Mystik Unterwegs: Theologia Mystica Und Revelationes in Kartausischen Handen 9789042949485, 9042949481

Die Beitrage des vorliegenden Bandes eint das Interesse am Thema 'Kartauser und Mystik', das exemplarisch und

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Mystik Unterwegs: Theologia Mystica Und Revelationes in Kartausischen Handen
 9789042949485, 9042949481

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Inhaltsverzeichnis

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MISCELLANEA NEERLANDICA XLIX – STUDIA CARTUSIANA 7

Mystik unterwegs Theologia mystica und revelationes in kartäusischen Händen

Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes (Hg.)

PEETERS – LEUVEN 2022

Umschlagabbildung – Miniatur eines stehenden Seraphs, in einer Kutte gekleidet und die Hände ausbreitend. „Moralisacio seraph.“ Utrecht, UB, 252, f. 43v.

Miscellanea Neerlandica XLIX

Studia Cartusiana 7

Mystik unterwegs Theologia mystica und revelationes in kartäusischen Händen

Miscellanea Neerlandica Gründer:

Frans Hendrickx Akademischer Ehrenbibliothekar Ruusbroecgenootschap, Universiteit Antwerpen Redaktionsleitung:

Tom Gaens Ruusbroecgenootschap, Universiteit Antwerpen XLIX

Studia Cartusiana Gründer:

Frans Hendrickx & Tom Gaens Redaktionsleitung:

Tom Gaens

7

Ständige Redakteure:

Prof. Dr. Geert Claassens (KU Leuven) Prof. Dr. Wim François (KU Leuven) Prof. Dr. Brigitte Meijns (KU Leuven) Dr. Dr. Krijn Pansters (Tilburg University) Prof. Dr. Kees Schepers (Ruusbroecgenootschap, Universiteit Antwerpen) Wissenschaftlicher Beirat:

Jan De Grauwe (Cartusiana vzw | asbl) Frans Hendrickx (Cartusiana vzw | asbl) Em. Prof. Dr. J.A. (Hans) Mol (Universiteit Leiden) Prof. Dr. Peter Nissen (Radboud Universiteit)

Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes (Hg.)

Mystik unterwegs Theologia mystica und revelationes in kartäusischen Händen

PEETERS LEUVEN 2022

D/2022/0602/51 ISBN 978-90-429-4948-5 eISBN 978-90-429-4949-2

© 2022 – Peeters Publishers, Bondgenotenlaan 153, B-3000 Leuven. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Werk durch Nachdruck, Photokopie, Mikroverfilmung oder in irgendeiner Weise zu vervielfältigen und zu verbreiten, oder in Datenverarbeitungsanlagen zu speicheren.

Inhaltsverzeichnis Einleitung

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MARIEKE ABRAM SUSANNE BERNHARDT GILBERT FOURNIER BALÁZS J. NEMES

I. Mystische Texte in kartäusischen Rezeptionszusammenhängen Lektürezeichen und Rezeptionsspuren in ‚The Book of Margery Kempe‘. Ein mystischer Vitentext in den Händen englischsprachiger Kartäuser

25

SIMONE KÜGELER-RACE

Reading Mystics, Building Saints. Impact and Reception of Carthusian Holy Women Within the Order

59

SERGI SANCHO FIBLA

Mystagogisierung und Implementierung des ‚Nonnenwerks‘ im exemplar des Nürnberger Kartäusers Erhart Groß

155

STEFAN ABEL

II. Mystische Texte in kartäusischen Sammlungszusammenhängen Katalogisierte kartäusische Spiritualität. (An)Ordnungen mystischen und visionären Schrifttums in den Bibliothekskatalogen süddeutscher Kartausen

203

SEBASTIAN HOLTZHAUER

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht au XVe siècle. Mystique, affect et images INGRID FALQUE

245

8

Inhaltsverzeichnis

Die Mystik in der Nussschale. Rezeption und Einordnung des ‚Buchs von geistlicher Armut‘ in der Bibliothek der Erfurter Kartause

287

JONAS HERMANN

III. Mystische Texte in kartäusischen Lehrzusammenhängen Die umstrittenen dionysischen Quellen im Briefwechsel zwischen Bernhard von Clairvaux und Guigo I. dem Kartäuser

315

MYRTHA DE MEO-EHLERT

Ruusbroec Through the Looking Glass. Henry of Coesfeld’s Devotional Theology and Its Influence on Nicholas of Cusa

357

TOM GAENS

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses selon Hugues de Balma, Guigues du Pont et Denys le Chartreux. Étapes d’une épistémologie cartusienne de la théologie

405

CHRISTIAN TROTTMANN

Register

435

Einleitung Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

Der vorliegende Band dokumentiert den Ertrag jener Colloquien, die das Freiburger DFG-Projekt ‚Making Mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt‘ im akademischen Jahr 2018/19 und 2019/20 veranstaltete. Darüber hinaus versammelt er Aufsätze, die von Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland auf gezielte Anfrage hin beigesteuert wurden. All diese Beiträge eint das Interesse am Thema ‚Kartäuser und Mystik‘, das exemplarisch und vor einem breiten europäischen Horizont behandelt wird; sie alle verbindet ein dezidiert historischer, in Ansätzen auch historiographischer Zugang zum gewählten Thema, der mit einer Fokussierung auf solche kartäusischen Kontexte einhergeht, die sich als Knotenpunkte der Produktion, Rezeption und Distribution von mystischen Texten erwiesen haben; gemeinsam ist ihnen die Frage nach den allgemeinen und besonderen Faktoren einer mystischen Interessenbildung in einzelnen Kartausen bzw. bei einzelnen Kartäusern, wobei der zeitliche Schwerpunkt – sieht man von je einem Abstecher ins Hochmittelalter und in die Neuzeit einmal ab – auf dem Spätmittelalter liegt. Nachgezeichnet wird demnach, wie Mystik im Kartäuserorden ‚unterwegs‘ war.1 Doch nicht nur das: Mehrere Beiträge sind selbst unterwegs zu einer Definition von Mystik, jedenfalls reflektieren sie die (forschungs-)geschichtlichen Hintergründe des Begriffes und seinen heuristischen Nutzen für die Konstituierung eines speziellen Corpus von Texten.

1

Bei der Titelwahl hat ein Aufsatz von VOLKER MERTENS Pate gestanden, in dem ein „produktive[r] Umgang“ mit Predigten nachgewiesen wird, der alle Formen der Be- und Verarbeitung von Texten aufweist, was MERTENS zur Feststellung veranlasst: „Predigt-Texte sind sozusagen ständig ‚unterwegs‘“, vgl. „Texte unterwegs“. Zu Funktions- und Textdynamik mittelalterlicher Predigten und den Konsequenzen für ihre Edition, in: Mittelalterforschung und Edition. Actes du colloque Oberhinrichshagen bei Greifswald, 29 et 30 octobre 1990, hg. v. DANIELLE BUSCHINGER, Amiens 1991, 75–85, hier 80.

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Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

Unterwegs zur Historisierung des Mystik-Begriffes ist auch das Freiburger DFG-Projekt, denn es hat sich zum Ziel gesetzt, anhand historisch bezeugter Buchbestände der Frage nachzugehen, wie sich ‚Mystik‘ als Ordnungsprinzip einer Bibliothek entwickelt hat, genauer: entwickelt wurde, und wie die Anfänge der (literatur-)historiographischen Kategorienbildung ‚mystisch‘ aussehen.2 Unseren Forschungsgegenstand bilden ausgewählte Signaturgruppen des Standortkatalogs der Bibliothek der Erfurter Kartause, eines der umfangreichsten und literaturhistorisch bedeutendsten Bibliothekskataloge des Spätmittelalters.3 Aufschlussreich ist dieser Katalog für die zentrale Forschungsfrage des Projektes vor allem deswegen, weil er ein Lebensideal vermittelt, das über die Wege einer lektüregesteuerten geistlichen Vervollkommnung zur unio mystica und damit zu den Geheimnissen der theologia mystica führt.4 Verortet wird diese Art von Theologie in der Bibliothek der Erfurt Kartäuser in einer bestimmten Signaturgruppe (D), die neben lateinischen auch volkssprachliche Texte enthält. Auch dies macht den Katalog zu einem vielversprechenden Forschungsgegenstand, um die spätmittelalterlichen Wurzeln des modernen Konzeptes ‚Mystik‘ zu erschließen. Seine Attraktivität als Quelle steigert das Faktum, dass er die deutschen und lateinischen Vertreter der theologia mystica von der Offenbarungsliteratur, darunter auch die deutschen und lateinischen Werke der sog. ‚Frauenmystik‘, unterscheidet: Letztere werden in der für exempla und revelationes reservierten Signaturgruppe I untergebracht. Die Bildung einer eigenen Signaturgruppe von ‚mystischen‘ Texten sowie die Ausgliede-

2

3

4

Vgl. MARIEKE ABRAM / GILBERT FOURNIER / BALÁZS J. NEMES: Making Mysticism. Theologia mystica als historische Kategorie der Wissensordnung in der Katalogisierungspraxis der Erfurter Kartause, in: Die Bibliothek – The Library – La Bibliothèque. Denkräume und Wissensordnungen, hg. v. ANDREAS SPEER, LARS REUKE, Berlin/Boston 2020 (Miscellanea Mediaevalia 41), 621–655. Vgl. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt. Digitale Edition, hg. v. MARIEKE ABRAM, SUSANNE BERNHARDT, GILBERT FOURNIER, Freiburg: Universitätsbibliothek, URL: https://making-mysticism.org/edition-von-ddfefi/. Der Standortkatalog wurde größtenteils ediert von PAUL LEHMANN: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 2: Bistum Mainz, Erfurt, München 1928. Ergänzend dazu GILBERT FOURNIER: Der Standortkatalog der Bibliothek der Kartause Erfurt. Die Einleitungen zu den Signaturgruppen (erscheint in der Reihe ‚Analecta Cartusiana‘). Grundlegend zum theologischen Programm des Erfurter Bibliothekskatalogs ERICH KLEINEIDAM: Die Spiritualität der Kartäuser im Spiegel der Erfurter Kartäuser-Bibliothek [1962], in: Die Kartäuser. Der Orden der schweigenden Mönche, hg. v. MARIJAN ZADNIKAR, ADAM WIENAND, Köln 1983, 185–202. Für weiterführende Literatur zum Thema siehe ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2) und die einschlägigen Beiträge in ‚Die Kartause als Text-Raum mittelalterlicher Mystik-Rezeption. Wissensdiskurse, Schreibpraktiken, Überlieferungskonstellationen‘ (Sammelband der Abschlusstagung des DFG-Projektes ‚Making Mysticism‘).

Einleitung

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rung dessen, was heute als ‚frauenmystisch‘ gilt und als Teil der sog. ‚mystischen Literatur‘ behandelt wird, lassen erneut die Frage nach dem spätmittelalterlichen Verständnis mystischer Literatur aufkommen. Vor diesem Hintergrund erscheint nur folgerichtig, neben den Werken der theologia mystica auch jene der revelationes zum Untersuchungsgegenstand eines Sammelbandes zu machen, dessen Beiträge sich zum Ziel setzen, historisch bezeugte Formen des Umgangs mit ‚Mystik‘ durch kartäusische Hände herauszuarbeiten. Dass hierbei der Kontext einen hermeneutisch wichtigen Faktor darstellt und Kontextualisierung als methodischer Zugriff eine wichtige Rolle spielt, erscheint selbstverständlich. So steht in der ersten Sektion der Codex als Interpretament im Mittelpunkt von Untersuchungen, die sich ‚mystischen‘ Texten in kartäusischen Rezeptionszusammenhängen widmen. Um die diskursive Verortung dieser Texte in kartäusischen Sammlungszusammenhängen geht es in der zweiten Sektion, deren Beiträge nicht nur überlieferte Bibliotheksbestände, sondern auch und vor allem Bibliothekskataloge unter die Lupe nehmen, um sich dem zeitgenössischen Verständnis ‚mystischer‘ Literatur zu nähern. Nach dem Codex und der Bibliothek bzw. dem Bibliothekskatalog wird der Text zur maßgeblichen hermeneutischen Bezugsgröße, wenn es in der dritten Sektion darum geht, mystische Texte in kartäusischen Lehrzusammenhängen darzustellen. Was die drei Sektionen des vorliegenden Bandes leisten, wird erst deutlich, wenn man den spezifischen Beitrag der einzelnen Aufsätze zur Frage umreißt, wie ‚Mystik‘ aus historischer Sicht definiert wurde. Diese Fokussierung in den folgenden Ausführungen zu den Sektionen ergibt sich aus dem Leitinteresse des Freiburger DFG-Projektes ‚Making Mysticism‘ und erklärt den Rekurs auf dessen Untersuchungsgegenstände.

I.

Mystische Texte in kartäusischen Rezeptionszusammenhängen

Die Beiträge der ersten Sektion setzen sich auf der Basis von einzelnen Überlieferungszeugen mit der Frage auseinander, wie Texte, die in der Systematik des Erfurter Bibliothekskatalogs der Signaturgruppe I zugeordnet werden können, zu ‚mystischen‘ Texten wurden, wenn sie unterwegs waren. In der kurzen Einleitung zu I lassen sich, neben der thematischen Ausrichtung auf revelationes und exempla, zwei weitere Informationen herauslesen: das in den Texten enthaltene exemplarische oder offenbarte Wissen ist das Erfahrungswissen bestimmter Personen (factis quibusdam personis)

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Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

und es wird dem historischen Schriftsinn zugeordnet.5 Der theologia mystica dagegen werden die Offenbarungstexte im Katalog gerade nicht zugeordnet, doch zeigen sich in Zusammenhängen außerhalb des Katalogs, dass revelationes und theologia mystica eng zusammengedacht wurden. Die Offenbarungen galten gewissermaßen als das gelebte Erfahrungswissen der theologia mystica.6 Die Beiträge gehen anhand von ganz unterschiedlichen Rezeptionszusammenhängen der Frage nach, wie implizit und explizit an den kategorialen Zuordnungen gearbeitet wurde. Durch die intensive Beschäftigung mit konkreten Handschriften können sie zeigen, wie Texte durch Kommentare, Vergemeinschaftung oder Neuordnung überhaupt erst als ‚mystisch‘ gelesen wurden. Die Handschriften sind dabei ganz konkret unterwegs, wenn sie durch verschiedene Hände gehen und immer wieder neu kommentiert werden. Aber auch die Inhalte sind ‚unterwegs‘, werden in der Rezeption angeeignet und machen durch neue Anordnungen oder Modifikationen den Prozess eines making mysticism sichtbar. In ihrem Beitrag zu ‚The Book of Margery Kempe‘ zeigt SIMONE KÜGELER-RACE, wie unterschiedliche Glossierungsschichten in der Handschrift London, British Library Add MS 61823 jeweils ein sehr spezifisches Rezeptionsinteresse erkennen lassen. Während das Leben der Margery Kempe in der Forschung zumeist als historische Quelle zur Aufdeckung der Lebensdaten der Autorin gelesen wurde, lassen die historischen Rezeptionsspuren erkennen, dass die lebensweltliche Referentialisierung gerade nicht interessierte. Eine Schicht arbeitet besonders die Christusreden als Offenbarungsworte heraus, eine zweite hebt Körperzeichen der Gnadenerfahrung sowie Gotteserfahrungen im Inneren hervor. In der Rezeption zeigt sich, dass vor allem diejenigen Ausschnitte aus den Lebensbeschreibungen, die die unioErfahrungen in den Mittelpunkt stellen, fokussiert werden. Diese Erfahrungsebene im Text wird zudem im Kartäuserkloster Mount Grace aktualisiert, bezieht doch eine weitere Schicht Margerys Gnadenerfahrungen auf die Erfahrungen des Klostervikars Richard Methley und des Priors John Norton, die beide mystische Schriften hinterlassen haben. Die Offenbarungen, die Margery im Text zugeschrieben werden, setzen sich, so deuten es 5

6

Ausführlicher wird die Einleitung der Signaturgruppe I beschrieben bei ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 650f. Vgl. auch SUSANNE BERNHARDT: Registrum librarie fratrum Carthusiensium apud Erffordiam. Der Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause (Bistumsarchiv Erfurt, Hs. Hist. 6), in: Zeitenwende 1400. Hildesheim als europäische Metropole. Ausstellungskatalog, hg. v. CLAUDIA HÖHL, GERHARD LUTZ, FELIX PRINZ, Regensburg 2019, 343 (mit Abb. von Bl. 118r des Bibliothekskatalogs der Erfurter Kartause auf 342). Zur Frage, inwieweit theologia mystica und revelationes/exempla außerhalb des Katalogs als zusammengehörig gesehen wurden, ist ein Beitrag von BALÁZS J. NEMES in Vorbereitung. Vgl. dazu auch die Ausführungen von ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 651–654.

Einleitung

13

die Kommentare an, in den Erfahrungen der Kartäuser John Norton und Richard Methley fort. Aus dem Vitentext mit starker lebensweltlicher Ausrichtung wird so in den Kommentarschichten ein mystischer Text, der sich auf göttliches Erfahrungswissen innerhalb und außerhalb des Geschriebenen bezieht. Dem Befund, dass Offenbarungstexte von Frauen bei den Kartäusern in zahlreichen Handschriften vertreten waren,7 steht die Tatsache gegenüber, dass die Spiritualität des weiblichen Ordenszweigs sich kaum in eigenen Texten niedergeschlagen hat. Der zweite Beitrag geht somit den umgekehrten Weg: Er beobachtet nicht, wie Texte von kartäusischen Händen bearbeitet wurden, sondern wie Texte, die aus kartäusischer Hand stammen und das Leben und die Gnadenerfahrungen von Kartäuserinnen erzählen, im Laufe der Rezeptionsgeschichte mit der Kategorie ‚Mystik‘ in Verbindung gebracht wurden. Anhand der drei Kartäuserinnen Marguerite d’Oingt, Béatrice Ornacieux und Roseline de Villeneuve arbeitet SERGI SANCHO FIBLA Spuren einer Rezeption heraus, die v.a. für die Texte Marguerites deutlich machen, dass diese ähnlichen Kategorien wie die der Signaturgruppe I des Erfurter Standortkatalogs zugeordnet wurden. In einem Textzeugen (B) wird Marguerites ‚Speculum‘ eng verbunden mit dem Begriff revelatio, in einem späteren Zeugen (C′′) folgen auf ihren Text Exzerpte aus Revelationstexten, die auch in I vertreten sind. Durch diese Vergemeinschaftung und die Zuordnung zur Kategorie revelatio lässt sich für Marguerite annehmen, dass sie im Kontext weiblicher Offenbarungen rezipiert, dass ihr Text als Zeugnis eines offenbarten Erfahrungswissens gelesen wurde. Auch der dritte Beitrag setzt sich damit auseinander, wie durch Textnachbarschaften am Verhältnis von theoretischem Wissen und Erfahrungswissen gearbeitet wird. So zeigt STEFAN ABEL, dass der Nürnberger Kartäuser Erhart Groß in der Handschrift Wrocław [Breslau], Biblioteka Uniwersytecka, Cod. I Q 77 eine Art Handbibliothek verfasst hat, die verschiedene spirituelle Zugänge zu einer geistlichen Lebensführung erlaubt. Mystago-

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Vgl. dazu etwa JOHANNES MANGEI: Kartäuserorden und Visionsliteratur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser. Festgabe zum 65. Geburtstag von Edward Potkowski, hg. v. SÖNKE LORENZ, Wiesbaden 2002 (Contubernium 59), 289–316 und DENNIS D. MARTIN: Carthusians as Advocates of Women Visionary Reformers, in: Studies in Carthusian Monasticism in the Late Middle Ages, hg. v. JULIAN M. LUXFORD, Turnhout 2008 (Medieval Church Studies 14), 127–153; speziell zu Erfurt siehe MATTHIAS EIFLER: Zur Rezeption von mystischen Viten und Offenbarungen bei den Kartäusern und Benediktinern in Erfurt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Mechthild und das ‚Fließende Licht der Gottheit‘ im Kontext. Eine Spurensuche in religiösen Netzwerken und literarischen Diskursen im mitteldeutschen Raum des 13.–15. Jahrhunderts, hg. v. CAROLINE EMMELIUS, BALÁZS J. NEMES, Berlin 2019 (Zeitschrift für deutsche Philologie, Beiheft 17), 303–337 (in Open Access verfügbar unter dem URL: https://www.esv.info/978-3-503-18723-2).

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Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

gisches Wissen wird dabei im ‚Nonnenwerk‘ vermittelt, das auf der ‚Imitatio Christi‘ des Thomas von Kempen beruht und das über einen Dreistufenweg zur perfectio anleiten soll. In der ‚Grisardis‘ dagegen, und damit steht dieser Text den exempla der Erfurter Signaturgruppe I nahe, wird in der Erzählung ein Exempel für höchste patientia gegeben, ein Exempel, das darlegt, wie man den Eigenwillen im demütig-tugendhaften Erdulden ganz aufgibt. Somit steht die ‚Grisardis‘ in einem Komplementärverhältnis zum ‚Nonnenwerk‘, das theoretisch abhandelt, wie man den Eigenwillen aufgeben soll, um dem göttlichen Willen gleichförmig zu werden. Die Analyse zeigt, wie eng aufeinander bezogen die Kategorien sind, wie mystagogisches und exemplarisches Wissen in der Anordnung der Texte in ein wechselseitiges Verhältnis gestellt werden und einen je anderen Zugang über die Lektüre erlauben. Beim Nürnberger Kartäuser Erhard Groß lässt sich dieses Verhältnis innerhalb einer einzigen Handschrift beobachten. Der implizite Anspruch seiner ‚Handbibliothek‘, unterschiedliche Texte und damit kategorial verschiedene Zugänge zur Lebensführung anzubieten, zeigt sich explizit im Erfurter Katalog. Dort sind mehrere Exemplare der ‚Imitatio Christi‘ in der Signaturgruppe F verzeichnet, die dem sensus anagogicus zugeordnet ist. Die Lektüre der dort aufgeführten Bücher soll die affektiven Seelenkräfte auf dem Weg zur theologia mystica reinigen. Exempla dagegen finden sich in Signaturgruppe I, die dem sensus historicus zugeordnet ist und deren Lektüre festigend wirken soll. Im Katalog wird der Anspruch, in die richtige Lebensführung einzuweisen für die Signaturgruppen ausgeführt und beansprucht Gültigkeit für den kompletten Bibliotheksbestand, mit Schwerpunkt auf der theologia mystica. Welchen Stellenwert die Mystik in kartäusischen Sammlungszusammenhängen über die Einzelhandschrift hinaus hat, erschließt die folgende Sektion.

II.

Mystische Texte in kartäusischen Sammlungszusammenhängen

Die Beiträge der zweiten Sektion untersuchen das Unterwegssein der mystischen Texte im Kartäuserorden, indem sie Überlieferungs- und Sammlungszusammenhänge in den Vordergrund stellen, um sich der historischen Vermitteltheit der theologia mystica anzunähern. Damit illustrieren die Beiträge auf je eigene Weise den Ansatz von KURT RUH, nach dessen Auffassung die „Zielsetzung einer Geschichte der Mystik […] die historische

Einleitung

15

Vermittlung von mystischer Literatur“ ist.8 So prüft SEBASTIAN HOLTZHAUER die Bibliotheken des deutschsprachigen Südwestens auf Texte, die unter die Kategorien ‚Frauenmystik‘ und ‚Visionsliteratur‘ fallen. INGRID FALQUE untersucht die Handschriften der Kartäuserbibliothek von Utrecht und JONAS HERMANN den Umgang mit dem ‚Buch von geistlicher Armut‘ in der Kartause Erfurt. Alle Beiträge behandeln das Spätmittelalter, insbesondere das 15. Jahrhundert. Entsprechend ihrer Fragestellungen greifen die AutorInnen auf Handschriften und/oder auf bibliothekarische Erschließungsinstrumente zurück. SEBASTIAN HOLTZHAUER zieht Inventarlisten und Bibliothekskataloge heran, mit denen die Kartausen des deutschsprachigen Südwestens hervorragend ausgestattet waren. Bei ihrer Benutzung stellen sich grundlegende methodologische Fragen hinsichtlich ihrer Beschaffenheit, ihres Anliegens und ihrer Inhalte. Besonders virulent sind diese methodologischen Fragen bei den Kartäuserbibliotheken Nürnberg, Straßburg und Freiburg/Breisgau, wo nur neuzeitliche Kataloge bezeugt sind, die nur bedingt Rückschlüsse auf die mittelalterlichen Bibliotheksverhältnisse erlauben. Daraus folgt die Schwierigkeit, generelle Aussagen über das Vorkommen und die Rezeption von ‚frauenmystischen‘ Texten oder von ‚Visionsliteratur‘ in den Kartäuserklöstern des deutschsprachigen Südwestens machen zu können. Eine planvolle Absicht, oder gar ein entsprechendes Programm wie in der Erfurter Kartause,9 lässt sich zwar nicht feststellen, dafür aber können ‚Cluster‘, Verdichtungen von ‚frauenmystischen‘ Texten in einzelnen Sammlungszusammenhängen, besonders in den Kartausen Basel und Mainz, beobachtet werden. Der Beitrag von INGRID FALQUE stellt einen anderen Zugang zur Geschichte einer Sammlung dar, indem sie ihren Interessenschwerpunkt hauptsächlich auf die illustrierten Handschriften der Bibliothek der Kartause Nieuwlicht in der Nähe von Utrecht im 15. Jahrhundert legt und deren Beziehung zu meditativen Praktiken analysiert. Eingangs beschreibt sie, dass die Bibliothek die „großen Klassiker der christlichen mystischen Tradition, aber auch weniger bekannte Autoren“ („grands classiques de la tradition mystique chrétienne, mais aussi des auteurs plus méconnus“, S. 255) bietet. Die Schwierigkeit besteht darin festzustellen, inwieweit diese Autoren aus historischer Perspektive der theologia mystica zuzuordnen sind, da es nur wenige Hinweise darauf gibt, wie mit den Quellen in Utrecht umgegangen wurde. Berufen kann man sich allein auf den Titel, der dem

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KURT RUH: Vorbemerkungen zu einer neuen Geschichte der abendländischen Mystik im Mittelalter [1981], in: DERS.: Kleine Schriften, Bd. 2, hg. v. VOLKER MERTENS, Berlin, New York 1984, 337–363, hier 342. Vgl. KLEINEIDAM (Anm. 4) und ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 633–637.

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Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

Verzeichnis der Handschrift Utrecht, Universitätsbibliothek, Ms. 358 beigefügt ist: in hoc volumen continentur plura de vita contemplativa (S. 272). Die Quellen, die aus den Kartausen des deutschsprachigen Südwestens kommen, sind genauso wenig ergiebig. Im Gegensatz dazu sind die Angaben, die aus der Erfurter Kartause stammen, deutlicher und liefern die historische Legitimation für die Zuordnung der aufgelisteten Autoren zur theologia mystica. Bis auf Bertram von Ahlen10 und Dionysius den Kartäuser finden sich alle Autoren, die in der Kartause Nieuwlicht vorhanden sind, auch im Erfurter Katalog, insbesondere in den Signaturgruppen D, E und F, die dem dreiteiligen anagogischen Weg der via mystica, illuminativa und purgativa gewidmet sind, nur in einem anderen Umfang, wie das Beispiel von Bonaventuras ‚De triplici via‘ bezeugt: Von den 13 Exemplaren, die in der Erfurter Bibliothek erhalten waren, sind allein sieben in den Signaturgruppen D, E und F verzeichnet, zu denen noch eine abbreviatio und eine tabula hinzugefügt werden müssen.11 Für die Kartause Nieuwlicht weisen 10

11

Die Signatur H 95 des Erfurter Bibliothekskatalogs enthält den Traktat ‚De investigatione creatoris per creaturas‘: Bertramnus ordinis minorum explanat Itinerarium [Bonaventure] predictum in opere quod, hic habetur. Et dicitur scilicet de investigatione etc. De investigatione creatoris per creaturas (Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 113r, LEHMANN [Anm. 3], 416,21–23). Der Eintrag entspricht der Handschrift Berlin, Staatsbibliothek – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. fol. 687, Bl. 102rb–113va. Siehe MICHAEL BIHL: Fr. Bertramus von Ahlen, O.F.M. Ein Mystiker und Scholastiker, c. 1315, in: Archivum Franciscanum Historicum 40 (1947), 3–48, hier 14f. (Nr. 3); LEHMANN (Anm. 3), 238; STEPHEN M. METZGER: The Manuscripts of Writings by Ioannes Hagen de Indagine, O. Cart., in: Bulletin de philosophie médiévale 50 (2008), 183 (Nr. 5). Die Einleitung der Signaturgruppe E liefert dazu ein Zitat aus diesem Traktat: Diversas cognitiones homo habet in diversis statibus. Nam cognitio … et lumen expansum. De his et quomodo Deus cognoscitur per creaturas et quomodo debet cognosci, ne error incidat, vide Bertramum in libello De investigatione creatoris per creaturas. Et habetur H 95. Item ibidem Itinerarium Bonaventure. Item Richardi [de Sancto Victore] De archa mistica (Bl. 76v); vgl. dazu die Edition in: Texte aus der Zeit Meister Eckharts, hg. v. ALEXANDRA BECCARISI, Bd. 2, Hamburg 2004, 260,11–261,34. Im Erfurter Katalog ist das Werk einem Franziskaner namens Bertram zugeschrieben und mit Bonaventuras ‚Itinerarium mentis in Deum‘ verbunden. BECCARISI hat der Zuschreibung an Bertram von Ahlen widersprochen und den anonymen Traktat ins letzte Drittel des 14. Jahrhunderts datiert, siehe ALEXANDRA BECCARISI: Einleitung, in: ebd., Bd. 1, X und Bd. 2, 256 (die Autorin scheint die Berliner Handschrift nicht zu kennen, vgl. 253). Wir beschränken uns hier auf die Erwähnungen des ‚De triplici via‘ in den Signaturgruppen D, E und F: Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 71*ra, LEHMANN (Anm. 3), 309,37f. (D 8); Bl. 71*vb, LEHMANN 314,32–34 (D 11.3); Bl. 77v, LEHMANN 328,6 (E 6.2); Bl. 79r, LEHMANN 334,10f. (E 22); Bl. 80r, LEHMANN 337,37f. (E 38); Bl. 89r, LEHMANN 355,29–31 (F 53); Bl. 89v, LEHMANN 356,42f. (F 55); Bl. 71*vb, LEHMANN 315,1f. (D 11.3: Abbreviatio); Bl. 78v, LEHMANN 332,17f. (E 17: Tabula). Die Signaturen von D, E und F sind auch über die digitale Edition ‚Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt. Digitale Edition‘ (Anm. 3) des DFGProjekts ‚Making Mysticism‘ abrufbar. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war die Edition noch nicht voll veröffentlicht, weshalb an dieser Stelle nach der Handschrift bzw. LEHMANN zitiert wird (beide über den Mirador-Viewer des DFG-Projekts ‚Making Mysticism‘ digitale zugänglich, siehe https://making-mysticism.org/viewer-zu-hs-hist-6/.

Einleitung

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JOHAN PETER GUMBERT12 und INGRID FALQUE ein einziges, fragmentarisches Exemplar (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, 68.15 Aug. 8°) aus sowie „größere Exzerpte in mehreren Handschriften“ („plusieurs manuscrits contenant des extraits conséquents“, S. 262). HOLTZHAUER und FALQUE stellen in Bezug auf die von ihnen untersuchten Sammlungen fest, dass volkssprachliche Literatur in ihrem jeweiligen Korpus fast vollständig fehlt (mit Ausnahme der Laienbibliothek der Basler Kartause). Diese Lücke schließt der Beitrag von JONAS HERMANN, in dem er den Umgang mit dem ‚Buch von geistlicher Armut‘ in der Bibliothek der Erfurter Kartause untersucht. Dieser anonyme Text, dessen Titel vom Herausgeber HEINRICH SEUSE DENIFLE ohne Bezug auf die Überlieferung eingeführt wurde, gehört zu den zahlreichen volkssprachlichen Werken, die über den ganzen Katalog der Kartause hinweg inventarisiert wurden, ganz zu schweigen von der Signaturgruppe Q, die ursprünglich allein volkssprachlichen Texten gewidmet war.13 In der Signaturgruppe D findet sich der Traktat zweimal, unter Signatur D 1 secundo und unter D 4, wo er als Teil eines Tractatus valde spiritualis beschrieben wird. Beide Male ist der Traktat mit Predigten verbunden, die Tauler zugeschrieben sind. Der zweite Eintrag ist die Arbeit von Bruder N., dem die Beschreibungen auf Blatt 71* zu verdanken sind. Dies ist ein Beweis dafür, dass letzterer unmittelbare Kenntnis vom Traktat mit dem Titel ‚Der kern‘ hatte. JONAS HERMANN untersucht die Handschrift Berlin, Staatsbibliothek – Preußischer Kulturbesitz, mgq 1522, Bl. 28r–147v gemeinsam mit deren Beschreibung im Standortkatalog der Erfurter Kartause, wo sie unter D 1 secundo verzeichnet ist. Sowohl die Handschrift selbst als auch deren Katalogeintrag lassen sich auf die Hand von Jakob Volradi zurückführen. Der 12

13

JOHAN P. GUMBERT: Die Utrechter Kartäuser und ihre Bücher im frühen fünfzehnten Jahrhundert, Leiden 1974, 119f. Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 1*v, LEHMANN (Anm. 3), 243, 40f. Die Signaturgruppe Q ist verlorengegangen. Bemerkenswerterweise fanden sich in der Bibliothek der Erfurter Kartäuser nicht nur deutschsprachige Texte, sondern in H 133 auch etwa „Bruchstücke von Predigten in schwedischer Sprache“ (fragmenta sermonum Suecica lingua, Hs. Hist. 6, Bl. 116v, LEHMANN [Anm. 3], 426,6–18), siehe dazu JONATHAN ADAMS: Language difficulties in some medieval vernacular Scandinavian sermons, in: Constructing the Medieval Sermon, hg. v. ROGER ANDERSSON, Turnhout 2007 (Sermo. Studies on Patristic, Medieval, and Reformation Sermons and Preaching 6), 189–206, 195. Die Handschrift H 133 wurde im 19. Jahrhundert aufgeteilt und wird heute in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien unter den Signaturen Cod. 13013, 13291 und 13292 aufbewahrt. Für eine (kontinuierlich aktualisierte) Übersicht über den erhaltenen Buchbestand der Kartäuser von Erfurt siehe das Arbeitspapier von BALÁZS J. NEMES: Bibliotheca Cartusiae Erfordiensis. Dokumentation über den überlieferten Buchbestand der Erfurter Kartause, 2., korrigierte und erweiterte Version, Freiburg 2021, URL: https://freidok.uni-freiburg.de/data/175871 (Zugriff am 23.11.2021).

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Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

Traktat wird im Katalog dreifach erwähnt (Bl. 69v–69*v), insbesondere im titulus, der den Inhalt der Handschrift kurz zusammenfasst. Die Handschrift wurde mittels eines im Katalog auch sonst angewandten Formulars zur Beschreibung der Buchinhalte in die Signaturgruppe D, die der theologia mystica gewidmet ist, eingeordnet, ein Formular, das seit der Anlage des Katalogs um 1475 maßgeblich ist.14 Der kurze Text, der den titulus begleitet, hebt ihn hervor, denn der ‚Kern‘ wird als „eine äußerst nützliche Lehre“ vorgestellt, „um das höchste Gut, das aktive, das intellektuelle und das kontemplative Leben zu ergreifen“ (item doctrina utilissima apprehendi summum bonum et vitam activam, intellectualem et contemplativam, S. 294). Eine solche Charakterisierung des Textes bietet die Berliner Handschrift nicht. Mit Fug und Recht kann man daher den Schluss ziehen, dass die Aufnahme des Werks in die Rubrik der theologia mystica eine Eigenheit des Katalogs ist. Dieses Beispiel illustriert, dass die Einordnung eines Textes in eine Signaturgruppe und die intellektuelle Erschließung in einem Katalog höchst bedeutsame Operationen hinsichtlich der Rezeptionssteuerung eines Werkes sind und dass Bibliothekskataloge, ebenso wie Handschriften und Zitate, unbedingt in den Blick genommen werden müssen, um die Rezeption eines Werkes in ihrer ganzen Tiefe und Vielfältigkeit zu erfassen. So kann der Katalog der Erfurter Kartause als eines „der bedeutendsten Rezeptionszeugnisse des Textes überhaupt“ (S. 290) betrachtet werden, wie JONAS HERMANN es nahelegt.

III. Mystische Texte in kartäusischen Lehrzusammenhängen Die letzte Sektion ist der Rezeption mystischer Ideen gewidmet und zwar unter dem Vorzeichen der Auseinandersetzung kartäusischer Autoren mit lateinischen und volkssprachlichen Texten über die unio mystica. In dieser Hinsicht war neben Augustinus kaum ein anderer Denker der Mystik so prägend wie Dionysius Areopagita, dessen Biographie und Œuvre bis heute ein Rätsel bleiben. Im Katalog der Erfurter Kartause werden seine Werke oft erwähnt.15 Am Anfang der Einleitung zu D ist der Areopagit

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Vgl. ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 639–642. Werke des Dionysius Areopagita finden sich im Standortkatalog an folgenden Stellen: Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 71*r, LEHMANN (Anm. 3), 308,34, 309,7f. (D 5.1 und 5.2); Bl. 71*v, LEHMANN 314,42f. (D 11.3); Bl. 73r, LEHMANN 318f. (D 17); Bl. 73*r; LEHMANN 319,27 (D 18.1); Bl. 73v, LEHMANN 322,38 und 40 (D 20). Speziell der Traktat ‚De mystica theologia‘ wird in D 5.1, D 17, D 18.1 und D 20 verzeichnet.

Einleitung

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ebenfalls präsent und zudem bestimmend für die thematische Ausrichtung dieser Signaturgruppe.16 Das ‚Corpus Dionysiacum‘ beeinflusste durchgängig seit dem frühen Mittelalter die Kirchenlehre, wobei die darin enthaltenen Werke aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt wurden. Gerade die lateinischen Fassungen und insbesondere der Traktat ‚De mystica theologia‘ drückten der spätmittelalterlichen christlichen Mystik ihren Stempel auf. In ihrem Beitrag untersucht MYRTHA DE MEO-EHLERT wie Guigo I. der Kartäuser in den ‚Meditationes‘ und Bernhard von Clairvaux in ‚De diligendo Deo‘ hinsichtlich der Thematik der Gottesliebe mit dem dionysischen Erbe umgingen. In beiden Texten lassen sich keine direkten Zitate nachweisen. Es zeigt sich aber, dass Konzepte und Metaphern verwendet werden, die auf Dionysisus zurückgehen, um einen je eigenen Umgang mit der Thematik der Gottesliebe zu entwickeln. Wie auch im viel späteren Erfurter Katalog17 gerät dabei immer wieder die Spannung zwischen affektivem und intellektivem Zugang in den Blick. Darüber hinaus hinterfragt DE MEO-EHLERT auch die Art der Beeinflussung, indem sie einen kritischen Blick auf KURT RUHs Umgang mit der Rezeptionsgeschichte des Areopagiten wirft: War die mittelalterliche Auseinandersetzung mit dem Großmeister der Mystik eher linear und direkt oder war die Vermittlung der dionysischen Mystik vergleichbar mit dem Aufgreifen und Wiederverwerten von Bruchstücken? In ihrem Beitrag erwähnt sie zudem, wie die dionysischen Konzepte Eingang in die Volkssprache fanden. DE MEO-EHLERT beleuchtet somit nicht nur die Art und Weise der Rezeption des dionysischen Liebesbegriffes, sondern tangiert am Rande auch die weit verästelten Wege der Rezeption, die vom Griechischen über das Lateinische bis in die volkssprachliche Mystik zu Rudolf von Biberach via Bonaventura, Meister Eckhart oder Johannes Tauler führen. Das Dionysische zeigt sich ferner in der mittelniederländischen mystischen Tradition. Die Autorität schlechthin ist dabei Jan van Ruusbroec, der im Erfurter Katalog unter den Signaturen D 5 primo, D 19 sowie F 11 zu

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Für die Einleitung zu D siehe Bl. 67v, LEHMANN (Anm. 3), bes. 298,25. Für weitere Erwähnungen des Dionysius im Katalog, siehe LEHMANN 673f. Vgl. auch ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 630. Im Katalog wird der intellektive Zugang durch die Werke in der Signaturengruppe E repräsentiert, während F jene Werke versammelt, die dem affektiven Weg zur unio dienlich sind, vgl. ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 635.

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Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes

finden ist,18 womit er als Vertreter der mystischen Theologie gilt. Hierdurch gesellt er sich im Bibliothekskatalog zu jenen Autoritäten der lateinischen Mystik, darunter Augustinus, die Viktoriner, Bernhard von Clairvaux, Bonaventura und natürlich auch Dionysius Areopagita, die er selbst gelesen und in seinen Schriften verarbeitet hat.19 TOM GAENS richtet in seinem Beitrag die Aufmerksamkeit auf einen Anhänger Ruusbroecs, nämlich den Kartäuser Heinrich von Coesfeld, der im Erfurter Katalog nicht vertreten ist. GAENS stellt sein einschlägiges Œuvre anhand von bislang nicht publiziertem Textmaterial vor und untersucht, wie Coesfeld mit seinen Predigten hinsichtlich der Trinitätslehre, Christologie, Mariologie und der Frage nach dem Vorzug des aktiven oder kontemplativen Lebens zum Vermittler zwischen Ruusbroec und Nikolaus von Kues wurde. Im Epilog seines Beitrags illustriert er zudem das bereits von INGRID FALQUE herausgearbeitete Zusammenspiel von mystischen Texten und Bildern: So wie FALQUE die Verwendung von Bildern im kartäusischen meditativen Prozess anhand der Handschrift Ms. 358 der Universitätsbibliothek von Leiden erörtert, so analysiert GAENS ein Gemälde, das Jan van Eyck zugeschrieben wird, und dessen inhaltliche Bezüge zu Predigten von Coesfeld. Laut GAENS ist Coesfeld der Meinung, dass „Bilder die Bedeutung der Bibel nicht nur historisch und wortwörtlich vermitteln, sondern auch mystisch und spirituell“ und dies sogar „in der gleichen Weise wie die Texte, die sie ergänzen“ („As Henry of Coesfeld states in one of his sermons, images that replace the scriptures not only convey meaning historically and literally, but also mystically and spiritually, in the same way as the writings that they supplement“, S. 395). In seinem Beitrag weist GAENS ferner auf den Einfluss des Heinrich von Coesfeld auf die Melker Reform und u.a. Bernhard von Waging hin. So macht auch er deutlich, wie mystische Ideen unterwegs waren und zwischen den Sprachen wanderten: von der Volkssprache eines Ruusbroec ins Lateinische des Heinrich von Coesfeld und damit des Nikolaus von Kues. Die mystische Theologie (‚De mystica theologia‘) des Dionysius Areopagita verlieh der Mystik nicht nur ihren Namen und brachte eine vielfältige Literaturproduktion hervor, sondern war selbst als Text und als Teilbereich der Theologie Gegenstand vieler Diskussionen. CHRISTIAN TROTTMANN thematisiert in seinem Beitrag den Umgang des Kartäusers Hugo de

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Vgl. Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 71*r, LEHMANN (Anm. 3), 308,13, 308,25–28 (D 5.1); Bl. 73**v, LEHMANN 322,12–14 (D 19); Bl. 85r, LEHMANN 343,2–5 (F 11). Vgl. KURT RUH: Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 4, München 1999, 32f.

Einleitung

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Balma20 mit dem dionysischen Werk und zielt auf eine der Kernfragen der Dionysius-Rezeption, die auch DE MEO-EHLERT angerissen hat: In welchem Verhältnis stehen Affekt und Intellekt auf dem Weg zur Gotteserkenntnis? Diese Spannung wird bestimmend für einen ordensinternen Diskurszusammenhang, den TROTTMANN in den Auseinandersetzungen der Kartäuser Guigo de Ponte und Dionysius des Kartäusers mit den von de Balma aufgeworfenen Fragen beleuchtet. Mystik in kartäusischen Lehrzusammenhängen ist geprägt von der Frage nach den Möglichkeiten der Gotteserkenntnis, die auch durch das Bestreben, die mystische Theologie gemäß Dionysius zu interpretieren, angelegt ist. Die Spannung zwischen einem intellektiven und einem affektiven Zugang beschäftigt die theologischen Diskussionen im Orden und nimmt auch einen zentralen Stellenwert im Erfurter Katalog ein.21 Dabei verbleiben diese Diskussionen nicht allein im Lateinischen, sondern greifen aus auf die Volkssprache, wie etwa die Frage nach der Gottesliebe. Durch jede Übersetzung und durch jede Beschäftigung eines Autors mit einem Text in einer anderen Sprache entstand ein Spielraum, der für denkerische Freiheit und die Weiterentwicklung des mystischen Gedankenguts genutzt werden konnte. Die Erfurter Kartäuser wussten um die Vielfalt der mystischen Literatur, denn sie scheuten nicht davor zurück, sowohl die lateinische als auch volkssprachliche Literatur in ihrer Bibliothek zu versammeln.22 Hierbei zeigt sich ihr Bestreben, hauptsächlich unter den Signaturengruppen D und I, eine mystische Sammlung aufzubauen, die ungeachtet der Sprache, um die Perlen dieser Tradition bemüht ist.

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Hugos de Balma Werke sind verzeichnet unter: Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 70v, LEH(Anm. 3), 302,3–8 (D 2); Bl. 71*v, LEHMANN 314,23f. (D 11.3); Bl. 73v, LEHMANN 322,25–32 (D 20); Bl. 74v, LEHMANN 325,15f. (DF 12). In D 2 wird Hugo de Balma als ein Kommentator der dionysischen Mystik charakterisiert, der in ‚De triplici via‘ jene mystische Theologie erklärt, „die der heiligste Dionysius vom heiligen Paulus gelernt hat“, vgl. Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6, Bl. 70v, LEHMANN (Anm. 3), 302,3–8. Vgl. ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 2), 635f. Die Nachbarschaft von lateinischer und volkssprachlicher Literatur war keineswegs selbstverständlich. Doch ähnlich den Erfurter Kartäusern agierte auch ein kartäusischer Kollege in Köln, nämlich der Prior Petrus Blomevenna (1466–1536), der selbst nicht nur volkssprachliche mystische Literatur las, sondern diese auch dem skeptischen lateinischen Publikum zur Verfügung stellte. Er übersetzte das mittelniederländische Hauptwerk von Hendrik Herp, den ‚Spieghel der volcomenheit‘, das ebenfalls im Erfurter Katalog vertreten ist (‚Speculum perfectionis‘ in D 11.2, zweites Buch, Teile 1-4), ins Lateinische (unter dem Titel ‚Directorium contemplativorum‘), da es seiner Ansicht nach „unter der teutonischen Volkssprache vergraben“ lag, aber doch von solchem Wert war, dass er es den „Literaten, die das Volkssprachliche nur mit Widerwillen und Abscheu lasen und hörten“, dennoch zugänglich machen wollte, vgl. Petrus Blomevenna: Prologus translatoris, in: Hendrik Herp: Theologia mystica, hg. v. Dietrich Loher, Köln 1538, Bl. 133r A. MANN

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I Mystische Texte in kartäusischen Rezeptionszusammenhängen

Lektürezeichen und Rezeptionsspuren in ‚The Book of Margery Kempe‘ Ein mystischer Vitentext in den Händen englischsprachiger Kartäuser Simone Kügeler-Race

Abstract ‘The Book of Margery Kempe’ constitutes one of the key texts of medieval English mysticism. Surviving in a unique manuscript copy from Mount Grace Charterhouse (London, British Library, Add MS 61823, c. 1440), the text focuses on the conversion of Margery Kempe in her role as þis creatur, who leaves her comfortable life as a wealthy wife and mother of fourteen children to pursue her journey towards Christian perfection. Most contributions take the rich textual details as a basis to reconstruct the biographical data of the historical Margery Kempe. This approach relies on the problematic premise that the text offers unmediated access to real life experience. Due to this research focus, the extensive marginalia in the manuscript have received considerably less attention. Based on new evidence from the Kempe manuscript, this essay challenges the accepted chronology of annotating scribal hands and outlines contemporary reception. It becomes apparent that the red ink annotator sees a connection between the corporeal experience of divine grace exemplified by the Margery Kempe persona and the ‘mystics’ of Mount Grace, Richard Methley and John Norton, who shaped the monastery’s reputation as a centre of literary production.

I.

Mount Grace Charterhouse als literarisches Zentrum und Rezeptionsraum mystischer Literatur

Der unikal in einer Handschrift des 15. Jahrhunderts überlieferte mittelenglische Vitentext, den die Herausgeber der Erstausgabe aus dem Jahr 1940 mit dem Titel ‚The Book of Margery Kempe‘ versehen haben, stammt aus der Klosterbibliothek der nordenglischen Kartause Mount Grace, wie aus dem zweisprachigen Besitzereintrag des 15. Jahrhunderts auf fol. iv.v

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Simone Kügeler-Race

hervorgeht: Liber mo[n]t[i]s gr[aci]e. this boke is of mo[u]ntegrace.1 Im Jahr 1397 gründete Thomas de Holand (ca. 1374–1400),2 ein Neffe Richard II., Earl of Kent und Duke of Surrey, auf einer abgelegenen Anhöhe in Northallerton, East Riding of Yorkshire, das Kloster Mount Grace. Trotz der relativ geringen Anzahl seiner Mönche stieg Mount Grace im Spätmittelalter zu einem bedeutenden Zentrum der Buch- und Literaturproduktion auf.3 So hat etwa Prior Nicholas Love († um 1423/1424) aus Mount Grace die weit verbreitete englischsprachige Bearbeitung der ‚Meditationes vitae Christi‘4 verfasst, die im Mittelalter dem bedeutenden Franziskanertheologen Bonaventura zugeschrieben wurden.5 Die offizielle Förderung dieser literarischen Aktivitäten geht aus dem berühmten Memorandum hervor, das der Handschrift Cambridge, University Library Add MS 6578 aus

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Der vorliegende Beitrag basiert auf der Einleitung und Kapitel 2.3 ‚Die rubrizierten Annotationen als Zeugnis einer kartäusischen Textlektüre‘ in: SIMONE KÜGELER-RACE: Frauenmystik im europäischen Kontext. ‚The Book of Margery Kempe‘ und die deutschsprachige Viten- und Offenbarungsliteratur des 14. und 15. Jahrhunderts, Köln u.a. 2020 (Forschungen zu Kunst, Geschichte und Literatur des Mittelalters 2), 9–52 und 113–160. Für den Aufsatz wurden die Kapitel gekürzt und leicht überarbeitet, um die Kartause Mount Grace als Rezeptionsraum der Handschrift in den Fokus zu rücken. Erstmalig vorgestellt wurde der Beitrag auf dem Kolloquium des DFG-Projekts ‚Making Mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Erfurter Kartause‘ unter Leitung von BALÁZS J. NEMES und ANTJE KELLERSOHN an der Universität Freiburg. Allen TeilnehmerInnen danke ich herzlich für die anregende Diskussion. Vgl. den Eintrag von JAMES L. GILLESPIE: Holland [Holand], Thomas, sixth earl of Kent and duke of Surrey (c.1374–1400), in: Oxford Dictionary of National Biography, hg. v. LAWRENCE GOLDMAN u.a., Oxford 2004. Zitiert nach der Online-Edition, Version vom Oktober 2008. URL: https://doi.org/10.1093/ref:odnb/13545 (Zugriff am 27.06.2019). Vgl. GLYN COPPACK / MICK ASTON: Christ’s Poor Men. The Carthusians in England, Stroud 2002, 77, die 16 erhaltene Mönchszellen und sechs weitere Klosterzellen für Laienbrüder nennen, die allerdings wahrscheinlich erst um das Jahr 1470 entstanden sein dürften. Vgl. auch ebd., 130: „At Mount Grace we know that many of the monks were working as copyists, their cells containing pens, ink pots, paint pallets and other debris of writing; we also know from the remains of the library what they were reading and writing. Mount Grace had two exceptional scholars in the early sixteenth century, Richard Methley and Prior John Norton, and from their books we know that Mount Grace was at the forefront of modern European devotion and spirituality.“ Vgl. auch DAVID KNOWLES: The Religious Orders in England, Bd. 3, Cambridge 1959, 239 und JAMES HOGG: Mount Grace Charterhouse and Late Medieval English Spirituality, in: Collectanea Cartusiensia, Bd. 3, hg. v. DEMS., Salzburg 1980 (Analecta Cartusiana 82:3), 1–43, hier 2. Vgl. die Textedition Iohannis de Caulibus: Meditationes Vitae Christi, olim S. Bonaventuro attributae, cura et studio MARY STALLINGS-TANEY, Turnhout 1997 (Corpus Christianorum. Continuatio mediaevalis 153). Vgl. zu Loves Priorat, das im Jahr 1410 begonnen hat, W. N. M. BECKETT: Love, Nicholas (d. 1423/4), in: Oxford Dictionary of National Biography (Anm. 2), Version vom September 2004. URL: https://doi.org/10.1093/ref:odnb/53111 (Zugriff am 7.06.2019).

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Mount Grace6 aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vorangestellt ist. Dieses Memorandum weist die Leben-Jesu-Darstellung als von Erzbischof Thomas Arundel (1353–1414)7 persönlich autorisierte ‚Gegenschrift‘ gegen die Häresie der sogenannten Lollarden8 aus und illustriert die institutionelle Eingebundenheit der Literaturproduktion in Mount Grace. Dabei galt die Kartause Mount Grace nicht nur als literarisches Zentrum,9 sondern stand auch im Ruf besonderer Gnadenerwähltheit, wie aus den theologischen Mystiktraktaten des visionsbegabten Klostervikars Richard Methley († um 1527/1528)10 und den Erbauungsschriften des Priors John 6

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Die Handschrift trägt einen Besitzeintrag auf fol. 2v: Iste liber est de domo Assumpcionis beate Marie in monte Gracie. Vgl. MICHAEL G. SARGENT: The Transmission by the English Carthusians of some Late Medieval Spiritual Writing, in: Journal of Ecclesiastical History 27 (1976), 225–241, hier 230 und ELIZABETH SALTER: The Manuscripts of Nicholas Love’s ‚Myrrour of the Blessed Lyf of Jesus Christ and Related Texts‘, in: Middle English Prose. Essays on the Bibliographical Problems, hg. v. ANTHONY S. G. EDWARDS, DEREK PEARSALL, New York 1981, 115–127. Vgl. den Eintrag von JONATHAN HUGHES: Arundel [Fitzalan], Thomas (1353–1414), in: Oxford Dictionary of National Biography (Anm. 2), Version vom Mai 2007. URL: https://doi.org/10. 1093/ref:odnb/713 (Zugriff am 27. 06. 2019). Thomas Arundel erließ im März des Jahres 1401 im Kontext der Lollardenbekämpfung das Statut ‚De heretico comburendo‘, das die Verbrennung auf dem Scheiterhaufen als Bestrafung nicht autorisierter Predigttätigkeit und Verbreitung theologischer Schriften in der Volkssprache festsetzte. Zwischen 1407 und 1409 hat Arundel dieses Statut um die sogenannten dreizehn ‚Constitutions‘ erweitert, die auf die Kirche im Allgemeinen und insbesondere den Lehrbetrieb der Oxforder Universität konzentriert waren und eine monatliche Prüfung der Theologen und Studenten einschloss, um die Verbreitung von Wyclifs Glaubenslehre zu unterbinden. MICHAEL SARGENT merkt an, dass die Begriffe ‚Wycliffite‘ und ‚Lollarde‘ im England des 14. und 15. Jahrhunderts nahezu bedeutungsgleich als Bezeichnung für die Anhänger des Oxforder Theologen John Wyclif (gestorben um 1384) eingesetzt worden seien, MICHAEL SARGENT: Nicholas Love as Ecclesiastical Reformer, in: Church History and Religious Culture 96 (2016), 40–64, hier 45 Anm. 12. Vgl. die grundlegenden Arbeiten von MARGARET ASTON: Lollards and Reformers. Images and Literacy in Late Medieval Religion, London 1984 (History Series 22), 198–219 und den Band von ANNE HUDSON: Lollards and Their Books, London, Ronceverte 1985 (History Series 45), mit dem programmatischen Beitrag ‚Contribution to a History of Wycliffite Writings‘, 1–12. Vgl. auch die Monographie von ANNE HUDSON: The Premature Reformation. Wycliffite Texts and Lollard History, Oxford 1988, in der sie den sozial- und spiritualitätsgeschichtlichen Hintergrund der Lollardenbewegung anhand detaillierter Erforschung der Quellenlage rekonstruiert. Die wenigen erhaltenen Handschriften, die sich dem Umkreis der Kartause Mount Grace zuordnen lassen, werden ausführlich diskutiert in Kapitel 2.3.2 ‚Margery Kempe, Mount Grace und mystische Kartäuserliteratur‘ in: KÜGELER-RACE (Anm.1), 164–199. Dabei zeichnet sich für das Kartäuserkonvent Mount Grace ein wohl durchaus intendiertes Programm ab, das auf die Sammlung, Tradierung und Übersetzung mystischer Erbauungsliteratur zentriert und von der dortigen Klosterleitung getragen ist, wie die umfassenden literarischen Aktivitäten des Kartäuservikars Richard Methley und der beiden Prioren John Norton und Nicholas Love nahelegen. Vgl. den Totenbucheintrag: Dominus Richardus Methlei, monachus professus et vicarius Montisgracie in der Handschrift Horsham/West Sussex, St Hugh’s Charterhouse, Parkminster, MS. B 77 zitiert nach Richard Methley: ‚To Hew Heremyte a Pystyl of Solitary Life Nowadayes‘, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1977 (Analecta Cartusiana 31), 91–120, hier 100 Anm. 24. Vgl. auch

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Norton (von 1509 bis 1522)11 hervorgeht. Diese Erbauungstexte bieten unter anderem persönlich wirkende Berichte über besondere Gnadenerweisungen, die Erfahrung des languor und die sinnlich erfahrbare Gottesliebe, die sich in konkreten Körperzeichen, wie den Gnadenrufen und -tränen, manifestieren kann.12 Ein besonderes Interesse an der Tradierung mystischer Texte indizieren auch zwei lateinische Übertragungen, die Richard Methley verfasst hat: Eine lateinische Version der sogenannten ‚Cloud of Unknowing‘ und eine Übersetzung des mystischen Traktats ‚Le Miroir des simples âmes‘ der als Ketzerin verurteilten Marguerite Porete.13 Außerdem ist von den Schriften Methleys eine discretio spirituum-Lehre erhalten, die als Textfragment (Kapitel 14–27, fol. 262r–265v) überliefert ist und eine systematische Evaluation religiöser Erfahrung bietet.14 Allerdings bezieht die englischsprachige Mystikforschung den textinternen Autorschaftsentwurf des Experten in Methleys ‚Unterscheidung der Geister‘ auf die realhistorische Person, der sie eine zunehmende geistige Reife attestiert.15

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HOGG (Anm. 3), 27 und DAVID KNOWLES: The Religious Orders in England, Bd. 2, Cambridge 1955, 224–226. Die Sammelhandschrift Cambridge, Trinity College, MS O.2.56 aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts tradiert drei ‚autobiographisch‘-mystische Texte Richard Methleys: ‚Scola Amoris Languidi‘ (fol. 1r–24v), ‚Dormitorium Dilecti Dilecti‘ (fol. 25r–48r) und ‚Refectorium Salutis‘ (fol. 49r–70v). Vgl. die Handschriftenedition von JAMES HOGG: Mount Grace Charterhouse and Late Medieval English Spirituality, Bd. 2: The Trinity College Cambridge, MS O.2. 56, Salzburg 1978 (Analecta Cartusiana 64). Siehe dazu KARMA LOCHRIE: Margery Kempe and Translations of the Flesh, Philadephia 1994, 213. Zur Diskussion dieser Mystiktraktate unter dem Aspekt des amor sensibilis vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), bes. 147–162. Vgl. zu Nortons Amtszeit als Prior HOGG (Anm. 3), 28 und 40–43 und KNOWLES (Anm. 10), 239. Drei Erbauungstraktate John Nortons sind in der einfacheren Gebrauchshandschrift Lincoln, Cathedral Library, MS 57 (A 6.8) aus dem 16. Jahrhundert unikal überliefert: ‚Musica Monachorum‘ (fol. 1r–27r), ‚Thesaurus Cordium vere Amancium‘ (fol. 28r–76v), ‚Devota Lamentacio devoti Iohannis Norton Prioris‘ (77r–95v). Vgl. den Eintrag in: Catalogue of the Manuscripts of Lincoln Cathedral Chapter Library, hg. v. RODNEY M. THOMSON, Cambridge 1989, 54f. Vgl. die ausführlichere Diskussion dieser Erbauungstexte in KÜGELER-RACE (Anm. 1), 146–164. Diese beiden lateinischen Übersetzungen sind in der Handschrift Cambridge, Pembroke College, MS 221 aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erhalten: Die ‚Cloud of Unknowing‘ unter dem Titel ‚Divina Caligo Ignorancie‘ (fol. 1r–39v) und Marguerite Poretes ‚Miroir des simples âmes‘ als ‚Speculum Animarum Simplicium‘ (fol. 41r–95v). Vgl. zur Datierung und Foliierung HOGG (Anm. 3), 29f. Vgl. ‚Experimentum Veritatis‘, früher London, Public Record Office MS SPI/239, heute The National Archives SP1/239 f. 294. Textedition von MICHAEL SARGENT: The Self-Verification of Visionary Phenomena. Richard Methley’s ‚Experimentum Veritatis‘, in: Kartäusermystik und -Mystiker, Bd. 2, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1981, 121–137. Vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), 162 mit den dort erwähnten Zitaten von HOGG (Anm. 3), 31: „[...] and the marked serenity of his ‚Experimentum Veritatis‘, dealing with the discernment of spirits and especially with the visits of angels and visions – subjects which earlier would have aroused his enthusiasm –, the difficulty of how to arrive at the truth when doctors disagree, and the problem of modern prophets and evangelists, might suggest that he outgrew his early naiveté. This work also contains a significant apology for the contemplative life (f. 265)“ und

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Diese spirituelle Progression, die von dem schwärmerischen ‚Enthusiasten‘ der ‚Scola Amoris‘ hin zu der gefestigt wirkenden Lehre des ‚Experimentum Veritatis‘ reiche, hat ihren Ausgang in den autobiographischen Mystiktraktaten Methleys, die als unmittelbarer Ausdruck einer naiven Frömmigkeit gelten, wie sie in ganz ähnlicher Weise für den Kempe-Text vorausgesetzt wird.16 Diese eher negative Bewertung der ‚frühen‘ Mystiktraktate Methleys durch die Forschung basiert zu einem nicht unerheblichen Teil auf einigen der zahlreichen Marginalien in der Londoner Kempe-Handschrift Add MS 61823,17 die der sogenannte ‚rubrizierende Annotator‘ vermutlich im späten 15. Jahrhundert bzw. in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in lateinischer und englischer Sprache eingetragen hat. Vier Textpassagen annotiert er mit Verweisen auf die Gewohnheiten und Gnadenerfahrungen Richard Methleys und John Nortons und konturiert sie auf diese Weise als begnadete ‚Personen‘. Die Annotationen lauten: R. Medlay. v.[icar] was wont so to say;18 so fa RM & f Norton & of Wakenes & of þe passyon (vgl. Abb. 1);19 so dyd p[ri]or Nort[on] i[n] hys excesse und father M. was wont so to doo.20 Diesen Eintragungen lässt sich entnehmen, dass der rubrizierende Annotator bestimmte Relationen zwischen den im Buch der Margery Kempe geschilderten Visionen mit ihrer somatischen Konkretisierung und den spi-

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KNOWLES (Anm. 10), 224: „This and other passages have a naiveté, which suggests that Methley, at least at this period of his life, had not yet attained the wisdom of the saints, but it would be wholly unjust to dismiss him as merely an emotional and excitable dreamer.“ Vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), 162. Vgl. ‚The Book of Margery Kempe‘ (im Folgenden abgekürzt als BMK). The Text from the Unique MS. owned by Colonel W. Butler-Bowdon. Vol. I. Edited with Introduction and Glossary by SANFORD BROWN MEECH. Prefatory Notes by HOPE EMILY ALLEN and Notes and Appendices by SANFORD BROWN MEECH and HOPE EMILY ALLEN, London 1940 (Early English Text Society Original Series 212), 330 (Anm. zu 174 Anm. 5). HOPE EMILY ALLEN kommentiert den ersten Marginaleintrag zu Methley folgendermaßen und legt auf diese Weise den Grundstein für die negative Forschungsmeinung: „The series of autobiographical mystical tracts by Methley in the Trinity College Cambridge MS 1160 prove him to have been an extreme exponent of ‚sensory devotion‘ also exhibited by Prior Love in the early days at Mountgrace.“ Vgl. auch die Ausführungen von ERIC COLLEDGE in: The Chastising of God’s Children and The Treatise of Perfection of the Sons of God, hg. v. JOYCE BAZIRE, ERIC COLLEDGE, Oxford 1957, 271: „If we were to judge him only by his own writings, the ‚Scola Amoris Languidi‘ and his other yet unedited tracts, and by his reputation in his own circle, which is witnessed by some of the pious marginalia in the manuscript of ‚The Book of Margery Kempe‘, we might regard him as an enthusiast and not altogether critical cultivator of the sensory phenomena associated with mystical rapture.“ Add MS 61823, fol. 14v, Fußsteg; BMK, 29 Anm. 3. Add MS 61823, fol. 33v, 26–29 Seitensteg; ebd., 68 Anm. 7. Add MS 61823, fol. 51v, 5–7 und 85r, 12–16 rechter Seitensteg; ebd., 174 Anm. 5.

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rituellen Erfahrungen der beiden prominenten Kartäusermönche des Klosters Mount Grace hervorhebt. Im Vordergrund seines Interesses stehen offenbar die körperlich wahrnehmbaren Zeichen mystischer Begnadung. Die Forschung hat diese Randeinträge allerdings zunächst eher skeptisch beurteilt. HOPE EMILY ALLEN etwa deutet sie als eine Art ‚Ausnahmeerscheinung‘ innerhalb des englischsprachigen Kartäuserordens: The ecstatic marginalia apparently emanating from the Charterhouse of Mount Grace c. 1500 may not represent the point of view of all English Carthusians, since ealier there was clearly a division of opinion in the order.21

Ebenso äußert JAMES HOGG in seinen Untersuchungen zur Literaturproduktion und Spiritualität der Kartause Mount Grace Enttäuschung über die auf Methley verweisenden Annotationen in der Londoner Kempe-Handschrift.22 Eine kritische Revision dieser Betrachtungsweise, die die Körperzeichen, die Erfahrungen des languor, des mystischen raptus und des völligen Überwältigtseins angesichts einer persönlichen Gottbegegnung mit unzureichender theologischer Reflexion bzw. einer naiven Artikulationsweise religiöser Erfahrung gleichsetzt, hat die neuere Kempe-Forschung erst ansatzweise vorgenommen.23 Eine solche Analyseperspektive, die die Forschungsdiskussion der autobiographischen Mystiktraktate Methleys als auch der Kempe-Vita geprägt hat, lässt sich zu den Anfängen der Kempe-Forschung zurückverfolgen. Bis zur Veröffentlichung der historisch-kritischen Edition durch SANFORD B. MEECH und HOPE EMILY ALLEN im Jahr 1940 war das bis dahin verloren geglaubte spätmittelalterliche ‚Book of Margery Kempe‘ der anglistischen Forschung nur in zwei Druckfassungen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bekannt.24 Dabei stammt die erste Druckfassung um 1501, die auf die unikal überlieferte Handschrift zurückgeht, offenbar aus kartäusischem Umfeld, wie weiter unten diskutiert. Den sensationellen Handschriftenfund des ‚Book of Margery Kempe‘ hat HOPE EMILY ALLEN im Jahr 1934 in 21 22

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24

BMK, 330 (Anm. zu 174 Anm. 5). Vgl. ‚To Hew Heremyte a Pystyl of Solitary Life Nowadayes‘ (Anm. 10), 91f.: „But my first enthusiasm for him [Richard Methley, S. K.-R.] [...] was somewhat dampened by the isolated references I came across in ‚The Book of Margery Kempe‘, indicating a rather exaggerated emotionalism and a tendency to ‚excesses‘.“ Vgl. auch HOGG (Anm. 3), 31: „Though his earlier works reveal an excessively sensory devotion [...] and the comments in ‚The Book of Margery Kempe‘ referring to Methley might suspect a certain lack of balance [...]“. Vgl. etwa LOCHRIE (Anm. 10), 209–219 und REBECCA SCHOFF: Reformations. Three Medieval Authors in Manuscript and Movable Print Type, Turnhout 2007 (Texts and Transitions 4), bes. Kap. 2 ‚Editing the Books of Margery Kempe‘, 92–139. Vgl. Cambridge, University Library, Wynkyn de Worde 1501, STC 14924, Sel. 5, 27. Vgl. die Druckfassung London, British Library, Henry Pepwell 1521, STC 20972, BL. C. 37.

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einem Brief an die ‚London Times‘ publiziert. Über die Protagonistin des Buches, in der ALLEN die textexterne Verfasserin des Textes sieht, schreibt sie in diesem Brief: „She writes in charming English giving familiar details omitted by most medievals, and with telling echoes of direct discourse; she shows distinct story-telling talent.“25 Dieses vermeintliche Talent zum Geschichtenerzählen sollte in Verbindung mit der so lebensweltlich anmutenden Konkretheit, die die Handschriftenfassung Add MS 61823 auszeichnet, die weitere wissenschaftliche Texterschließung dominieren.26 Die Handschriftenfassung schildert detailrealistisch, wie die zumeist als creature anonymisierte Figur der Margery Kempe ihr weltliches Dasein als begüterte Ehefrau mit 14 Kindern zurücklässt, um ihr Leben ganz auf Gott auszurichten, abenteuerliche Pilgerfahrten zu unternehmen und Audienzen mit geistlichen Würdenträgern und Autoritäten, wie Thomas Arundel, dem Erzbischof von Canterbury, und Philip Repingdon, dem Bischof von Lincoln, wahrzunehmen. Im Zentrum der mystischen Vita steht dabei ihre auf einer persönlichen Gotteserfahrung basierende conversio, die sich auf der somatischen Ebene in konkreten Körperzeichen, Gnadentränen und -rufen manifestiert. In den Episoden des Vitentextes finden sich zudem vermehrt realistisch wirkende, alltagsweltliche Einzelheiten, die in den Beschreibungen der Kleidung der Protagonistin, bestimmter Speisen wie Hering und Stockfisch und der Tätigkeiten des Bierbrauens und der Mehlherstellung zur Darstellung gelangen. Diesen textinternen lebensweltlich-biographischen Angaben gilt das Hauptaugenmerk der Kempe-Forschung,27 die sie als ‚Fakten‘ betrachtet und dabei ohne Weiteres auf die Ebene der ‚Lebensgeschichte‘ einer realhistorischen Person überträgt.28 Dieses Vorhaben, die Lebensgeschichte Margery Kempes zu erschließen, basiert auf der eher problematischen Prämisse, dass der Text die ‚Erfahrungs- und Lebenswelt‘ seiner Protagonistin unmittelbar reflektiert. Zwar zeichnet sich in der Anglistik eine 25 26

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Vgl. HOPE EMILY ALLEN: A Medieval Work, in: The Times, Issue 46946, 27. Dezember 1934, 13. Der Kempe-Text liegt in verschiedenen Textausgaben und Übersetzungen vor, die seine anhaltende Popularität eindrucksvoll belegen: ‚The Book of Margery Kempe‘, übers. v. BARRY WINDEATT. Harmondsworth 1985 (Penguin Classics); ‚The Book of Margery Kempe.‘ A New Translation, Contexts and Criticism, hg. v. LYNN STANLEY, New York u.a. 2001 (A Norton Critical Edition); ‚The Book of Margery Kempe‘, hg. v. LYNN STANLEY, Kalamazoo, Mich. 1996; ‚The Book of Margery Kempe‘. An Abridged Translation, hg. v. LIZ HERBERT MCAVOY, Cambridge 2003 und ‚The Book of Margery Kempe‘, hg. v. BARRY WINDEATT, Cambridge 2004. Vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), 7 Anm. 10 mit einer Auswahl der relevanten Forschungsliteratur. Vgl. die programmatische Äußerung, die die Herausgeber dem Sammelband ‚A Companion to ‚The Book of Margery Kempe‘‘, hg. v. JOHN H. ARNOLD, KATHERINE J. LEWIS, Cambridge 2004, vorangestellt haben, S. xviii: „Our aim in putting the collection together has been to attempt to shift concentration away from the Book as a unique textual product and Margery as ‚author‘, towards a greater consideration of the text as a source for and of its period.“

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zunehmende Sensibilisierung für das intrikate Problem von Autorschaft und Erzählform ab,29 aber dennoch hat die Kempe-Forschung die Erkenntnisse der germanistischen Mediävistik im Hinblick auf die texttypologische Bestimmung frauenmystischer Texte und die perspektivreichen Überlegungen zu den kulturhistorischen und frömmigkeitsgeschichtlichen Voraussetzungen ihrer Entstehung, ihrer institutionellen Einbindung in historische Funktionszusammenhänge sowie die Beziehung zwischen Textüberlieferung und Autorkonstitution bisher nicht in Betracht gezogen.30 Für die 29

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Besonders aufschlussreich sind in diesem Kontext die Arbeiten von LYNN STALEY, die als erste zwischen der Autorin des Textes und ‚Margery‘ als Figur des Textes differenziert hat. Dennoch stellt auch STALEY die im Text entworfene Vorstellung einer gottinspirierten Visionärin, die ihre Gnadengaben diktiert, mit der textexternen Verfasserin gleich. Vgl. LYNN STALEY: Margery Kempe’s Dissenting Fictions, Pennsylvania 1994, bes. 3 und 36–38; DIES.: The Trope of The Scribe and The Question of Literary Authority in the Works of Julian Norwich and Margery Kempe, in: Speculum 66 (1991), 820–838, bes. 836f.; ROBERT N. SWANSON: Will The Real Margery Kempe Please Stand Up?, in: Women and Religion in Medieval England, hg. v. DIANA WOOD, Oxford 2003, 141–165; SARAH SALIH: Versions of Virginity in Late Medieval England, Woodbridge 2001, 166–180, bes. 172f. zu einem Differenzierungsversuch zwischen Autorin und Hauptfigur als „effect of the text“. Vgl. auch den kritischen Forschungsbeitrag von FELICITY RIDDY: Text and Self in ‚The Book of Margery Kempe‘, in: Voices in Dialogue. Reading Women in the Middle Ages, hg. v. LINDA OLSON, KATHRYN KERBY-FULTON, Notre Dame, Indiana 2005, 435–454. RIDDY vertritt im Gegensatz zu NICHOLAS WATSON einen diskursanalytischen Ansatz, der die verschiedenen Sprecherpositionen des Kempe-Textes problematisiert. Vgl. dagegen NICHOLAS WATSON: The Making of ‚The Book of Margery Kempe‘, in: OLSON/KERBY-FULTON (Anm. 29), 395–434, der die textinterne Buchentstehungsgeschichte als Ausgangspunkt für seine problematischen Überlegungen zur faktischen Textentstehung nimmt und die Ich-Einschübe des Erzählers mit den Äußerungen des faktischen Schreibers auf der textexternen Ebene gleichsetzt. Vgl. SIEGFRIED RINGLER: Viten- und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des Mittelalters. Quellen und Studien, München 1980 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 72); DERS.: Die Rezeption mittelalterlicher Frauenmystik als wissenschaftliches Problem, dargestellt am Werk der Christine Ebner, in: Frauenmystik im Mittelalter, hg. v. PETER DINZELBACHER, Ostfildern 1985, 178–200; DERS.: Vitenschreibung als mystische Lehre, in: Minnichlichiu gotes erkennusse, hg. v. DIETRICH SCHMIDTKE, Stuttgart-Bad Cannstatt 1990, 89–104; URSULA PETERS: Religiöse Erfahrung als literarisches Faktum. Zur Vorgeschichte und Genese frauenmystischer Texte des 13. und 14. Jahrhunderts, Tübingen 1988; SUSANNE KÖBELE: Bilder der unbegriffenen Wahrheit. Zur Struktur der mystischen Rede im Spannungsfeld von Latein und Volkssprache, Tübingen, Basel 1993 (Bibliotheca Germanica 30); CHRISTIANE RUHRBERG: Der literarische Körper der Heiligen. Leben und Viten der Christina von Stommeln (1214–1312), Tübingen, Basel 1995 (Bibliotheca Germanica 35); SUSANNE BÜRKLE: Literatur im Kloster. Historische Funktion und rhetorische Legitimation frauenmystischer Texte des 14. Jahrhunderts, Tübingen, Basel 1999 (Bibliotheca Germanica 38); JOHANNA THALI: Beten, Schreiben, Lesen. Literarisches Leben und Marienspiritualität im Kloster Engelthal, Tübingen, Basel 2003 (Bibliotheca Germanica 42); BALÁZS J. NEMES: Von der Schrift zum Buch – vom Ich zum Autor. Zur Text- und Autorkonstitution in Überlieferung und Rezeption des ‚Fließenden Lichts der Gottheit‘Mechthilds von Magdeburg, Tübingen, Basel 2010 (Bibliotheca Germanica 55); URBAN FEDERER: Mystische Erfahrung im literarischen Dialog. Die Briefe Heinrichs von Nördlingen an Margareta Ebner, Berlin, New York 2011 (Scrinium Friburgense 25). Zum Buch von FEDERER siehe die begründete Kritik in der Rezension von BALÁZSJ. NEMES, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 132 (2013), 454–469.

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deutschsprachige Frauenmystikforschung haben vor allem die Arbeiten von SUSANNE BÜRKLE, BALÁZS J. NEMES, CAROLINE EMMELIUS und für die Vita des berühmten Dominikanerbruders Heinrich Seuse der Beitrag von STEPHANIE ALTROCK und JOACHIM ZIEGELER sowie die detaillierte Untersuchung von SUSANNE BERNHARDT eindrucksvoll demonstriert, dass mystische Literaturproduktion nicht ohne Weiteres mit Lebenswirklichkeit abbildendem, lebensbegleitendem Schreiben gleichgesetzt werden kann.31 In der Anglistik hat die auf die Person der Margery Kempe zentrierte Herangehensweise auch die im Vergleich mit der sonstigen Fülle an Forschungsliteratur eher wenigen Beiträge zu den rubrizierten Marginaleinträgen beeinflusst. In den neueren Arbeiten von KARMA LOCHRIE, KELLY PARSONS, JOEL FREDELL und REBECCA SCHOFF zeichnen sich durchaus kontroverse Positionen ab, was eine mögliche Rezeption der Kempe-Handschrift angeht: Sie reichen von Überlegungen zu einer möglichen Gebrauchsfunktion des Kempe-Codex im Rahmen der monastischen lectio (vertreten durch LOCHRIE und FREDELL),32 einer durch Randeinträge markierten Retextualisierung33 (SCHOFF) zu der eher problematischen Hypothese einer Textannotierung für Leserinnen außerhalb der Klostermauern (PARSONS).34 Im

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Vgl. die in Anm. 30 genannten Beiträge und den zuletzt erschienenen Sammelband: Mechthild und das ‚Fließende Licht der Gottheit‘ im Kontext. Eine Spurensuche in religiösen Netzwerken und literarischen Diskursen im mitteldeutschen Raum des 13.–15. Jahrhunderts, hg. v. CAROLINE EMMELIUS, BALÁZS J. NEMES, Berlin 2019 (Beihefte zur Zeitschrift für deutsche Philologie 17). Dieser Band untersucht die Einbettung des ‚Fließenden Lichts‘ in ordensübergreifende religiöse, soziale und personale Netzwerke und literarische Traditionen, um überkommene „Mechthild-Narrative“ (Einleitung, 12) auf der Basis des neuesten Forschungsstandes zu revidieren und innovative Analyseperspektiven zu eröffnen. Vgl. auch den neueren Beitrag von CAROLINE EMMELIUS: Das visionäre Ich. Ich-Stimmen in der Viten- und Offenbarungsliteratur zwischen Selbstthematisierung und Heterologie, in: Von sich selbst erzählen. Historische Dimensionen des Ich-Erzählens, hg. v. SONJA GLAUCH, KATHARINA PHILIPOWSKI, Heidelberg 2017 (Studien zur historischen Poetik 26), 361–389. Zur sogenannten Seuse-Vita vgl. STEPHANIE ALTROCK / HANS JOACHIM ZIEGELER: Vom diener der ewigen wisheit zum Autor Heinrich Seuse. Autorschaft und Medienwandel in den illustrierten Handschriften und Drucken von Heinrich Seuses Exemplar, in: Text und Kultur. Mittelalterliche Literatur 1150–1450, hg. v. URSULA PETERS, Stuttgart 2001 (Germanistische Symposien-Berichtsbände 23), 150–181 und SUSANNE BERNHARDT: Figur im Vollzug. Narrative Strukturen im religiösen Selbstentwurf der ‚Vita‘ Heinrich Seuses, Tübingen 2016 (Bibliotheca Germanica 64). Vgl. LOCHRIE (Anm. 10), 209–219 und JOEL FREDELL: Design and Authorship in the ‚Book of Margery Kempe‘, in: Journal of the Early Book Society for the Study of Manuscripts and Print History 12 (2009), 1–29, hier 9–19. Vgl. SCHOFF (Anm. 23), 116f. Vgl. KELLY PARSONS: The Red Ink Annotator of ‚The Book of Margery Kempe‘ and His Lay Audience, in: The Medieval Professional Reader at Work. Evidence from Manuscripts of Chaucer, Langland, Kempe and Gower, hg. v. KATHRYN KERBY-FULTON, MAIDIE HILMO, Victoria (British Columbia) 2001, 143–217, bes. 145 und 148–150.

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vorliegenden Beitrag sollen diese Thesen zur Textannotierung und möglichen Gebrauchsfunktion der Kempe-Handschrift kritisch beleuchtet und im Anschluss an die Überlegungen der Würzburger Forschergruppe um KURT RUH für deutsche Prosa des Spätmittelalters zu einem „überlieferungsgeschichtlich-gebrauchsfunktionalen Frageansatz“ diskutiert werden.35 Der überlieferungsgeschichtliche Ansatz ermöglicht es, die Überlieferungsdaten der Handschrift in Form unterschiedlicher bedeutungsgenerierender Repräsentationssysteme, wie Anlage, Ausstattung, Schreiberhände, und Gebrauchsspuren, Besitz- und Lesereinträgen näher zu bestimmen, um die Gebrauchssituation, Textgeschichte und ein historisches Textverständnis zu erschließen.36 Nach RUH konstituiere sich die Konzeption der Textgeschichte anhand dreier Ebenen, die den Sprachraum, die Zeit und die Benutzerschichten umfassten.37 Die überlieferungs- und textgeschichtliche Methode der Würzburger Forschergruppe hat die materielle Beschaffenheit der Handschrift ins Zentrum ihrer Untersuchungen gerückt und einen dynamischen, sich in der Überlieferung konstituierenden Textbegriff propagiert. Im vorliegenden Beitrag gilt es, den Blick auf die Überlieferungsdaten der Londoner Kempe-Handschrift zu richten. Der Besitzeintrag der Kartause Mount Grace, die rubrizierten Annotationen und die Marginaleinträge des Schreibers Salthows weisen den Kempe-Codex als ‚Kartäuserliteratur‘ aus, die für den monastischen Bereich produziert worden ist und in die umfassenden Textstudien der englischsprachigen Kartäuser eingebunden war. Die Kartäusermönche aus Mount Grace haben die in der KempeVita präsentierten ‚Körperzeichen‘ mystischer Begnadung, die Visionsdialoge und Christusreden intensiv studiert, wie die Analyse der Randeinträge zeigen soll. Im Rückgriff auf die wichtigen Ergebnisse, die FREDELL in seiner Untersuchung erzielt hat, soll im Folgenden versucht werden, anhand der in brauner und roter Tinte gehaltenen Randeinträge Lektüreschichten mit bestimmten Interessenschwerpunkten zu skizzieren, die um die Mitte des 15. Jahrhunderts mit den braunen Marginalien einsetzen. 35

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KURT RUH: Überlieferungsgeschichte mittelalterlicher Texte als methodischer Ansatz zu einer erweiterten Konzeption von Literaturgeschichte, in: Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Beiträge der Würzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung, hg. v. DEMS., Tübingen 1985 (Texte und Textgeschichte 19), 262–273. Vgl. GEORG STEER: Gebrauchsfunktionale Text- und Überlieferungsanalyse, in: RUH (Hg.) (Anm. 35), 5–37, bes. 32f. Vgl. RUH (Anm. 35), 268: „Im Unterschied zum gedruckten Buch tradiert die Handschrift nicht nur Texte, sondern sie liefert gleich noch die meisten ihrer literaturkundlichen Merkmale mit: In Leserspuren und Lesernotationen, in Besitzvermerken, wie in den handschriftlichen Materialien und Einrichtungen. Es sind dies Daten zur Verbreitung, zur Chronologie, zum ‚Gebrauch‘ handschriftlicher Texte.“

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Abb. 1. – London, British Library, Add MS 61823, fol. 33v

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II.

Die Gebrauchshandschrift London, British Library, Add MS 61823 – Schreiber und annotierende Leser

Bereits die einfache Ausstattung der Kempe-Handschrift legt nahe, dass es sich um eine Gebrauchshandschrift zu monastischen Studienzwecken handelt, da sie nur vereinzelte Verzierungen wie rubrizierte Initialen aufweist, die als Kapiteleinteilung fungieren und den Beginn der beiden Prologpartien, die einzelnen Kapiteleinteilungen der ‚Bücher‘ I und II und den letzten Sinnabschnitt Prayers of the Creature markieren.38 Eine Schreiberhand hat sie in einer sorgfältigen Anglicana ausgeführt. In der Invokationsformel auf fol. 123r Ihesu mercy quod Salthows39 sieht SANFORD B. MEECH eine Art Signet des Schreibers, der nach dem Dorf Salthouse an der Nordküste Norfolks benannt sei. Aufgrund der Schreibsprache und der sorgfältigen Ausführung in Anglicana hält er es für sehr wahrscheinlich, dass dieser Schreiber aus der Region Norfolk stamme.40 HILTON KELLIHER hat 1997 in seinem kurzen Beitrag zur Überlieferungsgeschichte einen wichtigen Hinweis auf die mögliche Identität des Schreibers Salthows gegeben:41 Aufgrund des Eintrags R[i]c[ard]us Salthows (fol. 2r) in der Sammelhandschrift Cambridge, University Library, Ii.4.1242 der Historia Regum Britanniae Geoffreys von Monmouth vermutet er, dass es sich bei dem Schreiber Salthows um einen Benediktinermönch namens Ricardus Salthows aus der Benediktinerpriorei der Kathedrale der Heiligen Dreifaltigkeit in Norwich handeln könnte.43 Zusammengesehen mit dem Besitzvermerk des Benediktinermönchs Roger de Blic[k]lingge mo[nachus] auf fol. 3v und der alten Bibliothekssignatur 38

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Vgl. BMK, Einleitung, xxxiv. Vgl. die Handschriftenbeschreibung mit den kodikologischen Angaben in: The British Library Catalogue of Additions to the Manuscripts, New Series, 1981– 1985, 2 Bde., London 1985, 90. London, British Library, Add MS 61823; BMK, 254. BMK, Einleitung, xxxiii (MEECH). Vgl. BMK, Einleitung, viii: „The scribe Salthows [...] may have been a Norfolk man.“ Vgl. auch BMK, xlv im Hinblick auf den eingebundenen päpstlichen Brief, der an den Vikar von Soham in der Nähe von Ely adressiert ist: „Since it is likely that the writing and binding were done in the same locality, here is additional evidence, that Salthows was propably of East Anglia or near it.“ Vgl. HILTON KELLIHER: The Rediscovery of Margery Kempe. A Footnote, in: The Electronic British Library Journal (1997), 259–263. Diesen Hinweis greift der Londoner Anglist ANTHONY BALE auf und präsentiert ihn als vermeintlich neuen Befund, vgl. ANTHONY BALE: The Woman in White. Why Margery Kempe divides modern readers as much as she did her medieval audience, in: The Times Literary Supplement, 19. Dezember 2014, 16–17 und DERS.: Richard Salthouse of Norwich and the Scribe of ‚The Book of Margery Kempe‘, in: Chaucer Review 52 (2017), 173–187. Vgl. Cambridge, University Library Ii.4.12 aus dem frühen 14. Jahrhundert; zur Datierung vgl. den Eintrag in: Western Illuminated Manuscripts. A Catalogue of the Collection in Cambridge University Library, hg. v. PAUL BINSKI, PATRICK ZUBRI in Zusammenarbeit mit STELLA PANAYOTOVA, Cambridge 2011, 130f., hier 130. Vgl. KELLIHER (Anm. 41), 262 Anm. 4.

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G.lvij des Kathedralpriorats lässt sich die Cambridger Sammelhandschrift der Klosterbibliothek dieser Benediktinerpriorei in Norwich zweifelsfrei zuordnen.44 Tatsächlich ähnelt die Invokationsformel der Kempe-Handschrift (fol. 123r Ihesu mercy quod Salthows) der Namens-Signatur in Cambridge, University Library, Ii.4.12, fol. 2r, die in einem für eine Initiale vorgesehenen Spatium am linken Rand col. 1, 20–21 eingetragen ist. In den Registerbüchern des Benediktinerpriorats ist der Klostereintritt Richard Salthows für das Jahr 1443 belegt, ebenso wie seine verschiedenen Klosterämter, die Gärtner, Cellerar und Infirmarius umfassen.45 Die Diözese Norwich gilt als eines der bedeutendsten Zentren mittelalterlicher Religiosität, in dessen Umfeld die Entstehung der Kempe-Handschrift in Benediktinerkreisen, wie die Schreibsprache und der Schreibername nahelegen, zumindest vorstellbar ist.46 Allerdings hat HILTON KELLIHER anhand eines Vergleichs zwischen Add MS 61823 und der in der Kartause Mount Grace um die Mitte des 15. Jahrhunderts entstandenen Sammelhandschrift London, British Library, Add MS 62450 Indizien dargelegt, die eher auf das Kartäuserkloster Mount Grace als Produktionsort der Kempe-Handschrift deuten.47 Die Frage, wie sich die Hinweise auf einen möglichen benediktinischen Schreiber zu der These eines kartäusischen Entstehungsorts verhalten, lässt sich vorerst nicht genauer klären. Wichtige Anhaltspunkte für diese Frage könnte die Untersuchung der Überlieferung des Norwicher Benediktinerklosters bieten, die ein Forschungsdesiderat darstellt.48 Den gesamten Text der Handschrift Add MS 61823 begleiten die verschiedensten Annotationen – in Form lateinischer und mittelenglischer Randeinträge, Abbreviaturen wie n. für nota und c. für capitulum, Unterstrei-

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Vgl. PAUL BINSKI u.a. (Hg.) (Anm. 42), 139 zum Benediktinermönch Roger de Blicklingge. Vgl. auch NEIL R. KER: Medieval Manuscripts from Norwich Cathedral Priory, in: Transactions of the Cambridge Bibliographical Society 1,1 (1949), 1–28, hier 14. Vgl. BALE (Anm. 41), 17 und JOAN GREATREX: Biographical Register of the English Cathedral Priories of the Provinces of Canterbury c. 1066–1540, Oxford 1997, 554. Zwischen 1484 und 1487 amtierte er als Prior des Priorats St. Leonard, eines am Rande der Stadt Norwich gelegenen Ablegers des Kathedralpriorats, vgl. ebd., 466. Vgl. NORMAN TANNER: The Ages of Faith. Popular Religion in Late Medieval England and Western Europe, London, New York 2009 (International Library of Historical Studies 56), bes. Kap. 7 ‚Religious Practice in Norwich‘, 59–79. Vgl. die Diskussion der Hinweise auf einen benediktinischen Schreiber und ein mögliches kartäusisches Entstehungsumfeld der Handschrift in KÜGELER-RACE (Anm. 1), 67–69. Vgl. RICHARD BEADLE: Prolegomena to a Literary Geography of Later Medieval Norfolk, in: Regionalism in Late Medieval Manuscripts and Texts. Essays in Celebrating the Publication of A Linguistic Atlas of Late Mediaeval English, hg. v. FELICITY RIDDY, Cambridge 1991 (York Manuscripts Conferences. Proceedings Series II), 89–109, hier 99 und GREATREX (Anm. 45), 466.

