorum vulgarium.

[S. 40]

[5]

[10]

[15]

Virus habet summum: peredit primordia vitae: Funerat, et linquit post se larvale cadaver. At tu, si mens est jucundum affundere nectar, Consule naturam: tu scrupea in antra recede, Quorum mirandae clivosa per avia thermae Proserpunt, quibus innata est veneranda Deûm vis. Hanc imitatur aquam Naturae conscia turba, Dum per vasorum compellit fumida clivos Balnea, quae colubri reptatum imitantur eundo. Haec Iovis ante thronum stagnans est unda Tonantis. * Hanc autem insani non improba dextera Agyrtae Exciat, aut mentis cui sit perversa voluntas. Non est in saxis, quae pullulat ardua rupes; Non ê † compactis est prolicienda metallis. Nobilor fons est, aurêo locupletior Ozo. —————— [v. 4] Fodinae ipsae menstrua continent, quae imitanda. [v. 10] * Barbari Azoth vocant. [v. 10] De qua vide Plautum in Trinu[m]mo. [v. 14] † Communibus.

Chryseis, Liber IIII.

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Es gibt ein Wasser, oder vielmehr ein Abbild von fließendem Naß, dieses ist dem Werk große Stütze, wie auch große Erleichterung. Denn, wenn man diesem Naß die allerhärtesten Körper eintaucht, wandelt man sie zu klarer Flüssigkeit oder milden Strömen. [20] Man wäscht aus den Schmutz und, was Schändliches auch immer die Kräfte hindert, treibt man aus, die vom Kerker niedergehaltene Gestalt bringt man ans Licht. Dies bewerkstelligen nur Säuren. Denn diese Woge ist sauer, welche die Schwefel des Goldes hervorlockt. Eine Woge, kostbarer als die Woge des Tagus oder des Pactolus; [25] nicht scharf, obgleich sie auch durch ihre Tugend Metall durchdringt; nicht heftig, nichts verletzend, eine allerlieblichste Woge. Diese finden wenige, obgleich ihr auf tausend Wegen * die Menschen nachspüren. Es verbirgt sich auch diese bedeckt unter den Schatten. Warum machen sie mit dem Blasebalg oder mit geblähten Backen Wind? [30] Vergebens regen sie auf das Gemüt und vergebens ermüden sie die Glieder. Dem Müßiggang sollten sie sich eher hingeben, als mit eitlem Werk zu tändeln und bei den Flammen des Ätna umsonst dahinzuwelken. † Diese Flüssigkeit, mit welcher das dumme Volk der Natur zuprostet, —————— [v. 16] Menstrua. [v. 25] Wie beschaffen die Menstrua seien. [v. 27] * Die wahren Menstrua sind gemeinhin unbekannt. [v. 32] † Verwerfen der gemeinen Menstrua.

[S. 40]

enthält das stärkste Gift. Es verzehrt die Urgründe des Lebens. Es bringt ins Grab und läßt hinter sich einen gespensterhaften Leichnam zurück. Allein, Du, wenn die Absicht besteht, daß sich angenehmer Nektar ergießt, suche Rat bei der Natur: Ziehe Dich in die schroffen Grotten zurück, [5] deren bestaunenswerte warme Quellen über unzugängliche Abgründe emporkriechen, welchen eingeboren ist das Vermögen, Gott zu verehren. Diesem Wasser tut es gleich die Schar, welche das Wissen der Natur teilt, indem sie über die Wandungen der Gefäße treibt die dampfenden Bäder, welche es gleichtun dem Kriechen der Schlange im Gang. [10] Diese, welche vor dem Thron Jupiters ein Gewässer bildet, ist die Woge des Donnerers. * Diese aber bringt nicht die schändliche Rechte des wahnsinnigen Quacksalbers hervor, oder eines Verstandes, welchem ein böser Wille innewohnt. Nicht ist sie in den Felsen, welche die schroffe Klippe hervorbringt. Nicht ist sie aus den † festen Metallen hervorzulocken. [15] Edler ist die Quelle, reicher als der goldene Ozo. —————— [v. 4] Die Gruben selbst enthalten Menstrua, die nachzuahmen sind. [v. 10] * Die Barbaren nennen sie ›Azoth‹. [v. 10] Diesbezüglich siehe Plautus im ›Trinummus‹. [v. 14] † In den Gewöhnlichen.

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At nobis ululat Thyasus trepidante boatu. Et nobis pia * Diva dedit dignoscere fontem. Parvo hic principio surgit, mox totus inundat, Inque suum immutat Solis quasi lumina flumen. a Sola sui domini patriam haec tenet unda vetustam, Atque undam dominus versa vice notavit alumnus. b Si quaeris signum, color est argenteus illi: c Illa rapit Solem, velut ingeniosa Promethêj Fabula praedixit, séque inter lumina Solis Abscondit totam. Namque hâc prolutus Apollo Emicat, et reliquos collustrat fulgure divos. Haec igitur postquam crebris successibus omnem Egerit eluviem, niveísque nivalia solis Constiterint, solóque arcano † sandyce sandyx, Altius immerget sese spirabilis ignis, Vt non contracti solidissima vincula nodi Solvere possit, atrox si adflaverit ipsa Chymaera: Nec fulmen Iovis irati disrumpere possit. —————— [v. 17] * Chryseis. [v. 20] a Menstruum verum in aurifodinis reperitur. [v. 22] b Color menstrui. [v. 23] c Allusio ad fabulam Promethêi. [v. 29] † Tinctura auri pura.

[S. 41]

[5]

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[15]

B. Edition und Übersetzung

Tunc animata vegetent elementa, et tristia leti Semina dispereunt, et jam sociata metallis Rudera decedunt: volat undiqué flabilis ignis; Affinemqué ciet naturam, agitatqué penates. Hi namque invasis postquam communibus ausis Exarsêre, necant publicis conatibus † hostem; Hic jucunda dies: hîc rex dominatur amoenus, Et toga resplendet regis rutilantior astris: Gestat pro galea fulgentis Apollinis orbem: Dimidiam pedibus Lunam pro limine calcat: Et Iovias ocreas portat, Venerísque cothurnos: Saturni falcem manibus, gladiúm Gradivi: Gestitat et Maiâ geniti scapulae addidit alas: Hic jubar inspirans proprio de fonte metallis, Vna parte decem irradiat, centúmque duabus, —————— [v. 6] † Impurum quicquid. [v. 9] Comprehendit in sese omnium metallorum virtutes. [v. 15] Proportio tingentis ad tingendum.

Chryseis, Liber IIII.

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Allein, uns heult der Thiasus mit zitterndem Brüllen, wie auch die gnädige * Göttin es uns verlieh, zu erkennen die Quelle. Aus kleinem Urgrund kommt diese empor, hernach wallt sie völlig auf, wie sie auch gleichsam umwandelt den Glanz der Sonne in ihren Strom. [20] a Einzig in ihres Herren altem Vaterland hält sie sich auf, wie auch der nährende Herr seinerseits kennt die Woge. b Wenn Du ein Kennzeichen verlangst, so ist jener die silberne Farbe zueigen. c Jene raubt die Sonne, so wie es der geistvolle Mythos des Prometheus vorhersagte, wie sie sich auch zwischen den Lichtern der Sonne [25] als ganze verbirgt. Fürwahr strahlt auf mit dieser abgewaschen Apollo, und er erhellt mit Gleißen die übrigen Götter. Diese also wird nach zahlreichen glücklichen Taten des gänzlichen Herausspülens bedürfen, und das Schneeweiße wird einzig aus Schneeigem bestehen, wie auch einzig aus der geheimen † Sandyx die Sandyx, [30] tiefer wird sich hineinsenken das zum Leben gehörige Feuer, daß es nicht die festesten Bande des zusammengezogenen Knotens lösen könnte, wenn [sie] selbst die finstre Chymaere anhauchte. Auch vermöchte der Blitz des erzürnten Jupiters nicht [sie] auseinanderzureißen. —————— [v. 17] * Chryseis. [v. 20] a Das wahre Menstruum wird in den Goldgruben gefunden. [v. 22] b Die Farbe des Menstruum. [v. 23] c Anspielung auf dem Mythos des Prometheus. [v. 29] † Die reine Tinktur des Goldes.

[S. 41]

Dann ergrünen die belebten Elemente, und des Todes grimmige Saat geht zu Grunde, überdies fällt den Metallen ab der anhaftende Schutt. Es fliegt von überall her wehendes Feuer. Sowohl setzt es die verwandte Natur in Bewegung, als es auch versetzt es die Penaten in Aufruhr. [5] Diese nämlich, nachdem sie, da gemeinschaftliches Wagen eingedrungen, entbrannten, töten in allgemeinem Bemühen den † Feind. Dies ist ein erfreulicher Tag, hier gebietet der reizende König, und die Toga des Königs strahlt wider gleißender als die Gestirne. Er trägt statt eines Helmes des blitzenden Apolls Scheibe. [10] Die halbe Luna statt einer Schwelle betritt er mit den Füßen. Ebenso trägt er Jupiters Beinschienen, wie auch der Venus Kothurne; Saturns Sichel in den Händen, das Schwert des Kriegsgottes. Und den Schultern fügte er an von Majas Sohn die Flügel. Dieser haucht ein aus eigener Quelle Glanz den Metallen, [15] mit einem Teil bringt er zum Strahlen zehn, und

—————— [v. 6] † Alles, was unrein [ist]. [v. 9] Er vereinigt in sich aller Metalle Tugenden. [v. 15] Das Verhältnis des Färbenden zum Zufärbenden.

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B. Edition und Übersetzung

Mille tribus, quatuor tingit bis millia quinque, Donce in immensum virtus excreverit ingens. Quare manantem coelesti ex imbrice lympham Excipe cratere, artificis quem dextra decorè Formavit. † Nam multa potest in vase figura. Hac porrò penetrante cavas in * murice venas, Secreti † sal exit agri sine sordibus ullis. Haec, Chrysanthe, salis crystallina portio nostri est. Hoc sal est, quod quisquilias everritur inter, * Vt clamant proceres; non quale culina ministrat: Nam dixêre etiam desumi ê viscere petrae, Et tale ê cunctis secerni posse creatis, † Non tamen ut possit fabricam hanc absolvere nostram. Hic autem rerum est genitor, vitaequé repostae Firma basis: * salvo hoc corruptio nulla novellas Exurit segetes, sive aestus, sive pruina. At ne te quoque agat propè inobservabilis error, Vt credas luctari inter se dicta sophorum, —————— [v. 20] † Vasa pro menstruis. [v. 21] * Mercurio Philosophorum. [v. 22] † Sal Philosophorum. [v. 24] * Explicatio dicti Philosophici. [v. 27] † Quale sal esse debeat. [v. 30] * Salis nobilitas.

[S. 42]

[5]

[10]

Dum Phlegetonteam, quam tanti pendimus, a undam Appellant, Stygiis quasi sit polluta venenis. Namque alia haec unda est, qua durum solvitur aurum Robusto à vinclo, quod post alia imbuit unda, Quam dixi circa thalamos decurrere Phoebi. Illi immersum b aurum, secretum dicitur ovum, Non quale in cubitu exclusit gallina tepente, Sed quali excludi Basiliscum fabula fingit. Hinc etiam similem tepido dixere cruori, c Ex utero qualem Lunâ redeunte profundit Nupta puella viro, nec non innupta marito. Hac irroratum sapientum, ut diximus, ovum, De summo primas emungit tergore faeces. d Providus esto ergo circa fermenta metalli, —————— [v. 1] a Aquam infernalem vocant. [v. 6] b Ovum Philosophicum quid? [v. 10] c Menstruus sanguis καταμήιον, ab Aristotele vocatum. [v. 14] d Fermenta.

Chryseis, Liber IIII.

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Hundert mit zweien, tausend mit dreien, mit vieren färbt er zweimal fünftausend, so lange bis die ungeheuere Kraft ins Unermeßliche angewachsen ist. Deswegen fange auf das aus himmlischem Regenguß strömende Naß mit einem Mischkessel, welchen des Kunstwerkers Rechte auf angemessene Weise [20] formte. † Denn vieles richtet beim Gefäß aus die Form. Da dieser * Purpur weiter die hohlen Adern durchdringt, tritt des verborgenen Ackers † Salz heraus ohne irgendwelche Verschmutzungen. Dies ist, Chrysanthus, der kristallene Bestandteil unseres Salzes. Dies ist das Salz, welches zwischen dem Kehricht ausgegraben wird, * [25] wie die Meister verkünden; nicht wie die Küche es bietet. Denn sie sagten auch, daß es entnommen wird aus dem Innersten des Felsen, und solches könne geschieden werden aus allen geschaffenen Dingen, † dennoch nicht, so daß es diese unsere Werkstätte ablösen könnte. Dies aber ist der Erzeuger der Dinge, [30] die feste Grundlage des bevorrateten Lebens, * bei dessen Unversehrtheit kein Schaden die junge Saat verdirbt; sei es Gluthitze, sei es Regenschauer. Allein, damit Dich nicht auch in gleicher Weise der unmerklicher Irrtum umhertreibt, daß Du glaubst die Aussagen der Weisen stünden zu einander in Wettstreit, —————— [v. 20] † Gefäße für die Menstrua. [v. 21] * Der Mercurius der Philosophen. [v. 22] † Das Salz der Philosophen. [v. 24] * Erklärung der philosophischen Aussage. [v. 27] † Wie beschaffen das Salz sein soll. [v. 30] * Des Salzes edle Art. [S. 42]

da sie die Woge, von der wir so sehr abhängen, a die Phlegentonteische nennen, als sei sie gleichsam durch Stygische Gifte verseucht. Denn eine andere ist diese Woge, durch welche gelöst wird hartes Gold von dem festen Bande, das die Woge nach anderen durchtränkt, [5] von der ich sagte, sie rinne um die Schlafräume des Phöbus herab. Das in jene eingetauchte b Gold, wird das geheime Ei genannt, nicht ein solches wie es mit der wärmenden Achsel ausbrütete die Henne, sondern ein solches, in welchem, wie der Mythos erdichtet, der Basilisk ausgebrütet wird. Daher nannte man es auch ähnlich dem warmen Blute, [10] c welches, da Luna zurückkehrt, das einem Manne vermählte Mädchen aus der Gebärmutter fließen läßt, so wie die nicht einem Gatten Vermählte. Das damit besprenkelte Ei, wie wir sagen, der Weisen säubert von der äußersten Schale die ersten Unreinheiten. d Vorausschauend also sollst Du sein hinsichtlich der Fermente der Metalle, —————— [v. 1] a Sie nennen es das ›Höllenwasser‹. [v. 6] b Was das Philosophische Ei ist. [v. 10] c Das Menstruationsblut wird monatliche Reinigung von Aristoteles genannt. [v. 14] d Die Fermente.

152 [15]

[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Vt ferias metam, nec opinio forte sinistra Te trahat errantem. Quid id est, quo massa farinae Intumet, et gracili protuberat aëre panis? Quam vim dispergunt in lacte coagula nostro, Prodeat e ut mollis concluso caseus urceo? Quo medio beneolens conservat aromata muscus? Haec si perpendas, sensúque rearis acuto, Invenies facilè, unde meet quadriga colorum, Dum vapor aetherius penetrat per claustra reposta Fumantis terrae. Nam primus caussa secundi est; Dum calor in terra movet inconcocta, resultant Insuaves tenebrae: veluti cum tempore veris Phoebus agit nubes, hyemis dum solvit inertis Relliquias, turbátque polum: tum contrahit aether Illepidam faciem, et radiantia sidera celat. Ast ubi jam vicit majori ex parte tenebras, Exerit ê nebulis candentia lumina fractis. Sic opifex bonus urget opus, dum prodeat auri, Sive croci color, et referat surgentis Eoi —————— [v. 19] e Colores in generatione Lapidis â fermentatione fiunt.

[S. 43]

[5]

[10]

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* Succineam faciem: merus hîc calor undique regnat: Vndiqué purus agit caeli focus: undique splendent Siderei vultus: aer, aqua, terra, polusque Non, velut ante, alta demersa nigredine sordent: Omnia nativo consurgunt semine faeta: Non ibi mors superest: vivunt unâ omnia vitâ. Haec agit una salis virtus abscondita, quam si Noveris ad pondus proprijs excire latebris, Plusquam dimidium fueris totius adeptus. Altius adscendam, majoreque luce gradatim Exurgam, clarique rotas imitabor Eoi, Qui primùm modicam dispergit in aera lucem, Punicea ut prodit roseis aurora quadrigis. At quum jam medium tenet aethera praepete curru, Et rapidos agitavit equos, Pyroenta, et Eoum, Abstergit nebulas, gravioreque verberat aestu. Densaque sub pedibus fugat atrae obstacula noctis. —————— [v. 1] * Quae Electri colorem referat. [v. 7] Fermentum â sale fit. [v. 11] Explicatio ulterior.

Chryseis, Liber IIII.

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[15] damit Du ans Ziel anlangst, und nicht womöglich eine verkehrte Meinung Dich Irrigen fortschleppt. Was ist dies, wodurch der Klumpen Mehl aufgeht und durch feine Luft hervorquillt das Brot? Welche Kraft breiten in unserer Milch die Gerinnungsmittel aus, damit e ein weicher Käse aus dem verschlossenen Krug hervorkommt? [20] Durch welches Mittel bewahrt die Aromen der wohlduftende Moschus? Wenn Du diese genau untersuchst und mit Scharfsinn urteilst, wirst Du leicht herausfinden, woher das Viergespann der Farben seine Bahn nimmt, solange himmlischer Dunst dringt durch die wiederhergestellten Engpässe der dampfenden Erde. Denn der Erste ist die Ursache des Zweiten. [25] Solange die Hitze in der Erde die unverdauten Dinge in Bewegung hält, weicht die unangenehme Finsternis zurück; so wie wenn zur Frühlingszeit Phoebus die Wolken verscheucht, während er die Überbleibsel des trägen Winters zerschmilzt und den Himmel in Aufruhr versetzt. Woraufhin der Äther das täppische Antlitz zusammenzieht, und verbirgt die strahlenden Gestirne. [30] Allein, sobald er nun zum größten Teil die Finsternis besiegt, wird er mit gleißendem Scheinen dem vernichteten Dunkel entsteigen. So treibt der tüchtige Handwerker das Werk voran, während des Goldes oder des Safran Farbe hervortritt, und er gibt der sich erhebenden Eos —————— [v. 19] e Die Farben bei der Erzeugung des Steines entstehen durch die Gärung.

[S. 43]

das * agsteinfarbene Antlitz zurück. Blanke Hitze waltet hier von allen Seiten. Von allen Seiten wirkt das blanke Feuer des Himmels: und von allen Seiten strahlen der Gestirne Gesichter: Luft, Wasser, Erde und Himmel sind nicht wie zuvor, in tiefe Schwärze versenkt, befleckt. [5] Alle erstehen genährt durch den natürlichen Samen. Nicht bleibt der Tod dabei bestehen. Es leben alle in einem Leben. Diese eine verborgene Tugend des Salzes wirkt als verborgene, wenn man wüßte, wie diese pfundweise aus den eigenen Schlupfwinkeln hervorgeholt wird, mehr als die Hälfte des Ganzen hätte man erreicht. [10] Höher werde ich aufsteigen und schrittweise in hellerem Lichte hervortreten, nachahmen werde ich die Wagenräder des hellen Morgensterns, der zuerst maßvolles Licht in den Lüften ausstreut, sobald die purpurrote Morgenröte mit rosenfarbenem Viergespann hervorkommt. [15] Allein, sobald sie dann die Mitte des Himmels erreicht auf hurtiger Flugbahn und die schnellen Rosse angetrieben hat, Pyroeis und Eous, streift ab sie die Dunkelheit und peitscht ein mit stärkerer Hitze. Die dichten Hemmnisse der schwarzen Nacht vertreibt sie unter den Hufen. —————— [v. 1] * Welches des Bernstein Farbe vorweist. [v. 7] Das Ferment kommt vom Salz. [v. 11] Erklärung weiter unten.

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[20]

[25]

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B. Edition und Übersetzung

Sic agit ars animos. Primùm confusior exijt, Nonnihil â noctis nigrans caligine abactae: At cum jam nonnulla dedit praeludia menti, Se magis effudit, sensimque per omnia mentis Pervasit tabulata levis, penitosque recessus. † Est igitur posthac satio sementis in arvum Infigenda animis, quanta vi polleat ipsa? Quo se principio tollat: quo tramite cedat: Quo subeunte sui tanta incrementa capessat. Nempe nequit quicquam fruticante increscere ramo, Ni prius abjiciat formam, se objecerit Orco Sponte sua, ut possit faciem sperare recentem. Interea dum forma fugit, tenebraeque sequuntur, Per varias natura vias ingloria fertur: † Multa fit effigies, multaeque in corpore formae. Iam verò, postquam factas sibi senserit aedes —————— [v. 23] † Conjunctio duorum principiorum Lapidis. [v. 27] Generatio quid, et unde? [v. 32] † Infinitae fiunt formae antequam generatio fiat.

[S. 44]

[5]

[10]

[15]

Regia forma, * venit multis stipata ministris, Exiliens patriâ, coeliqué novemplicis aulâ Emissa exilium petit, et novam inambulat umbram. Iam nova pacta facit, partasque â sidere vires Exprimit, atque ita se natam commonstrat Olympo. Hoc fit in immenso, Naturâ judice, Mundo: Fit tamen in vasis etiam multa arte paratis, Et genio artificis: † Si scilicet infima summis, Summa imis coeant, conturbenturque vicissim Mensuris certis, * fiatque gravissima pugna Inter utrumque genus (quod delectabile visu:) Hinc se caeruleum movet: inde rubentius Ostro: Fulminat hinc niveum: nigrum mox incubat illinc: At cum tempestas pulso deferbuit Austro, Dimidio si pulcra infert Thaumantias orbe, Iris odorato demulcens tempora serto, Blanda coronalis dictatrix forma coloris. —————— [v. 1] * Forma caelitus venit, non est ipsius mixtionis suboles. [v. 8] † Pelecanus vas chemicum. [v. 10] * Circulatio. [v. 14] Quatuor colores.

Chryseis, Liber IIII.

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So wühlt die Kunst auf die Gemüter. Anfangs kam sie recht verworren hervor, schwärzlich, noch nicht war der Nacht Düsternis abgelegt. [20] Allein, da sie dem Geist bereits einige Proben gab, ergießt sie sich weiter, und nach und nach durchschreitet sie behende alle Stockwerke des Geistes wie auch die Verstecke tief drinnen. † Es ist folglich das Saatgut künftig dem Gedächtnis der in den Acker Säenden einzuprägen, durch welch große Kraft es selbst wirkt; [25] aus welchem Principium es sich herleitet; auf welchem Wege es entweicht; durch wessen Einwirkung bei sich es solche Zunahmen gewinnt. Fürwahr vermag gar nichts am ausschlagenden Ast anzuwachsen, wenn es vorher nicht die Gestalt ablegt, wird es sich entgegenstellen dem Orcus aus eigenem Antrieb, damit es ein frisches Antlitz erwarten kann. [30] Unterdessen, da die Schönheit flieht, und die Finsternis nachfolgt, bewegt sich auf mannigen Wegen die schmucklose Natur. † Viele Abbilder entstehen, wie auch viele Gestalten im Körper. Nun aber, nachdem sie bemerkt hat, daß ihr Behausungen bereitstehen, —————— [v. 23] † Die Verbindung der beiden Principia des Steins. [v. 27] Die Erzeugung: Was, und woraus? [v. 32] † Zahlreiche Gestalten entstehen, bevor die Erzeugung geschieht.

[S. 44]

kommt die Königliche Gestalt, * von vielen Dienern umringt, da sie die Heimat verläßt, und begibt sich ins Exil, ausgesandt aus der Halle des neunfachen Himmels, und wandelt umher in neuem Schatten. Schon geht sie neue Bündnisse ein, und vom Gestirn erworbenen Kräfte läßt sie deutlich erscheinen, [5] und derart beweist sie sich als Tochter des Firmaments. Dieses geschieht in der unermeßlichen Welt nach Gutdünken der Natur. Dennoch geschieht es ebenso in den mit großer Kunst hergestellten Gefäßen, und durch den Genius des Künstlers: † Wenn allerdings die Untersten mit den Obersten, die Obersten mit den Untersten zusammengehen, und sich wechselseitig verwirren [10] in vorgeschriebenen Maßen, * dann entsteht der heftigste Kampf zwischen den beiden Arten (was ein vergnüglicher Anblick). Von hier bewegt es sich schwarzblau, von dort purpurrot. Es blitzt schneeweiß von hier, bald dräut Schwarzes von dort. Allein, wenn das Unwetter erglühte, da der Südwind zurückgedrängt, [15] wenn die schöne Thaumantiade den halben Erdkreis überzieht, liebkost Iris die Schläfen mit wohlriechendem Blumengewinde, die schmeichelnde, bestimmende Form der zum Kranze gehörigen Farbe. —————— [v. 1] * Die Gestalt kommt vom Himmel her, ist nicht der nämlichen Vermischung Kind. [v. 8] † Das chemische Gefäß Pelikan. [v. 10] * Umtreibung. [v. 14] Die vier Farben.

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[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

* Quare cum terra constanti foedere caelum Consocia, mediante unda, ceu glutine amoris. Ante tamen, quam horum comitia magna celebres, A veteri caeno fac liberiora triumphent, Qua tibi jam toties iterata est fabula prisca. Exuat unda igitur nebulas: unguenta favillas: Et † Cretam tellus: tum namque merebitur ire, Alterum in alterius thalamos, conjunctaque vivent. Hoc fiet, si fermentum geniale farinam Permeet aureolam, quod solo ê viscere Phoebi Dictum est expromi. Gaudent aequalibus aequa. * Hoc tu fermentum si vasa levâris ad alta, Elueris faeces, et ab omnibus egeris umbris, Connectes partes, donce progerminet illud Fermentum magnum, quod postea cuncta metalla Levigat et tandem purum transmutat in aurum. —————— [v. 18] Conjunctionis proportio de industria omissa est, potest verò hâc figurâ intelligi. 1|3 3|9 4 | 12 [v. 24] † Caput mortuum. [v. 26] Et hanc proportionem agentis cum patiente, sive auri cum suo Mercurio servare oportet. [v. 29] * Praeparatio fermenti.

[S. 45]

[5]

[10]

Haec est vivificans auri argentique facultas, Quae geminis adfert fermentum adfine metallis. Sint autem illorum, ut glacialis stiria, calces, Quas si fermentum purâ transiverit aurâ, Tota revivificat latitantia semina vitae: Nascitur hôc color aurifluus, seu purpura regis: Hoc duce, dulce lutum regis vivace sigillo signatur, * caelumque repraesentante colore Imbuitur, quali mortalia lumina gaudent. Talia sed fiunt, † cum vasa rotantia formam Depingunt, qualem collo Pelecanus adunco, In vitam revocaturus dum sanguine pullos, Intrepidum fodicat pectus: modóque ima supremum, Moxque suprema imum tendunt: modò dextra sinistrum, —————— [v. 2] Calces metallorum. [v. 8] * Coeruleo id est aureo. [v. 10] † Vasa circulatoria.

Chryseis, Liber IIII.

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* Deshalb sind Erde und Himmel in festem Bündnis verwandt, dazwischen die Woge, als Band der Liebe. [20] Bevor Du dennoch deren großer Versammlung beiwohnst, sorge dafür, daß sie als ungebundene aus dem alten Unrat den Sieg davon tragen, wie es Dir schon so oft im altertümlichen Mythos wiederholt worden ist. Möge also die Woge die Finsternis brechen, die Salben die Asche. Wie auch die Erde † die Kreide. Daraufhin nämlich wird es recht sein, daß [25] der eine in des andern Gemächer geht, und sie vereinigt leben werden. Dies wird geschehen, wenn das fruchtbringende Ferment durchdringt das goldfarbige Mehl, von welchem man sagt, daß es nur aus den Eingeweiden des Phoebus gewonnen wird. Es erfreuen sich Gleiche an Gleichen. * Wenn Du dieses Ferment erhoben haben wirst zu den hohen Gefäßen, [30] wirst Du den Bodensatz auswaschen, und wirst jeglicher Dunkelheit frei sein, verbinde die Teile, solange jenes bedeutsame Ferment hervorsprießt, welche hernach alle Metalle aufbessern wird und schließlich verwandelt in Gold. —————— [v. 18] Das Verhältnis der Verbindung ist mit Absicht weggelassen, es kann aber diesem Schema entnommen werden: 1|3 3|9 4 | 12 [v. 24] † Totenkopf. [v. 26] Ebenso muß dieses Verhältnis von Agens und Patiens, oder des Goldes mit seinem Mercurius beachtet werden. [v. 29] * Die Bereitung des Ferments.

[S. 45]

Diese ist die lebendigmachende Kraft des Goldes und des Silbers, welche das verbindungsfähige Ferment an die doppelten Metalle bringt. Es sollen aber von jenen die Kalke, wie ein gefrorener Eiszapfen, sein, wenn diese das Ferment durchdrungen hat mit reinem Hauch, [5] macht es alle verborgenen Samen des Lebens wieder lebendig. Es entsteht hieraus die goldene Farbe, oder der Purpur des Königs. Unter dessen Leitung, wird der belebte Dreck mit dem lieblichen Siegel des Königs versehen und mit der * den Himmel vergegenwärtigenden Farbe getränkt, über welche sich der Sterblichen Augen freuen. [10] Solches indessen geschieht, † wenn die sich umdrehenden Gefäße die Gestalt abbilden, so beschaffen wie des Pelikan gebogener Hals, da er im Begriff ist die Jungen mit Blut ins Leben zurückzurufen, der die unverzagte Brust aufhackt. Bald streben die Untersten nach oben, und bald die Obersten nach unten. Bald drängen die Rechten nach links, —————— [v. 2] Die Kalke der Metalle. [v. 8] * Mit der schwarzblauen, das heißt: der goldenen. [v. 10] † Circuliergefäße.

158 [15]

[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Moxque sinstra tenent dextrum, et vertuntur in orbem. Tunc roseus prodit sanguis, seu sanguine si quid Purpureum magis est, laniati pectoris humor. Hic est Chrysolithus, quem per tot millia rerum Vestigant multi, at non ê mille invenit unus. * Nil ergo est aliud gemma haec, quàm purius aurum, Nullis pollutum maculis, speculique nitentis Fusum instar, † cui nulla nocent elementa: nec unda, Nec venti infestant, nec proderit aetheris ira: Cunctis fermentum: cunctis tutela creatis. Temperie exultans pulcra, similique colorans Omnia, quae tangit, radio: coma denique Phoebi: Non quae noctis adhuc est circumfusa tenebris, Tota sed aetherium spirans, divinaqué tota. Tale etiam videas penetrare per omnia Mundi Fundamenta potens, et magno corpore mentem Circuire, astrigerumque suo spiramine caelum Pertransire ipsum, stellisque afflare vigorem. Atqué unum fermentum hoc est, sed gemma biformis: —————— [v. 20] * Lapis philosophorum nihil est aliud quàm aurum ipsum, sed sui moris. [v. 22] † Incorruptibilis est.

[S. 46]

[5]

[10]

[15]

Altera grandinea est, at punicat altera gemma: Est utriusque tamen lex una, inventor et unus. Non mereat, Chrysanthe, tuas audaculus aures, † Quicunque alterutram vano jactaverit ore, Aut utramque etiam, si non conjungere novit. Namque una ex alia nexu dependet aheno. Annon ridebis, siquis promiserit uvas Pallentes, nigrasque neget sibi crescere ruri. * Nonne eadem est ratio? Nonne ars et pampinus idem? Non simils radix? Non Sol? Non imber et arvum? Non est in duo Chrysolithi dissecta facultas: Sed qui puniceum novit progignere Phoebum, Ne dubitet, labor ipse jubet, tentare Dianam. Namque est fermentum rubei simul atque nivalis Author splendoris: Phoebi pater atque Dianae. Vim tamen alterutram nequit ingenerare metallo, Si non Aethneo fluitaverit igne liquatum: —————— [v. 1] Lapis Philosophorum duplex est. [v. 4] † Objectio. [v. 9] * Lapides ambo indivisibiles sunt.

Chryseis, Liber IIII.

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[15] bald die Linken nach rechts; und drehen sich im Kreise. Daraufhin kommt das rote Blut hervor, oder falls etwas mehr purpurfarben denn Blut ist, aus der zerfleischten Brust der Saft. Dies ist der Chrysolith, dem viele in Abertausend von Dingen nachspüren. Allein, aus Tausend stößt auf ihn nicht einer. [20] * Nichts also anderes ist dieser Stein als reineres Gold, von keinerlei Flecken beschmutz, und hingegossen gleich dem glänzenden Wasserspiegel, † dem keine Elemente abträglich sind; den weder die Woge noch Winde aufwühlen, auch wird nicht des Äthers Zorn hervorkommen; aller Dinge Ferment; aller erschaffenen Dinge Beschützer; [25] ob der schönen Mischung lebhaft aufwallend, alles, was er berührt, mit ähnlichem Strahl färbend; schließlich das Haupthaar des Phöbus. Nicht welches zur Nacht immer noch von Finsternis umflossen, sondern das Ätherische atmet und ganz das Göttliche. Zu solchem befähigt könntest Du sogar die Grundfesten durch alle Dinge [30] der Welt dringen sehen, wie auch im großen Körper kreisen den Geist, und den gestirnten Himmel selbst durchwandern mit seinem Wehen und den Sternen einhauchen Stärke. Allerdings ist dieses Ferment nicht eines, sondern vielmehr ein zweigestaltiger Stein.

—————— [v. 20] * Der Stein der Weisen ist nichts anderes als das Gold selbst, aber auf seine Art. [v. 22] † Er ist unverweslich. [S. 46]

Der eine ist hagelicht, allein, purpurfarben ist der andere Stein. Gleichwohl unterliegen beide einem Gesetz, einen Urheber gibt es. Nicht verdient, Chrysanthus, Dein Gehör, † wer auch immer ziemlich verwegen mit eitlem Mundwerk herumprahlt mit dem einen von beiden [5] oder auch mit allen beiden, wenn er sie nicht zu verbinden beherrscht. Denn einer hängt mit eherner Verbindung vom anderen ab. Wirst Du etwa nicht lachen, falls jemand blaßgrüne Trauben versprochen hat, und abstreitet bei ihm auf dem Land wüchsen dunkle. * Ist es etwa nicht dieselbe Methode? Ist es etwa nicht dieselbe Kunst und nicht derselbe junge Weinstock? [10] Nicht eine ähnliche Wurzel? Nicht die Sonne? Nicht Regen und Erdreich? Die Kraft des Chrysolith ist nicht in zwei geteilt. Allein, wer es beherrscht, zu erzeugen den purpurfarbenen Phoebus, soll nicht zweifeln, daß die Arbeit selbst befiehlt, sich an Diana zu machen. Denn das Ferment ist zugleich [15] der Urheber des roten wie auch des schneeweißen Glanzes: des Phoebus Vater wie der Diana. Dennoch vermag er nicht aller beider Kraft dem Metall einzupflanzen, sofern er nicht verflüssigt vom Feuer des Ätna schwimmt. —————— [v. 1] Der Stein der Weisen ist zwiefach. [v. 4] † Obiectio. [v. 9] * Beide Steine sind unteilbar.

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[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

† Candidaque ut fiat clarae tinctura Dianae, Ipsa pruinoso sit calx argentea vultu: Sorbeat haec partes tres de * spiramine Bacchi, Et mox dimidia fermenti parte rigetur. Si verò mens est auri componere coccum, Calx sit tincta croco, † florentem imitata genistam. At quia jam dixi, taedas, et amabile foedus Congressu Phoebum primo jurâsse Dianae, Vlterius sectari aequum est fructus Hymenaei. * Non haec est, quam dixi aliàs, Lucina bicornis, Quae versat manibus crudas ingloria massas, Sed quae Mercurio prognata est patre sereno, * Non quali artifices fluxo tot jurgia dicunt, Sed qui nobilior, par fulget Apollinis ostro. Haec quia purpureo Phoebo se jungit amictu, Ignota est vulgo, subolem tamen exprimit altam, —————— [v. 18] † Progressus ad Lunam, sive argentum generandum. [v. 20] * Spiritus Vini. [v. 23] † Flos genistae aureum colorem prae se fert. [v. 27] * Ut in visione illa nocturna docebatur. [v. 30] * Mercurius vulgaris damnatur.

[S. 47]

[5]

[10]

[15]

Phoebigenam Hermetem. Dixerunt somnia Phoebum Hesterna, et tibi monstrârunt sub nomine Phoebi. Hic est, qui fratres implevit lumine divos: * Hic est qui quondam convivia magna paravit, (Vt nobis cecinit docto fabella cothurno) Queis consanguinei divi accubuere minores: Appositae sapuêre epulae caelestia totae Nectar, et Ambrosiam, quas non nisi caelicus ignis Coxerat, et quantus cocturâ halarat in auras, Tantus ab ipso epulis † convivatore redibat. Haec suboles illa est, quae segnia viscera * fratrum Cum lustrat, tenuat nebulas, omnemque cloacam Exturbat, dum fertilitas generosior intus Incalet, atque novo procedit macta vigore. † Ast uxor Phoebi, cum nondum urgebat Olympus, Semicruenta fuit, cum conjugis oscula sensit: Mox tota erubuit membris innexea mariti, —————— [v. 4] * Haec fabula passim apud Chemicos extat. [v. 10] † Id est Phoebo, sive auro philosophico. [v. 11] * Metallorum inferiorum. [v. 15] † Mercurius.

Chryseis, Liber IIII.

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† Damit zustande kommt die weiß schimmernde Tinktur der strahlenden Diana, soll selbst der silbrige Kalk sein von bereiftem Antlitz. [20] Schlürfen soll dieser drei Teile * vom Atem des Bacchus, und dann wird er durch einen halben Teil des Fermentes erstarren. Wenn in der Tat die Absicht besteht, den Scharlach von Gold herzustellen, so sei der Kalk gefärbt mit Safran, † so daß er nachahmt den blühenden Ginster. Allein, weil ich bereits sagte, daß Hochzeitsfackeln und eine Liebesverbindung [25] bei der ersten Zusammenkunft Phoebus schwur der Diana, ist es darüber hinaus recht und billig nachzuspüren der Frucht des Hymenaeus. * Nicht ist diese, wie ich andernorts sagte, die zweihörnige Lucina, die mit den Händen unrühmlich wendet die rohen Klumpen, sondern diejenige, welche Merkur, dem heiteren Vater, entsprossen ist, [30] * nicht jener flüssige, wegen dem die Kunstwerker so viele Zänkereien austragen, sondern der edlere, der gleißt wie Apolls Purpurgewand. Weil diese sich dem purpurnen Phöbus verbindet in der Hülle, ist sie dem Pöbel unbekannt, dennoch zeigt sie hohe Abkunft, —————— [v. 18] † Die Prozesse zum Erzeugen von Luna, oder Silber. [v. 20] * Weingeist. [v. 23] † Die Blüte des Ginsters stellt die goldene Farbe zur Schau. [v. 27] * Wie in jener nächtlichen Vision gelehrt wurde. [v. 30] * Der gewöhnliche Mercurius wird verworfen. [S. 47]

die Phoebusgezeugte, Hermetische. Es nannten [sie; d. h. die Frucht] die gestrigen Traumgesichter den Phoebus, und sie zeigten [sie] Dir unter dem Namen des Phoebus. Dieser ist es, der die göttlichen Geschwister erfüllt mit Licht. * Dieser ist es, der einstmals große Festmähler bereitete, [5] (wie uns einst der Mythos sang in erhabener und gelehrter Weise), bei welchen sich die blutsverwandten niedrigeren Gottheiten lagerten. Die aufgetragenen Speisen schmeckten alle nach himmlischen Nektar und Ambrosia, welche einzig das himmlische Feuer gekocht hatte, und so viel wie die Zubereitung ausdunstet in den Wind, [10] so viel kehrte vom † Gastgeber selbst in die Speisen zurück. Diese Nachkommenschaft ist jene, welche, da sie die trägen Eingeweide * der Geschwister reinigt, die Dunkelheit lichtet, und den ganzen Abfall heraustreibt, während drinnen die Ergiebigkeit üppiger in Feuer gerät und sich zeigt in neuer Frische erstarkt. [15] † Allein, die Gemahlin des Phoebus, als das Firmament noch nicht dräute, war halb blutüberronnen, da sie die Küsse des Gatten spürte. Bald ward als ganze sie

—————— [v. 4] * Diesen Mythos sieht man allenthalben bei den Chemikern. [v. 10] † Das heißt: durch Phoebus, oder das philosophische Gold. [v. 11] * Der unterlegenen Metalle. [v. 15] † Mercurius.

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[20]

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[30]

B. Edition und Übersetzung

Ejecitque graves veluti carbunculus ignes. Haec Phoebea uxor, varijis velata lacernis Aurifices inter lusit, sensusqué popelli Insani latuit. * Tibi sed fortasse leonis Fabella audita est, viridi qui crine jubatus, Sanguine conspersus, se postea miscuit ostro. Hic, uxor Phoebea, leo est, † quem turba nefasta Inter pampineas sectari jusserat uvas. Vana fides. Nam cum sit rex dominusque ferarum, Non est nervifragi donis gavisus Iacchi, Et quamvis Bacchi gemina sit tygride currus Armatus, raucum interea temone sonante: Non tamen intra uvas potuit fortissima gigni Bellua, quum succus dissolvat robora membris: Aut, siquas furias, * siqua tormenta lacertis —————— [v. 21] * Leo viridis. [v. 24] † Leo viridis non est vitriolum, sed Mercurius, quamvis â nonnullis etiam auro hoc etymon tribuatur. [v. 32] * Quidam ex ligno vitis aquam eliciebant, pro philosophica solutione auri, sed frustrà, ut hic monet.

[S. 48]

[5]

[10]

[15]

Affert robustis, disploserit illico in auras, Quicquid virtutis visus fuit ingenerâsse. Est igitur ferclum illius validissimus ignis: Hôc bene supposto, crescunt robusta Leoni Membra, quoad fiat durabilis ignis, In medijs flammis veluti Salamandra triumphans, (Si scriptis adhibenda fides) aut sicut Olympus, Aut si lucidius fingi quid possit Olympo. At Phoebus, qui sese infert in membra maritae, Dicitur olim animo vi deliquisse veneni, Te velut hesterno monuerunt somnia monstro: Dicitur et morsus saevo obdormîsse * Ceraste. Hic etenim, quum vicino percusserit arcu Cynthius, irritatur atrox, et missile virus Eructat, † quo cum tactus connixit Apollo In mortis speciem, thermis redimatur iniquis: Ille * novis positus labris, et † cruribus anguis —————— [v. 6] Salamandra. [v. 12] * Species est serpentis. [v. 15] † Actio, et passio auri et menstrui. [v. 17] * Vitris. [v. 17] † Cum menstruo maneat conjunctum.

Chryseis, Liber IIII.

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rot umschlungen von den Gliedern des Gatten, und stieß, wie der Karfunkel heftige Flammen aus. Diese Gemahlin des Phoebus treibt in verschiedene Mäntel gehüllt [20] unter den Goldmachern ihr Spiel, wie sich auch die Bedeutung dem irren gemeinen Volk verbarg. * Doch Dir ist womöglich die Geschichte des Löwen zu Gehör gekommen, dessen Mähne von grünem Fell ist; mit Blut besprengt, verbindet er sich hernach mit dem Purpur. Dieser Löwe ist die Gemahlin des Phöbus, † dem die frevelnde Schar [25] nachzuspüren befahl unter den rankenreichen Trauben. Eitler Wahn. Denn obschon er der König und Herr ist der Tiere, ist er nicht erfreut über die Gaben des die Kraft brechenden Iacchus, wenngleich des Bacchus Wagen der doppelte Tiger vorgespannt ist, indessen die Deichsel tönt von rauhem Gebrüll, [30] konnte dennoch nicht unter den Trauben das allerstärkste Wildtier zur Welt kommen, da der Saft die Kraft der Glieder schwächt. Oder, wenn er irgendwelches Wüten, * oder irgendwelche Marter den kräftigen Armen —————— [v. 21] * Der Grüne Löwe. [v. 24] † Der Grüne Löwe ist nicht das Vitriol, sondern der Mercurius, obgleich von einigen auch dem Gold dieses Stammwort zugewiesen wird. [v. 32] * Etliche lockten aus dem Holz des Weinstocks ein Wasser heraus, für die philosophische Auflösung des Goldes, doch vergebens, wie er hier lehrt. [S. 48]

zufügt, wird alsbald in die Luft geschossen alles, was er an Tugend schien eingepflanzt zu haben. Es ist die Speise von jenem allerkräftigstes Feuer. Ist dies ausreichend untergestellt, wachsen dem Löwen die kräftigen [5] Glieder, solange wie das Feuer dauerhaft einwirkt, inmitten der Flammen triumphiert er gleich dem Salamander, (wenn man den Schriften Glauben schenken kann) oder wie das Firmament; oder, wenn man etwas einleuchtenderes als das Firmament erdichten könnte. Allein, Phoebus, der sich in den Körper der Gattin begibt, [10] sagt man, sei einst geistig umnachtet worden durch die Gewalt eines Giftes, wie Dich die Traumbilder durch das gestrige Wahrzeichen lehrten. Man sagt ebenso, er sei eingeschlafen, gebissen von einer wütenden * Hornschlange. Diese nämlich, da sie der Cynthische mit dem artverwandten Bogen schoß, ward grimmig gereizt, und ein schießbares Gift [15] speit sie aus, † da er von diesem getroffen, nickte Apoll ein in den Anschein des Todes, durch ungleiche Warmbäder wird er wiederhergestellt. Ist jener in * frische Bäder gesetzt, wie auch † um jenes Schenkel geschlungen die —————— [v. 6] Der Salamander. [v. 12] * Sie ist eine Schlangenart. [v. 15] † Wirkung und Erleiden des Goldes und des Menstruum. [v. 17] * In Gläsern. [v. 17] † Mit dem Menstruum soll er Verbunden bleiben.

164

[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Illius implicitus, caesus feriente sagittâ, Sub die jaceant ambo, caeloqué fruantur Aestivo: aut si Bruma algens inviderit aestum, * Ars similem aestivo supponat utrique calorem. Ast ubi Luna semel per coeli signa meârit, [†]273 Interea redidivus aget Titanius heros. Ipse etiam serpens mittet nova spicla revivens. Huic verò cum jam nova bella indixit Apollo, Effugit, emissas impos perferre sagittas: Sibilat, et notas fugit indignatus ad umbras. Hic aperi rimam, qua possit cedere serpens. Pergat metiri cursum nova Luna secundum, Et penitus publicam in lucem prodibit Apollo. Ille videns summis haerentia toxica membris, Materna intrabit medicatae * balnea lymphae: Amplexa hunc mater generoso lacte saginat, —————— [v. 21] * Primum gradum ignis. [v. 22] † Menstruum spacium. [v. 32] * Menstruum notant naturale.

[S. 49]

[5]

[10]

[15]

Et tantum enutrit, dum, vanescente veneno, Aurificae fiat similis virtute parenti. At nunc auriferae dum prodit portio frundis, Vt modò monstravit velatis fabula dictis, * Elice, qui superest, aurato ê sandyce coccum, Qui sursum pulcrae Aurorae ceu roscidus humor Evolat et partem post sese de tribus unam Deserit, ipse duas secum super aethera vectans. Magnum opus est, Chrysanthe, et inextricabile nobis Fabrica Chrysolithi, varijs intorta figuris. Haec etenim in medijs, variè dum dimicat ollis, Et varias promit species, variosque colores, Principijs constare quidem se quattuor inquit. Haec tamen in † multas iterum distinguere partes Convenit, et partes hercisci â partibus ipsas: Et modò Naturae tenebras offundere leti, Mox in conspectum, et claram producere lucem: * Praecipuè observabis aquam: observabis et ignem. Namque ignis nutricat aquam, quia fluxilis ipse, —————— [v. 5] Extractio sulfuris aurei persequenda, ejusque proportio. [v. 14] † Λεπτομερεία operis. [v. 18] * Quatuor Elementa ut concurrant et invicem agant? 273

Crux fehlt in der Vorlage, obschon in der Glosse.

Chryseis, Liber IIII.

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Schlange, niedergestreckt vom eingeschlagenem Pfeil, sollen unter dem Tageslicht beide liegen, am [20] sommerlichen Himmel sich erfreuen, oder falls der frostige Winter die Hitze mißbilligt, * kann die Kunst eine dem Sommer ähnlich sommerliche Wärme allen beiden zukommen lassen. Allein, sobald Luna einmal durch die Zeichen des Himmels gewandert, † wird unterdessen walten wiedervergöttlicht der Titanische Heros. Gerade auch die Schlange, da sie zu neuem Leben erwacht, schleudert neue Geschosse. [25] Da aber dieser Apoll schon einen neuen Kampf ansagte, entkam sie, nicht in der Lage, abgeschossene Pfeile ins Ziel zu bringen. Sie zischt und flieht empört in die vertraute Dunkelheit. Nunmehr tat sich eine Kluft auf, in welche die Schlange entweichen konnte. Es soll Luna aufs Neue aufbrechen einen zweiten Lauf zu durchmessen, [30] und tief ins öffentliche Licht wird Apoll hervortreten. Da jener sieht, wie die Pfeilgifte in den wichtigsten Gliedern festhaften, wird er in die mütterlichen * Bäder von heilsamem Naß hineinsteigen. Diesen umarmt und säugt die Mutter mit üppiger Milch —————— [v. 21] * Der erste Grad des Feuers. [v. 22] [†] Der zum Menstruum gehörende Zeitraum. [v. 32] * Sie bezeichnen das natürliche Menstruum. [S. 49]

und so lange Zeit nährt sie ihn, bis er, da das Gift sich verflüchtigt, an Tugend gleich wird der goldmachenden Erzeugerin. Allein, da nun der Teil des goldführenden Laubes hervorkommt, wie eben in verhüllter Rede der Mythos lehrte, [5] * entlocke, welcher übrig ist, vom goldenen Mennig den Scharlach, der sich nach oben wie das betaute Naß der schönen Aurora erhebt und nach sich von dreien ein Teil zurücklassen wird, dieweil er zwei mit sich über den Luftraum führt. Ein großes Werk ist es, Chrysanthus, und unlösbar für uns [10] das Gewebe des Chrysolith; in verschiedenen Figuren verwirrt. Solange dieses sich nämlich mitten in den Töpfen herumschlägt, zeigt es sich in verschiedenen Gestalten als auch in verschiedenen Farben, dennoch heißt es, es bestehe aus den vier Principia. Diese jedoch wiederum in † viele Bestandteile zu trennen, [15] ist möglich, wie auch die Bestandteile von den Bestandteilen selbst getrennt werden können, wie auch ins Licht des Todes tauchen die Natur, und bald hernach in den Blick, ins helle Licht hervorholen. * Vor allem wirst Du beachten das Wasser, wirst auch beachten das Feuer. Denn das Feuer nährt das Wasser, weil es selbst flüssig ist.

—————— [v. 5] Die zu verrichtende Ausziehung des Schwefels des Goldes, und dessen Anteil. [v. 14] † Das Bestehen aus feinen Teilen des Werkes. [v. 18] * Wie die vier Elemente zusammenkommen und gegenseitig wirken.

166 [20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Atque sali sociat: sed sal, quia spiritus aequè est Ingipotens, et abit tenuem resolutus in undam, Naturae ambiguae est, nempe ignis et unda, utriusque Copula, et agnoscit sexum Hermaphroditus utrumque. Haec si non, Chrysanthe, capis, propono minora. Inspice † Iuniperi quo crescant ordine baccae: In terram primùm tumulatur semen opimam, Huic ubi jam madido cum rore potentia Solis Incubat, emergunt latitantia munera vitae: Fundatur radix: surgunt cum caudice rami: Luxuriant folia, et viridans arbuscula prodit: Impubes tamen est, et nulla fruge gravatur. Accrescunt vires, cum jam redit altera messis, Cinyphiosque apices dant summo ê cuspide flores, —————— [v. 25] † Comparatio.

[S. 50]

[5]

[10]

[15]

[20]

Qui mox baccescunt, dum tertia vertitur aestas, Albescunt tamen immites eô tempore baccae, Annus dum redeat quartus Phoebusque, recurrat: Tum demum baccae pulcra nigredine rident, Et tribuit matura aetas turgescere olivo. Hoc * tamen artis opem petit elicientis, et ignis, Vt possit morbis aliquod conferre levamen. Talia Chrysolithus nascendi momina caepit. Iam terrestris agit natura, et mucida radix. Mox ebullit aquae vis, et quatit invia terrae: Tum vapor aerius spirat, tollitque madorem: Tandem etiam reliquas vis permeat ignea partes. Haec quamvis fiant Naturâ cuncta magistrâ: Adsciscunt tamen artem etiam, quae substruat ignem. Tu geminos ignes vicino glomere junge, Si vis terrenae dissolvere vincula molis. Est alius namque, ê crudis vitale metallis Qui ciet ingenium, quem dextera cauta ministrat. Intra qui † furnos extrinsecus advenit ignis, Provocat internum, stimulisque impellit acutis: Ambo tamen * pingui perfusi uligine flagrant. Non etenim in sicco generatrix flamma moratur. —————— [v. 6] * Destillatoria arte eliciuntur olea. [v. 19] † Furnus Chemicus Athanor vocatur. [v. 21] * Ignis humido nutritur.

Chryseis, Liber IIII.

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[20] Und auch dem Salz ist es verbunden. Das Salz jedoch, weil es ebenso ein feuerbeherrschender Geist ist, hält sich ebenso auf gelöst in der wäßrigen Woge, es ist von zwiespältiger Natur, offenbar Feuer und Wasser, von beiden das Bindeglied, und der Hermaphrodit kennt beiderlei Geschlecht. Wenn Du diese, Chrysanthus, nicht begreifst, bringe ich Schlichteres vor. [25] Betrachte in welcher Abfolge † die Wachholderbeeren wachsen: In fettem Erdreich wird zuerst der Same vergraben, an diesem, sobald nun die Macht der Sonne zusammen mit feuchtem Tau einwirkt, treten die verborgenen Gaben des Lebens hervor. Es faßt Grund die Wurzel. Es erheben sich mit dem Stamm die Äste. [30] Es treiben die Blätter, und ein grünendes Bäumchen kommt hervor. Dennoch ist es unerwachsen und wird von keinen Früchten beschwert. Es nehmen die Kräfte zu, da schon die zweite Erntezeit ins Land geht, teilen die Blumen aus der obersten Spitze aus an die Cinyphischen Bienen, —————— [v. 25] † Vergleich.

[S. 50]

welche dann Beeren tragen, sobald der dritte Sommer sich wendet, dennoch sind die herben Beeren zu diesem Zeitpunkt weiß, indem das vierte Jahr ins Land geht und Phoebus wiederkehrt, dann erst glänzen die Beeren in schöner Schwärze, [5] ebenso gestattet reifes Alter dem Olivenbaum zu strotzen. Dieses * verlangt dennoch die Hilfe der herauslockenden Kunst und des Feuers, damit es den Krankheiten irgend Linderung bringen kann. Solche Geburtszeiten wählt der Chrysolith sich aus. Bereits regt sich die irdische Natur, wie auch die modrige Wurzel. [10] Bald sprudelt empor des Wassers Kraft und erschüttert die unwegbaren Stätten der Erde. Daraufhin weht himmlischer Brodem und nimmt die Feuchtigkeit fort. Zuletzt noch durchdringt die Macht des Feuers die verbleibenden Teile. Alle diese, wie sehr auch immer sie entstehen unter der Führung der Natur, ziehen dennoch ebenso die Kunst hinzu, welche das Feuer darunter schichtet. [15] Du vereinige die doppelten Feuer in enger Ballung, wenn Du auflösen möchtest die Bindungen der Masse. Denn fürwahr ist es ein anderes, das aus rohen Metallen die lebenskräftige Anlage hervortreibt, welchen die umsichtige Rechte darreicht. Inwendig, ruft das Feuer, welches von außen an die † Öfen herankommt, [20] das Innere hervor und heizt es an mit scharfen Spornen. Beide dennoch lodern * von saftiger Feuchtigkeit benetzt. Denn

—————— [v. 6] * Durch die Destillierkunst werden die Öle herausgelockt. [v. 19] † Der chemische Ofen wird ›Athanor‹ genannt. [v. 21] * Das Feuer wird durch das Feuchte genährt.

168

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Non secus ac Tellus, radijs tepefacta mariti, Non, nisi caelesti cum perluit imbre capillos, Intumet, hinc blandè spirantia lilia fundens, Inde rosas teneras et purpureos hyacinthos: Pulcras hinc nardos, illinc beneolentia anetha, Et sole exsultat, fotuqué animatur opimo. Hoc opus † immensum bis ternis solibus exit. Septima namqué dies operanti terminus esto: Non secus atque Deus, cum jam formaverat omnem Ex nihilo Mundum, numero requievit in isto. Hunc Saturno etiam gens olim prisca sacravit, —————— [v. 29] † Hic observanda Alchemicorum ludibria varia, de temporis dimensione: Multi enim pro septimanis dies ponunt: menses quinque pro anno integro substituunt.

[S. 51]

[5]

[10]

[15]

Temporis ut magnum quem credidit esse parentem, Et turbae mortalis avum, patremque deorum. Non tamen interea luces ducuntur inerteis, Quando illo ventum est: nova sed speciebus origo Solum praeclusa est: veluti pater ille supremus Non Mundi formavit opus sex solibus ingens, Vt nihil in fabricis operari pergeret amplis. † Ergo incrementum quia rebus debuit addi, Iussit in innumeros animalia crescere caetus. Si etiam accedit nostrae nova portio gemmae, At non difformis, sed par virtute priori. Tu septem, * numerum solve internum atque quaternum, Postremum tunc multiplica per membra prioris, Atque in bis senos mox luxuriantior ibit, Hunc iterum numerum septeno extende fluente, Atque octoginta fient, et quattuor unà: Quattuor atque octo numero si includis in uno Bis seni fient iterum: hi ter quattuor: at si —————— [v. 8] † Augmentatio operis. [v. 12] * Pythagorica supputatio 7 – 3 4 12 7 84 12 – 4 3 7.

Chryseis, Liber IIII.

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fürwahr im Trockenen hält sich die nährende Flamme nicht. Genauso wie die Erde, erwärmt von den Strahlen des Gatten [25] anschwillt, indem sie dann von hier schmeichelnd duftende Lilien ausbreitet, von dort zarte Rosen und purpurne Hyazinthen; schöne Narden von dort, von hier wohlriechenden Anis, auch bejubelt sie die Sonne, und sie wird belebt durch die üppige Wärme. Dieses † ungeheuere Werk geht nach zweimal drei Tagen zu Ende. [30] Der siebte Tag soll fürwahr dem Schaffenden der Abschluß sein. Nicht anders als auch Gott, da er bereits die ganze Welt erschaffen hatte aus Nichts, bei dieser Zahl ruhte. Diese weihten die alten Heiden einst dem Saturn, —————— [v. 29] † Hier ist achtzugeben auf verschiedene Spielereien der Alchemiker bezüglich des Zeitmaßes: Viele nämlich nehmen für die Wochen Tage, fünf Monate setzen sie für das ganze Jahr. [S. 51]

von welchem sie glaubten, er sei nämlich der Zeit großer Erzeuger, und der sterblichen Schar Ahnherr, wie auch der Vater der Götter. Dennoch nicht werden untätige Tage zugebracht, da es hierzu gekommen ist. Sondern den Arten ist einzig ein neuer Ursprung [5] verschlossen. So wie jener höchste Vater nicht gewaltig das Werk der Erde gestaltete an sechs Sonnenumläufen, damit nichts an weiteren Geweben zu bewerkstelligen verbleiben würde. † Weil darum auch Wachstum den Dingen auf den Weg gegeben werden mußte, befahl er den Lebewesen sich in unzähligen Gruppen zu vermehren. [10] So tritt der neue Bestandteil unseres Steines auf, allein, nicht ungestalt, sondern an Tugend ebenbürtig dem früheren. Du löse auf die sieben, * das ganze wie auch einmal vier, das letzte vervielfache daraufhin mit dem vorderen Glied, und nun wird es üppiger zu zweimal Sechs anwachsen. [15] Diese Anzahl wiederum vergrößere um das gefügige Siebenfache, und es werden achtzig werden, und vier dazu. Wenn Du die vier und die acht zusammennimmst, werden es wiederum zweimal je sechs. Diese

—————— [v. 8] † Vergrößerung des Werkes. [v. 12] * Pythagoreische Berechnung 7 – 3 = 4 12 × 7 84 12 – 4 + 3 = 7.

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[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Quattuor adjungas tribus, et stent tramite in uno, Principium repetes. Sic Pythagoraea rotatur Mensura, et justo momenta examine pensat. Ter denas autem luces cum promisit Apollo, Procedit color aetherius, si moveris ipsum Externis undis, quibus ingeniosa virorum Dextera congenuit multas in corpore vires. Non semper tamen est hoc inevitabile tempus: * Saepius evariat prout flamma, et semen, et arvum Concinnata forent. Namqué est labor omnis in igne. † Tu plantam, quam vis pulcris adolescere aristis, * Hinnulei, Chrysanthe, fimo conde, aut quod ad istum Sit tepidum morem: primùm lux septima cedat, Aureae et exibit † corruda tenerrima plantae, Sin secus, in gemina, dum cresacat turio, luces: —————— [v. 26] * Mensura temporis incerta quodammodo. [v. 29] † Ανακεφαλαίωϲιϲ brevis. [v. 30] * Chemici ventrem equinum vocant. [v. 32] † Surculus.

[S. 52]

[5]

[10]

[15]

Aut quoque, si sit opus ter septem impendere soles, Spes te dives alat, quod denique surculus auri Prodibit tenuis. Tum serpens squamiger alas Arrodet truce dente suas, et sponte subibit Fatum: sed ratio totius temporis ipsi Indita materiae est, cujus qui servat amussim Callet et aetatem, et quaevis mysteria plantae: Et contra, qui metiri scit terminis horas, * Materiae quoque naturam pernôsse necesse est. Est etenim genitura tenax, et ahenus illis Nexus, quo coeant: suntque illis tempora leges. Interea, dum crescit opus, vehementior ignis Suppositus flagret: nulla vas parte fatiscat: † Sed repleat rimas solidissima pasta patentes. Tum cinis ortus agit: mens intus clausa rebullit: Adsurgit Phoenix varia ludente figura. Est etenim cineri concessus spiritus aethrae, * Subtili tela, quem vis genialis aceti, —————— [v. 8] * Quod tempus ex materia dependeat, et vice versa. [v. 14] † Sigillum Hermetis. [v. 17] Alii colliquant ignis vi vasis collum, seu orificium. [v. 18] * Vas esto ὠοειδέϲ.

Chryseis, Liber IIII.

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sind dreimal vier. Allein, wenn Du vier den dreien beigesellst und sie in einer Abfolge stehen, [20] gelangst Du wieder zum Anfang. Auf diese Weise wird gedreht das Pythagoreische Maß und wiegt es auf die Werte bei richtiger Prüfung. Da aber dreimal zehn Tage verhieß Apoll, kommt die Farbe des Himmels hervor, wenn man sie selbst mit fremden Wogen veranlaßt, durch welche der Männer fähige [25] Rechte in Körpern gleichzeitig erzeugte viele Kräfte. Nicht immer jedoch sind diese Umstände unausweichbar: * Recht oft, je nachdem wie die Flamme verschieden ist, müssen sowohl der Samen als auch der Acker zurechtgemacht werden. Denn alle Arbeit steckt im Feuer. † Du setze die Pflanze, welche Du mit schönen Ähren reifen lassen willst, [30] in eines * jungen Hirschen Mist, Chrysanthus, oder, was nach dieser Art warm ist: zunächst muß der siebte Tag weichen, dann wird der allerzarteste † Spargel der goldenen Pflanze aufkeimen, sofern anders, während der Trieb wächst, an doppelten Tagen. —————— [v. 26] * Das Maß der Zeit ist einigermaßen unsicher. [v. 29] † Kurze Recapitulatio. [v. 30] * Die Chemiker nennen ihn ›Pferdemist‹. [v. 33] † Der Sprößling. [S. 52]

Oder wenigstens auch, falls es nötig sei, dreimal sieben Tag aufzuwenden, beseelt Dich die Hoffnung auf Reichtum, daß endlich hervorkommen wird der zarte Sprößling des Goldes. Alsdann benagt die beschuppte Schlange ihre Flügel mit grimmigem Zahn, und wird aus freiem Willen erleiden [5] das Schicksal. Doch das Maß der ganzen Zeit selbst ist der Materie beigegeben, wer deren Ordnung einhält, der versteht sich sowohl auf das Alter und jegliche Geheimnis der Pflanze. Und andererseits, wer sich darauf versteht, zu bemessen die Stunden der Frist, * ebenso ist es notwenig, die Natur der Materie gründlich erkannt zu haben. [10] Es ist fürwahr die Erzeugung dauerhaft und ehern jenen die Verbindung, durch welche sie sich vereinigen; auch gibt es für jene Zeiten Regeln. Unterdessen soll, während zunimmt das Werk, heftigeres Feuer untergestellt lodern. An keiner Stelle darf das Gefäß Risse bekommen, † sondern die klaffenden Spalten soll auffüllen der allerfesteste Mörtel. [15] Dann regt sich die Entstehung der Asche. Der Geist blubbert drinnen eingeschlossen auf. Es erhebt sich Phoenix, bei mannigfach ihr Spiel treibender Gestalt. Es steht fürwahr der Asche der Geist des Äthers zu, * mit feinem Gewebe, den —————— [v. 8] * Weil die Zeit von der Materie abhängt, wie auch entgegengesetzt. [v. 14] † Hermetische Versiegelung. [v. 17] Andere schmelzen zu durch die Wirkung des Feuers den Hals des Gefäßes, oder die Öffnung. [v. 18] * Das Gefäß soll eiförmig sein.

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[20]

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Seu lotium septenorum puerile Planetûm † Ventilat, atque foras ê pulvere provocat atro. Ne mirare quòd hoc vicibus repetita secundis, Occinimus: * bis resplendet color unus, et alter: Bis niger est, bis purpureus, dum terminus instet. Iam non est quicquam, quod te Chysanthe, latebit: Iam tibi perpetuis resonabunt † Orgia cistis. Ipsa tibi trepidis jamjam delubra moventur Sedibus, et claram dispergunt culmina lucem. Ecce faces tacito jactantur murmure sanctae Matris * Eleusinae. Salve dilecte Sacerdos: Salve, nec metuas te nostris addere templis. Si non poenituit tantos perferre labores: Si patriam linquis, Lybicas metatus arenas, Vt coleres vero sanctissima numina cultu: —————— [v. 20] † Spiritus septem metallorum. [v. 22] * Colores bis apparent. [v. 25] † Sacra sunt. [v. 29] * Cybeles.

[S. 53]

[5]

[10]

[15]

En caepe sacram etiam, quam mittit diva, tiaram. Dixit, et attonitum libata aspergine tinxit. Postea perrexit monitis insistere sanctis. Non te damnatus, Chrysanthe, incesserit error, Vt, quia de genijs frequens mihi sermo fluebat, In tua vota trahas sordentis * daemonas Orci: Conjurare polum caeptes: Acheronta movere Murmure suspecto. Modò convertaris ad Eurum, Mox Austro minitere: iterum te supplice planctu Opponas Arcto: tandem quoque pronus adores Hesperias, periture, plagas, scrobibusque preceris. † Nil juvat accensus signato cereus orbe: Nil quoque thuricremus depurgans aera nidor: Nil mactatorum cruor, et sacra nomina divûm. Non etenim est genijs, queîs sunt nigra Tartara poena, Propendens animus, facta impolluta juvandi: Vt rapiant animas, vigilant, veniuntque vocati Horrendi * Satrapae, detestandiqué ministri Ast ego non potui finem expectare loquelae: —————— [v. 6] * Damnatur conjuratio magica daemonum. [v. 12] † Infandi magorum ritus. [v. 18] * Satrapa Persicum vocabulum est, praefectum provincicae notat.

Chryseis, Liber IIII.

173

die Kraft des edlen Weinessigs oder der kindliche Urin der sieben Planeten, [20] † an die Luft bringt und nach draußen hervor ruft aus dem schwarzen Staub. Wundre Dich nicht, daß wir dies in zweimaliger Reihenfolge hören ließen: * Zweimal scheint auf die eine Farbe, wie auch die andere: Zweimal ist es schwarz, zweimal purpurfarben, solange das Ende bevorsteht. Nunmehr gibt es überhaupt nichts, was Dir Chrysanthus, verborgen bleiben wird. [25] Nunmehr werden Dir die † Geheimnisse wieder und wieder ertönen aus ewigen Truhen. Für Dich werden sich selbst jeden Augenblick in ihren unruhigen Stätten die Heiligtümer bewegen, und die Gipfel verströmen helles Licht. Siehe, in stillem Gemurmel wird bewegt das heilige Angesicht der * Eleusinischen Mutter. Heil Dir, geliebter Priester! [30] Heil Dir, und nicht sollst Du fürchten, Dich unseren Tempeln zu nähern. Wenn es nicht reute, solch große Mühen zu erdulden. Wenn Du die Heimat verläßt, Lybiens Sandwüsten durchmessen hast, damit Du in wahrhaftiger Frömmigkeit die allerheiligste Gottheit verehrest —————— [v. 20] † Der Geist der sieben Metalle. [v. 22] * Die Farben erscheinen zweimal. [v. 25] † Sie sind heilig. [v. 29] * Cybele.

[S. 53]

Da, nimm ebenso die heilige Tiara, welche die Göttin sendet«, sprach er, und er benetzte den Erstaunten mit weihend ausgegossenen Tropfen. Hernach fährt er fort auf den heiligen Ermahnungen zu beharren. »Nicht sollte Dir, Chrysanthus, der verdammenswerte Irrtum widerfahren, [5] daß Du, weil mir von Genien häufig die Rede entströmte, deinen Wünschen zuhilfe nimmst * Dämonen des widerlichen Orcus. Dich dem Himmel zu verbinden, sollst Du erstreben. Die Hölle zu bewegen durch Gemurmel betrachte ich mit Argwohn: Bald sollst Du Dich nach Osten richten, bald dem Süden drohen. Wiederum sollst Du Dich mit flehendem Wehklagen [10] wenden gen Norden. Endlich sollst Du auch geneigt verehren die zum Abend liegenden, Unglückseliger, Gegenden, wie auch betend anreden die Gruben. † Nichts richtet aus das Anzünden von Wachskerzen im bezeichneten Kreis, nichts dergleichen die Luft reinigender Weihrauchqualm, nichts der Opferungen Blut wie auch die heiligen Namen der Götter. [15] Fürwahr ist den Genien nicht der Sinn danach, für welche der düstre Tartarus die Strafe ist, daß sie unbefleckten Taten beistünden. Damit sie Seelen rauben, sind sie wachsam, und es kommen gerufen die schrecklichen * Satrapen und die abscheulichen Diener.« Allein, ich konnte nicht abwarten das Ende der Ausführungen. —————— [v. 6] * Verdammt wird das magische Dämonenbündnis. [v. 12] † Der abscheulichen Zeremonie der Magier. [v. 18] * ›Satrap‹ ist ein Persischer Begriff, er bezeichnet den Vorsteher einer Provinz.

174 [20]

[25]

[30]

[S. 54]

[5]

[10]

[15]

[20]

B. Edition und Übersetzung

Arripio dextram et dextrae terna oscula figo: Et simul exspirans ingentem evanidus auram, Abjiciensque solo genuae, et manum ad aethera tendens, Quae nobis, ô sancte, refers? Quaeque, ajo, profaris? Quae vos, ô divi, nostri pia cura tenebat, Dum tanta in terras misistis munera primùm? Nunquid credibile est aliquem in caelestibus ignem In nos incendi? Tantóne flagrabit amore In nos ille Deus, qui temperat omnia nutu? Si flagrat, ergo ignis ne nos languentior urat. Sic in utroqué potens dum conflagrat ignis et ignis, Communi ardentes flammâ, potiemur amore. Euge! volo ante Deum gratas effundere mentes, Qui modo terrigenae miseratus ab aethere gentis Et grandes largitus opes, se denique patrem Praestitit, et meritis pelagi superavit arenas. Quare dum fragiles habitabit spiritus artus, Continuabo preces, et si me numina mutent Lusciniae in formam, fruticosa arbusta subibo, Nil modulans prater divini encomia patris. Recte, inquit, Chrysanthe facis, dum numen adoras, Atque Dei templo suspendis pensile votum. Euge * triumphalis conscende sedilia currus, Lauriger, et claram victrici palmite dextram Tolle, ligaque hostes, debellatosqué tyrannos, Ne mox excussis moveant nova bella catenis. † Et te fortasse eveniat succumbere bellis. Tu ne cede malis, acri nec parce labori: Res digna est, dignusque labor, qui continet omne, Quidquid inexhausto natura abstrusit in orbe: Quidquid et in caelis Astraea abscondidit altis. * Tu quoque in hoc immensa Dei miracula cernes, Si quis scurra Deum lymphata mente negâvit: Denique quicquid agit communis turba trecentis, Hic facili brevitate docet, radiosque per omnem Expandit lucem, † ceu grandi lumine Phoebus, Qui, * quamvis etiam reliquis lux manet ab astris, —————— [v. 9] * Ita triumphabant victores veteres. [v. 13] † Constantia in opere requiritur. [v. 18] * Excellentia Lapidis Physici. [v. 22] † Παμφαὴϲ. [v. 23] * Παναρκὴϲ.

Chryseis, Liber IIII.

175

[20] Ich ergreife die Rechte und drücke auf die Rechte drei Küsse. Und zugleich, da ich vergehend ungeheueren Atem aushauche, mit den Knien auf den Boden falle und die Hand zu den Himmel strecke, sage ich: »Welch Dinge, Oh Verehrungswürdiger, teilst Du uns mit? Welch Dinge fürwahr tust Du kund? Welche gütige Sorge um uns hielt Euch, oh Götter, gefangen, [25] da ihr zum ersten Male solche Gaben auf die Erde sandtet? Ist es etwa glaubhaft, daß unter den Himmlischen Deine Liebesglut zu uns entflammte? Brannte von so großer Liebe zu uns jener Gott, der Alles durch [seinen] Wink beherrscht? Wenn sie lodert, soll uns demnach keine mattere Glut in Leidenschaft versetzen. [30] Indem so in beiden mächtige Glut mit Glut zusammenlodert, in gemeinsamer Flamme brennend, werden wir teilhaftig der Liebe. Wohlan! Ich will vor Gott ganz übergehen lassen das dankbare Herz, der sich vom Himmel erbarmte des erdgebornen Geschlechts;

[S. 54]

wie er es auch mit großen Reichtümern beschenkt hat, sich am Ende als Vater erwies und auch an Gunstbeweisen die Sandkörner der Meeresstrände übertraf. Daher, solange Atem wohnen wird in den gebrechlichen Glieder, werde ich fortsetzen die Bitten, und, falls die Gottheiten mich verwandeln [5] in der Nachtigal Gestalt, werde ich im buschigen Gesträuch unterschlüpfen, dabei nichts anderes singend als den Lobpreis des göttlichen Vaters.« »Recht, sprach er, hältst Du es, Chrysanthus, indem Du die Gottheit anbetest, und in Gottes Tempel aufhängst das versprochene Gehänge. Wohlan, * besteige den Sitz des Triumphwagens, [10] Lorbeerbekränzter, und hebe die ruhmreiche Rechte mit dem Siegeszweig, auch binde die Gegner, die niedergerungenen Tyrannen, damit sie nicht bald neue Kriege vom Zaun brechen, da sie abgeschüttelt die Ketten. † Wenn es Dich auch, womöglich ereilt, daß Du in Kriegen unterliegst, gib Dich nicht dem Unglück geschlagen, noch enthalte Dich bitterer Mühe. [15] Die Sache ist würdig, würdig auch die Mühe, die alles umfaßt; alles, was die Natur versteckte im unerschöpflichen Erkreis; alles, was Astraea verbarg in den hohen Himmeln. * Ebenso siehst Du darin Gottes unermeßliche Wunder, auch wenn ein Possenreißer mit wahnwitzigem Sinn Gott abstritt. [20] Schließlich, alles, was die Dreihundert umfassende Schar treibt, lehrt er hier in verständlicher Kürze, und Strahlen breitete er aus durch den ganzen Tag hindurch, † ganz so wie mit gewaltigem Tageslicht Phoebus, der, * obgleich ebenso Licht bleibt von den übrigen —————— [v. 9] * So feierten Triumphe die siegreichen Alten. [v. 13] † Ausdauer wird beim Werk verlangt. [v. 18] * Die Vortrefflichkeit des Physischen Steines. [v. 22] † Alleuchtend. [v. 23] * Allanleuchtend.

176

[25]

[30]

B. Edition und Übersetzung

Vsque tamen superat luce astra minora coruscâ. Quis non Chrysolithum summo est amplexus amore? Aurea semper erat fama, et tritissima gemma Niliacos inter reges, Arabesqué beatos. Nemo olim potuit dominantior esse Monarcha, Quàm qui † thesaurum poterat comprendere pugno: Non talem terrebit atrox dominator Averni, * Si repetat quondam fulvum â mortalibus aurum. Sed quoque tutus erit, mollique quiete fruetur, Extendens corpus laticis prope stagna fluentis, —————— [v. 29] † Παμπλούϲιοϲ. [v. 31] * Πανυπέρτατοϲ.

[S. 55]

[5]

[10]

[15]

[20]

[25]

In quem si mergat dextram, non carnibus humor Haerebit, sed fluxa oculis vanescet ab ipsis. Nepenthem Helenae quondam cantavit Homerus Spinosas pepulisse gravi de pectore curas: Venitque ad seros Panaceae fama nepotes: Prisca suum quondem laudârunt secula Moly. Omnia nugaci dictantia verba poëtae: Nos his Chrysolithum veraci opponimus ore: Nec mihi vana fides: mecum centum ora loquuntur. Ipsum opus, humana si sciret clangere linguâ, Haut dubito, quin tale volet vero ore profari: O bone, praesidium si me tibi sorte futurum Divina credis, summa me amplectere curâ. Non etenim frustra indulgebis avaris: Quod dederis, spera: reditu tibi faeneror amplo. Praebe aures dociles: nec enim te vana docebo: Exulet ambitio: non, si te cana senectus Obruat, indignum credas addiscere quicquam. Discere magnificum est, si sis quoque proximus Orco. Parvum ego mole quidem, tamen omnem amplector operis vim: Immensum pretio. Nec enim, me judice, rerum Nuda superficies, seu testa externa videnda est: Interior potius nucleus, viavaxque medulla Inspicienda rei, quem de se reddat honorem: Et quas delicias animo, quae jubila portet: Quantumque accendat penitis in mentibus lumen: —————— [v. 1] Mercurius philosoph[icus], non quòd vulgaris more non haereat, sed quod subtilitate ipsam cutim penetret. [v. 12] προϲφώνηϲιϲ ipsius Lapidis.

Chryseis, Liber IIII.

177

Sternen, dennoch fortwährend übertrifft die geringeren Sterne mit strahlendem Licht. [25] Wer nicht hat den Chrysolith umarmt in höchster Liebe? Golden war immer der Ruf und der gebräuchlichste Stein bei den Königen des Nil wie bei den glücklichen Arabern. Kein Monarch vermochte einst mächtiger zu sein, als der, welcher den † Schatz umschließen konnte mit der Faust. [30] Nicht schreckte einen solchen der grausame Beherrscher des Avernus, * wenn er zuweilen von den Sterblichen zurückfordert das rotgelbe Gold. Sondern er wird in der Tat sicher sein, genießen sanfter Ruhe, indem er ausstreckt den Körper nahe bei den Becken fließenden Wassers, —————— [v. 29] † Allbesitzend. [v. 31] * Allhöchst. [S. 55]

wenn er in diese die Rechte eintaucht, wird nicht die Flüssigkeit an der Leiblichkeit haften, sondern zerfließend wird sie sich vor den Augen selbst verflüchtigen. Der Nepenthes habe der Helena, so sang einst Homer, von der kummervollen Brust die stechenden Sorgen vertrieben. [5] Es gelangte auch der Panazee Ruf zu den späten Nachkommen. Frühere Zeitalter priesen dereinst ihr Moly. Alles immer wieder wiederholte Worte für den possentreibenden Dichter! Wir stellen diesen den Chrysolith entgegen mit wahrheitssagendem Mund. Auch hält mich nicht eitler Wahn. Mit mir sprechen hundert Münder. [10] Das Werk selbst, könnte es tönen mit menschlicher Zunge, gar nicht zweifle ich daran, daß es tatsächlich solches mit wahrhaftigem Mund vortragen wollte. Oh, Tüchtiger, wenn Du glaubst, ich sei Dir durch göttliches Los zum Geleit bestimmt, schließe mich ins Herz mit größter Liebe. Nicht nämlich wirst Du umsonst Geizhälse beschenken. [15] Was Du gabest, hoffe, daß ich es mit umfangreichen Gewinn verzinse. Biete mir dar gelehrige Ohren. Denn nicht werde ich Dich Nichtigkeiten lehren. Das Streben nach Ansehen soll verbannt sein. Nicht sollst Du, wenn Dich das weiße Greisenalter übermannt, glauben, Dir irgend etwas Unwürdiges anzueignen. Lernen ist großartig, auch wenn Du schon in der Nähe des Orcus bist. [20] Ein Geringes im Verhältnis zur Masse zwar, dennoch habe ich des Werkes Gehalt begriffen; unermeßlich an Wert. Nicht nämlich ist, nach meinem Dafürhalten, die bloße Oberfläche der Dinge oder das Gefäß von außen zu betrachteten, der innere Kern vielmehr und das lebenskräftige Mark der Sache sind zu untersuchen, welche Belohnung es von sich einbringt. [25] Und was für Wonnen, was für Frohlocken es dem Geiste bringt. Wie stark auch immer es tief in den —————— [v. 1] Der Philosophische Mercurius, nicht, weil er nach Art des gewöhnlichen nicht hängen bleibt, sondern, weil er ob seiner Feinheit die Haut selbst durchdringt. [v. 12] Beifall für den nämlichen Stein.

178

[30]

B. Edition und Übersetzung

Non secus ac Iovis irati penetrabile fulmen Non tremula flammâ, vehementi aut pondere quassat: Sed latet in flamma; latet isto in pondere virtus, Quae vesti impercit, vicinos siderat artus: Vaginas transit salvas, atque ustulat enses. Sed quo delabor? * Quo me mens alite vectum Abstulit? Infregi jurata silentia divae: —————— [v. 32] * Conclusio ab abruptione.

[S. 56]

[5]

Non etenim jussit diva effari omnia junctim, Ni sacramentum prius ante altare fidele Dixeris, et Fidij sacrae promiseris arae, Impositis digitis, nulli haec te sacra daturum, Si te non moneat secreto murmure diva. En tibi cincticulum: ipse togam succinge fluentem. Imus, quod cernis vicino in colle sacellum. FINIS. —————— [ v. 3] Jusjurandum.

179

Chryseis, Liber IIII.

Gedanken ein Licht entzünden mag, nicht anders als des Jupiters durchdringender Blitz, nicht durch die zuckende Flamme oder durch die heftige Wucht zerschmettert. Vielmehr verbirgt sich in der Flamme, verbirgt sich in jener Wucht eine Tugend, [30] welche die Kleidung verschont, die benachbarten Glieder versengt. Die Scheiden durchdringt sie unbeschadet, doch sengt an sie die Schwerter. Aber wo gerate ich hinein? * Wohin hat mich in der Fahrt der geflügelte Gedanke fortgebracht? Ich brach das der Göttin geschworene Schweigen. —————— [v. 32] * Conclusio von der Abruptio an. [S. 56]

Nicht nämlich befahl die Göttin gleich hintereinander alles herauszusagen, wenn Du nicht vorher vor dem Altar das Treuegelöbnis sprachest und des Fidius heiligem Altar versprochen hast mit aufgelegten Fingern, daß keinem Du diese heiligen Geheimnisse übermittelst, [5] wenn Dich nicht mit geheimen Murmeln auffordert die Göttin. Da ist für Dich der Gürtel: Gürte Dir selbst um den wallenden Umhang. Laß uns gehen, zum Heiligtum, das Du erblickst auf dem nahen Hügel.« ENDE. —————— [ v. 3] Eid.

180 [S. 57]

B. Edition und Übersetzung

Furichius, Chryseis, Scholia

Sequuntur Scholia in libros IV. Chryseidos Scholium ad librum. I. Pag. 2. vers. 22 Cur lucem extendant Chelae etc.] Aliàs apud Manilium et Virgilium pro signo Scorpii sumuntur: hoc in loco pro Cancro. Elegantius enim Chelas dixit, quam si Cancrum: quasi Chelae ipsae sese diducentes diem extendant. Χηλαὶ namque Latinis forcipes sonant. Hoc signum inequitante Sole, producuntur dies: ut in Capricorno iidem remittuntur. Virgilius de Viro justo: Ille dies, quàm longus erit sub sidere Cancri, Quantaqué nox Tropico se porrigit in Capricorni, Cogitat.274 Vers. 24. Cur jubar etc.] Εκλίψοιϛ innuit, ut altera versus parte Lunae mutationes. Vers. 25. Quid vehat Orion etc.] Illorum signorum ortus et occasus magnum semper aliquid minari omnes fatentur docti. Hippocr. lib. de aer. aq. et loc. Εἰδὼϲ γὰρ τῶν ὡρέων τὰϲ μεταβολὰϲ καὶ τῶν ἄϲτρων τὰϲ ἐπιτολάϲ τε, καὶ δύϲιαϲ etc. Et ibidem: Δεῖ δὲ καὶ τῶν ἄϲτρων τὰϲ ἐπιτολὰϲ φυλάϲϲεϲθαι, καὶ μάλιϲτα τοῦ κυνὸϲ ἔπειτα ἀρκτούρου, καὶ ἔτι πληιάδων δύϲιν.275 Sic Aristot. sect. problem. I. quaest. 3. Sic Plato in Polit. et Epinomid. Ubi astra ad gubernaculum vitae mortalium sedere testatur. Habet hoc cum Stoicis commune. Inde fati necessitatem deducunt. At divinius Aristoteles 7. Eudemior. Κινεῖ μὲν πῶϲ πάντα τὸ ἔν ἡμεῖν θεῖον etc.276 De iisdem astris Virgilius saepius: Ut lib. I. Georg imprimis: – tam sunt Arcturi sidera nobis Haedorumqué dies servandi.277 Vers. 28. At tandem exorta est] Notantur Arabes, et nonnulli Latinorum, ut Firmicus, et Manilius. Sed hi ab Arabibus, et Chaldaeis artem mutuò acceperunt. Qui gerras germanas audire avet, atqué lyras lyras, ut cum Plauto loquar, adeat Hermet. Aphorism. Bethem centiloq. Almanzor. proposit. Zahel, Messahalah, Omar, etc: Vanitatem Astrologiae judicariae non opus est hic pluribus exagitare, cum hoc pluribus, et prolixis factum sit, â magnis illis caeli litterarii Phosphoris Iosepho Jospeho Scaligeró, Pico Mirandulano, Philippo Mornaeo, et egregio illo Medico, et Melico Johanne Smetio, aliisque per quàm multis. 274

275 276 277

De institutione viri boni, 7–9. In: Appendix Vergiliana, S. 165–168; zur ›Appendix Vergiliana‹ vgl. J. Richmond (1996). Abgeglichen mit Hp. Aër. 2, 2 u. 11, 2. Abgeglichen mit Arist. EE 1248a 26 f. VERG. georg. 1, 204 f.

Scholia

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Pag. 3. vers. 15. Vt primum Deus,] Platonis figmentum est: adeoque creatio hominis ab ipso etiam, Deo attributa. Non dissimile docet Hippocr. lib. de carnib. [S. 58]

[S. 59]

Vers. 28. Niliacis alveîs.] Oriri dicunt Nilum in locis propemodum sub tropicum Capricorni positis, ultraque alterum tropicum in Mare Mediterraneum ferri. Ut Jul. Caes. Scaliger Exerc. ad Card. 47. Multa nomina agnoscit, prout incolis locorum placuit. Apud Aethiopas Ascapus: circa Meroën insulam Ascabores, item Ascusapes; Aegyptiis Nilus, ut et Sirys: Homero Aegyptus: aliis Tritòn dictus est. Vide de his locum apud Plinium memorabilem lib. 5 hist. natur. c. 9. Ubi et de caeteris fluviis tradit. Caussam incrementi in fluvio isto, caeteramque eius prorsus stupendam naturam disce ex Prospero Alpino tract. de Medic. Aegypt. Pag. 4. vers. 11. Hinc aurum fulsit.] Distributionem metallorum Planetis rejicit divinus Caesar Scaliger Exerc. ad Card. 106. sect. I. Quamvis eam tradat Proclus in Tim. Pace tamen tanti herois, non incongruè hoc fieri reperiemus, ubi penitius metallorum naturam introspiciemus. Dabitur fortasse aliquando occasio pluribus de his agendi, siquis ansam praebuerit. Testatur idem dudum ante, aliam metallorum distributionem secundum Planetas factam esse Chaldaeis, quod sese ex Raziele quodam didicisse tradit. Vers. 27. Ipse Iovis currus.] Haec ex Petri Ronsardi, poetae Galli incomparabilis, hymno auri mutuò sumpta sunt. Pag. 5. vers. 13. Iustitia ipsa.] Judices perstringit, qui facilè auro corrumpuntur. Pag. 6. vers. 5. Hac sine.] Nota est Galeni scurillitas in Servatorem nostrum, eiusque iniquitas in Mosem, dum eum carpit, quòd in rerum caussis tradendis voluntatem Dei unicè adferat: cum tamen idem in aliis carpere poterat. Ut Platone, qui Animam Mundi tradit. Ut Aristotele ipso et Avicenna, qui rerum omnium generationem, hic decimae cuidam intelligentiae, ille pluribus, assignant. Inter Graecos verò fuisse quosdam prorsus ἀθεοὺϲ, testàtur Arrianus in Epictetum. Vers. 12. Nulla ut primordia Mundi.] Ut Aristot. lib. I. de Caelo. Defensionem suscipit divini praeceptoris divinior discipulus Jul. Caes. Scaliger. Exerc. 61. s. 3. Vix tamen excusabilis est. Vers. 13. Animasqué rapi.] Nefandum illud Hippocratis deliramentum, â quo non absunt Galeni trepidationes, subnotat. Ille lib. 6. Epid. sect. 5. Credidit etiam animam corpus depasci : ῍Ην δ᾽ ἐκ πυρωῇ, ἅμα τῇ νούϲῳ καὶ ἡ ψυχὴ το ϲῶμα φέρβεται.278 Prolixius haec agitat Jul. Caes. Scalig. Exerc. ad Card. 101. s. 18. 278

Abgeglichen mit Galen: In Hippocrates librum VI. epidemiarum commentarii VI., 17b.250 (nach TLG).