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chungen, Klammern und Marginalzeichnungen –, die mit Blick auf die Annotationen in brauner Tinte wohl bereits kurze Zeit nach der Entstehung des Codex um die Mitte des 15. Jahrhunderts eingetragen worden sind. Das rubrizierte Annotationscorpus kann anhand der Schrift und der Verweise auf Methley und Norton auf das späte 15. bzw. frühe 16. Jahrhundert datiert werden.49 Am Rand der Handschrift haben Leser rubrizierte Marginalzeichnungen eingetragen, die mit den jeweiligen Textpartien korrespondieren und eine sorgfältige Lektüre indizieren: Sie zeigen Herzen,50 Zeigehände,51 Tränen- und Flammensymbole,52 ein dreieckiges Symbol,53 eine Säule54 (vgl. Abb. 2) und die Umrisse eines Gewandes.55 Die Art und Weise der Textannotierung, die mehrschichtige Annotationcluster einschließt, die verwendeten Symbole und Kommentare des rubrizierenden Annotators zu Methley und Norton legen in Zusammensicht mit dem Besitzeintrag der Kartause Mount Grace aus dem späten 15. Jahrhundert nahe, dass es sich um kartäusische Annotationen handelt.56 Zunächst lassen sich vier Gruppen von Annotationen anhand divergierender Tintenfarben unterscheiden: Der Großteil der Marginaleinträge stammt von Schreibern in roter Tinte, daneben finden sich große braune, fast verblasste Buchstaben,57 eine kleingeschriebene Buchkursive mit fast schwarz

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Vgl. SUE ELLEN HOLBROOK: Margery Kempe and Wynkyn de Worde, in: The Medieval Mystical Tradition in England. Papers Read at Dartington Hall, July 1987, Exeter Symposium IV, hg. v. MARION GLASSCOE, Cambridge 1987, 27–46 (zu den rubrizierten Marginaleinträgen in der Kempe-Handschrift bes. 36f.); PARSONS (Anm. 34), 143–217; FREDELL (Anm. 32), 1–29; SCHOFF (Anm. 23), 92–139 und JULIE A. CHAPPELL: Perilous Passages. The Book of Margery Kempe, 1534–1934, New York 2013 (The New Middle Ages). Vgl. Add MS 61823, fol. 2r mit Jesusmonogramm; fol. 44v; fol. 78v neben Dowtyr I haue drawe þe lofe of þin hert fro alle mennys hertys in-to myn hert (Tochter, ich habe die Liebe deines Herzens aus den Herzen aller in mein Herz gezogen; Übers. S. K.-R.); fol. 102v; fol. 106r neben einer Gottesrede: & þerfor dowtyr þu hast gret cawse to louyn me ryth wel & to ȝeuyn me al thyn hool hert wyth alle thyn affeccyonis […]. (Daher, Tochter, hast du überzeugenden Grund, um mich vollkommen zu lieben und mir dein ganzes Herz mit all deiner Zuneigung zu geben […]; Übers. S. K.-R.). Vgl. Add MS 61823, fol. 11v; fol. 25v neben einer Christusrede: Wyth myn owyn handys whech wer nayled to þe Crosse I xal take þi sowle fro þi bodd wyth gret myrthe & melodye, wyth swet smellys & good odowrys, and offyr it to my Fadyr in Heuyn. (Mit meinen eigenen Händen, die ans Kreuz genagelt waren, werde ich deine Seele aus deinem Körper führen mit Freuden und Gesang, mit süßen Düften und Wohlgerüchen, und sie meinem Vater im Himmel darbieten; Übers. S. K.-R.). Vgl. ebd., fol. 21v; 25r; Flammensymbol, fol. 78v. Vgl. ebd., fol. 58r. Vgl. ebd., fol. 15r. Vgl. ebd., fol. 115r. Vgl. BMK, Einleitung, xxxii. Die großformatigen braunen Annotationen finden sich fol. 7v–57v. Vgl. BMK, Einleitung, xliii und 14 Anm. 1 mit einer Auflistung der Einträge, die die Aufmerksamkeit auf bestimmte Textpassagen durch Wiederholung von Wörtern aus dem Text und nota-Zeichen lenken. Sie be-

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wirkender Tinte58 und schließlich noch kleinformatige Buchstaben in bräunlicher Tinte, die teilweise in Verbindung mit einem Trifolium-Symbol auftreten und dem Schreiber Salthows zugeordnet werden können. Während SANFORD B. MEECH, neben HOPE EMILY ALLEN der zweite Herausgeber der historisch-kritischen Ausgabe, noch von einem Schreiber mit roter Tinte ausgeht, hat JOEL FREDELL in seinem Forschungsbeitrag aus dem Jahr 2009 mit guten Gründen aufgezeigt, dass offenbar drei Benutzer rubrizierte Randnotizen in die Kempe-Handschrift eingetragen haben: Innerhalb des rubrizierten Annotationscorpus differenziert FREDELL drei Schreiberhände, erstens den Annotator mit dunkelroter Tinte („ruby paraph“), zweitens Annotator N („big red N“) und drittens den rubrizierenden Annotator („redink Annotator“).59 Der Annotator mit dunkelroter Tinte trägt vornehmlich Kapitel- oder Paragraphenzeichen ein,60 Annotator N nimmt rubrizierte, großbuchstabige nota-Eintragungen vor,61 während der rubrizierende Annotator den Kempe-Text im Vergleich detaillierter kommentiert.62

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ginnen mit dem stark verblassten Eintrag vayn glory, der einen Ausdruck aus dem Text wiederholt, vgl. fol. 7v, 13: Sche was smet wyth þe dedly wownd of veynglory [...]. (Sie war geschlagen mit der tödlichen Wunde des Hochmuts [...]; Übers. S. K.-R.). Randeinträge in dieser schwarz wirkenden Tinte aus dem späten 15. Jahrhundert markieren fol. 1r–36v sowie fol. 100r mit dem Eintrag 100 im Fußsteg. Diese Notizen bestehen aus interlinear eingefügten Ergänzungen und kurzen Marginalien, z. B. fügt der Benutzer auf fol. 15r in einer Gottesrede suffer deth hinzu: I thank þe dowtyr, þat þow woldyst [suffer deth] for my lofe [...]. (Ich danke dir, Tochter, dass du um meinetwillen den Tod erleiden möchtest; Übers. S. K.-R.). Vgl. BMK, Einleitung, xiii und 21 Anm. 2 mit einer Aufführung der einzelnen Einträge. Vgl. FREDELL (Anm. 32), 3. Vgl. die folgenden Beispiele aus Add MS 61823 in FREDELL (Anm. 32), 23 Anm. 29: fol. 9r (BMK, 17, 13); 9r (17, 25); 11r (21, 5); 15r (29, 19); 19r (38, 12); 23v (47, 34); 24r (48, 17); 24v (49, 35); 25r (51,10); 25r (51, 18); 43v (89, 16); 44r (89, 36); 48r (98, 26); 57v (119, 27); 67r (138, 37); 68v (141, 6); 76r (156, 28); 76r (156, 36); 77r (158, 26); 77v (158, 26); 77v (159, 24); 82v (169, 6); 88v (182, 9); 90r (185, 30); 90v (186, 6); 91v (188, 10); 99r (204, 9); 99v (205, 10); 100r (207, 4); 100v (207, 11); 101v (209, 35); 102v (211, 24); 104v (215, 20); 105r (217, 10); 105v (218, 2). Vgl. ebd., S. 17 und 24 Anm. 35: fol. 4v (BMK, 8, 25); 10v (20, 20); 15v (31, 8); 16r (32, 6); 24r (49, 4); 25r (50, 29); 26r (53, 13); 33r (67, 21); 36r (73, 3); 37r (75, 24); 47v (90, 15); 71r (146, 2); 76r (156, 8); 77r (158, 13); 78r (160, 9); 86r (176, 21); 87r (178, 30); 88r (180, 30); 99r (204, 8); 99r (204, 24); 100r (206, 19); 101v (210, 5); 104r (215, 10); 105v (216, 31); 111r (230, 10); „Out of these twenty-six mystical encounters, only one veers from the theme of Margery’s special grace: on 26r (53, 13), Big Red N marks a passage where Christ tells Margery to counsel a vicar to accept a benefice.“ Vgl. zu den Randnotizen, die eine Art Schlagwort oder einen kurzen Kommentar umfassen können, PARSONS (Anm. 34), 143–217. PARSONS katalogisiert die rubrizierten Randeinträge auf 167–188. Dagegen kritisiert FREDELL, dass KELLY PARSONS in ihrer Analyse das in dunkelroter Tinte gehaltene Kapitel- oder Paragraphenzeichen ebenfalls dem „red ink annotator“ zuweise, obwohl dieser Annotator eine für ihn charakteristische Abbreviatur verwende, etwa Add MS 61823, fol. 22v und fol. 97v, vgl. FREDELL (Anm. 32), 11 und 23 Anm. 25. Allerdings lässt sich nicht mit völliger Sicherheit ausschließen, dass der gleiche Benutzer verschiedene ‚Lektüredurchgänge‘ mit unterschiedlichen Abbreviaturen markiert haben könnte, vgl. KATHRYN KERBY-FULTON: Introduction, in: DIES. u.a. (Hg.) (Anm. 34), 13 Anm. 6.

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Abb. 2. – London, British Library, Add MS 61823, fol. 15r

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III. Die Frage nach der chronologischen Abfolge der Annotationen Was die zeitliche Abfolge der Annotationen betrifft, hat bereits MEECH die braungehaltenen Marginalglossen des Schreibers Salthows als älteste und die rubrizierten Randeinträge als jüngste Schreiberhand ausgewiesen.63 FREDELL ordnet die rubrizierenden Schreiberhände chronologisch, indem er Nachträge und Überschreibungen in der Kempe-Handschrift analysiert und auf dieser Basis eine zeitliche Abfolge erstellt, die mit den Randeinträgen des Schreibers Salthow beginnt, gefolgt von dem Annotator mit dunkelroter Tinte, Annotator N und schließlich zu dem rubrizierenden Annotator in hellroter Tinte führt. Die von FREDELL als großbuchstabige nota-Abbreviaturen („Big N“) gedeuteten Zeichen ähneln durch ihre markant geschwungenen Zierstriche eher dem Buchstaben ‚w‘64 und sie finden sich nahezu ausschließlich am rechten Rand der recto-Seiten der Handschrift in Verbindung mit einem rubrizierten Kapitel- oder Paragraphenzeichen am linken Rand.65 Diese eigentümlich wirkenden nota-Abbreviaturen, die sich ebenfalls in Lesereinträgen des ‚Kartäuserkompendiums‘ London, British Library, Add MS 37790 aus der Mitte des 15. Jahrhunderts finden,66 fungieren offenbar wie das notaZeichen als eine Art inhaltsbezogener Hinweis. Denn in der Kempe-Handschrift markieren sie bestimmte Textpartien, die den Eindruck erwecken, dass sie als ‚Rohmaterial‘ für Textkompilationen gedient haben könnten, da sie zumindest vereinzelt mit den von Wynkyn de Worde gedruckten Exzerp-

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BMK, Einleitung, xxxvii. Diesen Befund hat FREDELL (Anm. 32), 16 in seiner paläographischen Untersuchung bestätigt. Vgl. zur Morphologie des Buchstaben ‚w‘ ALBERT DEROLEZ: The Palaeography of Gothic Manuscript Books. From the Twelth to the Early Sixteenth Century, Cambridge 2003, 94 und 139. Vgl. etwa MS Add 61823, fol. 58v, 3 linker Außenrand Kapitelabbreviatur, fol. 59r, 22 rechter Außenrand w-Symbol; fol. 63r, 10 rubriziertes w-Symbol am rechten Außenrand; fol. 63r, 15 Kapitelabbreviatur am linken Innenrand; fol. 76r, 13 rechter Außenrand mit w-Symbol; fol. 77r, 7 rubriziertes w-Symbol; fol. 85r, 27 w-Symbol; fol. 99r, 11 Kapitelzeichen am linken Innenrand; fol. 99r, 23 w-Symbol am rechten Außenrand. London, British Library, Add MS 37790, fol. 49r, 25; fol. 65r, 19; fol. 114r, 16; fol. 171r, 23–24. Zur kartäusischen Provenienz der Handschrift, die anhand von Glossierungen des Professmönchs James Grenehalgh aus der Kartause Sheen sowie der planvollen Anlage und programmatischen Ausrichtung der Textkompilation erschlossen werden kann, vgl. MARLEEN CRÉ: Vernacular Mysticism in the Charterhouse. A Study of London, British Library, Add MS 37790, Turnhout 2006 (The Medieval Translator 9), 13 und 23–43. Aufgrund des Schreibdialekts liegt eine Entstehung in einer nordenglischen Kartause in Beauvale (Nottinghamshire), Axholm (Lincolnshire) oder Hull (Yorkshire) nahe. Im Kontext der Bestimmung von Leserprofilen hat CRÉ als erste auf die oben genannten nota-Zeichen aufmerksam gemacht hat (294).

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ten aus dem Jahr 1501 korrespondieren. Diese Übereinstimmungen zwischen den mit nota-Abbreviaturen und c-förmigen rubrizierten Kapitelzeichen markierten Textpassagen der Handschrift und der Druckfassung legen nahe, dass die von Wynkyn de Worde gedruckte Fassung um 1501 offenbar auf die unikal überlieferte Kempe-Handschrift als Druckvorlage zurückgeht.67 Der Druck basiert auf einer genauen Textkenntnis der Handschriftenfassung, die durch den Besitzeintrag aus dem späten 15. Jahrhundert der Kartause Mount Grace zugeordnet werden kann und in Zusammensicht mit der Druckfassung das anhaltende Interesse an diesem Text belegt. Zudem liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die englischsprachigen Kartäuser Verbindungen zum Druckbetrieb Wynkyns de Worde unterhalten haben.68 Jedenfalls kennzeichnet das w-förmige nota-Zeichen überwiegend instruierende Christusreden, die die Margery-Figur in Visionen erfährt und die in der Druckfassung kompiliert vorliegen.69 Dagegen demonstrieren die in hellroter Tinte vorgenommenen Kommentare nur ein punktuelles Interesse an sehr spezifischen lebensweltlichen Details70 und sind eher auf ‚mystisches Allgemeingut‘ in Form persönlicher Gotteserfahrung ausgerichtet. Allerdings ist eine eindeutige Differenzierbarkeit für die rubrizierten Randeinträge aufgrund divergierender Tintenfarben, wie sie FREDELL als Differenzkriterium seiner Chronologie ansetzt, nicht immer gegeben. Für eine genauere zeitliche Abgrenzung zwischen den Marginalnotizen des rubrizierenden Annotators und der von FREDELL bestimmten älteren Schreiberhand N, die vornehmlich die w-förmigen nota-Eintragungen vornimmt, sind drei Beispiele besonders aufschlussreich, die ein anderes Licht auf die von FREDELL postulierte Zeitfolge werfen können: FREDELL lässt in seiner Untersuchung ein rubriziertes Klammersymbol auf fol. 51v, 23–27 (vgl. Abb. 3) mit drei strahlenförmig auslaufenden Linien unberücksichtigt, das demonstrieren kann, dass die hellroten Randnotizen des rubrizierenden Annotators offenbar älter als die rubrizierten Einträge von Annotator N sind, da die hellrote Klammer des rubrizierenden Annotators mit der für Annotator N typischeren dunkelroten Tintenfarbe erweitert und überschrieben 67

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Vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), 70–105 mit einer genaueren Untersuchung der Entsprechungen zwischen Handschriften- und Druckfassung und Diskussion der Indizien, die dafür sprechen, dass die Handschrift Add MS 61823 als Druckvorlage gedient hat. Vgl. ebd. Vgl. FREDELL (Anm. 32), 11 und 23 Anm. 29 mit einer Auflistung der entsprechenden Handschriftenseiten. Vgl. die ‚biographischen‘ Annotationen, etwa zur Ortsangabe fol. 3v, 28 of lyn; einzelnen Zeitangaben, wie auf 17r no[ta]. xiij, fol. 20r, 29–30 no[ta] vij ȝere und fol. 53v vij.da.fro Brusto; zu Personen, die die Margery-Figur unterstützen fol. 20v, 3–4 goyd whyte frere; fol. 21r, 8 dame Ielia[n]; fol. 52v goyd mercha[n]d und ihren Familienmitgliedern fol. 54r v. tymes. mare; fol. 66r, 1 husband.

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worden ist. Dabei markiert der erste dunkelrot gehaltene Klammerabschnitt die folgende Textpassage: And sodeynly cam a good man & ȝaf hir fowrty pens & wyth sum þerof sche bowt hir a pylche (Und plötzlich kam ein guter Mann und gab ihr 40 Pence und mit einem Teil davon kaufte sie sich einen aus Pelz gefertigten Mantel).71 Der zweite dunkelrot gehaltene Klammerabschnitt, der durch drei Punkte markiert ist, weist dagegen auf die folgende Gottesrede: Dowtyr stody þow for no good for I xal ordeyn for þe, but euyr stody þow to loue me & kepe þi mende on me for I schal go wyth þe wher þow gost as I haue hite þe be-forn (Tochter, richte deine Aufmerksamkeit nicht auf Besitztümer, da ich für dich sorgen werde, sondern konzentriere dich darauf, mich zu lieben und halte mich in Gedanken, da ich dich auf all deinen Wegen begleiten werde, wie ich es dir zuvor verheißen habe). Das zweite Beispiel findet sich auf fol. 59r, 23: Hier steht das nota-Zeichen des Annotators N neben dem Beginn der folgenden Textpartie (Kapitel 51): Than þe seculer pepil answeryd for hir and seyde sche xulde not comyn in preson (Dann antworteten die Laien für sie und sagten, dass sie nicht ins Gefängnis gebracht werden sollte).72 Der rubrizierende Annotator notiert hier mit seiner Randnotiz Zeile 23 seculer.p. offenbar den Zuspruch, den die MargeryFigur von der Außenwelt erfährt. Auffällig ist, dass die hellrote Tintenfarbe der Rahmung im Vergleich mit den Buchstaben eher verblasst ist, die wie nachgezogen wirken und sich nicht erheblich von der Tintenfarbe der nota-Abbreviatur abheben. Ja, es macht sogar den Anschein, als sei die nota-Abbreviatur auf fol. 59r, 23 des Annotators N über einen zur hellroten Rahmung zugehörigen Zierpunkt eingetragen, so dass Annotator N seinen Eintrag an dieser Stelle erst nach dem rubrizierenden Annotator vorgenommen haben könnte. Ein drittes Beispiel dieser Art bietet fol. 104r, 25 mit der Eintragung o[u]r lade in der Hand des rubrizierenden Annotators, der den Zierstrich des kursiven nota-Zeichens von Annotator N mit dem Abkürzungsstrich des Buchstaben ‚o‘ überschrieben hat.73 Jedoch wirken der Buchstabenkörper des ‚n‘ und die einzelnen Buchstaben der Wörter o[u]r lade wie nachgezogen und sie evozieren den Eindruck einer nachträglichen Überschreibung, wie etwa die Schleife der ‚l‘-Oberlänge und der Buchstabenkörper des ‚a‘ sowie die nahezu identische rote Tintenfarbe nahelegen. Diese Indizien demonstrieren, dass der rubrizierende Annotator einige Textpassagen zeitlich früher als Annotator N kommentiert hat. Auf diese Weise können diese Beispiele die von FREDELL herausgearbeitete Chronologie der Randeinträge mit dem rubrizierenden Annotator als letztem Benutzer der Handschrift problematisieren.

71 72 73

Add MS 61823, fol. 51v, 21–13. Die Übersetzungen hier und im Folgenden von mir. Vgl. BMK, 122, 33–35. Vgl. ebd., 14.

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Abb. 3. – London, British Library, Add MS 61823 fol. 51v

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IV.

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Die rubrizierten Randnotizen in den Deutungsversuchen der Forschung

Bereits MEECH sieht in den rubrizierten Randnotizen die Aufzeichnungen eines religiös bewegten Kartäusermönchs,74 der wenig aussagekräftige „pious ejaculations in red“75 über die gesamte Handschrift verteilt platziert habe. Die dialektalen Besonderheiten der Annotationen entsprechen nicht der Region Norfolks, aus der der Schreiber Salthows stammt, sondern weisen auf das Sprachgebiet Yorkshire, in dem sich die Kartause Mount Grace befand.76 Nach MEECH deuten die Randeinträge vor allem auf lesenswerte Textpartien hin und sie gelten ihm als individueller Ausdruck einer Textlektüre, deren Ursprung eher in religiöser ‚Schwärmerei‘ als einer theologisch fundierten Lektürepraxis zu suchen sei. Den Aussagewert der rubrizierten Annotationen beurteilt er im Hinblick auf die Lebenswirklichkeit der Margery Kempe: „The annotations are not of service in establishing facts of Margery’s life and relations with others.“ Erst in den 1980er Jahren haben die rubrizierten Annotationen erneute Erwähnung gefunden in einem kurzen Beitrag von SUE ELLEN HOLBROOK zum gedruckten Kempetreatyse aus dem Jahr 1501 und der vermeintlichen Vorgehensweise des Exzerptors dieser Druckfassung.77 Hier vergleicht sie die Textauswahlverfahren des rubrizierenden Annotators und des Exzerptors der Druckfassung miteinander und kommt zu dem Schluss: In short, had he been selecting extracts, he might have produced a version of the Book of Margery Kempe dramatising the enthusiastic devotion of a particular woman.78

Eine andere Sichtweise bietet der Beitrag von KELLY PARSONS aus dem Jahr 2001: PARSONS argumentiert, dass die Annotierung der Kempe-Handschrift für weibliche Laien vorgenommen worden sei, wofür sich allerdings keine stichhaltigen Anhaltspunkte im Kempe-Codex finden lassen, wie zu zeigen sein wird. Als Nachweis für ihre These zieht sie unter anderem eine rubrizierte Marginalzeichnung auf fol. 115r heran, die auf das im Text genannte 74 75 76 77 78

Vgl. BMK, Einleitung, xliii. Ebd., xlii. Vgl. ebd., xliii f. Vgl. HOLBROOK (Anm. 48), 35–38. Ebd., 38. Vgl. auch 36: „When we examine both the passages with contiguous annotations and those without, we find that annotations seem to apply to the lines extracted in all but twelve [sic!] cases: 1, 2, 3, 4, 5, 9, 10, 12, 15, 21 and 27. That is both excerptor and annotator seem to have been drawn to the same lines except in these twelve cases.“ Eine genauere Überprüfung konnte demonstrieren, dass sich HOLBROOKS Thesen zur vermeintlichen Exzerpttechnik des Redaktors der Druckfassung unter anderem aufgrund der nicht gesicherten Datierung der rubrizierten Annotationen und der verschiedenen Schreiberhände als problematisch erweisen, vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), 79–84.

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Gewand der Gottesmutter referiere. PARSONS deutet sie als Indiz für ein weibliches Laienpublikum: „The dress [...] is very high necked and conservative, an example of appropriately modest dress for a pious woman, surely of little or no interest to an audience of male monastics.“79 Allerdings ist in diesem Fall eine direkte Text-Bild-Relation gegeben, da das Kleid Mariens als Reliquie der Aachener Heiligtumsfahrt im Kirchenraum des Aachener Doms ausgestellt und von der Margery-Figur im Rahmen ihrer Pilgerfahrt verehrt wird. Dabei zeigt eine rubrizierte Klammer an, dass die Zeichnung mit der folgenden Textpartie korrespondiert: for to seen owr ladys smokke and oþer holy reliqis (um das Gewand unserer lieben Frau und andere heilige Reliquien zu betrachten).80 Dafür spricht auch, dass bereits Salthows das Wort akun (Aachen) mit einem Dreiblatt-Symbol auf fol. 115r, 13 aus dem Text erneut aufgegriffen hat. Wenn man bedenkt, dass die Gottesmutter Maria nicht nur Ordenspatronin des Kartäuserordens, sondern auch Gründungspatronin des Klosters Mount Grace ist, ergibt sich hier vielleicht doch eine gewisse Signifikanz der Marginalzeichnung für klausuriert lebende Kartäusermönche. Zwar nimmt auch PARSONS Bezug auf die Methley/Norton-Annotationen, die sie als eine Art Autorisierung der somatisierten Gnadenerfahrungen der Margery-Figur begreift,81 aber sie lässt außer Acht, dass diese Referenzen wohl eher für ein monastisches Lesepublikum als für Laien bedeutsam gewesen sein könnten. Denn aus den erhaltenen Handschriftenzeugen von Methleys Texten geht hervor, dass ihre Verbreitung offenbar ausschließlich auf den Kartäuserorden beschränkt geblieben ist. Deshalb lässt sich fragen, ob sich die rubrizierten Marginaleinträge ohne Weiteres mit weiblicher Spiritualität gleichsetzen lassen. Denn weitere biographische Angaben und bedeutsame ‚Lebensstationen‘ lässt der rubrizierende Annotator vollkommen unberücksichtigt: Die Namensnennung der Protagonistin, ihre Heirat mit der anschließenden Geburt des ersten Kindes,82 ihre Verhandlungen über eine keusche Ehe83 und die Episode des zweiten Buchs, die thematisch auf die conversio ihres Sohnes zentriert ist, weisen keine Marginaleinträge auf.84 Dieser Befund spricht eher gegen eine rein biographisch-lebensweltlich orientierte Lektüre der

79 80 81 82 83 84

PARSONS (Anm. 34), 153. BMK, 237, 35–36. Vgl. PARSONS (Anm. 34), 146. Vgl. Add MS 61823, fol. 3v–4r. Vgl. ebd., fol. 12r–12v. Vgl. ebd., fol. 107r–108r.

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Kempe-Vita.85 REBECCA SCHOFF stellt die These auf, dass der rubrizierende Annotator die Kempe-Handschrift mit roter Tinte „for an anticipated readership that was actually well known to the editor“ präpariert habe.86 Der Besitzeintrag der Kartause Mount Grace, die Datierung des rubrizierten Annotationscorpus und die Kommentare zu Methley und Norton indizieren eine kartäusische Leserschaft. SCHOFF ist allerdings der Ansicht, dass die rubrizierten Randbemerkungen eine Art ‚Textredaktion‘ bieten, die auf die christuszentrierte Frömmigkeit der Margery-Figur und die Visionsdialoge fokussiert sei. Zumindest implizit klingt in diesen Beiträgen die Fokussierung auf die Person der Margery Kempe an, wobei der vorliegende Beitrag versucht, die Annotationen als Ausweis einer exemplarischen, auf körperlich wahrnehmbare Gnadenerweise zentrierten Textlektüre zu akzentuieren, die sich insbesondere durch die Randeinträge zu Methley und Norton als ‚kartäusisches‘ Interesse erschließen lässt.

V.

Eine monastische Lektürepraxis – Die Annotationen des Schreibers Salthows

Der Schreiber Salthows hat braune Randeinträge bereits unmittelbar nach der Entstehung der Kempe-Handschrift um 1440 in einer kleinformatigen Kursivschrift vorgenommen. Seine Randeinträge umfassen nota-Zeichen

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Neben den Namensnennungen finden sich keine Markierungen: vgl. die Namensnennung fol. 117v (BMK Buch 2, Kapitel 9, 243, 17–20) und die Adressierung fol. 12v (BMK, Kapitel 11, 23, 13); fol. 13v (BMK, 26, 30: Margery telle me my synnes); fol. 17v ohne Eintragungen (Kapitel 15, 35, 8 Philip Repingdon, der Bischof von Lincoln, adressiert die Margery-Figur mit ihrem Vornamen); fol. 42v ohne Eintragungen (BMK, Kapitel 35, 87, 5: Christus nennt ihren Vornamen); fol. 43r Gottvater spricht das Ehegelübde (BMK, 87, 18); fol. 45r: Margerya in pouerte? ohne Vermerk (BMK, Kapitel 38, 93, 26); fol. 50v Maistyr Richard Castyr spricht Margery mit ihrem Vornamen an (BMK, 102, 33), keine Eintragungen; fol. 53r der Bischof adressiert sie als Margery, Tochter des John of Burnamys (BMK, Kapitel 45, 109, 27); fol. 59v [...] a doctowr of dyuinyte whech louyd hir wel wyth many oþer also come to hir & seyd „Margery, how haue ȝe don þis day?“ (Ein Doktor der Theologie, der ihr wie viele andere sehr zugetan war, kam auch zu ihr und sagte: „Margery, wie ist es dir heute ergangen?“) (vgl. BMK, Kapitel 52, 123, 23); fol. 63r Namensnennung Margery ohne Anmerkung (vgl. BMK, Kapitel 54, 131, 11); fol. 72r: Margery (BMK, Kapitel 61, 148, 32); fol. 75v Margery, what xal ȝe now do? (Margery, was sollst du nun tun?) (BMK, Kapitel 63, 155, 12), keine Eintragung bis auf die Randnotiz nota contra Melton; fol. 79v (vgl. BMK, Kapitel 67, 163, 32), keine Hervorhebung des Eigennamens; fol. 80v keine Markierung (BMK, Kapitel 68, 165, 38), Maystir Custawns, ein gelehrter Dominikaner, nennt Margery bei ihrem Vornamen; fol. 81r ein anonymer Gelehrter versichert: Margery, I wold not a spokyn a-geyn ȝow þow ȝe had cryid tyl euyn (Margery, ich hätte kein Wort gegen Dich gesprochen, selbst wenn du bis zum Abend geweint hättest) (BMK, Kapitel 68, 166, 32); fol. 83v Margery (BMK, Kapitel 70, 170, 18, hier bezieht sich die Adressierung worschepful doctowr auf den namentlich benannten Karmelitermönch Maystyr Aleyn, 169, 1–2). SCHOFF (Anm. 23), 116.

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und kurze lateinische Kommentare.87 Vier ausgewählte Beispiele können die Textkommentierung Salthows illustrieren: Sein erster Marginaleintrag befindet sich auf fol. 33v, 18, no[ta] de clamor[e], der die überwältigende Kraft der Gnadenrufe der Margery-Figur hervorhebt (vgl. Abb. 1): þat sche myt not kepe hirself fro krying & roryng (dass sie sich nicht vom Rufen und Schreien abhalten konnte). Das zweite Beispiel auf fol. 37v, 2 betrifft Salthows Eintrag no[ta] de vestura, der auf die von Gott erteilte Aufforderung an die Margery-Figur referiert, weiße Kleidung als Ausführung des göttlichen Willens zu tragen. Ein drittes Beispiel mit Dreiblatt-Symbol auf fol. 40r, 2–3, no[ta] de co[n]fessione, bezieht sich auf die wundersame Beichte der Margery-Figur vor dem als Beichtvater fungierenden Evangelisten Johannes. Das vierte Beispiel liefert ein Randkommentar auf fol. 85v, 15–16, no[ta] indulgencia, der eine Gottesrede annotiert, die die Sündenvergebung thematisiert: & þe same pardon þat was grawntyd þe befor-tyme, it was confermyd on Seynt Nicholas Day, þat is to seyn plenowr remissyon and it is not only grawntyd to þe but also to alle þo þat beleuyn ... (und die gleiche Vergebung, die dir zuvor gewährt worden ist, wurde am Tag des Heiligen Nikolaus bestätigt, d.h. die Vergebung aller Sünden und sie wird nicht nur dir gewährt, sondern auch allen Menschen, die glauben ...).88 Diesen Eintrag listet FREDELL nicht in seinem Beitrag auf. Er stellt die Hypothese auf, dass die Randnotizen in bräunlicher Tinte ein exemplarisches Vitenschema entfalten: Overall, he assiduously avoids the controversial and messy elements of Margery’s identity; instead he carefully compiles incidents and elements that would constitute

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Vgl. FREDELL (Anm. 32), 3 und 14 Anm. 25 mit folgenden Angaben: fol. 9r nota; 13v nota; 24v nota; 25v nota; 33v nota de clamore with trefoil; 37v nota de vestura; 40r nota de confessione with trefoil; 40v nota mirabile quod se[quitur] (mit Trifolium); 43r de desponsacione eius ad deum patrem; 61r narracio mit Trifolium; 75v nota contra melton. Folgende Annotationen, die dieser Schreiberhand zugewiesen werden können, verzeichnet FREDELL nicht: fol. 58r, 4–5 Trifolium-Symbol; 55v, 9–13 ornamentale Linienführung in bräunlicher Tinte am linken Außenrand; 100v, 17–18 no[ta] bene am linken Außenrand; 100v, 19–21 ornamentale Linienführung in bräunlicher Tinte am linken Außenrand. FREDELL begründet seine Zuordnung mit der Vergleichbarkeit des Schreibduktus und der Buchstabenmorphologie der Annotation fol. 40r, 2 nota de confessione und dem Wort confessyon im Haupttext. Er weist auf Übereinstimmungen zwischen dem Eintrag fol. 33v nota de clamore und dem Haupttext hin, die die Schlaufen der Oberschäfte des Buchstaben ‚d‘, den Haarstrichbalken des ‚l‘, der die Unterlänge des Buchstabens ausformt und den Grundstrichbalken des ‚o‘ betreffen. Auch der Zierstrich des ‚r‘ in owyr im Haupttext und im Ausdruck clamore seien nahezu identisch. Zudem finde sich das TrifoliumSymbol sowohl in den bräunlichen Randnotizen (vgl. etwa fol. 40v) als auch in der Invokationsformel des Schreibers, fol. 123r. Allerdings unterscheidet sich das Trifolium-Symbol der Invokationsformel dahingehend, dass es hier nicht aus drei, sondern aus vier Punkten gebildet ist. Vgl. FREDELL (Anm. 32), 21 Anm. 14.

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an exemplary brief vita. In short, we have primary evidence that scribe Salthows was consciously trying to shape his narrative material.89

Es ist allerdings fraglich, ob Salthows tatsächlich eine exemplarische Vitenstruktur anvisiert oder ob er mit seinen Marginalglossen in lateinischer Sprache nicht eher Zeichen der ‚göttlichen Auserwähltheit‘ der MargeryFigur kennzeichnet. Denn die ausgewählten Textpartien entbehren einer „lebensgeschichtlichen Dimension“90, wie sie für frauenmystische Vitenund Offenbarungsliteratur charakteristisch ist, wie beispielsweise die Gnadenvita der prominenten und hochverehrten Engelthaler Dominikanerin Christine Ebner91 demonstrieren kann. Die von Salthows mit einem notaZeichen hervorgehobenen Textpassagen beziehen sich vornehmlich auf Christusreden, die als göttliche ‚Offenbarungsworte‘ an die Margery-Figur adressiert sind, so etwa auf fol. 9r, fol. 24v, fol. 25v, fol. 37r, fol. 43r und fol. 85v. Nahezu die Hälfte der Annotationen in brauner Tinte referieren auf solche Gottesreden, die den Status des Kempe-Textes als einzelpersönlicher Offenbarungsschrift untermauern. Dazu passt, dass sich ab fol. 89v– 119v weitere nota-Abbreviaturen finden, die Gottesworte hervorheben.92 89 90

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Ebd., 10. Dieser Begriff stammt von SUSANNE BÜRKLE: Die ‚Gnadenvita‘ Christine Ebners. Episodenstruktur – Text-Ich und Autorschaft, in: Deutsche Mystik im abendländischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ansätze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998, hg. v. WALTER HAUG u.a., Tübingen 2000, 483–513, hier 491. So überliefert das Christine Ebner-Kompendium Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. theol. et phil. 2° 282 (Sigle S) aus dem 18. Jahrhundert die Gnadenvita (fol. 76r– 154v) und das Fragment eines chronologisch strukturierten Lebensberichts (fol. 156v–158v), das eine Zeitspanne ausgehend von der Vorgeschichte und Geburt Christines hin zu den Gnadenerfahrungen der 15-jährigen Visionärin umfasst. Der Prolog der Gnadenvita bietet mit der von Zeichen der Heiligkeit begleiteten Geburt Christines und der Vorausdeutung auf ihren Tod eine lebensweltlich-biographische Konkretisierung, die die namentliche Nennung des Beichtvaters Konrad von Füssen und genaue Zeit- und Ortsangaben noch verstärken. Vgl. URSULA PETERS: Das Leben der Christine Ebner. Textanalyse und kulturhistorischer Kommentar, in: Abendländische Mystik im Mittelalter. Symposion Kloster Engelberg, hg. v. KURT RUH, Stuttgart 1986 (Germanistische Symposien, Berichtsbände 7), 402–422, bes. 402; SIEGFRIED RINGLER: Ebner, Christine, in: Verfasserlexikon, hg. v. KURT RUH u.a., Bd. 2, Berlin u.a. 21980, 297–302, bes. 299f.; BÜRKLE (Anm. 90), 485f. Vgl. die Auflistung der braunen nota-Einträge in FREDELL (Anm. 32), 23 Anm. 23. Vgl. Add MS 61823, fol. 89v, 9–10 no[ta] b[e]n[e] neben: And dowtyr, ȝyf þu wilt ben hey in Heuyn wyth me, kepe me al-wey in þi mende [...] (Tochter, wenn du hoch im Himmel bei mir sein willst, behalte mich immer in Deinen Gedanken [...]). Dieser Eintrag ist durch eine rubrizierte Klammer erweitert worden, die sowohl die nota-Abbreviatur als auch eine in bräunlicher Tinte gezeichnete Profilfratze einschließt. Fol. 98v, 17–18 no[ta] b[e]n[e] umgeben von einem nachträglichen rubrizierten Kapitelzeichen und kombiniert mit einer Art braunen Profilfratze. Fol. 99v, 1–2 linker Außenrand, no[ta] b[e]n[e] umgeben von einem nachträglichen, rubrizierten Kapitelzeichen. Fol. 100r, 16 rechter Außenrand no[ta] b[e]n[e] neben einer Christusrede zu Gnade und Sündenvergebung. Fol. 100v, 17–18 weist am linken Außenrand eine nota bene-

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Zusammengesehen bieten diese nota bene-Abbreviaturen eine Art ‚Textredaktion‘, die thematisch auf die Offenbarungsworte des Herrn zentriert ist. Und möglicherweise sind sie auf diese Weise von Salthows verstanden worden, der hier offenbar nicht ein Laienpublikum, sondern vielmehr eine monastische Leserschaft vor Augen hatte, wie sich seinen Eintragungen in lateinischer Sprache entnehmen lässt, die die für den monastischen Bereich typischen Abkürzungen aufweisen.93 Darauf deutet jedenfalls eine persönlich wirkende Warnung in brauner Tinte hin, die vermutlich vom rubrizierenden Annotator unterstrichen worden ist und sich auf die Kartäusermönche beziehen könnte, für die die revelatio besonders bedeutsam erscheint.94 Auch die Anmerkung no[ta] de vestura95 auf fol. 37v, 2, die ebenfalls rot unterstrichen ist, könnte im Kontext der weißen Mönchskutte der Kartäuser relevant sein. Und wenn man, wie REBECCA SCHOFF, davon ausgeht, dass der rubrizierende Annotator den Kempe-Text für ein Lesepublikum ‚redigiert‘ hat, das ihm vertraut gewesen ist, lässt sich dies vielleicht auch für Salthows vermuten. Bei der Durchsicht der braunen Marginaleinträge ist auffällig, dass die späteren Benutzer der Kempe-Handschrift die ‚Lektürevorgabe‘ des Schreibers Salthows wiederholt durch nachträgliche Rubrizierungen aufgreifen, aus denen sich eine gewisse Wertschätzung erschließen lässt. Die folgenden Beispiele illustrieren dies: Salthows hat ein nota-Zeichen auf fol. 13r, 21 neben der Ortsangabe a place of monkys platziert.96 Die entsprechende Textpartie berichtet, wie die Margery-Figur durch göttliches Einwirken dazu

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Abbreviatur in bräunlicher Tinte auf, die rubriziert gerahmt ist: sche askyd owr lord ihu crist how sche myght best plesyn hym & he answeryd to hyr sowle seying […] (Sie fragte unseren Herren Jesus Christus, wie sie ihn am besten erfreuen könnte und er antwortete ihrer Seele mit den Worten). Die Zeilen auf fol. 100v, 19–22 dowtyr haue mynde of þy wykkydnes & thynk on my goodnes (Tochter, habe deine Verfehlungen vor Augen und denke an meine Güte) sind mit einer bräunlichen, ornamentalen Linienführung markiert, die ein späterer Annotator mit roter Tinte zu einer Profilfratze erweitert hat. Fol. 104r, 12–13 no[ta] b[e]n[e] ist nachträglich mit einer rubrizierten Rahmung umgeben worden. Vgl. zu der Überlegung, dass lateinische Randnotizen mit Abbreviaturen eher auf eine monastische Leserschaft schließen lassen, MARY CARRUTHERS: The Book of Memory. A Study of Memory in Medieval Culture. Second Edition, Cambridge 2008, 307 und KARL STACKMANN: Neue Philologie? in: Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche, hg. v. JOACHIM HEINZLE, Frankfurt/Main 1994, 398–427, hier 408. Vgl. etwa den oben erwähnten Marginaleintrag in Add MS 61823 fol. 43r, 4–5 de despo[n]sa[cio]ne ei[us] ad d[eum] p[a]tre[m] und die oben diskutierten Beispiele. Vgl. fol. 106v, 4–5 linker Außenrand no[ta] b[e]n[e] & cave tibi als eine Art Warnung neben der Textpartie: & sumtyme þo þat men wenyn were reuelacyonis it arn deceytys & illusyons [...] (und manchmal sind Dinge, die Menschen als Offenbarungen ansehen, Betrüge und Sinnestäuschungen [...]). Vgl. die göttliche Aufforderung fol. 37v, 2–3 ȝyf thow wilt be clad in white clothys (wenn Du weiße Kleidung tragen wirst). FREDELL (Anm. 32), 21 Anm. 14 listet diesen Eintrag nicht auf.

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befähigt wird, einem abtrünnigen Mönch seine Verfehlungen zu offenbaren. Auf fol. 13v, 1 hat ein späterer Benutzer das bräunliche nota-Zeichen am linken Seitensteg mit zwei rubrizierten Punkten versehen. Ein Leser hat Salthows nota-Zeichen auf fol. 24v, 13 durch eine rubrizierte Linienführung erweitert, die auf das Wort man in einer Christusrede weist (fol. 24v, 12–14): I take non hede what a man hath ben but I take hede what he wyl ben (Ich beachte nicht, was ein Mensch gewesen ist, sondern was er sein wird). Auf fol. 25v, 26 ist sein braunes nota-Zeichen, das die Textpartie seynt margarete, seynt barbara and seynt powle einer Christusrede kennzeichnet, ebenfalls durch eine rubrizierte Rahmung erweitert worden: Die nota-Abbreviatur ist neben der göttlichen Liebesversicherung auf fol. 25v, 26 platziert: Dowtyr I be-hote þe þe same grace þat I be-hyte Seynt Kateryne, Seynt Margarete, Seynt Barbara & Seynt Powle ... (Tochter, ich verheiße dir die gleiche Gnade, die ich der Heiligen Katharina, der Heiligen Margarete, der Heiligen Barbara und dem Heiligen Paul verheißen habe …). Spätere Leser folgen den Lektürevorgaben Salthows und reichern sie zu Glossierungschichten an.

VI.

Die rubrizierten Annotationen – Eine kartäusische Textlektüre

Über die gesamte Handschrift verteilt lassen sich rubrizierte Christusmonogramm-Annotationen finden, die sich als Indiz für eine christuszentrierte Frömmigkeit und die Praxis der Anbetung des Heiligen Namens fassen lassen. Ein Christusmonogramm, das auf fol. 1r programmatisch im Kopfsteg platziert ist, ordnet das eigentliche Textfeld unter den Aspekt der Namensverehrung.97 Fol. 1r umfasst den Prolog mit einer didaktisierenden Leserapostrophe und der Aufzählung der wichtigsten Handlungsstationen der conversio der Margery Kempe-Figur. Das gleichsam zwischen Text und Bild stehende Christusmonogramm kann das Wesen Christi als menschgewordenes Gotteswort bildhaft veranschaulichen.98 Es fungiert als Namenschiffre und invocatio: Dafür sprechen jedenfalls weitere Belege in der 97

98

Weitere Beispiele dieser Art finden sich: fol. 2r, 1; fol. 51v, 1; fol. 126v, 1. Vgl. allgemein zur Platzierung von Marginalglossen, die nicht nur Auskunft über ihre Bedeutung, sondern auch über die Glossierungsgewohnheiten eines Annotators geben kann, MARKUS SCHIEGG: Frühmittelalterliche Glossen. Ein Beitrag zur Funktionalität und Kontextualität mittelalterlicher Schriftlichkeit, Heidelberg 2015 (Germanistische Bibliothek 52), 68 und 72. Vgl. zu den theologischen Hintergründen des Christusmonogramms, das im Kontext der Namen Jesus Verehrung zu sehen ist, DENIS RENEVEY: The Name Poured Out. Margins, Illuminations and Miniatures as Evidence for the Practice of Devotions to the Name of Jesus in Late Medieval England, in: The Mystical Tradition and the Carthusians, Bd. 5, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1996 (Analecta Cartusiana 130), 127–146, hier 128 mit Verweis auf die ‚Meditacio ad concitandum timorem‘ Anselms (S. Anselmi Cantuariensis Archiepiscopi Opera Omnia, Bd. 3,

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Kempe-Handschrift, von denen vier Beispiele diskutiert werden: Auf fol. 2r, 2–3 platziert der rubrizierende Annotator ein Christusmonogramm in einem Herzen neben einer Textpassage, die die Unwissenheit der Außenwelt mit der im Inneren verborgenen Begnadung der Protagonistin konstrastiert: for þei wysten ful lytyl how homly ower Lord was in hyr sowle (denn sie wussten kaum, wie vertraut Gott mit ihrer Seele war). Gottes Einwohnung im Herzen ist hier offenbar visuell durch Jesusmonogramm und Herzsymbol umgesetzt,99 das nicht nur für den seelischen Innenraum der Protagonistin, sondern vielleicht auch für denjenigen des Lesers bzw. des Betrachters stehen kann. Fol. 2v ist ebenfalls mit einem programmatischen Christusmonogramm versehen. Denn hier wird die so unwegsam und verrätselt wirkende Schreiber- und Buchentstehungsgeschichte geschildert. Hier stehen offenbar nicht die von der Kempe-Forschung so intensiv diskutierten Details der Buchentstehung im Vordergrund des Interesses, sondern eher die Textpartie in ihrer Gesamtheit, die sich als exemplarischer Ausweis göttlichen Gnadenwirkens fassen lässt. Für die Vita des als diener der wisheit apostrophierten Dominikaners Heinrich Seuse hat SUSANNE BERNHARDT überzeugend nachgewiesen, dass die Abbildung eines Christusmonogramms im Exemplar der Straßburger Handschrift, National- und Universitätsbibliothek, MS 2929 (um 1370) sowohl den eigentlichen Akt des Einschreibens eines Minnezeichens und zugleich dessen Autorisierung in einer Vision im vierten Kapitel auf fol. 7r ins Bild setzt. Sie führt aus, dass das Einritzen des Minnezeichens in die Brust des Dieners durch rubrizierte, großbuchstabige Christusmonogramme im Text des Straßburger Exemplars hervorgehoben werde, während die größere Abbildung auf fol. 7r die Überschreitung der Grenze zwischen immanenter Körperschrift zu einem „unverfügbaren Zeichen“ (BERNHARDT) visuell umsetze.100 Das Christusmonogramm und die Bezeichnung diener der ewigen wisheit konstituierten die Diener-Figur auf verschiedenen Ebenen und machten sie

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100

hg. v. FRANCISCUS SALESIUS SCHMITT, Edinburgh 1946–1961, 79), den zisterziensischen Hymnus ‚Dulcis Iesu memoria‘ (EDMOND BONIN: ‚Dulcis Iesu memoria‘. The Restored Text, in: Cistercian Studies Quarterly 49, 2014, 199–211) und die einflussreiche 15. Predigt Bernhards von Clairvaux über die Hoheliedverse Oleum effusum nomen tuum (Ct 1,2). Bernhard expliziert die Heilswirkung des Namen Christi in Bezugnahme auf das ausgegossene Salböl in Ct 1,2 (Sermons sur le Cantique, Bd. 1 [Nachdruck]. Texte latin de J. LECLERCQ et al., Paris 2006 [Sources chrétiennes]). Vgl. zur bildlichen Umsetzung der Einwohnung Gottes im Herzen und sogenannter Herzklosterallegorien innerhalb einer sich in verschiedenen Bildwerken ausdrückenden ‚Nonnenfrömmigkeit‘ JEFFREY HAMBURGER: Nuns as Artists. The Visual Culture of the Medieval Convent, Berkeley 1997, bes. 151–158. Vgl. BERNHARDT (Anm. 31), 123f.

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wiedererkennbar, zugleich schrieben sie ihr aber eine religiöse Identität zu, die in ihrer Exemplarität über eine bloße historische Referentialisierbarkeit hinausweise.101 Hier zeigen sich christuszentrierte Text- und Darstellungspraktiken, die, obwohl sie einem anderen Zeit- und Sprachraum entstammen, mit dem Annotationscorpus der Kempe-Handschrift zumindest in Ansätzen vergleichbar sind. Denn die abstrakt wirkende Illustration des Christusmonogramms auf fol. 7r des Straßburger Seuse-Exemplars fungiert nicht mehr allein als Erkennungszeichen der Diener-Figur, sondern versinnbildlicht die göttliche Legitimierung der Inskription, die durch das grob ausgeführte, rubrizierte Rautenmuster und die Blutstropfen ähnelnden Tintenstriche dargestellt ist und auf diese Weise eine exemplarische Dimensionierung als Ausweis und Bestätigung göttlichen Gnadenwirkens erhält. In der Kempe-Vita fungieren die Christusmonogramme in ähnlicher Weise, da sie Textpassagen hervorheben, die das ‚geheime‘ innere Wirken Gottes in der Margery-Figur exemplarisch veranschaulichen. Auf fol. 4v, 13 notiert der rubrizierende Annotator das Christusmonogramm und verbindet es mit einer Linienführung, die auf das Wort hir im Text deutet: and hir kepars wer fro hir, owyr mercyful Lord Crist Ihesu ... aperyd to hys creatur (Und ihre Wächter waren nicht bei ihr, da erschien unser erbarmungsreicher Herr Jesus Christus seinem Geschöpf). Hier ist offenbar von besonderem Interesse, dass Christus die Margery-Figur aus den Fängen dämonischer Kräfte nach der Geburt ihres ersten Kindes befreit. Ein weiteres Christusmonogramm in dunkelroter Tinte befindet sich im Kopfsteg auf fol. 51v, 1 über einem Annotationscluster, der sich aus der no[ta] de colore-Eintragung, der Annotation zu Prior Norton und der dreieckigen Klammer zusammensetzt, die nachträglich erweitert bzw. modifiziert worden ist (vgl. Abb. 3). Hier wird eine auf das Heilswirken Christi zentrierte Lektüre zumindest ansatzweise greifbar: Sie umfasst nicht nur die Körperzeichen – die Hautverfärbung, die Gnadentränen und das Winden des Körpers –, sondern auch die göttliche Liebesversicherung und die göttlich bewirkte Unterstützung durch anonyme Personen. In ihrer Gesamtheit betrachtet, indizieren die Christusmonogramme eine sehr genaue und sorgfältige Lektüre: Verschiedene Leser – besonders der rubrizierende Annotator und der Annotator in dunkelroter Tinte – setzen sich intensiv mit dem Text auseinander und reichern die Lesarten ihrer jeweiligen Vorgänger zu ‚Annotationsclustern‘ an, die besonders die Ebene der somatischen Manifestation der Gnadenerfahrung und die Gotteserfahrung im Inneren der Protagonistin hervorheben.

101

Vgl. ebd., 124.

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Wie bereits kurz erwähnt, konturieren die vier rubrizierten Annotationen Norton und Methley als Empfänger göttlicher Gnade und verbinden sie mit jenen Textpartien im Kempe-Text, die die körperliche Dimensionierung der Gnadenerfahrung thematisieren. Diese Annotationen, die Norton und Methley als begnadete Personen profilieren, könnten sich auf die oben erwähnten mystischen Texte beziehen, die die beiden prominenten Autoren des Klosters Mount Grace verfasst haben.102 Insbesondere die autobiographischen Mystiktraktate Methleys präsentieren literarische Entwürfe einer somatischen Manifestation persönlicher Gnadenerfahrung.103 Die erste in roter Tinte gehaltene Anmerkung R. Medlay v. was not wont so to say markiert eine Textpartie auf fol. 14v im 13. Kapitel: Than aftyr þis sche was in gret rest of sowle a gret whyle & had hy contemplacyon day be day & many holy spech & dalyawns of owyr Lord Ihesu Cryst boþe a-for-noon & aftyr-noon wyth many swet terys of hy deuocyon so plentyvowsly & contynualy þat it was meruayle þat hir eyne enduryd er how hir hert mygth lestyn þat it was consumyd wyth ardowr of lofe, whych was kyndelyd wyth þe holy dalyawns of owyr Lord ...104 (Danach erfuhr sie lange Zeit eine große Ruhe in ihrer Seele und Kontemplation Tag für Tag und viele heilige Reden und Unterredungen mit unserem Herren Jesus Christus, sowohl vormittags als auch nachmittags mit vielen süßen Tränen hoher Andacht, so überreich und unentwegt, dass es einem Wunder gleichkam, dass ihre Augen stand hielten oder wie ihr Herz es aushielt, vom Feuer der Liebe verzehrt zu werden, das durch die heiligen Unterredungen unseres Herren entzündet wurde ...).

Die kastenförmige Rahmung des rubrizierten Marginaleintrags zu Methley verweist mit einer spitz zulaufenden Linienführung auf die am rechten Bundsteg eingetragene Randglosse loue. Dass hier offenbar die unermessliche Gottesliebe gemeint ist, belegt die in roter Tinte ausgeführte Marginalzeichnung einer Säule auf fol. 15r (vgl. Abb. 2), die unmittelbar auf eine göttliche Rede referiert: Derworthy dowtyr, lofe þow me wyth al þin hert, for I loue þe wyth al myn hert & wyth al þe mygth of my Godhed, for þow wer a chosyn sowle wyth-owt begynny[n]g in my sygthe and a peler of Holy Cherch (Meine geschätzte Tochter, liebe mich mit ganzem Herzen, denn ich liebe dich mit ganzem Herzen und mit all der Kraft meiner Gottheit, denn du warst eine erwählte Seele ohne Anfang in meinem Blick und eine Säule der Heiligen Kirche).105 Diese Zeichnung hat offenbar nicht nur als eine Art visueller Orientierungshinweis zum Auffinden dieser Textpartie gedient, sondern sie versinnbildlicht zugleich die besondere Relevanz dieser Textpassage, die die Margery-Figur als ‚Säule der heiligen Kirche‘ imaginiert. 102

103 104 105

Vgl. KÜGELER-RACE (Anm. 1), 146–164 zu einer persönlichen Gnadenerfahrung auf der Basis der amor sensibilis-Konzeption, wie sie aus den Mystiktraktaten Methleys hervorgeht. Vgl. z. B. die Diskussion der ‚Scola Amoris Languidi‘ Methleys in: ebd., 153–157. BMK, 29, 11–17. BMK, 29, 19–23.

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Zudem wiederholt der rubrizierende Annotator das Wort loue am Bundsteg fol. 15r neben der göttlichen Versicherung: I xal louyn þe wyth-owtyn ende (Ich werde dich ewig lieben). Der zweite rubrizierte Randkommentar zu Methley und Norton, so fa RM & f Norton & of Wakenes & of þe passyon (vgl. Abb. 1), hebt eine Textpassage hervor, die berichtet, wie eine Vision der Kreuzigung Christi auf dem Berg Golgatha in Jerusalem erstmalig die Gnadenrufe induziert: And þis was þe fyrst cry [Hervorhebung d. Verf.] þat euyr sche cryed in any contemplacyon. And þis maner of crying enduryd many ȝerys aftyr þis tyme for owt that any man myt do & þerfor sufferyd sche mych despyte & mech reprefe. Þe cryeng was so lowde & so wondyrful þat it made þe pepyl astoynd les þan þei had herd it beforn & er elly[s] that þei knew the cawse of þe crying. & sche had hem so oftyn-tymes þat þei madyn hir ryth weyke [Hervorhebung d. Verf.] in hir bodyly myghtys & namely yf sche herd of owyr Lordys Passyon.106 (Und dies war der erste Schrei, den sie jemals in ihrer Kontemplation ausstieß. Und diese Art und Weise der Rufe dauerte seither viele Jahre an, was auch immer irgendjemand tat, und daher litt sie viele Boshaftigkeiten und Anfeindungen. Die Rufe waren so laut und so merkwürdig, dass die Leute erstaunt waren, wenn sie sie nicht zuvor gehört hatten oder den Grund ihres Rufens kannten. Und die Rufe widerfuhren ihr so häufig, dass sie sie sehr schwächten in ihren körperlichen Kräften und insbesondere wenn sie von der Passion unseres Herren hörte).

Bereits Salthows hat auf diese Textpartie mit dem Eintrag no[ta] de clamor[e] in brauner Tinte hingewiesen. Der rubrizierende Annotator greift diesen nota-Eintrag auf, indem er ihn mit roter Tinte umrandet und darunter den Hinweis auf Norton und Methley platziert. Dieser Marginaleintrag des rubrizierenden Annotators ist mit einer rubrizierten Rahmung versehen, deren pfeilartige Verlängerung auf das Wort weyke im Textfeld weist. Erweiterungen dieser Art sind typisch für die Vorgehensweise des rubrizierenden Annotators. Der dritte rubrizierte Kommentar, so dyd prior Norton in his excesse, findet sich am linken Seitensteg fol. 51v, 5–7 (vgl. Abb. 3) neben einer Textpassage, die ebenfalls die Somatisierung der Gottesbegnadung detailrealistisch beschreibt: sche wyth þe crying wrestyd hir body turnyng fro þe o syde in-to þe oþer & wex al blew & al blo as it had ben colowr of leed (Mit den Rufen warf sie ihren Körper von einer auf die andere Seite und sie lief schwarz und blau an wie die Farbe des Bleis).107 Fol. 51v, 3 weist bereits die 106 107

Add MS 61823, fol. 33v, 18–25, vgl. BMK, 68, 24–27. BMK, 105. Vgl. dazu BMK, Kapitel 28, 69, 19–32, in dem die anonyme Erzählinstanz die Gründe für die Verfärbung ihrer Haut anführt. Denn die Margery-Figur versucht vergeblich, die aus ihr hervorbrechenden Gnadenrufe zurückzuhalten. Dass dieses ‚Überwältigtsein‘ und das Ausbrechen der unkontrollierbaren Gnadenrufe zum topischen Arsenal frauenmystischer Vitentexte gezählt

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lateinische Randnotiz no[ta] de colore in hellroter Tinte auf, die sich auf die Hautverfärbung der Protagonistin während des mystischen raptus bezieht (wex al blew & al blo as it had ben colowr of leed sie lief schwarz und blau an wie die Farbe des Bleis).108 Zudem befindet sich auf fol. 51v ein Christusmonogramm im Kopfsteg und die oben diskutierte Klammer, die in hellroter Tinte die Zeilen 21–27 kennzeichnet.109 Auch hier zeichnet sich nicht nur ein Dialog mit dem Textmaterial ab, sondern auch eine Art ‚Gespräch‘ zwischen den Lesern, die Markierungen ihrer Vorgänger erweitern und für ihre Textlektüre modifizieren. Die vierte Marginaleintragung zu Methley findet sich auf fol. 85r am Rand des Kapitels 73, das schildert, wie Margery während einer Gründonnerstagsprozession eine Kreuzigungsvision in hir sowle erfährt, die den Abschied Jesu von seiner Mutter, den zwölf Aposteln und Maria Magdalena thematisiert. Die Annotation father M. was wont so to doo110 bezieht sich auf eine Formulierung aus Kapitel 73: Whan sche beheld þis sygth in hir sowle, sche fel down in þe feld a-mong þe pepil (Als sie seinen Anblick in ihrer Seele betrachtete, fiel sie in das Feld inmitten der Leute).111 Und auch diese Textpartie greift die Thematik der Gnadenrufe erneut auf, wie bereits zuvor die annotierten Kapitel 28 und 44: Sche cryid, sche roryd, sche wept as þow sche xulde a brostyn þer-with. Sche myth not mesuryn hir-self ne rewlyn hir-selfe, but cryid & roryd þat many man on hir wonderyd (Sie schrie, sie brüllte, sie weinte als ob sie dadurch bersten würde. Sie konnte sich weder kontrollieren noch beherrschen, sondern schrie und brüllte, dass viele Menschen sich über sie wunderten).112 Diese Textstellen führen den Körper der Begnadeten augenscheinlich als Instrument göttlicher Inspiration vor, das zwischen physischer Präsenz und transzendierter Zeichenhaftigkeit oszillierend entscheidend für die Gottesbegegnung wird.

108 109

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werden können, belegt eine Textpartie aus der Vita der Maria von Oignies, die in der Handschrift Oxford, Bodleian Library, MS Douce 114 aus der Kartause Beauvale überliefert ist (zitiert nach Prosalegenden, hg. v. CARL HORSTMANN, in: Anglia 8, 1885, 102–196, hier 137, 39–43): But where as she enforced hir to restreyne hir wepynge, þere encresed meruelously teerys moor and moor. For whan she toke hede how grete he was þat suffred for vs so [...], hir sorowe was efte renewyd, and hir souwle wiþ neue teerys was refresshed by a swete compunxione (Aber dort, wo sie versuchte, ihr Weinen zurückzuhalten, da mehrten sich die Tränen umso mehr. Denn wenn sie in Betracht zog, wie groß derjenige war, der für uns am Kreuz gelitten hatte, so wurde ihre Bedrängnis oftmals erneuert [...], und ihre Seele mit neuen Tränen durch süße Reue erfrischt). Add MS 61823, fol. 51v; BMK, 105, 22–23. Add MS 61823, fol. 51v, 21–27 linker Seitensteg: And sodeynly cam a good man & ȝaf hir fowrty pens & wyth sum þerof sche bowt hir a pylche. & euyr owr Lord seyd to hir „Dowtyr, stody þow for no good for I xal ordeyn for þe, but euyr stody þow to loue me & kepe þi mende on me for I schal go wyth þe wher þow gost as I haue hite þe be-forn.“ Übersetzung auf S. 43. BMK, 174 Anm. 5. Ebd., 174, 19–21. Ebd., 174, 21–24.

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Der rubrizierende Annotator deutet die Tränen und Gnadenrufe der Protagonistin als Zeichen der göttlichen Liebe, im Sinne einer somatischen Konkretisierung des amor sensibilis.

VII. Die Lektürezeichen in der Kempe-Vita als Ausweis eines kartäusischen Textstudiums Wie die obige Analyse der Randeinträge zeigen konnte, lässt sich die Frage nach der chronologischen Abfolge der rubrizierten Marginalien nicht in eindeutiger Weise festlegen, wie es etwa die Darstellung FREDELLs postuliert. Die umfangreiche Annotierung der Kempe-Handschrift legt nahe, dass die monastische Leserschaft durch ihre Marginaleinträge in eine Art Dialog mit der Kempe-Vita tritt und die bestehenden Lektüreanweisungen Salthows in verschiedenen Glossierungsschichten mit einer christuszentrierten Spiritualität anreichert und erweitert. Es sind offenbar die Christusreden und die in immer neuen Variationen auftretenden göttlichen Liebesversicherungen und äußerlich wahrnehmbare Zeichen der besonderen Gnadenerwähltheit, die die Leser als Zeichen der ‚Heiligkeit‘ in ihren Bann ziehen und zu einem Dialog mit dem Kempe-Text anregen. Dass der nordenglischen Kartause Mount Grace, aus der die Benutzereinträge zu Methley und Norton sehr wahrscheinlich hervorgegangen sind, eine wichtige Rolle als Rezeptionsraum der Kempe-Vita und literarisches Zentrum zukommt, demonstrieren die oben erwähnten Mystiktexte Methleys und Nortons. Die uns vorliegende Texttradierung in der Handschrift Add MS 61823 bietet Aufschluss über ein kartäusisches Interesse am Kempe-Texte, das über die rubrizierten Annotationen eine Lektüre erschließen lässt, die die sinnlich wahrnehmbaren Zeichen der Gotteserfahrung und Offenbarungen, in Form von Christusreden, Visionsdialogen und Liebesversicherungen, exemplarisch deutet. Die Figur der Margery Kempe steht offenbar stellvertretend für eine Einzelseele, die göttliche Gnade am eigenen Leib erfahren hat, sie buchstäblich in ihrer Person verkörpert und mit ihrem Buch bezeugt. Deshalb ist es wohl nicht zufällig, dass der rubrizierende Annotator die Gemeinsamkeiten zwischen Richard Methley, John Norton und Margery Kempe im Hinblick auf die somatische Dimension der Gnadenerfahrung kommentiert. Vielleicht dient das Exempel der mulier religiosa Margery Kempe dazu, die Legitimität der sichtbaren Zeichen der Gottesbegnadung im Leben der Kartäusermönche zu unterstreichen. Oder ist es Anliegen der Nutzer, die ‚Echtheit‘ der Gotterwähltheit der Margery Kempe zu erweisen? Dann wären allerdings Hervorhebungen der biographisch-lebensweltlichen Stationen der Protagonistin zu erwarten, die in

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der Kempe-Handschrift gerade nicht aufzufinden sind, wie oben diskutiert. Die lebensweltlich-referenzialisierende Lesart der Kempe-Forschung steht in Kontrast zu den über die Annotationen hergestellten Lektüreschichten.

Reading Mystics, Building Saints Impact and Reception of Carthusian Holy Women Within the Order Sergi Sancho Fibla

Abstract Carthusians are well known for the attention they devoted to mysticism, whether it concerned women or men’s texts. However, if we look inside the female branch of this order, it may be surprising how few texts are produced inside the Carthusian cloisters by women. In the medieval period, we only find one writer, Marguerite d’Oingt. But if we look further, and we focus on the posterity that her writings had, either inside or outside the Order, the surprise is even greater. Although her works contain some mystical teachings close to those of other female mystics of the 13th and 14th centuries, the resonance her texts found in the centuries after her death was extremely poor. This article will analyse the construction of the female exemplary figures inside and outside the Carthusian Order with a study of the manuscript tradition that contains the experiences, thoughts, and actions of Marguerite d’Oingt, Béatrice d’Ornacieux and Roseline de Villeneuve up to the 17th century. Together with providing sometimes unpublished, sometimes neglected information on the early-modern reception of these figures, this article will also make a critical contribution to the methodological discussion of the historical construction of mysticism.

I.

Introduction

This article was born from an oddness. Any scholar who has been interested in medieval spirituality, and more specifically in female mysticism, knows the role that the Carthusian Order played in its production, diffusion and promotion. However, if we look inside the female branch of this Order, it may be surprising how few texts are produced inside the Carthusian cloisters by women. In the medieval period, we only find one female writer, Marguerite d’Oingt. But if we look deeper, and we focus on the posterity that her writings had, either inside or outside the Order, the surprise is even greater. Although Marguerite’s works contain some mystical teachings close to those of other female mystics of the 13th and 14th centuries, the resonance her texts found in the centuries after her death was extremely

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poor. It was not until the 19th century that her writings aroused some interest, especially on the part of linguists, who saw in her works the first testimony written in the Franc-Occitan dialect. This oblivion has no doubt been remedied in recent years, when Marguerite d’Oingt was included in studies of medieval mysticism in a general sense. Therefore, Marguerite is unanimously considered by scholarship as a mystic and her writings as mystical works. This is not the case with a contemporary of hers, Béatrice d’Ornacieux, whose life was precisely written by Marguerite. Béatrice is considered a figure of holiness whose experiences are sometimes looked upon as mystical. However, these labels were not always attributed in this way. The semantic construction of what we call mysticism today is a difficult field to explore. With this article I would like to participate in this debate, analysing the reception of the three most famous figures of female Carthusian spirituality: Marguerite d’Oingt († 1310), Béatrice d’Ornacieux († 1303) and Roseline de Villeneuve († 1329). With this, together with providing sometimes unpublished, sometimes neglected information on the early-modern reception of these figures, I will also try to make a critical contribution to the methodological discussion of the historical construction of mysticism. Therefore, the oddness that allowed the birth of this article was the verification that, from the 15th century onwards, the mystical teaching of Marguerite’s texts only seems to have interested to build figures of holiness, either her own figure or that of Béatrice. From this observation, a polarity clearly appears in the way of reading these texts: we can either look for a testimony of the visionary or unitive phenomenon with the divinity, or we can look for a virtuous model of life for religious women. In this article, thus, I will propose a study of the manuscript tradition that contains the experiences, thoughts, and actions of Marguerite d’Oingt, Béatrice d’Ornacieux and Roseline de Villeneuve up to the 17th century. I will analyse the ways in which these sources have been read, copied, modified, and adapted. In short, I will focus on the construction of their exemplary lives and experiences inside and outside the Carthusian Order.

II.

Female mysticism in the charterhouses

Carthusians are, as I stated before, well known for the attention they devoted to mysticism, whether it concerned women or men’s texts. On the one hand, the medieval Carthusian monks wrote visions and prophecies. As DENNIS D. MARTIN studied, visionary literature was used in the context

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of the Reform in response to the advances of muslims in the East.1 It is true that at first the visionary phenomena were seen as suspicious and were even rejected by some of the monks, but these critical texts are not representative of the whole Order.2 In the 15th century some monks were inspired by women visionaries,3 some wrote treatises on the discernment of authentic visions and their suitability for preaching,4 and other even wrote their own visions.5 As far as women visionaries are concerned, Denis the Carthusian († 1471) himself wrote about the ‘Life’ of Christina Markyate and about Brigitta of Sweden’s visions of purgatory.6 Johannes of Hagen († 1475) wrote a special work demonstrating that visionary writings made by women, although being of lesser authority, were perfectly compatible with the Scriptures.7 Similarly, Vincent of Aggsbach († 1464) was interested in

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DENNIS D. MARTIN: Carthusians as Advocates of Women Visionary Reformers, in: Studies in Carthusian Monasticism in the Late Middle Ages, in: Studies in Carthusian Monasticism in the Late Middle Ages, ed. by JULIAN M. LUXFORD, Turnhout 2009 (Medieval Church Studies 14), 127–153, here 138–142. See, for instance, Henry Eger of Kalkar’s opposition in JOHANNES MANGEI: Kartäuserorden und Visionsliteratur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser. Festgabe zum 65. Geburtstag von Edward Potkowski, ed. by SÖNKE LORENZ, Stuttgart 2002 (Contubernium 59), 289–316, here 289. He offers different reasons why Carthusians kept silent about the visions they experienced or described them as happening to others. See some examples in DENNIS D. MARTIN’s attempt to prove that Carthusians were the pioneers of meditative practices associated with the Rosary: Behind the Scene. The Carthusian Presence in Late Medieval Lay Spirituality, in: Nicholas of Cusa and His Age: Intellect and Spirituality. Essays dedicated to the memory of F. Edward Cranz, Thomas P. McTighe, and Charles Trinkaus, ed. by THOMAS M. IZBICKI, CHRISTOPHER M. BELLITTO, Leiden 2002 (Studies in the History of Christian Thought 105), 29–62. Johannes Brewer of Hagen, Dominic of Prussia, or Dennis of Ryckel are some examples, cf. MARTIN (n. 1), 132. As MANGEI (n. 2), 296 points out, the chronicler Pierre Dorland (Petrus Dorlandus, † 1507) claimed that the Carthusians, above all other orders, had been blessed with the charism of the visions: “Durch die Erwähnung von Erscheinungen des Gekreuzigten, Ordenseintritte nach Auditionen, wie im Fall eines Priesters mit Namen Ludwig, durch die ausführliche Berücksichtigung der Visionen des Dionysius Cartusiensis und anderer Offenbarungen mehr stellt Dorlandus den Kartäuserorden als besonders begnadete Gemeinschaft dar – eine der Intentionen des chronikalischen Sammelwerkes und seiner späten Publikation durch Theodorus Petreius.” For Dorland’s chronicle: Dom Petrus Dorlandus: Chronicon Cartusiense: in quo de uiris ordinis illustribus, rebusque, in eodem praeclare gestis, nec non & admiranda plurimarum cartusiarum constructione scite pertractatur. Ante annos quidem centum ab auctore conscriptum, nunc autem primo e latebris erutum ac selectarum quarunda adiectione notarum illustratum, publicoque bono promulgatum, Coloniae Agrippinae 1608. Cf. Denis the Carthusian: ‘De quator hominis novissimis’, art. 50, 564b A–B, and art. 50–51, 564–66, quoted in MARTIN (n. 1), 132–133. Ibid., 133–135. Also, according to MARTIN (n. 1), 135 n. 29 “Johannes of Hagen may well have been responsible for volumes in the Erfurt library specifically focused on women visionaries.”

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those not-learned prophetesses (“Dorothea of Prussia and others”) who, however, were granted of infused knowledge given by the experience.8 The same emphasis on mystical expertise is found in the Erfurt catalogue, started in 1475 by Jakob Volradi and Frater N., and later carried out by other copyists until 1520.9 This is a particularly interesting catalogue, as it provides a list of Latin and Vernacular texts that guide the reader towards unio mystica and theologia mystica. Additionally, among the categories D, E, F, DF and I that concern mysticism, the latter refers exclusively to “exemples and revelations”: various “revelations” account of female mystics like Brigitta of Sweden, Mechthild of Magdeburg, Mechthild of Hackeborn, Gertrude the Great, Catherine of Siena, Hildegard of Bingen, etc.10 8

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The contrast made by this author between experienced women’s works and imaginative Nicholas of Cusa’s texts is particularly interesting: Ex praemissi, mi Pater, perpendere potestis, quid sentiam de Dorothea de Prussia et de aliis supra memoratis, quae fuerunt sine literis doctae. De quibus reneo, quod in doctrina doctae ignorantiae fuerint clarius illustratae, quam Cusa. Quarum doctrina non ex revolutione librorum, sed ex unctione, de omnibus docente, processit. Quae doctrina aliis nominibus dici potest sancta rusticitas, paupertas spiritus, sive simplicitas virtuosa. De hac doctrina doctae ignorantiae ipse Cusa non experientiam, sed imaginationem suam sequens scripsit (From what I have just said, my father, you may ponder what I think about Dorothea of Prussia and the others recalled above, who lacked training in letters. Of them I hold that they were more clearly illuminated by the teaching of learned ignorance than Cusanus. For that teaching proceeds not from turning pages but from anointing by which all are taught. This teaching may in other words be said to be holy rusticity, poverty of spirit, or virtuosa simplicitas. Of this doctrine of learned ignorance Cusanus wrote not out of experience but following his own imagination, Transl. MARTIN [n. 1], 149). The basic printed source for these letters is Codex diplomaticohistorico-epistolaris, ed. by BERNARDI PEZ, PHILIBERTI HUEBER, Augsburg 1729 (Thesaurus anecdotorum novissimus 6), 338b. For more information about Vincent of Aggsbach, cf. MARTIN (n. 1), 142–146. See the digital edition of the catalogue, with specialized bibliography in ‘Making mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt’, URL: https://making–mysticism.org (last accessed: 02/02/2020). As MARTIN (n. 1), 134–135 states, “perhaps the best overview of Carthusian interest in the visions of women is found in the pages of the late-fifteenth-century Erfurt Charterhouse library catalogue, edited by Paul Lehmann in 1928, the first four codices under the category J, which the catalogue describes as devoted to books of diverse exempla and revelations, all contain materials pertaining to Brigitta, the next two (J 5 primo/secundo and 6) are devoted to Mechthild of Hackeborn and Mechthild of Magdeburg, while J 7 contains the revelations of Gertrude the Great. Codex J 11 is given over to Catherine of Siena. Fragments of this remarkable assemblage survive today in Oxford, Bodleian Library, Hamilton MS 7, the former codex J 3 of the Erfurt Library, and at Halle, Universitätsbibliothek, Yc 8° 6, the former Erfurt J 2. The latter, which I have not yet had opportunity to study, begins according to the catalogue with a Collectorium ex libris devotarum feminarum, including Birgitta, Mechthild, ‘a certain holy Margareta’, Catherine of Siena, Gertrude of Helfta, and Hildegard of Bingen. Clearly the Carthusians at Erfurt noticed, indeed underscored, the phenomenon of prophetic revelations given specifically to women.” This catalogue is currently being studied in two parallel projects, led by BALÁZS J. NEMES: ‘Making Mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt’ (DFGproject) and ‘The theologia mystica as ‘Literature of Experts’. The experti and Their Works in

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Further evidence of the particular interest that the Carthusian monks took in this subject is their involvement in the copying and dissemination of mystical and visionary literature. Indeed, they played a key role in the dissemination of, among others, Mechthild of Magdeburg’s († 1280s/90s) revelations11 and the visions of Agnes Blannbekin († 1315).12 However, perhaps the most illustrative example is the British Library Amherst Manuscript (Additional 37790), a 15th-century volume containing, inter alia, the works of Julian of Norwich († 1416), Marguerite Porete († 1310), Richard Rolle († 1349)13, Ruusbroec († 1381), Heinrich Seuse († 1366) and Brigitta of Sweden.14 According to MARLEEN CRÉ, this compendium was certainly originated in a Carthusian environment for two reasons. The first is the Carthusian link with the texts that form this volume. Indeed, the order of

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the Reading and Compilation Practice of the Erfurt Carthusian frater N.’ (FRIAS-project) focusing on the twosome experience/theology and the gendered perspective derived from this appealing differentiation of categories. Cf. Mechthild von Magdeburg: ‘Lux divinitatis’ – ‘Das liecht der gotheit’. Der lateinischfrühneuhochdeutsche Überlieferungszweig des ‘Fließenden Lichts der Gottheit’. Synoptische Ausgabe, ed. by ERNST HELLGARDT, BALÁZS J. NEMES, ELKE SENNE, Berlin 2019, XXXI–LXXVI. See PETER DINZELBACHER / RENATE VOGELER: Leben und Offenbarungen der Wiener Begine Agnes Blannbekin († 1315), Göppingen 1994 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 419), 17–22. We find also Rolle’s texts in the Belgian Charterhouse of Herinnes, cf. ANTHONY I. DOYLE: Carthusian Participation in the Movement of Works of Richard Rolle between England and other parts of Europe in the Fourteenth and Fifteenth Centuries, in: Kartäusermystik und Mystiker, ed. by JAMES HOGG, Salzburg 1981 (Analecta Cartusiana 55:2), 109–120, here 111–112. It concretely contains: 1. A Middle English translation by Richard Misyn of Richard Rolle’s ‘Emendatio vitae’, dated 1435 (f. 14–18r); 2. A Middle English translation by Richard Misyn of Rolle’s ‘Incendium amoris’, dated 1434 (f. 18v–95r); 3. The ‘Golden Epistle’ of Saint Bernard, an anonymous epistle wrongly attributed to Saint Bernard (f. 95v–96v); 4. The short text of Julian of Norwich’s ‘Revelations of Divine Love’ (f. 97r–115r); 5. A Middle English translation of Ruusbroec’s ‘Vanden Blinckenden Steen’ from ‘De calculo candido’ (f. 115r–130r); 6. Fragments from Richard Rolle’s ‘Form of Living’ and ‘Ego formio’, fragments from chapter 4 of a Middle English translation of Heinrich Suso’s ‘Horologium sapientiae’ (f. 130v–136v); 7. A Middle English translation of Marguerite Porete’s ‘Le mirouer des simples ames’ (f. 137r–225r); 8. A Latin compilation of the ‘Liber soliloquiorum animae ad Deum’ (f. 226r–233v); 9. A short tract on the contemplative life (f. 234r–236r); 10. A separate tract on contemplation (f. 236r– v); 11. A Middle English translation of Brigitta of Sweden’s ‘Revelationes’ II, 16 [cropped]. A complete description of the manuscript can be found in: A Book of Showings to the Anchoress Julian of Norwich, ed. by EDMUND COLLEDGE, JAMES WALSH, Toronto 1978 (Studies and Texts 35), vol. 1, 1–5, and in MICHAEL G. SARGENT: James Grenehalgh as Textual Critic, vol. 2, Salzburg 1984 (Analecta Cartusiana 85), 499–510.

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Saint Bruno was responsible of a great part of the reading, study, circulation, and possessing of Ruusbroec’s15 and Rolle’s works16, Marguerite Porete’s ‘Mirror of Simple Souls’17, ‘The Book of Margery Kempe’18, and Julian of Norwich’s ‘Revelations of Divine Love’.19 The second reason would be the presence of this manuscript in Carthusian monasteries in the 15th century, evidence based on records of owning and reading marks (annotations).20 However, MARLEEN CRÉ nuances the compiler’s interest in female mysticism. According to her, he would have been more attracted by the literary expression of their vivid divine experiences.21 Consequently, the Amherst Manuscript brings together different mystical texts belonging to women and men, thus revealing, in contrast to the Erfurt catalogue, an indistinction of gender. This is, however, not the only example of such commitment to mystical matters. The fragmentary sources of Carthusian libraries from London and Witham libraries show the presence or allusions to Mechthild of Hackeborn’s and Brigitta’s ‘Revelations’ for the first house, and Elizabeth of Schönau and Catherine of Siena for the latter.22 Nonetheless, it is not my intention to carry out a detailed analysis of all the mystical literature promoted by the Carthusians, but only to point out the close relationship they had with female spiritual literature, whether mystical texts, revelations or hagiographies. This remarkable interest is 15

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JOYCE BAZIRE and EDMUND COLLEDGE presume that the Carthusians may have introduced Ruusbroec’s Latin works in England, due to a traditional belief that this author would have belonged to the order, cf. Jan van Ruusbroec: The Chastising of God’s Children and the Treatise of Perfection of the Sons of God, ed. by JOYCE BAZIRE, EDMUND COLLEDGE, Oxford 1957, 83. See n. 13 above. Beyond Porete’s text found in Amherst Manuscript, it seems that Oxford, Bodleian Library, MS Bodley 505, and Cambridge, St John’s College, MS 71 may have been originated in Charterhouses as well, cf. MARILYN M. DOIRON: The Mirror of Simple Soules: An Edition and Commentary, PhD dissertation, Fordham University 1964, xii–xiv. The Carthusians from Mount Grace possessed it at the end of the 15th century, cf. Margery Kempe: The Book of Margery Kempe. The Text from the Unique MS owned by Colonel W. Butler-Bowdon, vol. 1, ed. by SANFORD B. MEECH, HOPE E. ALLEN, New York 1940 (Original Series 212), xxxii; and SIMONE KÜGELER-RACE: Frauenmystik im europäischen Kontext. ‘The Book of Margery Kempe’ und die deutschsprachige Viten- und Offenbarungsliteratur des 14. und 15. Jahrhunderts, Wien et al. 2020, 164–198. Cf. SARGENT (n. 14), 52. MARLEEN CRÉ provides an excellent proof of this issue in her article about Julian of Norwich’s and Marguerite Porete’s texts in Amherst Manuscript, cf. Women in the Charterhouse? Julian of Norwich’s ‘Revelations of Divine Love’ and Marguerite Porete’s ‘Mirror of Simple Souls’ in British Library, MS Additional 37790, in: Writing Religious Women: Female Spiritual and Textual Practices in Late Medieval England, ed. by DENIS RENEVEY, CHRISTIANIA WHITEHEAD, Cardiff 2000, 43–62, here 46–50. Ibid., 57. ANTHONY I. DOYLE: The Libraries of the Carthusians, in: Syon Abbey, with the Libraries of the Carthusians, ed. by VINCENT GILLESPIE, London 2001 (Corpus of British Medieval Library Catalogues 9), 607–652, here 623–624, 626, 646–647.

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contrasted with the almost non-existent later texts by holy Carthusian women. Not only do they not appear among the compilations of spiritual texts such as those we have pointed out, but if we submerge ourselves in the reception that such texts had, we find that they were not enhanced by the Order other than for their character of sanctity. Why are the texts that speak of the exstatic experiences and visions of Marguerite d’Oingt, Béatrice d’Ornacieux or Roseline de Villeneuve not taken into account as mystical? Is it so for all of them? Are they seen as mystical figures or holy figures? Was it even possible to look at them as mystics? Does this consideration change over time? What are the differences between all three? In the following pages I will deal with all these questions by conducting a progressive study of the three cases. One by one I will try to reconstruct the way in which they were considered by the institution and thus try to answer these questions.

III. Holy Carthusian women. Mystical women? Et c’est avec autant de douleur que d’etonne/ment, que je remarque le peu de soin que l’on a eu de recueillir les admirables actions de leurs vies, dont la connoissance contribueroit merveilleusement a la gloire de Dieu par la Sainte Emulation quelle ins/pireroit aux ames les plus curieuses de leur avancement spirituel. Ce louable desir m’en avoit fait faire une recherche la plus exacte qu’il m’a este possible, mais apres beaucoup de perqui/sitions et de lecture, je n’a y trouvé seu/lement que deux prieures. L’une cest la B. Marguerite douin, et l’autre la venerable mere Jeanne de Beaujeu (Manuscript C’ f. 103r–v). (With as much pain as astonishment, I notice the lack of interest in writing down the admirable actions of their lives [speaking about the nuns from Poleteins], whose knowledge would masterfully contribute to the glory of God through the saintly emulation that they would inspire to the souls willful of spiritual progress. This laudable wish has pushed me to do the most exact research, but after many perquisitions and readings, I only have found two prioresses: Marguerite Douin and the venerable mother Jeanne de Beaujeu; Transl. S.F.).

This quotation was made by the author of the 17th century manuscript 5786R, currently kept in the Bibliothèque de Grenoble (Manuscript C'). The manuscript contains the works of Marguerite d’Oingt, some information on Carthusian foundations, as well as brief records on important men and women related to these houses. Although the compiler of the manuscript is speaking here specifically of the nuns who lived at Sainte Marie de Poleteins (a monastery founded around 1230 by Jeanne de Beaujeu and ruled by Marguerite d’Oingt in the late 13th and early 14th centuries), this quotation could apply to any of the Carthusian nuns. The compiler thus evokes a ‘lack of interest’ as early as the 17th century. Similarly, a few centuries later, PIERRE GARDETTE begins the publication of Marguerite

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d’Oingt’s works with the expression “some authors are not lucky”23, underlining the weak circulation of the writings of this mystical writer. Both arguments show a clear agreement among the few scholars who have worked on the female branch of the Carthusians and which contrasts with the above-mentioned involvement of the monks of this Order in medieval mystical literature. In this article I will try to explain the ‘misfortune’ or ‘lack of interest’ in the ‘daughters of St. Bruno’24 and in the works that tell us about their holy, mystical, and/or visionary experiences. In order to do so, it will be indispensable to understand the belonging of each one of the texts to the literary and theological traditions of revelations, hagiography or mystical thought in order to understand the reception they had in the Late Middle Ages and the Early Modernity, as well as their inclusion in the panorama of medieval mysticism today. The three major holy female figures that belonged to the Carthusian Order during the Middle Ages were Marguerite d’Oingt († 1310), Béatrice d’Ornacieux († 1303) and Roseline de Villeneuve († 1329).25 When I say ‘major figures’ I do not intend to place them at the top of a hypothetical hierarchy within the Order. Instead, I understand by this expression their importance according to the sources that have been preserved and the impact that we can conjecture they would have had in line with late medieval concepts of Christian holiness, spirituality, and mysticism. I understand ‘spirituality’ here as a concept that encompasses holiness, the practices of devotion and asceticism, ecstatic and visionary experiences and, finally, mystical thought. In this sense, the three figures belong, therefore, to the field of spirituality. However, their belonging to the fields of mysticism, holiness, or visionary literature has to be analysed case to case. Today, Marguerite d’Oingt is considered as a visionary and a mystic by the entire scholarship. Thus, despite having received less attention than other mystics, Marguerite usually appears alongside contemporary cases such as Angela of Foligno, Marguerite Porete, or Mechthild of Hackeborn. Her identification as a mystic is already explicit in the English edition made by 23

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ANTONIN DURAFFOUR / PIERRE GARDETTE / PAULETTE DURDILLY: Les Œuvres de Marguerite d’Oingt, Paris 1965 (Publications de l’Institut de linguistique romane de Lyon 21), 7. This is how part of the scholarship refers to the female branch of the Carthusian Order, alluding to the founder, Saint Bruno. For instance, QUENTIN ROCHET uses it in the title of his book about the Charterhouse of Prémol, cf. Les filles de saint Bruno au Moyen Âge: Les moniales cartusiennes et l’exemple de Prémol (XIIe–XVe siècle), Rennes 2013. Since still the majority of the scientific production about these figures has been made in French, and in order to follow a global coherence, I will always allude to them in the French version of their names (even if the first references found in the manuscripts are in Latin, Franc-Occitan and Provençal: Margareta, Biatrix, and Rossolina).