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B. Edition und Übersetzung

Pag. 7. vers. 19. Invenit majora.] Tria principia Chymicorum. De his varia opinio est. Vir magni nominis Sennertus haec separat â quatuor Elementis, atque dicit iisdem concreata esse principia. Sat quidem pro novitate. At in iisdem qualitates sunt elementorum. Ergo et ipsa ab elementis dependent. Pluribus agunt Erastus, et Palmarius, ad quos Lector remittitur. Pag. 8. vers. 8. Quamvis Mercurium.] Alienus quidem â Latinis hic modus est loquendi: sed novis rebus nova nomina. Notum est, Mercurio argentum vivum sacrum dictum fuisse. Atque ut hoc in metallis tertium principium est, ita in caeteris aliquid ἀνάλογον est, quod eodem nomine nuncuparunt. Vers. 17. Circulus in circo.] Materia Lapidis significatur: quae quatenus cruda est, copiosior est, sed impurior, cum verò decenter elaboratur, paucior evadit, sed multò purior. Pag. 9. vers. 9. Sed prius ê siliquâ.] Loquitur de semine, quod ex integro auri corpore eliciendum, et terrae suae intumulandum est. Vers. 25. Septenum inveniet.] De septenario videatur Hippocr. lib. de septim. part. et lib. 1. de diaet. et Lalamantius medicus Heduus in eundem commentans peculiari tractatu. Plurimi doctiorum otiosam statuunt, et vanam de septenarii virtute doctrinam, quamvis veteres ferè omnes maximam efficaciam eidem tribuant. Rejiciuntur propterea, quod Pythagorae somnia sapiant. Quid verò dixeris de Aristotele philosopho minimè omnium superstitioso? Inquit lib. 5. histor. anim. cap. 20. ῾Ο δὲ χρόνοϲ τῆϲ γενέϲεωϲ ἀπὸ μὲν τῆϲ ἀρχῆϲ μέχρι τοῦ τέλουϲ ϲχεδὸν τοῖϲ πλείϲτοιϲ ἑπτάϲι μετρεῖται τριϲὶν ἢ τέττραϲι.279 Ita etiam in morbis evenire affirmat. Notandum tamen, quòd dicat, τοῖϲ πλείϲτοιϲ, non omnibus, ut monstret, non generale esse, quod de septenario ajunt. Quaeritur an ipsi numero, quà numero efficacia aliqua insit? Equidem addubito, an ipse Pythagoras ita docuerit. Negari tamen non potest, hoc spatio multa consummari, et sufficientius rebus vel generandis, vel mutandis spatium vix dari, licet ignoretur, astrìsne hoc attribuendum, ut Astrologi faciunt, an potius rerum sublunarium, et caelestium certae cuidam harmoniae, proportione et motu fienti. Vers. 29 Ipsa sagittifero.] Versus hic ab Orpheo mutuò sumptus est: ῾Εβδόμην φίληϲεν ἑκάεργοϲ ᾽Απόλλων.280 [S. 60]

Pag. 10. vers. 14. Hactenus auriferae.] Telluris nostrae aratrum ignis est, et menstruum Mercurio necessarium: seges, aurum praeparatum: vannus, vasa necessaria, quae Arabes Aludel vocant. Pag. 11. vers. 27. Quo tandem impulsu.] Olim quidem Paracelsus sanguini motum circularem inesse docuit, quae doctrina etiam â nonnullis Galenistis recentioribus propagari incipit. 279 280

Abgeglichen mit Arist. HA 5, 20. Abgeglichen mit Orph. Fr. 148; u. Procl. in Ti. 3, 168c.

Scholia

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Pag. 12. vers. 2. Non secus.] De Coraliis vide Plinium, Solinium, Dioscoridem etc: Vers. 4. Vna equidem.] Sic Hippocr. lib. I. de vict. ratione: ῞Εκαϲτον πρὸϲ πάντα, καὶ πάντα πρὸϲ ἓκαϲτον τωὐτό. ῾Ο νόμοϲ γὰρ τῇ φύσει περὶ τούτων ἐνάντιοϲ, χωρεῖ δὲ πάντα, καὶ θεῖα, καὶ ἀνθρώπινα ἄνω, καὶ κάτω ἀμειβόμενα.281 Vers. 6. Est radius.] Calidum innatum, quod omnibus inesse, deprehenditur, caeleste penitus, atque τὸ τῶν ἄϲτρων ϲτοιχεῖον ἀνάλογον.282 Alexander Aphrodisaeus, ut omnia, ita et hoc ab Elementis deducit. Sed videat, quid illustris noster Caesar dixerit. Tale omnibus corporibus mixtis inesse etiam Fernelius asserit. Vers. 9. Mensque ipsa.] Platonicum est: distinguunt autem ejus secatores accuratè: Mentem Mundi universalem, Animam, et spiritum. Vide Plotinum, et Marsil. Ficinum lib. de Vit. caelitus compar. Vers. 11. Hunc Amor.] Ita â principio operis sui Lucretius Epicureus docet: Ita pervigilium Veneris Catullo attributum, pulcherrimis trochaicis, quos maximâ cum voluptate saepius repeto: Ipsa venas atqué mentem permeante spiritu Intus occultis gubernat procreatrix viribus: Perqué Caelum, perqué terras, perqué pontum subditum Pervium sui tenorem seminali tramite Imbuit; jussitqué Mundum nosse nascondi vias.283 Ita subtilitatum faber Scaliger Exerc. 106. s. 1. de Venere praedicat, felicissimum sidus esse, auspicatissimanmqué parentem, non Aeneadum modò, sed ut prisci omnes volêre, totius quoqué propagationis, adeoqué rerum aeternitatis. Vers. 25. Non hùnc, qui lubricus.] Excludit Mercurium vulgaré, qui certa ratione sublimatus, varios colores ostentat. Artifices caudam pavonis vocant. Videatur Ripla. lib. 12. port. qui versibus Britannicis egregie hac de materia scripsit. Vers. 32. Cinnabarin dicunt.] Intelligit Cinnabarim rupeam [S. 61]

non factitiam ex argento vivo: non etiam minium illud Veterum, nec illud tritum recentium ex plumbo calcinato factum, sed quod concolor iisdem; materia est auri et argenti. Necesse fuit ob penuriam vocum uti hac circumscriptione.

281 282

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Abgeglichen mit Hp. Vict. 4, 3–5, 1. Eine solche Stelle findet sich – nach Online-Recherche im TLG – nicht in dieser Form in den Schriften des Aristoteleskommentators Alexandros von Aphrodisias, sie scheint daher frei zitiert zu sein. PERVIG. Ven. 63–67.

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B. Edition und Übersetzung

Scholium ad librum II. Chryseidos. Pag. 14. vers. 10. Mox, postquam.] Colores non prodeunt, antequam menstruum materiam nonnihil fermentaverit. Per amara namque menstruum intelligit. Vers. 12. Seu purpura Lecti.] Lecton insulam Ostriferam esse, docet Aristot. lib. de gen. anim. Pag. 15. vers. 6. Virosâ perimat.] Virus inesse etiam philosophorum Mercurio, antequam ad medicinam praeparatus sit, testantur omnes. Vers. 10. Tu de Thessalicis.] Hisce verbis innuit menstruum solvens, quod terram, quam vocant, maledictam eluit: dixit venenum, quòd vim penetrabilem, et subtilem in sese contineat. Vers. 29. Hîc rosa.] Mixtura intelligitur, quae rursus menstruum solvens abluit. Pag. 17. vers. 3. Attonitúmque novâ.] Mos poetarum est ingentem lucem fingere, adventu dei cujusdam: ut Plaut. in Amphitr. Aedes totae confulgebant tuae, quasi essent aureae.284 Vers. 24. Tu potius Mundum.] Ita Plato in Timaeo Mundum ipsum Deum vocat: Et Trismegistus in Asclepio, Caelum, ait, sensibilem Deum esse, administratorem omnium corporum. Non quòd ita senserint, sed ut tantam fabricam â Deo dependere et gubernari docerent. Pag. 18. vers. 12. Atqué in secretis.] Pythagoras omnibus januis silentii praeceptum inscripsit. Quidni et veri Chemici? Pag. 20 vers. 12. Magnetem imitatur.] Quidam terram Hispanicam vocant, aut terram Adami. Ajunt ex agro Veronensi effodi et interdum prorsus nigram esse, interdum rubram. Imò est, quae transparente rubedine imitatur rubinos. Vers. 27. Immanis serpens.] Passim apud Chemicos Mercurius Philosoph. draco vocatur propriam caudam devorans. Hinc jambici illi Theophrasti cujusdam Graeculi: Καὶ οὑτόϲ ἐϲτιν οὐροβόροϲ μὲν ὁ δράκων, Λευκὴν μὲν ὄψιν, καὶ κατάϲτικτον δορὰν ῎Εχων.285 [S. 62]

Pag. 21. vers. 26. Per totum penetres.] Adeoqué illa Hermetis Trismegisti responsio laudatur, qui rogatus â Poemandro, quidnam vellet? Ait: cupere sese Naturam discere, et cognoscere Deum. Pag. 22. vers. 3. Animisqué quasi.] Platonicum est. Anima Mundi, inquit Plato, deos ex igne generat, et deos quasi adscriptitios: Hi verò ideas ani-

284 285

PLAVT. Amph. 5, 1, 44. Abgeglichen mit Theophrast. graec., v. 144–146.

Scholia

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[S. 63] [25]

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marum, quibus animalia constant, quas animas ab Anima Mundi acceptas corporis amictu obsepiunt. Vers. 10. Generatrix forma.] Dixit formas aeternas: Formae tamen, quas minores vocavit, per accidens corrumpuntur. Vers. 15. At quia non possunt.] Non unum esse posse principium rerum, praeter Hippocratem docuit Aristot. Lib. Metaphys. ubi diversitatem veterum Philosophorum, quoad hanc sententiam recitat. Nobis contingit olim per otium versibus exprimere, quos huc ponere placet:286 Pindarus atque Thales ponebant principium undam: Magnus hic Astronomus: ille poeta gravis. Primi hinc sunt dicti Thetis, Oceanusqué parentes: Hinc jusjurandum Styx erat atra Deûm: Sic et Anaxagoras, non ob pietatis amorem, Rerum principium censuit esse Deum: Nam cum non aliam callebat reddere caussam, A summo sumsit Patre patrocinium. Hipponem quoniam sapientum ex ordine delet Magnus Aristoteles, nec mihi fandus erit. Heraclito ignis, sed Anaximeni arduus aër, Parmenidi verò principium Omne fuit. Democritus plenum et vacuum pro semine ponit: Ens plenum, non Ens esse putat vacuum. Quid de Pythagora memorem, qui lege Mathesis Principium ê numeris eruit atque genus? Quid non crediderat numerorum posse figuras? Quo non huic numeris mystica vis inerat? His Elementa creat: creat bis animamqué polumqué: His Montem: his tempus denumerare solet. His caeli harmoniam componit, et aethera totum. Cuncta illo ex numero, vel numerum esse putat. Imò etiam numerum rebus tractabile corpus, (Materiam dicunt) suppeditare docet. Alcmaeon dictat contraria semina rerum, Infinitae quidem, non velut iste decem etc. At Aristoteles ibidem, ut impossibile ait, unum tantum rerum esse principium, ita negat infinita esse. Vers. 19. Mens etenim.] Animam Mundi docet omnium rerum generandarum caussam efficientem, quod Philosophi etiam inviti fatentur. Inquit Aristoteles: Sol et homo generant hominem. Per Solem totum caelum intel286

Die Verszählung wurde nachträglich eingefügt, da das Gedicht sich in meinem Kommentar zu CHRYS., S. 22, 15–23 in Übersetzung findet.

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B. Edition und Übersetzung

ligere puto Philosophum, cum Sol non solus lumen, et calorem his sublunaribus tribuat. Quia tamen caeteris largius, hinc eundem instar omnium dixerunt: hinc fons luminis Heraclito dictus est: Orpheo, lumen vitae: Platoni, ignis caelestis, animal aeternum, astrum animatum, maximum, diurnum: Physicis, cor caeli. Imo Plotino teste, Dei vice invocatus est. Albumasar, et Trismegistus omnia vitam debere Soli et Lunae affirmant. Unde verò ista virtus? An â calore solo? Generatio rerum non fit nisi per rationem. At in calido non est ratio, nisi per vim Animi. Nec aliter sensisse crediderim divinum Senem lib. de carnib. Δοκεῖ δέ μοι ὃ καλεόμενον θερμόν, ἀθάνατoν τε εἶναι καὶ νοεῖν πάντα, καὶ ὁρῆν καὶ ἀκούειν, καὶ εἰδέναι πάντα, καὶ τὰ ἐόντα, καὶ τὰ μέλλοντα ἔϲεϲθαι. Viderint Mercurialis, et Capivaccius, qui de calore Elementari haec verba Hippocr. interpretantur veteres αἰθέρα vocasse, et ἐϲ τὴν ἀνωτάτω περιφορήν secessisse.287 Lib. I. de vict. rat. prolixius de his agit, et aliquantò clarius. Eandem sentiam sequitur Macrobius. Vers. 22. Est Veneris nodus.] Loquitur de Calido τῶ θερμῶ ipsius Universi, quod Animi quasi vehiculum est, et organon. Hinc Parmenides: Πρῶτον (φηϲὶν) ἔρωτα θεῶν μητίϲατο πάντῶν.288 Et Hesiodus: Πάντων μὲν πρώτιϲτα χάοϲ γένετ᾽ αὐτὰρ ἔπειτα: Γαῖ᾽ εὐρύϲτερνοϲ. ᾽Ηδ ἔροϲ, ὅϲ πάντεϲϲι μεταπρέπει ἀθανάτοισιν.289 Vide Arist. lib. I. Metaph. cap. 4. Vers. 27. Est animus.] Paracelsus inquit Animum medium quidem esse inter spiritum, et corpus. Hinc Cupido hoc in loco vocatus est, quòd medius veluti inter mortales et matrem Venerem, Amorem omnibus conciliat, missili pharetra. Quòd autem hîc unguen dicatur esse, nihil ab antiquitate discrepatur. [S. 64]

Ipse enim Hippocr. lib. de Carnib. Τὸ θερμὸν τοῦ λιπαροῦ μητρόπολιν esse docet.290 Quod enim calescit, inquit, primùm omnium quùm diffunditur, pingue fit. Pag. 23. vers. 18. Donec enim.] Hinc sunt, qui negant purum ab omni aqueitate, ut ita loquar, vini spiritum dari, cum semper in destillatione aliquid insipidi, aquae instar, remaneat in fundo, etiam si centies destillaveris. Pag. 24. vers. 1. Spiritus hic pariter.] Infinitis ferè nominibus spiritus ille Mundi vocatus est â sapientibus. Cabalistae vocarunt Lineam viridem, om287 288 289 290

Abgeglichen Abgeglichen Abgeglichen Abgeglichen

mit mit mit mit

Hp. Carn. 2, 1. Arist. Metaph. 984b 26 f. Arist. Metaph. 984b 28 f.; u. Hes. Th. 116. u. 120. Hp. Carn. 4, 1 f.

187

Scholia

nia girantem. Graeci ϲποράν ἄρθαρτον: Hebraei Ruach Elohim, et Duenech viride.

Scholium in Lib[rum] III. Chryseidos.

[S. 65]

Pag. 27. vers. 3. Alias mea numina.] In flore aeris aliquam tingendi vim inesse, multi jam Chemici experti sunt. Vers. 18. Ipse mihi genitor.] Spiritus Saturni id est plumbi, sed subterranei, ingentem vim possidet solvendi aurum. Sed et facile plumbo miscetur aurum: aliis metallis minimè. Vers. 28. Te penes est.] Aurea, et pene divina verba sunt Magni illius Julii Caesaris Scaligeri. lib. I. de plantis. Est Saturnus sidus secretioris illius sapientiae: quae sempiternâ constantiâ sui similis, quoniam nihil extra se habet, infinita scilicet recurrit in seipsam. Et sequentia, quae ab ipso Oraculo dictata juraveris. Pag. 29. vers. 11. Ipse Planeta.] Vocem ἑπταγράμματον alii aliter interpretantur: hi de Mercurio, elisa quippe postremâ syllaba: illi De Planeta, quo septem metalla subintelligunt. Ex his sulfur et Mercurius, iniquiunt, extracti, diligenter extersi, iterumque artificiosè conjuncti Lapidi faciunt. De his verò alibi prolixius dicemus. Vers. 19. Aurum etenim.] Ita sentit etiam in fine lib[ri] ibi: Vna triumphatrix etc: Posset contra haec Phoenix ille scientiarum Jul. Caes. Scalig. adduci, qui Exerc. 106. s. 2 ad Card. negat aurum perfectius esse metallis. Dico non perfectius perfectione speciei esse, sed perfectitudine mixtionis. Pag. 30. vers. 3. Est tamen his fucis.] Tincturam auri aliunde petere quàm ex auro, insaniae intolerabilis est. Infinita sunt, quae aliàs ab Artificibus in operam Alchemicam trahuntur, adeóque ridicula, ut pigeat hic recensere, cum libri passim rerum istarum farraginem habeant. Vers. 25. Hoc aes intactum.] Linea viridis quid sit, supra declaratum est: Hic tamen aurum philosophorum ita vocitatur, quia multum in sese spiritus illius Mundi habere creditur, ut Mars. Ficinus testatur lib. de vit. caelit. comparand. et lib. de sanit. studios. Pag. 31. vers. 8. Aurea prima aetas.] Ita Vergilius lib. 2. Georg. Aureus hanc vitam in terris Saturnus agebat: Necdum etiam audierat inflari classica, necdum Impositos duris crepitare incudibus enses.291 Et Eclog. 3. tota ex ea historia conflata est. Vers. 19 Iam verò postquam.] Ita Boethius: Felix nimium prior aetas,

291

VERG. georg. 2, 538–540.

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B. Edition und Übersetzung

Contenta fidelibus arvis, Nec inerti perdita luxu, Facili quae sera solebat Iejunia solvere glande.292 Vers. 33. Si quis aquam.] Sub Tropico Cancri maximam aquae inopiam esse docet. At Josephus Scaliger sub Aequinoctio habitantes bis anno, pluviis ferè inundari scribit. Nil tamen obstat quin maxima inopia aeque ibi sit, cum quotannis bis tantum hoc accidat. Pag. 32. vers. 4. Stulta Melampodio.] Melampus helleborum primus invenisse dicitur. Magna autem ejus copia in Anticyris reperiri dicitur. Hoc Anticyram Herculem, et Melampus Proiti filias ab insania liberavit. Vers. 11. Ipsa catenatum.] Omnes Philosophi veteres mirâ harmoniâ Mundum conspirare docuerunt: ut Hipp. lib I. de vict. rat. Noti sunt Platonis annuli, et Homeri catena, qua Juppiter omnia quidem trahit et movet, ipse interim immobilis. ᾽Αλλ᾽ οὐκ ἂν ἐρυϲαιτ᾽ ἐξ οὐρανόθεν πεδίονδε Zῆν᾽ ὕπατον μήϲτωρ᾽, οὐδ᾽ εὶ μαλα πολλὰ κάμοιτε. Πάντεϲ δ᾽ ἐξάπτεϲθε θεοὶ, πᾶϲαί τε θέαιναι.293 Quae verba ipse quoque Arist. in lib. suos de mot. anim. transtulit. Vers. 14. Sed quoniam.] Vide de his Rosarium Arnaldi Villanovani. Vers. 26. Ergo focum.] Alludit ad fabulam de Prometheo, qui ignem caelo suffuratus dicitur, ut Hesiodus canit. Hoc factum imitari debet Chemicus, non ut Solarem calorem operi adplicet, sed eundem gradu ignis imitetur. [S. 66]

Vers. 30. Haec sunt naturae.] Balsama vocat μεταφορικῶϲ, quòd naturalis balsami virtutem imitentur. De hoc Alpinus multa. Ait ex Arabia in Aegyptum transferri, illinc ad nos. Quidam ex Turcia verum Opobalsamum ad nos adferri contendunt, sed negat Guarinonius in consil. Virgil. lib. 2. Georg. ex India ferri canit. –– Sola India nigrum Fert ebenum: solis est thurea virga Sabaeis: Quid tibi odorato referam sudantia ligno, Balsamaque et baccas semper frondentis acanthi:294 Manardes, et ex eo Fioravantus hodie quoque ex Insula Cartagena afferri testantur. Pag. 33. vers. 11. Cinnabarim dixi.] Utrumque excludit, et rupeum, et factitium Conrad. Lips. in sua confess. Quod quidem verum est. Cum tamen alio nomine non potui, hôc potius Terram nostram Adami vocavi. 292 293 294

BOETH. cons. 5, v. 1–5. Abgeglichen mit Hom. Il. 8, 20–22; u. Arist. MA 700a. VERG. georg. 2, 116–119.

Scholia

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Vers. 24. Et licet inferior.] Saturno patre id est plumbo. Observandum in scoriis plumbeis miram copiam auri inveniri, adeóque majorem, quàm in aliis. Hinc verè auri parens vocari potest. Pag. 34. vers. 19. More aquilae spuriae.] Aristot. lib. 9. hist. anim. c. 32 quatuor Aquilarum genera facit: Unum, quod πύγαργον vocat, ab albicante cauta: quidam νεβροφόνον vocant: Haec plana, lucem, oppida colit. Alterum praestantius, quod πλάγγον vocat, νηττοφόνον cognominatum, καὶ μόρφνον. Tertium, quod nigricat, omnium praestatissimum, et μελαναίετον seu λαγώφονον vocat. Quartum περκνόπτερον, ab alarum notis, vocat. degener[atum].295 Huic generi Mercurii volatilitatem comparat. Pag. 35. vers. 2. Non ut Salamandra.] Fabula est, quod de Salamandra tradunt Aristoteles, Aelianus, Plinius et alii, in igne scilicet durare. Matthiolus enim lib. 7. cap. 56 in Dioscorid. in agro Tridentino repertas Salamandras igni injecisse testatur, et concremâsse. Ambrosius Paraeus. lib. 20. cap. 20. Utrosque conciliat ex Aetio, nempe Salamandras per ignem quidem ardentem penetrare, nihilque laedi, discedente ab iis flammâ: Si verò per tempus aliquod in ipso igne morentur, consumpto frigido in eis humore consumi. Vers. 10. Quicquid enim.] Sic quoque Scaliger Exerc. 9 Ita justus rex (loquitur autem de igne) suum cuique tribuit, herciscent familias, et finium regundorum iniens rationem, prudens oeconomius sibi quantum satis est, sumit: Sic in Epidorpiò. [S. 67]

–– calor omnis, et omnis unde motus: Qui sursum subit, et vehit: huic semina vitae Debentur, eique officia, et munera mentis. Vers. 17. Siculis ut flamma.] In Sicilia mons est Aethna, ingnivomus, de quo, ut desequentibus, consule Aristot. lib. de Admir. auscult. Vers. 26. Non secus.] De Chao loquitur. Vers. 30 Threicea haec.] Videatur Orphei hymnus, ubi de Nocte ista canit. Vocatur Threicea, ab Orphei natali solo. Simile quid est Orcus Hippocratis. Pag. 36. vers. 11. Luctificum vatem.] Fabulosum inquit esse Jul. Caes. Scalig. quod Graeci de Cygni cantu prodiderunt. Author hoc â Graecis mutuatus est. Vers. 25. Non secus ac.] Ita Veteres aeternitatem hieroglyphica hacce figura descripserunt,praesertim Aegyptii, ut Pier. Valer. lib. 14. pag. 130. testatur. Pag. 37. vers. 2. Non te decipiat.] Dubium hoc ab Arnaldo Villanovano in Rosar. solvitur. Neque enim, ut ait, specierum transmutatio est, sed individuorum. 295

Abgeglichen mit Arist. HA 9, 32.

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B. Edition und Übersetzung

Scholium in Lib[rum] IV. Chryseidos. Pag. 39. vers. 16. Est aqua.] Varia solvendo auro menstrua sunt inventa, et prope infinita: spiritus salis, mollis, vini alcoolisatus, et acutus cum spirit [o] Vrinae. Ita Hartmannus solvit aquae regiae, etc: Fioravantus cum fumo ☿. Omnia inidonea. Quale autem verum auri solvendi menstruum. ex seq [uentibus] ariolari licet. Videatur de his praeter caeteros Georg. Ripla Anglus lib. 12. portar. Pag. 40. vers. 3. At tu, si mens.] Menstruum verum cum ipsis Auri scoriis reperitur. Vers. 9. Balnea, quae colubri.] Chemici serpentinam vocant, quod vitrum istud figura sua gressum, sive reptatum serpentis imitetur. Vers. 10. Haec Iovis.] Fingebant Veteres è solio Jovis fluvium amaenissimum scaturientem: ut Plautus quoque in Trinum[m]o Ad caput amnis, quod de caelo exoritur, sub solio Iovis.296 Hieroglpyhicum est. Variae autem ejus interpretationes. De hoc fluvio prorsus divina Scaliger lib. de plantis. Menstruum Philosophorum hic fluvius dicitur esse, ἀλλεγορικῶϲ propter nobilitatem. Vers. 14. Non ê compactis.] Quemadmodum circa metalla flue[S. 68]

re dicitur, ita ex metallicis vi ignis destillatur, non ipsis metallis. Vers. 15. Locupletior Ozo.] Historiam hujusce fluvii tradit Aristot. lib. de admir. auscult. Vers. 16. At nobis ululat.] Thyasus variè accipitur. Interdum pro convivio ê symbolis singulorum: alias pro θυμιαϲμῶ. Hic pro turba Dionysiaca: ubi Mysticae voes eduntur, ut in Orgiis. Vers. 22. Color est argenteus.] Quid sit argenteus color, consulatur Scaliger. Exerc. 325. s. 11. Vers. 29. Solóque arcano.] Virgil. in Georg. Sponte sua sandyx pascentes vestiet agnos.297 Docet Jul. Caes. Scaliger Exerc. ad Card. metallicum esse, minii specie. Huc translatum est, â Coloris similitudine. Pag. 41. vers. 7. Hic jucunda.] Simulacrum extat in monasterio quondam S[ancti] Benedicti apud Florentiam, Martis figuram repraesentans, sed reginae habitu: capite coronam gestans, sideribus concinnatam: pectore colores quatuor: sub pedibus duos fontes proculcans, â quorum altero ℂ fluit, in alterum à quo ⊙: manibus ostentans epithaphium aureis inscriptum litteris, quod tota artis arcana breviter tradit. Pag. 42. vers. 3. Namque alia.] Tria sunt menstrua toti operi inservientia ut Ripla docet lib. 12. port. Hic describitur primum, non corrosionis expers, 296 297

PLAVT. Trin. 4, 2, 98. Tatsächlich: VERG. ecl. 4, 45.

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quamvis ignari hoc rejiciant. Phlegetontea vocatur, ob vim igneam, quae inest. In hoc materia Lapidis locata, dicitur ovum galli decrepidi, ex quo Basiliscum ineptè progigni somniant, ut rectè monet Jul. Caes. Baricellus. In Arabiae enim desertis paritur haec pestis, ut Veteres testantur, Erasistratus, Galenus, Dioscorides, Aetius, Plinius, Nicander, Solinus. Et recentiores Scaliger, Ambr. Pareus etc. Menstruum tamen hoc primum tali ovo fabuloso comparatur, ob mirificam acrimoniam, et agendi violentiam. Pag. 43. vers. 28. Ni prius.] De Orco id est rerum omnium interitu vide Hippocr. lib. 1. de vict. ration. Vers. 33. Iam verò.] Ita Heros noster Exerc. 6. s. 7.298 Caelestes potestates dant formas, et quae formas consequuntur. Quamvis non de omnibus ita sentiendum. Pag. 46. vers. 1. Altera grandinea.] Ita distinguit Arnold. Villanov. inter Lapid[em] album, et rubeum. Vers. 20 Sorbeat haec.] Spiritus vini, alterum nostrum menstruum est: non quidem ille vulgaris, sed qualem Beguinus facit, [S. 69]

et opus suum vegetabile vocat, alii Auroram Philosophorum. Solvit enim calcem ⊙, et tincturam eidem extrahit. Vers. 30. Non quali artifices.] Facetus est dialogus, qui tractatui, cui inscriptio est, Novum lumen Chymicum, annexus est. Perbelle ibi notatur Pseudochymistarum insania, de laboriosa illa Mercurii vulgaris praeparatione. Pag. 47. vers. 27. Non est nervifragi.] Nervis et propterea capiti inimicum esse vinum testatur Plato in dial. de lege: τῷ οινῷ μαλθακοτέραϲ γίγνεϲθαι τὰϲ τῶν πρεϲβυτέρων ψυχὰϲ.299 Negat à vite, et quod inde dependet desumi materiam Lapidis. Pag. 48. vers. 12. Dicitur et morsus.] Cerasten, serpentem cornutum esse, perhibent Galenus, Dioscorides, Plinius, Rhasis, Santes Ardoinus, etc: dictum ἀπὸ τῶν κεράτων. Ita Arist. lib. 2. histor. anim. c. 1 inquit Aegyptios perhibere, colubros Thebanos cornutos esse. Hinc Prosper Alpinus Thahir Aegyptiorum, quo Theriacam suam conficiunt, Cerasten esse testatur. Huic serpenti comparat menstruum, â mordicandi potestate. Pag. 49. vers. 22. Naturae ambiguae.] Ideo sal naturae ambiguae est, quod in igne consistit, fluit in frigido: et quod acerrimum sit et tamen liquidum. Pag. 50. vers. 17. Est alius.] De igne artificiali, quem putrefactionis vocant, lex tenenda est, ut supra quoque dictum est, ne inaequalitatem incurrat.

298 299

Tatsächlich die 2. Sectio. Abgewandelt zitiert aus Pl. Lg. 671bf.

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B. Edition und Übersetzung

Vers. 30. Septima namque.] Sacer numerus est, ut supra quoque dictum, qui etiam â Chemicis in opere observatur. Hôc veteres hieroglyphicè etiam Deum designarunt, teste Pier. Valer. Pag. 51. vers. 8. Ergo incrementum.] Multiplicationis doctrinam brevibus. Fit autem cum Mercurio. Hanc arborem Hermetis vocarunt. Pag. 51. vers. 22. Ter denas.] Hinc Graeculus ille Theophrastus: Τριϲϲουμένη γὰρ εἰϲ πῦρ ἡμερῶν τριῶν ῎Εϲται ὅλη λεὺκωϲιϲ εἰϲ ξανθόχρωμον.300 Vers. 29. Tu plantam.] Jam dudum altercatum est inter philosophos, an metalla vivant? Maxima pars negant. Non meum est litem refricare, adductis utriusque turbae rationibus. Qui tamen caussam oculo metiri volet, miranda proferet. Ipse vidi argentum in vase (matracium vocant) germinare, pulcherrimis ramusculis, pulvere rubro radicem tegente, et quasi novum nutrimentum identidem sufficiente. Affert modum Paracelsus, sed negat [S. 70]

genuinum Bartoletus Mantuanus, cui subscribo. Tria inquit requiriri, terram Philosophicam, quam regulum stellatum vocant, humorem id est argentum vivum et metallum. Omnia quidem recta, sed obscura. Regulus enim qui ex Stomomate cum stybio, et nitro praeparatur, revivificare debet Cinnabarim illam factitiam et liquare in argentum vivum. Hoc cum auro, seu argento, certa proportione mixtum, in vasa supradicto per ignem lenem, arenâ conceptum, progressu temporis jucundissimam producit arbusculam. Unde concludo cum Andrea Dudithio et Petro Monavio contra Erastum, metallis non prorsus omnem vitam denegandam esse. Pag. 54. vers. 27. Niliacos inter.] Circumferuntur plures libri Manuscripti, de hac materia tractantes, tam Graeco idiomate, quàm Arabico. Fortasse aliquando emergent superatâ seculi iniquitate. Pag. 55. vers. 3. Nepenthem Helenae.] ῎Αλυπον herbam dicunt, quidam Borraginem existimant. De Moly multa sunt fabulosa: Ut apud Homerum, et Ovidium. Haec omnia auro suo Philosophicè praeparato tribuunt. vers. 26. Quantumque accendat.] Lumen Naturae accenditur in nobis Alchemico studio, aliter quidem, quàm Rogerius Baco opinatus est: qui eò etiam insaniae delapsus est: ut spiritum propheticum ab astris in hominem prolectari affirmaverit: si ante Alchemicis pharmacis corpus reddideris aequale, et temperatum: deinde radios astricos in speculo, quod Arabica voce Alchemusi appellat, arte Catoptrica fabricato colligas: tandem omnes cibos quibus uti voles, per machinam Astrologicam virtute astrorum imbuas, stellificare vocat. Ita Apollonium Thyanaeum ait praesagîsse, qui tamen magus perditissimus fuit, quod ex Johanne Bodino adversus Lipsium probari potest. Insania certè intolerabilis, quam vix toto hellebori jugere expiaveris! Alchemia lumen accendit, quidem partim vi pharmaci illius 300

Abgeglichen mit Theophrast. graec., v. 127 f.

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Scholia

sublimioris, quod ex auro praeparat, partim profundiori illa contemplatione rerum, quae in hoc studio requiritur. Ita Mars. Ficin. lib. de diaet. studios. Ita quoque Arnald. Villanov. tradit tractat. de simpl. cap. 83. Vers. 27. Non secus ac Iovis.] Alchemiam fulmini comparat, quòd externa quidem facie ignobilis pluribus videatur: magnum tamen Naturae lumen, ut modo dictum est, in nobis accendat. Fulminis quinque genera Graeci recensent. Primum ψολοεὶϲ: alterum πυροεὶϲ igneum: tertium ἐκνέφιαϲ procellosum quartum ἄργεα vocant, quod raptim emicet: postremum ἑλικίαϲ à lineari specie. Arist. lib. 3. Meteorolog. cap. 1. F I N I S.

C. Kommentar Furichius, Chryseis, Praefatio, Kommentar [S. A1v] Ad Lectorem de Aufidio] Zur Eröffnung steht ein Epigramm aus vier elegischen Distichen; je vier Hexameter und vier Pentameter. Es handelt sich hierbei um eine der beliebtesten Formen der lateinischen Epigrammatik.301 Das römische Geschlecht der Aufidii ist vom zweiten Jahrhundert vor Christi Geburt bis zum zweiten nach recht häufig belegt, wobei sich allerdings, wie der Kontext es nahelegte, weder ein Arzt noch ein Naturforscher finden lassen. Nicht auszuschließen ist, daß dem Mediziner Furichius zumindest dem Namen nach Titus Aufidius aus Sizilien bekannt war, ein als Schüler des Asklepiades von Bithynien bezeichneter Arzt aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus. Über ihn berichtet der im vierten Jahrhundert lebende Caelius Aurelianus in seiner Schrift über chronische Krankheiten (vgl. CAEL. chron. 1, 5, 8).302 Ausschlaggebend für die Namenswahl dürfte jedoch die erste, das Gold (›aurum‹) evozierenden Silbe gewesen sein, denn dem ›Aufidius‹ gesellen sich im Epigramm die ›aurificina‹ und im sich anschließenden Lehrepos Chryseis fast alle Komposita des Stammes hinzu. Einer, der ›auro fidius‹ an die Lektüre des Werkes geht, ist einer, der ›allzusehr auf das [hier verheißene alchemische] Gold vertrauend‹ daherkommt – ein gutgläubiger ›Gold-gläubiger‹. 1 versu veterum] D. h. im lateinischen Hexameter. 1 Elixir] Steht hier allgemein für ein Mittel zu langem Leben und Panazee: »medicina est incomparabilis conseruandae vitae, et pellendis morbis dicata.« (Ruland, S. 197). Ansonsten taucht der Begriff ›Elixir‹ in der ›Chryseis‹ nicht weiter auf. Augurelli beschreibt die Herkunft und Wirkung des Elixirs im ersten Buch seiner Chrysopoeia: »Quid si nobilius quoddam, quod praestet et ipsi/ auro, contendant proprio molimine summi/ perficere artifices? apte cui nomen Elixir/ Experti fecere Arabes, uerique dedere/ indicium, id quoniam in melius quodcunque metallum/ ducit, et infectum mira depurat ab arte?« (Augurelli, 1, 163–168). Es heilt jedoch nicht nur 301 302

Zur neulateinischen Epigrammatik vgl. stellvertretend P. Hess (1999), Sp. 982. Vgl. Zedler 2 (1732), Sp. 2161f u. 2210; M. Wellmann (1896); V. Nutton (1997); wie auch die Einträge in DNP 2 (1997), Sp. 269–271.

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C. Kommentar

Krankheiten, sondern befreit von Sorgen. Und vor allem läutert es die gemeinen Metalle von ihrer Unreinheit: »uariosque tibi seruetur in usus:/ Caetera siue uelis auro mutare metalla,/ Seu libet affectis etiam mortalibus esse/ Auxilio, et tristes illis depellere morbos.« (Ebd., 3, 574–576).303 2 nare sua] Die Nase als derjenige Teil des Körpers, mit welchem gerümpft Hohn und Spott ausgedrückt werden. 4 Aurificina] Eigentlich die Werkstatt des Goldschmiedes (›aurificis taberna‹) sowie dessen Tätigkeit (›ipsum opus et exercitium‹);304 hier als Bezeichnung der Alchemistenküche. [S. A2r] Poëtae Caesarei] Den Titel eines ›kaiserlich gekrönten Dichters‹ erhielt Furichius zusammen mit dem eines Magisters am 28. November 1622 in Straßburg.305 cum praeterita hyeme ad me veniens] Die Zusammenkunft fand demnach im Winter von 1630 auf 1631 statt. ex poëmate … cum in Italia Musarum gratiâ versabar] Der Beginn des Italienaufenthaltes von Furichius ist um die zweite Hälfte des Jahres 1626 anzusetzen. Am 15. Oktober schrieb er sich als Student der Medizin an der Universität von Padua ein; ein unter den Humanisten der Zeit beliebter Studienort. Dort verfaßte er auch das hier genannte ›poema‹ – seine erste alchemische Lehrdichtung Aurea catena, die 1627 in Padua herauskam. Ab dem Ende des Jahres 1627 befand er sich dann nachweislich wieder in Straßburg.306 [S. A2v] cornicum, quod ajunt, oculos configere] Sprichwörtlich etwa bei CIC. Mur. 11, 25: »Inventus est scriba quidam, Cn. Flavius, qui cornicum oculos confixerit et singulis diebus ediscendis fastos populo proposuerit« – ›den Krähen die Augen aushacken‹ in der Bedeutung von ›selbst die Vorsichtigen täuschen‹; vgl. auch Erasmus Adagia 1, 3, 75.307 Unus Libavius … innumeros producit testes] Gemeint ist der für sein breites Œuvre, an die fünfzig Bände, naturwissenschaftlicher und hermetischer Schriften bekannte Andreas Libavius (ca. 1558 – 1616). Der in Halle an der Saale geborene Libavius studierte in Wittenberg und Jena Medizin, ohne jedoch die Promotion finanzieren zu können. 1581 wurde er deshalb Lateinlehrer in Ilmenau, 1586 Rektor des Coburger Gymnasiums. 1588 erlangte er in Basel schließlich doch noch die Würde eines Doktors der Me303

304 305 306 307

Petrus Bonus versteht unter dem ›Elixir‹ im 2. Kapitel seiner ›Pretiosa margarita novella‹ die »forma auri: quod quidem projectum super imperfecta metalla, sicut super materiam, fiet ex eorum commixtione compositum, quod est aurum, et si non, non.« (Bonus, S. 5). Vgl. Du Cange 1 (1710), Sp. 439; u. Gesner 1 (1749), Sp. 501. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 111. Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 117–119. Vgl. A. Otto (1964), S. 93; Wander 2 (1870), Sp. 1568, 135.

Praefatio

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dizin, dort erwarb er ebenso den Titel eines ›Poeta laureatus‹. Ab 1588 war Libavius Professor für Geschichte und Poetik in Jena. 1591 zog er nach Rothenburg ob der Tauber, wo er als ›Inspector Scholae‹ Schulreformen entwarf und den Großteil seiner Werke verfaßte. 1607 kehrte er wiederum als Rektor nach Coburg zurück, wo er 1616 auch starb. Zeit seines Lebens polemisierte Libavius gegen die Paracelsisten wie auch die Rosenkreutzer, ebenso bekämpfte er heftig das integumentale Sprechen im alchemischen Schrifttum; dies zugunsten einer ›technologisch empirischen Chemiatrie‹.308 Sein in dieser Hinsicht bedeutendstes Werk ist seine Alchemia (Frankfurt 1597), das in seiner Art »erste zusammenfassende Lehrbuch einer Chemie, die den modernen Elementenbegriff noch nicht kennt«.309 testimonia Roberti Vallensis] Über Robertus Vallensis, der im 16. Jahrhundert lebte, ist nicht mehr bekannt, als sich aus seinen erhaltenen Schriften entnehmen läßt. Er war Mitautor von De Arte Chemica Libri Duo (Montbéliard 1601): Das erste Buch (51 Seiten) von seiner Hand stellte den ersten Versuch dar, eine Geschichte der Chemie zu schreiben, das zweite (67 Seiten) enthält einen vom Basler Anwalt Johannes Chrysippus Fanianus verfaßten Traktat über die rechtlichen Aspekte der Transmutationskunst. Sein Traktat De Veritate et Antiquitate Artis Chemicae, der in der zweiten Auflage erstmals mit der Jahresangabe 1593 in Paris erschien, fand 1602 Eingang in das Theatrum Chemicum und wurde wiederabgedruckt TC 1 (1659), S. 7–28.310 Scaliger quidem pater, ad Cardanum scribens] Der schon zu Lebzeiten legendäre Humanist, Arzt, Naturforscher und Schriftsteller – sein aufrichtiger Bewunderer Furichius nennt ihn etwa SCHOL. [S. 68], S. 43, 33: »Heros noster« – Julius Caesar Scaliger wurde 1484 als Giulio Bordone bei Verona geboren. In seiner Jugend gehörte er für kurze Zeit dem Franziskanerorden an, später war er häufig Gast des Aldo Manutius. Zwischen 1509 und 1515 traf man ihn als Söldner auf den Schlachtfeldern Italiens. Danach studierte er in Padua und in Bologna Medizin und Naturwissenschaften und 308

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Vgl. Alchemie Lexikon, S. 221–223; besonders jedoch W. Kühlmann (2000a), S. 38– 42, der auch weitere Lektürehinweise bietet; darunter den biographischen Artikel zu Libavius von L. Schnurrer (1993); eine Zusammenfassung von dessen Paracelsismuskritik in CP 2, S. 33–38; vgl. auch C. Gilly (2002b); zu seiner Rolle im Paracelsusstreit der französischen Gelehrten vgl. D. Kahn (2007), S. 354–356, 383–389; weitere Einträge (im alchemischen Kontext) etwa bei ; Ferguson 2 (1954), S. 31–34; Thorndike 6 (1994), S. 238–246; V. Verginelli (1986), S. 192. Vgl. A. Libavius (1964), S. V. Der Titel ist zugleich die deutsche Gesamtübersetzung des Buches im Auftrag der Max-Planck Gesellschaft und der Gesellschaft Deutscher Chemiker – was den Rang des Buches vor Augen führt. Der Band bietet zugleich ein Gesamtverzeichnis der Schriften. Vgl. Ferguson 1 (1954), S. 49 u. 264; Ebd. 2 (1954), S. 496–498; V. Verginelli (1986), S. 137; Zedler 46 (1745), Sp. 380; sowie F. Secret (1970), S. 629 f., ders. (1973), S. 203–206.

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C. Kommentar

arbeitete in den 1520er Jahren als Arzt. 1525 erschien in Venedig seine Übersetzung der Lebensbeschreibungen des Plutarch, kurz darauf legte er sich den latinisierten Namen ›Julius Caesar‹ zu und nannte sich nach den ehemaligen Herrschern Veronas (die Familie ›della Scala‹) ›Scaliger‹. Diese fingierte Abkunft gab zwar schon seinen Zeitgenossen Anlaß zu Spott, doch sein Sohn, Joseph Justus, der im festen Glauben an die hohe Abkunft erzogen wurde, hielt sein Leben lang an der Legende fest und sorgte für ihre Verbreitung. Im Gefolge des Bischofs Angelo della Rovere, dessen Leibarzt er wurde, gelangte Julius Caesar 1525 nach Agen in Südfrankreich. Er wurde seßhaft, gründete eine Familie und starb (1538 wurde eine Anklage wegen Häresie eingestellt) dort im Jahr 1558. Als überzeugter Aristoteliker nahm er, trotz der Provinzialität seines Aufenthalts, rege und streitbar am geistigen Leben seiner Zeit teil: 1531 und 1537 verfaßte er jeweils eine Verteidigungsschrift des Ciceronianismus gegen Erasmus von Rotterdam. Ebenso führte er eine lange Gelehrtenfehde gegen François Rabelais. 1540 verfaßte er eine lateinische Grammatik. Er beschäftigte sich unter anderem mit Botanik, Zoologie und betätigte sich als Dichter.311 Sein am stärksten rezipiertes wie auch wirkungsmächtigstes Werk waren und sind seine erst 1561 posthum erschienenen Poetices libri septem.312 Allgemein gilt er als Gegner der Alchemie.313 1557 erschien sein Exotericarum Exercitationum Liber XV. De Subtilitate ad Hieronymum Cardanum als Replik auf Gerolamo Cardanos (1501– 1576) De Subtilitate rerum (Erstdruck: Nürnberg 1550) genanntes naturwissenschaftliches Sammelwerk, worauf Cardano wiederum 1560 mit einer Apologia in calumniatorem reagierte.314 Furichius spielt in der Praefatio auf Bemerkungen an, wie sie sich sowohl im in den Exercitationes als auch prägnant in Scaligers Lyrik finden: So richtet dieser sich etwa in der 106. Exercitatio Quae de Metallis gegen die Vorstellung, Metalle seien ineinander umwandelbar: »Nihil metalla conantur, dum fiunt: nondum enim sunt. Postquam sunt, sunt hoc, quod satis est eis esse.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 390). Und in der 327. Exercitatio Quaedam de subtilioribus artibus, magia notoria, alchymia, zyferis schert er Magie und Alchemie über einen Kamm: »Opus et finem Chymistarum esse, corpus in corpus. Opus, ac finem magiae esse, spiritum in corpore. Magi suas effectiones, violentias appellant: propterea quod vires suas supra eas, quae Naturae ordine fieri videntur, exercent. Chymistae suum opus nominant fortitudi311

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Furichius zitiert SCHOL. [S. 64], S. 27, 28 und SCHOL. [S. 67], S. 40, 10 aus Scaligers ›De plantis‹ sowie SCHOL. [S. 66], S. 35, 10 aus dessen Gedichtband ›Epidorpides‹; siehe den Kommentar zu diesen Stellen. Zu Scaligers Poetik vgl. etwa E. Dolce (1973); u. I. Reineke (1998), S. 9–27; Scaligers Poetik ist nun als zweisprachige kommentierte Ausgabe von Luc Deitz und Gregor Vogt-Spira in fünf Bänden zugänglich; im Literaturverzeichnis unter Scaliger. Vgl. Ferguson 2 (1954), S. 324–326; W. McCuaig (1999b). Vgl. G. Gliozzi (1976), S. 761.

Praefatio

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nem. Hoc enim significat decantatum illud, Elixir, in cuius fide omnem oppignerant Naturam.« (Ebd., S. 1006). Seine Polemik gegen die Magie – »nonnisi ridiculam, ac nefariam istam vestram Picatricis et aliorum Lemurum nugas, atque somnia videris agnouisse.« (Ebd.) – gilt also nicht minder der Alchemie. Furichius schätzte das Werk seit seiner Studienzeit, schon in den 1622 erschienen Libelli Carminum Tres dichtete er In Exercitationes Scaligeri:

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Vix ex humano sunt haec producta cerebro: Haec peregrè veniunt: haec aliunde scatent. Forsitan Icariis transvectus ad aethera pennis, Aut alis Aquilae Scaliger illa refert. Hic ita Naturae visit penitissima claustra, Illius ut meritò mysta vel augur eat. Sic is abstrusis verum quaesiverat antris: Vt veri vertex fertilitasque cluat. (LIBELLI, S. C5r)

Später fiel es ihm sichtlich schwer, seinem Vorbild aus Jugendtagen zu widersprechen; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 4, 11. Doch zurück zum Besungenen: Herber noch tritt Scaligers Geringschätzung in dessen eigenen Dichtungen zutage; so etwa im Epigramm De Triphone alchimista über einen Anhänger der Kunst als »artibus tot unus/ Imposter ad exordia sordidata vitae/ Primis elementis cerebrosus alchumista/ Carbone niger. pallidus imbroba fauilla,/ Decotor, ut excoctor: at aurei metalli.« (Scaliger Poemata, Bd. 1, S. 154). Ein anderes ist gleich Ad Carbonarium (vgl. ebd., S. 209 f.) gerichtet, ein drittes De monacho chymista höhnt eines alchemisierenden Mönches: »Est fraus cucullo tecta, tecta fornace/ Falsi chymistie: lingua cuius inuisis/ Est plena nummis,/ sed crumena carbone./ Prouerbium fit inde: carbo thesaurus.« (Ebd, S. 435 f.). Filius tamen in Manilium commentans … [S. A3r] … ῥωμαίοιϲ ἀνταίρειν] Furichius zitiert hier sehr ausführlich, unter Übernahme der Zitate, aus Joseph Justus Scaligers Maniliuskommentar (Scaliger Manil., S. 223 [=323]–325) zu den Versen MANIL. 4, 246–251: »scrutari caeca metalla,/ depositas et opes terrarum exurere venis,/ materiamque manu certa duplicare erit a te,/ quidquid et argento fabricetur, quidquid et auro/ quod ferrum calidi solvant atque aera camini/ consumantque foci Cererem, tua munera surgent.« Joseph Justus Scaliger, Sohn des vorgenannten und bedeutendster Philologe seiner Zeit, wurde 1540 in Agen geboren und war ab 1552 in Bordeaux Mitschüler Montaignes. Den meisten Unterricht erfuhr er jedoch zuhause, schon früh wurde er von seinem Vater als Sekretär herangezogen, zudem ließ dieser ihn jeden Tag eine lateinische ›declamatio‹ vortragen. Der Tod seines strengen Lehrers im Jahre 1558 wirkte für ihn als Schock

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und Befreiung. Er begab sich nach Paris und lernte innerhalb von zwei Jahren als Autodidakt Griechisch und arbeitete sich durch die meisten klassischen Texte – eine Sprache, die sein Vater dem Lateinischen gegenüber für unterlegen gehalten hatte und seinen Sohn deshalb nicht in ihr unterwies. 1562 konvertierte er zum Calvinismus und begann mit dem Studium des Hebräischen. 1562 übersetzte er dann Catull ›zurück‹ in die Sprache der griechischen Vorbilder und beschloß, sein Leben der Erschließung der lateinischen Autoren mittels der griechischen zu widmen. 1565 reiste er nach Italien. 1567 nahm er am Bürgerkrieg teil. Nach der Bartholomäusnacht, der er entging, da er sich gerade in Straßburg aufhielt, exilierte er nach Genf, wo er einen Lehrstuhl erhielt. 1574 kehrte er nach Frankreich zurück. Er lebte im Poitou und in der Tourraine, dort editierte und kommentierte er unter anderen den Lexikographen Festus sowie Catull, Tibull und Properz. Zwischen dem August 1577 und März 1578 arbeitete er dann vornehmlich mit griechischen Quellen an seinem Manilius-Kommentar, die Erstausgabe erschien 1579, die zweite, verbesserte besorgte Scaliger in den Jahren 1599 und 1600. Zu diesem allerdings lautet das Urteil eines Biographen: Scaliger »macht sich den Manilius zu dem zurecht, wozu er ihn brauchen will: zu einem Leitfaden für Darstellung der alten Astronomie.«315 Zudem widmet er sich seit dieser Zeit intensiv der historischen Chronologie und Universalgeschichte in Schriften wie De emendatione temporum (Paris 1583). 1593 folgt er dem Ruf an die Universität Leiden, wo 1606 sein Thesaurus temporum herauskam. Er starb dort im Jahr 1608.316 Im einzelnen stammt aus Scaliger: Ciniflonibus, ut vocat, et flatuarijs] Joseph Scaliger kommentiert »consummentque foci Cererem« (MANIL. 4, 251) unter anderem mit: »Quia ferri fusio, item panificium non sine igne fit: propterea et fusores, et furnarios dabit […] etiam Alchymistae, et ciniflones« (Scaliger Manil., S. 324); womit er alle, welche am Herd ihr Tagwerk verrichten, meint. Gebräuchlich ist der ›ciniflo, -onis‹ als ›Haarkräusler‹ im Sinne von ›Friseur‹. Ursprünglich bezeichnet er jedoch den Bediensteten, welcher die Glut der Kohlen – etwa für die Brennschere – anbläst: der ›cinerarius‹ als ›Kohlenbläser‹ oder ›Aschenbrödel‹; d. h. »ein küchenjunge, der in der asche brodelt und sudelt«.317 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat sich ›Ciniflones‹ schließlich neben ›Chimicastri‹ zur Bezeichnung für die »falschen Chimisten, und sol-

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J. Bernays (1855), S. 47; zum Maniliuskommenar vgl. auch F. Boll (1903), S. 449 f. Vgl. A. Grafton (1983), S. 101–229; dort besonders das Kapitel zum Manilius-Kommentar S. 180–226; sowie: W. McCuaig (1999a) und E. G.: Scaliger (Joseph-Juste). In: NBG 43 (1867), Sp. 450–455; ein Verzeichnis der Schriften Joseph Justus Scaligers bietet A. Grafton (1982). Grimm 1 (1854), Sp. 581; vgl. auch Gesner Index (1749), Sp. 31; MlatWB 2 (1999), Sp. 582.

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che, die die Chimie treiben wollen, und doch nicht den geringsten Verstand davon haben«318 etabliert. â Bessis didicisse, Cassiodoro, et Claudiano poëta, testibus] Die ›Bessi‹ sind Sammelbezeichnung einiger thrakischer Volksstämme. Scaliger führt, indem er »scrutari caeca metalla« (MANIL. 4, 246) kommentiert, aus, daß die Römer ihre Kenntnisse der Metallverarbeitung von diesen übernahmen: »Metallarij hinc nascentur. In vetusto Martyrologico, Iv. Kal[endarum] Septemb[embris]. ›Herodes metallarius‹ […] Romani fatentur se a Bessis didicisse. auctor Cassiodorus. Claudianus:« (Scaliger Manil., S. 223[=323]); und er zitiert zum Beleg, neben dem Verweis auf den Märtyrerkalender,319 aus den Carmina des Claudianus: »possessi, quidquid fluuiis euoluitur auri,/ quidquid luce procul uenas rimata sequaces/ abdita pallentis fodit sollertia Bessi.« (CLAVD. rapt. Pros. 17, 38–41). Praeter enim Firmicum] Furichius bedient sich auch hier aus Scaligers Kommentar. Dieser schreibt unter anderem zu »materiamque manu« (MANIL. 4, 248), eine alchemische Deutung der Stelle verwerfend: »Versus ab homine Alchymista infarctus. Saltem debebat loqui Latine non alchymistice, si nobis persuadere volebat hanc foeturam esse Manilij. […] Illis enim temporibus Alchymiae neque nomen neque res nota, ne audita quidem Romanis auribus. Non habemus antiquiorem Firmico, qui eius mentionem fecerit. Nam lib[ro] III, in decretis lunae in nona domo: ›Si‹, inquit, ›Saturni haec domus fuerit, scientiam Alchymiae (dabit)‹« (Scaliger Manil., S. 223 [=323]f.) Gemeint ist der im vierten Jahrhundert lebende Iulius Firmicus Maternus, welcher zunächst das größte astrologische Handbuch in lateinischer Sprache, die Matheseos libri VIII verfaßte, aus welchen hier zitiert wird, dann nach seiner Konversion zum christlichen Glauben das kämpferische, einem gewissen Euhemerismus verpflichtete Werk De errore profanarum religione schrieb.320 Da sich aber in der ganzen Mathesis des Firmicus der Begriff ›Alchemia‹ nirgends findet, liegt es nahe, daß Scaliger mit dem ›Mond im neunten Haus‹ die ›Luna in loco fortunae‹ (FIRM. math. 3, 14) bezeichnet. Gesellt sich in der Nativität hierzu Saturn, so kommen fast nur Erbprasser, Unglücksraben und Verbrecher auf die Welt. Zu solchen Tagedieben zählt nun Scaliger, sofern auch er nicht aus zweiter Hand zitiert, boshaft auch die Alchemiker.321 Furichius hat diese Stelle offensichtlich nicht nachgeschlagen. 318 319

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Vgl. Ernsting, S. 91. Es ist dies der Eintrag zur Märtyrerin Sabina für den 29. August; aus dem ›Sancti Adonis Martyrologicum cum additamentis‹ vgl.: »natale beatissimae et illustrissimae Sabinae martyris, quae fuit uxor praeclarissimi quondam Valentini, et Filia Herodis Metallarii« (MPL 123 (1852), Sp. 351). Vgl. K. Hoheisel (1998). Vgl. FIRM. math. 3, 14, 4 f.: »Si in hoc loco posita in nocturna genitura crescens lumine ad Saturnum feratur vel cum ipso sit, paternum ac maternum patrimonium minuet, matrem aut viduam aut cum valitudine aut cum vitio facit aut mala morte

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Suidas de vellere aureo Colchorum … [S. A3r] … ῥωμαίοιϲ ἀνταίρειν] Scaliger zitiert, gleich im Anschluß an Firmicus und noch bezüglich derselben Maniliusstelle, aus der um das Jahr 1000 entstandenen, nach einer fälschlichen Autorzuweisung benannten byzantinischen Enzyklopädie Suidas; oder heute Suda. Mit mehr als 31 000 Einträgen ist der Suidas das umfangreichste Werk dieser Art, welches die oströmische Welt hervorgebracht hat. Vor allem von den Humanisten wurde es stark rezipiert.322 Hinsichtlich der antiken Götter und anderer Mythologeme verfährt die Enzyklopädie kompilatorisch, wobei teils unkommentiert eine pagane Sicht referiert wird, teils eine euhemeristische Position vertreten wird.323 So entstammt das erste Zitat bei Scaliger, dem Eintrag ›Δέραϲ. τὸ χρυϲόμαλλον δέραϲ‹ (›Vlies. Das Goldene Vlies‹), in welchem – nach einer in der alchemischen Literatur allgegenwärtigen Ansicht – das Goldene Vlies der Argonauten als alchemisches Manuskript auf Hammelleder angesehen wird. Das folgende Zitat ist der ganze Eintrag zu ›χημεία‹.324 Beide Zitate dienen für Furichius dazu, mit dem Vorangehenden das Alter der Alchemie und ihre altehrwürdige wie auch ägyptische Herkunft zu belegen.325 Scaliger dagegen verspottet solche Ansichten und verwirft am Ende seines Eintrags nochmals eine alchemische (Um-)Deutung der Stelle: »Sed nulla fornax ciniflonum ita recoquere hunc versum poterit, vt purum putum Manilianum efficere possit.« (Scaliger Manil., S. 324). Mit dem Beginn des 17. Jahrhunderts erfuhr das Goldene Vlies dann zusehends eine Einengung seiner alchemischen Bedeutung.326 So deutet etwa Michael Maier in seinen Arcana Arcanissima den ganze Argonauten-

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peruntem, ipsos vero in prima aetate miseros ac laboriosos […] qui natus fuerit, morte parentum cito faciet orbari et patrimonium [de] miseris compellit lacerationibus dissipari […] si vero per diem in hoc loco posita minuto lumine ad Saturnum feratur vel cum ipso sit, vitiorum valitudines et malae mortis et proscriptionis incommoda.« Vgl. W. Hörandner (1997); u. Zedler 40 (1744), Sp. 1800 f. Der ›Suidas‹ ist zugänglich in der Ausgabe: Suidae Lexicon. Hg. von Ada Adler. 5 Bde. Leipzig 1928–1938. (Lexicographi Graeci; 1). Vgl.E. Hanawalt (1977). Vgl. Suidas 2 (1931), S. 24 u. ebd. 4 (1935), S. 804. Demselben Zweck dienen auch die ganzen ›Arcana Arcanissima‹ Michael Maiers, sowie dessen ›Aurea mensa‹ – zur dortigen Darstellung des Hermes Trismegistos vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 16, 18 – S. 17, 10. Zu diesem als Ägypter und damit zum ägyptischen Ursprung der Alchemie vgl. etwa F. Ebeling (2005), S. 49–53, et passim. Vgl. zur Ansicht der byzantinischen Gelehrten – wie auch zu den hier zitierten Stellen aus dem ›Suidas‹ – A. Faivre (1990), S. 26–29. Wie auch ›Toison d’or et alchimie‹ einen Überblick über die Rezeption des Mythologems und des Argonautenzuges bietet. Ein Verzeichnis alchemischer Schriften des 17. Jahrhunderts, welche das ›goldene Vlies‹ im Titel führen oder sich dessen Interpretation widmen, findet sich dort ebenfalls S. 48–55. Einen Überblick über die noch größere außeralchemische Rezeption des Mythos bietet etwa der Ausstellungskatalog ›La Toison d’or un mythe européen‹; herausgegeben von J.-L. Liez (1998); vgl. auch CP 2, S. 699 f.; sowie W. Kühlmann (2002b), S. 168 f.

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zug und damit auch das Goldene Vlies alchemisch (Vgl. MAIER Arc., S. 62–77, et passim.), wobei er, die Meinung seines euhemeristischen Widersachers Natale Conti (»Atque vt summatim dicam, nauigationem Iasonis quam quidam ad historiam, quidam ad chemicam artem detorquent […]«) 327 verwerfend, über die Ansicht, das Vlies sei ein Traktat, hinausgeht und es als den Stein der Weisen selbst betrachtet: »At quid est Vellus aureum? Lapis Philosophicus, summa medicina corporum humanorum« (Maier Arc., S. 74). [S. A3r] extremis oculis libare] Ein synästhetisches Bild, eigentlich: ›mit entferntesten Augen kosten‹. Eine Verbindung von ›oculis‹ mit ›libare‹ findet sich nicht im ThLL.328 mearum ineptiarum conscij … Tuo tamen suasu, et persuasu] Der weitverbreitete Exordialtopos der auf Abfassung oder Veröffentlichung drängenden Freunde, hier neben demjenigen der Bescheidenheit, findet sich etwa bereits in Quintilians Vorrede zur Institutio: »cum a me quidam familiariter postularent ut aliquid de ratione dicendi componerem« (QVINT. inst. prooem. 1). dicamne, an invidiam?] Die ›invidia‹ spielt in der als Dialog verfaßten Turba philosophorum eine besondere Rolle. In ihr versammelt Pythagoras seine Schüler um sich, um über das alchemische Werk zu disputieren, wobei dem Anschein nach die Decknamen kommentierend geklärt werden, tatsächlich aber ihre Anzahl beträchtlich gemehrt wird.329 Die Turba ist ein ›alchemischer Kommentar‹ nach der Definition von Jean-Marc Mandioso: Kennzeichen eines solchen ist: »feindre d’expliquer tout en ne révélant rien«.330 Bei fast jeder neuen Erläuterung, welche einer aus der Runde der versammelten Gelehrten geben möchte, warnen die anderen im Sinne von: »cave tamen ne sis invidus. Non est enim sapientum invidia« (Turba, S. 20) – in der deutschen Übersetzung durch Julius Ruska: »Hüte Dich aber neidisch zu sein, denn es ist nicht Sache der Weisen, Neid zu empfinden.«331 Dergleichen findet eine gute Auskunft in der Art »Optime dixisti ab invidia« (Turba, S. 28) ihren Beifall. Die andauernd gescholtenen ›invidi‹ (›die Neider‹) sind nämlich diejenigen alchemischen Gelehrten, welche ›aus Neid‹ durch den ausgiebigen Gebrauch von Synonyma die wahre Bedeutung verschleiern: »Invidia autem nomina multiplicaverunt, ut posteros seducerent« (Ebd., S. 48). 327 328

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Conti, S. 319. Weder die Lektüre der Artikel ›oculus‹ (ThLL 10, 2 (1968–1981), Sp. 441–452) und ›libo‹ (ThLL 7 (1956–1979), Sp. 1337–1342) noch eine Online-Recherche im ThLL führten zu einem Ergebnis. Vgl. A. Calvet (2000), S. 466 f. J.-M. Mandioso (2000), S. 485. J. Ruska (1931), S. 210; zu den ›Neidern‹ vgl. ebd., S. 290 f.

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importunius efflagitare satagentes] Man beachte: drei Ausdrücke des Nötigens! Multa dies, et multa litura coêrcuit] Zitiert nach HOR. ars. 292–294: »carmen reprehendite, quod non/ multa dies et multa litura coercuit/ atque praesectum decies non castigavit ad unguem.« [S. A3v] Romanae elegantiae proceres] Das Hauptmerkmal wahrer lateinischer Redekunst ist eben die hier genannte ›elegantia‹. Erst sie sorgt für »Correktheit, und lichtvolle Bestimmtheit des Ausdrucks«.332 Tuos verò Graeculos] Wer die beiden ›Griechlein‹ sind, ist nicht eindeutig zu ermitteln. Sie finden sich weder im Nuncius Olympicus, dem von Morsius herausgegebenen Katalog, noch unter anderen von Morsius edierten Titeln.333 Womöglich handelt es sich jedoch um die in den Scholien (vgl. meinen Kommentar zu CHRYS., S. 20, 27; u. S. 51, 22) zitierten Byzantiner Theophrastos und Heliodoros aus dem 8. Jahrhundert, welche Morsius dann für antik angesehen haben müßte. morosos istos Catones, aut Solones] Man beachte die hier scherzhaft gebrauchte Figur der ›traductio‹ (das heißt »die Wiederholung nur scheinbar gleicher Wortkörper mit durchaus verschiedener Bedeutung«)334 des Namens ›Morsius‹ zu ›morosos‹. Zugleich wird der so erzeugte ›Morsius morosus‹ mit den als düstre und gestrenge Sittenrichter überlieferten Gestalten des römischen Zensors Cato maior und dem Athenischen Staatsmann Solon, dem unter anderem das folgende Persiuszitat ein ähnliches Auftreten nachsagt, in Verbindung gebracht. Quintilian bezeichnet diese Figur als ›metalepsis‹ und nennt als prominentestes Beispiel Ciceros Kesseltreiben gegen Verres: »ut omnia uerreret [cum diceretur Verres] […] molestiorem qua aprum Erymanthium fuisse« (QVINT. inst. 6, 3, 55). Zugleich erinnern solche Scherze auch die anagrammatischen Spiele der frühen Libelli Carminum Tres, wo es ähnlich zu Demokrit heißt: »Democritus αναγρ. Mirè doctus./ Et mordicus.« (LIBELLI, S. D3v). Dieses Wortspiel des Widmungsbrief nahm übrigens Moscherosch als einziger, der Geleittexte zur Chryseis verfaßte, zum Anlaß, sein zweites Epigramm auf dem letzten Blatt der Ausgabe mit den Worten zu endigen: »Necandi/ MORSIUS in te jus, sed MORS jus non habet in te.«335 – und somit den hier eröffneten Ring zu schließen. Obstipo capite … verba labello] Zitiert nach PERS. sat. 3, 78–82: »non ego curo/ esse quod Arcesilas aerumnosique Solones/ obstipo capite et

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Ernesti: Lat., S. 143. Vgl. J. Morsius (1994) u. H. Schneider (1929), S. 73–78. Lausberg § 658 f. Veröffentlicht in W. Kühlmann (1984), S. 120.

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figentes lumine terram,/ murmura cum secum et rabiosa silentia rodunt/ atque exporrecto trutinantur uerba labello«. decet inter bonos benè agier] Eine in der römischen Gerichtssprache übliche Formel zum Ausdruck des Vertrauens, wie sie beispielsweise Cicero in seiner Topik anführt; vgl. »In omnibus igitur iis iudiciis, in quibus ›ex fide bona‹ est additum, ubi vero etiam ›ut inter bonos bene agier oportet‹ [etc.]« (CIC. top. 66).

Furichius, Chryseis, Liber I, Kommentar [S. 1] Argumentum assidua infinitae Bonitatis invocatione praemissa] Die Anrufung der unendlichen Güte Gottes: Der Alchemiker Furichius unterstreicht bereits vor dem ersten Vers sein Bekenntnis zum Christentum; wie auch, daß das alchemische Werk nur durch göttliche Gnade gelingen kann. GL ›Argumentum‹ Exordium] Der erste von mehreren rhetorischen Termini, mit welchen Furichius einzelne Abschnitte der Chryseis hinsichtlich ihrer Funktion durch eine Randnotiz ausweist. Mit ›exordium‹ wird üblicherweise der Anfangsteil einer Rede bezeichnet, welcher die Hörerschaft, oder die Leser, zum Aufmerken bringen soll, indem er die Anwesenden »beneuoli, attenti atque dociles« (QVINT. inst. 4, 1, 5) stimmt.336 Mit dem ›exordium‹ geht der ›Exordialtopos‹ einher – in diesem Fall die Anrufung der für den Gegenstand der Dichtung zuständigen Gottheit.337 2–3 Teque meos lustrante animos novo, Apollo, vigore,/ Incipio immensis reparare laboribus artem] Variiert das berühmte »In nova fert animus mutatas dicere formas/ corpora: di, coeptis (nam vos mutastis et illa)/ adspirate meis« (OV. met. 1, 1–3) hin zu einer Anrufung Apolls, der sowohl als Musenführer dem Werk des Dichters seine Förderung angedeihen lassen soll als auch als ›Phoebus-Apoll‹ das ›Gold‹ im alchemischen Werk und die zentrale Figur der folgenden mythoalchemischen Episoden darstellt. Claudian ruft – wie es sich für ›den Raub der Proserpina‹ gehört – die Götter der Unterwelt an: »Di, quibus innumerum vacui famulatur Averni/ vulgus iners, opibus quorum donatur avaris/ quiquid in orbe perit, quos Styx liventibus ambit/ interfusa vadis et quos fumantia torquens/ aequora gurgitibus Phlegeton perlustrat anhelis:/ vos mihi sacrarum penetralia pandite reum/ et vestri secreta poli […]« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 20–26). Augurelli widmet sein Werk umständlich dem Vater der Christenheit Leo X. (1513–1521), dem vormaligen Giovanni de’ Medici: »Cumque operi Autorem, cuius sub nomine tutum/ pergeret, optarem […]« (Augurelli, Prol., 7 f.).338 Zugleich bittet er ihn um Nachsicht dafür, daß er im Folgen336 337 338

Vgl. auch Ernesti: Lat., S. 154. Vgl. E. Curtius (1967), S. 95–99. Vgl. R. Weiss (1962), S. 580.

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den, um den Prozeß zu beschreiben, der Tradition gemäß die Namen der antiken Götter verwenden wird,339 um schließlich am Beginn des 1. Buches die, seinem Dafürhalten nach, für das ›opus‹ wichtigsten Numina – Phoebus, Diana, Mercurius und am ausführlichsten Vulcanus – herbeizuzitieren: »Phoebe ades. Et tecum accelerans non passibus aequis/ alma soror, grauis argento cui saepe fatiscit/ orbis item […] Tu quoque nec coeptis Cylleni audacibus usquam/ defueris […] Denique tu, pater ignipotens, […] Tu maxime praesis/ artifici Vatique simul tua facta canenti. […] Tu princeps operis tanti. Tu carminis esto/ principium, feruens Dulcis mihi spiritus oris/ extet, eatque uirum per te, Vulcane per, ora« (Ebd. 1, 10–42). Die Reihe schließt bezeichnend die Muse des Vergil: »Nec tu non faueas tantis aequissima Votis,/ prisci perpetuum saecli decus, Heroine,/ quam circum exultant laudata ad flumina Nymphae/ Minciades, Phoebique chorus comitatur euntem,/ aut fouet Andino recubantem in gramine Manto/ laeta trium nodo Neptem complexa sororum.« (Ebd. 1, 43–48).340 Während Furichius sich nun mühsam daran macht, ›die Kunst zu erneuern‹ (CHRYS., S. 1, v. 3),341 kann Augurelli sich rühmen, als der erste Verfasser eines lateinischen alchemischen Lehrepos unbetretene Wege zu beschreiten: »est animus quaerentibus ultro/ dicere, quaque palam uestigia nulla priorum/ apparent, porferre pedem.« (Augurelli, 1, 3–5). 4–5 magnae penetrare recessus/ Matris] Nach GL. 4 steht die ›Große Mutter‹ als Antonomasie für ›Cybele‹ und hier zunächst schlicht für die Erde, welche aus ihrem Inneren die Metalle hervorbringt. S. 2 [2–S. 3, 3] Ambitiosa cohors … rursumque revelli] Nach GL. 2 besteht die ›ehrgeizige Schar‹ aus ›den Griechen und einigen von den Arabern‹. Furichius verschmilzt bereits hier die Gigantomachie (vgl. GL. 5 ›Γιγαντομαχία‹) mit den Bemühungen der frühen Astrologie und Astronomie. Trotzdem hält er sich in der folgenden Anapher (›Ambitiosa-At-At‹) strikt an die zeitlich korrekte Abfolge der nicht nachlassenwollenden Himmelsstürmer: – In den Versen 2 bis 13 sind die ›Ambitiosa cohors‹ noch die Giganten des Mythos. 339

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Vgl. »Quam si forte legens, interdum nomina diuum/ Offendes, quos uana olim coluisse uetustas/ Dicitur; extemplo haud renuas, sacra optima quanquam/ Exerces, ueramque fidem; cultumque tueris./ Illa etenim tanquam priscis consueta uocari/ Vatibus, enixe quos tunc imitabar, adiui/ Suppellex, et paribus curis in uota uocaui./ Materies etiam solitum conquirere Solis/ Et Lunae auxilium necnon Vulcania uelle/ Arma uidebatur, quorum implorare fauorem/ Fas erat: et mihi iam per te licuisse, sit id nunc/ Concessum, et uenia dignum peccasse fatenti.« (Augurelli Prol., 29–40). Die ›Minciades Nymphae‹ leben im oberitalischen Flüßchen Mincio, in der Nähe von ›Andes‹ (das Adjektiv dazu: ›Andinus, -a, -um‹) – das Dorf bei Mantua, in welchem Vergil geboren wurde. In der ›Aurea Catena‹ ist es eingangs Mercurius, der »Caepit inexhaustis reparare laboribus artem« (AVR. CAT., S. 1, 3).

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– Von Vers 14 (›At nata est nova gens‹) bis Vers 27 sind es die griechischen Philosophen. – Von Vers 28 (›At tandem exorta est Arabum gens‹) bis zu Vers 3 auf Seite 3 sind es arabische Gelehrte. Der im ersten Abschnitt behandelte Versuch der Giganten in den Olymp einzudringen, indem sie die Berge Pelion und Ossa aufeinandertürmen, scheitert jedoch letztlich daran, daß Jupiter mit seinen Blitzen die Berge entzwei schlägt; vgl. v. 8 f. »cum Iuppiter Ossam/ Prostravit«. Derart findet sich die Gigantomachie etwa in OV. met. 1, 151–162. Furichius selbst verweist (GL. 5: »Vide et Vergil. lib. Georgic.«) auf Vergils Georgica; genauer auf: VERG. georg. 1, 278–283: »tum partu Terra nefando/ Coeumque Iapetumque creat saeuumque Typhoea/ et coniuratos caelum rescindere fratres./ ter sunt conati imponere Pelio Ossam/ scilicet, atque Ossae frondosom inuoluere Olympum; / ter pater exstructos disiecit fulmine montis.« Eine diesen Kampf als Aufbäumen des menschlichen Hochmutes wider die Götter weisende euhemeristische Deutung findet sich von Macrobius – »Gigantas autem quid aliud fuisse credendum est quam hominum quandam impiam gentem deos negantem et ideo aestimatam deos pellere de caelesti sede voluisse?« (MACR. sat. 1, 20, 8) – bis zu Natale Conti. Dieser interpretiert das Riesengeschlecht als »imprudentes homines quibus libido et impetus animi dominatur, Deos omnes contemnere, ac pro suis viribus religionem euertere: cum religio sit omni temeritati et improbitati aduersaria.« (Conti, S. 344). Die von Furichius hier im einzelnen angeführten Mythologeme der antiken Gigantomachie sind neben den genannten die folgenden: 9–12 Victoria nota Tonantis/ Enceladi … Bryareus] Den ›Donnerer‹ (›Tonans‹) Jupiter erinnert bei Claudian die über die Entführung ihrer Tochter aufgebrachte Ceres, ihr Stammsitz ist Sizilien, daran, wie er mit den Giganten Enceladus und dem hunderarmigen Riesen Briareus verfuhr – so soll er nun auch mit diesem Räuber verfahren: »quae talia vivo/ ausa Tonante manus? […] an vicina mihi quassatis faucibus Aetna/ protulit Enceladum? nostros an forte penates/ adpetiit centum Briareia turba lacertis?« (CLAVD. rapt. Pros. 3, 182–188). 12–13 suntque arma Mimantis rupta Iovi/ centumgeminiqué Aegeonis enses] Furichius zitiert nun direkt aus Claudian. Im dritten Buch gibt dieser eine Topographia jenes Hains in der Nähe des Ätna, in welchem Jupiter die Waffen der vernichteten Giganten aufhing; vgl. CLAVD 3, 332–356. Es heißt über zwei der dortigen Bäume: »haec centumgemini strictos Aegeonis enses/ curvata vix fronde levat; […] haec arma Mimantis/ sustinet.« (Ebd. 3, 345–347). ›Mimas‹ ist einer der Giganten, ›Aegeon‹ ein anderer Name des hundertarmigen Briareus.342 342

Zu den Namen der Giganten und Unterschieden in der Beschreibung der ›Gigantomachie‹ durch antike Dichter vgl. Conti, S. 342–344.

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C. Kommentar

14–27 At nata est nova gens olim … Canicula messes] Nach GL. 3 ›die [griechischen] Astrologen‹ als neues Empörergeschlecht, welches sich im Gegensatz zu jenem Riesengeschlecht den Himmel auf listige Weise, durch Gebete und ohne Gewalt teilweise anzueignen vermag (vgl. v. 15: »coepit contexere fraudem/ Quâ precibus, non vi«). Fast alle griechischen Philosophen setzten sich intensiv mit der Sternkunde auseinander. Als Beginn der abendländischen Astronomie wird gerne die erste Berechnung einer Sonnenfinsternis durch den 639 vor Christus geborenen Thales von Milet genannt. In der von ihm begründeten ›Ionische Schule‹ folgten seine Schüler Anaximander, Anaximenes und Anaxagoras. In Unteritalien erkannte Pythagoras (ca. 570–480 v. Chr.) die Kugelform der Erde, Plato fügte dieser Kugel eine Achse hinzu. Nicht minder beschäftigten sich ebenso Demokrit und Aristoteles mit der Astronomie. Die Führungsrolle auf diesem Gebiet fiel schließlich der von König Ptolemaios Philadelphos um 300 vor Christus begründeten Akademie in Alexandria zu, vor allem unter ihrem 276 vor Christus geborenen Bibliothekar Eratosthenes.343 Im folgenden werden in der Chryseis einige der von ihnen erfaßten Himmelserscheinungen aufgeführt: Neben dem Wissen über den Lauf von Phoebus vierspännigem Sonnenwagen (v. 20 f.) nennt Furichius: 22 Cur lucem extendant Chelae? Cur Bruma remittat] Furichius sieht sich genötigt dem Leser zum Verständnis dieses Verses sowohl eine Glosse (›Wendekreis des Krebses wie auch des Steinbocks‹) als auch eine Scholie an die Hand zu geben. Nach SCHOL. bezeichnen die ›Chelae‹ hier nicht, wie im astronomischen Kontext üblich, das Sternbild der ›Waage‹. Das griechische Χηλαὶ wird hier mit dem lateinischen ›forceps, ipis‹ der ›Zange‹ übersetzt. Furichius verwendet sie in Analogie zu Manilius und Vergil, welche sie ›bei Gelegenheit […] für das Sternbild des Skorpions heranziehen‹ – tatsächlich ragen die ›Scheren‹ des Skorpions in das Bild der Waage344 – ebenso als ›pars pro toto‹. Bei ihm stehen sie jedoch doch für das andere Krustentier am nächtlichen Himmel: den Krebs. Dieser, zusammen mit dem Steinbock, steht dann auch als solcher in der hier zitierten Stelle aus der Appendix Vergiliana – der Vers 22 bringt also das Nämliche zum Ausdruck: daß, wenn die Sonne den Wendekreis des Krebses passiert, die Tage länger werden; daß, wenn sie den Wendekreis des Steinbocks (›bruma‹) passiert, sich die Tage verkürzen. In beiden Fällen scheint, wie Furichius mit GL. 21 (›duo solstitia‹), zum Ausdruck bringt, die Sonne stillzustehen. 343 344

Vgl. F. Krafft (1997); u. J. Mädler (1873), Bd. 1, S. 35–85. Vgl. ThLL 3 (1907), Sp. 1003: »bracchia Scorpionis, sidus aequionoctii, quod Latini plerumque Libram dixerunt« – bei Manilius etwa als Waage: MANIL. 2, 179; und bei Vergil als Skorpion VERG. georg. 1, 32–35.

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24 Cur jubar abscondat? Cur manca fronte coruscet?] SCHOL. erklärt: ›Spielt an auf die Verfinsterungen, wie der andere Teil des Verses auf die Veränderungen des Mondes.‹ 25–26 Quid vehat Orion … Bootae?] Dazu SCHOL. 25: ›Daß das Aufgehen und das Sinken jener Sternbilder immer etwas Großes verheißt, sagen alle Gelehrten. [Hp. Aër. 2, 2] indem er [der Arzt] nämlich erkennt den Wechsel der Jahreszeiten wie auch der Sterne Auf- und Untergang, [kann er im voraus erkennen, wie der Zustand des Patienten sich im Laufe des Jahres entwickeln wird] etc. Man muß auch auf der Sterne Aufgang achtgeben, und am meisten des Hundes zudem des Arcturus, wie auch noch auf der Plejaden Untergang.‹345 Hier markieren also die Sterne Wendepunkte im Verlauf einer Krankheit.346 Als allgemeine Beispiele für den Einfluß der Gestirne auf das irdische Leben nennt er zudem die entsprechende Stelle aus den Problemata des Aristoteles, wo ebenso der Aufgang der Sternbilder Orion, Plejaden und Hund Veränderungen des Klimas und der Gesundheit anzeigt (vgl. Arist. Pr. 1, 3) als auch die (Pseudo-)Platonische Epinomis, wobei er darauf hinweist, daß die Stoiker – besonders deutlich an einigen Stellen bei Manilius347 – hiervon die ›Notwendigkeit des Schicksals‹ ableiten. Zu dieser Lehre bietet er jedoch zugleich mit dem Verweis auf den Stagiriten, der sagt ›Alles veranlaßt irgendwie das Göttliche in uns. etc.‹,348 eine gegenteilige Lehrmeinung. Die Epinomis wird bereits in der Antike dem im 4. Jahrhundert lebenden Platoschüler Philippos von Opús zugrschrieben. Sie schließt direkt an das Gespräch der Nomoi an, und wird deshalb üblicherweise dem Corpus Platonicum zugerechnet. In ihr wird unter anderem auf das Verhältnis der Lebenwesen zur Weltseele, die fünf Elementarbereiche und die Beschaffenheit der Gestirne eingegangen.349 27 combusta Canicula] Der Stern ›canicula‹ (›Kleiner Hund‹) im Sirius.350 Unter seinem Einfluß – ›er kläfft Flammen‹ – ist es, wie Manilius sagt, am heißesten: »Cum vero in vastos surget Nemeaeus hiatus,/ exoritur 345 346

347

348 349 350

Vgl. ebd. 11, 2. Die griechischen Zitate stehen kursiv. Zur ›Astromedizin‹ als eine der vier Säulen der Paracelsischen ›Medicina nova‹ vgl. CP 2, S. 340 et passim; sowie allgemein W.-D. Müller-Jahncke (1985). Zum Beispiel: »saecula dinumerare piget, quotiensque recurrens/ lustrarit mundum vario sol igneus orbe./ omnia mortali mutantur lege creata,/ nec se cognoscunt terrae vertentibus annis/ exutas variam faciem per saecula ferre […]« (MANIL. 1, 513–517); und vor allem der Anfang des 4. Buches: »Quid tam sollicitis vitam consumimus annis/ torqueremur metu caecaque cupidine rerum/ aeternisque senes curis, dum quaerimus, aevum/ perdimus et nullo votorum fine beati/ victuros agimus semper nec vivimus umquam. […] fata regunt orbem, certa stant omnia lege/ longaque per certos signantur tempora casus. […]« (Ebd. 4, 1–15; et passim). Vgl. Arist. EE 1248a 26 f. Vgl. H. Krämer (2004), S. 81–86. Vgl. MlatWB 2 (1999), Sp. 160.

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C. Kommentar

candens latratque Canicula flammas/ et rabit igne suo geminatque incendia solis.« (MANIL. 5, 206–208). Es sind diese ›dies caniculares‹ auch im Deutschen die nach dem Hund des Orion benannten ›Hundstage‹ vom 24. Juli bis zum 23. August.351 28 At tandem exorta est Arabum gens] Das griechisch-römische Erbe traten in den durch Islam eroberten Gebieten wie auch ausgehend von den erhaltenen Abschriften Konstantinopels die Araber an. Diese brachten die Sternkunde beträchtlich voran; so entdeckte beispielsweise der Astrononom Almansor um 1150 die Schiefe der Ekliptik. Die arabischen Traktate und Übersetzungen verlorener antiker Texte wurden im Mittelalter von europäischen Gelehrten emsig rückübersetzt.352 Furichius aber hat weder von einer auf chaldäische und vorislamische Ursprünge zurückgeführten Sterndeuterei noch von der Astrologie an sich eine hohe Meinung, so empfiehlt er in SCHOL. demjenigen, »qui ›gerras germanas‹ audire avet, ›atqué lyras lyras‹, ut cum Plauto loquar« – also ›reinen Unfug‹ und ›Larifari‹353 – einschläge Schriften, wie die ›Hundert Aphorismen‹ des Hermes Trismegistos, und vor allem alte Schriften arabischen Ursprungs, wie das Centiloquium siue de consuetudinibus in astrorum judiciis des Bethem, den Almeon Almanzor, welcher in seinem Werk Almansoris Aphorismi, seu propositiones ac sententiae Astrologicae ad Saracenorum Regem zur vertiefenden Lektüre empfiehlt: Zahels De temporum significationibus in judiciis die Schriften des Messalah, wie dessen De ratione circuli et stellarum, und die Traktate eines gewissen Omar.354 Diese finden sich allesamt in derselben Reihenfolge in einer 1533 in Basel bei Hervagen vom ehemaligen Priester und Astrologen Nicolaus Pruckner (auch: Prugner, um 1500–1557)355 herausgegebenen Sammlung astrologischer Texte, deren langer Titel hier anklingt. Sie beginnt nach einem terminologischen Glossar mit dem, im Gegensatz zum philologischen Maniliuskommentar des Scaliger, rein auf die praktische Sterndeutung ausgerichteten Firmicus-Kommentar des Herausgebers. Es folgen drei dem Ptolemäus zugeschriebene Schriften sowie die Werke, auf welche Furichius in seiner Scholie hindeutet, wobei dem genannten Omar die Schrift Omar de Natiuitatibus Lib[ri] III entspricht. Die Sammlung schließt mit dem Text des Manilius.356 Es ist anzunehmen, daß Furichius dieser Band – und damit 351 352 353

354

355 356

Vgl. F. Kluge (1989), S. 321. Vgl. J. Mädler (1873), Bd. 1, S. 85–103; u. B. Waerden (1980). Vgl. »nam tuae blanditiae mihi sunt, quod dici solet,/ gerrae germanae, αἱ δὲ κολλῦραι λύραι.« (PLAVT. Poen. 1, 1, 8 f.); u: »nunc enim esse negotiosum interdius uidelicet Solonem,/ leges ut conscribat, quibus se populus teneat. gerrae!« (PLAVT. Asin. 3, 3, 9 f.). Vgl. Zedler 1 (1732), Sp. 1292; ebd., 3 (1733), Sp. 1530; ebd., 20 (1739), Sp. 1116; ebd., 60 (1749), Sp. 1145; sowie Thorndike 5 (1994), S. 322 f. Vgl. L. Keller (1888). Vgl. im Literaturverzeichnis N. Pruckner (1533); u. E. Zinner (1941), S. 180, Nr. 1533.

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diese Ausgabe des Firmicus – während der Niederschrift der Chryseis vorlag. Als weitere Gegner der Weissagung aus den Sternen nennt Furichius zunächst Joseph Justus Scaliger und den Renaissancephilosophen Pico della Mirandola (1463–1494), welcher mit seinen unvollendeten Disputationes adversus astrologiam divinatricem versuchte, dem Spuk ein Ende zu bereiten.357 Diesen folgt als ›Mornaeus‹ der als Politiker, religiöser Schriftsteller sowie als reformierter Mitbereiter des Edikts von Nantes bekannte Philippe de Mornay (1549–1623).358 Die Reihe schließt mit ›Johannes Smetius‹. Bei letzterem scheint es sich jedoch nach dem Epitethon ›Medicus et Melicus‹ – ›Arzt und lyrischer Dichter‹ um einen anderen als den einzig auffindbaren ›Johann‹ zu handeln, denn dieser war ein recht unbedeutender Pastor aus Nijmegen, welcher dort 1645 verstarb.359 Näher liegt, daß Furichius sich hier auf Henricus Smetius, genannt ›à Leda‹ bezieht. Es ist dies ein 1537 in Flandern geborener Mediziner und Dichter, der bereits als Jugendlicher das Griechische und Lateinische vollkommen beherrschte. Er studierte in Löwen, Rostock und Heidelberg und wurde 1561 in Bologna zum Doktor der Medizin promoviert. Er praktizierte zunächst in Antwerpen und wurde später der Leibarzt von Friedrich III. Kurfürst von der Pfalz. 1585 wurde er als Professor nach Heidelberg berufen, wo er 1614 starb. Neben lyrischen Texten, lateinischen Übertragungen griechischer Texte, schrieb er zahlreiche medizinische Lehrschriften.360 [S. 3] 1–2 Ipsae etiam Parcae … feruntur] Das Bild der an den Himmel gewanderten Schicksalsgöttinnen findet sich nicht bei Manilius. Conti verweist darauf, daß die Parzen, da sie nun einmal den Lebensfaden spinnen, die Geburtsumstände eines Menschen, sein ›fatum‹ versinnbildlichen, also auch, wobei er einen gewissen Einfluß der Gestirne keineswegs abstreitet, die astrologische Nativität.361 Daß die Parzen sich nun am hellen Firmament niedergelassen hätten, steht in scharfem Kontrast zu ihrem klassischen Aufenthaltsort: »Hae dictae sunt in spelunca quadam obscura habitare solitae« (Conti, S. 108). 357 358

359 360

361

Vgl. B. Copenhaver (1999b), S. 19. Vgl. die Monographie H. Daussy (2002); sowie R. Evans (1997), S. 7, 16, 139, 143; neben älteren Darstellungen wie Z.: Mornay, Philippe de. In: NBG 36 (1865), Sp. 617–623; Zedler 21 (1739), Sp. 1726–1730. Vgl. Jöcher 4 (1751), Sp. 644 f.; Kestner, S. 793 f.; Zedler 38 (1743), Sp. 96 f. Vgl. W. Kühlmann u. J. Telle (1985), S. 277–281; ein Auszug aus dem lyrischen Werk und eine Kurzbiographie in W. Kühlmann u. H. Wiegand (1989), S. 138–147 u. 291 f. Vgl.: »Dictae sunt Parcae stamina de colo nascentibus detrahere, quibus vniversa vitae fortuna continentur: quia pro primo aeris temperamento, quem nascentes infantes imbiberunt crediti sunt à philosophis et mores, et fortunam, et actiones, et vim etiam vitalem habere et haurire […] Fatum siue Parcam appellarunt illud […] Illud sanè non negauerim plurimum posse in nobis aeris vim, quo nascentes primum imbuimur, tum ad vires corporis, ad temperamentum, et ad fortunae benignitatem, quam imprimit in nobis occulta vis siderum« (Conti, S. 108).