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RENATE BLUMENFELD-KOSINSKI, but what influenced the scholarship more than anything else was the fact that BERNARD MCGINN included her in his study ‘The Flowering of Mysticism: Men and Women in the New Mysticism (1200–1350)’.26 Marguerite is basically considered a mystic for the contents and rhetoric used in her writings, but also for the fact that her authorship is not disputed. In this sense, it seems clear to me that, in most of the bibliography, there is an intimate relationship between authorship and mystical thought, causing many testimonies that have been preserved in hagiographic texts not to be considered as such. This is the case of Béatrice d’Ornacieux, who has generally been considered a visionary but scholars have hesitated to include her within the framework of mysticism. In my opinion, this aspect is mainly related to the fact that her experiences have been preserved in a ‘Life’ written by someone else (precisely Marguerite d’Oingt), which means that a ‘mystical thought’ of her own cannot be projected beyond the testimony of her visionary experiences.27 Roseline’s case 26

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RENATE BLUMENFELD-KOSINSKI: The Writings of Margaret of Oingt, Medieval Prioress and Mystic († 1310), Newsburyport 1990; BERNARD MCGINN: The Flowering of Mysticism: Men and Women in the New Mysticism (1200–1350), New York 1998, 289–292. Marguerite is studied as a mystical author in the vast majority of the bibliography consecrated to her; see, among others: BERNARD GAILLARD: Marguerite d’Oingt, in: Dictionnaire de spiritualité ascétique et mystique: doctrine et histoire, vol. 10, ed. by MARCEL VILLER et al., Paris 1977, 340–343; ELIZABETH ALVILDA PETROFF: Writing the Body: Male and Female in the Writings of Marguerite d’Oingt, Angela of Foligno, and Umiltà of Faenza, in: Body and Soul: Essays on Medieval Women and Mysticism, Oxford 1994, 204–224; KURT RUH: Marguerite d’Oingt. Eine frankoprovenzalische Schriftstellerin im kartäusischen Ordensstand, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 116 (1994), 324–333; PETER DINZELBACHER: Christliche Mystik im Abendland, Paderborn et al. 1994, 260–262; CATHERINE M. MULLER: How to do Things with Mystical Language: Marguerite d’Oingt’s Performative Writing, in: Performance and Transformation: New Approaches to Late Medieval Spirituality, ed. by MARY A. SUYDAM, JOANNA E. ZIEGLER, New York 1999, 27–45; ULRIKE STÖLTING: Christliche Frauenmystik im Mittelalter. Historisch-theologische Analyse, Mainz 2005, 321; BEATRICE TRÎNCA: Spiegel der Transzendenz. Zum ‘Speculum’ der Marguerite d’Oingt, in: Übertragung – Bedeutungspraxis und ‘Bildlichkeit’ in Literatur und Kunst des Mittelalters, ed. by FRANZISKA WENZEL, PIA SELMAYR, Wiesbaden 2017 (Imagines Medii Aevi. Interdisziplinäre Beiträge zur Mittelalterforschung 39), 215−226, here 216, 225; and SERGI SANCHO FIBLA: Escribir y meditar. Las obras de Marguerite d’Oingt, Madrid 2018 (El Árbol del Paraíso 93). Some scholars consider her a mystic like Marguerite based on the visions she had: ROLAND MAISONNEUVE: Les visions mystiques de Béatrice d’Ornacieux († 1303?), moniale de la chartreuse de Parménie, première prieure de la chartreuse d’Eymeux, in: Kartäuserliturgie und Kartäuserschrifttum, vol. 1, ed. by JAMES HOGG, Salzburg 1988 (Analecta Cartusiana 116), 53– 68; NATHALIE NABERT: La vie de Béatrice d’Ornacieux par Marguerite d’Oingt, une biographie à l’ombre de la croix?, in: L’Ordre des Chartreux au XIIIe siècle. Actes du Colloque international d’histoire et de spiritualité cartusienne, ed. by DANIEL LE BLÉVEC, ALAIN GIRARD, Salzburg 2006 (Analecta Cartusiana 234), 127–135; NATHALIE NABERT: Les larmes, la nourriture, le silence, Paris 2001, 31; JEROME KROLL / BERNARD BACHRACH: The Mystic Mind: The Psychology of Medieval Mystics and Ascetics, London, New York 2005, 161–164. Other scholars

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is very different. She is a holy figure whose ‘Life’ was built in the early-modern period and contains no visionary experiences or mystical thinking. No one, after the studies made in the second half of the 20th century, considers her a mystic. However, I am going to treat her case succinctly because it is the one of the three medieval nuns considered to be holy in the Carthusian Order, and specially because I think it helps to understand the reception Marguerite and Béatrice had in early-modern times.

III.1. Marguerite d’Oingt As RENATE BLUMENFELD-KOSINSKI explicitly states, Marguerite d’Oingt is the only one who is currently considered a mystical author.28 By ‘mystical author’ I mean a writer who has left a direct testimony of her unitive experiences with the divinity and who proposes a reflection on it. These experiences include phenomena of contemplation that are often called ‘visions’ (like Béatrice also had), but also an exposition with a concrete language proper to the mystical tradition, of the complete union with God. Her writings have been preserved in different manuscripts, two of them dating from the 14th century [See Appendix 1: Marguerite’s Manuscripts A and B]. III.1.1. Manuscript A Marguerite was a prioress of Poleteins who wrote at least three works and some letters.29 From the reading of her letters, it can be inferred that other

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consider her as a visionary, cf. SEAN L. FIELD: Agnes of Harcourt, Felipa of Porcelet, and Marguerite of Oingt. Women Writing about Women at the End of the Thirteenth Century, in: Church History Journal 76.2 (2007), 298–329, here 324. Historians, however, tend to see her mainly as a “holy figure”, since her experiences have been transmitted by a hagiographic text. RENATE BLUMENFELD-KOSINSKI: Holy Women in France: A Survey, in: Medieval Holy Women in the Christian Tradition c. 1100 – c. 1500, ed. by ALASTAIR MINNIS, ROSALYNN VOADEN, Turnhout 2010 (Brepols Collected Essays in European Culture 1), 241–265, here 246. Marguerite d’Oingt’s works have been published in several editions. The first seems to be that of CHAMPOLLION-FIGEAC, who transcribed only the first chapter of the ‘Speculum’, cf. JACQUESJOSEPH CHAMPOLLION-FIGEAC: Nouvelles recherches sur les patois et idiomes vulgaires de la France, Paris 1809, 160–164. This chapter was afterwards reproduced in JULES OLLIVIER: Essai sur l’origine et de la formation des dialectes vulgaires du Dauphiné, Valence, Paris 1836, 17– 18 and in VICTOR LE CLERC: Histoire littéraire de la France, vol. 20, Paris 1842, 312–313. The first complete edition was that of ÉDOUARD PHILIPON: Œuvres de Marguerite d’Oyngt, prieure de Poleteins, publiées d’après le manuscrit unique de la Bibliothèque de Grenoble, Lyon 1877. After a long silence DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23) made, in 1965, the edition that almost all the scholarship uses as a reference. Subsequent editions have been recopied during the last decades. An original version: Marguerite d’Oingt: Œuvres. Charleston 2008; and a bilingual one: JEAN-PIERRE GERFAU / JEAN BAPTISTE MARTIN: Marguerite d’Oingt, Expériences mystiques et récits édifiants. Textes rédigés en francoprovençal et en latin par une moniale du XIIIe siècle, Lyon 2012. An early translation of the ‘Speculum’ into English appeared in ELIZABETH ALVILDA PETROFF: Medieval Women’s Literature, New York, Oxford 1986, 290–294; the

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writings have been lost, since they refer to other notes and visions that cannot be found in the manuscripts that have survived until our times.30 Precisely with regard to these letters, it must be said that, although the first editions of her works divided the text into five epistles (in Ms. 5785R, f. 30v–36v), I firmly believe that they were grouped in this way by the copyist (who divided them with rubrics: Alia epistola, item alia epistola, etc.) but that they respond to different letters. In this way, what has been considered to be ‘Letter 2’, would instead be a collation of 5 short texts. They would not be letters in the modern sense of the term, but rather brief notes exchanged between Marguerite and the so-called “dear father” or “revered father” (see Appendix 2: Letter 2).31 As far as the rest of the works are concerned, it seems that the first that was written could have been the ‘Pagina Meditationum’32, the only work written in Latin, which begins with Marguerite’s first awaking experience. In fact, on the Sunday of the Septuagesima 1286, while she was in church and began to sing the antiphon of the Introitus of Psalm 17, she felt the first extrasensory perception, an intense experience that made her prostrate completely on the floor (f. 1r). From this first impression, the text continues over 12 folios with a series of reflections and meditations on death, the Passion of Christ, and the Last Judgment. The second work, entitled ‘Speculum’ by the copyist, was taken by Hugues d’Amplepuis († 1294), prior of the Carthusian Monastery of Valbonne (f.

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same text that was published later in MARGARET FERGUSON: Dido’s Daughters: Literacy, Gender and Empire in Early Modern England and France, Chicago 2003. The translation of the whole corpus was published by BLUMENFELD-KOSINSKI (n. 26). A translation of the ‘Pagina Meditationum’ into Spanish was made by VICTORIA CIRLOT in: La mirada interior. Escritoras místicas y visionarias en la Edad Media, ed. by BLANCA GARÍ, VICTORIA CIRLOT, Madrid 1999, 273–288. The only monograph devoted so far to Marguerite is Sancho Fibla (n. 26), in which, beyond the study of the works, almost the entire text Manuscript A is provided with translations into Spanish. For instance, she talks about previous correspondence between the tres chier frere (f. 30v). In f. 31v we are told about an exchange of booklets and she alludes to a notebook (granz caiers) which we suppose she wrote herself and which was owned by the prior of Liget. Finally, Marguerite also talks about a book she would have written that contained an episode of the Passion that is not present in the scriptures (in f. 32r). For a deep analysis of the letters, see SERGI SANCHO FIBLA: Quando bene respicio. Palabra, imagen y meditación en las obras de Marguerite d’Oingt, PhD dissertation, Barcelona 2015, 29–30, 60–62. Ibid., 102–108. I also defend the idea of conceiving Letters 4 and 5 as texts that correspond or complement each other, as if they were following the same thread. My hypothesis would be to see Letter 4 as a vision and Letter 5 as another vision-commentary that complements the previous one. For Letters 4 and 5, see SANCHO FIBLA (n. 26), 280–369. It has usually been overlooked that Marguerite probably did not give her works a title. The edition of DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23) takes these titles for granted according to the explicits introduced by the copyist in Manuscript A. In order to create a coherence with the bibliography, I will continue to use these titles in this article so as not to dissociate myself from the scholarship that has studied Marguerite d’Oingt’s works.

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12v), to the General Chapter in 1293. While we can hesitate to consider the ‘Pagina Meditationum’ a mystical work, the ‘Speculum’ is clearly the text that displays the itinerarium and the achievement of the unio mystica and the beatific vision of God face to face. Finally, the ‘Li via Seiti Biatrix Virgina de Ornaciu’ (the ‘Life’ of Béatrice) could have been written after the two previous ones, since Béatrice died in 1303 and Marguerite, following the precepts of medieval hagiographies, added two post-mortem miracles at the end of the account. One might think that these legends would have been added later, when the manuscript was compiled, but there are no indications in the style that make us suspect it. Throughout the rest of the ‘Life’, it is quite evident that Marguerite was perfectly familiar with the typical structure of hagiographies of her time, so it would be reasonable to think that she added these notes on the miracles as it was usual in that genre. The letters are not dated and are located at the end of the manuscript, just after the ‘Life’ and before three short notices of miracles that Marguerite would have performed (See Appendix 3: Rubrics and Titles. Manuscript A). Nothing makes us question the veracity of the chronology I have just explained, but it is worth to mention that the itinerary evoked by the writing of these works follows the traditional mystical tale: from the first call and conversion in the ‘Pagina’, the achievement of unio mystica in the ‘Speculum’, and the explanation of a global and exemplifying story of a holy life in the ‘Vita’. In this way, the mystical and literary dimension of time would go parallel to the course of biographical time. This would have provided the readers with a testimony that encompasses all the degrees and stages of the spiritual journey in the order of reading the different works that Marguerite wrote. In fact, in early-modern manuscripts (17th-century manuscripts C' and C'') the entire corpus is respected, even if the order varies. Just as FRANK WILLAERT underlined the unity and coherence of Hadewijch von Antwerpen’s works in the oldest manuscript, alluding to the possibility that the unity of the manuscript corresponded to the author's will, Marguerite could also have conceived her writings in a similar way.33 The Bibliothèque de Grenoble 5785R is a petit-in-quarto parchment manuscript composed of 37 folios written in recto and verso. According to CHARLES SAMARAN, it was probably written by a so-to-say ‘professional copyist’ in a 14th-century gothic ‘libraria’ caligraphy.34 It must have been 33

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FRANK WILLAERT: Les Opera Omnia d’une mystique brabançonne. Réflexions sur la mise en recueil et la tradition manuscrite des oeuvres de Hadewijch (d’Anvers?), in: Le Recueil au Moyen Âge: La fin du Moyen Âge, ed. by TANIA VAN HEMELRYCK, STEFANIA MARZANO, Turnhout 2009 (Texte, Codex & Contexte 9), 333–345. DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 15.

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written after Marguerite’s death for three reasons: firstly, in the explicit of the ‘Pagina Meditationum’ and in the incipit of the ‘Speculum’, we are told that she “used to be” prioress of Poleteins. In the explicit of the latter work it also states that she died while being prioress: [explicit of the ‘Pagina Meditationum’ (f. 1r)] Expliciunt sancte meditationes sacrate virginis Margarete priorisse condam domus de Pelotens cartusiensis ordinis. [incipit of the ‘Speculum’ (f. 12v–13r)] Anno domini millesimo ducentesimo nonagesimo quarto Hugo prior Vallis Bone attulit ad capitulum generale donno Bosoni priori cartusie hanc visionem sibi missam ab ancilla Dei domina Margareta priorissa condam de Pelotens et creditur ipsam priorissam fuisse personam que scripsit hanc visionem cui Deus tantam gratiam fecit ut sibi tam secreta dignaretur ostendere quam visionem speculum sancte Margarete virginis priorisse de Pelotens decrevimus noncupari. [explicit of the ‘Speculum’ (f. 17v)] Explicit speculum sancte Margarete virginis priorisse de Pelotens obiit autem anno Domini millesimo ccc trecentesimo x decimo.

Secondly, because in the explicit of the ‘Speculum’, the copyist added the obit of Marguerite: obiit autem anno Domini mo ccco xo (f. 17v). Although the date is written in the margin, the hand seems to be the same, so I don’t think it could have been added much later. Finally, one of the three notices of miracles added at the end of the manuscript alludes to a post-mortem achievement. The idea of a manuscript copied when Marguerite was still alive and completed after her death is highly unlikely. However, we could consider two possibilities: either this manuscript is a copy of a previous volume or, instead, it is a compilation of the different notes that the prioress wrote with her own hand. There are, in fact, some copying mistakes (exponctuations, corrections, etc.) and it becomes evident throughout the reading of the different texts that Marguerite did write and send some of her works outside the monastery. In this sense, another aspect that deserves to be taken into account is the collection of paratexts that accompany the manuscript. Throughout the pages, there are different titles, incipits and explicits that mark the limits of the texts (See Appendix 3). The ‘Speculum’, however, despite having three chapters rubricated in red, has no initial title and the incipit introduces the text as a visio (f. 13r). Probably the explicit of the ‘Pagina Meditationum’ occupied all the space reserved for both. The title ‘Speculum’, which was most probably given by the copyist and not by Marguerite, is found only in the explicit of the text: Speculum sancte margarete

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(f. 17v). Later copies will take this title for granted until today.35 It is interesting to note, nevertheless, that the ‘Speculum’ we find in Manuscript B, probably written at the end of the 14th century, was not titled in such a way, and that the text alludes to itself as “a vision (vesio) of a devout nun” (f. 26r).36 The authors of the 1965 edition wonder if the copyist attributed the title of ‘Speculum’ to the text because of its mystical content, alluding to the different works of asceticism and mysticism produced during the 12th century.37 The ‘Speculum’ is undoubtedly a work of mystical and visionary content but, in my opinion, its title bears no relation to the works of which the publishers speak. There are, in fact, different texts of spirituality that were called speculum at that time (among them, the ‘Speculum Virginum’, which was particularly important for female spirituality), but they were not called so because of their mystical content. The editors speak of ‘ascetic’ or ‘mystical’ content in a general way to refer to ‘spirituality’. Yet, Marguerite’s ‘Speculum’ is a text that at the time of its production was considered, in the first place, as visionary, as the allusion to vesio in Manuscript B demonstrates. Also, this vision was considered to offer a knowledge, an itinerary of the spirit through a vivid mirror-imagery. This itinerary was the one that guided the soul towards the encounter and union with the divinity. However, beyond its content, there are two keys to understand the use of this title. Firstly, the genre of specula was actually applied to different kinds of books that provided a teaching: historical, religious, geographical, etc.;38 and the didactic goal of Marguerite’s text is explicit. Secondly, the style: the use of mirror images to explain the content. In fact, this short text evokes a series of mirrors that follow one another throughout the whole work: the letters-mirrors inscribed in the book that Jesus holds in his hand in the first chapter, the double-page of the book that reflects the Trinity come uns beauz mirors (like a beautiful mirror, f. 19v) in the second and, finally, the body-mirror of Christ in the third. Manuscript B, which, of all Marguerite’s works, contains only the ‘Speculum’, does not divide the text into three chapters. The other ‘Lives’ present in this volume are clearly titled and their chapters are rubricated, but in this

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Manuscript C': f. 53r, 53v, 54r, 71v, 72r. Manuscript C'': f. 63, 141, 143. CHARLES LE COUTEULX did the same, cf. Annales Ordinis Cartusiensis ab anno 1084 ad annum 1429, vol. 5, Neuvillesous-Montreuil-sur-Mer 1889, 50. In the incipit of Manuscript A we also find this allusion: quam visionem speculum (f. 13r). DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 159. Cf. HERBERT GRABES: The Mutable Glass. Mirror-imagery in Titles and Texts of the Middle Ages and the English Renaissance, New York 1982, and EINAR MÁR JÓNSSON: Le miroir. Naissance d’un genre littéraire, Paris 1995. For narrative strategies employed by Marguerite d’Oingt linked to the specula, see SANCHO FIBLA (n. 26), 128–136.

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vesio there is no evidence of divisions in the text, beyond the different colored pilcrows. This characteristic, as well as the absence of allusions to the word ‘speculum’ make it unlikely that Manuscript B was a copy of Manuscript A. Does this mean that both were made from the same archetype? Were they copied directly from Marguerite’s notes or booklets? I am inclined to think that some scattered writings containing Marguerite’s works circulated outside the walls of Poleteins and the Grande Chartreuse and, therefore, both manuscripts were compiled following such notes, whether they were made by the author herself or by other hands. This hypothesis is based on a comparative study of the conditions of production and circulation of this kind of texts, but unfortunately there is no evidence that can prove it. III.1.2. Manuscript B. The Occitan copy What I have already called Manuscript B is Fr.13504 from the Bibliothèque Nationale de France, a compilation probably made in Albi at the end of the 14th century. The text was written in Occitan, while Manuscript A was written in Franc-Occitan, the dialect most probably spoken by Marguerite. The volume contains, written by the same hand, the ‘Life of Elzéar de Sabran’ and the ‘Life of Delphine de Puimichel’. Embedded between the two texts, we also find the ‘Speculum’ of Marguerite called vesio, followed by a very brief account (only a few lines) about a vision of the Virgin happened to Thomas of Canterbury († 1170) and, finally, related to the latter, the poem ‘Seven Spiritual Joys of Our Lady’ (see Appendix 4: Manuscripts A and B. Contents). The entire compilation therefore follows a coherence in terms of content that makes up a devotional volume of high spiritual significance: Elzéar († 1323) and Delphine († 1360) are, maybe, the most wellknown saintly couple from the French territory. They had a powerful scope of influence in the Franciscan devotion because of their particular attachment to this Order and, more specifically, to the spiritual movement.39 In their vitae there is a place for extra-sensory experiences, for visions and 39

See JEAN-PAUL BOYER: Sancia par la grâce de Dieu reine de Jérusalem et de Sicile, in: Mélanges de l’École française de Rome. Moyen Âge 129.2 (2017), URL: http://journals.openedition.org/ mefrm/3655 (last accessed 03/07/2019); JEAN-PIERRE ATTARD: Religion, sainteté et pouvoir en Provence Angevine, première maison d’Anjou, modèle et miroir du monde angevin (1246– 1382), vol. 2, PhD dissertation, Marseille 2015, 159–179; ANDRÉ VAUCHEZ: Entre la Provence et le royaume de Naples: Elzéar († 1323) et Delphine († 1360) de Sabran, in: Echanges religieux entre la France et l’Italie du Moyen âge à l’époque modern, ed. by MICHELE MACARRONE, ANDRÉ VAUCHEZ, Genève 1987, 89–100; ANDRÉ VAUCHEZ: Deux laïcs en quête de perfection. Elzéar de Sabran († 1323) et Delphine de Puimichel († 1360), in: ID., Les laïcs au Moyen Âge. Pratiques et expériences religieuses, Paris 1987, 83–92; PAUL AMARGIER: Dauphine de Puimichel et son entourage au temps de sa vie aptésienne, in: Mémoires de l’Académie de Vaucluse 9.6 (1985), 111–123.

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auditions from God, but the accent in this text is less on the path of unio mystica than on the exposition of their holy lives. Shortly after their death an intense popular worship was devoted to them, and a process of canonization was even opened for both, although only the one concerning Elzéar was concluded. These lives undoubtedly played or intended to play a role in this process of canonization.40 The aim of these hagiographies would therefore be to provide an exemplary model for lay-religious men and women: Elzéar and Delphine were indeed married and she entered in a community once she was widowed, probably as a Franciscan tertiary or as another kind of non-ordered life. This vision of Thomas of Canterbury was often associated with the hymn ‘Joys of the Virgin’, being the first conceived as a kind of prologue to the second. The story tells us how the Archbishop used to pray the seven joys of Our Lady. One day, she appeared to him and rebuked him: “Why are you so pleased with the Past Joys and, on the other hand, do not worry about the Present Joys, which will last forever? You should be more delighted by these than with the past ones” (f. 31r). The text then paraphrases and lists the different joys in prose, which we will later find in verse in the hymn. The seventh of these: “this joy will last forever” (f. 32r) refers directly to the Virgin’s response to the Archbishop, so the reader identifies these joys as the present ones and not the past ones.41 This vision, therefore, clearly functions as a prologue to the poem/song of the ‘Present Joys’ that follows (see Appendix 5: The Celestial Joys of Our Lady, for a complete transcription of the text).42 The differentiation that the Virgin makes between past and present joys may refer to the so-called Earthly and Celestial joys. The first, very popular in the Middle Ages, were chronologically ordered according to the Passion of Christ (see, for example, the well-known ‘Los set goitz recomptarem’ which is found in the ‘Llibre vermell de Montserrat’, a volume from

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JACQUES CAMBELL: Enquête sur le procès en canonisation de Dauphine de Puimichel, comtesse d’Ariano († 26. XI. 1360), Torino 1978. The hymn says: Gaude virgo mater pura / certa manens et secura / que hec tua gaudia / non cessabunt nec decressent / setz [sed] durabunt et floressent / per Eterna secula amen (f. 32r, Be delighted, virgin, pure mother remaining trustworthy, assured / that these your delights / will not cease nor diminish / but will last and flourish / through the eternal centuries, amen; Transl. S.F.). Furthermore, the poem ends with a final verse: Sponsa Dei electa / esto michi via recta / ad Eterna tua gaudia amen (Chosen spouse of God / be for me the right path / to eternal joys, amen; Transl. S.F.), that associates it directly with Thomas of Canterbury’s vision. The final verse seems to evoke a longer prayer for Jesus Christ ‘Domine Ihesu Christe’, of which only the incipit is indicated. These ‘Joys’ can be found in ULYSSE CHEVALIER: Repertorium hymnologicum: catalogue des chants, hymnes, proses, séquences, tropes en usage dans l’Église latine depuis les origines jusqu’à nos jours, Paris 1919, n. 6808–6810.

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the 14th century). Later, these Earthly joys were increased and even integrated and adapted to the ‘Joys of the Rosary’ (see Appendix 6: Common Earthly Joys and Celestial Joys from Manuscript B).43 These gaude flore virginali, which we could understand as a kind of Proto-Celestial Joys, could be considered more complex and difficult to remember than the Earthly joys, which clearly follow the life of Christ. This more ethereal or less tangible aspect could therefore be what the Virgin alludes to when she says that they “last forever”. They would be considered, therefore, more spiritually elevated joys than the other. Indeed, they do not seem to follow an evident order, which is one of the mnemonic clues to this type of meditations. Actually, we can find these Joys in a different and random order in other manuscripts.44 The arrangement of the verses in the page layout of Manuscript B seems to be the typical mise-en-page of sung hymns, and the lines that match the verses and mark the order of these, too (see a transcription of the page layout in Appendix 5). The difficult memorization of these random joys could therefore be overcome by singing, a well-known mnemonic strategy. In this sense, considering that this is the only Latin text in this whole manuscript and that the hymn (together with its prologue relating Thomas of Canterbury’s vision) is inserted just after Marguerite’s text, we could raise the possibility that it was a kind of prayer to be sung as a culmination of the reading of the ‘Speculum’. The elevated spirituality that the Celestial Joys contain might indeed fit with the contemplative and sensory nature of Marguerite’s text, even though Marian devotion is completely absent from the ‘Speculum’, which is clearly christocentric. The poem, therefore, could serve in some way as a prophylactic song to complement the reading of the two previous visions: Marguerite’s vesio-Speculum and the very short Thomas of Canterbury’s. Indeed, in Manuscript B (as well as in Ms. 6326 from BNE mentioned above) we are told that anyone who says the Gaude flore virginali will see the Virgin at the hour of his or her death and will be assisted by her: Tota persona que amb aquestz ga/uchs me honrara en la hora de la mort me veyra. E ieu seguramen presentariey la sua arma devan lo mieu filh del dighs gauchs en la gloria perdurabla am mi alegrador. Finis la revelacio. (f. 31v) (Everyone that will honor me with these Joys will see me at the hour of death. And I will certainly introduce her soul to my Son in order to cheer up with me of these Joys in the eternal Glory. End of the revelation [of Thomas]; Transl. S.F.).

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See the illustrative Table 1 from ANNE WINSTON-ALLEN: Stories of the Rose. The Making of the Rosary in the Middle Ages, Penn Stat 1997, 74–75. As an example, see Madrid, Biblioteca Nacional de España, ms. 6326, f. 98r–99v.

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In this sense, the vision of Marguerite that we call ‘Speculum’ and Thomas of Canterbury’s vision of the Virgin are clearly matched, as are the ‘Lives’ of Elzéar and Delphine that embrace these two texts. Thus, the genres here are associated: the two hagiographies and the two visions. In the short explicit of the story about Thomas de Canterbury, the text itself is defined as a “revelation”, allowing us to think that in this case vision and revelation seem to have the same meaning. We must also add that the imagery Marguerite uses to write her ‘Speculum’ is very close to that of the Apocalypse, especially in the case of the image of the book whose cover is completely written and whose seals are opened in the second chapter.45 Probably this aspect must have helped to consider her work as a “revelation”. The version of the ‘Speculum’ we find in this manuscript shows, in broad terms, the same spiritual progress as Manuscript A, but its style is substantially different. The only major dissimilarity in terms of content is the incipit. In the version of Manuscript B, the author addresses himself directly to a reader: “daughter, you must know” (filha, devets saber, f. 26r), and the copyist does not specify the name of the author of the text. This raises several questions: Was this manuscript addressed to a woman or to a community of women? Or instead, did the copyist simply transcribe the incipit from another text which was addressed to female readers? In my opinion, the first hypothesis would be more likely. Not only does the incipit seem to be made expressly for this manuscript but, in the volume as a whole, the ‘Life’ of Delphine de Puimichel appears to be of greater significance. This ‘Life’ occupies more pages than her husband’s ‘Life’ and a study of the marginal notes and readership marks shows that its reception was more important than the other texts in the same volume (see Appendix 8: Comments and marks. Manuscript B; and Appendix 9: Manuscript B’s marks regarding Elzear of Sabran and Delphine of Puimichel’s Lives). This version of the ‘Speculum’ was firstly edited (with some mistakes and taking big liberties) in DIEGO ZORZI’s article from 1953.46 What was considered by this scholar to be a crudely written text, or what was labeled as an “unfaithful translation of Manuscript A” by the publishers in 1965, is actually a work written in a very interesting pedagogical style.47 While the text has an intrinsically obscure content (the path to unio mystica through

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Cf. SANCHO FIBLA (n. 26), 221–243. DIEGO ZORZI: La spiritualità e le visioni di due certosine lionesi contemporanee di Dante, in: Aevum 27 (1953), 510–531. Delphine’s and Elzéar’s ‘Lives’ from this manuscript were also published by JACQUES CAMBELL a few years later, cf. Vies occitanes de saint Auzias et de sainte Dauphine, Rome 1963. The ‘Joys’ I reproduce in Appendix 5 are unpublished. ZORZI (n. 46), 522; DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 23.

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a series of mirror images), the copyist or the author who could have dictated it (one can see at first sight that there are a number of markers of orality that would deserve to be studied further) seems to have a clear didactic objective. It may be for this reason that there is an intense profusion of repetitions, of iterations of synonyms, extensions of sentences by way of explanation, etc. Another aspect worth mentioning is the more expressionist style of this text compared to Manuscript A. In fact, this work seems much closer to the Franciscan spirituality of the time than that of Manuscript A, specially when the images of the Passion and the body of Christ are evoked in a very emotional and intense tone. This aspect should not surprise us, since this version of the ‘Speculum’ is inserted in the volume between two of the greatest philo-Franciscan saints of the time. It should also be mentioned that in the incipit of the Manuscript A the name of Marguerite is specified next to the name of her monastery: domina Margareta priorissa condam de Pelotens (f. 13r). However, in Manuscript B neither the name nor the allusion to the monastery, not even the Carthusian Order is mentioned. A general reading of all these aspects makes me think that Manuscript B was probably written in a Franciscan context, perhaps for a reader or a community of lay-religious women. However, these first hypotheses will be further analysed in the near future.48 As far as the characteristics of the manuscript are concerned, it is a petitin-quarto volume written in the second half of the 14th century in the Albigensian region.49 All the pages are written by the same hand, an “écriture gothique grosse, lourde”, according to MARTHE DULONG, except for folios 36–40, a passage that goes from the second chapter to the fourth of Delphine’s ‘Life’.50 This part is not rubricated and the copyist here seems to make fewer errors. The last of these folios even has a large blank space at the end, a proof that this part was added later. According to the cover of the volume, this manuscript was donated by the French Minister of Public Instruction to the BNF in 1859, at the latest. Before that date, the only evidence we have was described in a brief note that MARTHE DULONG left in 48

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The text stresses Elzéar and Delphine’s example as lay-religious people. It also highlights some aspects traditionally linked to lay-religious devotion, like chastity in the earthly world, or a spiritual life among seculars. In this sense, it is also worth to point out the presence of the hymn to Our Lady (See Appendix 8. Comments and marks. Manuscript B). MARTHE DULONG: La vie provençale de sainte Delphine et le procès de sa canonisation (1363), Handwritten PhD dissertation, École Nationale de Chartes, Paris 1928. Found and consulted in the Archives municipales de Marseille. Concerning datation, see pages 52–56. For location, with an accurate analysis of dialectal varieties, cf. p. 31–36. The same conclusions can be found in DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 23. DULONG (n. 49), 15.

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her dissertation. In it she tells how an “old archivist from Apt” (a town North of Aix-en-Provence) told her that he had found a note in his archive, now missing, which read: “M. Claudet, bibliothécaire à Albi, découvrit en 1858, à la bibliothèque de cette ville, un ms. du XIVe siècle, contenant la Vie de Ste. Delphine et de St. Elzéar, en langue romane.”51 If we believe in the veracity of this note, the manuscript would have been transferred at that time from Albi to Paris, where it was later integrated into the manuscript collection of the Bibliothèque Nationale. The few studies that have been done on the manuscript have focused on the analysis of the ‘Lives’ of the holy couple rather than on the vision of Marguerite (the ‘Speculum’) and the text group formed by the brief vision of Thomas of Canterbury and the hymn of the ‘Joys’. It was CLOVIS BRUNEL, in 1935, who made public the presence of Marguerite’s text in this volume.52 However, even today the manuscript is only listed as ‘Vie de Ste Delphine, comtesse d’Ariano’ and, in the relation, Elzéar’s ‘Life’ is also mentioned. No trace of the other texts.53 III.1.3. Reception of Medieval manuscripts To understand how Marguerite’s mystical writings were received and understood, beyond the few medieval copies that were made, I will look at another aspect: the reading marks that we can see in both manuscripts, A and B. These marks are in some cases difficult to date, but they can guide us in a general way about the interests of the readers who came to such volumes. If we look at the marginalia of Manuscript A, we can easily divide the annotations into two types: the corrections and the reading marks. Annotations of the first type seem to be made very early, probably by the same copyist or by a contemporary reviewer.54 The reading marks, on the other hand, were made much later, before the 17th century, but they are obviously much more interesting for the purpose of this article. These marks take different forms: annotations, signs that function as maniculae and underlines. The latter seem to accompany most of the annotations, so we can assume that both marks were made by the same hand. The reader probably underlined words or expressions that interested him or her and, to make them easy to find, he or she wrote keywords or clarifications in the margin (See Appendix 7: Comments and marks. Manuscript A). In Appendix 7 I have identified up to ten reading marks, each of which accentuates a particular part of the text with drawn signs, lines, crosses, 51 52 53 54

Ibid., 16. CLOVIS BRUNEL: Bibliographie des manuscrits littéraire en ancien provençal, Paris 1935, 54. Cf. URL: https://archivesetmanuscrits.bnf.fr/ark:/12148/cc44292s (last accessed 03/02/2020). See, for instance, the first folio with corrections (f. 4v): nequeo, adhuc, etc.

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comments, underlined text and notes. In this list I have neglected the corrections and indications for the colored pilcrows and rubrics (see, for instance, folios 20r, 21r, 23r, etc.). If we concentrate on the content that these marks highlight, we can distinguish the main points of interest: Christ suffering, particularly violence and torture (f. 4r, 2 x f. 6r). Penitence and death (3 x f. 7r, 9v, 10r, 10v). Moral reproaches of monks’ behaviors (f. 8r). Béatrice d’Ornacieux’s saintly virtues (f. 18r–v, 19r–v, 10r). Time and places of Béatrice’s and Marguerite’s miracles (f. 27v–29v)

While in the ‘Pagina Meditationum’ the “–” and “x/X” signs stress moral and ascetic purposes,55 in the Béatrice’s ‘Life’, the major interest lies in her miraculous achievements, probably due to a wish of promoting her cult or her beatification. Starting from f. 27v, this goal is expressed in underlined words like people: Chasonajo, moynos de valbona, evesques de valenci, dalphin, etc.; monasteries: Permagni, Esmuet; and other places: Tulins, Port de Teches, Vacluse. The underlinings are eventually accompanied by brief notes that search to clarify the content, like “nom de deux chartreuses” next to Permagni and Esmuet (f. 28r), or “La topographie du voyage des saints ossements est exacte” (f. 28r). Other underlined words seem to reflect palaeographic misunderstandings or words from the Franc-Occitan language that are difficult to understand in French, as they are copied and sometimes translated in the margin, such as egua, soma roncin (f. 28v), or tronches (f. 29r). The marks that indicate an interest in holiness in pursuit of a beatification goal are less present in the texts that speak of Marguerite’s experiences than in Béatrice’s ‘Life’. We do find some of this kind of marks in the letters and in the accounts of miracles, particularly stressing places, like Liget (f. 31v), or persons, like Henri de Villars (f. 35v), but this objective does not seem as clear as in the case of the marks of the hagiography. The only mark that stands out from this beatific interest or from a pragmatic objective for the understanding of the text is the note vehemens (f. 34r), made by another hand. Vehemens is, in fact, an extremely important word in Marguerite’s mystical experience, a concept that provokes a complex and striking vision in the so-called Letter 4. In this vision Marguerite describes herself as a tree with the five senses inscribed on the branches. A raging torrent of water hits the tree and the intensity of the blow allows it to turn over. The branches-senses then bloom and, together with the roots, enlive and point to the sky. In Letter 5, Marguerite associates this mystical awakening of the 55

There is a great profusion of crosses or “X”s between f. 10v and f. 11r, probably due to the strongly emotional content from this passage.

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five senses described in Letter 4 with the body of Christ, an image that will allow her to enter through his wounds into the mystery of union with the divinity.56 This reader, therefore, understood the importance of this passage and noted the word vehemens in the margin, probably to easily identify the passage in which such a vision is described. Although it is a weak and punctual evidence, this is the only indication we have in the manuscript of a mystical concern in reading Marguerite’s works. Along with these Letters 4 and 5, the work that most clearly displays Marguerite’s mystical thought is the ‘Speculum’. In the pages dedicated to this work we find only three marks: two nota and a dash. However, the two notae may simply be an indication for the rubricator, since they are placed on the lines that correspond to the beginning of the chapters.57 With respect to the dash, it points to the passage in which Marguerite learns directly from the example of Christ. Finally, as far as the ‘Life’ of Béatrice is concerned, we do not find any mark that points to an interest in her visions (which are various and with interesting theological content: the vision of the Trinity, the entombment of Christ or a disquisition on the three types of vision according to St. Augustin58). The only marks that seem to show an interest in the ecstatic experiences of Béatrice are two dashes that we find in f. 20v and that point out the first experience that the nun had: she heard a great man’s voice. Overall, in this part of the manuscript the marks emphasize rather Béatrice’s holy achievements, such as her ascetic practices, or the miracles she performed. In what refers to Manuscript B, most of the reading marks are notae written on the margin that are related to Elzéar’s and Delphine’s spiritual teachings and examples (see Appendix 8. Comments and marks. Manuscript B). These notes are from a 15th century hand and can be classified into four types: nota, oratio, nota bene, and plusquam bene. 59

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For a more detailed exposition of this analysis of Letters 4 and 5, see SANCHO FIBLA (n. 26), 83– 89, 280–291. Actually, the nota mark is usually linked to pilcrows. This is particularly evident in f. 20r, where the same red line goes from the pilcrow to the margin and it circles nota. It is also worth to stress that there are several mistakes in the writing of the initials. We find them in f. 32v, 33r, or 34r. These might have been caused of a negligence or misunderstanding between the copyist and the rubricator. SANCHO FIBLA (n. 26). For the vision of the entombment, see 255–274; for the vision of the Trinity, 183–220; and for the three degrees of vision, 190–191. On these annotations, see WILLIAM SCHIPPER: Textual Varieties in Manuscript Margins, in: Signs on the Edge. Space, Text and Margin in Medieval Europe, ed. by SARAH L. KEEFER, ROLF H. BREMMER, Paris, Leuven 2007, 25–56.

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It is worth mentioning that these notes are not only location marks, but they provide a reading guide that helps the same annotator and future readers to read the text differently. The notes oratio, as well, determine a devotional attitude toward a given passage that the readers should perform adequately. Analysing the set of all these annotations, one can see that most of them refer to the process of imitatio Christi performed by the holy couple, pointing out the ascetic and mortification practices they carried out. These marks are intended to provide an exemplary model for the reader, a virtuous pattern of Christian (and Franciscan) life. One can also easily observe that the notes are much more focused on Delphine’s ‘Life’ than on Elzéar’s.60 This particular interest in the female figure is evident in each of the themes that the marks indicate. An example of this can be seen in Appendix 9, where the number of notes underlining two pillars of the holiness of both figures is shown: the virtue of virginity and the afflictio or gift of tears (see Appendix 9: Manuscript B’s marks regarding Elzear of Sabran and Delphine of Puimichel’s Lives). Other aspects that could reveal more about the origin and use of this manuscript are the notes concerning the tertiary life61, poverty62, the devotion to the wounds of Christ63, and reflection on death64. Many of these notes underline phrases written in direct style, that is, maxims supposedly pronounced by Elzéar and Delphine, therefore, holy words. This is the case with the two oratio marks, which point to Elzéar’s and Delphine’s reflections on virginity65, as I have said, the most important theme of their choice of non-ordered Christian life. In this sense, we see that the hypothesis of a production or use of the manuscript in an environment of Franciscan spirituality is plausible. Even, considering the exemplary nature of the manuscript, and the attention that is dedicated to the lay condition of the saints, I believe that the possibility could be raised that the manuscript was produced for a lay reader or a lay-religious community close to the Friars Minor. In what it refers to the notes on the margin of the vesio or ‘Speculum’, we only find one mark along the folios that this work occupies. This mark indicates a commentary by Marguerite on those who are spiritually blind 60

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In Delphine’s ‘Life’ we find up to twelve notes (f. 16r, 37r, 37v, 42r, 44v, 45r, 46v, 50v, 52r, 52r, 59r, 59v), while in Elzéar’s only seven (f. 7r, 14r, 16r, 17v, 20r, 21v, 22v, 23v, 25v). Elzéar: f. 24v; Delphine: f. 36r, 48r. Elzéar: f. 20v; Delphine: f. 43r, 59v. Elzéar: f. 22r. Delphine: f. 60r twice. Elzéar: f. 19v; Delphine: f. 43v.

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and who prefer earthly delights to heavenly ones. It is therefore a mark that, once again, focuses on a moral consideration. However, in no way does this mean that the ‘Speculum’ was not understood or valued for its spiritual or mystical content. These marks, made at least a century later than the production of the manuscript, only tell us that the readers of that time were more interested in the devotional and moral content, pointing out the virtuous features of holy lives.66 Despite this absence of any reading marks that might indicate a hypothetical mystical concern in Marguerite’s text, we must say that the very fact of having copied precisely this text could already be an indicator of the interest that the owner or the copyist showed in the content of the text. The ‘Speculum’, as I said before, is the work of Marguerite that describes best the spiritual elevation of the soul towards union with the divinity. The fact that in this compilation it was associated with the vision of Thomas of Canterbury means that it was considered as a vision or revelation, that is, a contemplative text that unravels the mysteries of the divinity, like other mystical testimonies of the early 14th century. A deep text that, as we can see from the choice of language and style, was difficult to understand, so the copyist strived to make it more accessible to potential readers without abandoning the high goal that the text aims at: deification and beatific vision of Heaven and God ‘face to face’.67 III.1.4. Early-modern reception and copies There are two early-modern handwritten copies of the texts contained in Manuscript A that have been completely neglected by scholars who have worked on Marguerite d’Oingt and on Carthusian spirituality. This lack of interest is perfectly illustrated in the 1965 edition, where we are told that “[these volumes] ne peuvent guère nous aider à améliorer et à comprendre le manuscrit A.”68 I would definitely question this assertion. One of these manuscripts, which we will call C', is a petit-in-quarto volume on paper written in the 17th century which is in the Bibliothèque Municipale de Grenoble under signature 5786R. It is a compilation of different works and scattered sources concerning Carthusian nuns: we can find obituaries, short records, information on monasteries (mostly copied from 66

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See, as an opposite case, that is to say, a program of marginalia focused particularly on a mystical teaching, in the only French manuscript containing Marguerite Porete’s work: Chantilly, Musée Condé, F XIV 26 (ancien 986), catalogue 157; PABLO ACOSTA GARCÍA: Forgotten marginalia and the French and Latin Manuscript Tradition of the ‘Mirouer des Simples Ames’ by Marguerite Porete, in: Anuario de Estudios Medievales 44.1 (2014), 413–431, here 426–428. For an analysis of the phenomenon of deificatio in the ‘Speculum’ (Manuscript A), see SANCHO FIBLA (n. 26), 234–243. DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 22.

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chartularies), etc. (See Appendix 10: Manuscript C'. Contents). A large part of the pages of this volume is dedicated to the works of Marguerite d’Oingt: we find, like in Manuscript A, the ‘Pagina Meditationum’, the ‘Speculum’, the ‘Li via seiti Biatrix virgina de Ornaciu’, the letters, and the miracles. This makes me think that these texts could have been copied from A or from a copy of it.69 The peculiarity of this volume is, beyond the precious information that it preserves about female Carthusian monasticism, its pedagogical objective, since Marguerite’s works are not only copied, but also translated. Both Latin and Franc-Occitan languages are found in the verso of the folios, while a rather personal and unreliable translation into French is found in the recto.70 If we look at these translations, we can see that, as in the case of manuscript A, it seems that the greatest focus of attention was the ‘Life’ of Béatrice (f. 105r–125r). In fact, in the translation of this text, not only are various modifications added and certain passages lengthened, but a special and rather long prologue is also inserted. The copyist thus decides to extend and revise only this text, complementing some passages that are found in Manuscript A with contents typical of hagiographies. This volume starts with the Piae Meditationes Sacratae Virginis Margaritae de Duin priorissae quondam domus de pelotens carthusiensis ordinis, followed by the ‘Speculum’, the letters, and the prophecies and miracles post mortem. Given that all this initial part is related to Marguerite, the copyist introduces a short biographical note on her, as well as a succinct chronicle of Poleteins and her founder, Jeanne de Beaujeu (f. 97r–104v). In this quasi-obituary of Marguerite, the author does not emphasize the authorship of these texts, nor the mystical teaching that is in them, but focuses on her pious virtuosity (excella en vertu), and above all, her virginity (angelique virginité, f. 97r). However, he also mentions that she talked to her “divine Husband” and he visited her often, and then explicitly emphasized the vision of the ‘Speculum’: Ce chaste et Divin Époux conversoit familierement avec elle, et la visitoit fort souvent. Une fois entre autres, ce divin amant luy apparut tenant un livre dont les characters estoient admirables, et le luy ayant donné a lire, cette sainte vierge se sentit aussitot remplie de la science du ciel par laquelle Jesus Christ l’ayant rendue plus capable de ses douces conversations, il demeura avec elle avec elle un long espace de sa vie sans jamais la quitter: apres quoy neantmoins il remonta dans le sein de son 69

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I have named them C' and C'' with no hierarchical or chronological intention. The editors of 1965 thought that C' could have been copied from A: probably it was in the library of the Grande Chartreuse and then it was brought to Grenoble during the Revolution. However, they do not cite any source, nor other clue that could have made us think of this possibility, cf. DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 22. This kind of 17th-century translations are usually not very literal. In this case, it is specially Béatrice’s ‘Life’ that is slightly modified and exttended, an aspect that I will discuss later.

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Sergi Sancho Fibla pere, la laissant toute comblée, mais plus desireuse qu’auparavant de ses hautes et supremes consolations. (f. 97r–v) (This chaste and divine Husband talked to her regularly and often visited her. Once among other occasions, this divine Lover appeared to her holding a book whose characters were admirable. and having given it to her to read, this holy virgin immediately felt filled with the knowledge of heaven by which Jesus Christ had made her more capable of his sweet conversations. He remained with her for a long time without ever leaving her: after which, nevertheless, he returned to her father’s womb, leaving her completely fulfilled, but more eager than ever before for his high and supreme consolations; Transl. S.F.).

Thus, from among the experiences and graces received by God, the author of this manuscript chooses to speak of the book’s vision that appears in the beginning of the ‘Speculum’. Therefore, we can see that he has been able to understand the spiritual depth of such a passage and has pointed it out, along with a brief story that does not appear in Manuscripts A and B: Un jour, cette chaste fille, assistant au Saint Sacrifice de la messe que le venerable pere vicaire celebroit, elle se sentit extraordinairement pressée du desir de recevoir son divin Epoux, qui la satisfit sur l’heure d’une maniére toute miraculeuse; car il prit une partie de l’hostie que le celebrant tenoit et l’encommunia. (97v) (One day this chaste girl, attending the Holy Sacrifice of the Mass celebrated by the venerable Father Vicar, felt extraordinarily eager to receive her divine Husband. He miraculously satisfied her, for he took part of the host held by the celebrant and gave it to her; Transl. S.F.).

The author presents this second story as a consequence of the first one, but in the other versions of the ‘Speculum’ it does not appear. It is an experience related to the Eucharist that we cannot appreciate either in her letters or in the ‘Pagina Meditationum’. In the ‘Life’ of Béatrice, on the contrary, there is an important relationship between the Eucharist and the visions on different occasions, either in the elevation of the host or in the manducation. It is possible, therefore, that this account has been contaminated by Béatrice’s experiences, although it could also be some kind of semi-hagiographic account about Marguerite that had circulated in the Carthusian monasteries. In fact, we find it in the best known of the Carthusian chronicles, the ‘Annales’ de Dom Le Couteulx († 1715), a work produced in the same century as this Manuscript C', probably around 1690.71 As we shall see later, Dom Le Couteulx most probably consulted Manuscript C', but the possibility that other notes concerning the figure of Marguerite or her works circulated within the Carthusian Order cannot be neglected. After presenting the vision of the book of the ‘Speculum’ and this anecdote about 71

Although being a 17th-century work, it has been edited subsequently, in the 19th century: LE COUTEULX (n. 35), 50.

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the Eucharist, the text concentrates on Marguerite’s prophecies and miracles. The author justifies this because he claims to have no knowledge of any other “favors” Marguerite might have had from God: Cette rare faveur fait assey aisement juger que le ciel luy en departoit beaucoup d’autres: mais comme je n’en a y point eu de connoissance, ie rendray seulement temoignage du don de prophetie quelle a eu, que ce confirmeray par trois evenements admirables. (97v)

From there, he begins to relate the prophecies and miracles that we can find in the Manuscript A. These center most of the text’s attention, since they range from f. 97v to 100v, while the two previous visions only occupy two half-folios. The overall portrait that this biographical note offers of Marguerite is that of a pious nun of the 17th century, ignoring the literary quality of her writings or the theological depth of her mysticism. Presenting the visions under the nuptial metaphors (chaste Husband or divine Lover), she relates her experiences to a loving rhetoric typical of pious literature that is not found anywhere in Marguerite’s medieval texts. Furthermore, following the precepts of hagiographic literature, the author alludes to Marguerite’s wisdom only as infused knowledge that she received in the vision of the book and highlights her irrational desire to communicate. In summary, the author’s aim here is to provide a portrait of Marguerite as a quasi-saint and in no way emphasizes the spiritual depth of the unio mystica recounted in her writings. Béatrice’s ‘Life’ is separated from this part dedicated to Marguerite and her monastery. The hagiography begins a new fraction of the manuscript and goes also followed of brief reports on Parménie (the monastery in which she professed and lived, f. 141r–141v) and of Eymeux (the monastery she founded, f. 142r). After these notes, we find other brief chronicles of female Carthusian monasteries up to the end of the volume. These accounts concern not only the houses, but also male and female figures related to them. What can be concluded from a brief analysis of this manuscript is its mostly documentary concern, close to the chronicles of its time (such as that of Dom Le Couteulx), since it brings together different sources of information concerning the Carthusian nuns, but the structure is above all based on the monasteries. I believe that the interest in Marguerite is mainly documentary. Her works, written between the 13th and the beginning of the 14th centuries, were perhaps not easily understood in the 17th century, but the author certainly understood their importance, especially for the daughters of Saint Bruno, apparently so humble in writing. Marguerite’s texts, unless the ‘Life’, have been translated and put into recto-verso for a better reading, an aspect that reveals that the possible use of the texts to

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which the manuscript invites is more pedagogical than devotional. Béatrice’s ‘Life’, on the other hand, is separated and somehow highlighted to promote her worship. The text is retouched, expanded and translated, but does not follow the bilingual recto-verso layout. In this case we find the original text all together and later a whole translated version is copied and modified with a style closer to the literary tastes of the 17th century. This means that the author of the manuscript provides here a text that can be easily separated from the rest. It can be read in continuation and easily copied. In this sense, this version even omits the division into chapters that we find in Manuscript A. In short, in the case of both Béatrice and Marguerite we find a process of moulding their figures to the hagiographic canons of Early-Modernity and a forgetting of the mystical character of their experiences and the theological depth of their visions. There’s a manuscript very similar to C' that we will call C'' here. It is found in the Grande Chartreuse under code 66b 7 Orna 5 and is also a petitin-quarto volume from the 17th century. In this case it is not numbered by folios but by pages. It contains the same texts as C' but in a different order. The structure in this case is, however, less based on the monasteries. It begins with the translation of the ‘Pagina Meditationum’, then continues with the accounts on Parménie and Eymeux, as a kind of prologue to the ‘Life’ of Béatrice which comes, in a translated version, afterwards. The ‘Life’ is followed by the translation of the ‘Speculum’, the letters and three more notes: one on Marguerite, one on Poleteins, and finally one on Jeanne de Beaujeu, the founder of this monastery. All the translations of Marguerite’s works seem to be the same as those of C'. After this first block centred on Marguerite and Béatrice, we find the house of Escouges and its important figures. From pages 106 to 210 we find again the works of Marguerite, but in their original version, transcribed as we find them in Manuscript A (See Appendix 11: Manuscript C''. Contents; and Appendix 12: Manuscripts A, C', C'', and B. Contents). It would be reasonable to think that the author of this manuscript copied it from A, but I think there are some peculiarities that should make us rethink such a hypothesis. The translations of this manuscript are made without major mistakes, with precise attention to the text. However, this is not the case with the original texts. To begin with, the names of Marguerite and Béatrice are confused: Expliciunt Sanctae meditationes Sacratae virginis Margaretae d’Ornacieux, priorissae quondam Domus de pelotens Carthusiensis ordinis (p. 141). Moreover, the ‘Pagina Meditationum’ begins without a title, the incipit of the ‘Speculum’ is clearly placed as if it were the explicit of the ‘Pagina’, and finally, the copyist strangely mixes the titles of the ‘Speculum’ and of the ‘Life’ of Béatrice (p. 143). All these basic mistakes make me doubt

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that a direct copy of Manuscript A was possible, since these aspects are remarkably clear in its layout. In any case, in contrast to Manuscript C', it must be said that the place of translations here, right in the beginning of the volume, may denote a willingness to produce a practical volume, made to be read and used. And indeed, we see marks of use, especially on page 142, where we find a note concerning someone who borrowed a volume containing Marguerite’s texts, and on the final pages, which had probably been left blank and which someone used to take personal notes. In the first case, therefore, we find a written annotation just after the incipit of the ‘Speculum’. It says the following: hoc transsumptum fuit ex originalli quod dedit Dominus vicarius monasterii prati Mollis ordinis Cartusiensis dioecesis Gratianopolitanae Rdo patri fratri Stephano Meney Ordinis praedicatorum conventus Gratianopolitani Religioso professo. (p. 142)

Hence, according to this note, the vicar of Premol (Prati Mollis) left a copy of Marguerite’s works, present in that monastery, on loan to a certain Dominican friar named Stephano Meney, who allegedly made a copy for himself or for his convent in Grenoble. Unfortunately, we cannot be sure of the text to which he refers: whether it is the whole volume or whether it was a single text. Also, it should be stressed that the works referred to in this note do not necessarily concern manuscript C''. The note is found after the incipit of the ‘Speculum’, located, as I said, wrongly as if it were the explicit of the ‘Pagina Meditationum’. This could mean that this friar received only the ‘Speculum’. Someone could have written this note in the margin of a sheet of paper in another volume where the text of the ‘Speculum’ began and, as the copyist of C'' did not have a good command of Latin, he copied it in his volume as well. Another explanation, also related to the evident lack of knowledge of Latin of the copyist of C'', would be that he wanted to group all the fragments in Latin together. This would explain why he joined the incipit of the ‘Speculum’ with the text of the ‘Pagina Meditationum’. In any case, the most relevant point for our objective here is that Stephano or Stephanus Meney, who also published Savonarola’s works and was certainly intrigued by monastic meditation and by works of contemplation, was interested in Marguerite’s texts.72 We cannot be sure how this Domin-

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Stephano Meney was a Dominican friar responsible of different translations and editions of Savonarola’s spirituality, see, for example, Girolamo Savonarola: R. patris F. Hieronymi Savonarolae Ferrariensis ordinis praedicatorum. Meditationes in psalmos miserere, in te domine speravi et qui regis Israel. Liber recens editus â R. P. Fr. Stephano Meney, ordinis praedicatorum, Grenoble 1668; and Girolamo Savonarola: R. Patris Savonarolae Ferrariensis, ordinis

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ican friar read Marguerite’s works, but we could conjecture, from what little we know of his interests, that he was not looking for a portrait of holiness, but was interested in the meditative content or the visions that the Carthusian prioress experienced. Secondly, I have said above that we found other types of notes in the final pages of this Manuscript C''. These scattered annotations seem to be made by the same hand at different times. The author used some pages left blank to write down quotations of readings or thoughts that, at first glance, seem to have no relation to the manuscript. Firstly, between pages 267 and 268, we can find two prayers that, according to the text, should be added to the ‘Pater Noster’ and the ‘Ave Maria’. The first prayer is about Jesus Christ, while the second is about the Trinity. Secondly, there are some miscellaneous notes almost at the end of the volume, just after page 274. These pages, which are not numbered, begin with Latin quotations from Cicero’s ‘Pro milone’, followed by other geographical considerations about the Sea of Galilee or the difference between Genua, Geneva, Genabum, and Gebenna.73 Subsequently, we find other very brief quotes from Juvenal and Euripides, among others. All these notes could come from some kind of manual for learning Latin, since there are some repetitions of quotations and they all refer to ancient culture. The most interesting part for the purpose of this article is below, on the second page. At this point the text changes abruptly to introduce quotes from visionary experiences of Catherine of Siena († 1380), Brigitta of Sweden († 1373), Gregorius Magnus († 604), and Gertrude the Great († 1302). After that, we can find two more brief notes: the first explains how Saint Carpus got angry against two pagans and a Christian. The annotation only mentions the passage without explaining it, closing it with an etc. The other paragraph concerns a dialogue between Brigitta of Sweden and Christ in which the latter states that he would go through the sufferings of the Passion again and again if, by doing so, could save the damned from Hell. Finally, two and half more pages, written upside down, contain the two letters attributed to saint Ignace of Antioche and addressed to Saint John the Evangelist.

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praedicatorum. Expositio orationis dominicae, sive in eam lectio. oratio. mediatio. contemplatio. et ejusdem sermo in vigiliam nativitatis domini. Liber rècens editus â R. P. Fr. Stephano Meney, Ordinis praedicatorum, Grenoble 1669. He also translated and edited other works of spirituality, like Nicolaus Ridolfi: Breve modo di far l’orazione mentale, in: JACQUES QUÉTIF / JACQUES ÉCHARD: Scriptores ordinis praedicatorum recensiti, notisque historicis et criticis illustrate, vol. 2, Paris 1721, 458. A quotation that could come from Basilii Faber: Thesaurus Eruditionis Scholasticae, vol. 1, Leipzig, Frankfurt 1680, c. 1010.

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Analysing the references to the medieval female mystics, we can see that they concern visionary experiences in all cases. In the first note we are told that, after having seen the devil in a vision, Catherine got instructed by God about the brightness of Heaven as opposed to the dreadful nature of Hell.74 In the quote about Brigitta, it is the virgin who teaches her about the countless number of angels present in Heaven. The text says that they are ten times the number of men who were and will be born from Adam to the end of times.75 Then we find the note Deum semel inspexisse est omnia didicisse. Ut ait quidam sanctus, which does not correspond to Brigitta, but to Gertrude the Great. Precisely after introducing a quote from Gregory the Great76, the notes turn to Gertrude’s experiences, specifically to a vision that comes from chapter 28 (Book IV) of her ‘Legatus divinae pietatis’.77 In this passage 74

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Cf. Manuscript C'', non-numerated page, after f. 274: Dominus dixit Beata Catharinae Senensi: Bene meministi quod cum aliquando tibi in Extasi raptae, Diabolum in propia figura velut in momento et ictu oculi demonstrassem, tu sensibus corporis restituta, potius eligebas per viam ignitam usque ad diem Judicii nudis pedibus incedere, quam illum rursum in ilium intueri. Et tamen adhuc ignoras quam sit reipsa horribilis quem ita raptim vidisti. Tanta vero pulchritudo est etiam infirmi civis regni coelestis, ut totius mundi sensibilis pulchritudo in unum collecta, illi comparari nulla tenus possit: claritas eius longissime excedit meridianam visibilis solis claritatem (Wherefore our Lord said to St. Catherine: “Thou well rememberest, that when once I had shown thee in extasy the devil in his own shape as it were at a glance and for a moment, thou being restored to thy bodily senses, didst choose rather to walk with naked feet upon a burning path till the day of judgment that to behold him again. And yet thou knowest not how horrible he really is, whom thou didst see so imperfectly. But so great is the loveliness of even the lowest citizen of heaven, that the sensible beauty that the sensible beauty of the whole world put together can in nowise be compared to it; its brightness far surpasses the meridian brigthness of the visible sun”; Transl. JOHN EDWARD BOWDEN: Spiritual works of Louis of Blois, Abbot of Liesse, London 41903, 288–289). Cf. Manuscript C'', non-numerated page, after f. 274: Beata Virgo Maria dixit Beata Brigittae quod tantus est numerus Beatorum. spirituum angelicorum, ut si computarentur omnes homines ab Adam usque ad ultimum in fine mundi nastiturum, possent unicuique homini deputari ad minus decem angeli gloriosi (Virgin Mary Mother of God tells St. Bridget that the number of the blessed angelic spirits is so great, that if all men were counted from Adam to the last who will be born at the end of the world, ten glorious Angels at least might be assigned to each man; Transl. BOWDEN [n. 74], 289). Gregorius Magnus: Moralium Lib. XII, cap. XV B. Job, Patrologia Latina, vol. 75, 999. Cf. Gertrude of Helfta: Œuvres spirituelles. Le Héraut (Livre IV), ed. by JEAN-MARIE CLEMENT, Paris 1978 (Sources Chrétiennes 255), 268: Feria II sequenti. De examinatione religionis. Feria secunda, dum communicatura exoraret Dominum ut per illud dignissimum sacramentum supplere dignaretur omne quod ipsa unquam neglexerat in ordine Religionis, suscipiens eam Filius Fei praesentavit Deo Patri indutam tunica Religionis; quae tunica videbatur ex tot partibus distinctim composita, quot annos vixerat in Religione (The following Monday: Scrutiny of her Life in Religion. 1. On the Monday, about to receive communion, she was beseeching the Lord that through that most worthy sacrament he would deign to compensate for everything that she had neglected in the observance of the religious life. Catching her up, the Son of God presented her

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we are told that Christ appeared dressed in a special way. Indeed, the text says that Gertrude could see in his tunic every good and bad thought she had, as well as every deed she performed since entering in religion.78 The last two quotes concern the story of Saint Carpus and a last sentence that Christ pronounced to Brigitta and that gives an account of his mercy79 (for a complete transcription of the notes, see Appendix 13: Notes in Manuscript C''). These texts, however, are not directly taken from the works of the mystics, but come from the ‘Monile spiritualis’, one of the works of Ludovicus Blosius or Louis de Blois († 1566). This Benedictine monk, abbot of Liessies, reformer, and writer of spiritual works, showed a great interest in contemplative and visionary literature, as well as speculative mysticism. The first works are directed to the reform of the monastic life as, for example, his ‘Speculum monachorum a Dacryano, ordinis S. Benedicti abatte, conscriptum, antehac numquam excusum’ of 1538. Later on, he dedicated himself to writing works for the development of the interior life of religious and lay people, such as the ‘Institutio spiritualis perfectionis vitae cultori

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to God the Father dressed in the habit of religion: this habit seemed to be constructed from as many separate sections as the number of years she had lived in religion; Transl. ALEXANDRA BARRAT: Gertrud the Great of Helfta, The Herald of God’s Loving-Kindness. Book Four, Collegeville 2018 [Cistercian Fathers Series 85], 149). Cf. Manuscript C'', non-numerated page, after f. 274: Et quarto libro insinuationum divinae pietatis sive revelationum sanctae gertrudis capite 28 habetur quod ipsa virgo Gertrudis [page changes] viderit se praesentari Deo indutam tunica quadam, in qua distincte annotata erant singula quae ipsa in religione bene vel male cogitaverat, dixerat et fecerat: ita ut nee minimum quidem punctum cogitationum, intentionum, verborum et operum eius bonorum ac malorum latere posset, quem Deus et omnes coelicolae non perfectissime cognoscerent in Luce infaillibilis veritatis. Unde divinitis intellexit, quod cuiuslibet hominis status similiter pateat Deo et omnibus sanctis pro aeterna saecula (And in the twenty-eight Chapter of the fourth Book of the Insinuations of Divine Piety or Revelations of St. Gertrude, we find that St. Gertrude saw herself presented before God, clothed in a garment on which was distinctly marked every thing that she had thought, said or donc in religion, whether good or bad, so that not even the smallest point of her good or evil thoughts, intentions, words or works could be hidden, since God and all the dwellers in heaven know them most perfectly in the light of infallible truth. Whence she learnt from God, that the state of every man lies open in like manner to God, and to the Saints throughout endless ages; Transl. BOWDEN [n. 74], 289). Carpo’s story is only briefly noted: Historia de B. Carpo Episcopo apud D. Dyonisium Epistola ad Demophilum. de duobus viris infideli scilicet et christiano contra quos indignaba[n]tur etc. (Story of the Blessed Bishop Carpus, according to the Divine Dyonisius in the ‘Epistle to Demophilus’, about two men, that is, an unfaithful and the Christian against whom he resented; Transl. S.F), while in Brigitta’s case, the author explicitly copies Christ’s response, cf. Manuscript C'', non-numerated page, after f. 274: Dixit Christus Beata Brigittae: Si fieri posset ut totius morerer quod sunt animae in inferno…(St. Bridget, in spirit heard Christ speak thus: […] If it were possible for me to die as many times as there are souls in hell …; Transl. BOWDEN [n. 74], 207–208).

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utilissima’ of 1551. In this phase, the influence of Rhenan and Flemish mysticism is clear. In fact, among his works are cited several mystical texts by Heinrich Seuse († 1366), Jan van Ruysbroeck († 1381), Catherine of Siena, but above all, by Johannes Tauler († 1361) and Gertrude the Great. The recurrent themes of his mystical thought are the union with the divinity, the beatific vision, the engendering of the verb in the soul, the overcoming of images, and the deification of the soul.80 In particular, the work that the author of the notes of Manuscript C'' consults and copies is the ‘Monile spirituali’, which circulated in the 17th century separately or together with compilations of works of spirituality. This text by Blosius focuses especially on the revelations and the beatific vision of holy souls. Throughout its pages, the three mystics already mentioned, Catherine of Siena, Brigitta of Sweden and Gertrude the Great are cited in abundance, as referential figures of the visionary experience. The notes come from two different chapters of this work: the first, ‘De immensa Dei misericordia, et benignitate matris Dei erga peccatores variis revelationibus commonstrata’ and the last one, ‘De gaudiis paradisi coelestis’, which is the one that focuses the most in the visionary phenomenon81 (see Appendix 14: Notes in Manuscript C'' and the ‘Monile spirituali’). It is clear that this part is the one that interested the author of the notes the most, a chapter where the emphasis is on the heavenly visions that the three female mystics experienced. Gregory the Great is also quoted in this passage as an authoritative figure to support the phemonenon of beatific vision the women witnessed. In this same chapter 14, ‘De gaudiis paradisi coelestis’, there are other fragments that the author of the notes does not copy, but that emphasize the possibility of a direct vision of God. For example, towards the end of the chapter, the spiritual perception of Gertrude is praised, since she “tasted the divine union with God in the heavenly homeland”, acquiring a revealed knowledge similar to the “face to face vision of God.”82 80

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PIERRE DE PUNIET: Blois (Louis de) ou Blosius, abbé bénédictin de Liessies (1506–1566), in: Dictionnaire de spiritualité ascétique et mystique: doctrine et histoire, vol. 1, ed. by MARCEL VILLER et al., Paris 1937, 1730–1738. Ludovicus Blosius: Monile spirituali, in: Manuale vitae spiritualis continens Ludovici Blosii Opera spiritualia quaedam selecta, ad usum praesertum studiosae juventutis, ed. by CAROLI NEWSHAM, London 1859, 277–356. For Gertrude’ visionary skills cf. ibid., 355: Felicissima virgo Gertrudis aliquando in spiritu intellexit tantam et usque adeo incomprehensibilem esse lucem Divinitatis, ut, si quilibet Sanctorum, ab Adam usque ad novissimum hominem, tam altam et perspicuam cognitionem perciperet, quam altam perspicuamque aliquis umquam percipit, et alter cum altero in sua cognitione non participaret, etiamsi millies numerosior esset multitude Sanctorum, adhuc tamen ipsa lux Divinitatis in infinitum superaret omnem intellectum. Idem omnino sentiendum est de pulchritudine, dulcedine et bonitate Dei aliisque amabilibus ejus perfectionibus. Merito itaque eadem

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This notion is a constant in the works of Blosius, an idea that defends in different works. According to him, during the raptus, the soul can reach the immediate vision of the divinity, even if this experience is inexplicable and ineffable.83 The whole set of notes seems therefore to have been made at least at three different moments associated with three types of readings: firstly, the miscellaneous notes of ancient culture probably linked to a teaching of Latin; secondly, the quotations of the mystics from the work of Blosius and, finally, the letters of Saint Ignatius of Antioch. Of the three groups, obviously the one that arouses more interest for the analysis of this article is the second one, since it focuses on the visionary experience and the knowledge that is acquired through it. Even the story of St. Carpus that is also mentioned without being developed in the notes is related to a visionary phenomenon. Knowing, moreover, the interests and the thought of Blosius, it seems that there could be some relationship between Marguerite’s works and this type of text. It is clear that the author of the notes was consulting a work speaking about the beatific vision with an interest centred on the testimonies of female figures in medieval mysticism. Beyond what he or she

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virgo Gertrudis, degustatis utcumque in unione divina deliciis patriae coelestis, exclamando dixit et scripturae commendavit verba ista: “O regio illa beata et beatificans affluentiis beatitudinum, ager deliciarum” (The most favoured virgin, St. Gertrude, once understood in spirit, that the light of the Divinity was so great and so incomprehensible, that if each one of the Saint, from Adam to the last man, were to attain as deep and clear a knowledge being shared by any other, and even if the multitude of the Saints were a thousand times more numerous, yet that light of the Divinity would infinitely surpass all understanding. The same is true of the beauty, sweetnees, and goodness of God, and of His other desirable perfections. With good reasons therefore did this virgin, Gertrude, who, in her union with God, had tasted the delights of the heavenly country, thus exclaim, and commit to writing these words: “O blessed region, making blessed with the affluence of blis; harvest of delights”; Transl. BOWDEN [n. 74], 293–294). The final sentences of this work are the following (ibid., 356): Sed quid inde balbutire conatur mea impeditior lingua? cum etiam si omnis Angelica et humana potentia in unam conferretur scientiam, nequaquam ad plenum formare sufficeret vel unicum verbum quo tantae rei excellentia aliqua ex parte digne attingeretur aut exprimeretur. Haec Gertrudis. Quod si tam inexplicabilia virgo illa in hoc exilio percepit, qualia, quaeso, percipiunt beati cives coeli, qui Deum jam non in aenigmate, sed facie ad faciem vident? Ipse lesus Christus Dei et Virginis Filius nos ad coelestem illam patriam perducere dignetur, qui est benedictus in saecula. Amen (But wherefore should my stammering tongue attempt to speak of it? When even if all the powers of Angels and men were combined in one science, it would never fully suffice to form one single word which could in any measure express, or reach to the height of excellence". These are the words of St. Gertrude. But if such inexplicable things were shown to that virgin during her exile, what, I ask, is given to the blessed citizens of heaven, who see God not in a dark manner, but face to face [1 Cor. xiii. 12]? May Jesus Christ Himself, the Son of God and of the Virgin, who is blessed for evermore, deign to bring us into that heavenly home, Amen; Transl. BOWDEN [n. 74], 294). RALPH DEKONINCK: Ad Imaginem. Statuts, fonctions et usages de l’image dans la littérature spirituelle jésuite du XVIIe siècle, Genève 2005 (Travaux du Grand Siècle 26), 168.

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intended to do with those notes, it is worth emphasizing that the book that was on the table when he or she consulted Blosius’ work was Manuscript C''. But we can perhaps go further. Is it possible that the author of these notes was precisely interested in Marguerite’s works? Is it possible that she or he understood her texts as part of a medieval female visionary tradition? As I have already mentioned, the ‘Speculum’ develops a spiritual itinerary that ends with the unio mystica, the deification of the soul, and the face to face vision of God.84 It is a work with a clearly visionary nature that shows a special accent on the sensory images of Paradise and contains a clear message: the acquisition of the ultimate knowledge of God through the beatific vision (“the open vision”).85 These characteristics make Marguerite’s text not only close to the content of the testimonies of Catherine of Siena, Brigitta of Sweden, and Gertrude the Great, but also close to the precepts defended in Blosius’ works. These indications should be added to the small evidence we have been able to find so far: the reading marks of Manuscript B which were interested in the concept of vehemens, the consideration of the ‘Speculum’ as vision or revelation, as well as the possible association of Marguerite’s works with Stephano Meney. These are undoubtedly minimal indications, buried under the evident weight of a major hagiographic and chronistic interest, but it is a clue that must be traced. III.1.5. Disappeared copies and posterior worship From the note we find in Manuscript C' concerning Stephano Meney we can infer not only that this Dominican friar was curious about Marguerite’s works, but also that the nuns of Prémol possessed a copy of them. Taking into account the absence of other works written by Carthusian nuns during the Middle Ages, we could suppose that many other male and female Carthusian monasteries must have had copies but, again, the evidence is unsatisfactory. The Grande Chartreuse must have had a copy, since, on the one hand, the ‘Speculum’ was taken to the General Chapter by Hugues of Valbona in 1294 and, on the other, Manuscript A was copied there. Beyond this, the only mention I have been able to trace is a currently missing volume that belonged to the library of the Charterhouse of Mont-Dieu, in the Northeast of 84

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Cf. Ms. A, f. 17v: Et Il memes lo promet en l’avangelo et dit que benatru sont li ne de cuor quar il verrent Deu faci a faci en sa tre grant beuta (And He himself promises that in the Gospels, saying that blessed are the pure in heart, for they will see God face to face in His great beauty; Transl. S.F.). Cf. Ms. A, f. 17v: Sont benatru li net de cuor, quar il verent Deu tot apertament (Blessed are the pure in heart, for they will openly see God; Transl. S.F.). For a deep and long analysis on beatific vision and the notions of ‘face to face’ and ‘open vision’ linked to deification in the ‘Speculum’, cf. SANCHO FIBLA (n. 26), 221–243.

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France. Dom Ganneron († 1669) located there a lost copy of a certain volume entitled ‘Meditationes sacratae virginis Margaretae, quondam priorissae d. Poletens, ordinis Cartusiensis’. Dom Ganneron was a Carthusian monk and chronicler of the Order who took up the position of vicar in Mont-Dieu after having held other positions in Neuville-sous-Montreuil and Montreuilsur-Mer.86 Following the movement of his time, he undertook the composition of a chronicle of his monastery, with which we can now also partially redraw the history of its library. Indeed, SIMONE COLLINE-ROSET combined the study of this chronicle with Dom Montfaucon’s later catalogue and tried to reconstruct the magnificent library that this charterhouse once possessed.87 One of the most important conclusions of COLLIN-ROSET’s study is the growing disaffection that, in early-modern times, the monks showed towards their books, especially manuscripts. This attitude, according to her, led to the collection being almost completely dismembered.88 In chapter 27 ‘De la Bibliothèque’ of Dom Ganneron’s ‘Les antiquités de la chartreuse du Mont-Dieu’, we are told about the most appreciated books that the author regrets having lost: Les livres perdus que je regrette entre autres sont: Meditationes sacratae virginis Margaretae, quondam priorissae d. Poletens., ordinis Cartusiensis; Liber Petri abbatis Cellensis de laude heremiticae vitae, qui ne se trouve aucune part; Formula honestae conversationis et sanctae consolationis edita a D. Johanne de Tornaco, priore montis Dei; item, Epistola Petri abbat. Cellensis (qui fuit postea abbas S. Remigii) ad Stephanum heremitam Montis Dei, prius suum monachum.89

Indeed, Dom Ganneron places in the first place Marguerite’s ‘Meditationes’, among other works from Johannes de Tornaco, prior of Mont-Dieu, and from Peter of Celle († 1183), who had a close relationship with the same monastery.90 This could mean that, in some way, Dom Ganneron felt an identitarian relationship with Marguerite’s works, since he places her among the authors related to the Order and to his own monastery. 86

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Cf. PAUL LAURENT: Notes inédites sur la vie et les oeuvres de dom Ganneron, chartreux du Mont-Dieu, Charleville 1887. Bernard de Montfaucon, a monk from the Benedictine congregation of Saint-Maur, wrote five folders for composing the ‘Bibliotheca bibliothecarum manuscriptorum nova’, a collection of catalogues of manuscripts classified by the place in which they were conserved in 1739. We can find a partial list of manuscripts from Mont-Dieu in the second folder, now in Paris (BNF, ms. lat. 13069, f. 211–215). SIMONE COLLIN-ROSET: Les manuscrits de l’ancienne chartreuse du Mont-Dieu (Ardennes), in: Bibliothèque de l’École des Chartes 132, L. 1 (1974), 5–73. DOM FRANÇOIS GANNERON: Chapitre 27. De la Bibliothèque, in: Les antiquités de la chartreuse du Mont-Dieu, Paris 1893, 111–116. For an explanation of Peter of Celle’s relationship with this charterhouse, cf. JULIAN HASELDINE: Introduction, in: The Letters of Peter of Celle, Oxford 2001, XX–LVIII, here XXXVIII–XXXIX.

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Yet, Ganneron talks about meditationes, does this mean that it is a manuscript that contains only the ‘Pagina Meditationum’? I strongly doubt it. In Manuscript A and in the 17th century copies the title ‘Meditationes’ heads the entire volume. Thus, it would be very likely that in the catalogues and inventories the volume would be mentioned by the first of the titles it contained. Another aspect worth mentioning is the relationship and, more specifically, the circulation of books that Dom Ganneron makes evident between the male Carthusian monastery of Mont-Dieu and Gosnay, where there was a male and a female monastery.91 This relationship would deserve to be studied in more depth, since we are talking about monasteries with an important cultural activity. The female monastery of Gosnay was, indeed, probably the culturally most active of the five female communities in early-modern times. This is the monastery where Anne Griffon († 1641), a mystic author who wrote various texts with a Carmelite influence, lived.92 Also, as will be shown further on, it is precisely there where we find some of the most important examples of worship to the memory of Marguerite and Béatrice. From the list provided by Dom Ganneron we can also highlight the presence of other mystical or prophetic texts of medieval women, such as a 14th century ‘Epitome revelationum B. Hildegardis abbatissae’93 and an ‘Excerpta revelationum sanctae Brigittae de Swecia’94. Other volumes, now in the Bibliothèque Municipale de Charleville-Mézières, could also contain other interesting texts, but they would need to be studied in more detail, like so many other French Carthusian libraries. I am speaking of the 13thcentury ‘Miscellanea spiritualia’, the 14th-century ‘Miscellanea spiritualia praecipue ad usum Carthusiensium’ (15th c.), or the ‘Miscellanea spiritualia latine et gallice’ (14th and 15th c.). 91

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He indeed speaks about a Bible in parchmin that was sold, for which they ask the permission to a visitor from Gosnay. Her works are preserved in three manuscripts: MS 1082 et 1083 (unfinished and hard to read) de la Bibliothèque Mazarine Paris, MS 236 de la Bibliothèque municipale de Charleville-Mézières, cf. JÉRÔME THOMAS: Entre apogée et déclin: vivre sa foi au Grand Siècle, dans les chartreuses féminines, 1570–1715, PhD dissertation, Université Lille Nord 2014, 218 onwards. Bibliothèque municipale de Charleville-Mézières, MS 100. After some sermons, chants to the Virgin, a Gospel of the Passion and other texts, we find: Hec que secuntur extracta sunt de libris sancte Hyldegardis prophetisse, qui libri recepti et canonizate sunt a papa Eugenio in concilio Treverensi… (f. 144r–147v). Bibliothèque municipale de Charleville-Mézières, MS 141. It is an early 16th-century manuscript containing the Exempla domini Johannis cardinalis de Turrecremata and the Excerpta ex libro revelationum celestis sancte Brigitte de Sweia vidue, sponse Christi. In the beginning, one can read: Hunc librum excerpsit et scripsit v. pater domnus Dionysius Bastonnier, professus et postea prior Montis Dei meritissimus et religiosissimus, anno 1500 (f. 2v).

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I have not been able to find further allusions to Marguerite’s works in other Carthusian monasteries, a difficult task due to the dismemberment of most of the French monastery collections. Nor are there any mentions beyond the French-speaking confines, as in the catalogue of the Erfurt Charterhouse.95 There, in the Signaturengruppe I (2primo) a “Margareta” is mentioned. Although she is identified by PAUL LEHMANN with Margareta Ebner96, as BALÁZS J. NEMES demonstrates, it most probably refers to Margareta of Ypres.97 She is mentioned again in I 6, associated with a text called ‘Revelaciones’, but no evidence seems to bring these mentions close to Marguerite d’Oingt: 2primo. Collectorium ex libris devotarum feminarum. Comportata enim sunt hic varia et multa ex libris sanctarum Brigitte, Mechildis, cuiusdam s. Margarete, Katharine de Senis et Hildegardis. Sermo revelatus per angelum sanctum b. Brigitte et est de recommendatione et laude beatissime virginis Marie […] Registrum in librum eiusdem, qui dicitur Lux divinitatis. Exerpta de libro cuiusdam virginis dicte Margarete. (f. 118r) I 6. Revelationes s. Elyzabet virginis, que commorabatur tempore Eugenii pape in finibus Treverensis diocesis. Revelationes et vita cuisdam virginis dicte Margarete. Hic ponuntur etiam multe morales et exemplares doctrine. Liber de considerationibus gratie Dei et de perfectione vite spiritualis … (f. 118v)98

III.2. Béatrice d’Ornacieux As I mentioned earlier, beyond Marguerite, the two leading figures of medieval Carthusian spirituality would be Béatrice d’Ornacieux and Roseline

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For the digital edition of the inventory (Erfurt, Bibliothek des Bistumsarchivs, Hs. Hist. 6) made by DFG Project ‘Making mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt’, see URL: https://making-mysticism.org/edition-von-ddfefi/ (last accessed 02/02/2020). For an analysis of mystical reception in Erfurt, see MATTHIAS EIFLER: Zur Rezeption von mystischem Viten und Offenbarungen bei Kartäusern und Benediktinern in Erfurt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Mechthild und das ‘Fließende Licht der Gottheit’ im Kontext. Eine Spurensuche in religiösen Netzwerken und literarischen Diskursen im mitteldeutschen Raum des 13.–15. Jahrhunderts, ed. by CAROLINE EMMELIUS, BALÁZS J. NEMES, Berlin 2019 (Beihefte zur Zeitschrift für deutsche Philologie 17), 303–336. I specially thank Gilbert Fournier and Balázs J. Nemes for their valuable help concerning the information from the Erfurt Library. PAUL LEHMANN: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, vol. 2: Bistum, Mainz, Erfurt, Munich 1928, 732. See also note 10. For a concrete study of I 2primo signature, see BALÁZS J. NEMES: Text Production and Authorship: Gertrude of Helfta’s ‘Legatus divinae pietatis’, in: A Companion to Mysticism and Devotion in Northern Germany in the Late Middle Ages, ed. by ELIZABETH ANDERSEN et al., Leiden 2014 (Brill’s companions to the Christian Tradition 44), 103–130 (n. 22, 108); and HELLGARDT / NEMES / SENNE (n. 11), XXII, LXXV. URL: https://making-mysticism.org/edition-von-ddfefi/ (last accessed 02/02/2020).

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de Villeneuve.99 With regard to the first of these, her posteriority seems to follow two ways. On the one hand, she has always been linked to the figure of Marguerite, since she is the author of her life. In fact, although Marguerite and Béatrice do not seem to have known each other, there is a tradition of relating them with closer ties than they possibly had. Marguerite could have written the ‘Life’ at the request of others or of her own free will but, in any case, it seems that she wrote it following the news she received from Béatrice. This is evident when she speaks of the nuns who accompanied Béatrice when she founded Eymeux: com jo hay entendu et non puit unques saveir lo proprio non de cetes doves quant jo escrisevo co (As I have heard it said, since at the time I was writing this I did not know the name of these two).100 However, as I have said, attempts have been made to bring the two Carthusian nuns closer together on numerous occasions. For example, the belief that Marguerite was Béatrice's novice at Poleteins is still being reproduced today. We do not know the dates of birth of either of them, so it is not clear that the chronology allows us to understand that one was a teacher and the other a novice. Furthermore, in no case is there any mention of any relationship between Béatrice and Poleteins, the monastery of Marguerite. This relationship, which can be traced back to a chronicle from the 18th century, shows the widespread reception that has been given to both figures: one as a teacher because she was a writer, and the other as a rather ignorant saint.101 In addition to this tendency to bring the two Carthusians closer, another line that has followed Béatrice’s posteriority has been hagiographic, that is, the worship of her holiness. Indeed, we can already find this Carthusian

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There are modern editions for both of them: CAMILLE BOUVIER: La Bienheureuse Béatrix d’Ornacieux: religieuse de Parménie, Résiac 1975, and PIERRE SABATIER: Sainte Roseline, moniale chartreuse (1263–1329), Paris 1929. Ms. A, f. 27v–28r; Transl. S.F. The chronicle I am talking about focuses on the saints of the Savoia territories and says: “La B. Béatrice d’Ornacien fu discepola, e figlia spirituale della B. Margherita di Duino […] perfettissima religiosa, il che non è difficile da credersi, perché fu allevata in una scuola di virtù, e sotto una maestra dotata di zelo particolare”, cf. PIERGIACINTO GALLIZIA: Atti de’Santi, che fiorirono ne’Dominj della reale casa di Savoja. Tratti da un codice manoscritto del canonico Piergiacinto Gallizia di Giaveno, vol. 5, Torino 1757, 241–242. This is where THÉODORE BELLANGER (La bienheureuse Béatrix d’Ornacieux, vierge chartreusine de Parménie au XIIIe siècle. Sa vie, sa mort et son culte, Grenoble 1874, 57) seems to get it in his modern edition of Béatrice’s hagiography, which, in turn, seems to influence the subsequent scholarship, cf. ZORZI (n. 46), 511; DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 161; P. DE FARCONNET: Beatrix d’Ornacieux, in: Dictionnaire d’histoire et géographie ecclésiastiques, vol. 7, Paris 1934, 113; BLUMENFELDKOSINSKI (n. 26), 29.

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nun in some martyrologies and hagiologies of the 16th century.102 Among these references, the most interesting for the purpose of this article may be that of Petrus Dorlandus. This Dutch chronicler presents Béatrice in his work of 1507 by succinctly (but explicitly) mentioning the “secret revelations” that the nun experienced.103 However, as we will see below, other Carthusian documents will not focus so much on her visionary experiences as on her virtuous life. However, she was not considered blessed until 1869, an honor rare in the Order. Undoubtedly, the legitimisation attributed to her ‘Life’ helped in this process: a medieval hagiography written undoubtedly by Marguerite d’Oingt, an author who apparently never had any theological controversies. Carthusian monks had Bruno as their founding figure of reference, while the female branch was orphaned in this respect. Even more so after the pioneer monastery was cut off from the Order in 1337. As JÉRÔME THOMAS points out, this void had to be filled by a woman of exemplary religiosity who fulfilled the ideals of the Order and, I would add, the ideals of what an early-modern nun had to be.104 Marguerite did not fit this model, especially since we know almost nothing about her personal life, but Béatrice was the perfect target. In this sense, we could say that Marguerite fulfilled her goal if, as SEAN FIELD says, she wrote the ‘Life’ of Béatrice to legitimize the female identity within the Order.105 JÉRÔME THOMAS suggests that, unlike Marguerite, Béatrice was not an intellectual and, apparently, she did not come from an aristocratic family.106 I agree with this hypothesis, but I would also like to append that Béatrice’s testimony was not transmitted by herself, but by a hagiography that was authorized and whose contents highlighted some of the traits that a holy 102

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For instance, she appears in the Martyrologes of Hermann Greven (1515), Canisius (1562), André de Saussay (1637), Artur du Moutier (1637); in Théophile Raynaud’s ‘Hagiology’ (1665), and in other catalogue of saints as will be developed below. Dorlandus (n. 5), Cap. IV. De S. Virgine Beatrix, 271. THOMAS (n. 92), 83–84. SEAN L. FIELD compares the writing of Béatrice’s ‘Life’ with those of Douceline de Digne and Isabelle de France. It is true that, if we accept that all hagiographies sought a legitimisation of an identity, in Douceline’s and Isabelle’s cases it would be more a question of defending the community, whereas in Béatrice’s one it could be extended to the whole order, since the Carthusian nun had no connection with Poleteins, Marguerite’s monastery: “Béatrice was not the founder of Marguerite’s community, and Marguerite was not a direct inheritor of her authority. She was thus interested in a more general statement about the legitimacy of female Carthusian identity and status within the order. Displaying the spiritual fruits of her contemplation was an effective means to accomplish this task”, SEAN L. FIELD: Agnes of Harcourt, Felipa of Porcelet, and Marguerite of Oingt: Women Writing about Women at the End of the Thirteenth Century, in: Church History 76 (2007), 298–329, here 323. THOMAS (n. 92), 83.