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C. Kommentar

GL. 2 Astrologiae vel potius ᾽Αϲρομαντέιαϲ vanitas] bezieht sich auf die Verse 1–6, in welchen auf die Auswüchse der ›Sterndeuterei‹ eingegangen wird. Das griechische ἀϲρομαντέια ist geringschätziger als ἀϲτρολογία, von welcher sich zur Entstehungszeit der Chryseis die Astronomie noch nicht gänzlich als Wissenschaft abgegrenzt hatte.362 6 Satrapasqué polo] Furichius erklärt den Begriff ›Satrapas‹ erst im 4. Buch der Chryseis durch GL., S. 53, v. 8. Es wird hier auf den von im dritten und vierten nachchristlichen Jahrhundert von Neuplatonikern wie Plotin, Porphyrius und Iamblichus theoretisch ausgearbeiteten und begründeten Zusammenhang zwischen Astrologie und Magie angespielt. Die Planeten werden in dieser – in der Renaissance zuerst von Marsilio Ficino und seinem Schüler Pico della Mirandola erneuerten – Tradition nicht nur als Götter, sondern als Dämonen angesehen. Jenen wiederum ist eine, in ihrem Umfang je nach Neuplatoniker unterschiedliche, Hierarchie anderer Dämonen unterstellt. Alle sind sie Intelligenzen, die gleichsam persönlich walten, sich offenbaren und auch beschworen werden können.363 So schreibt Agrippa von Nettesheim in 16. Kapitel des 3. Buches von De occulta philosophia, das allgemein das Wesen der Dämonen betrachtend, über deren ›supralunare‹ Art: »similiter pro aliarum stellarum tam nomine quàm uirtute uarios daemones cognominant: et quia ueteres astrologi quinque supra quinquaginta adferebant motus, hinc totidem illis adinuenerunt intelligentias, siue daemones« (Nettesheim, S. 239 f.) Zu diesen gehören auch die, in den hermetischen Schriften so zum ersten Mal bezeichneten, ›septem mundi gubernatores‹ – die sieben Planeten.364 Von ihnen etwa ist zu Beginn des Pimander die Rede: »Cumqué [homo] omnium in se potestatem habere opificia septem gubernatorum animaduertit.« (Pimander, S. 1817) GL. 7 Meteora] Mit ›meteora‹ werden üblicherweise die ›Lufterscheinungen‹, also die Naturerscheinungen zwischen Himmel und Erde bezeichnet. Mit ihnen beschäftigt sich etwa die Meteorologie des Aristoteles. Eine alchemische Meteorologie stellt das 2. Buch (der zweite Tag) in Michael Maiers alchemischem Dialog Septimana Philosophica dar.365 Hier nennt Furichius von den ›Meteora‹ die ›Wolken‹ (›nubes‹) und darüber in den Versen 8 f. die ›Kometen‹. 12 Lybiae quot littus arenas] Daß Lybien, welches ab dem zweiten Buch (vgl. CHRYS. S. 13, 0 »FO rte peragravi Lybiae deserta remotas«) der Handlungsort der Chryseis ist, hier im astrologischen Kontext Erwähnung findet, 362 363 364

365

Vgl. I. Kelter (1999). Vgl. B. Copenhaver (1999a). Vgl. auch das 59. Kapitel des 2. Buches, welches beginnt: »Praeterea septem illos mundi gubernatores (ut uocat Hermes) Saturnum, Iouem, Martem, Solem, Venerem, Mercurium et Lunam [etc.]« (Nettesheim, S. 204). Vgl. MAIER Sept., S. 34–66.

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liegt auch daran, daß das Land noch vor Ägypten die Sternkunde hervorgebracht haben soll. Die Natur soll dies begünstigt haben, indem der wolkenlose lybische Himmel geradezu zur Beobachtung eingeladen hat.366 S. 3, 15–17 Vt primùm Deus ossa hominis, ceu rudera, terrâ/ Formâit madidâ … Siculis Steropes] SCHOL. 15 weist den Ursprung dieser Vorstellung, daß der Mensch geschaffen wurde aus Erde und Feuer, Plato zu: ›Platonis figmentum est‹. Daneben wird auf Hippocrates De Carnibus 11, 32 verwiesen. Jenen Abschnitt gibt es nicht. 18–19 Vtque recocta … motus mediante liquore] Furichius unterstreicht den Bezug auf die Funktionweise der Gelenke einerseits über GL. 18, in welcher er auf Galens Kommentar zu der Schrift des Hippokrates über die Gelenke verweist, andererseits führt er über GL. 19 (› Paracelsus barbarâ voce Synoviam vocat.‹) die Einführung des Begriffs ›Synovia‹ für die Gelenkschmiere durch Paracelsus an.367 Hinzuzufügen ist, daß die Verbindung von ›recoquere‹ und ›ossa‹ – von ›wiederaufkochen‹ und ›Knochen‹ – eigentlich nur in Verbindung mit Medea gebraucht wird; so in der Argonautica des Valerius Flaccus, in welcher es über die Zauberin heißt: »Recoquit fessos aetate parentes«368. Das nämliche Mythologem interpretiert bereits Petrus Bonus im 11. Kapitel der Pretiosa Margerita novella alchemisch: »Et hoc est fabula ejusdem illius senis, volentis rejuvenescere, quem Medea docuit, membra sua omnia anatomia dividi, et decoqui in aqua usque ad perfectam decoctionem integrè, et non ultra, et tunc membra omnia in suis locis glutinarentur, et esset factus juvenis: sed cum custos dormiret, in complemento decoctionis integrae, resoluta sunt omnia membra in fumum et non reviviscit, etc.« (Bonus, S. 43). 26–32 Vt pater Oceanus … Eridanus] Der Gott Oceanus, Sohn des Himmels und der Erde (»Coeli et Vestae, quam terram nonnulli vocarunt«) als in Orphischer Tradition Vater aller Götter wie auch als Vater aller Flüsse. 366

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Vgl. Zedler 18 (1738), Sp. 1414: »Sie [die lybischen Weisen] seyn die ersten gewesen, die, weil es bey ihnen immer heiter Wetter, die Astronomie aufgebracht. Sie haben am ersten angemercket, daß der Mond kein eigenes Licht habe, sondern es von der Sonnen empfange. Sie seyn auch die ersten gewesen, welche die Planeten, ihren Lauff und Würckung beobachtet, bestimmt und benahmset, von welchen es erst die Egypter gelernet«. Vgl. etwa Paracelsus 5 (1931), S. 31: »dico autem quod podagra cum speciebus suis, dolorem talem non parit, nisi tactum sit gluten, quod synovia apud chirurgicos appelatur.«; oder auf deutsch Ebd., S. 138: »Nun ist aber ein ander generation vorhanden, die uber die ander all ist mit herti und schmerzen, und ist die. der gluten, der bei den alten wundarzten synovia heißt, der ist zech und ein leim gleich dem eierklar.« Vgl. Gesner 4 (1749), Sp. 96. In modernen Ausgaben lautet die Stelle anders: »mutat agros fluviumque vias, suus alligat urgens/ cuncta sopor, recolit fessos aetate parentes« (VAL. FL. 6, 443 f.) Conti, S. 426–428. So bereits PLIN. nat. 2, 166: »est igitur in toto suo globo tellus medio ambitu praecincta circumfluo mari«; vgl auch MACR. somn. 2, 9.

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C. Kommentar

Mit diesem, seinen Söhnen teilt er die vom Mond erhaltene beständige Bewegung und teilt sie ihnen mit (»Est enim non minùs Oceani, quam fluuiorum perpetuus motus, cùm modò affluat, modò refluat; quod fieri ad Lunae cursum nonnuli arbitrantur«), denn er ist ›jene Wassermasse, welche die Erde von allen Seiten umgibt‹ – »illa aquarum moles quae terram vndique circumdat.«369 Im folgenden nennt Furichius einige jener Söhne, die Ausflüsse des Oceanus selbst sind. GL. 27 Nutritio] Neben der Vergleichspartikel ›ut‹ (›ut pater Oceanus‹) streicht Furichius den hier ausgebreiteten Vergleich von Mikro- und Makrokosmos – des Blutkreislaufes im menschlichen Körper und des Wasserkreislaufes auf der Erde370 – mit dieser Glosse heraus. Die Bildlichkeit von Wasserläufen und der Adern wird seit jeher füreinander verwendet. Zugleich sind die Adern im Inneren der Erde, da ›nutritio‹ ebenso ein naturkundlicher Fachbegriff ist, auch die Adern der Metalle, welche sich im Alchemo-Paracelsimus nähren wie sie auch wachsen. Thomas Erastus, als entschiedener Gegner Hohenheims, faßt sie wie folgt zusammen: »Est autem haec suffectio partium deperditarum: siue alimenti transmutati vnio [sic] naturalis. Quae ergo verè nutriuntur, alimentum ad se attrahunt, intra se concoquunt, concoctum distributumqué particulae singulae, etiam minimae, transmutant, ac deinde vniunt, vt idem fiat eum eo, cui additum fuit. Haec est vera nutritionis natura, et nominis huius significatio. Sed noua nunc nobis addiscendam video grammaticam. Quippe vna est (iuxta Paracelsum) in illis etiam, quae verè non nutriuntur.« (Erastus, S. 262). 28–32 Niliacis alveîs … Eridanus] Macrobius beschreibt in seinem Kommentar zum Somnium Scipionis die Suche nach den Quellen der Flüsse Nil, Eridanus, Hister und Tanais371 – bei Furichius steht an seiner statt der Ganges – als Analogie zum Erkennen der Ursachen und Ursprüngen in der Natur wie auch im Seelenleben des Menschen:372 28 Niliacis alveîs] An erster Stelle der Nil, wobei Furichius ausführlich auf dessen vermutete Quellen eingeht: unter dem Wendekreis des Steinbocks wie auch dessen Mündung(-en) (›ultraque alterum tropicum‹) unter einem ›zweiten Wendekreis‹ – nämlich des Krebses. Hierbei wird auf die ›Exercitatatio XLVII. De Nili incremento‹ in Iulius Scaligers De subtilitate verwiesen. Dort heißt es unter anderem: »Et eadem situs proportio fontium sub Capricorno, et faucium sub Cancro« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 168). 370

371 372

Zum Menschen als Mikrokosmos als Zentralvorstellung des Paracelsismus vgl. CP 2, S. 475, 555 et passim. Als wichtige Schrift hierzu gilt die ›Astronomia magna oder die ganze Philosophia sagax der großen und kleinen Welt‹, welche 1571 von Michael Toxites herausgegeben wurde. Der heutige Don. Vgl. MACR. somn. 2, 16, 24–26.

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Dann nennt Furichius, unter Verweis auf Plinius,373 die unterschiedlichen Namen des Flusses bei den verschiedenen Völkern, bevor er noch die in Dialogform abgefaßte Schrift De medicina Aegyptiorum libri quattuor (Venedig 1591) des bedeutenden, italienischen Arztes und Botanikers Prospero Alpino (1553–1616) – er beschreibt unter anderem als erster Europäer wissenschaftlich die Kaffeepflanze – anführt. Alpinos Schriften über die Flora und, soweit sie pharmakologisch verwertbar ist, Fauna Ägyptens stützen sich auf Material, das er 1581 bis 1584 in Alexandria und Kairo sammeln konnte.374 Furichius bezieht sich hier auf das 8. Kapitel ›De aeris mutatione ex ventorum Septentrionalium spiratione, atque ex augmento flumins Nili.‹ des 1. Buches.375 Zudem geht Alpino noch auf die medizinische Anwendung des Nilwassers ein. 29 Euxinum … Istrum] An zweiter Stelle die Donau (›Ister‹), welche sich ins Schwarze Meer – ein Teil des Alles Umgebenden Oceanus376 – einströmt. Das Schwarze Meer wird hier nach seinem üblichen Epitheton als εὔξεινον das ›gastliche, gastfreundliche‹ bezeichnet. Boccaccio schreibt darüber im geographischen Anhang seiner Genealogia: »Euxinum mare est quod uulgatori uocabulo pontum dicimus.« (Boccaccio, S. 159r). Über den ›Pontus‹ heißt es in Ovids Tristia: »cum maris Euxini positos ad laeva Tomitas/ quaerere me laesi principis ira iubet.« (OV. trist. 4, 10, 97 f.). 30 ortum … Gangen] Im Osten der, seit dem Zug Alexanders des Großen, legendäre Ganges; vgl. zu diesem PLIN. nat. 6, 65–70. 31 Hesperias … ad oras,/ Dicitur Eridanus] Der poetische Name des Flusses Po, lateinisch ›Padus‹, dessen Quellen in der Unterwelt vermutet wurden: »Eridanus fluuius est italiae celeberrimus apud graecos aliasque nationes omnem cisalpinam irrigat galliam: et quoniam hic idem et padus est […] Fingunt graeci hunc apud inferos natum: et in terras ac superos euasisse.« (Boccaccio, S. 148v). Von Einigen wird er als mythische Gestalt mit Phaeton, der mit dem Sonnenwagen verunglückte Sohn des Phoebus und der Clymene, gleichgesetzt, da dieser bei der Poquelle aufschlug: »Est autem in regione Celtarum locus ille, in quem cecidisse Phaeton dicitur: vbi scatent fontes Eridani […] Quidam crediderunt dictum fuisse ab illo incendio Phaethontem cognomine, cùm priùs Erdianus diceretur, à quo etiam fluuius nomen obtinuit.« (Conti, S. 298).377

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374 375 376

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Vgl. PLIN. nat. 5, 48–59. Dort werden ausführlich über den Nil gehandelt. Die unterschiedlichen Bezeichnungen durch die dort lebenden Stämme ebd. 5, 53. Vgl. G. Lusina (1960). Vgl. P. Alpino (1591), S. 11v – 14r. Vgl. »Ad Septentrionem et ad oppositam huic regionem mare Ponticum et glaciale nuncupatur« (Conti, S. 427). Vgl. auch PLIN. nat. 3, 117.

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C. Kommentar

[S. 4] 1 agrorum latitantia semina] Von Furichius präzisiert durch die GL. ›Μεταλλών‹ – also: ›die in den Äckern verborgenen Samen der Metalle‹. Zur Bildlichkeit des Ackerbaus in der Alchemie vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 5, 15–29. 2–9 Nec sat erat … rabiem detersit inanem] In diesem Abschnitt blendet Furichius das Eiserne Zeitalter, wie es in OV. met. 1, 127–150 geschildert wird, und den Schrecken über den Raub der Proserpina, wie CLAVD. rapt. Pros. 2, 186–246 ihn darstellt, übereinander: 2–3 Nec sat erat … hianteis] Das nimmerzufriedene Menschengeschlecht zitiert das Anbrechen des schlechtesten, vierten Zeitalters in den Metamorphosen: »vela dabat ventis, nec adhuc bene noverat illos/ navita, quaeque diu steterant in montibus altis,/ fluctibus ignotis insultavere carinae, […] nec tantum segetes alimentaque debita dives/ poscebatur humus, sed itum est in viscera terrae,/ quasque recondiderat Stygiisque admoverat umbris,/ effoditur opes, inritamenta malorum;« (OV. met. 1, 132–140). 4–9 Cybele … detersit inanem] Cybele: eine Göttin, in der sich im Laufe der Zeit viele Einzelgottheiten sammeln. Daher erscheint sie unter vielen Namen. Conti führt sie unter dem griechischen ›Rhea‹ und Giraldi unter ›Ops. Rhea‹378 – Sie ist Tochter von Himmel und Erde, Gemahlin des Saturn, Mutter Jupiters. Bei Claudian verstummt auf ähnliche Weise das Gefolge der Cybele, als sie von Ceres aufgesucht wird: »terribiles intus thiasi vaesanaque mixto/ concentu delubra gemunt; ulultatibus Ide/ bacchatur; tumidas inclinant Gargara silvas./ postquam visa Ceres, mugitum tympana frenant;/ conticuere chori; Chorybas non inpulit ensem;/ non buxus, non aerea sonant blandasque leones/ summisere iubas.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 206–212). In der Chryseis verstummt nun all dies, da der Mensch sich daran macht, in die Erde einzudringen. Die hierbei aufgeführten Mythologeme sind im einzelnen: 5 fulvis inhibebat frena leaenis] Sie fährt auf einem, je nach Dichter zwei- oder vierspännigen Löwenwagen.379 Ein ausdrücklich von Löwinnen (›leaneae‹) gezogenes Gefährt wird in den hier verwandten Mythologien, wie auch bei Valerian, nirgends verzeichnet; Ricciardi (vgl. Bd. 1, S. 340v) verweist nur auf Stellen des Alten Testaments. Jedoch ist es angemessen, weiblichen Gottheiten weibliche Tiere an die Seite zu stellen wie auch zu opfern. 378

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Vgl. hierzu Conti, bei welchem sie (S. 500–505) unter ›Rhea‹ behandelt wird: »Haec eadem Dea vocata fuit variis nominibus nam et Proserpina, et Isis, et Cybele, et Idaea, et Berecynthia, et Tellus, et Rhea, et Vesta, et Pandora, [etc.]« (Conti, S. 503); beziehungsweise Giraldi, S. 186–203. Bei Boccaccio steht sie unter dem römischen Namen ›Ops‹ (vgl. Boccaccio S, 23rf.). Im DNP nun wird man bei ›Rhea‹ auf den ausführlichen Artikel zu ›Kybele‹ verwiesen. Vgl. Boccaccio, S. 23r; u. Conti, S. 501.

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6 Non emittebant ululatus Moenades] Nach der Göttin kommt ihr Gefolge; zunächst ihre heulenden Priesterinnen, die Mänaden. Die Bezeichnung wird bereits bei Catull von den Rasenden im Gefolge des Bacchus auf diejenigen im Zug der Rhea übertragen: »sequimini/ Phrygiam ad domum Cybe[l]es, Phrygia ad nemora deae, […] ubi capita Maenades vi iaciunt hederigerae« (CATVLL. 62, 19–23). 7–9 Tibia … cymbala … rabiem detersit inanem] Es folgt die Schar der Corybanten, ihrer kastrierten, sich wie wahnsinnig gebärdenden, lärmenden Priester: »Huiusce Deae famuli et Curetes et Corybantes vocati sunt: nam cùm insaniam, ac beluinam quandam rabiem imitarentur, vocati sunt Corybantes à iacendis capitibus insanorum more.« (Conti, S. 502). Das übliche Instrument bei den Feierlichkeiten ist die Handtrommel ›tympanum‹, desweiteren ertönen neben Hörnern die hier genannten Flöten (»cum magno tibiarum cornicumqué stripitu«, Conti S. 501), und es krachen die Zimbeln.380 11 Hinc aurum fulsit] Furichius verweist in seiner SCHOL. auf den Scaliger der Exercitationes und zugleich auf den, dort diesbezüglich als Unfug abgetanen, Timaeus-Kommentar des Philosophen Proklos. Diesen verfaßte jener Vorsteher der neuplatonischen Schule von Athen (412 bis 485 n. Chr.) im Jahr 439, jedoch stellt der Timaios-Kommentar nur einen Bruchteil von dessen – er wird der letzte Universalgelehrte der Antike genannt – gewaltigem philosophischen und theologischen Werk dar.381 Im Zuge der Kommentierung von Plato Ti. 18b, wo es darum geht, daß die ›Wächter‹ des Idealstaates weder Gold noch Silber besitzen sollen, spricht Proklos über die Zugehörigkeit von Metallen und Planeten (vgl. Procl. in Ti. 1, 14b). Bei Scaliger richtet sich der Blick Furichius’ auf den ersten Abschnitt der 106. Exercitatio ›Quae de Metallis‹ und damit gegen die dort vehement vertretene Meinung, die Zusammengehörigkeit der sieben Planeten und der sieben Metalle sei das Geschwätz der ›Kohlebrenner‹ – einer von Scaligers üblichen Schimpfnamen für Alchemiker. Also beginnt er seine Schelte: »Solae adductae fabulae è carbonariis, secundum quorum sententiam tot [metalla] existere scribis, quot sunt Planetae numero. Quas ineptias Proclus quoque aut secutus est, aut instituit in Timaeo. [etc.]« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 386 f.). Furichius aber fühlt sich für dieses Mal genötigt diesem seinem ›Helden‹ zu widersprechen: ›Ohne trotzdem einen solchen Heroen anzugreifen, werden wir nicht finden, daß dies auf unpassende Weise geschieht, sobald wir tiefer einen Blick in die Natur der Metalle werfen. Womöglich wird sich einmal die Gelegenheit ergeben, Mehreres über dies auszuführen, wenn jemand einen Anlaß darböte.‹ Abschließend referiert er nochmals aus Scaliger, der als Beispiel für eine an380 381

Vgl. Conti, S. 504. Vgl. H. Saffrey (2001).

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C. Kommentar

dere Zuweisung der Metalle die Chaldäer heranzieht, diese weisen der Venus das Messing zu: »orichalcum, ne sis nescius, attribuunt Chaldeaei. Hoc ex Raziele habemus in bibliotheca nostra.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 387). Das Buch Raziel – oder: Sepher Raziel, hoc est, Liber Angelorum – genießt den Ruf eines der ›gefürchtetsten magischen Werke des lateinischen Mittelalters‹ – seinen Namen hat es vom Engel ›Raziel‹, der Adam im Paradies in die Geheimnisse der Schöpfung einweiht. Albertus Magnus erwähnt diese Sammlung von sieben ursprünglich wahrscheinlich hebräischen Texten in seinem Speculum astronomicum bereits um 1260. Es scheint nur als Manuskript kursiert zu sein.382 Nachdem er sich derart abgesichert hat, fährt Furichius in den Versen der Chryseis mit der üblichen Zuweisung der sieben Metalle, wie er auch in GL. 10 betont, fort. 11 generoso sulphure turgens] Das Gold strotzt vom ›Schwefel‹. Der alchemische Schwefel ist hier eines der beiden – bei Paracelsus und seinen Nachfolgern kommt als drittes ihrer ›Tria prima‹ das ›Salz‹ hinzu383 – bei der Entstehung der Metalle wirkenden Prinzipien (›Sulphur‹ und ›Mercurius‹ und/oder ›Sal‹).384 Hier ist er das »principium formatiuum«, welches den Metallen die Gestalt verleiht, als »informator uim plasticam habens«.385 14 Triste illinc plumbum] Das Blei als dem Planeten der Melancholiker unterstelltes Metall.386 15 Cypridos] Venus nach ihrer wichtigsten Kultstätte als ›Zyprierin‹. An den Gestaden der Insel betrat die Schaumgeborene das Land.387 Auch das ihr zugehörige Kupfer ›cuprum‹ leitet sich von der Insel ab: »Cyprium aes in Cypro insula prius repertum, unde et vocatum« (ISID. orig. 16, 20, 2); und Maier in seinen Arcana arcanissima: »vnde et Cypria cognominatur, aeri quasi Cyprio praefecta.« (Maier Arc., S. 111). 16–20 vivax ebullijt unda … mandata deorum] Das Quecksilber – ›argentum vivum‹ hier in Gestalt der Figura etymologica als ›unda vivax‹ – 382

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Vgl. S. Gentile (1999), S. 230–237. Dort werden bis ins späte 17. Jahrhundert nur Handschriften aufgeführt. Vgl. CP 1, S. 247; sowie die Zusammenfassung Adam von Bodensteins ebd., S. 307 f. Vgl. L. Abraham (1998), S. 176 f.; u. Ernsting, S. 243 u. S. 290: »der Schwefel, ist eines von dem dreyen so genannten primis principiis Chimicorum«. Vgl. Ruland, S. 454 f. Zur inzwischen unüberschaubaren Literatur zum Thema ›Saturn und Melancholie‹ sei verwiesen auf Klibansky, Raymond; Panofsky, Erwin Panofsky; u. Saxl, Fitz: Saturn und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Religion und der Kunst. Übers. von Christa Buschendorf. Frankfurt a. M. 1990; und auf den dem Andenken Klibanskys gewidmete Ausstellungskatalog von Clair, Jean (Hg.): Mélancolie. Génie et folie en Occident. Paris 2005; sowie T. Reiser (2007b), S. 143– 145; zum Verhältnis zwischen Alchemie und Melancholie in der Renaissance auf N. Brann (1985); aufschlußreich für das Melancholieverständnis im deutschen Späthumanismus und an der Straßburger Akademie der Zeit W. Kühlmann (1982), S. 267–283. Vgl. Conti, S. 202.

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wird in seinem geschwinden Hin- und Herfließen (›errare utrò citròque‹) seiner mythologischen Entsprechung ›Mercurius‹ als Sohn des Jupiter und der Maja verglichen.388 Antonomastisch als ›Maia genitus‹ kennt man ihn etwa aus VERG. Aen. 1, 297: »Haec ait et Maia genitum demittit ab alto«; oder CLAVD. rapt. Pros. 1, 76 f.: »Tum Maia genitum, qui fervida dicta reportet,/ imperat acciri.«. 27 – S. 5, 14 Ipse Iovis currus … summum mucronis acumen] Wie in SCHOL. 27 angegeben hat der französisch aufgewachsene Furichius ›diese [Mythen] aus Pierre Ronsards, des unvergleichlichen französischen Dichters, Hymnus vom Gold frei entnommen.‹ Gemeint ist Pierre de Ronsards (1524–1585) dem Freund Jean Dorat, latinisiert ›Auratus‹ (gest. 1588), gewidmete Hymne de l’Or – »Je ferois grande injure à mes vers et à moy,/ Si en parlant de l’Or, je ne parlois de toy/ Qui as le nom doré mon Dorat« (v. 1–3).389 Diese Hynme ist nicht alchemischen Inhalts sondern singt ironisch ein Loblieb auf die Macht und die Möglichkeiten, welche das Gold im allgemeinen wie im besonderen verleiht, wobei im Gegenzug die Armut übel geschmäht wird. Furichius bezieht sich hier auf die Verse 263 bis 312. Dort finden sich die antiken Götter zum Wettstreit zusammen, wer von ihnen den größten Reichtum besäße. Nachdem jeder aufgetreten ist und man soeben Neptun den Preis zusprechen will, erscheint Mutter Erde und »[o]uvrit son large sein, et au travers des fentes/ De sa peau, leur monstra les mines d’Or luisantes« (v. 275 f.). Zutiefst beeindruckt sprechen die anderen ihr den Sieg zu, nur um sie sogleich zu bedrängen, ihnen etwas von diesem Reichtum zuteil werden zu lassen. Furichius bedient sich freizügig bei Ronsard und variiert stark; sowohl hinsichtlich der Abfolge und Anzahl der Gottheiten wie auch mit Blick auf deren Attribute. In der Hymne ziert als erster Jupiter nicht seinen Wagen und sein Haupthaar mit Gold sondern »son throne,/ Son sceptre, sa couronne« (v. 291 f.). Doch schließt bei Furichius (vgl. CHRYS. S. 5, 13 f.: »Iustitia ipsa etiam lances illo aere gemellas/ Curavit fieri et summum mucronis acumen.«) wie bei Ronsard, welcher auf deren Käuflichkeit anspielt, die Reihe mit Iustitia: »Et mesme la Justice à l’oeil si renfrongné/ Non plus que Jupiter ne l’à pas dédaigné:/ Mais soudain cognoissant de cest Or l’excellance/ En fist broder sa robe, et faire sa Balance.« (v. 310–312). Weitere Abweichungen und Gemeinsamkeiten – im Zuge lexikalischer Erklärungen – sind: 29–32 Mundum Iuno suum … hôc tingere fuco] Iuno wird traditionell mit einem Pfauenwagen dargestellt – die Pfauen-Augen waren ursprünglich die Augen des von Merkur listig getöteten Riesen Argus.390 Hier werden 388 389 390

Vgl. zum Gott Mercurius: Conti, S. 235–242. Hier und im folgenden zitiert nach P. Ronsard (1994), Bd. 2, S. 580–594. Vgl. OV. met. 1, 720–723: »Arge, iaces, quodque in tot lumina lumen habebas,/ ex-

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C. Kommentar

neben dem üblichen Putz der Göttin und dem Gefährt auch die Schnäbel der Vögel vergoldet. Bei Ronsard schmückt sie wie ihr Gatte ihren Thron und ihre Schuhe: »et Junon la matrone/ Ainsi que son espoux son beau throne en forma/ Et dedans ses patins par rayons l’enferma:« (v. 292–294). 33 Mars Siculum petijt Rhodopeius antrum] Der ›Rhodopeische Mars‹ ist, nach dem Berg ›Rhodope‹ mitten in Thrakien benannt,391 der ›Thrakische Mars‹. Mars wird als ›Thraker‹ bezeichnet, da er zum einem bei den Thrakern, vor allem in der Stadt Creston, über alle Maßen verehrt wurde, auch der Liebeshandel mit Venus fand in Thrakien statt – »apud Thraces eximiè colebatur Mars […] Est etenim Crestone Thraciae ciuitas, ac Deus Thracum Mars« (Conti, S. 82). Die ›Sizilische Grotte‹ ist, wie schon erwähnt, der Ort der Schmieden des Vulcanus. In der Hymne d’Or schmückt Mars ebenso seine Waffen: »Mars en fist engraver sa hache et son boucler« (v. 305). S. 5, 10 Atque strias arcus] Die ›Kanneluren‹ des Bogens; auffällig ist hier die Verwendung eines hauptsächlich aus der Architekturtheorie Vitruvs (vgl. VITR. 4, 4 et passim) bekannten Begriffs für die erhabenen Verzierungen an der Waffe des Liebesgottes, welches sich so nicht bei Ronsard finden; dort nur: »Amour en fist son trait« (v. 301).392 Bis zur frühen Neuzeit hatte sich der Begriff ›striae‹ jedoch auch zur Bezeichnung der Rillen auf der Muschelschale eingebürgert; so geht etwa Julius Caesar Scaliger in der 220. Exercitatio auf die ›Concharum striae‹ ein.393 [S. 5, Fortsetzung] 15–29 Haec ita mortales … immenso robore vires] Über GL. 15 ›Alchymia‹ wird bereits hervorgehoben, daß die in diesem Abschnitt stehenden Bilder des Ackerbaus allesamt alchemische Bedeutung haben; neben dem direkten Verweisen auf die Gerätschaften des Alchemikers in den Versen 23 f. Bilder aus dem Bereich des Ackerbaus sind der alchemischen Literatur allenthalben anzutreffen.394 Im Traktat Gloria Mundi wird die Analogie erläutert: Der Alchemiker wird als ein ›arator‹ bezeichnet, der eines reinen/unberührten Ackers (›terra‹) bedarf wie auch der Feuchtigkeit oder des Regens; das heißt: ›aqua Mercurii‹. Dieses sorgt sorgt dafür, daß die ebenso reine/unberührte Saat – von verbundenem ›Mercurius et Sol‹ – sich auflöst und wiederersteht (›putrescat et iterum reviviscat‹). Zur Reife gelangt die Pflanze dann durch die Wärme der Sonne (›solis calore, ut ad

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394

stinctum est, centumque oculos nox occupat una./ excipit hoc volucrisque suae Saturnia pennis/ conlocat et gemmis caudam stellantibus implet.« Vgl. »Rhodope mons thracie mediterraneus est« (Boccaccio, S. 138v). Vgl. L. Callebat (1995), S. 220. Vgl. SCALIGER Exerc. ad Card., S. 662 f.; vgl auch »STRIAE columnarum. v[el] colomnarum striae siue cauaturae« (Ricciardi, Bd. 2, S. 225v). Vgl. den Kommentar zum 6. Emblem, das einen Goldmünzen sähenden Bauern darstellt, der ›Atalanta fugiens‹ Michael Maiers in H. De Jong (1969), S. 81–87.

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maturitatem perveniat‹) und bringt reiche Ernte (›fructus fert mulitplices‹).395 Die im folgenden häufige Verwendung von Bildern des Ackerbaus in der Chryseis mag auch damit zusammenhängen, daß Furichius – wie er in den Scholien angibt396 – Vergils Lehrgedicht über den Landbau Georgica bei der Abfassung seiner Chryseis im Hinterkopf hatte. GL. 30 Propositio] Hier als »Πρόθεϲιϲ, propositio argumenti, qua narratur res, cuius in sequentibus demonstratio additur.« (Ernesti: Gr., S. 290). S. 6, 4 alter Palinurus] Palinurus, der Steuermann des Aeneas wird, damit dessen Schiff am Felsen der Sirenen scheitert, von Somnus eingeschläfert und geht über Bord. Als Aeneas dessen inne wird, kann er gerade noch rechtzeitig das Steuer an sich reißen: »multa gemens casuque animum concussus amici:/›o nimium caelo et pelago confise sereno,/ nudus in ignota, Palinure, iacebis harena.‹« (VERG. Aen. 5, 869–871).397 5 Hac sine, cum medicus, genuit quem Pergamus olim] Die SCHOL. zu diesem Vers verweist bereits auf den von etwa 129 bis 216 nach Christus lebenden antiken Arzt Galenos aus Pergamon, der sich vor allem durch seine Kommentare zu Hippokrates, seine zeitweise Stellung als kaiserlicher Leibarzt und seine auf Sektionen beruhenden anatomischen Forschungen auszeichnete. Den Ruf als ›Atheist‹ trugen ihm vor allem seinen Schriften De demonstratione und De sententiis ein, in welchen er einen Schöpfergott entschieden in Frage stellt – ein Standpunkt, mit welchem sowohl die christliche wie auch die muslimische Rezeption ihre Not hatte.398 Hierauf nimmt auch Furichius bezug: ›Bekannt ist Galens Possenreißen gegen unseren Heiland, seine Ungerechtigkeit gegen Moses, wenn er diesen kritisiert, weil er, da er die Ursachen der Dinge behandelt, einzig den Willen Gottes lehrt, obschon er freilich dasselbe bei anderen kritisieren könnte. Wie bei Plato, welcher die Weltseele behandelt. Wie auch bei Aristoteles selbst sowie Avicenna, welche die Erzeugung aller Dinge, dieser gewissen zehn Intelligenzen, jener mehreren, zuweisen.‹ Ähnlich äußert sich auch der Tractatus aureus zu gotteslästerlichen Einlassungen der sonst unangefochtenen Autoritäten, wie des Galenus: »Absit enim ut Hermes, Pythagoras, Plato, Anaxagoras, aliique plures Chimici Philosophi, tam scabiosè et impiè loquantur de DEO, ac ipse Galenus Chymiae ignarus loquitur de Christo et Moyse.« (Tract. aur., S. 593). Ein solcher Atheismusvorwurf gilt als ›frühparacelsistisches Standardargument‹ und richtet sich ursprünglich gegen jenen ›textfixierten Arzthumanismus‹, welcher ohne den Willen zur prakti395 396

397 398

Vgl. Gloria mundi, S: 248 f. Vgl. SCHOL. [S. 57], S. 2, 25; SCHOL. [S. 65], S. 31, 8; SCHOL. [S. 66], S. 32, 30; et passim. Entsprechend W. Kühlmann (1984), S. 126, Anm. 64. Vgl. V. Nutton (1998b).

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schen Erfahrung stur an den Buchstaben des Corpus Hippocraticum und dem dieses zum Großteil kommentierenden Corpus Galenicum festhielt.399 Als Belegstelle für Existenz von Atheisten unter den alten Griechen führ SCHOL. zuletzt ›Arrianus wider Epiktet‹ an. Dies bezieht sich auf Arrianos von Nikomedeia, auch Flavius Arrianus. Dieser von ca. 85–90 bis etwa 150 n. Chr. lebende, als Römer griechisch schreibender Philosoph und Historiker, war ein Schüler des Stoikers Epiktetos (ca. 50–125 n. Chr.). Nach dessen Tod gab er dessen Vorlesungen Diatribae heraus und verfaßte mit dem Encheiridion ein Handbuch zu dessen Lehre.400 12 nulla ut primordia Mundi] Die SCHOL. verweist darauf, daß Arist. Cael. 1, 9 die Unendlichkeit des Himmels annimmt, dann fährt Furichius fort: ›Eine Verteidigung unternimmt des göttlichen Lehrers recht göttlicher Schüler Julius Caesar Scaliger Exerc. 61. s. 3‹. In dieser weist Scaliger nach, daß Aristoteles, indem er von einer ersten Ursache spricht, »[a]ngovit enim ille quoque Deum opt[imum] [maximum] esse mundi causam efficientem etiam apud Aristotelem« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 217). 13 animasqué rapi] Die SCHOL. zitiert aus der angegebenen SCAL. Exerc. 101. s. 18. Dort heißt es wortwörtlich: »nefandum illud Hippocratis deliramentum, a quo non absunt Galeni trepidationes […]« (Scaliger Exerc. ad. Card, S. 350), dann wird in der Scholie, wie bei Scaliger, aus Galens entsprechendem Kommentar zitiert: ›wenn aber aus Feuerähnlichem, wird zusammen mit der Krankheit sowohl die Seele als auch der Körper verzehrt.‹ – Kühlmann verweist in diesem Zusammenhang auf »die häretischen Theoreme des nichtchristianisierten Aristotelismus, wie sie z[um] Beispiel von Pomponazzi (1462–1525) vertreten wurden.«401 In seinem Hauptwerk, dem 1516 in Padua erschienem Traktat De immortalitate animae bestritt der Aristoteliker Pietro Pomponazzi die Unsterblichkeit der Seele. Wie zu erwarten erregte das Buch, obwohl es als rein philosophisch und nicht theologisch ausgewiesen ist, heftigen Widerstand und zog zahlreiche Gegen- sowie Verteidigungschriften nach sich.402 17–20 Icarus in medijs … in aëre ferri] Die, vor allem in der Emblematik übliche, Verbindung des Sturzes des Icarus (OV. met. 8, 183–235) mit der zum Sturz des Phaeton gehörenden Mahnung des Phoebus: »medio tutissimus ibis« (OV. met. 2, 137) – für die Einhaltung des ›rechten Mittelweges‹.403 Die Mahnung des Daedalus lautet: »instruit et natum ›medioque 399 400 401 402

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Vgl. CP 1, S. 184–187. Vgl. E. Badian (1997); u. B. Inwood (1997). W. Kühlmann (1984), S. 126, Anm. 66. Vgl. ebd.; u. J. South (1999), S. 117. Der Traktat ist verfügbar in der Ausgabe: Pomponazzi, Pietro: Abhandlung über die Unsterblichkeit der Seele. Hrsg. und übers. von Burkhard Mojsisch. Hamburg 1990. (Philosophische Bibliothek; 434). Vgl. Henkel-Schöne, Sp. 1617. Eine Anthologie zum ›Mythos Ikarus‹ von Ovid bis in die deutsche Gegenwartsliteratur bietet A. Aurnhammer u. D. Martin (1998).

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ut limite curras,/ Icare,‹ ait ›moneo, ne, si demissior ibis,/ unda gravet pennas, ni celsior, ignis adurat./ inter utrumque vola‹« (OV. met. 8, 203– 206). Die mannigfache Deutung und Verbreitung des Daedalus-Mythos im 16. Jahrhundert ist gerade an der Wirkung von Pieter Bruegels des Älteren (um 1525–1569) Gemälde ›Landschaft mit pflügendem Bauern und Ikarussturz‹ ersichtlich.404 Auch Conti bietet einen für seine Verhältnisse recht umfangreichen Eintrag: S. 407–420. Dort nennt der Mythologe den Grund für die Beliebtheit dieses Motives: »Neque alia de causa haec celebrata sunt à poetis, nisi vt demonstrarent diuitiarum et rerum omnium excellentiam nemini esse tutam: optimamqué esse mediocritatem, quae neque inuidiam secum trahat plurimorum, neque tamen contemnatur quod patitur infima hominum conditio.« (Conti, S. 420). 21–27 Nos verò ad coelos audacibus ire carinis … imas?] Dem warnenden Hinweis auf das Schicksal des Icarus stellt Furichius unmittelbar darauf in Antithese, wie aus der entsprechenden Stelle der Aurea Catena ersichtlich wird, sein eigenes, gelingendes Wagen gegenüber: »Nos verò ad caelos audacibus ire carinis/ Non formidamus« (AVR. CAT., S. 2, 9 f.). Die sich durch die ganze Chryseis ziehende Bildlichkeit der Schiffahrt und des Schiffbruchs wird hier in diejenige des Himmelssturzes geblendet.405 GL. 22 Deus ἀγραῖοϲ] Apoll als ›der die Jagd beschützende Gott‹.406 [S. 7] 2–4 et raperent Plutonia regna … Sorte Promethea, rostro fodicabit adunco] Das Schicksal des Prometheus, der an den Kaukasus geschmiedet seine Marter (vgl. CONTI, S. 164–171) erlitt, wird hier von Furichius zur Jenseitsstrafe im Reiche des Pluto, also zu seiner Bestrafung, wie sie in den Ovidischen ›sedes scelerata‹ (vgl. OV. met. 4, 447–480) stattfindet. Augurelli sieht für die Verräter an der Kunst die nämliche Strafe vor: »Caucasea meritum uolucrique et rupe Promethea,/ quam, qui hac imprudens aurum inuulgauerit arte,/ dignus erit poena simul ut multetur ultraque?« (Augurelli, 3, 447–449). 5–20 Primum igitur … sub cortice coelum.] Von Furichius in GL. 5 als ›Mixtionis doctrina‹ ausgewiesen beschreibt dieser Abschnitt, wie nach Aristotelischer Vorstellung aus den vier Elementen durch Vermischung die zusammengesetzen, homogenen Körper, beispielsweise die Metalle oder Holz, entstehen. Bei Aristoteles geschieht die ›mistio‹ durch ein fünftes Element, bei Plato durch die Weltseele und bei den Astrologen durch den Einfluß der Gestirne.407 Die Paracelsische ›mistio‹ beschreibt Erastus in 404

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Vgl. etwa zur Motivgeschichte des Sturzes und Interdependenz von literarischer Quelle und darstellender Kunst J. Mirollo (1996); u. Ch. Vöhringer (2002). Zur Schiffahrtsmetaphorik vgl. etwa E. Curtius (1967), S. 138–141; u. vor allem das erste Kapitel von M. Hardt (1966), S. 7–18. Das ihm geweihte Heiligtum in Attika bei Paus. 1, 41, 6; vgl. auch Giraldi, S. 313. Vgl. A. Lumpe (1980).

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seiner zweiten Disputatio wie folgt: »Paracelsi assignant omne hoc officium seminib[us] seu vitalibus principijs ex Orco seu abysso in lucem prodeuntibus, omni scientia seu potestate infallibili instructissimis. Haec processura sibijpsis [so] conuenientia elementa assumere, naturisqué suis congruentia corporum principia constituere: ponderibus iustis permiscere. Fieri hoc, vitalibus tincturis per omnia penetrantibus, omniumqué virtutes secum ducentibus, et validis vinculis sic componentib[us] vt in minima materiae portione quauis, sensuu[]m testimonio planè similiari, omnia illa quantumuis diuersa comprehendantur.« (Erastus, S. 211). Das abschließend verwandte ›Schale-Kern-Bild‹ wurde neben seiner allgemeinen Beliebtheit im Frühbarock besonders von den Paracelsisten polemisch wider die Galenisten gebraucht, da jene der Oberfläche verhaften blieben und somit nicht zum ›inneren Kern‹ der Natur vordrangen.408 17–18 Ars Naturae vestigia legit … retexendo stamen telamque vetustam] Der alte Topos der mimetischen Kunst,409 wird hier durch GL. 17 zur die Natur nachahmenden ›Chymia‹ – die Alchemie folgt der Natur, indem sie, nach weitverbreiteter Symbolik, deren ›Gewebe‹ wiederaufwebt.410 Darauf, daß der Alchemiker der Natur nachzuspüren habe, verwies Petrus Bonus bereits in seinem Prolog.411 Letztlich geht es hierbei, wie Augurelli ausführt, darum, der Natur abzuschauen, wie die Metalle hervorgebracht werden, und so dasselbe künstlich zu bewerkstelligen: »Iam patet his [artificibus], ut non tantum sub montibus aurum/ natura efficiat, sed ut id quoque prodeat arte;« (Augurelli 1, 108 f.). 19–20 Invenit majora illis, quae numina plebis/ tangunt] Das Größere, welches die Alchemie findet, sind wie Furichius in SCHOL. 19 mitteilt: ›Die drei Principia der Chemiker.‹ In der Aurea Catena werden sie benannt: »Sunt queis tria consignata probantur,/ Spiritus atque animae vigor et vegetabile corpus.« (AVR. CAT., S. 3, 2 f.). Was diese genau sind ist unklar. Als Vertreter verschiedener Lehrmeinungen hierzu – das heißt vor allem: zum Verhältnis der Principia zu den vier Elementen – nennt Furichius: Sennertus, Erastus, Palmarius: Daniel Sennert ist einer der bedeutendsten deutschen Ärzte. Er wurde 1572 in Breslau geboren, studierte in Wittenberg, Leipzig, Jena und Frankfurt an der Oder, wurde 1601 Doktor und 1602 Professor der Medizin in Wittenberg und später Kursächsischer Leibarzt. 1637 starb er in der Luther408 409

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Vgl. CP 2, S. 1001–1003. Vgl. L. Abraham (1998), S. 11 f. Zum ›Verhältnis von Natur und Kunst‹ im Hermetismus der Zeit vgl. W. Kühlmann (2005a), S. 87–105 – zur damit verbundenen ›Lektüre der Natur‹ gemäß der Paracelsischen Signaturenlehre vgl. ders. (2002a); sowie J. Telle (2003a), S. 10–13. Vgl. hierzu T. Burckhardt (1992), S. 36 et passim; u. W. Kühlmann (1984), S. 128, Anm. 68. Vgl. Bonus, S. 1 f. et passim.

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stadt an der lokalen Seuche.412 In seiner Schrift De Chymicorum cum Aristotelicis et Galenicis consensu ac dissensu refertiert er im 8. Kapitel ›De Elementis‹413 verschiedene Ansichten bis hin zu Paracelsus, dem er vier Principia unterstellt und diese für falsch erklärt: »Deindè, quod Paracelsus, in Labyrint. Med. errat. non ut reliqui saniores Chymici, qui tria, quae ponunt principia, vel Elementis posteriora et ex iis orta, vel ut in corporibus naturalibus constituendis socia statuunt, sua tria principia ante Elementa ponit […] Et propterea alii Chymici saniores eam defendere ausi non sunt; Sed ut modò dictum, vel tria ista Chymicorum principia ex Elementis mista esse, vel in corporibus naturalibus constituendis socia esse, sentiunt.«414 Mit Erastus ist der Heidelberger Professor und fanatische Antiparacelsist Thomas Erastus gemeint. Dieser wurde 1524 in der Schweiz geboren, studierte in Bologna Medizin und hatte ab 1558 eine Professor für Medizin in Heidelberg inne. Streitbar und streitlustig mischte er sich in religiöse Fragen und wurde zeitweise mit dem Bann belegt. 1580 ging er, um dem Luthertum auszuweichen, nach Basel, wo er 1583 starb. Er schrieb kontroverstheologische Schriften, Werke gegen Zauberkräuter und Sterndeutung. In seinen vier Disputationes De medicina nova Philippi Paracelsi (Erstdruck: Basel 1572/73) griff er heftig den nach seiner Meinung auf Teufelswerk415 gründenden Paracelsimus wie auch den Florentiner Neuplatonismus an, deren Anhänger für ihn auf den Scheiterhaufen gehörten.416 Der Abschnitt über die ›Principia‹ in der zweiten Disputatio, auf welchen Furichius hier verweist, gibt eine Kostprobe dieser Polemik: »Credo Paracelsum Aristotelis mentem ne vel eminus quidem olfecisse. Quomodo enim homo indoctus, perpetuò ebrius, eiusmodi cognoscere in animum induxisset? Audiuit omnes dicentes, tria esse rerum principia. Audiuit non minus affirmantes, quatuor elementa esse rerum principia. Cumqué non sciret inter mista et simplicia distinguere, et Aristotelem putaret elementorum quoque principia existimauisse corpora, placuit ei in horum locum substituere tria illa, quae apud auri decoctores inuenerat.«417 Petrus Palmarius (auch: Palmerius) ist Pierre Le Paulmier de Grentemesnil (1568–1610), ein Neffe des vor allem für seine Schriften über Schuß412

413 414 415

416

417

Vgl. Alchemie Lexikon, S. 334 f.; sowie die Würdigung in Bayle 4 (1730), S. 189– 192; Kestner, S. 779 f.; Thorndike 7 (1994), S. 203–217; Ferguson 2 (1954), S. 371– 373; W. Pagel (1958), S. 333–343; hervorzuheben der Aufsatz von W. U. Eckart (1992). Vgl. D. Sennert (1629), S. 73–85. Ebd., S. 77. Zu diesem ebenso griffigen wie gefährlichen Vorwurf gegen Paracelsus, vgl. etwa CP 2, S. 147 u. 489 f. Vgl. W. Pagel (1958), S. 311–333; W. Kühlmann u. J. Telle (1985), S. 265–271; J. Telle (1986c); ders (1989b) u. ders. (2008e); Ch. Gunnoe (1994); sowie Thorndike 6 (1994), S. 251 f.; Ferguson 2 (1954), S. 163. T. Erastus (1677), S. 45; vgl. et passim.

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C. Kommentar

verletzungen bekannten französischen Arztes Julien Le Paulmier de Grentemesnil (1520–1598).418 Er studierte Medizin und war Arzt am Hôtel-Dieu in Paris. Seine Verteidigungsschrift des Paracelsismus Lapis Philosophicus Dogmaticorum (Paris 1609), auf welche Furichius sich hier bezieht, brachte ihm beträchtlichen Ärger mit den Pariser Galenisten ein, welche ihn zum öffentlichen Eingeständnis aller seiner ›Fehler‹ zwangen.419 Die Principia behandelt er im 7. Kapitel ›Quae et quot sind Chymicorum principia et elementa, illisque non excludi communia physicorum vt nec medicorum propria‹ des Werkes.420 21–S. 8, 8 At quia res nova erat … Mercurium fermè omnes nomine jactent] Furichius erklärt in GL. 21, daß es sich hierbei um die Rechtfertigung der immensen und kaum zu durchschauenden Bezeichnungsvielfalt in der Alchemie handelt, gerade für den alchemischen Mercurius. In der Traktatliteratur wird sie immer wieder thematisiert: von Petrus Bonus, der sie im 9. Kapitel seiner Margarita Pretiosa ausführlich behandelt (vgl. Bonus, S. 34–36) bis zur kompilatorischen Harmonia seu consensus Philosophorum Chemicorum von David Lagneus, die auf knapp einer Seite eine Kostprobe der Synonymie gibt: »Spirituale, corporale, coeleste, terrenum, caelum, terra, aestas, autumnus, hyems, ver, masculinitas, foemininitas, cor brutorum, fel, succus herbarum, homo, capilli, sangvis, menstruum, fecundina, arbor, planta, herba, […] margarita, nix, grando, cinis clavellatus, terra alba, lapis candidus, pulvis albus stellatus, splendidus, lapis rubeus, crocus, cinabrium, minium, haematites, sangvis humanus combustus, vitellus ovi, alumen, calcinatum, corallus, et, ut uno verbo dicam, vocatur nomine omnium rerum, quae in mundo sunt.« (Lagneus, 717).421 Hier nun: – In den Versen 21–28 führt Furichius Kosenamen an, wie die Kunst ›non secus ac mater‹ (v. 23) sie im Spiel für ihr Kind verwendet, wobei die in Vers 34 genannte ›anima‹ sowohl ein gebräuchlicher lateinischer Kosename ist als auch auf die Platonische ›anima mundi‹ anspielt. – In den Versen 29–30 folgen mytholachemische Decknamen, doch ist schon das Patronym ›Aeacides‹ (v. 29) als solches äußerst mehrdeutig, denn ›Sohn des Aeacus‹ werden unter anderen Aeneas, Achilles und der König Perseus genannt. – In den Versen S. 8, 4–8 schließlich folgen alchemische Termini; genauer, wie Furichius in GL. 4 angibt, die drei Principia ›Sal‹, ›Argentum vivum‹ und ›Sulphur‹ – welche allesamt dennoch im ›opus magnum‹ (v. 5) ebenso als ›Mercurius‹ bezeichnet werden. Die Zusammenhänge werden 418 419 420 421

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

NBG 29 (1862), S. 818 f.; sowie Thorndike 5 (1994), S. 482 f.. Ferguson 2 (1954), S. 163; sowie D. Kahn (2007), 368–371, et passim. P. Palmarius (1609), S. 35–40. zur ›Fachsprachendiskussion‹ der Zeit W. Kühlmann (2002a).

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im Folgenden in der Chryseis über die Beschreibung und Deutung graphischer Symbole weiter erläutert. Zu diesem merkt er in SCHOL. 8 an: ›Zwar ist diese Art zu Sprechen den Lateinern [d. h.: der sonst präzisen Formulierung im Lateinischen] fremd. Doch für neue Dinge neue Bezeichnungen. Bekannt ist, daß das Quecksilber als dem Mercurius geweiht angesehen wurde. Und wie dies bei den Metallen das dritte Principium ist, so ist in den übrigen etwas entsprechendes, das man mit der nämlichen Bezeichnung benannt hat.‹ Hierzu, daß alles als Mercurius – wie auch Mercurius mit allem – bezeichnet werden kann, äußerst sich auch Augurelli: »Quin etiam huic uni, quo se mollire metalla/ inuenere modo, cunctarum nomina rerum/ imposuere, quod haec cunctis uis insita rebus/ haereat, incipiatque omnes, et compleat una./ Cuncta adeo cunctis occultauere, neque illi/ nequicquam interdum seriem abrupere loquendo/ perpetem, et excursus interposuere uacantis.« (Augurelli 2, 338–344). [S. 8, Fortsetzung] 9 similem cum circite nudo … cui simplicitas sincera cohaeret] Auf die Decknamen folgen geometrische Figuren. Siehe hierzu den folgenden Kommentar zu den Versen 14-S. 9, 14. 11 mens saucia amore] Zititert den berühmten Anfang des vierten Buches der Aeneis. Dort heißt es über die liebeskranke Königin Karthagos Dido: »At regina graui iamdudum saucia cura« (VERG. Aen. 4, 1). 14 – S. 9, 14 Ergò, non postea oberret … specie faciat meliore coruscum] Die Abfolge der hier beschriebenen und glossierten geometrischen Zeichen – blanker Kreis (CHRYS., S. 8, 9), Kreis im Kreis, Dreieck, Quadrat, Dreieck – entspricht derjenigen im kommentierten Tractatus aureus (Tract. aur., S. 607–612). Durch sie und ähnliche Bilder aus dem Bereich des Ackerbaus wird der Ausspruch des Trismegistos ›Est in Mercurio quicquid quaerunt Sapientes.‹ erläutert: »in ejus gratiam hic proponam figuras aliquas hieroglyphicas: quibus varii Mercurij proprietates et conditiones, quanta fieri potest luce et brevitate, adumbrabo.« (Ebd., S. 607). Alle ›Hieroglyphen‹ – die ›tacitae figurae‹ in CHRYS., S. 8, 16 – bezeichnen somit Eigenschaften und Zustände des philosophischen Mercurius: 17 Circulus in circo repsit] Graphische verdeutlich durch GL. ›⊙‹ und als Symbol erklärt durch SCHOL.: ›Er bezeichnet die Materie des Steines, welche soweit sie roh ist, recht üppig ist, doch recht unrein, sobald sie aber auf gehörige Weise aufbereitet wird, kommt sie geringer hervor, doch um vieles reiner.‹ – Es handelt sich demnach um die alchemische ›materia prima‹ als Ausgangsstoff für die Herstellung des Steines; als ›materia cruda‹ (auch ›remota‹) wird sie im unbearbeiteten Zustand und als ›materia proxima‹ (auch ›praeparata‹) im vollendeten Zustand bezeichnet.422 422

Vgl. G. Geßmann (1959), S. 48 f.

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C. Kommentar

Der Kommentator des Tractatus aureus führt zu seinem, jenem glossierten Kreis im Kreis bei Furichius entsprechenden ›Circulus duplex‹ aus: »Gemina circuli descriptio indicat duplicatum illud Bernardi Trevisani Mercurium agens videlicet et patiens: sive sulphur et Mercurium. Ac quamvis binarius numerus confusionis author dicatur, et proinde materiae diversitatem aliquam arguere videatur: nulla tamen planè est diversitas. Ambo enim Mercurij ejusdem sunt originis, ejusdem naturae et essentiae, quod vel ex utriusque forma circulari facilè innotescit.« (Tract. aur., S. 608) Beide Kreise bezeichnen demnach jeweils einen ›Mercurius‹ – wie auch ein einfacher Kreis ›○‹ (vgl. CHRYS., S. 8, 9) ob seiner Vollkommenheit »nihil aliud significat, quàm verum et unicum Philosophorum Mercurium« (Tract. aur., S. 608). Der philosophische Mercurius wird als doppelter begriffen, da er alle Gegensatzpaare, wie das genannte ›agens et patiens‹, in sich vereint. Auch findet sich im Kommentar des Tractatus die Erklärung dafür, daß der innere Kreis, obwohl er der kleinere ist, den äußeren – v. 19 ›excellit pretio‹ – an Wert übertrifft: »Nihil autem refert, quod interior minor apparet exteriori. Majoris enim perfectionis id tantum signum est. […] Minor autem occultatus in majorem agit, eumque sibi assimilat.« (ebd.) 20–26 Non secus, ac in farre … pabula praebet] Der Vergleichscharakter – der erste Epische Vergleich innerhalb der Chryseis – der Stelle wird duch GL. ›Comparatio‹ besonders hervorgehoben. Ein ähnlicher Vergleich aus dem Sachbereich des Ackerbaus findet sich nach den geometrischen Symbolen im Kommentar des Tractatus: »A primo itaque colorum, opus incipiendum, h[ic] e[st] Mercurius per se perfectus nihil agit, neque prodest quicquam in opere Alchymico, nisi mortificetur. Granum enim tritici, nisi in terram cadens putrefiat, nullum fert fructum, sed solum manet. Eodem modo Mercurius suam in terram projectus, novum generationis vigorem recipit.« (Tract. aur., S. 611). 27–30 picti aemula vera trigoni … fluxusque dierum] Graphisch verdeutlicht durch GL. ›△‹ bezeichnet das Dreieck hier dasjenige, welchem es die ›Erde‹ gleichtut. Die Erde selbst wird als Elementenzeichen für gewöhnlich als gleichseitiges, quergestrichenes Dreieck dargestellt, welches mit der Spitze nach unten steht.423 Ein, wie von Furichius glossiertes, mit der Spitze nach oben stehende Dreieck bezeichnet in seiner gebräuchlichsten Bedeutung als Elementenzeichen das Feuer (mit der Spitze nach unten das Wasser) und mit dem Feuer oder Hitze verbundene Prozesse.424 Allein, die Scholie des Tractatus aureus zeigt drei unterschiedlich gekennzeichnete, doch gleichbedeutende Dreiecke: Zwei bezeichnen die Verbindung von ›Sal sive corpus‹ und ›Sulphur sive anima‹ mittels ›Mercurius 423 424

Vgl. G. Geßmann (1959), Tafel XIV; u. W. Schneider (1981), S. 55. Vgl. G. Geßmann, S. 29.

Chryseis, Liber I.

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sive spiritus‹ und von ›Luna‹ und ›Sol‹ durch ›Mercurius‹. An den Spitzen des anderen Dreiecks stehen die Zahlen 10, 100 und 1000. Sie entsprechen dem »dum dena atque iterum dena effluat hora/ Et numerus perfectus eat« (CHRYS., S. 8, 29 f.), da sich bei dieser Verbindung ›Mercurius‹ jeweils bis ins Unendliche verzehnfacht: »Non enim fit progressus ab unario ad centenarium et millenarium, omnium numerorum ultimum et perfectissimum (numerato enim millenario, non datur alius numerus: sed per hunc fit progressus in infinitum) nisi per denarium.« (Tract. aur., S. 609). Sowohl hier in der Chryseis wie auch im Tractatus werden hierfür wieder Bilder des Ackerbaus verwandt: »sic quoque Luna et Sol procreare non possunt sobolem sibi similem nisi mediante Mercurio, qui loco semini elicitur ex amborum corporibus, inque terrae centro tamquam proprio vase digeritur et perficitur.« (Tract. aur., S. 609) – ›Mercurius‹ als fruchtbares Getreidekorn. Zugleich steht die Reihe 1–10–100–1000 für die Gesamtheit der Schöpfung, wobei die Eins Gott bedeutet: »Denarius apud Pythagoricos sig[nificat] supercaelestem mundum. sicuti centenarius, signific[at] mundum coelestem, et millenarius, signific[at] mundum elementarem. Fons, et principium Denarij est unitas, et Deus quem signific[at] vnitas, et punctum, est fons, et principium Angelorum.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 79r). 32–S. 9, 1 Tetragono dixêre parem … elementa gravi insurgentia bello] Das ›Viereck‹ in dessen Mitte recht göttliches Feuer ›aufblitzt‹ wird hier durch GL. 32 ›□‹ dargestellt. Der Kommenator des Tractatus aureus zeichnet in das ›Quadragulum secretum sapientum‹ das ›recht göttliche Feuer‹ als Strahlenkranz hinein und erklärt, was es damit auf sich hat: Die vier Ecken des Vierecks stehen für die vier sonst unversöhnlichen Elemente, welche durch den Mercurius (›circulus ille exiguus‹ oder bei Furichius ›ignis divinior‹) ›ausgesöhnt‹ werden: »Est enim is mediator, pacem faciens inter inimicos sive elementa, ut convenienti amplexu se invicem diligant: Imò hic solus efficit quadraturam circuli, à multis hactenus quaesitam, à paucis verò inventam. Radiis enim suis ferit omnes elementorum angulos, et longa circumrotatione angularam hanc quadraturae formam vertit in circularem sibi conformem: de quo satis.« (Tract. aur., S. 610) Diese ›Quadratur des Kreises‹ ist also die Angleichung der vier Elemente in den als Kreis dargestellten Mercurius. So ist auch in der entsprechenden Stelle der Aurea Catena statt von ›Feuer‹ von ›Hermes‹ die Rede: »In trigono tamen omne latet, si penniger Hermes/ Primum in tetragono regnet« (AVR. CAT., S. 3, 23 f.). [S. 9, Fortsetzung] 2–3 Ast triquetri … retinetque profundum] Die Stelle ist aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich als Kommentar oder Kurzfassung der im Tractatus aureus folgenden drei Dreiecke, in deren Mitte jeweils ein Quadrat steht, zu verstehen: Eines trägt die Buchstaben ›MER-

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C. Kommentar

CVRIVS‹ und hat im Viereck einen Kreis, das andere die Zahlen 1 bis 8 und das dritte die Planetenzeichen sowie einen Punkt im Quadrat. Der Kommentator des ›Tractatus‹ bleibt jedoch jegliche Aufklärung schuldig: »Hae tres figurae eodem significato unum tacitè pandunt arcanum, quod non promiscuè cunctis prostituendum. Sufficiat tibi Lector, quod elicere possis veritatem istius versiculi: ›Est in M E R C U R I O quicquid quaerunt sapientes.‹« (Tract. aur., S. 610). Auch steht dieser in der Aurea Catena anstelle der Erde in der Chryseis: »si penniger Hermes […] mox surgat in altum,/ Tum praeceps detur, rursusque in origine cesset.« (AVR. CAT., S. 3, 23–25). Womöglich gibt Furichius mit der Angabe: ›an der Grundlinie beginnend eine Seite hinauf, dann die andere hinunter‹ die ›Leserichtung‹ dieser Figuren an; zur kosmologischen Bedeutung der Acht wie der Sieben vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 44, 2. 4–6 Imprimis tamen ingenii … Communem in lucem proferre] Beruht auf: »Majora autem magisque stupenda perficiet, si centralia ista tria interius adhuc occultè latitantia, punctum videlicet, numerum octonarium, et circulum, in apricum Solis sive in lucem externumque aspectum produxerit. Hoc enim miraculosè perpetrato, sequens tandem schema prodibit ultimum, omnique perfectione astrali, spirituali ac regali absolutum: à pluribus hactenus visum: vix autem millesimo intellectum.« (Tract. aur., S. 611). Die Abbildung hierzu ist ein Kreis, der ein mit der Spitze nach oben stehendes Dreieck umschließt, in dessen Mitte wiederum ein Viereck einen Kreis umfaßt. Diese Figur ist hinlänglich in der alchemischen Literatur der Zeit vertreten, so zeichnet sie in Michael Maiers Atalanta fugiens in der Pictura des 21. Emblems ein Alchemiker mit einem großen Zirkel an eine Wand, wobei im inneren Kreis ein nacktes Paar abgebildet ist. Die Inscriptio, welche dem Rosarium Philosophorum entstammt, lautet: »Fac ex mare et foeminum circulum, inde quadrangulum, hinc triangulum, fac circulum et habebis lap[idem] Philosophorum.«; die Subscriptio: »Foemina masque unus fiat tibi circulus, ex quo/ Surgat, habens aequum forma quadrata latus./ Hinc Trigonum ducas, omni qui parte rotundam/ In sphaeram redeat: Tum Lapidis ortus erit. Si res tanta tuae non mox venit obvia menti,/ Dogma Geometrae si capis, omne scies«.425 Diese Figur bedeutet von innen nach außen gelesen den alchemischen Prozeß und faßt die bei Furichius wie im Tractatus aureus vorangegangen geometrischen Figuren zusammen: Der innere Kreis steht für die Vereinigung der Gegensätze (siehe oben zu CHRYS. S. 8, 15 ›circulus in circo‹) der beiden Mercurii im Mercurius, das Quadrat (siehe oben zu CHRYS. S. 9, 1 ›tetragon‹) versinnbildlicht Ausgleich zwischen den vier Elementen durch den Mercurius, das Dreieck (siehe oben zu CHRYS. S. 8, 27 ›verus trigonus‹) die Entstehung der ›Dreiheit‹ oder der drei alchemischen Principia (›spiritus, corpus, anima‹ oder ›Sal, Sulphur, 425

H. De Jong (1969), S. 397.

Chryseis, Liber I.

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Mercurius‹ etc.) aus der ›Vierheit‹ der durch Mercurius beherrschten Elemente, womit man den äußeren Kreis – wiederum Mercurius – als den Stein der Weisen erlangt und das Werk verstanden hat.426 9–14 Sed prius ê siliqua … meliore coruscum] Furichius erläutert dieses Bild des Ackerbaus, welches die vorangegangenen Bilder desselben Sachbereiches variiert, in SCHOL. 9: ›Es wird über den Samen gesprochen, welcher aus dem unversehrten Körper des Goldes hervorzulocken ist, und in seiner Erde einzugraben ist.‹ – Beim, als (aristotelischen) unvermischten Körper, begriffenen Gold wird die ›Mischung‹ rückgängig gemacht, wodurch die vier Elemente und der alchemische ›Mercurius‹ als Same blosliegen. Jener wird dann in trächtige Erde gegeben: Die ›Parthenia virtus‹ (v. 13) spielt – wie aus »Intacta[] gremium, quae impuri nescia amoris,/ Parthenia virtute gravis« (AVR. CAT., S. 4, 1 f.) ersichtlich wird – auf eine Art ›Jungfernzeugung‹ an; nach dem Berg Parthenius – vom griechischen ›παρθένιοϲ‹ für ›jungfräulich‹ – in Arkadien »a uiriginibus denominatus: eo quod in eodem uenari consueuerunt.« (Boccaccio, S. 138r). 15–20 Porrò penetrandum … quarta moratur] Die Verse stellen eine Bearbeitung der die im Tractatus aureus gleichfalls auf die geometrischen Symbole folgenden Auslegung jener Hermesworte dar: »Scitote filij sapientum, quod priscorum Philosophorum aquae est divisio, quae dividit ipsam in alia 4. Vnum duobus, et tria uni: quorum colori tertia pars est, humori scilicet coagulanti: duae verò tertiae aquae sunt pondera sapientum.« (Tract. aur., S. 612). Wie Furichius in GL. 16 erläutert wird mit diesen die ›Allgemeine Zubereitung des Mercurius der Weisen‹ umschrieben; wie sie bereits die geometrische Figur der Verse 4–6 darstellt: Das ›Wasser‹ ist hierbei nach CHRYS., S. 9, 17 die ›vorgenannte Erde‹ – sprich: erneut Mercurius.427 Über Mercurius gelangt man demnach an die vier Elemente und drei Principia, welche die ab CHRYS., S. 9, 24 behandelte alchemische ›Siebenzahl‹ ausmachen. So heißt es im Tractatus weiter: »Hanc in quatuor partes dividendam [Hermes] ait: nempe unam partem in duas: tres verò partes uni addendas. Ex quibus omnibus conjunctis septem inde partes, tanquam sparsim in verborum contextu disseminatae, resultant. Unum enim et duo faciunt tria: Tria et unum, quatuor: Hunc quaternarium si adderis priori ternario, conficies septenarium.« (Tract. aur., S. 612). Die Vortrefflichkeit dieses ›Wassers‹ unterstreicht Furichius im folgenden, indem er es auf die Ebene der Mythologie hebt und als den Nymphen angenehmen Aufenthaltsort bezeichnet: 426

427

Vgl. H. De Jong (1969), S. 166–176; dort wird auch auf den hier verwandten Kommentar des ›Tractatus aureus‹ eingegangen. Vgl. »Quod suprà author elementorum scientiam appellavit, nunc Philosophorum aquam nominat« (Tract. aur., S. 612); sowie meinen Kommentar zu CHRYS., S. 9, 2–3.

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C. Kommentar

23 Näiades … Nymphaeque] Weibliche Wassergottheiten werden im allgemeinen, im besonderen wenn sie sich Meere tummeln, als ›Nymphen‹ bezeichnet. Dagegen sind ›Najaden‹ ausschließlich Nymphen in Flüssen. Meernymphen nennt man ebenso noch ›Nereiden‹.428 24–S. 10, 13 Haec qui perpendet … seu splendida Aethna] Von Furichius wird dieser Abschnitt in GL. 24 als ›Lob der Siebenzahl‹ ausgewiesen, welche sich aus der obigen Teilung des ›alchemischen Wassers‹ in den Versen 15–20 ergibt. Über jene heißt es in derselben Scholie des Tractatus aureus: »In his autem numeris tacitè occultari sapientum pondera, author non obscurè adstruere videtur, praecipuè in septenario, qui numerus sacer habitus fuit antiquitus, utpote in quo plurimum sapientiae sit reconditum: sed vim et virtutem ejus mentis oculis contemplari debes.« (Tract. aur., S. 612). Demgemäß werden hier in der Chryseis einige der Bereiche genannt, in welchen der Zahl Sieben (in Pythagoreischer Tradition) eine bedeutende Rolle zukommt – eigentlich ist sie überall anzutreffen: In ihr sind die Vier und die Drei, Körper (vier Elemente, vier Qualitäten) und Seele (drei Seelenkräfte) enthalten: »Vocantque ipsum Pythagorici humanae uitae uehiculum, quod non tam ex partibus suis mutuatur, quàm totalitatis suae proprio iure perficit, complectitur enim corpus et animam: nam corpus constat ex quatuor elementis, et quatuor qualitatibus afficitur: ternarius quoque ad animam spectat propter triplicem uim eius, scilicet rationalem, irascibilem et concupiscibilem« (Nettesheim, S. 114). In ihr sind das Gerade und das Ungerade, das Männliche und das Weibliche, das Agens und das Patiens, das Doppelte und das Dreifache, zusammen mit der Acht, die Grundlage der Weltseele, des Kosmos, der Polis, letztlich aller Dinge enthalten: »hoc enim vere perfectum est quod ex horum numerorum permixtione generatur. nam impar numerus mas et par femina vocatur, […] hinc et Timaeus Platonis fabricatorem mundanae animae deum partes eius ex pari et impari, id est duplari et triplari numero, intertextuisse memoravit; ita ut a duplari ad octo, a triplari usque ad viginti septem staret alternatio mutuandi. hi enim primi cybi utimque nascuntur; si quidem a paribus bis bina, quae sunt quattuor, superficiem faciunt; bis bina bis, quae sunt octo, corpus solidum fingunt; a dispari vero ter terna, quae sunt novem, superficiem reddunt, [etc.]« (MACR. somn. 1, 6, 1–3).429 In SCHOL. 25 verweist Furichius gesondert auf die folgenden Texte: Den sehr ausführlichen Hippocrates-Kommentar – schon dem Titel nach zu De septimestri partu – des ›Lalamantius medicus Heduus‹;430 das heißt: des französischen Arztes 428

429

430

Vgl. Conti, S. 254–256; bes.: »Fluuiorum praesides Naiades dicebantur, quia fluuij perpetuò fluerent νάειν enim fluere significat« (ebd. S. 254). Erschöpfendes zur Bedeutung ›Siebenzahl‹ auf den annähernd 17 Teubner-Seiten von MACR. somn. 1, 5, 6–1, 6, 83 u. Nettesheim, S. 114–121; A.-J. Pernety (1972), S. 332; oder H. Meyer u. R. Suntrup (1987), S. 479–565. Vgl. J. Lalamant (1571).

Chryseis, Liber I.

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und Philologen Jean Lalamant aus Autun (lat. u. a. ›Hedua‹),431 der Ende des 16. Jahrhunderts starb. Er machte sich zudem als Herausgeber und Kommentator der Schriften Galens wie auch des Sophokles einen Namen.432 Dem möglichen Einwand, daß diese Hochschätzung der Siebenzahl zu sehr nach den Hirngespinsten der Pythagoreer röche (›quod Pythagorae somnia sapiant‹), hält Furichius den ›nüchternen‹ Aristoteles der Historia animalium entgegen, wobei er allerdings unterschlägt, daß es sich in seinem Zitat um Kerbtiere handelt: ›Die Zeit der Entwicklung vom Anfang bis zum Ende bemißt sich bei den meisten [hier im Original: Insekten (!)] ungefähr auf drei oder vier Wochen.‹433 Im selben Abschnitt werden dann für die Entwicklung der Eier sieben Tage angegeben. Dasselbe gilt nach Aristoteles, so Furichius, auch für die ›meisten‹ Krankheiten.434 Danach räsoniert Furichius noch kurz über die Macht der Siebenzahl und ihre Bedeutung in der Astrologie. Weiteres zur Siebenzahl im Kommentar zu CHRYS. S. 29, 8–11. 29–30 Ipsa sagittifero … Threicius si vera refert] Furichius verweist in SCHOL. 29 auf den Thrakischen (›Threicius‹) Sänger Orpheus. Der Vers aus dessen Fragementen, welchen er dort als frei bearbeitete (›mutuò sumptus‹) Vorlage angibt, lautet übersetzt: ›Den siebenten Tag liebte der fern hin treffende Apoll‹ – ›Απόλλων ἑκάεργοϲ‹ (›der fern hin treffende‹) ist auch eines der gebräuchlichen Epitheta des Apoll bei Homer: »Hecaergus Apollo à poetis, et in primis Homero cognominatus, […] quòd procul spargat radios, et eminus operet. quo loco Pindarus inducit Cyrenem nympham, admirantem Apollinem, quòd sagittis leones conficeret.« (Giraldi, S. 325).435 Das Orpheusbild der zeitgenössischen Hermetik schildert Maier in seiner Aurea Mensa: Der Thraker, der Griechen erster Priesterkönig, Theologe, Seher und Gesetzgeber, soll sogar noch von Pythagoras im Ägypten des Cheops in die Geheimnisse der Chemie eingeweiht worden sein. Seine Schriften – die Hymnen nicht minder als seine Argonautica, in welchen er als erster vom Goldenen Vlies berichtet – sind alchemischen Inhalts, da sie das in den Hieroglyphen der ägyptischen Priester verschlüsselte Wissen tradieren.436 [S. 10, Fortsetzung] 14–15 Hactenus auriferae … vannus] Furichius klärt in SCHOL. 14 über die hier verwandte Bildlichkeit aus dem Bereich 431 432

433 434

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436

Vgl. Orbis latinus 1 (1972), S. 179. Vgl. Kestner, S. 455; Jöcher 2 (1750), Sp. 2213; u. K.: Lalamant. In: NBG 28 (1878), Sp. 943 f. Vgl. Arist. HA 5, 20. Zur Bedeutung der Siebenzahl in der Medizin der neuplatonischen Renaissance vgl. das 20. Kapitel ›De periculis evitandis ex quolibet vitae septenario imminentibus‹ im 2. Buch von Ficino Vita, S. 230–234. Vgl. etwa Hom. Il. 1, 146 f. Zu den Mythen um Orpheus und dessen Schriften vgl. Conti, S. 399–401. Zusammengefaßt aus Maier Mensa, S. 99–105.

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C. Kommentar

des Ackerbaus auf: »Unserer Erde Pflug ist das Feuer, wie auch das für den Mercurius notwendige Menstruum; die Ernte das bereitete Gold; die Futterschwinge das notwendige Gefäß, welches die Araber ›Aludel‹ nennen.« Das alchemische Gefäß namens ›Aludel‹ ist nach Ruland ein »vitrum sublimatorium. Ein sublimirGeschirr« (Ruland, S. 32). 20 fama aurea repsit] Die Fama des Goldes kriecht, so wie es der Etymologie der ›Chryseis‹ als ›Proserpina‹ von ›proserpere‹ (stammgleich mit ›repere‹) entspricht.437 Sie fliegt nicht wie die klassische Fama Vergils, welcher an Geschwindigkeit nichts gleich kommt; vgl.: »Extemplo Lybiae magnas it Fama per urbes,/ Fama, malum qua non aliud uelocius ullum:« (VERG. Aen. 4, 173 f.); oder etwa: »Et iam Fama uolans« (ebd. 11, 139). S. 10, 21–23 Ille Seyr flavum … Apollinis unguen] Der weder bei Ernsting oder Ruland noch in den verwandten Wörterbüchern verzeichnete Ausdruck ›Seyr‹ findet sich im Tractatus aureus: »Accipe de humore unciam unam et mediam, et de rubore meridionali, id est anima Solis, quartam partem, id est, unciam mediam, et de Seyre citrino, similiter unciam mediam, et de auripigmento dimidium, quae sunt octo, id est uncia tres […]« (Tract. aur., S. 613). Die genannten Substanzen sind nach der dortigen Scholie synonym und verweisen auf die siebenmalige, letztlich achtmalige Destillatio des ›aqua Mercurij‹ – nach Ruland: »der lapis zerlassen/ mit seinem eignen Wasser/ daß in dem Stein fix ist, und läufft weiß wie Wasser.«438 – welches dann besonders rein ist: »Humor enim, Rubor meridionalis, Anima Solis, Seyr citrinum, Auripigmentum, vitis sapientum, et vinum nihil aliud significant, quàm aquam Mercurij septies destillatam: quae post octenam destillationem, vi ignis vertitur in cinerem sive pulverem subtilissimum: qui ob puritatem et perfectionem suam igni resistit.« (Tract. aur., S. 613). In der Aurea Catena kommt das (!) ›Seyr‹ sogar zweimal vor, einmal im Kontext der achtfachen Destillatio »Sique Seyr citrinum, et viventis Apollinis aura« (AVR. CAT., S. 4, 25). Das andere Mal: »Serua igitur sublime Seyr, thalamis sed in imis/ Quod genitum est terrae.« (Ebd., S. 6, 4 f.). 24–25 Et totidem formas … mutavit Vlyssis] Verweis auf die Kirke der Odyssee, welche die Mannschaft des Odysseus in Schweine verwandelt, wie sie vor deren Ankunft schon ihre anderen männlichen Gäste in Löwen und Wölfe verzaubert hatte. Odysseus gelingt es, der Behexung durch das ihm von Hermes gewiesene Kraut Moly zu widerstehen (vgl. Hom. Od. 10, 210–574). Auf jenes Wunderkraut kommt Furichius im vierten Buch der Chryseis zurück; vgl. »Prisca suum quondem laudârunt secula Moly.« (CHRYS. S. 55, 6).439 437

438 439

Vgl. »Dicunt etiam eam [Cererem] Opem, quod opere melior fiat terra: Proserpinam, quod ex ea proserpiant fruges« (ISID. orig. 8, 11, 59 f.). Ruland, S. 49. Vgl. zu Circe auch im allgemeinen Conti, S. 305–309.

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29–S. 11, 4 Omnes Mercurium … mortemqué resignat] Durch GL. 29 (›Mensura temporis pro figendo Mercurio.‹) gekennzeichnet, geht es hier darum Mercurius ›fix‹ zu machen; das heißt: unempfindlich gegen das Feuer.440 Dementsprechend wird hier nochmals auf die achtfache Destillation des Mercurius hingewiesen; vgl. den obigen Kommenar zu CHRYS., S. 10, 21–23. [S. 11, Fortsetzung] 6 novis Phoenix progerminat alis] Das seit der Antike verbreitete Bild des der Asche entsteigenden Phoenix ist eines der in der Alchemie gängigsten, im Werk Michael Maiers erscheint er – mit dem Attribut der Zweigeschlechtlichkeit versehen – gleichsam als ›leitmotivische‹ Allegorie des philosophischen Mercurius.441 Bei Furichius ist der Wundervogel zugleich über das Verb ›progerminare‹ mit dessen alchemischer Pflanzenmetaphorik und damit den Bildern des Ackerbaus verwoben. 7–16 Denique conandum est … nova luce impleat orbem] Wie Furichius in GL. 7 (›Augmentatio‹) angibt, behandelt dieser Abschnitt die ›Vermehrung‹ des alchemischen Mercurius, in der Bildlichkeit der Astronomie, wobei gleichzeitig auf das Motiv der ›Chymischen Hochzeit‹ als Verbindung von Sol und Luna, Phoebus und Diana angespielt wird.442 Darüberhinaus ist noch zu erläutern: 8 cacumina] Steht hier im Doppelsinn: Der oberste Teil eines Destillationsgefäßes wird ebenso als ›cacumen‹ bezeichnet.443 12 luctifluasque faces] Ein Adjektiv ›luctifluus‹ (aus ›luctus‹ und ›fluere‹) findet sich weder im ThLL noch bei Blaise oder Du Cange. Nach Gesners Eintrag zu ›luctisonus‹ – im Bezug auf die in eine Kuh verwandelte Io in Ovids Metamorphosen – liegt es nahe, eine hierzu analoge Neubildung anzunehmen.444 In der Aurea Catena bezieht es sich auf das Antlitz der Diana: »Luctifluum micuit vultum, fulgetque bicornis« (AVR. CAT., S. 5, 12). 18 clarum produco theatrum] Das Bild des Theaters ist in alchemischen Schriften, wie auch in deren Titeln – man denke nur an das Theatrum Chemicum – häufiger anzutreffen.445 S. 11, 22–28 Ex quo puniceum … vaga flumina montes] Für das Verständnis der Metallentstehung empfiehlt Furichius die Betrachtung des menschli440

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Vgl. Ernsting, S. 155: »Fixare, fix oder Feuer=beständig machen, figiren«; u. Ruland, S. 215: »Fixatio, est rei ignem fugientis, vt eum amplius non fugiat, sed in eo fixa permaneat, per ignem assuefactio, siue ea fiat per calcinationem […] siue tandem rei fixae additionem perficiatur.« Vgl. E. Leibenguth (2002), S. 111–116; dort zugleich weitere Literaturhinweise. Vgl. zur ›Sol et Luna-‹Allegorie J. Telle (1980d), S. 47 f.; 80–96 et passim; sowie R. Zeller (2007). Vgl. MlatWB 2 2 (1999), Sp. 13 f. Vgl. Gesner 3(1749), Sp. 138; und: »tollens ad sidera uultus/ et gemitu et lacrimis et luctisono mugitu« (OV. met. 1, 732 f.).

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C. Kommentar

chen Blutkreislaufes. Ausdrücklich möchte er, entgegen der alten Galenischen Lehrmeinung, nach SCHOL. 27 hierbei einen Kreislauf in Paracelsischer Tradition angenommen haben: ›Einst lehrte Paracelsus, daß dem Blut eine kreisförmige Bewegung zueigen ist, diese Lehre wurde auch schon von einigen früheren Galenisten verbreitet.‹ Dessen ungeachtet dürfte Furichius mit den einschlägigen Arbeiten der Paduaner Medizinprofessoren Girolamo Fabrici d’Acquapendente und Santorio Santorio bekannt gewesen sein. Die beiden Italiener waren es, die dem endgültigen Entdecker des Blutkreislaufes William Harvey, welcher 1602 in Padua promovierte, den Weg bereiteten.446 29–S. 12, 3 Non minus in rudibus … cerea in alto] Dem Wachstum der Metalle vergleicht Furichius hier das Wachstum der Korallen, wobei er über SCHOL. 2 auf Plinius, Solinus und Dioskurides verweist: Korallen wurden bis ins 19. Jahrhundert den Pflanzen zugerechnet. Plinius behandelt sie in PLIN. nat. 32, 21–24.447 Er zählt die bei den Aeolischen Inseln (›Aeoliis ab undis‹) im Sizilischen Meer Vorkommenden zu den prächtigsten: »gignitur […] laudatissimum in Gallico sinu circa Stoechadas insulas et in Siculo circa Aeolias ac Drepana.« (PLIN. nat. 32, 21) Die ›Beeren‹ derselben – dasjenige, was für Schmuck und Heilmittel Verwendung findet – sind unter Wasser weiß und weich – wie das von Furichius zum Vergleich herangezogene Wachs – und werden beim Herausnehmen hart: »bacae eius candidae sub aqua ac molles, exemptae confestim durantur et rubescunt« (Ebd. 32, 22). Solinus bezeichnet Gaius Iulius Solinus einen Grammatiker um die Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert n. Chr., auf dessen auch Polyhistor genanntes Werk Collectanea rerum memorabilium hier verwiesen wird. Diese Sammlung von Merkwürdigkeiten aus der antiken Welt erfreute sich bis in die Neuzeit großer Beliebtheit.448 Dort werden die Korallen als im Ligurischen Meer wachsende Sträucher abgehandelt: »Ligusticum mare frutices procreat, qui quantisper fuerint in aquarum profundis, fluxi sunt tactu prope carneolo: deinde ubi in supra tolluntur, natalibus derogati saxi lapides sunt. […] curallium alias dicunt:« (SOL. 2, 41–43). Der von Furichius hier angegebene Dioskurides schließlich ist Pedanios Dioskurides, der im ersten nachchristlichen Jahrhunder lebender, von Plinius zitierter, Verfasser der üblicherweise De materia medica genannten pharmakologischen Schrift, welche bis ins 19. Jahrhundert starkt rezipiert wurde.449 Furichius liegt er – wie SCHOL. [66], S. 35, 2 verrät – in einer von Petrus Andreas Matthiolus kommentierten Ausgabe vor. 445 446 447 448 449

Vgl. L. Abraham (1998), S. 199. Vgl.G. Ongaro (2001), S. 164–171. Vgl. V. Pingel (1999). Vgl. K. Sallmann (2001); u. Zedler 38 (1743), Sp. 586. Vgl. A. Touwaide (2000); und: Zedler 7 (1734), Sp. 1024 [es werden dort fälschlich neun Spalten als ›1024‹ gezählt, drei davon umfaßt der Eintrag zu Pedanios].

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Der italienische Arzt und Botaniker Pietro Andrea Mattioli wurde 1500 in Siena geboren. Er war zuerst kaiserlicher Leibarzt und ließ sich später in Trident nieder, wo er 1577 an der Pest starb. Er verfaßte auch einen Dialog zur ›Gallischen Krankheit‹ sowie weitere medizinische Lehrschriften.450 In seinem Dioscurides-Kommentar weist er im 97. Kapitel des 5. Buches auf den Irrtum des Plinius hin, daß die Korallen Beeren tragen: »Quandoquidem, ut fatentur ij, qui corallia expiscantur, et in ijs mercaturam exercent, nullas per se baccas edunt. Baccae enim, quae in coralliorum monilibus cornis, ac cerasis similes uisuntur, ex ipsorum truncis torno, et lima prius parantur.«451 Nach alchemischer Vorstellung sind in Analogie zu den Korallen – wie Furichius es auch in SCHOL. [S. 69] S. 51, 29 hervorhebt – die Metalle an ihrem Entstehungsort im Erdinneren weich und werden erst im Laufe der Zeit hart.452 Die Verwendung solcher Vergleiche im naturwissenschaftlichen Kontext rechfertigt SCHOL. 4 mit dem Verweis auf Hippokrates (vgl. Hp. Vict. 4, 3–5, 1). Dieser spricht sich ausdrücklich für die Verwenden von Analogien (in seinem Falle: Geburt-Tod wie Vermischung-Trennung wie Vermehrung-Verminderung) aus. [S. 12, Fortsetzung] 6–10 Est radius … spiritus ingens] Furichius führt in diesem Abschnitt synkretistisch mehrere naturphilosophische Meinungen über die Entstehung der Dinge zusammen, wie es noch mehr in der entsprechenden Stelle der Aurea catena deutlich wird: »Hic radius vigor est Mundi, quem turba magorum/ Dixit mundi animam: quem quondam Erycina per omnem/ Distribuit Tellurem: ob quem manet insita vita./ Hic sapientum aether: hic vera illa astrica virtus./ Spiritus altifluus sine nocte, volansque sine alis.« (AVR. CAT., S. 5, 26–29). Einen Ansatzpunkt zur Erläuterung dieser Stelle bieten die Platonische wie auch die Aristotelische Vorstellung der Beziehung zwischen Form und Materie, welche hier, wie auch ihre Wahrnehmung durch die Alchemiker, umrissen wird: Seit Plato, eigentlich schon bei den Vorsokratikern, reflektiert die Philosophie die Problematik zwischen Form (forma, εἶδοϲ, μορφή) und Materie (materia, ὕλη): zwischen der sichtbaren Gestalt, beziehungsweise der Beschaffenheit, und dem Gestalteten. So ist für Plato die Form nicht dem – an sich gestaltlosen – Materiellen immanent sondern leitet sich aus der ihr entsprechenden transzendenten, ewigen Idee (ἰδέα) ab: Die Dinge sind Abbilder der ›ewig seienden‹ Ideen. Die Neuplatoniker sehen daran anknüp450

451 452

Vgl. Jöcher 3 (1751) Sp. 297; Kestner, S. 526 f.; sowie J. Telle (1986b); Thorndike 6 (1994), S. 261–263 u. D. Kahn (2007), S. 134 f. et passim. P. Matthiolus (1558), S. 695. So auch im 32. Emblem ›Corallus sub aquis ut crescit et aëre induratur, sic lapis‹ der ›Atalanta fugiens‹ Maiers.