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nun should have: asceticism, humility, obedience, etc. Moreover, as there do not seem to have been any other apocryphal legends or strong worships, her legacy was easy to control. The modifications of the manuscripts C' and C'' with respect to A, would be an example of this process. In the modified text of both volumes, visionary phenomena were not fostered, but rather neglected in the background behind the miracles and holy virtues:107 Le touche fut severement arrestté par la haire, et les continuelles disciplines: Enfin un sixième sens que j’appelle celuy de l’esprit, c’est a dire la curiosité fut tellement mortifiée quelle ne s’occupoit qu’aux choses du salut, et de la perfection chrestienne. (Manuscript C', f. 126v / C'', p. 43) Toute fois Beatrix d’ornacieux n’en seraoit gueres plus loüable [about the admirable things she did] si a tant de dons elle n’avoit joint les vertus. Car comme chacun sait ce ne sont pas les graces gratuites qui nous perfectionnent et qui nous sanctifient. (Manuscript C', f. 137r / C'', p. 57)

In this way, Béatrice became the appropriate figure to promote an image of an ideal nun for the few remaining Carthusian female monasteries from the 16th century onwards. To this end, the modified text translated into 17th century French was more suitable than the text from the end of the 13th century. Apart from the fact that the medieval style of Manuscript A probably did not suit the taste of the time and that the Franco-Occitan dialect might have been difficult to understand for the communities of the North, this new version provided the nuns with an apparatus for reading the work properly: a long prologue that headed the ‘Life’ and many observations that helped the reader to locate the important points and understand them under a moralistic logic. This strategy is even clearer in Manuscript C'', where the text is free of divisions between chapters, thus providing a complete text that is updated by the narrator who reviews Béatrice’s behaviours and experiences. Similarly, as I said earlier, Manuscript C' presents a recto-verso translation of Marguerite’s works except for the ‘Life’. The reasons for this decision would be, firstly, that the translation does not literally follow the FrancOccitan text and, secondly, that the text would be easier to read and handle. The strategy of adapting Béatrice’s life to an exemplary model for earlymodern nuns meant that the medieval text was no longer useful. It is natural to think that models of holiness evolve and change over time, so the texts are updated.108 However, we must ask ourselves whether Marguerite’s 107

108

Among other passages, see, for instance, the distrust towards her visions with expressions like elle crût voir des choses, elle crût voir Jesus Christ (Ms. C', f. 132r), or the way the visions are perceived (f. 132v). See, for example, the use that Cardinal Cisneros made in the Iberian Peninsula at the end of the 15th and beginning of the 16th century of models of sanctity and medieval European mysticism

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text had already served this purpose before. Did Marguerite write the ‘Life’ to provide a model of holiness? For whom? It is difficult to know, although I believe that, if she did, it was in any case not an institutional one, since the similarities between Béatrice’s hagiography and the other works are striking. Not only in terms of style or the practices described, but also in terms of the visions revealed: an example of this is the vision of the Trinity, which seems to be almost identical in both nuns. By this I do not mean that Marguerite followed a kind of an anachronistic idea of writing, but that the instrumentalization of her writing could be due more to her own will of legitimizing the female branch than to a strategy of the Order. This idea is confronted with JÉRÔME THOMAS’ hypothesis that the ‘Life’ of Béatrice would be an assignment of her superiors. Indeed, this scholar defends in his doctoral dissertation that Marguerite wrote under the direction and guidance of the Carthusian monks who were close to her. The goal would have been to provide an exemplary account for the other nuns. THOMAS says that, since the text would have been written by Marguerite, at least officialy, the nuns would not have conceived it as an imposition of the Order.109 By saying this, THOMAS is developing, in other words, an idea that the editors of 1965 had already pointed out: Les pages écrites dans de tels sentiments n’étaient pas destinées à être montrées, ni recopiées, ni lues dans les monastères. Elles auraient dû disparaître avec Marguerite […] Il faut voir ici l’intervention des supérieurs de Marguerite qui lui ont demandé de faire, par obéissance et pour d’autres, ce quelle avait commencé à faire par ferveur et pour elle seule.110

In other words, the idea behind both the editors’ and JÉRÔME THOMAS’ hypothesis is that Marguerite did not have autonomy, either in the production of her works or in their dissemination. The text we have today might have originally been the result of her own initiative, but it was only thanks to the intervention of the monks that Marguerite copied them and they were spread. However, it seems to me that the quote from the editors copied above is based on a romantic notion that links literary production to an inner desire for expression, which is difficult to believe in Marguerite’s context. Moreover, the idea that both analyses defend according to which the prioress of Poleteins would not have any kind of initiative of her own contrasts with the pedagogical style evident and explicit in all her texts. It

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(Mechthild of Hackeborn, Chiara d’Assisi, Caterina of Siena, Angela da Foligno etc.) to offer an exemplary model of religious woman in his reform: ELIZABETH TERESA HOWE: Cisneros and the Translation of Women’s Spirituality, in: The Vernacular Spirit: Essays on Medieval Religious Literature, ed. by RENATE BLUMENFELD-KOSINSKI et al., New York 2002, 283–295. THOMAS (n. 92), 85. DURAFFOUR / GARDETTE / DURDILLY (n. 23), 17.

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is true that Marguerite herself says in a letter vos mavez mande que je vous escrisse (you asked me to write to you; f. 31v), and je ne voil pas que vostri vallet soyt venuz vers moy por nient (I do not want your valet to have come for nothing; f. 32v), thus showing an external interest in reading her works. However, the circumstances are no different from any other relationship established between confessors and visionaries in which the initiative of the woman is not denied, only supported. Consequently, I do not believe that the ‘Life’ was written or spread in a group operation in which Marguerite had followed the instructions of the male authorities. The reasons are what has been said above and, also, the evidence that Carthusians were not concerned with promoting a model of female sanctity before the 16th century. Nor do I believe that, as JÉRÔME THOMAS says, the monks participated in the process of “writing, selecting, modifying, and revising the texts.”111 Not at least for the above purpose. Obviously, the copyist of Manuscript A could have made a depuration of documents, contents, names, style, or else, but in that case probably the concern would be more in matters of orthodoxy. The first proof of an institutional will to promote the life of Béatrice does not appear until the time of the composition of Manuscripts C' and C''. It seems to me that we can easily connect these volumes with the analysed marks of Manuscript A, which mostly indicated an interest towards positivist facts as names and places for an eventual process of beatification. In the 17th century volumes, although important information is gathered about other prioresses or monasteries, no mention is made of Roseline de Villeneuve, thus giving special importance to Béatrice as the only holy figure of the female branch of the Order. In the same vein, at the end of the 17th century, Dom Le Couteulx makes a mistake when he speaks of Marguerite’s works in his ‘Annales’. He specifically mentions the ‘Speculum’ as a sermone latino, while Béatrice’s ‘Life’ is in idiomate patrio Sebusiano. Obviously, the ‘Speculum’ is not a sermon and was not written in Latin. This lapse would thus denote his ignorance of the complete corpus of Marguerite’s works and, instead, a better knowledge of the hagiography.112 This tendency can also be found in Michel Van Lochom’s engravings in the book ‘Images des fondatrices, reformatrices ou 111

112

“Elle affine son œuvre sur la vie de la moniale, la reprend, la fait lire et relire afin que Béatrice se place idéalement dans un cheminement de sainteté”, THOMAS (n. 92), 86. The author appends that the two miracles added at the end of the ‘Vita’ are validated by mentioning Carthusian male figures. However, the witnesses pof her miracles are not only male. Cf. LE COUTEULX (n. 35), 50: Sermone latino Speculum et Meditationes quae miram spirant ipsius erga Christum crucifixum devotionem (Speculum and Meditations in Latin, which inspire by itself a wonderful devotion for Christ crucified; Transl. S.F.)

102 Sergi Sancho Fibla

principales religieuses de tous les ordres de l’Eglise’. Not only is Béatrice considered as the patron (or the founder, depending on the title) of the female branch of the Carthusians, but we do not find in the book any mention of Marguerite or Roseline.113 Where we do find Marguerite is, however, in the 17th-century ordo of the consecration of the virgins from Gosnay.114 There Marguerite is portrayed teaching while holding a book and a cross in her arms, thus adopting the iconographic motif of the Virgin teaching the child.115 In the background, she appears praying in front of an altar too. Marguerite is therefore not represented as an authority or simply as an author, but as a source of devotional teaching for nuns. Béatrice, on the other hand, is portrayed holding a crucifixion with two nails, a sign of the stigmata she suffered according to the ‘Vita’.116 Therefore, both images proclaim a clear message: Marguerite is an example for the education of the nuns (unfortunately we cannot know what kind of texts the nuns of Gosnay possessed) and a figure of devotion, while Béatrice is a model of askesis and mortification.

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At the bottom of the image, it is written B. Beatrix Galla-franco Patrona S. S. Monialium Carthusianarum vixit circa annum 1305, cf. MICHEL VAN LOCHOM: Images des fondatrices, réformatrices ou principales religieuses de tous les ordres de l’Eglise, Paris 1639. Charleville-Mézières, Bibliothèque municipale, Ms. 420, f. 1r and 2r. The image of the woman reader has been lately seen more as a representation of the spiritual duty of the pious woman rather than a learning scene, cf. Liturgical Life and Latin Learning at Paradies bei Soest, 1300–1425, ed. by MARGOT FASSLER et al., Münster 2016, 52. See also MICHAEL CLANCHY: Images of Ladies with Prayer Books: What Do They Signify?, in: The Church and the Book, ed. by ROBERT NORMAN SWANSON, Woodbridge 2004, 106–122, and JEFFREY F. HAMBURGER: Representations of Reading – Reading Representations: The Female Reader from the Hedwig Codex to Châtillon’s Léopoldine au Livre d’Heures, in: Die lesende Frau, ed. by GABRIELA SIGNORI, Wiesbaden 2009 (Wolfenbütteler Forschungen 121), 177–239. Since Béatrice was considered as a saint or a blessed already in the 16th century (although her canonization process witnesses a popular cult only since 1634), it may be natural to be the most represented of the Carthusian women. Actually, her iconographic attributes are set up in LOUISJEAN GUÉNEBAULT: Dictionnaire iconographique des figures, légendes et actes des saints, tant de l’ancienne que de la nouvelle loi, et répertoire alphabétique des attributs qui sont donnés le plus ordinairement aux saints par les artistes, Paris 1850. In effect, in column 96 one can read “Beatrix (sainte), patronne et abbesse de l’ordre des Chartreuses en 1305. Sa fête au 29 janvier. Représentée en costume de chartreuse debout, tenant une croix et un clou. Collection des images des saintes, cabinet des estampes de Paris, tome I, fol. 166. La même dans la suite des figures des Fondatrices d’ordres, publiées par Van Lochom, in–4º, 1639, et par Mariette, même collection et même numéro.” This very motif was actually reproduced in the several pictures of her we preserve from 17th and 18th centuries: Daniele Crespi’s paintings for Garegnano and Milano charterhouses, or also Diepenbeeck’s and Jean-Baptiste Klaubert’s artworks.

Reading Mystics, Building Saints 103

III.3. Roseline de Villeneuve Roseline de Villeneuve provides us with a very different case. Her ‘Life’ is not medieval strictu sensu, the oldest manuscript dates from 1527. Some new versions of the text appeared in the 17th century, showing a growing interest in promoting her worship. However, as PAULETTE L’HERMITELECLERQ and DANIEL LE BLEVEC have shown, most of the details of Roseline’s life that these texts explain contradict the historical sources. This is not extraordinary at all, many saints’ devotions were fostered by orders or families in the 16th and 17th centuries, creating ex novo legends, hagiographies, relics and sanctuaries. Looking more closely at this case, we can see that, although Roseline is mentioned in some charters of La Celle Roubaud, a monastery in Provence, almost everything we know about her comes from hagiographies that appeared from the 16th century onwards.117 These texts were collected and analysed by Daniel van Papenbroeck between 1681 and 1682, who then published a ‘Life’ in the ‘Acta Sanctorum’ in 1698.118 PAULETTE L’HERMITELECLERQ and DANIEL LE BLEVEC separated these sources into three types: the group of texts from the 17th century, another from the 16th century, and a third group from the archives of different charterhouses.119 In the first group, Papenbroeck mentions a 17th century French ‘Life’ of about 100 folios and 50 more with miracles attributed to the saint. This ‘Vita’ was allegedly written by an anonymous Franciscan writer and also contained a panegyric written by Dom Aimable of the Verona Charterhouse. This panegyric would have been used for the sermon on the translation of Roseline’s corpse in 1657. Papenbroeck does not give any credit to these sources. The second group contains a Latin text from the 16th century, found in the Charterhouse of La Verne by Dom Chauvet, a regular correspondent of the Bolandists. This text was written in the Grande Chartreuse in 1527 and L’HERMITE-LECLERQ calls it ‘Vita secunda’, since it is supposed to be a copy of a missing ‘Vita prima’. Indeed, this ‘Vita secunda’ ends like this: “Tout ceci est tiré de vieux manuscrits et documents de Notre ordre et établi à partir de la seconde partie de sa ‘Vita’”. Consequently, it seems likely that a previous text would have existed. Yet, Papenbroeck considers that this would have been written shortly after Roseline’s death, a 117

118 119

PAULETTE L’HERMITE-LECLERQ / DANIEL LE BLEVEC: Une sainte cartusienne: Rosaline de Villeneuve, in: Cahiers de Fanjeaux 23, Toulouse 1988, 55–76, here 66. For an in-depth study of the monastery of La Celle Roubaud, cf. PAULETTE L’HERMITE-LECLERQ: Le monachisme féminin dans la société de son temps. Le monastère de La Celle (XIe-début du XVIe siècle), Paris 1989. Cf. Acta sanctorum iun. II, 484–498. L’HERMITE-LECLERQ / LE BLEVEC (n. 117), 61–62.

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possibility that L’HERMITE-LECLERQ strongly contradicts. She proves that the dates we can find in this text have been set back more than a century, making Roseline a saint of the early 13th century. This date could perfectly fit with the legends and stories about the translation of her corpse, all of them invented in the 16th century.120 Furthermore, this date would make her a very early saint of the female branch, a kind of original ancestor from a golden age. The mistake Papenbroeck made is quite surprising, because he seems quite rigorous with his research and knows perfectly well the date of Roseline’s death, which he has consulted in the documents of La Celle Roubaud: January 27, 1329.121 PAULETTE L’HERMITE-LECLERQ and DANIEL LE BLEVEC looked over Papenbroeck’s work and reconstructed Roseline’s life following the few charters of the Order that mentioned her: she was a novice at Saint-André de Ramières, seems to have made profession at Bertaud (although the documentation is not conclusive), and then moved to La Celle Roubaud at an unknown date. There she became the prioress but we do not know how long she lasted in that position. The death, however, is clearly documented in Bertaud’s obituary. That’s all. No other document can prove the intense life that Roseline led according to the early-modern vitae: neither her correspondence with the ecclesiastical authorities, nor her actions of charity and pastoral work outside the monastery for which, according to the texts, she would have received a special privilege that we cannot find anywhere either.122 Roseline’s rebirth as a saint is due to a gradual interest, from the beginning of the 16th century, from three different actors: the Villeneuve family, the Franciscans Observants, and the Carthusians. In fact, already in 1541, Claude de Villeneuve portrays himself and Roseline on the altarpiece he offered to the church of La Celle. Little by little, the family appropriated the memory of the saint and of the monastery, with which they did not have such a close relationship as they would make out. Thus, when Roseline’s supposed corpse was transferred in 1657, a great laudatio of the family was praised, underlining the ancestral links between them and the monastery 120

121 122

“Toutes les étapes de la vie de Roseline ont été fixées non pas à partir de documents datés, mais en construisant un cursus cartusien conforme aux status, à partir d’une date de naissance erronée”, L’HERMITE-LECLERQ / LE BLEVEC (n. 117), 66. For a list of mistakes, see 63–66. Ibid., 63. Ibid., 66. It is also worth to note, firstly, the chronological issues concerning the exhumation of the corpse, in a period in which La Celle was having insitutional troubles (ibid., 69–70). Secondly, the lack of presence of Rosaline in the liturgical books of the region, see VICTOR SAXER: Saints diocésains de Fréjus dans les livres liturgiques du XIe au XVIIe siècles, in: Provence historique 42 (1992), 167–168.

Reading Mystics, Building Saints 105

of La Celle.123 In the 19th century the family would go even further. BENOÎT-HIPPOLYTE DE VILLENEUVE-FLAYOSC wrote an augmented life of the saint, presenting her as the echo of Saint Bruno, as the female founder of the Carthusian Order, underlining the ties between her family and the Order since the Middle Ages.124 As for the Franciscans, their interest in the figure of Roseline has been evident since the 16th century. In fact, from 1500 La Celle was occupied by a community of Franciscan Observants, which probably led them to be interested in having a figure of sanctity to promote the house. As I mentioned above, the ‘Vita’ in French was written by a minor too and it is interesting to see that in the text there is a constellation of names that, in a mistaken way (since it is chronologically impossible), appear to be linked to Roseline. This group of figures belongs to the sphere of the philo-Franciscan spirituality of Provence: Delphine de Puimichel, Elzéar de Sabran, Josselin d’Orange (who was confessor of Douceline de Digne)125, the prioress of the Poor Clares of Avignon, Jacques Duèze (John XXII), etc. This network of references imbricates Roseline’s life in the spiritual history of the Franciscans. Finally, it should be added that Roseline’s emblematic miracle, which will become the iconographic motif that will represent her, is the miracle of the roses, a topos of Franciscan sanctity that we can find in Elisabeth of Hungary, Elizabeth of Portugal, or Rosa da Viterbo.126 As far as the third actor is concerned, we can say that the Carthusians, even if they had cut off the monastery of La Celle from the Order in 1420– 1421, also showed some interest in the construction of Roseline’s memory. Firstly, the ‘Vita secunda’ was written in the Grande Chartreuse in 1527, as Dom Chauvet witnesses. In fact, in the 16th century, and more specifically during the priory of François du Puy (1503–1521), there was a sudden interest among the Carthusians in editing and publishing the ‘Lives’ of important figures in the Order. It is in this context that we can understand the 123 124

125

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L’HERMITE-LECLERQ / LE BLEVEC (n. 117), 71. BENOÎT-HIPPOLYTE DE VILLENEUVE-FLAYOSC: Histoire de Sainte Roseline de Villeneuve, religieuse chartreuse et de l’influence civilisatrice de l’ordre des chartreux avec pièces justificatives, Paris 1867. For an analysis of the hagiographer’s goal, see SERGI SANCHO FIBLA: Sanctity. Transmission of Medieval Holiness in a 19th century hagiography, in: Contagions. Influence, contamination, propagation. Regards pluriels sur un processus historique, ed. by BÉATRICE DELAURENTI, THOMAS LE ROUX, Paris, in press. For the relationship between Douceline and the Franciscan devotion, see SERGI SANCHO FIBLA: Li vida de Doucelina de Dinha, de Felipa Porceleta. Imaginería, prácticas devocionales y legitimación de la vida beguina en el Mediterráneo, in: Voces de mujeres en la Edad media, ed. by ESTHER CORRAL, Berlin, Boston 2018, 298–308. This Franciscan-like spirituality is the aspect for which, according to THOMAS (n. 92), 84, she was not chosen by the Carthusian as the ideal model for their nuns.

106 Sergi Sancho Fibla

creation of Roseline’s worship, as well as Béatrice’s. Secondly, although the Carthusians did observe their well-known discretion during the public act of translating Roseline’s corpse (none was present), there are two records from 1614 and 1644 that testify the visits of Carthusian monks to Provence to check the state of conservation of Roseline’s remains. Thirdly, in this line, L’HERMITE–LECLERQ and LE BLEVEC underline the complete disposition with which the sons of Saint Bruno responded to Papenbroeck’s research, providing him with the documents he requested and participating, in a certain way, in the reconstruction of the saint’s life..127 Therefore, although Roseline’s life does not contain any hint of mysticism, nor can she be considered a visionary, I have decided to integrate a brief analysis of her case because it sheds a halo of light on the reception that Béatrice and Marguerite had within the Order. In fact, the three figures entered into a sanctifying movement of the Order from the 16th century onwards: in the case of Roseline it was a figure entirely constructed from the institution, in the case of Béatrice we find a figure modified from Marguerite’s writings, a new Béatrice more and more holy but less visionary. Finally, in the case of Marguerite, her adaptation to the model of a saint seems more nuanced, precisely because her profile was difficult to adapt. As the major engagement of the Order with regard to these three figures is what we could call a hagiographic interest, the mystical content and theological speculation of Marguerite’s and Béatrice’s visions did not have the notoriety that one could suppose, taking into account, as we have seen at the beginning of this article, the importance of the Carthusians in the reception and transmission of the mystical and visionary literature of the Middle Ages. Then, a question inevitably arises, is there a reason for this differential treatment between women within the Order and those outside?

IV.

Conclusions: autonomy, literacy and promotion

The analysis carried out so far shows that Marguerite’s works continued, even if only in dribs and drabs, to be read as visionary and mystical literature. At first, as we have seen in Manuscripts A and B, her ‘Speculum’ was conceived as a vision (visio and vesio respectively). In the second case, it appears to be linked to the revelacio of Thomas of Canterbury. Although she was never explicitly called a ‘mystic’ until the 19th century, this can be understood by the historical evolution of the word, which does not seem to be used as a noun until early-modern times. However, we see that there could be in the 17th century an awareness of Marguerite’s belonging to a kind of medieval female visionary genre, if we take into account that the 127

L’HERMITE-LECLERQ / LE BLEVEC (n. 117), 72.

Reading Mystics, Building Saints 107

notes of Manuscript C'' corresponding to the beatific vision of Brigitta of Sweden, Catherine of Siena, and Gertrude the Great are related to the reading of the ‘Speculum’. Indeed, in this work is where Marguerite explicitly speaks of the deification of the soul, of the complete union with the divinity, and of the possibility of seeing God face to face during human’s lifetime. Most of the evidence we have on the reception of Marguerite’s works, whether in the 17th century copies and chronicles, in the reading marks, or in devotional images, shows an interest in the facts of holiness rather than in her mystical teaching. However, we have also seen that there are occasional facts that make us suppose that the mystical content, although it did not attract most attention, was never forgotten. The interest of Stephano Meney, the relationship with Blosius’ work, the early inscription of the word vehemens in the margin of Manuscript A, or the lament of Dom Ganneron in the face of the loss of her works could be small hints that would prove it. Notwithstanding all this, if we have to compare these hints with the evidence displayed in the first part of this article, it is obvious that the posteriority of Marguerite’s mystical writings (including, with it, Béatrice’s visions) is very poor. We have only one medieval manuscript with her whole corpus, Manuscript A. Another volume, that we have called Manuscript B, produced shortly after her death, contains her work of more explicit mystical content, but it was probably neither produced nor disseminated in a Carthusian environment. In early-modern times we only find two copies of her texts within general volumes on the female branch. Moreover, we are aware of the possibility that there were two other possible volumes: one in Mont-Dieu and the other in Prémol, but it could also be possible that one of these was precisely Manuscript C' or C''. Marguerite’s ‘Speculum’ was taken to the General Chapter of the Grande Chartreuse at the end of the 13th century and yet, her works were never broadly disseminated, we cannot even find any mention outside the Frenchspeaking space. Considering that she is the only mystical writer of the Order known to us until the appearance of Anne Griffon in the 17th century (and, in fact, a study should also be made about the poor diffusion of her works too), we must wonder why did Carthusian feminine mysticism have so little repercussion within the Order? One of the possible answers is to conceive that the monks voluntarily did not want such writings to go beyond the walls of the Grande Chartreuse. Whether it is a question of discretion, orthodoxy, or lack of interest, we can also wonder if there is a gender perspective in this matter. The premise that I would like to address in this conclusion is a first line of analysis that I believe presents valid hypotheses, but it will need to be

108 Sergi Sancho Fibla

concretized with future studies. This premise concerns the integration and governance of the female Carthusian communities by the Order. In recent decades we have seen how cultural practices in the nunneries are understood from a broader point of view. In fact, more and more, liturgical life, devotional exercises, or other types of practical learning are being considered as means of instruction and intellectual development for those communities for which theological or university knowledge had been forbidden.128 Notions such as “literacy”129, “visual culture”130 or “makers”131 have widened the possibilities of assessing women’s agency, skills, and devotional life. However, no study has yet delved into the literacy levels of medieval or early-modern Carthusian nuns. If we understand that mysticism is not a phenomenon, but a use of a certain language to talk about the path or achievement of unio mystica, it is obvious that mystical language needs a mastery of letters, whether in terms of the ability to read, write or construct an oral discourse. In the 14th and 15th centuries, unlike many other orders, the production of literature within the cloisters did not increase in the female Carthusian communities.132 As a matter of fact, if we look at the records of the General Chapters, during this period the nuns seem to have lost autonomy and the possibility of developing literacy practices. Cultural exercises such as instruction, epistolary exchange, or the production of writings are censored by these normative sources. I assume that this observation may be biased by the scarcity of sources concerning nuns, and I also understand that it could be explained by the increase of norms, that is, by the creation of new measures where there were none, or by the writing down of practices that 128 129

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See, for instance, FASSLER et al. (n. 115). Cf. SYLVIE DUVAL: La littéracie des femmes à la fin du Moyen Âge. Questions sur l’histoire de la culture, de la lecture et de l’écriture à travers des travaux récents, in: Médiévales 75.2 (2018), 227–248. Cf. JEFFREY F. HAMBURGER: Nuns as Artists. The Visual Culture of a Medieval Convent, Berkeley 1997. Cf. Therese Martin’s European Research Council Starting Grant project ‘Reassessing the Roles of Women as ‘Makers’ of Medieval Art and Architecture’ (nº 263036). The final results of the project were published in a special issue: THERESE MARTIN: Me fecit. Making Medieval Art (History), Special issue of Journal of Medieval History 42.1 (2016). For a state of the arts about Carthusian historiography, see the excellent chapter 1.1.1 ‘L’ordre des Chartreux, un champ d’études récent’ from CAROLINE ZERMATTEN: Les formes de communication des chartreuses de Franconie avec leur ordre et leur environnement 1328–1525, PhD Dissertation, Technische Universität Dresden/École Pratique des Hautes Études Paris 2015, 18–30. It is worth to note, although being a short contribution, SYLVAIN EXCOFFON’s pioneer and excellent article on medieval female Carthusian monasteries, their structure and their governance, cf. Notes sur les établissements de moniales chartreuses au Moyen Âge, in: Bulletin du Cercor 39 (2015), 117–158.

Reading Mystics, Building Saints 109

could have already been observed previously. However, the few restrictions in this sense that we find in the General Chapters are quite eloquent: in 1301 it is forbidden to write letters without permission133 and in 1337 it is prescribed that prioresses must consult the vicar before sealing letters.134 In 1332 a vicar was sent to Gosnay to instruct the nuns in the divine office.135 Five years later, the General Chapter banned the recitation of sermons and teachings about the Scriptures made by prioresses, since “Saint Paul does not permit women to teach inside the church”. The interdiction only allowed the prioress to morally exhort the nuns to observe the rule.136 Later, in 1426 (and similarly in 1435 and 1437) the General Chapter also tried to abolish the practice of admitting young ladies to instruct them.137 But the most striking record is the one concerning Poleteins, Marguerite’s monastery. There, a century after her death, in 1412, it seems that some kind of writing production was taking place.138 Responding to this matter, the General Chapter banned not only the writing and disseminating of texts, but also deprived nuns from paper and ink, which they had to get by a special permission of the vicar.139 133

134

135

136

137

138

139

Nec litteras mittant necrecipiant sine licentia, JOHN CLARK: Transumptum Ex Chartis Capituli Generalis: Ab anno 1250. Ad annum 1379, a V.P.D. Joanne Chauvet, Professo cartusiae, & Scriba Ordinis, Salzburg 1998 (Analecta Cartusiana 100:29), 50. Priorissae monialium non obligent se et domos suas sigil/ando litteras uel alia, Vicaria ignorante et inconsulto, ibid., 131. Committitur Prioribus […] ut providere possint dictae domui de vicario idoneo, qui moniales juvenes in officia divino instrui faciat diligenter, cf. JOHN CLARK: The Charts of the Carthusian General Chapter 1217–1437. A Supplement (MS. Grande Chartreuse 1 Cart. 16), Salzburg 2009 (Analecta Cartusiana 100:44), 13. Et cum Apostolus dicat, Mulieres in ecclesia docere non permitto, sermones vel collationes de Scripturis de coetero facere publice monialibus vel personis aliis non praesumat; per hoc tamen, exhortationem de his quae ad Ordinem faciunt vel ad mores, sine Scripturarum expositione, sibi non intendimus interdietam, CLARK (n. 133), 137. Ne filias quorumcumque ad litteras instruendas vel alia de causa recipiant aut in monasterio teneant, Prescription done by the General Chapter in 1426, cf. JAMES HOGG: MS. Grande Chartreuse 1. Cart. 15, Cartae Capituli Generalis 1411–1436, vol. 2: 1420, 1422–1427, Salzburg 1986 (Analecta Cartusiana 100:8), 110. Similar prescription recalled in 1435 and in 1437, see, respectively, JAMES HOGG: The Chartae of the Carthusian general chapter. Ms. Grande Chartreuse 1. Cart. 15. Cartae capituli generalis 1411–1436, vol. 3: 1428, 1429, 1431, 1432, 1434–1436, Salzburg 1986 (Analecta Cartusiana 100:9), 116, and CLARK (n. 135), 94. As BLANCA GARÍ highlights, in the case of Isabel de Villena, sometimes it is the cultural microcosm of the convent that allows the mystic to excel in her or his spiritual accounts: “that cluster of female relationships must be the starting point for the analysis of her only extant literary work, the Vita Christi”, cf. What did Catalan nuns read? Women’s Literacy in the Female Monasteries of Catalonia, Majorca, and Valencia, in: Nuns’ Literacies in Medieval Europe: The Antwerp Dialogue, ed. by VIRGINIA BLANTON et al., Turnhout 2017, 125–148. JAMES HOGG: The Chartae of the Carthusian General Chapter. Ms. Grande Chartreuse 1. Cart. 15: Cartae Capituli Generalis 1411–1436, vol. 1, 1411, 1412, 1413, 1414, 1416, 1417, Salzburg

110 Sergi Sancho Fibla

This is only a rapid glance to these sources, which should be much more and better studied. It already shows, though, a will of restraining and controlling nun’s literacies. This disregard from the Order towards women’s cultural life goes hand in hand with the progressive decrease of the majority of the female communities. Unlike male monasteries, the nuns’ houses were gradually being deserted from the end of the 14th century onwards, specially since the prohibition of founding new ones, stipulated in the ‘Nova Statuta’ (1368).140 This deterioration of the situation was, according to SYLVAIN EXCOFFON, due to the reinforcement of the authority of the vicar at the expense of the prioress’ agency, as we can see in some of the examples I quoted.141 The disdain that one could denote in these sources might have endured until early-modern times, since PIERRE HELYOT, when writing about the Carthusian Order, notes down this comment: Un des pères de la Grande-Chartreuse, Dom Charles, coadjuteur du procureur, nous a dit que jadis les religieux appelaient ces maisons les cinq plaies de l’ordre. Cette plaisanterie venait de la répulsion qu’avaient les chartreux à se charger de la direction des religieuses.142

140

141 142

1985 (Analecta Cartusiana 100:7), 40: Quoniam multa scandala per scripturas monialium ordinis nostri audiuimus olim peruenisse, prohibemus omnibus et singulis monialibus praefati ordinis nostri et cui libet earumdem, ne amodo cuicumque uiuenti per se uel per alium scribant, neque papyrum seu atramentum penes se custodiant absque scitu et lieentia priorissae et uicarii (Since we heard that many scandals once happened through the writings of nuns of our order, we ban every and each nun of our aforementioned order, and anyone among themselves, from writing to anyone alive by their own hand or by the hand of someone else, and keeping parchment or ink in their possession without the decree and permission of the prioress and te vicar; Transl. S.F.). Cf. Statuta Nova (1368), Tertia pars, 4, 29: Propter scandala et infamias que quandoque in domibus monialium evenerunt et quotidie possent evenire. Statuto perpetuo et irrefragabili ordinamus, ne amodo in ordine nostro domus nov[a]e monialium recipiantur aut incorporentur; sed tantum nobis cura sufficiat susceptarum (Because of the scandals and infamies that have happened sometimes and could happen every day in the houses of nuns, through a perpetual and impeachable statute, we command that, for our order, new women of the nuns be in no way received or incorporated in the houses and that worrying about those who are under suspicion be sufficient for us; Transl. S.F.). See Statuta nova ordinis Cartusiensis in tribus partibus, antiquorum statutorum partibus correspondentibus comprehensa, in: Statuta ordinis cartusiensis, Basel 1510 (Impressa Basilee: Arte et industria Iohannis Amorbachii ac collegarum suorum), 327. Basel, Universitätsbibliothek, AK V 3, URL: https://www.e-rara.ch/bau_1/content/zoom/ 8844476 (last accessed: 07/09/2020). On the decline of female charterhouses, see EXCOFFON (n. 132), 131–133. As he points out, in the mid-13th century, women monasteries represented 14% of the entire Carthusian communities, while in 1410 they represented 7,6%, and in 1510 only 3,7% (126, 133). Ibid., 131. PIERRE HELYOT: Dictionnaire des ordres religieux ou histoire des ordres monastiques, religieux et militaires, vol. 1, Paris 1860, 877.

Reading Mystics, Building Saints 111

These “five wounds” would be Prémol, Mélan, Salettes, Gosnay and Bruges, the only five houses of Carthusian nuns that lasted from 1570 until 1715.143 Regarding this period, I think the levels of literacies of Carthusian religious women in the early-modern times needs also to be also studied, specially before and after the reform of the instruction for novices established by Dom Masson († 1703).144 This 17th-century amend, far from enhancing their possibilities,145 reduced the potentialities of study and knowledge inside the cloister and restricted their learning to pious devotion. We do not know the causes of these politics, they are probably deep and difficult to analyse, but I think it is necessary to integrate these studies even in the analysis of spirituality and, in this case, of mysticism. The literacy matter might or might not be the principal problem, but I strongly believe

143 144

145

For a study on the early-modern Carthusian female monasteries, see THOMAS (n. 92). Dom Innocent Le Masson was elected general prior in 1675 and one year later he already printed the ‘Directoire de novices chartreux de l’un et l’autre sexe’. Subsequently he published also ‘Introduction à la vie religieuse et parfaite’ (1677), and ‘Avis spirituel’ (1689). However, he devoted special attention to the reform of Carthusian women and their instruction, with a series of works consecrated to them, written in the last years of the 17th century: ‘Méditations sur le Cantique des Cantiques’, ‘Direction pour l’oraison’, ‘Directions et sujets de méditations pour les retraites’, ‘Pratiques saintes pour se procurer dans la religion une véritable tranquillité’, ‘Exercices de Dévotion au Sacré Cœur de Jésus-Christ’, ‘Deus Cordis Mei’, and ‘La Psalmodie intérieure’, see NATHALIE NABERT: Formation et temps intérieur dans le directoire des novices de dom Le Masson, in: Dom Innocent Le Masson, chartreux méconnu, Noyonnais oublié, Salzburg 2007 (Analecta Cartusiana 209), 67–76. According to JÉRÔME THOMAS, Dom Masson provided the nuns with the opportunity of having an updated instruction in French language. He considers Dom Masson as a ‘kindly general’ (“un général bienveillant”) and even calls him, following JACQUES MARTIN’s work, the ‘Louis the 14th of the Carthusians’: “Les moniales chartreuses sont les premières à bénéficier de l’immense œuvre du Louis XIV des chartreux”, cf. THOMAS (n. 92), 239, in reference to JACQUES MARTIN: Le Louis XIV des Chartreux: Dom Innocent Le Masson, Paris 1975. Indeed, Dom Masson’s efforts for reforming nun’s cultural environment are intimately linked to his crusade against quietism. It is in this sense that we can understand his work ‘Direction pour se former avec ordre et tranquillité au saint exercice de l’oraison’, where he states: Ce que je dis dans ce petit traité ne tend qu’à vous aider à vous servir des méthodes sans vous y attacher [...] A reconnoître les voies de Dieu dans les differens états par où il fait passer les ames fidèles. Et à vous faire éviter les pièges dont nous venons de parler, cf. Innocent Le Masson: Direction pour se former au saint exercice de l’oraison et pour s’y bien gouverner avec ordre et tranquilité, Correrie 1695, 36–37. These ‘traps’ would most probably be quietist texts. THOMAS (n. 92), 242 witnesses this aspect, when he says “certes il utilise la discipline quand elle est nécessaire, mais plus encore, il propose, et c’est totalement nouveau, des réponses très concrètes aux attentes des moniales.” However, I would not see the interest in controlling the nun’s readings and thoughts as an appropriate behavior of a ‘kindly general’ who ‘answers to nun’s expectations’, but rather a strategic supervisor that restricts not only the paraliturgical practices carried on in the female monasteries (a direct goal of his Statutes), but also an eventual mastering of Latin or other spiritual knowledge not provided by his readings. This issue definitely deserves a deeper study with a renewed perspective.

112 Sergi Sancho Fibla

it played a role in the scarcity of mystical accounts made in these monasteries and the poor diffusion of Marguerite’s writings. Concurrently, we can take into consideration other factors like an eventual oversight, as the author of Manuscript C' alludes to (f. 103r–v), the lack of chance evoked by the editors of 1965 (n. 23), or simply the well-known discretion of Carthusians, the reason of the scarcity of female saints in this Order according to PAULETTE L’HERMITE-LECLERQ and DANIEL LE BLEVEC.146 However, oversight, chance or discretion are behaviours and phenomena that most of the time are inserted in a context and that evolve historically. This means that, in most cases, they can be understood, which can provide us with a more disaggregated way of understanding the categories we currently use to talk about the past.

146

“La discretion des Chartreux, plus sans doute que le petit nombre de maisons féminines rattachées durablement à leur ordre, explique qu’il ait très peu de saintes cartusiennes”, L’HERMITELECLERQ / LE BLEVEC (n. 117), 55.

Reading Mystics, Building Saints 113

Appendices Appendix 1 Manuscript A

Manuscript B

Signature

Bibliothèque de Grenoble, 5785R

Bibliothèque Nationale de France, fr. 13504

Date

Mid 14th century

End 14th century

Origin

Unknown. Probably Grande Chartreuse

Unknown. Around Albi

114 Sergi Sancho Fibla

Appendix 2. Letter 2147 Mon douz pere, vos m’avez mande que je vous escrisse co que vos meistez en vos tables du petit livret. Je ne me remenbre pas bien que co est. se co n’est una parola qui doyt estre a la fin du jugiment en tel manere: “Je me pense se li roys de Franci avoyt un seul fil, qui deut estre roys de Franci apres lui, et le fiuz le roy fit per sa folia la chosa dont il deut estre confunduz. Et li roys fut si dreyturers, que il le li convenit confundre et lancier de ses propries mans en un for tot ardent. Je croy que co ferit trop granz dolors. Or pensez come granz sera cele angoysse que Deus aura quant li convindra lancier tant de fiuz et de filles ou fua d’enfer et despartir de sa conpagni.” Je ne say se co est co que vos demand[e]z. Vos les troverez plus verayment es granz caiers que li priors du Liget a (f. 31v). Tres chiers peres, vos m’avez mande que io vos avez trove, en co que parlet de la passion, acunes choses que ne sont pas escriptes en la Saincti Escriptura. Especialment de co que vos trovez que il fut ferus d’une escuele sus la teste en tele manere que l’escuele fendit per destreci. Sachiez que io l’oy pregier a un gardian de frares menors en plain sermon. Et croy que el ne le disit pas se il ne le seut en acuna maneri, quar il avoyt los d’estre bon clers et bon home (f. 31v–32r). Mon tre chier pere, ie n’ay pas escrit ceste chose por co que io les balliasso a vos ne autra persona, ne por ce que il me remansissent apres la mort. Quar io ne sui pas persona que doie escrire chosa durabla ne que doyent estre misse anavant. Je n’ay escrit ces choses manque por ce que, quant mes cuers seroyt espanduz permi le munde, que jo pensaso en cetes choses, per ce que puisso retornar mon cuer a mon Creatour et retrayre du mundo (f. 32r). [Red Pilcrow]

Mon douz pere, ie ne say pas se co est escrit ou livro est en Sainti Escriptura, mais ie say que cilli que les mit en escrit fut si esleve en Nostro Segnour una noyt que li fut semblanz que illi veut totes cetes choses. Et quant illi revint a soy, illi les ot totes escriptes en son cuer, en tel maneri que illi n’avoyt pueir de penser en autres choses. Mais estoyt son cuer si plain qu’il non poyt ne mengier, ne beyre, ne dormir, tanqu’ele fut en si grant defauta, que li fisician la jugerunt a mort. Ainsi com Nostri Sires li mit au cuer, elle se pensa que, se la metoyt en escrit ces choses, que sos cuers en seroyt plus alegiez. Se comenca a escrire tot co qui est ou livro, tot per ordre aussi come illi les avoyt ou cuer. Et ainsi tot come illi avoyt mis les mot ou libre et ce li sallioyt du cuer. Et quant illi ot tot escrit, illi fu tote garie. Je croy fermament se illi ne l’eust mis en escrit que illi fut morta ou forsonet, quar illi n’avoyt de .VII. jors ne dormi, ne mengie, ne jamais ne feit por quoy elle fut en tel poynt. Et per co je croy que ce fut escrit per la volunta de Nostre Segnour [f. 32r–32v]. Mon douz pere, je vos di que je sui tant occupee es besoygnes de nostra mayson, que n’ay poir de pensar a choses qui bones soent, quar je ay tant a fayre que ne say de qual part je me torne. Nos n’avons pas culit de ble. a VII. moys de l’ant et nos vignes sont tempstees. D’autre part nostre yglyese est en si mal point, que il la nos covient refayre en partia et cetera148 (f. 32v). 147

148

Hypothetical division of the short letters/notes traditionally considered to be Letter 2. Extracted from Manuscript A, with adapted punctuation It was probably the copyist who added this et cetera, judging that the rest of the note or letter was trivial, since it talks about the daily life of the convent: bad harvest of wheat, the vines were damaged, the church needed to be rebuilt, etc.

Reading Mystics, Building Saints 115

Appendix 3. Rubrics and Titles. Manuscript A Work ‘Pagina Meditationum’ (f. 1r–12v)

Kind of rubric

Text

Title

Pagina Meditationum (1r)

Explicit

Expliciunt sancte meditationes sacrate virginis Margarete priorisse condam domus de Pelotens cartusiensis ordinis (f. 12v)

Incipit not rubricated149

visionem […] quam visionem speculum sancte Margarete (f. 12r) Primum capitulum (f. 13r)

‘Speculum’ (f. 12v–17v)

Rubricated titles of chapters

Secundum capitulum (f. 14v) [in the margin] Tercium capitulum f. (f. 15v)

Explicit

Explicit speculum sancte Margarete virginis priorisse de Pelotens obiit autem anno Domini millesimo ccc trecentesimo x decimo (f. 17v)

Title

Li via seiti biatrix virgina de ornaciu (f. 17v) Primum capitulum (f. 17v) Secundum capitulum (f. 19v)

‘Li via seiti Biatrix virgina de Ornaciu’ (f. 17v–30v)

Tercium capitulum (f. 20r) Rubricated titles of chapters

Quartum capitulum (f. 21r) Quintum capitulum (f. 23r) Sextum capitulum (f. 23r) Sexptimum capitulum (f. 24r) Octavum capitulum (f. 26r)

149

Probably the explicit of PM took all the place.

116 Sergi Sancho Fibla Item nonum capitulum et nota miraculum (f. 27v)

Explicit

Illi trapasset de cest sieglo lo jor de festa seinta katerina co est MCCCIII kalendas decembris (f. 29r–v)

Other miracles, not rubricated

(f. 29v–30v)

Headings

In alia epistola (f. 30v) Item ex alia epistola (f. 31v)

Letters (f. 30v–35v)

Item alia epistola (f. 32v) Item alia epistola (f. 33r)

Prophecies and miracles (f. 35v–36v)

Nota prophetiam (f. 35v) Headings

Item aliud notabile (f. 36r) Aliud notabile (f. 36v)

Reading Mystics, Building Saints 117

Appendix 4. Manuscripts A and B. Contents Manuscript A

Manuscript B

1r12v

1r26r

‘Pagina Meditationum’

‘Vida de Sanh Alzias comte daria’

12v‘Speculum sancte Margarete’ 17v

26r‘Vesio’ 31r

17v- ‘Li vis Seiti Biatrix Virgina 30v de Ornaciu’

31rThomas Becket’s story 31v

30vLetters and notes 35v

31vJoys of Our Lady 32r

35v 36r 36v

‘Nota prophetiam’ ‘Item aliud notabile’ ‘Aliud notabile’

32r- ‘Vida de sancta Dalphina vergis 61v comtessa daria’

118 Sergi Sancho Fibla

Appendix 5. The Celestial Joys of Our Lady (f. 31v)

Gaude flore virginali que honore speciali transcendis splendiferuz Angelorum principatum Et sanctorum decoratum dignitate numerum Gaude sponsa cara dei nam ut clara lux diei soli datur lumine sic tu facis urbem vere tue pacis resplendere lucis plenitudine Gaude splendens vas virtutum cuius pendens est ad nutum tota celi curia te benignam et felicem jhesu dignam genitricem venerans in gloria Gaude nexu voluntatis et amplexu caritatis juncta sic altissimo Ut ad votum consequaris Quit quid virgo postularis a ihesu dulcissimo Gaude mater miserorum quia pater seculorum dabit te colentibus Congruentem hic mercedes et felicem poli sedem regni in celestibus

Reading Mystics, Building Saints 119 (f. 32r)

Gaude virgo mater xpristi tu que sola meruisti O virgo piissima esse tante dignitatis ut sis sancte trinitatis cessione proxima Gaude virgo mater pura certa manens et secura que hec tua gaudia non cessabunt nec decressent setz [sed] durabunt et floressent per Eterna secula amen Ssponsa dei electa esto michi via recta ad Eterna tua gaudia amen Domine ihesu xpriste

120 Sergi Sancho Fibla

Appendix 6. Common Earthly Joys and Celestial Joys from Manuscript B Common earthly Joys

BNF fr. 13504’s celestial Joys

1. Annunciation

1. Her glory, superior to gaiety and the saint’s joy

2. Visitation

2. Her clarity lights up the celestial court

3. Nativity

3. She is praised by the celestial nobility

4. Adoration of the Magi

4. Common will between Virgin and her son

5. Presentation at the temple

5. God looks at her servants in this life and beyond

6. Resurrection

6. She is seated with the Trinity

7. Ascension

7. These joys will last forever

Reading Mystics, Building Saints 121

Appendix 7. Comments and marks. Manuscript A Sign

Work

Text

Content

x

Pag. Med.

Iniustissimi velabant tibi faciem Christ’s Passion. Violence sanctam et postea te when Christ was percuciebant propter suam interrogated and tortured maximam maliciam et postea interrogabant te quis te percusserat ex intima irrisione (f. 4r)

– –

Pag. Med.

Et certe non erat mirum si vene tue rumpebantur quando totum mundum pariebas pariter una sola die (f. 6r)

X

Pag. Med.

Et cum tanta exivit Christ’s Passion. Abunhabundancia quod post venit ex dance of the river of blood magna districtione (f. 6r) that shed his side wound

X

Pag. Med.

Domine dulcis quid faciam ego in illa hora quando non potero me iuvare vel consulere, quando habebo os clausum et oculos (f. 7r)

Meditations on one’s death

X

Pag. Med.

Et anima mea separabitur a corpore? (f. 7r).

Meditations on one’s death

X

Pag. Med.

Meditations on one’s death. Precor te ut facias me mori quacumque morte volueris dum Wish of dying with Christ modo sim tecum (f. 7v)

X

Pag. Med.

Et amplius quod possim mori propter amorem tui et propter salutem eorum quos tam kare emisti (f. 8r)

X

Pag. Med.

Et multi sunt avidiores eundi ad Criticism on those (religious mensam quam ad matutinas vel men or women) who are ad missam (f. 8r) more willing of seating at the table than going to the mass or matines

X

Pag. Med.

Sunt etiam magne penitentie sed non habent virtutem pacientie ipsi sunt boni sed non sunt perfecti (f. 8v)

Christ’s Passion. Violence: his veins broke when “he was giving birth” to the world while in the cross

Wish of dying with Christ

Criticism. Religious men and women do great penitence, but they are not perfect

122 Sergi Sancho Fibla X

Pag. Med.

Ha las quam grant damajo cum Criticism. One should follow the meditations of amittitur magna utilitas que vigils provenit ex sanctis meditationibus (f. 9r)

X

Pag. Med.

Et ideo bonum esset quod quisque faceret iuxta consilium et documentum Salomonis dicentis quod homo cogitet omni hora de morte et nunquam peccabit (f. 9v)

Salomon’s quote on death meditation

X

Pag. Med.

Domine dulcis quid facient in die iudicii quando venies iudicare mundum cum audient illam vocem terribilem que clamabit surgite mortui venite ad iudicium (f. 9v)

Reflection on Last Judgment

X

Pag. Med.

Quid facient miseri peccatores Reflection on Last vel qualem continentiam facient Judgment quia non audebunt aspicere ante se quia videbunt mundum qui erit totus incensus igne et flamma (f. 10r)

X

Pag. Med.

Ibi erunt presentes dyaboli inferni qui nihil expectabunt nisi quod iudex proferat sententiam suam ut peccatores precipitent in putuem inferni (f. 10r)

Apocalyptic image of demons and Last Judgment

X

Pag. Med.

Tunc ponet bonos ad dexteram suam et malos ad sinistram (f. 10r)

Topography of Last Judgment

X

Pag. Med.

Cogitat in illa sententia quam Deus proferet supra malos cui cor non scinditur pre dolore et pietate illorum qui sunt in peccato (f. 10v)

Striking image of the damned

X

Pag. Med.

Ibi erit flamma ardens sulphur Striking image of the everyday life in Hell fetens dyaboli erunt in forma serpentum qui rodent mamillas et corda eorum qui non fuerint vere fidei (f. 10v)

Reading Mystics, Building Saints 123 X

Pag. Med.

Ibi erunt dracones venenosi qui Striking image of the manducabunt labia et linguas everyday life in Hell eorum qui blasphemaverunt nomen Domini Ihesu Christi. (f. 10v)

X

Pag. Med.

Erunt demones horribiles qui erunt circa eos ad tormentandum eos quamdiu Deus durabit hoc est sine fine (f. 10v)

Striking image of the everyday life in Hell

X

Pag. Med.

Tympana et vielle quas audient erunt tempestas tumultuans et flumina penetrancia que penetrabunt eos usque ad cor (f. 10v)

Striking image of the everyday life in Hell

X

Pag. Med.

Ibi habebunt tunicas et capellos Striking image of the everyday life in Hell de pice nigra et resina que conglutinabitur corporibus eorum (f. 11r)

X

Pag. Med.

Devestient illos tam maliciose quod non solum pellem sed etiam carnem inde auferent in plures pecias usque ad ossa (f. 11r)

Striking image of the everyday life in Hell

X

Pag. Med.

Ipsi pacientur tantam famem quod linguas suas et manus comedent pre angustia (f. 11r)

Tantalus punishment: hunger

X

Pag. Med.

Unam guttam aque omnibus Tantalus punishment: diebus vite sue que erit sine fine thirst non poterunt eam habere (f. 11r)

X

Pag. Med.

Credo quod hoc erit unus de magnis doloribus quos habebunt quia separabuntur a gloriosa societate (f. 11r)

X

Pag. Med.

Postquam Deus omnes malos And then God will renew ita punierit et a se in perpetuum our world separaverit tunc renovabit totum mundum (f. 11r)

They will scream for the most painful punishment: to be separated from society

124 Sergi Sancho Fibla –

Pag. Med.

Ego confido in tua magna bonitate quod sicut posuisti mihi mundum sub pedibus (f. 12v)

In God she trusts, despite the demon’s temptations



Spec.

Aveit escrit en son cor la seinti via que Deus Jhesu Criz menet en terra et sos bons exemplos (f. 13r)

She wrote in her heart Jesus Christ’s actions and exemples

Nota

Spec.

Secundum capitulum (f. 14v)

Title: Second chapter

Nota

Spec.

Tertium capitulum (f. 15v)

Title: Third chapter

– –

Li via

Cheritousa et pidousa et suynz denenz de tota maneri de humilita (f. 18r)

Beatrix’s virtues when she was child

nota

Li via

Al comenciment illi fut hun grant teins (f. 18r–v)

First graces she received from God

nota

Li via

Quant illi erit cusinyeri y enfermieri (f. 18v)

Ideal image: everyday duties in the convent

nota

Li via

Illi se meteyt a si grant affliction [Note for a pilcrow] She (f. 19r) resists the demon’s temptations

nota

Li via

En co que illi ot fait sa preyeri et First divine appearance: the Nostra Donna li vint devant Virgin chases away the (f. 19v) demons

nota

Li via

Apres un grant temps que tot co Mortification and wish of fu passa (f. 20r) death

– –

Li via

Il la aveit come honz co ly eret semblanz mays differenci (f. 20v)

She heard God’s voice

Underlining

Li via [not. mir.]

Chasonajo [and] alamanz de permagni. (f. 27v)

“Chasonajo” refers to the Sassenage family and “Alamanz de permagni” to Alleman du Grésivaudan, another well-known family

Underlining and Writing A

Li via

Permagni [and] Esmuet Name of two charterhouses [On the margins:] Nom de deux chartreuses (f. 28r)



Li via

Comencier iqui una mayson novela (f. 28r)

Foundation of Eymeux

Reading Mystics, Building Saints 125 Permagny [,] Esmuet [,] Permagny (f. 28r)

Name of two charterhouses

moynos de valbona et orendreyt est de seinti croys, et appellaz doz roz de charis (f. 28r)

Roz de Charis, a monk from Valbonne

Li via

Evesques de valenci. (f. 28r)

Bishop from Valence

Writing A

Li via

[On the margin:] La topographie du voyage des saints ossements est exacte (f. 28r)

Literally: The topography of the journey with the saint bones is exact

Underlining and Writing A

Li via

Tulins [On the margins:] Tulins. (f. 28v)

Tullins, a town near Grenoble

Underlining and Writing A

Li via

Egua [On the margin:] egua (f. 28v)

A mare

Underlining and Writing A

Li via

Al port de teches [On the margin: ] le port de teches (f. 28v)

The pass of Teches, near Grenoble

Underlining and Writing A

Li via

Dalphin [On the margins:] dauphin (f. 28v)

The “Dauphin”

Underlining and Writing A

Li via

Permagny [On the margin:] Prèmagny Prémol? (f. 28v)

Parménie, Prémol, two charterhouses

Underlining and Writing A

Li via

Egua, sa soma, roncin [On the margin:] egua cavall [,] roncin cheval (f. 28v)

Mare, its back, nag

Underlining and Writing A

Li via

Tullins [On the margin: ] Tullins (f. 29r)

Tullins, a town near Grenoble

Underlining

Li via

Tronches (f. 29r)

Tronches, near Grenoble

X and Writing B

Li via

Prieure (f. 29v)

For Henri de Salins

Writing B

Li via

O bon Lieu (f. 29v)

For Bon Lua, a charterhouse

Li via – and Li via underlining

126 Sergi Sancho Fibla Writing B

Li via

Vacluse (f. 29v)

They point out the region (Vaucluse) of Parménie: “moynos de nanchisa qui eret en tems presenz en permagny”

Li via

Qui per ses creatures recrear al jor de uoy recevit mort et passion (f. 30r)

Compassion of the Virgin in Christ’s Passion

— and Writing B

Letters

Liget (f. 31v)

For the prior of Liget, a charterhouse

Writing C

Letters

Vehemens (f. 34r)

“Vehemens”, for the word that starts her vision

Writing A

Nota proph.

Henri de Villars, evèque de Lyon (f. 35v)

[possibly a sign of a cross?]

Reading Mystics, Building Saints 127

Appendix 8. Comments and marks. Manuscript B Marg.

Work

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

Fol. Quotation

Subject

7r

“E fo aparelhat portar pascienmen totz dampnages oprobris vituperis e enjurias totztemps ces dezirer de venguansa”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

7v

“vezia e tot claramen en aquela oracio e continuadamen sentia Praying, vision, que dieus totztemps era God’s love apparelhat dar sos dos e sas gracias”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“Trobava una gran roda dayga Crying, afflictio, 10v de las lagremas que avia praying gitadas durmen”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“car una monja devota la qual A nun [Alayette] was am la sua sancta molher estava 13v “devoutly” living with et ero ambedoas sorors filhas Elzear and Delphine de un payre”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

Imitatio christi, mortification, indulgence

14r

“a oracio del fizel crestia devia aver comensamen en consideracio de sas miserias e de sos defalhimens e aqui humiliar”

16r

“hyeu no vulh que alcu per enjuria a mi facha sia punit car Indulgence, dieu e drechura los enclinara a imitatio christi far so que devo”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

17r

“sa espoza la cal saviamen e curozamen observara sas obras Delphine, example of perfect life e sas paraulas car ero regla e yssample de vida perfiecha”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“dalphina ieu aclunas vegadas per aytals cauzas me comensi a Indulgence, patience, 17v muore e endignar en mon imitatio christi coratge mas aytal movemen nustemps no senhoreia en mi”

Praying starts with humiliation

128 Sergi Sancho Fibla

oratio

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“senher dieus tot poderos hyeu frevol peccayre no podi esser 19v Prayer for chastity contenen ni cast senes lo teu special do”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

20r

“[Charles, son of king Robert] retornec a melhor vida e a bonas costumas”

Charles became a better man thanks to Elzear’s example

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“respondia lor en aytal manieyra si hyeu ne prendia 20v alcunas vegadas dalcus drechurieyramen pyria esser a motz materia descandol”

Poverty. He refused to accept donations

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“cauza notabla si recumpta de luy que tostemps am gran 21v diligensa sestudiava a fugir vicis e peccatz es gardava mot de la offensa de dieu”

He tried to get away from vices, sins, and offenses to God

“sim deziras vezer e mon estamen saber el lhuec on habiti trobar quer me en la Devotion to Christ’s nafra del destre costat de jhesu side wound crist quar aqui habiti e aqui me trobaras”

Elzear de Sabran’s ʽLife’

22r

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“si frayre johan jolia mon coffessor e madona garcens la qual tostemps en la fe e en la 22v devocio me ha nuyrit e frayre frances de meronis preon e aut en teologia maestre doctor venien…”

He responds to Delphine’s fear of Antichrist’time naming his theological references

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“tostemps estes en sa humilitat fundat en sas meditacios e en 22v sas oracios secretas cogitava sos defalhimens e sas miserias”

He was very diligent in praying and meditation. Humiliation

Elzear de Sabran’s ʽLife’

“[his confessors] dizien am devocio essemps e am admiracio que nulhtemps no 23v pogro aver jutgamen daquest sanh compte que dieus offendes mortalmen”

He never failed or offended God

nota

nota

Reading Mystics, Building Saints 129 “prepauzi layssar totz los negocis del realme e del regne e irem estar el castel dansoys e 24v aqui tenrem vida no coma comtes e poderos mas ayssi coma religios claustrals e personas religiosas spirituals”

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

nota

Elzear de Sabran’s ʽLife’

25r



Elzear de Sabran’s ʽLife’

“Passec daquesta vida lo sanh 25v compte ple de virtutz e de bonas hobras…”

He intends to abandon his earthly duties and carry out a “spiritual” and “cloistered religious” life

“hyeu dysh el justa lo dig del He appreciates his apostol sanh Paul peccador wife’s efforts to stay enfizel per ma espoza dalphina virgin […] soy fag fizel e sals” Elzear’s pious death

“Ayssi ho fan cels que may aman e may volun pessar de las causas del segle e may nan de cofort que no an en dieu ni en las cauzas celestials e aytals son tan ples de tenebras que no vezo re”

Those who prefer earthly things to heavenly ones are full of darkness and see nothing. Spiritual blindness

nota

Delphine de Puimichel’s 36r ʽLife’

“aparelha tarma ha temptacio cometen tota aquesta cauza ha dieu car el qui ho ha comensat ho acabara e hieu te recomandarie humialmen ha personas sanhtas”

When she wishes to enter in a convent, Philippe de Riez tells her to trust God and wait

nota

Delphine de Puimichel’s 37r ʽLife’

“ela parlava prumiera e prevenia son espos am paraulas espirituals e devotas predican el mesprezamen del mon […] lauzor de virginitat”

She talked to her husband about the disdain to earthly things and chastity

nota

“No certanetat dels hereties e per las dessebens riquezas e Delphine de enganablas que so causa de Puimichel’s 37v mort e de dampnacio eternal ʽLife’ no es cauza segura si metre en perilh”

Risk and danger of having children

nota

ʽSpeculum’

31r

130 Sergi Sancho Fibla

nota

“el temps del sanh careme Delphine de sapropche el cal es abstenedor Puimichel’s 37v daitals fachs sapchas que si ho ʽLife’ fas dieus mortalmen offendras”

Delphine convinces Elzear of remaining virgin

nota

“E cum ela regardes e Delphine de conogues la verges dalphina Puimichel’s 37v relegioza e ben acostumada ʽLife’ devotamen […] matremoni era venguda forsadamen”

Cécile recalls how religious was Delphine and how came to be married only by force

nota

“Lhi requeria lo deute natural Delphine de de carnal ajustamen per que Puimichel’s 38v ela se feish malauta e enferma ʽLife’ e jazen el liech tenc la dieta dels enferms”

Facing Elzear’s attempts to consume the marriage, she got ill

nota

Delphine de Puimichel’s 39r ʽLife’

“sapias que hieu volria may morir que anar contra lo sanh prepauzamen a mi per dieu espirat”

nota

Delphine de Puimichel’s 39r ʽLife’

Despite behaving “empero en lors coratges dias e normally in public, nuechs continuamen dieus e they devoted their sos mandamens meditavo” personal life to meditation and praying

nota

Delphine de “alcuna vetz una partida de la Puimichel’s 39v nuech alcunas vetz tota la ʽLife’ nuech velhavo oran”

nota

Delphine de Puimichel’s 40r ʽLife’

“Dieus avia donat a la verges She was granted gracia dorar e cum de dias with the gift of prayer. longuamen pregues dieus en la She did it with tears capela am lagremas”

nota

Delphine de Puimichel’s 42r ʽLife’

“dieus es mot fizel que no sufertara vos esser temptatz otra vostre poder”

God will help you endure the temptations (I Cor, 10-13) 167

Delphine de Puimichel’s 43r ʽLife’

“empero si vos autres avetz drech a penre de la terra tost vonh cochatz car aytan can mays me ostaretz de la terra autan may me aquerretz del cel”

Take the lands from me. The more you will do it, the more I will gain the Heaven. Poverty

nota

Delphine prefers to die rather than losing her virginity

They used to pray all the night or almost

Reading Mystics, Building Saints 131

oratio

“Senher meu jhesu crist hieu Delphine de pecayre soy ayssi frevol et Puimichel’s 43v Prayer for virginity enferm en ma pessa […] vodi e ʽLife’ prometi gardar virginitat”

nota

“mas per divinals Delphine de comandamens totas las causas Puimichel’s 44v que ero tengutz de far ʽLife’ adumplisso”

nota

Delphine de Puimichel’s 45r ʽLife’

nota

Delphine de “motaz vetz castiava son cors Puimichel’s 46v am cadenas et am agulhos de ʽLife’ fer entro que lo sanc ne yssia”

Self-mortification



Delphine de Puimichel’s 48r ʽLife’

Delphine and Alaytz enter in a community as tertiaries

nota

“tostemps a tu soy estada Delphine de desconoyssens e rebella a la tua She considers herself Puimichel’s 50v voluntat ni es en aquest mon ungrateful of God’s ʽLife’ femna per can que fos gran gifts peccayritz…”

nota

“orava e loffici divinal disia am Delphine de tan spiritual sabor e amb She prayed so intensely Puimichel’s 51v atenduda pessa que soven she felt Jesus present ʽLife’ lhera vist dieu aver denan si in front of her presen”

nota

“Don dizia que cant hom en la Delphine de orazo pert devocio e espiritual Puimichel’s 51v sabor que adonc se deu lonhar ʽLife’ de humanals e temporals consolacios”

If anyone loses the taste of praying, one should renounce to earthly consolations

“las nobles donas e poderosas layssavo lors ornamens de sobrefluitat els vestirs li cavaliers els baros e mercadiers e bayles restituien usuras raubarias”

Her speeches made noblewomen to abandon luxury and merchants to return the profit of usury

T

Delphine de Puimichel’s 52r ʽLife’

She followed all the commandements and never offended God

“Tuchs aquels que venien a lor She instructed enformavo desperituals everyone in spiritual essenhamens e de sanhs issues cossels”

“si voletz recebre mi en vostra cumpanhia e ma sor alaytz monga”

132 Sergi Sancho Fibla

“lor fazia una collacio dels mandamens de dieu o del mesprezamen del mon o dautra materia”

When she received people, she started speaking about the commandments, the disdain to the world or else

Nota

Delphine de Puimichel’s 52r ʽLife’

nota

“las paraulas de dieu els yssamples dels sanhs e totas Delphine de spirituals exortacios […] Puimichel’s 54v aordenc larma a purtat de ʽLife’ orazo e la promovo a sanctas mediacios e la teno en gauch et alegrier spiritual”

nota

Delphine de Puimichel’s 55r ʽLife’

“quar los sanhs ni las sanctas no an poder mas aytan can dieus lor dona gracia de pregar per nos e per amor daysso fazetz penedensa e coffessatz vostres pecatz”

The saints only have power if Our Lord grants to them, so repent and confess your sins

nota

Delphine de Puimichel’s 59r ʽLife’

“don ayssi cum per experiensa o avia apres soven donava aytal essenhamen de las langors del cors si las gens saubesso e conogesso quan fan de be a larma las malautias del cors e cant porto de fruch…”

She usually instructed them about how the corporal pain and suffering is beneficial for the soul

nota

Delphine de Puimichel’s 59r ʽLife’

“de lonc temps saub lo dia de sa mort et o revelec a las suas sanctas vergis entre las quals…”

She knew when she was going to die and she revealed it to her sisters

nota

“e amonestava las al Delphine de mesprezamen daquest mon e Puimichel’s 59v que entre lor aguesso amor e ʽLife’ dilectio”

She encouraged her sisters to the contempt of this world and to love each other

oratio

“senher dieu jhesu crist gracias te fauc car en aquesta hora nia e derrieyra no hiey re a far am Delphine de lo mon quar despolhada de Puimichel’s 59v totz los bes temporals hieu ʽLife’ nuda segui tu senher meu per mi e per totz lumanal linhatge crucificat e nut”

When she received the host for the last time, she thanks the Lord and she reaffirms her poverty

God’s words, the examples of saints and spiritual exhortations get the soul ready for meditation and spiritual joy

Reading Mystics, Building Saints 133

Nota

Delphine de Puimichel’s 60r ʽLife’

“[to Guiraud de Simiane] filh Get away from this garda te que aquest malvat evil world which is mon not dessepia car el not pot dessebre te pot en so que es nothing vist esser alcuna cauza”

nota bene e plusquam bene

Delphine de Puimichel’s 60r ʽLife’

[to Guiraud de Simiane] tu hiest venidor al estamen en You will come to this que yeu soy de preen donc fay end, death, so act aquels bes que adonc en aquela accordingly hora volrias aver fachs

Delphine de Puimichel’s 60r ʽLife’

[guiraud] restituic e emendec tot quant avia pres enjustamen e no drechurieyramen e daquela hora enan ac en gran reverensa las personas religiosas e devotas las qualls a penas davan volia vezer e sa vida mudec en mielhs

nota

Guiraud changed his life and his attitude thanks to Delphina’s words

134 Sergi Sancho Fibla

Appendix 9. Manuscript B’s marks regarding Elzear of Sabran and Delphine of Puimichel’s Lives

Elzear

Gift of tears, afflicted prayer Praise for virginity

Mark

f. 7v, 10v, 22v

f. 13v, 19v, 24v, 25r

“Nota”

f. 37r, 37v, 37v, 37v, 38v, 39r, 43v

“nota”

Delphine f. 39r, 39v, 40r, 51v, 51v, 54v

Reading Mystics, Building Saints 135

Appendix 10. Manuscript C'. Contents Matter/ Work

Titles

Subtitles

Fol. 1r

ʽPagina Meditationum’

Piae Meditationes Sacratae Virginis Margaritae de Duin priorissae quondam domus de pelotens carthusiensis ordinis Meditations de la venerable soeur Marguerite de Duin jadis prieure du couvent de Poletens de l’ordre des chartreux

Piae Meditationes Sacratae Virginis Margaritae de Duin priorissae quondam domus de pelotens carthusiensis ordinis

1v

Meditations tres devotes de la venerable soeur Marguerite de Duin jadis prieure du couvent de Poletens de l’ordre des chartreux

2r

53r

Speculum Beatae Margaretae de Duin virginis priorissae de pelotens ʽSpeculum’ Le miroir de la bien heureuse Marg. de Duin. jadis prieure de l’ordre des chartreux

Speculum Beatae Margaretae de Duin virginis priorissae de pelotens ordinis cart. ordinis

53v

Le miroir de la bien heureuse Marg. de Duin. prieure de poleteins de l’ordre des chartreux

54r

Primum capitulum

54v

Chapitre premier

55r

Secundum capitulum

59v

Chapitre second

60r

Tertium capitulum

63v

Chapitre troisiéme

64r

136 Sergi Sancho Fibla

Letters

Explicit Speculum Sanctae Margaretae virginis priorissae de pelotens. Obiit autem anno Domini millesimo trecentesimo decimo tertio idud februarii

71v

Fin du miroir de la Bienheureuse vierge Marguerite de Duyn prieure de poleteins: qui mourut l’année mil trois cens dix le neufieme de fevrier

72r

A son tres chier frere et très amé pere en Diu

72v

Epsitre A son tres cher frere et bienaimé pere en Dieu

73r

Item ex alia epistola

75v

Autre epistre

76r

Item alia epistola Mon tres chiers pere

80v

Autre epistre Mon tres cher pere

81r

Item alia epistola Il na pas mout de teins

82v

Autre epistre Il n’y a pas longtemps

83r

Alia epistola Ma tres chieri et reverent dame

85v

Autre epistre Ma tres chere et reverende Dame

86r

Nota prophetiam

89v

Prophetie Prophecies and miracles Item aliud notabile Endroit remarquable

90r 91v 92r

Reading Mystics, Building Saints 137

About Poleteins

ʽThe Life of Beatrice d’Ornacieux’

About Parménie About Eymeux

Aliud notabile

93v

Trait remarquable

94r

De la Bienheureuse Marguerite de Duin. Prieure de poleteins

97r

De la Chartreuse de Sainte Marie de Poleteins dansl’archevesche de Lyon (added: en Bresse. sur la grande route de Baury à Lyon

101r

De la venerable Mere Jeanne de Beaujeu

103v

Li via Seinti Biatrix Virgina de Ornaciu.

105r

Primum capitulum

105r

Secundum capitulum

107v

Tertium capitulum

108v

Quartum capitulum

110r

Quintum capitulum

113r

Sextum capitulum

113v

Septimum capitulum

114v

Octavum capitulum

117r

Item nonum capitulum et nota miraculum

120r

La vie de la bienheureuse Beatrix d’Ornacieux

125r

De la Chartreuse de permaigne ou beaucroissant. Et en latin Carthusia parmeniae vel belierescentis

141r

De la Chartreuse d'Esmue

142r 142v144v

Blank About Plantées

Li via Seinti Biatrix Virgina de Ornaciu

Domus monialium de Plantatis

145r

138 Sergi Sancho Fibla

About Sales

About SylveBénite

La maison des moniales des plantées

145v

Domus Salesii

146r

La maison de Sales

146v

Domus Silvae Benedictae ejude estt quinta ordinis in Archiepiscopatu viennensi

147r

La maison de la Sylve beniste qui est la cinquième de l’ordre dans l’Archevesché de Vienne

147v

De la maison des escouges. Dite autrement vigille: et en latin excubiarum

About Écouges

About Durbon and Bertaud

De la maison des escouges. Dite autrement vigille: et en latin excubiarum

149r

Du venerable pere Amblard Evesque de Digne puis Chartreux

150v

Du venerable pere Dom geoffroy

151v

Du venerable pere Dom Soffroy

153r

Du venerable pere Dom giraud

153v

De la venerable Mere Agnes

154v

De la v. Mere Victoire

155r

De la venerable mere marguerite de montmort

155v

Des Chartreuses de Durbon et de Berthaud

157r

Immunité de peage concedée a la meme Chartreuse de Durbon par Madame D’agoult

159v

[Some notables monks from Durbon]

161v

Du venerable pere Dom Bertrand

162r

Du venerable pere Dom Bernard ou Bermond D’anduse

162v

Reading Mystics, Building Saints 139

About Prémol

Du venerable pere Dom guillaume gibellin

163r

Du venerable pere Dom Didier de forcalquier

163v

Du venerable pere Dom pierre Jacquier

164v

De la venerable Mere Aurtaude de grindes

165r

Les noms de quelques prieurs de Durbon

166v

Quelques vicaires de Bertaud

171v

Les noms de quelques prieures de Bertaud et de Durbon

172r

La Chartreuse des Moniales de premol dans le Diocese de grenoble et province de provence de l’ordre des Chartreux

La Chartreuse des Moniales de premol dans le Diocese de grenoble et province de provence de l’ordre des Chartreux

173r

De la venerable Mere Catherine prieure

182r

Du venerable pere Dom Estienne brams procureur de premol

182v

Catalogue de quelques vicaires de premol dont les obits se trouvent dans les Cartes cy dessous marquées

184r

Catalogue de quelques prieures de premol

189v

La Chartreuse des moniales de Salettes située dans Le Dauphiné Archevesché de Lyon, et province de Bourgogne

191r

Sommaire de la ditte lettre

193r

Articles de cette donation

194v

De la venerable mere Marie de Viennois

205v

140 Sergi Sancho Fibla

About Salettes

About Prébayon

La Chartreuse des moniales de Salettes située dans Le Dauphiné Archevesché de Lyon, et province de Bourgogne

De la Chartreuse de saint André des Ramiers autrement dite prébaion

De la venerable mere Michelle

206v

De la venerable mere huguette

207r

De la venerable mere Louise de pisieu

207v

De la venerable Mere Antoinette de Laurasxo

207v

De la venerable Mere Charlotte prieure

208r

De la venerable mere Charlotte de la fontaine

208r

De la venerable Mere de Saint Julien prieure

209r

De la venerable Mere françoise de Vignieu souprieure

209r

Du venerable pere Dom Nicolas Leau, autrefois vicaire de Salettes

209v

Du venerable pere Dom Louis de Bayemont autrefois vicaire de Salettes

211r

Catalogue de quelques prieures de la Chartreuse de Salettes. Dont les noms se sont trouvez dans les Cartes des Chapitres generaux

215v

De la Chartreuse de saint André des Ramiers autrement dite prébaion

217r

De la venerable Mere Jeanne de Villeneuve

218v

Reading Mystics, Building Saints 141 De la venerable Mere Claudine de Montmauraise

219r

De la venerable Mere Alise

219v

De la venerable Mere Agnes

220r

Random notes

About Parménie

221r La Chartreuse de Parmagne que quelques uns ont confondu mal a propos avec celle de Valeroissant, ou Beaucroissant a esté fondé par Fouques, evesques de Grenoble en lan 1259. Les premieres Religieuses furent tirées de Premol mais nous n’en seavons les noms

222r

142 Sergi Sancho Fibla

Appendix 11. Manuscript C''. Contents Matters/ Works

Titles

Méditations de la soeur B. Marguerite t De Duin jadis [ʽPagina prieure du couvent Meditationum’] de poletens de l’ordre des Chartreux [in French]

[Béatrice d’Ornacieux]

Pages

Méditations de la soeur B. Marguerite t De Duin jadis prieure du couvent de poletens de l’ordre des Chartreux [in French]

1

Fin des méditations de la B. h. soeur Marguerite t De Duin 38 jadis prieure de la maison de poletens

De la Chartreuse de parmaigne ou beucroissant. Et en Latin Carthusia Parmeniae vel Belicrescento

39

De la chartreuse d’esmüe

40

La vie de la Bienheureuse Beatrix d’ornacieux

41

[ʽSpeculum’]

[Translation of Marguerite d’Oingt’s works]

Subtitles and rubrics

[Letters]

[About Poleteins]

Le miroir de la B. Marguerite de Duin

63

Epistre. a son tres chier frere, et bien aimé pere en Dieu la pauvre soeur salut et amour sans fin en celuy de la bonté duquel vivent les ames bienheureuses qui sont dans le ciel

75

Autre Epître

77

Autre epistre

80

Autre epistre

82

Autre epistre

84

De la B. heureuse Marguerite de Duin prieure de poletens

87

De la Chartreuse de Sainte Marie de Poleteins dans l’archevesche de Lyon

93

Reading Mystics, Building Saints 143 De la V. mere Jeanne de Beaujeu

[About Écouges]

96

La Chartreuse des Escouges, dite autrement vigille, en latin Excubiarum

98

Du venerable pere Amblart. Evesque de digne puis Chartreux

99

Du v. pere Dom geoffroy

100

Du v. pere Dom Soffroy

101

Du venerable pere Dom giraud

102

De la venerable mere Agnes

102

De la venerable Mere Victoire

103

De la venerable Mere Marguerite de Montmort

103

[starts ʽPagina Meditationum’ in latin without title] Pagina Meditationum

Marguerite’s original works

Speculum

106

Expliciunt Sanctae meditationes Sacratae virginis Margaretae d’ornacieux, 141 priorissae quondam Domus de pelotens Carthusiensis ordinis [Incipit Speculum] Anno Domini millesimo duecentesimo nonagesimo quarto hugo prior... [After that:] hoc 141 transumptum fuit ex originali quod dedit Dominus vicaris Monasterii prati Mollis ordinis Carthusiensis diocesis… Speculum Sanctae Margaretae virginis priorissae de pelotens quae obiit anno 143 Domini millesimo trecentesimo decimo tertio idud februarii

144 Sergi Sancho Fibla

Li via Seiti Biatrix virgina de Ornaciu

[Letters, prophecies and miracles]

Li via Seiti Biatrix virgina de ornaciu. Primum Capitulum

143

[Starts Speculum in Franc-occitan]

143

Secundum capitulum

147

Tertium capitulum

150

Explicit Speculum Sanctae Margaritae virginis priorissae de pelotens

156

La via Seinti Biatrix virgina de Ornaciu Primum capitulum

157

Secundum capitulum

161

Tertium capitulum

163

Quartum capitulum

166

Quintum capitulum

171

Sextum capitulum

172

Septimum capitulum

174

Octavum capitulum

179

Item nonum capitulum et nota miraculum

184

In alia Epistola

192

Item ex alia epistola

194

Item alia epistola

197

Item alia epistola

199

Ma tres chiere et reverent dame

202

Nota prophetiam

206

Item aliud notabile

207

Aliud notabile

209

Reading Mystics, Building Saints 145 Des Chartreuses de durbon et de Berthaud

211

Privilege concedé à la maison de Durbon

212

Immunité de peage concedée à la même Chartreuse de Durbon par Madame d’Agoult

213

Du venerable pere Dom Bertrand

214

Du venerable p. Bernard ou Bermond D’andude

215

[About Durbon Du v. p. D. Guillaume gibellin and Bertaud] Du v. p. dom didier de forcalquier

[About Prémol]

[About Salettes]

215 215

Du v. Pere Dom pierre Jacquier

216

De la v. Mere Arstaude de grindes

216

Les noms de quelques prieurs de Durbon

217

Quelques vicaires de Bertaud

223

Les noms de quelques prieures de Bertaud et de Durbon

223

La Chartreuse des Moniales de premol dans Le Diocese de grenoble et province de provence e l’ordre des Chartreux

225

Guigues I

226

De la venerable Mere Catherine prieure

233

Du venerable p. dom Etienne Brams procureur de premol

233

Voicy le nom de quelques Religieuses de cette même maison qui ont vescu longtemps et fort louablement dans l’ordre

234

Catalogue de quelques vicaires de premol dont ses obits se trouvent dans les Cartes cy dessous marquées

235

Catalogue de quelques prieures de premol

240

La Chartreuse des moniales de Salettes située dans le Dauphiné Archevesché de Lion et province de Bourgogne

242

Sommaire de la ditte lettre

244

146 Sergi Sancho Fibla Articles de cette donation

246

De la venerable Mere Marie de Viennois

257

De la venerable Mere Michelle

258

De la venerable Mere huguette

258

De la v. mere Louise de Pisieu

259

de la venerable m. Antoinette de Lauralxo

259

De la v. mere Charlotte prieure

259

De la v. mere Charlotte de la fontaine

259

De la v. mere de Marsonas

259

De la v. mere de St. Julien prieure

259

Du venerable p. Dom Nicolas Leau autrefois vicaire de Salettes

260

Du v. pere Dom Louis de Bayemont Autrefois vicaire de Salettes

261

Catalogue de quelques prieures de la Chartreuse de Salettes, dont ses noms se sont trouvés dans les Cartes des Chapitres generaux

266 [Blank pages between 267 and 268]

Orationes De la Chartreuse de Saint André des Ramières autrement dite de Prébayon

268

De la venerable Mère Jeanne de Villeneuve

270

De la venerable mère Alizé

271

De la venerable mère Agnes

271

[About Plantées]

Domus monialium de plantatis

273

[About Sales]

Domus Salesii

273

[About Sylve-Bénite]

Domus Silvae Benedictae quae est quinta ordinis in Archiepiscopatu viennensi

273

[About Prébayon]

Reading Mystics, Building Saints 147

[Random notes]

[Three pages starting after 274]

[Blank pages]

[8 pages]

Ignatius of Antioch’s letters

Diuus Ignatius Antiochiae Archiepiscopus in prima Epistola ad D. Joannem Evangelistam

[3 pages (upside down)]

148 Sergi Sancho Fibla

Appendix 12. Manuscripts A, C', C'', and B. Contents Manuscript A

Manuscript A’

Manuscript A’’

f. 1r–12v Pagina Meditationum

f. 1r–52r Piae Meditationes Sacratae Virginis Margaritae de Duin priorissae quondam domus de pelotens carthusiensis ordinis [Latin and French]

f. 1r–26r f. 1–38 [Elzear’s ʽLife’] Méditations de la soeur B. Marguerite † De Duin jadis prieure du couvent de poletens de l’ordre des Chartreux [in French]

f. 12v–17v Speculum

f. 53r–72r Speculum Beatae Margaretae de Duin virginis priorissae de pelotens [Franc-Occitan and French]

f. 39–40 De la Chartreuse de parmaigne ou beucroissant. Et en Latin Carthusia Parmeniae vel Belicrescento

f. 26r–31r [ʽVision’, ʽSpeculum’]

f. 17v–30v Li via seiti Biatrix virgina de Ornaciu

f. 72v–89v [Letters and/or notes in FrancOccitan and French]

f. 41–62 Vie de béatrix d’ornacieux [In French]

f. 31r–31v [Thomas Becket’s story]

f. 30v–35v [Letters and/or notes]

f. 89v–96r [Prophecy and miracles]

f. 63–75 f. 31v–32r Le miroir de la B. [ʽJoys of Our Lady’] Marguerite de Duin [In French]

f. 35v–36v [Prophecy and miracles]

f. 97r–104v [About Poleteins]

f. 75–86 [Letters in French]

f. 105r–124v Li via Seinti Biatrix Virgina de Ornaciu [In Fran-Occitan]

f. 87–92 La vie de la b. h. Marguerite de Duyn, prieure de poletens

f. 93–196 f. 125r–140v [About Écouges and La vie de la Poleteins] Bienheureuse Beatrix d’Ornacieux [In French]

Manuscript B

f. 32r–61v [Delphine’s ʽLife’]

Reading Mystics, Building Saints 149 f. 141r–142r [About Parménie and Eymeux]

f. 106–142 [Meditations in Latin]

f. 145r–222r [About other Carthusian monasteries and their figures]

f. 143–156 Speculum Sanctae Margaretae virginis priorissae de pelotens quae obiit anno Domini millesimo trecentesimo decimo tertio idud februari [in Franc-occitan] f. 157–191 La via Seinti Biatrix virgina de Ornaciu [in Franc-occitan] f. 192–210 [Letters, miracles and prophecy] f. 211–274 [About other monasteries]

150 Sergi Sancho Fibla

Appendix 13. Notes in Manuscript C'' Dominus dixit B[eata] Catharinae Senensi: Bene meministi quod cum aliquando tibi in Extasi raptae, Diabolum in propia figura velut in momento et ictu oculi demonstrassem, tu sensibus corporis restituta, potius eligebas per viam ignitam usque ad diem Judicii nudis pedibus incedere, quam illum rursum in ilium intueri. Et tamen adhuc ignoras quam sit reipsa horribilis quem ita raptim vidisti. Tanta vero pulchritudo est etiam infirmi civis regni coelestis, ut totius mundi sensibilis pulchritudo in unum collecta, illi comparari nulla tenus possit: claritas eius longissime excedit meridianam visibilis solis claritatem. B[eata] Virgo Maria dixit B[eata] Brigittae quod tantus est numerus B[eatorum]. spirituum angelicorum, ut si computarentur omnes homines ab Adam usque ad ultimum in fine mundi nastiturum, possent unicuique homini deputari ad minus decem angeli gloriosi. Deum semel inspexisse est omnia didicisse. Ut ait quidum sanctus. B[eatus] gregorius magnus ait: Animae Sanctae in coelo, quia intus claritatem Dei vident, nullo modo credendum est aliqui foris isse quod ignorent. Et quarto lib[ro] insinuationum divinae pietatis sive revelationum sanctae gertrudis cap[ite] 28 habetur quod ipsa virgo gertrudis [page changes] viderit se praesentari Deo indutam tunica quadam, in qua distincte annotata erant singula quae ipsa in religione bene vel male cogitaverat, dixerat et fecerat: ita ut nee minimum quidem punctum cogitationum, intentionum, verborum et operum eius bonorum ac malorum latere posset, quem Deus et omnes coelicolae non perfectissime cognoscerent in Luce infaillibilis veritatis. Unde divinitis intellexit, quod cuiuslibet hominis status similiter pateat Deo et omnibus sanctis pro aeterna saecula. Historia de B. Carpo Episcopo apud D. Dyonisium Epistola ad Demophilum. de duobus viris infideli scilicet et christiano contra quos indignabatur etc. Dixit Christus B. Brigittae: Si fieri posset ut totius morerer quod sunt animae in inferno, ego pro[m]ptissima voluntate et perfectissima charitate corpus meum traderem, eandemque passionem et mortem pro qualibet anima sustinterem, quam sustinui pro omnibus.

Reading Mystics, Building Saints 151

Appendix 14. Notes in Manuscript C'' and the ‘Monile spirituali’ Notes in Manuscript C’’

‘Monile spirituali’150

Dominus dixit Beata Catharinae Senensi: Bene meministi quod cum aliquando tibi in Extasi raptae, Diabolum in propia figura velut in momento et ictu oculi demonstrassem, tu sensibus corporis restituta, potius eligebas per viam ignitam usque ad diem Judicii nudis pedibus incedere, quam illum rursum in ilium intueri. Et tamen adhuc ignoras quam sit reipsa horribilis quem ita raptim vidisti. Tanta vero pulchritudo est etiam infirmi civis regni coelestis, ut totius mundi sensibilis pulchritudo in unum collecta, illi comparari nulla tenus possit: claritas eius longissime excedit meridianam visibilis solis claritatem.

Hinc ipse Dominus dixit sanctae Catharinae: “Bene meministi, quod cum aliquando tibi in ecstasi positae diabolum in propria figura velut in momento et ictu oculi demonstrassem, tu, sensibus corporis restituta, potius eligebas per viam ignitam usque ad diem judicii nudis pedibus incedere, quam rursum ilium intueri. Et tamen adhuc ignoras, quam sit reipsa horribilis, quem ita raptim vidisti. Tanta vero pulchritudo est etiam infimi civis regni coelestis, ut totius mundi sensibilis pulchritudo, in unum collecta, illi comparari nullatenus possit; claritas ejus longissime excedit meridianam visibilis solis claritatem.” (351)

Beata Virgo Maria dixit Beata Brigittae quod tantus est numerus B[eatorum]. spirituum angelicorum, ut si computarentur omnes homines ab Adam usque ad ultimum in fine mundi nastiturum, possent unicuique homini deputari ad minus decem angeli gloriosi.

150

Blosius (n. 81).

Quarto libro Revelationum sanctae Birgittae, capite undecimo, Deipara Virgo Maria dicit ipsi Birgittae tantum esse numerum beatorum spirituum Angelicorum, ut, si computarentur omnes homines ab Adam usque ad ultimum in fine mundi nasciturum, possent unicuique homini deputari ad minus decem Angeli gloriosi. Divinus etiam Dionysius Areopagita scribit, numerum sanctorum Angelorum superare omnem numerum rerum inferiorum […] (351)

152 Sergi Sancho Fibla

Deum semel inspexisse est omnia didicisse. Ut ait quidum sanctus.

Beatus gregorius magnus ait: Animae Sanctae in coelo, quia intus claritatem Dei vident, nullo modo credendum est aliqui foris isse quod ignorent.

Post mortem cujusdam virginis sancta Gertrudis vidit animam ejus in coelesti gloria exultantem; a qua cum multa admodum praeclara audisset, dixit: “Quomodo haec omnia nosti? tu enim adhuc in corpore constituta sensum nimis simplicem habebas.” Ilia respondit: Inde novi, unde Christus ait ad beatam Brigittam: “Dum visiones tibi ostenduntur, si videres pulchritudinem sanctarum animarum, vel sanctorum Angelorum sicuti est, cor tuum prae ingenti gaudio rumperetur Sanctus quidam ait, Deum semel inspexisse, est omnia didicisse.” Similiter in Revelationibus beatae Birgittae, Deipara virgo Maria aliique coeli cives frequentissime dicunt se omnia in Deo videre et scire. Profecto Sancti in coelo cognoscunt perfecte veritatem, cognoscunt rerum omnium naturas, vident et sciunt, quidquid ad totius mundi ordinem decoremque pertinet. (349–350) Hinc beatus Gregorius, ait: “Animae sanctae in coelo, quia intus claritatem Dei vident, nullo modo credendum est aliquid foris esse, quod ignorent.” (350)

Reading Mystics, Building Saints 153 Et quarto libro insinuationum divinae pietatis sive revelationum sanctae gertrudis capite 28 habetur quod ipsa virgo gertrudis [page changes] viderit se praesentari Deo indutam tunica quadam, in qua distincte annotata erant singula quae ipsa in religione bene vel male cogitaverat, dixerat et fecerat: ita ut nee minimum quidem punctum cogitationum, intentionum, verborum et operum eius bonorum ac malorum latere posset, quem Deus et omnes coelicolae non perfectissime cognoscerent in Luce infaillibilis veritatis. Unde divinitis intellexit, quod cuiuslibet hominis status similiter pateat Deo et omnibus sanctis pro aeterna saecula.

Historia de B. Carpo Episcopo apud D. Dyonisium Epistola ad Demophilum. de duobus viris infideli scilicet et christiano contra quos indignabatur etc.

Et quarto libro Insinuationum divinae pietatis sive Revelationum sanctae Gertrudis, capite vigesimo octavo, habetur, quod ipsa virgo Gertrudis viderit se praesentari Deo indutam tunica quadam, in qua distincte annotata erant singula, quae ipsa in religione bene vel male cogitaverat, dixerat et fecerat, ita ut nec minimus quidem punctus cogitationum, intentionum, verborum et operum ejus bonorum ac malorum latere posset, quem Deus et omnes Caelicolae non perfectissime cognoscerent in luce infallibilis veritatis. Unde divinitus intellexit, quod cujuslibet hominis status similiter pateat Deo et omnibus Sanctis per aeterna saecula. Igitur quilibet spiritus beatus, videndo essentiam Dei, videt cognoscitque omnia, quae concernunt perfectionem propriae gloriae, videt et cognoscit quidquid videre ac scire desiderat […]. (350) Divinissimus Dionysius Aeropagita in Epistola, quam scripsit ad Demophilum, demonstrans quanta sit Dei benignitas at clementia erga peccatores, et quantum salutem eorum bonus Dominus desideret, pulchre admodum commemorat quamdam visionem sancto Carpo Episcopo (cui multa divinitus revelabantur) ostensam, et sibi ab eodem Carpo enarratam. Cum enim infidelis quispiam hominem Christianum ab Ecclesiae fide abduxisset, ipse Carpus […] Et ecce sursum aspiciens, vidi coelum apertum, ac Jesum in Throno sedentem, innumeris Angelis illi adstantibus […]. (280)

154 Sergi Sancho Fibla

Dixit Christus B. Brigittae: Si fieri posset ut totius morerer quod sunt animae in inferno, ego promptissima voluntate et perfectissima charitate corpus meum traderem, eandemque passionem et mortem pro qualibet anima sustinterem, quam sustinui pro omnibus.