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fend die Materie als die unterste und somit ›schlechteste‹ aller aus der Uridee, dem Einen (ἔν), hervorgehenden ›Emanationen‹ an. Aristoteles wie auch seine Nachfolger sehen im Gegensatz hierzu sowohl Form als auch Materie nur in den Dingen, die werden und entstehen. Die körperliche Welt kam nach ihnen dadurch zustande, daß aus der unbestimmten Materie als solcher die vier Elemente sowie als fünftes der Äther hervorgegangen sind. Durch Mischung (mistio, μῖξιϲ) jener fünf enstanden dann die zusammengesetzten Körper, deren Bestandteile sich jedoch im Zuge gänzlicher Verschmelzung einander angeglichen haben, wie man es beispielsweise am Gold sehen kann. Die Form ist hierbei durch die Bestimmung der Dinge gegeben. Diese aristotelische Vorstellung der Mischung liegt auch derjenigen der alchemischen Transmutationstheorie zugrunde. In rinascimentaler, neuplatonischer Tradition ist dagegen die Weltseele das allen Dingen ihre Form verleihende Prinzip, welches zugleich in allen präsent ist – alles beseelt. Diese ›anima mundi‹ (ψυχὴ τοῦ κόϲμου) ist, von Plato eingeführt, in analoger Vorstellung zur Seele als Lenkerin des Körpers das bewegende Prinzip des Kosmos, welches zwischen Belebtem und Unbelebten vermittelt. Ebenso ist sie ist die Ursache aller Bewegung. Daran anschließend betrachten die Stoiker die Welt als Lebewesen, das von der Weltseele, dem Geist Gottes, als feuriges Pneuma (mens, spiritus, πνεῦμα) durchdrungen wird. Die synkretistische Meinung der Hermetiker und Alchemiker, welche allerdings Vieles als Pneuma bezeichnen, schließt daran an und betrachtet das Pneuma/die Weltseele ebenso als die ›in den Dingen verborgene Kraft, welche durch Wärme freigsetzt werden kann, Metalle verwandelt‹ – also letztlich als den philosophischen Mercurius.453 So umschreibt hier auch Furichius den alchemischen Mercurius als jene ›in den Dingen verborgene Kraft‹ – den Urheber der Vermischung. In den beiden zugehörigen Scholien verweist er dann auf die von ihm in Entsprechung gebrachten Philosopheme: In SCHOL. 6, indem der vom ›calidum innatum, quod omnibus inesse, deprehenditur, caeleste penitus, atque τὸ τῶν ἄϲτρων ϲτοιχεῖον ἀνάλογον‹ spricht, nennt Furichius eine der Grundlagen der Medizin Daniel Sennerts: ›die eingepflanzte oder eingeborene Wärme als Instrument der Seele in den Ernährungs- und Fortpflanzungsvorgängen‹. Der Wittenberger Professor stellte sich diese ›Wärme‹ in gewisser Weise stofflich vor, ist sie doch Trägerin der auch aus toten und somit entseelten Lebewesen in der Pharmazie gewonnenen Heilkräfte. Dabei sieht er bereits in seinen eigenen Schriften die Analogie zum Stein der Weisen, welcher sich von der unreinen Materie abscheiden läßt.454 453

454

Zusammengefaßt aus: C. Bormann (1972), Sp. 977 f., 982–984, 986; 1011–1013; A. Lumpe (1980); T. Tieleman (2000); G. Verbeke (1974), Sp. 160 f.; u. J. Zachhuber (2004), Sp. 515–518. Vgl. M. Stolberg (1993), S. 51–56.

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Diesem ›Calidum‹ vergleicht Furichius zunächst beiläufig das stoische Pneuma und den sympathetischen Einfluß der Gestirne, wie er einem astrologisches Weltbild zugrundeliegt. Dann geht er zum Aristotelismus über, wie er für ihn von ›Alexander Aphrodisaeus‹ vertreten wird. Es dies der um die Wende zum zweiten nachchristlichen Jahrhundert lebende Aristoteleskommentator (inbesondere der naturwissenschaftlichen Schriften) Alexandros von Aphrodisias.455 Dessen diesbezügliche Ansicht (›omnia ab Elementis deducit‹) referiert und widerlegt der in der Scholie ebenfalls genannte ›Fernelius‹ – der bis ins 18. Jahrhundert mit seinen Schriften nachwirkende Leibarzt des französischen Königs Heinrichs II., Jean Fernel (1497–1558).456 Ihn führt Maier in seinen Symbola Aureae Mensae als den ersten Arzt seiner Zeit ein, einem Galen gleichzustellen, um ihn dann gegen die ›calumniatores‹ in Schutz zu nehmen, welche ihm ankreiden, er sähe die Krankheit sowohl in der Form als auch der Materie. Maier hält dagegen, Fernel habe in seinen medizinischen Schriften nicht die ›morbi hominum sed metallorum‹ behandelt: »Imperfecta enim dicta metalla, patiuntur ›morbum formae et materiae‹, respectu auri: ›Formae‹, quia formam auri non habent, quam curatione seu proiectione acceptura sunt. ›Materiae‹, quia haec heterogeneis, tamquam humoribus superfluis obstructa, morbum Organicum in via sentit.« (Maier Mensa, S. 342).457 Im 2. Kapitel Rei naturalis formam, substantiam esse, non accidens des 1. Buches seines Werkes De abditis rerum causis führt der französische Leibarzt bei der Randbemerkung ›Alexandri mistio, quae falsa est‹ aus, daß die ›mistio‹ nach Alexandros als eine Vermischung sich gegenseitig beeinflussender ›formae‹ und ›qualitates‹ der Elemente nicht möglich sei, denn dabei könnten gegensätzliche ›Qualitäten‹ einander aufheben und ein ›Feuer ohne Wärme‹ oder ›nicht-nasses Wasser‹ entstehen. Dies ist ihm unvorstellbar, da nach seinem Dafürhalten die ›formae‹ der Elemente in der Mistio erhalten bleiben.458 Furichius’ zusätzlicher – wie üblicher Hinweis – auf Iulius Scaliger bezieht sich auf dessen 23. Exercitatio, welche 455

456

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Vgl. R. Sharples (1996); CP 1, S. 68 f.; sowie besonders zur ›calor-Lehre‹ der Zeit M. Mulsow (1998), S. 201–205. Vgl. zu Fernel: CP 1, S. 68 f.; D. Kahn (2007), S. 181 et passim; sowie C. Saucerotte: Fernel (Jean). In: NBG 17 (1873), Sp. 477–483; u. Thorndike 5 (1994), S. 556–560. Zusammengefaßt aus Maier Mensa, S. 339–343. Vgl. »Haud secus enim formarum, quae in elementis inhaerescunt, coitionem fieri [Alexander] autumat, quàm contrarium qualitatum confusionem, quasi propriae elementorum qualitates remitti nequeant, nisi et ipsae pariter commutentur formae. Si enim aliqua ex parte eas quispiam retundi dicat, cùm sit reliquiarum, inquit, eadem ratio, possent quoque omnes illorum qualitates in nihilum tandem redigi, forma superstite et haudquaquam offensa. Id autem perquàm absurdum in natura videtur: neque enim subsistat ignis, omnis caloris expers: neque aqua, ab omni humore destituta.« (J. Fernel (1577)).

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übertitelt ist Caloris diuisio, et modi und die Problematik noch ausführlicher darlegt.459 In SCHOL. 9 verweist Furichius nun konkret auf die Anhänger Platos und nennt die beiden bedeutendsten Erneuerer platonischen Denkens: Plotinos und Marsilio Ficino mit dessen Buch De vita caelitus comparanda: Plotinos gilt als der Begründer des Neuplatonismus, er wurde 205 n. Chr. geboren und starbt 270. Er studierte zunächst in Alexandria und war 243 im Gefolge Kaisers Gordianus III., als dieser gegen die Perser zog. Nachdem sein Gönner ein Jahr später ermordet worden war, begab der Philosoph sich nach Rom und eröffnete dort seine Schule, welche 269 jedoch in Folge eines neuerlichen Machtwechsels aufgelöst werden mußte. Plotinos zog sich dann nach Campanien zurück. Sein bedeutendster Schüler war der Herausgeber des Gesamtwerkes Porphyrios. Die Wiederentdeckung der Plotinischen Lehren für die Renaissance erfolgte 1492 mit der Übersetzung durch Ficino.460 Im von Furichius genannten dritten der drei üblicherweise De vita oder De triplici vita genannten Bücher des Florentiners, das den Titel Marsili Ficino Florentini Liber De Vita Coelitus Comparanda compositus ab eo inter Commentaria eiusdem in Plotinum trägt, werden also zugleich die Ansichten Plotins berücksichtigt. In den ersten drei Kapiteln der Schrift wird auf das Wirken und gegenseitige Verhältnis der von Furichius genannten ›anima mundi‹ als Ausführerin der ›mens divina‹ auf den materiellen Teil der Welt (›corpus mundi‹) durch den ›spiritus mundi‹ eingegangen: Der Göttliche Intellekt (›mens‹) enthält in sich die Ideen und teilt sie der Weltseele (›anima‹) mit, welche aus sich selbst den Geist (spiritus) gebiert, um im Anschluß mit diesem die vier Elemente zu zeugen.461 In diesen Furichianischen Synkretismus fließen dann im 2. Buch der ›Chryseis‹ (vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 24, 1–25) noch die Vorstellungen des Alten Testaments und der Kabbalisten ein. 11 Hunc Amor] Furichius verweist zunächst auf die ›Liebe‹ (›Amor‹ und ›Venus‹) als der Welt zugrundeliegendes und sie belebendes Prinzip: »Hanc vnam denique mundum procreasse, et procreatum nutrire et conseruare crediderunt« (Conti, S. 206). Als poetische Behandlungen des Themas nennt er zunächst den Beginn De rerum natura des Lukrez: »AENEADVM genetrix, hominum divumque voluptas,/ alma Venus, caeli subter labentia signa/ quae mare navigerum, quae terras frugiferentis/ concelebras, per te quoniam genus omne animantium/ concipitur visitque exortum lumina solis [etc.]« (LVCR. 1, 1–5). Als weitere Bearbeitung und als eigenes Lieblings459 460 461

Vgl. SCALIGER Exerc. ad Card. S. 98–110. Vgl. P. Hadot (2000). Vgl. Ficino Vita, S. 242–256; zur Rezeption der Stelle bei Paracelsisten, wie Gerhard Dorn, vgl. CP 2, S. 904 f.

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gedicht verweist Furichius dann auf das dem Catullus zugreschriebene Pervigilium Veneris, dessen Verse 63–67 er in seiner Scholie zitiert.462 Wie bereits anläßlich des Verses CHRYS. S. 4, 11 verweist der Straßburger erneut auf die 106. Exercitatio Quae de Metallis des Iulius Scaliger – nur, daß er ihn nun nicht als Vertreter einer gegenteiligen Meinung, sondern als Autorität und Gewährsmann anspricht – wobei er jedoch das erste Kolon der Stelle (»Neque Veneri aes attribuerim«) unterschlägt und einzig das folgende übernimmt: »felicissimo siderum, auspicatissimaeque parenti, non Aeneadum modo, vt canit maxima poeta; sed, vt prisci omnes voluere, totius quoque propagationis, atque ideo rerem aeternitas.« (SCAL. Exerc. ad Card., S. 387). 11 Erycina] Name der Venus nach dem Berg Eryx auf Sizilien: einer der vielen Orte, an welchen die Göttin verehrt wird.463 14 volat ille sine alis] Nach dem Ausspruch des Hermes im Tractatus aureus: »scitote, quod caput artis est corvus, qui nigredine noctis, et claritate diei volat sine alis.« (Tract. aur., S. 618). Siehe hierzu den Kommentar zu CHRYS., S. 14, 4–14. 21 quaeret sine fine … in umbris] Der Vers ist mit ›ritu Democriti‹ glossiert: Der Alchemiker soll nach Art des Philosophen Demokritos von Abdera (2. Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.) nach Naturerkenntnis streben. Zwar ist keines der zahlreichen Werke dieses Repräsentanten des griechischen Atomismus auf und gekommen, doch ranken sich um seine Gestalt – er gilt, man denke an Christoph Martin Wielands (1733–1813) Abderiten (1774–1780), vor allem als Typus des nur seiner Wissenschaft lebenden Weisen – Legenden, zudem sind alchemische Schriften unter seinem Namen bekannt.464 Furichius’ Zeitgenosse Michael Maier faßt jene im 3. Buch seiner Aurea mensa zusammen.465 Dort heißt es: »quod non contentus patriae suae, siue totius Graeciae sapientum doctrinis, ad exteras regiones profectus sit: Nam non solùm in Aegyptum eam ob causam, veluti scientiarum omnium matrem et nutricem, sed quoque in Orientem longis et periculosis peregrinationibus, vbi à Persis et ab ipsis Indis multa didicit, sese contulit.« (Maier Mensa, S. 91 f.) Nach diesen Reisen verkauft Demokrit den Großteil seines Besitzes und zieht sich in ein Häuschen in der Nähe Abderas zurück, wo er sich ganz seinen Studien widmet. 462

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Die Forschung ist sich bis heute über die genaue Zuordnung des Textes uneins, eine gewisse Einhelligkeit besteht jedoch hinsichtlich einer Datierung um das Ende des vierten nachchristlichen Jahrhunderts; vgl. P. Schmidt (2000). Vgl. »Erix siciliae mons est: drapano propinquus: cuius in summitate fuit olim ericiniae ueneris templum a erice euisdem filio.« (Boccaccio, S. 135v); ebenso: Conti, S. 209. Vgl. den Eintrag ›Demokrit, pseudo-Demokrit‹ im Alchemie Lexikon, S. 108–110; sowie CP 2, S. 122. Vgl. MAIER Mensa, S. 90–138; bes. S. 90–99.

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22 secum habitans … relinquens] Zur hier schon angedeuteten Motivik des Eremiten vgl. meinen Kommentar zu CHRYS., S 16, 18-S. 17, 10. 24 pro semine glebam] GL. 24 weist die ›Scholle‹ bereits als ›Materia Lapidis Philosophici‹ aus. 25 Non hùnc, qui lubricus] Furichius verweist hierbei in SCHOL. auf den Liber XII portarum von George Ripley, bezeichnenderweise auf die Verse des englischen Originals und nicht auf eine lateinische Prosaübersetzung.466 Der britische Regularkanoniker George Ripley (um 1415 – 1490) gilt als einer der wichtigsten Autoren der Alchemie. Neben Traktaten, wie der Medulla alchymiae, verfaßte er ebenso allegorische Texte. Als sein Hauptwerk gilt die Dichtung Twelve Gates.467 In diesem an poetischen Farbbeschreibungen reichen Werk bezeichnen die zwölf ›Tore‹ die zwölf grundlegenden Schritte des alchemischen Opus: 1. Calcination, 2. Solution, 3. Separation, 4. Conjuction, 5. Putrefaction, 6. Congelation, 7. Cibation, 8. Sublimation, 9. Fermentation, 10. Exaltation, 11. Multiplication, 12. Projection.468 In seiner Vorrede führt Ripley bereits aus, welchen ›Mercurius‹ er meint und welchen nicht: »But many one mervelyth whych mervel may,/ And muse on such a mervelous thyng,/ What ys our Stone syth Phylosophers doth say,/ To such as ever be hyt sechyng: […] To thys I answer/ that Mercury it ys I wys/ But not the comyn callyd Quicksylver by name,/ But Mercury withoute whych nothyng beyng ys; […] For I wyll trewly now thee excite,/ To understand well Mercurys three,/ The keys which of our Scyens be.// Raymond hys Menstrues doth them call,/ Without which trewly no truth ys done,/ But two of them are Superfycyall:« (Ripley, S. 123 f.). In der abschließenden Recapitulation spricht Ripley dann auch von der in SCHOL. genannten ›cauda pavonis‹ als ›Pekoks fethers in color gay‹ neben weiteren Vergleichen: »Pale, and Black, wyth falce Citryne, unparfyt Whyte and Red,/ Pekoks fethers in color gay, the Raynbow whych shall overgoe/ The Spottyd Panther wyth the Lyon greene, the Crwoys byll bloe as lede;/ These shall appeare before the parfyt Whyte, and many other moe/ Colors, and after the parfyt Whyt, Grey, and falce Citrine also:/ And after all thys shall apppere the blod Red invaryable,/ Then hast thou a Medcyn of the thyrd order of hys owne kynde Multyplycable.« (Ripley, S. 188).469 Ebenso heißt es im Tractatus aureus: »Argentum quidem est, sed non vulgare. Vulgare enim mortuum, et ad opus physicum per se minus aptum: 466

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Eine solche findet sich etwa als ›Georgii Riplei duodecim portarum axiomata philosophica.‹ in: TC 2 (1613), S. 115–30[=130]. Vgl. Ferguson 2 (1954), S. 276–278; sowie Thorndike 4 (1994), S. 351–354 et passim; Alchemie Lexikon, S. 305 f.; einmal mehr J. Telle (1995b) – zu jenem: Morgante 8, 74, 7 f. – eine zeitgenössische Würdigung der ›Twelve Gates‹ in Maier Mensa, S. 463–467. Vgl. A. Debus (1967), S. XLII. Vgl. auch M. Gabriele (1997), S. 70 f.

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sed vivum est, Philosophicum, hoc est, arte coadjuvante natura ritè praeparatum.« (Tract. aur., S. 616) – und an anderer Stelle, unter Bezug auf die zitierte Stelle bei Ripley: »Nam Riplaeus Anglus, Philosophus acutissimus, inquit: Philosophi vocant argentum vivum, et non vulgare, sine quo nullum existens esse potest.« Der Passus findet sich auch in Michael Maiers Kurzdarstellung Ripleys in lateinischer Übertragung: »sed dat plurima vbique monita ad clauium acquisitionem spectantia: Quocirca in principio, ego profecto te docebo, inquit, ut Mercurios esse tres, qui sunt CLAVES scientiae, quos Raymundus sua menstrua vocat […]« (Maier Mensa, S. 464). 31 velut ovi albugo vitello] Vgl. zum Ei den Kommentar zu CHRYS., S. 42, 6. 32 Cinnabarin dicunt, miniumvé rubentius Ostro] In SCHOL. wird – wie in Vers 25 hinsichtlich des ›Quecksilbers‹ – ausgeführt, daß ›Drachenblut und purpurrotglühender Bergzinnober‹ nicht als die als Farbpigment in der Malerei oder dem Apotheker bekannte Substanzen aufzufassen sind, sprich als der mineralische Bergzinnober und das vom Drachenblutbaum gewonnene und getrocknete Harz.470 Ebensowenig meint Furichius ›illud tritum recentium ex plumbo calcinato factum‹ – also das ebenso bezeichnete »gebrandt Bley« (Ruland, S. 336). [S. 13] 3–19 Delicium est … turgescat aristis] Der letzte Abschnitt des 1. Buches wird durch GL. 3 als ›invectio in avaros‹ – als ›Schelte wider die Geizigen‹ – ausgewiesen. Gemeint sind diejenigen, welche die Alchemie nur aus Geldgier und ohne den nötigen Erkenntniswillen betreiben. Das Rosarium philosophorum versteht unter ›avarus‹ zudem den zu den nötigen Ausgaben Unwilligen und kontrastiert weitere von dessen Lastern mit den Charakterstärken des wahren Alchemikers: »Non autem ad ipsam indagandam accedat artifex grosso ingenio et duro repletus, nec cupidus nec auarus, in sumptibus vel expensis. Nec vir duplex animo, sine felle et ceruice, vel mente variabilis, nec nimis festinus aut capitosus: Sed doctrinae filius, vir subtilissimo ingenio decoratus, sufficienter locuples, largus, sanus, firmus in proposito et constans, patiens, mitis, longanimis et temparatus.« (Rosarium, S. 28). 11–12 Non secus … Aeolus.] Der Windbeherrscher Aeolus, Sohn des Hippotes, Herr über die Äolischen Inseln, schenkt Odysseus einen Sack mit Winden für die Heimfahrt (vgl. Hom. Od. 10, 1–27) und läßt auf Verlangen der Iuno seine Winde auf die Schiffe des Aeneas los (vgl. VERG. Aen. 1, 50–101), so daß Aeneas ausruft: »o terque quaterque beati,/ quis ante ora patrum Troiae sub moenibus altis/ contingit oppetere!« (Ebd., 470

Vgl. »Rubeum, vt Sandarca et minium, suntque gleabae non magnae. Vtuntur Venetiis illis pictores, quia sanguinem colore imitatur, et vtuntur illis etiam Medici ad antidota« (Ruland, S. 150), u. ebd., S. 149–153; sowie Ernsting, S. 94 f.; MlatWB 2 (1999), Sp. 584.

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C. Kommentar

1, 94–96) 471 – eine Vergilstelle, welche Furichius, da sie auch in seinem Stammbuchbrief bei Morsius zitiert, zur Entstehungszeit der Chryseis als Kriegszeit sehr präsent gewesen sein muß. 13 ad saxa Capharea naves] Die berüchtigte und sprichwörtliche Landspitze Caphareus im südlichen Euböa, an welcher die Flotte des Agamemnon scheiterte: »Caphareus mons est euboeae altissimus: promontorium faciens: quod in hellespontum protenditur: apud quod plurimi graecorum a troia redeuntium fraude Nauplii cupientis ulcisici mortem palamedis filii sui iniuste perempti: periclitati sunt.« (Boccaccio, S. 134r).472 Jene Klippen hatte der legendäre, ins 12. Jahrhundert datierte, arabische Meister der Kunst Artefius (oder: Artephius) ebenso bei seinen Experimenten vor Augen,473 so daß das Riff und der Gelehrte schließlich bei Alchemikern in einem Atemzug genannt wurden. Vgl. hierzu etwa die Aufzeichnungen des Rosenkreutzers Massimiliano Palombara aus dem Jahre 1656, da dieser über sein – vorübergehendes – Scheitern räsonierte: »onde di novo mi posi a meditare ed osservavi che i nostri primi padri inciamparono in questo errore, mentre l’istesso Gebro narra che desperato per un tempo abbandonò l’opera ed Artefico a carte 23 dice queste parole: ›Et ad hunc Caphareum scopolum saepe numro navis atque scientia discipulorum philosophia, ut mihi etiam aliquando accidit, imprudentissime colliditur.‹« (Palombara, S. 54vf.).

Furichius, Chryseis, Liber II, Kommentar [S. 13] Argumentum IN cipit] Als Subjekt ist, wie im Argumentum des 1. Buches, der Verfasser gemeint; vgl. CHRYS., S. 1, Argumentum: »AU thor exorditur«. totius operis in Mercurio praeparando] Das ganze alchemische Werk kreist so sehr um den ›Mercurius‹, daß Ruland in seinem Lexicon bemerkte: »Mercurius ist in allen Chymistischen Büchern vorn und hinden/ er hat alles gethan/ macht jedermann viel zu schaffen/ greifft manchem dieff in Seckel und in das Gehirn.« (Ruland, S. 331).474 Die entsprechenden Verse in der Aurea catena lauten: »Mercurius proin est caput, arx, cor, meta, torusque/ In quo cepit opus, medium finemque capessit./ Hic soluit Pyroum, quum verò abiecerit alas./ Cum Pyroo tranquillus agit, thalamisque 471 472 473

474

Vgl. Conti, S. 449–451. Vgl. OV. met. 14, 472 u. 481; u. OV. trist. 1, 1, 83 f. Artefius wird die zuerst 1609 in Paris gedruckte ›Clavis Majoris Sapientiae‹ zugeschrieben; zu ihm: Ferguson 1 (1954), S. 50 f.; M. Gabriele (1986b), S. 166, Anm. 103; V. Verginelli (1986), 49. Vgl. auch den unvermeidlichen J. Telle (2003b), S. 285–287.

Chryseis, Liber II.

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quietis/ Accubat implicitus coniunctim nexibus arctis.« (AVR. CAT., S. 48, 24–28). [S. 14] 0 In der Ausgabe der Chryseis ist der sechste Vers als fünfter gezählt. Um die ansonsten richtige Numerierung der Vorlage übernehmen zu können, wird hier der eigentlich erste Vers mit Null gezählt. GL. 0 Confirmatio fictionem significativam continens] Eine ›confirmatio‹ bezeichnet ›denjenigen Teil einer Rede, durch welchen beim Erörtern die Rede unserem Anliegen Glaubwürdigkeit, Gewicht und Kraft verleiht‹475. Hier besteht die ›confirmatio‹ aus einer ›fictio, significativa tamen totius operis‹ (CHRYS., S. 14, Argumentum): aus einer Dichtung, welche, trotzdem (›tamen‹) sie erfunden ist, das ganze (alchemische) Werk (allegorisch) bedeutet. Sendivogius nennt dasselbe: ›Parabola, seu aenigma philosophicum‹ (vgl. Novum lumen, S. 583). 0–4 Lybiae deserta remota … praerupti montis amoenas] Nach dem Vergleich von S. 3, 12 ist diese die zweite Nennung Lybiens und damit die Festlegung des Handlungsortes der Bücher zwei bis vier der Chryseis. Die hier erweckte Vorstellung eines mystischen, alte Geheimnisse bewahrenden Berges in der Wüste Lybiens erinnert stark an die Auskunft, welche Hermes Trismegistos im Dialog Asclepius – Furichius nennt den Text SCHOL., [S. 61] S. 17, 24 – bezüglich des Ortes gibt, an welchem einzig die Weltseele (hier: ›Iupiter Plotinus‹) als Verteilerin der Form (hier: ›vires et effectus‹) aus sich selbst an die Dinge noch ungeteilt anzutreffen ist: »dispensator, qui est inter coelum, et terram locum obtinet, quem Iouem uocamus, terrae uerò et mari dominatur. Iupiter Plotinus, et hic nutritor est animantium mortalium, et fructiferarum, horum omnium uiribus fructus, arbusta, et terra uegetantur: aliorum uerò uires et effectus per omnia quae sunt. Distribuuntur uerò qui terrae dominentur, et collocabuntur in ciuitate in summo initio Aegypti, quae à parte solis occidentis condetur, ad quam terra, marique festinabit omne mortale genus. A[sclepius:] Modo tamen hoc in tempore, ubi isti sunt ô Trismegiste? T[rismegistus:] Collocati sunt in maxima ciuitate in monte Libyco, et haec eo usque narrata sint.« (Asclepius, S. 1866) Diese Weltseele ist für den Alchemiker der Stein der Weisen, welcher in der Chryseis in der Gestalt des Raben auf der Spitze jenes Berges in Lybien sitzt. In der Aurea Catena wird ebenso der alchemische Mercurius als ›surculus Libani‹ als ›Sproß des Libanon‹ bezeichnet, wenn es heißt: »Bis niger est, bis purpureus, dum terminus instet./476 Quare dum moritur, tenebrisque obducitur atris,/ Surculus hic Libani, diuinius spiritus

475

476

Vgl. »ea pars orationis, per quam argumentando nostrae causae fidem et auctoriatem et firmamentum adiungit oratio« (Ernesti: lat., S. 81). Der Vers ist ohne das Folgende übernommen als CHRYS., S. 52, 23.

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C. Kommentar

exit:« (AVR. CAT., S. 50, 16–18) – ein Bild, welches zugleich die ›Zedern Libanons‹ der Heiligen Schrift evoziert.477 Zudem ist die Wüste der Ort der göttlichen Offenbarung schlechthin und der Ort der Heiligen, wie ihn für das Abendland grundlegend Eucherius von Lyon (gest. um 450)478 in seinem Traktat De laude heremi beschreibt: »ut arbitror, heremum sanctis [Deus] parauit. credo his illam locupletem in fructibus uoluit et pro indulgentioris naturae uice hanc sanctorum dare fecundam« (EVCHER. laud. her. 5). Sie ist somit der ideale Ort für das spätere Auftreten des heiligen Einsiedlers wie für auch für die spätere Vision.479 Im Gegensatz hierzu ist der Schauplatz der Rahmenhandlung der Vision im Novum lumen des Sendivogius, auf welches sich Furichius an anderer Stelle bezieht,480 nicht die trockene Wüste, sondern ein feuchtes Gestade, an welchem der Erzähler als rastlos Umhersegelnder anlangt: »Evenit aliquando cùm per tot annos vitae meae navigarem à Polo Arctico ad Polum Antarcticum, ut singulari Dei nutu ejicerer ad litus magni cujusdam maris […]« (Novum lumen, S. 583). 4–14 summo vulturnum … excipe dextra] Diese Passage stellt eine freie metrische Bearbeitung einer Stelle das Hermes Trismegistos zugeschriebenen Tractatus aureus dar. Dort heißt es im 1. Kapitel: »Scitote ergo rumori inquisitores, et sapientiae filij, quod vultur super montem existens, clamat voce magna: Ego sum albus nigri, et rubeus albi, et citrinus rubei, et certè veridicus sum Et scitote, quod caput artis est corvus, qui in nigredine noctis, et claritate diei volat sine alis. Ex amaritudine in gutture existente, coloratio accipitur: à suo verò corpore rubor exiit, de suo dorso mera aqua accipitur.« (Tract. aur., S. 618). Diese Hermesworte liegen etwa auch dem 43. Emblem der Atalanta fugiens Michael Maiers zugrunde. Dessen Inscriptio ist: »Audi loquacem vulturem, qui neutiquam te decipit.«; die Subscriptio: »Montis in excelso constitit vertice vultur,/ Assiduè clamans; Albus ego atque niger, citrinus, rubeusque feror nil mentior: idem est/ Corvus, qui pennis absque volare solet/ Nocte tenebrosaâ, mediâque in luce diei,/ Namque artis caput est ille vel iste tuae.«481 Der ›Rabe‹ des Tractatus aureus findet sich auch als 477

478

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480

481

Vgl. etwa »iustus ut palma florebit ut cedrus in Libano multiplicabitur« (Ps 91, 13), et passim. Zu Person und Wirkung vgl. L. Cristiani (1961), Sp. 1653–1654, 1657, u. F. Prinz (1965), S. 52 f., et passim. Die Literatur zum Themenkomplex ›Wüste und Einsamkeit‹ ist kaum zu überblicken, neben Eucherius sei auf den jüngeren Sammelband A. u. J. Assmann (2000) verwiesen, sowie die Einführung durch Ch. Mohrmann (1974); ebenso auf meinen Beitrag zu Eucherius von Lyon und den ersten Eremiten: Th. Reiser (2009a). Vgl. SCHOL. [S. 69], S. 46, 30: »Facetus est dialogus, qui tractatui, cui inscriptio est, ›Novum lumen Chymicum‹, annexus est«. H. De Jong (1969), S. 419; zur Erläuterung vgl. ebd. S. 268–272.

Chryseis, Liber II.

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Inschrift der um 1680 entstandenen Porta magica des Grafen Massimiliano Palombara, unter dem Zeichen des Saturn: »QUANDO IN TUA DOMO/ NIGRI CORVI/ PARTURIENT ALBAS/ COLUMBAS/ TUNC VOCABERIS/ SAPIENS«482, sowie als Zeichnung in dessen alchemischer Handschrift La Bugia – ›Der Leuchter‹, welcher den verborgenen Sinn der Autoren erhellt – auf S. 52r mit einer anschließenden Erklärung: »con certezza sapevo che dentro le viscere del suddetto corvo vi stava una bianca e pura colomba« (Palombara, S. 53v). Das Erklimmen eines Berges steht generell für Selbstüberwindung und große Leistungen, wie für geistige Läuterung und die Teilhabe an göttlichen Geheimnisse; vgl. »MONS ad quem ascendunt Domini Apostoli, et prophetae, sig[nificat] intellectus purissimam sublimitatem, per quam homo vnitate intellectus ascendit ad vnitatem diuinam.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 31r; vgl. ebd., Bd. 2, S. 31r-32v). Im einzelnen ist zu erläutern: 4 vulturnum] Das ›vulturnum‹ steht hier – wie auch in der Aurea Catena483 – wohl aus metrischen Gründen statt ›vultŭrem‹ für einen Raubvogel. Ohne das erklärenden ›corvus‹ der GL. stünde ›Vulturnus‹ oder ›Volturnus‹ üblicherweise für einen winterlichen Ostwind, die Stadt oder den gleichnamigen Fluß in Campanien. Furichius gebraucht es hier als Ersatz für das eigentlich korrekte ›vultur, -is‹ – wie auch es auch im Tractatus aureus zu finden ist – in der Bedeutung von: »Avis rapax, carniuora.«.484 6–7 Sum niveus …efflabo colorem] Der schwarze Rabe markiert den Beginn des alchemischen Werkes. Sein Farbenspiel (oder auch die Abfolge dreier Raben unterschiedlicher Farbe) versinnbildlicht die Farben im alchemischen Werk. Die Abfolge ›furvus – niveus – rubens – flavus‹ (also: ›rabenschwarz – weiß – rötlich – goldgelb‹) bezeichnet die vier Hauptschritte des Werkes: ›nigredo – albedo – citrinitas – rubedo‹. Wie zu seiner Zeit üblich läßt der Autor der Chryseis jedoch die ›citrinitas‹ weg und kommt stattdessen erst nach der ›rubedo‹ auf den gelben Farbton, als abschließende Farbe des Goldes, zu sprechen.485 8 nycticorax] Der ›Nachtrabe‹ als ›besonders‹ schwarzer Rabe der alchemischen Nigredo.486 Ebenso ist er die Hieroglyphe des Tyrannen, dem im Folgenden Mercurius verglichen wird; vgl: »Nycticorax sign[ificat] Tyran-

482 483 484 485

486

M. Gabriele (1997), S. 129. Vgl. »In summo montis vulturnus vertice clamat:« (AVR. CAT., S. 6, 24). Gesner 4 (1749), Sp. 1136. Der Eintrag zu ›Vulturnus‹ ebd. Vgl. »Ac quamvis hic tantum unius corvi fiat mentio: tamen tres in hoc Philosophorum monte tibi occurrent. Niger, qui caput est artis: albus, qui medium, et rubeus, qui finem rerum omnium imponit.« (Tract. aur., S. 620); u. L. Abraham (1998), S. 44 f. u. 163 f. Vgl. »Nycticorax ipsa est noctua, quia noctem amat. Est enim avis luctifuga, et solem videre not patitur.« (ISID. orig. 12, 7, 41).

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C. Kommentar

num quòd sicut Tyranni nocturno vt plurimum consilio vti solent« (Ricciardi, Bd. 1, S. 95r). 10–12 Mox postquam … seu purpura Lecti] Nach SCHOL. 10 ist das hier vom Raben gekostete ›Bittere‹ das alchemische Menstruum – »Menstruum universale, ein algemein Solvens, welches alle Cörper in ihre erste Materia verwandelt.« (Ernsting, S. 210) – dessen Wirkung erst die Farben im Werk hervorbringt. Neben ›scharlachrot‹ vergleicht Furichius den Farbton der Rubedo dem Purpur der an Purpurschnecken reichen Insel Lecton, wobei er in SCHOL. 12 auf Aristoteles Schrift De Generatione Animalium verweist. Dort findet sich jedoch keine diesbezügliche Anmerkung.487 15–S. 16, 6 Non tamen ascendes … luce corruscent] Die Winke, welche der Rabe im Folgenden gibt – wie die Schlange einzuschläfern, auf den Gipfel und an ihn selbst zu kommen sei – kündigt bereits der Tractatus Aureus an: »Sed post ingressum, ascendendo montem, vultur sive corvus tibi monstrabit iter, quo sit eundum.« (Tract. aur., S. 620). In der folgenden Übersicht werden, um exemplarisch die Art der Bearbeitung durch Furichius aufzuzeigen, die Worte des Raben auf den Seiten 14 bis 16 der Chryseis den zugrundeliegenden Stellen der Scholie des Tractatus aureus gegenübergestellt: Chryseis [S. 14–16]

Tractatus aureus [S. 619 u. 620]

[S. 14] 15 u. [S. 15] 1 Qui, quum centeno custodit lumine montis/ Nocte diéque fores, nulli dat adire roganti

plenus est oculorum, et partim clausis, et partim apertis dormit oculis, adeò intentus est assiduis vigliliis in custodiendo montis ostio, ne forte indignus ingrediatur

2–6 Ergo soporifero primùm medicamine in altum/ Dandus erit somnum, ne si de corpore magno/ Torporem abstergat lenem, nova bella revolvat/ Teque adeò in medio deprendens limite portae/ Virosâ perimat caudâ, praedâmque resumat.

Sed impossibile est quempiam per hoc ostium intrare posse, nisi Draco, clausis oculis omnibus, suavi et placido sopore correptus penitus indormiscat. […] ne ante justum tempus è somnis excitata, artifici intranti, et de monte rursus descendenti, et per ostium exire volenti noceat, et praesentissimo suo veneno, quod in postrema caudae parte absconditum gestat, miserè hominem enectet

10–15 Tu de Thessalicis Circea venena tabernis/ Collige, quae superent aconita sapore cruenta./ Succum aufer, miscequé una

Primùm praeparandae sunt arte Chymica pilulae mercuriales ex argento vivo crudo et aloëpatica Chymicè praeparatis et depuratis, quibus adde in parva quanti-

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Vgl. den ›Index‹ der Oxford-Ausgabe Aristoteles (1965), S. 214.

Chryseis, Liber II.

furiale metallum,/ Quod fluit et plumbo simulac praeponderat auro./ Ex hoc bis binas forma glomeramine pastas,/ Atque operi tenui, ne serpens horreat, auro.

16 f. Iamque premens limen pedibus, deprome venenum/ E digitis unum, Soliqué expone micanti.

249 tate extractum absynthij et extractum centaurij ad amaritudinem in ipsis augendam: f[iat]488 massa pilularum: ex qua formentur pilulae: numero 4. […] deaurentur, ne illarum interno amarore in lingva aut gutture percepto, Draco prae nausea modò deglutitum pharmacum rursus evomare cogatur. Si igitur ad montem accedere animus fuerit, unam pilularum gestabis manu aperta adversus Solis lumen

20 f. Arripiet virus, caváque intra viscera condet./ Namque manu Hesperidum donata haec mala putabit.

pilulam, quam pomum aureum ex horto Hesperidum ablatum esse opinabitur, mox deglutiendam affectabit. Quod si animadvertes, sine more in terram projicies pilulam, quam adhuc inter cadendum avidissimè excipiet, et devorabit bestia:

22 f. Tu tamen esto vigil, ne si vicinius addas/ Forte latus, spolium te sponti objeceris hydrae.

sed cave ne fortè propius ad illam accendens in manu, vel alia corporis parte damnum capias.

24–28 Mox reliquas quoque servato simili ordine baccas/ Proijce, quas avidè quum deglutiverit omnes,/ Sentiet in vasto cruciamina viscere magna,/ At postquam variis ingentia corpora gyris/ Volverit, exposcet languenti corde levamen.

Prima devorata, ei quoque porriges secundam, tertiam et quartam: donec assumtis omnibus, […] sensim à ventriculo sursum ascendendo guttur et fauces occupet, et ingentes ibi dolores cum rubore et tu[S. 620]more, variisque aliis symptomatis excitet, ita ut bestia prae nimio angore et squalore, in omnibus membris sentiat summam lassitudinem et debilitatem. In tali imbecillitatis angustia constitutus Draco, summoperè desiderabit corrobari electuario489 quodam refectivo.

29–31 Hîc rosa cum flava ferrugine temperet aurum,/ Chal-

In quo casu nullum occurret praestantius remedium, quàm electuarium confectum

488

489

Das ›f.‹ der Vorlage wird hier als pharmazeutische Abkürzung aufgelöst; vgl. A. Cappelli (2001), S. 133. Durch ›electuarium‹ wird Latwerge bezeichnet: Arznei in Form eines festen Breies.

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C. Kommentar

cantéque potens anima se immisceat acri./ Haec redige in pilulas, et anhelis faucibus offer;

ex croco Martis, et foliis auri cum extracto rosarum rubrarum, et tantillo spiritus vitrioli, ad aciditatis suavitatem conciliandam. Ex hoc electuario tres finges bolos satis grandes, pro bestiae faucium capacitate

34 – [S. 16] 3 Vix ventri immittet, cum somnum sentiet artus/ Permulcere novum, et virtutem afferre recentem./ Ast ubi stratus jam viridanti in gramine stertet,/ Tu sensim penetra montem, nunc obice rupto,/ Omnia perlustrans, et cuncta impunè pererrans.

posteà inde destillabis aquam, cujus facultas erit confortandi cor, et suadendi somnum. Nam si de ea hauserit uncias duodecim, quae faciunt libram unam, tam profundissimum subitò incurret somnum, ut per diem et noctem integram continuo somno oppressus requiescat: […] Interea temporis tutus erit et liber introitus per ostium montis, et omnis periculi vacuus.

Hierzu noch die folgenden Erläuterungen: 15 hac fastigia rupis] GL. weist diesen Ort als ›terra maledicta‹ aus. Als ›verdammte Erde‹ (auch: ›terra damnata, mortua‹ oder ›caput mortuum‹) wird »von den Chimicis der Rest oder Nachbleibsel […] genannt, von diesen oder jenen Dinge, darinnen nichts mehr zu hoffen ist, weder Krafft noch Safft, und das letzte ›principium passivum‹, daraus alles Nutzbare gemacht worden ist« (Ernsting, S. 295) – also das, was nach gänzlich vollendetem alchemischem Werk zurückbleibt. 16 draconis] Der Drache ist hier nach GL. nicht, wie einige fälschlich glauben, das ›Antimon‹490 sondern Ripleys ›ignis contra naturam‹: »Fower Fyers there be whych you must understond,/ Naturall, Innaturall, against Nature, alsoe/ Elementall whych doth bren the brond;/ These foure Fyres use we and no mo:/ Fyre against Nature must doe thy bodyes wo;/ That ys our Dragon as I thee tell,/ Fersely brennyng as Fyre of Hell.« (Ripley, S. 142) – dieser ›Drache‹ mit allen seinen Eigenschaften ist der ›Mercurius vivus‹.491 Über der genannten Porta magica steht dementsprechend: »HORTI MAGICI INGRESSUM HESPERIUS CUSTODIT DRACO ET/ SINE ALCIDE COLCHIAS DELICIAS NON GUSTASSET IASON«.492 17 centeno … lumine] Furichius gestaltet, stärker noch als der Tractatus aureus, den Drachen in Anlehnung an den hundertäugigen Argus der Metamorphosen.493 Ein ›Drache‹ (anguis, draco, serpens) als Bewacher mysti490 491 492 493

Vgl. Ernsting, S. 135; Ruland, S. 44 f. Vgl. Ernsting, S. 135 f. M. Gabriele (1997), S. 135. Vgl. »Arge, iaces, quodque in tot lumina lumen habebas,/ exstinctum est, centumque oculos nox occupat una.« (OV. met. 1, 720 f.).

Chryseis, Liber II.

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scher Stätten und Schätze findet sich allenthalben in der Literatur. Macrobius nennt als eine Ursache des Motivs das (sonnen-)scharfe Auge der Reptilien: »esse autem draconem inter praecipua solis argumenta etiam nominis fictione monstratur, quod sit nuncupatus ἀπὸ τοῦ δέρκειν id est videre. nam ferunt hunc serpentem acie acutissima et pervigili naturam sideris huius imitari, atque ideo aedium adytorum oraculorum thesaurorum custodiam draconibus adsignari.« (MACR. sat. 1, 20, 3).494 [S. 15] 2–17 Ergo soporifero primùm medicamine … Soliqué expone micanti] Die Verse behandeln, wie GL. 2 ausweist, die Bereitung und Anwendung des geeigneten Menstruum, welches hier wie der Kloß, mit welchem die Sibylle der Aeneis den Höllenhund einschläfert, beschrieben wird: »Cerberus haec ingens latratu regna trifauci/ personat adverso recubans immanis in antro./ cui vates horrere videns iam colla colubris/ melle soporatam et medicatis frugibus offam/ obicit. ille fame rabida tria guttura pandens/ corripit obiectam, atque immania terga resoluit/ fusus humi totoque ingens extenditur antro.« (VERG. Aen. 6, 417–423). Nicht minder klingt jedoch, zumal in Vers 10 von ›Thessalischen‹ Giften die Rede ist, die Art an, wie Iason mit Hilfe der Medea den Drachen bezwingt: »Pervigilem superest herbis sopire draconem,/ qui crista linguisque tribus praesignis et uncis/ dentibus horrendus custos erat arboris aureae. hunc postquam sparsit Lethaei gramine suci/ verbaque ter dixit placidos facientia somnos, […] somnus in ignotos oculos ubi venit, et auro/ heros Aesonius potitur spolioque superbus/ muneris auctorem secum, spolia altera, portans, victor Iolciacos tetigit cum coniuge portus.« (OV. met. 7, 149–158). 2 soporifero … medicamine] Der Drache wird entsprechend GL. durch das ›geeignete Menstruum‹ eingeschläfert. Für gewöhnlich aber wird in alchemischer Literatur der Drache erschlagen – gemäß dem Motto des 25. Emblems der Atalanta fugiens, welches wiederum dem Rosarium entstammt:495 »Hermes: Draco moritur nisi cum fratre et sorore sua interficiatur, non per vnum solum, sed per ambo simul, scilicet per Solem et Lunam.« (Rosarium, S. 41). 6 Virosâ perimat caudâ] Der Giftschwanz des Drachen verweist nach SCHOL. auf die Giftigkeit des bloßen ›Mercurius‹, auf welche auch Ruland als eine von dessen Eigenschaft verweist: »Mercurius ist das Gifft aller Metallen/ ja aller Ding/ er frischt vnd zerreisset die Geschirrn/ alles schwimmet in ihme empor ohne das Gold/ vnd dasselbig zeucht er zu sich/ vnd reinigets« (Ruland, S. 333).

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495

Eine Zusammenschau der wichtigsten Referenztexte aus Antike und Mittelalters findet sich etwa in M. Arianis u. M. Gabrieles Kommentar zur Hypnerotomachia; vgl. Poliphilo, Bd. 2, S. 655 f. Vgl. H. De Jong (1969), S. 191–195 u. S. 401.

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C. Kommentar

8 Nec clava Alcidae juvat hic, si desit Vlyssis] Der ›Sohn des Alcides‹ Hercules findet sich alchemisch gedeutet im ganzen fünften Buch der Arcana arcanissima (S. 209–244) Michael Maiers, welches dessen zwölf Aufgaben gewidmet ist. Die Lernäische Hydra (vgl. ebd. S. 223–255) entspricht dort dem ›Drachen‹ der Chryseis: »Haec lacerta et serpens et hydra nostra est, quae si non rité occiditur, reviviscit, hoc est, volatilis fit, et viva permanet; Draco enim non occiditur nisi suo fratre et sorore simul:« (Maier Arc., S. 225). Bei den ›Goldenen Äpfeln der Hesperiden‹ verweist Maier auf seine Deutung im Rahmen des Iason-Mythos.496 Doch ein solcher Heros richtet nichts aus, sofern, da höchste Umsicht geboten ist – wie GL. 7 ›Cautela circa menstruum‹ nochmals hervorhebt – er keinen verschlagenen Odysseus an seiner Seite hat. Maier teilt diese Ansicht: »Restat nunc Vlyssis reditum et errores breviter percurrere, cum ille, vt dictum, sit Artificis persona, ingenio, valens tantum, quantum Hercules viribus.« (Maier Arc., S. 281) – Augurelli, gänzlich an der Argonautenfahrt festhaltend, stellt Hercules im Verbund mit Iason dar: »nec timuit [heroum pubes] tantos per fluctus quaerere summis/ tum ducibus ditem sub Iasone et Hercule Colchon.« (Augurelli, 2, 355 f.).497 10–13 de Thessalicis … auro] Nach GL. 10 werden hier die Bestandteile des Menstruum genannt, wodurch die Materie ›abgetötet‹ wird: Nigredo; oder mit den Worten von SCHOL. 10 ›quod terram, quam vocant, maledictam eluit‹ – wodurch das Unbrauchbare ›ausgewaschen‹ wird. In der Vorlage sind die ›Thessalischen‹ Gifte »extractum absynthij et extractum centaurij ad amaritudinem in ipsis augendam« (Tract. aur., S. 619) In der Aurea Catena ist es dann »ingratis herbis aloe miscenda« (AVR. CAT., S. 7, 12). Die Verbindung von Mythologie und Alchemie ist an dieser Stelle in der Verbindung der beiden großen Hexen und Giftmischerinnen der Mythologie Kirke und Medea498 mit dem alchemischen Merkur greifbar. S. 15, 14–15 bis binas forma glomeramine pastas … auro] Aus dem einem Kloß (›glomeramen‹)499 werden vier ›Teigstücke‹ im Gegensatz zu den vier ›kleinen Kanonkugeln‹ des Tractatus aureus500 – gemacht, und dann mit Blattgold überzogen, wie es bis ins 19. Jahrhundert Apotheker mit manchen Pillen taten.501

496 497 498 499 500

501

Vgl. Maier Arc., S. 236. Vgl. auch CP 3, Anm. 8 ›sedibus Hesperiis‹ zu 165, bei. B. Figulus. Vgl. zu beiden Conti, S. 307–315. Vgl. »Glomer, id est, rotundum.« (Ruland, 244). Vgl. »pillulae: numero 4. ad magnitudinem globuli plumbei bombardici« (Tract. aur., S. 619). Vgl. etwa den Eintrag: »Aurum foliatum, Blattgold, Blättchengold, welches zum Ausfüttern holer Zähne und zum Vergolden der Pillen angewendet wird« (Pharmakologisches Lexikon, Bd. 1, S, 269).

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21 manu Hesperidum … mala putabit] Furichius zitiert aus der Midasepisode der Metamorphosen, wo es heißt: »demptum tenet arbore pomum:/ Hesperidum donasse putes« (OV. met. 11, 113 f.). Die Schlange wird nun glauben, die Giftklöße seien von der Hand der Hesperiden gereichte Äpfel, und daher kein Arg finden; zumal – wie aus Vers 16 hervorgeht – man sie vor dieser in ihrem falschen Goldglanz in der Sonne gleißen lassen soll. Dem Drachen sind sie als Kost vertraut, da er auch derjenige ist, welcher den Garten der Hesperiden bewacht: der Drache Ladon, gezeugt von Typhon und Echidna, von Hercules schließlich erschlagen.502 Diesen Apfelbaum, welchen Iuno als Hochzeitsgeschenk erhielt, deutet Maier, indem er von der Vorstellung der ›Lebewesen als verkehrte Bäume‹ und derjenigen der aus dem Erdinneren wie Bäume ›gewachsenen‹ Metalladern ausgeht: »Arborem esse inversum animal quibusdam ex Physicis placet […] Ad eundem modum minerae, ex quibus metalla depromuntur […] arborem quandam generis vegetabilis repraesentant.« (Maier Arc., S. 82), dann führt er das Gleichnis weiter aus.503 Drei Äpfel der Hesperiden sind es auch, welche schließlich die schnellfüßige Atalanta um den Sieg bringen: »victa fuerit ab Hippomene cursu, dum malis tribus Hesperidum colligendis retardata fuisset« (Conti, S. 385).504 23 hydrae] Die Lernäische Wasserschlange Hydra, die Herkules erschlägt, hat nach den meisten Quellen 50 Köpfe505 und demnach ebensoviele Augen wie Argus, der für den Drachen der Chryseis und des Tractatus aureus Pate steht. 27 variis ingentia corpora gyris] Vgl. etwa »adytis cum lubricus anguis ab imis/ septem ingens gyros, septena volumina traxit« (VERG. Aen. 5, 84 f.). 29–31 Hîc rosa … in pillulas] Nach GL. 29 und SCHOL. 29 wird hier die ›Mischung beschrieben, welche wiederum das Menstruum abwäscht‹ – also die ›Reinigung‹ nach der Nigredo in der Albedo. Im Tractatus aureus besteht jene Mischung »ex croco Martis et foliis auri cum extracto rosarum rubrarum, et tantillo spiritus vitrioli, ad acciditatis suavitatem conciliandam.« (Tract. aur., S. 620). Es entsprechen sich also ›ferugo‹ und ›crocus Martis‹ als alchemischer ›Eisenrost‹506 sowie ›chalcantum‹ und ›vitriolum‹. 32 f. eriget anguis,/ Squamea colla.] Zitiert: »angues Triptolemi stridunt et squamea curvis/ colla levant« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 12). [S. 16] 1 viridanti in gramine stertet] Der Drache ›schnarcht‹ nun im ›grünen‹ Gras. Durch die Farbmarkierung ›viridis‹ – zumal vorher von 502 503 504 505 506

Vgl. Conti, S. 384; oder auch VERG. Aen. 4, 484 f. Zu den Hesperiden und goldenen Äpfeln im Mythos vgl. Maier Arc., S. 77–87. Vgl. zu den Mythen um Atalanta, ohne alchemische Deutung, Conti, S. 385 f. Vgl. Conti, S. 359 f. Vgl. Ernsting, S. 151; 307f; u. Ruland, S. 122.

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keinem Pflanzenbewuchs die Rede ist; man befindet sich in der Lybischen Wüste – wird hier auf den unreifen Zustand vor der Vollendung in der Rubedo verwiesen.507 Im Tracatus aureus wir davor der Schlange noch eine dritte ›Medizin‹ verabreicht, welche Furichius hier ausläßt: »accedendum igitur erit ad tertium et ultimum remedium, quod est aqua in hunc modum destillata […]« (Tract. aur., S. 620). 4–6 me claro auferre triumpho … innumera dum tandem luce corruscent] Bezieht sich auf den Schritt der Multiplicatio oder Augmentatio, in welchem der alchemische Mercurius beträchtlich vermehrt wird. Im Rosarium werden zwei Vorgehensweisen unterschieden: »Multiplicatio elixir fit duobus modis, vna per reiterariam solutionem et coagulationem lapidis secunda per proiectionem primi lapidis elixir super corpus, aut album aut rubeum tali quantitate quod idem corpus, etiam conuertetur in medicinam« (Rosarium, S. 152). Diesbezüglich heißt es in der Aurea Catena: »Dumque tenes possessor opes melioribus auge/ Viribus Elixir, etiam per millia multa,/ Si liceat graduum« (AVR. CAT., S. 8, 7–9). 7–12 in varias visa est discedere formas … superaverit omnem] Die Passage nimmt Bezug auf den zweiten Absatz der obengenannten Scholie des Tractatus aureus. Dort wird weiter ausgeführt, daß es nicht lediglich ein Rabe ist, der einem auf dem Berg begegnet, sondern daß vielmehr zu jeder der drei Farben – nach GL. 8 ebenso vier; wobei ›citrinitas‹ und ›rubedo‹ zusammenfallen – des Opus ein Rabe entsprechenden Federkleids gehört. So spricht auch die Aurea Catena, die hierin näher an der Vorlage bleibt, von der »triplex ea Apollinis ales« (AVR. CAT., S. 8, 10). Nun versinnbildlichen die drei Raben nicht nur durch ihr Äußeres das Werk, sondern sie bilden gleichermaßen das Gelingen des Werkes im Klang ihrer Stimmen ab: So wie der alchemische Mercurius von ›unrein‹ über ›rein‹ schließlich ›vollkommen rein‹ wird, so klingt der ›Rabengesang‹ zunehmend heller und vollkommener: »Hi igitur tres corvi, ut et antea praemonui, tibi praemonstrabunt viam voce sive clamore suo. […] Primus equidem ex amaritudine in gutture suo existente, rauca et inconcinna voce sua aditum tibi parabit ad album. Hic verò suaviori edito vocis sono promovebit te ad summum et ultimum rubeum, qui angelico suo et suavissimo cantu, omnes canoras avicularum, luscinarium, et cygnorum voces facile superante, te amicè excipiet, et harmonia dulcissima te ad laudem ac gloriam DEI canendum excitabit« (Tract. aur., S. 621). 10 cygnosqué … Caystri] Furichius weist die Schwäne nicht, wie seine Vorlage, nach ihrem wunderschönen Sterbegesang der Rubedo zu, sondern ihrer Farbe nach der Albedo und spielt dabei auf den an Wasservögeln reichen Fluß Kleinasiens Caystrus an: »iam variae pelagi volucres et quae 507

Vgl. L. Abraham (1998), S. 91 f.

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Asia circum/ dulcibus in stagnis rimantur prata Caystri« (VERG. georg. 1, 383 f.). Die Vorstellung des ›Schwanengesangs‹ wurde in der Antike dem Vogel ob seines langen gewundenen Halses zugeschrieben, der ein besonders anmutiges Modulieren der Töne ermöglichen sollte: »Cygnus autem a canendo est appellatus, eo quod carminis dulcedinem modulatis vocibus fundit. Ideo autem suaviter eum canere, quia collum longum et inflexum habet, et necesse est eluctantem vocem per longum et flexuosum iter varias reddere modulationes.« (ISID. orig. 12, 7, 18).508 17 infanda Moeris me fascinet herba] Moeris ist ein zauberkundiger Hirte in Vergils Bucolica, der im Stande ist, sich durch magische Kräuter in einen Wolf zu verwandeln, Tote zu beschwören und Ernten zu entführen: »has herbas atque haec Ponto mihi lecta venena/ ipse dedit Moeris (nascuntur plurima Ponto);/ his ego saepe lupum fieri et se condere silvis/ Moerim, saepe animas imis excire sepulcris,/ atque satas alio vidi traducere messis.« (VERG. ecl. 8, 95–99). 18–S. 17, 10 Tandem canitie quidam … erit utile factu] Dieser Abschnitt enthält die Einführung und Darstellung des ehrwürdigen Greises, welcher den Traum des Chrysanthus deuten und diesen bis zum Ende des Werkes in die Mysterien der Chryseis einweihen wird. Nicht zuletzt durch die Glossierung der Verse durch Furichius vereinen sich in der Gestalt des ›Senex‹ drei typische Gestalten der spätantiken und mittelalterlich-rinascimentalen Literatur: – der Heilige Einsiedler, wie ihn die Patristik mit den Eremitenvätern Antonius, Paulus und Hilarion vorprägt, – Hermes Trismegistos, wie er sich sowohl in den zeitgenössischen alchemischen Schriften als auch ikonographisch beispielsweise im Sieneser Dom findet, – der gute Zauberer/Eremit, wie ihn Ariost in seinem Ritterepos Orlando furioso schildert. Dem Typus des Heiligen Einsiedlers gemäß sind die durch göttliches Wirken erfolgte Abkehr von der Welt und der Rückzug in die Wüste. Furichius gibt hierzu in GL. 25 den entsprechenden theologischen Terminus ›contemptus mundi‹ an, welcher seit dem gleichnamigen Traktat De contemptu mundi et saecularis philosophiae des bereits genannten Eucherius von Lyon Bild und Selbstbild der Anachoreten ausmacht. Hinzu kommen die einfache monastische Kleidung – »accingo vili vestimina nodo« (CHRYS., S. 15, 31) – und das beständige Beten zu Gott, welcher ihn schließlich an den für ihn bestimmten Ort führte. Exemplarisch ist hierfür das im 24. Kapitel der Vita Antonii des Evagrius von Antiochien anzusehen,

508

Vgl. auch Ch. Hünemörder (2001b).

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da der Heilige die Stimme des Herrn vernimmt: »Si autem vere quiescere cupis, vade nunc in interius desertum.« (EVAGR. vita Anton., Sp. 148c).509 Zugleich ist die Gestalt des Greises eine Weiterentwicklung des Protagonisten der Aurea Catena als Vorstufe der Chryseis. Dieser wird dort in der ersten Zeile mit den Worten einführt: »PO stquam Mercurius seris incanuit annis,/ Ingenijque iubar magis increvisse putavit,/ Caepit inexhaustis reparare laboribus artem […]« (AVR. CAT., S. 1, 1–3). Später wendet er sich aus dem Text an die Leser mit den Worten: »Haeredes estote mei, Pyroumque notate […]« (AVR. CAT., S. 10, 21); wie auch: »Nec enim te vana docebo/ Exulet ambitio: nec si te cana senectus/ Aggrauet, indignum statuas addiscere quicquam […]« (AVR. CAT., S. 27, 16–18) – die Verse finden sich dann im Munde des Senex wieder: »nec enim te vana docebo:/ Exulet ambitio: non, si te cana senectus/ Obruat, indignum credas addiscere quicquam.« (CHRYS. S. 55, 16–18). Sowohl die gemeinsame Hauptquelle der Aurea Catena und Chryseis, der anonym kommentierte Tractatus aureus, also Sentenzen des legendären Hermes Trismegistos, wie auch der Handlungsort der Chryseis als ›Lybische Wüste‹ in Anlehnung an den Hermetischen Dialog Asclepius sprechen – ebenso wie die Tradition des alchemischen Schrifttums an sich – für eine Identifizierung des Greises mit dem Trismegist; seine Gestaltung nach dem Vorbild frühchristlicher Eremiten und das ›nur‹ zweihundertjähriges Verweilen in der Wüste jedoch dagegen, denn Hermes, als Zeitgenosse des Moses, müßte mindestens dreitausend Jahre alt sein.510 Zudem rückt Furichius selbst die Chryseis – über GL. S. 17, 8 ›Ita quoque Ariostus Senes vatidicos introducit‹ – in den Kontext Ariosts. Das Verbindende ist hierbei neben dem heiligmäßigen Wandel, die prophetische Gabe, wie sie in den Worten »Sed scio. Namque mihi data mens est gnara futuri.« (S. 17, v. 8) ausgesprochen wird. Es liegt nahe, hierbei an eine der Magier- und Einsiedlergestalten aus dem Orlando furioso zu denken, welche den verirrten oder verzweifelten Helden im rechten Augenblick ihre Hilfe anbieten. Auch die gemeinsame epische Form spricht dafür.511 Im Rasenden Roland kommt zum einen die Gestalt des mythischen Zauberers Merlin in Frage: »Artur, 509

510

511

Dort heißt es programmatisch: »Deus universitatis rerumque Dominus te in adoptionem uocat […] Atque ad hanc obtinendam, tu non invias terrae solitudines, nec longinqui maris incerta penetrabis?« (EVCHER. epist. ad. Val. p., Sp. 715a). Zum Typus des Heiligen Einsiedlers vgl. B. Steidle (1956), zu dessen Gewand A. Dihle (1979). Aus der Vielzahl der Literatur zur Gestalt des Trismegist seien herausgehoben F. Ebeling (2005); sowie der Sammelband M. Mulsow (2002); zur Bildtradition beispielsweise das 8. Kapitel ›Hermes Christianus‹ in M. Gabriele (1997), S. 107–120, oder ders. (2006), S. 24 u. 34; und zu Furichius zeitgenössisch Maier Mensa, S. 5–31. Eine weitere, auch vom Wortlaut, nähere – jedoch bitterböse – Entsprechung wären die Worte von Ariosts Negromante in der gleichnamigen Komödie, mit welchen dieser Scharlatan am Beginn des dritten Aktes den ratsuchenden Liebeskranken Cintio, welchen er zu schröpfen gedenkt, begrüßt: »Cintio, siate pur certo che narratomi/ voi non avete cosa che benissimo/ io non sapessi prima;« (Negromante v. 878–880).

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ch’impresa ancor senza consiglio/ del profeta Merlin non fece mai,/ di Merlin, dico, del demonio figlio,/ che del futuro antivedeva assai« (Orlando 33, 9) – zum anderen der Einsiedler, welcher sich des nach einem Seesturm gestrandeten Paladins Ruggiero annimmt: »Nel solitario scoglio uscì Ruggiero,/ come all’alta Bontà divina piacque. […] Non era cento passi andato inante,/ che vide d’anni e d’astinenze afflitto/ uom ch’avea d’eremita abito e segno,/ di molta riverenza e d’onor degno;« (Orlando 41, 51–52). Dieser hatte ihn schon erwartet, da sich ihm Ankunft des Paladins in einer göttlichen Vision mitgeteilt hatte: »E seguitò il santissimo eremita,/ il qual la notte inanzi avuto avea/ in visio da Dio, che con sua aita/ allo scoglio Ruggier giunger dovea:/ e di lui tutta la passata vita,/ e la futura, e ancor la morte rea,/ figli e nipoti ed ogni discendente/ gli avea Dio rivelato interamente.« (Orlando 41, 54). Angefügt werden kann zudem, daß ebenso wie hier in der Bugia des Massimiliano Palombara, nachdem der Alchemiker aus den Worten des Raben nicht klug wird und schon verzweifelt, ein Greis erscheint, um ihm das Geschaute zu deuten: »e rivoltato il passo sconsoltao ed afflitto pensavo di ritornarmene con le mani vote, mesto e dolente, quando che all’improvviso mi veggio comparire avanti un vecchio alto ed asciutto con barba assai grande che con voce maestosa mi parlò dicendo: ›Non ti disanimare, o figlio […]‹« (S. 55v). [S. 16, Fortsetzung] 20 Ne Chrysanthe, time] Man erfährt zum ersten Mal den Namen des Ich-Erzählers: Chrysanthus. Eine Anspielung auf eine historische oder mythische Person ist weitestgehend auszuschließen, sofern Furichius nicht die ›Chrysanthis‹ im Sinne hatte, welche Paus. 1, 14, 2 der Demeter vom Raub der Proserpina berichtet. Für die Antike sind nur ein Neuplatoniker ›Chrysanthios‹ aus dem 4. Jahrhundert und als ›Chrysanthos‹ lediglich ein Bischof Konstantinopels (412–419) bekannt, neben einem Märtyrer des 3. Jahrhunderts.512 Der Name setzt sich zusammen aus dem χρυϲόϲ (›Gold‹) und dem Verb ἀνθέιν für ›blühen‹ – das Adjektiv χρυϲανθήϲ, -έϲ bedeutet soviel wie ›mit goldfarbiger Blüte‹; man denke an die ›Chrysantheme‹ – oder auch ›leuchten, strahlen‹, wobei stets der Aspekt jugendlicher Frische mitschwingt.513 Dieser ›Chrysanthus‹ wird zum Jünger der ›Goldenen‹ Chryseis und ist Suchender des ›Goldenen Steines‹ Chrysolith (vgl. CHRYS., S. 18, 25 et passim). Chrysanthus ist, wie der ›Aufidius‹ des einleitenden Epigramms (vgl. CHRYS., S. A1v, 2), dem, was er sucht, etymologisch verwandt. Pseudonyme und Personennamen mit präfigiertem Chrys- sind naturgemäß in der spagyrischen Literatur

512 513

Vgl. Jöcher 1 (1750), Sp. 1901; Pauly 3 (1899), Sp. 2483 f.; Zedler 5 (1733), Sp. 2277. Vgl. GEL, S. 139, 2009.

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häufig, auf Anhieb findet man etwa: Chrysander, Chrysippus, Chrysogonus, Chrysorrhoas oder Chrysostomos.514 [S. 17] 9 quoque te Orgia nosse] ›Orgia, -orum‹ sind eigentlich ›Orgien‹ – sprich wüste Feste des Dionysuskults – später bezeichnen sie übertragen alle ausschweifenden Feierlichkeiten im Geheimen, schließlich stehen sie metonymisch für ›Geheimnisse‹ im Allgemeinen, wie Furichius auch durch GL. 9 ›id est sacra‹ andeutet. So merkt auch Giraldi zu den Eleusischen Mysterien an: »Orgia etiam interdum dicta sunt: tametsi uocabulum hoc ad Bacchi sacra magis conueniat, quae (ut Seruuius, et grammatici plerique obseruant) ad omia ferè reliqua sacra referuntur.« (Giraldi, S. 591). 14–18 Sit tua nempe Deus Cynosura per avia ponti … Exulet ingenium] Bilder aus dem Bereich der mythologischen Schiffahrt: Der Alchemiker hält sich an Gott wie der Seefahrer an die Κυνόϲουρα (›Hundsschwanz‹) (v. 14) – den kleinen Bären, welchen auch Manilius unter die für die Navigation wichtigen Sterne zählt: »maioremque Helice [d. h. der große Bär] maior decircinat arcum/ (septem illam stellae certantes lumine signant),/ qua duce per fluctus Graiae dant vela carinae./ angusto Cynosura brevis torquetur in orbe,/ quam spatio tam luce minor; sed iudice vincit/ maiorem Tyrio.« (MANIL. 1, 296– 301);515 so auch zu Beginn der Argonautica: »cum iam, genitor [Phoebe], lucebis ab omni/ parte poli neque erit Tyriae Cynosura carinae/ certior aut Grais Helice servanda magistris.« (VAL. FL. 1, 16–18). Sich an dieses Nordpolgestirn zu halten ist unumgänglich, will man nicht ein Opfer der Seeungeheuer und der ›Nerina‹ (v. 17) werden. Eine ›Nereide‹ ist eine Meernymphe, eine Tochter des Nereus, Sohn des Oceanus. Bekannt ist vor allem Thetis, Gattin des Peleus und Mutter des Achill.516 24–27 Tu potius Mundum … Mundum usque videbis] SCHOL. 26 nennt als Referenztexte für die Einheit von Gott und Welt Platos Timaeus, der dort die Erschaffung der Welt durch Gott abhandelt (vgl. Pl. Ti. 28e-31b et passim), wie auch den Hermetischen Dialog Asclepius an. In diesem heißt es, nach der Ficino-Übersetzung, zu Beginn des 2. Kapitels: »Coelum ergo sensiblis Deus, administrator est, omnium corporum quorum augmenta, detrimentaqué Sol, et Luna sortiti sunt: Coeli uerò, et ipsius animae, et omnium quae in mundo sunt, ipse gubernator est, qui es omnium effector Deus.« (Asclepius, S. 1858). Gemäß dem Tractatus aureus erfolgt diese Erkenntnis – mit Bezug auf den Römerbrief des Paulus517 – durch das Licht der göttlichen Gnade: 514

515 516 517

Vgl. Ferguson 1 (1954), S. 155 f.; zu Guglielmo Grataroli (1516–1568) und der Schrift ›Chrysorrhoas‹ vgl. CP 2, S. 701–703. In Scaligers Maniliuskommentar findet sich leider zur ›Cynosura‹ keine Anmerkung. Vgl. Conti, S. 428–430. Vgl. »o altitudo divitiarum sapientiae et scientiae Dei/ quam inconprehensibilia sunt iudicia eius/ et investigabiles viae eius/ quis enim cognovit sensum Domini aut quis

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»Orto autem hoc lumine, mox cum Hermete Trismegisto exclamando fateberis: Deum esse visibilem mundum, mundum verò esse visibilem Deum: et cum D[omino] Paulo ad Rom. 11. Ex ipso: et per ipsum: et in ipso esse omnia.« (S. 629) Entsprechend heißt es auch in der Aurea Catena: »Sic in vtroque morans, nec ab vlla parte recedens,/ In mundoque Deum, inque Deo lege mystica mundi.« (AVR. CAT., S. 11, 15 f.).518 S. 17, 28–32 Magni olim proceres … Consceleretqué animos] Daß die Hieroglyphen (›mirae figurae‹) und, da diese jene darstellen, auch die Götter und Helden des Mythos ursprünglich alchemische Geheimnisse (die ›aurea medicina‹) bedeuten, ist schlechterdings ›die‹ Grundüberzeugung der Mythoalchemie. Doch es wurde, da die Weisen und Priester als Bilder Tiere und Götter wählten, von späteren Generationen das Verbergende für das Verborgene gehalten, so daß durch diesen Irrtum die verderbten Kulte der Antike zustandekamen. So referiert es jedenfalls Michael Maier einleitend in den Arcana arcanissima: »Nos vt fundamentum Aegyptiae doctrinae statuamus, ex innumeris indiciis exploratum habemus, in Aegypto scientiam quandam arcanissima naturae opera docentem, siue MEDICINAM AUREAM, non ex auro, sed auro millies preciosiorem, in vsu extitisse, praesertim apud Philosophos, Sacerdotes, et Reges antquissimos, quae vt posteris sapientioribus tradi posset, vulgo autem ignota maneret, pro scriptione occultas ab animalibus desumptas notas a Graecis postea Hierogylphicas dictas; pro declaratione verò rerum Allegorias à personis fictis earumque rebus gestis translatas passim vsurpàrunt: Hinc succedentibus temporibus, superstitione hominum ignarorum preaoccuppante mentes, personae illae pro Diis aut regibus habitae, animalia pro sacris et inviolabilibus culta sunt« (Maier Arc., S. 2).519 [S. 18] 1 praecordia mystica] Diese sind hier – nach der griechischen Bedeutung: μυϲτικόϲ auch als ›die Eingeweihten der Geheimnislehren betreffend‹ – ›die Brust der Eingeweihten‹. 4–6 In proprium vertit … transverberent ictu] Die sich in den Schwanz beißende Schlange Ouroboros als Symbol des alchemischen Mercurius,

518

519

consiliarius eius fuit/ aut quis prior dedit illi et retribuetur ei/ quoniam ex ipso et per ipsum et in ipso omnia/ ipsi gloria in saecula amen« (Rm 11, 33–36). Zum Erkennen des Schöpfers in der Schöpfung (und vice versa) mit einem Überblick dessen historischer Metaphorik und die jeweiligen ontologischen Implikationen vgl. F. Hallyn (2005). Zu Maier im Kontext der Ägyptenrezeption der frühen Neuzeit vgl. E. Iversen (1961), S. 88 f. Eine ebenso kurze wie gute Einführung zur Renaissancehieroglyphik im allgemeinen, mit der neueren Forschung, bieten A. Bässler (2003), S. 187–212; sowie M.-L. Demonet (1992), S. 399–408; angestoßen wurde die wissenschaftliche Beschäftigung mit jenen Bildersprachen durch K. Giehlow (1915) und L. Volkmann (1923), welcher dem Komplex zu größerer Bekanntheit verhalf; zum bedeutendsten Hieroglyphenbuch, den ›Hierogylphica‹ des Pierio Valeriano vgl. zudem meinen Kommentar zu CHRYS. S. 36, 25 – S. 37, 1.

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welcher für den Unkundigen zugleich das tödlichste Gift ist, wird hier zum Bild für diejenigen Gottesverächter (›gens malesana‹ v. 2), welche sich selbst ihr Verderben durch die falsche und folgenschwere – das heißt: ohne göttliche Gnade – Auffassung und Ausübung der Kunst bereiten.520 8 tumidas extollere cristas] Wie im Deutschen steht das ›Schwellen des Kammes‹ sprichwörtlich für Hochmut; vgl. »et tamen illi/ surgebant cristae. nihil est quod credere de se/ non possit cum laudatur dis aequa potestas« (IVV. 4, 69–71); vgl. auch Erasmus Adagia 1, 8, 69.521 SCHOL. 12] Zum Bild des Pythagoras in der alchemischen Tradition wiederum Maiers Aurea Mensa: Dort gilt er als der erste griechische Philosoph, welchen von den Ägyptischen Priestern in die Geheimnisse der Chemie eingeweiht wurde, zudem machte er sich auf seinen Reisen mit den Astrologischen Kenntnissen der Chaldäer und dem Wissen der indischen Brahmanen vertraut. Neben dem Mathematiker Pythagoras, sind es vor allem die Gestalt des Magiers und des Alchemikers, welche die Hermetiker des 16. Jahrhunderts bewegen, so kursieren Legenden über Weissagungen, Wunderheilungen und Dämonenbeschwörung. Daß Pythagoras um das Geheimnis der Transmutation wußte, begründet Maier mit dem hier angesprochenen Schweigegebot der Schüler – »quod tam strictè silentium suis discipulis imposuerit per quinquennale spatium, more Aegyptiorum et Brachmanum« (Maier Mensa, S. 117). So ist die pythagoreische Seelenwanderung alchemisch interpretierbar: »animae transmigrationem in alia corpora cum iisdem tradiderit. Cum enim anima quasi auri, hoc est, forma et tinctura in imperfecta mittitur corpora metallica, haec est vera quaedam μετεμψύχωϲιϲ« (Maier Mensa, S. 117). Schließlich versteigt er sich dahin, im Vegetarismus, der den Verzehr von Bohnen einschloß, Alchemisches zu erkennen: die Bohne als alchemisches Ei; vgl. »itaque Pythagoras ouum philosphicum per fabam intellexit, causam videtur habuisse, cur praeceperit, ›fabam ne comedas‹ [etc.]« (Maier Mensa, S. 118).522 19 sapientum perlege scripta] Die Stelle verweist mit GL. 17 ›Lectio auctorum.‹ auf das beständige und meditierende Lesen der alchemischen Autoritäten, wie sie etwa am Beginn des Rosarium – als Leküre des nämlichen Florilegiums – als unabdingbar dargestellt wird: »Qui desiderant artis Philosophicae scientiae maioris cognitionem uerissimam habere, libellum hunc diligentius inspiciant, et saepissime perlegant, et optatum prosperum consequentur.« (Rosarium, S. 3). GL. 20 Improbatur τὸ ἀυτὸϲ ἒφα] Das berüchtigte ›ipse dixit‹ der Pythagoreer, welches seit Cicero als Topos blinden und unkritischen Autori520 521 522

Vgl. zum Ouroboros etwa B. D. Haage (1996), S. 95–109. Vgl. auch Wander 2 (1870), Sp. 1123. Zusammengefaßt aus Maier Mensa, S. 113–118.

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tätsglaubens in der Welt ist und gerade in der Renaissance gegen die mittelalterliche Scholastik und deren Aristotelesverehrung wie auch jede andere Form von Schriftgläubigkeit Verwendung fand; vgl. »Nec vero probare soleo id quod Pythagoreis accepimus, quos ferunt, si quid adfirmarent in disputando, cum ex iis quaereretur quare ita esset, respondere solitos ›Ipse dixit‹ [etc.]« (CIC. nat. deor. 1, 10). 24 ala accisa volanti] Das ›Fliegen ohne Flügel‹ ist eines der üblichen scheinbar paradoxen Attribute des Mercurius, wie Hermes sie im Tractatus aureus dem besagten Raben beimißt: »Et scitote, quod caput artis est corvus, qui in nigredine noctis, et claritate diei volat sine alis.« (Tract. aur., S. 618). In der Aurea Catena steht noch im Kontext, das heißt unmittelbar nach der Einführung, des alchemischen Raben: »In summo montis vulturnus vertice clamat: […] caligine noctis/ Ereptus petit apricum, volitatque sine alis.« (AVR. CAT., S. 6, 24–28). 29 At nunc exponam … denotet omen] An dieser Stelle beginnt, wie Furichius in GL. anmerkt die ›expositio phasmatis‹ – die ›Auslegung der Erscheinung‹ – durch den Greis, womit hier die Erscheinung und die Worte des alchemischen Raben gemeint sind; Mehreres zu den Begriffen ›omen‹ und ›phasma‹ in meinem Kommentar zu CHRYS., S. 26, 1–9. 33 subrepta] ›Sub-repere‹ spielt – ebenso wie »fama aurea repsit« (CHRYS., S. 10, 20) mit der Etymologie von ›Pro-serpina‹. [S. 19] 1–2 Cocytia … Flumina] Der Cocytus ist als ›Jammerstrom‹ der Unterwelt; »dictus uero Cocytus παρὰ τὸ κωκύω, lugeo.« (Giraldi, S. 297).523 2–4 cum cepit fastidia … distincto pariter prurivit amore] Über den Neid des Pluto auf die vielen Buhlschaften seines Bruders Iupiter, dort noch mit einem Blick auf den anderen Bruder Neptun, heißt es bei Claudian: »Nereia glauco/ Neptunum gremio conplectitur Amphitrite;/ te consanguineo recipit post fulmina fessum/ Iuno sinu. quid enim narrem Latonia furta,/ quid Cererem magnamque Themin? tibi tanta creandi/ copia; te felix natorum turba coronat./ ast ego deserta maerens inglorius aula/ inplacidas nullo solabor pignore curas?« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 103–110). Auffällig ist bei Furichius das leicht obszöne ›prurivit amore‹ (v. 4) – so merkt Martial einmal, sich ironisch entschuldigend, zu seinen schlüpfrigeren Epigrammen an: »lex haec carminibus data est iocosis,/ ne possint, nisi pruriant, iuvare.« (MART. 1, 35, 10 f.). Bei Claudian heißt es gelinder: »Dux Erebi quondam tumidas exarsit in iras/ proelia moturus superis quod solus egeret/ conubiis sterilesque diu consumeret annos/ inpatiens nescire totum nullasque mariti/ inlecebras nec dulce patris cognoscere nomen.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 32– 36). 523

Vgl. auch Boccaccio, S. 147v.

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C. Kommentar

5–6 Atque hos … Chryseida natu] Der eigentliche Raub wird lediglich gestreift und führt in Vers 7 zur Praeteritio, daß es zu lange wäre, alles zu erzählen. Bei Claudian wird der Raub mit epischen Vergleichen als die kosmische Ordnung, ja die Götter erschütterndes Ereignis über gut hundert Verse dramatisch geschildert; vgl. CLAVD. rapt. Pros. 2, 151–246. Furichius nimmt jedoch die Gelegenheit wahr, in GL. 6 den – außer bei ihm nicht für Proserpina verwandten524 – Namen ›Chryseis‹ über die Etymologie zu χρυϲόϲ zu erläutern. Die ›Chryseis‹ (Χρυϲηίϲ) der antiken Literatur ist eigentlich patronymisch Astynome, die Tochter des Apollopriesters Chryses, die während der Belagerung Trojas von Achilles erbeutet wird, doch Agamemnon zufällt, woraufhin der Gott durch die Pest ihre Herausgabe erzwingt (vgl. Hom. Il. 1, 182–184). Des weiteren ist in den Homerischen Hymnen, im Demterhymnus, eine ›Chryseis‹ eine von vielen Gespielinnen der Proserpina (vgl. Hom. Hymni. 2, 417–421).525 Bei Claudian jedoch tritt sie nicht in Erscheinung, und während Proserpina bei ihm im dritten Buch noch als ›Persephone‹ bezeichnet wird – »Persephone nusquam.« (CLAVD. 3, 244) – nennt sie Furichius ausschließlich ›Chryseis‹ und ›Proserpina‹. 8–21 patriae non immemor aedia … dona novissima saxo] Im Proserpina-Mythos ist es die halbjährliche Rückkehr als Erntegöttin. Jupiter findet so einen Kompromiß zwischen dem Anspruch Plutos und dem zähen Beharren der Ceres: »At medius fratrisque sui maestaeque sororis/ Iuppiter ex aequo volventem dividit annum:/ nunc dea, regnorum numen commune duorum,/ cum matre est totidem, totidem cum coniuge menses.« (OV. met. 5, 564–567).526 Furichius vergleicht diese Rückkehr allerdings durch ›vatidicoqué sonat terrore‹ (v. 10) und der dazugehörigen Glosse (›ut spectra sepulchralia solent‹) einer Geistererscheinung. Paracelsus etwa spricht bezüglich solchen Spuks in seinem fragmentarisch erhaltenen Liber de animabus hominum post mortem apparentibus von ›rumpelgeistern‹ und meint: »dan es müssent alle ding widergolten werden und gemessen hin wider mit aufgehaufter maß. als dan so ist der ingang zum reich gottes und darvor nicht. doruf verstanden das klopfen der toten, alein zu vergleichen ir ubels gegen den nechsten.«527 In der Literatur sieht man sie zudem als ›larvae‹ ihren Spuk treiben; vgl. »LARVAE siu[e] Maniae vel Maiolae. in sepulchris, signific [ant] Spiritus malos, qui uiris bonis sunt terriculamento, sed malis sunt noxiae, et apponebantur sepulchris, vt terrerent, homines, qui forte sepulchrum violare uellent.« (Ricciardi, Bd. 1, S. 338r). Zugleich überblendet 524

525 526 527

Dieser findet sich übrigens nicht im entsprechenden Kapitel bei Conti; vgl. Conti, S. 127–130. Auch der akribische Giraldi führt nichts an; vgl. Giraldi, S. 273–284. Vgl. R. Bloch (1997); Pauly 3 (1899), Sp. 2494. Vgl. auch Conti, S. 129 f.; u. W. Kühlmann (1984), S. 134 f. Paracelsus 14 (1933), S. 302.

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Furichius die alchemische Bildlichkeit des Ackerbaus dem Jahreslauf der Vegetationsgöttin: 11–13 pro dote auri specua abdita … pensa ministris] Als Mitgift erhält Proserpina somit die Entstehungsstätten des Goldes, an welchen die alchemischen ›Schwefel‹ die Metalle erzeugen. Die Vorlage hierfür läßt sich bei Claudian in den Trostworten Plutos finden, mit welchen er der Geraubten ausmalt, wie der Glanz der Unterwelt sie für den Verlust von Sonne und Luft entschädigen wird: »amissum ne crede diem: sunt altera nobis/ sidera, sunt orbes alii, lumenque videbis/ purius Elysiumque magis mirabere solem/ cultoresque pios; illic pretiosior aetas,/ aurea progenitas habitat, semperque tenemus/ quod superi meruere semel, nec mollia derunt/ prata tibi; Zephyris illic melioribus halant/ perpetui flores, quos nec tua protulit Aetna./ est etiam lucis arbor praedives opacis/ fulgentes viridi ramos curvata metallo:« (CLAVD. rapt. Pros. 2, 282–291). Im Hades besteht also das ›goldene‹ Zeitalter fort, wohnt das ›goldene‹ Geschlecht, steht der Metallbaum – wie auch Hades den ›Samen‹ der Dinge wie dem Schicksal vorsteht; so spricht die Parze Lachesis ihn an: »O maxime noctis/ arbiter umbrarumque potens, cui nostra laborant/ stamina, qui finem cunctis et semina praebes […]« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 55–57).528 Einer alchemischen Deutung des Mythos kommt auch der Konsens antiker Interpretationen entgegen, wie Conti ihn in seinem Kapitel zu Pluto referiert, in welchem der Gott als ›vis‹ oder ›elementum terrae‹ angesehe wird: »Terrena autem vis omnis atque natura Diti patri dedicata est: qui Dis vt apud Graecos Πλούτων dicitur, quia et recidant omnia in terras, et oriantur è terris.« (CONTI, S. 91). Auf die Dienerinnen der Chryseis – die ›ministrae‹ des hier besprochenen 11. Verse – und ihr metallurgisches Schaffen geht CHRYS., S. 19, 29-S. 20, 5 ausführlich ein. 15–21 operaequé haec signa … novissima saxo] Für die Zeit, welche Chryseis erneut in der Unterwelt weilt, hinterläßt sie den Alchemikern (hier: ›sacri coloni‹ v. 16) die Zeichen ihres Werkes (v. 15), welche Furichius in GL. 15 als ›aurificina‹ glossiert, als Gabe – sprich mit GL. 21 als Wissen um die ›Alchemie‹ – auf jenem nahen Felsen, auf welchem sich, wie man am Ende des Lehrgedichtes erfährt, ihr Heiligtum befindet. 24 serpit quôd fama] Erneut das etymologische Spiel mit ›Proserpina‹. 25 Chrysolithi] Der Stein der Weisen, wird wie GL. unterstreicht, da er von der Chryseis herrührt, entsprechend benannt. Dieser ›Chrysolith‹ ist der alchemische Mercurius und hat nichts mit dem gleichnamigen, goldfarbenen Edelstein zu tun, als welcher er etwa bei Ruland verzeichnet ist: »Chrysolithum gemmam vna cum hyachintho mittit Aethiopia, etc. aureo colore translucentem: Vnde et nomen habet« (Ruland, S. 148). 528

Vgl. W. Kühlmann (1984), S. 134, Anm. 78.

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C. Kommentar

27 Plutonis turba jam instante, graviqué tumultu] Furichius verweist in GL. auf Claudian. Dort lärmt jedoch die unterirdische Schar nicht, um Proserpina zu berauben, sondern sie wird fürstlich empfangen (vgl. CLAVD. rapt. Pros. 2, 317–325); und im Schattenreich herrscht allgemeine Freude über die geglückte Brautfahrt des Herren: »Pallida laetatur regio gentesque sepultae/ luxuriant epulisque vacant genialibus umbrae:/ grata coronati peragunt convivia Manes.« (Ebd. 2, 326–328) – mit in Anbetracht dessen, daß sogar die Unterweltstrafen vorübergehend ausgesetzt werden, schier saturnalischen Zügen: »urna nec incertas versat Mionoia sortes;/ verbera nulla sonant nulloque frementia luctu/ inpia dilatis respirant Tartara poenis: […] solvitur Ixion, invenit Tantalus undas« (ebd., 2, 332–337). 31–S, 20, 5 Namque … tingebat honore] Es werden die drei Dienerinnen der Chryseis genannt, welchen nach GL. 32 der ausführende Teil im ›ganzen Werk der Metallurgie‹ zufällt, während die Göttin selbst nach GL. 31 als ›virtus lapidis‹ das Werk überwacht und vollendet. Noch weniger als bei ihrer Herrin handelt es sich hierbei um genuin mythologische Gestalten – sie finden sich weder im Pauly oder im Zedler noch in den einschlägigen Werken der Renaissance – sondern um die drei alchemischen Principia, gewandet als Gestalten der griechischen Mythologie. Zudem erscheinen sie, wie GL. S. 20, 1 ausweist, im Sachbereich des Schmiedehandwerks. Sie sind also den Cyclopen in der Schmiede des Vulcanus nachempfunden: Brontes, Steropes und Pyragmon (vgl. VERG. Aen. 8, 425). Diese sind ebenso nach ihren Tätigkeiten benannt: »quid facturi sint ex nominibus docet: nam Brontes a tonitru dictus est, Steropes a fulgetra, ἀπὸ τῆϲ ϲτεροπῆϲ. Pyragmon vero, qui numquam a calenti incude discedit, ἀπὸ τοῦ πυρὸϲ καὶ τοῦ ἄκμονοϲ; nam πῦρ ignis est, ἄκμων incus.« (SERV. 8, 425). 32 Pyralis] in deutlicher Analogie zu Pyragmon. S. 20, 1 Psolopoea] gebildet aus ὁ ψόλοϲ (›der Rauch‹) und ποιεῖν (›machen, tun‹) ist die ›Raucherzeugerin‹. 3 Oncophore] gebildet aus ὁ ὄγκοϲ (›die Masse‹) – lateinisch ›corpus‹ – und φερείν (›tragen, bringen‹). Um alchemisches Gold herstellen zu können, muß, wie es hier geschieht, in ›Feuer‹ und Rauch – auch Dampf – die ›formlose‹ prima materia hergestellt werden auf ›circulierende Art‹: »fumosqué diu Psolopoea rotabat« (CHRYS., S. 20, 1). Über die spagyrische Metallerzeugung – wie sie ebenso in den Erzminen geschieht – schreibt Pseudo-Albertus Magnus in seinem kurzen, aber stark rezipierten, Traktat über den Ursprung der Metalle; nach der Zusammenfassung im Theatrum chemicum: »Est quaedam materia in mineris uniformis, videlicet argentum vivum et sulphur in uno corpore, ex qua materia facit naturaliter exire illam fumosam substantiam seu materiam subtilem, quae beneficio naturae convertitur in metallum. Materia illa fumosa, est quoddam corpus. Et illa fumosa ab ea generata est quidam spiri-

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tus: Et sic natura facit de corpore spiritum: et sic facit ascendere à terra in coelum, id est rem corporalem facit spiritualem, et postea circulando rem spiritualem facit corporalem, et sic de coelo descendit in terram.« (Albertus, S. 30[=130]f.). Chryseis schließlich, welche hier als Stein der Weisen gleich der ›aristotelischen Form‹ des Goldes agiert, veredelt abschließend das Erzeugnis ihrer Gehilfinnen: Die ›materia prima‹ wird Gold; ein Vorgang welcher hier der Färbung (›auri tingebat honore‹) verglichen wird.529 [S. 20, Fortsetzung] 8–26 Ales enim … summa ornamenta notari] Erneut werden, wie GL. 17 ausweist, die drei Farben im alchemischen Werk, wie sie sich am Raben und im Gesang des Raben offenbarten, durchgegangen und durch Vergleiche erläutert: Verse 11 bis 16 die Nigredo; 17 bis 22 die Albedo; und 23 bis 26 die Rubedo. Hierbei ist lexikalisch zu klären: 12–13 magnetem … Magnesia] Nach SCHOL. 12 sind ›magnes‹ und ›Magnesia‹ sowie ›terra hispanica‹ und ebenso ›terra Adami‹ synonym. Letzteres bezeichnet nach Furichius eine Art von Erdreich, welches bei Verona sowohl in fast rubinroter Farbe als auch schwarz vorkommt. Die Bedeutung dieser Erde geht allerdings über das Naturkundliche und die Geographie Italiens hinaus: »Terra adamea, auch Terra Damascena, die Damascaner-Erde, ist eine röthlichte Erde, so in Assirien und Damasco gefunden wird. Von dieser Erde soll den Vorgeben nach Adam der erste Mensche gemacht worden seyn, daher auch der Nahme kommt.« (Ernsting, S. 295) Unter »Terra Hispanica, id est, vitriolum« (Ruland, S. 467) wird ebenso der alchemische Mercurius (die ›materies gemmae‹ aus Vers 10) verstanden, wie ›magnes‹ und ›magnesia‹ Bilder für ihn sind. Als ›Magnet‹ und ›Magnesia‹ werden hierbei sowohl der zum Nordpol weisende ›lapis nauticus‹ wie auch verschiedene schwarze, rote und weiße Mineralien begriffen.530 14 Tymbraeus Apollo] Wegen der schwarzen Farbe wird der Mercurius nach der Krähe benannt, welche hier Apoll als ›Platzregenbringer‹ – »ϴυμβραῖοϲ ᾽Απόλλων […] quod est deus imbricitor« (MACR. Sat. 1, 17, 49) – heilig ist. Eine andere Erklärung wäre: nach der Stätte ›Tymbra‹ bei Troia, »pleno thymbrae herbae, in quo eius est nemus et templum, ubi à Paride Achilles occisus, unde fingitur manu Apollinis uulneratus.« (Giraldi, S. 237). Doch ist hier, da im Folgenden vom ›imber‹ als dem Werk unbedingt nötigem ›Regenguß‹ (CHRYS., S. 27, 8; 41, 18; 46, 10) gesprochen wird, die erste Epiklese gemeint. Zugleich wird auf OV. Met. 2, 531–632 angespielt. In dieser Episode bestraft Apoll den schwatzhaften Raben, der ihn zur Tötung seiner Geliebten, der Nymphe Coronis, verleitete, damit, 529

530

Vgl. zu ›materia prima‹ Ruland, S. 322–326; sowie zu ›tinctura‹ ebd., S. 474 f.; Ernsting, S. 298 f.; sowie CP 1, S. 281 f., et passim. Vgl. Ruland, S. 314–316.

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C. Kommentar

daß er ihn aus dem Kreise der ursprünglich weißen Vögel ausstößt: »inter albas aves vetuit consistere corvum« (OV. met. 2, 632). 19–20 tabulae procedat eburnae … doctis in vasibus ignem] Die Pharmazie der Zeit kannte zwei Arten von gebranntem Elfenbein: eines, das im offenen Feuer weiß wird, und ein anderes, welches, »[w]enn man es aber in einem zugedeckten Tiegel calciniret, bleibet es kohl schwartz.«531 21–22 lac alitis … Alpes] Erklärt nach GL. 21 ›Was die Milch des Flügelgängers bei den Chemikern ist‹ und spielt zugleich im Kontext des immer schöner ›singenden‹ Raben mit der Semantik von ›lac‹; wodurch einerseits die Milch, zum anderen übertragen – im Anklang an die Formel ›mel et lac‹ – ein ›süßer Gesang‹ bezeichnet wird. Zur Farbe der Milch kommen als Vergleich der verwandte grauweiße ›Milchstein‹ (›galactites‹ vom Griechischen τό γάλα), welcher sich in einen ›milchigen, süßen Saft‹ auflösen läßt,532 und die für ihre schneeiges Weiß berühmten Alpen hinzu. Zugleich ist auch, wie aus der Aurea Catena ersichtlich wird, die ›lac alitis‹ wiederum Mercurius: »Lapis hic […] vario se nomine prodit: Nempe saliva alijs: alijs Magnesia dictus […] aequipare volebant:/ Lacti alij alituum« (AVR. CAT., S. 10, 3–7). 27 Immanis serpens] Zur ›immanis serpens‹ als Ouroboros verweist Furichius in SCHOL. auf die jambischen Verse eines ›gewissen Griechleins Theophrast‹, welche in der Übersetzung lauten: ›Und dieser ist der Ouroboros oder der Drache,/ Ein weißes Gesicht und eine gefleckte Haut/ Hat er.‹ Es handelt sich hierbei um den byzantinischen Gelehrten Theophrastos, der während der Regierungszeit Theodosius III. (715–725) eine ›neue alchemische Sammlung zusammenstellte‹, zu der ein gewisser Heliodoros um die Jahre 716 und 717 ›vier einleitende Gedichte beisteuert, welche hernach in die Sammlung aufgenommen wurden‹.533 Furichius ordnet hier das Gedicht, in Unkenntnis der verworrenen Überlieferungsgeschichte,534 nach dessen Titel ›ϴεοφράϲτου φιλοϲόφου περὶ τὴϲ αὐτῆϲ θείαϲ τέχνηϲ διὰ ϲτίχων ἱάμβων‹ (›Des Weisen Theophrastos über die nämliche Göttliche Kunst in jambischen Versen [Gedicht]‹) dem Herausgeber der Sammlung 531 532

533 534

Zedler 8 (1734) Sp. 789. Vgl. »Lapis Galactites dicitur, quia lacteum succum resudat, coloris, cinerei, gustus dulis, praecipue in aqua.« (Ruland, S. 240). Vgl. G. Goldschmidt (1923), S. 2. Über die Autorzuweisung der vier Gedichte des Heliodorus besteht bis G. Goldschmidt (1923), S. 3–25 Unklarheit. So schreibt etwa Schmieder jedem der beiden je ein Gedicht zu: »Heliodorus, von Emesa in Phönicien, war ein Zeitgenosse des Synesios und Bischof zu Trikka in Thessalien. Er schrieb ein Gedicht in Jamben zum Lobe ›der mystischen Kunst‹ oder nach einer anderen Ueberschrift ›der heiligen Kunst der Chymisten‹, welches er dem Kaiser Theodosius II. überreichte. Es hat 268 Verse.« (K. Schmieder (1832), S. 69); und: »Theophrastos, welcher sich einen christlichen Philosophen nennt […] schrieb ein jambisches ›Gedicht von der heiligen und göttlichen Kunst‹, welches in 265 Versen besteht.« (Ebd., S. 71).

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zu. Maier dagegen nennt in seinem Überblick über die griechischen Alchemiker den wahren Autor: »Heliodorus, qui ad Theodosium Imperatorem de Chymicis scripsit.« (Maier Mensa, S. 129). [S. 21] 6 ne salvum emitte celeusma] Mit ›celeusma, -atis‹ (verbreiteter ist die Form ›celeuma‹) wird, wie Furichius selbst in GL. ›Symbolum nauticum‹ andeutet, ursprünglich das Lied bezeichnet, welches Ruderer singen, um im Takt zu bleiben.535 7 furiosi flumina Ponti] Das sturmgepeitschte Schwarze Meer, der Pontus, klassisch beschrieben etwa im 2. Kapitel des ersten Buches von Ovids Tristia; wo ausgerufen wird: »me miserum, quanti montes volvuntur aquarum!/ iam iam tacturos sidera summa putes./ quantae diducto subsidunt aequore valles!/ iam iam tacturas Tartara nigra putes./ quocumque aspicio, nihil est, nisi pontus et aer,/ fluctibus hic tumidus, nubibus ille minax.« (OV. trist. 1, 2, 19–24). 10 Hîc opus hîc labor est] Das berühmten Wort der Sybille aus dem 6. Buch der Aeneis, als sie den Helden über die Risiken eines Abstiegs in die Unterwelt aufklärt: »facilis descensus Averno:/ noctes atque dies patet atri ianua Ditis;/ sed revocare gradum superasque evadere ad auras,/ hoc opus, hic labor est.« (VERG. Aen. 6, 127–129). Somit wird die Gefahr, welche der Alchemiker eingeht, nicht nur der waghalsigsten Seefahrt, sondern der auch dem gewagtesten Unterfangen der antiken Epik gleichgestellt. Dasselbe Zitat findet sich im nämlichen Kontext bei Augurelli: »Hoc opus, hic labor est, hic exercentur inanes/ artificum curae, uariis hic denique nugis/ sese ipsos, aliosque simul frustrantur inertes.« (Augurelli, 2, 363–365). Jener vergleicht auch, wie im folgenden Furichius, das alchemische Beginnen, neben den Taten des Herkules, mit der Fahrt der Argonauten: »Nec timuit tantos per fluctus quaerere summis/ Tum ducibus ditem sub Iasone et Hercule Colchon./ Alter inauratum noto de uertice pellem,/ Principium uelut ostendit, quod sumere possis:/ Alter onus quantum subeas, quantumque laborem/ Impendas crassam circa molem, et rude pondus,/ Edocuit« (Ebd, 2, 355–361). Hinsichtlich des Drachens erinnert an jene Mahnung der Prophetin ebenso der Tractatus aureus: »Hoc opus, hic labor est, invenire scilicet modum sive remedium aliquod, quo bestia ista circumventa, in tam profundum incidat somnum« (Tract. aur., S. 619). 10–12 Si te vult diva potiri/ Auricomo spolio … fata videre] Das Gelingen liegt in beiden Wagnissen – dem Gang in die Unterwelt wie dem alchemischen Opus – fast gänzlich in der Hand einer Gottheit, welche nur die Wenigsten begünstigt. So sagt die Seherin weiter: »pauci, quos aequus amavit/ Iuppiter aut ardens evexit ad aethera virtus,/ dis geniti potuere.« (VERG. Aen. 6, 129 f.). Das ›auricomum spolium‹ steht metonymisch für 535

Vgl. ThLL 3 (1907), Sp. 758 f.

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C. Kommentar

das Goldene Vlies, Furichius fügt derart den bereits genannten Seeabenteuern noch die Argonautenfahrt hinzu, zu welcher auch der folgende Vergleich mit Medea gehört: 15–17 ut quondam viscera … stulta juvencum] Die Lektüre mancher, allzu metaphernreicher alchemischer Schriften wird in ihrer Wirkung auf den Verstand des Lesers dem verglichen, was Medea, als sie aus Liebe zu Jason ihre Heimat verrät, mit ihrem Bruder anstellt: Sie zerstückelt den Arglosen und wirft die Leichenteile, um den sie verfolgenden Vater aufzuhalten, ins Meer: »protinus ignari nec quicquam tale timentis/ innocuum rigido perforat ense latus,/ atque ita divellit divulsaque membra per agros/ dissipat in multis invenienda locis./ neu pater ignoret, scopulo proponit in alto/ pallentesque manus sanguineumque caput,/ ut genitor luctuque novo tardetur et, artus/ dum legit extinctos, triste moretur iter.« (OV. trist. 3, 9, 25–32).536 25–27 Concinnes alas humeris … Naturae per inane vagae] Furichius verweist in SCHOL. 26 gelehrt auf den Hermetischen Dialog Poemander und damit auf eine griechische, gedruckte Ausgabe; also nicht auf die lateinische Übersetzung durch Ficino, welche Pimander genannt wird. Hatte der Florentiner seine Übertragung, nach eigener Aussage im April 1463 abgeschlossen, so erschien die Editio princeps des Originaltexts unter dem Titel Mercurii Trismegisti Poemander, seu de potestate ac sapientia diuina. Aesculapii Definitiones ad Ammonem regem herausgegeben von Adrien Turnèbe 1554 in Paris.537 Nichtsdestotrotz richtet in der Ficinoübersetzung zu Beginn der titelgebende Pimander, welcher sich als ›mens divinae potentiae‹ vorstellt, die folgenden, hier zitierten Worte an den nachsinnenden Hermes Trismegistos: »Quid est ô Mercuri, quod et audire, et intueri desideras? Quid est, quod discere, atque intelligere cupis?« und dieser erwidert: »Cupio, inquam, rerum naturam discere, Deumqué cognoscere.« (Pimander, S. 837). Zugleich bezieht das geistige Durchdringen der ›großen Leere der unsteten Natur‹ (›magnum inane vagae naturae‹) auf Lukrez, für welchen die Natur aus zwei Dingen besteht: »natura duabus/ constitit in rebus; nam corpora sunt et inane,/ haec in quo sita sunt et qua diversa moventur.« (LVCR. 1, 419–421) – wobei die ›Leere‹ erst das Dasein und die Bewegung der Dinge ermöglicht: »tum porro locus ac spatium, quod inane vocamus,/ si nullum foret, haud usquam sita corpora possent/ esse neque omnino quoquam diversa meare« (ebd. 1, 426–427); oder: »sin intactile erit, nulla 536 537

Vgl. auch Conti, S. 310. Vgl. Gentile (1999), S. 44 f. u. 126–127; Der dort angebenene lateinische Titel der Ausgabe Paris 1554 Hermes Trismegistus. Poemander. Aesculapii Definitiones ad Ammonem regem weicht etwas von demjenigen des mir vorliegenden Exemplars der Universitätsbibliothek München (Signatur 4° A.gr. 202) ab.

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de parte quod ullam/ rem prohibere queat per se transire meantem,/ scilicet hoc id erit, vacuum quod inane vocamus.« (LVCR. 1, 437–439). 32 Clothus] Diejenige der drei Parzen, welche den Lebensfaden spinnt; getreu dem Merksatz: »Clotho colum retinet, Lachesis net, et Atropos occat.« (Giraldi, S. 284).538 [S. 22] 1–3 Vivificans rerum virtus … foecunda minutis] Wie GL. 1 bereits andeutet und SCHOL. 3 nochmals hervorhebt, wird hier die Lehre Platos von der Weltseele und der Erschaffung der Götter sowie der Verteilung der Seelen und deren Bindung an die Körper berührt (vgl. Pl. Ti. 39e40a; u. 41d-44d): ›Die Weltseele, sagt Plato, erzeugt die Götter aus Feuer, wie auch die gleichsam überzähligen Götter. Diese umschließen die Ideen der Seelen, durch welche die Lebewesen bestehen, welche von der Weltseele empfangene Seelen [sind,] mit der Hülle des Körpers.‹ 7–9 Adversa ut … monstrosas cedere forams] Verweist mit GL. 8 ›Ungeheuer gebären nicht‹ darauf, daß die Natur, sofern es doch einmal zu Zwitterwesen oder Mißgeburten kommt, diese zur Fortpflanzung unfähig hervorbringt. Sie entstehen – so Ambroise Paré im 2. Kapitel ›De monstris ex seminis uberiore copia causam habentibus‹ seiner Schrift De monstris et prodigiis – wie Mehrlinge, durch eine zu große Menge an Samen bei der Befruchtung. Außerdem sind sie äußerst kurzlebig; der Natur, den anderen Lebewesen und sich selbst zuwider: »ferè enim fit vt breuis admodum vitae sint, quod vt inuita natura nascuntur, sic et viuant. Adde quòd sibi admodum displiceant, quòd reliquis mortalibus ludibrio sint, itaque vitam sibi acerbam putant.«539; deutlicher doch in De rerum natura: »Multaque tum tellus etiam portenta creare/ conatast mira facie membrisque coorta,/ androgynum, interutrasque nec utrum, utrimque remotum,/ orba pedum partim, manuum viduata vicissim,/ muta sine ore etiam, sine vultu caeca reperta,/ vinctaque membrorum per totum corpus adhaesu,/ nec facere ut possent quicquam nec cedere quoquam/ nec vitare malum nec sumere quod foret usu./ cetera de genere hoc monstra ac portenta creabat,/ nequiquam, quoniam natura absterruit auctum/ nec potuere cupitum aetatis tangere florem/ nec reperire cibum nec iungi per Veneris res.« (LVCR. 5, 837–848). 10–11 Est igitur … in corpore fixae] Wie GL. 11 (›die ewigen und unveränderlichen Gestalten‹) und SCHOL. 10 (›Er nannte die ewigen Formen: die Formen jedoch, welche er die geringeren nannte, werden durch das Accidens verdorben‹) erläutern geht es hier weiterhin um die Platonische Ideenlehre: Bei Plato selbst ist die ›Ideenlehre‹ als solche nirgends explizit abgehandelt, sondern sie wurde von seinen Nachfolgern, vor allem Cicero, aus als ›genuin das Platonische Denken repräsentierenden‹ Vorstel538 539

Vgl. Boccaccio, S. 9vf. Pareus Monstris, S. 733.

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C. Kommentar

lung herausgearbeitet. Bei Aristoteles entsprechen die ›Ideen‹ dessen die unbestimmte ›Materie‹ bestimmenden ›Formen‹. Die ›stufenweise Herleitung‹ des sinnlich Wahrnehmbaren aus dem ›ureinen Prinzip‹ (›Gott‹) der Idee des ›absoluten Einen‹ (also Gott), vollzieht als erster der Neuplatoniker Plotin, für den sich die Ideen im Geist Gottes (als zweiter Hypostase des Einen), dem νοῦϲ, befinden. Die aus diesem ›Ureinen‹ abgeleiten Ideen sind die ›Gedanken Gottes‹ (vgl. MACR. somn. 1, 12, 6–18).540 15–S. 23, 2 At quia non possunt … insunt corpora viva] In diesem Abschnitt wird, wie GL. 16 anmerkt, die Entstehung der Dinge durch die Mischung von vier Qualitäten und – wie GL. 15 nochmals betont – nicht aus einem einzigen, behandelt, wobei über den epischen Text wie die Paratexte verschiedene philosophische Vorstellungen des dahinterstehenden schöpferischen Prinzips vorgebracht und unter mythologischen Verweisen miteinander gleichgesetzt werden: Der in der Natur schöpferisch wirkenden Wärme (calor)541 entspricht derart das Lukrezische Band der Venus oder Amor (der Epikureische Eros; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 4, 11) sowie der Äther des Aristoteles. Diesen gesellen sich im Folgenden etwa noch der Phanes der Orphik, Cupido als Tyrann und weitere hinzu. Letztlich handelt es sich – wie auch, wenn etwa in der Chryseis von der Platonischen Weltseele oder kabbalistischen Vorstellungen die Rede ist, vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 24, 1–25, um immer neue Bilder für den alchemischen Mercurius oder die Quintessenz.542 SCHOL. 15 bedarf hierbei einer eigenen, kurzen, Erläuterung. Sie enthält ein in zwölf elegischen Distichen abgefaßtes eigenes Poem, welches vom Beginn des 1. Buches der Metaphysica des Aristoteles – neben Stellen wie LVCR. 1, 635–689 (Heraklit) oder LVCR. 1, 830–860 (Anaxagoras) – inspiriert zu sein scheint. Dort wird die Vorsokratische Philosophie als ›Suche nach dem ersten oder den ersten Prinzipien der Natur‹ begriffen und zusammengefaßt.543 Furichius bezieht sich, mit Ausnahme des vorgezogenen Anaxagoras, in derselben Abfolge auf die dort in den ersten drei Kapiteln genannten Weisen; vgl. Arist. Metaph. 980–993a. Das ›Principium‹ – oder die ›Principia‹ – bezeichnet dasjenige, aus welchem alles erstlich entstanden ist, und in welches es letztlich wieder zerfällt. Hier eine Prosaübersetzung – zu den Vorstellungen sei auf Aristoteles und seine Kommentatoren verwiesen: Pindar wie auch Thales setzten für das Principium die Woge; Dieser der große Astronom; jener der bedeutende Dichter. 540 541

542

Vgl. H. Meinhardt (1976); Th. Szelzák (1998). Vgl. CP 1, S. 52; sowie zur wissenschaftlichen Diskussion der Zeit M. Mulsow (1998), S. 201–250. Vgl. hierzu grundlegend das Kapitel ›Quintessenza‹ in M. Gabriele (1997), S. 21–26; weiter zum Äther als ›primordialen Geiststoff‹ CP 2, S. 869, et passim.

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[5]

[10]

[15]

[20]

[25]

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Die ersten Erzeuger wurden daher Thetis und Oceanus genannt. Daher war beim schwarzen Styx der Eid der Götter zu schwören. Insofern urteilt auch Anaxagoras, nicht aus Liebe zur Frömmigkeit, Daß das Principium der Dinge Gott ist, Denn, da er nicht vermochte eine andere Ursache zu nennen, Leitete er vom höchsten Vater her die Schirmherrschaft. Nachdem den Hippon aus der Reihe der Weisen tilgt Der große Aristoteles, ist er mir auch nicht zu nennen. Für Heraklit war das Feuer, doch für Anaximenes die in der Höhe befindliche Luft, Für Parmenides aber war das Principium Alles. Demokrit setzte das Volle und Leere für den Ursprung: Das Sein hält er für das Volle, das Nicht-Sein für das Leere. Was soll ich an Pythagoras erinnern, der nach dem Gesetz der Mathematik Das Principium aus den Zahlen erschließt wie auch die Gattung? Was glaubte man nicht vermöchten die Zahlengebilde? Zu was allem lag nicht für ihn geheimnisvolle Macht in den Zahlen? Mit diesen erschafft er die Elemente, erschafft er sowohl die Seele als auch den Himmel; Mit diesen das Gebirge. Mit diesen pflegt er die Zeit abzuzählen. Mit diesen fügt er die Himmelsharmonie zusammen, wie auch den ganzen Äther. Alles sei aus jener Zahl, oder Zahl, glaubt er. Fürwahr sogar, daß die Zahl den Dingen einen leicht gestaltbaren Körper (Materia nennen sie ihn) darböte, lehrt er. Alkmaion schreibt gegenteilige Ursprünge der Dinge vor: Unbegrenzte nämlich, nicht so wie dieser zehn etc.

Furichius, der eigentlich durch den Straßburger Schularistotelismus geprägt wurde, gibt hier eine Tabulatur der vorsokratischen Kosmogonien, welche sich innerhalb seines Opus an frühe naturkundliche Dichtungen wie De Universo, die Comparatio Mundi cum Homine oder die Quatuor Elementa anschließen. Diese Gedichte sind abgedruckt im biographischen Teil der Einleitung; siehe oben. Letztlich kommt hierin eine ebenso wissenschaftliche wie künstlerische Auseinandersetzung mit dem ›Ursprung der Dinge‹ seitens des Straßburgers zum Ausdruck, wie sie auch seine immer wiederkehrende Beschäftigung mit dem ›Chaos‹ in der Chryseis verrät, vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 32, 9–11, et passim. Anschließend geht der epische Text auf den Urheber dieser Mischung (vgl. GL. 18) ein und erkennt in diesem die ›mens divina‹ (v. 19), welchen SCHOL. 19 als die Platonische Weltseele benennt: Nur, um fortzufahren, daß nach Aristoteles Sonne und Mensch den Menschen erzeugen. Diese Aussage überträgt Furichius nun schrittweise, über für ihn synonyme Metaphern Heraklits (Quelle des Lichts), der Orphik (Licht des Lebens), Platos (Himmlisches Feuer, Ewiges Lebewesen, etc.) und der Neuplatoniker (Herz des Himmels, Gott) mit den Gewährsnamen Albumasar544 und Trismegistus in die Vorstellungen der Hermetik: Die Erzeuger sind also Sol und Luna. Hierbei steht Sol für die Wärme, die jedoch aus sich ohne ›ratio‹ (Luna) 543 544

Vgl. P. Aubenque (1989). Gemeint ist der arabische Astrologe Abū Ma’šar (787–886), der im Mittelalter als eine der wichtigsten Autoritäten der Astrologie galt; vgl. P. Kunitzsch (1980).

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C. Kommentar

nichts hervorbringen kann, wofür er aus den kosmologischen Passagen zu Beginn von Hippokrates De carnibus zitiert: ›Mir scheint das, was wir das Warme nennen, sowohl unsterblich zu sein als auch Einsicht in alles zu haben, wie auch alles zu sehen, zu hören und zu verstehen, sowohl das Gegenwärtige, als auch das Zukünftige.‹ (vgl. Hp. carn. 2, 1). Dieses Warme ist, so SCHOL. 19 weiter, der ›Äther‹ – hierbei verweist er auf: Mercurialis und Capivaccius. Capivaccius ist der zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Padua geborene Arzt Girolamo Capodivacca (auch: Capivaccio), nach einer gründlichen Ausbildung begab er sich 1576 zusammen mit seinem 1530 in Forli geborenen Kollegen Gerolamo Mercuriali – der hier genannte Mercurialis – nach Venedig, um eine dort wütende Seuche zu bekämpfen. Da die beiden berühmten Ärzte – Mercuriali war von Maximilian II. 1573 aufgrund einer erfolgreichen Heilung zum Ritter geschlagen worden – jedoch nichts ausrichten konnten, wurden sie bald nach Hause gejagt. Trotz eines Angebots der Medici blieb Capodivacca in Padua, verstarb allerdings während eines Krankenbesuches beim Mantuaner Herzog im Jahr 1589. Neben vielen Schriften verfaßte er auch den 1601 in Venedig zum ersten Mal erschienenen Hippokrateskommentar.545 Mercuriali schlug ebenso Leibarztstellen aus und widmete sich weiterhin der Forschung. Er starb 1606 in seiner Geburtsstadt Forli. Auch er verfaßte Kommentare zum Werk des Hippokrates: Zum ›Calor‹ äußert sich Capivaccio im Kommentar zum 14. Aphorismus: »Qui crescunt habent calidum innatum; plurimo igitur indigent alimento: alioquin corpus absumitur. Senibus vero parum calidi innati inest, paucis propterea fomitibus egent; quia a multis exstinguuntur. Hanc etiam ob caussam febres senibus similiter acutae fiunt: frigidum enim eorum corpus.« (Capivaccius, S. 392); und schließt: »Calor igitur naturalis, seu spiritus insitus, est corpus mistum, genitum ex semine et sanguine menstruo, ab agente naturali, pro animae operationibus obeundis.« (Capivaccius, S. 393). Mercuriali schreibt ihm eine doppelte Bewegung zu: »Ad quod debit dublicem motum huic calori, vnum ad superiora, alterum ad inferiora. Motus ad superiora […] vt fuligines continuo expellantur. […] Motus ad inferna confert ad attrahendum alimentum« (Mercurialis, S. 454; vgl. et passim). Der abschließende Verweis der Scholie auf Macrobius, spielt wohl auf Ausführungen zu Apoll und Liber in dessen Saturnalia (vgl. MACR. sat. 1, 17 f.) an. 22 Est Veneris nodus] GL. verweist zunächst auf Lukrez: »non ita difficile est quam captum retibus ipsis/ exire et validos Veneris perrumpere nodos« (LVCR. 4, 1147 f.) – SCHOL. reiht dann drei Belegstellen (Parmenides und Hesiods Theogonie) auf, welche dem 1. Buch der Metaphysica

545

Vgl. G. Gliozzi (1975); u. Jöcher Sp. 3 (1751) 458 f.

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des Aristoteles entstammen und den in der Natur wirkenden Eros als Urerzeuger zum Gegenstand haben. S. 22, 23 Pronuba Iuno] Diesem Eros entspricht in der Chryseis Juno mit dem Beinamen ›Pronuba‹ – als Beschützerin des Ehestandes, welche die Brautleute zusammenführt; vgl.: »Pronuba dicta, eo quod nubentibus praeest, quaeque nubentem viro coniungit.« (ISID. orig. 9, 7, 8) und beispielsweise: »non pronuba Iuno,/ non Hymenaeus adest, non illi Gratia lecto« (OV. met. 6, 428 f.). Desweiteren werden über GL. 26 nochmals Fernels De abditis rerum causis (vgl. Kommentar zu S. 6, 6–10) sowie über SCHOL. 27 Paracelsus ins Spiel gebracht, dessen ›animus‹ – als Mittler zwischen Corpus und Spiritus – den nämlichen Eros bezeichnet, welchem die das Fette im Körper erzeugende Wärme Hippokrates (vgl. Hp. carn. 4, 1) entspricht. Diesem wiederum entspricht nach GL. 30 der alchemische Schwefel. [S. 23] 6–7 his ut subsidiis … odorqué veniret] Diese Hilfmittel sind nach GL. 6 die Paracelsischen ›qualitates secundae‹: Eine solche Unterscheidung zwischen ›primären‹ und ›sekundären Qualitäten‹ wurde hauptsächlich von Paracelsus und seinen Schülern eingeführt und beruht wahrscheinlich auf der Lehre Galens-Hippokrates. Dieser nennt das ›Warme, Kalte, Feuchte und Trockene‹ die elementaren und verändernden Qualitäten der Dinge. Sie sind tastbar. Aus ihrer Vermischung entstehen die sekundären, mit den anderen Sinnen wahrnehmbaren Qualitäten.546 10 ê carcere noctis] Wie GL. 10 explizit ausführt: Das häufig gebrauchte Bild von Kerker und Gefangenschaft, welches demjenigen des Grabes aufs engste verwandt ist, für die alchemische Putrefactio.547 12 Findor, an] Die in GL. angeführte Persiusstelle ist: »turgescit uitrea bilis:/ findor, ut Arcadiae pecuaria rudere credas.« (PERS. 3, 8 f.) 14–26 Haec vis in cunctis … minus ignibus obstant] Beschreibt unter Verwendung der Begrifflichkeit von Oleum beziehungsweise Sulphur (vgl. GL. 16) die Sublimierung des Mercurius, wie sie CHRYS., S. 24, 20–24 ebenso dem Zinnober (›minium‹) sowie weiter unten dem Salamander – vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 35, 2 und 5 – verglichen wird. Zur alchemischen Vorstellung der hier behandelten Öle – sprich Schwefel, da diese alles ›Fette‹ bezeichnen – vgl. Adam von Bodensteins Zusammenfassung der Prinzipien und Qualitätenlehre für Cosimo de’ Medici aus dem Jahre 1563: »Sulphur est omne pingue quod incendi potest ac in tenuissimam conuerti substantiam sulphuream, Mercurius omnis liquor est qui

546 547

W. Hübener (1989). Vgl. zur Bildtradition etwa L. Abraham (1998), S. 90f; S. 156f; M. Gabriele (1997), S. 98–105; J. Telle (1980d), S. 49, et passim; ders. (2004), S. 33–44.

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ascendit ac in fumum transit.« (CP 1, S. 308); vgl. auch Ruland, S. 351– 353. [S. 24] 1–25 Spiritus hic pariter … Thaumantia proles] In GL. 1 wird erklärt, daß hiermit der Platonische Weltgeist gemeint ist, über welchen Furichius in SCHOL. 1 weiter ausführt: »mit beinahe unendlich vielen Benennung wurde jener Geist der Welt von den Weisen bezeichnet. Die Kabbalisten nannten ihn die ›Grüne Linie, welche alles umgibt‹. Die Griechen ϲποράν ἄρθαρτον, die Hebräer ›Ruach Elohim‹ und ›grüner Duenech‹.« Khunrath führt in seinem Amphitheatrum in der Übersicht ›TRIA sunt, quae primordialiter constituunt MVNDUM‹ ähnliche Entsprechungen auf: Die ›Ruach Elohim‹ als der Geist Gottes über den Wassern – vgl. »et spiritus Dei ferebatur super aquas« (Gn 1, 1) des Alten Testaments – entspricht der neuplatonisch-hermetischen ›Anima Mundi‹ (auch: ›viriditas benedicta, Leo viridis, Duenech viride‹) und der Aristotelischen ›Forma‹ – ›μορφὴ, quae dat ESSE rei‹ als Agens – als auch der alchemischen ›Essentia quinta‹.548 Daß die ›grüne Linie‹ der Kabbalisten gern mit der Weltseele Platos identifiziert wurde, belegt Johannes Pistorius’ Ars Cabalistica von 1587, in welcher das zeitgenössische Wissen über die Geheimlehre zusammengefaßt ist. Dort findet sich unter der Kapitelüberschrift Quod dicitur à Cabalistis, quòd linea viridis girat vniuersum, conuenientissimè dicitur ad conclusionem vltimam, quam diximus ex mente Porphyrij die ›wahre‹ Entsprechung: »Haec positio ualde est difficilis intellectu, quapropter longo indiget discursu: nam quidam dicunt, hanc lineam uiridem, Mundi animam significare: ponunt enim isti Mundum esse animatum, ac corpora coelestia. Et hoc ad fidem nostram nihil refert orthodoxam.« (Pistorius, S. 863). Nachdem er mit den großen Kirchenlehrern das Neuplatonische bezüglich der Weltseele widerlegt hat, kommt er zum Schluß: »Et sic anima Mundi, quae est Deus Mundum uiuificans, dicitur linea uiridis: quia omnigenum influxum, influit in creata omnia, sicut color uiridis est capax cuiuscunque alterius coloris. Et ista linea circundat uniuiersum: quia ubique est Deus Mundum uiuificans. Cabalistae uerò uocant hanc lineam uiridem, ultimam midah seu proprietatem, quae omnes influxus totius spiritistici ordinis includit: qui ordo, dictiur Mundus archetypus: qui multigenos influxus misericordiae et iustitiae in se conlcudit. Alij Cabalistae [etc.]« (Pistorius, S. 867). Da man im Kontext von SCHOL. 1 ›Hebräer‹ und ›Kabalisten‹ in Eins setzen kann, läßt sich ›Elohim‹ ebenso nach Pistorius begreifen: Elohim – einer der Heiligen Namen Gottes – ist unter anderem Gott als der Gott der Schöpfung, von Oben und Unten, des Himmels und der Erde, der Gott des Anfangs, da ‫ אלהים‬mit Aleph, als erstem Buchstaben des Hebräischen Alphabets, beginnt: »perinde atque sic notari insinuaret, duo principialiter 548

Vgl. H. Khunrath (1609), dort das 2. doppelseitige Schema zwischen S. 144 u. S. 145.

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creauit Deus, totum Mundum supremum cum omnibus in eo degentibus, et totum Mundum infimum, omniaqué ad illum pertinentia: nam sin alter, fuisset satis Mosen ita scripsisse: Resit bara Elohim samaim vearez: id est, Initio creauit Deus, coelum et terram: potuit enim summarium illud creationis non incipere à Beth ‫[ ב‬etc.]« (Pistorius, S. 861). Und als ›Ruach Elohim‹ findet sich die Dreieinheit Gottes bezeichnet: »Ruach, uox Hebraea, quae interpretatur spiritus, in qua uoce illud obseruandum in tota scriptura sacra non iuneniri Ruach uocem coniunctam nisi cum tribus Dei nominibus Elohim, Adonai, et Iehoua, ut sign[ificent] Dei Trinitatem, uel ut sign[ificent] spiritum esse vnam ex tribus Dei personis.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 172r); schließlich: »Duenech, apud Paracelsum, sig[nificat] Antimonium.« (Ricciardi, Bd. 1, S. 212r).549 Vgl. hierzu auch die Vorrede der Aurea Catena: »Alij vt Mundi vtriusque harmonicam concordantiam, secundum Pythagoricos, magosque veteres, Indos, Arabes, Persas, demonstrarent, diametrum quendam per medium Mundi orbem penetrantem excogitarnt. Diametrum istum Mundi nos in opusculo hocce lineam viridem appellauimus. Alij aliter. Neque interest, vt voces, modo mens eadem sit. Per me quidem licet vtcumque vocare. Orphei Phanes idem, opinor, mysterium. Lucretij de Venere exordium. Catulli grandaeua Dione, spiritus permeans seminali tramite. Illorum omnium mentem leuiore carmine expressimus, dum de aureo isto vellere Iasonis, seu ramo aureo Aeneae paucula ista ludimus.« (AVR. CAT., 3. und 4. ungezählte Seite der Vorrede). Als weitere Entsprechungen und Erscheinungsformen dieses Weltgeistes werden im folgenden genannt: 3 Hic Cypri … grandaeva Dione] Die ›Cypri diva‹ ist nach dem Ort, da sie das Land betrat, Zypern Venus, die ›hochbejahrte Dione‹ ist die Mutter der Venus (vgl. »sic Venerem quaerat deserta Dione.« CLAVD. rapt. Pros. 3, 433) beziehungsweise die Göttin selbst; vgl. Conti, S. 202 f. 4–6 Hic fortasse Phanes … numerumqué decentem] In der Orphischen Theogonie ist Phanes der Urgott; vgl. »Phanes etiam dictus est Amor, quòd ex Chao primus apparuerit, quod Orph[eus] et Lactantius aiunt. Macrobius [MACR. sat. 1, 17, 34] tamen solem Phaneta interpretat, quoniam quotidie φαινεταινεὸϲ, id est nouus appareat« (Giraldi, S. 562); oder »Caelum non illud quidem praegrandae corpus ornamentum syderibus: quod dicebat Orpheus a phanete compositutum: in domicilium suum atque aliorum deorum: et quod nos ambire circuitu cernimus.« (Boccaccio, S. 23r);550 sowie den Kommentar zu CHRYS., S. 33, 26. 9–10 Orbis uterque,/ Et volitans, et quadrifida qui mole quiescit.] Die beiden Kreise (›Orbes‹) sind – neben der hermetischen Symbolik von Kreis 549 550

So auch M. Fumagalli (2000), S. 76. Vgl. W-A. Maharam (2001).

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C. Kommentar

und Viereck – der gleichsam fliegende Sternkreis (›volitans‹) und darunter ruhende, in die vier Kontinente eingeteilte Erdkreis. In der Aurea catena heißt es: »Mundus vterque/ Et volitans, et quadrata qui base quiescit.« (AVR. CAT., S. 24, 16 f.). 20–24 Est tamen in minio … in igne triumphat] Mit ›minium‹ wird üblicherweise der Zinnober als Farbstoff bezeichnet, hier jedoch handelt es sich, wie GL. 20 unterstreicht, um eine weitere Bezeichnung des alchemischen Mercurius; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 12, 32 und S. 40, 29. 25 Thaumantia proles] Die Götterbotin und Göttin des Regenbogens Iris als Tochter des Thaumas und der Electra; vgl. Conti, S. 473. Ihrer Farbenpracht wird hier (vgl. GL. 24) das Farbenspiel des alchemischen Mercurius zwischen Nigredo und Albedo verglichen, nachdem das Schwarze im Zuge der Ablutio abgewaschen worden ist welches ebenso ›cauda pavonis‹ genannt wird; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 12, 25.551 GL. 26 Abruptio.] Unter ›abruptus‹ wird in der Rhetorik zum einen der ›affektvolle Eingang‹ (die stürmische Eröffnung der Rede) verstanden, wie es hier nicht der Fall ist. Zum anderen – wie hier – eine Form der Brevitas, welche die Aussage abbricht, wodurch Dunkelheit entsteht; vgl. Ernesti: lat., S. 1 f. 28 Pallantias] Die Göttin der Morgenröte Aurora, als Tochter des Giganten Pallas und der Erde, sie gilt ebenso als Tochter des Hyperion und der Thia; vgl. Conti, S. 300; mehr im Kommentar zu CHRYS., S. 43, 15.

Furichius, Chryseidos, Liber III, Kommentar [S. 25] Argumetum Satyrica elusione] Das ›eludere‹ gehört zum ›repercutere‹: zum verbalen Schlagen mit den eigenen Waffen: »retorquemus dicteria in eos ipsos, qui ea in nos iecerant« (Ernesti: Lat., S. 330); durch eine sitzende Replik (»Elusit Cassius Seuerus, obieciente quodam quod ei domo sua Proculeius interdixisset, respondendo ›numquid ergo illud accedo?‹«; QVINT. inst. 6, 3, 79), eine noch größere Dreistigkeit oder ironische Zustimmung; hier also mit Mitteln der Satire.552 [S. 26] 1–9 Ast ego … micare capillis] Chrysanthus träumt in dieser Nacht zweimal: Zuerst erscheinen ihm unmittelbar nach dem Einschlafen wilde Traumgesichter – »Vix connixi oculis, agitant cum somnia mentem« – aus welchen er sogleich wieder aufschrickt (v. 1–3), und nach einer längeren Phase der Schlaflosigkeit (v. 4–7), während der beginnenden Mor-

551 552

Vgl. L. Abraham (1998), S. 1; 141 f. Zur zeitgenössischen Etymologie und Semantik von ›Satire‹ vgl. W. Schäfer (2001).

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genröte, ein anderes Mal (v. 8 f.); diesmal in einer Art Halbschlaf: »verso insomnis nova somnia mecum« (v. 8). Macrobius unterscheidet in seinem Kommentar des Somnium Scipionis grundlegend fünf Arten des Träumens: 1. ›somnium‹ oder ὄνειροϲ; 2. ›visio‹ oder ὅραμα; 3. ›oraculum‹ oder χρηματιϲμόϲ; 4. ›insomnium‹ oder ἐνύπνιον; und 5. ›visum‹ oder φάνταϲμα. Den letzten beiden mißt er keinen prophetischen Gehalt bei, er schreibt das ›insomnium‹ der Erschöpfung zu und sieht das ›visum‹ bloß als die ›prima somni nebula‹ des noch nicht richtig Schlafenden an. Beim ›oraculum‹ erscheint im Traum ein Verstorbener oder ein Gott. In der ›visio‹ ist man selbst Teil des Geschehens. Als ›somnium‹ wird bezeichnet, »quod tegit figuris et velat ambagibus non nisi interpretatione intellegendam significationem rei quae demonstratur« (MACR. somn. 1, 3, 10) – das ›somnium‹ ist demnach uneigentlich. Es bedarf der Deutung. Es läßt sich weiter in fünf Unterarten einteilen, deren letzte offenbart als ›somnium generale‹ etwas über die Beschaffenheit des Kosmos. Der Traum des Scipio stellt demzufolge eine Mischform aus jenen drei Arten dar: Er ist ein ›oraculum‹, weil Verstorbene auftreten, eine ›visio‹, weil der träumende Scipio sich selbst unter die Sterne versetzt sieht, ein ›somnium‹, weil das Geschaute ohne Kommentar, welchen Macrobius zu leisten sich anschickt, nicht verständlich ist.553 Die nämlichen Kriterien gelten für den Traum des Chrysanthus: Götter treten auf, er ist Teil des Geschehens, das Geschaute selbst ist hochgradig allegorisch und muß durch den Greis gedeutet werden, der Inhalt als alchemischer ist kosmologisch. Ließe man diesen freilich beiseite, wäre das Träumen des Chrysanthus – Furichius gebraucht hier zweimal ›somnium‹ und später variiert er mit ›phantasma‹ und ›omen‹554 – den bedeutungslosen ›visa‹ und ›insomnia‹ zuzuschlagen. Entscheidend sind hierbei die Begleitumstände: nach einer unruhigen Nacht und während der Morgenröte. Diese teilt der Traum in der Chryseis mit der umfangreichsten wie wirkungsmächtigsten Traumbeschreibung der Renaissance, der Hypnerotomachia Poliphili (Erstdruck: Venedig 1499) des Francesco Colonna (1433–1527).555 Der Held Poliphilo fällt zu Beginn des Werkes ebenso nach längerer, mit kummervollem Grübeln zugebrachter Schlaflosigkeit,in einen ›philosophischen‹ Traum: »In quella medesima hora che gli colorati fiori dal ueniente figliolo di Hyperione [d. h. Helios], el calore ancora non temeano noceuole. Ma delle fresche lachryme de Aurora irrorati et fluidi erano et gli uirenti prati. 553 554

555

Zusammengefaßt aus MACR. somn. 1, 3, 1–13. Der Protagonist der Vision bei Sendivogius schläft einfach und ohne Zeitangabe ein: »Dum autem in littore Melosynas [d. h. Meerweibchen, Melusinen] hinc inde natantes cum Nymphis conspicio, fessus etiam à praecedentibus laboribus, et cogitationibus variis gravatus, ab aquarum murmur somno corripior: et dum suaviter obdormisco, occurit mihi in somnis visio mirabilis [etc.]« (Novum lumen, S. 585). Vgl. auch Poliphilo, Bd. 2, S. 501 f.; mit einem Verzeichnis weitere Stellen der antiken wie italienischen Literatur.

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C. Kommentar

[…] Io Poliphilo sopra el lectulo mio iacendo, opportuno amico del corpo lasso […] Hora li madidi ochii uno pocho tra le rubente palpebre rachiusi, Sencia dimorare tra uita acerba, et suaue morte. Fue inuasata et quella parte occupata et da uno dolce somno oppressa, […] Ad me parue de essere in una spatiosa planitie, laquale tutta uirente, et di multiplici fiori uariamente dipincta [etc.]« (Poliphilo, Bd. 1, S. 11–13). Zu erläutern ist noch: 3 Phobetor] Derjenige aus dem großen Gefolge des Morpheus, welcher dem Schlafenden Tiergestalten vorgaukelt: »at alter/ fit fera, fit volucris, fit longo corpore serpens:/ hunc Icelon superi, mortale Phobetora vulgus/ nominat;« (OV. met. 11, 638–641).556 6–7 Vergilias vix video … persolvere passis] Verweist, zumal Furichius selbst in GL. 6 ›Ita Plaut[us] in Amphitruone.‹ den Bezug herstellt, auf: »nec Iugulae neque Vesperugo neque Vergiliae occidunt./ ita statim stant signa, neque nox quoquam cocedit die.« (PLAVT. Amph. 275 f.). Mit solchen Worten verleiht der getäuschte Sklave Sosia, dessen Gestalt sich Merkur bemächtigt, seinem Erstaunen (»credo ego hac noctu Nocturnum obdormiuisse ebrium« (PLAVT. Amph. 272) darüber Ausdruck, daß die Götter den Lauf der nächtlichen Gestirne und somit auch der Nacht angehalten haben. Dies geschieht, um Jupiter in der Gestalt des Amphitruo die Liebesnacht mit Alkmene zu ermöglichen und andauern zu lassen. Für die Handlung der Chryseis bedeutet dies, daß in dieser Nacht für Chrysanthus der nächtliche Himmel stillsteht: Die Götter haben auch hier ihre Hand im Spiel. 7 Iugulas] ›Iugulae, -arum‹ bezeichnet den aus drei nebeneinander stehenden Sternen (›iugulus‹ von ›iunctus‹) bestehenden Gürtel des Orion, welchen ich hier, um im Bild zu bleiben, mit ›Dreigestirn‹ übersetze. 11 signatae ad germina quercus] Die Eiche ist dem Jupiter heilig, im Land der Molosser stehen sie als seine Orakelbäume,557 von ihren Früchten ernähren sich die Menschen des Goldenen Zeitalters (vgl. OV. met. 1, 106). Sie ist einerseits der ›Inbegriff des Heiligen Baumes‹, zum anderen ist sie, wie jeder Baum, im alchemischen Kontext ein ›arbor philosophorum‹ – wie der ›Metallbaum‹ des Hades (vgl. CLAVD. rapt. Pros. 2, 282–291), wie der Korallenstrauch (vgl. CHRYS., S. 12, 2 f.),558 wie das chemische, an ein Gewächs erinnernde Kunststück ›arbor Hermetis‹; vgl. SCHOL. [S. 69], S. 51, 29.

556 557

558

Vgl. auch Conti, S. 121–123. Vgl. »Molossus Iupiter, à Molossis Epiri populis et Chanoniae cognominatatus, apud quos oracula quercus reddebant.« (Giraldi, S. 132). Vgl. Ch. Walde (1997); u. L. Abraham (1998), S. 137; u. 150 f.

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12 junctis ad sidera palmis] In Anlehung an »tandem animi incertum confusaque pectora firmat/ religio tendensque pias ad sidera palmas« (VAL. FL. 1, 79 f.) als Ausdruck wahrer Gottesfürchtigkeit. GL. 15 adscitio nomine] Das ›nomen ascitium‹ oder › adventicium‹ ist hier ›Chrysanthus‹ als ›erfundener Name‹ des Verfassers; das ›Pseudonym‹ als ›nomen adinventicium, fictum‹.559 23–S. 29, 1 Ante meos oculos visa est … specieque elabor ianani] Der in diesem Abschnitt enthaltene mythoalchemische Traum des Chrysanthus beruht auf der Scholie des Tractatus aureus (vgl. Tract. aur., S. 672–675) zu den Hermesworten: »Rex autem dominator, suis fratribus restantibus ait: Ego coronor et diademate ornor, et regia veste iduor, et cordibus laetitiam ingero, et ego vinctus ulnis, et pectora mea matris et substantiae ejus, continere et quiescere meam substantiam facto, et invisibile ex visibili compono, tunc occultum apparebit, et omne, quod philosophi occultaverunt, ex nobis generabitur.« (Tract. aur., S. 672).560 Die Deutung beginnt, indem der ›König‹ mit dem Gold – und damit mit Phoebus – gleichgesetzt wird, und somit seine ›Geschwister‹ als die anderen Götter und Metalle auftreten: »Rex est aurum: Ejus autem fratres sunt caetera inferiora metalla« (Tract. aur., S. 672) – dem entspricht hier die ›speciosa deorum cohors‹ der Verse 23 ff. Auch im Tractatus aureus schwinden Phoebus im Bade die Sinne und die Götterversammlung ihn mit vereinten Kräften wieder ins Leben zurückholt, woraufhin er ihnen seine Gunst zuteil werden läßt. Furichius stellt einige Aussagen der Götterversammlung vor das Bad, zudem übernimmt er Jupiter nicht: 25 Diva Paphi custos] Venus als Behüterin der Stadt Paphus auf Zypern, in welcher auch einer ihrer frühesten Tempel steht.561 26–27 Ecce sequor …. udus ab oris] Nach GL. 26 u. 27 Venus als Abend- und als Morgenstern. 28–31 venio aerato … aenae torques] Venus, wie GL. 28 betont, als Kupfergöttin. Im erzbeschlagenen Wagen, gar in Erz gehüllt, ist sie in der Mythologie unüblich. Zum Fahrzeug der Göttin heißt es in der Regel, daß es von Schwänen oder auch von Sperlingen gezogen wird.562 In Ronsards Hymne de l’Or ist Venus wie die anderen Gottheiten auch golden – jedoch in derselben Epiklese wie hier: »Et pour l’honneur de luy Venus la Cytherée/ Toujours depuis s’est faite appeller la Dorée« (v. 307 f.).563 559 560

561 562 563

MlatWB 1 (1967), Sp. 248 u. 1024. Diese Worte liegen ebenso dem 31. Emblem der ›Atalanta fugiens‹ zugrunde: ›Rex natans in mari, clamans altâ voce: Qui me eripiet, ingens praemium habebit‹; wie auch dem 48. ›Rex ab aquis potatis morbum, à medicis curatus sanitatem obtinet.‹; vgl. Atalanta, S. 132–135; u. 200–203; und H. De Jong (1969), S. 221–226; u. 407. Vgl. Giraldi, S. 553 f. Vgl. Conti, S. 204. Zitiert nach P. Ronsard (1994), Bd. 2, S. 580–594.

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32–33 mihi non Cytheria Cypros/ Iam dat tecta] Das ›Cythereische‹ Zypern betont als Heimatinsel der Venus, welche nach der Insel Cythera, dort sie dem Meere entstieg, auch ›Cytherea‹ genannt wird.564 [S. 27] 1–3 Vis quidem ab axe data est … Exsolvit vires] Nach GL. 1 ist diese Kraft ›non obscura‹: Sie ist hinlänglich bekannt, und es ist nichts Geheimnisvolles an ihr. Sie ist die von Furichius synkretistisch dargestellte Aristotelische Form (des Goldes) als alchemischer Mercurius, welche nur durch die Materie (›vilis supellex‹) gebunden ist. Mit ähnlichem Hinweis auf Aufklärung schließt auch die Scholie des Tractatus aureus: »Quibus peractis omnibus, invisibile factum fuit visibile, et occultum manifestum.« (Tract. aur., S. 675). 3–4 alias mea numina cunctae … Sentirent fabricae] Die dazugehörige SCHOL. 3 (›In flore aeris aliquam tingendi vim inesse, multi jam Chemici experti sunt.‹) ist doppeldeutig: ›Flos aeris‹ nennt man zum einen »[d]ie Körner/ so da herauß springen auß dem abgelöschten Ertz/ oder das schön rothe kleine/ das am Kupffer hänget«, welche in der Medizin Verwendung finden, als auch das – hier wohl gemeinte – »Kupffergrün oder Spungrün«: der Grünspan als Farbstoff, dessen ›verfärbende Wirkung‹ allgemein bekannt ist.565 – Andererseits heißt es zu ›flos‹ (›Blüte‹) in der Alchemie: »Flos aeris, Ist das coagulum, Beyß oder Lipp/ der Mann/ so über das Weibe wircket/ ist der Geist deß Mannes/ der das Werck vollendet. Flos, Blum/ ist das extract.« (Ruland, S. 216). In diesem Sinne ist ›flos‹ eine weitere Bezeichnung für den vollkommenen ›Mercurius‹, welcher über die ›schwachen Metalle‹ (nach GL. 5: alle außer Gold und Silber) ausgegossen, diese in Gold (Phoebus) umwandelt.566 Und die in SCHOL. 3 genannten ›Chemici‹ sind die ›wahren‹ Alchemiker, welchen das Werk geglückt ist, und nicht diejenigen, welche mit Grünspan herumexperimentieren. 8–9 cum copula Amoris … me junxit forte Gradivo] Auf der Ebene der antiken Mythologie der berühmte Ehebruch von Venus und Mars (vgl. Hom. Od. 8, 266–366; oder OV. met. 4, 169–189), woraus üblicherweise die Göttin Harmonia, die später dem Cadmus vermählt wird, hervorgeht.567 Hier ist die Verbindung – GL. 9 erklärt zudem Mars als ›ferrum‹ – mythoalchemische Allegorie im Sinne der chemischen Hochzeit und bedeutet die ›Zeugung‹ eines ›Knaben‹. Dieser ist erneut Mercurius, nach GL. 10 ›spiritus ex vitriolo utriusque destillatum‹: Er ist das ›metallische Salz‹ und der Ausgangsstoff für den Stein der Weisen. Auch wird von manchen Al564

565 566 567

Vgl. »Communior tamen sententia fuit, quod è mari et è spuma nata fuerit, quodqué ad Cytherum montem primum appulerit, atque inde in Cyprum, sub cuius pedibus flores oriebantur, vnde dicta fuit Cytherea« (Boccaccio, S. 203r). Vgl. Ruland, S. 12, 216, 480. Vgl. L. Abraham (1998), S. 79 f. Vgl. Conti, S. 519–521.

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chemikern ›vitriolum‹ als Anagramm in der Art ›Visitabis Interiora Terrae Rectificando Invenies Optimum Lapidem Veram Medicinam‹ gelesen. Des weiteren ist der Pharmazie der Zeit ein ›vitriolum Martis‹ beziehungsweise ›Veneris‹ als aus Eisen oder Kupfer gewonnene kristallische Verbindung bekannt.568 11 Lucina foret bis quarta Diana] Auf der Ebene der Mythologie ist Diana eine helfende Geburtsgöttin, wie sie etwa angerufen wird in CATVLL. 34, 13 f.: »tu Lucina dolentibus/ Iuno dicta puerperis«. Jedoch ist die klassische Diana lediglich ›dreifach‹ als ›Diva triformis‹, da in ihr die irdische Jagdgöttin, die unterirdische Hecate und die überidische Luna vereint sind. Wenn Furichius von der ›bis quarta Diana‹ spricht, so ist tritt die Göttin metonymisch als ›Luna‹ für ›Monde‹ im Sinne einer alchemischen Zeitangabe von ›acht Monaten‹ für die Erzeugung des Mercurius auf – als ›achtmaliges‹ Destillieren bis zur höchsten Reinheit; vgl. CHRYS., S. 10, 21–23.569 18–19 genitor … regnumque invadit avitum] Ohne GL. ›Saturnus‹ wäre mit ›genitor‹ streng mythologisch Jupiter, der Vater des Apoll, gemeint. Saturn der Großvater (›avus‹) ist es, welcher in das von ihm selbst an Phoebus abgetretene Herrschaftsgebiet (›regnum avitum‹) eindringt, um dieses mit List und Gewalt zurückzuerlangen, mit den Worten von SCHOL. 18: ›Der Geist des Saturnus, das heißt des Bleis, doch des unterirdischen, besitzt eine gewaltige Kraft, das Gold aufzulösen. Doch ebenso leicht wird dem Blei das Gold vermischt, den anderen Metallen gar nicht‹. 20 – S. 28, 30 Haec simulac dixit … miranda luce clienteis] Das Traumgeschehen bei Furichius, das Bad des Phoebus, seine Ohnmacht, die Wiederbelebung durch die Götterversammlung, ist dem Tractatus aureus entnommen, es beginnt dort: »Accidit autem aliquando, ut rex animi gratia fontem ingressus lavaret: sed reversus à fonte incidit in summam corporis imbecillitatem, quam sibi inter lavandum contraxerat. Convocatis itaque fratribus in unum, de rege restituendo deliberatum fuit [etc.]« (Tract. aur., S. 672). Dieser Abschnitt enthält gewissermaßen die eigentliche Versbearbeitung: 20–21 thermas descendere in altas … sesequé immergere lymphis] Zum Bade, beziehungsweise zur Quelle, in welcher Phoebus hier badet,570 gibt die Scholie im Tractatus Auskunft; da Gold allem, auch dem Feuer widersteht, kann es nur durch seine ›Mutter, die Quelle der Metalle, Mercurius‹ zerstört werden: »nec vinci aut destrui potest, nisi à matre, quae est fons sive mercurius metallorum.« (Tract. aur., S. 672). 568 569 570

Vgl. Ernsting, S. 307–309. Vgl. Conti, S. 136–143. Zur Bildtradition des Bades der ›dissolutio‹ vgl. L. Abraham (1998), S. 17 f.; M. Gabriele (1997), S. 63–66; J. Telle (1980d), S. 48 f.; J. Völlnagel (2004), S. 102 f.

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23 Deliquium invadit mentis] Im Tractatus ist es eine ›körperliche Schwäche‹, welche ihn nicht im Bade, sondern beim Verlassen desselben ereilt: »sed reversus à fonte incidit in summam corporis imbecillitatem, quam sibi inter lavandum contraxerat« (Tract. aur., S. 672). Zum einen ist ›deliquium‹ die Bezeichnung für eine ›descensio‹ – »wann ein Ding geringer wirdt/ alss er war/ alss wann das Sol wirdt Mercurium.« (Ruland S. 182) – sprich: ein Art chemische Solutio im Warmen oder Kalten hin zu einem ›flüssigen‹ Zustand.571 Dem ›frigidus‹ entspricht – ›thermae‹ (v. 20) sind ›warme Quellen‹ – die Eisstarre ›glacies‹ (v. 24), welche sich der Glieder bemächtigt; die ›Kälte‹ ist, wie die folgende ›Wärme‹ alchemisch zu begreifen. Die Geschwister des Phoebus befördern dann die Coagulatio: »Sed omnia, quae in frigido resoluuntur, in calido rursus coagulantur.« (Ruland, S. 180); oder auch »quando res in calido resolutae, in frigido coagulantur.« (Ruland, S. 158). Zum anderen ist das ›deliquium‹ (auf griechisch ἔκλειψιϲ) aber auch, da der Sonnengott betroffen ist, im astronomischen Sinne ein ›deliquium solis‹ – eine Sonnenfinsternis.572 26 Alipes ille deus. Dic tu Saturne] Im Tractatus aureus wendet sich ebenso zuerst der Götterbote an Saturn: »alloquitur primò Saturnum: Tu, inquit, pater Deorum, et arcanae contemplationis author, nobis quaeso expone tuam scientiam, et liberè eloquere, quid tibi videatur de nostro Rege [etc.]« (Tract. aur., S. 672). Jener räumt auch umstandslos ein, daß er der Schuldige ist: »Ne igitur mentiri videar, ultrò nunc veritatem fatear, vobisque palàm dico, me authorem esse primarium tantae ruinae, in quam rex noster incidit.« (Tract. aur., S. 672) – Saturn steht hier für die Nigredo: »Per Saturnum communiter authores nigredinem in principio operis supervenientem intelligunt. […]« (Maier Arc., S. 102). 28 Te penes … secreta scientia rerum] Bereits GL. bezeichnet Saturn als ›scientiae secretae inventor‹ wie er auch im Tractatus als ›arcanae contemplationis author‹ angesprochen wird. Als Belegt hierfür verweist Furichius in SCHOL. – statt auf antike Autoren oder die Mythologien der Renaissance – recht entlegen auf den Kommentar seines Helden zur AristotelesSchrift De Plantis. Diese ist ein deutlich an die Saturnalia des Macrobius angelehnter Dialog, in welchem Scaliger, als eine der Personen, just zur Zeit der Saturnalien, von Freunden besucht wird und über Botanik diskutiert.573 An einen der Besucher wendet er sich mit den Worten: »Quid inquam, Minuti, stomacharis? quod hîc caseoli, crustula, cremones, colostra, 571

572 573

Vgl. »Deliquium est descensio frigida, quando corpora coagulata cellae, aeri, puteo, aut alii frigido et humido loco […] externae humiditatis hisce corporibus sese adiungentis adiuuamine, in liquorem resoluuntur, et in subiectum vas defluunt atque destillant.« (Ruland, S. 180). Vgl. Gesner, 2 (1749), Sp. 69 f. Zu Saturn und den Saturnalien ausführlich MACR. sat. 1, 7, 14–1, 10, 24.

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fructus, condimenta tot adsunt? An excidit tibi, Saturnalibus haec olim, missilia quae dicerent, fuisse? Hodie sunto nobis Saturnalia, sed literata. Est enim Saturnus sidus secretioris illius sapientiae: quae sempiterna constantia sui similis, quoniam nihil extra se habet, infinita scilicet recurrit in seipsam. Quapropter ille suos vorasse liberos creditus est: vt inde illi principium ducerent, eodem quodque, videlicet ad suum finem, reducerentur.« (Scaliger Plantis, S. 8r). Furichius Zeitgenosse Maier dagegen zitiert in seine Arcana Arcanissima bezüglich der Deutung Saturns als vorgeschichtlicher, italischer König und Weiser kritiklos den ihm sonst verhaßten Conti: »Nam, vt ait Trismegistus, tres omnino sapientes viri floruerunt Trismegisti tempore, Coelus; Saturnus, Mercurius: quare etiam Charondas earum legum quas dederat Carthaginensibus, autorem Saturnum commemorabat, vt ait Marsilius Ficinus. Huiusce prudentiae ac sapientiae cuius consultor et autor fuit Saturnus apud Ianum Regem« (Conti, S. 58).574 29–32 temporis autor … me fundunt auspice vitam] Mit GL. 31 Saturn in seiner verbreitetsten und ältesten Deutung als Zeit, als ›Chronos‹; Belege: »Saturnus autem à Latinis dictus est: à Graecis uerò χρόνοϲ, quasi temporum pater. [etc.]« (Giraldi, S. 181); oder: »Quod autem Saturnus sit tempus, ac nihil aliud quod omnia destruit, et omnia producit, indicat carmen illud Orphei […]« (Conti, S. 62) – sowie im Tractatus aureus »Me, inquit, vocant dominum temporis, omnia destruentem et conservantem; authorem mortis et vitae.« (Tract. aur., S. 672).575 [S. 28] 1–3 falce … olente veneno] Im Tractatus schildert Saturnus seine Bluttat wie folgt: »ad eum clam in balneum intravi, et dormientem spirituali falcis meae veneno, subitò citra hominum opinionem sauciavi« (Tract. aur., S. 673) Das ›triefende Gift‹ oder ›venenum spirituale‹ der Sichel ist: »Mercurii lapis, tödet den König die Seel/ weil sie aber wieder aufstehet/ heist es auch Theriaca.« (Ruland, S. 479). 2 vitreo dum fonte lavabat] Zitiert die Chrysopoeia: »Hinc quoque cultus Arabs uitreo de fonte liquorem/ desertas inter ualles, praeruptaque purum/ saxa super ducit« (Augurelli 1, 572–574). Sonst trennt in der alchemischen Bildlichkeit die Sichel dem Mercurius Flügel und Füße ab: »Faux de Saturne. Qui coupe les ailes et les jambes à Mercure. Expressions des Philosophes, par lesquelles ils entendent la partie fixe de la matiere de l’oeuvre qui fixe la voltatilité du mercure des Sages.«576 – oder der Falcifer ist selbst 574

575 576

Vgl. Maier Arc., S. 100. Auf dessen Ablehnung einer alchemischen Deutung des Gottes reagiert er allerdings mit der üblichen Polemik: »At bona verba quaeso, Comes; Adeonè saturnina te stella exagitat, vt ita totam artem chymicam lacessas [etc.]« (Ebd., S. 103); vgl. zu Saturn auch Giraldi, S. 181. Vgl. auch Maier Arc., S. 101 f. A.-J. Pernety (1972), S. 128. Zur Bildlichkeit von Ampution in der Alchemie vgl. etwa L. Dixon (1994), S. XXVII; u. S. 87, Anm. 17.

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der Leidtragende: »per castrationem Saturni à Iove factam non inconvenienter nigredinis remotionem, á fusca seu cineritia albedine subsequente Ioviali peractam accipiunt.« (Maier Arc., S. 102 f.) 5 proprio … sanguine vesci] Saturn, der Kinderfresser, spielt auf seinen eigenen Mythos an; vgl. etwa: »Saturnum praeterea aiunt filios suos solitum deuorare, eosdemque rursus euomere« (Giraldi, S. 183). 6–9 effundat torrentem … generosus ut humor] Der ›cruor Phoebi‹ als Mercurius. Vorbild ist weiterhin der Tractatus aureus: »Ut igitur cum ipso regni quoque participes fiamus, profuso sangvine proprio, nos emundabit ab originali impuritatum illuvie.« (Tract. aur., S. 673). Das Blut des Phoebus ist zunächst das Blut der Opferung als Bild der Putrefactio, zugleich wird es gepriesen als das reinigende Blut der Rubedo, wie beispielsweise Ruland ausführt: »Sanguis […] das ist der lapis, der noch nit perfecte ist/ das Philosophisch Wasser/ das lebendig macht/ vnd vereiniget« (Ruland, S. 421). Der so aus Apoll gewonnene Stein – das Blut – ›heilt‹ auch die (die anderen Metalle versinnbildlichenden) Götter, macht sie zu Gold: »pergatque cuique coronam/ Ex auro effectam, gemmisque rubentibus auctam.« (CHRYS., S. 28, 15 f.).577 17 Cyllenius heros] Von Furichius selbst als Merkur glossiert, da ›heros‹ üblicherweise keinen Gott, sondern höchstens einen Halbgott bezeichnet. Dieselbe Epiklese findet sich im Tractatus aureus: »Conversus igitur Cyllenius heros ad Jovem« (Tract. aur., S. 673). Der Götterbote wird so in erster Linie »à Cyllene monte Arcadiae […] in quo monte et nutritus et diuersatus est« (Giraldi, S. 413) genannt. 18–19 cui nulla corona/ Aurea visa fuit crispos circuire capillos] Von Furichius selbst GL. 18 für diesen Vers als reine Metallgottheit und nicht als gekrönter Göttervater ausgewiesen: Das Zinn578 ist noch nicht zu Gold geworden. 20 pallentem … Dianam] Die ›bleiche‹ Diana als Mondgöttin und Gottheit des Silbers.579 22–23 balsama odora/ Certatim nares mulcent] Was mit den Balsama der Götter gemeint ist, präzisiert im Tractatus aureus Venus, welche dort erst bei der Beratschlagung zu Wort kommt: Phoebus als ihrem Herren soll zurückerstattet werden, was ein jeder von ihm an ›Leuchten und Glanz‹ erhalten hat – »Cum igitur omina, quae possidemus, bona, ipsi soli accepta ferenda sint: utpote qui ex lumine et splendore suo nobis lumen et splen577

578 579

Zur Bildlichkeit von Blut, die sich durch das ganze alchemische Opus zieht, vgl. L. Abraham (1998), S. 28. Auch denkt man unweigerlich an die Abendmahlssymbolik: »Caro enim mea vere est cibus et sanguis meus vere est potus/ Qui manducat meam carnem et bibit meum sanguinem in me manet et ego in illo [etc.]« (Io 6, 56 f.). Vgl. Ruland, S. 169. Vgl. Conti, S. 136 u. 142 f.

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dorem tribuat: merito quoque hunc coeli regem, et mundi principem veneremur, ipsique subditi et devincti maneamus in aeternum. […] Festinete igitur, et unusquisque vestrum, quod acceptum tenet, ei quoque lubens meritoque rursus offerat.« (Tract. aur., S. 674). Als ›Balsam‹ wird in Paracelsischer Tradition die Substanz, sowohl im Inneren des Körpers als auch zur äußeren Anwendung, bezeichnet, welche diesen vor der Verwesung bewahrt: »Est substantia corporum a putrefactione conseruans. Est internus et externus. [etc.]« (Ruland, S. 99) – als solcher wird er hier auf der Handlungsebene zur Wiederbelebung des Ohnmächtigen verwandt. Auf der Ebene der Metallumwandlung ist mit den ›balsama‹ der einzelnen Metallgottheiten jeweils der ›Mercurialische Saft‹ der Elemente, das wiederherstellende, die Putrefactio ablösende, der drei Principia gemeint; letztlich die Quintessenz.580 29–30 Effundit lumen […] miranda luce clienteis] Phoebus – nun im Zuge der Rubedo – wirkt zurück auf die anderen Metalle. Im Tractatus aureus heißt es: »Rex igitur hactenus occultatus in umbra mortis, gloria et honore pristino recuperatis, sine mora prodit in lucem, et viribus longè majoribus auctus distribuit varia in fratres dona, et beneficiorum memor, quibus ab ipsis multipliciter fuit affectus, aequè ipsos regiis honoribus ornandos seriò mandat, vult, iubet, imperat.« (Tract. aur., S. 674). SCHOL. 30 klärt hierzu auf: ›Loquitur de tinctura.‹ Die Tinctura ist nach dem Lexicon alchemiae – auch wenn hier das gleiche gemeint ist – eher ›umwandelnd‹ denn ›färbend‹: »Tinctura est arcanum specificum cum essentia qualitatibusque formalibus etiam colorem rei habens, vt in sui similem tingere possit.« (Ruland, S. 474).581 31 – S. 29, 1 Haec ego dum video … specieque elabor inani] In der Traum-Vision des Sendivogius wird, nicht ohne Ironie, das Erwachen dadurch ausgelöst, daß der erklärende Gott Saturn, dem das ständige Nachragen des Schlafenden lästig zu werden beginnt, diesen so anfährt, daß er aus dem Schlaf aufschrickt: »At ille sublata voce clamavit, ut me è somno excitaret: ideò non amplius poteram quaerere, nec ille ulteriùs mihi respondere voluit« (Novum lumen, S. 588). [S. 29] 11 Ipse Planeta notat bis trina unumque metalla] Mit GL. 9 als – nach dem ›Lob der Siebenzahl‹ (vgl. Kommentar zu CHRYS. S. 9, 24S. 10, 13) – weitere Ausführung zur alchemischen Zahlensymbolik, wobei SCHOL. auf die Deutung der Zahl als Mercurius, der zweimal drei Metalle verbindet, verweist sowie den Leser auf weitere Auskünfte im Folgenden vertröstet; vgl. hierzu Kommentar zu S. 51, 8. 580

581

Vgl. weiter »Balsamus elementorum externus est liquor Mercurii externi, i[d] e[st] elementorum mumia externorum, vnum ex tribus rerum principiis, rerum firmamentalis essentia, alias quinta.« (Ruland, S. 99 f.). Vgl. auch CP 1, S. 281.

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C. Kommentar

10 Argivi] Ursprünglich die ›Argiver‹ als Einwohner der Stadt Argos, hier metonymisch: die Griechen. 12 antistibus] Im übertragenen Sinn kann der ›antistes, -stitis‹ – sonst ›Vorsteher‹ oder ›Priester‹ – auch jeden in eine Lehre ›Eingeweihten‹ bezeichnen. 14 Argentum … vivum; sulfurque metallis] Mit ›argentum vivum‹ wird ›Mercurius‹ bezeichnet und ›sulfur‹ ist das männliche alchemische Principium, welches den weiblichen und passiven Merkur befruchtet.582 17 operam et perdet … olivum] Der Ausdruck rührt her aus dem Poenulus des Plautus, in welchem das Freudenmädchen Sophoclidisca über vergebliches Herausputzen seufzt: »tum pol ego oleum et operam perdidi.« (PLAVT. Poen. 332). Somit sind eigentlich Salböl und Schminken gemeint; ab Juvenal – »uester porro labor fecundior, historiarum/ scriptores? perit hic plus temporis atque olei plus.« (IVV. 7, 98 f.) – auch das vergeblicht verbrauchte Öl der Studierlampe583 – das ›opera et olivum‹ kann hier aber ebenso auf die Mühen des Alchemikers und das alchemische ›Öl‹ anspielen; vgl. auch Erasmus Adagia 1, 4, 62. 19 Aurum … summa metallis] SCHOL. weist auf die Möglichkeit eines Einwandes in der Art von Scaligers 106. Exercitatio hin. Dort widerlegt dieser, daß ein Metall reiner sei als das andere, und nimmt nur unterschiedliche ›Reinheitsgrade‹ eines Metalls an; so des Goldes: »Sic etiam illud Aurum, quod è Garumna colligi vidimus, prima fusione cerea propemodum mollitudine fuit: altera deinde, ac tertia durum factum est.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 389). Dies schwächt Furichius in SCHOL. ab: ›Ich sage nicht, es sei vollkommenere aufgrund der Vollkommenheit der Art, sondern aufgrund der Vollkommenheit der Vermischung‹ – sprich: Im Golde befinden die vier Elemente sich im bestmöglichen Verhältnis.584 20 ceu flumina Pontus] Der Vergleich wird in CHRYS., S. 17, 14 und S. 21, 7 vorbereitet: ein Beispiel für die rhetorische Figur der Praeparatio in der Chryseis.585 21–22 ne simplicé sensu/ Scripta virûm accipias] So läßt auch in seiner Satire Sendivogius dem Alchemikaster durch den sprechenden ›Mercurius‹

582 583 584 585

Vgl. M. Fumagalli (2000), S. 131 u. 225. Vgl. G. Büchmann (1998), S. 311. Zur Lehre von der Vermischung nach Paracelsus vgl. CHRYS. S. 7, 5–20. Vgl. »›Praeparationes‹ in Rhetoricis dici solent, cum orator in prooemio vel in narratione ea attingit, quae proprie non sunt huius loci sed quorum praeuia commemoratio aliquam tamen vim habere potest ad iudicem praeparandum et occupandum, vt si illa suis locis vberius exponuntur, facilius moueant, vel credibiliora sint.« (Ernesti: Lat., S. 298). Quintilian nennt es im Vorfeld bereits »semina quaedam probationum spargere« (QVINT. inst. 4, 2, 54).

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vorhalten: »tu ad syllabam intelligis, et non eorum sensum et mentem« (Novum lumen, S. 595). 24-S. 30, 16 Phoebus enim … portenta Colossi] Die erste Auslegung der Traumerscheinung durch den Greis, welcher bis zum Ende des Werkes Variationen folgen. Im einzelnen bleibt: 24–25 Phoebus enim … postquam Chryseis abivit] Mythoalchemisch: Die Furichianische Chryseis-Proserpina tritt nach ihrer Entführung in die Unterwelt (vgl. GL. 25) die Herrschaft über das Gold an Phoebus ab. 30 – S. 30, 16 Secreta condatur … portenta Colossi] Ausführung über die ›Schwefel‹ beziehungsweise den ›Schwefel‹ des Alchemikers. Zum ›Schwefel‹ heißt es im Lexicon practico-chymicum: »Sulphur philosophorum, ist der Theil des Lapidis philosophici, der mit dem Mercurio philosoph[ico] vereiniget werden soll, und der Vater aller Metallen eine fettige Erde, die den künfftigen Saamen des Lapidis verborgen bey sich führet, und die Fixation erwartet.« (Ernsting, S. 292).586 Ihm entspricht im Aristotelischen Denken die Hyle, die Materia, das Patiens, welchen Khunrath in einem seiner Schemata gegenüberstellt: »Sulphur et Sal Naturae:/ h[oc] e [est]/ Terra pinguis, unctuosa/ Aqua sicca non madefaciens manus,/ Sol et Luna Hermetis«.587 GL. 32 Sulfarum diversitas] Furichius spielt an auf die Vielzahl der damals bekannten Schwefelarten und -verbindungen, hinter welchen der Unkundige leicht den ›Sulphur philosophorum‹ vermutet. [S. 30] 1–3 sordeis, atque excrementa fodinis … his fucis] Die hier genannten und im folgenden mit Beispielen versehenen ›Ausscheidungen der Gruben‹ – »Excrementa generaliter sunt omnia superflua per naturam eiecta.« (Ruland, S. 202) – sind für die Herstellung von Gold ungeeignet, sie sind gleichsam eitles ›Schminkzeug‹. Furichius sagt es in SCHOL. 3 überdeutlich: ›Die Tinktur des Goldes von anderswo zu erlagnen suchen als aus dem Golde, ist unausstehlicher Unsinn.‹ 6 alumine vili … elumbis anicla] Mit GL. 6 ›alumen albificat‹ Alaune und andere Substanzen, die nur färben, »so das Kupffer weiß gemacht wird, daß es scheint, als wenn es Silber wäre, welches auf diese Weise geschicht: […]« (Ernsting, S. 7).588 8 Idaliae] Eine weitere Epiklese der Venus; nach dem ihr heiligen Zyprischen Berg die ›Idalische‹ genannt; vgl. »Idalius mons in cypro ueneri sacer est.« (Boccaccio, S. 136v).

586 587 588

Faßt auf deutsch den ersten Eintrag zu ›Sulphur‹ bei Ruland, S. 453 zusammen. H. Khunrath (1609), 2. Schema zwischen S. 144 u. S. 145. Zu den Alaunen vgl. Ruland, S. 32–36.

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C. Kommentar

10 Prodeat ex Phoebi, pallentísque aere Dianae] GL. ›sulfur auri et argenti‹ hat eine Entsprechung im Tractatus aureus: »In Chymia duo sunt principia, ex una radice orta, quae lapidis subjectum, ab omnibus ferè declamantur Philosophis, videlicet argentum vivum, et sulphur: quorum illud volatile est et superius: hoc verò fixum et inferius.« (Tract. aur., S. 632). GL. 13 Alcool Arabes vocant] Dieser ›Alkohol‹ ist nicht der ›gemeine‹ der Apotheker und Zecher, sondern »est puluis subtilissimus« (Ruland, S. 26) – die Substanz in ihrem allerreinsten und subtilsten Zustand: »Est igitur alcool rerum, aut corporum quorumcunque nihil aliud, quam purior et mundior substantia ab impura separata.« (Ruland, S. 27) 14 His iterum extensis, et in infinita redactis] Die alchemische Multiplicatio des durch Reiteratio – immer reiner, immer feiner, immer mehr – geläuterten Steines: »Ex diuersitate igitur reiterationis operis super lapdiem in gradibus suis resultat multiplicationis bonitatis alterationis diuersitas, vt ex medicinis quaedam quidem septuplum, quaedam vero decuplum, et quaedam centuplum, quaedam vero millesimum, quaedam in infinitum solificum, et verum perfectionis lunificum transmutet corpus.« (Rosarium, S. 158). 16 portenta Colossi] Der Muliplicatio folgt die Proiectio, die praktische Anwendung: Der Koloß von Rhodos, als eines der sieben Weltwunder, steht hier als Beispiel für eine gewaltige Menge an Materie, die man transmutieren könnte. In der Chrysopoeia ist sogar vom Weltmeer die Rede: »Nec credere uanum est/ illam adeo interdum priscis auctoribus auctam,/ ipsius in tenui proiecta parte per undas/ aequoris, argentum si uiuum foret aequor,/ omne uel immensum uerti mare possit in Aurum,/ Neptunusque supra Diuos ditissimus omnes/ tum fieri, et strato lusum Nereides Auro/ ire super [etc.]« (Augurelli, 3, 669–676) 17–18 Magnum equidem est … pascit avaros] Die hier beginnenden »Auri encomia, sed subterranei« (GL. 17) grenzen sich nochmals vom in Ronsards Hymnde de l’Or ironisch gepriesenen gemünzten Gold als »bienhereux métal, par qui hereux nous sommes« (v. 59)589 ab. 22–27 compar viridi cuncti dixêre smaragdo … condere leges] Das ›alchemische Gold‹ wird dem Smaragd verglichen. Zum einen wird kann hierfür die astrologische Zuordnung – »quod a veteribus astrologis dedicatus est Smaragdus Mercurio.« (Ruland, S. 437) – ausgemacht werden. Zum anderen schöpft gerade der Smaragd, vor allem in der mittelalterlichen Lapidarientradition, seine Bedeutung von den ihm farbgleichen Pflanzen. Er ist das Symbol des ›Vegetativen‹ schlechthin und steht dementsprechend in der christlichen Allegorese für Frische, Lebenskraft, Glaube, Hoffnung, und im Immergrünen für das Ewige Leben.590 Unter magischen Gesichts589 590

Erneut zitiert nach P. Ronsard (1994), Bd. 2, S. 580–594. Vgl. Ch. Meier (1977), S. 152–157.

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punkten gilt er als Stärker der Lebens- wie der Finanzkraft, was er mit dem Stein der Weisen gemein hat; vgl. »Hic viret pre omnibus rebus virentibus. […] Si reverenter portetur, fugat caducum morbum et morbum qui emitriceus dicitur. Visum etiam refocillat et purgat oculos [etc.]« (Cantimpratensis 14, 57); oder: »substantiam pecuniae adaugere solet.« (Neckam 91).591 Zudem nehmen GL. 22 und 25 sowie SCHOL. 25 Bezug zur ›linea viridis‹ und deren Identifizierung mit dem Ficinianischen ›spiritus mundi‹ – zu beidem vgl. den Kommentar zu CHRYS., S. 12, 6–10 und zu S. 24, 1– 25. Der Vergleich schlägt somit um in die Gleichsetzung: Der Stein der Weisen ist der Weltgeist. 23 vaga … gramina Tempe] Das sprichwörtlich schöne – saftig grüne – Tal Tempe in Thessalien; vgl. etwa »Laudabunt alii claram Rhodon aut Mytilenen […] vel Apolline Delphos/ insignis aut Thessala Tempe« (HOR. carm. 1, 7, 1–4). 29 non est in corpore vili] Mit GL. 29 ›Materia Lapidis in caeteris metallis non existit.‹ ist in der Terminologie verwirrend, da ›corpus‹ und ›materia‹ dasselbe sein können. Eine Auflösung ist: »alles/ was fix ist/ wirdt corpus genennet.« (Ruland, S. 174 f.); die ›materia Lapidis‹ ist hier die besagte ›forma‹ des Goldes. [S. 31] 8 Aurea prima aetas erat] Hier wird die wohl berühmteste Schilderung des Goldenen Zeitalters aufgerufen, nämlich »Aurea prima sata est aetas, quae vindice nullo,/ sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat [etc.]« (OV. met. 1, 89 f.). Furichius nennt diese – wohl, da der Bezug allzu offensichtlich ist – in SCHOL. allerdings nicht, sondern zitiert VERG. georg. 2, 538–540 und verweist auf VERG. ecl. 3, deren Hirtenwettstreit in bukolischer Landschaft wie eine Episode aus dem Goldenen Zeitalter anmutet. S. 31, 9–10 homines grandes … nunc, pumiliones] Mit GL. 9 wird auf die zu jener Zeit unter Gelehrten herrschende ›Dekadenzhypothese‹ angespielt, welche je nach Denkart vergangene kulturelle und moralische Größe als unwiederbringlich verloren ansieht, oder, sofern eine zyklische Geschichtsauffassung zugrunde liegt, die Gegenwart im Verfall begreift.592 Zugleich klingt der seit Bernhard von Chartres immer wieder auftauchende Gemeinplatz an, sich und die Zeitgenossen als ›Zwerge auf den Schultern von Riesen‹ zu bezeichnen, welchen es ob der dürftigen eigenen 591

592

Vgl. auch »The alchemists’ raw material or unclean matter is described as being ›green gold‹, the fertile matter from which gold may be grown. […] Green in alchemy indicates that the matter in the vessel is in a state of unripeness, immaturity or youth, just as in nature green fruit is unripe fruit.«; L. Abraham (1998), S. 91. Vgl. zu den entsprechenden Geschichtsphilosophien, vor allem am Beispiel des die Straßburger Akademie prägenden Matthias Bernegger (1582–1640) W. Kühlmann (1982), S. 118–135; zu Bemühungen, diese zu überwinden ebd., S. 136–188.

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geistigen Leistung nötig sei, sich auf die Autoritäten der Vergangenheit zu stützten.593 11 Lachesis] Diejenige der drei Parzen, welche den Faden spinnt,594 ließ sich noch Zeit. Daher wird auch in GL auf das ›lange Leben‹ der ersten Menschen verwiesen. 13–14 Erynnis … Furiae] Nach Conti sind ›Erynnien‹ und ›Furien‹ dieselben Rachegottheiten, nämlich die ›Eumeniden‹. Ihr Ursprung variiert von den Töchtern der Nachtgöttin bis zur Abstammung von Saturn – die jedes ungesühnte wie unbeobachtete Verbrechen verfolgen. Vor allem Orest hat es mit ihnen zu tun, zuerst treiben sie ihn in den Wahnsinn, vor dem Göttergericht sorgt Athene für seinen Freispruch. Im Lateinischen heißen sie ›Furiae‹ von ›furor‹, im Griechischen ›Erinnien‹ als ›Grollende‹ und als besänftigte, wohlwollende ›Eumeniden‹ (von εὐμενέω – ›wohlwollend sein‹); vgl. »Dictae sunt autem Furiae à furore, quo sontes homines ob conscientiam scelerum exagitantur. Erinnyes ab ἐριννύω, quod indignari ac magnopere commoueri significat […] Eumenides dictae sunt ab Oreste, quia Palladis consilio illas Argos profectus placasset, à beneuolentia et mansuetudine cùm prius ab indignatione Erinnyes dicerentur« (Conti, S. 111). Zugleich sind sie die schwarzgewandeten Gottheiten, deren Namen man aus abergläubischer Furcht nicht nennen darf, so nennt Orest sie auch die ἀνωνύμουϲ θεὰϲ.595 Hier nun drücken sie aus, daß in einer Zeit, in welcher keine Rachegöttinnen nötig waren, auch kein Verbrechen herrschte. 17 testa innatum servabat odorem] Spielt an auf »quo semel est imbuta recens servabit odorem/ testa diu.« (HOR. epist. 1, 2, 69 f.). Horaz verdeutlicht mit diesem Vergleich, neben der Lernfähigkeit des Fohlens und des Welpens (vgl. HOR. epist. 1, 2, 64–68), daß man sich in der Jugend Wissen und Werte leicht einzuprägen vermag. Bezüglich des Verses heißt dies, daß im Goldenen Zeitalter, im Gegensatz zu den späteren und gegewärtigen, die Menschen sich moralische Normen aneigneten und sogar behielten.596 19 Iam verò postquam pravo deperdita luxu] Furichius verweist in SCHOL. auf Boethius, welcher in De consolatione Philosophiae die Bedürfnis- und damit einhergehende Sorglosigkeit der ›aurea aetas‹ preist: »Felix nimium prior aetas/ contenta fidelibus arvis/ nec inerti perdita luxu,/ facili quae sera solebat/ ieiunia solvere glande.« (BOETH. cons. 2, 5, 1–5). 32 Annon explodes, fundesque e splene cachinnos] Es sind dies zwei Reaktionen auf äußerst unliebsame und unsinnige Darbietungen: zum ei593 594 595 596

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

E. Jeauneau (1967); J. Miethke (1980), S. 28. Conti, S. 106–108; u. Giraldi, S. 284–287. Conti, S. 111–116. A. Otto (1964), S. 346.