Christus, audiente in spiritu sancta Brigitta, ait: “Ego sum charitas summa; nam omnia quae ab aeterno feci, ex charitate feci; et quaecumque facio, atque in futurum faciam, similiter ex mea hominem modo aeque grandis atque incomprehensibilis est, sicut erat tempore passionis meae, quando per amortem meara ex nimia charitate liberavi omnes electos. Et si fieri posset ut toties morerer quot sunt animae in inferno, ego promptissima voluntate et perfectissima charitate corpus meum traderem eamdemque passionem et mortem pro qualibet anima sustinerem, quam sustinui pro omnibus. (281)

Mystagogisierung und Implementierung des ‚Nonnenwerks‘ im exemplar des Nürnberger Kartäusers Erhart Groß Stefan Abel

Abstract The ‘Nonnenwerk’, written by the German Carthusian Erhart Groß in 1432, is an early translation of Book I of Thomas à Kempis’ ‘Imitation of Christ’. Groß includes it within his autograph dating from 1436 (Wrocław, University Library, Cod. I Q 77) which also includes, along with his translation of Gerard van Vliederhoven’s ‘Cordiale’, the so-called ‚Geographischer Traktat‘, Groß’ very own treatise on cosmology and the Holy Land, and his ‘Grisardis’, an adaptation of the final novella of Giovanni Boccaccio’s ‘Decameron’. This autograph is a kind of one-volume library which provides its readers with the knowledge necessary for one’s spiritual well-being. Groß increases the mystagogical tendencies of his ‘Nonnenwerk’, already noticeable in ‘The Imitation of Christ’, by basing it on the mystical triple way. Christian mysticism in the 15th century is to a large extent reduced to man’s uniformity with God’s will. In the ‘Nonnenwerk’ Groß basically attempts to teach the reader how to arrive at a wilful union with God by imitating Christ’s actions and manners. This doctrine is then exemplified by the ‘Grisardis’, an exemplum virtutis on the uniformity with God’s will in the married life of a nameless margrave and his wife Grisardis. She is an exorbitantly obedient, almost inimitable quasi-saint who humbly overcomes any kind of adversities with which she is confronted. The paranetic concept of imitation thus complementarily relates the ‘Nonnenwerk’ (imitatio Christi) to the ‘Grisardis’ (imitatio Grisardis).

Bei dem Kartäuser Erhart Groß († 1449)1, der einer Nürnberger Patrizierfamilie entstammte, haben wir es mit einem durchaus umhergereisten und 1

Zu Erhart Groß siehe FRIEDRICH EICHLER: Studien über den Nürnberger Kartäuser Erhart Gross, Greifswald 1935; HANS-HUGO STEINHOFF: Groß, Erhart, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, begr. v. WOLFGANG STAMMLER, fortgef. v. KARL LANGOSCH. Zweite, völlig neu bearb. Aufl. hg. v. KURT RUH, BURGHART WACHINGER, 14 Bde., Berlin, New York 1978–2008, hier Bd. 3 (1981), 273–278; ANDRES LAUBINGER: Die Kartause Marienzelle und das Nürnberger Patriziat. Zugleich ein Beitrag zu dem ‚Nürnberger Kartäuser‘ Erhart

156 Stefan Abel

vielschreibenden ‚Handprediger‘ zu tun. Nach seiner Profess in der Erfurter Doppelkartause Salvatorberg und einem kurzen Priorat in der Freiburger Kartause Johannesberg (im Breisgau), nach möglichen Aufenthalten in der Grande Chartreuse bei Grenoble und in der Straßburger Kartause Marienberg blieb Groß seit den 1430er Jahren wohl dauerhaft in Nürnberg. In der dortigen Kartause Marienzelle verfasste er fast alle seine geistlichen Werke, deutsche und lateinische, sowohl für das eigene Haus als auch für das klösterliche und städtische Umfeld: ‚Abecedarius‘ (dt., um 1431)2, ‚Grisardis‘3 und ‚Nonnenwerk‘ (beide dt., 1432)4, ‚Septem psalmi de sacramento eucharistie‘ (lat., 1434)5, ‚Cordiale‘ und ‚Geographischer Traktat‘ (beide dt., 1436)6, ‚43 Gespräche‘ (dt., 1440), ‚Laiendoctrinal‘ (dt., 1443)7, ‚Witwenbuch‘ (dt., 1446)8, ‚Decretum et septem libri decretalium‘ / ‚Decretum metricum et septem libri sententiarum magistri Petri episcopi‘ (lat., 1449), ‚Tractatus brevis de sacramento eucharistie‘ (lat.), die Vaterunserauslegung ‚Super oracione dominica‘ (dt.) und schließlich eine ‚Geistliche Lehre‘ (dt.) in 26 Kapiteln, ausgehend von Ct 6,8 (Una est columba mea perfecta mea). In seinem 128 Blätter umfassenden Autograph (Wrocław [Breslau], Biblioteka Uniwersytecka, Cod. I Q 779, i.F. Wr) aus dem Jahr 1436 (63v und 89v) sind die vier

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Groß, in: Kloster und Wirtschaftswelt im Mittelalter, hg. v. CLAUDIA DOBRINSKI u.a., Paderborn 2007 (MittelalterStudien 15), 125–169; Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß. Edition und Untersuchung, hg. v. HEIKE RIEDEL-BIERSCHWALE, Münster 2009 (Studien und Texte zum Mittelalter und zur frühen Neuzeit 15), 19–64. Zum Text siehe WERNER WILLIAMS-KRAPP: ‚Frauenmystik‘ in Nürnberg. Zu einem bisher unbekannten Werk des Kartäusers Erhart Groß, in: Grundlagen. Forschungen, Editionen und Materialien zur deutschen Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. v. RUDOLF BENTZINGER u.a., Stuttgart 2013 (Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Beiheft 18), 181–195. Ausgabe: Die ‚Grisardis‘ des Erhart Grosz. Nach der Breslauer Handschrift, hg. v. PHILIPP STRAUCH, Halle/Saale 1931 (Altdeutsche Textbibliothek 29); vgl. die frühere Ausgabe der dort Albrecht von Eyb zugeschriebenen ‚Grisardis‘ nach der Berliner Handschrift Ms. germ. quart. 763 (Hs. A, siehe Anm. 81, Nr. 3): Deutsche Prosanovellen des fünfzehnten Jhs. II: ‚Grisardis‘ von Albrecht von Eyb, hg. v. PHILIPP STRAUCH, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 29 (1885), 373–443. Eine Edition des ‚Nonnenwerks‘ bereitet der Verfasser dieses Beitrags vor. Ausgabe: Latein in der Stadt. Die ‚Septem psalmi de sacramento eucharistie‘ des Erhart Groß, hg. v. HENRIKE LÄHNEMANN, in: Daphnis 28 (1999), 387–417. Ausgabe: Eine imaginäre Reise nach Jerusalem. Der ‚Geographische Traktat‘ des Erhart Groß, hg. v. HENRIKE LÄHNEMANN, in: Sehen und Sichtbarkeit in der deutschen Literatur des Mittelalters. XXI. Anglo-German Colloquium London 2009, hg. v. RICARDA BAUSCHKE u.a., Berlin 2011, 408–424. Ausgabe: Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1). Ausgabe: Das ‚Witwenbuch‘ des Erhart Gros, 2 Bde., hg. v. ÉVA DIENES (Bd. 1), IRÉN LUGOSSY (Bd. 2), Debrecen 1936, 1941 (Swemmel 3,1–4). Digitalisat unter URL: https://www.bibliotekacyfrowa.pl/dlibra/publication/20197 (Zugriff am 14.11.2019). Zur Handschrift siehe WILLI GÖBER / JOSEPH KLAPPER: Katalog rękopisów dawnej

Mystagogisierung und Implementierung 157

bis dato verfassten, volkssprachlichen Werke und Übertragungen von Vorlagen geistlicher Literatur in lateinischer Sprache eigenhändig zusammengestellt: 1. ‚Cordiale‘ (1r–63v10, handschriftlich cordiall), eine deutsche Übersetzung des lateinischen ‚Cordiale de quattuor novissimis‘ (1380–1396) des Deutschherren Gerard van Vliederhoven († um 1402), 2. ‚Geographischer Traktat‘ (63v–89v11, handschriftlich das püchlein […] von etlichen sachen des hymels, von dem irdisschen paradeiß und von dem gelobten lande und Jerusalem), nebst Ausführungen zur Kosmologie und zum irdischen Paradies in der Hauptsache ein Pilgerführer durch das Heilige Land, 3. ‚Nonnenwerk‘ (90r–108v, handschriftlich nunnenwerg), eine frühe, sehr freie Übertragung der ‚Admonitiones ad spiritualem vitam utiles‘ (Buch I der ‚Imitatio Christi‘ des Thomas von Kempen ([1380–1471]), 4. ‚Grisardis‘ (108v–128v, handschriftlich der Grysard), eine Bearbeitung der Schlussnovelle aus Giovanni Boccaccios ‚Decamerone‘ (1349–1353)12 zum novellistischen exemplum virtutis mit geistlich-didaktischer Intention, vielleicht nach dem Vorbild der lateinischen Übersetzung (‚Epistolae seniles‘ XVII,313) durch Francesco Petrarca (1304–1374).

Die vier Texte sind in Wr, zumindest was Nr. 1 und 2 (bis 89v) bzw. Nr. 3 (ab 90r) und 4 betrifft, lagenübergreifend aufgeschrieben: 5 VI60 + (VI-1)71 + VI83 + (VI-6)89 || 3 VI125 + (III-3)128. Nach Bl. 63 der einspaltigen Papierhandschrift (20 × 14 cm) fehlt ein ganzes Blatt, was zu Textverlust am Beginn (Prolog) des ‚Geographischen Traktats‘ führt, nach Bl. 89, d.h. vor Beginn des ‚Nonnenwerks‘, fehlen acht sowie ganz am Ende vier Blätter. Es lassen sich somit zwei werkchronologische Blöcke innerhalb des Breslauer

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Biblioteki Uniwersyteckiej we Wrocławiu, 26 Bde., Breslau 1920–1940, hier Bd. 14, 133f. (Nr. 898, siehe URL: https://www.bibliotekacyfrowa.pl/dlibra/publication/10530 [Zugriff am 14.11.2019]); Die ‚Grisardis‘ des Erhart Grosz (Anm. 3), XIX–XXVII; EICHLER (Anm. 1), 27–39; Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1), 43–51. Volpracht ist dieß werg in Nürenperg ze den cartheusern noch Cristi gepurt cccc und xxxvj jarr am pfinstag in der pfingßt wochen [31. Mai 1436] von dem do selbens geschriben mit aygner hand dir herr got (Wr, 63v). Der Pfingstsonntag des Jahres 1436 fällt auf den 27., der Donnerstag (pfinstag) in der Pfingstwoche folglich auf den 31. Mai. Noch Cristi gepurt cccc hundert und xxxvj jarr sein angehaben und volendet die püchlein, die hye noch enander stehen. Pitt got vor den, der sie hat gemacht und selber mit seyner hand geschriben (Wr, 89v). Aufgrund Blattverlusts fehlt dem Beginn des ‚Geographischen Traktats‘ im Breslauer Autograph Text (Prolog), den hingegen die Nürnberger Hs. N1 (Nürnberg, Stadtbibl., Cod. Cent. VIII 16; siehe Anm. 15), 75r überliefert. Text in Giovanni Boccaccio: ‚Decameron‘. Zwanzig ausgewählte Novellen. Italienisch / Deutsch, hg. und übers. v. PETER BROCKMEIER, Stuttgart 2014 (Reclams Universalbibliothek 8449), 233– 259 (X 10) und 389–396 (Kommentar). Text in URSULA HESS: Heinrich Steinhöwels ‚Griseldis‘. Studien zur Text- und Überlieferungsgeschichte einer frühhumanistischen Prosanovelle, München 1975 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 43), 163–239.

158 Stefan Abel

Autographs unterscheiden, und zwar zum einen (mit der Abschrift) von Texten aus dem Jahr 1436 (Nr. 1 und 2) und zum anderen von Texten aus dem Jahr 1432 (Nr. 3 und 4). Mit der 144214 entstandenen, zweispaltig angelegten Handschrift N1 – Nürnberg, Stadtbibl., Cod. Cent. VIII 1615 – aus Nürnberg, deren genauere Provenienz unklar ist (Dominikanerinnenkloster St. Katharina?16), liegt eine Abschrift des Autographs vor und enthält folglich dieselben vier Texte in derselben Reihenfolge. Das Explicit des ‚Cordiale‘ in Groß’ Autograph (Wr) spielt auf eine eigenhändige, rasche und ununterbrochene Schreibtätigkeit an, denn just am selben Tag, dem 31. Mai 1436, als der Kartäuser gerade erst das ‚Cordiale‘ niedergeschrieben hatte, machte er sich nach eigener Angabe sogleich an die Abschrift des ‚Geographischen Traktats‘: An dem tag hub er an der selb zu schreiben und zusammen settzen das püchlein, das er noch volget […] (Wr, 63v). „Der Hinweis auf die Eigenhändigkeit, und zwar ein kontinuierliches Schreiben, das [mit] der verordneten täglichen Lektüre korrespondiert, unterstreicht noch einmal das Verständnis der Textproduktion als monastische Arbeit“17, gerade auch bei den Kartäusern. Vergleichbare Angaben im Incipit und Explicit von ‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘ fehlen; 14

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Bei der Abschrift des ‚Geographischen Traktat‘ (N1, 74ra–105va) übernahm der Schreiber die Datierung des Breslauer Autographs: Nach Cristi gepurt cccc hundert und xxxxvi jar sein angehaben und volendet die puchlein, die hie nacheinander sten. Pitt gott für den, der sie hatt gemacht und selber mit seiner hant geschrieben (N1, 105va; vgl. Anm. 11). Bei der Abschrift der ‚Grisardis‘ (N1, 131rb–164ra) hingegen datierte er den Text eigenhändig: Pit got für mich. Hie endet sich das puch in gotes namen amen, anno 42 jar am nesten freytag nach sant Dionisi tag (N1, 164ra), i.e. am 12. Oktober 1442. Das ‚Cordiale‘ in N1 (1ra–74ra) ist, anders als im Autograph, nicht datiert (vgl. Anm. 10). Zur Handschrift siehe EICHLER (Anm. 1), 27–39; KARIN SCHNEIDER: Die deutschen mittelalterlichen Handschriften. Beschreibung des Buchschmucks: HEINZ ZIRNBAUER, Wiesbaden 1965 (Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg 1), 463f.; Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1), 44f. Der alte Einband von N1 ist in der Machart des Nürnberger Dominikaners Konrad Forster hergestellt worden. „Die Einbände der im Katharinenkloster geschriebenen Handschriften ließen sich die Schwestern größtenteils im Nürnberger Predigerkloster anfertigen, das über eine ausgezeichnete Einbindewerkstätte verfügte. Dort hat sich vor allem der Mönch Konrad Forster einen Namen gemacht, der im 2. Viertel des 15. Jahrhunderts 85 nachgewiesene Einbände herstellte“ (SCHNEIDER [Anm. 15], XXXIII; vgl. ERNST KYRISS: Nürnberger Klostereinbände der Jahre 1433–1525, Diss. Erlangen 1940). Die beiden übrigen Textzeugen des ‚Nonnenwerks‘ – N2, Nürnberg, Stadtbibl., Cod. Cent. VI 59 (Katharinenkloster, um 1400 bis Mitte 15. Jh.), Faszikel I / 201r–203v (Kap. 1–5) und N3, Cod. Cent. VII 81 (ebd., 2. Hälfte 15. Jh.), 2r–51r; vgl. SCHNEIDER (Anm. 15), 198–207 und 397f. – stammen ebenfalls aus dem Nürnberger Dominikanerinnenkloster; so auch der einzige Textzeuge von Groß’ deutscher Vaterunserauslegung ‚Super oratione dominica‘ und seiner ‚Geistlichen Lehre‘ (Mainz, Martinus-Bibl., Hs. 43 [2. Hälfte 15. Jh.], Faszikel I / 65r–88v bzw. 89r–102v; siehe Handschriftencensus RheinlandPfalz, URL: https://www.hss-census-rlp.ub.uni-mainz.de/mz-mb-hs-43 [Zugriff am 14.11.2019]). Eine imaginäre Reise nach Jerusalem. Der ‚Geographische Traktat‘ des Erhart Groß (Anm. 6), 411.

Mystagogisierung und Implementierung 159

die namentliche Nennung des Verfassers Erhard Groß taucht innerhalb des gesamten Autographs nur im Prolog des darin an erster Stelle platzierten ‚Cordiale‘18 auf. Dennoch lässt der gleich zweifach (Wr und N1) überlieferte Textverbund der genannten vier püchlein kaum an der Autorschaft des Kartäusers und an der zeitlich aufeinander folgenden Abschrift dieser Werke zweifeln. Mit Ausnahme der ‚Grisardis‘ und des ‚Laiendoctrinals‘, der sogar in den Druck eingegangenen Prosaübertragung des mittelniederländischen ‚Dietsche Doctrinale‘ (1345) im Auftrag der Nürnberger Patrizier Paul Vorchtel und Ortolf Stromer, haben Groß’ geistliche Werke außerhalb der Grenzen Nürnbergs keine weitere Verbreitung erfahren. Anders als im Fall ganze Codices füllender Werke (‚43 Gespräche‘, ‚Laiendoctrinal‘ und ‚Witwenbuch‘) bewahrt das Autograph, und mit ihm die Abschrift N1, die kleineren volkssprachlichen Werke im Umfang von 64, 27, 19 und 21 Blättern (Wr), vor den etwaigen Wirren der Überlieferung. Ein Eintrag auf dem vorderen Spiegel von Wr (Abb. 1) legt allerdings die Vermutung nahe, Erhart Groß habe, sofern dieser Eintrag tatsächlich auf ihn zurückgeht, sein Autograph als Vorlage (exemplar19) für spätere Abschriften betrachtet; vgl. auch den Hinweis im ‚Laiendoctrinal‘ (Anm. 81). Somit könnte er durchaus eine weitere Verbreitung der vier püchlein angedacht haben, eigens verfasster Texte und Übersetzungen lateinischer Vorlagen, die hauptsächlich aus der Bibliothek der Nürnberger Kartause stammen dürften.20 In jenem Eintrag (Abb. 1) mahnt der Kartäuser zu Behutsamkeit im Umgang mit den Texten sowie mit der Handschrift insgesamt:

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In die wort zu reden schaltu mercken, das das ‚cordiall‘ ist also vil gesprochen also hertzlich, und es had gemacht newlich ein lerer pey untern zeythen noch Cristi gepurtt cccc jarr und pey dem zcwayntzgisten jar. […] Und all es der erwirdig man hatt zusamen geleßen auß der hailigen schrift, die merr warheit in yrr had, denn vil menschen muͤ gen begreiffen in dem heiligen Cristi glauben, dieß puch in dem latein, also hab ichß, pruder E r h a r t G r o ß , ein carthuͤ ßer prister zu Nürenberg, gewandelt in deutsche zungen […] (Wr, 1r). Zur irrtümlichen Datierung des lateinischen ‚Cordiale‘ auf 1420 – wohl eher das Entstehungsjahr von Groß’ handschriftlicher Vorlage – siehe De veer utersten. Das ‚Cordiale de quatuor novissimis‘ von Gerhard von Vliederhoven in mittelniederdeutscher Überlieferung, hg. v. MARIELUISE DUSCH, Köln, Wien 1975 (Niederdeutsche Studien 20), 32*. Frnhd. exemplar, n. ‚(je nach Perspektive:) Vorlage, Original; Abschrift, Kopie‘, in: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, begr. v. ROBERT R. ANDERSON, ULRICH GOEBEL, OSKAR REICHMANN, Berlin 1986–2019, hier Bd. 5,8 (2019), 3953–3955, hier 3954 (Nr. 2); vgl. HILDEGARD KORNHARDT: Exemplum. Eine bedeutungsgeschichtliche Studie, Diss. Göttingen 1936, 52–55. Sowohl das ‚Cordiale de quattuor novissimis‘ des Gerhart van Vliederhoven als auch die ‚Imitatio Christi‘ des Thomas von Kempen wird man in der Bibliothek der Nürnberger Kartause durchaus vermuten dürfen; ebenso Hieronymus’ ‚Adversus Iovinianum‘, von dem Groß Teile in seiner ‚Grisardis‘ (Kap. 2–6) verarbeitete, sowie die zahlreichen Quellen für den ‚Geographischen Traktat‘. In Kontakt mit Boccaccios Novelle oder Petrarcas Übersetzung wird der aus

160 Stefan Abel

Wer diße püchlein list ader abschreibt, der mache niht kreutze ader hende zu vermackeln das exemplar, wann es ist gestroft und es darff niht, das er das bescheisse21 noch seim willen. Teil der auch die äußere Integrität des Autographs beinhaltenden ‚Kanonisierung‘ ist auch die in Groß’ Vorstellung verbindliche Zusammenstellung der vier Werke zu einem exemplar, dem der Kartäuser offenbar einen übergeordneten ‚Werktitel‘ geben wollte. Dieser ‚Werktitel‘ hätte wohl (rubriziert?) in einer Textlücke auf Bl. 1r des Autographs seinen Platz finden sollen, wie eine dortige Marginalie am unteren Rand (nicht in N1) vermuten lässt: Das puch ist der […] und hat in ym das cordial von dem sterben, von dem jungsten urttail, von der hell und von dem hymelreich, ¶ von dem gelobten land, ¶ von gaistlichkeit ¶ und von eelichem leben in tugunden (vgl. Abb. 2).

Abb. 1. – Wr, Vorderspiegel.

21

einer Nürnberger Patrizierfamilie stammende Kartäuser über Italienreisende innerhalb seiner Verwandtschaft gekommen sein. Frnhd. bescheissen, ‚etw. beschmutzen, verdrecken; verderben‘, in: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (Anm. 19), Bd. 3 (2002), 1662–1665, hier 1662f. (Nr. 1; URL: http://fwb-online.de /go/bescheissen.s.3vu_1543619244 [Zugriff am 14.11.2019]).

Mystagogisierung und Implementierung 161

Abb. 2. – Wr, 1r (Marginalie am unteren Rand).

Dieses puch, eine Art ‚Handbibliothek‘ in Gestalt eines einzigen Codex, dessen geplanten ‚Titel‘ wir wohl niemals erfahren werden, vermittelt seinen Benutzern umfassend, sowohl thematisch als (womöglich) auch ständisch differenziert, das notwendige Heilswissen, und zwar über die Letzten Dinge (‚Cordiale‘), über die Schöpfung und das Heilige Land (‚Geographischer Traktat‘), über ein vorbildliches Leben im geistlichen Stand (‚Nonnenwerk‘) und in der Ehe (‚Grisardis‘). Entsprechend bietet das puch dem frommen Gläubigen somit gleich mehrere spirituelle Zugänge zum christlichen Glauben: eschatologisch bzw. anagogisch (‚Cordiale‘), ‚historisch‘ (ausgehend von der sichtbaren Schöpfung und dem irdischen Jerusalem im ‚Geographischen Traktat‘), moraltheologisch (‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘) sowie eventuell auch exemplarisch bzw. allegorisch (‚Grisardis‘). Es wäre daher zu überlegen, ob Erhart Groß das in seinem Autograph vermittelte ‚Glaubenswissen‘, gemäß dem Vorbild von Hugos von St. Viktor ‚Didascalicon de studio legendi‘ (um 1128)22, das der Kartäuser sicherlich kannte, womöglich nach dem vierfachen Schriftsinn strukturierte: sensus historicus (‚Geographischer Traktat‘), womöglich auch sensus allegoricus (‚Grisardis‘), sensus tropologicus (‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘) und sensus anagogicus (‚Cordiale‘). Die lateinischen Vorlagen für die vier püchlein im Breslauer Autograph, darunter das lateinische ‚Cordiale‘ und die ‚Imitatio Christi‘, sind vergleichsweise im Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause (Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6) aus der Zeit um 147523 – für Nürnberg ist ein solcher Katalog 22

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Vgl. Hugo von Sankt Viktor, ‚Didascalicon de studio legendi‘ / ‚Studienbuch‘, übers. und eingel. v. THILO OFFERGELD, Freiburg/Breisgau u.a. 1997 (Fontes Christiani 27), 358–385 (lib. 6, cap. 2–5). Der Katalog wurde, vom Bibliothekar Jakob Volradi († 1498) angelegt, von mehreren Personen bis in die 1520er Jahre hinein fortgeführt; siehe dazu DIRK WASSERMANN: Wissenschaft und Bildung in der Erfurter Kartause im 15. Jahrhundert. Ein anonymer Kommentar aus dem Bibliothekskatalog von St. Salvatorberg, in: Studien zum 15. Jahrhundert. FS Erich Meuthen, 2 Bde., hg. v. JOHANNES HELMRATH, HERIBERT MÜLLER, München 1994, Bd. 1, 483–503; ALMUTH MÄRKER: Schweigen und Lesen. Das ‚Prohemium longum‘ des Erfurter Kartäuserkatalogs als Wissenschaftspropädeutik am Ende des 15. Jahrhunderts, in: Bücher, Bibliotheken und

162 Stefan Abel

leider nicht überliefert – sowohl unter der Signatur F (→ sensus anagogicus) mit mystischen Werken, die das affektive Seelenvermögen des Gläubigen ansprechen,24 als auch unter der Signatur H (→ sensus tropologicus) mit moraltheologischen Werken verzeichnet;25 dem ‚Geographischen Traktat‘ vergleichbare Pilgerführer finden sich unter der Signatur G (→ sensus historicus), die unter anderem Chroniken und Heiligenlegenden führt.26 Die ‚Grisardis‘, ein exemplum virtutis, für die der Erfurter Katalog nichts Vergleichbares bietet, fügt sich nur insofern in dieses Bild, als sie sich als Vertreterin der via allegorica verstehen lässt. Das novellistische Exemplum wäre demnach nur dann ‚richtig‘ gelesen, wenn man dessen Handlung nicht wörtlich (i.e. ‚historisch‘) auffasst, sondern es auf der Suche nach einem tieferen Sinn (allegorisch) rezipiert; Grisardis ist immerhin als Exempelfigur für die (abstrakten) christlichen Tugenden der constantia und patientia zu verstehen. Die geistliche Lehre der ‚Grisardis‘ muss der Rezipient jeweils für sich aus der Handlung abstrahieren, sofern sich die Lehre nicht schon den Kommentaren des ‚Erzählers‘ (i.e. Erhart Groß) zur Handlung des Exemplums entnehmen lässt. Der exorbitant tugendhaften Grisardis wohnt eine quasiheilige Exzeptionalität inne, welche die Imitabilität ihres Verhaltens stark einschränkt.27

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25

26

27

Schriftkultur der Kartäuser. FS Edward Potkowski, hg. v. SÖNKE LORENZ, Stuttgart 2002 (Contubernium 59), 383–397; ALMUTH MÄRKER: Das ‚Prohemium longum‘ des Erfurter Kartäuserkatalogs aus der Zeit um 1475. Edition und Untersuchung, 2 Bde., Bern u.a. 2009 (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 35); MATTHIAS EIFLER: Buchkultur und Studienpraxis in der Erfurter Kartause im Spätmittelalter, in: Sammeln, Kopieren, Verbreiten. Zur Buchkultur der Kartäuser gestern und heute, hg. v. SYLVAIN EXCOFFON, CORALIE ZERMATTEN, SaintÉtienne 2018 (Analecta Cartusiana 337), 269–318. DEF Ponunt sensum anagogicum biblie et hic magis est legendum devotis et sinceris fratribus, qui volunt illuminari in intellectu et inflammari in affectu, precipue in litera D, ubi late agitur de mistica theologia secundum anagogicas et purissimas ductiones sursum (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 2, bearb. v. PAUL LEHMANN, München 1928 [ND 1969], 24226–31). Für das ‚Cordiale‘ siehe ebd., 34334 und 36119/30 (beide Sign. F) , 40330 (Sign. H), 46213 und 50420; für die ‚Imitatio Christi‘ siehe ebd., 34236f. (Buch I), 34914–17 (Buch I–III), 34919 (lateinisch und volkssprachlich), 35124f., 3534, 35438–3551 (Buch I, non finitus) und 35527f. (Buch I) (alle Sign. F), 40527/33 (Buch I–III) und 42924 (Buch I) (beide Sign. H) sowie 46732f.. H Deservit tropologie et moralitatibus et ibi depingitur utilis tabula deserviens valde libris sub litera H positis ostendendo omnes virtutes infusas et acquisitas theologicales et cardinales et quas quelibet harum habet annexas et que sunt vicia opposita. Et hic volens fieri virtuosus occupet se, ut sciat ad quid tendere debeat et quid et quantum adhuc desit sibi, ut et illud acquirat (ebd., 24238–43). Siehe ebd., 36822–36919 (Signatur G.17 [peregrinaciones]) bzw. G Continet libros historiarum, non que in biblia ponuntur, sed alie historie et gesta varia, que pro historia biblie valent. Declarantur et passionalia, cronice, legende sanctorum et eciam gesta philosophorum, ipsum speculum historiale, que omnia ordinantur ad intelligendum dicta theologie et sanctorum doctorum (ebd., 24233–37). Vgl. DANIEL EDER: Von Wundern und Flatulenzen. Narratologische Überlegungen zum Forschungsparadigma des ‚legendarischen Erzählens‘, in: Euphorion 113 (2009), 257–292, hier 263f.

Mystagogisierung und Implementierung 163 Das Gesamtwirken eines Heiligen [oder einer ‚Quasi-Heiligen‘ wie Grisardis] hält […] gegenüber aller Art von vollständigen Nachahmungsversuchen eher Distanz. Es erweist sich in den meisten Fällen als ein nicht praktizierbares exemplum. […] Folgerichtig kann ein [‚Quasi‘-]Heiliger nur metonymisch – als konkrete Manifestation eines abstrakten Prinzips – oder, genauer noch, synekdochisch nachgeahmt werden, d.h. als materieller, hyponymischer Teil eines ideenhaften, hypernymischen Ganzen: pars pro toto. Aus der Summe von imitabilia, die das imitabile bilden, werden jeweils nur einige aktualisiert. […] Die imitatio ist primär keine Forderung zur identischen Tat, sondern nur moralisches Korrektiv: correctio morum.28

Der fromme Leser der ‚Grisardis‘, der aus der inkommensurablen Tugendexorbitanz der Protagonistin dennoch praktikable Richtlinien für einen gottgefälligen Lebenswandel abstrahierend beziehen möchte, wird sich daher, ganz von selbst, von der ober(flächlich)en Ebene der bloßen Handlung, auf eine tiefere, abstraktere Verständnisebene bewegen müssen. Von dieser aus wird er das, was ihm in der imitatio menschenmöglich ist, die letztendlich auf die Aufgabe des Eigenwillens und die freiwillige Annahme aller Widrigkeiten des Lebens abzielt, für sich umzusetzen versuchen. Damit nähert sich die ‚Grisardis‘ als Exempel(novelle) der Allegorie an, zwischen denen, HEINRICH LAUSBERG zufolge, ohnehin eine enge Verwandtschaft bestehe: Das exemplum […] zeigt eine Doppelgesichtigkeit der semantischen voluntas […]: in der ersten Schicht wird die (auf die causa von vorneherein nicht bezogene) Eigenbedeutung des exemplum-Inhaltes gemeint (wie bei jeder sprachlichen Äußerung). Aber die semantische Intention […] des Sprechers geht über diese in sich abgeschlossene normale Eigenbedeutung des exemplum hinaus: das exemplum wird als Träger einer gültig gemeinten Ernstbedeutung in den Dienst der causa genommen: die Eigenbedeutung des exemplum ist ein spielerisches Mittel zur Erreichung des Zieles der Ernstbedeutung. […] Von der Allegorie unterscheidet sich das exemplum durch die Ausdrücklichkeit, mit der im Kontext die Ernstbedeutung gesichert wird. Gibt der Kontext die Ernstbedeutung nicht klar zu erkennen, so liegt Übergang zur Allegorie vor: Quint. 8,6,52 est in exemplis allegoria, si non praedicta ratione ponantur.29

28

29

GABRIEL H. DECUBLE: Die hagiographische Konvention. Zur Konstituierung der Heiligenlegende als literarische Gattung. Unter besonderer Berücksichtigung der Alexius-Legende, Konstanz 2002, 47. PIERRE ADNÈS unterscheidet daher eine intrinsische von einer extrinsischen imitatio: „[L]a pure imitation volontaire du Christ n’est certainement pas dans l’esprit de l’Écriture, de saint Paul en particulier. L’imitation morale, extrinsèque ne peut être que participation intrinsèque, mystique … Par la contemplation nous devons chercher à participer au Christ. Cette participation intrinsèque nous permettra de réaliser l’imitation extrinsèque. Notre vie spirituelle est avant tout une reproduction des mystères du Christ sous l’action de sa grâce“ (DERS.: Exemple, in: Dictionnaire de spiritualité. Ascétique et mystique, doctrine et histoire, 17 Bde., Paris 1937–1995, hier Bd. 4 [1960], 1878–1885, hier 1880). HEINRICH LAUSBERG: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. Mit einem Vorwort von ARNOLD ARENS, Stuttgart 31990, 231f. (§ 421).

164 Stefan Abel

Zur Implementierung30 einer freien, hin zur Bearbeitung tendierenden Übertragung von Buch I der ‚Imitatio Christi‘, namentlich des ‚Nonnenwerks‘, in das Breslauer exemplar griff der Kartäuser offenbar zu ganz bestimmten Verfahren: Mystagogisierung des ‚Nonnenwerks‘ (I.) – zum darin greifenden Konzept ‚mystischer‘ Spiritualität siehe ab S. 169 –, ständische Fokussierung seines Adressatenkreises (II.) und, damit einhergehend, Komplementarisierung hinsichtlich der ‚Grisardis‘, d.h. komplementäre Verteilung des zu vermittelnden ‚Heils- und Glaubenswissens‘ auf den klösterlichen (‚Nonnenwerk‘) bzw. ehelichen Stand (‚Grisardis‘) (III.). Damit sei Groß unterstellt, dass er die vier püchlein seines Autographs freilich sinn- und planvoll zusammengestellt und auch das ‚Nonnenwerk‘ darin ebenso sinnvoll eingebettet (implementiert) hat. Dies bedeutet allerdings nicht (zwingend), dass das ‚Nonnenwerk‘ womöglich als letztes Werk in die Tetralogie des Breslauer Autographs eingegangen ist; immerhin steht es darin an dritter Stelle. Es lassen sich jedoch gerade im ‚Nonnenwerk‘, verglichen mit seiner lateinischen Vorlage, eine Vielzahl von textlichen Eingriffen beobachten – übrigens ganz anders als im Fall des Großschen ‚Cordiale‘ im Vergleich mit Gerard van Vliederhoven –, welche die Implementierung begünstigen. Groß’ Breslauer Autograph kann somit aufzeigen, wie sich ein (vor allem nachträglich) mystagogisierter Traktat (‚Nonnenwerk‘) in seiner Adressierung an einen primär monastischen Nutzerkreis (von Nonnen) verhält, die, was die lateinische Vorlage (‚Imitatio Christi‘) betrifft, so eigentlich nicht vorgesehen ist (II). Außerdem wird der Stellenwert von Mystagogik innerhalb einer one-volume library deutlich, vor allem im Verhältnis zu den paränetischen Konzepten, die in der ‚Grisardis‘ wirksam werden (III.).

30

Der Begriff ‚Implementierung‘ (lat. implere ‚anfüllen‘) stammt aus der Informatik und bezeichnet das Einfügen eines neu entwickelten Systems oder einer Software in ein bereits bestehendes Netzwerk oder System unter Berücksichtigung gegebener Rahmenbedingungen. Auf die Literaturwissenschaft angewandt, ist mit ‚Implementierung‘ die Einbettung eines Einzeltexts in einen Sammlungs- oder Überlieferungsverbund nebst anderer Einzeltexte gemeint. Die Einbettung macht unter Umständen textliche Eingriffe in den bzw. in die zu implementierenden Einzeltexte notwendig. Das ‚bestehende Netzwerk oder System‘ im Fall der Implementierung des ‚Nonnenwerks‘ besteht in der (konzeptionellen) Anlage von Groß’ Breslauer Autograph als ‚Handbibliothek‘, die viele spirituelle Zugänge eröffnet.

Mystagogisierung und Implementierung 165

I.

Mystagogisierung des ‚Nonnenwerks‘

Erhart Groß’ ‚Nonnenwerk‘ ist, wie eingangs erwähnt, eine sehr frühe und zugleich sehr freie, zur Bearbeitung tendierende Übertragung der ‚Admonitiones ad spiritualem vitam utiles‘, besser bekannt als Buch I (ab 1420) der ‚Imitatio Christi‘ des Thomas von Kempen31 aus dem Umkreis der niederländischen Devotio moderna. „Die ältesten lateinischen Handschriften im süddeutschen Raum stammen aus den frühen 1430er Jahren, der älteste Textzeuge einer hochdeutschen Übersetzung stammt aus den Jahren 1430–36. 31

Ausgabe: Thomas a Kempis: ‚De imitatione Christi‘ quae dicitur libri IIII cum ceteris autographi Bruxellensis tractatibus adjectis epilegomenis adnotatione critica indicibus tabulis photographicis, hg. v. MICHAEL J. POHL, Freiburg/Breisgau 1904 (Thomae Hemerken a Kempis canonici regularis ordinis S. Augustini opera omnia 2). Zu Thomas’ von Kempen Leben und seinen Werken siehe PAUL VAN GEEST / ERIKA BAUER / BURGHART WACHINGER: Thomas Hermeken von Kempen, in: Verfasserlexikon (Anm. 1), Bd. 9 (1995), 862–882 bzw. Bd. 11 (2004), 1528–1538 (WERNER J. HOFFMANN), zur losen Zusammengehörigkeit der vier Einzeltraktate der ‚Imitatio Christi‘ siehe LÉON M. J. DELAISSÉ: Le manuscript autographe de Thomas a Kempis et ‚L’imitation de Jésus-Christ‘. Éxamen archéologique et édition diplomatique du Bruxelles 5855-5861, 2 Bde., Paris, Brüssel 1956 (Les publications de scriptorium 2), hier Bd. 2, 91–94. Die enge Verbindung von ‚Imitatio Christi‘ und ‚Nonnenwerk‘ erkannten m.W. bisher EICHLER (Anm. 1), 82, ROBRECHT LIEVENS: Het Duits sukses van de Dietsche Doctrinale, in: Leuvense Bijdragen 49 (1960), 130–148, hier 139 („Uit zijn letterkundige arbeid noem ik het Nonnenwerk van 1432, een mystiek traktaat waarvoor de Imitatio van Thomas van Kempen als voorbeeld schijnt gediend te hebben“) und KURT RUH: Altniederländische Mystik in deutschsprachiger Überlieferung, in: DERS., Kleine Schriften, 2 Bde., hg. v. VOLKER MERTENS, Berlin, New York 1984, 94–117, hier 109. Erhart Groß könnte auch Verfasser des ‚Herzmahners‘ sein, eine obd. Übertragung von Thomas’ von Kempen lateinischem Leben-Jesu-Gebetszyklus ‚Orationes et meditationes de vita Jesu Christi‘ mit einem Anhang weiterer Gebete, insgesamt 56 Kapitel; Ausgabe: Thomas a Kempis: ‚Orationes et Meditationes de Vita Christi‘, hg. v. MICHAEL J. POHL, Freiburg/Breisgau 1902 (Thomae Hemerken a Kempis canonici regularis ordinis S. Augustini opera omnia 5). Der ‚Herzmahner‘, der nur in einer Nürnberger Inkunabel (Sedez-Format) von 1497 aus der Offizin des Kaspar Hochfeder überliefert ist (VD16 H 2655), führt im Titel seine Entstehung auf den Kartäuserorden zurück: Diß Buechleyn ist zu erst durch eynen andechtigen hohgelerten vatter Cartewser ordens in latein gemacht. Darnach durch eynen anderen vertewscht. Und durch Caspar Hochfeder zu Nuremberg zu drucken verfugt, und sagt von dem leyden unnsers herren Ihesu Cristi, allweg bey jedem stuck mit inniger hertzlicher andacht und danncksagung, vol verdiensts on zweifel gotlicher gnaden. Und ist genant der hertzmaner von innprunstiger hertzlicher vermanung wegen darinn begriffen. Vermutlich stammte die lateinische Vorlage aus der Kartause Basel, beim Übersetzer könnte es sich um Erhart Groß handeln. Für diesen Hinweis danke ich Herrn Prof. em. Dr. Dr. h.c. Werner Williams-Krapp. Zum ‚Herzmahner‘ siehe VOLKER HONEMANN: Der Herzmahner, in: Verfasserlexikon (Anm. 1), Bd. 3 (1981), 1167–1170; HOFFMANN (Anm. 31), 1532 (Nr. 2f); SABINE GRIESE: Der ‚Herzmahner‘ – ein gedrucktes Andachts- und Gebetbüchlein, in: Medialität, Unmittelbarkeit, Präsenz. Die Nähe des Heils im Verständnis der Reformation, hg. v. JOHANNA HABERER, BERNDT HAMM, Tübingen 2010 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation 70), 167–185; HEDWIG SUWELACK: Performativität und Präsenz in spätmittelalterlichen Gebetstexten am Beispiel des ‚Herzmahners‘ (1497), in: Sprechen, Schreiben, Handeln. Interdisziplinäre Beiträge zur Performativität mittelalterlicher Texte, hg. v. ANNIKA BOSTELMANN u.a., Münster 2017, 163–182.

166 Stefan Abel

Die lateinische Überlieferung im süddeutschen Raum sowie einige Übersetzungen ins Oberdeutsche dürften allerdings noch ein wenig älter sein.“ WILLIAMS-KRAPP geht dementsprechend davon aus, dass sich „eine Vielzahl weiterer Textzeugen finden“ werde, „die sich noch hinter den zahlreichen unidentifizierten Exzerpten und Teilübersetzungen in den Handschriftenkatalogen verstecken“32, so auch das ‚Nonnenwerk‘. Zumindest auf die stoffliche Nähe des ‚Nonnenwerks‘ (Nunnenwerg heist dietz puch [Wr, 90r, so auch 108r]) zur ‚Imitatio Christi‘, allerdings ohne es als ‚Teilübersetzung‘ kenntlich zu machen, weist eine von späterer Hand (?)33 eingetragene, lateinische Marginalie im Breslauer Autograph hin (nicht in N1). Sie befindet sich am rechten Rand, auf der Höhe des rubrizierten, rhematischen ‚Werktitels‘ (Nunnenwerg [heist dietz puch]): Concordat cum materia de imitacione Cristi (vgl. Abb. 3). In Hs. N1 wird das ‚Nonnenwerk‘, vermutlich irrtümlich und dabei mit dem ungewollten, jedoch aufschlussreichen Hinweis auf die Verbreitung des opusculum (einzig?) am ‚Klosterstandort‘ Nürnberg, als Nurmberg heist dicz puch betitelt (N1, 106ra, so auch 131ra [nürenberg]). Dagegen kommt der thematische ‚Werktitel‘ in Hs. N3, die das ‚Nonnenwerk‘ im Vergleich zum Autograph (Wr) in größtenteils syntaktisch-formaler Überarbeitung bietet, dem lateinischen ‚A d m o n i t i o n e s a d s p i r i t u a l e m v i t a m utiles‘ übersetzungstechnisch schon sehr nahe: Hie vecht sich an ein a n w e y s u n g e i n e s s e l i g e n g e i s t l i c h e n l e b e n s (N3, 3r); ganz ähnlich auch in Hs. N2: Hye hebt sich an ein t r a c t a t v o n d e m n o c h v o l g e n d e m l e b e n I h e s u C r i s t i [→ de imitatione Christi] und versmehen die werlt (N2, 201r).34 Dass der Kartäuser Erhart Groß mit ‚Nonnenwerk‘, 32

33

34

WERNER WILLIAMS-KRAPP: Die süddeutschen Übersetzungen der ‚Imitatio Christi‘. Zur Rezeption der Devotio moderna im oberlant, in: Aus dem Winkel in die Welt. Die Bücher des Thomas von Kempen und ihre Schicksale, hg. v. ULRIKE BODEMANN, NIKOLAUS STAUBACH, Frankfurt/Main 2006 (Tradition – Reform – Innovation 11), 65–79, hier 69. EICHLER (Anm. 1), 29 erkennt in ihr einen „eifrigen Leser der Großschen Schriften“, der auch im Autograph der ‚43 Gespräche‘ (München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 623) von 1440 mit zahlreichen Marginalglossen in Erscheinung trete. Bereits auf Bl. 1r von Cgm 623 meldet sich dieser ‚Leser‘ mit einer Warnung vor dem Gebrauch der deutschen Sprache zu Wort, um subtile, geistliche Sachverhalte zu erläutern: hoe materi sal man nit verdewschen, wann di ainfaltigen dy nit mogen verstehen. Darummb wer ditz puch lisst, der sal daz recht verstehen on argelisst (unterer Rand). Zur Münchner Handschrift siehe KARIN SCHNEIDER: Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Cgm 501–690, Wiesbaden 1978 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis V,4), 252f.; Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1), 51f. Zu den unterschiedlichen, teils von Thomas von Kempen überarbeiteten ‚Werktiteln‘ im Verlauf der Entstehungsgeschichte der ‚Imitatio Christi‘ siehe DELAISSÉ (Anm. 31), 74f. und RUDOLF T. M. VAN DIJK: Askese oder Mystik? Der entscheidende Rang des ‚Buches der inneren Tröstung‘ in der ‚Nachfolge Christi‘ des Thomas a Kampis, in: BODEMANN u.a. (Hg.) (Anm.

Mystagogisierung und Implementierung 167

‚Cordiale‘ und womöglich auch dem ‚Herzmahner‘ (vgl. Anm. 31) dezidiert Werke (aus dem Umkreis) der Devotio moderna übersetzte oder bearbeitete, verwundert kaum, war doch Nürnberg, „im 15. wie Straßburg im 14. Jahrhundert Einfallstor für niederländische Literatur“35 überhaupt. Und immerhin hatten die Kartäuser, die sich im 14. und 15. Jahrhundert von der scholastischen zur mystischen, d.h. affektbetonten und auf religiöser Erfahrung und Praxis beruhenden Theologie zuwandten, in ihrer geistigen Inspiration die gleichen Ziele und verfolgten mit ihren Schriften und Methoden den gleichen Weg [wie die Devoten]. […] Für die Kartause bedeutete die Begegnung mit den modernen Devoten eine Öffnung nach draußen; für die modernen Devoten blieb die Kartause das Ziel ihrer Sehnsucht nach Weltabgeschiedenheit und Stille, in der allein sich wahre Gottessuche verwirklichen läßt.36

Die ‚Imitatio Christi‘ mit ihren vier libelli (in der autographen Reihenfolge I–II–IV–III37) ist als eine der zentralen Schriften aus dem Geist der Devotio

35

36

37

32), 173–187, hier 176f. Die Titelüberarbeitungen könnten dazu geführt haben, dass frühere Textzeugen von Buch I vor 1441, dem Zeitpunkt der Niederschrift von Thomas’ Autograph (Brüssel, Königliche Bibl., Ms. 5855-5861) und, damit einhergehend, der Kanonisierung eines bestimmten ‚Titels‘, jeweils unterschiedliche ‚Werktitel‘ trugen und so in die volkssprachlichen Übersetzungen und Bearbeitungen eingegangen sind. So ersetzten „[s]pätere Bearbeiter […] – wie es im Mittelalter häufig geschah – am Anfang des ganzen Textkorpus (f. 4r [in Thomas’ Autograph]) den ursprünglichen Titel des ganzen ersten Buches (Ammoniciones ad spiritualem vitam utiles) durch den ursprünglichen Titel des ersten Kapitels dieses ersten Buches […]: De imitacione christi et contemptu omnium vanitatum mundi“ (VAN DIJK [Anm. 34], 177). WERNER WILLIAMS-KRAPP: Ein puch verschriben ze deutsch in brabantzer zunge. Zur Rezeption von mystischem Schrifttum aus dem niderlant im oberlant, in: Schnittpunkte. Deutsch-Niederländische Literaturbeziehungen im späten Mittelalter, hg. v. ANGELIKA LEHMANN-BENZ u.a., Münster 2003 (Studien zur Geschichte und Kultur Nordwesteuropas 5), 41–53, hier 51; vgl. auch RUDOLF T. M. VAN DIJK: Die kartäusische Rezeption der ‚Nachfolge Christi‘, in: Analecta Cartusiana 210 (2007), 103–131; IRIS KWIATKOWSKI: Non verbo sed scripto predicantes. Die Rezeption der Devotio-Literatur im Rahmen der kartäusischen Schreib- und Übersetzertätigkeit, in: Die räumliche und geistige Ausstrahlung der Devotio Moderna. Zur Dynamik ihres Gedankengutes, hg. v. IRIS KWIATKOWSKI, JÖRG ENGELBRECHT, Münster 2013 (Die Devotio Moderna. Sozialer und kultureller Transfer [1350–1580] 2), 169–183. GERARD ACHTEN: Kartäuser und Devotio moderna. Kleiner Beitrag zur Geschichte der spätmittelalterlichen Mystik, in: Die Geschichte des Kartäuserordens, 2 Bde., hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1991f. (Analecta Cartusiana 125), hier Bd. 2 (1992), 154–181, hier 163f.; vgl. auch DERS.: Die Kartäuser und die mittelalterlichen Frömmigkeitsbewegungen, in: Die Kölner Kartause um 1500. Aufsatzband, hg. v. WERNER SCHÄFKE, Köln 1991, 138–145; SÖNKE LORENZ: Ausbreitung und Studium der Kartäuser in Mitteleuropa, in: DERS. (Hg.) (Anm. 23), 1–19, hier 14–16. Zur Reihenfolge der libelli siehe VAN DIJK (Anm. 34), 173–177. „Zwischen 1420 und 1441 sind die vier Bücher der ‚Nachfolge Christi‘ als selbständige Traktate, voneinander unabhängig und ohne gemeinsamen Titel zustandegekommen. Das erste Buch wurde vor 1424 in das noch nicht eingebundene Autograph aufgenommen, die übrigen drei vor 1427, und zwar in der ursprünglichen Reihenfolge I–II–IV–III. Bis zum Abschluß 1441 hat Thomas in diesem Werkexemplar zahlreiche Korrekturen, Rasuren und Ergänzungen angebracht, wobei er teilweise mit einzelnen Blättern und losen Lagen arbeitete, in denen viel freier Raum ausgespart war. In dieser

168 Stefan Abel

moderna heraus entstanden und lässt sich auch als mystagogisches Werk verstehen. Der devoten, auf einfache Glaubenswahrheiten fokussierten Frömmigkeit geht es um Erfahrung und Aktivierung der affektiven Seelenkräfte, um Verinnerlichung und Individualisierung der praxis pietatis, im Wechsel zwischen Lektüre, Gebet, Meditation und Gewissensprüfung in der Vereinzelung und in Gottesdiensten, während Mahlzeiten mit Tischlesungen, handwerklicher Arbeit und gegenseitiger Kontrolle in der Gemeinschaft.38

Abb. 3. – Wr, 90r (dt. Rubrik und lat. Marginalie am rechten Rand).

38

Zeit, also zwischen 1424 und 1441, wurden den Kopisten gelegentlich unterschiedliche Lagen und Hefte aus dem Werkexemplar ausgehändigt, deren Abschriften in Sammelcodices auch außerhalb des Heimatklosters Sankt-Agnietenberg bei Zwolle eigene Wege gingen“ (ebd., 176, mit Bezug auf die Ergebnisse DELAISSÉs [Anm. 31]), so auch hinsichtlich der Reihenfolge der vier libelli der ‚Imitatio Christi‘. Zur Devotio moderna siehe etwa REGNERUS R. POST: De moderne devotie. Geert Grote en zijn stichtingen, Amsterdam 1950 (Patria 22); STEPHANUS G. AXTERS: Geschiedenis van der vroomheid in de Nederlanden 3, Antwerpen 1956; PIERRE DEBONGNIE: Dévotion moderne, in: Dictionnaire de spiritualité (Anm. 28), Bd. 3 (1957), 727–747; REGNERUS R. POST: The Modern Devotion. Confrontation with Reformation and Humanism, Leiden 1968 (Studies in Medieval and Reformation Thought 3); ERWIN ISERLOH: Thomas von Kempen und die Devotio Moderna, Bonn 1976 (Nachbarn 21); Geert Grote, Thomas von Kempen und die Devotio moderna, hg. v. HANS N. JANOWSKI, Olten 1978 (Gotteserfahrung und Weg in die Welt); ERWIN ISERLOH: Devotio moderna, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, hg. v. NOBERT ANGERMANN u.a., München 1998, 928– 930; Devotio Moderna. Basic Writings, hg. v. JOHN H. VAN ENGEN, HEIKO A. OBERMAN, New York 1988 (Classics of Western Spirituality); Die ‚Neue Frömmigkeit‘ in Europa und im Spätmittelalter, hg. v. MAREK DERWICH, MARTIAL STAUB, Göttingen 2004 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 205); JOHN H. VAN ENGEN: Sisters and Brothers of the Common Life. The Devotio Moderna and the World of the Later Middle Ages, Philadelphia 2008 (The Middle Ages Series).

Mystagogisierung und Implementierung 169

Hinter der ‚mystischen‘ Spiritualität auch der ‚Imitatio Christi‘ und der Devotio moderna insgesamt sowie des von Groß’ mystagogisierten ‚Nonnenwerks‘ (im Verbund mit der ‚Grisardis‘) steht ein Konzept ‚diffundierender‘ Mystik („mystieke cultuur“39) auf der Grundlage der von Jean Gerson (1363–1429) vermittelten Frömmigkeitstheologie40, wie es für geistliche Vollkommenheitslehren des 15. Jahrhunderts typisch ist und das geprägt ist von Reduktion und Domestizierung des mystischen Aufstiegsstrebens, […] normative[r] Beschreibung des mystischen Weges als Buß- und Leidensweg […] und […] Charakterisierung der Unio mystica als affektives Gleichförmigwerden des eigenen Willens mit dem Willen Gottes.41

Die gewandelte Vorstellung von Mystik (des 13. und 14. Jahrhunderts), die ohne Ekstase (raptus) und ohne das Streben nach der unio mystica zu-

39

40

41

Den Begriff ‚mystische Kultur‘ (nl. „mystieke cultuur“) führt THOM MERTENS ein, um die Diffusion der Mystik im 15. Jahrhundert zu fassen: „Onder mystieke cultuur versta ik een cultuur waarin het wereldbeeld, de waarden en de levensvormen bepaald worden door hetgeen mystici leren, een cultuur waarin het leven van de mystica of mysticus bij uitstek als het ideale, nastrevenswaardige voorbeeld geldt. In een mystieke cultuur kun je mystieke literatuur plaatsen en literatuur die zich op mystiek richt, maar ook […] literatuur die het mystieke levensideaal wil sturen, remmen of zelfs onderdrukken“ (DERS.: Mystieke cultuur en literatuur in de late middeleeuwen, in: Grote lijnen. Syntheses over Middelnederlandse letterkunde, hg. v. FRITS P. VAN OOSTROM u.a., Amsterdam, 1995, 117–135, hier 118f.). Siehe dazu etwa CHRISTOPH BURGER: Aedificatio, Fructus, Utilitas. Johannes Gerson als Professor der Theologie und Kanzler der Universität Paris, Tübingen 1986 (Beiträge zur historischen Theologie 70). BERNDT HAMM: Theologie und Frömmigkeit im ausgehenden Mittelalter, in: Handbuch der Geschichte der evangelischen Kirche in Bayern, Bd. 1: Von den Anfängen des Christentums bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, hg. v. GERHARD MÜLLER u.a., St. Ottilien 2002, 159–211, hier 204; vgl. CHRISTOPH BURGER: Mystische Vereinigung – erst im Himmel oder schon auf Erden? Das Doppelgesicht der geistlichen Literatur im 15. Jahrhundert, in: Gottes Nähe unmittelbar erfahren. Mystik im Mittelalter und bei Martin Luther, hg. v. BERNDT HAMM, VOLKER LEPPIN, Tübingen 2007 (Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe 36), 97–110, hier 99; BARBARA STEINKE: „Den Bräutigam nehmt euch und habt ihn und verlasst ihn nicht, denn er verlässt euch nicht.“ Zur Moral der Mystik im Nürnberger Katharinenkloster während des 15. Jahrhunderts, in: HAMM u.a. (Hg.) (Anm. 41), 139–164, hier 155f. und 162f.; BERNDT HAMM: Der Weg zum Himmel und die nahe Gnade. Neue Formen der spätmittelalterlichen Frömmigkeit am Beispiel Ulms und des Mediums Einblattdruck, in: Between Lay Piety and Academic Theology, hg. v. ULRIKE HASCHER-BURGER u.a., Leiden 2010 (Brill’s Series in Church History 46), 453–496; WERNER WILLIAMS-KRAPP: Mystikdiskurse und mystische Literatur im 15. Jahrhundert, in: Neue Aspekte germanistischer Spätmittelalterforschung, hg. v. FREIMUT LÖSER u.a., Wiesbaden 2012 (Imagines Medii Aevi 29), 261–285, hier 282.

170 Stefan Abel

nächst undenkbar ist, wandelt sich, und zwar in einem „mystikfeindliche[n] Klima der Gelehrtenwelt“42 des 15. Jahrhunderts und in den Reformkreisen jener Zeit, die, „Moral statt Mystik“43 den Vorzug gebend, an der Echtheit der übernatürlichen unio-Erlebnisse zweifeln und jede Form radikaler, ich-bezogener Spiritualität ablehnen, die als Gefahr für das reformierte Gemeinschaftsleben in den Klöstern betrachtet wird. An mystischer Spiritualität interessiert die von Geert Grote († 1384) in Deventer ausgehende und von Florens Radewijns († 1400) institutionalisierte Frömmigkeitsbewegung der Devotio moderna die ‚nüchterne Seite‘44, der es auf sich graduell steigernde Innigkeit bzw. Innerlichkeit in der Beziehung zu Gott ankommt, nicht auf mystische Ekstase. Die ‚Imitatio Christi‘ des Thomas von Kempen beschreibt entsprechend einen Prozess der Entsinnlichung und Vergeistigung der Gotteserfahrung, der den frommen Menschen immer innerlicher werden lässt und zugleich aus sich selbst heraus versetzt und über alles Kreatürliche emporhebt. Dies ist die Gedankenrichtung, in der am Ende des Mittelalters die mystischen Begriffe ‚extra nos‘, ‚excessus mentis‘, ‚raptus‘, ‚contemplatio‘ und ‚unio‘ ihren Platz finden.45

Thomas’ in diesem Sinne mystagogischer ‚Imitatio Christi‘ lässt sich, strukturell wie inhaltlich, ein mystischer Stufenweg unterlegen. So erkennt VAN DIJK in der autographen Abfolge jener vier libelli eine Steigerung von unpersönlicher (Buch I = ‚Admonitiones ad spiritualem vitam utiles‘) hin zu persönlicher (Buch II = ‚Admonitiones ad interna trahentes‘), von interpersönlicher (Buch IV = ‚Devota exhortatio ad sacram communionem‘) hin zu intrapersönlicher (Buch III = ‚Liber internae consolationis‘) Gottesbeziehung, entsprechend der thematischen Ausrichtung der einzelnen Bücher: „allgemeine Einübung von Tugenden im Außenbereich“ (I) bzw. „individuelle Aneignung von Tugenden im Innenbereich“ (II), „Begegnung mit dem eucharistischen Jesus Christus in orativer Zwiesprache“ (IV) und

42

43 44

45

WERNER WILLIAMS-KRAPP: Kultpropaganda für eine Mystikerin. Das Leben der Dorothea von Montau im Sendbrief des Nikolaus von Nürnberg, in: Literatur – Geschichte und Literaturgeschichte. FS Volker Honemann, hg. v. NINE MIEDEMA, RUDOLF SUNTRUP, Frankfurt/Main 2003, 711–720, hier 716. STEINKE (Anm. 41), 145. Vgl. JOHAN HUIZINGA: Herbst des Mittelalters. Studien über Lebens- und Geistesformen des 14. und 15. Jahrhunderts in Frankreich und den Niederlanden, hg. v. KURT KÖSTER, Stuttgart 12 2006 (Kröners Taschenausgaben 204), 323. BERNDT HAMM: „Gott berühren“: Mystische Erfahrung im ausgehenden Mittelalter. Zugleich ein Beitrag zur Klärung des Mystikbegriffs, in: DERS. u.a. (Hg.) (Anm. 41), 111–137, hier 131f.

Mystagogisierung und Implementierung 171

„Gotteserfahrung im innerlichen Gespräch“ (III).46 In Buch III hat „ein erfahrener und erprobter Mystagoge oder Seelenführer das Wort, der nur vorhat, den Menschen zu seinem Endziel (telos) – zur Gottesanschauung – zu führen, und ihm dazu ein Arbeitsziel (skopos) – die Christusbegegnung in der Eucharistie – vor Augen stellt; eine Gesamtkonzeption, die in den vier Büchern ihre meisterhafte Gestaltung erhalten hat.“47 Da sich Erhart Groß mit seinem ‚Nonnenwerk‘ auf die Übersetzung bzw. Bearbeitung von Buch I beschränkt, geht diese vermeintlich graduelle Wegstruktur des ‚Gesamtwerks‘ von vier libelli unweigerlich zu Bruch. Es zeigt sich allerdings, dass Groß sein ‚Nonnenwerk‘ im Vergleich zur lateinischen Vorlage umstrukturiert hat: Die 25 Kapitel von Buch I der ‚Imitatio Christi‘ gehen in nur 20 Kapitel des ‚Nonnenwerks‘ ein, das 21. und damit abschließende Kapitel hat kein Vorbild bei Thomas von Kempen: Daz xxi. cap. daz weißet unbetrigliche zeichen eyns mensche, ab er sey auß der seligen ordenunge (Wr, 108r; vgl. S. 178). Anzeichen der Seligkeit erweisen sich demnach in der rechten Umsetzung der im ‚Nonnenwerk‘ formulierten Lehren, so hastu in dir eyn gewiß zeichen der wirkenden gnaden gotes. Ein zur Seligkeit bestimmter Christ erweist sich daher durch Demut, Reue, seinen Willen zur moralischen Besserung, Kampf gegen die eigene Sündhaftigkeit, Gehorsam sowie Nächsten- und Feindesliebe. Die ‚neue‘ Dreiwegstruktur des ‚Nonnenwerks‘ lässt sich an folgender Übersicht über die Rubriken der einzelnen Kapitel im Breslauer Autograph (Wr) veranschaulichen:48 46

47 48

Siehe VAN DIJK (Anm. 34), 179–181; vgl. auch DERS.: De ‚Navolging van Christus‘ als concept voor de geestlijke weg. De relevante plaats van het derde en het vierde boek, in: Thomas van Kempen en zijn Navolging van Christus, hg. v. CHARLES CASPERS, THOM MERTENS, Antwerpen 2003 (Ons Geestelijk Erf 77,1/2), 43–92. VAN DIJK (Anm. 34), 181. In N3 sind dem ‚Nonnenwerk‘ (3r–51r) gleich drei Register beigefügt, von denen das erste Register (2r, durchgestrichen, nur Kap. 17–21) wegen Blattverlusts unvollständig ist, die beiden übrigen (56v–57v [2. Register] und 68r–69r [3. Register]) sind hingegen vollständig und stimmen im Wortlaut weitgehend überein, weichen jedoch in der Nummerierung voneinander ab: Das zweite Register (56v–57v) bezeichnet mittels Angabe von Blattzahlen diejenigen Blätter von N3, auf denen die einzelnen Kapitel beginnen. Es stützt sich dabei auf die römischen Blattzahlen, die jeweils am oberen Rand der recto-Seiten der ersten 48 Blätter auftauchen (i.e. 3r–50r), auch wenn nicht jedes Kapitel tatsächlich auf der jeweiligen recto-Seite beginnt, vielmehr oftmals auf der verso-Seite eines Blattes. Die Systematik des dritten Registers (68r–69r, vgl. den Abdruck bei EKKEHARD BORRIES: Schwesternspiegel im 15. Jahrhundert. Gattungskonstitution, Editionen, Untersuchungen, Berlin 2008, 408f.) ist unklar: Das erste Kapitel des ‚Nonnenwerks‘ situiert das dritte Register von N3 noch, wie schon das zweite Register zuvor, an dem plat j (i.e. 3r mit der römischen Blattzahl j), im Folgenden aber nummeriert es nicht Blätter, sondern Kapitel durch. Allerdings bezieht sich die Kapitelnummerierung (wohl) nicht auf die 21 Kapitel des ‚Nonnenwerks‘ (NW), sondern auf die ursprünglich ersten 21 von insgesamt 25 Kapiteln

172 Stefan Abel

I.2

‚De imitatione Christi‘ (Buch I)49 De imitacione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi50 De humili sentire sui ipsius

2.

I.3

De doctrina veritatis

3.

I.1

49

50

51

1.

‚Nonnenwerk‘ nach Wr, Rubriken – – – (90r–v)51 Daz ander cap., wie nücz es ist eym menschen, daz er sich selber kennet, darummb daz es yn lert gotz vorcht unnd versmehung der werlde (90v– 91r). Daz drit cap., wie sich eyn mensch schol halten, daz er mag küme zu nützlicher kunst seins lebens unnd seyner gewißen (91r–92v).

der ‚Imitatio Christi‘ (IC), die als lateinische Vorlage hinter den einzelnen Kapiteln des ‚Nonnenwerks‘ stehen. So geht beispielsweise Kap. 16NW von steter rewe zu haben in wydderpringen sich selb auf I.21IC de compunctione cordis der lateinischen Vorlage zurück. Kap. 16NW beginnt in N3 auf Bl. 35r, auf dem sich die alte (römische) Blattzahl xxxiij befindet, und eben diese Blattzählung ordnet das zweite Register richtigerweise Kap. 16NW zu. Im dritten Register jedoch steht anstelle der alten Blattzählung (xxxiij) die römische Ziffer xxj, die sich auf das Vorlagenkapitel (I.21IC) beziehen könnte. Eine solche, an der lateinischen Vorlage orientierte Kapitelnummerierung erscheint in Kap. 2NW (Verweis auf ij, i.e. 2r oder I.2IC), 3NW (iij, i.e. I.3IC), 7NW (ix, i.e. I.9IC), 8NW (x, i.e. I.10IC), 9NW (xj, i.e. I.11IC), 10NW (fehlerhaft xij, da nach I.13IC), 11NW (xiiij, i.e. I.14IC), 12NW (fehlerhaft xvj, da nach I.15/17IC), 13NW (fehlerhaft xvij, da nach I.18IC), 14NW (fehlerhaft xvij, da nach I.19IC), 15NW (xx, i.e. I.20IC), 16NW (xxj, i.e. I.21IC), 17NW (fehlerhaft xxiij, da nach I.22IC), 18NW (fehlerhaft xxvj, da nach I.23IC), 19NW (fehlerhaft xxviij, da nach I.24IC), 20NW (fehlerhaft xxx, da nach I.25IC) und 21NW (xxxij), die in N3, entsprechend dem zweiten Register, auf 4v (ij → 2NW), 6r (iiij → 3NW), 13r (xj → 7NW), 15r (xiij → 8NW), 16v (xiiij → 9NW), 19r (xvij → 10NW), 22r (xx → 11NW), 25r (xxiij → 12NW), 27v (xxv → 13NW), 29v (xxvij → 14NW), 32r (xxx → 15NW), 35r (xxxiij → 16NW), 37v (xxxv → 17NW), 41r (xxxviiij → 18NW), 45r (xliij → 19NW), 48r (xlvj → 20NW) und 50r (xlviij → 21NW) beginnen; alte (römische) und moderne (arabische) Blattzählung weichen in N3, wie gesagt, voneinander ab. In anderen Fällen übernimmt das dritte Register die Blattnummerierung des zweiten Registers (vij → 4NW ab 7v und viij → 5NW ab 8v), oder ihm fehlt bisweilen jegliche Nummerierung (6NW ab 9v [ix]). Da einige der 25 Kapitel der ‚Imitatio Christi‘, mitunter in abweichender Reihenfolge, in nur ein Kapitel des ‚Nonnenwerks‘ eingegangen sind (vgl. obige Tabelle), entspricht die Zählung des dritten Registers nicht der Kapitelabfolge des ‚Nonnenwerks‘. Dieser Befund ist insofern aufschlussreich, als der Verfasser des dritten Registers damit durchblicken lässt, dass ihm der ‚Übersetzungsstatus‘ des ‚Nonnenwerks‘ offenbar bewusst war; zum ‚Werktitel‘ des ‚Nonnenwerks‘ in N3 siehe oben. Vgl. KENNETH M. BECKER: From the Treasure-House of Scripture. An Analysis of Scriptual Sources in ‚De imitatione Christi‘, Turnhout 2002 (Instrumenta Patristica et Mediaevalia 44), 15–49. Vgl. den ‚Titel‘ des ‚Nonnenwerks‘ nach N2 (siehe oben). Diese sowie alle weiteren Kapitelüberschriften entstammen dem Register zu Buch I der ‚Imitatio Christi‘ in Thomas’ Autograph (3v, ed. DELAISSÉ [Anm. 31], 180). Im zweiten Register von N3 des ‚Nonnenwerks‘ (siehe Anm. 48) lautet der Eintrag zu Kap. 1: […] Zü dem ersten lert es die anweisung eines seligen geistlichen lebens (56v).

Mystagogisierung und Implementierung 173 I.5 De lectione sanctarum scripturarum I.4 De prudencia in agendis

4.

I.6

5.

De inordinatis affectionibus

I.7

I.8 I.9 I.10 I.12

I.11

I.13 I.14 I.16

Daz funfte cap. ist von der menschen unördelicher begir (93r–v). De vana spe et elacione fugienda 6. Daz sechste cap. ist von pößer hofnung unnd mütikeit unnd wie nütze es ist eym innigen menschen, daz er flie heinlichkeit vil leute (93v–94r). De cavenda nimia familiaritate 7. Daz sybend cap. ist von flien etliche freuntschaft unnd von gehorsam unnd De obeciencia et sujectione undertenikeit (94r–v). De cavenda superfluitate verborum 8. Daz achte cap. ist von des mundes hute unnd saget, wie nütze wyderwertikeit De utilitate adversitatis ist allen leuten unnd besundern den, die zunemen in dem geistlichen leben (94v–95v). De pace acquirenda et zelo proficiendi 9. Daz neum cap. lert, wie eyn mensch mag zu frid kumen unnd eyn schol den andern strafen, daz nicht arg52 dor nach kümpt (95v–96r). De temptacionibus resistendis 10. Daz x. cap. lert, wie eyn mensch schal vorsuchung53 überwinden (96r–97v). De temerario iudicio vitando 11. Daz xi. cap. ist wydder frevelurteil der menschen übir ander leut unnd tragen De sufferentia defectum aliorum in dulden ander menschen prechen unnd abezulegen hertikeit dez herzen unnd eygen gnade54 (97v–98v).

I.15 De operibus ex caritate factis I.17 De monastica vita

I.18 De exemplis sanctorum patrum

I.19 De exerciciis boni religiosi

52

53 54

Daz vierdre cap. red von der maße, wie man schol nützlich leße die heylige schrift (92v–93r).

12. Daz xii. cap. ist von den werken, die von goͤtlicher lieb geschen, unnd lert, wie eyn mensch ym closter ader in der e schal sich halten (98v–99r). 13. Daz xiii. cap. weist der alten tugend unnd reist den menschen, yn nochzuvolgen (99r–100r). 14. Daz xiiii. cap. saget von etlichen uͤbungen, do sich der mensch schal ynne üben, wil er anders zunemen in dem geistlichen leben. Merg es unnd thu (100r–101r).

Frnhd. arg, n. ‚Böses, Übles; böse Gewohnheit‘, vgl. Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (Anm. 19), Bd. 2 (1994), 68–70 (Nr. 1f.; URL: http://fwb-online.de/go/arg.s.2n_1544471750 [Zugriff am 14.11.2019]). versuchung und anfechtung (N3, 56v–57r [Register]). eygen gnade fehlt in den Registern von N3.

174 Stefan Abel I.20 De amore solitudinis et silencii

I.21 De compunctione cordis

I.22 De consideracione humane miserie

I.23 De meditacione mortis I.24 De iudicio et penis peccatorum

I.25 De ferventi emendacione tocius vite nostre –––

15. Daz xv. cap. saget von heimlichkeit des lebens unnd wonung, von sweigen und der zungen hute unnd wie nod sie peyd sein zu der sel selikeit allen menschen (101r–102v). 16. Daz xvi. cap. ist von steter rewe zu haben in wydderpringen sich selb (102v– 103v). 17. Daz xvii. cap. ist von dem jamer unnd kumer des kegenwertigen unnd sündigen lebens (103v–104v). 18. Daz xviii. cap. ist von bedechtniß des todes unnd nutz (104v–106r). 19. Daz xix. cap. ist von dem letzten gerichte unnd von den peynen der sunder (106r–107r). 20. Daz xx. cap. ist von der besserung alles unsers lebens unnd beharrung unnd waz gutes dar auß kumpt (107r–108r). 21. Daz xxi. cap. daz weißet unbetrigliche zeichen eyns mensche, ab er sey auß der seligen ordenunge (108r–v).

Mit Ausnahme von Kap. 21 des ‚Nonnenwerks‘ (NW), das von der lateinischen Vorlage unabhängig ist, gibt Erhart Groß im Grunde alle Kapitel von Buch I der ‚Imitatio Christi‘ (IC) wieder; Kap. 1NW weicht vor allem im Incipit von Kap. I.1IC ab. Bisweilen fasste er, wie in der obigen Tabelle ersichtlich, einige Kapitel der lateinischen Vorlage (Buch I) zusammen und / oder stellte sie um: I.5/4IC → 4NW, I.8/9IC → 7NW, I.10/12IC → 8NW, I.11IC → 9NW, I.14/16IC → 11NW, I.15/17IC → 12NW. Mit Ausnahme der Rubrik von Kap. 4NW greifen die Rubriken derjenigen Kapitel des ‚Nonnenwerks‘, die mehr als ein Kapitel der ‚Imitatio Christi‘ in (sehr) freier Übertragung enthalten, die Inhalte der entsprechenden Vorlagenkapitel auf, z.B. Das sybend cap. ist von flien etliche freuntschaft [→ I.8IC (De cavenda nimia familiaritate)] unnd von gehorsam unnd undertenikeit [→ I.9IC (De obediencia et sujectione)]. Ein Grund für die Zusammenlegung gewisser Kapitel der lateinischen Vorlage mag darin liegen, dass sie bisweilen recht kurz sind (z.B. I.4IC und I.5IC) oder inhaltlich sehr nahe bei einander stehen. So schien es Groß vermutlich sinnvoller, seine Übertragung von I.5IC über das richtige Lesen der Heiligen Schrift Kap. I.4IC (De prudentia in agentis) vorzuziehen, um I.5IC in die Nähe von I.3IC über die wahre Gelehrsamkeit zu rücken, die sich in diesem Kapitel von nutzlosem Buchwissen scharf abgrenzt. Von I.9IC übernahm

Mystagogisierung und Implementierung 175

Groß nur einen kleinen Teil, so dass dieses stark gekürzte Kapitel an das vorhergehende angeschlossen und im ‚Nonnenwerk‘ zusammen mit I.8IC zu einem Kap. 7NW verbunden werden konnte. Die Zusammenlegung und Umstellung der 25 Kapitel von Buch I der ‚Imitatio Christi‘ zu den letztlich 21 Kapiteln des ‚Nonnenwerks‘ haben jedoch noch einen weiteren Effekt: Dank dieser Umstrukturierung lässt sich das ‚Nonnenwerk‘ nun problemlos dreiteilen (21 ÷ 3 = 7 Kapitel) und womöglich mit entsprechender Zahlensymbolik verbinden.55 Der Kartäuser wird damit bezweckt haben, seiner ‚Imitatio Christi‘-Teilübertragung bzw. -bearbeitung eine dreigliedrige Struktur zu verleihen, ganz in Anlehnung an das im mystagogischen Schrifttum gängige Schema des Dreiwegs von incipientes (Kap. 1–7NW), proficientes (Kap. 8–14NW) und perficientes (Kap. 15–21NW) bzw. von via purgativa, illuminativa und unitiva.56 Entsprechend sind Teil II (Kap. 8–14NW) und Teil III (Kap. 15–21NW) in den jeweiligen Rubriken mit Schlüsselbegriffen ‚gerahmt‘, die eben auf diese Dreiteilung in Beginnende, Fortschreitende und Vervollkommnende hinweisen: Kap. 8NW am Beginn von Teil II wendet sich an diejenigen, die z u n e m e n (→ lat. 55

56

Für die Zahl 21 verzeichnen MEYER / SUNTRUP einen Hinweis auf Dn 10,2f., demzufolge sich der Prophet Daniel drei Wochen (i.e. 3 × 7 Tage) auf seine Vision des Völkerengels (Dn 10,1– 12,4) vorbereitet habe: in diebus illis ego Danihel lugebam trium ebdomadarum diebus. panem desiderabilem non comedi, et caro et vinum non introierunt in os meum sed neque unguento unctus sum, donec conplerentur trium edomadarum dies (Dn 10,2f.). „Daniels Bereitschaft sei zwar vom ersten Tage an vernommen worden, der Fürst des Perserreiches habe jedoch die Erscheinung des Engels um 21 Tage verzögert (Dan 10,13). Cassiodor deutet in seiner ‚Expositio Psalmorum‘ (XXI,32) die Verzögerung als Wirken des Teufels, dessen Überwindung nach 21 Tagen er mit der Ordnungszahl und dem Inhalt des 21. Psalms zu verknüpfen sucht“ (HEINZ MEYER / RUDOLF SUNTRUP: Lexikon der mittelalterlichen Zahlenbedeutungen, München 1987 [Münstersche Mittelalter-Studien 56], 675f.); zu den umfangreichen Symboliken der Zahlen 3 und 7 siehe ebd., 214–331 und 479–565. Zur Dreiwegstruktur der geistlichen Entwicklung siehe grundsätzlich Bonaventura († 1274), ‚De triplici via‘: „Ecce, descripsi eam tibi tripliciter“ etc., Proverbiorum vigesimo secundo. Cum omnis scientia gerat Trinitatis insigne, praecipue illa quae docetur in sacra Scriptura, debet in se repraesentare vestigium Trinitatis; propter quod dicit Sapiens de hac sacra doctrina, se eam tripliciter descripsisse propter triplicem ipsius intellectum spiritualem, scilicet moralem, allegoricum et anagogicum. Hic autem triplex intellectus respondet triplici actui hierarchico, scilicet purgationi, illuminationi et perfectioni. Purgatio autem ad pacem ducit, illuminatio ad veritatem, perfectio ad caritatem; quibus perfecte adeptis, anima beatificatur, et secundum quod circa haec versatur, suscipit meriti incrementum. In horum igitur trium cognitione pendet scientia totius sacrae Scripturae, pendet etiam mertium vitae aeternae. Sciendum est igitur, quod triplex est modus exercendi se circa hanc triplicem viam, scilicet legendo et meditando, orando et contemplando (Prolog, zitiert nach Bonaventura: ‚De triplici via‘ / ‚Über den dreifachen Weg‘. Lateinisch / Deutsch, übers. und eingel. v. MARIANNE SCHLOSSER, Freiburg/Breisgau u.a. 1993 [Fontes Christiani 14], 94 / Z. 3–17). Die drei geistlichen ‚Stände‘ (incipientes, proficientes, perficientes) finden sich erstmals bei Gregor den Großen († 604): ‚Moralia in Iob‘, XXIV, cap. 11, n. 28, in: Patrologiae cursus completus. Series Latina [PL], 221 Bde., hg. v. JACQUES-PAUL MIGNE, Paris 1841–1905, hier Bd. 76, 302a–b; vgl. KURT RUH: Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 2, München 1993, 428–436 und 530–533.

176 Stefan Abel

proficere) in dem geistlichen leben, ebenfalls Kap. 14NW am Ende von Teil II mit uͤ bungen, do sich der mensch schal ynne üben, wil er anders z u n e m e n in dem geistlichen leben. Kap. 15NW am Beginn von Teil III handelt von Zurückgezogenheit und Schweigen, wie nod sie peyd sein zu der sel selikeit allen menschen, während das vorlagenunabhängige Kap. 21NW am Ende von Teil III und damit des gesamten ‚Nonnenwerks‘ unbetrigliche zeichen eyns mensche benennt, ab er sey auß der seligen ordenunge. Hier steht die Seligkeit der perficientes bzw. perfecti auf der höchsten Stufe der spirituellen Entwicklung im Mittelpunkt. Um diese dreigliedrige Struktur nicht zu stören, unterschlug Groß vermutlich einen Teil der Kap. 9NW entsprechenden Rubrik von I.11IC der ‚Imitatio Christi‘, nämlich de […] zelo proficiendi (siehe oben), da Teil II wohl bereits mit Kap. 8NW einsetzen sollte. Kap. 1NW des ‚Nonnenwerks‘ fordert den gläubigen Christen im Anschluss an einen knappen Kommentar zu Io 8,12 (Qui sequitur me, non ambulat in tenebris, sed habebit lumen vitae) zur Christusnachfolge (imitatio Christi) auf und stellt deren heilsmäßigen Nutzen in der Verschmähung der Welt (contemptus mundi) heraus: In mancherley anweißung unnd maß spricht uns czu daz anbegin, daz got ist, durch die heilige schrift und sein doch selczam, dy die oren mit beweißung der werg ym czuneigen. Und doch, „wer ym nochvolget, der wandert nicht in dem vinsterniß, sundern er hat daz licht dez ewigen lebens“ (Io 8,12). Abir die leut haben lieber dye vinsterniß den daz licht, dörummb daz yr werg pöß sein. Die wort sein getrew unde war, wen sie wecken auff den glauben dez menschen, der yn had, unnd schicken yn, nochczuvolgen ym, yn den er glaubit, wil er andirs werlich erlüchtet werd unnd erlost von allir blintheit. Dorummb so sey aller undir gröster fleiß, teglich zu bedenken, yn nochzuvolgen, dem leben undirs lieben hern unnd gotes Ihesu Cristi, wen sein leben unnd ler allir leut leben wyderpringt unnd sein ler schicket unnd ordent den menschen zu guten siten (Kap. 1NW / Wr, 90r).

Im Folgenden scheint es, als nähmen die drei ‚Teile‘ (Kap. 1/2–7NW, Kap. 8–14NW und Kap. 15–21NW) des ‚Nonnenwerks‘ tendenziell unterschiedliche (geistliche) Beziehungen des frommen Gläubigen in den Fokus: So dreht sich T e i l I zunächst um den Menschen in der Konfrontation mit sich selbst. Ihm werden Selbstbetrachtung und Selbsterkenntnis anempfohlen, deren heilsmäßiger Nutzen im scharfen Kontrast zur hochmütigen und selbstvergessenen Buchgelehrsamkeit herausgestellt wird (Kap. 2f.NW), denn die Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit dämmt im Menschen Hochmut und weckt in ihm Demut. Die rechte Lektüre der Heiligen Schrift durch den Gläubigen sucht nicht nach Wissen, sondern nach Wahrheit (Kap. 4NW). Neben Selbstbetrachtung wird dem Christen die Selbstüberwindung in den Begierden abverlangt (via purgativa) (Kap. 5NW), zudem die Abkehr von der Welt, auf die man seine Hoffnung nicht setzen dürfe (Kap. 6NW). Es darf bereits als Übergang zu Teil II verstanden werden, dass sich der Blick nun

Mystagogisierung und Implementierung 177

auf vorbildliche Verhaltensweisen in der Gemeinschaft richtet: von flien etliche freuntschaft unnd von gehorsam unnd undertenikeit (Kap. 7NW). T e i l I I konzentriert sich entsprechend auf den gläubigen Menschen in Konfrontation mit seinem Nächsten: Unnd wen du von den gnaden gotes in den stad kümst, so achtestu gar enwynczg eusserlichen trost. Wirdestu den betrübit, erschrecket, vorsucht unnd ummbgetriben mit pösen dingen unnd sachen, is dein gewißen gancz zuhant, loufstu zu dem kenner deynes herzen, der stillet an zweifel daz gewitter unnd schicketz dir zu dem pesten usw. (Kap. 8Nw / Wr, 95r entsprechend I.12,5–7IC).

In der Gemeinschaft widerfahren dem proficiens Widrigkeiten (adversitates), vor allem üble Nachrede, die es in Stille zu ertragen gelte (wyderwertikeit unnd leute[n], die nicht gutz von uns reden, auch ab wir unschuldig sein [ebd.]); so gesehen haben diese adversitates geistlichen Nutzen für den frommen Christen, sofern er sich ihnen im Vertrauen auf Gott stellt (Kap. 8NW). Zu innerem Frieden komme man nur, wenn man sich nicht um (weltliche) Dinge kümmere, die einen ohnehin nichts angingen (Kap. 9NW). Anfechtungen, von außen auf den Menschen zukommendes Leid, das es in Vertrauen auf Gott und ohne Verzweiflung auszustehen und zu überwinden gelte, seien nützlich, da sie den Gläubigen wachsam, demütig und geduldig werden ließen (Kap. 10NW). Niemals dürfe man über die Sündhaftigkeit seiner Mitmenschen urteilen, vielmehr müsse man stets auf seine eigenen Sünden blicken. Man müsse zudem die Gebrechen der Menschen geduldig und mitleidig ertragen, so wie der einzelne Gläubige auch für sich selbst wünschte, dass die eigenen Gebrechen von anderen ertragen würden (Kap. 11NW). Taten am Nächsten seien nur dann gut, wenn sie nicht der Eigen-, sondern einzig der Liebe zu Gott entsprängen. Ein gutes und tugendhaftes Leben in der Gemeinschaft bedinge, dass man seinen Eigenwillen aufgebe, sei es im Kloster oder in der Ehe (Kap. 12NW). Vorbilder (exempel) für tugendhaftes Leben erhalte man in der Betrachtung der Altväter (imitatio patrum) (Kap. 13NW), geeignete Übungen für den ‚Zunehmenden‘ seien tägliche Selbstbetrachtung sowie ein tugendhafter und asketischer Lebenswandel (Kap. 14NW). Der fromme Gläubige in Konfrontation mit dem Letzten ist schließlich Thema von T e i l I I I des ‚Nonnenwerks‘. Auch im Stand der sich Vervollkommnenden sind weiterhin Innerlichkeit und Schweigen von heilsmäßiger Bedeutung, nun allerdings unter dem Vorzeichen der beharrung57, d.h. der beharrlichen Fortführung des guten, einmal eingeschlagenen, geistli-

57

Frnhd. beharrung, f. ‚Standhaftigkeit, Beständigkeit‘, in: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (Anm. 19), Bd. 3 (2002), 745 (Nr. 2; URL: http://fwb-online.de/go/beharrung.s.1f_1544268055 [Zugriff am 14.11.2019]).

178 Stefan Abel

chen Weges zur perfectio, in steter rewe, auch des Blicks zurück auf das bisherige irdische Leben und auf das ‚Jammertal‘ der sündigen Welt, gegen deren Versuchungen es weiterhin in Glaube, Liebe und Hoffnung zu kämpfen gelte (Kap. 15–17NW). Mit Blick auf den Tod und das Jüngste Gericht solle man sich so vorbereiten, als werde man schon am folgenden Tag sterben (Kap. 18f.NW). Kap. 20NW ermahnt den Gläubigen zur Beständigkeit im geistlichen Leben; Kap. 21NW benennt schließlich die Anzeichen für die Seligkeit der perficientes, die der einzelne Gläubige an sich in innerer Selbstbetrachtung erkennen könne: Hastu nu wol gemerkit die obgeschriben rede, so sich eben vor dich, wie sich dor ynne had dein leben, dein glaub, hofnung unnd liebe. Unnd vindestu, daz dein vorsacz nicht wyder ist der ler der heiligen cristenheit in worten unnd werken, so stestu wol. Vindestu dich in rechter warer demud unnd warer rew ummb deine sunde unnd pesserung deines lebens, so hastu in dir eyn gewiß zeichen der wirkenden gnaden gotes. Schicstu alle dein kunst, begir unnd vornunft vorsichtiglichen in got, getraw, daz got in dir sey. Merg in dir bewegung der hoffart unnd ander geistlichen untugunt unnd wie dein fechten sich had wyder sey. Achte dein gehorsam, ab der ein sey mit den gepoten des hern, so ist dir got gnedig. Pistu fridsam unnd leidlich mit deim ebenmenschen an neyd unnd frevelürteil, so hastu rechte liebe. Treystu auch williglich deins ebenmenschen kummer durch den, der sein kreucz had vor dich getragen, so fürcht ich dein nicht. Unnd vor allen dingen hab achtung auf daz pet, do du sprichst: „Vorgib uns under schult, alzo wir vorgeben unßern schuldern“ (Mt 6,12). Wen wo du nicht vorgibest vom herzen allen den, die dich erzörnt haben, so ist alle dein arbeit, glaube, hofnung unnd leben vorlorn. Wildu auch küntlich wiße, ab du auß gote pist, so sich, ab du sein geheiß thust. Thustu es, so pistu auß gote. Thustu es nicht, so pistu nicht auß gote. Arg schaltu mit argen nümmer rechen, sundern pit got vor dein vinde. Keim mensch wirf sein sund für, daz du in woldest beschemen. Wirt dir aber dein untugund fürgeworfen, sweig unnd gedenke an daz sweigen Ihesu vor Pylato unnd Herode. Erkennestu, daz dein werg vil fromen leuten nücz sein, so laß sie nicht durch pößer leut rede. Sted dorummb zorn auff, gib ym stad, wen got ist zornigen leuten abweg gegangen (Kap. 21NW / Wr, 108r–v).

Diese strukturelle und inhaltliche Neuausrichtung steht insgesamt im Zeichen einer Mystagogisierung des ‚Nonnenwerks‘. Die inhaltliche Ausrichtung dieser Struktur ist zwar eine etwas andere, als sie VAN DIJK für alle vier Bücher der ‚Imitatio Christi‘ insgesamt veranschlagt, doch treffen sich die oben beschriebenen, thematischen Ausrichtungen der drei Teile des ‚Nonnenwerks‘ zumindest in Teil I mit dem VAN DIJKschen bei sich selbst bzw. in Teil III mit dem in sich selbst: Wer Christus nachfolgt, macht nur Fortschritte in dem Maße, wie er bei sich selbst anfängt (Buch I [→ Teil INW]). In sich selbst findet er das Reich Gottes, in das er nur durch viele Trübsale eingehen kann (Buch II [→ Teil IIINW]). Christus, der der Weg ist, treibt ihn, ihm (= Christo) einen festen Wohnsitz zu bieten (Buch IV [3]). Einmal

Mystagogisierung und Implementierung 179 in das Reich Gottes in sich selbst hineingeraten, erfährt er in innerer Tröstung Gott selbst (Buch III [4]).58

Am Ende des ‚Nonnenwerks‘ bittet Erhard Groß die Rezipienten ausdrücklich um Fürbitte für sich selbst: Wer diß puch außschreibet, den pit ich, daz er diß schriftlein nicht außen las, daz mein gedechtniß bleib in dem herzen d e s i n n i g e n m e n s c h e n 59, der sein leben auß dießem püchlein pessert. Amen (Wr, 108v).