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nem ›explodere‹ als das ›Hinauspochen‹ eines schlechten Schauspielers aus dem Theater, zum anderen lautes Gelächter, wie es nach Persius aus der Milz kommt; vgl. »tunc tunc – ignoscite (nolo,/ quid faciam?) sed sum petulanti splene – cachinno« (PERS. 1, 11 f.). 33–S. 32, 2 Si quis … brumales currat ad oras] Zwei Beispiele für äußerst unsinnige Ansinnen: Wasser in der Wüste suchen und Wärme in nördlichen Regionen. Die erste wird von Furichius durch GL. 33 ›südliche Gefilde‹ und SCHOL. 33 selbst erläutert: »Sub Tropico Cancri maximam aquae inopiam esse docet. At Josephus Scaliger sub Aequinoctio habitantes bis anno, pluviis ferè inundari scribit. Nil tamen obstat quin maxima inopia aeque ibi sit, cum quotannis bis tantum hoc accidat.« [S. 32, Fortsetzung] 3–4 eat Anticyras gens … Melampodio] Mit GL. 4 ›Helleboro‹ – Nieswurz. Neben seiner Wirkung als Abführmittel – in Plautinischer Tradition; vgl. »elleborum hisce hominibus opus est.« (PLAVT. Pseud. 1185) – sprichwörtlich als Mittel gegen Wahnsinn. Anticyra ist ein in der Antike beliebter Kurort auf einer Halbinsel in Phokis, der für seine Nieswurz bekannt ist; vgl. »danda est ellebori multo pars maxima avaris,/ nescio an Anticyram ratio illis destinet omnem.« (HOR. sat. 2, 3, 82 f.).597 In SCHOL. 4 bringt Furichius zudem den mythischen Arzt und Weissager Melampus ins Spiel, der ebendort mit Nieswurz den Wahnsinn des Herkules und der Proitiiden, welche sich für Kühe hielten, kurierte; vgl. auch Erasmus Adagia 1, 8, 52.598 5 vivax oleum, invalidis ceu chrisma metallis] ›Oleum vivax‹ oder auch ›oleum vitae‹ ist synonym mit ›Sulphur‹.599 7 Audétque in lotiis, et pumice quaerere sicco] Mit GL. als ›Exclamatio‹ gedacht, als Wortfigur, »quae conficit significationem doloris, aut indignationis alicuius, per hominis, aut vrbis, aut loci, aut rei cuiuspiam compellationem« (Ernesti: lat., S. 152). Solches Stochern im Unrat persifliert Sendivogius in seiner Satire Dialogus Mercurii, Alchemistae et Naturae, in welcher der Alchemikaster »coepit jam audacter Mercurium tractare, didicit postea illum sublimare, calcinare miris modis, jam salibus, jam sulphure, jam metallis, jam mineris, jam sanguine, jam crinibus, jam aquis fortibus, jam herbis, urina, aceto, sed nihil potuit invenire ad propositum suum. nihil in orbe intactum reliquit, cum quo non tractasset bonum Mercurium. Et cum omnino nihil proficere posset, incidit in hoc dictum, ›quod in sterquilinio invenitur‹. Coepit Mercurium cum stercoribus variis tractare, simul et seorsim:« (Novum lumen, S. 591). Mercurius als ›sprechendes Quecksilber‹ macht sich zunächst noch 597 598

599

Vgl. Ch. Hünemörder (1998), Sp. 299. Vgl. auch A. Otto (1964), S. 124; Wander 3 (1873), Sp. 1030; zur medizinischen wie literarischen Bedeutung unter Paracelsisten der Zeit CP 1, S. 72. Vgl. W. Schneider (1981), S. 125.

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über ihn lustig, bitten ihn aber dann mit der demütigenden Panscherei aufzuhören. Als der experimentierende Dummkopf dies wahrnimmt, beschließt er, jenen so lange mit Exkrementen zu ›foltern‹, bis dieser ihm sein Geheimnis offenbart, doch erpreßt er nur hermetische Lehrsätze: »Alchem[ista:] Nihil mihi dicis ad meas quaestiones. Video ergo, quod tu me tantum parabolas vis eludere. Uxor, affer stercus porcinum, ego istum Mercurium novis modis tractabo, donec mihi dicat quomodo Lapis Philosophicus sit faciendus ex illo.« (Novum lumen, S. 598). 9–11 Audebit tentare chaos … catenatum sensim diffibulat orbem] Furichius verweist zusammen mit SCHOL. 11 auf die gängigsten Vorstellungen ursprünglicher kosmischer Unordnung sowie einer – vertikalen und stufenweisen – Ordnung: das Chaos und ihm antithetisch gegenüberstehend die Harmonia Mundi, synonym gesetzt mit den Platonischen Ringen und der Goldenen Kette Homers; als Aurea Catena zugleich Titel seines ersten Lehrgedichtes. Derselbe chaotische Urzustand dräut ebenso in Claudians Epos, da es während der gewaltvollen Brautfahrt des Unterweltgottes über die Sternbilder heißt: »pressis haesere lupatis/ attoniti meliore polo rursusque verendum/ in Chaos obliquo certant temone reverti.« (CLAVD. rapt. Pros. 2, 194–196). Ricciardi setzt in seinen Commentaria Symbolica das Chaos zu den ›tria principia‹ in Bezug, als den drei Urgründen der Kosmos, wie sie auch in der Chryseis allgegenwärtig sind; vgl. etwa den Kommentar CHRYS., S. 7, 19–20; oder Furichius’ Verszusammenschau der Vorsokratischen Vorstellungen in SCHOL., [S. 62], S. 22, 15. Zuerst steht zwar in den Commentaria die kabbalistisch-synkretistische Deutung des Chaos als Engel der Schöpfung: »apud antiquos Theol[ogos] dicentes chaos terram et amorem existere. signifi[cant] per chaos Angelum. per terram. signifi[cant] illius firmitudinem. amorem esse post choas. signif[cant] desiderium naturale, quod habet Angelus uiuendi et intelligendi« (Ricciardi, Bd. 1, S. 147r). Diesem folgt jedoch die Kosmogonie nach Hesiodisch-Ägyptischer Tradition, welche das Chaos als Ursprung der ›tria principia‹ annimmt, welche sind: Tartarus oder Typhon, Terra oder Isis mit Amor oder Osiris; vgl. ebd. Dann folgen ausdrücklich drei weitere alchemische Zuordnungen: das Paracelsistische ›corpus physicum‹, der aus ›drei Pulvern‹ zusammengesetzte und in sich wiederum die vier Elemente bergende ›lapis benedictus‹ und abschließend die ursprüngliche ›confusio Elementorum‹ zusammen mit der unmittelbar folgenden ›distinctio‹ derselben, als Übergang vom ungeordneten zum sich ordnenden Kosmos; vgl. ebd.600

600

Zum ›Chaos‹ im Alchemohermetismus vgl. zudem CP 3, Anm. 38 ›Naturae abstrusum … Chaos‹ zu 163, bei B. Figulus.

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Neben diesen Deutungen ist innerhalb der Chryseis zudem ausdrücklich die Nyx der Orphischen Theogonie dem Chaos synonym; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 35, 25–32; u. 30. All diese gleichbedeutenden Bilder der Kosmischen Ordnung haben ihren gemeinsamen Ursprung in zwei Zeus-Episoden der Ilias: das in SCHOL. 11 zitierte ›Goldene Seil‹ (ϲειρὰ χρυϲέη) des 8. (vgl. Hom. Il. 8, 20–22) und die ›Goldene Fessel‹ (δεϲμὸϲ χρύϲεοϲ) des 15. Buches, welche bereits in den ältesten Homerinterpretation zusammengefaßt werden. Mit jener ›Goldenen Fessel‹ hing Zeus, wie er sie bei Gelegenheit (vgl. ebd. 15, 14–33) erinnert, Hera am Himmel auf, um ihr den Haß auf Herakles auszutreiben. Das ›Goldene Seil‹ ist eine Herausforderung an die anderen Götter, welche doch einmal versuchen möchten den Göttervater damit vom Himmel zu zerren. Jene erste Episode zitiert Furichius unter Berufung auf Aristoteles De motu animalium, in welchem derart Zeus als erster, unbewegter Beweger, als Ursache aller ›mechanischen und genetischen Energie‹ im Universum dargestellt wird. Die Aristotelische Deutung ist häufig der stoisch-naturphilosophischen verbunden, welche in der Kette die Harmonie unter den Elementen erkennt. Als andere Deutungstradition sieht die neuplatonische Hermeneutik in ihr die Bahn des Seelenaufstieges und Ideenabstieges (Elevatio und Emanatio), worin sich im Christentum die Lehre von der Auferstehung spiegelt. Vor allem im Hermetismus und Renaissanceplatonismus illustriert die Goldene Kette die Sympathienlehre.601 Ricciardi führt unter den Lemmata ›Catena aurea‹ und ›Catena Homeri, Platonis et Trismegisti‹ (neben moraltheologischen Deutungen der Bibelexegese) insgesamt elf Einträge an, welche das Obengenannte abdecken, wobei die – bildimmanenten – Ringe der Kette gleich miterklärt werden: »Catena aurea Homeri apud chimistas significat Symbolum materiae metallicae. sicuti et annuli Platonici pendentes a uiua uirtute opificis tamquam ferrei a lapide Herculeo« (Ricciardi, Bd. 1, S. 141r). Zu den letztgenannten ›Annuli Platonis‹: In Platos Dialog Io werden von Sokrates als Analogie der dichterischen Inspiration die an einem Magnetstein hängenden, sich gegenseitig festhalten Ringe verwandt; vgl. Pl. Ion 533d. Auch dieses Bild entfaltete eine ungeheure Wirkung, die dahin führte, daß etwa Athanasius Kircher in seinen Schriften den Magneten mit dem ersten Beweger, also Gott, gleichsetzte, wobei graphisch die Ringe auf den Titelkupfern erneut eine Kette bilden;602 oder mit Ricciardi: »Annuli Platonici, et catena aurea Homeri sign[ificant] ordinem, et seriem re601

602

Ausführlich ebenso behandelt bei MACR. somn. 1, 14; eine weitere alchemische Deutung in Maier Arc., S. 96; stellvertretend für die zahlreiche Forschung: CP 1, S. 144; W. Fauth (1974); M. Gabriele (1997), S. 25–26; W. Kühlmann (1984), 124 f.; A. O. Lovejoy (1957); J. Telle (2008a); sowie F. Ohly (1995), der S. 600–602, Anm. 1 eine umfassende Bibliographie zum Thema bietet. Vgl. F. Ohly (1995), S. 612 f. u. 629–634.

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rum diuinae derseruientem prouidentiae, quae series est luminum partim inuisibilium, et partim uisibilium, quae lumina inuisibilia sunt intellectus angelici, et animales, lumina uero uisibilia sunt caelestia lumina, sed in caelis nuncupatur intellectualis, et aurea, et prouidentiae, hic uero ubi nos degimus uocatur naturalis, et argentea, et fatalis, prouidentiae prorsus obnoxia, cuius quidem potestate purior alia sequestrari ualet a fato« (Ricciardi, Bd. 1, S. 62v). Die Weltharmonie schließlich entwickelten Orphiker und Pythagoreer ausgehend von musikalischen Untersuchungen: der Kosmos als mathematisch geordnetes Verschiedenes zusammen jedoch, wie die Saiten einer Lyra, einen Einklang Erzeugendes. So baut auch Platos Demiurg im Timaios nach harmonischen Kriterien.603 Um sich nicht in der Vielzahl der Bildstränge zu verheddern, wie auch ihrer Verknüpfungen bis in die Neuzeit mitsamt der sie begleitenden Unzahl an Forschungsliteratur, sei erneut auf Ricciardi verwiesen: »Harmoniam esse in coelis, Iuxta Plinium [vgl. PLIN. nat. 2, 6] Censorinum, et Eratosthenem. sig[nificat] a terra usque ad caelum stellatum diapasonicam esse modulationem: nam a terra ad Lunam est tonus a Luna ad Mercurium semitonus […], et a Saturno ad coelum stelliferum semitonus, quae onmia simul sumpta symphoniam diapasonicam reddunt.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 269r). 14–15 Sed quoniam argenti … dignosce Dianae] Furichius verweist den Leser bezüglich der Unterscheidung von ›solarischem‹ und ›lunarischem‹ Schwefel – als ›principium formativum‹ der Metalle – in SCHOL. 14 auf das Rosarium Arnaldi Villanovani, in welchem die Schwefel unter De differentia sulphuris uulgi et simplicis Philosophorum non urentis (vgl. Rosarium, S. 101–105) abgehandelt werden. Unter anderem wird ausgeführt, daß die Güte eines Schwefels derjenigen des Körpers, aus welchem er gewonnen wird, entspricht; somit auch bei Sol und Luna: »In sole perfectius quia magis est digestum et decoctum, philosophi enim subtiliter sunt imaginati quomodo in istis corporibus perferctioribus sulphura illa elicere possent, et ipsorum qualitates per artem purgare ut hoc haberent in arte mediante natura [etc.]« (Rosarium, S. 102). Zum Rosarium: Dessen Autorzuschreibung erwies sich letztlich als falsch. Beim Rosarium handelt es sich um eine im 14. Jahrhundert, wohl im deutschsprachigen Raum, von unbekannter Hand zusammengestellte Exzerptensammlung alchemischer Text, gleichsam eine ›Blütenlese‹ hermetischer Weisheit, aus der mittelalterlichen Florilegientradition heraus.604

603 604

Vgl. Y. Belaval (1974). Vgl. J. Telle (1992b), S. 170–180; dort S. 172 wird auch auf weitere Arnaldus zugeschriebene Schriften verwiesen; sowie ders. (1980), S. 34–37; ebenso Ferguson 1 (1954), S. 43–47; u. 2 (1954), S. 287.

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Michael Maier, der Arnald ebenso das Rosarium zuschrieb, nannte den um 1240 in Aragon geborenen, 1311 bei einem Schiffbruch vor Genua umgekommenen, Arzt, Laientheologen und Astrologen den ersten und größten Hermetiker der Franzosen und widmete ihm dementsprechend Raum.605 19–25 coeli spaciosa volumina formis/ Plena, sui in terras simulacra simillima fundunt … capistro] Wie GL. 19 ›Comparatio‹ – hier wahrlich als: »[figura] qua res et personae inter se contrariae comparantur« (Ernesti: lat., S. 71) – andeutet, verhalten die eben genannten Schwefel sich – grob gesprochen – zueinander wie die Platonischen Ideen im Himmel sich zu ihren irdischen Abbildern: Das Himmlische gleicht sich das Irdische an – der weiße Schwefel wird letztlich dem roten Schwefel anverwandelt: »sulphur album per citrinum est aurum, quamobrem sulphur in eo est sulphur rubeum, ignis substantia, qui hoc album plus digessit, et sic sulphur album et rubeum ex vtraque parte existit in sole, quare ignis est perfectio eius et in in igne generantum est« (Rosarium, S. 103). 21–22 Terra sinum roseum … reducta … tergora plantis] Das Verb ›reducere‹ ist zugleich gebräuchlicher alchemischer Terminus: »Reducere est inserere vel interare, impraegnare et sublimare.«606; oder: »Reduciren, heist trucken machen/ widerbringen/ Feyst/ als Butter/ das fleust wie Wachß. In trincken nähren das heissen sie Wasser auf die dürre Erde giessen« (Ruland, S. 403). In der Aurea Catena bedeckt sich die Erde statt mit Blüten mit Sternen: »Sic quoque terra sinum veniunte reducta marito/ Intumet, et varijs conspergit tergora stellis« (AVR. CAT., S. 7, 1 f.). 26 ignem … ab aethere raptum] Furichius führt in in SCHOL. aus, daß er ›hier auf den Mythos von Prometheus anspielt, von dem man sagt, er habe das Feuer aus dem Himmel geraubt, wie Hesiod [vgl. Hes. Th. 565– 569] es singt. Diese Tat muß der Chemiker nachahmen, nicht dadurch, daß er Sonnenwärme dem Werk zukommen läßt, sondern den nämlichen Grad des Feuers nachahmt.‹ Das Prometheische Feuer nämlich stammt vom Sonnenwagen. Als Jupiter im Zorn über einen Opferbetrug von Iapetus Sohn dessen Geschöpfen, den Menschen, das Feuer entreißt, »fertur Prometheus Mineruae auxilio ascendisse in coelum, ibiqué ferula ad currum Solis admota igne rursus in terras detulisse« (Conti, S. 165); so auch: »audax omnia perpeti/ gens humana ruit per vetitum nefas./ audax Iapeti genus/ ignem fraude mala gentibus intulit.« (HOR. carm. 1, 3, 25–28).

605

606

Vgl. Maier Mensa, S. 318–331; zu Arnald desweiteren G. Keil (1978) sowie G. Jüttner u. R. Manselli (1980). Du Cange 5 (1710), Sp. 649.

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28 ferventis spiritus Aethnae] Zum Brausen und Toben des Feuerberges, vgl. »Aetnaeos apices solo cognoscere visu,/ non aditu temptare licet. […] nunc vomit indigenas nimbos piceaque gravatum/ foedat nube diem, nunc molibus astra lacessit/ terrificis damnisque suis incendia nutrit [etc.]« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 160–165). 30–31 quasi vivida balsama … cariosa metallae perungas] Sowohl der ›Balsam‹ (mit GL. 30 ›mutatio vocis‹ – um einen anderen Ausdruck zu verwenden; um der Variatio willen)607 als auch das ›Bestreichen der faulen Stellen‹ (vgl. GL. 31) sind übertragene Ausdrücke, sprich: Metaphern. Furichius nimmt sie in SCHOL. 30 zum Anlaß, zeitgenössisches Wissen über die Herkunft des Balsam zu referieren: Zunächst verweist er erneut auf Prospero Alpino, welcher dem Thema einen eigenen Traktat widmete. Im 2. Kapitel des De Balsamo dialogus mit dem Titel Ab balsami planta, eiusqué succus, fructus ac virgae nunc reperiantur, et in quibus locis proveniant wird die Herkunft des Balsam behandelt: vornehmlich Ägypten und die Türkei.608 Dem widerspricht allerdings, so Furichius, ›Guarinonius in consil[ia]‹ – gemeint sind die 1610 in Venedig erschienenen Consilia medicinalia des Veroneser Arztes Cristoforo Guarignoni (gest. 1601), welcher unter Rudolph II. in Prag eine medizinische Akademie einrichtete.609 Nach dem Verweis auf die indische Herkunft in VERG. georg. 2, 116–119, kehrt Furichius zu seinen Arztkollegen zurückt: ›Manardes, und aus ihm Fioravantus bezeugen, daß er heute auch aus der Insel Cartagena herbeigebracht würde‹. Manardes (auch Manardus) ist Giovanni Manardi. Er wurde 1462 geboren und studierte Medizin, in seiner Jugend wirkte er an Giovanni Pico della Mirandolas Disputationes adversus astrologiam mit. 1513 wurde er vom Ungarischen König Ladislaus II. als Leibarzt berufen und blieb bis 1518 am Budaer Hof. Danach hatte der inzwischen berühmte und geachtete Mediziner bis zu seinem Tode 1536 eine Professur in seiner Geburtsstadt inne.610 Auf dessen 1521 in Ferrara zum ersten Mal gedruckten Epistolae medicinales – genau genommen auf den, als Rezension des Dioscurides-Kommentares des Fachkollegen Marcellus Vergilius (16. Jahrhundert in Florenz, dort erschien 1518 der Kommentar) angelegten, ersten Lehrbrief des achten Buches611 – bezieht sich Leonardi Fioravanti in seiner Schrift Della fisica. Dort heißt es im 607

608 609

610

611

Vgl. ›Mutatio‹, in: Ernesti: lat., S. 258; beziehungsweise ›᾽Αλλοίωϲιϲ‹, in: Ernesti: gr., S. 13. Vgl. P. Alpino (1592), S. 63r-67v. Vgl. R. Evans (1997), S. 204; sonst nur Jöcher 2 (1750), Sp. 1240; Kestner, S. 367; kein Eintrag im DBI. Vgl. Jöcher 3 (1751), Sp. 93; Kestner, S. 507; M. Palumbo (2007); sowie CP 1, S. 538 f. Vgl. Manardus, S. 132; sowie dessen Ausführungen zum Theriak (3. Brief des 6. Buches) ebd., S. 74.

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41. Kapitel ›Del Balsamo dell’Indie, che si raccoglie in Cartagena, come si faccia‹ des 3. Buches: »Dice il Dottor Manardes, che il balsamo di Cartagena è liquore di uno arbore, et che lo raccogliono in due modi […]« (Fioravanti, S. 354–357). Er hat das Wundermittel selbst aber nie gesehen: »che à pena una uolta le potemo uedere in tutto il tempo di nostra uita, non che farne esperienza, et seruircene nelle cure degli infermi« (Fioravanti, S. 355). Schließlich verweist der Autor darauf, daß alle Heilpflanzen gegen die hiesigen Krankheiten auch in Italien wüchsen und hält den teuren Import von Wundermitteln aus fernen Ländern für Scharlatanerie und Profitmacherei: »ma ui prometto da quel che sono, che se io fossi Papa ò Imperatore, che faria si, che non uenisse simplice nissuno, di Prouincie aliene, à cauarci li dinari della borsa, et l’anima del magone. ma uorrei, che li medici, barbieri, et speciali si seruissero di quei simplici, che nostro Signor Dio ci ha assignati sotto questo clima, per nostra salute.« (Fioravanti, S. 357). Zu Fioravantus: Leonardo Fioravanti wurde um 1517 in Bologna geboren. Als einer der wenigen an praktischen Erfahrungen interessierten Paracelsisten gilt er unter den italienischen Medizinern seiner Zeit als große Ausnahme. Nachdem er die ganze Apeninnenhalbinsel bereist hatte, schloß er sich 1551 dem Spanischen Heer an und setzt als Feldarzt nach Afrika über. Nach seiner Rückkehr nach Italien, praktiziert er in Neapel, Rom und schließlich in Bologna, wo er um das Jahr 1588 verstarb.612 [S. 33] 6–25 Nunc haerere … et virtutibus ipsum] Einmal mehr kommt Furichius auf die alchemische Bildlichkeit des Ackerbaus zurück, um sie mit derjenigen des heranwachsenden Fötus zu vermengen: 8 seminis aurea pulpa] Hier bezeichnet ›pulpa‹ zunächst noch, doch bereits doppeldeutig, die weichen, fleischigen Teile einer Pflanze, nämlich des Keimlings (›semen‹), welcher eindeutig als Mercurius ausgewiesen ist. 9 Intumulanda] Eine Verbum ›intumulare‹ ist im ThLL (dort stünde es: Bd. 7.2, Sp. 101) nicht verzeichnet. Es handelt sich hierbei um eine mittellateinische Form mit der Bedeutung ›ein-/vergraben, bestatten‹.613 11 Cinnabarim] Siehe hierzu den Kommentar zu CHRYS., S. 12, 32. Hinzu kommt hier in SCHOL. der Verweis auf die ›Bekenntnisse eines Conrad Lipsius‹ – Werk oder Autor waren jedoch, im Gegensatz zu Justus Lipsius und anderen seiner Verwandten, nicht zu ermitteln. Furichius meint hier erneut ›Cinnabaris phylosophorum‹ oder ›Terra Adami‹ – ›adamitische Erde‹ ist die Erde, aus welcher Gott den ersten Menschen formte.614 17 menses bis quinque] Der ›mensis philosophicus‹ ist ein Zeitraum von dreißig oder vierzig Tagen. Es können aber auch weniger sein: »sed et 612 613 614

Vgl. A. Mainardi (1997). Vgl. A. Blaise (1975), S. 505. Vgl. Ernsting, S. 295.

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pauciores dies mensem conficiunt istum, qui definri solet secundum naturam rei et absolutionem operis« (Ruland, S. 330). Zweimal fünf bedeuteten hier etwa einen Zeitraum von höchstens dreihundert oder vierhundert Tagen, also gut einem Jahr. Man beachte jedoch: »Ein Philosophisches Jahr/ ist ein gewöhnlicher Monat« (Ruland, S. 43) – im Bildfeld zugleich der 10. Monat der Geburt beim Menschen; ebenso als Zahl der Vollendung: »Numerus denarius, sign[ificat] temporum perfectionem, quòd sit numerus perfectus, per quem et in quem omnes numeri terminantur« (Ricciardi, Bd. 2, S. 79r). GL. 18 Allusio markiert das Übergehen der landwirtschaftlichen in die fötalen Bilder. 23–25 Procedit suboles … virtutibus ipsum] GL. 23 weist den Sproß als ›Stein der Weisen‹ aus; zu dessen ›Vater‹ SCHOL. 24: ›Saturn, das heißt das Blei. Zu beobachten ist, daß man in den bleiernen Schlacken eine erstaunliche Menge Gold findet; und noch dazu größer als bei anderen [Metallen]. Daher kann er wahrhaftig des Goldes Erzeuger genannt werden.‹ 26 quem dico, Tyrannus] In der Aurea Catena heißt es: »Ille metallorum summus, quem dico, Monarcha« (AVR. CAT., S. 8, 22); an anderer Stelle jedoch ebenso: »metallorum […] Tyrannus.« (AVR. CAT., S. 7, 13); also: der ›Phoebus‹ der Chryseis und der ›Rex‹ des Tractatus aureus. Diese Gleichsetzung, zusammen mit Amor nach Lucretius und dem Orphischen Phanes, findet sich ebenso in der Mythologie: »Tyrannus Cupido à Platone dictus est, quòd in generosos et nobiles bacchari et saeuire, tyrannidemque exercere uideatur, id quod et Euripides illo uersiculo, quem et Abderitae deliri canebant, ostendit […] Id est, Tuqué ô deûm tyranne et hominum Cupido. quin etiam Proculus in Platonis sophista, Amorem magnum apellavit, ut supra dictum est« (Giraldi, S. 562). 30 lymphas de fonte perennes] Mit GL. 30 zugleich ›fontes perennantes‹: sowohl ›Dauer besitzend‹ als auch – im Latein der Kirchenväter – ›Dauer verleihend‹.615 Es ist dieselbe Flüssigkeit, welche der Rabe im 2. Buch mit den Worten ankündigt: »Ecce ego post aliquos soles de tergore puras/ Effundam lymphas, quas, si sapis, excipe dextra« (CHRYS., S. 13, 13 f.). 31–S. 35, 7 iterum atque iterum coelum fundumque … sidere possit] Der Abschnitt behandelt die philosophische Sublimatio oder Solutio, welcher sich die Coagulatio, als »Solutio corporis et coagulatio sunt duo, sed habent vnam operationem« (Rosarium, S. 57), anschließt: GL. 32 ›Sublimatio saepius repetenda‹ hebt zu Anfang heraus, daß die ›Sublimierung‹ mehrmals zu wiederholen ist, jene wird definiert als »eine chimische Arbeit, vermöge welcher die groben und unreinen Theile von 615

Vgl. ThLL 10,1 (1995), Sp. 1325: »trans[itivum] i[dem est] q[uod] perennem facere, perpetuare.«

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den guten gesondert, und die bey der sublimation erhebende Theile dadurch vereiniget werden« (Ernsting, S. 288) – neben dieser technischen Sublimierung, gibt es die hier mehrmals zu vollziehende (Reiteratio) oft zweistufige ›sublimatio nostra‹: »Quod ex multiplici reiteratione inibitionis cum contritione et leni aflatione aqueitatis eius maior pars deletur, haec est ergo sublimatio primi gradus, per quam aqueum mercurij deletur, postea in aludel vase, […] ista tota substantia spergatur, in ipsius fundo, deinde ignis augeatur, […] donec ipsius pars, albissimam praecellens niuem, sua albedine quasi mortua, spondilibus a[lu]del adhaerat, et haec est sublimatio nostra per quam terrea foetulentia et partes sulphuris cum fecibus in fundo remanet, et in ea natura eius purificatur, et ab hinc cum fixionis modo figatur id est fermentetur, quia quod fixum est figit id est fermentum, deinde ad fimum ponatur, sequitur, donec in ignis asperitate quiescat, et hic secundus praeparationis id est sublimationis gradus appellatur.« (Rosarium, S. 160 f.). [S. 34] 2–3 Extrahimus verò …. operis primordia nostri] Mit GL. 2 ›Extractio fit certis mensuris‹. Diese bezeichnet hier nicht die ›Ausziehung‹ von Essenzen aus Kräutern, wie Ernsting (S. 148 f.) und Ruland sie an erster Stelle verzeichnen, sondern eine »segregatio essentiae, qua e corpore suo extrahitur« (Ruland, S. 203) – aristotelisch gesprochen: die Loslösung der Form von der Materie – oder dasselbe wie die alchemische Sublimatio und Destillatio (vgl. Ernsting, S. 149). 6–10 immotum corpus, flatus … et mors invisa fugetur] In Antithese zum ›corpus‹ steht ›flatus‹ hier wie das ›flamen‹ (v.7) im Sinne von ›anima‹ als Hauchseele, welche durch die Menstrua von der Materie zu lösen ist. Mercurius muß aus dieser, in welcher wie in einem Kerker sitzt, befreit werden, gleichzeitig müssen das hierbei freiwerdende ›männliche‹ Agens und weibliche ›Patiens‹ in der chemischen Hochzeit vereinigt werden, der so erzeugte ›Hermaphrodit‹ wird so lange wiederum – ›crebris vicibus‹ (v. 9) – getötet und gereinigt, bis er rein ist.616 Diese Reinheit besteht nach GL. 9 darin, daß die ›Wärme‹, arabisch ›Cambar‹ – eigentlich ›qinbar‹ vom griechischen κιννάβαριϲ; dasselbe wie der Zinnober ›cinnabaris‹617 – als Urache der Unreinheit schwindet,618 und der ›Tod‹ (v. 10) vertrieben wird. Alchemisch heißt es zu ›mors‹: »wirdts genennet in der Faulung/ der Cörper stirbt wen die See wegfähret/ die Farb vergehet/ der Geist/ das

616 617 618

Vgl. L. Abraham (1998), S. 156 f. Vgl. MlatWB 2 (1999), Sp. 103 Ernsting führt aus: »Cambar, ist ein spagirisches Kunst=Wort, und ist nichts anders als Ignis das Feuer« (Ernsting, S. 79); verwirrend der Eintrag bei Ruland: »Chambar, Gifft/ ist die Früchte oder Magnesia. Turba fol[io] 66 sagt/ es seye der weisse Stein/ vnd fol[io] 92 nennets auripigmentum Zendrio, absemech, chalul: Wann es aber weiß wird: ohn schaden/ dann heißt es plumbum, exobmich, magnesia, martech, aes album.« (Ruland, S. 140).

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Wasser wirdt außgezogen/ wann mans ihm wider gibt/ wirdt er aufferweckt und lebendig/ hell/ und darnach unsterblich.« (Ruland, S. 340). 13–17 radius … habet Venerem] Mit ›radius‹ – das Weible/ weiß hell.« (Ruland, S. 401) – wird hier das – wie GL. 17 ›Volatile in Mercurio vocatur Venus‹ darlegt – das Reine und Flüchtige (vgl. Ernsting, S. 311) bezeichnet, welches vom Unreinen und Festen getrennt wird; im mythologischen Vergleich: ›alitis instar‹ (v. 13) – als ›ales‹ wird ein Augurvogel bezeichnet, dessen Flug gedeutet wird. 16 contra fiat durabilis Orcum] Hier synonym zu ›mors‹; im Sinne von »in Orci gulam incidere poruerb[ialiter] dictum, signif[ificat] in perniciem et extremum exitium cadere.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 104v); sowie als Orphisch-Hippokratischer ›Orcus‹ wie in SCHOL. [S. 67], S. 35, 10. 19–20 More aquilae spuriae … collineat ortum] Das Flüchtige im Mercurius, hier ›Venus‹ genannt, flieht die Hitze ›radiantis fulgura Phoebi‹ (v. 17) – wie das ›unechte Adlerweibchen‹ die Sonne – und sucht sie nicht wie der ›echte‹ (vgl. GL. 19) Adler des Göttervaters. Zur Erklärung verweist Furichius auf die Naturgeschichte des Aristoteles, wobei er ausgiebig aus Arist. HA 9, 32 (=618b) schöpft. Von den dort aufgeführten sechs Greifvogelarten, wobei fünf als ›unechte‹ Kreuzungen gelten, nennt er vier: den Weißschwanz oder Fasenentöter, den Plángos oder Ententöter, den Mórphnos oder Schwarzadler oder Hasentöter, sowie den Schwarzflügler. Letzterem, der die Sonne nicht verträgt, tut es nach SCHOL. 19 der Mercurius gleich. Allein, in der Aristotelesstelle ist von dergleichen nicht die Rede; ebensowenig bei der römischen Entsprechung PLIN. hist. nat. 10, 6–18. Erst Autoren wie Cantimpré oder Neckham oder später die Barockemblematik – Horapoll und mit ihm Valerian dagegen nicht619 – kennen den Adler, der sein Auge an der Sonne weidet, sonnenempfindliche Jungen aus dem Nest wirft, und sich sogar in den Sonnenstrahlen verjüngt; vgl. »Aquila etiam pullos suos radiis solaris fulgoris exponit, ut illos qui irreverbata luminum acie jubar solare sustinent, educet et sibi reservet, tanquam avitae nobilitatis imitatores. Eos vero quos natura potenti efficacia acuminis visus destituisse visa est, nido proturbat mater quasi degeneres et contemnit.« (Neckam, S. 71); und: »Aquila, ut dicit Augustinus, avis est nobilissima utpote avium regina. Grandis est, preda et carnibus vivit. Visum oculorum adeo acutum et firmum habet, ut irreverberata acie solis radios intueri possit. Unde libenter conversa ad solem sedet. Hec pullos suos unguibus suspensos radiis solis obicit. Quos cum immobilem tenere viderit [etc.]« (Cantimpratensis 5, 2, 3).620 Letzterer zitiert hierbei Isidor von Sevilla: »Aquila ab acumine oculorum vocata. […] Nam et 619

620

Obwohl gerne darauf hingewiesen wird, ist im 19. Buch von Valerians ›Hierogylphica‹ zwar durchgehend vom Adler, aber nicht von seinem Verhältnis zur Sonne die Rede. Vgl. auch Henkel-Schöne, S. 775.

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contra radium solis fertur obtutum non flectere; unde et pullos suos ungue suspensos radiis solis obicit [etc.]« (ISID. orig. 12, 7, 10 f.). Furichius dient einmal mehr der Kommentator des Tractatus aureus als Gewährsmann, dem er gleichsam die Aristotelische Autorität unterschiebt. Die Hermesworte sind: »Fili extrahe à radio umbram suam, et sordidum, eo quod nebulae ei supereminent [etc.]« (Tract. aur., S. 633) – ihre Erklärung: »Quemadmodum in Sole ambulantis corpus continuò sequitur umbra, tamquam comes individua, sic hermaphroditus noster Adamicus, quamvis in forma masculi appareat, semper tamen in corpore occultam Evam sive foeminam suam secum circumfert. Haec vicem tenet patientis, ille agentis. Cum verò illa ob sexus imbecillitatem, vel potius insufficientem digestionem, impura adhuc et vitiosa, ac nativi splendoris perfectione orbata, ignis examen sustinere nequit: non secus ac aquila spuria, quae adversus solem volans, splendorem ejus ferre nequit: Degneres enim lux arguit.« (Tract. aur., S. 633 f.). Und in der Aurea Catena: »Semper habet Venerem teneris in carnibus Hermes,/ Quae aduersus Solis lucem inconstantior extat,/ More aquilae spuriae, quae, quum radiauit Apollo/ Aera, non oculos audet convertere ad ortum./ Sic quoque nostra Venus, cuius cum visus hebescit,/ Incrementa eius capit irradiante marito.« (AVR. CAT., S. 12, 18–23). 21–22 Sic etiam enervata Venus … marito] Die eben aus der Aurea Catena zitierte Venus bezeichnet das obengenannte (weibliche) ›volatile‹ bei der Sublimatio, wobei der stärkende Phoebus als die Hitze am Destillationsgefäß verstanden werden kann. 27–28 spirantibus Euris … incendia Cancri] Der vor allem in den Argonautica des Valerius Flaccus – etwa: »illam huc atque illuc nunc torquens verberat Eurus« (VAL. FL. 1, 639; vgl. auch 2, 58; 2, 365, et passim) – gefährlich anstürmende (Süd-)Ostwind Eurus, die beißende Winterskälte und die größtmögliche Hitze (vgl. etwa CHRYS., S. 31, 33) vermögen nun nicht mehr zu schaden. 31–32 demere pinnas … cum sulfure jungi] Das Bild der Beschneidung der Schwingen des Mercurius für die Coagulatio oder Fixatio: »est rei ignem fugiens, vt eum amplius non fugiat, sed in eo fixa permaneat, per ignem assuefactio, siue ea fiat per calcinationem siue per decoctionem lentam, et diuturnam, siue per crebram sublimationem, siue per crebo reiteratam solutionem et coagulationem, siue tandem per rei fixae additionem perficiatur.« (Ruland, S. 215); vgl. auch CHRYS., S. 28, 1–4. [S. 35] 2 non ut Salamandra triumphet] SCHOL. verweist unter Berufung auf Aristoteles (HA 5, 19=552b), Aelianus (Ael. NA 2, 31)621 und 621

Dort wird berichtet, wie der Lurch das Feuer wie einen Widersacher anzugreifen pflegt: »Ex animalibus tametsi Salamandra non est quae ex igni nascuntur, quales

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Plinius (PLIN. nat. 10, 188)622 auf die Annahme, das Tier widerstünde dem Feuer.623 Dieser stellt Furichius das Experiment des Matthiolus, der selbst Lurche fing, die ihm dann verbrannten, gegenüber; wie dieser es in seinem Dioskurideskommentar (2. Buch, 56. Kapitel) schildert: »in agro Tridentino copiosae inueniuntur […]. Vanum est ergo credere (ut etiam Dioscorides inquit) igne eam minimè absumi posse, eóque uicitare, ut chamaeleon aere: quandoquidem facto periculo, igne exustam breui salamandram uidimus.« (Matthiolus, S. 221). Die alte Lehrmeinung und die praktische Erfahrung verbindet, so Furichius, von Aetius ausgehend, Paré im Buches von De venenis: »Penetrat, inquit, hoc animal per ignem ardentem, nihilqué laeditur, dissecta et discedente ab eo flamma. Si verò per tempus aliquod in ipso igne moretur, consumpto frigido in eo humore consumitur, nigricat Salamandra, maculis flauis stellatim distincta.« (Pareus Venenis, S. 597). Zu Aelianus: Gemeint ist Claudius Ailianos, ein in der ersten Hälfte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts lebender, stoisch geprägter Schriftsteller aus Rom. Neben seiner Natura animalium, verfaßte er mythographische Schriften, Lehrbriefe und Gedichte.624 Aetius ist der griechische Arzt Aëtios aus Armida, welcher in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts lebte. Er erhielt seine Ausbildung in Alexandria und wirkte später am Byzantiner Hof, seine Hauptschrift sind De re medica sowie die De cognoscendis et curandis morbis sermones.625 Der Salamander wird im 52. Kapitel des 13. Sermo behandelt: »Salamandra animal simile est stellioni, asperius et scabrum magis quàm lacerta uenenata. Penetrat autem hoc animal per ignem ardentem […] Si uero per tempus aliquod in igne immoretur, consumpto frigido in eo humore, exuritur« (Aetius, S. 384). In der Giftigkeit ähneln sich in den Bestiarien Basilisk und Salamander, zudem ist das ›Krankheitsbild‹ einer Vergiftung durchaus in seinem Farbenspiel ›alchemisch‹: »Scribit Aetius his qui Salamandrae veneno interfecti sint, quasdam corporis partes per ambitum liuescere […] Primum quidem maculas albas per corpus apparere, deinde rubras, postea nigras cum putrefactione« (Pareus Venenis, S. 597). In der Literatur wird zum Salamander gerne das 10. Emblem mit dem Salamander in qualmenden, knisternden Flammen, welche ein antikisierend halbnackter Mann – der alchemische Neptunus; vgl. Kommentar zu

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sunt Pyrigoni: contra tamen hunc ire audet, contraque illius flammam veniens, tanquam ad aduersus hostem quendam, sic eam expugnare aggreditur [etc.]«; nach der Gesnerschen Übersetzung in C. Aelianus (1611), S. 109. Vgl. »sicut salamandrae, animal lacertae figura, stellatum, numquam nisi magnis imbribus proveniens et serenitate desinens. huic tantus rigor, ut ignem tactu restinguat non alio modo quam glacies.« (PLIN. nat. 10, 188). Vgl. auch Ch. Hünemörder (2001a). Vgl. B. Ewen (1996). Vgl. V. Nutton (1996).

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CHRYS., S. 40, 10 – mit dem Dreizack schürt, aus Lambsprincks De Lapide Philosophico abgebildet. Dessen Motto lautet: ›Salamandra vivit in igne,/ Ignisque hanc mutavit in optimum colorem.‹ und die Subscriptio verweist auf das hier in der Chryseis beschriebene mehrmalige ›Solve et coagula‹: ›Reiteratio, gradatio et melioratio Tincturae, vel Lapidis Philosophorum: Augmentatio potius intelligatur.‹ (vgl. Lambsprinck, S. 361). Das beigegebene Epigramm erklärt: »Omnes fabulae haec nobis narrant,/ Vt salamandra oriatur in igne,/ In quo suum habet cibum et vitam./ Quae ipsi natura dedit:/ Habitat autem in monte profundo,/ Ante quem multi ignes incenduntur/ Vnus altero minor,/ In quo se salamandra lavat;/ Tertius maior, quartus clarissus omnium [etc.]« (Lambsprinck, S. 360). Eine andere Deutung findet sich ausgerechnet bei Ruland, der in den Salamandern Elementargeister erkennt: »Fewer Leut oder Geister« (Rulands, S. 409). Zudem gilt spätestens seit den Reisen des Marco Polo gegen Ende des 13. Jahrhunderts ›salamandra‹ schlicht als Bezeichnung für die Asbestfaser; vgl. »La salamandra nonn-è bestia, come si dice, che vive nel fuoco […] Egli è vero che quella vena si cava e stringesi insie[me], e fa fila come di lana […] e questa si fila e fassine panno da tovaglie. Fatte le tovaglie, elle sono brune; mettendole nel fuoco diventano bianche come nieve; e tutte le volte che sono sucide, si pongono nel fuoco e diventano bianche come neve. E queste sone le salamandre, e l’altre sono favole.« (Milione 59, 5–9). 6 Astrum erit] Sobald Merkur sublimiert ist, heißt er ob seines sternengleichen Glanzes ›Astrum Mercurii‹ (vgl. Ernsting, S. 40 f.), das heißt: er hat den höchsten Grad an Reinheit erreicht, ist von der Materie (›sal‹) befreit: »Astrum heist das Gestirn. Aber in vnser Chymischer Kunst/ bedeut es die Natur und Krafft eines Dinges/ so es empfahet auß der praeparation. Alß wenn der Mercurius sublimirt, der Schwebl mit einem Füncklein Fewer angezündet/ vnd das Salz für sich selber soluiret und zerlöset wirdt/ so werden sie Astralisch/ Gestirnmässig/ und heist das Gestirn« (Ruland, S. 76). 8–9 Scilicet Hermetis talis Riphaea pruina est … caloris] In Vergils Georgica durchwandert der trauernde Orpheus die beständig bereifte Gegend Riphaeus im entlegendsten Teil Sarmatiens oder Skythiens: »solus Hyperboreas glacies Tanaimque nivalem/ arvaque Riphaeis numquam viduata pruinis/ lustrabat« (VERG. georg. 4, 517–519) – »hier heissen Pruinae chimicae, die Sublimata oder die auf sublimirten Cörper« (Ernsting, S. 244). 10 Quidquid enim tangit] Furichius nimmt in SCHOL. die Gelegenheit wahr, gleich auf zwei Werke des von ihm verehrten Iulius Scaliger Bezug zu nehmen, sowie in GL. auf Ripleys Twelve Gates anzuspielen. SCHOL. verweist auf die Exercitatio nona, Quae de Igne und das Solus tu design-

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abis te mihi im siebten Buch von dessen geistlichen Dichtungen Epidorpides. Die Exercitatio behandelt unter anderem die Vorstellung, daß das Feuer alles in sich verwandelt – dem ›ius vocat in proprium‹ (v. 11) entspricht hier ›sibi assimilat, in se transmutat‹ – sofern es als Flamme in Erscheinung tritt; jedoch nicht als Element: »Praeterea non immanem, sed diuinam contemplabimur in eo [i. e. ignis] naturam: qui sibi assimilet omnia, omnia in se transmutet. Quae vis in aere quoque atque aqua manifesta est, sed parcior: in terra obscurior. Commune enim est omnibus qualitatibus, vt aut contrariam sibi quaeque destruat, aut ab illa sese tueatur. Elementa igitur omnia, quoad fieri potest, producunt, et promouent formam suam: vbi validiora sunt ijs, quae ab illis patiuntur.« (Scaliger ad Card., S. 46). Dann erläutert Furichius, warum das Feuer nicht alles ›rasend verzehrt‹, sondern nur ›sein Umland ausdehnt‹ – zu ›pomoeria tendere‹ vgl. »Hoc spatium, quod neque habitari, neque arari fas erat, non magis quod post murum esset, quam quod murus post id, pomoerium Romani appellarunt, et in vrbis incremento semper, quantum moenia processura erant, tantum termini hi consecrati proferebantur.« Gesner 3 (1749), Sp. 939 – anhand des Scaligerschen Bildes des Feuers als ›gerechter Herrscher‹ und zitiert den entsprechenden Satz der Exercitatio: »Ita iustus rex suum cuique reddit, herciscens familias, et finium regundorum iniens rationem. Prudens oeconomicus sibi, quantum satis est, sumit.« (Scaliger ad Card., S. 48) – wobei dort noch die anderen Empfänger, nämlich die anderen Elemente, genannt werden: »Ergo ex ligno, terrae cineres, aequae humorem, aeri halitum distribuit« (Scaliger ad Card., S. 48). Das Gedicht Solus tu te designabis te mihi behandelt die Suche nach dem sich den Sinnen entziehenden Gott, in der Welt und in den Elementen. Es beginnt: »Quaeram te, mea viua salus: verum vbi quaeram?/ Quis te mihi mostrabit: ei ipse negasti/ Tu te aperire? oculum rotigetmne curiosus,/ An te viderit? [etc.]« (Scaliger Epidorpides, S. 308). Schließlich wendet der Suchende sich mit den – von Furichius zitierten Worten – an das Feuer: »Quid tu ignis? calor omnis, et omnis vnde motus:/ Qui sursum subit, et vehit, huic semina vitae/ Debentur, eique officia, ac munera mentis./ Nempe es tu Deus [etc.]« (Scaliger Epidorpides, S. 309). GL. 10 ›Ignis Elementaris praestantia‹ erinnert zugleich Ripleys Third Gate Of Separation: »Fyre of Nature ys the thyrd Menstruall/ That fyre ys naturally in every thyng;/ But fyre occasionat we call Innaturall,/ And hete of Askys and balnys for putrefying:/ Wythout these fyres thou may not bryng/ To Putrefaction for to be seperat,/ Thy matters togeather proportyonat.« (Ripley, S. 143). 13–14 Mens … glomerârit in unum] Die Ballung von himmlischen Feuer, das im Gegensatz zum irdischen keiner Nahrung bedarf wie auch keinen

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Schaden anrichten kann, findet sich beispielsweise in der Neuplatonischen Timaios-Deutung: »Ignis apud nos neque substantiam firmam, neque prouinciam suam habet, sed ex fortuita passim transmutatio[n]e contingit, et continuò indiget alimento. Ac si sursum aduolare contendat, ab aere prorsus extinguitur. Alicubi uerò in prouincia sua debet ignis uniuersus existere. Neque tamen elementalen inter Lunam, et aerem propriam habet sedem: atque ut elementalis natura fert edacem. Alioquin totum prorsus consumeret aerem tantus ignis atque sequentia. Ignis ergo sedes est, coelum ibiqué diuinitate, coeli calor igneus euadit innoxius.« (Ficino in Tim., S. 1450). 17–19 Siculis ut flamma caminis … in Perside fertur] Vier Orte gewaltiger Hitze, welche, wie SCHOL. 17 ausweist, der inzwischen als pseudoepigraphisch eingeordneten Schrift Aristotelis de admirandis auditionibus commentariolus entstammen.626 Diese stellt eine kurze Sammlung von Naturwundern und Curiosa dar: Dort heißt es zum Aetna (v. 17): »Miranda est ignis exhalatio, quae in Sicilia contingit, cuius ebullitio per stadia quadraginta diffunditur, sed nec tria attollitur stadia« (Arist. de admir. 38); zu den Säulen des Hercules (v. 19): »Extram colunmas Herculeas ignes flagrare fama est, hos quidem seper, alios vero noctu solum« (Arist. de admir. 35); zur Insel Lipara und zu Persien, bezüglich des Kochens von Speisen: »In Lipara insula aliqui affirmant huius vis atque naturae terram reperiri, in qua quis ollam occultauerit, quodcunque voluerit, dummodo in ea imponatur, decoquetur./ Flagrant in Medijs et Psittacinae gentis ac Persidis confinio ignes, quorum qui hic quidem in Mediijs minus, qui autem in Psittacina magis, et syncera flamma ardet: qua de causa Persarum rex ad hunc culinas molitus est.« (Arist. de admir. 32 f.). Die nördlich von Sizilien liegende Insel Lipara – eine der Äolischen – gilt als Wohnstatt des Äolus (vgl. Conti, S. 449; Giraldi, S. 253), wie sie auch ob des aus ihrem Inneren hervorlodernden Feuers bei Claudian die Schmieden des Vulcanus beherbergt, da Pluto zum Raube an die Oberfläche dringt: »Sicluae sonuere cavernae;/ turbatur Lipare; stupuit fornace relicta/ Mulciber et trepidus deiecit fulmina Cyclops.« (CLAVD. rapt. Pros. 2, 173–175); vgl. auch Boccaccio, S. 75v. 25–32 Expansis autem tenebris … latitaverit altis] Nach GL. 25 geben die Verse Auskunft, woran man den glücklichen Verlauf des Werkes (der Digestio oder Decoctio) erkennt: Der Anblick gleicht – nach SCHOL. 26 – dem formlosen Chaos, welches in v. 26 f. ›â terris cum nondum distitit aether‹ zunächst in Anlehnung an Ovids Metamorphosen geschildert wird: »Ante mare et terras et, quod tegit omnia, caelum/ unus erat toto natuae vultus in orbe,/ quem dixere Chaos, rudis indigestaque moles/ nec quicquam nisi pondus iners congestaque eodem/ non bene iunctarum discordia semina rerum.« (OV. met. 1, 5–9). 626

Vgl. H. Flashar (2004), S. 206.

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28 Taenariis Dis emolitus ab antris] Zitiert den Beginn von Claudians De raptu Proserpinae: »Inferni raptoris equos adflataque curru/ sidera Taenario caligantesque profundae/ Inunonis thalamo audaci prodere cantu/ mens concussa iubet. gressus removete profani.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 1–4). Der Taenarus ist ein Vorgebirge bei Sparta, das einen der Zugänge zur Unterwelt birgt, zudem steht dort ein Tempel des Neptun; vgl. »Tenarus laconiae promonotorium est circa finem Mallei montis: in quo quia hiatus est: et ex eo agente spiritu quidam audiuntur rumores: et murmura progredi: inferorum ueteres dixere descensum.« (Boccaccio, S. 139v, vgl. auch Giraldi, S. 218). 30 Threicea haec nox est] Wie SCHOL. ausweist ist ebendiese Nacht die Göttin Nyx, wie der Thraker Orpheus sie Orph. Hymn. 2, 3 besingt. Nyx bestand schon vor den Göttern und Menschen und wird daher häufig dem Chaos gleichgesetzt: »Nox quidem paruo in honore fuit apud antiquos quam Deorum omnium antiquissimam crediderunt, cùm omnes loco ante Deorum ortus occupasset: et informem materiam, quae Chaos dicata est.« (Conti, S. 118). Im besagten Hymnus jedoch wird ihr als Mutter der Götter und Menschen, als aller Dinge Ursprung, gehuldigt (vgl. Orph. Hymn. 2, 3, 2 f.). Hier ähnelt sie zudem nach SCHOL. dem ›Orcus Hippocratis‹ – womit Chaos, Nox und Orcus synonym sind. Jener ὅρκοϲ (›Schwur‹) ist der Hippokratische Eid (vgl. Hp. jus. I).627 In diesem Kontext der Chryseis ist der Orcus ein Schwur beim Pluto und bei der Unterwelt; und damit metonymisch zu Pluto und Unterwelt. Allerdings gehen diesbezüglich die Gelehrtenmeinungen seit der Antike auseinander: »Orcus frequenter pro Plutone ipso, et inferis capiatur, ab urgendo: tametsi quidam ex nostris Graecum potuis putauere, ab iuramento deductum, et cum afflatu scribunt Horcum. alij, aspriationem additam in posteriore syllaba uolunt, unde sit deductum nomen proprium Orchius, et lex Orchia apud Macrobium [etc.]« (Giraldi, S. 268). [S. 36] 1 Cernimus, umbra rei] Spielt mit GL. auf das Platonische Höhlengleichnis in der Politeia an; vgl. Pl. R. 514a-517a. 7–15 Hic est tenebris fugiens … vaga discursamina mentis] Furichius vergleicht dem ›befreiten‹ Mercurius vier Geflügelte aus der Mythologie, welche derart zu dessen alchemischen Synonymen werden: Rabe, Schwan, Iupiters Adler und Genius: Der ›crocitator, Ales apollineus, garrulus oscen‹ (v. 7 f.) – nach GL. 7 ›vulturnus‹ der nämliche vom ›Lybischen Berg‹ aus CHRYS., S. 13, 4 – ist der heilige, krächzende Kündervogel des Sonnengottes. Diese Zuordnung rührt zum einem her von der ›sonnenverbrannten‹ Farbe, zum anderen vom 627

Eine abweichende Verwendung von ὅρκοϲ im ›Corpus Hippocraticum‹ ist nicht belegt; vgl. G. Maloney u. W. Frohn, Bd. 4, S. 3074 – zu ebenjenem Eid als Schwurformel in der Alchemie CP 2, S. 694.

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genannten (vgl. CHRYS., S. 20, 14) Mythos der Coronis: »colorem nigrum Soli dedicatum: quòd eius calore humana etiam corpora fusciora nigrioraqué reddantur, sitqué Coruus inter aues maximè niger, manifesta est causa cur is Apollini sacer habetur […] Aue autem eam Apollini priùs familiarem fuisse, neque non insigni candore praeditam Apollinis mox indignatione, quòd ad se dilectae Coronidis crimen detulisset, in eam nigritiam demutatam fabularum scriptores, Hesiodum secuti, meminere.« (Valerian, S. 236). Zudem gilt sein Gekrächze als Ankündigung von Regen: »In augurijs Coruuus, perinde ac Cornix, de qua dictum alibi, imbrium significationem habet« (Valerian, S. 235).628 Furichius läßt seinen Raben daraufhin alchemisch – entgegen dem Ovidischen, welcher weiß war und schwarz wird; vgl. »inter aves albas vetuit consistere corvum« (OV. met. 2, 632) – zum Schwan werden: Die Albedo folgt der Nigredo. Der Schwan ist als ›undarum decus‹ (v. 10) ein Symbol glücklicher Schiffahrt (›navigatio secunda‹); vgl. Valerian, S. 230 f. Hauptsächlich wird er jedoch mit seinem Sterbegesang in Verbindung gebracht: »Cygnos tum magis dulciusque canere affirmat, cum se breui praesentiunt morituros, quasi laetantes Deo gratias agere videantur« (Valerian, S. 228). In SCHOL. 11 entschuldigt Furichius sich mit dichterischer Freiheit dafür, daß er den Vogel entgegen der Meinung Scaligers singen läßt. Dieser will in der 232. Exercitatio solche Geschichten aus dem ›Lügenland‹ der Griechen aus der Welt schaffen: »De Cycni vero cantu suauissimo, quem cum mendaciorum parente Graecia iactare ausus es, ad Luciani tribunal apud quem aliquid noui dicas, statuo te. Multitudo ingens ad Carantonum fluuium. Quid dicam tibi? Anseres sunt.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 690). Zum ›in die Sonne blickenden Adler des Jupiter‹ vgl. zudem CHRYS., S. 34, 19 f. Der Flug des Mercurius ist so schnell und so hoch, daß es sich für den Beobachter nur um (einen) Genius handeln kann. So wird als ›genius‹ der Sohn Jupiters und der Erde bezeichnet: »Hic sine foeminae congressu è semine Iouis in terram per somnum profuso natus ess dicitur, figura quidem humana, sed ambiguo sexu« (Conti, S. 153); hierfür spräche Mercurius als Hermaphrodit. Daneben gibt es die beiden Genien, die man bei der Geburt erhält: »atque crediderunt singulos homines, statim atque nati fuissent, daemones duos habere, alterum malum alterum bonum, quorum nos sub tutela essemus, quos ambos Genios vocarunt, et putarunt nobiscum esse natos.« (Conti, S. 153). Ebenso gibt es den Genius als Sokratischen Daimon: »Hic creditur nobis clam nunc suadens, nunc dissuadens, vniversam vitam nostram gubernare, essequé mentis et voluntatis nostrae propè moderatorem.« (Conti, S. 154); sowie als Planetendaimon: »Alii occultam vim planetarum, qua ad singulas res gerendas impellimur.« (Conti, S. 155). Der Sitz all die628

Vgl. auch Ricciardi, Bd. 1, S. 260v.

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C. Kommentar

ser lenkenden Genien ist die Stirn – »Genio frontem praecipuè esse dicatam« (Conti, S. 155) – als Sitz des Urteilsvermögens. 15 vaga discursamina mentis] Ein Wort ›discursamen‹ ist für das klassische Latein nicht überliefert. Es findet sich auch nicht bei Blaise, Gesner, oder im MlatWB. Forcellini kennt nur ›discursatio‹ als ›il correre qua e là, scorreria‹.629 GL. 16 ἀνακεφαλαίωϲιϲ weist diesen letzten Abschnitt (bis CHRYS., S. 37, 1) als Recapitulatio aus: eine Zusammenfassung in anderen Worten; vgl. Ernsting: Gr., S. 19. 17 verborum syrmata mittam] Das griechische ›ϲύρμα‹ bezeichnet jedwede Art von Schleppe oder Schleppkleid. Seneca ist es, der den Begriff in die römische Sprache einführt, indem er so das Prunkgewandgewand des Bacchus bezeichnet; vgl. »Non erubescit Bacchus […] cum parum forti gradu/ auro decorum syrma barbarico trahit« (SEN. Herc. f. 472–475).630 GL. 19 cellâ vinariâ] kann hier durchaus im Sinne der Bibelexegese verstanden werden: »Cella vinaria, vt est Cant[ico Canticorum] 2 signific[at] aeterniatis arcanam contemplationem« (Ricciardi, Bd. 1, S. 143r); dort: »introduxit me in cellam vinariam ordinavit in me caritatem« (Ct. 2, 4). 23 fabrique minantis] Das Verb ›minare‹ hier in der Bedeutung von ›Stollen anlegen‹ (›cuniculos facere‹); vgl. Forcellini 5 (1871), S. 391. 25–S. 37, 1 Non secus ac serpens … spectabilis ostrea fuco] Bilder der alchemischen Circulatio und des Zirkuliergefäßes: der Ouroboros und der sich die Brust öffnende Pelikan; sowie die Bruthöhle der Auster. Drache und Vogel werden ebenso im Tractatus aureus in einem Zuge genannt: »Et sic Draco devoravit caudam suam: et Pelicanus proprio suo sanguine, è pectore emisso, pullis suis mortuis restituit vitam.« (S. 737 [=637]) – beiden gemeinsam ist die Kreisform. In SCHOL. 25 verweist Furichius auf die Hieroglyphica. Diese sind das Hauptwerk des 1477 im Friaul geborenen Humanisten Giovanni Pierio Valeriano Bolzanio; üblicherweise nur Pierio Valeriano. Hatte er bereits seit 1492 in Venedig an Klassikerausgaben mitgearbeitet sowie eigene lateinische Lyrik publiziert, wurde er um 1510, als Günstling der Medici, Protonotar der Kurie in Rom und Lehrer der Redekunst. Neben weiteren philologischen Tätigkeiten veröffentlichte er 1531 seine Defensio pro sacerdotum barbis, obgleich selbst glattrasiert, als fundierten Beitrag zur innerkirchlichen Reaktionen auf Reformatorische Kritik. 1546 kehre er nach Venedig zurück, wo 1550 zwei weitere Gedichtbände erschienen. 1558 starb er in Padua. Seine vielfach nachgedruckten Hieroglyphica, das Werk der Renaissancehieroglyphik schlechthin – das heißt aus dem Geiste des 629

Vgl. Forcellini 2 (1861), S. 742; ebenso nichts im ThLL.

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1422 neuentdeckten Horapoll, der Hypnerotomachia Poliphili, Andrea Alciatos sowie des Florentiner Neuplatonismus an sich – erschien zum ersten Mal vollständig 1556 in Basel.631 Auf das 14. Buch der Hieroglyphica verweist bezüglich des Ouroboros SCHOL. 25: »Serpens igitur caudam depascitur suam, vt generum immortalitatem, qua rerum naturam Deus insigniuit, ostentet: vt principium ad finem directum esse, finemque ad principium reflecti doceat.« (Valerian, S. 138).632 Dem entspricht das 14. Emblem ›Hic est Draco caudam suam devorans‹ der Atalanta fugiens;633 oder etwa die mit ›Draco est Mercurius noster‹ glossierte Passage des Rosarium: »Et ipse est Draco, qui maricat seipsum, et impraegnat seipsum, et parit in die suo, et interficit ex veneno suo omnia animalia, et ignis perdit ipsum, et disperdit tempore breui propter argentum viuum, non enim potest super ipsum, nec commedit, sed fugit ab ipso.« (Rosarium, S. 174 f.). Der ›Pelikan‹ ist technisch gesehen, ein Zirkuliergefäß: »ein Glaß daran 2 Röhren sich insgemein befinden, und wie ein Pelican gemahlet wird, krum in einander gehen, darin insgemein die Circulation geschicht« (Ernsting, S. 235). Aus Ruland ist zu ergänzen, daß der Pelican hierfür mit dem ›Sigillum Hermetis‹ verschlossen wird: »Hoc vas in fundo canalem, per quem liquor infunditur, habet, qui liquore infuso, Hermetico sigillo occluditur, et calori admouetur.« (Ruland, S. 360).634 Nach dem Tractatus-Kommentator ist jedoch das Blut des Pelikans »spiritus iste rubeus, de quo author hic loquitur.« (Tract. aur., S. 737[=637]). Hierzu – alchemisch wie christlich deutbar und gedeutet – ebenso Valerian: »Hieronymus tradit eam [avem] pullos suos rostri percussu interficere, paenitentem mox factum, nido in ipso per triduum lugere, postremò seipsam grauiter vulnerare, et sanguinem suum super filios effundere, quo illi perfusi reuiuicant: quod alij viderint.« (Valerian, S. 201); vgl. ebenso den Kommentar zu CHRYS., S. 44, 7–8.635 1 ostrea fuco] ›fucus, -i‹ hier sowohl die Brutwärme als auch die ›Bruthöhle‹ der Perle; vgl. zur alchemischen Muschelallegorie den Kommentar zu CHRYS., S. 41, 18–22. [S. 37, Fortsetzung] 2 naris obesae] Nach der Stelle »munera quid mihi quidve tabellas/ mittis nec firmo iuveni neque naris obesae?« (HOR epod. 12, 2–3), eigentlich ›ohne Geruchsinn‹, übertragen für: ›dumm‹. 630 631

632 633 634 635

Vgl. J. Fitch (1987), S. 241. Vgl. D. Peil (2005), sowie die Bio-Bibliographie von P. Pelligrini (2001); mit deren ausführlicher Rezension U. Rozzo (2004); zu den hexametrischen Epyllien Valerians vgl. G. Roellenbleck (1975), S 208 f. In der mir vorliegenden Ausgabe S. 138 und nicht 130. Vgl. H. De Jong (1969), S. 129–135. Vgl. auch A. Libavius (1964), S. 9. Vgl. auch LCI 3 (1971), Sp. 390–392; oder Henkel-Schöne, Sp. 811–813.

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GL. 2 u. GL. 5 Objectio … Responsio] Hier als das Aufwerfen eines Einwandes, auf welchen man sich selbst die Antwort gibt; vgl. Ernesti: lat., S. 333. 10 hydrargyron] Mit ›hydrargyron‹, auch ›hydrargyrum‹ wird in der alchemischen Literatur das ›argentum vivum‹, der ›Mercurius vivus‹ bezeichnet; vgl. Schneider, S. 115. Ursprünglich bezeichnet im Griechischen ›ὁ ὑδράργυροϛ‹ (etwa: ›flüssiges Silber‹) aus Zinnobererz gewonnenes Quecksilber. 11 Cuncta sunt in eo, sicut quoque pullus in ovo est] Sprich: Alle Metalle sind im Mercurius, wie es das Küken im Ei ist; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 42, 6. 12–14 Materiam credes Aquilae … aspectabile nullis] Entsprechend GL. 12: »Aquila philosophorum est Mercurius metallorum, id est, metallum in primam sui materiam redactum.« (Ruland, S. 46); oder auch: Ernsting: »Aquila philosophorum, der philosophische Adler, oder Mercurius philosophorum, dadurch die Metallen in ihre ersten Materie gebracht werden, durch gewisse Menstrua.« (Ernsting, S. 31). 15 electrum] Sowohl der Bernstein als auch eine bernsteinfarbene Goldlegierung; vgl. Ruland, S. 193 f.

Furichius, Chryseidos, Liber IIII, Kommentar [S. 38] Argumentum his dictorum repetitionem summariam] Die ›repetitio summaria dictorum‹ definiert und kündigt an: eine weitere, ausdrückliche, Recapitulatio oder Anakephalaiosis; wie schon CHRYS. S. 35, 16 und S. 51, 29. Ebd. coronidis loco] Die ›coronis, -idis‹ bezeichnet den geschwungenen Schnörkelzierrat am Ende eines Abschnitts. Mit demselben Vergleich schließt auch Sendivogius seinem Novum lumen chemicum noch seine Parabola an. Diese steht: »coronidis et superadditamenti loco« (Novum lumen, S. 585). [S. 39] 13–15 Hactenus ast oculis … Luna galerum] Die Bilder sind – bewußt zweideutig – der intellektuellen Erkenntnis wie auch der alchemischen Läuterung zuzuordnen, wobei sich über die drei Verse der Akzent vom Meteorologisch-Ontologischen über das ›ferrugineum gallerum‹ zum Metallurgischen und genuin Mythoalchemischen verschiebt. Hierbei kommt dem in v. 16 zitierten Sprichwort ›post nubila Phoebus‹ eine Art Scharnierstellung zu: Ist die ›Wolke vor Augen‹ (v. 13) noch unverdächtiges Bild einer getrübten sinnlichen wie geistigen Wahrnehmung – (nubes, wie nebula oder caligo) im Sinne von »vis naturae quasi per caliginem

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cernitur« (CIC. fin. 5, 15, 43)636 – so evoziert der folgende Vers den wichtigsten Prätext der Chryseis und mit diesem erneut die Traumszene des Phoebus im Bade. In der entsprechenden Scholie des Tractatus aureus macht Luna ihren Geschwistern mit der nämlichen Redewendung Hoffnung: »sed unum est, quod me solatur, ne prorsus abjecto animo desperem: nempe hoc quod communi dicti proverbio: ›Post nubila Phoebus‹: Experientia enim me subinde edocuit hujus dicit veritatem. Quoties enim vidi fratrem, densissimis obscuratum nubibus, qui nihilominus tamen igneo suo ac radioso splendore illa penitus discussit, et tandem eluctatus, rursus auream nobis et fulgentem capitis comam benignus ostendit?« (Tract. aur., S. 673). Der dem deutschen ›auf Regen folgt Sonnenschein‹ entsprechende Ausdruck stammt wahrscheinlich aus dem Doctrinale minus des Alanus ab Insulis: »Clarior est solito, post nubila, Phoebus,/ Post inimicitias, clarior est et amor.« (Alanus Doctrinale 1, 33 f.).637 Hier nun entsprechen die ›Wolken‹ den Verunreinigungen und Trübungen durch die Menstrua während der Solutio: »Nubes, et nubulum [sic] apud Chimistas sig[nificant] argentum uiuum v[el] unguentum solutum.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 62v); oder, wenn weiter oben in der Chryseis in Analogie heißt, die Schlacken behinderten die Kräfte des Steines: »ceu nubila solem« (CHRYS., S. 19, 29). Wenn diese sich verzogen haben, kommt das alchemische Gold, sprich Mercurius, hervor. Dieser gilt ja als der hermaphroditische Sproß der hier genannten Sol und Luna. Neben dem ›Abnehmen der Kopfbedeckung‹ als Bild eines ›Sich-zu-erkennen-Gebens‹ verwundert aber die Haube auf dem Kopf der Mond- oder Jagdgöttin: Das ›galerum‹ ist üblicherweise eine Fellkappe, wie sie etwa Priester und Könige tragen, als Attribut steht sie – vgl. »Cyllenius adstitit ales/ somniferam quatiens virgam tectusque galero.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 77 f.) – fast ausschließlich dem Gott Mercurius zu; vgl. ThLL 6, 2 (1925–1934), Sp. 1677 f. Wenn nun Luna die ›rostfarbige Kappe des Mercurius‹ ablegt, so heißt dies ›alchemice‹, daß sie durch die metonymische Mütze geläutert ist – ›ferrugo‹ ist eigentlich Eisenrost ›ferri rubigo‹ (vgl. Ernsting, S. 151); so sagt auch Mercurius von sich selbst in einer Parabola des Rosarium »Omnia corpora mei indigent, eo quod ea liquefacio, eorum rubiginem deleo, et substantiam extraho.« (Rosarium, S. 40). Zugleich ist eine Luna, welche unter dem ›galerum‹ als der Kappe des Götterboten steckt, dann bereits zu Mercurius geworden. 16–S. 40, 15 Est aqua … aurêo locupletior Ozo] Wie GL. 16 ›Menstrua‹ und GL. 25 ›Qualis sint menstrua‹ ausweisen, wird in diesem Abschnitt bildreich das Philosophische Menstruum beschrieben, wobei die Vergleiche mit Wasser und mythischen Gewässern – wie bereits ›vielmehr ein Abbild 636 637

Vgl. A. Otto (1964), S. 240. Vgl. Büchmann, S. 352; Wander 3 (1873), Sp. 1575.

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von fließendem Naß‹ (v. 16) klärt – als solche verstanden werden wollen. Aller Tertium comparationis ist hierbei das ›Goldbringende‹. SCHOL. 16 Varia solvendo auro menstrua sunt inventa] weist darauf hin, daß es neben dem alchemischen Menstruum (mit Decknamen) natürlich auch experimentelle Möglichkeiten gibt, Gold mit Königswasser (›aqua regia‹) aufzulösen und nennt Hartmannus: Johann Hartmann (1568–1631) gilt als der erste deutsche Professor für Chemie. Der vermutlich in Amberg Geborene studierte in Marburg Philosophie, wo er seit 1592 einen Lehrstuhl für Mathematik und, nachdem er 1606 zum Doktor der Medizin promoviert worden war, ab 1609 besagten für Chemie innehatte. Unter dem Pseudonym ›Christophorus Glückradt‹ kommentierte er ausführlich Jean Béguins Tyrocinium; vgl. Kommentar zu CHRYS, S. 46, 20.638 In seiner eigenen Praxis Chymiatrica beschreibt er unter dem Aurum potabile anglicum die Herstellung der hierfür notwendigen Säure: »Aqua Regis fit ex Aquae fortis libra i. Salis armoniaci unciis iiij simul per retortam in arenam distillatis« (Hartmannus, S. 21)639 – mit einem anderem Verhältnis beschreibt es Ernsting in seinem Lexicon chymicum, gibt jedoch die etymologische Auskunft: Die heute noch unter demselben Namen verwandte Mischung aus Salpetersäure (Scheidewasser, ›aqua fortis‹) und Salmiak (›sal armoniacum‹) »wird deswegen Königs=Wasser genannt, weil es den König der Metallen, nemlich das Gold auflöset, und also gemacht wird: 1) Man nimmt aqua fortis [libram] i. darin solviret man Sali armoniac[i] [unciam] j. andere nemen [etc.]« (Ernsting, S. 29). Der in SCHOL. zudem genannte Fioravanti – bis auf einige lateinische und spanische Gedichte am Ende des Werkes klammert er den spirituellen Teil der Alchemie gänzlich aus – beschreibt im 4. Kapitel Del modo di solver l’oro in un subitio fisicamente im vierten Buch seines Werkes Della Fisica, wie er in Spanien zum ersten Male die Wirkung von Königswasser beobachteten konnte: »pigliassimo uno scudo d’oro laminato sottile, et lo mettesimo dentro l’acqua forte, che lo mangiò tutto [etc.]« (S. 364). SCHOL. schließt mit dem erneuten Verweis auf das ›wahre Menstruum‹ in Ripleys Twelve Gates; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 12, 25. 20–22 Exterges labem … Perduces luci] In der Aurea Catena wirkt der Stein: »Extergit labem, quicquidque ignobile vires/ Impedit, exturbat: a carcere formam/ Liberat.« (AVR. CAT., S. 21, 20–22); wie es auch im Tractatus aureus vom ›philosophischen Wasser‹ heißt: »Magna vis ac potestas inest aquae Philosophicae, adeò ut merito benedicta dicatur. Satis enim laudari, aut verborum encomiis depraedicari vix potest. Sicut enim aqua 638

639

Vgl. Alchemie Lexikon, S. 167 f.; B. Mahlmann-Bauer (2004), S. 54 f.; J. Paulus (1994), S. 360; R. Evans (1997), S. 200 et passim; Ferguson 1 (1954), S. 365 f.; Thorndike 8 (1994), S. 116–118; sowie Kestner, S. 376 f. Um der Lesbarkeit willen wurden in diesem Zitat stillschweigend alle chemischen Abkürzungen aufgelöst. Sie finden sich G. Geßmann (1959), Tafel 50 u. 101.

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fontana sordes rerum abluit externas: ita haec aqua elementa non tantum dissolvit, sed quoque internas corporum impuritates aufert, et juncta aceto Philosophico, elicit ex ipsis sulphur incombustibile, quod per projectionem imperfecta metalla tingit in aurum et argentum. Haec aqua est clavis artis, qua quoniam saepius aperiuntur, hoc est, solvuntur corpora, eò magis coagulantur, eoque fiunt nobiliora, praestantiora et perfectiora: adeò ut nullum prorsus vestigium mortis, nigredinis et imperfectionis amplius in ipsis remaneat.« (Tract. aur., S. 655). 24 Vnda Tagi, seu Pactoli] Der hispanische Fluß Tagus – vgl. CATVLL 29, 19 – und der lybische Pactolus – vgl. »Tagus auriferis harenis celebratur [etc.]« (PLIN. nat. 4, 115) – sind ob ihres Gehaltes an Goldsand sprichwörtlich für Reichtum geworden; vgl. etwa »tibique Pactolus fluat« (HOR. epod. 15, 20).640 28 latet haec quoque tecta sub umbris] Wie im folgenden die Schlange Cerastes »notas fugit indignatus ad umbras« (CHRYS., S. 48, 27). 29 tumidis reddunt spiracula buccis?] Nach »non quae uerborum conpositione frondescat sint alii diserti, laudentur, ut uolunt, et inflatis buccis spumantia uerba trutinentur« (HIER. epist. 36, 14) – wie die Rede des Kirchenmannes nicht sein soll – im Sinne von ›den Mund vollnehmen‹.641 [S. 40] 9 balnea quae colubri reptatum imitantur] In SCHOL. verweist Furichius auf das ob seiner Form ›serpentina‹ genannte chemische Gerät, eine Art von ›Schlangenleitung‹ wie man sie aus römischen Fußbodenheizungen kennt.642 Auch dies bereitet schon die Schlangenepisode vor. 10 unda Tonantis] Mit zwei Glossen: Zum einem wird sie ›Azoth‹ genannt – »Azoth est argentum vivum […] et proprie Mercurius corporeus, Mercurius corporis metallici […] aqua nostra« (Ruland, S. 96 f.) – zum anderen zitiert Furichius in SCHOL. aus dem Trinummus des Plautus; und zwar aus dieser Komödie um einen verborgenen Schatz (im Argumentum ein Gespräch der Allegorien von Luxuria und Inopia) den Vers: »ad caput amnis, quod de caelo exoritur sub solio Iovis.« (PLAVT. Trin. 4, 2, 98). Am Fuße des Thrones Jupiters entspringt demnach ein Fluß, welchen Furichius mit Scaligers Kommentar zum Pflanzenbuch des Aristoteles in Verbindung bringt: Nach Scaliger ist diese Woge Neptunus, welchen er im Verhältnis zu Iupiter wie folgt deutet: »Primùm igitur igitur est rebus communicata vita. Hoc sanè Iuppiter agnoscitur, vitalis autor spiritus (omnibus origo eadem, ζεὺϲ, ζῇν, ζεῖν) ac forma ipsa. Deinde Neptunus, qui esset materia. Nam quae η Graecis dicitur, sapientibus Chaldaeis priscis aquam significauit, cuius autor ille peculiari numine nuncupatur.« (Scaliger Plantis, S. 8). Furichius fügt in SCHOL. die alchemische Deutung hinzu: 640 641

Vgl. A. Otto (1964), S. 340. Vgl. A. Otto (1964), S. 59.

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›Es wird gesagt, dieser Fluß sei das Philosophische Menstruum, auf allegorische Weise, aufgrund der Vortrefflichkeit.‹ Neptunus ist also das alchemische Wasser – »Neptunus, ein Gott des Meeres, darunter aber wird Sal armoniacum verstanden« (Ernsting, S. 225) – wie auch die Aristotelische Hyle.643 Daher tritt in der Vision bei Sendivogius dem Träumenden auch zuerst, der bei Furichius sonst nicht genannte und auch keinem Metall zugehörige Neptunus entgegen: »Video è mari nostro venerandae canitiei Senem Neptunum cum tridente egredientem, qui me post amicam salutationem in Insulam deducit amoenissimam [etc.]« (Novum lumen, S. 585). 11 insani non improba dextra Agyrtae] Unter dem Lemma ›Agyrta‹ verzeichnet Zedler: »Agyrta, Circumforaneus, Circulator, ein Storger, Quacksalber, Marcktschreyer, Land= und Leut=Betrüger, Schlangenfänger, Wurm=Krämer, der auf den Märckten herumziehet, und seine quacksalberischen Arzeneyen mit vielem Schreyen und Aufschneiden dem ihn angaffenden Volcke anpreiset«; Zedler 1 (1732), Sp. 846. Das griechische ὁ ἀγύρτηϲ bezeichnet ursprünglich ob ihrer Bettelei einen Cybelepriester, wie auch Gesindel im allgemeinen. Die Straßburger ›Agyrtae‹ waren Furichius zur Entstehungszeit der Chryseis besonders verhaßt; vgl. den Stammbuchbrief aus dem Album Morsianum im biographische Teil der Einleitung; siehe oben. 14 Non ê compactis … metallis] Mit SCHOL. ›Auf die Art wie gesagt wird, er sei bezüglich der Metalle flüssig, wird er durch die Kraft des Feuers aus dem zu den Metallen Gehörigen destilliert, nicht aus den Metallen selbst.‹ – Das ›metallicum‹ bezeichnet die ›massa metalli vel partes metallorum continens‹644 oder schlicht ›quod ad metallum pertinet‹.645 15 aurêo locupletior Ozo] Neben den bereits genannten Tagus und Pactolus ein dritter ob seines Goldgehalts berühmter Fluß, wobei Furichius in SCHOL. erneut auf den pseudo-Aristotelischen De admirandis auditionibus commentariolus verweist: »Flumen Ozum, quod in Bactris est, auri plures glebas deferre memoriae proditum est« (Arist. de admir., S. 123r). [S. 40, Fortsetzung] 16 ululat Thysasus trepidante boatu] In SCHOL. führt Furichius aus, daß ›tiasus‹ viele Bedeutung hat: als ›Gastmahl‹ oder als θυμίαϲμα – ›Räucherwerk‹. Hier jedoch möchte er es ausdrücklich als zu Ehren des Bacchus aufgeführten Reigen verstanden wissen; vgl. »Daphnis thiasos inducere Bacchi/ et foliis lentas intexere mollibus hastas.« (VERG. ecl. 5, 30 f.); wie auch »tum quorum attonitae Baccho nemora avia matres/ insultant thiasis« (VERG. Aen. 7, 580 f.). Bei diesen Orgien 642 643

644 645

Vgl. B. Meitzner (1995), S. 173–177 beziehungsweise S. 142–144 des Nachdrucks. Obschon Furichius in SCHOL. ein ›Hieroglyphicum est.‹ einfügt, findet sich diesbezüglich nichts bei Valerian. Vgl. ThLL 8 (1936–1956), Sp. 870. Vgl. Gesner 3 (1749), Sp. 272.

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tanzen die Thyaden (von griech. θυάζειν – rasend toben), seine Priesterinnen: »Huius Dei sacerdotes foeminae plerunque fuerunt, quae nunc ab insania Menades, nunc ab impetu furore Thyades […] nunc ab intemperantia, morumqué prauitate, Bacchae vocabantur.« (Conti, S. 262). Ausschlaggebend scheint hier jedoch gewesen zu sein, daß Thysiaden oder Thyaden ebenso Frauen genannt werden, die sich der Proserpina – unserer Chryseis – geweiht haben; vgl. »Thysiades nymphae […] sed et hoc eodem nomine sacratae quaedam Proserpinae mulieres dicebantur.« (Giraldi, S. 241). 22 color est argenteus] In SCHOL. wird bezüglich der ›silbernen Farbe‹ – nach GL. die ›Farbe des Menstruum‹ – auf den 11. Abschnitt der 325. Exercitatio, De Coloribus Scaligers verwiesen, welcher die Farbe Weiß ausführlich behandelt: »Albi est, aqueus, vitreus, niueus, lacteus, candidus, marmoreus, papaueratus, eburneus, κνάκων, argenteus, vt in quibusdam sit splendor, in nonnullis pelluciditas.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 991); genau bei der Unterscheidung der Eigenschaft ›candor‹ (als Beispiel: ›calx candida‹) von ›splendor‹: »Candidus autem ab albo, splendore differt, quem ei addit: qualis in niue, argento polito, margarita« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 993) – dementsprechend gleicht des alchemische Menstruum in seiner Farbe dem Glanz von ›Schnee, poliertem Silber, der Perle‹. 29 solóque arcano sandyce sandyx] Nach GL. bringt die ›reine Tinktur des Goldes‹ die reinen Farben hervor, das ›schneeige Schneeweiß‹ v. 28 und ein Rot wie reine ›sandyx‹, welches SCHOL. mit Vergils Eklogen in Verbindung bringt: »nec varios discet mentiri lana colores,/ ipse sed in pratis aries iam suave rubenti/ murice, iam croceo mutabit vellera luto;/ sponte sua sandyx pascentis vestiet agnos« (VERG. ecl. 4, 42–45). Dort nimmt die Wolle von Schafen durch den Kontakt mit der scharlachroten Staude Sandyx – vgl. »herba, de qua sandicius tinguitur color« (SERV. ecl. 4, 45) – deren Farbe an. Zudem führt SCHOL. unter erneutem Bezug auf Scaligers 325. Exercitatio die übertragene Bedeutung als Metallfarbe (eine Art Mennige) an. Dort wird im 13. Abschnitt Ruber, rubidus, rubicundus, rutilus [etc.] ›sandix‹ als gleichfarbig mit ›minium‹ (und ›cinnabar‹)646 geführt: »Item coccinus à cocco baphico id est: grano tinctorio. Quod legunt prouinciales: atque ex eius aggestis cumulis aspersis eliciunt quod tincturae seruent. Chermes vocant Arabes. vnde nos Chermesinum […] A Sandyce quoque, et Sandaracha, et Minio, et Cinnabari, et Sanguine draconis, et Caneamo deducere possit ars, si patiatur vsus.« (Scal. Exc. S. 997 f.); zu meiner Übersetzung in der Chryseis als Pflanze vgl. den Kommentar zu CHRYS., S. 46, 23. 32 adflaverit ipsa Chymaera] Die Chymaere, Sproß der Vereinigung der Echidna (halb Jungfrau halb Schlange; gebiert ebenso den Cerberus und die 646

Vgl. auch Ruland, S. 421.

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C. Kommentar

Hydra) und des Typhon, ist das berühmteste Monster der Antike. Nicht zuletzt Aeneas’ Widersacher – »cui triplici crinita iuba galea alta Chimaeram/ sustinet.« (VERG. Aen. 7, 785 f.) – führt sie als Helmzier. Für gewöhnlich wird sie als dreigestaltiges Mischwesen aus Löwe, Ziege und Schlange, dargestellt, welches aus Rachen und Nüstern Feuer bläst; vgl. »Chimaera iugo mediis in partibus ignem,/ pectus et ora leae, cauda serpentis habebat« (OV. met. 9, 647 f.); oder »qui fieri potuit, triplici cum corpore ut una,/ prima leo, postrema draco, media ipsa, Chimaera/ ore foras acrem flaret de corpore flammam?« (LVCR. 5, 904–906). Schließlich sandte man in die Heimat des Untieres Lybien den Bellerophon, um ihm den Garaus zu machen.647 Später wurde sie – auch als nur zweigestaltige Bestie – zu einem Lieblingsgegenstand christlicher Allegorese.648 [S. 41] 7–13 Hic jucunda dies … addidit alas] In diesen Versen entwikkelt Furichius eine eigene Ikonographie des Mercurius als ›rex alchemicus‹, wie er aus der Badepisode des 3. Buches hervorgeht, welcher hier mit Attributen (dort den ›balsama‹) der übrigen (Metall-) Götter versehen wird, zumal er nach GL. 9 ›die Tugenden aller in sich vereinigt‹. Die Erscheinung dieses alchemischen Königs speist sich – unter Berücksichtigung von SCHOL. 7 – aus drei Überlieferungen: der Bildtradition des alchemischen Hermaphroditen, derjenigen des Apokalyptischen Weibes, und dies im Verbund mit den Marslegenden um das Florentiner Baptisterium.649 Zunächst das Apokalyptische Weib: Seit der Patristik wird das sogenannte Apokalyptische Weib, eine in der Offenbarung des Johannes erscheinende Schwangere, in die Sonne gehüllt, den Mond zu ihren Füßen, mit Sternen gekrönt – vgl. »et signum magnum paruit in caelo mulier amicta sole et luna sub pedibus eius et in capite eius corona stellarum duodecim/ et in utero habens et clamat parturiens et cruciatur ut pariat« (Apc. 12, 1 f.) – mit der Gottesmutter in Verbindung gebracht. Im 12. Jahrhundert etablierte es sich fest als ikonographischer Typus der Madonnendarstellung. Im Barock fand es – wobei die Grenzen zum Typus der ebenso auf der Mondsichel stehenden ›Immaculata‹ immer mehr verwischen – vom gegenreformatorischen Spanien kommend in der Ausprägung als ›Sichelmadonna‹ schließlich seinen festen Platz im Bilderschatz der Kirche. Als bekanntestes Beispiel sei die Gottesmutter von Hubert Gerhard auf der Münchner Mariensäule (entstanden 1598–1613) genannt.650 Es ist auszuschließen, daß der von Jugend an antipapistisch erzogene Furichius direkt an diese römische Tradition anknüpft oder sie gar par647

648 649

650

Vgl. die aufeinanderfolgenden Einträge ›De Chimaera‹ und ›De Bellerophonte‹ in: Conti, S. 496–500. Vgl. etwa F. Knapp (1972), S. 338. Für Ratschläge von kunsthistorischer Seite und den Hinweis auf die Marstempelthese danke ich Uta Schedler. Vgl. Eu. Othmar (1988); u. G. Martin (1994).

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odiert. Zwar ist auch eine antike Göttin Luna, welche auf der Sichel stünde, nicht belegt, vielmehr trägt sie den Halbmond stets auf dem Scheitel; in der Art von Hörnern, mit den Sichelenden nach oben,651 zwar bleibt der Bezug auf Marianisches offensichtlich – Ricciardi, der auch die alchemische Symbolik abdeckt, verweist in seinem gewaltigen Symbollexikon ohne Umschweife auf die besagte Offenbarungsstelle: »Luna, quae est sub pedibus mulieris amictae Sole sig[nificat] carnem, siue carnalem plebem, seu transitum huius mundi: et aduerte haec ominia in bonam partem accipienda [etc.]« (Ricciardi, Bd. 1, S. 363v) – doch stand bereits vor der Entstehungszeit der Chryseis die besagte, bildlich der Mondsichelmadonna engstens verwandte Immaculata, die Unbefleckte Empfängnis, als christlicher Bildtypus der ›virgo gravida‹ Patin für den alchemischen Bildtypus der ›terra gravida‹: Wie die Jungfrau in sich den Erlöser trägt, so trägt die Erde in sich den Stein der Weisen; gemäß der Tabula Smaragdina: »Pater ejus Sol est, Mater Luna, Ventus in utero gestavit, Nutrix ejus est terra, Mater omnis perfectionis« (Tabula). So findet sie sich in der Züricher illustrierten Handschrift der Aurora Consurgens, die im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts entstand, und deren 36 Abbildungen die hermetische Bildtradition maßgeblich beeinflußten, als 24. Illustration: Eine als Mohrin mit grünen Schwingen dargestellte Terra; die Füße auf dem Mond, von der Sonne hinter ihrem Rücken umstrahlt, öffnet sie mit den Händen ihr weißes Kleid und offenbart dem Betrachter den Stein der Weisen in der Mandorla ihres schwangeren Leibes.652 Besonders ausgeprägt ist die Verbindung Marianischer Ikonographie mit Hermetischem im ebenso in zahlreichen illuminierten Handschriften überlieferten Liber Sanctae Trinitatis aus dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. Die Bildzyklen dieses Werkes zeigen auch zum ersten Mal den alchemischen Hermaphroditen als Sinnbild des Lapis:653 Die Füße des, geflügelten wie gekrönten, Hermaphroditen (in drei illustrierten Handschriften des Liber Sanctae Trinitatis)654 stehen – ganz wie der Zwitter in Michael Maiers Emblem 38 ›Rebis, Hermaphroditus, nascitur ex duobus montibus, Mercurii et Veneris‹ – auf zwei Felsen: »i piedi dell’androgino poggiano su due monticelli: il piede destro della figura maschile su quello ›rosso‹ o ›aureo‹, il sinistro della donna su quello ›bianco‹ o ›argenteo‹«,655 auch entspringen aus den Felsen die beiden Ströme, welche jeweils den Baum von Sol und Luna gießen. In einer vierten illustrierten Handschrift, dem 651 652

653

654 655

Vgl. etwa die Abbildung Conti, S. 140. Dort MS. Rh. 172; ein Kommentar aller Abbildungen in: M. Gabriele (1997), S. 49– 96; die ›Terra gravida‹ S. 88–91, Abb. 80; sowie grundlegend B. Obrist (1982), S. 183–245. Vgl. M. Gabriele (1997), S. 45–48; sowie B. Obrist (1982), S. 117–182; Spielarten des Hermaphroditen dort S. 152–182. Vgl. Gabriele (1997), Abb. 53–55. Gabriele (1997) S. 46.

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C. Kommentar

Sankt Gallener Rosarium Philosophorum des 16. Jahrhunderts, welche ebenso diesem ikonographischen Schema verpflichtet ist, steht der Zwitter jedoch madonnenengleich auf der Mondsichel. Die christliche Immaculata steht offensichtlich mit dessen alchemischer Ikonographie im Wechselspiel.656 Eine entsprechende Ekphrasis eines solchen Hermaphroditen gibt nun Furichius selbst in SCHOL. 7: ›Ein Götterbild gibt es in einem gewissen Kloster des Heiligen Benedikt bei Florenz, welches die Gestalt des Mars darstellt, doch im Kleide einer Königin: auf dem Haupt trägt er eine Krone, von Sternen funkelnd; auf der Brust vier Farben, unter den Füßen stampfend zwei Quellen, von deren eine Luna zu der anderen fließt, von welcher Sol [fließt]; mit den Händen bietet er dar eine in goldenen Lettern gefaßte Inschrift, welche die gesamten Geheimnisse der Kunst in kürze darlegt.‹657 Furichius selbst war höchstwahrscheinlich nicht in Florenz, auch ist die Existenz eines solchen Götterbildes auszuschließen. Nicht auszuschließen ist, daß Furichius eine Handschriftenillustration beschreibt.658 Allein, Florenz und Mars lassen aufhorchen, ranken sich doch um den Kriegsgott und die Arnostadt seit jeher Legenden. Mavors gilt als mythischer Gründer der Stadt, dessen Reiterstandbild einst die Flußbrücke zierte. In der Renaissance schlug die Begeisterung für die paganen Wurzeln so hohe Wellen, daß Etliche, beginnend mit dem Historiographen Giovanni Villani (gest. 1348) und Dante (vgl. Inferno 13, 143–150) – beide führt Boccaccios Comedia-Kommentar zusammen – in der christlichen Taufkirche, dem achteckigen Baptisterium von San Giovanni, den Umbau eines alten Marstempels sehen wollten; eine Überzeugung, welche erst im 19. Jahrhundert widerlegt wurde.659 Es verschmelzen also in diesem alchemischen König jene drei Stränge, wobei eine unbekannte Bild- oder Textvorlage nicht auszuschließen ist. Zuletzt ist eine Zuweisung nach astrologischen Gesichtspunkten – sprich: daß die Attribute der Planetengötter die diesen sympathetisch zugehörigen Körperteilen schmückten – weitestgehend auszuschließen: Jupiter etwa käme nach dem 27. Kapitel De humane corporis proportione et men656

657

658

659

Vgl. F. Cardini u. M. Gabriele (1992), S. 149; sowie M. Gabriele (1997), Abb. 56; zu weiteren ›Hermaphroditen auf dem Doppelbrunnen‹ J. Telle (1980d), S. 47 et passim; J. Völlnagel (2004), S. 100–102. Weiteres zum alchemischen Hermaphroditen bieten zum Beispiel A. Aurnhammer (1986b), M. Gabriele (1997), S. 51 f.; weitere ikonographisch verwandte Abbildungen im alchemischen Kontext etwa in F. Cardini u. M. Gabriele (1992), S. 7, 148 f., 155, 192, 195, 197 – eine Motivgeschichte zum Zwitter in der europäischen Literatur A. Aurnhammer (1986a). Sowohl der in Florenz aufgewachsene und lebende Mino Gabriele als auch die Kunsthistorikerin mit Florenzschwerpunkt Uta Schedler versicherten mir, ein solches sei ihnen, selbst nach Rückfrage bei gelehrten Benediktinern, unbekannt. Vgl. zur sogenannten ›Marstempelthese‹ der Italienischen Kunstgeschichte G. Straehle (2001); u. C. Cresti (2007).

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sura harmoniaque im 2. Buch von Nettesheims De occulta philosophia der linke Arm oder der Bauch zu, Luna die Geschlechtsteile oder der rechte Arm; Sol neben dem Haupt auch die Eingeweide, so daß sich keines der dort aufgeführten Schemata eins zu eins übertragen läßt.660 Vielmehr liegt es nahe, daß Furichius eine gewisse Zweckmäßigkeit, da die Hauptattribute meist in der Hand gehalten werden, der König aber nur zwei Arme hat, obwalten ließ. 15–17 Vna parte decem … excreverit ingens] Der sich CHRYS., S. 8, 27–30 bei der Multiplicatio bis ins Unendliche verzehnfachende Mercurius ist in der Lage, im Zuge der Proiectio eine sich mit jedem weiterem Schritt um den Faktor Zehn vervielfachende Materie zu transmutieren. Zehn ist erneut symbolisch als ›numerus perfectus‹ anzusehen. 18–22 Quare manantem … sine sordibus ullis] Das alchemische Gefäß, in welchem die Menstrua wirken, wird hier mit deutlichem Anklang an die hermetische Muschelallegorie, wie sie sich bei Augurelli findet, sowie den Platonischen Mischkessel des Timaeus umschrieben, bevor Furichius zur Bildlichkeit von Salz und Ackerbau übergeht. Die Muschelallegorie evoziert die ›coelesti ex imbrice lympha‹ (v. 19) zusammen mit der marinen Purpurschnecke ›murex‹ (v. 21) die aus der antiken und mittelalterlichen Naturgeschichte bekannte und allegorisch weidlich ausgeschlachtete Vorstellung, die Perlen seien das Produkt einer Vereinigung von Tau, als Bräutigam, und sich diesem hold öffnender, den weiblichen Part verkörpernder Auster; vgl. »Conchae certo anni tempore, luxuriante conceptu, sitiunt rorem velut maritum, cujus desiderio hiant, et cum maxime liquitur lunaris imber, oscitatione quadam hauriunt humorem cupitum [etc.]« (Neckam, S. 150 f.).661 Eine ausführliche alchemische Deutung findet sich in Augurellis Chrysopoeia: has adeo circum ludit Natura creandas, seu cum se summo pandunt in marmore conchae, [215] ut genitalis eas anni stimulauerit hora, implenturque leui conceptu roris hiantes, et grauidae certo mox edunt tempore fetus, aetheriusque illis fit candens Vnio partus. Siue animaduertas, cur non se roscidus unam [220] induat in speciem simili conceptus ab ortu, nanque ubi ros purus cupidis influxerit illis, conspicitur toto diffusus corpore candor. Turbidus at fetum prorsus sordescere cogit. Quem rursus uideas caelo pallere minante. [225] Quippe illo constant, caelique his maior inest uis, 660 661

Vgl. Nettesheim, S. 160–170. Eine christliche Deutung bei Hugo De bestiis, Sp. 80 f.; vgl. auch Henkel-Schöne, Sp. 733 f.; LCI 3 (1971), Sp. 300 u. 393 f.; sowie L. Abraham (1998), S. 142 f.

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quam maris; hinc uariant; et pro lurore uicissim nubilus est illis color, aut pro luce serenus, dum fouet alba senis Tithoni Aurora cubile. Hinc etenim pasci tunc illas cernimus, et cum [230] se tempestiue saturent, grandescere fetus. Comprimitur uero, si fulgurat, ipsa repente concha pauens, restatque minor ieiuna timendo. Verum si intonuit, pariter compressa pauensque inflatam uento speciem, et sine corpore gignit. (Augurelli, 3, 213–234)

Das alchemische Gefäß funktioniert also – und mit allen Implikationen der Allegorese – wie die vom Tau befruchtete Auster; vgl.: »Porro tempore coitus, si vna cum rore incidit in hiantem conacharum radius solis, vniones rubedine tinguntur, sicuti fieri videmus.« (Ruland, S. 319). 21–33 Hac porrò … dicta sophorum] Das durch die Glossen mit Bildern und Bezügen angereicherte alchemische Principium.662 [S. 42] 1–2 Phlegetonteam … Styiis quasi sit polluta venenis] Die nach den beiden, hier in Cognominatio stehenden,663 Flüssen der Unterwelt benannte Flüssigkeit »Aqua stygia, ist Aqua fortis« (Ernsting, S. 30) – Scheidewasser oder Salpetersäure. Ihm wohnt dieselbe zerfressende und zersetzende Kraft inne – »violentis ignibus distillatur, igneam vim in corrodendo validam habens: Quae validissima est, Stygia vocatur« (Ruland, S 48) – wie dem Styx im Reiche des Hades: »potus perniciosus est omnibus animalibus. Sed neque illis solum perniciosa est aqua, verum etiam omnia metallorum genera ab ea solui dicebatur, neque vllum erat vas quod aequae vim sustinere posset.« (Conti, S. 100). Der Phlegeton ist der dortige Feuerstrom – »cum rapidissimis flammarum vndis Phlegeton deuoluitur« (Conti, 2, 9; S. 91), wobei die ›unda Phlegetontea‹ Claudians ›ripae Phlegetonteae‹ (vgl. CLAVD. rapt. Pros. 1, 88) anklingen läßt. 3 alia haec unda est] Furichius betont nochmals, das es ihm nicht um das Scheidewasser geht, sondern, wie er in SCHOL. ausführt, um das alchemische Menstruum – und zwar das erste, welches Ripley nennt: ›Es sind drei Menstrua, die beim Werk zu beachten sind, wie Ripley lehrt in den Twelve gates. Hier wird das erste beschrieben, der Zerfressung nicht unfähige, wie sehr auch die Unkundigen es verwerfen mögen. Die in dieses getane Materie des Steines nennt man das Ei des hinfälligen Hahnes, woraus, wie man albern fabelt, der Basilisk hervorgebracht würde.‹ Als Beleg gegen diesen Aberglauben verweist SCHOL. auf Julius Caesar Baricellus; den aus der Neapler Gegend stammenden Arzt Giulio Cesare Baricelli (er662 663

Vgl. CP 1, S. 247; oder M. Fumagalli (2000), S. 195; L. Abraham (1998), S. 176 f. Bei der Cognominatio oder Synonymie ist – im Gegensatz zur Tautologie – jedes zusätzliche Wort zugleich Bedeutungserweiternd; vgl. »In synonymia enim singulas partes ex ordine idem significantes poni, in hac autem [d. h. tautologia] vnius nominis aut verbi prius positi vim deinceps pluribus verbis explicari« (Ernesti: lat, S. 61 f.).

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ste Hälfte des 17. Jahrhunderts).664 In einer zeitgenössischen deutschen Ausgabe von dessen Thesauriolus Secretorum wird im 78. Kapitel Daß es sehr lächerlich und erdichtt/ daß man sagt/ es werde der Basilisk aus dem Ey eines Haanen erziehlet ausgeführt: »Es wird nicht allein von gemeinen Leuten/ sondern auch von etlichen Studiosis und Gelährten darvor gehalten/ als komme der Basilisk auß dem Ey eines alten Haanen.« Doch kann ein männliches Tier keinen Nachwuchs hervorbringen, und er schließt: »Mir selbsten zwar haben die Weiber etliche Eyer gebracht vnd gesagt daß sie von Haanen gelegt […] waren aber anders nichts/ als Hüner Eyer auß etlichen kleinen vnzeitigen Eyerlein gleichsam zusammen geknüpfft/ vnd keines wegs von einem Hanen gelegt.« (Baricellus, S. 58 f.). Dann nennt SCHOL. weitere Quellen zum Basilisken, zuerst antike: ›Erasistratus, Galenus, Dioscorides, Aetius, Plinius, Nicander, Solinus‹: Erasistratus ist der im 3. oder 4. vorchristlichen Jahrhundert lebende und wahrscheinlich am Seleukidenhof wirkende, ursprünglich von Keos stammende Arzt Erasistratos. Er wird zu den bedeutendsten Ärzten der Antike gezählt. Da jedoch seine umfangreichen Schriften heute leider verloren sind, muß seine Lehre aus Zitaten bei Galen oder Anmerkungen seiner Widersacher rekonstruiert werden.665 Galen kommt auf das allein schon tödliche Zischen wie den tödlichen Blick des Untiers im 8. Kapitel seiner Abhandlung De theriaca ad Pamphilianum666 zu sprechen (vgl. Galen, Bd. 14, S. 233). Mit Dioskurides – in dessen Materia medica sich das Tier nicht findet – ist sein Kommentator Matthiolus gemeint, welchem wohl auch der Verweis auf Galen und Erasistratos entstammt: »in libro, quem de medicaminibus, venenis condidit, de vocato basilisco scitè ita refert.« (Matthiolus, S. 775). Bei Plinius: »Basilisci, quem etiam serpentes ipsae fugiunt alias olfactu necantem, qui hominem, vel si aspiciat tantum, dicitur interemere, sanguinem Magi miris laudibus celebrant [etc.]« (PLIN. nat. 29, 4, 19). Nicander ist Nikandros aus Kolophon. Es gab vermutlich zwei Autoren desselben Namens im 3. Jahrhundert vor Christus, von denen einem zwei Lehrgedichte, Alexipharmaka über Gifte und Gegengifte und Theriaka über giftige Tiere, zugeschrieben werden.667 Furichius bezieht sich hier auf das letztere, wo jener als ›König der Reptilien‹ beschrieben wird (vgl. Nic. Ther. v. 396–410). Solinus schließlich beschreibt das die Cyrenaica unsicher machende ›malum in terris sigulare‹ SOL. 27, 50–53. 664

665 666 667

Vgl. Jöcher 1 (1750), Sp. 787; Kestner, S. 82; NBG 4 (1859), Sp. 504 f.; Zedler 3 (1733), Sp. 465; sowie Thorndike 8 (1994), S. 267–269; Ferguson 2 (1954), S. 72. Im DBI findet sich leider kein Artikel. Vgl. V. Nutton (1998a). In: Galen 14 (1997), S. 295–310. Vgl. M. Fantuzzi (2000).

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C. Kommentar

SCHOL. nennt zudem ›von den Neueren‹ Paré und Scaliger: Das 19. Kapitel De Basilisco von des Erstgenannten De venenis beginnt, übrigens unter Nennung derselben Autoritäten wie SCHOL.: »Serpentum genera omnia veneni diritate Basiliscus facilè superat. Itaque à Nicandro proditum est, quod [etc.] […] Basiliscum serpentem esse flauum scribit Galenus […] Scribit Solinus mortui basilisci cadaueri admirandas etiam vires inesse […] Scribit Erasistratus percussos à Basiliso demorsae partis aurem flauitiem comitari […] At Aetius superfluum esse putat contra basiliscum auxilia scribere, quando conspectus modo, et sibilans auditus, eos qui ipsum audiunt tollat, similiterqué ab ipso conspectos.« (Pareus Venenis, S. 596). Ambrosius Pareus ist der französische, reformierte Militärarzt Ambroise Paré (1517–1590). Er hatte sich so sehr um die Chirurgie in Frankreich verdient gemacht, daß Karl IX., dessen Leibarzt er war, ihn während der Bartholomäusnacht bei sich einschloß. Sein 1573 zum ersten Mal in Paris erschienenes und mit vielen Kupfern illustriertes Buch De la génération des monstres erlebte zahlreiche Nachdrucke.668 Scaliger steuert im 4. Abschnitt der 246. Exercitatio zum Basilisken die Vertreibung eines solchen aus Rom durch den Heiligen Vater bei: »In transcursu, quoniam de Basilisco quae narrantur, fabulosa nonnulli suspicati sunt, quae apud recentiores legi scribam. Leone Pontefice maximo ad aedem Luciae sub fornice stabulatum Basiliscum: cuius afflatu magna lue affecta Roma fuerit eumque illius precibus extinctum.« (Scaliger Exerc. ad Card., S. 716). SCHOL. schließt mit der Erklärung des Basilisken als alchemischen Terminus über das Tertium comparationis: die ›verwunderungerregende Säure‹. Bei Valerian ist es übrigens kein Hühnerei, aus welchem der Basilisk schlüpft, sondern als Hieroglyphe für den ›schlechten Ausgang einer gut begonnenen Unternehmung‹ das Ei des Ibis: »Malum ex bonis initiis subsectutum. Perniciem aliquam ex institutis optimis sanoque consilio subsecutam, Aegyptij significare si voluissent Ibin, et Basliliscum facere consueuerunt: siquidem ex Ibidis ouo Basiliscum nasci [etc.]« (Valerian, S. 175).669 5 thalamos decurrere Phoebi] Ambiger Ausdruck: Die ›Schlafkammern‹ des Phoebus sind mythologisch gesprochen eigentlich das Meer, der Okeanos; wie etwa in »tum Sol pallentis haud umquam discutit umbras,/ nec cum invectus equis altum petit aethera, nec cum/ praecipitem Oceani rubro lauit aequore currum.« (VERG. georg. 3, 357–359)670 – da jedoch »[s]aepe apud Poëtas Coniugium ›thalami‹ mentione indicatur« (Gesner 4 (1749), 668

669 670

Vgl. D. Kahn (2007), S. 76 et passim; Kestner, S. 618 f.; u. NBG 39 (1865), Sp. 192– 196. Vgl. auch M. Gabriele (1997), S. 75 f. Vgl. zum nächtlichen Verbleib der Sonne im Mythos Conti, S. 288–290.

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Sp. 779), ist wiederum die alchemische Hochzeit, die Vereinigung von Sol und Luna bedeutet. 6 illum immersum … dicitur ovum] Das ›Philosophische Ei‹ ist demnach das in SCHOL. 3 beschriebene Ei, welchem der Basilisk entschlüpf. Für sich genommen steht das Ei sowohl für den ›lapis benedictus‹ wie auch die ›eiförmige‹ sowie zum ›Ausbrüten‹ des Steins verwandte Retorte des Alchemikers; vgl. Ruland, S. 357. Neben älteren Überlieferungen bis zur Orphik und davor, welche das Ei als mikrokosmisches Abbild des Makrokosmos ansehen – wie Macrobius in den Saturnaliengesprächen bei der Erörterung der Frage, ob das Ei zuerst gewesen sei oder die Henne, ausführt: »et ne videar plus nimio extulisse ovum elementi vocabulo, consule initiatos sacris Liberi patris, in quibus hac veneratione ovum colitur ut ex forma tereti ac paene sphaerali atque undique versum clausa et includente intra se vitam, mundi simulacrum vocetur, mundum autem consensu omnium constat universitatis esse principium [etc.]« (MACR. sat. 7, 16, 8) – wird für die Alchemie im allgemeinen die 4. Rede der Turba Philosophorum als Hauptquelle angeführt.671 In dieser wird das Ei dem Werk wie dem Stein verglichen, da jenes gleich der Welt in sich die vier Elemente vereinigt: »exemplum est ovum, in quo quatuor [elementa] conjuncta sunt, ejus cortex apparens, est terra: et albedo aqua, cortex verò tenuissimus cortici junctus est separans inter terram et aquam, sicut significavi vobis, quod aër est separans terram ab aqua. Rubeum quoque ovi, est ignis, cortex qui rubeum continet, est aër, aquam serparans ab igne […] In ovo igitur facta sunt quatuor, terra, aqua, aër, et ignis: solis autem punctus, his exceptis quatuor, in medio rubei, qui est pullus. Ideoque omnes philosophi in hac excellentissima arta ovum descripserunt exemplum, quod ipsum suo operi posuerunt.« (Turba, S. 3 f.) – das Basiliskenei der SCHOL. 3 kann in diesem Kontext als Kommentar zur später im 61. Sermo der Turba aufgeworfenen, doch unbeantworteten Frage, was für ein Ei es denn sei, und wer es gelegt hätte, gelesen werden; vgl. »Amplius Philosophi jam dixerunt, ponite instrumenta ex ovo, non tamen narraverunt quod sit ovum nec cujus avis.« (Turba, S. 45).672 Diese Vorstellungen liegen auch dem alchemische Ei im 8. Emblem der Atalanta fugiens mit dem Motto ›Accipe ovum et igneo percute gladio‹ zugrunde. Aus jenem wird von Mars mit glühendem Schwert der ›avis sublimior omnibus‹ – Mercurius – befreit; zu weiteren Deutungsmöglichkeiten vgl. Tract. aur., S. 641–643. 9–11 Hinc etiam … innupta marito] Furichius klärt hier über die – mit Aristotelesverweis in GL. 10; vgl. Arist. HA 7, 2 – übertragene Bedeutung der ›monatlichen Reinigung‹ als alchemisches Menstruum auf. Daß dieses 671 672

Vgl. H. De Jong (1969), S. 98–100; u. M. Gabriele (1997), S. 74 f. Vgl. auch, allerdings Jungianisch geprägt, H. Sheppard (1957).

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in seiner Wirkung dem Basilisken oder den ätzenden und brennenden Unterweltflüssen verglichen werden kann, beruht auf Vorstellungen, wie sie sich in der Renaissancemagie finden: Nettesheim etwa führt das Monster, dessen Blut, zusammen mit dem Blut der Menstruation – neben dem Erbrochenen der Hyäne und anderen appetitlichen Dingen – im 42. Kapitel, des 1. Buches von De occulta philosophia unter De quorundam ueneficiorum admirandis uirtutibus: »Ex eis igitur sunt sanguis menstruus, qui quantas in ueneficio uries habeat, uideamus: Nam ut dicunt, acescunt eius superuentu musta nouella, uitis eius tactu in perpetuum laeditur, sterilescunt tactae fruges, […] speculorum fulgor aspectu ipso hebetatur, et acies ferri in cultris tonsoriis eborisque nitor perstringuntur, etiam ferrum rubigine protinus corrumpitur. […] Basilisci quoque sanguinem, quem et Saturni sanguinem uocant, tantas in ueneficio uires habere ferunt, ut gerenti ipsum, tribuat successus petitionem à potestatibus, tum etiam à diis precum, morborumque remedia et beneficiorum munera.« (Nettesheim, S. 47–49). 14–19 Providus esto circa fermenta … caseus urceo] Die alchemischen Fermente sind die Menstrua, das Gift, der Theriak des Steines; sie sorgen für »rechte Auffschliessung oder Auflösung, der in den vegetabilibus enthaltenen Theile« (Ernsting, S. 150); vgl. auch Ruland, S. 471. Wie Hefe lassen sie den Stein aufgehen, bringen ihn zu Vollkommenheit; vgl. »Fermentum lapidis philosophor[um] die Guhr des Steins der Weisen. So er in der Bereitung aufblehet. Daher sagen die Philosophi er schwillet auf wie eine Kröte« (Ernsting, S. 151). Hier werden Vergleiche zu Gärungsprozessen, dem Aufgehen des Brotteigs und dem Gerinnen der Milch bei der Käseherstellung gezogen. Ähnliches findet sich mit der Glosse ›Fermentum‹ im Rosarium: »Ex perfecto nihil fit quia iam perfectum est, prout ista natura seu artificium, habemus exemplum in pane. Panis fermentatus et coctus, est perfectus in suo statu seu esse, et ad suum vltimum finem peruenit, nec ex eo plus poterit fermentari sicut est in auro, aurum purum deductum est per examen ignis in corpus firmum ex fixum, et cum eo amplius fermentare omnino impossibile est apud Philosophos.« (Rosarium, S. 35).673 20 conservat aromata muscus] Spielt an auf die Erzeugung des intensiv riechenden Moschus in der Moschusdrüse, die aus Asien getrocknet an die Apotheken Europas geliefert wurde: »Bisam, Moschus. Eine lohfarbige oder braune, wie getrocknete Blutklümpchen krümliche, trockne, etwas fettig anzufühlende und schmierigte, gummöse, aber zerreibliche, in keiner Flüssigkeit sich völlig auflösende, brennbare, einen sehr starken, druchdringenden, in der Nähe fast unausstehlichen, in der Entfernung aber sehr lieblichen Geruch verbreitende, schärflich und bitterlich schmeckende Masse, 673

Vgl. auch zum Sauerteig-Exempel CP 2, S. 691.

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welche in ohngefähr 3 Zoll langen und 2 Zoll breiten, mit kurzen, borstenartigen, braunen Haaren besetzten […] Beuteln in der Nabelgegend eines […] rehartigen Säugetieres männlichen Geschlechts mit Namen: Bisamthier, Moschusthier (Moschus moschiferus L[atine]) enthalten ist. Im lebenden Thiere hat diese Masse eine flüssige, so wie sie zu uns kömmt, aber die gedachte Beschaffenheit.« (Pharmakologisches Lexikon 2 (1800), S. 136). 21 – S. 43, 22 Haec si perpendas … penitosque recessus] Diese Verse führen die Bedeutung der ›imaginatio‹ im alchemischen Werk vor Augen: ›Imagination‹ als – nach dem Verständnis der Zeit – Vorstellungskraft: als das Vermögen der Seele (›anima‹) Bilder zu erschaffen. Die alchemischen Metaphern und Vergleiche sind das Erzeugnis der Anima desjenigen, welcher die ihm gelungene Transmutation mittels Analogie nun in (Sprach-) Bilder zu fassen imstande ist. Theoretisch wird dies etwa von Paracelsus, welcher der wahren ›imaginatio‹ als ›astrum‹ genanntes magisches Schöpfungsvermögen der menschlichen Seele große Bedeutung zuweist sowie Sendivogius (vgl. MH, S. 617 f.) thematisiert, ebenso wird es vom Paracelsisten Ruland wieder aufgegriffen: »Imaginatio, est astrum in homine, coeleste siue supracoeleste corpus, Das Gestirn im Menschen/ der himmlische oder uberhimmlische Leib.« (Ruland, S 264). Allen ist gemein, daß sie für die ›imaginatio‹ die besagte erkenntnistheoretische Funktion beanspruchen und sie gegen sonstige Phantastereien abgrenzen. Nicht zuletzt ist sie für das Gelingen des alchemischen Werkes unabdingbar: Sie ist sowohl Mittel der Einsicht als auch, wie hier in der Chryseis, das Mittel der Unterweisung: Im Prozeß des Erschaffens alchemischer Bilder wie in deren Aneignung wird die Grenze zwischen handelndem Alchemiker und alchemischer Materie aufgelöst: die Seele (›anima‹) als Trägerin der ›imaginatio‹ vollzieht den Weg der Transmutation nach.674 Die Funktionsweise dieser Didaxe auf der Handlungsebene des Lehrgedichts wird hier in der Rede des Senex offenbar, indem er in seiner Rede Bilder entwirft, durch deren geistige Aneignung Chrysanthus in die Mysterien der Chryseis eingeweiht wird, doch zugleich den Prozeß ihrer Erzeugung durch seine eigene Anima durchblicken läßt. Vier mal geht es mehr oder minder, mit dem entsprechenden mythologischen Vokabular, darum ›wie die Sonne aufsteigend den der aufgeheizten Erde entquollenen Dunst gleißend durchbricht‹ – wobei sich die, mittels der vorangegangenen Bilder der Gärung gewonnen Einsicht, ›unde meet quadriga colorum, dum vapor aetherius [etc.]‹ (v. 21–26), auf die Vorgänge innerhalb des über SCHOL. 3 ins Gedächtnis gerufenen alchemischen Eies – als funktionsfähiges Modell des Makrokosmos und Retorte (als Mikrokosmos) – bezieht. 674

Die Überlegungen stützen sich auf diejenigen M. Gabrieles (1997), S. 34–40; dort auch weitere Literaturangaben; vgl. zudem CP 1, S. 160 f.

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– Daß dem so ist, und keine Schilderung in der freien Natur beobachtbaren Geschehnisse vorliegt, versteht sich allerdings erst durch die Vergleichspartikel ›veluti‹ (v. 26) – stünde ein ›et‹ könnte die Verse 23–31 schlicht als Variatio gelesen werden. Sie wollen jedoch als Gleichnis der vorherigen verstanden werden, beziehungsweise als Abbild des mikrokosmischen Geschehens im Makrokosmos. – Diesen beiden kosmologischen Beschreibungen entspricht das alchemische Opus – ›sic opifex bonus urget opus‹ (v. 32) – wobei dieser als Handelnder der nun eindeutig mythoalchemischen Eos zu altem Glanz verhilft. – Allein, in den Versen 10–14 sticht die Verwendung der ersten Person ›Altius adscendam‹ und ›clarique rotas imitabor Eoi‹ heraus: Die Grenze zwischen dem Greis, als Handelnder wie den Weg Weisender, und behandelter Materie verwischt. Die ›quadriga‹ der Eos schließlich ist nicht zuletzt durch die Wiederholung die besagte ›quadriga colorum‹ (vgl. v. 22). Die ›imitatio Eoi‹ wird somit zu einer ›imitatio Mercurii‹ oder ›imitatio operis‹ seitens der Anima. Hinter all dem steht die neuplatonische Vorstellung des Seelenaufstiegs als Weg der Erkenntnis. – Daß dies der übliche Weg zur Aneignung der alchemischen Kunst ist, kommt ab Vers 18 ›sic agit ars animos‹ zum Ausdruck: die Bilder von Mikro- und Makrokosmos, sowie der eigenen Imaginatio, sind letztlich das Wesen und Geheimnis der alchemischen Kunst. So wird das von Furichius am Anfang gegebene Versprechen – wohlgemerkt mit den selben Bildern: ›penetrare recessus‹ und Weichen der Finsternis – eingelöst: »Incipio immensis reparare laboribus artem/ Quae docuit totos magnae penetrare recessus/ Matris, et ignotis animam defendere ab umbris« (CHRYS., S. 1, v. 3–5). Lexikalisches: S. 43, GL. 1 Quae Electri colorem referat] Damit die Glosse auch in der Übersetzung ihre erklärende Funktion behält, variiere ich im Text ›Bernstein‹ mit dem alten ›Agstein‹.675 33–S. 43, 15 surgentis Eoi … Pyroenta, et Eoum] Eos ist die Römische Aurora, Tochter des Hyperion und der Thia, Schwester von Sol und Luna, sieht fährt hier in Vergilianischer Tradition vierspännig; vgl. »Hac vice sermonum roseis Aurora quadrigis/ iam medium aetherio cursu traiecerat axem« (VERG. Aen. 6, 535 f.). Sonst ziehen ihren Wagen der Pegasus oder ein Zweigespann. Die beiden hier genannten Pferde der Morgenröte sind eigentlich Tiere des Phoebus, wie sie sich bei Ovid finden – vgl. »interea 675

Vgl. Grimm 1 (1854), S. 190: »der bernstein wurde im mittelalter oft mit achat, gagat und magnet vermengt und danach benannt«.

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volucres Pyrois et Eous et Aethon,/ Solis equi, quartusque Phlegon [etc.]« (OV. met 2, 153 f.). Die hier verwandten Epitheta – als ›Rosenfingrige‹ (vgl. Hom. Od. 2, 1) und ›Safrangewandige‹ (vgl. Hom. Il. 8, 1 u. 19) – sind klassisch.676 Aurora – nicht zuletzt, da »ab aura uocatur dea, unde et aurea cognominata est« (Giraldi, S. 154) – findet sich zudem in den Titeln einiger alchemischer Werke, deren bekanntestes die illustrierte Züricher Handschrift Aurora consurgens ist.677 [S. 43, Fortsetzung] 28 se objecerit Orco] Vgl. den Kommentar zu CHRYS., S. 35, 10. 30-S. 44, 6 Interea dum forma fugit … Naturâ judice, Mundo] Die Passage wird über das entsprechende Zitat in SCHOL. 33 – welches allerdings nicht dem 7. sondern 2. Abschnitt De anima mundi Platonica entnommen ist – mit Scaligers 6. Exercitatio, De Anima Mundi in Beziehung gesetzt. Entsprechend heißt es in der Aurea catena: »Interea dum forma fugit, tenebraeque sequuntur,/ Per varias natura vias ingloria fertur:/ Multa fit effigies, multaeque in corpore larvae,/ Materies veniunti vt fiat idonea formae.« (AVR. CAT., S. 19, 14–17). [S. 44, Fortsetzung] 2 coeliqué novemplicis aulâ] Der neunfache Himmel umfaßt die acht Planetensphären wie die Weltseele, welche jene acht in Eins (als weiteres gezählt) zusammenbringt; vgl. »Novenarius quo utitur Plato in fabrica animae mundi, sign[ificat] munus ipsius animae octo spheras in unam formam conciliaturum.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 80r); dies mit Verweise auf Ficinos Timaios-Kommentar, wo es heißt: »Octonarius uim, per octauam sphaeram Planetas gubernaturam. Nouenarius munus animae octo sphaeras in unam formam conciliaturum.« (Ficino in Tim., S. 1460). 7–8 Fit tamen in vasis … genio artificis] In GL. 8 werden diese Gefäße als der ›Pelecanus‹ ausgewiesen: Ein gläsernes Zirkuliergefäß, von dessen Kopfende – wie der Hals des Pelikan im alchemischen oder christlichen Sinnbild – zwei gebogene Röhren in den ›Bauch‹ zurückführen.678 12–13 Hinc se caeruleum … incubat illinc] Es sind laut GL. 14 die ›vier Farben‹ des Opus, womit sich drei Nigredo, Albedo und Rubedo zuordnen lassen. Es bleibt ›caeruleus‹. Nach GL., S. 45, 8 ist ›caeruleus‹ dasselbe ist wie ›aureus‹ – jedoch im alchemischen Sinne als Farbe des Mercurius als alchemisches Gold; oder: Schwarz- oder Wasserblau als Farbe der das Werk vorantreibenden Quintessenz beziehungsweise der Weltseele; vgl. »Color caeruleus dilutior siue ut aiunt argentinus. significat spiritum aethereum 676

677 678

Vgl. den Eintrag zu ›Aurora‹ in Conti, S. 300 f.; zu Rössern und Wagen des Phoebus Conti, S. 288 f.; zu den Rössern der Eos und den Epitheta Giraldi, S. 154–156. Vgl. den Kommentar der Abbildungen in M. Gabriele (1997), S. 49–96. Vgl. L. Abraham (1998), S. 143; Ernsting, S. 235; M. Fumagalli (2000), S. 156; Ruland, S. 360.

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quintam essentiam. virtutem coelestem uiuificam diffusam per uniuersum quam Alchimistae vocant Mercurium. et aurum philosophicum.« (Ricciardi, Bd. 1, S. 163v). 15–17 Dimidio si … forma coloris] Iris als Tochter des Thaumas und der Elektra ist als Dienerin, Botin der Juno und Löserin der Seele vom Weiblichen Körper das Pendant zu Mercurius als Diener und Bote des Jupiter und Psychopompos der Männer. Die in Vers 17 genannte ›corona‹ der Göttin ist der – auch ihrer Ikonographie bestimmende – Regenbogen; vgl. »Constat enim ex humore et densitate aeris, vti dicebam, in quam Sole incidente gignitur illa varietas colorum, cuius aeris prima pars è regione Solis sita appareat rubicunda cùm radiis penetretur« (Conti, S. 475).679 Dieser ist hier ein Bild des alchemischen Farbenspiels, wie es weiter oben die ›cauda pavonis‹ ist; vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 12, 25. Neben Phoebus und Aurora ist sie die dritte in diesem Kontext auftretenden Gottheit einer morgendlichen Himmelserscheinung; vgl. »quam caelum intrare parantem/ roratis lustravit aquis Thaumantias Iris.« (OV. met., 4, 479 f.). GL. 18 u. 26 Conjunctionis proportio … cum suo Mercurio servare oportet] Gehören also zusammen. 22–24 toties iterata est fabula prisca … tellus] Explizit, daß alle ›mythischen‹ Erzählungen seit dem Beginn des 2. Buches der Chryseis und ihre Deutungen dasselbe bedeuteten; gefolgt von den Synonymenreihen: unda, ungenta, tellus – nebulae, favillae, creta und (mit GL. 24) ›caput mortuum‹. [S. 45] GL. 2 Calces metallorum] Hierunter wird weniger »bey den Chymicis ein Pulver verstanden, welches auf das allerfeinste und subtiliste ist gemacht und gebracht worden« (Ernsting, S. 78; vgl. auch Ruland, S. 129) als Metalle nach der alchemischen Calcinatio; vgl. Ernsting, S. 78. Diese definiert das Lexicon Alchemiae mit aus der Chryseis bekannten Bildern: »Wann die materi wie Kalck schneweiß/ hitzig []und dorstig ist/ vnd das ist der Drach/ der das Wasser säufft/ daran er stirbet und berstet/ dann diß ist die Scheidung Leibes vnd der Seelen bleich oder weiß vnd Todt/ darauff kompt die Aufferstehung und das Leben/ durch die Röhte.« (Ruland, S. 125). 7 dulce lutum regis vivace sigillo] Nach Ruland bezeichnet ›lutum sigillatum‹ die ›terra sigillata‹ (vgl. Ruland, S. 308) – »eine Hermetische Versiegelung oder eine accurate Zustopffung eines Gefässes so, daß die Vapores nicht hindurch kommen Dieß kan auf verschiedene Weise geschehen und zwar […] Geschicht es auch da man ein Lutum sapientiae nimmt, solches um die Fugen [des Gefäßes] starck herum schlägt, wenn man es nemlich vorher erst mit einem Stöpffel zugestopffet hat, der Stöpffel muß aus Thon

679

Der Eintrag zu Iris Conti, S. 473–476.

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oder guter Töpffer=Erde gemacht worden seyn« (Ernsting, S. 274 f.); vgl. auch Ruland, S. 432 f. [S. 46] 1 altera grandinea] Als Quelle dieser Farbbezeichnung verweist Furichius erneut auf Arnald von Villanova, dessen Farbvergleich somit auch der Aurea Catena zugrundeliegt; vgl. »Haec dispensatrix lapidum mens vna duorum./ Nam cui grandineus color emicuit, ille citrinum,/ Ille rubentem eitam non delirante sequela/ Possidet.« (AVR. CAT., S. 31, 2–5). Hagel versinnbildlicht zudem die Reinheit alchemischen Wassers; vgl. »Grandine. Acqua pura ottenuta dalla grandine disciolta.«680 7–10 Annon ridebis … arvum] Vergleich des Lapis mit dem Hernachwachsen von Wein, roter und weißer Trauben, wobei ›Trauben‹ zugleich Frucht des – weiter unten ausführlich besprochenen – philosophischen Baumes sind.681 20 Sorbeat … de spiramine Bacchi] Mit GL. ist der ›Atem des Bacchus‹ der alchemische ›Spiritus vini‹ – wie ihn ›Beguinus facit‹. Jener ist der Ende des 17. Jahrhunderts lebenden Pariser Arzt und Alchemiker Jean Béguin oder Johannes Beguinus. Er durchreiste Deutschland, Ungarn und Italien, um sich dort die Bergwerke anzusehen. Zudem gab er 1608 das Novum lumen des Sendivogius heraus.682 In seinem zuerst 1608 in Paris erschienenen Tyrocinium Chemicum führt er die Bereitung von ›Spiritus vini‹ zu Beginn des 4. Kapitels De spiritibus im 2. Buch aus: »Spiritus vini./ Digere vinum generosum α in fimo, vel ejus vicario, in vasis circulatoriis, β justae amplitudinis, per octo vel decem dies: postea, vase refrigerato, effunde illud in cucurbitas altas, γ quibus superpone alembicos rostratos, juncturas vesicis porcinis, vel bovinis, benè muniendo, destilla, ut artis est, per B[alneun] M[ariae].683 Primò egrediatur spiritus, (qui quadragesima plus minùs pars est vini generosi. Reliquum enim est aqua ardens; quae à spiritu, sapore gratiore, quem ea habet, dstingitur, oleum, sal, caput mortuum) [etc.]« (Beguinus, S. 115 [=125]-182[=128]). Wie SCHOL. fortfährt, wird dieser ›Spiritus vini‹ auch ›Aurora Philosphorum‹ genannt; die besagte ›Aurora‹ der Chryseis. Somit ist dementsprechend das Rezept des Tyrocinium keine einfache Anleitung – beziehungsweise wird nicht als solche verstanden – sondern die verschlüsselte Anweisung zur Gewinnung des ›alkoholischen Weingeistes als Quintessenz des Weines, als geistig subtiles Arkanum‹.684

680 681 682

683 684

M. Fumagalli (2000), S. 103. Vgl. L. Abraham (1998), S. 89 f. Vgl. Kestner, S. 99; NBG 5 (1866), S. 160; Thorndike 8 (1994), S. 106–113; Ferguson 1 (1954), S. 93 f.; sowie D. Kahn (2007), S. 399 u. 462. Vgl. A. Cappelli (2001), S. 34. Vgl. besonders CP 2, S. 867 f.

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22–23 coccum florentem imitata genistam] Mit GL. 23 ›Flos genistae aureum colorem prae se fert‹. Unter den von Furichius üblicherweise zitierten Autoren wird der Ginster mit goldgelber (›luteus‹ – es gibt zudem das Färbekraut ›lutum‹)685 Blüte etwa bei Plinius genannt: »florem esse dixerim genistas, namque et his decerpitur luteus;« (PLIN. nat. 21, 51); oder VERG. georg. 2, 12 u. 434; PERVIG. Ven. 81. Furichius denkt wahrscheinlich an die ›genista tinctoria‹ wie er CHRYS., S. 40, 29 an die färbende Wirkung der Sandyx denkt; vgl. die Aufzählung: »subeunt et in montuosa ulmus, malus, pirus, laurus, myrtus, saguinei frutices, ilex tinguendisque vestibus nascentes genistae« (PLIN. nat. 16, 74).686 26 Hymenaei] Der metonymisch für das Hochzeitlied, das Jungfernhäutchen und die Vermählung stehende Gott derselben Hymenaeus, Sohn der Venus und des Bacchus-Liber, vgl. Boccaccio 5, 26: »Hymenaeum dicit Albericus filium fuisse Bacchi et Veneris […] Hymen autem graece dictur membrana: quae st proprie muliebris sexus: in qua puerperia fieri dicuntur: inde Hymenaeus nuptiarum deus dictus est. […] Ego autem eum ob id Bacchi et Veneris filium dictum reor. qua propter duo fiant nuptiae: seu duo interueniunt in nuptiis: festum et carnalis copula. Per festum Bacchus intelligendus est: ut per Virg[ilium] patet: dum dicit: Adsit laetitiae bacchus dator [VERG. Aen. 1, 734] etc. per uenerem autem carnalis copula.« (Boccaccio, S. 45r); vgl. auch Giraldi, S. 175–178. 27 Lucina bicornis] Vgl. Komm. zu CHRYS., S. 27, 11. 30 Non quali artifices] Mit GL. ›Mercurius vulgaris damnatur‹ und SCHOL, in welcher Furichius auf die Satire Dialogus Mercurii, Alchemistae et Naturae im Novum lumen Chymicum des Sendivogius verweist: ›Recht schön wird dort der Wahnsinn der Pseudochymisten gebrandmarkt, bezüglich der mühevollen Bereitung des gemeinen Mercurius.‹ – Ein die alchemischen Schriften ›ad litteram‹ lesender Chemikaster traktiert darin das gemeine Quecksilber (›Mercurius‹) so lange mit allerhand Fäkalien bis ihn dieses, nachdem es sich anfangs noch über dessen Dummheit amüsiert, doch bald anfleht, von weiteren Demütigungen abzusehen. Doch bezweckt es damit nur das Gegenteil: Der Kohlebläser beschließt nun, dem Quecksilber durch die Beimischung immer widerlicherer Naturprodukte dessen Geheimnis abzupressen. Schließlich kommt auf die Wehklagen seines Kindes hin Mutter Natura und schimpft den Übeltäter kräftig aus.687 Die Biographie des Michael Sendivogius ist ebenso widersprüchlich wie legendenumrankt. Üblicherweise gilt er als 1556 oder 1566 in der Krakauer Gegend geborener Polnischer Adliger. Während seiner Studienreisen be685

686 687

Vgl. »luteam putant a luto herba dictam, quam ipsam caeruleo subtritam pro chrysocolla inducunt; vilissimo genere atque falacissimo.« (PLIN. nat. 33, 91). Vgl. auch ThLL 6, 2 (1925–1934), 1811 f. Vgl. Novum Lumen, S. 590–600.

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freite er um 1601 den in Dresden von Kurfürst Christian II. gefangengehaltenen Schottischen Adepten Alexander Seton. Dieser war in das Geheimnis der Transmutation eingedrungen, hatte allerdings durch öffentliche Proben seiner Kunst die Aufmerksamkeit des geldgierigen Fürsten geweckt, der ihm nun diesbezüglich peinlich befragen ließ. Nachdem Seton 1604 an den Folgen der erlittenen Marter gestorben war, heiratete der Retter die Witwe und ging mit dem ererbten Stein der Weisen auf Tournee. Dies brachte ihn zwar die Freundschaft Rudolphs II. von Prag ein, doch wurde auch er zweimal von Neidern gefangengesetzt. Zunächst von einem Grafen, dem er aber entkommen konnte, woraufhin er nach Klage beim Kaiser als Entschädigung das Gut Gravarna enthielt; dann im Zuge einer Intrige des Stuttgarter Alchemikers von Müllenfels, der so einen Konkurrenten ausschalten wollte. Nach erfolgreicher Flucht und der Hinrichtung des Schwabens zog sich Sendivogius auf seinen Landsitz zurück. Doch konnte er, da sein Transmutationspulver zur Neige ging, und eigene Versuche den Vorrat zu erneuern scheiterten, nur noch mühevoll seinen Ruf aufrechterhalten. Er starb entweder 1636 oder 1646. Das Novum lumen chemicum gilt als von ihm herausgegebene Schrift aus dem Nachlaß Setons, die beigefügte Satire stammt aus seiner eigenen Feder.688 Bemerkenswert ist, daß der Pseudoalchemist dieser Satire auch eine Vision hat: Der übliche ehrwürdiger Greis erscheint ihm und klärt ihn darüber auf, daß der Mercurius der Weisen ein anderer sei. Doch: ›Da der Alchemist aus dem Traum aufgeschreckt war, sann er nach, was es mit dieser Vision auf sich habe, er sann nach, was für einer jener Mercurius der Weisen sein solle. Nichts anderes kam ihm in den Sinn als dieser sein Mercurius des Pöbels.‹689 [S. 47] 4–14 Hic est … macta vigore] Vers 5 und GL. 4 lassen an einen alchemischen Text im Sinne eines ›Gastmahl des Apoll‹ als Vorlage denken, sofern nicht – was wahrscheinlicher ist – ausgedrückt werden soll, daß dies nur eine weitere Möglichkeit der allegorischen Schilderung des Opus ist. Diese Verse bieten eine Art symposiastisch-diätetische Mythoalchemie, mit dezentem Anklang an das Letzte Abendmahl; vgl. »accipite et comedite hoc est corpus meum [etc.]« (Mt. 26, 26) – Apoll (sprich das alchemische Gold, Mercurius) als Gastgeber der anderen Götter (gemeine Metalle) gibt von sich selbst in die (oder sich selbst als) Speise und purgiert somit die ›Leiber‹ seiner Gäste, indem er so in jenen gleichsam selbst neu ersteht.

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Vgl. Ferguson 2 (1954), S. 366–370, u. S. 374–377; V. Verginelli (1986), S. 298–301; R. Evans (1997), S. 211 f.; Alchemie Lexikon, S. 332–334. Vgl. »Excitatus à somno Alchemista, cogitabat qualis esset illa visio, cogitabat qualis esse deberet ille Mercurius Philosophorum: nihil potuit excogitare aliud quàm hunc suum Mercurium vulgi.« (Novum Lumen, S. 592).

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15–23 Ast uxor Phoebi … miscuit ostro] Die Stelle ist eine Ausarbeitung von: »Semicruenta modò est, mox dum magis vrget Olympus,/ Erubuit tota, et regnat tibi gemma coruscans./ Hic leo, quem modo terricolae videre virentem,/ Sanguine conspersus se totum miscuit ostro.« (AVR. CAT., S. 25, 12–15). Aus GL. 15 wird ersichtlich, daß die ›Gattin‹ des Phoebus, welche hier in Bildern der Defloration für die alchemische Rubedo dargestellt wird, der Stein der Weisen, unser Mercurius ist. Verglichen wird der Lapis dem Karfunkel: Ein Edelstein von feurig roter Farbe: »nomen ab ignis similitudine, cum ipse ignem non sentiat, propterea apyrusta dicitur, vel apyrocus« (Ruland, S. 132); auch Pyropus, im Mythos – vgl. »clara micante auro flammasque imitante pyropo« (OV. met. 2, 2) – der Stein, aus welchem der Palast des Phoebus errichtet ist. Neben verschiedenen Identifizierungen mit Mineralien (vgl. Plin. 37, 8) gilt er bis ins Mittelalter – vgl. etwa im Herzog Ernst B »Ernst der edele wîgant/ einen stein dar under sach/ den er ûz dem velse brach./ der stein gap vil liehten glast./ den brâchte sît der werde gast/ ûz der vil starken freise. […] er ist noch hiute wol bekant./ ins rîches krône man in siht.« (HE B v. 4456–4465) – als selbstleuchtende, wunderwirkende Pretiose: »testatur, Carbunculum anthracem dici a Graecis, et illum lucere in tenebris tamquam carbonem superfusa aqua limpida clara, in vase vitreo, mundo, polito, eiusque species varias esse secundum patriam, et ipsum splendorem ipsamque substantiam. Porro habere eum virtutem omnium lapidum aliorum: praecipue contra venenum et toxica.« (Ruland, S. 133). 21-S. 48, 2 Tibi sed fortasse leonis … visus fuit ingenerâsse] Mercurius als die besagte Gattin des Phoebus wie auch als der Stein Karfunkel ist ebenso der Grüne Löwe der Alchemiker; vgl. den Kommentar zu CHRYS., S. 24, 1–25. Die Verbindung mit dem rotem Purpur, der ihm hier als Blut entquillt, wird in der Illustration des Rosarium als das Verschlingen der Sonne dargestellt; vgl. die Abbildung Rosarium, S. 173, mit dem Text: »Ich bin der war grün vnnd guldisch Löwe ohn sorgen/ Inn mir steckt alle heimlichkeyt der Philosophen verborgen«. Im 37. Emblem der Atalanta fugiens heißt es zur bekränzten, traulich dreinblickenden Großkatze: »Aes Hermetis at est viridis LEO, petraque nota/ Librorum capitlis, Fumus et albus aqua.« Ähnliches findet sich in alchemischen Lexika: »Aes Hermetis, Mercurius solis, Mercurius philiosophorum, Antimonium, Vitriolium romanum« (Ernsting, S. 194); vgl. auch Ruland, S. 303 sowie in den Twelve Gates: »Bodyes wyth the fyrst we Calcene naturally/ Perfyt, but none whych be unclene,/ Except one whych usually/ Namyd by Phylosophers the Lyon Greene,/ He ys the meane the Soon and Moone betweene:/ Of joynyng Tynctures wyth perfytnes,/ As Geber thereto beryth wytnes.« (Ripley, S. 125). Hierbei sind – wie GL. 24 nochmals betont – ›Vitriol‹ (Kupferwasser) und die anderen Begriffe nur Synonyme für Mercurius; und

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nicht wortwörtlich aufzufassen. Dieser wahre ›Löwe‹ wird nun im Kontext des ›spiritus vini‹ – als ›spiramen Bacchi‹ (vgl. CHRYS, S. 46, 20 et passim) – mit den Zugtieren des Gottes in Verbindung gebracht. Diese Tiger stehen als Metaphern für die besagten, eben nicht als Metaphern begriffenen chemischen ›spiriti‹ aus Reben (vgl. GL. 32) oder Trauben, zumal sie auch tatsächlich die berauschende Wirkung des Iacchus (v. 27) – Bacchus als Gott der Eleusinischen Mysterien, metonymisch der Wein; zu den Namen des Bacchus vgl. Conti, S. 271; oder auch: »Hiacus autem ea de causa notatus est quia homines hiare facit« (Boccaccio V, 25; S. 45r) – versinnbildlichen: »Tygres autem ideo currum trahunt: ut ebriorum ostendatur saeuitia. nemini non parcit onustus uino. Sunt praeterea temulenti temerarii adeo: ut in quodcumque periculum inconsiderate irruant: quod per semineces lupos: et scissas ursas: quae in praeda Bacchi deportantur intelligo« (Boccaccio V, 25; S. 44v). Zur schädlichen Wirkung – ›nervifragus‹ findet sich nicht in den von mir verwandten Lexika – von übermäßigem Weingenuß verweist SCHOL. 27 dabei auf Platos De Lege und bringt vor ›vom Wein wird schwächer der Älteren Verstand‹ – in Anlehnung an Stellen wie Pl. Lg. 2, 3, 89 oder 6, 2, 28. In der Zusammenschau besteht der Unterschied zwischen alchemischen Mercurius und Alkohol also darin, daß die Wirkung des Weines zwar kurzzeitig stärkt und berauscht, dann jedoch verpufft, diejenige des Mercurius dagegen anwährt. Direktes Vorbild ist wiederum die eigene Aurea Catena: »Hic leo, quem modo terricolae videre virentem,/ Sanguine conspersus se totum miscuit ostro. […] Nulla est cognatio Baccho/ Cum rugiente fera, gemina quamvis tygre currus/ Illius armatus, racum temone sonante./ Non etenim potuit fortissima bellua gigni/ Vitigeno ex Baccho, neruis qui nulla solutis/ Robora conciliat, nisi cum furiosius ardet.« (AVR. CAT., S. 25, 14–24). [S. 48, Fortsetzung] 9-S, 49, 2 At Phoebus … similis virtute parenti] Der Abschnitt ist einerseits Kommentar jener Vergiftung des Phoebus im Bade durch Saturn und zugleich, im Apollomythos bleibend, eine Anspielung auf die Episode von Phoebus und Python – wobei Python in der Gestalt der ägyptischen Hornschlange nach dem Reisebericht des italienischen Arztes Prospero Alpino auftritt – und letztlich Versfassung einer Scholie zum Tractatus aureus mit ähnlicher alchemischer Handlung. Dort jedoch treten Phoebus noch als ›Königssohn‹ und die Schlange noch als Drache auf, auch wird die Wiederbelebung des Königs durch ein Bad besorgt, wie es ebenso in der Aurea Catena der Fall ist; vgl. Tract. aur., S. 664 f. Der Abschnitt ist von Furichius ausgiebig durch Glossen sowie eine Scholie erläutert: 10–12 Dicitur olim animo vi deliquisse veneni … Dicitur et] Das Folgende (verdeutlicht durch die Iteratio ›dicitur olim – dicitur et‹) dient somit

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C. Kommentar

ausdrücklich der Deutung jener Episode des Traumes, in welcher Phoebus im Bade die Sinne schwinden – »Interea dum ludit aquis prolutus amoenis,/ Deliquium invadit mentis« (CHRYS., S. 27, 22 f.) – und er wiedererweckt wird; vgl. CHRYS. S. 27, 20-S. 28, 30. 12 morsus saevo obdormîsse Ceraste] Furichius verweist in GL. ›Species est serpentis.‹ darauf, daß es sich um eine Schlangenart handelt, welche in SCHOL. noch weiter beschrieben wird: ›Daß Cerastes eine gehörnte Schlange ist, legen Galen, Dioskurides, Plinius, Rasis, Santes Ardoinus etc. dar. Sie wird nach den Hörnern [τὸ κέραϲ – das Horn] genannt. So sagt Aristoteles, daß die Ägypter behaupten, daß die thebanischen Schlangen gehörnt seien. Deshalb bestätigt Prospero Alpino, daß [die Schlange] Thahir der Ägypter, mit welcher sie ihren Theriak bereiten, die Cerastes ist. Dieser Schlage vergleicht er [der Greis] das Menstruum, von der Macht des Bisses her.‹: Galen zählt sie in seinem ersten Buch, von zweien, De antidotis libri duo690 neben anderen hochgiftigen Schlangenarten auf (vgl. Galen, Bd. 14, S. 90), die Dioskurides-Stelle findet sich Matthiolus, S. 774. Bei Plinius steht die Hornschlange unter PLIN. nat. 8, 85. Bei Arist. HA 2, 1 wird das Tier jedoch nicht erwähnt. Zu den beiden anderen, bis dahin in den Scholien ungenannten, Autoritäten: ›Rasis‹ ist der üblicherweise Rhazes genannte, 865 geborene persische Arztgelehrte Abū Bakr Muhammad bin Zakarīyaˉ ’ aˉ r-Raˉ zī, der 925 in Bagdad verstarb. Hauptwerke unter den ihm, mit über hundert Titel sehr zahlreichen, zugeschriebenen Schriften sind seine Summa der griechischen, arabischen und indischen Medizin Continens oder Comprehensor (gedruckt zuerst 1486 in Brescia) sowie der Liber ad Almansorem (Mailand 1481); seinerzeit ein beliebtes Prüfungsbuch für Medizinstudenten.691 Ardoinus ist Sante Ardoini (auch Arduino, Arduini), ein kurz vor der Wende zum 15. Jahrhundert in Pesaro geborener Arzt und Philosoph, der in Venedig lebte und zwischen 1424 und 1426 seine Toxikologie De venenis abfaßte, die dort 1492 zum ersten Mal gedruckt wurde und sich über weite Strecken mit der Tollwut beschäftigt.692 Die Hornschlange kommt darin im 5. Kapitel De Ceraste des 6. Buches (vgl. Ardoinus, S. 352 [=350]–352) vor, welches entsprechend beginnt, und als Besonderheit ausführt: »Cerastes cornuta est serpens […] paruus habens pro spinis in corpore cartilagines, et ideo corpus habens magis flexuosum alijs serpentibus: et habet in capite octo cornua flexuosa sicut cornua arietis, et est coloris pulueris, vnde absconditur in puluere, et passeres insidentes cornibus suis 690 691 692

In: Galen 14 (1997), S. 1–209. Vgl. H. Schipperges (1995). Vgl. V. De Donato (1962); ebenso Kestner, S. 50; Zedler 2 (1732), Sp. 1285.

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sicut festucis, morsu eius interficit. et haec cornua sunt illa, quae sudare dicuntur praesente veneno.« (Ardoinus, S. 352[=350]–351). Neben diesen Werken interessiert hier vor allem der Verweis auf Alpino. Dieser beschreibt im 4. Buch von De Medicina Aegyptiorum im 10. Kapitel In quo Aegyptiorum theriacae descriptio differat ab ea, quae ab Andromacho Seniore olim memoriae fuit prodita693 die Bereitung des Ägyptischen Theriak aus Schlangenfleisch: »Tahyr serpens est longitudine duorum ad summum cubitorum, corporis magnitudine, colore, figura, vt nuper etiam dictum est, viperis à nostris uocatis, proximis, hoc excepto, quod caput habent magis latum ac depressum, atque in eo cornua alba gestant, mas unum et foemina duo, in sincipite, non secus quam acus acutissimos, ex quibus aliqui iudicarunt, illum serpentem veram esse cerastem«694 Die Schlange Cerastes wird hier für das Menstruum gesetzt, aufgrund der Wirkung ihres Giftes695 – zugleich ist sie der Grundbestandteil des ›Theriak‹ als Allheilmittel und Panazee, im iatrochemischen wie im alchemischen Sinne: Sie ist demnach gleichbedeutend mit ›fermentum‹ – vgl. »Theriaca, Gifft Ferment materi, lapis« (Ruland, S. 471) – und ›menstruum‹ – und sie entspricht letztlich dem Saturnus der Visio.696 Bonus behandelt den ›Theriak‹ als ebenso gängiges wie dunkles ›Gift‹ für die Nigredo im 13. Kapitel seiner Margarita pretiosa: »Quia antiqui Philosophi assignaverunt in compositione sui lapidis venenum et Tyriacam, et ipsum comparaverunt eis vel è conversio, sicut venenum et Tyriacam humano corpori, et sunt haec de terminis occultissimis hujus artis; nec possit lapis perfici et compleri […] sine cognitione praediciti fermenti […] Sunt quidam sicut mos est, et fuit hanc artem secundum verborum scripturam et sonum inquirentes, et operantes, qui credunt interficere Mercurium cum rebus venenosis: unde quidam ipsorum acceperunt venenum ex vegetabilibus, ut ex napellis aut cicura, et sibi similibus: quidam autem ex animalibus. ut ex bufonis et serpentibus« (Bonus, S. 49) – zu letzteren gehört hier, allerdings nur dichterisch, Furichius. 13 vicino … arcu] Phoebus und die Schlange sind alchemisch gesehen ›verwandt‹, da es sich um den ›Saturnus‹ und ›Phoebus‹ des Traumes handelt, zudem ist die Schlange ›cerastes‹ wie Apoll ein Schütze. 14 Cynthius] Als andere Bezeichnung für ›Delius‹; vgl. »Delos autem insula inter Cyclades celeberrima est, ut apud Apollonium Rhodium notant interpretes, sacra in primis Apollini, quae et Asterie nuncupata à figura, item Ortygie a sorore Latonae: temetsi in hoc uariant scriptores. Delos et 693 694 695

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Vgl. P. Alpino (1591), S. 136r-139v. Ebd. S, 136r. Welches allerdings von Alpino, der Zeuge eines harmlos verlaufenden Schlangenbisses wurde, als nicht immer tödlich beschrieben wird: »vnum certo scio, non esse illorum morsorum vsqueadeo exitiosum« (ebd.) Vgl. Ruland, S. 471.

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Cynthus uocata fuit, teste Stephano, unde et Cynthius Apollo. dicta verò à Cyntho, Oceani filio.« (Giraldi, S. 305). 14–15 cerastis missile virus/ Eructat] Auf den Pythonbezwinger – vgl. OV. met. 1, 416–451 – wird zurückgeschossen, und die beiden Schützen bringen sich gegenseitig zur Strecke. Furichius erklärt dies in GL. 15 ›Actio, et passio auri et menstrui‹ als wechselseitiges Wirken von ›aurum‹ und Menstruum. 17–21 Ille novis positus … aestivo supponat utrique calorem] Als Vorlage deutlich erkennbar: »Ambo igitur mortificati, et in vitrum aliud mundum inditi poantur ad solem per alium mensem philosophicum: vel si hyemis tempore, solis calor sit remissior: similem in hypocausto.« (Tract. aur., S. 665). 19–20 Sub die … fruantur/ Aestivo] In der Aurea Catena: »Vase recentato, teneatur apricus uterque:/ Et rex et serpens, ambo vna morte sepulti:« (AVR. CAT., S. 26, 16 f.). 23 redidivus aget Titanius heros] In der Aurea Catena heißt es noch: »rediuivus agit natus diademate cinctus« (AVR. CAT., S. 26, 6) – ›Titanius‹ vom Sonnengott Titan. 26–27 emissas impos perferre sagittas … notas fugit indignatus ad umbras] Die ›notae umbrae‹ sind auch im Tractatus aureus der bevorzugte Lebensraum der Kriechtiere: »Serpentes autem et Dracones gaudent potius locis subterraneis, petrosis et obscuris speluncis, quàm luce solis sive diei propatulo.« (Tract. aur., S. 664). In der Aurea Catena sind es statt der Pfeile des Phoebus (als Jäger) die Strahlen der aufgehenden Sonne: »Postquam igitur Titan rutilante oriente resurgit,/ Disparet noctis species, et diffugit anguis:/ Nec valet infractus radios perferre vibratos:/ Silbilat, et notas fugit indignatus ad umbras.« (AVR. CAT., S. 26, 2–5) 31 toxica] Als ›Pfeilgifte‹ die treffende Bezeichnung. [S. 49] GL. 14 Λεπτομερεία operis] Sowohl in Galenischer Tradition die ›Feinteiligkeit‹ oder ›Subtilität‹ eines Stoffes als auch rhetorisch eine detaillierte und fein gegliederte Beschreibung. 22–23 Naturae ambiguae … Hermaphroditus utrumque] Zur Doppelnatur des alchemischen Hermaphroditen vgl. neben SCHOL. 22 den Kommentar zu S. 34, 6–10; S. 36, 7–15; und S. 41, 7–13. 25–S. 50, 7 Inspice Iuniperi … conferre levamen] Allegorie des Wachholderstrauchs, vom Samen bis zum Öl als Panazee für das alchemische Opus; vom Senex Vers 24 als ›minor‹ – und somit als einfacher nachzuvollziehendes Gleichnis (GL. 25 ›Comparatio‹) angekündigt. Quelle hierfür ist wiederum eine Scholie des Tractatus aureus; vgl. Tract. aur., S. 653 f.

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Ebenso findet sich ein entsprechender Abschnitt Iuniperorum Ignis im Rosarium, S. 93 f. Für eine Verwendung in diesem Kontext der Chryseis spricht – neben dem ähnlichen Gleichnis AVR. CAT., S. 20, 27-S. 21, 14 – fürderhin, daß der Wachholderbeerbaum, ganz wie der Lorbeer, dem Phoebus heilig ist; vgl. »Iuniperum spinosam arborem consecratam fuisse, cui laurus praeterea dicata putabatur« (Conti, S. 186); sowie – allen Gleichnissen zugrundeliegend die Etymologie vom griechischen πῦρ: »Juniperus dicitur a pir, quod est ignis; sive quod ab amplo in angustum finit in ignis; sive quod diu conceptum teneat ignem, adeo ut si prunae ex ejus cinere fuerint coopertae, usque ad annum perveniat.« (Neckam, S. 177; sowie als dessen Quelle: ISID. orig. 17, 7, 35). Sowohl in der Chryseis als auch im Tractatus wird das Gleichnis in vier Jahre – die vier beziehungsweise drei Werkphasen – eingeteilt: – Im ersten Jahr (v. 26–28) erfolgt das Einpflanzen des Samen in die Erde. Dies versinnbildlicht die Putrefactio, die »prima lapidis operatio, quae ejus dicitur putrefactio sive solutio in terra« (Tract. aur., S. 654), als Nigredo. – Im Zweiten (v. 27–31) kommt durch Sonnenwärme und Tau ein Pflänzchen mit weißen Blüten hervor; vgl. »Solis tantummodò calore naturali, juniperus incipit ferre flores cineritios quasi ad album colorem inclinantes, qui teneritudine et molitudine sua aquam repraesentant Philosophcam« (Trat. aur., S. 654). Weiß sind auch die im dritten Sommer (v. 32S. 50, v. 2) aus diesen hervorgehenden Blüten – »Corruptio unius est generatio alterius.« (Tract. aur., S. 654) – und kleinen Beeren: Albedo. Hierzu zwei lexikalische Ergänzungen: Furichius erweitert das Bild, indem er in v. 33 noch die befruchtenden Bienen hinzunimmt, und zwar die Cinyphiosque apices] Diese sind nach dem Lybischen Fluß Cinyphus benannt, ›cinyphius‹ ist üblicherweise ein Epitheton der aus der Gegend stammenden Bienen oder deren Produkten: Ein sehr gelehrter Verweis darauf, daß der Handlungsort weiterhin der Berg in der Lybischen Wüste ist; vgl. Gesner 1 (1749), Sp. 909. Zudem gebraucht Furichius S. 50, 1 noch das ungebräuchliche Verb baccescere, welches sich weder in der Aurea Catena findet noch im Thesaurus Linguae Latinae noch bei Forcellini oder Gesner oder im MlatWB. – Im Vierten schließlich (v. 4–7) die reifen, schwarzen, Beeren, aus welchen nun Öl gewonnen werden kann: Rubedo. Und wie diese in ihrem Werden die vier Elemente (Erde, Feuer, Wasser, Luft) in sich aufgenommen und vereinigt haben, hat es auch der Lapis philosophorum; vgl. Tract. aur. S, 654.

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[S. 50, Fortsetzung] 17 Est alius namque] Spielt mit SCHOL. auf das ›ignis artificialis‹ Ripleys als Menstruum an; vgl. Kommentar zu S. 14, 16 u. S. 35, 10. 19 furnos extrinsecus] Der Ofen ist nach GL. der Athanor – vgl. Ernsting, S. 41 oder die Baubeschreibung bei Ruland, S. 76–78 – welcher ebenso durch das Ei versinnbildlicht wird;697 vgl. Kommentar zu CHRYS., S. 37, 11. 25–27 lilia fundens … beneolentia anetha] Die Farbsymbolik und Duftsymbolik – weiße Lilie698 und rote (Rose, Hyazinthe) Blumen; sowie des Duftes von Narde und Anis – hat ihre Entsprechung in der Schilderung der Circulatio; vgl. CHRYS., S. 44, 12–13. Ist auch eine direkte Quelle für Narde und Anis noch unbekannt, so findet eine, viele Pflanzen, nur nicht diese, deutende, alchemische Botanik sich in Maiers Septimana Philosophica als Quarta Dies: De Vegetabilibus (vgl. MAIER Sept., S. 113–154). 30 Septima namque] In SCHOL. wird auf das bereits zur Siebenzahl Genannte verwiesen, dem Furichius als weitere Referenz das Hieroglyphenbuch Valerians – dort den 37. Abschnitt zu den Zahlen – hinzufügt, da die Alten durch diese, die Sieben, wegen ihrer Eigenschaften als Primzahl, Gott darstellten: »Non erat autem otiosum Septenarij nomen, quod hieroglyphicum esse Dei Philolaus asseuerat: quippe quod ea sit eius numeri praerogatiua, ut ipse sibi similis, alter ab alijs sit, ueluti Deus, dux et princeps, uniuersorum solus semper singularis et immobilis. Inter enim ea quae intellectu percipiuntur, septenarius sine motu est, neque quicquam patitur [etc.]« (Valerian, S. 388). In diesem Sinne auch die Commentaria symbolica: »Septenarius, signif [icat] creatorem et creaturam. Nam constat ex ternario et quaternario, ternarius signif[icat] artificem inuisibilem, et quaternarius, signif[icat] visibilis materiae primarias substantias, vt ternarius signif[icat] creatorem ob sanctissimam Triadem, et quaternarius, signif[icat] creaturam ob quatuor elementa, quae rerum omnium causae sunt et semina.« (Ricciardi, Bd. 2, 75v). 33 Hunc Saturno … sacravit] Zum Verhältnis von Chronos und Siebenzahl, vgl: »Septenarius sign[ificat] Saturnum qui est septimus ascendendo, et signifi[cat] requiem, cui septimus dies addictus erat, qui interpretatur requies.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 76v). So auch der Tractatus: »ita Saturnus nostrae magnesiae, ultimam manum imponit operi, et ab eo quoque die Philosophorum septimo quiescit.« (Tract. aur., S. 634).

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Vgl. auch B. Meitzner (1995), S. 165–172 mit Abbildungen beziehungsweise S. 138– 142 des Nachdrucks. Zur Lilie vgl. etwa L. Abraham (1998), S. 117 f.

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[S. 51] 8–21 Ergo incrementum … examine pensat] Nach den Verzehnfachungen von CHRYS., S. 8, 27–30 wird hier die Erzeugung des Steines und seine Vermehrung als ›Pythagorica supputatio‹ geschildert und in GL. 12 schematisch dargestellt. Dieselbe ›Rechnung‹ findet sich als Prosatext im ›Tractatus aureus‹: »Componitur enim septenarius ex ternario et quaternario, quorum characteres vulgo exprimuntur per 3. et 4. quasi dicas, ter quatuor, quae faciunt duodecim: ita ut in idem recidant septenarius et duodenarius, qui simul per multiplicatum Naturae artificium sumpti proferunt octuaginta quatuor: quorum characteres sunt 8. et 4. qui duo numeri per simplicem additionem redeunt in suum principium, nempe in duodenarium et septenarium. Octo enim et quatuor faciunt duodecim. Duodecim ante resolvuntur in ter quatuor. qui per characteres hosce 3. et 4. revertuntur in septenarium numerum.« (Tract. aur., S. 634 f.). Durch die Zahlenreihe und ihr Verständnis werden ›omnia in omnibus‹ begriffen, da durch sie »magicè et ex interna sua anatomia, in partes suas sive membras refectus, repraesentat quodammodo universal quoddam et essentiale tàm Creatoris, quam creaturae nomen: ita ut unus septenarius omnem caeterorum numerorum vim ac virtutem plenariè complectantur.« (Tract. aur., S. 634) Die Sieben wird in diesem Kontext doppelt verstanden: himmlisch und elementar. Der Tractatus verdeutlicht dies in zwei Reihen: ›O O O – O – O O O‹ für die Himmlischen Principia und die Planetenzeichen in der Folge: ›Saturn, Iupiter, Mars – Sol – Mercurius, Venus, Luna‹ für die elementaren; zu den Principia vgl. Kommentar zu S. 7, 19–20. Die (ebenso doppelten) himmlischen werden durch die Einzahl ›unitas copulativa‹ zusammengehalten, wie die Metalle oder Planeten durch die Sonne oder das Gold. Die Sieben als Summe von Drei und Vier bedeutet weiterhin die Welt, da diese aus den drei Principia und den vier Elementen zusammenfügt ist. Neben der Addition steht die Multiplikation, man gelangt zur 12: Die Zwölf kann begriffen werden als die Summe von Vier und Acht: die vier Elemente und die acht Planetensphären; vgl. »Numerus duodenarius qui iuxta priscorum sententiam est numerus spherarum celestium, octo et quatuor elementorum« (Ricciardi, Bd. 2, S. 80r); sowie als Anzahl der Monate, neuplatonischer Dämonenhierarchien, Sternzeichen, Apostel, heidnischer Götter, etc.; vgl. Ricciardi, Bd. 2, S. 80r-81r. Dann die erneute Multiplikation mit der Sieben: die 84. Diese symbolisiert in hermetischer Tradition die Zahl der Orphischen Hymnen, sowie für die Kabbalisten diejenige der Psalme Davids, in welchen das jeweilige – synkretistisch entsprechende – kosmologische Wissen enthalten sowie aus ihnen ableitbar ist; vgl. »Septenarius multiplicatus complicatus et in seipso explicatus facit octuaginata quatuor. Nam septem constant ex tribus et quatuor. Et multiplicando ter quatuor efficiunt 12. qui 12. explicati per septem conficiunt 84. qui est numerus Orphicorum Hymnorum, in quibus explica-

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tur tota magia naturalis, sicuti in Dauidicis psalmis tota cabala continetur. Et iste septenarius signif[icat] omnem diuinitorem, et omnem absolutissimam perfectionem.« (Ricciardi, Bd. 2, 75v). Zu all dem kommt SCHOL. 8, welche erklärt, daß diese Zahlenreihe ebenso ›arbor Hermetis‹ heißt. Hierunter – auch vor dem Hintergrund der besagten Reihe der Metalle im Tractatus aureus – wird »die Vergleichung der Metalle mit einem Baum [verstanden]: Der Stamm ist Mars. Die Wurzel ist Saturnus. Die äußerste Rinde ist Stannum. Die inwendige Rinde ist Mercurius viv[us]. Die Blätter sind Venus. Die Blumen sind Argentum.« (Ernsting, S. 33).699 Als ersten Eintrag führt das Lexicon chymicum jedoch das eindrucksvolle Experiment des ›Arbor philosophorum‹ auf. Thomas Mann beschreibt am Ende des vierten Kapitels seines Doctor Faustus als chemisches Kunststück von Vater Leverkühn: ›gewisse unglaubliche und geisterhafte Naturerzeugnisse, die dem Vater in sonderbarster Kultur zu züchten gelungen waren‹ – nämlich aus Kali und Kupfersulphat im Kristallisationsgefäß eine »fragwürdige Sippschaft, Pilze, phallische Polypenstengel, Bäumchen und Alpengräser«.700 Auf diesen ›Baum‹ wird Furichius in SCHOL. 29 noch zurückkommen. 22 Ter denas autem luces] Dieses Drei-mal-zehn – für einen Monat – rührt, so SCHOL. aus den Jamben des Heliodoros her: ›Eine dreifache nämlich im Feuer in drei Tagen/ Ist die ganze Weißmachung ins Gelbfarbene.‹ (vgl. Theophrast. graec., v. 127 f.) – also einem Drei-mal-drei, wobei mit GL. 26 gilt, daß die alchemischen Zeitangaben nicht wortgetreu zu begreifen seien. SCHOL. 29 Tu plantam] Furichius nimmt die hier einsetzende Recapitulatio zum Anlaß, kurz zur zeitgenössischen Diskussion, ob den Metallen Leben zuzusprechen sei, Stellung zu beziehen. Ohne – wie er sagt – den alten Streit aufwärmen zu wollen, berichtet er: ›Ich selbst sah Silber in einem Gefäß (man nennt es Matracium [sprich: ein Weithalskolben])701 sprießen, mit wunderschönen Zweiglein, wobei rotes Pulver die Wurzel deckte, und gleichsam als neuer Nährstoff wiederholentlich hinreichte.‹ Er meint damit den obigen ›Arbor Hermetis‹ aus SCHOL. 8. Nach seinem eigenen Rezeptes für das Experiment schließt er – mit Andreas Dudithius und Petrus Monavius – gegen Bartoletus Mantuanus sowie den Antiparacelsisten schlechthin, Erastus, daß den Metallen durchaus Leben zuzusprechen ist. Jener führt etwa in seiner Disputatio altera unter De uita lapidum 699 700 701

Im Original jeweils noch mit den Planetenzeichen. Vgl. Th. Mann (1980), S. 31f; ebenso Ernsting, S. 32. Das ›Lexicon chymicum‹ verzeichnet drei, jedoch allesamt, kolbenförmige Gefäße, vgl. Ernsting, S. 208; sowie B. Meitzner (1995), S. 172 beziehungsweise S. 142 des Nachdrucks.

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et metallorum, nachdem er die Argumente von Paracelsus und Cardanus widerlegt hat, aus: »Haec, inquam, cum eruditè, verè, firmè, perspicuè à praedictis viris demonstrentur, insulsa, falsa, impossibilia non debent à me pluribus hîc dilui.« (Erastus, S. 264). Zu den Genannten: Bartoletus Mantuanus ist der Arzt und Philosoph Fabrizio Bartoletti (auch: Francesco Bertoletti), welcher 1587 in Bologna geboren wurde. Dort wurde er später Professor für Chirurgie und Anatomie und folgte 1625 dem Ruf Ferdinando Gonzagas nach Mantua. Nachdem 1630 in der von den Kaiserlichen belagerten Stadt die Pest ausgebrochen war, starb der bereits erkrankte Bartoletti auf dem Rückweg in seine Heimatstadt. In seiner zuerst 1615 in Bologna erschienenen Encyclopedia hermetico-dogmatica ist er bemüht, neue alchemische Erkenntnis auf dem Gebiet der Pharmazie mit der traditionellen galenischen Lehre in Einklang zu bringen.702 Andrea Dudithius ist der 1533 im Ungarischen Ofen geborene aus einer alten Adelsfamilie stammende Humanist und Theologe Andreas Dudith. Als junger Mann sammelte er Bildung und diplomatische Erfahrung in Breslau und Wien wie auch in Italien, Frankreich und England. 1561 wurde er Titularbischof von Tina in Dalmatien und war Ungarischer Abgesandter auf dem Tridentiner Konzil. 1563 wurde er Bischof von Fünfkirchen und war 1565 im Dienste Maximilians II. in Polen. Da er jedoch im Zuge seiner Hinwendung zum Protestantismus 1567 geheiratet hatte, wurde er exkommuniziert. Unbeeindruckt ließ er sich in Krakau nieder und stellte sich in den Dienst der Habsburger. Nachdem er 1576 Polen verlassen hatte müssen, starb er 1589 in Breslau. Er war zwar mit Antiparacelsisten wie Erastus und dem Leibarzt Maximilians II. Johann Crato von Kraftheim (1519– 1585) befreundet – wie der hier auch genannte Monau – doch stand er Hermentischen Studien nicht gänzlich ablehnend gegenüber. Neben medizinischen Schriften zeichnete er sich besonders in der Mathematik und Meteorologie aus.703 Petrus Monavius ist der 1551 in Breslau geborene, spätere Hofarzt Rudolphs II. Peter Monau, der 1588 in Prag starb.704 30 Hinnulei … fimo] Mit GL. 30 ›venter equinus‹ – vgl. »die Wärme des Pferde-Mists, weil solcher eine gelinde und feuchte Wärme an sich hat, ist er geschickt die Tincturas oder Essentias auszuziehen, ingleichen die Circulatio und Putrefactio zu vollbringen, da man nemlich in dem einen Ge-

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Vgl. M. Crespi (1964); sowie Thorndike 7 (1994), S. 178–180. Vgl. die Monographien von J. Faludi (1927), P. Costil (1935); R. Evans (1997), S. 105–110, et passim; Thorndike 6 (1994), S. 59, et passim; wie auch besonders CP 1, S. 91 f., et passim; sowie zu Crato CP 2, S. 454, et passim. Vgl. R. Evans (1997), S. 203; daneben, wie es scheint, nur Jöcher 3 (1751), Sp. 610; Kestner, S. 557 f.; Zedler 21 (1739), Sp. 1056.

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C. Kommentar

fässe dem Mist/ und in den andern die Materia stelltet so man darin setzten oder tractiren will.« (Ernsting, S. 304). 32 corruda tenerrima plantae] Mit GL. ›surculus‹ – vgl. ThLL 4 (1906– 1909), Sp. 1048: »nomen herbae« – hauptsächlich von wildem Spargel; vgl. etwa PLIN. nat. 19, 145. [S. 52] 22 Occinimus] Das Verb ›occinere‹ (von ›canere‹) bezieht sich üblicherweise auf Vögel; besonders weissagende. 24–S. 53, 18 Iam non est quicquam … detestandiqué ministri] Die Traumdeutung endet hier, der Greis wendet sich nun wieder an Chrysanthus und beginnt mit dessen direkter Vorbereitung auf die kommende Initiation in die, v. 25 ›Orgia‹ genannten, Mysterien. Diese gehören zur ›sancta mater‹ (v. 28 f.) Cybele; vgl. Kommentar zu S. 4, 4–9 u. S. 17, 9. Die Göttin wird hier ausdrücklich als Gottheit der Eleusinischen Mysterien (v. 29) bezeichnet. Sie hatte zusammen mit ihrer Tochter Proserpina in Eleusis bei Athen den ältesten Tempel auf griechischem Boden, nachdem der Kult aus Ägypten eingeführt worden war. Von allen Mysterienkulten war der Eleusinische der geheimnisvollste und verborgenste. Doch weiß man, daß bei Feierlichkeiten Fackeln verwandt wurden, mit welchen gewissermaßen die Suche der Ceres nach ihrer geraubten Tochter nachgespielt wurde. Hierauf bezieht sich auch Claudian in De raptu Proserpinae mit den Versen: »iam mihi cernuntur trepidis delubra moveri/ sedibus et claram dispergere lumina lucem/ adventum testata dei: iam magnus ab imis/ auditur strepitus terris templumque remugit/ Cecropium sanctas faces attollit Eleusin.« (CLAVD. rapt. Pros. 1, 7–11); vgl. Giraldi, S. 589 f. Die spagyrischen Mysterien der Chryseis werden somit gleichwertig mit den Eleusischen, wenn jene nicht gar als in ihrem Wesen seit jeher alchemisch angesehen werden, wie es eine Deutung der Cybele ihre Deutung als Bewahrerin der Geheimnisse der Natur bei Conti, S. 504 nahelegt, oder in Maiers Arcana arcanissima (vgl. Maier Arc., S. 178–183) ausformuliert ist. 29–S. 53, 2 Salve dilecte Sacerdos … aspergine tinxit] Der Greis bringt in direkter Rede die weyland – erinnert wird an seine Lebensgeschichte – von der Göttin an ihn gerichteten Worte, er zitiert die Epiphanie der Chryseis und nimmt zugleich vorweg, was Chrysanthus erwartet. 1 caepe sacram … tiaram] Die Tiara oder Mitra als Priestermütze in der Art eines niedrigen Turbans aus Batist, versinnbildlicht sittliche Reinheit und Weisheit; vgl. »mitra, uel cidaris, qui erat pileus sacerdotalis ex bysso, signific[at] integram, et incolumem [sic] pudiciam, propter fascias, quae id gestaminis praeligatur, vel secundum Hesichium, sign[ificat] sapientiam, propterea quod in capite cerebrum sapientiae est organum.« (Ricciardi, Bd. 2, S. 248v).

Chryseis, Liber IIII.

343

[S. 53, Fortsetzung] 4–18 Non te damnatus … detestandiqué ministri] Wie durch GL. 6 und GL. 12 ausgedrückt, werden hier magische Praktiken verdammt. Das Agrippa von Nettesheim nur zugeschriebene, verrufene vierte Buch zu De occulta philosophia beschäftigt sich ausschließlich mit der praktischen Ausführung magischer Zeremonien – genau genommen mit der Beschwörung von Dämonen. Dort finden sich, sofern sie nicht ausschließlich bei antiken Opferriten vorkommen, die hier von Furichius genannten Elemente: der für die Beschwörung nötigen Kreis, sowie die Kenntnis des zum Dämon gehörenden Planeten- und damit Götternamens – »Si autem malum aliquem spiritum invocare volumus ad circulum, primùm considerare oportet, et scire naturam ipsius, cui planetarum consonet« (H. Nettesheim (1970), Bd. 1, S. 556) – Kerzen und Räucherwerk – »provideatur de luminibus, fumigiis, vnguentis, collyriis« (Ebd., S. 557) – Beschwörungsformeln, wobei der Magier sich gegen alle Weltgegenden wendet – »incipiat invocare spiritum, quem cupit, leni ac blando incantamento ad omnes mundi plagas cum commemoratione autoritatis et virtutis suae.« (Ebd.). Blut, wie Furichius es nennt, spielt bei dieser Art der magischen Riten nur bei der Beschwörung von Toten eine Rolle.705 Es stammt aus den Opferpraktiken der Antike. Das Pagane findet sich zudem im aus Sprache der römischen Priester stammenden ›mactare‹ und der voranstehenden Nennung der antiken Unterwelt – »daemonas Orci« (v. 6) mit dem vielzitierten Vergilzitat ›Acheronta movere‹ (v. 7).706 Bei Conti, der am Beginn seiner Mythologie ausführlich die ›sacrificia‹ behandelt, heißt es im 12. Kapitel des ersten Buches unter De sacrificiis inferorum über die für die Unterirdischen verwandten schwarzen Opfertiere, im Gegensatz zur Opferung heller für die Olympischen Götter: »Vt autem victimae quae superis mactabantur, cùm iugularentur, cogebantur iugulum superius vertere: ita quae mactabantur inferis, caput ad terram depositam tenebant.« (CONTI, S. 19). Furichius verbindet hier also die frühneuzeitliche, faustisch anmutende, Praxis der Dämonenbeschwörung mit den Opferriten der Antike. [S. 54] 4–5 me numina mutent/ Lusciniae in formam] Anspielung auf den grausamen Mythos der Philomela, die zuletzt in eine Nachtigall verwandelt wird; vgl. OV. met. 6, 451–674. 8 Dei templo suspendis pensile votum] Mit GL. ›ita triumphabant victores veteres‹ spielt der ›poeta laureatus‹ Furichius dezent auf seine eigene Würde und deren Wiederbelebung in der Tradition der römischen Feldher705

706

Vgl. »In evocatione vmbrarum, fumigamus cum sanguine recenti, cum ossibus mortuorum [etc.]« (H. Nettesheim (1970), Bd. 1, S. 560). Der – unter anderem der Traumdeutung Sigmund Freuds als Motto vorangestellte – ingrimmige Vorsatz Junos, als sie Jupiter nicht gegen Aeneas gewinnen kann: »flectere si nequeo superos, Acheronta mouebo« (VERG. Aen. 7, 312).

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C. Kommentar

ren mit der Dichterkrönung des Franceso Petrarca (1303–1374) im Jahre 1341 an. Vor jener Laureatio, auf welche die Tradition sich berufen sollte, hatten bereits von Dante angeregt einige andere weniger bedeutende Dichter den Lorbeer empfangen. Seit dem 15. Jahrhundert begann die Dichterkrönung nördlich der Alpen heimisch zu werden. So krönte Friedrich III. (1415–1493) 1442 Enea Silvio Piccolomini, den späteren Pius II. (1405– 1464, ab 1458 Pontifex), und schließlich als ersten Deutschen 1487 zu Nürnberg Conrad Celtis (1459–1508). Das Privileg, die Würde des Poeta laureatus zu vergeben, wurde dann zunehmend an bereits gekrönte Dichter großen Renommees wie auch Universtitäten verliehen. Zum Wesen der Dichterkrönung sei auf das 4. Kapitel ›Der Humanismus des 14. Jahrhunderts‹ im dritten Abschnitt von Jacob Burckhardts Die Kultur der Renaissance in Italien verwiesen. Dort sind auch die näheren Umstände der Krönung Petrarcas dargestellt.707 Das Selbstverständnis der gekrönten Dichter des Barock findet unter anderem seinen Ausdruck in Sigmund von Birkens (1626–1681) Mustertext einer Dichterkrönungsrede De Lauru Programma, welcher der Rede- bind- und Dicht-Kunst aus dem Jahre 1679 beigegeben ist: ›Daher hieß der Förderer und Kollege der Dichter Gaius Iulius Caesar, der Begründer des römischen Königtums, ebensoviele Dichter, nachdem ihr Werk herausgegeben war, wie Feldherren nach dem Sieg, sowohl im Triumphwagen durch die Stadt führen, als er auch den Lorbeer zu deren gemeinsamen Würdezeichen ernannte. Mit ihm wurden in jüngerer Zeit Enea Silvio Piccolomini und als erster in unserem Deutschland Conrad Celtis von des Kaisers eigener Hand ausgezeichnet. Darüberhinaus brachte davor Francesco Petrarca, zu Rom auf dem Kapitol von Senat und Volk der Stadt Rom öffentlich mit dem Lorbeergebinde bedacht, dieses nach Art der alten Feldherren, welche die Corona triumphalis im Schoße des Jupiter Capitolinus zurückließen, von einer großen Anzahl von Patriziern umringt, zur Petersbasilika und hing es dort in der Kuppel auf.‹708 11 debellatosqué tyrannos] Verknüpfung einer Bildlichkeit des Tyrannenmords und des Bürgerkriegs mit der mythoalchemischen, wird doch Mercurius ebenso ›tyrannus‹ gennant, das Result ist eine Art alchymistatyrannicida. 20 turba trecentis] Die sprichwörtliche Turba philsophorum. GL. 22–31 † Παμφαὴϲ … * Πανυπέρτατοϲ] Die naheliegende Vermutung, es handle sich hierbei um göttliche Attribute, welche sich allesamt in einem Fragment oder Hymnus des Orpheus fänden, bestätigte sich nicht.

707

708

Vgl. K. Schottenloher (1926); zudem Th. Verweyen (1979) u. J. Trapp (1986); zu den ›poeta laureati‹ Maximilians I. (1459–1519) vgl. A. Schmidt (1989), zu ihrer Rolle im ›literarischen Feld‹ des 16. Jahrhunderts vgl. A. Schirrmeister (2003). Nach meiner Übersetzung; vgl. S. von Birken (1973), S. 517–523.

Chryseis, Liber IIII.