II.

Ständische fokussierte Adressierung des ‚Nonnenwerks‘?

Mit dem rein autographen und rhematischen ‚Werktitel‘ Nonnenwerk (siehe oben) nimmt Erhart Groß offenbar eine ständische Fixierung der Adressaten seiner ‚Imitatio Christi‘-Teilübersetzung bzw. -bearbeitung vor. Er bezieht sich mit ihm wohl auf die von weiblichen Religiosen zu leistende, geistliche ‚Arbeit‘, und die weitere Überlieferung des ‚Nonnenwerks‘ im Nürnberger Dominikanerinnenkloster St. Katharina (N2 und N3, wohl auch N1) wurde sicherlich durch einen solchen ‚Werktitel‘ maßgeblich (und womöglich vorsätzlich) beeinflusst.60 Durch metaphorische Übertragung der Begriffe Nonnenarbeit bzw. -werk, analog zu Handwerk, in der Bedeutung ‚H a n d arbeit von Nonnen‘,61 auch auf geistliche ‚Arbeit‘ mit und an den im ‚Nonnenwerk‘ vermittelten Lehren, die demnach von weiblichen Religiosen für ein gottgefälliges Leben in der Nachfolge Christi in die fromme Tat umzusetzen seien, gewinnt das Werk allein über seinen Titel Aufforderungscharakter: ‚Das, was du, Nonne, hier liest, ist von dir als Nonne zu leisten.‘ Das 21. Kapitel (Daz xxi. cap. daz weißet unbetrigliche zeichen eyns mensche, ab er sey auß der seligen ordenunge) des ‚Nonnenwerks‘ (siehe S. 174) fasst prägnant zusammen, was im Einzelnen zu ‚erarbeiten‘ ist. Es handelt

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VAN DIJK (Anm. 34), 184. Die Angaben ‚[3]‘ und ‚[4]‘ bezüglich Buch IV und III der ‚Imitatio Christi‘ bezeichnen die ursprüngliche Reihenfolge der Bücher (I – II – IV – III). Frnhd. innig, adj. ‚erfüllt von religiöser Hingabe, nach Innen / in sich gekehrt, andächtig, fromm, kontemplativ (von Menschen)‘, in: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (Anm. 19), Bd. 8 (1997–2013), 144f. (Nr. 1; URL: http://fwb-online.de/go/innig.s.4adj_1573760260 [Zugriff am 14.11.2019]). Eine Abschrift von Erhart Groß’ ‚Abecedarius‘ befand sich zudem im Besitz der seit 1428 Nürnberger Dominikanerin Kunigunde Winklerin († 1455) (München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 8873 [kurz nach 1431, Katharinenkloster]). Das ‚Witwenbuch‘ verfasste der Kartäuser für Margareta Mendel, die nach dem Tod ihres Ehemanns Marquard († 1438) ins Katharinenkloster eintrat, seine Vaterunserauslegung auf Bitte der Dominikanerin Barbara Rutzin († 1472) sowie seine ‚Geistliche Lehre‘ schließlich auf Bitten namentlich nicht genannter Nonnen aus nämlichem Kloster; vgl. Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1), 52–57. Vgl. nhd. Nonnenarbeit und Nonnenwerk, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, 16 Bde. in 32 Teilbänden, Leipzig 1854–1961, hier Bd. 7 (1889), 883 und 885.

180 Stefan Abel

sich dabei um ein frommes und gottgefälliges ‚Arbeitsprogramm‘, das nur insofern ‚mystisch‘ im Verständnis des 15. Jahrhunderts ist, als es gilt, die Gleichförmigkeit des eigenen mit dem göttlichen Willen anzustreben, Geduld und Gelassenheit in Zeiten der Anfechtung zu bewahren und sich lieber selbst zu erniedrigen, die eigene Sündhaftigkeit zu erkennen und diese vor dem Angesicht Gottes einzugestehen, anstatt hochmütigen Geistes nach süßen Erlebnissen zu streben.62

Dieses ‚Arbeitsprogramm‘ ähnelt ganz deutlich dem Konzept ‚wahrer Andacht‘, das Eberhard Mardach, Prior (1425–1428) des Nürnberger Dominikanerklosters, in seinem ,Sendbrief von wahrer Andacht‘ (1422)63 vertritt und das er der ekstatischen, ich-bezogenen Gnadenmystik mit ihren unioErlebnissen entgegenhält, die zur Irreführung der Menschen durchaus auch vom Teufel herbeigeführt sein könnten: Welher mensch aber sich selber ausser göttlicher minne vnd lieb mit eim reinen lautern hertzen vnd mit einr guten gewissen vnd mit eim waren, vesten, vngestifften glauben in allen dingen lat vnd sich got gentzlich gibt vnd bevilht in lieb vnd in layd vnd mit slehten worten in allem leiden vnd widerwertikeit vnd betrübnüß vnd dem gotlichen willen demütiklich mit williger ge[…]dult vnd gelassenheit, dankberlich gehorsam ist, sih, diz ist rehter, warer, sicher vnd gewisser andaht vnd ist auch ie vnd ie gut vnd gereht vnd von got all zeit vnd nit von der natur noch von dem bösen geist vnd ist auch e i n s i c h e r g e w i s s e z e i c h e n r e h t e r w a r e r h e i l i k e i t v n d r e c h t e s a n d a h t e s . […] es gehört zu disem vorgenanten waren, sichern andaht a r b e i t d e r v e r n u n f t v n d d e s h e r t z e n , wan diz ist vnd […] stet vnd ligt allein an dem freyen willen (WILLIAMS / WILLIAMS-KRAPP [Anm. 63], 438f.).

Als (extremes) Beispiel (exempel) für diese Art der ‚wahren Andacht‘ führt Mardach einen grobe[n] vngeschikte[n] lay auf, der zu Unrecht zum Tode verurteilt ist und sich in sein Schicksal fügt: Ein grober vngeschikter lay, der an eim offem geriht ietzunt vervrteilt ist zu dem tod vnschuldiklich, als doch etwenn geschiht, nu der selb ist ietzunt voran beraubt alles seins gutz […] vnd aller seinr eren vnd dar zu wil man im ietzunt zu stund sein leben nemen on schuld. Nu merk: Wil er denn in disem aller grösten vnreht vnd schaden, der im ietzunt also geschiht, wol vnd sicher sterben, also das er nit verlorn werde, sihe, so muß er ie vnd ie sölich gedult vnd gelassenheit haben in den dingen, das er allen zorn von aussen vnd all zornmütikeit von innen vnd alle veintschaft, neyd vnd hasse, murmel vnd gremsikeit vnd darzu werk vnd willen aller rauche gentzlich auß dem hertzen lassen mus. Vnd darzu mus er auch dem haher, der in ietzunt töten wil, […] dem er doch nye layd hat getan, vnd auch allen den, die an seim tod schuldig 62 63

STEINKE (Anm. 41), 147. Text auf der Grundlage von Nürnberg, Stadtbibl., Cod. Cent. VI 100, 71v–89r (1422, Nürnberg): ULLA WILLIAMS / WERNER WILLIAMS-KRAPP: Die Dominikaner im Kampf gegen weibliche Irrtümer. Eberhard Mardachs ‚Sendbrief von wahrer Andacht‘ (mit einer Textedition), in: Deutsch-böhmische Literaturbeziehungen – Germano-Bohemica. FS Václav Bok, hg. v. HANS-JOACHIM BEHR u.a., Hamburg 2004 (Studien zur Germanistik 7), 427–446; siehe dazu auch WERNER WILLIAMSKRAPP: „Dise ding sint dennoch nit ware zeichen der heiligkeit“. Zur Bewertung mystischer Erfahrungen im 15. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 80 (1991), 61–71.

Mystagogisierung und Implementierung 181 sint, den muß er von hertzen gantz vergeben, ob si in ioch nymer darvme pitten (WILLIAMS / WILLIAMS-KRAPP [Anm. 63], 440).

Dieser freiwilligen Schicksalsergebenheit eines unrechtmäßig Verurteilten entspricht im Breslauer Autograph Erhart Groß’ die radikale Gleichförmigkeit von Grisardis’ Eigenwillen mit dem Willen des Vaters, vor allem des Ehemanns und, weiter gedacht, mit dem göttlichen Willen, trotz aller Widrigkeiten. Die Verengung auf einen geistlichen Adressatenkreis, der mit dem autographen ‚Werktitel‘ Nonnenwerk klar zum Ausdruck kommt, steht allerdings in Widerspruch zur rezeptiven Offenheit der ‚Imitatio Christi‘, die sich auch in der Bearbeitung durch den Kartäuser Erhart Groß bewahrt hat. Gaistlichkeit, der frnhd., im ‚Inhaltsverzeichnis‘ auf Bl. 1r von Wr marginal auftauchende Begriff für lat. spiritualitas (siehe Abb. 2), bezieht sich wohl weniger auf Geistliche in den Klöstern als auf einen der ‚Werktitel‘ von Buch I der ‚Imitatio Christi‘: ‚Admonitiones ad s p i r i t u a l e m v i t a m utiles‘. Gaistlichkeit meint hier wohl schlichtweg ‚geistliches Leben‘ eines jeden Christen oder ‚Frömmigkeit‘, daneben natürlich auch ‚geistlicher Stand‘ und ‚Geistlichkeit‘ im Gegensatz zu von eelichem leben in tugunden, das Erhart Groß thematisch seiner ‚Grisardis‘ zuordnet.64 Es fragt sich nun, ob der Kartäuser über die Titelgebung hinaus sein ‚Nonnenwerk‘ gegenüber der lateinischen Vorlage in irgendeiner Art und Weise umgestaltet hat, um es dezidiert zu einem Traktat von gaistlichkeit in der engeren, nämlich ständischen Bedeutung werden zu lassen, womöglich auch gezielt für weibliche Religiose, die das ‚Nonnenwerk‘ zu leisten haben. Dies ließe sich allenfalls an solchen Textpassagen des ‚Nonnenwerks‘ belegen, an denen Groß hinsichtlich der ständischen Fixierung von seiner lateinischen Vorlage abweicht. Es zeigt sich jedoch dabei, dass es „für eine solche Annahme […] Indizien [gibt], die aber nicht zwingend sind. Innerhalb des Texts ist an keiner Stelle ein expliziter Bezug auf ausdrücklich weibliche Religiose festzustellen.“65 An einigen wenigen Stellen scheint Groß in der Tat, seine Teilübersetzung bzw. -bearbeitung von Buch I der ‚Imitatio Christi‘ für einen weiblichen, klösterlichen Adressatenkreis angepasst zu haben, so etwa in der Anrede: Hyrummb, du liebester b r u d e r u n n d s w e s t e r , hastu den cristen 64

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Vgl. frnhd. geistlichkeit, f., in: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (Anm. 19), Bd. 6 (2005), 658f. (Nr. 2f.; URL: http://fwb-online.de/go/geistlichkeit.s.1f_1545074453 [Zugriff am 14.11.2019]). Den Gegensatz von geistlichem und ehelichem Stand formuliert auch die Rubrik von Kap. 12 des ‚Nonnenwerks‘: Daz xii. cap. ist von den werken, die von goͤ tlicher lieb geschen, unnd lert, wie eyn mensch ym closter ader in der e schal sich halten. Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1), 44.

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glauben, laß nicht ab von peßerung deins lebens unnd zu lernen geistlichkeit, die weil du zeit unnd leib hast (Kap. 17NW / Wr, 104r) – Noli, f r a t e r , amittere confidenciam proficiendi ad spiritualia: adhuc habes tempus et horam (I.22,23IC).66 Zudem warnt Groß seine ‚Leserinnen‘ vor einem allzu vertrauten Umgang mit pflegern (Klosterpflegern), unnd amptlüten (Kap. 5NW / Wr, 93v); die Warnung vor sexuellem Kontakt mit Frauen – unnd fleischlich liebe hab mit keim weib adir meid, abir in der gemein pit got vor sie, daz er sie sterke (Kap. 7NW / Wr, 94r) – verblieb im ‚Nonnenwerk‘, vermutlich weil dieser Passus direkt aus der Vorlage übersetzt war: non sis familiaris alicui mulieri: sed in communi omnes bonas mulieres deo commenda (I.8,5IC; Flieh den vertraulichen Umgang mit einer Frau und begnüge dich damit, alle frommen Frauen dem Herrn zu empfehlen).67 Im Zusammenhang mit den drei Versuchungen, die auf den Religiosen im Verlauf seines Lebens zukommen, spricht Groß explizit Geistliche an: I n dreyerley weiß werden geistliche leut gemeinlich vors u c h t : Etliche werden aller meist beswert, wen sie anheben, got zu dynen, etliche vor yrem ende, etliche werden alle yr tage mit sporn geriten (Kap. 10NW / Wr, 97r; vgl. I.13,26f.IC).68 In Kap. 15NW (zel ader kammer und in der stillen stad deyner kammern [Wr, 102r]) benennt Erhart Groß, entgegen I.20,25–27IC und I.20,29IC, Orte der Frömmigkeit, die durchaus als auf die klösterliche Lebensform bezogen verstanden werden können. Ganz der Ordensmann fügt der Kartäuser auch einen vorlagenfremden, auf eben diese Lebensform zugeschnittenen Passus ein, der sich um die wahre Rechenschaft über vergangene Taten im Angesicht des Todes dreht: Vil leut rechen ir jar unnd achten nicht in der rechnung, waz sie pöß ader gütes haben begangen. Man vind ander, die do sprechen: „ I c h p y n x l j a r g e w e s e n in dem orden.“ Wolt got, daz der orden wer in yn gewesen

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Die im Folgenden zitierten Textpassagen aus Buch I von Thomas’ ‚De imitatione Christi‘ folgen der Ausgabe nach DELAISSÉ (Anm. 31), Bd. 2, 159–222; zur Textstelle vgl. BORRIES (Anm. 48), 411. Die nhd. Übersetzungen folgen Thomas von Kempen: Das Buch von der Nachfolge Christi, hg. v. WALTER KRÖBER, übers. v. JOHANN M. SAILER, Stuttgart 1984 (RUB 7663). Thomas von Kempen: Das Buch von der Nachfolge Christi (Anm. 66), 19. Groß’ in dreyerley weiß werden geistliche leute gemeinlich vorsucht fehlt in der lateinischen Vorlage: Quidam in principio conuersionis sue grauiores temptaciones paciuntur: quidam autem in fine. Quidam vero quasi per totam vitam suam male habent; non nulli satis leniter temptantur: secundum diuine ordinacionis sapienciam et equitatem; qui statum et merita hominum pensat: et cuncta ad electorum suorum salutem preordinat (I.13,26f.IC; Einige leiden im Anfange ihrer Bekehrung große Versuchungen, andere am Ende ihrer Laufbahn. Wieder andere haben ihr ganzes Leben durch hart zu kämpfen. Einige werden von den Versuchungen schonend und fast freundlich behandelt – alles nach der Weisheit und Güte der heiligen Vorsehung, die den Stand und das Vermögen der Menschen wägt und alles zum Heile der Auserwählten vorherbestimmt, vgl. Thomas von Kempen: Das Buch von der Nachfolge Christi [Anm. 66], 26).

Mystagogisierung und Implementierung 183 x l t a g ! Darummb so der tod erschrecklich ist, hüd dich, daz du ym icht narung in dir machest (Kap. 18NW / Wr, 105r).

Als Anpassung an (auch) weibliche, illiterate Religiose sind ferner womöglich diejenigen Textpassagen zu betrachten, an denen Groß die ‚intellektuellen‘ Ansprüche der ‚Imitatio Christi‘ an die Rezipienten herunterschraubt. So verzichtet er auf Übernahme von I.5,10f.IC in Kap. 4NW seines ‚Nonnenwerks‘, da jene Handlungsanweisungen Ungebildeten wohl eine zu hohe, intellektuelle Kompetenz abverlangen würden: Si vis profectum haurire, lege humiliter, simpliciter et fideliter: nec umquam velis habere nomen sciencie. Interroga libenter; et audi tacens verba sanctorum nec displiceant tibi parabole seniorum, sine causa enim non proferuntur (I.5,10f.IC). (Wenn dich das Lesen wirklich besser machen soll, so lies mit Demut, mit Einfalt, mit Treue, und laß dich die eitle Lust nicht anfechten, ein großer Schriftgelehrter zu heißen. Frage gern und höre schweigend, was die heiligen Männer lehren. Laß es dich auch nicht verdrießen, auf die Gleichnisreden der Alten zu horchen. Denn sie sind nicht ohne Grund da.)69

Hier sind Tätigkeiten bzw. Verhaltensweisen angesprochen, die weiblichen Religiosen üblicherweise nicht zustehen. Aus dem gleichen Grund wird Groß auch I.4,1–3IC vernachlässigt haben, die ein hohes Maß an Kritikfähigkeit gegenüber geistlichen Ratgebern einfordern, mit denen Nonnen im Rahmen der cura monialium in Kontakt kamen: Non est credendum omni verbo nec instinctui: sed caute et longanimiter res est secundum deum ponderanda. Proch dolor sepe malum facilius quam bonum de alio creditur et dicitur: ita infirmi sumus. Sed perfecti viri non facile credunt omni enarranti; quia sciunt infirmitatem humanam ad malum procliuam: et in verbis satis labilem (I.4,1–3IC). (Glaube nicht jedem Worte, und traue nicht jeder Eingebung. Prüfe vielmehr alles wie vor Gott, mit aller Achtsamkeit und Langmut. Leider glauben und reden wir von andern weit lieber Böses als Gutes; so schwach sind wir. Nicht so der Vollkommene. Er glaubt nicht jedem, der Geschwätz zu Markte bringt. Denn er kennt den schwachen Sinn der Menschen, der zum Bösen so geneigt und im Reden so gebrechlich ist.)70

Erstaunlicherweise ließ Groß eine Textpassage wie in Kap. 4NW unverändert – doch glaube nicht allen lern, wenn wir die herzen der leut nicht mögen gesehen (Wr, 92v–93r) –, und zwar wiederum ganz analog zur lateinischen Vorlage (I.4,5IC). Gleichermaßen für das Leben in einem reformierten Frauenkloster ungeeignet sind Textpassagen, an denen das ‚Nonnenwerk‘, wie die lateinische Vorlage (I.8,1f.IC), gemäß Sir 8,22 (non omni homini cor tuum manifestes ne forte inferat tibi gratiam et convicietur tibi) davor warnt, 69 70

Thomas von Kempen: Das Buch von der Nachfolge Christi (Anm. 66), 16. Ebd., 15.

184 Stefan Abel

allen Mitmenschen wahl- und vorbehaltlos zu vertrauen, und im gleichen Atemzug empfiehlt, sich mit eym vornünftigen man zu beraten, der gotforchtig ist (Kap. 7NW / Wr, 94r, ähnlich auch schon in Kap. 4NW). Reformierte und somit in strenger Klausur lebende Dominikanerinnen wie seit 1428 diejenigen von St. Katharina werden nicht (mehr) die Freizügigkeit besessen haben, sich ihren zwischenmenschlichen Umgang derartig frei und gezielt auszuwählen. Ausgerechnet in Kap. 12NW, das, anders als I.17IC (De monastica vita), lert, wie eyn mensch y m c l o s t e r a d e r i n d e r e schal sich halten, erweitert Groß hingegen den potentiellen Rezipientenkreis in ganz deutlicher Art und Weise, auch wenn er in Kap. 12NW nur Weniges über das Eheleben an sich ausführt. Denn „[d]as geistliche Leben im Kloster und die Ehe dienen in diesem Kapitel […] lediglich als Beispiele für nutzbringende Gesellschaften […]. Sofern […] Ordensmitglieder angesprochen werden, sind solche Anreden entweder allgemein gehalten oder richten sich an Mönche”71, z.B. Daz kloster unnd monche kleider hilft dir gar enwenig zu dem ewigen leben, wandelstu nicht deine sitten unnd tötest pöß begir in dir noch anweisung der gebot Cristi. Pistu nu eyn klostermensch unnd suchß dar ynne anders den got unnd deiner sel selikeit und der, vor die du vorpunden bist, so vindestu nicht mehr dor ynne den groß arbeit und leiden mit untreglicher anfechtung (Kap. 12NW / Wr, 99r).

Die Öffnung des ‚Nonnenwerks‘ für einen breite(re)n Adressatenkreis, anders als es sein ‚Werktitel‘ vermuten lässt, zeigt sich auch im nicht allein auf lerer und monch bezogenen Lob für diejenigen, welche Jesus Christus nachgefolgt seien (Kap. 13NW wie I.18,4IC); N3 fügt hier zudem noch die wittwen hinzu: O wie groß unnd swer unnd alzo mancherley betrübnis haben gelidden die heyligen junger Cristi, die merterer, beychter adir lerer, monch unnd jungfraun [und wittwen N3] unnd alle die, die den wegen Cristi haben nochgevolget auf das, daz sie ruge mochten haben ewiglich mit selikeit noch dieser unruge (Kap. 13NW / Wr, 99v).

Eine ähnliche, rezeptive Öffnung bewirkt der Verzicht auf den Begriff religiosis in Kap. 13NW, sofern (m)lat. religiosus bei Thomas von Kempen nicht in einer ähnlich ständeübergreifenden Bedeutung verwendet wird wie im Fall von gaistlichkeit bei Erhart Groß:72 Die vörspan had der almechtige got u n s e r n p r ü s t e n vorgehangen, daz wir yr wandelung ansehen unnd volgen nach dem glauben. Unnd mer schal uns bewegen

71 72

BORRIES (Anm. 48), 410f. Vgl. mlat. religiositas, ‚Gottesfurcht, Andacht; religiöses, asketisches Leben; klösterliche Gemeinschaft‘, in: JAN F. NIERMEYER / CO VAN DE KIEFT: Mittellateinisches Wörterbuch, 2., überarb. Aufl. v. JAN W. J. BURGERS, 2 Bde., Darmstadt 2002, hier Bd. 2, 1183a.

Mystagogisierung und Implementierung 185 nachvolgung yres tugentlichen lebens den vorderbnis der großen schar pößer menschen (Wr, 100r),

und dies entgegen I.18,17IC (Dati sunt in exemplum o m n i b u s r e l i g i o s i s ; et plus prouocare nos debent ad bene proficiendum: quam tepidorum numerus ad relaxandum [Sie sind für alle Ordensleute und alle Gottsucher als Beispiele aufgestellt, und sie sollten uns weit mehr zum Eifer im Guten spornen, als die Zahl der Lauen zur Nachlässigkeit verführen]).73 Dazu zählen auch Formulierungen wie in welem stad du pist (Kap. 15NW / Wr, 101v) für […] quamuis bonus videaris cenobita, aut deuotus heremita (I.20,18IC; [wenn dich gleich die Leute für einen guten Ordensmann oder frommen Einsiedler halten]).74 Insgesamt bietet das ‚Nonnenwerk‘ also sehr wenige markante, aussagekräftige oder verbindliche Indizien hinsichtlich des intendierten Adressatenkreises, somit auch für eine mögliche ‚Monastisierung‘ des mystagogisierten ‚Nonnenwerks‘ speziell für weibliche Religiosen. Vieles, was für eine bewusste Adressierung an Ordensmänner, Ordensfrauen oder aber an die Gesamtheit der Christen in der Welt und im Kloster spricht, rührt im Grunde von der lateinischen Vorlage her, die stellenweise sehr wortgetreu, auch sehr sinngemäß von Erhart Groß übertragen wurde. Freilich sind Ausführungen über ein vorbildliches Klosterleben im ‚Nonnenwerk‘ auch für fromme Laien in der Ehe von heilsmäßiger Relevanz, die zu einer Art ‚Monastisierung‘ ihres Alltags beitragen, gerade auch im Witwenstand. Tugendhaftes Leben in gleich welchem Stand ist für alle frommen Christen nachahmenswert, und zwar in Anpassung an ihre jeweilige Lebensform. Von einer ‚Monastisierung‘ des ‚Nonnenwerks‘ für weibliche Religiose lässt sich somit auf inhaltlicher Ebene nicht sprechen, auch wenn der ‚Werktitel‘ in eine andere Richtung weist und damit eine rein äußerliche ‚Monastisierung‘ in der Übertragung einer rezeptiv offenen, lateinischen Vorlage andenken lässt. In einem komplementären Verhältnis zu Groß’ ‚Grisardis‘, die VÖLKER als „Traktat über den Orden des Bürgertums“ und damit als „Gegenstück zum ‚Nonnenwerk‘“75 betrachtet, steht das ‚Nonnenwerk‘ so gesehen nicht. Man könnte zunächst meinen, [d]ie Lehren der ‚Grisardis‘ richten sich, wie zu Beginn des Texts angegeben, an die Zielgruppe der eleute […]. Während das ‚Nonnenwerk vorwiegend Erörterungen zur Vervollkommnung geistlicher Menschen enthält, die gemeinschaftlich hinter 73 74 75

Thomas von Kempen: Das Buch von der Nachfolge Christi (Anm. 66), 33. Ebd., 38. PAUL-GERHARD VÖLKER: Groß, Erhart, Kartäuser, spätmittelalterlicher Prosaist, † um 1450 Nürnberg, in: Neue deutsche Biographie, 26 Bde., hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1953–2016, hier Bd. 7, 139.

186 Stefan Abel Klostermauern leben, geht es in der ‚Grisardis‘ um das tugendhafte Zusammenleben weltlicher Personen im Stand der Ehe.76

Die vom Titel ableitbare Adressierung des ‚Nonnenwerks‘ an freilich unverheiratete, oftmals verwitwete Nonnen und die thematische Fixierung der ‚Grisardis‘ auf die Ehe dürften KOCHER zufolge hingegen nicht dazu verleiten, beide Werke als komplementär zu betrachten. Vielmehr parallelisiere Erhart Groß die Lebenssituation im Kloster mit der in der Ehe und richtet deshalb seine Aussagen besonders an diejenigen, ‚die stedlich pey eynander wonen also kloſterleuten vnd die an der E ſytzen‘ [Kap. 12NW / Wr, 99r]. Für Kloster- wie Eheleute gilt gleichermaßen, daß bestimmte Verhaltensweisen für ein gelungenes Zusammenleben unabdingbar sind. […] Vermittelt werden Regeln menschlichen Zusammenlebens. Schon deshalb war die Grisardis-Figur wohl kaum nur als herausgehobene Heilige gedacht.77

III. Mystagogik in Theorie (‚Nonnenwerk‘) und Praxis (‚Grisardis‘) Wenn Groß’ ‚Nonnenwerk‘ und seine ‚Grisardis‘ (der Grysard)78 nicht zwingend als ständisch komplementär zueinander betrachtet werden können, in welchem Verhältnis stehen sie dann? Neben der ständischen Fokussierung (nicht Fixierung!) auf das Kloster- (‚Nonnenwerk‘) bzw. Eheleben (‚Grisardis‘) divergieren beide Texte zumindest, was den hermeneutischen Zugang von Seiten der Rezipienten betrifft: Das ‚Nonnenwerk‘ und so auch die ‚Imitatio Christi‘ mit ihren sprachlich schlichten und damit unmissverständlichen Handlungsanweisungen für die vorbildliche praxis pietatis sind wörtlich (‚historisch‘) zu lesen, die vielen admonitiones ad spiritualem vitam utiles bedürfen keiner tiefergehenden Auslegung, sondern sind so zu verstehen und bestenfalls derartig in die alltägliche Frömmigkeitspraxis zu 76 77

78

Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß (Anm. 1), 46f. URSULA KOCHER: Boccaccio und die deutsche Novellistik: Formen der Transposition italienischer ‚novelle‘ im 15. und 16. Jahrhundert, Amsterdam 2005, 159f. Entscheidend sei der sich auf Sir 8,22 (non omni homini cor tuum manifestes ne forte inferat tibi gratiam et convicietur tibi) stützende Ratschlag in Kap. 7 des ‚Nonnenwerks‘ – hier die ‚Theorie‘ –, man suche sich nicht irgendeinen, sondern einen vernünftigen und gottesfürchtigen Menschen als Ratgeber für alltägliche Sorgen und man höre seinen Mitmenschen geduldig zu. Beide Ratschläge befolgten der Markgraf und seine Frau in der ‚Grisardis‘ – also in der ‚Praxis‘ – auf vorbildliche Art und Weise, in deren Ehe sich zudem, entsprechend der Warnung in Kap. 7 des ‚Nonnenwerks‘, Gehorsam mit tiefer Liebe verbinde (vgl. ebd., 160). Zur Bearbeitung der Schlussnovelle von Boccaccios ‚Decamerone‘ siehe KÄTE LASERSTEIN: Der Griseldisstoff in der Weltliteratur. Eine Untersuchung zur Stoff- und Stilgeschichte, Weimar 1926 (Forschungen zur neueren Literaturgeschichte 18), 47–57; JOACHIM KNAPE: De oboedientia et fide uxoris. Petrarcas humanistisch-moralisches Exempel ‚Griseldis‘ und seine frühe deutsche Rezeption, Göttingen 1978 (Gratia 5), 23–28 und 45–52.

Mystagogisierung und Implementierung 187

integrieren, wie sie traktiert vorliegen. Die ‚Grisardis‘ hingegen, ein novellistisches Exemplum, wird wohl erst dann ‚richtig‘ gelesen, wenn es gerade nicht ‚historisch‘, sondern auf der Suche nach dem tieferen Sinn (allegorisch) gelesen wird. Wie eingangs ausgeführt (S. 162f.), zwingen Grisardis’ Exzeptionalität und Exorbitanz im tugendhaften Verhalten die Rezipienten zur Abkehr von der rein ‚historisch‘ zu verstehenden Handlung. Die ‚Grisardis‘ illustriert am einmaligen Einzelfall einer ‚unerhörten Begebenheit‘ (fremmde und ungehorte ding [‚Grisardis‘, Kap. 12 / 52,20f.79]), nämlich der sich über mehr als eine Dekade erstreckenden, geradezu unverhältnismäßigen, da äußert harten Tugendprüfungen durch den Ehemann, vorbildliches und somit nachahmenswertes Verhalten nach Maßgabe christlicher Tugenden (vor allem der constantia und patientia).80 Auch die ‚Grisardis‘ gibt ihren Rezipienten admonitiones für die eigene correctio morum auf den Weg, die jedoch in der exempelhaften Handlung einer Novelle verpackt sind und in Form allgemeingültiger Richtlinien für gottgefälliges Handeln und Verhalten erst daraus abstrahiert werden müssen. Für den Einzelnen müssen sie je nach Lebensform und persönlichem ‚Leistungsvermögen‘ individuell aktualisiert werden. Im Prolog der ‚Grisardis‘81 gibt Erhart Groß zu verstehen, 79

80

81

Text nach Die Grisardis des Erhart Grosz (Anm. 3), 52 (vgl. Wr, 108v). Die Stellenangabe bezieht sich auf Seite 52, Zeile 20f. in der zitierten Ausgabe. Eine zunehmende Wandlung des Exemplums, das eigentlich zur imitatio auffordern wolle, hin zum Kasus, der die Rezipienten hingegen zu Beurteilung und Stellungnahme dränge, lasse sich, so KARLHEINZ STIERLE, bei Giovanni Boccaccio selbst attestieren. „Boccaccios ‚Kritik‘ [am Exemplarischen] bedeutet die Explikation ‚blinder Implikationen‘ auf der Ebene des Texts selbst. Indem er das Besondere des Exemplums, das das Allgemeine der Sentenz zur Anschauung bringen soll, nunmehr allererst in ein Besonderes übersetzt, macht er das nur Formale jenes Anspruchs auf Besonderheit deutlich. So wird das Exemplum in Richtung auf eine Geschichte überschritten, deren Überschuß an Determinanten die Reduktion auf den moralischen Satz oder […] die moralische Idee nicht mehr ohne Rest zuläßt“ (DERS.: Geschichte als Exemplum – Exemplum als Geschichte. Zur Pragmatik und Poetik narrativer Texte, in: Geschichte – Ereignis und Erzählung, hg. v. REINHART KOSELLECK, WOLF-DIETER STEMPEL, München 1973, 347–375, hier 362); vgl. ALFRED EBENBAUER: Das Dilemma mit der Wahrheit. Gedanken zum ‚historisierenden Roman‘ des 13. Jahrhunderts, in: Geschichtsbewusstsein in der deutschen Literatur des Mittelalters. Tübinger Colloquium 1983, hg. v. CHRISTOPH GEBHARDT u.a., Tübingen 1985 (Publications of the Institute of Germanic Studies 34), 52–71, hier 70f. In seinem ‚Laiendoctrinal‘, Kap. II,18 verweist Groß auf das bereits früher entstandene Werk, von dem er offenbar auch eine lateinische, jedoch nicht erhaltene Fassung anfertigte: Als dowyder do ist zanckrey, eeprechen, gremse, es sey in armut ader reichtum, so ist nichtzen grausamer und verdrieslicher, als ich das hab ver zeitten verschriben ze latein und ze deutchtz in eyner historien, die do heist Grysardis, und wer die wil lesen ader abschreiben, der fynt sie zu Nüremberg zu den Cartheusern untter den püchern, die zu latein und ze deutsch hat doselbenß verschriben selber und geteichtet mit der hilf Cristi, und er ist vil, pruder Erhart Groß, ein priester doselbenß (Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß [Anm. 1], 301 / Z. 734–741); vgl. ebd., 169 und Die Grisaris des Erhart Grosz (Anm. 3), XXIf. Neben dem Breslauer Autograph (Wr, 108v– 128v [fragm., Abbruch in Kap. 12]) und dessen Abschrift (N1, 131rb–164ra) ist die ‚Grisardis‘

188 Stefan Abel

er habe sie, in rezeptiver Offenheit für jeglichen ‚Stand‘, entsprechend als fuͤ r lege den eleuten und allen menschen zu pesserung verfasst: Allis daz man schreibet got zu lobe und eren und zu pesserung den menschen. wen dez menschen vorsacz gut ist und wirt gefurt durch vil mittel in ein gutes end, so ist es fruchtsam vor dem hern. dorumb alzo ich geacht habe in dieser zeit cristenleut sytten, besundern der die in der e sitzen und halten nicht den glauben noch getrawen der man dem weibe und daz weib dem manne, so wil ich, und habe von den gnaden gotes, schreib eyn hystorie und fuͤr lege d e n e l e u t e n u n d a l l e n m e n s c h e n z u p e s s e r u n g , as ich sie gehord habe, und ich getrew gote, wer sie list mit fleiß, daz sie yn reiße zu pesserung seins lebens, wen er hort d i e v o r s i c h t i k e i t d e s m a n n e s , von dem die red ist, unnd d e r f r a w e n w u n d e r l i c h e s t e t i k e i t , d e m u d , g e h o r s a m u n d s t e r g (Kap. 1 / 1,1–15).

Die hystorie lehrt demnach männliche prudentia (vorsichtikeit) gegenüber den Gefahren, welche die Ehe für das Seelenheil mit sich bringe, und in der Hintanstellung persönlicher Interessen (Eigenwille) hinter dem Willen der Öffentlichkeit (Gemeinwohl); Teil dieser prudentia des Ehemannes ist es sicherlich auch, die Tugend (s)einer (Ehe-)Frau genauestens zu prüfen, worunter er, wie es der Text mehrfach herausstellt, ebenso zu leiden scheint wie Grisardis selbst. Auf weiblicher Seite lehrt die hystorie christliche Tugenden wie constantia (stetikeit), humilitas (demud), obedientia (gehorsam) und fortitudo (sterg), die Grisardis wunderliche unter Beweis stellt; zu ergänzen wäre hier sicherlich die patientia der markgräflichen Ehefrau. Die Absicht des teychter diß puͤ chleins bestehe in der Besserung der Sitten: hyrumb ab dieser hystorien umb gute syten zu leren undirweiln etwaz erlichs und doch daz do stroft wirt in gefurt, dez schal nymand voruͤbel haben, ist er anders vornunftig und mag begreifen den vorsacz und guten willen, den der teychter diß in folgenden sechs Handschriften überliefert: 1. Hs. D: Wolfenbüttel, Herzog August Bibl., Cod. Guelf. 44. 15 Aug. 2°, 243ra–265vb (Mitte 15. Jahrhundert, bairisch), 2. Hs. E: München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 6020, 281r–358v (um 1454, nürnbergisch), 3. Hs. A: Berlin, Staatsbibl., Ms. germ. quart. 763, 96v–151v (1470, nordbairisch-fränkisch), 4. Hs. C: Erlangen, Universitätsbibl., Cod. B 10, 1r–52v (1471, nürnbergisch), 5. Hs. B: München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 535, 176v–206v (3. Viertel 15. Jahrhundert, nordbairisch, Laienbibliothek der Augustinerchorherrenstifts Rebdorf), 6. Hs. F: Philadelphia (Pennsylvania), University of Pennsylvania, Rare Book & Manuscript Libr. Collections, Ms. Cod. 1077 (olim Ms. Ger. 6), 178r– 231v (spätes 15. Jahrhundert, bairisch); 7. Augsburg, Fürstl. und Gräfl. Fuggersches Familienund Stiftungs-Archiv, V N 174 (15. Jahrhundert, oberfränkisch), 231va–265va. Cgm 6020 befand sich im Besitz des seit 1471 im Rat sitzenden Nürnberger Patriziers Peter Volckamer (1431–1493), Landschreiber des Markgrafen Albrechts Achilles von Brandenburg (1414–1486) und verheiratet mit Apollonia Mendel. „Angehörige der Familie Volckhamer, Wilhelm [einer der dreizehn priester der ‚43 Gespräche‘] und Leonhard Volckamer, traten als Mönch und Konverse in die Kartause Marienzelle ein. […] Die Volckamer waren den Kartäusern weiterhin dadurch verbunden, dass Paulus Volckamer im Jahr 1475 vom Rat bestellter Pfleger (Verwalter) der Kartause war, Georg Volckamer der Schaffer. Zudem machen sie den Kartäusern großzügige Stiftungen“ (Das ‚Laiendoctrinal‘ des Erhart Groß [Anm. 1], 48 Anm. 209).

Mystagogisierung und Implementierung 189 puͤchleins had gehabt durch der poͤßen zeit willen die do ist in diesen kegenwertigen zeiten (Kap. 1 / 2,4–10).

Zum Inhalt:82 Ein tugendhafter und gottesfürchtiger Markgraf möchte, zur Sorge seines ihn liebenden Volkes um die Erbfolge, rein und keusch leben und sterben (Kap. 1f.). Von den Abgesandten des Volkes dazu beauftragt (Kap. 3), tauscht der weise Markus im Streitgespräch mit dem Markgrafen Argumente gegen (Kap. 4) und für die Ehe (Kap. 5) aus – anhand von Exempeln aus Hieronymus’ ‚Adversus Iovinianum‘ I,41–49 (vgl. Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 23, 221–352) – und wägt sie gegeneinander ab (Kap. 6). Der Markgraf, auf Markus’ Anraten gegenüber der gemein und seinen Standespflichten gehorsam und somit nun zur Ehe bereit, wählt die arme, mutterlose, jedoch wunderschöne Tochter eines verwitweten Schäfers zur Braut. Die tugendhafte Grisardis willigt aus Gehorsam gegenüber dem Vater in die Ehe ein – ‚es ist mein wille, so es meins vater gunst und wille ist‘ (Kap. 8 / 34,35f.) –, der dem Markgrafen die Tochter in die Hand verspricht. Auch dem Markgrafen gelobt sie auf seine Bitte hin bedingungslosen Gehorsam: ‚[…] alzo ger ich nicht mer von dir den daz du mir ytzunt gelobist, daz dein wille meim willen zu keynen zeithen wyder sey‘ (Kap. 8 / 34,37–35,3) (Kap. 7–9). Grisardis erweist sich als umsichtige und beim Volk äußerst beliebte Fürstin und schenkt ihrem Ehemann drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter (Kap. 10). Doch gerade auf dem Höhepunkt ihres Glücks fasst der Markgraf den Entschluss, den Gehorsam seiner Ehefrau auf die Probe zu stellen, und zwar gleich dreifach, wie er sie in herten und sweren sachen vorsuͤ chte, andern frawen zu eyner ewigen ler und exempel aller fruͤ mkeit (Kap. 11 / 40,32–34). Diese harten Tugendproben lässt Grisardis allesamt stillschweigend und in Gehorsam über sich ergehen: Der Markgraf lässt ihr die Kinder wegnehmen, da sie als ‚Halbadlige‘ nicht seine Erbschaft antreten könnten, und sie, ohne Grisardis’ Wissen, zur Erziehung an einen unbekannten Ort bringen (1.). Zehn Jahre später muss Grisardis den Markgrafenhof verlassen und zu ihrem Vater zurückkehren, da sie als Fürstin angeblich nicht länger geduldet werde, zudem erwarte der Markgraf bereits ihre Nachfolgerin (2.). Schließlich muss Grisardis dem Empfang der ‚Braut‘ am markgräflichen Hof beiwohnen und beobachtet sie verborgen durch ein lochlein in der kammer (Kap. 12 / 50,11f.) mit neidlosem Wohlgefallen (3.). Doch als der Markgraf Grisardis auch noch an der Tafel, bei seiner ‚Braut‘ Platz nehmen lässt, erkennt jene in ihr die eigene Tochter und in den mitgereisten ‚Brüdern‘ der Braut die beiden Söhne (Kap. 11f.) Ohne Zorn auf ihren Ehemann (Kap. 12 / 51,24–52,18) begreift Grisardis den Grund für das Vorgehen ihres Ehemannes, wollte er 82

Vgl. KOCHER (Anm. 77), 163–172.

190 Stefan Abel

doch in den werken beweiße eyn stete fraw, die von grunde yres herzen yren man lieb hette und ym nicht wyder wer in allen dingen (Kap. 11 / 41,9–11). Grisardis habe ihren Ehemann nun sogar deßter liber und vergaß aller vergangen ding, als sie nye geschehen weren, und sie beweißet sich also gen im, das er si durch ir groß tugent und demut mußt liber haben denn er sie vor ye gehabt het (Kap. 12 / 51,39–52,4). Von da an lebt das Ehepaar in Frieden, Grisardis’ Tugendhaftigkeit wird allseits gelobt (Kap. 12), die schon in der Zeit vor den Gehorsamsproben geradezu sprichwörtlich geworden sei: man saget auch von ir, daz sie alzo geduldig, leidlich und gehorsam waz irem hern, alz daz offenbar wirt in den dingen, die ernach kumen, daz eyn sprichwort von yren tugenden auß quam in den landen und ist nach under den frawen do selbens, wen wo ein fraw in den landen, do vor zeiten Grisardis ist gewest, yrem man ist wyderspanig, hoffertig ader zornig, so sprechen die andern weiber zu ir: ‚o du pist nicht Grysardis‘ (Kap. 10 / 39,5–13).

Zweifelsohne hat die Exemplarität der ‚Grisardis‘ die Funktion, die Rezipienten zur Nachahmung (imitatio) von Grisardis’ beständig tugendhafter Haltung gegenüber den Widrigkeiten der Tugendproben und ihres vorbildlichen Gehorsams gegenüber Vater und Ehemann anzuregen. „Die ‚einseitige Hervorhebung eines Standpunktes‘, in der NEUSCHÄFER das ‚Charakteristikum des mittelalterlichen Exemplums‘ […] sieht, erklärt sich leicht aus der dem Exemplum immanenten Intention des Appells zur imitatio.“83 Die narrativ anempfohlenen Tugenden der Demut, Geduld und des Gehorsams illustriert Groß’ ‚Grisardis‘ nicht primär für Eheleute, vor allem Ehefrauen, als Handlungsanweisungen für ein vorbildliches und somit gottgefälliges Eheleben. Vielmehr werden die genannten Tugenden exemplarisch in der Ehe und somit im praktischen Vollzug vorgeführt, als nur einer dem Seelenheil nutzbringenden Lebensform neben anderen, gerade auch dem Religiosentum. Grisardis ist somit lebmeisterin für Angehörige unterschiedlicher Stände. Grisardis’ vorbildlicher Gehorsam gegenüber Vater und Ehemann wäre für weibliche Religiose zu übersetzen in ‚Gehorsam gegenüber Äbtissin oder Beichtvater‘, oder für alle Menschen ganz allgemein in ‚Gehorsam gegenüber der Obrigkeit‘, welcher Art auch immer, letztlich auch gegenüber Gott als ‚höchster Instanz‘. Die vielen kommentierenden Einschübe in die ‚Grisardis‘-Handlung – KOCHER zählt insgesamt 18 davon84 –, vor allem jeweils kurz vor den einzelnen Gehorsamsproben, beto-

83

84

STIERLE (Anm. 80), 362 unter Bezug auf HANS-JÖRG NEUSCHÄFER: Boccaccio und der Beginn der Novelle. Strukturen der Kurzerzählung auf der Schwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit, München 1969 (Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste 8), 54. Vgl. KOCHER (Anm. 77), 181f.

Mystagogisierung und Implementierung 191

nen die Beispielhaftigkeit der Novelle und stellen Grisardis als nachahmenswerte Exempelfigur für Gehorsam gegenüber den Eltern (Kap. 8 / 32,14–25)85, für Geduld (Kap. 10 / 39,24–40,12) und Demut (großer demud ist die hystorie dem leser ein ursach, bedenckt er sey mit erns(t)licher ynnikeit [Kap. 9 / 37,24f.]) heraus. Mit Floskeln wie lern daz von Grysaden empfiehlt Erhart Groß seine Exempelfigur ausdrücklich zur Nachahmung an: Nu pit ich eyn itlichen der dieß puch lesende ist u n d b e s u n d e r n f r o m e e l e u t u n d a u c h k l o s t e r m e n s c h e n d i e u n d e r g e h o r s a m s e i n , daz sie mit guͤtikeit hoͤren die vorsichtikeit und scharfe vorsuchung dez fuͤrsten und sterke uͤbir weibische art und stetige demud Grysardis auff daz, ob es auch eim andern wyderfuͤr, dez gleichen das er woͤrd vorsucht von seim egemahel ader von eyme geistlichen vater, daz du seine sporn der vorsichtikeit in großer demud scholt tragen, und l e r n d a z v o n G r y s a r d e n , daz du mit ir die volkumenheit der gedult macht besitzen, wen sie hatte gelernt von sante Paul, daz sie alzeit sprach in allen zuvallen (zu) yrem hern und man: ‚waß welt ir daz ich schol thun?‘ […]. itzunt zu unsern zeiten sehen wir, daz gehorsam alzo teur ist under den eleuten und in den kloͤstern, daz er man muß oft zu seim weib sprechen, wil er frid in dem hauß haben: ‚waz du wild daz wil ich thu,‘ und selten spricht die fraw: ‚man, waz wildu daz ich schol thu?‘ waz sprech wir hyr zu, wir doͤrftigen, daz Grisardis ist tod und alle tugunde sein mit ir begraben worden? (Kap. 10 / 39,24–40).

Exemplarisch ist die ‚Grisardis‘ auch, was das ‚Nonnenwerk‘ als (theoretischen) mystagogischen Traktat betrifft. Wenn Mystik, wie oben dargelegt (ab S. 169), in der geistlichen Literatur des 15. Jahrhunderts nicht mehr primär auf das wesenhafte Einswerden mit Gott abzielt, sondern auf das Gleichförmigwerden von Eigen- und göttlichem Willen, so lässt sich Grisardis als eine Exempelfigur (lebmeisterin) für eine Art ‚Leidensmystik‘ im praktischen Vollzug verstehen. Hierbei ist das Ziel des gesamten mystischen Weges die Entindividualisierung des Menschen und die ‚Vernichtung‘ seines ‚Selbst‘ […]. Mystische Erfahrungen erklären si[ch] als Stufenprozess, der bei der bitteren Reinigung des Ich beginnt, es dann vom süßen Genuss der Gottesliebe erfüllt sein lässt, um aber dann weiter zur Auflösung (‚Verflüssigung‘) der individuellen Ichhaftigkeit zu führen.86

Erst durch die schmerzhafte Aufgabe ihres Eigenwillens und erst durch ihr willensmäßiges Einswerden mit dem Willen von Vater und Ehemann aus wahrer Liebe zu ihnen nimmt Grisardis schier unmenschliche Widrigkeiten freiwillig an und bewährt sich so in der imitatio Christi. Die Reihe der 85

86

[…] und l e r n t v o n G r y s a r d e ewern eltern an legen und beweisen ware lieb, wirdikeit und undertenikeit. seht an! eyn arme und unbekante tochter setzt den dinst, den sie yrem vater mag gethun mit vil arbeit und gebrechen, vor herschaft und reichtum dieser werlt (Kap. 8 / 32,15–20); vgl. auch ebd., 33,4–18. HAMM (Anm. 45), 129f.

192 Stefan Abel

männlichen Figuren in der ‚Grisardis‘, Vater und Ehemann, lässt sich logisch fortsetzen: Gott. Somit hat sich in Grisardis auch [w]ahre Gottesliebe […] zu bewähren, wenn lustvolle Gefühle ausbleiben. Genau dazu will Gott den Menschen führen, indem er ihn in das bittere Schicksal des Passionschristus hineinzieht, sein Leben mit schweren leiblichen und seelischen Anfechtungen zeichnet (‚stigmatisiert‘) und ihn so als Leidenden ganz gering, arm, demütig und leer von allen eigenen Wünschen, sogar vom Verlangen nach himmlischem Lohn werden lässt.87

Grisardis’ tugendhafter Leidensweg, an dessen Ende sie sich in ihrer Tugendhaftigkeit bestätigt findet, ist eine Allegorie der „den Eigenwillen loslassende[n] und in den Kreuzweg des Leidens einwilligende[n] Christusliebe“88 und des Gleichförmigwerdens mit Christus, das jedoch in dieser novellenbzw. exempelhaften Radikalität den meisten Christenmenschen nicht möglich sein wird. Dennoch ist Grisardis eine nachahmenswerte Idealfigur (imitatio Grisardis), welche die (theoretischen bzw. mystagogischen) Lehren des ‚Nonnenwerks‘ in die Praxis umsetzt, wenn auch radikal und exorbitant. Das Konzept der imitatio (morum), zur der auch die ‚Grisardis‘ ihre Rezipienten animiert, korreliert exegetisch mit dem Modus der Tropologie, wie es etwa der Prämonstratenser und spätere Kartäuser Adamus Scotus (um 1140– 1212) im Prolog seines ‚De tripartito tabernaculo‘ (1180) formuliert hat:89 Inter caetera enim de quibus sacra Scriptura loqui consuevit, praecipue haec tria tabernacula sunt: tabernaculum istud materiale et visibile, tabernaculum sanctae Ecclesiae, t a b e r n a c u l u m h u m a n a e a n i m a e . Primum est tabernaculum Moysis, et est in re; secundum Christi, et est in recta sanae fidei credulitate; t e r tium est Spiritus sancti, et est in interna defaecatae mentis p u r i t a t e . Primum factum est in monte Sinai, de quo agit historia, quod admiremur; secundum in latitudine mundi, de quo loquitur allegoria, quod veneremur; tertium in puritate animi, de quo tractat tropologia, quod i m i t e m u r (Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 198, 632a–b). (Denn unter den vielen anderen Dingen, von denen die Heilige Schrift für gewöhnlich spricht, sind vornehmlich drei Stiftshütten: eine gegenständliche und sichtbare Hütte, eine Hütte der Heiligen Kirche und eine Hütte der menschlichen Seele. Die erste ist die Stiftshütte des Moses und ist in den Dingen; die zweite ist die Stiftshütte Christi und gründet auf einem rechten und starken Glauben; die dritte ist die Stiftshütte des Heiligen Geistes und gründet auf der inneren Reinheit eines gereinigten Geistes. Die erste Stiftshütte ist auf dem Berg Sinai errichtet worden, worüber die historia handelt, nämlich davon, was wir bestaunen sollen; die zweite Stiftshütte erstreckt sich über die weite Welt, worüber die allegoria spricht, nämlich davon, was wir anbeten 87 88 89

Ebd., 130. Ebd., 112. Vgl. ROLF SCHULMEISTER: Aedificatio und imitatio. Studien zur intentionalen Poetik der Legende und der Kunstlegende, Hamburg 1971 (Geistes- und sozialwissenschaftliche Dissertationen 16), 32. Zu SCHULMEISTER siehe DECUBLE (Anm. 28), 33–37 und 39f.

Mystagogisierung und Implementierung 193 sollen; die dritte Stiftshütte wird in der Reinheit des Geistes erbaut, wovon die tropologia handelt, nämlich davon, was wir nachahmen sollen; Übers. S.A.).

Imitatio positioniert sich zudem zwischen lectio und actio und bezieht sich auf den praktischen Vollzug christlicher Tugenden, allen voran der humilitas, caritas und obedientia,90 wie sie in Groß’ ‚Grisardis‘ und auch in seinem ‚Nonnenwerk‘ dem frommen Christen als Richtschnur gottgefälligen Handelns anempfohlen werden. Über das spirituelle Konzept der imitatio als Nachfolgen (sequi) und Nachahmen (imitari) zugleich91 ergäbe sich sodann ein gemeinsamer Zugang für die fromme Lektüre von ‚Grisardis‘ (→ imitatio Grisardis) und ‚Nonnenwerk‘ (→ imitatio Christi) zugleich. Für Kloster- wie Eheleute gilt gleichermaßen, daß bestimmte Verhaltensweisen für ein gelungenes Zusammenleben unabdingbar sind. Besonders entscheidend und wichtiger als der Eigennutz ist dabei der ‚nucz der gemein‘ […; vgl. Ausführungen

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Dieser Gedanke, so SCHULMEISTER (Anm. 89), findet sich im ‚Dialogus super autores‘ des Benediktiners Konrad von Hirsau (um 1070–1150): Fructus finalis profectus legentis est, si quod honestum, si quod iustum est sequatur nec malum quod de malis audit imitatur (Z. 1019–1021 [über Sallust], zitiert nach: Accessus ad auctores, Bernard d’Utrecht, Conrad d’Hirsau, Dialogus super auctores, hg. v. ROBERT B. C. HUYGENS, Leiden 1970, 104 (Der schlussendliche Nutzen des Lesens besteht für den Fortgeschrittenen darin, dass er dem, was tugendhaft und gerecht ist, nachfolgt und nicht das Böse nachahmt, das er von den Bösen vernimmt; Übers. S. A.]). Entsprechend benennt Hugo von St. Viktor (um 1097–1141) in Kap. 12 (‚De fructu divinae lectionis‘) seines ‚De scripturis et scriptoribus sacris‘ die imitatio als einen von zwei Nutzen der lectio: Geminus est divinae lectionis fructus: quia mentem vel scientia erudit, vel moribus ornat. Docet quod scire delectat, e t q u o d i m i t a r i e x p e d i a t . Quorum alterum, id est scientia magis ad historiam et allegoriam, alterum, id est instructio morum, ad tropologiam magis respicit. Omnis divina Scriptura refertur ad hunc finem (Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 175, 20c; Der Nutzen des Lesens der Göttlichen Schrift ist ein zweifacher, denn sie bereichert den Geist sowohl mit Wissen und ziert ihn mit guten Sitten. Sie lehrt, was zu wissen ein Genuss ist und was nachzuahmen nützlich ist. Das eine davon, d.h. das Wissen geht mehr die historia und allegoria an, das andere, d.h. die moralische Unterweisung mehr die tropologia. Die ganze göttliche Schrift lässt sich auf dieses Ziel zurückführen; Übers. S. A.); siehe dazu insgesamt SCHULMEISTER (Anm. 89), 26–42. Vgl. Augustinus ‚De sancta virginitate‘, cap. 27 (Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 40, 411b): Quid est enim sequi, nisi imitari? Quia Christus pro nobis passus est, relinquens nobis exemplum, sicut ait apostolus Petrus, ut sequamur vestigia ejus (I Pt 2,21). Hunc in eo quisque sequitur, in quo imitatur: non in quantum ille Filius Dei est unus, per quem facta sunt omnia; sed in quantum filius hominis, quae oportebat, in se praebuit imitanda (Was ist denn Nachfolgen anderes als Nachahmen? Christus hat doch für uns gelitten und uns damit ein Vorbild gegeben, „damit wir“, wie der Apostel Petrus sagt, „in seine Fußstapfen treten“ (I Pt 2,21). Jeder folgt ihm darin nach, worin er ihn nachahmt, nicht so sehr darin, dass er der einzige Sohn Gottes ist, der alles erschaffen hat, sondern weil er ein Menschenkind gewesen ist, denn dergestalt hat er in sich alles zugrundegelegt, das von uns nachzuahmen ist; Übers. S. A.). Siehe dazu auch DINA DE RENTIIS: Die Zeit der Nachfolge. Zur Interdependenz von ‚Imitatio Christi‘ und ‚imitatio auctorum‘ im 12.–16. Jahrhundert, Tübingen 1996 (Zeitschrift für romanische Philologie, Beiheft 273), 38–46.

194 Stefan Abel zum Gemeinwohl in Kap. 17 und 23 des ‚Nonnenwerks‘]. Der Markgraf und Grisardis sind Musterbeispiele dieses Verhaltens, das sich mit den Tugenden Demut, Gehorsam und Voraussicht umschreiben lässt. […] Das Nonnenwerk steht nicht zufällig in zwei Handschriften vor der Grisardis. Es bietet die Theorie zur später vorgeführten Praxis. Thema ist das enge Zusammenleben gottesfürchtiger Menschen – ob im Kloster oder im Ehealltag.92

Zur ‚Grisardis‘, aber auch zum ‚Nonnenwerk‘, hinter dessen moraltheologischen Aussagen die nachahmenswerte Vita und Passion Christi stehen, käme dann noch die admiratio für Grisardis’ (praktische) Tugendhaftigkeit bzw. Jesus Christus selbst hinzu.93 Die Machbarkeit einer imitatio Grisardis, die ihren Nachahmern ein schier unmenschliches Maß an Duldsamkeit gegenüber den Widrigkeiten in der Ehe abverlangt, könnte gerade dadurch als plausibel erscheinen, dass Grisardis, sich auf einer unerreichbar hohen Stufe der Tugendhaftigkeit befindend, dennoch als eine historische, in der Geschichte wirksame persona imitabilis ausgestellt würde, deren Status sich dem einer Heiligen annähert. Sie würde somit zu einer Art ‚ehelichen Märtyrerin‘ stilisiert. [Quasi-]Heilige sind exemplarische Gestalten: Vorbildhaft ist ihre religiöse Vollkommenheit für die Menschen […], Vorbild für die Heiligen die Exemplarität Christi, in dessen Nachfolge sie sich in imitatio (als Entsprechung, ohne identisch zu sein) sehen: In der Figur des Heiligen ‚sind geschichtlich wechselnde Möglichkeiten der Aneignung göttlicher Gnade in der imitatio Christi nachahmenswert verwirklicht‘.94

Auf die (legendenhafte) Historizität der ‚Grisardis‘, auch wenn diese für die Imitabilität der Protagonistin nicht zwingend sei,95 deutet nicht nur der Er-

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Vgl. KOCHER (Anm. 77), 159f. KOCHER belegt, mit Verweis auf das Kolophon zur ‚Grisardis‘ in der Abschrift N1 des Breslauer Autographs, die enge Zusammengehörigkeit von ‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘: „Jch pit auch alle frōme man vnd frawen die diſe zwey [!] puchlein leſen das ſie mich entſchuldigen ab ich yndert zu vil oder zu wenig hab geſchriben (164r)“ (ebd., 160 Anm. 12). THEODOR WOLPERS betont, in seiner Kritik an JOLLES (Anm. 955), „daß es […] neben der Richtung auf ein imitabile auch die auf ein venerabile, mirabile und amabile im Heiligenleben gibt und daß diese Züge, die sich noch mit dem Fürbittbedürfnis der Gläubigen verbinden, sehr verschieden gemischt sein können“ (DERS.: Die englische Heiligenlegende des Mittelalters. Eine Formgeschichte des Legendenerzählens von der spätantiken lateinischen Tradition bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, Tübingen 1964 [Buchreihe der Anglia 10], 8). ANDREAS HAMMER: Erzählen vom Heiligen. Narrative Inszenierungsformen von Heiligkeit im ‚Passional‘, Berlin 2015 (Literatur – Theorie – Geschichte 10), 11 unter Bezug auf KONRAD KUNZE: Heilige, in: Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, 15 Bde., begr. v. KURT RANKE, hg. v. ROLF W. BREDNICH u.a., Berlin 1977–2015, hier Bd. 6 (1990), 666–677, hier 666. Vgl. dazu ANDRÉ JOLLES: Einfache Formen: Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz, Tübingen 41968: Die Heiligenvita „hat das Tätigwerden der Tugend

Mystagogisierung und Implementierung 195

zählerkommentar ganz am Ende hin – es sol auch ein itlicher leser und zuhorer wißen, das diseu i s t o r y nach dißem vorgeschriben synn sich also vorlauffen hat und geschehen ist (Kap. 12 / 53,17–21) –, sondern auch die weitere Überlieferung der ‚Grisardis‘ zeugt davon: So ist die Großsche Exempelnovelle in einer Handschrift inmitten der ‚Heiligen-Leben-Redaktion‘ überliefert (München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 535 [3. Viertel 15. Jahrhundert, nordbairisch, Augustinerchorherrenstift Rebdorf]96, 176va–206va), und zwar als Ergänzung zum 23. Februar, zwischen Petri Stuhlfeier (22. Februar) und Apostel Matthias (24. Februar). Die ‚Grisardis‘ ersetzt damit die Sage um Kaiser Heinrich, die in der Parallelüberlieferung, namentlich in Cgm 536 (3. Viertel 15. Jahrhundert, bairisch / ostfränkisch97), an die Stelle des 23. Februar rückt. Die Platzierung der ‚Grisardis‘ in die ‚Heiligen-LebenRedaktion‘ könnte als Versuch gewertet werden, die zum Exempel ausgearbeitete Novelle zu legendarisieren und damit auch zu historisieren. Die Entstehung der dreibändigen ‚Heiligen-Leben-Redaktion‘ mit ca. 400 Legenden, davon 250 aus ‚Der Heiligen Leben‘, die vor 1447 neu bearbeitet wurde (erzählerisch, inhaltlich, sprachlich), datiert bzw. situiert WILLIAMSKRAPP auf die Zeit kurz nach 1406 in Nürnberg oder Umgebung.98 Daß sie als Erbauungsliteratur für Nichtgeistliche kaum auf Interesse stießen, legen die durchwegs klösterlichen Provenienzen der mir bekannten deutschen Martyrologien nahe. Es ist daher anzunehmen, daß die HL-red. für den Gebrauch beim

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zu realisieren, sie hat zu zeigen, wie die Tätigkeit der Tugend durch ein Wunder bestätigt wird. Nicht der Zusammenhang des menschlichen Lebens ist ihr wichtig, nur die Augenblicke sind es, in denen das Gute sich vergegenständlicht. Die Vita, die Legende überhaupt zerbricht das ‚Historische‘ in seine Bestandteile, sie erfüllt diese Bestandteile von sich aus mit dem Werte der Imitabilität und baut sie in einer von dieser bedingten Reihenfolge wieder auf. Die Legende kennt das ‚Historische‘ in diesem Sinne überhaupt nicht, sie kennt und erkennt nur Tugend und Wunder. Wo der Heilige kein Mittel ist, Tugend vergegenständlicht zu sehen, wo er nicht als imitabile gewertet werden kann, da ist er eben kein Heiliger und die sprachliche Form, die ihn als Heiligen vertritt, kann ihn dort schlechterdings nicht fassen“ (39f.). Zu JOLLES siehe DECUBLE (Anm. 28), 37–39. Zur Handschrift siehe SCHNEIDER (Anm. 33), 95–97; WERNER WILLIAMS-KRAPP: Studien zu ‚Der Heiligen Leben‘, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 105 (1976), 274–303, hier 301–303; DERS.: Die deutschen und niederländischen Legendare des Mittelalters. Studien zu ihrer Überlieferungs-, Text- und Wirkungsgeschichte, Tübingen 1986 (Text und Textgeschichte 20), 315–338, hier 317 (Sigle M15); Digitalisat: URL: http://daten.digitalesammlungen.de/bsb00064430/image_1 (Zugriff am 14.11.2019). Zur Handschrift siehe SCHNEIDER (Anm. 33), 97–99; WILLIAMS-KRAPP 1976 (Anm. 96), 301– 303; DERS. 1986 (Anm. 96), 317 (Sigle M16); Digitalisat: URL: http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00064433/image_1 (Zugriff am 14.11.2019). Siehe WILLIAMS-KRAPP 1986 (Anm. 96), 331f.

196 Stefan Abel Stundengebet geschaffen wurde, für das ausführlichere Legendenlesungen im 15. Jh. durchaus üblich waren.99

Die Historizität von Exempeln und imitabler Exempelfiguren streicht auch der eingangs erwähnte Erfurter Bibliothekskatalog heraus: Die Signaturengruppe I versammelt libros de diversis exemplis et revelationibus, die dem historischen Schriftsinn unterstellt seien (et subordinatur hic sensui historico)100 und auf persönliche Erfahrung beruhten. Diese exempla und relevationes, Offenbarungen von ‚Mystikerinnen‘ (nach heutigem Verständnis) „bezögen sich auf Ereignisse, die faktisch stattgefunden hätten und bestimmten Personen zuteilgeworden seien […]. Allem Anschein nach versteht der Bibliothekar die Revelationen in einem lebensweltlich-referenzialistischen Sinn als Erfahrungsberichte.“101 Demut und Gehorsam gegenüber der Obrigkeit jeglicher Art (Vater, Abt, Ehemann und letztlich Gott) empfiehlt sich im Grunde allen frommen Christen. So verstanden öffnet sich auch die ‚Grisardis‘, ganz so wie das ‚Nonnenwerk‘, einem breiten, ständisch nicht fixierten Adressatenkreis. Mit Duldsamkeit des von außen (Ehemann) kommenden Leids würde Groß’ ‚Grisardis‘ demnach an einem exemplarischen Fall, und zwar der Ehe, demonstrieren, was im ‚theoretischen‘ ‚Nonnenwerk‘ Teil der geistlichen ‚Arbeit‘ von pro- und perficientes jeglichen Standes ist. Doch letztlich entzieht sich ein ‚Ausnahmewerk‘ wie die ‚Grisardis‘ einer konzisen Kategorisierung und erweist sich auch überlieferungsgeschichtlich als äußerst flexibel: Sie geht, wie gesehen, Überlieferungsverbünde mit Heiligenlegenden ein (‚Grisardis‘-Hs. B [Anm. 81]), außerdem mit geistlichen Traktaten (Hs. E und Augsburger Hs.) und der Lehrdichtung (Hss. A und D).102 Ferner findet sich Erhart Groß’ ‚Grisardis‘ überliefert mit Johannes’ von Tepl ‚Ackermann von Böhmen‘ (Hs. A), Thürings von Ringoltingen ‚Melusine‘ 99 100 101

102

Ebd., 332f. Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz (Anm. 24), 43019–21. MARIEKE ABRAM / GILBERT FOURNIER / BALÁZS J. NEMES: Making Mysticism. Theologia mystica als historische Kategorie der Wissensordnung in der Katalogisierungspraxis der Erfurter Kartause, in: Die Bibliothek – The Library – La Bibliothèque. Denkräume und Wissensordnungen, hg. v. ANDREAS SPEER, LARS REUKE, Berlin, Boston 2020 (Miscellanea Mediaevalia 41), 621– 655, hier 651. Die Verbindung von Novellenartigkeit und Legende, allerdings nur hinsichtlich einer unterhaltenden Funktion von Hagiographie, unterstreicht LUDWIG ZOEPFF: Das Heiligen-Leben im 10. Jahrhundert, Leipzig, Berlin 1908 (Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance 1), 229–238. Hs. E (Cgm 6020): Heinrich von St. Gallen, ‚Marienleben‘, ‚Von den sieben Gaben des Heiligen Geistes‘, ‚Regel und Leben Marias nach Christi Himmelfahrt‘, ‚Sprüche der zwölf Meister zu Paris‘ (Fassung I), Thomas Peuntner, ‚Beichtbüchlein‘ (Teil 1 und 2); Hs. A (Ms. germ. quart. 763): ‚Sieben weise Meister‘ (Prosafassung c; auch in Hs. D [Cod. Guelf. 44. 15 Aug. 2°]); Hs. D: Hugo von Trimberg, ‚Der Renner‘; Augsburger Hs.: ‚Ars moriendi‘ (dt.), ‚Tundalus‘, ‚Visio Fursei‘ (dt.), Marquard von Lindau, ‚Dekalogerklärung‘. Zu den einzelnen Handschriften siehe auch Anm. 81.

Mystagogisierung und Implementierung 197

(Hs. C), Seifrits ‚Alexander‘ (Hs. F), Niklas’ von Wyle Übersetzung von Aeneas Silvius, ‚De duobus amantibus‘ (Hss. C und F) sowie ‚Der wucherische Wechsler‘ (Hs. C).

IV.

Jenseits – Diesseits – Gemeinschaft – Mystagogik in Theorie und Praxis

‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘ stehen letztlich doch in einem Verhältnis der Komplementarität zueinander, allerdings nicht in ständischer Hinsicht, indem das eine Werk an Angehörige der monastischen, das andere hingegen an Angehörige der ehelichen Lebensform adressiert wäre. ‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘ sind ohne ständische Fixierung, doch beziehen sie sich zur ständisch gebundenen Exemplifizierung der geistlichen Lehren bisweilen auf das monastische, bisweilen auf das Eheleben (ständische Fokussierung). Auch lässt sich die Art und Weise der Erbauung (aedificatio), die beide Werke bei frommen Christen auslösen, nicht zwingend mit zwei divergierenden Schriftsinnen, einer tropologischen Lektüre des ‚Nonnenwerks‘ und einer allegorischen Lektüre der ‚Grisardis‘, verbinden. Wesentlich ist vielmehr, dass hinter beiden Werken gemeinsam das spirituelle Konzept der imitatio steht. „Die vier Schriftsinne […] erbauen durch die Lektüre der Heiligen Schrift [und ferner auch geistlicher Literatur im Allgemeinen] ein Haus im Herzen des Lesers“103, das aedificium spirituale, so (Ps.-)Hrabanus Maurus in seinen ‚Allegoriae in universam sacram Scripturam‘: In nostrae ergo animae domo historia fundamentum ponit, allegoria parietes erigit, anagogia tectum supponit, tropologia vero tam interius per affectum quam exterius per effectum bonis operis, variis ornatibus depingit (Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 112, 849c).104 (Im Haus unserer Seele legt also der Literalsinn das Fundament, errichtet die Allegorie die Wände, deckt die Anagogie das Dach, die Tropologie verziert es wahrlich mannigfach, sowohl innerlich durch die Kraft des Willens als auch äußerlich durch das Wirken guter Taten; Übers. S. A.).

Eng mit der moralischen Erbauung durch tropologia in instructione morum ad amorem virtutis (ebd.) hängt wie gezeigt die imitatio zusammen, sei es in Gestalt der imitatio Christi, die hinter dem ‚Nonnenwerk‘ als Bearbeitung von Buch I der ‚Imitatio Christi‘ steht, oder der imitatio Grisardis, genauer ihrer Demut und ihres Gehorsams, mittels derer sich der fromme Christ in ein gottgefälliges und heilsmäßiges Leben inmitten der Gemeinschaft eingliedern soll, unter Zurücknahme bzw. Aufgabe des Eigenwillens. 103 104

SCHULMEISTER (Anm. 89), 30f. Vgl. ebd.

198 Stefan Abel

Entsprechend habe „das Mittelalter imitari eindeutend mit immutare in Verbindung gebracht: sich so verwandeln, daß man in etwas anderes eingeht.“105 Zwar wird Grisardis ganz am Schluss der Exempelnovelle als historische Figur herausgestellt – entsprechend des historischen Schriftsinns, der perfectorum exempla […] narrat, legentem ad imitationem sanctitatis excitat (Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 112, 849c) –, jedoch stehen instructio und correctio morum, umfassend theoretisch im ‚Nonnenwerk‘ dargelegt, am praktischen Beispiel der Ehe in der ‚Grisardis‘ im Mittelpunkt. Ganz im Geist der Devotio moderna, aus deren Umkreis Erhart Groß gleich zwei Werke, ‚Cordiale‘ und ‚Nonnenwerk‘, in sein Autograph implementiert, setzt das Autograph gerade auch im Zweiklang von ‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘ auf die Aktivierung der affektiven Seelenkräfte, die innerhalb einer verinnerlichten und individualisierten praxis pietatis erfolgen soll. Eine entsprechend affektbegünstigende, jedoch diskursfremde Erzählweise attestiert KOCHER der Großschen ‚Grisardis‘: In Exempeln und Legenden bleibt der Einblick in die Gefühle und Gedanken […] dem Leser in der Regel verwehrt. Er erfährt bestenfalls von äußerlichen Zeichen der Freude oder Trauer (Lachen, Weinen etc.). Genau hier verletzt die Grisardis die Regeln der Tradition. Es gibt Passagen in der Erzählung, die kaum als exempelhaft bezeichnet werden können, da sie entweder zu direkt mimetisch oder zu persönlich gestaltet sind. Die Schlußszene ist weitgehend aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur geschildert, die damit dem Leser näher kommt, als man es von Exempeln gemeinhin kennt.106

Allein schon, weil es sich mit den Texten des Breslauer Autographs um volkssprachliche Werke für Laien handelt, kann es den Rezipienten keine profunden oder gar spekulativen Erkenntnisse in Glaubensangelegenheiten bieten. Daher steht auch ein entsprechend intellektueller Zugang zur Frömmigkeit, der mit der allegoria in fidei revelatione ad cognitionem veritatis ([Ps.]-Hrabanus Maurus, siehe oben) in Verbindung stünde, nicht im Mittelpunkt des Textarrangements im Breslauer Autograph: Allegoria vero aliquid in se plus continet, quod per hoc quod locus de rei veritate ad quiddam dat intelligendum de fidei puritate, et sanctae Ecclesiae mysteria, sive praesentia, sive futura, aliud dicens, aliud significans, semper autem figmentis et velatis ostendit. Tropologia quoque et ipsa, sicut allegoria, in figuratis, sive dictis, sive factis, constat: sed in hoc ab allegoria distat quod allegoria quidem fidem, tropologia vero aedificat moralitatem (Patrologia Latina [Anm. 56], Bd. 112, 849b–c). (In der Tat enthält die Allegorie in höherem Maße etwas in sich, das sie dadurch, dass sie über die Wahrheit einer Sache spricht und dabei etwas über die Reinheit des

105 106

JOLLES (Anm. 95), 36. KOCHER (Anm. 77), 183f. Die ‚Grisardis‘ sei demnach funktional betrachtet ein Exempel, narrativ jedoch eine Novelle (ebd.).

Mystagogisierung und Implementierung 199 Glaubens und die Geheimnisse der Heiligen Kirche zu verstehen gibt, sowohl auf die Gegenwart, als auch auf die Zukunft bezogen, und dass sie etwas sagt, jedoch etwas anderes meint, aber stets in Bildern verhüllt aufzeigt. Die Tropologie beruht auch in der Tat, wie die Allegorie, auf Bildern, Äußerungen und Taten, aber darin weicht sie von der Allegorie ab, dass die Allegorie den Glauben, die Tropologie hingegen die Sittlichkeit steigert; Übers. S. A.).

Die geistliche Vervollkommnung in und mit der Gemeinschaft bedeutet viel (geistliche) ‚Arbeit‘, die nicht in einem Zug abgeleistet werden kann. Daher bedient sich das ‚Nonnenwerk‘ des mystagogischen Dreiwegs von incipientes, proficientes und perficientes, um dem frommen Christen mehr oder weniger theoretisch die Entwicklung auf die höchste Stufe der perfecti aufzuzeigen, auf der sich Grisardis exemplarisch innerhalb der Ehe beharrlich bewegt. Doch nicht nur das ‚Nonnenwerk‘ weist demnach eine Gliederung in drei Teile auf, sondern auch das Breslauer Autograph insgesamt ließe sich – in Korrelation mit drei der vier Schriftsinne – dreiteilen, sofern man die allegoria nicht für die ‚Grisardis‘ in Anspruch nimmt: So versetzt das Großsche ‚Cordiale‘, wie auch die lateinische Vorlage, den Rezipienten in Konfrontation mit dem jenseitig Letzten (anagogia): Tod, Jüngstes Gericht, Hölle und Himmelreich. Mit dem ‚Geographischen Traktat‘ betrachtet der Rezipient die (diesseitige) Schöpfung (historia), wenn auch ‚nur‘ innerlich (in den gedancken der pildung), im Zusammenspiel von sensus communis, memoria und imaginatio. Die Kompilation antiker, biblischer und zeitgenössischer Berichte über das Heilige Land soll es ermöglichen, über die Heiligen Stätten zu meditieren. Dabei stehen hinter den Begriffen des deutschen Prologs eingeführte lateinische Konzepte, die gerade im monastischen Kontext mitzudenken sind. Die Unmöglichkeit der visio corporalis […] wirkt als Anstoß für die Andachtsschau […]. devotio und imaginatio wirken zusammen, um eine visio intellectualis zu ermöglichen, die dann der physischen Erfahrung überlegen ist, da sie eine gesteigerte Form der contemplatio anregt:107 Das sey dorummb geschriben ze enpfahen den gaist der ynnikeit kegen den heyligen steten, an der under heil volpracht ist. Und ab wir niht sie leiblichen sehen mügen und durchwandern, so geh wir doch do hyn in petten und petten in dem jarr eyns ze eren, lob und in dancknemikeit dem leyden unders lieben hern Ihesu Cristi also vil ‚pater noster‘, als vil meylen Jerusalem leit von underm lande (‚Geographischer Traktat‘ / Wr, 73r).108

Vermittels ‚Nonnenwerk‘ und ‚Grisardis‘ schließlich stattet sich der fromme Gläubige mit zahlreichen admonitiones für ein moralisch vorbildliches und 107

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Eine imaginäre Reise nach Jerusalem. Der ‚Geographische Traktat‘ des Erhart Groß (Anm. 6), 413. Der Prolog des ‚Geographischen Traktats‘ fehlt aufgrund Blattverlusts im Breslauer Autograph. LÄHNEMANN zitiert den Prolog daher auf Grundlage von N1, 75r, der Abschrift des Breslauer Autographs (siehe ebd., 419). Vgl. ebd., 421f.

200 Stefan Abel

heilsmäßiges Leben in der Gemeinschaft aus (tropologia), die, in welcher Form auch immer (Kloster oder Ehe), für das Seelenheil nutzbringend sind. Eine Vierteilung des Autographs ergibt sich sodann, wenn man für die Imitabilität der exorbitanten Tugendhaftigkeit der Grisardisfigur die allegoria und den sensus allegoricus zum rechten Verständnis der Exempelnovelle als unabdingbar veranschlagt. Die ‚Grisardis‘ wäre demnach eine am (lebenspraktischen) Einzelfall der Ehe exemplifizierte Allegorie des Gleichförmigwerdens mit dem göttlichen Willen – und so lässt sich Myst(agog)ik im 15. Jahrhundert verstehen –, das im ‚Nonnenwerk‘ (bzw. Buch I der ‚Imitatio Christi‘) theoretisch dargelegt ist. Somit ist das Breslauer Autograph insgesamt eine Art geistliches Handbuch oder Handbibliothek in Gestalt eines einzigen Codex (‚one-volume library‘) für fromme Gläubige in ihrem Verhältnis zum Jenseits, zur irdischen Schöpfung im Diesseits, in der Gott besundern wunderlich ist und wunder hat volbracht (Prolog des ‚Geographischen Traktats‘ nach N1, 75r), und zur menschlichen Gemeinschaft in vielerlei Gestalt. Die willensmäßige Gleichförmigkeit ist für das Aufgehen in der Gemeinschaft unabdingbar, sei es im Kloster, in der Ehe oder ‚mystisch‘ in der Willensgemeinschaft mit Gott.

II Mystische Texte in kartäusischen Sammlungszusammenhängen

Katalogisierte kartäusische Spiritualität (An)Ordnungen mystischen und visionären Schrifttums in den Bibliothekskatalogen süddeutscher Kartausen Sebastian Holtzhauer

Abstract This article explores the different organizing principles of library catalogues of several Southern German charterhouses, inter alia Basel, Buxheim, and Mainz, focusing primarily on mystical literature of women and texts on the otherworld which influenced Carthusian spirituality decisively. In the light of the complex and programmatic conception of the Carthusian Erfurt catalogue created by Jakob Volradi together with Frater N. some important questions arise. Are we dealing with an individual case here? Or were Carthusian librarians elsewhere organizing their catalogues and libraries based on similar or even the same principles? At least, many charterhouses were in contact and exchanged books and ideas, as far as we know. Instead of providing definite answers and conclusions to these questions the study rather wants to contribute some initial thoughts on the matter resulting from fundamental research based on the examination of hundreds of catalogue pages, medieval as well as modern.

I.

Einleitung

Die Material philology hat in den letzten Jahrzehnten fraglos zu einem ‚turn‘ in der germanistischen Mediävistik geführt.1 Texte verschiedenster Gattungen – Mären, höfische Romane, Heldenepen, hagiographisches Schrifttum usw. – werden nun zunehmend in ihrem handschriftlichen Kontext wahrgenommen und interpretiert, was zum Teil bereits einen völlig neuen Blick auf ihre zeitgenössische Rezeption eröffnet hat.2 Es er-

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Siehe dazu zuletzt: Rethinking Philology. 25 Years after the ‚New Philology‘, hg. v. MARKUS STOCK, CHRISTA CANITZ, Special Issue of Florilegium 32 (2015). Vgl. dazu exemplarisch die bibliographischen Angaben in JÜRGEN WOLF: Buch und Text. Literatur- und kulturhistorische Untersuchungen zur volkssprachigen Schriftlichkeit im 12. und 13. Jahrhundert, Tübingen 2008 (Hermaea 115), 12f.

204 Sebastian Holtzhauer

scheint daher naheliegend, aus literaturwissenschaftlicher und literaturhistorischer Perspektive in einem Folgeschritt über die Einzelhandschrift hinauszugehen und die Bibliothek als „umgreifendere Kategorie“3 in den Mittelpunkt zu stellen. Diesem Ansatz stehen jedoch einige Hürden im Weg, wenn man bedenkt, dass es „heute mühselig und nicht selten unmöglich [ist], Bestände mittelalterlicher Bibliotheken zu rekonstruieren, selbst wenn sich zeitgenössische Verzeichnisse erhalten haben.“4 Oft mangelt es ihnen aus heutiger Sicht an „bibliographischer Exaktheit.“5 Zudem sind die ursprünglichen Bestände der Bibliotheken zumeist entweder stark dezimiert oder in alle Winde zerstreut.6 Und doch dürften solche Rekonstruktionsversuche lohnenswert sein, da über die Bestandserforschung und – vielmehr noch – über die Anordnung der Bestände innerhalb einer Bibliothek bzw. eines Bibliothekskatalogs eingehendere Kenntnisse über geistesgeschichtliche Zusammenhänge erschlossen werden können. Recht ausführlich formulierte zuletzt BALÁZS J. NEMES die Prämissen einer solchen Stoßrichtung:

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FREIMUT LÖSER: Im Dialog mit Handschriften. ‚Handschriftenphilologie‘ am Beispiel der Laienbrüder in Melk. Mit einer Einführung von P. GOTTFRIED GLAßNER, OSB, in: Die Präsenz des Mittelalters in seinen Handschriften, hg. v. HANS-JOCHEN SCHIEWER, KARL STACKMANN, Tübingen 2002, 177–208, hier 183. Siehe dazu jüngst auch BALÁZS J. NEMES: Trampelpfade historischer Textdeutung. Die mittelalterliche Überlieferung und ihre spatialen Ordnungen, in: De l’(id)entité textuelle au cours du Moyen Âge tardif: XIIIe–XVe siècle, hg. v. BARBARA FLEITH u.a., Paris 2017 (Rencontres 27), 295–322, hier 312f.: „Eine weitere hermeneutische Bezugsgröße, die – sofern erschließbar – zur syntagmatischen Ebene der Ü̈berlieferung eines Textes gehört, ist seine diskursive Verortung im Bibliothekskatalog bzw. auf dem Bücherpult, was nicht nur die Ausdehnung des Ü̈berlieferungszusammenhangs von der (kodexbezogenen) Mitüberlieferung auf den Bibliothekskontext, sondern auch ein erweitertes Verständnis des Interpretationsraums von Texten impliziert.“ UDO KINDERMANN: Einführung in die lateinische Literatur des mittelalterlichen Europa, Turnhout 1998, 9. Siehe ebd.: „Vor dem Spätmittelalter für Verwaltungs-, nicht für Benutzerzwecke niedergeschriebenen kurzen Katalog-Angaben mangelt oft die (uns zur Rekonstruktion eines Bandes nötige) bibliographische Exaktheit, so daß es zweifelhaft bleibt, welches Werk gemeint ist, und sich Verzeichnetes mit Erhaltenem nur schwer oder gar nicht identifizieren lässt.“ Am bekanntesten ist diesbezüglich wohl das programmatische, von BERNHARD BISCHOFF im Jahr 1970 initiierte und in drei umfänglichen Bänden kulminierende Projekt ‚Handschriftenerbe‘, dass sich zum Ziel setzte, „in systematisch umfassender Weise die mittelalterlichen Bibliotheken Deutschlands nach dem heute noch vorhandenen Handschriftenbestand“ zu rekonstruieren, siehe SIGRID KRÄMER: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband I: Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Teil 1: Aachen–Kochel, München 1989, VIII. Beachtenswert ist zudem das Vorhaben von BALÁZS J. NEMES: Bibliotheca Cartusiae Erfordensis. Dokumentation über den überlieferten Buchbestand der Erfurter Kartause 2., korrigierte und erweiterte Version, Freiburg 2021, URL: https://freidok.uni-freiburg.de/data/175871 (Zugriff am 23.11.2021).

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 205 Ü̈ber die Modelle der Organisation von Wissen ließe sich nun auch die Bibliothek als kodexexterner Ü̈berlieferungskontext eines mittelalterlichen Textes an das Programm einer Forschung anschließen, die ,wissensbasierte Raumkonfigurationen‘ bislang vornehmlich an frühneuzeitlichen Bibliotheksräumen untersuchte. Den Anschluss sichern dabei – sofern vorhanden – Bibliothekskataloge, eignen sie sich doch bestens für die Erforschung räumlicher Verfahren von Wissensordnung, wobei Ordnung in unserem Zusammenhang nicht die (oft nicht rekonstruierbare) architektonische Gestaltung von mittelalterlichen Bibliotheksräumen, sondern die Verortung von Büchern im Sinne von Bestimmung von Buch-Nachbarschaft(en) auf dem Pult und von Einordnung in bestimmte Diskurszusammenhänge bedeutet.7

Besonders vielversprechend erscheint vor diesem Hintergrund eine Untersuchung von Klosterbibliotheken8 – speziell jener Bibliotheken und Bibliothekskataloge, die dem Ordo Cartusiensis zugerechnet werden können, da die Kartäuser entsprechend ihrer ,Consuetudinesʻ, in denen das Ideal des praedicare manibus verankert war, nicht nur viele Werke (ab)schrieben und korrigierten, sondern dadurch ab einem gewissen Zeitpunkt auch gezwungen waren, umfangreiche Bücherkataloge und -verzeichnisse anzulegen.9 Nur diese garantierten je nach Anlage einen verlässlichen Überblick über den Buchbestand einer Bibliothek10 und einen schnellen – da 7 8

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NEMES (Anm. 3), 314f. Siehe ebd., 316: „Besonders deutlich lassen sich solche Einschreibungen [im Sinne einer ‚Archäologie räumlicher Wissensordnungen‘] in klösterlichen Bibliotheken bzw. ihren Bibliothekskatalogen beobachten, stellt doch die Signierung und räumliche Einordnung eines Buches einen Akt der Deutung und Verortung dar, der einiges über den für das Buch zugewiesenen Platz in der Überlieferung aussagt.“ RAPHAEL WITKOWSKI: Carthusian Library Catalogues, in: Die Reichskartause Buxheim 1402– 2002 und der Kartäuserorden, Bd. 1, Salzburg 2003 (Analecta Cartusiana 182), 81–91, hier 83: „During the fifteenth century the order was famous for its scholarship and library collections, which grew through the zealous copying of the monks. […] Under the pressure of the rapid growth of the library collections […], the Carthusians turned their attention to the techniques of librarianship and the development of new methods of cataloging and organizing their collections.“ HEINRICH SCHREIBER: Quellen und Beobachtungen zur mittelalterlichen Katalogisierungspraxis besonders in deutschen Kartausen, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 44 (1927), 1–19, 97– 118, hier 3f., legt großen Wert auf die Feststellung, dass die mittelalterlichen Buchverzeichnisse und -kataloge in erster Linie der Sicherung des Bestandes gedient haben, wobei er jedoch in Hinblick auf die Kartäuser etwas ausdifferenziert, siehe ebd., 6: „Es soll damit nicht bestritten werden, daß Kataloge nicht auch dazu gedient haben könnten dem Benützer ein Verzeichnis der enthaltenen Literaturwerke vor Augen zu stellen, aber doch erst in zweiter Linie und zu einer Zeit, wo die bibliothekarische Praxis stellenweise schon größere Fortschritte gemacht hatte.“ Dieser Umstand erklärt auch die aus heutiger Sicht oftmals sehr uneinheitlichen Bezeichnungen von literarischen Texten bei der Beschreibung von einzelnen Bänden: Es ging den Bibliothekaren bis in das Spätmittelalter hinein in den meisten Fällen vordergründig um den Wiedererkennungswert eines spezifischen Buches und nicht der darin aufgezeichneten Texte. In den größtenteils ja sehr überschaubaren Bibliotheken des Früh- und Hochmittelalters kannte ein guter armarius den Inhalt der Codices, die in seiner Obhut standen, auswendig. Entsprechend galt es, ihn zu befragen, wenn man ein bestimmtes Werk suchte, nicht den Katalog.