345

[S. 55] 3 Nepenthem Helenae] In SCHOL. mit bereits genannten Kraut Moly – Kommentar zu CHRYS., S. 10, 24–25; zudem OV. met. 14, 254– 257 – gleichgesetzt, bezeichnet Nepenthes (῎Αλυπον, Borago) eine als Beruhigungsmittel genutzte Pflanze, wie sie PLIN. nat. 21, 21, 91; u. 25, 2, 5 beschrieben wird. Neben einer breiten Verwendung in der Emblematik, findet die Pflanze sich spätestens seit der Vereinnahmung der antiken Mythologie durch Petrus Bonus in der alchemischen Bildtradition.709 Dem Wunderkraut und dem Lapis ist gemeinsam, daß sie Allheilmittel sind, und auch jeglichen Kummer vertreiben. So heißt es im Tractatus aureus: »Summum enim ait esse preservativum adversus quoscunque corporis gravissimo affectus: tristitiam pellit, non secus ac medicamentum illud apud Homerum, quod Nepenthes dicitur, quo usa fuit Helena ad animi moerorem excutiendum, et hilaritatem ac laetitiam inducendam.«(S. 626 f.) – in Anlehung daran schon in der Aurea Catena: »Hic Panacea pura est, Nepenthesque vna malorum/ Pantiatre, qua carnifices de pectore curas/ Depulit olim Helenae, veluti cantauit Homerus.« (AVR. CAT., S. 10, 16–28). GL. 12 προϲφώνηϲιϲ ipsius Lapidis] Eine ›acclamatio Lapidis‹ in der Art einer abschließenden Beifallsbekundung für den Stein der Weisen; vgl. Ernesti: gr. S., S: 297; u. Ernesti: lat., S. 411. 26 Quantumque accendat] Furichius nutzt das Bild der Erleuchtung, welche dem Alchemiker durch das Licht der Natur zuteil wird,710 in SCHOL. zur erneuten Distanzierung von okkulten Praktiken und somit als Orthodoxiebekenntnis. Diesmal ist es Roger Bacon, der in der Art des Apollonios von Tyana unter Zuhilfenahme eines optischen Apparates das Licht der Sterne auf Nahrungsmittel leitete, wodurch jene deren Eigenschaften annahmen. Durch deren Verzehr teilten sich dem Astrologen die entsprechenden mantischen Fähigkeiten mit. Solches Tun verwirft Furichius mit ›Bodin gegen Lipsius‹ – eine entsprechende Stelle ist auf Anhieb nicht zu finden. Zu den Genannten: Roger Bacon (um 1219 – um 1292), englischer Naturphilosoph und Theologe, Polyhistor, erhielt seine umfassende Ausbildung in Paris und Oxford, trat in den fünfziger Jahren in den Franziskanerorden ein und verfaßte für seinen Gönner Clemens IV. (um 1200–1268, ab 1265 Pontifex) seine drei Hauptwerke Opus maius, in dessen fünftem Teil die Optik behandelt wird, Opus minus und Opus tertium. Nach dem Tod seines mächtigen Freundes geriet er jedoch zusehends wegen kritischer Äußerungen mit seinem Orden in Konflikt, wurde gefangengesetzt und zensiert.711 Kursier709

710 711

Einen ausführlichen Überblick gibt M. Caciorgna (2006); zur mythoalchemischen Deutung vgl. auch E. Leibenguth (2002), S. 303 f. Zur erkenntnistheoretischen Laufbahn der Lichtmetapher vgl. H. Blumenberg (2001). Vgl. Alchemie Lexikon, S. 68–70; sowie J. D. North (1995).

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C. Kommentar

ten schon zu Lebzeiten etliche Gerüchte um ihn, so gab es nach seinem Tode kein Halten mehr, Höhepunkt der Bacon-Rezeption bildete das Elisabethanische Drama Friar Bacon and Friar Bungay des Robert Greene (gest. 1592), welcher ihn als Dämonologen mit Faustischen Zügen darstellt.712 Aufgrund solcher Anfeindungen fühlte Michael Maier sich in den Symbola aureae mensae genötigt, eine Apologie des Engländers nachzureichen und mit den scheelsüchtigen Neidern abzurechnen: »Sic liuor summa ingenia, vt Hedera arbores, petit.« (Maier Mensa, S. 450). Im Folgenden betont er mehrfach, daß er sich in seinen Schriften »se magiae naturalis scientem, at non diabolicae« (ebd.) erwiese, zudem weist er ihm mehrere pseudographische alchemische Schriften zu; vgl. Maier Mensa, S. 450–456.713 Apollonius von Tyana (gest. 96–98 n. Chr.) war ein Anhänger des Pythagoras, welchen er als göttergleich verehrte, und ihm darin nacheiferte. Eigene Prophezeiungen und das Auftreten als Theurg brachten ihn einerseits als Magier in Verruf, andererseits weckte er auch Bewunderung, so daß Alexander Severus ihm neben Jesus, Buddha und Zoroaster eine Statue weihte. Bis in die Frühe Neuzeit blieb er eine legendenumrankte und die Gemüter erhitzende Gestalt.714 Der Französische Philosoph Jean Bodin (1529–1596) ist vor allem für seine Six livres de la république von 1576, als Reaktion auf die Französischen Religionskriege, wie auch für seine Handreichung zur Hexenjagd De la démonomanie des sorciers von 1580 bekannt; neben vielen anderen rechtlichen und naturphilosophischen Schriften.715 Leben und Werk von Justus Lipsius, der Niederländische Humanist Joost Lips (1547–1606), standen ebenfalls im Zeichen religiöser Konflikte. Ab 1592 war er Professor in Leiden. Sein Ruhm gründet auf den Kommentaren antiker Autoren, vor allem Seneca und Tacitus, und auf seiner maßgeblichen Prägung des Neo-Stoizismus durch sein Werk De constantia von 1584.716 Zum besagten ›lumen naturae‹: Natur war den Alchemoparacelstisten, die sie in keinem ihrer Lexika als Abstractum oder Prinzip definieren, selbstverständliches wie unscharfes »Substrat spagyrisch-magischer Naturbeherrschung und Transmutationsphilosophie.«717 Das ›Licht der Natur‹ war demgemäß sowohl ›objektbezogene Leitmetapher des Gegenstandsbe712 713

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Vgl. hierzu A. Coffey (2008), S. 314 f. Zur Nachwirkung Bacons unter den Paracelsisten und deren Pseudographie unter dem Namen des Engländers vgl. CP 3, Anm. ›Rogerii Bacchonis‹ zu Nr. 162, bei B. Figulus. Vgl. M. Frede (1996); sowie Zedler 2 (1732), Sp. 895–897. Vgl. R. Evans (1997), S. 17 f., S. 160 f. et passim; A. Blair (1999); Bayle 1 (1730), S. 588–594; sowie A. Coffey (2008), S. 125. Vgl. N. Mout (1999); zum Neustoizismus vgl. Ricken F. (2003), Sp. 303–305; Ch. Strohm (2001), S. 191 f. W. Kühlmann (2005a), S. 96.

Chryseis, Liber IIII.

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reiches wahrer Erkenntnis‹ wie auch ›methodologische Signalkategorie‹ eines auf ›experientia‹ – der Verifizierung des Theoretischen im praktischen Versuch – gestützten Wissenschaftsverständnisses. Zugleich klangen Erlösungsvorstellungen, die Lichtmetaphorik der Göttlichen Gnade wie auch eschatologische Stilisierungen des Paracelsus zum Endzeitpropheten mit an.718 27–32 Non secus … ustulat enses] Die ›Erleuchtung‹ durch die Alchemie wird hier dem Blitz verglichen, genauer über SCHOL. dem ›weißen Blitz‹ der Meteorologia des Aristoteles, welcher, im Gegensatz zu den anderen dort genannten Arten, zu schnell und leicht ist, um unmittelbar im getroffenen Objekt Schaden anzurichten; vgl. Arist. Mete. 3, 1; 371a. Dieselben Beispiele findet sich im Tractatus aureus: »Hinc videmus saepenumerò ensem sive ferrum in vagina à fulmine dissolvi, corio vaginae integro adhuc et illaeso: item hominis interdum cutem à fulmine aduri, vestibus externis intactis, aut vice versa« (Tract. aur., S. 668). 30 vicinos siderat artus] Das Verb ›siderare‹ steht vor allem bezüglich des Schlagens mit Krankheiten, im Sinne von ›arefare‹ und ›sidere afflare‹; vgl. Forcellini 5 (1871), S. 497. GL. 32 Conclusio ab abruptione] Die ›abruptio‹ bezeichnet eine ›amputata sententia, et verba ante expectatum cadentia, et obscura breuitas‹ (vgl. Ernesti: lat., S. 2): Der Greis – mit ihm der Autor – bricht ab, bevor er Geheimnisse ausplaudert und kommt lieber zu einem schnellen Ende, welches statt einer rhetorisch formvollendeten Conclusio, als zusammenfassende Schlußfolgerung, eine ›conclusio praecisa‹ darstellt: ein Abschneiden der eigenen Worte; vgl. Ernesti. lat., S. 79 f. [S. 56] 3 Fidij sacrae … arae] Fidius als Nebenform des ›Pistius Iupiter‹, bei welchem der mythische König Tarquinius zu schwören pflog, und dem er auf dem Kapitolshügel einen Tempel errichtet haben soll. Die Gottheit wurde später – wie Orcus – metonymisch für heilige, unverbrüchliche Eide; vgl. Giraldi, S. 116. Dieser wahre ›Fidius‹ schließt zugleich antithetisch den Kreis zum törichten ›Au-fidius‹ des der Chryseis vorangestelltem Epigramms. GL. 3 Jusjurandum] Der ›Orcus Hippocratis‹ wird zum ›Orcus Chryseidos‹.

718

So diskutiert und zusammengestellt in W. Kühlmann (2005a), S. 97–105.

D. Anhang 1.

Auswahl aus den Libelli Carminum Tres von 1621 Stadtarchiv Weißenburg in Bayern, Sign. 784/3

Die Seiten des Originals stehen am Ende der Gedichte in eckigen Klammern, Hervorhebungen wurden aus der Vorlage übernommen. Ad nobilissimum atqué Ornatissimum D[ominum] Beatum Wilhelmum im Thurn Scaphusia- Helvetium Fautorem suum adamandum.

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Arcam, quam versu tibi versicolore replevi, Mente reponere hilari, culte BEATE, novam: O utroque Decor benè nobilitate parente: Nec non Permessi pote fluentis aquas! Sit Liber arca, moneta Metrum, aurifodina Cerebrum: Et cerebro ductum est, Arcula quicquid habet, Inquis; non tanti, quae conscripsi, esse valoris; Optima nec quaevis, cote probata, fore; Scilicet exaequant hodierna numismata versus; In quibus adduntur falsa metalla bonis. Nec planè, fateor, caret Aurifodina vapore: Affluit externe spiritus usqué putris. Ingento Fabricatoris donabitur ergo: Materia vili si leve struxit opus. [S. A2r] – Ad Eundem./ * Anagramma

[5]

Arcam dum vacuam tibi mitto vel offero; ne me Fallere velle rudi spe speciéque puta: Auri nanque [sic] loco suppono ignobile carmen; Auri tu tamen id collige, quaeso vice. Et si conclusi donatam carmina in arcam: * Carmina in Arca antehâc clausa fuêre tamen, Spem facit * Arca tamen, quod sit tibi * cara futura: O utinam non sit spes specisque nihil! * Anagramma [S. A2v]

1. Auswahl aus den Libelli Carminum Tres von 1621

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Ad lectorem de eadem Arcâ. Hic pro thesauro carbones accipere inquis: Haec mutata parùm vera futura reor. Non sunt carbones, sed carbonacea verba: Namque atramento sunt ea scripta mero. [S. A3r] – Ad Ornatiss[imum] D[ominum] Lazarum ab Heyden amicum suum adamatum Astron[omicum] Amat[atum].

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Cur Coeli famiem libet tueri Sub lustrem igniculis cymatilemqué? Inter sidera judicas, opinor Quod majus studiis jubar reponat. Num pellucida Iugla, Vesperugo, Clarae Vergiliaevé, seu gemelli Pollux, et placidus nitore Castor? Indulge veniam, ipse judicabo. Credo Pleîades admodum coruscae Multum luminis adferunt studenti: Senas utpote stellulas et unam Ducunt: Singula stella possit artem Te HEYDENI docuisse, donec artes Septem unà in simul ipse liberales Nôris. Pleiades hoc jubar reponunt. [S. A3rf.] – Ad Amicum. O si possem aperire meum tibi pectus, ut intra est! Monstrarem soli mystica claustra tibi. Hoc nequeo quia, signato pro concipe signum: Formata â niveo pectore verba cape. [S. A3v] – Avaritia. Quo potum plus est auri, plus inde sititur: Auri hinc sacra sitis, non erit illa fames. [S. A3v] – In Mundos Democriti. Plures immundos, et non, Democrite Mundos Esse, fide certâ dignius esse reor. [S. A3v]

350 De Intellectu. Nil mortale facit, nisi quod mortale fit. Ergo Astra Intellectum quî generare queunt? [S. A3v] – Ad Eliam Prophetam. Elysias quando Elia veheris in oras, In Patriam veheres, unde vocatus eras. [S. A5r] – Actiones sceleratorum Militum quorundam.

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Hae sunt virtutes, haec ars, hic ludus eorum, Qui gaudent Martis turpia castra sequi. Pejerare: Deum blasphemo offendere dicto: Caedere tam juvenes, quàm jugulare senes: Cujuscunqué bonis violentas mittere volas: Non teneris membris parcere: Vana loqui: Crescentem segetem temerè subvertere gressu: Assultare, domum si fera flamma vorat: Venari preadas: sese ditare rapinis: Florem virigineum tam violare malè. In se ceu dolium spumantia munera Bacchi Fundere: publicitùs dispoliare sacra: Mentiri quidvis: miseros cruciare colonos: Rixari: ulcisci: voce tonare truci: Impetuoso actu fere dilaniare caballos: Offensas animo non patiente pati: Mirificè laudes mendaces diligere: aurum Affectare rubrum: prodigere omne lucrum: Multum alieni aeris conflare: subire lupanar: Pro lubitu cuivis imperitare viro: Sordibus obvolvi: maledicere: vermibus obdi [sic] Carnivoris: aeris persoluisse nihil: Summatim: quicquid Dîis infernalibus ipsis Complacet, efficiunt id properanter ij: Et sic dum tentant altis dare perniciale Damnum, Lethali vulnere se perimunt. Offendunt animam: hanc obstringunt perpete nexu, Tam detestando, quem coluêre, duci. O desperati, quibus isthaec Gemma Gehennam, Quae tamen aeternò vivat, opportet obit. [S. A5vf.]

D. Anhang

1. Auswahl aus den Libelli Carminum Tres von 1621

In aquam lustralem Clericorum. In rude quam lympham suevistis spargere vulgus, Lustralem merito jure vocatis aquam. Nam qui Lustrorum vestrorum ê fontibus hausta est: Suppeditare potest nomen origo rei. [S. A7r] – De quatuor hominivoris bestijs.

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Coeli sphaera feras includit quatuor ulnis, Quae quondam natos, quos genuere vorant. Terra suas aperit fauces, et glutit hiatu, Quadrupedum coetus, Reptiliumqué greges. Atque suo quondam rictu trux sorbuit Vnda, Quicquid continuis vixerat halitibus. Est aliàs aliis AER clementior: At si Irâ flammescit, cuncta perinde necat. Prorsus deciduo nihil est immanius Igne: Destruit hic homines: destruet orbis opus. Haec quatuor cunctis primordia monstra fuerunt: Haec quoque sunt et erunt omnibus exitium. Et postquam vastâ sorpsere [sic] voragine cuncta, Protinus indicent mutua bella sibi. Sic luctabuntur, donec detur utraque pessum, Telluris rabies, Aeris, Ignis, Aquae. [S. A7rf.] – Ad Medicos. Linea cum postrema venit, Mors horrida, rerum: Exeat Hippocrates, atqué agat Harpocratem. [S. A7v.] – In Jesuitas.

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Dum bene larvatos tam sancto nomine Vulpes Se rentur: Vox en clamitat ipsa scelus! Littera namque tenens medium vocalis ut esset: Consona sic versâ nata superficie est. Sic quasi qui IESVM VITAT, IES-VITA vocandus: Cernitis, ut facinus quodque patescat? Ehò! [S. A7vf.] –

351

352 Roma fidium fabricatrix. Pandurae citharaequé fides vafra Roma coarctat: At Pandora velut decipit illa fide. [S. A8r] – De pace.

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Quem munit signum Crucis, hunc fugit inferus hostis: Illud opinatur Papaque plebsqué rudis. At mihi dicite. PaX quoque se cruce munit et unit: Hanc tamen ê Mundo Maximus hostis agit. Imò Papa pater Pacis, pessundat eandem; Cum tamen huic Pacis crux veneranda foret. [S. A8vf.] – Miles. De preada praedam suppilat miles, et aufert: Mille mori malim, miles ego antequam ero. [S. A8r] – Papae minae. Custodi verbum: si contra velitor, arma Verbi armatur â te ingeniumque tuum. [S. B8r] – Ph-ant-asma.719 Non multum distant Phantasmaque Phasmaque: Visus. Est hoc objectum, sincipitisqué prius. [S. C4r] – De Bombarda ex fulminei teli irruptione inventâ. Ars audit Naturae imitatrix aemula; Quidni? Nam quoqué conflavit fulmina more Iovis. Fulmineum ut telum mugitu irrumpit acuto, Machina sic bombos aenea Martis agit. [S. C5vf.] – De Poesi. Naviget Anticyras, qui despicit ore Poësin, Quae dat tam excultum, tam teretiore melos. [S. C6v]

719

Ebenso in der Vorlage.

D. Anhang

2. Edition des Briefes im Album Morsianum

2.

353

Edition des Briefes im Album Morsianum, Stadtbibliothek Lübeck, Altbestand720

Der Zeilenumbruch entspricht dem Original. [S. 745]

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Dudum tibi, Clarissime Morsi, vocem expressissem audaculis hisce meis litteris, nisi mendacissima fama supremi fati tui annunciatione silentium nobis imperasset. Quum verò paucos ante dies verba mihi erant cum magno illo Reipubl[icae] nostrae litterariae dictatore Matthiae Berneggero, rescivi, eo gavisus sum, salvum te esse, adeoque visus es â mortuis animo meo resuscitatus, instar novi cuiusdam Eri Armenij, si Platoni credimus; aut Enarchi, si Plutarcho: aut denique, Aristoi Proconesij, si Herodoto. Ubi verò terrarum haereas, nondum certus sum. Non stetisti promissis, ut speraveram, de litterarum tuarum certitudine. Tuum est animis nostris sompnium [sic] eximere, quare id factum non sit; non, quod nesciam abunde esse quod te aliunde occupet, quia tamen tantum tui amorem in nobis excitasti, debitas saltem flagranti ferum tui desiderium verbo sublevâsse. Recordaris procul dubio, quòd cum adhuc nobiscum uno coelo fruebaris, injectum â te mentionem fuisse poëmatis cuiusdam mei, Patauij conscripti, de famoso illo Philosophorum lapide, quod tum temporis κέντρονα νεοιϲ dixisses. Exscriptum enim est typis Italicis, ut sub calamo nascebatur, variorum authorum lectione obstetricante. Tua tamen operâ opusculum illud in manus resumsi, recognovi, refinxi, Saepe stylum vertens, iterum, quae digna legi sunt, Scripturus:721 tum tandem tale, quale videbis, prodierit. Debuissem quidem prius, ut Poeta monet, Cum tabulis animum censoris sumere honesti:722 Quippe quòd Membranis intus positis delere liceret, Quod non ediderim.723 At cum cogitabam, tenuiori olim habitu ausum fuisse coràm censorum oculis comparere, jam parum ornatiori non debere subterfugere, jussu imprimis tuo, cui tota fabula peracta est. Accipe igitur, quod tuum est, visu, enim, eo jussu fecisti tuum. Et, siquid vel verbis, vel rebus ipsis erratum est, de quo profecto neutiquam dubito, utere ingenue censoria virgula quam in tanto labyrintho fili cuiusdam Ariadnis loco agnoscam. Utinam ut in hoc, ita in alijs meis studijs et meditationibus liceret. Certè demum 720

721 722 723

Für die Auflösung der griechischen ›Einsprengsel‹ bin ich Peter Habermehl, Berlin, zu großem Dank verpflichtet. Nach HOR. sat. 1, 10, 72 f. Nach HOR. epist. 2, 2, 110. Nach HOR. ars. 389 f.

354

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D. Anhang

vivere disco, et verso, ut ita dicam, calcaneo novam inire viam, incertus tamen pede, ut illi solent, qui somno expergefacti ad iter sese accingunt, multo adhuc crepusculo: incipio inquam fastidire plebeios illos animos: quorum dictafacta non hominum sunt sed myrmeciorum: Findor ut Arcadiae pecuaria rudere dicas.724 Usque adeò meliores sese adlatrant, et irrequieti ipsi, omnem requiem gannitibus suis interturbant. Illud quod Deo debemus, sibi attribuant. Hariolaris quid velim? Sed quid metricis illis involvo? Asinos citius volare fecero aut Aethiopem dealbavero, quàm istos mutavero. Quare dum licet, emergamus ab isto hominum caeno, et clariorem in lucem animos nostros statuamus: vivamus regia majestati celsiores in sublimi sanctae veritatis throno locati. Strata nobis via est: explanata â multis, secreta tamen habita, et nonnisi ardenter cupientibus ostensa: cognita, ut ajunt siquae est, cuidam dictae ῾ροδοϲταυραδελφοτητι. Cuius fama, et celebritas si dictis et factis non respondet, posset â te, ab alijs incipere. Mirandum equidem in modum tua de sacris sententia placuit, tantóque magis, quantò propius ad Deum evehit mortalem, et relictis sordidis hisce corporis exuuijs animum ad altiora impellit, urgente subtus, vel potius evocante Dej amore. Veteres viam aliquam nobis straverunt. Docuerunt namque feliciter adspernari ea, quae hominis non sunt, ut tantò curiosius illud excolamus, quod verè hominem esse facit. Saepe miratus sum Epicteti lumen in tantis tenebris, et felicem apud me praedicavi, qui ea cogitaverit, feliciorem se fecerit: nos aequè felices, si imitemur, imò foeliciores, quòd aeternum ineffabilis Dei nostri filium habeamus, qui supra haec beatiora animi tragemata offert: ipsum Dei verbum immensae sapientiae divinae latifundium adpor[tat,]725 ipse Amor, amorem annunciavit, conciliavit, excitavit: imò spiritu suo συμπανολβίου animis nostris nectaream suam dulcedinem singulis momentis propinat. Haec est Philosophia nostra: aut siquae alia, ad hanc referatur. Sic, post scientiarum ferè omnium exhaustas subtilitates in sola sacrarum litterarum lectione acquiesisse fertur Marsilius Ficinus. Si tamen praeterea quicquam sectamur faciamus omnia ad Dei nostri gloriam promulgandam, bonitatem divulgandam, potentiam extollendam. O quantum huius temporis malè absumptum est tot viris in re litteraria illustribus. Nam quantum humanae sapientiae datum est, tantum demptum est divinae. Plerique ex aliorum supinitate laudem quaerimus, aut alieni nominis ruina vel castigatione nostrum exaedificamus. Sed redeundum ad nos, ne pariter in aliorum praepostera diligentia recitanda operosi nimis videamur. Velim siquid merui, tuarum rerum particeps fieri. An Vulcano sacra facias? An experiaris aliquid in cienda illa auri animâ? Si idem in principia sua solvendum 724 725

Nach PERS. 3, 9; auch zitiert in CHRYS., S. 23, 12. Konjektur, da wegen Bindung nicht lesbar.

2. Edition des Briefes im Album Morsianum

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[S. 747]

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modum nôsti saltem ut adferas. Ego hactenus nihil tentavi, quamvis persuasum habeam aliquid effecturum, si adgrediar. Interea pharmaca elicio undecumque, et cum Gallo Aesopico etiam ex fimeto gemmas effodio, et quod aliàs igni non edere creditum est cuius imperio obsequi facio. Omnia, (fatendum enim est) ad medicinam quaestuariam accomodata, idque ex necessitate. Crescit familia necdum haereditas ulla ex parte accessit, urget annona: tribuendum uel aliquid praesidio militum. Medicorum nostratium filij numerum eò usque auxêre, ut propè quot aegroti tot medici. Et quod omnium maximè pudendum agyrtarum more, medic[i]nam faciunt meretriciam: stercora aurum contra divendunt: verbis expugnant morbos, non herbis. Tum demum tumidi spirant mendacia folles. Breviter: Omnia ita sursum deorsum miscentur, ut rectè cum poeta exclamaveram: O mores hominum! ô quantum est in rebus inane!726 Haec tamen ferenda. Si namque, ut Comicus ait, di immortales id voluêre, nos hanc aerumnam exsequi decet id pati aequo animo, si id faciemus, levior labor erit. Est quippe, ut alibi docet, animus aequus optimum aerumnae condimentum. Sed haec doctrina rectius ex oraculis servatoris nostri capienda erat. His omnibus accedit communis calamitas, belli injuria, quae usque adeò ingravescit, ut sola fama omnes consternati deditionem tantum non paremus. Felices equidem saepe judico Magdeburgenses, et vix mihi tempero, quin cum Aenea apud Vergilium exlamem: – – O terque quaterque beati, queis ante ora patrum Trojae sub manibus altis contigit oppetere.727 Si statum Reipub[licae] nostrae intueor, inevitabile praesentio periculum: si cives [bellum intestinum: quod si non armis disceptetur, animis tamen simultas haeret immedicabilis. Si rationes dixero, ipse fateberis. Audio vestrates in eodem luto haesisse. Dî bonam mentem concilient. Sed quid ad nos isthaec omnia. Non sunt, nisi opinione, mala. Studendum est beate illi Stoicorum virtute, quam ἀνα[ι]σθηϲίαν vocant, animusque ad sese revocandus. Tu haec omnia melius. Mihi tantum â meipso haec inculcanda erant, te praesertim arbitro, utpote, qui multa superaddere possis, uti certò fore confido, proximis litteris, nisi magnopere negotijs districtus fueris. Vale, ita tamen, ut mox salveam. Dabam Argent[orati] 17. Septemb[ris] Anno Salutis 1631. T[uae] Clar[itudinis] colentiss[imus] Ioh[annes] Nicolaus Furichius Med[icinae] D[octor] et P[oeta] Caes[areus]

726 727

Nach PERS. 1, 1. Nach VERG. Aen. 1, 94–96.

356

3.

D. Anhang

Edition des Programma Funebre Straßburg, Thomasarchiv

Hervorhebungen orientieren sich an der Vorlage. RECTOR ACADEMIAE ARGENTORATENSIS, JOHANNES SCHMIDT SACROSANCTAE THEOLOGIAE DOCTOR, PROFESSOR PVBLICVS ET CONVENTVS ECCLESIASTICI PRAESES, Civibus Academicis S[alutem] P[lurimam] D[icit]. VI si sumus hactenus Medicorum laborare abundantiâ, aegrorum defectu: visi sunt nonnulli malè se habere medici, cùm pauci essent, qui opem aut requirerent, aut desiderarent. Nunc eò ventum est, ut, cùm pestis inter necino quodam morbi genere civitatem nostram depopulatur, fermè inopiâ Medicorum laboremus. Nam ex illâ quoque familiâ non unus aut alter, paucos intra menses, sed plures fato concesserunt: capite quasi et primâ stirpe, seniore suo D[omino] RIXINGERO p[iae] m[emoriae] truncatâ, reliquum quoque corpus praesens malum invasit: hausit D[ominum] D[octorem] STEINIGERUM: paulo pòst Medicum et Mathematicum celebratissimum D[ominum] D[octorem] HABRECHTUM corporis solvit compagibus: Nunc lento veneno penetravit etiam ad Virum Experientissimum et Clarissimum D[ominum] D[octorem] JOHANNEM NICOLAUM FURICHIUM Philosophiae ac Medicinae Doctorem, et Practicum hac in Urbe non infelicem, qui ad exitum hujus vitae evocatus XIV Octobris intra IV et V vespertinam, illam Poëtae προϲφώνηϲιν ad se quoque transtulit: Linquenda tellus, et domus et placens Uxor: neque harum, quas colis, arborum Te, praeter invisas cupressos Ulla brevem Domnium sequetur. [HOR. carm. 2, 14] Et huic medicamentorum abundè fuit, sed ijs doloris magnitudo non concessit, sed restitit, sed, vitae fonte occupato, virum medio aetatis vigore constitutum (trigesimum enim annum demùm compleverat) eripuit. Ejus omnem vitam in compendium, ex more programmatum hujusmodi, ut contraham, Argentoratensis ille fuit nativitate: Parentibus Gallis, JOHANNE NICOLAO FURICHIO, Cive quondam et atramentariorum opifice: Et Matre ELISABETHA HUASCHIN: atque hinc gallicam linguam sibi vernaculam cum lacte imbibit, germanicam nostram in plateis, in foro, in scholâ perdidicit. SCHOLAE namque nostrae per omnes Gymnasij curias alumnus, excellentis ingenij notas prae se tulit non vulgares: accessit industria, quâ in promotionibus Classicis agmen saepè duxit, clausit nunquam. Hinc

3. Edition des Programma Funebre

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ad lectiones publicas admissus, calidè eas et ferventer tractavit, éque studiis illis triplicem nactus est laurum, primam Philosophicam, post secundam unà cum poetiâ, non sine maximâ laude. Lacte enim et melle abundavit, ut inquit ille: naturam facundiae ubertate affluentem nactus est, cui studium laboriosúmque conatum addidit. duo enim haec * ctum: ita et Poëtam faciunt: quâ de re Horatius:728 Naturâ fieret laudabile carmen, ac arte Quaesitum est: ego nec studium sine divite venâ, Nec rude quid prosit, video, ingenium: alterius sic Alterius poscit opem res, et conjurat amicè. Quanquam autem in hoc studii genere, ut otij oblectamento, excellebat, tamen nec illo uno censeri, nec in eo proram puppímque studiorum collocare voluit: sed animum porrò adjecit ad jucundissimum Medicinae studium, in quo tùm hîc, tùm Genevae et Patavij industriam suam praeclarè collocavit. Redux ex itinere factus, in hâc patriâ suâ Academiâ, infulâ doctorali mactatus fuit, Anno M DC XXVIII, mense Junio. Cui honori matrimonium adjunxit, quod inivit anno eodem cum Pudicissimâ virgine MARIA BARBETIN, spectatissimi Viri D[omini] JOSIAE BARBET Aurifabri filiâ: è quo thalamo libros suscepit quinque, geminos pueros adhuc superstites, filias tres, quarum una adhuc superat. Haec brevis brevioris vitae Furichianae est delineatio. Conjunctioni studiorum nostrorum debemus supremum honorem, debemus exequias omnibus ijs, qui nostrae aliquando Academiae fuerunt cives, Cumprimis verò, quod jam saepius hisce septimanis monuimus, decet ex hoc funerum, quae ante oculos quotidiè sunt, condensatione, emendandae in omnibus ordinibus vitae incitamentum petere. Meruerunt peccata gladium, quo tot jam millia perierunt; meruerunt famen, quae, ut multos alibi diu cruciatos consumpsit, ita nostras fores jam pulsat: meruerunt hocce dirum pestilentiae flagellum, ad quod meritò contremiscimus: cum senes, juvenes, doctos, indoctos, ignobiles, nobiles, magno numero eodem deleri conspiciamus. Peccata ergo maturè serijs poenitentiae lachrymis deploranda, ut divinâ gratiâ auferantur: ne, si tardi simus, et segnes ad conversionem, omnis incolumnitatis eversio brevi sequatur. Adscribo, quae jam in conspectu habeo, Ambrosij verba ex serm[one]. 85. tom [o]. 3. pag[ina]. 311. in fin[e]. Civitati non nisi propter civium peccata insertur excidium, desine ergo peccare et civitas non peribit: Adijciamus ardentia vota, quae vim habent ligandi invincibilem, et vincendi omnipotentem: audiatur crebrò inter nos illud devotissimum: Aufer immensam Deus, aufer iram, Et cruentatum cohibe flagellum, Nec scelus nostrum properes ad aequam Pendere lancem: 728

An der mit Asterisk markierten Stelle weist das Blatt einen etwa fünf Silben langen Riß auf.

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D. Anhang

Si luant justam mala nostra poenam, Quis potest saevas tolerare plagas? Cum nec ultricem spaciosa ferret Machina virgam Parce sed nostris miserando culpis, Jus pari Clemens pietati miscens, Cui manet semper proprium maligno Parcere mundo. Efferetur autem funus defuncti D[omini] Doctoris hodie horâ IX antemeridianâ ex aedibus quas vivus incoluit, in plateâ à summo templo denominatâ (in der Münstergassen) sitis P[raesens] P[raesentibus]729 XVII Octobris Anni M DC XXXIII. ARGENTORATI Excudebat Wilhelmus Christianus Glaserus Academiae Typographus.

729

Vgl. A. Cappelli (2001), S. 283.

Literaturverzeichnis Die Titel antiker lateinischer Schriften sind abgekürzt gemäß dem Index des Thesaurus Linguae Latinae; die Titel lateinischer Schriften des Mittelalters, soweit sie dort verzeichnet sind, gemäß dem Index des Mittellateinischen Wörterbuchs; griechische Schriften der Antike nach dem Abkürzungsverzeichnis des Oxford Greek-English Lexicon (= GEL); von Furichius in den Glossen und Scholien der Chryseis häufig zitierte Schriften der Renaissance und des Barock in Anlehnung an die dortigen Abkürzungen. Abraham, Lindy: A Dictionary of Alchemical Imagery. Cambridge 1998. Adams, Alison u. Linden, Stanton (Hgg.): Emblems and Alchemy. Glasgow 1998. (Glasgow Emblem Studies; 3). ADB = Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Comission bei der Königlichen [Bayerischen] Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. Leipzig 1875– 1912. Adnès, Pierre: Vision. In: DS 16 (1996), Sp. 949–1002. Ael. NA = Claudius Aelianus. Hg. von Rudolph Hercher. Vol. I. De natura animalium libri XVII. [Nachdr. der Ausg. Leipzig 1864–1866]. Graz 1971. Aelianus, Claudius: De animalium libri xvii. Petro Gillio Gallo et Conrado Gesnero Heluetio interpretibus. [Köln] 1611. Aetius = Aetii Antiocheni medici de cognoscendis et curandis morbis sermones […] Interprete Iano Cornario Zuiccauien[se] Medico. Basel 1633. Alanus Doctrinale = Doctrinale minus. Alias Liber parabolarum Magistri Alani de Insulis. In: MPL 210 (1855), Sp. 579–594. Albertus = Compendium Alberti Magni, de ortu et metallorum materia, supra quam Spagyricus radicalia principia fundent. In: TC 2 (1613), S. 30[=130]-132. Alchemie Lexikon = Alchemie. Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. Hg. von Claus Priesner und Karin Figala. München 1998. Allegretti, Antonio: De la Transmutatione de metalli. Poema d’alchimia del XVI secolo. Hg. von Mino Gabriele. Rom 1981. (Biblioteca Ermetica; 7). Alpino (1591), Prospero: De Medicina Aegyptiorum Libri quatuor. In quibus multa cum de vario mittendi sanguinis vsu per venas, arterias, cucurbitulas, ac scarificationes nostris inusitatas, dequé inustionibus, et aliis chyrurgicis operationibus, tum de quamplubribus medicamentis apud Aegyptios frequentioribus, elucescunt. Venedig 1591. – (1592): De Balsamo dialogus. In quo verissima Balsami planta, opobalsami et xilobalsami cognitio, plerisque antiquorum atque iuniorum medicorum occulta, nunc elucescit. Venedig 1592. In: Prosperi Alpini de plantis Aegypti liber. In quo non pauci, qui circa herbarum materiam irrepserunt, errores, deprehenduntur, quorum causa hactenus multa medicamenta ad vsum medicinae admodum expetenda, plerisque medicorum, non sine artis iactura, occulta, atque obsoleta iacuerunt. Venedig 1592, S. 58r-80r. Ambrosius = Divi Ambrosii Mediolanensis Episcopi, Opera, Sacrae Scripturae contextum, ad faciliorem lectorum intelligentiam, ex ipsa sancti Doctoris lectione, et ex lxx. Interpretum, quos potissimùm sequitur, translatione erutum, complectantia. Paris 1586. Analecta Paracelsica = J. Telle (1994a). Anton, Herbert: Der Raub der Proserpina. Literarische Traditionen eines erotischen Sinnbildes und mythischen Symbols. Heidelberg 1967.

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730

Zweder von Martels, dessen Neuedition der ›Chrysopoeia‹ zeitgleich zu dieser Arbeit entsteht, stellte mir freundlicherweise sein Typoskript zur Verfügung, welches sich auf die bisher in der Forschung verwandte Ausgabe Venedig 1515 stützt. Der leichter zugängliche Abdruck im ›Theatrum Chemicum‹ hat den Nachteil, daß dort die Verse nicht gezählt sind.

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W. Kühlmann stellte zu mir für Detailfragen dieser Arbeit die entsprechende Kommentierungen des Typoskripts zur Verfügung; auf diese wird mit der Nummer des dort edierten und besprochenen Dokuments verwiesen.

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Exemplar des Stadtarchivs Weißenburg, Sign. 784/3. Die zugrundeliegende Ausgabe ist diejenige der Universität Padua (Sign. Ba 1074/3). Die Verse wurden für Zitate nachträglich abgezählt. Exemplar der Bibliothèque Municipale de Strasbourg, Sign. ALS A 57697. Neuauflage ebd. 2008.

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Inzwischen liegt die zweite, revidierte Auflage (Berlin-New York 2004) vor.

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Das Typoskript wurde mir freundlicherweise von W. Kühlmann und J. Telle zur Verfügung gestellt.

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Dank An erster Stelle möchte ich meine tiefe Dankbarkeit Herrn Prof. Dr. Wilhelm Kühlmann gegenüber ausdrücken – dafür, daß er mir die Herausforderung der Chryseis bot und sich, stets der Lage gemäß, meiner als väterlicher Gastgeber oder anspornender Doktorvater annahm, mir nicht minder jedoch Zeiten von ›Einsamkeit und Freiheit‹ zugestand. Für Vermittlung und Freundschaft sorgte dabei stets die Poetessa Hanna Leybrand. Zu gedenken ist ebenso meines früheren Betreuers Herrn Prof. Dr. Wolfgang Harms, der mich diesem, da ich mich aus der Sphäre der Germanistischen Mediävistik in diejenige der Hermetismen zu verlieren drohte, anempfohlen hatte. In herzlicher Erinnerung bleibt mir Herr Prof. Dr. Roland Reuß als sympathischer Leiter der Prüfungskommission. In Dankbarkeit zu erwähnen ist die Förderung meines Promotionsvorhabens durch ein Stipendium der Graduiertenakademie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Ohne die folgenden Institutionen und ihre Mitarbeiter wäre ein solches, die Fachgrenzen sprengendes Projekt nicht zu bewältigen gewesen: Die Bibliothek der Hansestadt Lübeck, Abteilung Wissenschaftliche Dienste und Projekte, Sammlungen und alte Bestände, das Stadtarchiv Weißenburg in Bayern, namentlich der äußerst zuvorkommende Herr Rainer Kammerl. Das unermüdliche Füllen meines Bücherwagens durch Herrn Bernd Niebling vom Lesesaal Altes Buch der Universitätsbibliothek München ist zu rühmen; ingleichen die Schützenhilfe durch Frau Silvia Baar von der Bibliothek der Münchner Germanistik und durch Frau Gabriele Rasch, Geschäftsführerin der Dezentralen Bibliotheken, wie auch das Personal des Rara-Lesesaals der Bibliothek des Deutschen Museums. In besonderer Weise bin ich jedoch den Damen und Herren vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, sowohl der Bibliothek an sich als auch dem Hause einschließlich des Museums für Abgüsse, vor allem Herrn Thomas Ginzel, der Archäologie und der damaligen Cafeteria, in welchen ich den Großteil meiner Arbeit meditierte und niederschrieb, verbunden. Nicht zuletzt hielten jedoch Frau Uta Weber von Tabak Sommer München, Herr Richard, Herrencoiffeur, und die Damen Maria Heckmüller, Helene Gillhuber und Heike Richter, M. A., vom nahen und exzellenten Weinladen im Schwarzwälder meine Arbeit in Fluß. Et enfin, je remercie de tout coeur Madame Agathe Bischoff-Morales de la Bibliothèque Municipale de Strasbourg et ses charmantes assistantes

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Dank

Aurélie Lapre et Mireille Petry: sans leur aide toujours prompte, évitant les lourdeurs bureaucratiques, la juste édition de ›notre bouquin‹ aurait été impossible. Come ancora ringraziare vorrei il tanto colto quanto cordiale Vicedirettore della Biblioteca universitaria di Padova il Dott. Pietro Gnan. Viel mehr denn Dankbarkeit empfinde ich gegenüber den beiden Widmungsträgern dieser Veröffentlichung, welche mir in den letzten drei Jahren von Begleitern meines akademischen Weges zu Freunden wurden: meine Mentorin Frau Prof. Dr. Uta Schedler, die mich nach Kräften förderte und von kunsthistorischer, philosophiegeschichtlicher und menschlicher Seite beriet, und Prof. Dr. Mino Gabriele, dessen Schriften meine Hinwendung zur Renaissanceforschung beförderten, und der mir als Gastfreund für Vieles die Augen öffnete. Nicht minder bin ich Herrn Prof. Dr. Fritz Wagner, als unermüdlicher Gutachter, Herausgeber meiner Aufsätze und Ratgeber, sehr, sehr verpflichtet. Beim Knacken zahlreicher Nüsse half mir der stets inspirierende Dr. habil. Peter ›Petronius‹ Habermehl. Herr Dr. Zweder von Martels übersandte mir freundlicherweise sein Typoskript der Neuedition von Augurellis Chrysopoeia – Frau Prof. Dr. Yasmin Haskell Winke von ihren Antipoden. Prof. Dr. Ernst Homburg schließlich gewährte einem ursprünglich für den Anhang bestimmten Text in der Zeitschrift Ambix Unterkunft. Zu preisen ist kaum minder Frau Birgitta Zeller-Ebert vom Niemeyer Verlag für ihre Unterstützung und ihr Entgegenkommen; nicht weniger Frau Susanne Mang von der Herstellung. Libationes sind dem anonymen Mäzen der Druckkosten darzubringen. Von den zahlreichen Freunden und Gefährten seien genannt: Dr. Laura Benzi und Prof. Dr. Marco Lombardi mit Kindern, Prof. Dr. Young-Ae Chon, Dr. habil. Andreas Grüner, Anja Jezierska, M. A., Corinna Kauth, M. A., Dominik Köppl, StR., Dr. Bettina Krogemann, Romina Nowack, M. A., (wie stets) Susanne Paulus, M. A., mit Benedikt Uebe, und schließlich Dr. Kamila Podniesinska. Für materielle wie immaterielle Unterstützung bin ich schließlich meiner Mutter Inge Reiser und meinem Großvater Heinz Reiser (gerade in den Zynismen) zutiefst verbunden. München, den 13. März 2010

Thomas Reiser

Register Es folgen ein Sach- und ein Personenindex. Metall- und Planetengottheiten werden mythoalchemisch bei den Personen geführt; dort ingleichen anonyme Werke. Stellenangaben, welche eine Erläuterung (Aitiologie, Biographie, Etymologie etc.) bieten oder ein Lemma exemplifizieren sind kursiviert. Edition und Übersetzung werden hierbei, da sie sich durch den Kommentar erschließen lassen, nicht erfaßt.

1. Sachregister Winke: Auf Zahlensymbolik wird (nach dem bewährten Schema Ricciardis) unter ›numerus 1.‹ etc. verwiesen. Definitionen und Deutungen von Farbtönen stehen unter ›color argenteus‹ etc. Geistliche Orden, philosophische Schulen wie auch Völkerschaften finden sich hier; Untiere wie häretische Sekten ebenso. absinthium 252 Acheronta movere 343 Ackerbau (alch.) 216, 220–221, 227– 228, 231, 233–235, 242, 263, 297–299, 319, 336–337 ad litteram 330–331 Adler → aquila aequinoctium 291 aes Hermetis 332 aether 270, 272, 327–328 Aethon 327 Aetna 5, 207, 263, 296, 305 Ägypten 11–13, 21–22, 202, 215, 233, 260, 292, 320–322, 334 Alaun → alumen albedo 247, 253–255, 265, 276, 299, 307, 323, 327–328, 337, 340 Alchemistenbulle 22 alembicus 329 Alexandria 12–13, 208, 215, 303 Alkohol 288, 332–333 Allegorese, christliche 316–318, 327 aloe 252 aludel 234, 299 alumen 287 Alypon 344 Amoniak 314

Analogiedenken 237–238, 295, 310–311, 325–326, 340 Anatomie 33, 35–36, 341 anethum 338 anguis → draco anima 228, 299–326 anima mundi 223, 226, 232, 238, 240, 245–246, 269–271, 274, 327–328 animal inversus 253 Anis → anethum annus philosophicus 297–298 anthrax 332 Anticyra 291 antimonium 250, 275, 332 Apokalypse 316–318 aqua 311–314 aqua fortis/stygia 312, 320 aqua Mercurii 220, 234 aqua regia 312 aqua sicca 287 aquila 300–303, 306–307, 309 arbor Hermetis/Philosophorum (auch → Metallbaum) 278, 317–318, 329, 340– 341 argentum vivum (auch → Mercurius im Personenregister) 218–219, 226, 309, 313

390 Aristotelismus 10, 17, 34, 36, 198, 222, 225, 238, 261 Artillerie(-dichtung) 30, 56 Arzthumanismus 221–222 Asbest 303 aspargus 342 Astrologie/Astronomie 3, 5, 7–8, 12–13, 18, 61, 199–200, 206–212, 223, 239, 258, 260, 288–289, 296, 303, 318–319 astrum (bei Paracelsus) 325 astrum Mercurii 303 Atheismen 221–222, 260 augmentatio 254, 303 aurea catena 292–294 aureum vellus 22, 202–203, 233, 268 auripigmentum 55 Aurora Philosophorum → spiritus vini Auster → ostrea Autoritäten (Problematik) 260–261, 289– 290 avaritia 243 axis 274, 280 azoth 313 baca/bacca 308, 329, 333, 337 Bad des Phoebus 281–282, 311, 316, 333–335 balneum Mariae 329 balsamum 284–285, 291, 296–297, 311, 316 Bartholomäusnacht 200, 322 Barttracht 308 Basilisk 302–303, 320–322, 323–324 Benediktiner 318 Bernstein → electrum Bessi (Volksstamm) 201 Bibel (alch. Deutung) 22, 26, 28, 62, 308, 309, 316–318, 332 Bisam 324–325 Blattgold (pharm.) 252, 253 Blei (sonst → Saturnus) 218, 243 Blitz 347 Blut → sanguis Blutkreislauf 36, 214, 235–236 Bohne → faba borago 344 Botanik (alch.) 337–338 Brahmanen 260, 275 bufo 324, 335 Byzanz 11, 13, 18–19, 202, 204, 209, 302 cacumen (techn.) 235 calces metallorum 328

Register calcinatio 242, 328 calidum innatum/calor 238–240, 270– 273, 299, 304, 309, 337, 341–342 Calvinisten (häret. Sekte) 33, 200 calx 315, 328 cambar 299 canicula 209–210 Caphareus (geogr.) 244 caput mortuum → terra maledicta/mortua carcer (alch.) 273, 312 cauda pavonis → pavo Caystrus (geogr.) 254–255 cedrus 245–246 Centaurus 252 Cerastes 57, 313, 333, 334–335 Cerberus 251, 315 chalcantum → vitriolum Chaldäer 209, 218, 260, 313 Chaos 271, 276, 292–294, 305, 306 Chelae → Skorpion Chemieatrie 15 chermes 315 chrisma 291 Chrysantheme 257 Chrysolith 257, 263 Chymaere 315–316 cibatio 242 Ciceronianismus 198 cinnabaris 243, 297, 299, 309, 315 Cinyphus (geogr.) 337 circulatio 308, 309, 325–327, 329, 338, 341–342 citrinitas 254, 340 coagulatio 282, 298, 299, 301, 303 coccum 315 coctio 324 Cocytus 261 color argenteus 315 color caeruleus 55, 327–328 color candidus 315 color coccinus/croceus 315, 327 color flavus 247 color furvus 247 color grandineus 329 color hyacinthinus 338 color liliaceus 338 color luteus 330 color niveus 247, 315 color purpureus 248, 332 color roseus 338 color ruber/rubedus/rubens 247, 315, 332 color viridis 253–254, 274, 288–289, 317, 332–333 colores operis 327–328

1. Sachregister Colossus 287–288 concha → ostrea congelatio 242 coniunctio oppositorum (explizit) 13, 242 contemptus mundi 255–256 corallum 236–237, 278 cornix 265, 307 corona 328 Coronis (rhet.) 309 corpus 228, 289, 292 corruptio unius est generatio alterius 337 corvus 29, 242, 245–248, 254–255, 257, 261, 265–266, 298, 306 creta 328 crocus Martis 253 cruor Phoebi 284 Cyclopen 264 cygnus 254–255, 279, 306, 307 Cynosura → Kleiner Bär Daimon, Sokratischer 307 Dämonologie/Dämonenbeschwörung 8, 212, 256, 307–308, 327, 339, 343, 347 decoctio 305 decrepitus gallus 320–321, 383–385 Defloration 332 Dekadenzhypothese 289–290 deliquium 282, 334 destillatio 299, 329 Diätetik (alch.) 331, 345 Dichterkrönung 29, 32, 44, 196, 197, 343–344 Didaxe (alch.) 325–326, 336–337, 340 digestio 305 Dissonanz, kognitive 59 Drachenblut → cinnabaris draco 248, 250–254, 259–260, 266–267, 278, 308–309, 313, 316, 320–322, 328, 333–335, 336 Dreieck (alchem. Geometrie) 60, 227–228 Duenech 274 Duft (des Werkes) 338 ebur 266 Echidna 253, 315–316 egestas linguae (Problematik) 4, 18 Ei → ovum Eiche → quercus electrum 309, 326 Element, fünftes → essentia quinta elementa, quattuor 31, 223–224, 229, 232, 238, 239, 292, 303, 323, 337–339 Elementarwesen 303 Eleusis 258, 333, 342

391 Elfenbein → ebur elixir 10, 195–196, 254 Elohim 274–275 Emblematik 10, 20, 25, 222, 300, 302– 303, 308–309, 323, 332, 344 Embryologie 35, 297–298, 299 Eous 327 Epikureer 4, 268–270 Eremitenwesen 55, 242, 246, 255–257 Eridanus 214 Erkenntnistheorie 325-326, 345–347 Erlösungsgedanke 12 Erynnien 290 essentia quinta 238, 270, 274, 285, 327– 329 Euhemerismus 23–24, 201, 202 Eumeniden 290 Euxeinos 267 Euxinum mare 215, 255, 286 exaltatio 242 Exkremente → stercus Exordialtopik 203, 205 extractio 299 faba 260 färben → tinctura Farben/-symbolik → colores Farbpigmente 55 favilla 328 fermentum/fermentatio (auch → menstruum) 242, 299, 311, 324, 325 ferrugo 253, 311, 324 Feuer → ignis fimus → stercus fixatio 235, 287, 289, 299, 301 Fliegen ohne Flügel → volare sine alis Florenz, Battisterio di San Giovanni 316– 318 flos aeris 280 folium auri → Blattgold Form → Hylemorphismus Franziskaner 30 Furien 290 furnus 338 galactites 266 Galenismus 33, 35, 224–226, 233, 236, 239, 341 Ganges 214–215 Gärung → fermentum/fermentatio Gegenreformation 308 Geheimhaltung → Schweigegebot Geister (Spuk) → larvae Gelenke → synovia

392 Genien 307–308 genista 330 Geometrie (alch.) 29, 57, 60–61, 227– 231, 339 Gigantomachie 206–207 Ginster → genista glomeramen (pharm.) 252–253, 304–305 Goldene Äpfel 252–253 Goldene Kette → aurea catena Goldener Zweig 22 Goldenes Vlies → aureum vellus Goldenes Zeitalter 263, 278, 289–290 goldführende Flüsse 313–314 Goldschmiedehandwerk 36–37, 196 Gotteserkenntnis 304 gramen 253–254 Großer Bär (astr.) 258 grün → color viridis Grüner Löwe → leo viridis 332 Grünspan → flos aeris Hades (auch → Pluto im Personenregister) 306, 320 Hagel → color grandineus Hahnenei → Basilisk/gallus decrepitus Häresie 16–18, 29, 32–33, 36–43, 197, 221–222, 244, 260, 344 harmonia mundi 9, 271, 275, 292–294 Hefe → fermentum Helix → Großer Bär Helleborus 291 Henne-Ei (Problematik) 323 Hermaphrodit(-ismus) 235, 269, 299, 301, 307, 311, 316–318, 336 Hermetische Versiegelung → sigillum Hermetis Hesperiden 252–253 Hieroglyphik 11, 21, 26, 227, 233, 247– 248, 259, 308–309, 322, 338 hinnuleus fimus → venter equinus Hippokratischer Eid 300, 306, 347 Höhlengleichnis 306 Hornschlange → Cerastes Hugenotten (auch: Bartholomäusnacht) 18 Hund (astr.) → canicula hyacinthus 338 Hyäne 324 Hydra 252–253, 315 hydrargyron/-um (auch → argentum vivum) 309 Hylemorphismus (alch.) 237–240, 245– 246, 264–265, 270, 274, 280, 287, 289, 299, 314, 327

Register ibis (ornit.) 322 Idalium 287 Ideenlehre 223–224, 237–238, 240, 269– 270, 295 idiotae → ignorantes et idiotae ignis (auch → Mars im Personregister) 303–304, 305, 320, 323, 332, 337 ignis artificialis 338 ignis contra naturam 250 ignorantes et idiotae 14, 41, 309, 330– 331, 383–385 Ikonographie (alch.) 10–11, 316–319, 328 il viaggio dell’anima è il viaggio della materia 325–326 Illuminaten 24 Imaginatio, Theorie der 325–326, 336– 337, 340, 345–347 imber 265, 303, 307, 319 Imitatio Mercurii 326 Imkerei 337 inane 268–269 Initiation (alch.) 342–347 Insekten 233 Intertextualität (explizit) 46–51, 58–62, 248–250 invidia (Topik) 203, 243, 331 ipse dixit 260–261 Ister 214 Iugulae (astr.; auch → Orion im Personenregister) 278 iuniperus 57, 336 Jesuiten 9, 30 Kabbala 15, 16, 240, 270, 274–275, 292, 339–340 Kaffee 9, 215 Kali 340 Kalk → calx Karfunkel 332 Karmesin 315 Kerker (alch.) → carcer Kleiner Bär (astr.) 258 König → rex im Personenregister Königswasser → aqua regia Korallen → corallum Kosmogonien 12–13, 52, 258, 269, 271 Kot → stercus Krähe → cornix Krankheiten (alch.) → morbi Krater, Platonischer 319 Krebs (astr.) 208, 214, 291, 301 Kreis (alch. Geometrie) 60, 227–231, 275–276, 308

1. Sachregister Kröte → bufo Kupfer (auch → Venus im Personenregister) 218 Kupfersulphat 340 Kupferwasser → vitriolium Labyrinth, Kretisches 22, 40 lac alitis 266 lac virginis 26 Ladon (geogr.) 253 lapis benedictus 292, 323 lapis Philosophorum (auch → Mercurius im Personenregister) 242, 288–289 larvae 262 laurus 337 Lecton (geogr.) 248 Lehrdichtung/-epik 2–9, 18–36, 43, 52– 62 lea/leo 216, 316 leo viridis 274, 332–333 leptomereia 336 Libanon 245–246 Licht der Natur → lumen naturae Liga von Cambrai 52, 56 lilia 338 linea viridis 274, 289 Lipara 305 Liturgie (alch.) 22 lotium 291–292 lumen naturae 345 lutum sapientiae/sigillatum 328–329 Lybien 55, 212–213, 245–246, 254, 306, 313, 337 Magdeburg (Zerstörung 1631) 42–43, 56, 244 magnes 265, 266, 293–294 margarita 315 Marstempelthese 316–318 materia (auch → Hylemorphismus) 289 materia cruda/remota 227 materia praeparata/proxima 227 materia prima 58, 227, 264–265 matracium 340 medicina aurea 259 medicina reformata 15 Medizin (Studium ders.) 32–46, 334 Melancholie 218, 344 Mennige 315 mens divina 240, 271 mensis philosophicus 297–298 menstrua 248, 251, 253, 299, 309, 311– 314, 320–321, 323–324, 334–336 Mercurius vulgaris 330–331

393 Metallbaum (auch → arbor) 253, 263, 317–318, 340–341 Metalle, Wachstum 253, 263, 264–265, 298, 340–341 Metallurgie 10–14, 55, 201, 264, 309 Metempsychosis 260 Meteora/Meteorologie 309, 312, 347 Mikro-/Makrokosmos 13, 31, 214, 323, 325–326 Milch → lac Milchstein → galactites Milz → splen Mimesis (Problematik) 2–9, 224 minium 243, 273, 276, 315 Mischkessel, Platonischer 319 mistio 223–224, 231, 238–239, 253, 270, 286, 319 Mnemotechnik 11 Moly 234, 344 Mohrenwäsche 41 Monat → mensis Mondfinsternis 208 Mondsichelmadonna 316–318 monstra (allg.) 269, 322, 324 Montanwesen 14, 287, 308, 329 morbi metallorum 195–196, 239 mors (alch.) 299–300 Moschus 324–325 multiplicatio (auch → numerus 10.) 242, 254, 288, 319 murex (auch → color purpureus) 319 Muschelallegorie → ostrea Mystagogie 10, 12, 20, 54–55, 325–326, 333, 342, Mythenallegorese (explizit) 14, 21–24, 26, 259 Narde/nardus 338 naturae vestigia 224 nebula 328 Nepenthes 344 Nereiden 258, 261 Neuplatonismus, antiker 12–13, 17, 212, 217, 237–238, 240, 257, 270–271, 274, 305, 339 Neuplatonismus, Florentiner 7–10, 15, 17, 23, 61, 212, 225, 240, 271, 274, 292–294, 305, 309, 339 Nieswurz → Helleborus nigredo 247, 252, 265, 276, 282, 307, 335, 337 Nil 214–215, 291 nodus Veneris 270, 272–273 noli timere 257

394 novitas rerum (Problematik) 4–5 nubes 310–311 numerus 1. 229, 327, 328 (GL. 18 u. 26), 339 numerus 1.–8. 230, 234 numerus 3. 231, 232, 254, 275, 281, 285, 292, 328 (GL. 18 u. 26), 338–339 numerus 4. 292, 231, 232, 281, 318, 325–326, 328 (GL. 18 u. 26), 337, 338–339 numerus 5. 297–298 numerus 7. 231, 232–233, 234, 253, 285, 338–340 numerus 8. 232, 235, 281, 327, 339 numerus 9. 327, 328 (GL. 18 u. 26) numerus 10. 229, 271, 297–298, 319, 329, 338, 340 numerus 12. 328 (GL. 18 u. 26), 339 numerus 30. 340 numerus 84. 339 numerus 100. 229 numerus 300. 344 numerus 1000. 229, 254 numerus perfectus 229, 298, 339–340 nutritio 214, 242 nycticorax 247–248 Ofen → furnus Okeanos 213–214, 215, 258, 271, 322 oleum 273, 286, 329, 336–337 oleum vitae/vivax 291 omen 261, 277 omnia in omnibus 339 opera et olivum 286 Opferriten 343 Orcus (auch → Hades) 300, 306, 327, 343, 347 Orgia 258, 314–315, 342 Orphik 22, 213–214, 233, 270–271, 275, 283, 292, 298, 300, 306, 323, 339–340, 344 Orthodoxiebekenntnis 8, 61, 205, 343, 345–346 ostrea 308, 309, 319–320, 337 Ouroboros 12, 259–260, 266, 308–309 ovum 243, 260, 309, 320–322, 323, 325– 326, 338 Ozo 314 Pactolus 313 Paduaner Universität 34–36, 51, 56, 196– 197 Padus → Eridanus Panazee 10, 54, 195–196, 335–337, 344

Register panther 242 Paphus 279 Paracelsimen 10, 15–16, 19–20, 25, 33, 36, 197, 218, 223–226, 273, 285, 292, 325, 340–341, 346–347 Paratextualität (explizit) 6, 25, 36, 56–62 Parthenius (geogr.) 231 passer 279 pavo 12, 25, 219–220, 242, 276, 328 Pegasus 326 pelecanus 308–309, 327 Pelion und Ossa 207 Perle → margarita/ostrea phantasma 277 phasma 261 Philosophisches Ei (in Turba und techn.) 323 Phlegeton 320 Phoenix 235 Planeten-Metalle (explizit) 12–13, 217, 288–289, 318–319, 339 Planetensphären 327, 339 Platonische Ringe → annuli Platonis Pléïade 9 Plejaden (astr.) 209, 278 Pneuma 238–239 poeta laureatus → Dichterkrönung Poetologie 2–9 Polemik, antialchemische 23–24, 52–53, 196–197, 198–199, 200, 201, 217, 239 Pontus → Euxinus Porta magica (Rom) 247, 250 post nubila Phoebus 309–31 prima materia 58 principia 6, 62, 224-227, 230–231, 238, 240, 264, 270–271, 274, 285–286, 288, 292–294, 339 principium formativum 294 prisca sapientia 15, 259 proiectio 242, 254, 288, 319 pruina → imber Pseudo(epi)graphie (explizit) 12, 14, 22, 25, 59 pulpa 297 Purpurschnecke → murex putrefactio 242, 273, 284–285, 299–300, 304, 337, 341–342 pyropus (miner.) 332 Pyrous 327 Pythagoreer 233, 260–261, 275, 339, 346 Pythagorica supputatio 328 (GL. 18 u. 26), 339–340 Python 57, 333, 335

1. Sachregister Quadrat (alch. Geometrie) 60, 227, 229, 276 Quadratur des Kreises (alch.) 229–231 quadriga colorum 326 qualitates secundae 273 Quecksilber → argentum vivum quercus 278 quinbar 299 Quintessenz → essentia quinta Rabe → corvus reductio 295 Reinheitsgrade 286, 329 reiteratio 288, 299 Retorte 22, 323, 325–326, 338 Rhipaeus/Riphaeus 303 Rhodope 220 ros → ostrea rosa/Rose 253, 338 Rosenkreutzer 16–18, 36–43, 197, 244 Rost → ferrugo Rota Vergilii 6 Ruach 274–275 rubedo 247, 254, 265, 284–285, 315, 327, 337 sal/Salz 218, 226, 228, 230, 280–281, 287, 303, 314, 319, 329 salamandra 273, 301–302 Salpetersäure → aqua fortis Same → Ackerbau sandaracha 315 sandyx 315 sanguis 309 sanguis Phoebi 284 sanguis Saturni 324 Satire 21, 30, 276, 285–287, 291–292, 309, 330 Saturnalia 264, 282–283 Schale-Kern (Bild) Scharlach → color coccinus/croceus Scheidewasser → aqua fortis Schiffahrt (Bild) 223, 244, 246, 257–258, 267–268, 301, 307 Schlesische Mystik 18, 38 Scholastik 261 Schwan → cygnus Schwarzpulver → Artillerie Schwefel → sulphur Schweigegebot 12, 54, 258, 260, 347 Schweinsblase → vesica porcina Schwenckfeldianer (häret. Sekte) 16, 18 sedes scelerata 223, 264 Seelenlehre 293, 326

395 Semiotik (explizit) 26, 328 Sensus-Lehre (alch.) 21–22 separatio 242 Septem artes 14 serpens → draco serpentina (techn.) 313 Seyr 57, 234 Siena, Dom 255 sigillum Hermetis 309, 328–329 Skorpion (astr.) 208 smaragdus 288–289 solstitium 208 solutio 242, 298–299, 303, 311 somnium 277 Spargel → asparagus spiramen Bacchi → spiritus vini spiritus mundi 240, 274–275, 289 spiritus vini 329, 332–333 splen 290–291 stannum 284, 340 Steinbock (astr.) 208, 214 stellificare 345 stercus 291–292, 299, 329, 341 Stoizismus, antiker 238 Stoizismus, Neu- 42, 346 Straßburger Akademie 29, 33–34, 39–46, 196, 271 Straßburger Goldschmiedezunft 36–37 Styx 271, 320 sublimatio 242, 295, 298–299, 303 Suda → Suidas (im Personenregister) sulphur 26, 218, 226, 230, 273, 286–288, 291, 294, 295, 303 surculus 342 surculus Libani 245–246 Sympathienlehre 318–319, 345 Synonymenenreihen 226, 328 synovia 213 Syphilis 6, 237 Taenarus (geogr.) 306 Tagus 313 Tahyr/Thahir → Cerastes Tanais 214 Tartarus (auch → Hades) 292 Tau → ostrea/ros Täufer (häret. Sekte) 18 tellus (auch → terra) 328 Tempe 289 terra 57, 219–220, 228, 231, 242, 292, 294–295, 337 terra Adamia/Damascena/Hispania 265, 297 terra gravida 317

396 terra maledicta/mortua 250, 252, 328– 329 terra pinguis/unctuosa 287 terra sigillata 328–329 Theater (Bild) 235 Theophrastica Sancta (häret. Sekte) 43 Theriak 201, 220, 283, 321, 324, 335 Thron Jupiters 313–314 Thyasus 314–315 tiara 342 Tiger/tigris 333 tinctura/tingere 285–286, 287, 303, 330 Traum 20–21, 276, 277–278, 311, 314, 331, 333–334 turba trecentis 344 Tymbra 265 Typhon 253, 292, 315 tyrannicidium 344 unda 218–219, 313, 328 unguentum → Balsam unitas copulativa 339 Unsterblichkeitsdebatte 9, 222 Urin → lotium Ursprungslehre → principia Velamismus 22 venter equinus 341–342 Vergiliae → Plejaden vesica porcina (et al.) 329 Vesperugo (astr.) 278 Vier-Sensus-Lehre → Sensus-Lehre virgo gravida 317

Register Vision 20–21, 31, 246, 256–257, 276, 277–278, 331, 333–334 vitriolum 253, 265, 280–281, 332–333 vitriolum romanum 332 volare sine alis 41, 261, 300–301, 323 Volgare-Diskussion 52 Volturnus/vulturnus 52, 57, 247, 306 vomitus → Hyäne Vorsokratiker 3, 62, 237, 270–271, 292 Waage (astr.) 208 Wachholder → iuniperus Wärme → calidum innatum/calor Wasser (auch → aqua/imber/unda bzw. Neptunus/Thetis im Personenregister) 231, 232 Wein(-bau) → baca/bacca Weingeist → spiritus vini Weithalskolben → matracium Weltgeist → spiritus mundi Weltseele → anima mundi Zahlenreihen (alch.) 328 (GL. 18 u. 26), 339–340 Zeder → cedrus Zeitalter, Ovidianische 216, 263, 289– 290 Zeitrechnung (alch.) 297–298, 337, 340 Zinn → stannum Zinnober → minium Zwerge auf den Schultern von Riesen 289–290

2. Personenregister

397

2. Personenregister Dieses Verzeichnis enthält mythologische (Epiklesen und Epitheta separat) und historische Gestalten − die fließenden Übergänge werden von mir in einer späteren Schrift zu Giambattista Vico und Ernst Jünger dargelegt werden − wie auch literarische Figuren neben herausragenden Gelehrten. Bemerkenswerte anonyme Werke, zum Beispiel die Turba Philosophorum, sind kursiviert aufgenommen, wohingegen andere Schriften unter den Autoren oder der Zuschreibung subsummiert sind. Beiseite gelassen wurde aus greifbaren Gründen Johannes Nicolaus Furichius. Achilles 226, 258, 265 Adam 218, 265, 297, 301 Aeacus 226 Aegeon → Briareus Aelius, Donatus 6 Aeneas 42, 221, 226, 243–244, 251, 267–268, 275, 316 Aeolus 243, 305 Aisopos 41 Aëtios aus Armida 301, 302, 321–322 Agamemnon 244, 262 Ager, Nikolaus 32 Agyrta 314 Ailianos, Claudius 301, 302 Alanus ab Insulis 311 Albertus Magnus 22, 218, 264–265 Albumasar 271 Alciato, Andrea 309 Alexander Severus 346 Alexandros von Aphrodisias 239–240 Alkmaion 271 Alkmene 278 Allegretti, Antonio 53 Almanzor, Almeon 209–210 Alpino, Prospero 36, 61–62, 215, 296, 333–335 Alsted, Johann Heinrich 38 Alstein, Jakob 28 Amor 220, 270, 272–273, 275, 292, 298 Amphitrite 261 Amphitruo 278 Anaxagoras 208, 221, 270–271 Anaximander 208 Anaximenes 208 Andreae, Johann Valentin 16–18, 29, 36, 38 Antonius (Hl.) 255–256 Apokalyptisches Weib 316–318 Apollon (sonst → Phoebus) 306–307, 331, 335 Apollon Agraios 223 Apollon Hekaergos 233 Apollon Thymbraios 265 Apollonios von Rhodos 335

Apollonios von Tyana 345, 346 Aratos 3–4 Arcturus 209 Ardoini, Sante (Ardoinus) 334–335 Argonauten 54, 202, 250, 252, 258, 267– 268 Argus 219–220, 250–251, 253 Ariosto, Lodovico 6, 60, 255–257 Arisleus 21 Aristeas von Prokonnesos 40 Aristoteles 2–3, 14, 32, 34, 61, 208, 221– 223, 233, 238–239, 248, 270–273, 280, 287, 293, 300–302, 305, 314, 334, 323–324, 334, 347 Arnaldus von Villanova 14, 22, 294, 295, 329 Arndt, Johannes 38 Arrianos von Nikomedeia 222 Artefius/Artephius 244 Artemidoros von Daldis 20 Arthur/Artus (König) 23, 256–257 Asklepiades von Bithynien 195 Asklepios 245–246, 256 Atalanta 253 Athena 290 Atropos 269 Aufidius 195, 257, 347 Augurelli, Giovanni Aurelio 7, 20, 25, 36, 51–56, 59, 205–206, 224, 227, 252, 267, 283, 319–320 Augustinus (Hl.) 23 Aurelianus, Caelius 195 Aurora 276–277, 320, 326–327, 328–329 Aurora consurgens 327, 382 Avicenna 13, 14, 221 Bacchus 57, 217, 258, 308, 314–315, 329–330, 335, 272 Bacon, Roger 61, 345–346 Barbette, Josias 36–37, 45 Barbette, Marie 36, 43, 45 Baricelli, Cesare 320–321 Bartoletti, Fabrizio (Bartoletus Mantuanus) 341

398 Basinio da Parma 7 Béguin, Jean 312, 329 Bellerophon 316 Bembo, Bernardo 51–52 Berlingheri, Francesco 8 Bernardus Trevisanus 14 Bernegger, Matthias 40 Bernhard von Chartres (Hl.) 289 Bertoletti, Francesco → Bartoletti, Fabrizio Bethem 210 Birken, Sigmund von 344 Bitsch, Kaspar 34 Boccaccio, Giovanni 215, 318 Bodenstein, Adam von 15–16, 18, 273– 274 Bodin, Jean 345, 346 Boethius 290 Böhme, Jakob 16, 18, 38 Bonincontri, Lorenzo 7 Bonus, Petrus 14, 22, 27, 213, 224, 226, 335, 345 Breler, Melchior 17 Briareus 207 Brontes 264 Bruegel, Pieter d. Ä. 223 Brülow, Kaspar 32, 34 Buddha 346 Burckhardt, Jacob 344 Bygel, Johann Werner 33 Cadmus 280 Caesar, Gaius Iulius 344 Campagnola, Giulio 55 Cantimpré, Thomas de 300 Capodivacca, Girolamo 272 Cardano, Gerolamo 198 Cassiodorus 201 Cato maior, Marcus Porcius 204, 294 Catullus, Quintus Valerius 52, 200, 217, 241, 275, 281 Cellini, Benvenuto 53 Celtis, Conrad 344 Ceres 207, 216, 261–262, 342 Charondas 283 Charstadt, Valerius 38 Christian II. (Kurfürst Sachsen) 331 Christian IV. (König Dänemark) 39 Chronos 283, 338 Chrysanth(i)os 257 Chrysanthus 257–258, 276–278, 279, 325–326, 342 Chryseis 54–55, 234, 257, 262, 263–265, 287, 315, 342

Register Chytraeus, David 32 Cicero, Marcus Tullius 3–4, 32, 260– 261, 269–270, 277 ciniflo 200–201 Cintio (bei Ariost) 256 Claudianus, Claudius 60, 201, 205, 207, 261, 263–264, 278, 293, 295, 305–306, 311, 320, 342 Clemens IV. (Hl. Vater) 345 Clotho 269 Colonna, Francesco 20, 22, 277, 309 Conti, Natale 23–24, 203, 216, 223, 263, 283, 343 Coronis (Nymphe) 265, 306–307 Corpus Hermeticum 12–13, 14, 55, 61 Corybanten 217 Crato von Kraftheim, Johann 341 Crollius, Oswald 16 Crusius, Paul 32 Cupido (sonst → Amor) 298 Cybele 206, 216-217, 314, 326, 342 Cyllenius Heros 284 Cynthius 335–336 Cytherea 280 Daidalos 222 Dante Alighieri 8, 23, 318, 344 Daphnis 314 David 339–340 Delius 335–336 Demeter 257, 262 Demiurgos 294 Demokritos von Adbdera 204, 208, 241, 271 Demosthenes 32 Deucalion 22 Diana (sonst → Luna) 206, 235, 281, 284 Dido 227 Dilherr, Michael 38 Diomedes 3, 6 Dione 275 Dionysos → Bacchus Dioskurides, Pedanios 35, 236–237, 296, 302, 334 Dorat, Jean 219 Dorn, Gerhard 16, 18, 28 Drebbel, Cornelius 38 Du Bartras, Guillaume Salluste 18 Ducchi, Gregorio 6 Dudith, Andreas 340–341 Eco, Umberto 26, 58 Electra 276 Elias 30

2. Personenregister Emmel, Samuel 27 Empedokles 2 Enarchus 40 Enceladus 207 Eos (sonst → Aurora) 326–327 Epiktetos 41, 222 Epikuros 270 Erasistratos 321, 322 Erasmus von Rotterdam 198 Erastus, Thomas 61, 214, 223–224, 255 Eratosthenes 208, 294 Eros → Amor 240 Eros Armenios 40 Erycina 241 Eucherius von Lyon (Hl.) 246, 255–256 Euhemeros aus Messene 23 Euripides 298 Eva 301 Evagrios von Antiochien 255–256 Fabrici d’Acquapendente, Girolamo 35, 236 Fama (bei Vergil) 234 Fanianus, Johannes Chrysippus 197 Ferdinand II. (Kaiser Hl. Röm. Reich) 33 Fernel, Jean 239–240, 273 Ficino, Marsilio 9, 13, 15, 41, 51–52, 61, 212, 240, 258, 268, 283, 327 Fidius → Iupiter Pistius Fioravanti, Leonardo 296–297, 312 Firmicus, Iulius Maternus 201 Flaccus, Valerius 60, 213, 301 Flamel, Nicolas 14 Florus, Marcus 32 Fludd, Robert 17, 38 Folz, Hans 19 Fracastoro, Girolamo 6, 35–36 Franckenberg, Abraham von 38 Franco, Nicolò 51–52 Friedrich II. (von Preußen) 24 Friedrich III. (Kaiser Hl. Röm. Reich) 344 Friedrich III. (Kurfürst) 39, 211 Furichius, Johannes Nicolaus (Vater) 29, 44 Gabriele, Mino 10–11, 62, 325–326 Galenos aus Pergamon 35, 61, 221–222, 233, 321, 334 Galilei, Galileo 36 Geber 13, 244, 332 Genette, Gerard 58–62 Genius 306, 307–308 Gerhard, Hubert (Bildhauer) 316

399 Giraldi, Lilio Gregorio 24, 216, 258 Glaser, Christian Wilhelm 46 Glaura (Nymphe) 56 Glückradt, Christophorus → Hartmann, Johann Gnosius, Dominicus 27 Gonzaga, Ferdinando 341 Gordianus III. 240 Gorgo 22 Greene, Robert 346 Greis → Senex Guarignoni, Cristoforo 296 Gustav Adolf 43 Harmonia 280 Hartmann, Johann 312 Harvet, Israël 28 Harvey, William 36, 236 Hecate 281 Heinrich IV. (König Frankreich) 28 Helbig, Jörg 58–62 Helena 345 Heliodoros und Theophrastos 13, 18, 204, 266–267, 340 Helios (sonst → Phoebus) 277 Hera 293 Heraklitos 270–271 Hercules 250–251, 253, 267, 291, 293, 305 Hermaphroditus → Sachregister Hermes → Mercurius Hermes Trismegistos 12–13, 27–29, 30, 56, 209, 255–256, 258–259, 261, 268, 271, 293 Hermogenes 32 Herodotos 40 Herzog Ernst 332 Hesiodos 3, 22, 272–273, 292, 295 Hieronymus (Hl.) 309, 313 Hilarion (Hl.) 255 Hipparchos 3–4 Hippokrates 61, 209, 213, 221–222, 232– 233, 237, 272–273, 300, 347 Hippomenes 253 Hippon 271 Hippotes 243 Hirsch, Christoph 17 Homer 61, 233, 234, 262, 280, 293–294, 327, 345 Horapollon 300, 309 Horatius, Flaccus Quinctus 3–5, 288, 290–291 Huaschin, Elisabeth 29, 44 Hurter, Melchior 33

400 Hymenaeus 273, 330 Hyperion 276–277, 326 Iacchus 333 Iamblichos 212 Ianus 283 Iapetus 295 Iason 250–251, 252, 268, 275 Icelos 278 Idalia 287 Ikaros 222–233 Inopia (Allegorie ders.) 313 Io 235 Iris 276, 328 Isidor von Sevilla 300–301, 337 Isis und Osiris 12, 22, 292 Iuno 219–220, 243, 253, 261 Iuno Pronuba 273 Iupiter 207, 216, 219, 318–319, 261– 262, 278, 281, 284–285, 295, 300, 307, 313, 339 Iupiter Capitolinus 344, 347 Iupiter Pistius 347 Iupiter Plotinus 245–246 Iustitia 219 Jamsthaler, Herbrandt 19 Jesus Christus 22, 41–42, 221, 317, 346 Johannes von Rupescissa 14 Johannes XXII. (Hl. Vater) 22 Jonson, Ben 38 Julius II. (Hl. Vater) 52 Jungius, Joachim 36, 38 Karl IX. (König Frankreich) 322 Khunrath, Heinrich 16, 274, 287 Kircher, Athanasius 293 Kirke 234, 252 Kopernikus, Nikolaus 35 Kopstedt, Engel 37 Kühlmann, Wilhelm 1–2, 46 Lachesis 263, 269, 290 Lactantius 275 Ladislaus II. 296 Lagneus, David 226 Lalamant, Jean 232–233 Lambsprinck/Lambspring 19, 303 Latona 335 Lazzarelli, Lodovico 6 Le Paulmier de Grentemesnil, Julien 226 Le Paulmier de Grentemesnil, Pierre 225–226 Leo I. (Hl. Vater) 322

Register Leo X. (Hl. Vater) 52, 55, 205 Leopold V. (Erzherzog Tirol) 37 Leverkühn (Vater) 340 Libavius, Andreas 196–197 Liber Pater 272, 323, 330 Liber Sanctae Trinitatis 317 Lips, Jost → Lipsius, Justus Lipsius, Conrad 297 Lipsius, Justus 297, 345, 346 Lucina 281, 330 Lucretius, Titus Carus 4–6, 9, 240, 268– 272, 275, 316 Lukianos von Samosata 307 Lullus, Raimundus 14, 242 Luna (auch → Diana/Sol und Luna) 281, 284, 294, 305, 311, 317, 339–340 Luther, Martin 32 Luxuria (Allegorie ders.) 313 Lynceus 54 Macrobius, Ambrosius Theodosius 4, 14, 20, 214, 251, 272, 275, 277, 282, 306, 323 Maecenas, Gaius Cilnius 3 Magna Mater → Cybele Maia 219 Maier, Michael 17, 20, 23, 29, 46, 62, 202–203, 212, 230, 235, 239, 241, 246, 252, 259–260, 267, 283–284, 295, 309, 317, 323, 332, 342, 346 Mänaden 217, 314–315 Manardi, Giovanni 296–297 Manilius, Marcus 5, 6, 7, 18, 60, 199– 200, 202, 209, 210–211, 258 Mann, Thomas 34 Manutius, Aldus 7, 52, 55, 197 Maria (Hl. Jungfrau) 22, 316–318 Maria (Schwester Mose) 12 Mars 220, 280, 316–318, 323, 340 Martialis, Marcus Valerius 38, 261 Martianus Capella 5 Mattioli, Pietro Andrea 236–237, 302, 321, 334 Maximilian II. (Kaiser Hl. Röm. Reich) 272, 341 Medea 22, 213, 251–252, 268 Medici 53, 273, 308 Medici, Cosimo I. de’ 53 Melampus 291 Mercuriali, Gerolamo 272 Mercurius 22, 206, 219, 221, 226–232, 237–248, 242, 244–245, 251, 259–261, 265, 270, 276, 278, 280, 282–284, 286–287, 294, 299–300, 303, 307,

2. Personenregister 309, 323, 325–328, 330–333, 335, 339–340 Merlino (bei Ariost) 256–257 Messalah 210 Midas 253 Mimas 207 Mirandolla, Pico della 9, 211–212, 296 Moeris 255 monarcha → rex Monau, Peter (Petrus Monavius) 341 Montaigne, Michel de 199 Mores, Jakob 37 Moritz von Hessen-Kassel 38 Mornay, Philippe de 211 Morpheus 278 Morsius, Joachim 17, 28, 37–43, 55, 59, 204, 244, 314 Moscherosch, Johann Michael 29–33, 37, 59, 204 Moses 30, 32, 221, 256, 275 Müllenfels, von (schwäb. Alchemiker) 331 Naiaden 232 Neckam, Alexander 300, 337 Negromante (bei Ariost) 256 Neptunus 219, 261, 288, 302–303, 313– 314 Nereus 258 Nettesheim, Agrippa von 53, 212, 318– 319, 324, 343 Nettesheim, Johannes von 53 Nicolaus Melchior von Hermannstadt 22 Nikandros aus Kolophon 321, 322 Nollius, Heinrich 17, 38 Nymphen 54–55, 231, 315 Nyx 290, 292, 306 Odysseus 234, 243, 252 Omar (Astrologe) 210 Oncophore 264 Ops → Cybele Orestes 290 Orion 208, 210, 278 Orlando 255–257 Orpheus 22, 233, 283, 298, 300, 303, 306, 339–340, 344 Ortygie 335 Oschwald, Johann Jakob 33–34 Ovidius, Publius Naso 5, 22, 53, 60, 223, 235, 253, 267, 278, 280, 289–290, 306, 316, 326–328 Owen, John 38

401 Palinurus 221 Pallas (Gigant) 276 Palmarius → Le Paulmier de Grentemesnil Palombara, Massimiliano 244, 247, 257 Paracelsus (Theophrast von Hohenheim) 15–18, 25, 33, 213, 218, 225–226, 236, 262, 273, 275, 285, 292, 325, 341, 347 Paré, Ambroise 269, 302, 322 Paris 265 Parmenides 271–273 Parzen 211, 263, 269 Paulus (Apostel) 258–259 Paulus von Theben (Hl.) 255 Pausanias 257 Peleus 258 Percolla, Vincenzo 24 Pernety, Antoine-Joseph 24, 26 Persephone (sonst → Proserpina) 262 Perseus (König Macedonien) 226 Persius 241, 273, 290–291 Pervigilium Veneris 330, 340–341 Petrarca, Francesco 53, 344 Peyer, Bartholomäus 33 Phaeton (auch → Eridanus im Sachregister) 22, 215, 222–223 Phanes 270, 275, 298 Philippos von Opús 209 Philolaus 338 Philomela 343 Phobetor 278 Phoebus 21, 57, 205, 206, 208, 222, 235, 262, 272, 278–288, 298, 301, 306–307, 309–310, 326–328, 331, 333, 335, 337, 339 Picatrix 198 Piccolomini, Enea Silvio 344 Pimander 212, 268 Pindaros 223 Pistorius, Johannes 274–275 Pius II. → Piccolomini, Enea Silvio Pius IV. (Hl. Vater) 53 Plato 2, 14, 32, 40, 61, 208, 209, 213, 221, 223, 237, 258, 269–271, 274, 292–295, 298, 306, 319, 333 Plautus, Titus Maccius 278, 286, 291, 313 Plinius, Gaius Secundus 215, 236–237, 294, 300–301, 321, 330, 332, 334 Plotinos 212, 240, 270 Plutarchos 40, 197 Pluto 58, 223, 261–262, 263–264, 292, 305–306 Poenulus 286 Poliphilo 277–278

402 Poliziano, Angelo 51 Polo, Marco (Milione) 303 Pomponazzi, Pietro 9, 222 Pontano, Giovanni 7 Porphyrios 212, 240 Proculus (Sophist) 298 Proitiiden 291 Proklos 61, 217 Prometheus 223, 295 Propertius, Sextus 200 Proserpina 22, 54–55, 57–58, 205, 216, 234, 257, 261–264, 287, 292, 315, 342 Proteus 22 Pruckner, Nicolaus 210–211 Prudentius, Aurelius Clemens 5 Psolopoea 264 Ptolemaios Philadelphos 208 Pyhrrhus 22 Pyragmon 264 Pyralis 264 Pyramus und Thisbe 22 Pyrous 244–245, 256 Pythagoras 21, 208, 221, 232–233, 260, 271, 339–340, 346 Quintilianus, Marcus Fabius 4, 32, 203 Rabelais, François 198 Rasis/Rhazes 13–14, 334 Raziel 218 Rebis 317 rex (auch → tyrannus) 61, 285, 333–336, 279, 282–285 rex alchemicus (Ikonographie) 316–319 rex et serpens 336 rex iustus 303 Rhea → Cybele Ricciardi, Antonio 24, 292–294, 317, 338–340 Ripley, George 19, 61, 242, 250, 303– 304, 312, 320–321, 332 Rixinger, Daniel 34, 44 Robert von Chester 11, 14 Roellenbleck, Georg 8 Ronsard, Pierre de 9, 60, 219–220, 279, 288 Rosarium Philosophorum 25, 230, 243, 254, 294–295, 298–299, 309, 311, 324, 332, 336–337 Rosenkreutz, Christian 16 Rovere, Angelo della 197 Rudolph II. 296, 331, 341 Ruggiero 257 Ruland, Martin 325

Register Sancta Mater → Cybele Santorio, Santorio 36, 236 satrapes 212, 327 Saturnus 216, 281–282, 283–284, 285, 290, 294, 298, 324, 333–335, 338–340, Scaliger, Julius Caesar 8–9, 31, 52, 61– 62, 197–199, 200, 214, 217–218, 222, 239–241, 282–283, 286, 303–304, 307, 315, 322 Scaliger, Julius Justus 61, 197, 199–200, 201–202, 211 Schmidt, Johann 42–46 Schmieder, Karl Christoph 46 Schütz, Michael (Toxites) 16, 18–20 Scipio, Publius Cornelius Africanus 277 Sebitz junior, Melchior 33 Sendivogius, Michael 21, 28, 61, 245– 246, 285–287, 291–292, 309, 314, 325, 329, 330–331 Seneca, Lucius Aenneus 308, 346 Senex (bei Furichius) 54, 57, 60, 255– 257, 261, 277, 325–326, 336–337, 342, 347 Senex (bei Sendivogius) 331 Sennert, Daniel 61, 224–225, 238 Servius, Maurus Honoratus 3, 258 Seton, Alexander 331 Sibylle 251, 267–268 Sirenen 221 Sirius 209 Smetius, Henricus 211 Smetius, Johannes 211 Sokrates 307 Sol (auch → Phoebus) 339 Sol und Luna 13, 15, 229, 235, 251, 271– 272, 287, 294, 311, 317–318, 326–327 Solinus, Gaius Iulius 236, 321–322 Solon 204 Somnus 221 Sophoclidisca 286 Sophokles 233 Sosia 278 Span von Spanau, Laurentius 19 Stellatus, Marcellus Palingenius 7–9 Steropes 213, 264 Stoltz von Stolzenberg 20 Stork, Peter 34 Strozzi, Tito 7, 60 Sturm, Johann 32 Suchten, Alexander von 19 Suidas 11, 22, 202 Tabula Smaragdina 13, 25, 317 Tacitus, Claudius Cornelius 4, 346

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2. Personenregister Tarquinius 347 Teschen, Johannes von 19 Thales von Milet 208 Thaumas 276, 328 Themis 261 Theodosios III. 266 Theophrastos → Heliodoros und Theophr. Thetis 258, 271 Thia 276, 326 Thomas von Aquin (Hl.) 14 Thyaden 314–315 Tibullus 200 Tilly (Johann Tscerclaes) 43 Timaios 217, 232, 258, 294, 305, 319, 327 Titan 336 Toxites → Schütz, Michael Tractatus aureus 27–29, 46–51, 59–60, 221, 227–232, 241, 243, 246–248, 248–250, 251–254, 256, 258–259, 261, 279–285, 301, 308, 309, 311–313, 323, 333, 336–340, 347 Trevisanus, Bernardus 228 Triptolemus 253 Turba philosophorum 13, 21, 203, 323, 344 Turnèbe, Adrien 268 Turnus 316 tyrannus 247–248, 270, 298, 344

Valeriano, Giovanni Pierio 216, 300, 308-309, 322, 338 Vallensis, Robertus 197 van den Spieghel, Adriaan 36 Varchi, Benedetto 53 Venus 218, 220, 240, 275, 279–280, 301, 330, 339–340 Vergilius, Marcellus 296 Vergilius, Publius Marro 3, 5, 6, 7, 9, 22, 25, 42, 52–54, 60, 206, 243–244, 255, 264, 315–316, 322, 326, 330, 343 Vesalius, Andreas 35 Vida, Marco Gerolamo 6 Villani, Giovanni 318 Vitruvius, Pollio 220 Vulcanus 41, 206, 220, 264, 305 Walliser, Laurentius Thomas 31 Walther von Châtillon 60 Weigel, Valentin 33, 53 Wieland, Christoph Martin 241 Zahel 210 Zamagna, Bernardo 9 Zetzner, Lazarus 17–18 Zeus (sonst → Iupiter) 293 Zierotin, Ladislaus Welen von 28 Zorn von Plobsheim, Adam 34 Zoroaster 346 Zosimos von Panopolis 12–13, 20, 22, 25, 61