206 Sebastian Holtzhauer

systematischen – Zugriff auf ganz bestimmte Werke. Ergebnis eines solchen Unterfangens war etwa der Katalog der Erfurter Kartause (Erfurt, Bistumsarchiv, Hs. Hist. 6).11 Am Beispiel dieses Katalogs, dem das sogenannte ‚Prohemium longum‘ beigestellt wurde, lässt sich zudem „eine Verbindung zwischen wissenschaftlicher Lektüre und geistlichem Leben, zwischen geistigem Streben und frommem Wandel“12 erkennen – gewissermaßen eine ‚katalogisierte kartäusische Spiritualität‘.13 Und es darf mit Fug und Recht vermutet werden, dass „Mönche in anderen Klöstern in gleicher Weise zum Selbststudium angehalten wurden wie in Erfurt.“14 Die Verquickung dieser zum Teil recht heterogenen Funktionen, die solch ein Katalog im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit zu erfüllen hatte, machte seine Konzeption und Umsetzung zu einem komplexen und langwierigen Unterfangen (völlig zurecht ist der Erfurter Katalog als „real master-piece of the medieval art of cataloguing in the Carthusian Order“15 anzusehen). Die tatsächlichen Ergebnisse dieser Bestrebungen, die oft dem aufopferungsvollen Engagement einzelner Bibliothekare zu verdanken sind, haben sich in Form von Katalogen und Verzeichnissen vor allem der Kartäuser vielfach erhalten, wie ich an einigen prominenten Beispielen aufzuzeigen gedenke. In einzelnen Fällen sind sogar die mittelalterlichen Bestände recht umfangreich in ihrem ur-

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Siehe dazu insbesondere MARIEKE ABRAM / GILBERT FOURNIER / BALÁZS J. NEMES: Making mysticism. Mystik als historische Kategorie der Wissensordnung in der Katalogisierungspraxis der Erfurter Kartause, in: Die Bibliothek – The Library – La Bibliothèque, hg. v. ANDREAS SPEER, LARS REUKE, Berlin, Boston 2020 (Miscellanea Mediaevalia 41), 621–655. ALMUTH MÄRKER: Schweigen und Lesen. Das ‚Prohemium longum‘ des Erfurter Kartäuserkatalogs als Wissenschaftspropädeutik am Ende des 15. Jahrhunderts, in: Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser. Festgabe zum 65. Geburtstag von Edward Potkowski, hg. v. SÖNKE LORENZ, Stuttgart 2002 (Contubernium 59), 383–397, hier 392. Siehe auch ebd., 389: „Kurz gesagt, wäre das ‚Prohemium longum‘ demnach eine Aufforderung zum Lesen und Studieren mit dem Ziel der Gotteserkenntnis.“ Siehe dazu auch WITKOWSKI (Anm. 9), 83f.: „In many cases the library catalogues were not only a useful and practical register, but sometimes a sort of theological treatise – as in the case of the library catalogue of the Erfurt Charterhouse, reflecting the particular character of the Carthusian Order in the late Middle Ages.“ Vgl. zur Spiritualität im Zusammenhang mit mittelalterlichen Bibliothekskatalogen bei den Kartäusern bzw. speziell dem Erfurter Katalog u.a. J. DE GHELLINCK: Les catalogues des bibliothèques médiévales chez les Chartreux et un guide de lecture spirituelle, in: Revue d’Ascétique et de Mystique 25 (1949), 284–298; ERICH KLEINADAM: Die Spiritualität der Kartäuser im Spiegel der Erfurter Kartäuser-Bibliothek, in: Die Kartäuser. Orden der schweigenden Mönche, hg. v. MARIJAN ZADNIKAR, Köln 1983, 185–202; ALMUTH MÄRKER: Das ‚Prohemium longum‘ des Erfurter Kartäuserkatalogs aus der Zeit um 1475. Edition und Untersuchung, Bern u.a. 2008 (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 35). MÄRKER (Anm. 12), 392. WITKOWSKI (Anm. 9), 85.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 207

sprünglichen Sammlungsgefüge überliefert, was es möglich macht, die erhaltenen Kataloge und Verzeichnisse mit den heutigen Beständen abzugleichen.16 So lassen also nicht nur die für die damalige Zeit modern anmutende und sich immer wieder auch metareflexiv in Anleitungen und Kommentaren niederschlagende Bibliothekstechnik, sondern auch die günstige Überlieferungslage die Kataloge und Verzeichnisse des Ordo Cartusiensis als ausgesprochen lohnenswertes Untersuchungsobjekt erscheinen. Dabei legt die schiere Masse der aus den Kartäuserbibliotheken überlieferten Verzeichnisse und Kataloge, mehr aber noch ihr Umfang, den schon PAUL LEHMANN für bemerkenswert hielt,17 nahe, sich thematisch und räumlich stark einzuschränken. Der Fokus wird in diesem Beitrag daher auf dem bei den Kartäusern im süddeutschen Raum zu findenden mystischen und visionären Schrifttum liegen. ‚Mystisch‘ meint dabei in erster Linie ‚frauenmystisch‘. Das hat einerseits pragmatische Gründe, denn die Darstellung des Untersuchungsgegenstandes muss überschaubar bleiben, andererseits sind gattungsrelevante Implikationen für die Eingrenzung des Untersuchungscorpus verantwortlich, wenn es um die „Historisierung des Mystik-Begriffes auf der Grundlage überlieferter Wissensbestände und historischer Wissensordnungen“18 geht, wie sie BALÁZS J. NEMES für Mechthilds von Magdeburg ‚Fließendes Licht‘ skizziert hat. So lässt sich beispielsweise für den Katalog der Erfurter Kartause zeigen, dass „die heute unter der Rubrik Frauenmystik subsumierten Werke, so auch das ,Fließende Licht‘, gerade nicht der Signaturengruppe D [Theologia mystica, S.H.] zugeordnet, sondern als eine separate Einheit unter der Signatur J zusammengefasst und damit als Vertreter der Visions- und Offenbarungsliteratur katalogisiert wurden.“19 Handelt es sich dabei um einen Einzelfall? Wie ordnen andere Kartäuserkataloge frauenmystische Werke zu bzw. an? Welche Kataloge lassen sich aufgrund ihrer Anlage überhaupt dahingehend befragen? Welche Indizien sind für valide Aussagen notwendig? 16 17

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Das betrifft insbesondere die Kartause Mainz, siehe Anm. 95 und 97. PAUL LEHMANN: Bücherliebe und Bücherpflege bei den Karthäusern, in: DERS., Erforschung des Mittelalters. Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. 3, Stuttgart 1960, 121–142, hier 121: „Gerade zu riesenhafte Bibliothekskataloge sind aus den deutschen Karthausen erhalten.“ NEMES (Anm. 3), 316. Ebd., 316f. Siehe dazu auch MATTHIAS EIFLER: Zur Rezeption von mystischen Viten und Offenbarungen bei den Kartäusern und Benediktinern in Erfurt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Mechthild und das ,Fließende Licht der Gottheit‘ im Kontext. Eine Spurensuche in religiösen Netzwerken und literarischen Diskursen im mitteldeutschen Raum des 13.– 15. Jahrhunderts, hg. v. CAROLINE EMMELIUS, BALÁZS J. NEMES, Berlin 2019 (Beihefte zur Zeitschrift für deutsche Philologie 17), 303–336, hier 305: „Die 22 Bände umfassende Signaturengruppe I wiederum umfasst Visionsliteratur, u. a. Schriften zu Birgitta von Schweden, Mechthild (von Magdeburg), Gertrud von Helfta und Katharina von Siena.“

208 Sebastian Holtzhauer

JOHANNES MANGEI, der ebenfalls die Signifikanz mittelalterlicher Bibliothekskataloge betont,20 zeichnete die literarhistorischen Verbindungslinien zwischen (frauen)mystischem und visionärem Schrifttum bereits in Umrissen nach, wobei er beispielsweise für Dionysius Cartusiensis konstatierte, dass sich unter seinen mehr als 140 theologischen Schriften auch verschiedene Traktate über das Jenseits und das Jüngste Gericht fänden, für die Dionysius Visionsberichte ausgewertet und exzerpiert habe (,Visio Tnugdali‘, ,Purgatorium Patricii‘, ,Revelationes Sancte Birgitte‘, ,Visio Edmundi monachi de Eynsham‘).21 Am Beispiel der Vision von Eynsham werde deutlich, dass einzelne christozentrische und leidensmystische Elemente dieser Berichte für die damalige Spiritualität der Kartäuser aktuell gewesen seien.22 Und weiter: Dasselbe gilt sicherlich für die noch stärker mystisch geprägten Gesichte von Ekstatikerinnen wie Hildegard, Marguerite und Béatrix sowie für die spätmittelalterlichen Offenbarungen Mechthilds, Gertruds, Birgittas und anderer Mystikerinnen.23

Dass die Verbreitung all dieser Visions- und Offenbarungstexte – von Jenseitsliteratur überhaupt – insbesondere durch den Kartäuserorden befördert wurde, haben verschiedene Untersuchungen bereits erwiesen.24 Dass 20

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JOHANNES MANGEI: Kartäuserorden und Visionsliteratur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: LORENZ (Anm. 12), 289–316, hier 312: Den mittelalterlichen Bibliothekskatalogen komme seiner Meinung nach „für die Frage nach der Rezeption von Visionsliteratur im Kartäuserorden große Bedeutung zu. Diese aufschlußreichen Quellen lassen unter anderem die systematische Einordnung der jeweiligen Werke durch gemeinsame Überlieferung und durch die verwendeten Standorte bzw. Signaturen erkennen.“ Ebd., 299. Zur ,Visio Tnugdali‘ heißt es darüber hinaus ebd., 308: „Weiter ist an die gründliche Berücksichtigung der Vision durch […] Dionysius Cartusiensis in seinen einflußreichen aszetisch-mystischen Abhandlungen ,De Particulari Iudicio‘ (entstanden um 1450) und ,De Quattuor Hominis Novissimis‘ (aus den Jahren nach 1457) zu erinnern.“ Ein anderes äußerst aussagekräftiges Beispiel für das Nebeneinanderstellen von Mystischem und Jenseitig-Visionärem hat man in der von frater N. angelegten Handschrift D 5 primo des Erfurter Kartäuserkatalogs (heute Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Q 51), in der neben Mechthilds ,Lux divinitatis‘ „die Offenbarungen der heiligen Birgitta, Texte der Visionsliteratur, etwa die Visionen des Ritters Tundalus und des Abtes Brendan oder das Purgatorium des Hl. Patrick, aber auch der Reisebericht des John Mandeville genant“ werden, siehe EIFLER (Anm. 19), 314f. Einschlägig zu diesem Thema ist außerdem: DENNIS D. MARTIN: Carthusians as Advocates of Women Visionary Reformers, in: Studies in Carthusian Monasticism in the Late Middle Ages, hg. v. JULIAN M. LUXFORD, Turnhout 2008 (Medieval Church Studies 14), 127–153. MANGEI (Anm. 20), 313. Ebd. Siehe für weiterführende Forschungsliteratur SEBASTIAN HOLTZHAUER: Die Fahrt eines Heiligen durch Zeit und Raum. Untersuchungen ausgewählter Retextualisierungen des BrandanCorpus von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert, Göttingen 2019, 189–197. Der Begriff ‚Jenseitsliteratur‘ zielt auf literarische Beschreibungen oder Darstellungen von jenseitigen Stätten (Himmel, Hölle, Fegefeuer) und umfasst Jenseitsreisen, -fahrten, aber auch -visionen. Vgl. zum erweiterten Visionsbegriff, der auch die Jenseitsreisen des Mittelalters mit einbezieht, MANGEI

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 209

eine Differenzierung in spezifische Textgattungen oder -sorten, wie wir sie heute für gewöhnlich vornehmen, im 15. Jahrhundert womöglich gar nicht so selbstverständlich war, zeigt schon ein kurzer Blick auf den Erfurter Katalog, der der bereits erwähnten Signaturengruppe J auch die ‚Navigatio sancti Brendani abbatis‘ zuordnet.25 Im Folgenden soll nun anhand einiger ausgewählter süddeutscher Kartausen repräsentatives Vergleichsmaterial auf der Basis von Bibliothekskatalogen und -verzeichnissen zusammengestellt und in ersten Ansätzen ausgewertet werden.26 Dabei wird ersichtlich, wie unterschiedlich die Bibliothekare der Kartausen bei der Inventarisierung bzw. Katalogisierung ihrer Bestände im Einzelnen vorgegangen sind. Die hier vorgelegte Bestandsaufnahme erhebt jedoch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sie dient vielmehr einer ersten Orientierung.27

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(Anm. 20), 291f.; vgl. zur Unterscheidung von Jenseitsfahrten und -reisen MAXIMILIAN BENZ: Gesicht und Schrift. Die Erzählung von Jenseitsreisen in Antike und Mittelalter, Berlin, Boston 2013 (Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 78 = 312), 43. Entsprechend der Beschreibung der Signaturengruppe J, die libros de diversis exemplis et revelacionibus versammelt, siehe Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz (MBKD), Bd. 2, bearbeitet von PAUL LEHMANN, Leipzig 1928, 430, Z. 18f., lautet der Titel der unter J 9 geführten ‚Navigatio‘ hier auch Revelacio s. Brandani abbatis. Die anderen Signaturengruppen führen zu Brandan den Titel oracio s. Brandani (D 13/2, F 63, F 64/2, F 87), siehe HOLTZHAUER (Anm. 24), 195. Einen recht guten Anlaufpunkt hierfür bietet, neben den äußerst verdienstvollen MBKD (Bd. 1–3, Leipzig, München 1918–1932) und den Mittelalterlichen Bibliothekskatalogen Österreichs (MBKÖ, Bd. 1, Wien 1915), BENJAMIN STELLO: Deutschsprachige Literatur in Bibliotheken des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Hamburg 2009. Einige Kataloge bzw. Verzeichnisse sind jedoch nach wie vor nur in den originalen Handschriften bzw. Digitalisaten von diesen greifbar. Wo es möglich ist, werde ich darauf verweisen. Das gilt insbesondere auch für die zahlreichen Visionstexte, die sich gerade im Spätmittelalter großer Beliebtheit erfreuten und hier nicht alle Beachtung finden können, vgl. etwa die Liste mit den wohl bekanntesten von ihnen in NIGEL PALMER: ,Visio Tnugdali‘. The German and Dutch Translations and their Circulation in the Later Middle Ages, München 1982 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 76), 401–420. Bezüglich der Frauen, die in der mediävistischen Literaturwissenschaft vor allem als Verfasserinnen mystischer Texte bekannt sind, führe ich immer wieder auch von ihnen stammende oder ihnen zugeschriebene Werke an, die (auf den ersten Blick) keinen dezidiert mystischen Schwerpunkt haben, bzw. auch solche Werke, die nicht von ihnen, sondern über sie abgefasst wurden, um eine breitere Basis für anknüpfende Forschungen zu spezifischen Autorinnen bieten zu können.

210 Sebastian Holtzhauer

II.

Die Kartause Nürnberg

Die fränkischen Kartausen stellten fast ein Fünftel aller deutschen Kartausen, die wiederum „einer späteren Wachstumsperiode [angehörten], der letzten des ausgehenden Mittelalters, nämlich dem 14. und 15. Jahrhundert“28, einer Zeit also, die im Vergleich zum Früh- und Hochmittelalter reich an schriftlicher Überlieferung ist. Umso bedauerlicher ist es, dass gerade aus den meisten fränkischen Kartäuserbibliotheken kaum auswertbares Material erhalten ist.29 28

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ERIK SODER VON GÜLDENSTUBBE: Die fränkischen Kartausen. Eine historische Übersicht, in: Kartäusische Kunst und Architektur mit besonderer Berücksichtigung der Kartausen Zentraleuropas, Bd. 1, Salzburg 2006 (Analecta Cartusiana 207), 59–119, hier 59. Aus der ehemaligen Bibliothek der Kartause von G r ü n a u (1328–1803) haben sich 17 Handschriften und 40 Inkunabeln erhalten, die heute in der evangelischen Kirchenbibliothek zu Wertheim aufbewahrt werden, jedoch befindet sich darunter kein Katalog oder Verzeichnis der Bücher. Vgl. zur Geschichte der Kartause Grünau u.a. JAMES HOGG: Monographien der Kartausen (Grünau, Würzburg, Tückelhausen, Astheim, Ilmbach, Nürnberg), in: Kartäuser in Franken, hg. v. MICHAEL KOLLER, Würzburg 1996 (Kirche, Kunst und Kultur in Franken 5), 79–130, hier 79–94 (zur Bibliothek 89f.); SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 73–82 (zur Bibliothek 77). SODER VON GÜLDENSTUBBE berichtet knapp über den Verbleib einiger Inkunabeln sowie neu aufgefundene Handschriften aus dem ehemaligen Bestand der Kartause. BALÁZS J. NEMES hat zwei Handschriften, die heute in der Evangelischen Kirchenbibliothek Wertheim lagern, dem ehemaligen Bestand der Erfurter Kartause zuordnen können: Hs. 161 (alte Erfurter Signatur: C 3), Hs. 162 (alte Erfurter Signatur: C 4), siehe NEMES (Anm. 6), Liste 1. „Die Titel als solche“ erachtet JAMES HOGG als „von geringerem Interesse oder Bedeutung“, siehe HOGG (Anm. 29), 89, und dem von ihm Verzeichneten – in der Hauptsache Bibelkommentare und theologische Abhandlungen – kann für das hier behandelte Thema nichts von Belang entnommen werden. Interessant ist allenfalls der sich HERMANN EHMER verdankende Hinweis zu den erhaltenen Büchern, dass die vorderen Einbanddeckel „aus Buchstaben und Zahlen bestehende Signaturen“ aufweisen, siehe HERRMANN EHMER: Dokumente zur Geschichte der Kartause Grünau im Mittelalter, Wertheim 1981, 12, hier zitiert nach HOGG (Anm. 29), 89, was auf die bei den Kartäusern übliche Inventarisierungstechnik ihrer Bestände verweisen könnte. Das von HOGG, ebd., 94 Anm. 59, erwähnte ‚Inventarium der Bücher in der Liberey der Kirchen zu Wertheim‘ (StA Wt-G 57 I Bibliothek 1) konnte ich für den vorliegenden Beitrag nicht auswerten. Von der Kartause zu W ü r z b u r g (1348–1803) sowie zur Kartause T ü c k e l h a u s e n (1351–1803) ist ebenfalls kein Buchverzeichnis oder -katalog überliefert, vgl. zur Geschichte der Kartause Würzburg u.a. HOGG (Anm. 29), 95–100; SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 111–119 (zur Bibliothek 113). Zu den Buchbeständen und ihrem Verbleib informiert zudem ERIK SODER VON GÜLDENSTUBBE: Archivalische Quellen, Bibliothek und Schriftsteller der Würzburger Kartause Engelgarten, in: The mystical tradition and the Carthusians, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1997 (Analecta Cartusiana 130), 71–85. Vgl. zur Geschichte der Kartause Tückelhausen u.a. HOGG (Anm. 29), 101–108; SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 101–110 (zur Bibliothek 103). In A s t h e i m (1408–1803) wiederum ließen „der langsame Aufbau der Kartause sowie mehrfache Plünderungen wohl keine bedeutende Büchersammlung entstehen“, siehe HOGG (Anm. 29), 65. Vgl. zur Geschichte der Kartause Astheim u.a. HOGG (Anm. 29), 109–118; SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 62–72 (zur Bibliothek 65f.). Die bei SODER VON GÜLDENSTUBBE, ebd., 65f., aufgezählten (und noch erhaltenen) Bücher datieren entweder erst ins 17. Jahrhundert oder lassen keinerlei Rückschlüsse auf eine (An)Ordnung

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 211

Anders gelagert ist der Fall bei der Kartause Nürnberg (1380–1525),30 zu deren „reichhaltiger Büchersammlung“31 sich ein handschriftliches Verzeichnis erhalten hat (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Merkelsche Sammlung, Hs. Nr. 411). Zugänglich war mir dieses Verzeichnis über JOHANN FERDINAND ROTHs ‚Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Karthause‘, die 1790 in Nürnberg gedruckt wurde und auf den Seiten 257 bis 288 (Kap. XXX) den ,Catalogvs librorum monasterii Carthvsiani‘ überliefert.32 Der Titelunterschrift auf S. 257 ist zu entnehmen, dass das Verzeichnis erst nach der Auflösung der Kartause und der Verbringung ihrer Bibliothek ins ehemalige Dominikanerkloster entstanden ist: Incepi anno 1554 mense Julio, ad finem deduxi anno 1555 die 14 mensis Augusti (Nach dem Original, welches zehen Bogen in Quartformat beträgt, kopirt). Wie originalgetreu ROTH das Verzeichnis tatsächlich kopiert hat, müsste erst noch geprüft werden. In jedem Fall ist es bei ihm alphabetisch nach Autoren- bzw. Werknamen angeordnet, Signaturen gibt er jedoch keine an,33 sodass sich nicht auf etwaige (An)Ordnungsprinzipien der Bücher in der ehemaligen Kartausenbibliothek oder im ursprünglich vorhandenen Katalog rückschließen lässt. Lediglich die Angabe In superiore Bibliotheca (zuerst auf S. 259), die den Bestand bei jedem Buchstaben in zwei Unterabteilungen trennt, könnte auf eine Lagerung eines Teils der Bücher im oberen Stockwerk hindeuten.34 Was in Bezug auf das Thema dieses Beitrags wichtig erscheint, soll hier zumindest kurz aufgeführt werden: Unter dem

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der ehemaligen spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bibliothek zu; Mystisches findet sich zudem gar nicht darunter. Auch aus der Kartause I l m b a c h (1454–1803) sind nur wenige Handschriften bekannt, darunter kein Katalog oder Verzeichnis. Vgl. zur Geschichte der Kartause Ilmbach u.a. HOGG (Anm. 29), 119–126; SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 83–90 (zur Bibliothek 86). Vgl. zur Geschichte der Kartause Nürnberg u.a. HOGG (Anm. 29), 127–130; SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 91–100 (zur Bibliothek 94f.). SODER VON GÜLDENSTUBBE (Anm. 28), 94. Das Digitalisat des Exemplars der Bayerischen Staatsbibliothek, das ich zur Einsicht genutzt habe, ist unter folgendem URL abrufbar: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10030491-2 (Zugriff am 02.05.2020). Die uneinheitlich anmutende Verfahrensweise bei der Verzeichnung der Autoren- bzw. Werknamen – warum sind beispielsweise die Epistolae Hieronymi unter E und nicht unter H zu finden? (siehe ebd., 266) – könnte darauf hindeuten, dass die Titel der Buchrücken abgeschrieben wurden. Vgl. etwa den Kommentar zur Buxheimer Kartäuserbibliothek bei OLIVER AUGE: Frömmigkeit, Bildung, Bücherliebe. Konstanten im Leben des Buxheimer Kartäusers Hilprand Brandenburg (1442–1514), in: LORENZ (Anm. 12), 399–421, hier 416 Anm. 112: „Die Bezeichnung Registrum liberarie superioris [...] kann auf die Tatsache anspielen, daß die Bibliothek einfach im oberen Stockwerk des Bibliotheksgebäudes [...] untergebracht war.“

212 Sebastian Holtzhauer

Buchstaben D Der Seusse (S. 264) sowie Dionysii coelestis, et ecclesiastica Hierarchia: diuina nomina. Mystica Theologia (S. 265), unter G Gerson mystica Theologia (S. 268), unter L schließlich die Legenda S. Dorotheae uiduae de prussia (S. 272) – womit Dorothea von Montau gemeint ist35 –, unter R die Reuelationes S. Brigitae (S. 280) und unter S das Speculum spiritualis gratiae, ac mirabilium reuelationum der Mechthild von Hackeborn. Den reinen Bestand betreffend, das heißt, ohne Anordnungsprinzipien in Betracht ziehen zu können, ist das ein durchaus repräsentatives Spektrum mystischvisionären Schrifttums für die von mir untersuchten süddeutschen Kartausen, was im Folgenden noch deutlich wird.

III. Die Kartause Buxheim Für die Kartause Buxheim (1403–1803)36 ist insbesondere das ‚Registrum liberarie superioris‘ (Berlin, Staatsbibliothek, Ms. lat. qu. 372) aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts von Bedeutung.37 Die Signierung einzelner bzw. mehrerer Bände mit jeweils einem Buchstaben und einer Nummer erfolgte einmal für die Bestände, die sich in der Chorbibliothek befanden, und einmal für die Bestände, die sich in der Hauptbibliothek fanden, und ist allem

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Es dürfte sich bei dem hier Bezeichneten um die ‚Vita Latina‘ (auch: ‚Vita venerabilis Dominae Dorothea‘) des Johannes Marienwerder handeln, vgl. ANNELIESE TRILLER: Johannes Marienwerder, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Bd. 6, hg. v. KURT RUH u.a., unveränderte Neuausgabe der 2. Auflage, Berlin, New York 2010, 56–61, hier 59f. Einige Eckdaten zur Geschichte der Kartause sowie der vollständig abgedruckte ‚Liber benefactorum‘ finden sich in MBKD, Bd. 3,1, 81–91; vgl. außerdem CURT VISEL: Die Bibliothek der Kartause Buxheim, in: Die 7 Schwaben 15 (1965), H. 1; VOLKER HONEMANN: The Buxheim Collection and its Dispersal, in: Renaissance Studies 9 (1995), 166–188; WILLIAM WHOBREY: Die Buxheimer Kartausenbibliothek, in: Die Geschichte der Kartause Buxheim, hg. v. JAMES HOGG u.a., Salzburg 2015 (Analecta Cartusiana 316), 79–86. Von besonderem Wert ist auch die Homepage von WILLIAM WHOBREY: „This site will eventually make availabe several historical catalogs of the library as well as provide information on its history and those personalities that contributed to its growth and care“ (URL: http://buxheimlibrary.org/introduction [Zugriff am 02.05.2020]). Vgl. auch den Katalog der Buchbestände der ehemaligen Reichskartause Buxheim, Stand August 2013, Bd. I–V, hg. v. STEFANIE BILMAYER-FRANK (URL: https://www.kartause-buxheim.de/Bibliothek.php [Zugriff am 02.05.2020]). Vgl. MBKD, Bd. 3,1, 91–101; dort 91f. auch eine Handschriftenbeschreibung. Vgl. auch die Beschreibung sowie die Anmerkungen bei WILLIAM WHOBREY: http://buxheimlibrary.org/catalogs/buxheim-library-catalogs/1450-2 (Zugriff am 02.05.2020); vgl. zu den neuzeitlichen Katalogen (Berlin, Staatsbibliothek, Ms. lat. fol. 472 und Ms. lat. fol. 473) WOLFRAM D. SEXAUER: Frühneuhochdeutsche Schriften in Kartäuserbibliotheken. Untersuchungen zur Pflege der volkssprachlichen Literatur in Kartäuserklöstern des oberdeutschen Raums bis zum Einsetzen der Reformation, Frankfurt/Main 1978 (Europäische Hochschulschriften. Reihe I: Deutsche Literatur und Germanistik 247), 77–82, wobei diese die mittelalterlichen Handschriftenbestände grundsätzlich nicht mehr berücksichtigten, vgl. ebd., 87.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 213

Anschein nach nicht vollkommen einheitlich.38 Auch WOLFRAM SEXAUER kommt zu dem Schluss: „Das Verzeichnis ist ein Inventar, das nach Stellplätzen der Bücher und damit nach Signaturen geordnet ist, deren Abfolge nahezu willkürlich scheint und nicht durch grundsätzliche thematische Überlegungen bestimmt wurde.“39 Die für diesen Beitrag relevanten Titel finden sich im Inventar zur Hauptbibliothek, jedoch gerade nicht willkürlich verteilt, sondern unter einem Buchstaben (F) zusammengestellt. Das wären zum einen unter F 2: Revelacio Gertrudis. / Liber spiritualis gracie40, also wohl der ‚Legatus divinae pietatis‘ der Gertrud von Helfta41 und der ‚Liber specialis gratiae‘ der Mechthild von Hackeborn42, sowie unter F 3: Revelacio Brigitte, duo volumina43, also die ‚Revelationes Sanctae Birgittae‘.44 38 39 40 41

42

43 44

Vgl. MBKD, Bd. 3,1, 91. SEXAUER (Anm. 37), 69. MBKD, Bd. 3,1, 95, Z. 31f.; Ms. lat. qu. 372, fol. 26r–v. Zu einer neu entdeckten ‚Legatus‘-Handschrift, die aus Buxheim stammen könnte, siehe BALÁZS J. NEMES: Text Production and Authorship. Gertrude of Helfta’s ‚Legatus divinae pietatis‘, in: A Companion to Mysticism and Devotion in Northern Germany in the Late Middle Ages, hg. v. ELIZABETH ANDERSEN u.a., Leiden, Boston 2014 (Brill’s Companions to the Christian Tradition 44), 103–130, hier 108: „Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 8° Cod. 203, fols. 55r–57v (possibly from the Buxheim Charterhouse, first quarter of the 16th century with extracts from ‚Legatus‘ III, 47 and 69 [sic] and IV, 26).“ Definitiv aus Buxheim stammen die ‚Legatus‘-Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 15332 (aus dem Jahr 1412), vgl. ebd., 106, sowie zwei Handschriften des sogenannten ‚Botten‘, der Übertragung des ‚Legatus‘ ins Deutsche, siehe RACHA KIRAKOSIAN: The Earliest Transmitted German Redaction of the Legatus: Gotha, Forschungsbibliothek, Chart. B 269, in: Analecta Cisterciensia 69 (2019), 178–197, hier 184 Anm. 18: „The ‚botte‘ can be found in the following Buxheim manuscripts: London, University College, MS Germ. 24; Augsburg, Benediktinerabtei St. Stephan, Hs 38.“ In ihrem Beitrag stellt KIRAKOSIAN die Hypothese auf, dass die Übertragung des ‚Legatus‘ ins Deutsche durch die Kartäuser erfolgt sei. Da auch der ‚Liber‘ in der Augsburger Handschrift (vgl. Anm. 41) überliefert ist, und das direkt im Anschluss an den ‚Legatus‘ (fol. 57v–64r u. 64v–66r), also genau in der Reihenfolge, wie die beiden Werke im Buxheimer ‚Registrum‘ aufgeführt werden, könnte es sich tatsächlich um die im ‚Registrum‘ gemeinte Handschrift handeln, vgl. dazu die noch unveröffentlichte Dissertation von LINUS UBL mit dem Titel: Manifestation und Konstruktion von Frauenmystik. Prozessuales Schreiben in der oberdeutschen Überlieferung der Mechthild von Hackeborn (URL: https://ora.ox.ac.uk/objects/uuid:566f5cd7-ea74-4e6a-b8b6-c2f538ec092c [Zugriff am 02.05.2020]), die mir der Autor für meine Recherchen freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Ebenfalls aus der Kartause Buxheim stammen einerseits Berlin, Staatsbibliothek, Ms. lat. qu. 779, das den ‚Liber specialis gratiae‘ Mechthilds enthält (URL: http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj3101960 [Zugriff am 02.05.2020]), und andererseits Berlin, Staatsbibliothek, Ms. theol. lat. qu. 324/1, das fol. 217r–218r einen Auszug aus demselben Werk überliefert, vgl. GERARD ACHTEN: Die theologischen lateinischen Handschriften in Quarto der Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz Berlin, Teil 2: Ms theol. lat. qu. 267–378, Wiesbaden 1984, 124. MBKD, Bd. 3,1, 95, Z. 32; Ms. lat. qu. 372, fol. 26r–v. Inzwischen weiß man, dass in Buxheim auch Mechthild von Magdeburg repräsentiert war. Die Handschrift Berlin, Staatsbibliothek, Ms. theol. lat. qu. 324, überliefert Exzerpte in Form von Paraphrasen, „die den Inhalt ausgewählter Teile der ‚Lux divinitatis‘ sentenzenartig zusammenfassen, gelegentlich auch kommentieren“, siehe Mechthild von Magdeburg: ,Lux divinitatis‘ –

214 Sebastian Holtzhauer

Alle frauenmystischen Werke, die die Kartause besaß, stehen dementsprechend in einer ununterbrochenen Reihe und folgen zudem unmittelbar auf das in Spitzenstellung (F 1) anzutreffende ‚Speculum beate Marie virginis‘ – Maria war die Schutzheilige der nach ihr benannten Buxheimer Kartause (‚Aula B. Mariae‘, ‚Maria Saal‘). Dass die Zurechnung der oben genannten Werke zur Signaturengruppe F nicht gänzlich ohne Ordnungssinn erfolgt sein konnte, bestätigen zudem weitere mystische Schriften, die dort zu finden sind.45 Eine explizite Unterscheidung von mystischer und ‚frauenmystischer‘ Literatur ist hingegen nicht auszumachen. Da etwaige (An)Ordnungsprinzipien des Verzeichnisses, anders als bei anderen Verzeichnissen und Katalogen (s.u.), nicht expliziert wurden, können sie nur auf Grundlage der Daten selbst rekonstruiert werden. Weil sich die Datenlage für die Buxheimer Kartause jedoch recht spärlich ausnimmt, kann lediglich festgehalten werden, das frauenmystisches Schrifttum in unmittelbarer Nachbarschaft unter dem Signaturbuchstaben F verzeichnet wurde. Dass sich dahinter Absicht oder wie beim Erfurter Katalog gar ein spezifisches ,Programm‘ im Sinne einer Lektüreanleitung verbirgt, kann daher nur vermutet werden.46

IV.

Die Kartause Straßburg

Zur Kartause Straßburg (1335–1591) gibt es einen Katalog vom Ende des 16. Jahrhunderts.47 Dabei handelt es sich um zwei von Prof. Johann Pappus

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,Das liecht der gotheit‘. Der lateinisch-frühneuhochdeutsche Überlieferungszweig des ‚Fließenden Lichts der Gottheit‘. Synoptische Ausgabe, hg. v. BALÁZS J. NEMES, ELKE SENNE unter Leitung von ERNST HELLGARDT, Berlin, Boston 2019, XLVI. F 7: Mistica theologya, volumen (MBKD, Bd. 3,1, 96, Z. 7; Ms. lat. qu. 372, fol. 27r); F 8: Mistica theologia, volumen. | Mistica theologia, volumen. | Gerson de mistica theologia [...] (ebd., Z. 7f.; fol. 27r); F 9: Mistica theologia. […] Tractatus Gerson super misticam theologicam (ebd., Z. 14 und 15f.). Gleichwohl findet sich der Eintrag Mistica theologia noch unter H 12 (ebd., 99, Z. 25) und – diesmal erneut eindeutig Gerson zugeordnet – unter J 16 (ebd., 100, Z. 12): Tractatus Johannis Gerson de oracione. | Mistica theologia eiusdem. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf volkssprachige mystische Handschriften, die Gegenstand einer eigenen Untersuchung waren und darauf schließen lassen, dass sie den Laienbrüdern bestimmt waren: NIGEL F. PALMER: Beobachtungen zu einer Gruppe von schwäbischen MystikHandschriften des 15. Jahrhunderts. Mit dem Textabdruck einer mystischen Spruchsammlung der Handschrift Reading, UL, MS. 137, in: Deutsche Mystik im abendländischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ansätze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998, hg. v. WALTER HAUG, WOLFRAM SCHNEIDER-LASTIN, Tübingen 2000, 605–652; vgl. dazu die von BALÁZS J. NEMES beschriebene Handschrift Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. oct. 700 (URL: http://www.manuscripta-mediaevalia.de/?xdbdtdn!%22 obj%2031257534%22&dmode=doc#|4 [Zugriff am 02.05.2020]). Abgedruckt in CHARLES SCHMIDT: Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, Straßburg 1882, 51–67 („Beilagen, II. Catalog der Karthäuser-Bibliothek“). SCHMIDTs Charakterisierung der Bibliothek liest sich ebd., 20f., wie folgt: „Den Haupt-

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 215

im Quartformat verfasste Hefte.48 Heft eins (‚Index librorum bibliothecæ Carthusianæ in membranis exaratorum‘) ist in sieben Repositorien unterteilt (S. 51–64), die den einzelnen Repositorien zugeordneten Titel haben durchlaufende Zahlen (1 bis 283). Unter der Nummer 132 (Repositorium IV) auf S. 58 findet sich der Eintrag: De XI millibus virginum. De S. Catharina. Gesta Elisabeth de Leodio. Vita Mariæ de Oegines (Oignies). Während die Angabe De S. Catharina offenlässt, ob es sich um Katharina von Alexandrien oder Katharina von Siena handelt, referiert die letzte Angabe auf die von Jacques de Vitry abgefasste Vita zur aus Brabant stammenden Begine Maria von Oignies (um 1177–1213). Nur wenige Zeilen später findet sich unter der Nummer 138 (Repositorium IV) auf S. 58 folgender Eintrag: Liber gratiæ spiritualis S. Mechtildis. De miraculis b. Virginis et de XI millibus virginum. Auch in Straßburg war also ein ‚Liber specialis gratiae‘ der Mechthild von Hackeborn vorhanden. Genau wie die Nummern 132 und 138 überliefert auch Nummer 136 im selben Repositorium die Legende von Ursula und den elftausend Jungfrauen, hier zusammen mit Mirakeln der heiligen Jungfrau: Miracula b. Virginis et historia XI millium virginum. Signifikantes lässt sich daraus nicht ableiten, jedoch: Werke von und zu Frauen, eben auch Mystikerinnen, häufen sich an dieser Stelle des Repositoriums auffällig und viele ‚umliegende‘ Bände weisen einen Marienschwerpunkt auf. Im Heft zwei (‚Libri carthusiani‘), das mit wenigen Ausnahmen Drucke enthält und diese klar ersichtlich zunächst nach verschiedenen Formaten (von Folio nach Sexternio) und schließlich nach Räumen (in prima bzw. secunda exedra) ordnet (S. 64–67), ist zum hier verhandelten Thema nichts von Belang zu finden.49 Dabei ist allerdings mit STEPHEN MOSSMAN zu konzedieren, dass das von Pappus Aufgezeichnete „scarcely represents the medieval holdings of the Strasbourg Charterhouse“50, und auch NIGEL F. PALMER vermisst „the large body of late-medieval paper manuscripts, which one

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bestandtheil der Bibliothek bildete selbstverständlich die Theologie: Kirchenväter, Scholastiker, Mystiker, Predigten, Commentare, Heiligenleben, liturgische Bücher, die Regeln und Gewohnheiten des Karthäuser-Ordens […].“ Siehe ebd., 20 Anm. 3: „Die Schrift verräth die Hand des Prof. Johann Pappus. Sieder, der nicht nur ein gelehrter Theolog, sondern auch ein eifriger Bücherfreund und ein Liebhaber der Strassburger Lokalgeschichte war, hat in den Catalog auch die historischen Notizen aufgenommen, die in einige der Bücher eingeschrieben waren.“ Das einzig Bemerkenswerte mag hier – statt ‚klassischer‘ Jenseitstexte – der auf 64 unter dem Quartformat verzeichnete Itinerarius Johannis de Mandevilla militis sein, vgl. Anm. 21. STEPHEN MOSSMAN: Bodleian Library, Ms. Don. e. 250. An Introduction, in: Oxford German Studies 46 (2017), 141–145, hier 143.

216 Sebastian Holtzhauer

might expect on the basis of comparison with what has survived from the charterhouses in Basel, Cologne, and Mainz.“51

V.

Die Kartause Basel

Für die Bibliotheken der Kartause Basel (1401–1564) sowie der Kartause Mainz (s.u.) erscheint die Überlieferungslage überaus günstig. Etwa neun Zehntel der Buchbestände der ehemaligen Kartäuserbibliothek in Basel seien noch erhalten, so eine Schätzung MAX BURCKHARDTs.52 Darunter befinden sich glücklicherweise auch mehrere Kataloge (s.u.), ein Ausleihbuch (1482–1527) sowie ein Stifterverzeichnis. Der Katalog des Jacob Louber (1440–1513), „ein Verzeichnis nach den Signaturen bzw. Standorten“53, ist verlorengegangen, legte damals aber den Grundstein für eine systematische Neuaufstellung der Bibliothek: Dazu gehörte vor allem die Aufteilung in zwei Hauptabteilungen, die bibliotheca antiqua für die Handschriften und die älteren Drucke und die bibliotheca nova für die neu einlaufenden gedruckten Bücher. Beide Abteilungen wurden durch Unterteilung in je neun Gruppen so übersichtlich gestaltet, daß jedem Buch sinngemäß sein spezieller Platz zugewiesen werden konnte. Louber gab jedem Band einen Kurztitel und trug diesen samt Signatur vorne ein. Im neuen Bibliotheksraum, den er selber über dem Kapitelsaal seitlich des Mönchschors hatte einwölben lassen, fanden die Bücher ihre Aufstellung.54

Später kam Urban Moser ins Spiel, der wie Louber an der Universität Basel studiert und „sich in den Kopf gesetzt hatte, die Kataloge Loubers auf sinnvolle Weise zu ergänzen und auszuwerten.“55 Das von ihm um 1515 ausgearbeitete Gesamtrepertorium (Basel, Universitätsbibliothek, Cod. AR I 4a) stellt ein alphabetisch nach Autoren, Titeln und Sachbegriffen geordnetes

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The Prayer Book of Ursula Begerin, Bd. 1, hg. v. JEFFREY F. HAMBURGER, NIGEL F. PALMER, Zürich 2015, 480. MAX BURCKHARDT: Bibliotheksaufbau, Bücherbesitz und Leserschaft im spätmittelalterlichen Basel, in: Studien zum städtischen Bildungswesen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1978 bis 1981, hg. v. BERND MOELLER u.a., Göttingen 1983 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-Historische Klasse; Dritte Folge 137), 33–52, hier 34. Vgl. zur Basler Kartause etwa auch die Untersuchung von VERONIKA GERZ-VON BÜREN: La tradition de l’œuvre de Jean Gerson chez les chartreux. La chartreuse de Bâle, Paris 1973. BURCKHARDT (Anm. 52), 36. Ebd., 35f. „Hauptquelle für die Leistung Loubers bildet der Bericht seines Nachfolgers im Amt des Bibliothekars Georg Carpentarius in dem von diesem verfaßten zweiten Teil der Basler Kartäuserchronik, cap. 1, Basler Chroniken“, siehe ebd., 36 Anm. 8. Vgl. zur Einordnung der Leistung Loubers auch MAX BURCKHARDT: Aus dem Umkreis der ersten Basler Universitätsbibliothek, in: Basler Zeitschriften für Geschichte und Altertumskunde 58/59 (1959), 155–191, hier 178f. BURCKHARDT (Anm. 52), 36.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 217

Verzeichnis dar.56 Georg Carpentarius († 1527), der nach Moser für die Bibliothek verantwortlich zeichnete, nahm bei einigen Bänden Umsignierungen vor, als er für die zwei Bibliotheksräume jeweils einen Standortkatalog (Basel, Universitätsbibliothek, Cod. AR I 2 = ‚Registrum pro antiqua bibliotheca cartusiae Basiliensis‘; Basel, Universitätsbibliothek, Cod. AR I 3 = ‚Registrum pro nove bibliotheca cartusiae Basiliensis‘) erstellte.57 Eine Übersicht zu den Schriften, die Mystikerinnen zugerechnet oder über diese abgefasst wurden, liest sich für Mosers Repertorium wie folgt:58 Bi (fol. 61v): Quindecima orationes birgitte de passione domini E li [k.A.] ∣ j xlv [k.A.] ∣ j xlviij [k.A.] ∣ E 33 [k.A.] ∣ E xxxij [k.A.] ∣ E 68 [k.A.] ∣ E 73 [E 12 3m]59 ∣ ij [k.A.] ∣ lvi [k.A.] ∣ Jtem in vulgarj d lx ∣ d xlviij ∣ d xlix ∣ d l ∣ d lj ∣ d lij ∣ d liij . Vide ludovicus . Jtem horologium . zit etc Jtem d lvj ∣ d lviij [⇾ ‚Orationes de passione Christi‘, Birgitta von Schweden zugeschrieben]60 Excerpta […] ex reuelacionibus sancte birgitte E xlv [k.A.] ∣ E lxij [k.A.] ∣ E xxxvij [k.A.] [⇾ Birgitta von Schweden ‚Revelationes‘] Ca (fol. 73r): 56

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Das Digitalisat ist samt hervorragender Handschriftenbeschreibung online abrufbar unter dem URL: https://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/ubb/AR-I-0004a (Zugriff am 02.05.2020). Die Digitalisate sind samt exzellenten Handschriftenbeschreibungen online abrufbar unter dem URL: https://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/ubb/AR-I-0002 sowie https://www.e-codices. unifr.ch/de/list/one/ubb/AR-I-0003 (Zugriff am 02.05.2020). Carpentarius stand vor dem Problem, die vielen Neubestände in die bereits bestehenden einzupflegen, so BURCKHARDT (Anm. 52), 37f.: „Dabei wollte er diese Umgestaltung möglichst schonend und trotzdem effizient vornehmen. Er begann mit dem Ändern der Signaturen und mit Zusätzen zum Repertorium Urban Mosers. Als aber diese Korrekturen sich in unliebsamer Weise zu häufen begannen, legte er als Beilage zum Repertoriumstext eine Konkordanz in Kolonnenform an, in der bei ungefähr 450 Positionen von den alten im Repertorium befindlichen Signaturen zu den neuen gültigen verwiesen ist. […] Als endgültiges Resultat seiner Neukatalogisierung legte er einen neuen Standortskatalog in zwei Bänden an, in den über seine Zeit hinaus sämtliche Bücher der Hauptbibliothek bis zum Erlöschen des Klosters in den 1560er Jahren nachgetragen sind.“ Die besagte Konkordanz in Form einer Tabelle ist fol. 4r bis 11r zu finden. In der folgenden Aufführung gebe ich zur besseren Vergleichbarkeit die neuen Signaturen von Carpentarius direkt hinter denen Mosers in eckigen Klammern mit an; wo keine vorhanden ist, steht „k.A. [= keine Angabe].“ Ich löse hier und im Folgenden die Abbreviaturen der Handschrift auf, halte mich aber ansonsten (die Allographie ſ/s ausgeschlossen) buchstabengetreu an deren Schreibung. Einen senkrechten Strich (∣) füge ich zwischen den einzelnen Signaturen ein, die in der Handschrift nicht immer durch Interpungierung voneinander abgesetzt sind. Durch Unterstreichung werden spätere Nachträge (wohl alle durch Carpentarius) gekennzeichnet. Hierbei müsste es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 47 handeln, in dem auch der ‚Liber specialis gratiae‘ zu finden ist, vgl. Anm. 69. Hierbei handelt es sich um einen Gebetszyklus, in dem Jesus Christus den drei Visionärinnen Birgitta, Elisabeth (von Schönau) und Mechthild (von Magdeburg oder von Hackeborn?) seine Passion offenbart.

218 Sebastian Holtzhauer legenda sancte Catherine de senis sororis de poenitentia ordinis […] C xxxix [k.A.] ∣ A 7 [A cxlij] [⇾ Katharina von Siena] Reuelacio quaedam Catherine de senis E lix [k.A.] [⇾ Katharina von Siena] Ex horrationes l [?] Catherine de senis appropinquare hora mortis sue E cxlviij [k.A.] [⇾ Katharina von Siena] El (fol. 99r): Reuelationes virginis Elisabeth de sconaugia h 8 [C 82] [⇾ Jacobus Faber Stapulensis ‚Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‘]61 Excerpta ex reuelationibus Elisabeth de sconaugia E xxxvij [k.A.] [⇾ Elisabeth von Schönau: ‚Liber revelationum‘] Hi (fol. 174r): Prophetia hildegardis de antichristo A xlv [C lxiij] [⇾ wohl Auszug aus Gebeno ‚Speculum futurorum temporum‘ zu Hildegard von Bingen] Hi (fol. 174v): Vaticinium hildegardis Monialis b 8 [B lxxx] [⇾ Hildegard von Bingen ‚Oraculum Hildegardis‘] lu (fol. 202r): lux diuinitatis Mechtildis virginis C lxviij [k.A.]62 [⇾ Mechthild von Magdeburg ‚Lux divinitatis‘] de bonitate religionis et prauitate quorumdam religiosorum ex libro qui dicitur lux diuinitatis E xv [k.A.] [⇾ Mechthild von Magdeburg ‚Lux divinitatis‘, Exzerpt] me (fol. 208v): Opera Melchtildis [sic] virginis63 1. Reuelacionis trium virorum scilicet herme vguetini et roberti et trium virginum scilicet hildegardis Elisabeth et Mechtildis h 8 [C 82] [⇾ Jacobus Faber Stapulensis ‚Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‘]

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Die Signatur ist identisch mit der unter me wie Mechthild von Magdeburg verzeichneten (Nr. 1), welche wiederum dem ‚Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‘ zuzuordnen ist, der Schriften Hildegards von Bingen, Elisabeths von Schönau und Mechthilds von Hackeborn vereint, vgl. NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), 490 Anm. 6. Handschriften in der Universitätsbibliothek Basel, die Werke Elisabeths von Schönau enthalten, sind: (1) Cod. A VI 36 (die ehemalige Signatur C. XV stimmt mit keiner der obenstehenden überein), vgl. GUSTAV BINZ: Die deutschen Handschriften der Oeffentlichen Bibliothek der Universität Basel, Bd. 1: Die Handschriften der Abteilung A, Basel 1907, 66–69, hier 68 Nr. 7 (‚Liber revelationum‘) und Nr. 8 (‚Epistola ad abbatem de Ottenheim missa‘) sowie weitere umstehende Texte zu Ursula und den elftausend Jungfrauen; vgl. zu dieser Handschrift auch KURT KÖSTER: Elisabeth von Schönau. Werk und Wirkung im Spiegel der mittelalterlichen handschriftlichen Überlieferung, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 3 (1951), 243–315, hier 308 (Nr. 118), der als alte Signatur D XLV angibt (ebenfalls keine Übereinstimmung mit den Katalogsignaturen); (2) Cod. A VIII 26, vgl. KÖSTER, ebd., 299 (Nr. 99), Nr. 2 (‚Liber revelationum‘). Hier handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 6, vgl. NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), XLIIIf. und 491 Anm. 7. Eine mit einigen Verlesungen behaftete Transkription der Handschriftenseite ist auch abgedruckt in NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), 490f.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 219 2. lux diuinitatis C lxviij [k.A.]64 [⇾ Mechthild von Magdeburg ‚Lux divinitatis‘] de bonitate religionis et prauitate quorumdam religiosorum ex libro qui dicitur lux diuinitatis. E xv [k.A.] [⇾ Mechthild von Magdeburg ‚Lux divinitatis‘, Exzerpt] liber spiritualis gratie reuelationum Mechtildis de quo etiam supra E 77 [J lxxxj]65 ∣ E 103 [E clx]66 [⇾ Mechthild von Hackeborn ‚Liber specialis gratiae‘] 3. Oratio Mechtildis quam semper dicebat post quinque pater noster E lxxx [k.A.]67 ∣ E li [k.A.]68 ∣ E 73 [E 12 3m]69 ∣ E 39 [E clxxij] ∣ E 51 [k.A.] [⇾ Mechthild von Hackeborn ‚Liber specialis gratiae‘] 4. Quinque gaudia diuine resurectionis j xxxiiij [k.A.] [⇾ Mechthild von Hackeborn ‚Liber specialis gratiae‘] 5. Quinque Salue ad Mariam virginem pro negligentijs jn eius horis j xl [k.A.] ∣ E 37 [J xxix] [⇾ Mechthild von Hackeborn ‚Liber specialis gratiae‘] 6. Tria Aue Maria cum tribus orationibus pro bona morte j xl [k.A.] ∣ E 116 [k.A.] [⇾ Mechthild von Hackeborn ‚Liber specialis gratiae‘] Aliqua excerpta ex reuelationibus Mechtildis E 10 [E xl]70 Vr (fol. 303r): Reuelationes Elisabeth de Schonaugia de vndecim milibus virginum C xxx [k.A.] ∣ C viij [k.A.] ∣ E lxxv [k.A.] [⇾ Elisabeth von Schönau ‚Liber revelationum‘]

Die mit Abstand meisten Signaturen entfallen in die Sektion E, die Carpentarius in seinem ‚Registrum pro antiqua bibliotheca‘ als continens diuersos tractatus ac Deuotionalia, quibus et affectus inflammatur et intellectus illuminatur (AR I 2, fol. 33r) definiert,71 darunter die ‚Orationes de passione 64 65

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Siehe Anm. 62. Hier handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A IX 3, fol. 4r–186r, vgl. NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), 491 Anm. 9. Die Handschrift wurde von Carpentarius geschrieben, vgl. UBL (Anm. 42). Hier handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A IX 34, fol. 66r–275r, vgl. NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), 491 Anm. 10, wobei bemerkt wird, dass die Handschrift auch die Signatur E clx aufweise, ohne dass dies ursächlich auf Carpentarius zurückgeführt wird. Eine ausführliche Beschreibung der Handschrift findet sich auch bei BINZ (Anm. 61), 139–141, dort auf 141 Nr. 7: ‚Liber specialis gratiae‘. Die Handschrift wurde von Urban Moser geschrieben, vgl. UBL (Anm. 42). Hier handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 94, vgl. NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), 491 Anm. 12. Hier handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 96, vgl. ebd., 491 Anm. 13. Hier handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 47, vgl. ebd., 491 Anm. 14 (die Signatur an selber Stelle jedoch zu E 13 verlesen). Diesen Eintrag meinte BALÁZS J. NEMES: Von der Schrift zum Buch – vom Ich zum Autor. Zur Text- und Autorkonstitution in Überlieferung und Rezeption des ‚Fließenden Lichts der Gottheit‘ Mechthilds von Magdeburg, Tübingen, Basel 2010 (Bibliotheca Germanica 55), 109 Anm. 52 Mechthild von Hackeborn zuordnen zu können. Revidiert wurde diese Ansicht in NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm. 44), 491 Anm. 18. Dazu gehören auch zwei weitere Handschriften, die bei Moser nicht verzeichnet sind: Eine mit Exzerpten des ‚Liber specialis gratiae‘ (Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B X 36, fol. 140r– 200v) weist die alte Kartäusersignatur E xiiij 2m auf, vgl. NEMES / SENNE / HELLGARDT (Anm.

220 Sebastian Holtzhauer

Christi‘ der Ps.-Birgitta, die ‚Revelationes Sanctae Birgittae‘,72 Katharina von Siena zugehörige Texte, der ‚Liber revelationum‘ der Elisabeth von Schönau, Mechthilds von Magdeburg ‚Lux divinitatis‘, sowie der ‚Liber specialis gratiae‘ Mechthilds von Hackeborn bzw. Auszüge aus diesem. Umsignierungen durch Carpentarius, die diese Sektion betreffen, verblieben meist in E (bzw. wechselten dort zwischen bibliotheca antiqua [römische Nummerierung] und nova [arabische Nummerierung]). Eine Ausnahme davon bildet der Band, dem die Mosersche Signatur E 37 zugeordnet wurde und der einen Auszug aus dem ‚Liber specialis gratiae‘ Mechthilds von Hackeborn enthalten (haben) muss. Carpentarius ordnete ihn in die Sektion J um (J xxix),73 die pro libris pusillis et deuotionalibus aptatum, continet opuscula diuersa quorundam deuotissimorum virorum: in quibus religiosus quisque proficere satagens congrua sibi poterit exercitia continuę deuotionis inuenire (AR I 2, fol. 62v). Das gleiche geschah mit dem liber spiritualis gratie reuelationum Mechtildis de quo etiam supra (E 77 ⇾ J lxxxj).74 Auf diese Sektion entfallen des Weiteren die ‚Orationes de passione Christi‘ der Ps.-Birgitta sowie der ‚Liber specialis gratiae‘ bzw. Auszüge daraus. Dabei ist zu konzedieren, dass die Sektionen E und J allem Anschein nach deutliche inhaltliche Überschneidungen aufweisen: MAX BURCKHARDT sieht unter ihnen „die mehr oder weniger zeitgenössische Devotionalienliteratur“ gefasst,75 diese Sammlung steche ins Auge: „Hier steht alles, was das ausgehende Mittelalter zur Pflege der individuellen Andacht geschrieben hat.“76 Das ‚Informatorium‘, welches zwölf von Carpentarius gemäß der Ordensstatuten verfasste Regeln enthält und dem ‚Registrum‘ vorangestellt ist,77 erwähnt die beiden Sektionen ebenfalls in einem Atemzug, jedoch aus formalen Gründen. Unter Regel VI (De modo registrandi) heißt es, dass besonders in den Sektionen E und J (maxime in armarijs E et J) kleinere Codices vorkämen, deren Buchdeckel nicht genug Platz böten, um die vollständigen

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44), 491 Anm. 18, eine weitere, in der sich ein Gebet aus dem ‚Liber specialis gratiae‘ befindet, die Signatur E clvi (Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A XI 62) (vgl. ebd., 491 Anm. 11; BINZ [Anm. 61], 306–316, hier 310 Nr. 18: ‚Indulgentiae et orationes‘). Einmal unter der Signatur E xxxvij zusammen in einem Codex mit dem ‚Liber revelationum‘. Vielmehr tauschte er die Signaturen der Bände, vgl. die Konkordanzliste im ‚Repertorium‘ (AR I 4a, fol. 11r). Siehe dazu UBL (Anm. 42): „Dass der Codex von der Signaturengruppe E nach J wechselte, könnte darauf hindeuten, dass man nun wieder mehr an der Biographie Mechthilds interessiert war und weniger am Inhalt des jeweiligen Textes. Wohl deswegen wurde im Unterschied zu der in der Gruppe E verbleibenden Handschrift der Eigenname in Carpentarius’ Verzeichnis hinzugesetzt.“ BURCKHARDT (Anm. 52), 38. Ebd., 38f. Vgl. dazu SCHREIBER (Anm. 10), 12f.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 221

Titel genauso wie im Katalog anzugeben; man solle bei Fragen die Überschriften der einzelnen Abhandlungen konsultieren, wo die Titel in einer dem Katalog entsprechenden Form vorzufinden seien (vgl. AR I 2, fol. 2v).78 Dies berührt einen wichtigen Punkt: Carpentarius führt immer nur einen oder maximal zwei Titel zu einem Codex an, nicht dessen kompletten Inhalt – wenn nichts Schlagendes zu finden ist, verbleibt die Beschreibung im Allgemeinen (etwa zu E cxxxviij, fol. 41r: Libellus de diuersis materijs).79 Das hat den enormen Vorteil, dass er die Bücher in seinem Standortkatalog leichter einer eindeutigen Sektion zuordnen konnte. Andererseits – und das ist ein entscheidender Nachteil zumindest aus heutiger Sicht – finden sich dadurch bei ihm nur recht wenige Einträge aus dem Repertorium Mosers explizit aufgeführt. Tatsächlich lassen sich nur zwei Einträge Mosers aus der obigen Liste auch bei Carpentarius nachweisen: E xlv Orationes quindecim sancte Bregitte et cetera (AR I 2, fol. 64v), E lxxxj Liber spiritualis gratie. Mechtilde (AR I 2, fol. 66v).80 Dieses Problem wird im ‚Informatorium‘ von Carpentarius reflektiert, wenn er unter Regel IX ausführt, dass einige denken mögen, dass viele der Bücher anders klassifiziert werden müssten, da ihr Inhalt nicht mit dem Titel des Buchregals, in dem sie stünden, übereinstimmt oder sich in diesem widerspiegelt – eine Situation, die von den Betreffenden als unangebracht und unorganisiert betrachtet werde.81 Zwar sieht Carpentarius ein, dass einige Bücher aufgrund ihrer inhaltlichen Vielfalt genauso gut auch anderswo stehen könnten, doch sei eine Umordnung äußerst 78

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Die Edition des lateinischen Textes ist zu finden in Georg Carpentarius: Informatorium Bibliothecarii Carthusiensi Domus Vallis Beatae Margarethae in Basilea Minori, hg. v. LUDWIG SIEBER, Basel 1888. Eine englische Übersetzung ist abgedruckt in BARBARA HALPORN: The Carthusian Library at Basel, in: The Library Quarterly 54 (1984), 223–244. Das kann allerdings auch ganz praktische Gründe gehabt haben. So vermutet SCHREIBER (Anm. 10), 16: „Nimmt man noch an – was ich für verschiedene von mir eingesehene Handschriften belegen kann –, daß die im Katalog gemachte Titelangabe nicht eine Verzeichnung des Inhalts, sondern eine Abschrift des Titelschildes der Handschrift ist, so ist wiederum erwiesen, daß es dem Verfasser des Katalogs nicht auf Inhaltsangaben, sondern auf Beschreibungen ankam, die so knapp wie möglich das Aussehen der Handschrift umreißen sollten, für welche die Aufnahme in diese Kataloge die Bürgschaft für ihre Sicherheit bedeutete.“ Neu hinzu kommt bei Carpentarius unter der Signatur J xv Exercitium spiritale quotidianum (AR I 2, fol. 63r) die von ihm selbst geschriebene Handschrift Basel, Universitätsbibliothek, A X 95, die fol. 223r–247v einen Auszug aus dem ‚Liber specialis gratiae‘ Mechthilds von Hackeborn enthält (URL: https://www.e-codices.unifr.ch/de/description/ubb/A-X-0095/HAN [Zugriff am 02.05.2020]). Regel XI des ‚Informatorium‘ (De libris Nouis) gibt zu erkennen, dass beim Erhalt neuer Bücher, die zu klein bzw. dünn waren oder zu unterschiedliches Material enthielten, um sie einem bestimmten Regal bzw. einer spezifischen Sektion zuzuordnen, eine Zusammenbindung erst erfolgen sollte, wenn sich genügend weitere Bücher mit verwandten Thematiken angesammelt hätten. Faszikel durften zudem solange nicht entliehen werden, bis sie zu einem Buch gebunden waren, es sei denn, man erhielt vorher die Erlaubnis des Priors (vgl. AR I 2, fol. 3v).

222 Sebastian Holtzhauer

schwierig (denn die Signaturen aller verzeichneten Titel in allen vorhandenen Katalogen müssten dann angepasst werden) und daher zu vermeiden. Auf Sektion C entfallen einmal die legenda sancte Catherine de senis (C xxxix), einmal die ‚Lux divinitatis‘ Mechthilds von Magdeburg (C lxviij) und zweimal der ‚Liber revelationum‘ der Elisabeth von Schönau (C xxx und C viij). Da diese Sektion vor allem libros sive codices historiales atque poeticos (fol. 19v) beinhaltet, findet sich hier viel Hagiographisches. Sowohl der ‚Liber revelationum‘ als auch die ‚Lux divinitatis‘ dürften vor allem aufgrund der stärker gewichteten Mitüberlieferung bei C zu finden sein.82 Zumindest der ‚Liber revelationum‘ ist auch noch einmal unter E lxxv zu finden. Den ‚Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‘ hat Carpentarius von H nach C (allerdings bibliotheca nova) geordnet, die Prophetia hildegardis de antichristo – ursprünglich A – ebenfalls nach C (bibliotheca antiqua). In der Summe kann man also eine deutliche Vereinheitlichung bei Carpentarius’ Signaturenvergabe bezüglich Handschriften erkennen, die frauenmystische Texte beinhalten, wobei hierfür allerdings die Mitüberlieferung der frauenmystischen Texte den Ausschlag gegeben haben dürfte, kaum diese selbst. Dass die legenda sancte Catherine de senis einmal in A verblieben und das ‚Oraculum Hildegardis‘ in B belassen wurde, kann vermutlich ebenfalls durch deren Mitüberlieferung plausibilisiert werden, die bei der Zuordnung zur Sektion schwerer gewichtet worden sein dürfte.83 Frauenmystische Texte spielten hier keine Rolle, wenn es um die (An)Ordnung von Texten in einem Katalogeintrag zu einer bestimmten Handschrift geht. Einzig zu den ‚Orationes de passione Christi‘ Birgittas gibt es einen Hinweis (wohl von der Hand Carpentarius’) auf volkssprachliche Überlieferung, hier jedoch gleich mehrfach und mit einem zusätzlichen Verweis auf den Ein-

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So ist etwa unter hi (AR I 4a, fol. 174r) die historica lombardica sanctorum – u.a. mit der Signatur C viij – durch Mosers Hand verzeichnet (vgl. auch den Nachtrag durch Carpentarius unter lo [AR I 4a, fol. 199r]: Lombardica historia, sowie den Eintrag Legenda Sanctorum Longobardica in AR I 2, fol. 20r), was diesen Text eindeutig als Mitüberlieferung des ‚Liber revelationum‘ der Elisabeth von Schönau ausweist. Ähnlich gelagert ist der Fall bei den Signaturen C xxx (nachweisbare Mitüberlieferung: Historia de vndecim milibus virginum. et virginis quadam in Hollandia, AR I 2, fol. 21r) und C lxviij (nachweisbare Mitüberlieferung: Epistolę Eusebij et Cyrilli de sancto Hieronymo, AR I 2, fol. 23r). So führt Carpentarius zur Signatur A cxlij an: Musica cum hymnis et textu Sequentiarum (AR I 2, fol. 13r – unter A fallen u.a. die Artes liberales, vgl. ebd., fol. 5r), zu B lxxx: Decreta Plurima. acta in Concilio Basilensi (AR I 2, fol. 18v – B vereint die libros Juris canonici Ciuilisque uel eiusmodi, vgl. ebd., fol. 14r).

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 223

trag ludovicus, womit der spanische Kardinal Ludovicus Alfonsi von Cabezon gemeint ist, der 51 Artikel zu Birgittas Leben und den von ihr gewirkten Wundern verfasste und ein eifriger Befürworter ihrer Kanonisation war.84 Wenn es zu den lateinischen Jenseitstexten zwar keine direkten Überschneidungen gibt, was etwaige Codices angeht, so werden sie bei Moser doch in der überwiegenden Zahl denselben Sektionen zugeschrieben:85 Dem ‚Elucidarium‘ des Honorius, scripture per modum dialogi, finden sich die Signaturen C lxxij, E cvj, h xxvij und j lxxix zugeordnet (fol. 99r),86 dem ,Purgatorium Patricii‘ die Signatur E clxiiij (fol. 231v)87 und der ‚Visio Tnugdali‘ alias de raptu anime Tundali die Signaturen E xlv, E xxxi und E 99 (fol. 294v). Bei Carpentarius findet sich nur einmal die ‚Visio Tnugdali‘, und zwar unter E cxxxj (fol. 40v). Da es in der Konkordanztabelle keinen Querverweis von einer der Signaturen, die Moser der ‚Visio Tnugdali‘ zugeordnet hat, auf Signaturen bei Carpentarius gibt, kann es sich um keinen der ursprünglich schon bei Moser aufgeführten Bände handeln. Zum Abschluss des Kapitels möchte ich noch einen kurzen Blick auf die Laienbibliothek der Kartause Basel werfen. Erachtet man den aus den Repertorien Mosers und Carpentarius’ rekonstruierten Katalog der Laienbibliothek von WOLFRAM SEXAUER88 als charakteristisch für deren damaligen Gesamtbestand, dann war das frauenmystische Schrifttum deutlich unterrepräsentiert89 im Vergleich zu den häufiger nachzuweisenden Jenseitstexten in volkssprachlichen Übersetzungen (alle Einträge wohl von der Hand 84

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Vgl. PAVLÍNA RYCHTEROVÁ: Die Offenbarungen der heiligen Birgitta, Köln u.a. 2004, 70f. Unter Umständen wird an dieser Stelle auf den Eintrag unter lu bei Moser verwiesen: determinacio ludouici romani pro concilio basilensi etc. (AR I 4a, fol. 202r). Der Konkordanztabelle von Carpentarius (s.o.) sind keine Angaben zu Signaturänderungen zu entnehmen. Hinzufügung von späterer Hand: Jtem .h. 51 . sub forma peruula et titulo Elucidarius theologicus. Obwohl ich zu dieser Signatur keinen entsprechenden Eintrag – weder bei Moser noch bei Carpentarius – ausfindig machen konnte, ist davon auszugehen, dass sie auf denselben Codex referiert, in welchem auch eine Redaktion der ‚Visio Edmundi monachi de Eynsham‘ bewahrt wird und der identisch ist mit Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VI 16 (fol. 185r–211r: ‚Visio Edmundi monachi de Eynsham‘; fol. 211v–224r: ,Purgatorium Patricii‘), vgl. HOLTZHAUER (Anm. 24), 191. SEXAUER (Anm. 37), 160–170. Durch die Dissertation von UBL (Anm.42) bin ich auf zwei Handschriften aufmerksam geworden, die sich allerdings weder bei Moser noch bei Carpentarius finden. Bekannt ist der ‚Liber specialis gratiae‘ (IV,56) in einer deutschen Übersetzung in der Handschrift Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 51 (fol. 38r–42v), die vor ihrem Eingang in die Kartause Margret Zschampi gehörte (vgl. URL: https://www.e-codices.unifr.ch/de/description/ubb/A-VIII-0051/HAN [Zugriff am 02.05.2020]). Carpentarius hat ihm die Signatur D xxv zugewiesen, jedoch keinen Eintrag in einem der beiden Kataloge getätigt, vgl. dazu auch den Kommentar von SEXAUER (Anm. 37), 167. Selbiges gilt für Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B XI 19, wo sich fol. 126v und (nahezu identisch) fol. 135v–137v ein Mechthild von Hackeborn zugeschriebenes Gebet (V,6) findet (vgl. URL: https://www.e-codices.unifr.ch/de/description/ubb/B-XI-0019/HAN [Zugriff am 02.05.2020]).

224 Sebastian Holtzhauer

Carpentarius’): der ‚Lucidarius‘ (Lucidarius in vulgarj . B . xxxviij, fol. 202r),90 die ‚Visio Tnugdali‘ (sub lingua vere vernacula Jn libraria familiarum laicorum C.iiij ∣ C.viij, fol. 294v), die Mirakel des Arnt Buschmann (Visones Arnoldi de busch. de quodem spiritu. C xxvij . Jn armario vulgarj, fol. 31v), die ‚Reise des hl. Brandan‘ (Vita siue historia de .S. Brandano in vulgari. C.xv. in armario vulgarj, fol. 69v).91 Aus den Signaturen des Laienkatalogs lässt sich bedauerlicherweise inhaltlich nichts ableiten, denn „die Bücher sind nach den Bandformaten [...] gegliedert.“92 In den Basler Katalogen ist, anders als etwa im Erfurter Katalog, den Offenbarungstexten keine eigene Kategorie vorbehalten. Die Zuordnung der frauenmystischen und Jenseitsliteratur erfolgte daher nach anderen Prinzipien, beide wurden meistenteils in die Sektion E einsortiert, die laut Carpentarius diuersos tractatus ac Deuotionalia (s.o.) enthielt. Dieser Sektion inhaltlich am nächsten verwandt war Sektion J, auf die ebenfalls viele der hier im Fokus stehenden Texte entfallen. Dass die beiden Sektionen auch aufgrund der in ihnen zu findenden Buchformate als zusammengehörig erachtet wurden, wie aus dem ‚Registrum‘ deutlich wird, bedürfte sicher weiterführender Untersuchungen. Schließlich ist an den Katalogen auch dort eine stärker historia-orientierte Perspektive abzulesen, wo sie frauenmystisches Schrifttum der Sektion C (codices historiales) zugeordnet haben. Welches Bild bieten die (An)Ordnungsprinzipien der Mainzer Kartäuserbibliothek vor dem Hintergrund des bisherigen Erkenntnisstandes?

VI.

Die Kartause Mainz

Ähnlich wie auch in der Basler Kartause häuften sich in der Kartause Mainz (1320–1781)93 gerade im 15. Jahrhundert für die damalige Zeit geradezu

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Auch in ihm ist die alte Signatur E xv nachzuweisen, die sich jedoch in keinem der Kataloge mit einer zum tatsächlichen Inhalt der Handschrift passenden Beschreibung wiederfindet, vgl. dazu auch den Kommentar von SEXAUER (Anm. 37), 169. Wenn Signaturen, wie sie im ‚Registrum‘ zur älteren Bibliothek zu finden sind, auch für die Bücher der Laienbibliothek vergeben wurden, machen die dort vorzufindenden Hinweise wie etwa Jn libraria familiarum laicorum oder das recht häufige Jn armario vulgarj zum Zweck der Unterscheidung der Standorte durchaus Sinn. Von späterer Hand auch nachgetragen unter dem Stichwort Elucidarius (fol. 99r): Jtem in vulgari B xxxvjjj. Vgl. dazu HOLTZHAUER (Anm. 24), 193f. Anm. 616. A = forma regalis, B = forma arcualis, C = forma textualis, D = forma regularis, E = minoris, vgl. SEXAUER (Anm. 37), 157f. Vgl. zur Geschichte der Kartause und ihrer Bibliothek HEINRICH SCHREIBER: Die Bibliothek der ehemaligen Mainzer Kartause. Die Handschriften und ihre Geschichte, Leipzig 1927 (Beiheft zum Centralblatt für Bibliothekswesen 60); zur institutionellen Geschichte insbesondere

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 225

enorme Buchbestände an. Allein jener Katalog (Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 577 = Kat. I), der zwischen 1466 und 1470 entstanden ist, verzeichnet 1500 Handschriften und Drucke.94 Von diesen sind – eine weitere Ähnlichkeit zur Kartause in Basel – noch sehr viele erhalten: „Innerhalb der Handschriftensammlung stellen die ca. 630 mittelalterlichen Codices aus der Mainzer Kartause die größte Provenienz dar […].“95 Abgesehen vom Kat. I existiert noch ein weiterer Katalog (Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 576 = Kat. II), der auf um 1520 datiert.96 Anders als die Basler Bestände jedoch sind die Mainzer dank der Katalogisierungsarbeiten der jüngeren Zeit zu einem wesentlichen Teil bereits sehr gut aufgearbeitet,97 was die Referenzierung von mittelalterlichem Katalogeintrag und Handschrift oft überhaupt erst eindeutig nachvollziehbar macht. Das Nebeneinanderstellen von Handschriften, deren alte Signaturen sich noch erhalten haben, und den mittelalterlichen Katalogen der Mainzer Kartause ist methodisch zudem von besonderem Erkenntniswert, da solchermaßen quasi ex negativo allererst sichtbar wird, was in den Katalogen nicht oder in anderer Reihenfolge als in der Deskription des jeweiligen Codex nachzulesen98 verzeichnet wurde.

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JOHANNES SIMMERT: Die Geschichte der Kartause zu Mainz, Mainz 1958 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 16) sowie FRIEDRICH STÖHLKER: Nachträge zur Geschichte der Mainzer Kartause, in: Mainzer Zeitschrift 66 (1971), 45–57. Vgl. ANNELEN OTTERMANN: Dieß Buch ist der Carthuser By Mentz. Die Bibliothek der Mainzer Kartause, in: Gutenberg. aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Katalog zur Ausstellung der Stadt Mainz anlässlich des 600. Geburtstags von Johannes Gutenberg, 14. April – 3. Oktober 2000, hg. v. der Stadt Mainz, Mainz 2000, 277f., hier 277; vgl. zur Datierung auch SCHREIBER (Anm. 93), 24. Ein Katalog der etwa 100 Handschriften umfassenden Laienbibliothek ist nicht mehr erhalten, vgl. ebd., 105. ANNELEN OTTERMANN: Die Geschichte der Kartause Mainz, in: Gutenberg (Anm. 94), 277. Zudem befindet sich ein größeres Konvolut von ehemaligen Kartäuserhandschriften in der Bodleian Library in Oxford, neuerdings erschlossen durch DANIELA MAIRHOFER: The medieval manuscripts from the Charterhouse at Mainz in the Bodleian Library, 2 Bde., Oxford 2018. Im Februar 2020 startete das von der DFG geförderte Projekt ‚Bibliotheca Cartusiana Moguntina – digital. Virtuelle Kartausebibliothek Mainz‘, und zwar mit dem erklärten Ziel, eine „Virtuelle Bibliothek mit den Handschriften der 1781 aufgelösten Mainzer Kartause auf dem Michelsberg“ aufzubauen (URL: https://www.ub.uni-heidelberg.de/wir/projekt_mainzer-kartause.html [Zugriff am 02.05.2020]). SCHREIBER (Anm. 93) liefert ausführliche Beschreibungen sowohl für Kat. I (20–31) als auch für Kat. II (41–45). Digitalisate der beiden Kataloge sind online verfügbar: Kat. I, URL: http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0128-3-1701 (Zugriff am 02.05.2020); Kat. II, URL: http://nbn-resolving. de/urn:nbn:de:0128-3-2174 (Zugriff am 02.05.2020). Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz, beschrieben von GERHARD LIST und GERHARDT POWITZ, Bd. 1: Hs. I 1 – Hs. I 150, Wiesbaden 1990; Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz, beschrieben von GERHARD LIST, Bd. 2: Hs. I 151 – Hs. I 250, Wiesbaden 1998; Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz, beschrieben von GERHARD LIST, Bd. 3: Hs. I 251 – Hs. I 350, Wiesbaden 2006. So bemerkt SCHREIBER (Anm. 93), 27: „Unverkennbare Absicht des Bibliothekars war es, für alle Bände den vollen Inhalt zu geben. [...] Meist ist die Reihenfolge der Titel eingehalten, wie

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Kat. I enthält neben einem noch im 15. Jahrhundert nachträglich der Handschrift hinzugefügten ‚Intellectus registri‘ (fol. 4v–5r), also einer Gebrauchsanweisung, ein kurzes Register von Schlagwörtern (fol. 6r–14r), die sich auf den folgenden Sachkatalog (fol. 15r–159r) beziehen, an welchen dann der Standortkatalog (fol. 168r–301v) anschließt.99 Der etwa 50 Jahre später entstandene Kat. II ähnelt in seinem Aufbau Kat. I. Auch er enthält einen Standortkatalog (fol. 85r–194r) sowie einen Sachkatalog (fol. 196r– 276v), beiden ist jedoch im Gegensatz zu Kat. I zusätzlich ein Autorenregister (fol. 2r–83r) vorangestellt.100 Es findet sich dort, also unter den aufgeführten Auctores et Doctores librorum in libraria montis S. Michaelis, keine Verfasserin frauenmystischer Texte. Das System der Signaturen hat sich ebenso nicht verändert, auch wenn einzelne Bände im Laufe der Zeit umsigniert wurden: Es handelt sich um ein Dreizeichensystem, bei dem auf einen Buchstaben (A–P) zunächst eine römische Ziffer folgte, die der Zuordnung zu einem bestimmten Pult in der Bibliothek entsprach, eine weitere Zählung (Primus–Quintus) gab das Fach an.101 Weder bei der ersten Vergabe einer Signatur noch bei einer Umsignierung spielte das Format

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sie im Codex aufeinander folgen; öfters aber steht eine erst an zweite oder dritte Stelle gehörende Schrift am Anfang, wenn sie es ihrer Bedeutung wegen verdient, vor allem wenn sie für die Einordnung des ganzen Bandes sachlich maßgebend war; manchmal ist durch eine kurze Bemerkung auf die Umstellung aufmerksam gemacht.“ (Hervorhebung im Original) Auf diesen Umstand weist auch der ‚Intellectus registri‘ von Kat. I hin: Denique eciam quamvis non in principio vel immediate citra ponantur principales materie libri vel tractatus, secundum exigenciam tamen vel intencionem constituencium ordinem librorum in medio vel eciam in fine aut citra reperientur materie signate vel principaliter intitulate (zitiert nach dem Abdruck bei SCHREIBER, siehe ebd., 192–194, hier 194). So wurden beispielsweise den einzelnen Titeln des unter der Signatur B xxvj s (fol. 181v) verzeichneten Bandes im Nachgang Minuskeln (a, b, c) entsprechend so zugeordnet, dass sie die tatsächliche Reihenfolge der Titel in der Handschrift wiedergeben, im Fall von F xxij qr (fol. 227v) wiederum sind es arabische Zahlen (1–9). Vgl. SCHREIBER (Anm. 93), 21f. Die Folioangaben folgen der aktuellen, d.h. dem Digitalisat technisch zugeordneten Zählung. Vgl. ebd., 41. Die Folioangaben folgen auch hier der aktuellen, d.h. dem Digitalisat technisch zugeordneten Zählung. Vor allem das Autorenregister zeigt klar, dass gerade mit dem Einzug des Buchdrucks „das Moment der Auffindung der Bücher […] stark in den Vordergrund [tritt] neben das der Sicherung“, siehe SCHREIBER (Anm. 10), 17; vgl. dazu auch WITKOWSKI (Anm. 9), 84f. Und dennoch war die Sicherung des Bestandes auch im Kat. II noch maßgeblich, da die sogenannten Sicherungsstichwörter, also die Initialwörter des zweiten beschriebenen Blattes des jeweiligen Bandes, weiterhin angeführt wurden. Sie sind aus heutiger Sicht von besonderem Wert, da sie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, die im Katalog verzeichneten Titel einem spezifischen Werk oder sogar einer bestimmten (Druck-)Fassung dieses Werkes zuzuordnen. Vgl. ANNELEN OTTERMANN: GM 32, in: Gutenberg. aventur (Anm. 94), 283; ausführlicher dazu SCHREIBER (Anm. 93), 34f. Dass dem tatsächlich so war, lässt sich auch aus dem oft gerade in Kat. I zu findenden Marginalkommentar vacat rückschließen, der das Fehlen eines Bandes an jenem Ort anzeigte. Ab und an wurden, ebenfalls am Rand, Umsignierungen vermerkt.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 227

des Bandes in irgendeiner Weise eine Rolle, maßgeblich waren allein inhaltliche Gesichtspunkte.102 Zwar kann man bei der Vergabe der Buchstaben A bis P von einem groben inhaltlichen Raster sprechen, es ist jedoch in keiner Weise mit dem der Kartause Basel vergleichbar, wo jedem Signaturbuchstaben eine eigene Beschreibung der Sektion gewidmet ist. Die inhaltlichen Überschneidungen zwischen verschiedenen Buchstaben versuchte der Rubrikator aufzufangen, indem er „auch inhaltliche Überschriften“ lieferte, „meist seitlich quer an den Rand geschrieben, einzelne auf aufgeklebten Pergamentzetteln.“103 Der ‚Intellectus registri‘ half zusätzlich bei der Orientierung, da er die Signaturbuchstaben aufzählt und zu ihnen – zwar nicht vollständig, aber doch recht umfänglich – die dort zu findenden Themengebiete aufzählt: A Bibel und Altes Testament mit Erläuterungsschriften, B ebenso das Neue Testament […]. In C beginnen die Doctores und Auctores, wie es am Rand des Registers vermerkt ist und ebenso in großen Buchstaben in der Bibliothek. In I beginnen Sermones und setzen sich durch die folgenden Buchstaben fort. N enthält die Libri juris utriusque, O Medizin, P die Libri arcium, jede Abteilung in der ihr entsprechenden Ordnung.104

Ich werde im Folgenden die als Anhang beigegebene Tabelle, die eine Übersicht über die identifizierbaren Schriften von bzw. zu frauenmystischen bzw. Jenseitstexten aus der ehemaligen Kartause Mainz bietet, in alphabetischer Reihenfolge der Signaturen des Kat. I auswerten. Aufgrund der schieren Masse kann das hier nur selektiv erfolgen. In die Sektion, die auf fol. 178r von Kat. I ab B xvj – dort am rechten Rand durch die Rubrizierung Passionalia sanctorum markiert – beginnt, entfallen die Bände B xvij p (darin ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘)105 und B xvij t (darin ‚Vita S. Hildegardis virginis‘). Dabei wurden die im Kat. I von späterer Hand verzeichnete Umsignierung von B xvij s zu B xvij t und die ebenfalls von dieser Hand vorgenommene Neuverzeichnung von B xvij p (die frühere Signatur B xvij p wechselte zu B xvij s) im Kat. II (fol. 95v) eins zu eins übernommen. Allein die Einsortierung des neuen Bandes B xvij p in Spitzenstellung des Pults mit der ebenfalls initial und in etwas größerer Schrift verzeichneten ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘ könnte darauf hindeuten,

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Vgl. SCHREIBER (Anm. 93), 35. Ebd., 22. Dort, 22f., ist auch eine Liste zu finden, in welcher die Überschriften samt der Signatur, neben der sie im Katalog stehen, aufgeführt werden. Ebd., 25. Unter dem Buchstaben O (Libri medicinales) ist im Kat. I etwa Hildegards von Bingen ‚Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum‘ (O x qr) zu finden, siehe Anhang. Im selben Codex ist auch weitere mystische Literatur, etwa von Johannes Gerson, zu finden: Jo. gerson De contemplacione // Idem practica mystice theologie (Kat. II, fol. 95v).

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dass die anfängliche Differenzierung zwischen den Kategorien Passionalia sanctorum und Legenda sanctorum unter dem Druck des rasch zunehmenden Neubestands bald aufgegeben wurde.106 Die Zuordnung von B xvij t schließlich dürfte sich über die an erster Stelle aufgeführten Passionale sanctorum, also über einen bestimmten Text der Mitüberlieferung, ergeben haben. Der Rubrik Legende sanctorum, die mit B xix beginnt, finden sich die Bände B xx t (darin ‚Vita S. Hildegardis virginis‘), B xxiij s (darin ‚Navigatio sancti Brendani abbatis‘),107 B xxv t (darin ‚Visio Pauli‘) und B xxvj s (darin ‚Navigatio sancti Brendani abbatis‘) zugewiesen.108 Während B xx t in Kat. II nach vorn umsortiert wurde (B xiij qn), was aber die gesamte Signatur B xx und die ihr zugeordneten Bände betrifft,109 B xxvj s ebenso (zu B xix qr) nach vorn gerückt wurde, wechselte B xxv t mit der darin befindlichen ‚Visio Pauli‘ gar zu M xix qn, also in eine komplett andere Signaturengruppe, die SCHREIBER als „eine Mischabteilung“110 bezeichnet. Ab Signaturengruppe C werden Bände zunächst nach einer jeweils ausgewählten Autorität geführt, die in ihnen vertreten ist, weswegen C viij qr (darin ‚Legatus divinae pietatis‘) mit dem initialen Eintrag Albertus magnus de adherendo deo entsprechend unter der Kategorie Albertus Magnus (beginnend mit C viij auf fol. 185v) zu finden ist, obwohl die Handschrift ansonsten ausschließlich Schriften anderer Autor(ität)en enthält (überwiegend Ps.-Dionysius Areopagita) und der ‚Legatus‘ mit 90 Folio nahezu ein Drittel des gesamten Codex füllt, wodurch er zudem der mit Abstand längste

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So werden fast alle eben genannten Werke samt ihren Signaturen später im Sachkatalog von Kat. II unter der neuen Sammelkategorie Passionale vel legende sanctorum Et vita Sanctorum angeführt. Im Kat. I offensichtlich eine Hinzufügung, da vorher an gleicher Stelle ein längerer Eintrag stand, der aber teilweise wegrasiert wurde. Auf der folgenden Seite (fol. 180v) ist unter B xxiij t der Eintrag Gesta sancti brandani abbatis durchgestrichen. Da es sich um den einzigen dort aufgeführten Titel handelt, könnten beide Bände zusammengebunden worden sein. Im alphabetischen Schlagwortkatalog wird unter Passionale (fol. 112v) allein die neue Signatur B xxiij s sowie eine weitere geführt: Vita sancti Brandani b xxiij p Idem M vij t. Der im Standortkatalog unter M vij t (fol. 273r) vorzufindende Titel Gesta brandani abbatis wiederum wurde durchgestrichen und mit dem Randvermerk vacat versehen. Da die anderen unter dieser Signatur verzeichneten und ebenfalls durchgestrichenen Titel im Sachkatalog von Kat. II nicht aufzufinden sind, ist der Band wohl aus der Bibliothek ausgeschieden. Im Kat. II ist unter B xix qr – zumindest über den Sachkatalog – noch ein weiterer Band mit der ‚Navigatio sancti Brendani abbatis‘ auszumachen. So etwa auch Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 200 (Kat. I: B xx s; Kat. II: B xiij t), vgl. LIST (Anm. 97), 442. SCHREIBER (Anm. 93), 23 Anm. 3.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 229

aller in der Handschrift enthaltenen Texte ist.111 Die (erstgenannte) Autorität wurde bei der Einordnung des Bandes also schwerer gewichtet als häufiger auftauchende Autoritäten oder mengenmäßig Überragendes – ein Phänomen, das noch des Öfteren zu beobachten ist. Der Band C xvj s (fol. 190v) wurde unter anderem aufgrund der initial genannten Meditaciones beati bernhardi der Autorität Bernhardus (beginnend mit C xiij) zugerechnet. Hinter dem ebenfalls in ihm enthaltenen Titel Visiones cuiusdam uirginis nun könnte sich ein weiterer ‚Liber specialis gratiae‘ verbergen, der etwa auch in Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 33 (alte Signatur: K xiij p) nachzuweisen ist,112 denn im Sachkatalog des Kat. II findet sich unter Visio (fol. 275v) der Eintrag: Visiones cuiusdam virginis / C xvj s / E xviij p / K xiij p. Die entscheidende Voraussetzung dafür wäre freilich, dass sich die betreffenden ‚Visionen einer (gewissen) Jungfrau‘ alle auf ein und dieselbe Jungfrau beziehen, also auf Mechthild von Hackeborn.113 Eine thematische Zuordnung entsprechend bestimmter Autoritäten erfuhren auch die im Folgenden behandelten Bände, in denen frauenmystisches Schrifttum bzw. Jenseitstexte auszumachen sind. Der Band mit der Signatur C xxv s (darin ‚Lucidarius‘) wurde aufgrund der Mitüberlieferung der Autorität Bartholomeus Anglicus (ohne Rubrik) zugeordnet.114 Auch der in Kat. I noch von anderer Hand nachgetragene Codex D ij qn (darin ‚Visio Tnugdali‘) wurde in Kat. II umsigniert zu D j s und damit in die neu entstandene Autoritätenkategorie zu Johannes von Dambach eingeordnet. Die ‚Revelationes Sancte Birgitte‘ in D xv t fügen sich durch die initial positionierten Epistole eusebij de morte gloriosissimi Jieronimi (fol. 204r) unter Eusebius (ohne Rubrik) ein, im Sachkatalog von Kat. II sind sie unter 111

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Unter Albertus magnus de adherendo deo ist aus heutiger Sicht ‚De fine religiosae perfectionis‘ des Johannes de Kastl zu fassen. In derselben Handschrift sind noch weitere mystische Schriften zu finden: ‚De mystica theologia‘ von Ps.-Dionysius Areopagita sowie, direkt im Anschluss an den ‚Legatus‘, ‚De theologia mystica‘ und ‚De mystica theologia practica‘ des Johannes Gerson, vgl. LIST/POWITZ (Anm. 97), 41f. Der ‚Legatus‘ wird aufgrund des verwendeten Titels (Jtem liber qui intitulatur memoriale habundancie diuine suanitatis, fol. 187r) im Sachkatalog von Kat. II unter Memoria (fol. 242r) geführt. Vgl. LIST/POWITZ (Anm. 97), 78. Der im Kat. I ebenfalls aufgeführte Band mit der Signatur E xviij p (fol. 216v) ist dem Stichwort Imago (ohne Rubrik) zugeordnet, da der erste Eintrag zu E xviij p entsprechend Ymago mundi (siehe ebd.) lautet, zu E xviij s dann Ymago uite (siehe ebd.), zu E xviij t ebenfalls Ymago vite (fol. 218r) und zu E xviij qr schließlich Tractatus qui intitulatur ymago vite (siehe ebd.). Die (allerdings ohne Rubrik) allein dem ‚Elucidarium‘ zufallende Signatur D xvij vereint nur Bände mit dem lateinischen Werk des Honorius Augustodunensis, nicht jedoch die deutschen Übersetzungen davon. Der entsprechende Eintrag im Sachkatalog von Kat. II (fol. 224v) lautet: Elucidarius Honorij presbyteri // D xvij p s qr qn / G viiij t / C xxiiij p, darunter: Ex elucidario / D xvij t, und als letztes in der Reihe: Elucidarius in Theuthonico / C xxv s / M xx s. Für D xvij s (in Kat. I ein Nachtrag von anderer Hand) ist zudem das ‚Purgatorium Patricii‘ verzeichnet.

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Reuelacio (fol. 258r) eingetragen. Die ‚Visio Pauli‘ wiederum ist im Band D xix s (fol. 206v, Nachtrag von anderer Hand) thematisch dem Liber francisci petrarche de uita solitaria, also Francesco Petrarca, untergeordnet.115 Band F iij t (darin ‚Visio Tnugdali‘), der in Kat. I (zumindest unter dieser Signatur) noch nicht verzeichnet war, wurde durch seine priorisierte Mitüberlieferung der Gruppe Missa (ohne Rubrik) subsumiert, die bei F iij p (Memoriale diuinorum sermonum de tempore et de sanctis) beginnt.116 Die Handschrift G i qn (darin ‚Revelationes Sancte Birgitte‘) wiederum ist durch den ersten Eintrag im Standortkatalog von Kat. I Petrus de Alliaco (ohne Rubrik) zugeordnet (vgl. fol. 230r), Band H xij t (darin ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘) schließlich der Gruppe Virtutes et vicia117 (Initialeintrag: Tractatus de vicijs et uirtutibus, fol. 243v). In die Signaturengruppe der Sermones (beginnend mit J j und bis in den Buchstaben L hineinreichend) gehört die sich im Band J x t befindende ‚Visio Morsei‘, die jedoch namentlich weder im Standortkatalog von Kat. I noch in dem von Kat. II erwähnt wird, wo sich allein der Eintrag Sermones saxonis de tempore per totum annum et commune sanctorum (Kat. I, fol. 250r) findet.118 Ebenfalls auf diese Gruppe entfallen der Band K xvj p mit dem weiter oben bereits besprochenen ‚Liber specialis gratiae‘ (Initialeintrag: Sermones de tempore et sanctis, fol. 257v)119 sowie der Band L iij p mit der ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘ und dem direkt anschließenden ‚Liber specialis gratiae‘ (Initialeintrag: Sermones super dominicam oracionem, fol. 262v). Der Band L xx p mit dem ‚Purgatorium Patricii‘ und der ‚Visio Edmundi monachi de Eynsham‘ macht durch die verzeichnete Mitüberlieferung zumindest deutlich, dass er nicht mehr der Sermones-Gruppe zuzuordnen ist

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Dieser Eintrag stellt ein gutes Beispiel für die selektiven Auswahlkriterien des Katalogisators bei der Beschreibung seiner Bücher dar, denn ‚De vita solitaria‘ des Francesco Petrarca befindet sich auf den Blättern der letzten Lage dieser zusammengesetzten Handschrift, vgl. LIST/POWITZ (Anm. 97), 261, was bedeutet, dass die im Standortkatalog sowohl in Kat. I als auch Kat. II angegebene Reihenfolge der Werke bzw. Titel erwiesenermaßen nicht mit der der Handschrift übereinstimmt. Es folgen (in Kat. I sowie Kat. II) F iij s: Tractatus super missam […], dann (nur noch in Kat. II) F iij t: De celebracione missarum, F iij qr: Jnnocencius De celebracione missarum cum oracionibus. Vgl. auch SCHREIBER (Anm. 93), 24 Anm. 2. Dass der Band die ‚Visio Morsei‘ enthält, ließ sich nur über die moderne Handschriftenbeschreibung erschließen. Der Band, der im Kat. II die Signatur J ix qr (darin ‚Revelationes Agnetis Blanbekin‘) trägt, ist im Kat. I nicht nachweisbar. Dort wurden alle bis dato vorhandenen J ix-Signaturen von späterer Hand abgeändert (J ix p zu J vj t, J ix s zu J vj s, fol. 249v), auf der folgenden Seite findet sich von gleicher Hand ein Eintrag: J ix querere k xxx. Hier wechselt die Signatur in Kat. II zu K xiij p, was jedoch ohne Konsequenzen für die Verortung im bestehenden Ordnungssystem bleibt.

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(vgl. fol. 267v),120 ein anderweitiges Ordnungskriterium ist den Bänden mit der Signatur L xx jedoch nicht zu entnehmen, sodass man bereits hier vom Übergang in die weiter oben erwähnte Mischabteilung sprechen kann, die sich mit der Signaturengruppe M fortsetzt.121 In dieser Gruppe nun ändert sich das Muster der vergebenen Signaturen deutlich, wenn man alle Bände nebeneinanderstellt, welche die hier im Fokus stehende Literatur überliefern. Wie ersichtlich wurde, weist die Verteilung bei den Buchstaben beginnend von B bis weit nach L hinein keinerlei Häufungen in einem bestimmten Bereich auf, sie wirkt eher arbiträr. Das liegt schlichtweg an der jeweiligen Priorisierung der Mitüberlieferung bei der Zuordnung der Signaturen zu einem bestimmten Stichwort, etwa einer Autorität (Bernhardus, Bartholomeus Anglicus etc.) oder einem Themenschwerpunkt (Virtutes, Missa, Sermones etc.). Auch die Einträge in den Sachkatalogen helfen bei einer zu rekonstruierenden thematischen Ein- und Anordnung eines Werks nur bedingt weiter, da sie in erster Linie Titelanfänge oder bestimmte Titelstichwörter des Werks so übernehmen, wie sie sich in der jeweiligen Handschrift wiederfinden. Spätestens aber im Buchstaben M nun sind gewisse Cluster zu erkennen. So sind die Signaturen M iij bis M vj durchgängig und teils mehrfach vertreten (nimmt man Kat. II dazu, dann sogar bis M viij), M xviij bis M xx und schließlich M xxiiij und M xxv (teilweise nur Kat. II). Der deutliche Zuwachs an Bänden von Kat. I zu Kat. II lässt sich nicht nur an der steigenden römischen Nummerierung ablesen (Kat. I: bis xxij; Kat. II: bis xxv), sondern mindestens genauso an der konsequenten Vergabe bis dato noch freigebliebener Stellen auf Position drei der Signaturen (zumeist Quartus und Quintus), welche auch und vor allem Bände mit frauenmystischen oder diesen angelagerten Texten oder solche, in denen Jenseitstexte vorzufinden sind, betrifft.122 In diesem Bereich kann man also für die Kartause einen deutlichen Zuwachs zwischen den Jahren 1470 und 1520 konstatieren. Eine detailliert vergleichende Auswertung der mittelalterlichen

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Die letzte Handschrift vor L xx p, für die im Standortkatalog noch Predigten verzeichnet werden, trägt die Signatur L xviij t (fol. 267r). Unter L fallen so zudem noch die Bände L xxiij s (darin zweimal ‚Liber specialis gratiae‘), L xxiiij p (darin ‚Revelationes Agnetis Blanbekin‘) sowie – jedoch nur in Kat. II nachzuweisen – L xxiij qn (darin Birgitta von Schweden zugeschriebene Christusgebete). Im Kat. II erstmals besetzt wurden: M j qn (zweimal ‚Liber specialis gratiae‘), M v qr (‚Orationes de passione Christi‘), M vij qn (Prophezeiung zum Jahr 1472), M xix qn (‚Visio Pauli‘, ehemals B xxv t), M xx qn (‚Visio Tnugdali‘). M v qn (‚Sermo angelicus‘) und M viij qr (‚Legenda s. Catherinae Senensis‘ etc.) sind schon im Kat. I Nachträge von späterer Hand, und M vj qr (‚Visio Tnugdali‘) ist in Kat. I später von anderer Hand geändert aus M vj s (in Kat. II dann aber wiederum umsigniert zu M xxiij qn).

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und neuzeitlichen Kataloge könnte weitere Ordnungskriterien zutage fördern, das kann in diesem Rahmen jedoch nicht geleistet werden.123

VII. Negativbefunde: Die Kartausen Freiburg und Güterstein Meine Nachforschungen zu den Kartausen Freiburg (1346–1782)124 und Güterstein (1439–1535)125 blieben leider ohne Ergebnis. Dass etwa Erstere, die „ein Mittelpunkt geistigen Lebens im damaligen Freiburg“ war und in regem Austausch mit der Basler Kartause stand,126 über ein gewisses Repertoire an mystischer Literatur verfügt haben muss, darf man wohl annehmen. Doch das, was im Necrologium – ein Verzeichnis oder Katalog ist nicht erhalten – zu finden ist, lässt darauf keinerlei Rückschlüsse zu.127 DIETER MERTENS wiederum befasst sich mit einem Inventar, das in der Endphase der Kartause angelegt wurde: In der Bibliothek fanden sich 4881 gebundene Bücher (Stück Bücher); diese Summe errechnet das Inventar, doch die Einzelpositionen ergeben zusammen 4921 Bände. Im oberen Gang der Bibliothek befanden sich auf vierzehn stellagen 2830 Bände, wobei die Handschriften und die deutschen Bücher auf eigenen Stellagen standen. Im unteren Stock waren auf 12 Stellagen und in der Nebenkammer, die 69 verbotenen Bücher eingerechnet, 2091 Bände untergebracht, sie waren teilweise nach dem Format aufgestellt.128

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Der Vollständigkeit halber werden hier noch drei Handschriften vermerkt, die für das abgesteckte Feld dieser Untersuchung thematisch relevant sind, aber weder in Kat. I noch in Kat. II eine Signatur erhalten haben: (1) Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 82 (darin fol. 99v–111v: Birgitta von Schweden: ‚Sermo angelicus‘ [Ex Reuelacionibus beate Brigitte]; fol. 112ra–156v: Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ [Exzerpte], vgl. LIST/POWITZ [Anm. 97], 154f.); (2) Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 110 (darin fol. 167v–168v: Ps.-Birgitta: ‚Orationes de passione Christi‘, vgl. LIST/POWITZ [Anm. 97], 190); (3) Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 318 (darin fol. 24r–v: Birgitta von Schweden [Zuschreibung]: ‚Orationes duae ad vulnera Christi‘ [Oratio et conclusio orationum sancte Brigitte], vgl. LIST [Anm. 97], 249). Ein kurzer geschichtlicher Abriss zur Kartause findet sich bei DIETER MERTENS: Zum Buchbesitz der Kartause Mons Sancti Johannis bei Freiburg im Breisgau, in: LORENZ (Anm. 12), 65– 81, hier 65–67. Zur Geschichte der Kartause ist die Monographie von ROLAND DEIGENDESCH: Die Kartause Güterstein. Geschichte, geistliches Leben und personales Umfeld, Leinfelden-Echterdingen 2001 (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 39) nach wie vor maßgeblich. JOSEF REST: Freiburger Bibliotheken und Buchhandlungen im 15. und 16. Jahrhundert, in: Aus der Werkstatt, den deutschen Bibliothekaren zu ihrer Tagung in Freiburg, Pfingsten MCMXXV, dargebracht von der Universitätsbibliothek, Freiburg im Breisgau 1925, 5–61, hier 41. Vgl. ebd., 42–44. MERTENS (Anm. 124), 67.

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Ob die Anordnung der Bände, unter denen sich immerhin 284 deutschsprachige Bücher (doch welchen Alters?) und 347 Handschriften befanden,129 noch auf die mittelalterliche Systematik zurückging, kann man mit MERTENS130 bezweifeln. Nach Auflösung der Kartause wurde der Buchbestand komplett an die Freiburger Universität überstellt, von wo aus wiederum „ein beträchtlicher Teil der Inkunabeln und einige Drucke des 16. Jahrhunderts […] an die Hofbibliothek in Wien abgegeben werden [mussten].“131 So lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt anhand von Indizien nur plausibilisieren, dass es ein früheres Signaturensystem aus dem 16. Jahrhundert gegeben hat und wie es aussah (littera, columna- und numerus-Zählung),132 aber (noch) nicht, wo (frauen)mystisches Schrifttum innerhalb dieses Katalogsystems verortet wurde bzw. wo es dann in der Bibliothek ursprünglich aufgestellt war. Zur Gütersteiner Kartause ist ein Verzeichnis von Büchern überliefert (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. theol. et phil. 4° 78),133 bei dem es sich jedoch „nicht um einen ‚klassischen‘ Bibliothekska-

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Ebd. gibt MERTENS einiges aus dem Inventar (Freiburg im Breisgau, Erzbischöfliches Archiv, Finanzkammer, Specialia Klöster 49a) wieder: „Im oberen Gang in den vierzehn Stellagen: Theologi 109, Casuisten 126, Philosophi 158, Scholasti 179 + 174, Germanici 284, Manuscripta 347, Spirituales 366 + 279 + 164 + 140, Contraversisten 133 + 162 + 209; im unteren Stockwerk einschließlich der Nebenkammer: Folianten 112 + 131 + 147 + 180 + 127, Biblia 97 + 167 + 120 + 141 + 141 + 164 + 109 + 386, verbottene Bücher 69.“ Die Mitteilungen des Fürstabtes Martin Gebert, der die 347 Handschriften noch besichtigte, bevor die Kartause aufgelöst wurde, verhandeln nur einige wenige ausgewählte Codices, die nichts Mystisches enthalten, vgl. MARTIN GEBERT: Reisen durch Alemannien, Welschland und Frankreich. Aus dem Lateinischen in das Deutsche übersetzt von JOHANN LUDWIG KÖHLER, Ulm u.a. 1767, 347–349; eine an GEBERT orientierte Aufzählung findet sich auch bei MERTENS (Anm. 124), 67f. Vgl. MERTENS (Anm. 124), 69: „Vor allem hat sich unter den [heute noch in der Freiburger Universitätsbibliothek zu findenden, Anm. d. Verf.] Handschriften kein Bibliothekskatalog der Kartäuser gefunden. Es muß mehrere Kataloge – mindestens zwei – gegeben haben. Denn die Bücher haben im 18. Jahrhundert neue Signaturen erhalten […]. Ob in der Aufstellung der Bücher in den 14 Stellagen, wie sie das Inventarium von 1776 wiedergibt, die Signaturen wiederzuerkennen sind, ist fraglich; ebenso, ob die Rubriken des ‚Elenchus‘ [vgl. dazu die folgende Fußnote, Anm. d. Verf.] auf dem Kartäuserkatalog beruhen.“ Vgl. ebd., 68. Der ‚Elenchus librorum‘ (Freiburg im Breisgau, Universitätsarchiv, A 25/273), der die 395 gedruckten Bücher zusammenfasst, die nach Wien gingen, wird bei MERTENS (Anm. 124), 68f., lediglich summarisch ausgewertet, ist aber ergiebiger als die bei PETER SCHMIDT: Die Universität Freiburg i. Br. und ihre Bibliothek in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Freiburg im Breisgau 1987 (Schriften der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau 12), 40f., zu findenden Informationen. Eine nochmalige Durchsicht des ‚Elenchus librorum‘, die für diesen Aufsatz nicht geleistet werden konnte, förderte unter Umständen noch Neues zum hiesigen Thema zutage. Vgl. MERTENS (Anm. 124), 70. Abgedruckt in MBKD 1, 159–175. Ebd., 154 datiert auf „zwischen 1450 und 1476“.

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talog handelt“, sondern eher um eine ‚Bücherliste‘, wie ROLAND DEIGENDESCH feststellt.134 Vielmehr sind es zwei Listen, wobei die erste die Bestände nach Schenkern sortiert aufführt und die zweite „großenteils dieselben Titel [nennt], nur daß sie nicht nach Schenkern sondern – so muß man vermuten – nach systematischen Kriterien geordnet werden sollten.“135 Die zweite Liste betreffend betonte schon WOLFRAM SEXAUER „das Fragmentarische dieser Aufstellung“136, was in der Konsequenz bedeutet, dass kein vollständiges Verzeichnis (mehr) existiert.137 Nach Auswertung des Verzeichnisses kommt ROLAND DEIGENDESCH zu dem abschließenden Urteil: „Die Bücher sind zwar in hohem Maße zeittypisch; einen Schwerpunkt bildet die von Wien ausgehende theologische Richtung, die auf eine praktisch ausgerichtete Theologie (persönliche Erbauung, Seelsorge) zielt.“138 Unter den von ihm aufgelisteten Handschriften und Drucken, deren Provenienz eindeutig nach Güterstein verweist, befindet sich „ein Traktat über mystische Theologie des Thilmann Mosenus, 1501.“139 Auch dem Verzeichnis selbst fehlt ein mystischer Schwerpunkt, was zwar die geistesgeschichtliche Prägung der Kartause in keiner Weise widerspiegelt, aber dem Umstand der Schenkungen selbst geschuldet sein dürfte. Diese sind wiederum auf die spezifischen (und eben allem Anschein nach eher nicht-mystischen) Interessen ihrer früheren Besitzer zurückzuführen, sodass auch WOLFRAM 134

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ROLAND DEIGENDESCH: Bücher und ihre Schenker. Die Bücherlisten der Kartause Güterstein in Württemberg, in: LORENZ (Anm. 12), 93–109, hier 96. Vgl. ebd., 97. Auch für STELLO (Anm. 26), 79, ist das Inventar „ohne erkennbare Ordnung“ verfasst. Die erste Liste leitet Einträge nach der Nennung des Schenkers des Öfteren nach dem Muster Alius liber/libellus ein, während Liste zwei nach kurzer Zeit vom ‚Item‘-Prinzip zu einer Aufstellung nach aufsteigenden Ordnungszahlen übergeht, vgl. MBKD, Bd. 1, 173. SEXAUER (Anm. 37), 88. Sowohl SEXAUER als auch DEIGENDESCH konnten sich dabei bereits auf die Beschreibung in MBKD, Bd. 1, 156, stützen: „Der Katalog zerfällt in zwei Teile. Der erste geht von fol. 131r– 143v und ist nach den Schenkern der Bücher geordnet. Innerhalb der Gruppen, die oft durch freie Strecken getrennt sind, werden bisweilen Unterabteilungen gemacht nach dem Material der Handschrift, ihrem Wert oder Inhalt. [...] Vollkommen einheitlich sind die Aufzeichnungen weder im kleinen noch im großen, die Beschreibungen lassen manchmal an Genauigkeit zu wünschen übrig. […] Der zweite und letzte Teil des Katalogs, von fol. 149r–151r, ordnet die Bücher nicht nach Schenkern oder Käufern, sondern nach dem Inhalt unter beiläufiger Erwähnung des Erwerbers. Zum größten Teile sind es wieder die schon vorher genannten Bücher, jedoch nicht alle. Das Verzeichnis ist nicht zu Ende geführt worden.“ Anhand erhaltener Exemplare ließ sich für SEXAUER (Anm. 37), 92, rekonstruieren, dass „Handschriften-Signaturen damals – wenn überhaupt – offenbar erst in einem Anfangsstadium vorhanden“ waren, es „jedoch die üblichen Signaturen, bestehend aus Buchstabe und Zahl“ gegeben hat. DEIGENDESCH (Anm. 134), 108. Ebd., 113–115 (= „Anhang 2“), findet sich das nach Bibliotheken geordnete Verzeichnis; der genannte Eintrag steht auf Seite 113 und ist der Bayerischen Staatsbibliothek in München (Clm 28646) zuzuordnen.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 235

SEXAUER nur zu dem Schluss kommen kann: „Die Titel der Bücherlisten vermögen so ohne weiteres darüber hinwegzutäuschen, daß die Mystik in Güterstein eine bedeutende Rolle gespielt hat.“140

VIII. Fazit Zu Beginn wurde die Frage aufgeworfen, ob der Erfurter Katalog mit seinem spezifischen Programm ein Einzelfall war oder ob auch andere Kataloge eine ähnliche Komplexität oder Raffinesse aufweisen. Zumindest in Bezug auf frauenmystische Schriften kann diese Frage klar verneint werden. So sind separate Bereiche oder gar Sektionen für solche Schriften in einigen Katalogen (Buxheim, Basel) in Ansätzen zwar durchaus zu finden, doch ist schon die Grundvoraussetzung dafür – eine thematische Anordnung der Buchbestände in der Bibliothek bzw. ein Repertorium, das die Bände nach rein thematischen Gesichtspunkten systematisiert – bei Weitem nicht in allen Kartäuserkatalogen gegeben. Die Methoden im 15. und am Anfang des 16. Jahrhunderts, mit Hilfe derer man meinte, der Bücherflut Herr werden und einen Überblick über sie behalten zu können, waren noch zu uneinheitlich. Zu unterschiedlich waren die Formate und Ziele der Registrierung kartausenübergreifend, und nicht alle Kataloge oder Listen sind erhalten geblieben. Repositorien mit durchlaufenden Zahlen (Straßburg) oder nach Buchformaten geordnet (Katalog der Basler Laienbibliothek141; Straßburg) helfen von vornherein nicht bei der Rekonstruktion inhaltlicher Systematisierungskriterien. Stichhaltige Ergebnisse hingegen konnten für die Kartause Basel (Katalog der Konventualen/Mönche) erbracht werden. Den erläuternden Sektionsüberschriften von Carpentarius entsprechend fallen die meisten Bücher mit frauenmystischen Schriften entweder in die Sektion E, welche diverse Traktate sowie Frömmigkeitstexte zum Entfachen des Affekts bzw. zum Erleuchten des Intellekts enthält, oder in die Sektion J, die ebenfalls Erbauliches vereinen sollte. In seinem ‚Informatorium‘ werden Schwierigkeiten bei der thematischen Zuordnung von Sammel- bzw. zusammengesetzten Handschriften durchaus reflektiert, und wo es geht, versuchte Carpentarius die Vereinheitlichung der Signaturen voranzutreiben. Doch welche Rolle dabei die Mitüberlieferung der frauenmystischen und Jenseitstexte in 140 141

SEXAUER (Anm. 37), 94. Laienkataloge sind generell nicht so häufig überliefert, und wenn, dann scheinen sie eher äußeren Ordnungskriterien wie dem Buchformat zu gehorchen. Das könnte als Indiz dafür gewertet werden, dass die wesentlich kleineren Laienbibliotheken erstens besser überschaubar und zweitens den großen Aufwand der Herstellung eines eigenen Standort- geschweige denn Autoren- oder Sachkatalogs oft nicht wert waren.

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den Handschriften spielte, lässt sich heute kaum noch erkennen. Könnten wesentlich mehr heute noch erhaltene Codices ganz eindeutig bestimmten Einträgen in mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Katalogen zugeordnet werden, dann ließen sich die (An)Ordnungskriterien der Bestände in den Katalogen und Bibliotheken selbst noch besser eruieren.142 Insbesondere für die Mainzer Kartäuserkataloge ließ sich nachweisen, wie dominant die Mitüberlieferung der untersuchten Texte in Hinblick auf die An- und Einordnung der Handschriften ist. Überhaupt wurde im Katalog thematisch wesentlich gröber sortiert als etwa bei Basel und erst recht im Vergleich zu Erfurt; auch verbleiben die Hinweise zur Anordnung der Bestände im angehängten ‚Intellectus registri‘ eher im Allgemeinen. Verdichtet treten frauenmystische Schriften bzw. Jenseitstexte hier erst im Buchstaben M, einer Mischabteilung, auf, welcher zudem keine marginalen In-

142

Zusätzliche und ergänzende Hinweise ließen sich aus der Erforschung einzelner Kartäuserpersönlichkeiten und ihrer Schriften gewinnen, wie das Beispiel des Vinzenz von Aggsbach zeigt, der – siebzigjährig – „im Oktober und November des Jahres 1460 […] die dicta S. Hildegardis aus einer Tegernseer Handschrift“ kopierte, siehe MARC-AEILKO ARIS: Hildegard bei den Kartäusern. Beobachtungen zur handschriftlichen Überlieferung der Werke Hildegards von Bingen im Spätmittelalter, Trier 1999 (Mitteilungen und Verzeichnisse aus der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars zu Trier 13), 12. ARIS konnte ebd., 14f., durch die Untersuchung eines Briefwechsel den Zusammenhang erhellen, in welchem Vinzenz das Werk kopierte: „Gleichwohl ist die Diskussion um die Erkenntnisbedingungen der mystischen Theologie nicht der Kontext, innerhalb dessen Vinzenz auf die Werke Hildegards aufmerksam wird. Aus einem früheren, ausführlicheren Brief [vom 22. Juni 1459, Anm. d. Verf.] wird deutlich, daß Vinzenz außer Hildegard von Bingen auch Dorothea von Montau, Katharina von Siena und Birgitta von Schweden gelesen und für seine Überlegungen fruchtbar gemacht hat.“ Vinzenz ist darüber hinaus in diesem Briefwechsel, vgl. ebd., 15, der Meinung, dass Dorothea zusammen mit ihren Zeitgenossinnen, Birgitta von Schweden, als der ältesten, und Katharina von Siena, als einer ihr gleichaltrigen, im Kontext der Visionsmystik des Spätmittelalters beurteilt werden müsste. ARIS glaubt, den Katalogeintrag K 8,1 (Item Hildegardis virginis prophecia, MBKÖ, Bd. 1, 608, Z. 5), als Vinzenz’ Autograph identifizieren zu können, dem mit K 7,1 (Item legenda Katherine de Senis, siehe ebd., Z. 2) und K 7,2 (Item divina doctrina data Katherine ‹de› Senis, vgl. ebd., Z. 3) zwei Katharina von Siena zuzuschreibende Codices unmittelbar vorausgehen. Gerade Dorothea von Montau (B 9,4; B 9,5; E 8,2; J 16,2) und Birgitta von Schweden (B 9,6; B 10,4; E 8,2) waren noch mehrfach in der Bibliothek vertreten, Hildegard von Bingen noch mindestens ein weiteres Mal (B 7,7). Ähnlich ließe sich der mystische Bestand der Erfurter Kartause aus den von Bruder N. angelegten Rapiarien rekonstruieren, gäbe es den Standortkatalog nicht. Vgl. dazu MATTHIAS EIFLER: „Ich habe sehr neugierig gesucht und gelesen und fast alle Bücher der Bibliothek unseres Hauses durchgelesen.“ Beobachtungen zur Lektüre- und Studienpraxis in der Erfurter Kartause am Beispiel der Sammelhandschrift des Bruders N., in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 73 (2012), 103–132, sowie demnächst BEATE BRAUN-NIEHR / CAROLINE EMMELIUS / BALÁZS J. NEMES / CATHERINE SQUIRES: Mechthild bei den Kartäusern. Die Rezeption des ‚Fließenden Lichts‘ und der ‚Lux divinitatis‘ in der Sammelhandschrift Berlin Ms. theol. lat. oct. 89 aus der Kartause Erfurt. Erschließung – Edition – Untersuchungen (in Vorbereitung).

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 237

haltsrubriken beigestellt wurden, was andernorts im Katalog durchaus geschehen ist. Die Nähe dieser Texte zueinander innerhalb des Ordnungssystems könnte mithin als thematische Nähe und somit als ein spezifisches Charakteristikum der Kartäuserspiritualität im ausgehenden Mittelalter verstanden werden. Überschneidungen von frauenmystischem und auf das Jenseits ausgerichtetem Schrifttum finden sich im Übrigen auch im Basler Repertorium von Moser, vor allem in den Signaturen C, E, H und J. Ein Cluster, also eine Verdichtung von frauenmystischem Schrifttum, konnte nicht nur für Mainz, sondern auch für Buxheim festgestellt werden, wo unter dem Buchstaben F der ‚Legatus divinae pietatis‘, der ‚Liber specialis gratiae‘ und die ‚Revelationes Sancte Birgitte‘ unmittelbar aufeinanderfolgend aufgeführt werden und frauenmystische Texte zudem nicht ,ausgelagert‘ erscheinen, sondern sich mit der Theologia mystica zufallenden Schriften vermengen. Zumindest diesbezüglich konnte das Bild der bisherigen Forschung, die dem Katalog Willkür beim Anordnen der Buchbestände attestiert, entscheidend zurechtgerückt werden.143 An diesen Beitrag anschließende (Einzel-)Studien müssten den Fokus noch stärker auf die ‚Nachbarschaft‘ der hier verhandelten frauenmystischen Schriften und Visionstexte innerhalb der Signaturensysteme der Kataloge legen, und dort, wo es möglich ist, über die modernen Handschriftenbeschreibungen hinaus auch vermehrt intramanuskriptale sowie textimmanente Gesichtspunkte in die Analysen und Interpretationen einbeziehen. So ist gerade im Fall fehlender ,Sektionslabel‘ bei Sammelhandschriften und zusammengesetzten Handschriften insbesondere das Interesse hinter der Sammlung bzw. die zugrundeliegende Intention bei der Zusammenstellung von Belang, um historisch erhärten zu können, ob ein Text innerhalb der Textzusammenstellung einer Handschrift etwa als mystisch oder visionär betrachtet wurde. Hierzu gehört auch, individuelle Bemerkungen von Schreibern, abgeänderte oder hinzugefügte Prologe, sekundäre Benutzeranmerkungen und dergleichen mehr mit in die Interpretation von Gattungszugehörigkeiten einzubeziehen. Dieser Beitrag, der den Prozess der systematisierenden Abbildung von historisch gewachsenen Buch- und Wissensbeständen in den verschiedenen Kartausen über die Momentaufnahmen einzelner Kataloge nachzeichnet, versteht sich als erster Schritt, um ausgehend von der Quellenanalyse die jeweiligen Ordnungssysteme im Detail zu beschreiben.

143

Klassische Jenseitstexte, wie die im Anhang zu den Mainzer Katalogen aufgeführten, konnten für Buxheim hingegen nicht nachgewiesen werden, was einmal mehr die unterschiedliche und oft individuelle Schwerpunktsetzung der Kartausen bei der Anschaffung und Produktion ihrer literarischen Wissensbestände bestätigt.

238 Sebastian Holtzhauer

Anhang Tabellarische Übersicht über die identifizierbaren frauenmystischen bzw. Jenseitstexte aus der ehemaligen Kartause Mainz144 Standortkatalog (Kat. I)

Standortkatalog (Kat. II)

Sachkatalog / Autorenre- Titel/Werk gister (Kat. II)

B xvij p (fol. 178v): Legenda Katherine de senis [tanta et tam inusitata]

B xvij p (fol. 95v): Legenda S. Katherine de senis Raymundi [tanta et tam]

Autorenregister, fol. 73r (unter Raymundus): Legenda S. Katherine De Senis / B xvij p

Raimundus de Ca- unbekannt pua: ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘

B xvij t (fol. 178v): Vita sancte hillegardis primus et secundus et tercius

B xvij t (fol. 95v): Tres libri de vita S. Hildegardis

Sachkatalog, fol. 250v (unter Passionale vel legende sanctorum Et vita Sanctorum): Vita S. Hildegardis breuit. / B xvij t

Theodericus mon. Wien, Epternacensis: ÖNB, Cod. ‚Vita S. Hildegar- 624 (?) dis virginis‘

B xx t (fol. 179v): Tres libri de uita sancte hillegardis virginis [uirum ingenio claris] ?

B xiij qn (fol. 94r): Tres libri de vita S. Hildegardis [virum ingenio clarum]

Sachkatalog, fol. 250v (unter Passionale vel legende sanctorum Et vita Sanctorum): Tres libri De vitaS.hildegardis/Bxiijqn

Theodericus mon. Wien, Epternacensis: ÖNB, Cod. ‚Vita S. Hildegar- 624 (?) dis virginis‘

B xxiij s (fol. 180r): Vita sancti brandani

B xviij s (fol. 96r): Vita S. brandani

Sachkatalog, fol. 251r (un- ‚Navigatio sancti ter Passionale vel legende Brendani abbatis‘ sanctorum Et vita Sanctorum): Vita S. Brandani abbatis. / B xviij s / B xix qr / M xxiiij p

Oxford, BL, Laud. misc. 44145

B xxv t (fol. 181r): UNGENANNT

M xix qn (fol. 171v): Visio pauli

Sachkatalog, fol. 275r (un- ‚Visio Pauli‘ ter Visio): Visio S. Pauli // M xix. qn. :. De penis infernalibus

Hs. I 292 (fol. 89r– v)146

B xxvj s (fol. 181v): Brandani (Nachtrag)

B xix qr (fol. 96v): UNGENANNT

Sachkatalog, fol. 251r (un- ‚Navigatio sancti ter Passionale vel legende Brendani abbatis‘ sanctorum Et vita Sanctorum): Vita S. Brandani abbatis. / B xviij s / B xix qr / M xxiiij p

Oxford, BL, Laud. misc. 315 (?)147

144

145 146 147

mod. Sign.

Unterstreichung markiert den Wechsel von Signaturen zwischen Kat. I und Kat. II. Legenda: ÖNB = Österreichische Nationalbibliothek; BL = Bodleian Library. Vgl. HOLTZHAUER (Anm. 24), 196f. Vgl. LIST (Anm. 97), 125 Vgl. HOLTZHAUER (Anm. 24), 196f.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 239 C viij qr (fol. 187r): Jtem liber qui intitulatur memoriale habundancie diuine suauitatis

C viij qr (fol. 102r): Memoriale Habundancie suauitatis

Sachkatalog, fol. 242r (un- Gertrud von ter Memoria): Memoriale Helfta: ‚Legatus Habundancie suauitatis / divinae pietatis‘ C viij qr

Hs. I 13 (fol. 136ra– 225va)148

C xvj s (fol. 190v): Vi- C xvj s (fol. siones cuiusdam uirgi- 105r): Visiones nis cuiusdam virginis

Sachkatalog, fol. 275v (unter Visio): Visiones cuiusdam virginis / C xvj s / E xviij p / K xiij p

C xxv s (fol. 197r): Elucidarius in theutonico

C xxv s (fol. 108r): Elucidarius in vulgari

Sachkatalog, fol. 224v ‚Lucidarius‘ (unter Elucidarius): Elucidarius in Theuthonico / C xxv s / M xx s

D ij qn (fol. 199r): Jtem libellus de raptu anime tundali

D j s (fol. 109r): Sachkatalog, fol. 275v ‚Visio Tnugdali‘ De raptu anime (unter Visio): Visio Tundali militis Tundali militis / D j s / F iij t / M xx qn / M xxiij qn

D xv t (fol. 204r): Ex reuelacionibus beate brigitte virgine de distinctione spirituum

D xv t (fol. 112v): De distinctione spirituum Ex reuelacionibus S. brigitte

Sachkatalog, fol. 258r (unter Reuelacio): Ex reuelacionibus S. Brigitte De Distinctione spirituum / D xv s [sic!]

Birgitta von Hs. I 116 Schweden: ‚Re(fol. 130r– velationes Sancte 133v)149 Birgitte‘ (Exzerpt)

D xvij s (fol. 205v): Elucidarius; de purgatorio patricij

D xvij s (fol. 113r): Elucidarius Honorij; De purgatorio S patricij archiepiscopi

Sachkatalog, fol. 224v (unter Elucidarius): Elucidarius Honorij presbyteri // D xvij p s qr qn / G viiij t / C xxiiij p; Ex elucidario / D xvij t; Sachkatalog, fol. 256r (unter Purgatorium): De purgatorio S. patricij / D xvij s / l xx p

Honorius Augus- unbekannt todunensis: ‚Elucidarium‘; Henricus Salteriensis: ‚Tractatus de Purgatorio s. Patricii‘

D xix s (fol. 206v): De penis inferni

D xix s (fol. 113v): UNGENANNT

k.A.

‚Visio Pauli‘

E xviij p (fol. 216v): Quedam uisiones cuiusdam uirginis

E xviij p (fol. 122r): Visiones cuiusdam virginis

Sachkatalog, fol. 275v (unter Visio): Visiones cuiusdam virginis / C xvj s / E xviij p / K xiij p

Mechthild von unbekannt Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (?) (vgl. K xiij p = Hs. I 33)

148 149 150

Vgl. LIST / POWITZ (Anm. 97), 42. Vgl. LIST / POWITZ (Anm. 97), 201. Vgl. LIST / POWITZ (Anm. 97), 260.

Mechthild von unbekannt Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (?) (vgl. K xiij p = Hs. I 33) unbekannt

unbekannt

Hs. I 144 (fol. 93r– 95r)150

240 Sebastian Holtzhauer Signatur noch nicht F iij t (fol. 124v): vorhanden (vgl. fol. De raptu 221r; Umsignierung in Tundali Kat. II?)

Sachkatalog, fol. 275v ‚Visio Tnugdali‘ (unter Visio): Visio Tundali militis / D j s / F iij t / M xx qn / M xxiij qn; Visiones Quedam / D xvij t / F iij t / M xx qn

G j qn (fol. 230r): UNGENANNT

k.A.

Birgitta von Hs. I 307 Schweden: ‚Re(fol. velationes Sancte 109r)151 Birgitte‘ (Exzerpt)

Autorenregister, fol. 73r (unter Raymundus): Breuis legenda De S. Katherina de Senis / L iij p / H xij t

Raimundus de Capua: ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘ (Exzerpt)

Hs. I 168 (fol. 153ar– 206v)152

G j qn (fol. 132r): UNGENANNT

H xij t (fol. 243v): Jtem H xij t (fol. de vita sancte Kathe- 143v): Raymunrine de senis dus De S. Katharina Senensis

unbekannt

Signatur noch nicht vorhanden (Umsignierung in Kat. II?)

J ix qr (fol. k.A. 148r): UNGENANNT

‚Revelationes Agnetis Blanbekin‘ (Exzerpt)

Hs. I 115a (fol. 268r– 272v)153

J x t (fol. 250r): UNGENANNT

J x t (fol. 148v): k.A. UNGENANNT

‚Visio Morsei‘

Hs I 253 (fol. 308r– 310r)154

K xvj p (fol. 257v): K xiij p (fol. Visiones cuiusdam uir- 155v): Visiones ginis cuiusdam virginis

Sachkatalog, fol. 275v (unter Visio): Visiones cuiusdam virginis / C xvj s / E xviij p / K xiij p

Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (Exzerpt)

Hs. I 33 (fol. 259ra– 276vb)155

L iij p (fol. 262v): Excerpta uite beate katherine de senis / Visiones cuiusdam uirgine

L iij p (fol. 158v): Ex vita S. katharine de Senis // Visiones mechtilde virginis ex liber gratie spiritualis

Autorenregister, fol. 73r (unter Raymundus): Breuis legenda De S. Katherina de Senis / L iij p / H xij t; Sachkatalog, fol. 275v (unter Visio): Visiones S. mechtildis virginis / L iij p

Raimundus de Capua: ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘ (Exzerpt); Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (Exzerpt)

Hs. I 158 (fol. 167r– 192r; fol. 193r– 218r)156

L xx p (fol. 267v): De purgatorio sancti patricij

L xx p (fol. 163r): De purgatorio S. patricij // Visio petri cluniacensis monchi

Sachkatalog, fol. 256r (unter Purgatorium): De purgatorio S. patricij / D xvij s / l xx p; Visio petri cluniacensis monachi / l xx p

Henricus Salteriensis: ‚Tractatus de Purgatorio s. Patricii‘; ,Visio Edmundi monachi de Eynsham‘

Hs. I 289 (fol. 23r– 32v; fol. 35r–54r)157

151 152 153 154 155 156 157

Vgl. LIST (Anm. 97), 97. Vgl. LIST (Anm. 97), 97. Vgl. LIST / POWITZ (Anm. 97), 200. Vgl. LIST (Anm. 97), 25. Vgl. LIST / POWITZ (Anm. 97), 78 Vgl. LIST (Anm. 97), 54. Vgl. LIST (Anm. 97), 101.

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 241 L xxiij s (fol. 268v): UNGENANNT

L xxiij s (fol. 163v): UNGENANNT

Signatur noch nicht vorhanden (Umsignierung in Kat. II?)

L xxiij qn (fol. Sachkatalog, fol. 248r (un163v): Quedam ter Oraciones): Oraciones deuote oraciones de diuersis / […] l xxiij qn / m v qr […]

L xxiiij p (fol. 269r): Visiones cuiusdam sancte monialis

L xxiiij p (fol. 164r): Visiones cuiusdam sancte monialis

Sachkatalog, fol. 275v ‚Revelationes Ag(unter Visio): Visio cuius- netis Blanbekin‘ dam sancte monialis / l. (Exzerpt) xxiiij. p.

Hs. I 117 (fol. 188r– 195v)160

Signatur noch nicht vorhanden (vermutlich auch keine Umsignierung in Kat. II)

M j qn (fol. 165r): UNGENANNT

k.A.

2 x Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (Exzerpt)

Hs. I 290 (fol. 117v– 119v; fol. 195v)161

M iij p (fol. 271v): UNGENANNT

M xx p (fol. 172r): UNGENANNT

k.A.

‚Legenda de sancto Furseo‘

Hs. I 285 (fol. 55rbr– 56ra)162

M iij t (fol. 271v): Elucidarius in theutonico

M xx s (fol. 172r): Elucidarius

‚Lucidarius‘ Sachkatalog, fol. 224v (unter Elucidarius): Elucidarius in Theuthonico / C xxv s / M xx s

M iiij t (fol. 272r): UNGENANNT

M iiij t (fol. 166r): UNGENANNT

k.A.

Hildegard von Hs. I Bingen: ‚Prenosti- 232164 caciones de fine mundi ex apocalipsi Hildegardis‘

M v t (fol. 272v): Epistola Magistri Henrici de Hassia de futuris periculis ecclesie ex libello sancte hildegardis collecta

M v t (fol. 166v): Henricus de hassia de futuris periculis ecclesie ex libris hildegardis

Autorenregister, fol. 29r (unter Henricus Langensteyn De Hassia Carthusiensis): De futuris periculis ecclesie ex libri hildegardis / M v t

Henricus Langen- Hs. I 151 stein: ‚Epistola de (fol. IIr– scismate‘ (ExVIv)165 zerpt)

158 159 160 161 162 163 164 165

Vgl. LIST (Anm. 97), 129 u. 136. Vgl. LIST (Anm. 97), 231. Vgl. LIST / POWITZ (Anm. 97), 206. Vgl. LIST (Anm. 97), 111 u. 115. Vgl. LIST (Anm. 97), 90. Vgl. LIST (Anm. 97), 142. Vgl. LIST (Anm. 97), 297. Vgl. LIST (Anm. 97), 21.

k.A.

2 x Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (Exzpert)

Hs. I 293 (fol. 12v– 13r; fol. 173v)158

Hs. I 314 Birgitta von (fol. 12r)159 Schweden (Zuschreibung): ‚Orationes. Ad Christum‘ (Sancta die genitrix docuit sanctam Brigittam orare ut infert)

Hs. I 296 (fol. 1r– 22r)163

242 Sebastian Holtzhauer Signatur noch nicht vorhanden (vermutlich auch keine Umsignierung in Kat. II, unter derselben Signatur steht auf fol. 272v ein Nachtrag mit anderem Inhalt)

M v qr (fol. 166v): Oraciones diuerse sparsim […] posite

Sachkatalog, fol. 248r (un- Ps.-Birgitta: ‚Ora- Hs. I 337 ter Oraciones): Oraciones tiones de passione (fol. 58r– de diuersis / […] l xxiij qn Christi‘ 60v)166 / m v qr […]

M v qn (fol. 272v): Hore canonice de beate virgine ordinis sancte brigitte

M v qn (fol. 166v): Hore beate marie sanctam morem ordinis S. brigitte

Sachkatalog, fol. 231v (unter Hora): Hore canonice ad S. mariam ordinis S. Brigitte / M v qn

Birgitta von Hs. I 305 Schweden: ‚Sermo (fol. 2r– angelicus‘ (keine 114v)167 Überschrift, ohne Prolog und Rubriken)

M vj qr (fol. 273r): Vi- M xxiij qn (fol. sio Tundali militis 172v): Visio Tundali militis

Sachkatalog, fol. 275v ‚Visio Tnugdali‘ (unter Visio): Visio Tundali militis / D j s / F iij t / M xx qn / M xxiij qn

nicht aufzufinden M vij s (fol. (vermutlich keine 167r): UNGEUmsignierung in Kat. NANNT II, unter derselben Signatur ist auf fol. 273v ein Band anderen Inhalts verzeichnet)

k.A.

Mechthild (Mech- Hs. I 316 tildis sancta): ‚Li- (fol. 78r– bellus meditati79v)168 onum‘ (Exzerpte)

nicht aufzufinden (vermutlich keine Umsignierung in Kat. II, unter derselben Signatur steht auf fol. 273r: Liber albuini inclusi)

M vij qn (fol. 167r): Prognostica cuiusdam comete Anno .1472.

Sachkatalog, fol. 254v (unter Prognostica): Quedam prognosticacio falsa de quadam [sic!] Cometa anni .1472. / M vij qn

Hl. Birgitta zugeschriebene Prophezeiung zum Jahr 1472

Hs. I 298 (fol. 28r)169

M viij qr (fol. 273v): Vita beate katharine de senis abreuiata incompleta

L j qr (fol. 158r): k.A. De vita katherine De Senis

Raimundus de Capua: ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘; ‚Nova mysteria sanctae Catharinae Senensis‘; ‚Excerpta epistolarum sanctae Catharinae Senensis‘

Hs. I 288 (fol. 216r– 264r; fol. 264v– 268v; fol. 269r)170

166 167 168 169 170

Vgl. LIST (Anm. 97), 339. Vgl. LIST (Anm. 97), 190. Vgl. LIST (Anm. 97), 241f. Vgl. LIST (Anm. 97), 148. Vgl. LIST (Anm. 97), 98.

unbekannt

Katalogisierte kartäusische Spiritualität 243 M xiij p (fol. 276r): Reuelaciones cuiusdam deuote persone // Altercacio utilis anime et corporis // UNGENANNT (‚Liber specialis gratiae‘)

M xiij p (fol. 169r): Reuelaciones cuiusdam deuote persone // Altercacio anime et corporis // UNGENANNT (‚Liber specialis gratiae‘)

M xvj t (fol. nicht aufzufinden 170v): Alia (vermutlich keine Umsignierung in Kat. plura II, unter derselben Signatur ist auf fol. 277r ein Band anderen Inhalts verzeichnet, von späterer Hand durchgestrichen, dazu ein Randvermerk vacat)

Sachkatalog, fol. 258r (unter Reuelacio): Reuelaciones cuiusdam deuote persone / M xiij p; Sachkatalog, fol. 205v (unter Altercacio): Altercacio anime et corporis / M xiij p

‚Revelationes Agnetis Blanbekin‘ (Exzerpt); ,Visio Philiberti‘ bzw. ,Disputatio inter corpus et animam‘ (mit Zusätzen); Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘ (Exzerpt)

Hs. I 160 (fol. 51r– 55r; fol. 70r–76v; 77v)171

k.A.

Theodericus mon. Epternacensis: ‚Vita S. Hildegardis virginis‘ (Exzerpte); ‚Epistola conventus s. Martini in Maguntia ad Hildegardim Bingensem et epistola Hildegardis de Catharis‘

Hs. I 326 (fol. 376r– 380r, 381v–382r; 380r– 381r)172

M xviij p (fol. 278r): Quedam excerpta ex libro gracie spiritualis

M xviij p (fol. Sachkatalog, fol. 230r (un171v): Ex libro ter Gracia): Ex libro qui gracie spiritualis dicitur gracia spiritualis / M xviij p

Mechthild von Hs. I 320 Hackeborn: ‚Liber (fol. 182r– specialis gratiae‘ 185r)173 (Exzerpte)

M xx qr (fol. 278v): UNGENANNT

M xiiij t (fol. 169v): UNGENANNT

k.A.

Mechthild von Hs. I 310 Hackeborn: ‚Liber (fol. 81v– specialis gratiae‘ 91r)174 (Exzerpte)

Signatur noch nicht vorhanden (vermutlich keine Umsignierung in Kat. II)

M xx qn (fol. 172r): Visio Tundali militis

Sachkatalog, fol. 275v ‚Visio Tnugdali‘ (unter Visio): Visio Tundali miltis / D j s / F iij t / M xx qn / M xxiij qn; Visiones Quedam / D xvij t / F iij t / M xx qn

unbekannt

Signatur noch nicht vorhanden (vermutlich keine Umsignierung in Kat. II)

M xxiiij p (fol. 173r): Vita S. Brandani

Sachkatalog, fol. 251r (un- ‚Navigatio sancti ter Passionale vel legende Brendani abbatis‘ sanctorum Et vita Sanctorum): Vita S. Brandani abbatis. / B xviij s / B xix qr / M xxiiij p

unbekannt

171 172 173 174

Vgl. LIST (Anm. 97), 61f. Vgl. LIST (Anm. 97), 298f. Vgl. LIST (Anm. 97), 255. Vgl. LIST (Anm. 97), 211.

244 Sebastian Holtzhauer Signatur noch nicht vorhanden (vermutlich keine Umsignierung in Kat. II)

M xxv p (fol. 173v): Jacobus Stapulensis De tribus S. viris Et totidem S. virginibus

O x qr (fol. 288v): Li- Signatur nicht ber de beate hildegar- vergeben (vgl. dis de subtilitate fol. 183r) diuersarium creaturarum (durchgestrichen)

175

Vgl. LIST (Anm. 97), 318f.

Hs. I 330 (fol. 49r– 151v; fol. 161r–224r; 229r– 293r)175

Sachkatalog, fol. 251v (unter Passionale vel legende sanctorum Et vita Sanctorum): Jacobus Stapulensis De tribus S. viris et De totidem virginibus / M xxv p; Sachkatalog, fol. 258r (unter Reuelacio): Reuelaciones trium virorum sanctorum et trium feminarum sanctorum Ja. stapulensis / M xxv p

Jacobus Faber Stapulensis: ‚Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‘ (= Mechthild von Hackeborn: ‚Liber specialis gratiae‘; Gertrud von Helfta: ‚Legatus divinae pietatis‘; Hildegard von Bingen: ‚Scivias‘ [Exzerpt])

––

Hildegard von unbekannt Bingen: ‚Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum‘

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht au XVe siècle Mystique, affect et images* Ingrid Falque

Abstract The Carthusian monastery of Nieuwlicht near Utrecht is one of the best-known charterhouses of the Low Countries. More precisely, the preservation of more than 150 manuscripts of its library (most of which are nowadays kept at the University Library of Utrecht) offers privileged access to the spiritual life of the monks. This article first presents the manuscript collection of this library, in order to highlight its main orientations and particular features, the most striking of which being the pronounced interest of the Carthusian monks in spiritual literature. More specifically, they show a marked taste for questions relating to mystical theology, with a certain predilection for ‘affective mysticism’. In a second phase, the aim of this essay is to pay close attention to another particular aspect of this library, namely the presence of drawings and miniatures in several manuscripts with mystical texts. At first glance, an association of such texts and images may seem surprising in a medieval manuscript, since there is still a scholarly tendency today to oppose them. A detailed analysis of the manuscript 358 of the University Library of Utrecht – a collection of mystical texts illustrated with three drawings – allows to consider the use of images in Carthusian meditative practices in a new way.

Dans sa célèbre « Epistola ad fratres de Monte Dei » adressée aux chartreux du Mont-Dieu vers 1144, Guillaume de Saint-Thierry vante les mérites de ces « contemplatifs par excellence »1 que sont les moines cartusiens : *

Cet article constitue un premier jalon dans l’exploration des pratiques spirituelles impliquant des images des moines de la chartreuse de Nieuwlicht (et plus généralement des chartreux dans les anciens Pays-Bas) à la fin du Moyen Âge. La thématique abordée ici s’intègre dans un projet de recherche plus vaste (financé par le F.R.S.-FNRS) dont elle constitue un des axes qui devra encore être approfondi ultérieurement. La rédaction de cet article a eu lieu pendant le confinement lié à la crise sanitaire du Covid19 au printemps 2020. Je n’ai ainsi pas pu avoir accès à toutes les ressources documentaires que je voulais consulter. Certains aspects de la recherche, notamment dans la dernière section de l’article, n’ont ainsi pas pu être traités d’une manière

246 Ingrid Falque Altissima enim est professio vestra, caelos transit, par angelis est, angelicae similis puritati. Non enim solum vovistis omnem sanctitatem, sed omnis sanctitatis perfectionem, et omnis consummationis finem. Non est vestrum languere circa communia praecepta, neque hoc solum attendere quid praecipiat Deus, sed quid velit, probantes quae sit voluntas Dei bona, et beneplacens, et perfecta. Aliorum est enim Deo servire, vestrum est adhaerere. Aliorum est Deum credere scire, amare, et revereri ; vestrum est sapere, intelligere, cognoscere, frui.2 (Sublime, votre profession traverse les cieux, s’égale aux anges, imite l’angélique pureté. Vous n’avez pas seulement voué toute sainteté, mais la perfection de toute sainteté et le comble de toute perfection. Il ne vous appartient pas de languir dans la pratique des préceptes ordinaires, ni non plus de vous attacher à cela seul que Dieu commande ; mais de tendre à ce qu’il veut, dans la recherche de sa volonté, bonne, agréable et parfaite. Aux autres de servir Dieu ; à vous d’adhérer à lui. Aux autres la foi en Dieu, la science, l’amour et la révérence. À vous le goût, l’intelligence, la connaissance, la jouissance).3

Quelques années plus tôt, dans les « Consuetudines Cartusiae » (vers 1121– 1128), Guigues Ier célébrait déjà la solitude – vocation principale des moines de saint Bruno avec le silence – pour son efficacité dans « l’application de la lecture, la ferveur de la prière, la profondeur de la méditation, le ravissement de la contemplation. »4 Car les chartreux consacrent leur vie à Dieu, ils aspirent à adhérer à Dieu, dans le silence et la solitude de leur cellule. Dans ces coutumes, Guigues prend soin de détailler les objets que les moines ont le droit de posséder dans leur cellule pour mener à bien cette vie contemplative. Parmi eux figurent le matériel d’écriture et deux livres provenant de la bibliothèque conventuelle, auxquels ils doivent apporter le soin nécessaire, car « nous voulons que les livres soient faits avec la plus grande application et gardés avec un très grand soin, comme un aliment perpétuel de nos âmes, afin de prêcher par nos mains la parole de Dieu, puisque nous ne le pouvons par la bouche. »5

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aussi exhaustive que je l’aurais souhaité. Enfin, je tiens à remercier Aline Smeesters, Margaux Dusausoit, Ralph Dekoninck et Xavier Hermand pour leur aide sur certains points de l’article. BERNARD MCGINN : The Presence of God: A History of Western Christian Mysticism, t. 2, New York 1994, 353 (Trad. I.F.) [Les traductions sauf indication contraire sont de l’auteur.]. Guillaume de Saint-Thierry : Lettre aux Frères du Mont-Dieu (Lettre d’or). Introduction, texte critique, traduction et notes par JEAN DÉCHANET, Paris 1975 (Sources chrétiennes 223), 156– 158. Ibid., 157–159. Studia lectionum, fervores orationum, subtilitates meditationum, excessus contemplationum, cf. Guigues Ier le chartreux : Coutumes de chartreuse. Introduction, texte critique, traduction et notes par un chartreux, Paris 1984 (Sources chrétiennes 313), 292, 295. Libros quippe tanquam sempiternum animarum nostrarum cibum cautissime custodiri et studiosissime volumus fieri, ut quia ore non possumus, dei verbum manibus predicemus. Ibid., 222– 224, 225–227.

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À la fin du Moyen Âge, la situation a peu évolué à ces égards. Les chartreux apparaissent toujours comme une élite spirituelle (à laquelle les membres de l’aristocratie font d’ailleurs régulièrement appel pour le salut de leurs âmes) et les livres que les moines copient, conservent et lisent, occupent toujours une place prépondérante au sein des monastères cartusiens. Plus précisément, les chartreux jouent à cette époque un rôle de premier plan dans l’élaboration, la diffusion et la préservation de la littérature mystique, en particulier dans le nord de l’Europe. À titre d’exemple, on pensera aux activités bien connues et documentées de traduction et d’édition des grands représentants de la mystique « rhéno-flamande » par la chartreuse de Cologne dans la première moitié du XVIe siècle,6 ou aux fameux échanges entre les chartreux de Herne et Jan van Ruusbroec sur d’épineuses questions relevant de la terminologie et de la nature de l’union à Dieu (cf. infra). Plus généralement, comme le remarque BERNARD MCGINN, presque dès leurs origines, les chartreux se sont impliqués dans le champ de la théologie mystique.7 Comme nous allons le voir, ces observations générales s’appliquent aux moines de Nieuwlicht, la chartreuse située en bordure de la ville d’Utrecht et dont la bibliothèque a été relativement bien conservée. La présente contribution s’attachera d’abord à présenter le contenu de cette bibliothèque, en se concentrant sur les manuscrits.8 Il s’agira en premier lieu d’en dégager les grandes orientations et les traits particuliers, dont le plus saillant est l’intérêt

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Sur le sujet, cf. GÉRALD CHAIX : Réforme et Contre-Réforme catholiques. Recherches sur la Chartreuse de Cologne au XVIe siècle, Salzbourg 1981 (Analecta Cartusiana 80) ; ID. : L’édition de 1552 et la réception de Ruusbroec au XVIe siècle, dans : Jan van Ruusbroec. The Sources, Content and Sequels of his Mysticism, éd. par PAUL MOMMAERS et N. DE PAEPE, Louvain 1984, 142–152 ; MAARTEN J.F.M. HOENEN : Translating Mystical Texts from the Vernacular into Latin. The Intentions and Strategies behind Laurentius Surius’ Edition of John of Ruusbroec’s Complete Works (Cologne 1552), dans : Per perscrutationem philosophicam. Neue Perspektiven der mittelalterlichen Forschung. Loris Sturlese zum 60. Geburtstag gewidmet, éd. par ALESSANDRA BECCARISI, RUEDI IMBACH, PASQUALE PORRO, Hambourg 2008, 348–378 ; GILBERT FOURNIER : « Désormais il parlera le latin ». Traduction et « mystique » dans les Opera omnia de Jean Tauler (Cologne, Jean Quentel, 1548), dans : Habiller en latin. La traduction de vernaculaire en latin entre Moyen Âge et Renaissance, éd. par FRANÇOISE FERY-HUE, FABIO ZINELLI, Paris 2018 (Études et rencontres de l’École des chartes 52), 37–72 ; MARTHA WEHRLI-JONES : Die Rezeption der deutschen Mystiker im 16. Jahrhundert : Zur lateinischen Übersetzung der deutschen Werke von Heinrich Seuse durch den Kölner Kartäuser Laurentius Surius (1522– 1578), dans : FERY-HUE/ZINELLI (n. 6), 73–92 ; GILBERT FOURNIER : Par-delà l’allemand et le latin. Le moment colonais dans la tradition imprimée des Sermons de Jean Tauler (1543–1553), dans : Meister-Eckhart-Jahrbuch 14 (2020), 87–115. « Almost from their origins, the Carthusians had been engaged in writing surveys of contemplative and mystical theology (…). » MCGINN (n. 1), t. 4, New York 2005, 405. Faute de place et de temps, les incunables et les livres anciens seront traités ultérieurement.

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prononcé des moines d’Utrecht pour la littérature spirituelle. Dans un deuxième temps, je me concentrerai sur les préférences des moines de Nieuwlicht en matière de littérature mystique, avant de porter une attention plus soutenue à un autre aspect particulier de cette collection, à savoir la présence de dessins et de miniatures dans plusieurs manuscrits relevant du domaine de la spiritualité, et notamment de la mystique.9 De prime abord, l’association au sein d’un manuscrit de textes mystiques et de représentations figurées peut paraître surprenante, tant on a encore tendance aujourd’hui à opposer images et mystique médiévales.10 Comme nous le verrons, ces manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht – et en particulier le manuscrit 358 de la bibliothèque universitaire d’Utrecht auquel la dernière section de cette contribution est consacrée – permettent de questionner l’usage des images dans les pratiques méditatives cartusiennes.

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Définir ce qu’est la mystique et en déterminer les caractéristiques essentielles relèvent de la gageure, tout comme la volonté d’établir une distinction entre expérience et théologie mystiques. De même, il n’est pas vraiment pertinent de distinguer les auteurs relatant leurs propres expériences mystiques et ceux qui réfléchissent et théorisent cette question. Cela est d’autant plus vrai pour les auteurs antérieurs au XIIe siècle, puisque ce n’est qu’à cette époque que l’on commence à observer une dimension autobiographique dans la littérature mystique. Cf. MCGINN (n. 1), 80–81. Plutôt que de définir le concept, il importe donc de l’historiciser et de prendre en compte ses évolutions. Pour envisager la place occupée par les textes mystiques dans la bibliothèque de Nieuwlicht, je me suis basée sur la conception du terme élaborée par BERNARD MCGINN dans l’introduction générale de sa collection « The Presence of God » : « On peut donc dire que l’élément mystique du christianisme est la partie de sa croyance et de ses pratiques qui concerne la préparation, la conscience et la réaction à ce qui peut être décrit comme la présence immédiate ou directe de Dieu » (Trad. I.F.). Cf. MCGINN (n. 1), t. 1, New York 1994, xi–xx. Sur la définition et la théorisation de la mystique, cf. OLIVIER BOULNOIS : L’âme anéantie et le tournant de la théologie vers la mystique (XIVe–XVe s.), dans : Le discours mystique entre Moyen Âge et première modernité, t. 2, éd. par VÉRONIQUE FERRER, MARIE-CHRISTINE GOMEZGÉRAUD, JEAN-RENÉ VALETTE, Paris 2019, 122–142. Depuis les travaux fondateurs de SIXTEN RINGBOM, les historiens et historiennes de l’art affirment régulièrement que la contemplation aniconique est le stade ultime de la progression mystique et que les images ne sont présentes que dans les premières étapes du processus. Cf. SIXTEN RINGBOM : Devotional Images and Imaginative Devotions. Notes on the Place of Art in Late Medieval Private Piety, dans : Gazette des Beaux-Arts 73 (1969), 159–170, et pour un exemple récent BETH WILLIAMSON : Sensory Experience in Medieval Devotion : Sound and Vision, Invisibility and Silence, dans : Speculum. Journal of Medieval Studies 88 (2013), 1–43. Pourtant, de nombreux textes mystiques de l’époque invitent à une compréhension plus nuancée de la place des images dans la progression mystique et de l’idéal aniconique de la contemplation. À ce sujet, je me permets de renvoyer à INGRID FALQUE : Daz man bild mit bilden us tribe. Imagery and Knowledge of God in Henry Suso’s « Exemplar », dans : Speculum. Journal of Medieval Studies 92 (2017), 447–492.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 249

I.

La chartreuse de Nieuwlicht et sa bibliothèque au XVe siècle

Fondée en 1391 par Zweder van Abcoude, seigneur de Gaasbeek, Putter et Strijen, la chartreuse de Nieuwlicht (Domus Nove Lucis Sancti Salvatoris) est placée sous le patronage du saint Sauveur.11 Son premier prieur est Tilmannus Graeuwert, un proche de Zweder van Abcoude et ancien prieur des chartreuses de Geertruidenberg et de Liège. La première pierre du monastère est posée en 1392. La chartreuse connaît alors une première phase d’expansion, avec la consécration du petit cloître en 1394, la construction de l’église conventuelle dès 1396 et l’arrivée des premiers novices en 1404. Au début du XVe siècle, Nieuwlicht rencontre cependant des difficultés financières liées à des inondations et une guerre civile, qui imposent aux moines de quitter le monastère entre 1427 et 1431. Vers 1435, la chartreuse d’Utrecht accueille à nouveau seize moines.12 En 1438, l’église est agrandie et on y ajoute trois autels. Nieuwlicht entre ensuite dans une période de grande prospérité grâce au soutien de riches bienfaiteurs13 et d’épanouissement spirituel grâce à l’action successive de plusieurs prieurs. Les débuts de la Guerre de quatre-vingts ans sonnent toutefois le glas de la chartreuse. En 1572, les moines sont contraints de se réfugier dans l’enceinte de la ville d’Utrecht et le monastère est définitivement abandonné en 1579, avant d’être démoli par la ville en 1580.14 Contrairement à de nombreux autres monastères de la région, la chartreuse de Nieuwlicht n’a pas été pillée et saccagée. Les moines ont eu l’occasion de fuir en ville où ils restèrent encore quelques années, en emportant avec eux les biens essentiels, y compris une partie de leur riche bibliothèque

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Sur l’histoire de la chartreuse, cf. JAN DE GRAUWE : Chartreuse de Utrecht, dans : Monasticon Cartusiense, t. 3, éd. par JAMES HOGG, GERHARD SCHLEGEL, Salzbourg 2005 (Analecta Cartusiana 185 : 3). Il n’est pas possible d’établir avec certitude le nombre de cellules, et donc de moines, que la chartreuse de Nieuwlicht a compté au fil du temps. Les recherches archivistiques et archéologiques indiquent que le nombre d’habitants du monastère a été fluctuant. Un document adressé par l’ensemble de la communauté au Chapitre général de l’ordre en 1544 est signé par vingt moines, y compris le prieur, ce qui atteste le dynamisme de cette communauté cartusienne au milieu du XVIe siècle. Pour une analyse récente et synthétique, cf. CAROLINE DEN HARTOG : The Charterhouse of the New Light of the Holy Saviour at Bloemendaal Outside the City of Utrecht, or Nieuwlicht, Rediscovered, dans : Journal of Medieval Monastic Studies 7 (2018), 275 n. 9. ROLF DE WEIJERT : Schenken, begraven, gedenken. Lekenmemoria in het Utrechtse kartuizerklooster Nieuwlicht (1391–1580), thèse de doctorat, Université d’Utrecht 2015. Il ne subsiste aujourd’hui que quelques rares fragments des bâtiments conventuels. Une partie du site de la chartreuse de Nieuwlicht a été fouillée lors de plusieurs campagnes récentes. Cf. DEN HARTOG (n. 12), qui propose une reconstruction de la chartreuse.

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et deux caisses d’archives.15 En 1584, à la demande des magistrats de la ville d’Utrecht, la bibliothèque des chartreux est intégrée aux collections de la bibliothèque municipale qui se trouve alors dans le chœur de la Janskerk, collections qui seront ensuite incorporées à celles de l’Universiteitsbibliotheek d’Utrecht (UB) qui les conservent encore aujourd’hui.16 La bibliothèque de Nieuwlicht est ainsi l’une des rares bibliothèques monastiques des anciens Pays-Bas qui a été préservée dans un état relativement proche de son état d’origine. L’UB d’Utrecht conserve aujourd’hui 143 manuscrits17 et soixantesix livres imprimés18 de la chartreuse de Nieuwlicht ; onze manuscrits supplémentaires sont éparpillés dans d’autres bibliothèques européennes, en particulier à la Bibliothèque royale de Belgique à Bruxelles (KBR).19 Telle qu’elle nous est parvenue, la bibliothèque de la chartreuse de Nieuwlicht contient donc 153 manuscrits produits, à quelques exceptions près, entre la fondation du monastère en 1391 et le début du XVIe siècle.20 La plupart de ces manuscrits présentent un ex libris (parfois plusieurs, lorsque le

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JOHAN PETER GUMBERT : Die Utrechter Kartäuser und ihre Bücher im frühen fünfzehnten Jahrhundert, Leyde 1974, 41. Comme le remarque K. VAN DER HORST, il semble que les livres liturgiques et ceux conservés dans les cellules des moines – surtout des bréviaires, les statuts de l’ordre et quelques autres textes – ont été transportés ailleurs avant cette intégration. Ils sont aujourd’hui perdus. Cf. K. VAN DER HORST et al. : Handschriften en oude drukken van de Utrechtse Universiteitsbibliotheek. Catalogus bij de tentoonstelling in het Centraal Museum te Utrecht ter gelegenheid van het 400 jarig bestaan van de bibliotheek der Rijksuniversiteit, 1584–1984, Utrecht 1984, 27. Sur les pertes de manuscrits de la bibliothèque de Nieuwlicht, cf. GUMBERT (n. 15), 295. Pour établir ce chiffre (qui ne reprend pas les cartulaires, le livre des bienfaiteurs et le nécrologue), nous avons consulté : PIETER ANTON TIELE, ABRAHAM HULSHOF : Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae Universitatis Rheno-Trajectinae, Utrecht 1887–1909 ; GUMBERT (n. 15) et la base de données en ligne « Medieval Manuscripts in Dutch Collections » (MMDC) de la Koninklijke Bibliotheek à La Haye, URL : http://www.mmdc.nl (dernière consultation le 12 mai 2020). VAN DER HORST (n. 16), 26 avance le nombre de 145 manuscrits, mais sans en fournir le détail. Dans les pages qui suivent, les données techniques et datations des manuscrits proviennent, sauf mention contraire, de la base de données MMDC, qui constitue la référence la plus récente. Les lecteurs et lectrices souhaitant obtenir de plus amples informations sur les manuscrits de l’UB d’Utrecht évoqués dans ces pages sont invités à consulter cette base de données, ainsi que TIELE / HULSHOF (n. 17). Parmi eux, on recense cinquante-cinq incunables et treize ouvrages imprimés début du XVIe siècle. Aucun livre imprimé postérieur à 1518 n’est conservé. Cf. VAN DER HORST (n. 16), 28. Il s’agit des manuscrits suivants : Amsterdam, Bibliotheek van de Universiteit van Amsterdam, ms. XX A 16 ; Haarlem, Stadsbibliotheek, ms. II-17 ; Leyde, Universiteitsbibliotheek, ms. BPL 65 ; Bruxelles, KBR, ms. 102-103, ms. 8729-31, ms. 106-107-204-205, ms. 11206-07 ; Gand, Universiteitsbibliotheek, ms. 430 et La Haye, Koninklijke Bibliotheek, ms. 78 D 39 ; Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 68.15 Aug. 8° ; Vienne, Österreichische Nationalbibliothek, ms. s.n. 12900. Les mss. 102, 158, 312, 621 et 687 de l’UB d’Utrecht datent des XIIe et XIIIe siècles.

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codex est composé de plusieurs sections).21 La plupart de ces ouvrages contiennent de multiples textes, si bien que l’on dénombre un total de 578 unités textuelles. Bon nombre de ces livres ont été copiés au monastère par les moines, mais d’autres ont été produits en dehors de ses murs et ont été offerts par des personnes extérieures ou ont été introduits par des moines à leur entrée à Nieuwlicht. On doit à J. P. GUMBERT l’étude fondatrice sur la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht, publiée en 1974. L’auteur se concentre sur la première période du monastère, soit entre sa fondation en 1391 et les années 1427–1432 au cours desquelles les moines sont forcés à l’exil.22 Les manuscrits acquis et exécutés durant le reste du XVe siècle sont moins bien connus, bien que plus nombreux. Dans son ouvrage, J. P. GUMBERT s’attelle à reconstruire l’état de la bibliothèque au début du XVe siècle en livrant une étude codicologique minutieuse des cinquante manuscrits conservés datant de cette période, en portant une attention toute particulière aux livres copiés par les moines de Nieuwlicht. Il a notamment révélé le rôle central joué par le moine Zweder van Boecholt dans la constitution de la bibliothèque. Provenant de la chartreuse de Cologne, Zweder entre à Nieuwlicht en 1396 et y décède en 1433. Il a non seulement copié plus de 2000 feuillets, mais il a aussi joué un rôle de premier plan dans la coordination du travail des autres copistes du monastère et dans la gestion de la bibliothèque.23 Son travail s’est principalement déployé dans deux directions : le corpus du Pseudo-Denys (dont il sera question plus loin) et l’hagiographie. Zweder est en effet à l’origine de la compilation de six ouvrages hagiographiques (deux sont aujourd’hui perdus), dont les pièces maîtresses sont sans conteste le « Passionale sanctorum » (UB 391) et un recueil de vies de saints (UB 390).24 Tout au long du XVe siècle, de nombreux autres textes hagiographiques ont été copiés à la chartreuse.25

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Il se présente habituellement sous la forme suivante : Pertinet ad carthusienses prope Traiectum (inferius). Cf. GUMBERT (n. 15), 283–284. Ibid. Ibid., 314–315. Sur ces manuscrits hagiographiques, cf. ibid., 72–90, 296–97. Cf. également VALERIE VERMASSEN : Ad erudiendum Dei populum. Het « Passionale sanctorum » van Zweder van Boecholt uit de Utrechtse Kartuis Nieuwlicht (1424-1426), dans : Millenium. Tijdschrift voor middeleeuwse studies 29 (2006), 23–43. On citera par exemple la « Vita » de saint Ambroise de Paulinus de Milan, le « De inventione et passione SS. martyrum Vitalis et Agricolae » et le « Passio virginis et martyris Agnetis » du Pseudo-Ambroise de Milan copiés vers 1440–1450 par Hector van Moerdrecht (UB 38), la « Vita » et la « Translatio » de saint Jérôme copiées par Hector van Moerdrecht entre 1450 et 1465 (UB 106), la « Vita » de saint François par Bonaventure copiée en 1510 par Petrus de Enchusen et Wermboldus de Leydis (UB 167), un « Martyrologium abbreviatum » copié dans le

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Étant donné le rôle prépondérant joué par les récits hagiographiques au sein de la culture monastique, on ne s’en étonnera pas. En effet, la matière exposée dans les vies de saints et de saintes alimente et façonne les pratiques spirituelles des moines, tout autant qu’elle est un lieu d’expression de l’enseignement mystique et leur offre des modèles de perfection à imiter.26 Les commentaires bibliques constituent un autre secteur de la bibliothèque de Nieuwlicht privilégié par Zweder et cultivé tout au long du XVe siècle. Sur l’ensemble de la collection de la chartreuse, on compte soixante-dix textes exégétiques, ce qui n’étonnera pas non plus au sein d’une communauté monastique consacrant une part importante de son activité à l’étude des textes sacrés. Parmi ces témoins, il convient de mettre en évidence deux ensembles significatifs, à savoir les « Postilla litteralis in vetus et novum testamentum » de Nicolas de Lyre en six volumes datant de la première période de la bibliothèque,27 et neuf manuscrits comportant une partie conséquente des commentaires bibliques de Denys le Chartreux, auteur prolifique dont il sera encore question plus loin, exécutés à la fin du XVe siècle.28 Pour le reste, le fond de manuscrits de Nieuwlicht comporte également des textes consacrés à la liturgie, quelques ouvrages de littérature didactique, des traités de théologie dogmatique et apologétique, de droit, de médecine, d’astronomie, de mathématique et de rhétorique. Toutefois, au XVe siècle, la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht est très largement dominée par la littérature spirituelle entendue dans une acception large : les manuels d’instruction spirituelle et sermons, les traités consacrés à la vie monastique (en particulier à la vie érémitique), la littérature dévotionnelle et mystique y occupent une place dominante.

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dernier quart du XVe siècle (UB 393) et la « Magna vita sancti Hugonis » d’Adam of Eynsham copiée en 1476 par Guilhelmus Symonis de Amsterdam (UB 396). MCGINN (n. 7), 351. La prépondérance du corpus hagiographique à Nieuwlicht mérite donc d’être soulignée. UB 249, 250, 252, 253, 254 et 256. Les manuscrits 253, 254 et 256 datent du premier quart du XVe siècle et ont été copiés à la chartreuse, en partie par Zweder van Boecholt et Martinus van Schiedam. Les manuscrits 249 et 252 ont été réalisés à l’extérieur à la demande d’Otto van Moerdrecht, ancien chanoine de la cathédrale d’Utrecht qui entre en tant que novice à la chartreuse en 1423 et les offre à cette occasion. Comme l’indique le colophon du manuscrit 249, un troisième volume a existé, mais il est aujourd’hui perdu. Le manuscrit 250 date de 1453. Sur cette collection de Nicolas de Lyre à Nieuwlicht, cf. GUMBERT (n. 15), 300–301 et VAN DER HORST (n. 16), 38–42. UB 185 à 194. Cette entreprise de copie des commentaires bibliques de Denys le Chartreux à Nieuwlicht débute en 1480 et se poursuit jusqu’au début du XVIe siècle. Plusieurs de ces manuscrits sont précisément datés dans leurs colophons, qui renseignent également le nom de plusieurs des scribes (Wermboldis de Leydis, Laurentius de Leydis, Arnoldus van Amsterdam, Theodoricus de Sparendam et Johannes de Stert).

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Selon JOHAN PETER GUMBERT, le domaine le plus intéressant de la bibliothèque dans sa première phase de constitution est précisément celui « de la mystique et de la contemplation »29. La présence d’auteurs comme Jan van Ruusbroec, Bonaventure, mais aussi les dévots modernes Florent Radewijns et Gérard Zerbolt van Zutphen en témoignerait. La question de savoir si les traités de Radewijns et Zerbolt relèvent ou non du champ de la mystique a suscité de longs débats.30 Le « De spiritualibus ascensionibus » et le « De reformatione virium anime » de Zerbolt sont des guides détaillant le processus ascétique et méditatif destiné à mener les lecteurs aux stades ultimes de la progression spirituelle, c’est-à-dire à la contemplation. Certes, l’auteur attache clairement plus d’importance aux étapes préalables menant à cet accomplissement qu’à ce dernier, mais y sont développées des thématiques directement liées à la nature de l’union mystique et de la contemplation.31 En outre, plusieurs manuscrits de Nieuwlicht associent des textes ascétiques et mystiques, ce qui indique qu’ils étaient intimement liés aux yeux des chartreux d’Utrecht, les uns se focalisant sur les moyens (quel mode de vie adopter pour favoriser la contemplation ?) et les autres sur la fin (qu’est-ce que la contemplation et l’union à Dieu ?). C’est notamment le cas du manuscrit UB 205, qui réunit notamment la traduction latine de la « Montaigne de contemplation » de Jean Gerson (f. 1r–46r) à des textes d’instruction spirituelle comme la « Scala paradisi » de Jean Climaque (f. 140r–170r), le chapitre 26 du « De laude et praeconio solitariae vitae » de Denys le Chartreux (f. 174v– 178r) et un extrait du « De quintuplici definitione nominis monachi secundum Climachum »32 du chartreux Jacob van Gruitrode (f. 171r–174r).33 Dès lors, les textes relevant de l’instruction spirituelle, qui présentent certes une dimension davantage ascétique que mystique, méritent que l’on s’y attarde,

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GUMBERT (n. 15), 302 (Trad. I.F.). Pour un aperçu général, cf. GUIDO DE BAERE : De Middelnederlandse mystieke literatuur en de Moderne Devotie, dans : Trajecta 6 (1997), 3–18 ; MCGINN (n. 1), t. 5, New York 2012, 96–124. Cf. RUDOLF TH. M. VAN DIJK : Ascensiones in corde disponere. Spirituelle Umformung bei Gerhard Zerbolt von Zutphen, dans : Kirchenreform von unten : Gerhard Zerbolt von Zutphen und die Brüder vom gemeinsamen Leben, éd. par NIKOLAUS STAUBACH, Francfort, Berlin 2004 (Tradition – Reform – Innovation. Studien zur Modernität des Mittelalters 6), 287–305. Il s’agit d’un bref traité sur les définitions du moine parfait selon Jean Climaque. Selon une technique de compilation habituelle chez Jacob van Gruitrode, ce texte s’inspire largement du chapitre 3 du « De reformatione claustralium » de Denys le Chartreux et intègre de nombreuses citations d’autres auteurs. Cf. TOM GAENS : Spiritu Iesu operante. Written Sources for the Work of James of Gruitrode, in : The Carthusians in the Low Countries. Studies in Monastic History and Heritage, éd. par KRIJN PANSTERS, Louvain 2014 (Studia cartusiana 4), 166–167. Pour d’autres manuscrits mêlant traités mystiques et manuels d’instruction spirituelle, cf. les manuscrits UB 159, 161, 173, 196.

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tout comme la littérature dévotionnelle,34 et ceci d’autant que ces œuvres occupent une place prépondérante dans la bibliothèque de Nieuwlicht et que certaines sont illustrées. Parmi les manuels et autres textes d’instruction spirituelle datant des XIVe et XVe siècles, ceux issus des cercles de la Devotio moderna étaient particulièrement appréciés à la chartreuse d’Utrecht. Le manuscrit UB 227, réalisé au XVe siècle sans plus de précision si ce n’est qu’il possède l’ex libris de Nieuwlicht, ne contient ainsi pas moins de quinze lettres, traités ou sermons de Thomas a Kempis consacrés au progrès spirituel, à la discipline monastique, aux vertus et à la pratique de la solitude et du silence, ou encore aux exercices spirituels.35 Les deux célèbres manuels de réforme intérieure de Gérard Zerbolt van Zutphen cités plus haut figurent dans deux manuscrits copiés par Martinus van Schiedam au début du XVe siècle (UB 313 et 314), tandis qu’un autre renferme le « Libellus “omnes, inquit, artes” » et une lettre adressée à la congrégation de Windesheim de Florent Radewijns ainsi que l’« Epistola de novo monacho » de Geert Grote (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 68.15 Aug. 8°).36 Cette forte représentation des dévots modernes parmi les auteurs lus par les chartreux de Nieuwlicht n’est pas étonnante. Les contacts entretenus entre les moines de saint Bruno et les dévots modernes au XVe siècle sont nombreux.37 À Utrecht, les documents d’archives témoignent d’échanges multiples et variés entre les chartreux et les milieux de la Devotio moderna, qu’il s’agisse de chanoines de la congrégation de Windesheim ou de bienfaiteurs liés à ces communautés.38 Cela étant, comme l’a récemment souligné TOM GAENS, l’historiographie a longtemps perçu la relation entre ces deux groupes comme relevant surtout de l’influence passive des chartreux sur les dévots modernes, alors qu’en réalité, 34

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Ceux-ci occupent en effet une place prépondérante dans la bibliothèque de Nieuwlicht. J’ai recensé quatre-vingt-deux textes d’instruction spirituelle. Parmi eux, un nombre conséquent (trente-quatre) est spécifiquement consacré à la vie monastique, voire à la vie solitaire propre aux chartreux. TIELE / HULSHOF (n. 17), n° 227 et MMDC, « Utrecht, UB : Cat. 227 ». OTTO VON HEINEMANN : Die Augusteischen Handschriften 5. Cod. Guelf. 34.1 Aug. 4° – 117 Aug. 4° und Anhang : Handschriften in Sammelbänden, Frankfurt/Main 1966, n° 3751. Sur le « Libellus » de Radewijns, cf. M. VAN WOERKUM : Het Libellus ‘omnes, inquit, artes’, een rapiarium van Florentius Radewijns, dans : Ons geestelijke erf 25 (1951), 113–158, 225–268 ; sur la lettre de Geert Grote, cf. RUDOLPH T. M. VAN DIJK : Ratschläge an einen Kartäusernovizen : Geert Grote und seine « Epistola de novo monacho », dans : Kartäusische Kunst und Architektur mit besonderer Berücksichtigung der Kartausen Zentraleuropas, éd. par JAMES HOGG, t. 1, Salzbourg 2006 (Analecta Cartusiana 207 : 1), 135–156. WILLEM LOURDAUX : Kartuizers – moderne devoten. Een probleem van afhankelijkheid, dans : Ons geestelijk erf 37 (1963), 402–418. TOM GAENS : Beter dan het origineel : Kartuizeridealen en de vroege Moderne Devotie, thèse de doctorat, Rijksuniversiteit Groningen 2019, 147–153.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 255

c’est plutôt une dynamique d’interactions à double sens qui fut à l’œuvre.39 L’existence de plusieurs manuscrits comportant des textes du mouvement dévot au sein de la chartreuse d’Utrecht renforce cette hypothèse.

II.

La place de la mystique dans la bibliothèque de Nieuwlicht

La place importante accordée à la mystique et à la contemplation dans la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht est bien connue depuis les travaux de JOHANN PETER GUMBERT et a été rappelée à plusieurs occasions depuis lors.40 Par le passé, la présence de textes mystiques de la fin du Moyen Âge (prioritairement Jan van Ruusbroec) ainsi que du corpus dionysien ont été mis en exergue. Il convient néanmoins de constater que l’intérêt des moines de Nieuwlicht ne se limite pas aux auteurs contemporains et au fondateur de cette tradition. En effet, on retrouve dans les manuscrits de la chartreuse les grands classiques de la tradition mystique chrétienne, mais aussi des auteurs plus méconnus. Il s’agit, dans les pages qui suivent, de présenter ces textes, afin de tenter de préciser les orientations privilégiées par les moines de Nieuwlicht au XVe siècle. En 1407, Zweder van Boecholt réalise un manuscrit comprenant le commentaire du « De caelesti hierarchia » du Pseudo-Denys l’Aréopagite par Robert Grosseteste (UB 281).41 Le contre-plat de la reliure présente une note indiquant que ce volume faisait partie d’un ensemble de quatre manuscrits contenant l’ensemble du corpus dionysien, comprenant aussi le « De mystica theologia », le « De ecclesiastica hierarchia » et le « De divinis nominibus ».42 De ces quatre textes copiés par Zweder, on ne conserve plus que les deux premiers ; les manuscrits contenant le « De divinis nominibus » et le « De ecclesiastica hierarchia » sont perdus. La « Mystica theologia » (dans les versions traduites et commentées de Robert Grosseteste et de Jean Sarrazin) est conservée dans le manuscrit UB 79,43 avec une série d’autres textes 39 40

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Ibid. C’est notamment le cas de VAN DER HORST (n. 16), 28 : « misschien het meest interessante deel van de boekerij bestaat uit teksten van de mystieke en contemplatieve literatuur van PseudoDionysius tot Gerard van Zerbolt, met het Corpus Dionysiacum als kern. » Cf. GUMBERT (n. 15), 91–92, 333 ; MMDC, « Utrecht, UB : Cat. 281 ». Utrecht, UB 281, contre-plat supérieur : Habemus Terciam translacionem librorum dyonisii. Cuius prologus incipit. / Cum in libris magni dyonisii ariopagite etc. / Item dominum lynconiensem super anielicam hierarcham (per se in presenti volumine) / Item eundem | super divina nomina. (in uno volumine) / Item eundem | super Mysticam theologiam. (et translationem vercellencis cum aliis quibusdam simul in uno volumine) / Item super Ecclesiasticam ierarcham. (per se in uno volumine). GUMBERT (n. 15), 92–93, 320 ; MMDC, « Utrecht, UB : Cat. 79 ».

256 Ingrid Falque

qui lui sont pour la plupart intimement liés : l’« Extractio » de Thomas Gallus44, un chapitre du « Viae Sion lugent » d’Hugues de Balma, le « De via contemplationis et cognitionis Dei » du franciscain Bertram von Ahlen45 et la « Commendatio sive defensio libri fratris Johannis Ruusbroec » de Jan van Schoonhoven (dont il sera question plus loin). L’extrait d’Hugues de Balma et le traité de Bertram von Ahlen peuvent être perçus, au même titre que l’« Extractio » de Gallus comme des commentaires de la « Mystica theologia » du Pseudo-Denys.46 La présence de la « Commendatio » de Jan van Schoonhoven semble par contre moins évidente. Agrémenté de ses commentaires, le corpus dionysien copié par Zweder au début du XVe siècle constitue sans aucun doute le cœur de la collection de traités mystiques de la bibliothèque de Nieuwlicht et ce, non seulement car les manuscrits furent transcrits dès les premières années d’activité du monastère, mais aussi et surtout car le Pseudo-Denys est considéré comme une autorité à laquelle les mystiques ultérieurs n’auront de cesse de se référer.47 La présence du corpus complet au sein de la chartreuse d’Utrecht dès le début du XVe siècle atteste donc un intérêt précoce de la communauté pour les questions relatives à la théologie mystique. Par ailleurs, le choix d’associer la « Mystica theologia » du Pseudo-Denys à l’« Extractio » de Thomas Gallus et à un extrait du « Viae Sion lugent » d’Hugues de Balma est significatif et atteste une composante « affective » de la collection de traités mystiques conservée dans la chartreuse de Nieuwlicht. La période médiévale voit se développer, si l’on schématise quelque peu, deux grandes tendances dans l’interprétation du corpus dionysien : une « dionysianisme spéculatif » de tradition dominicaine initié par Albert le Grand d’une part, et un « dionysianisme affectif » dont le premier représentant est le Victorin Thomas Gallus, d’autre part.48 S’il importe de souligner que la

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Il s’agit d’une une « paraphrase simplifiée » du corpus dionysien qui connut un très large succès. Cf. JAMES MCEVOY : Mystical Theology. The Glosses by Thomas Gallus and the Commentary of Robert Grosseteste on « De Mystica Theologia », Louvain 2003 (Dallas Medieval Texts and Translations 3), 4. Le traité est également connu sous le titre « De laude Domini novi saeculi » et daté vers 1308. Cf. ALESSANDRA BECCARISI : Texte aus der Zeit Meister Eckharts, t. 1, Bertram von Ahlen, Opera, Hambourg 2004 (Corpus philosophorum Teutonicorum medii aevi 7,1), 3. Sur l’extrait d’Hugues de Balma, cf. GUMBERT (n. 15), 92 ; sur le traité de Bertram von Ahlen, cf. BECCARISI (n. 45), xii. En guise d’introduction à la pensée du Pseudo-Denys et ses commentaires ultérieurs, cf. MCGINN (n. 9), 157–182 ; PAUL ROREM : Pseudo Dionysios. A Commentary on the Texts and an Introduction to Their Influence, New York, Oxford 1993. MCGINN (n. 1), t. 3, New York 1998, 78.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 257

lecture que l’on fait habituellement de cette opposition entre les deux tendances peut ou doit être nuancée,49 on remarquera cependant qu’il existe, selon les conceptions de l’époque, deux types de connaissances de Dieu, une affective et une cognitive. Selon Thomas Gallus, elles sont toutes deux essentielles au bon fonctionnement de l’âme humaine, mais seule la première est capable de mener à l’union à Dieu. Certes, le Victorin n’est pas le premier à assumer et à défendre la primauté de l’amour sur la connaissance, mais il le fait en introduisant plusieurs innovations, la principale étant que le processus d’ascension vers Dieu tel qu’il le conçoit implique une séparation nette entre l’amour et la connaissance. Seul l’amour conduit à l’union et ce, non pas en absorbant la connaissance comme les auteurs du siècle précédent l’affirment, mais en l’écartant complètement.50 Le « Viae Sion lugent » du chartreux Hugues de Balma est une autre œuvre-clé du « dionysianisme affectif » qui se développe dans les derniers siècles du Moyen Âge.51 Hugues recourt à la structure tripartite de l’ascension mystique et termine son traité par une quaestio difficilis concernant la place de l’intellect dans le processus d’élévation vers Dieu. Sa réponse est largement influencée par Thomas Gallus, et on a souvent eu tendance à considérer sa position comme encore plus radicale que celle de son prédécesseur.52 On notera cependant avec DENNIS D. MARTIN qu’une lecture attentive du traité permet de comprendre que la position d’Hugues est plus nuancée qu’on ne le croit habituellement.53 Quoi qu’il en soit, la présence d’un extrait de ce texte cartusien54 dans le manuscrit dionysien complète et abonde dans le sens du commentaire de Thomas Gallus.55 49

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Pour le détail, cf. BERNARD MCGINN : Love, Knowledge, and Mystical Union in Western Christianity: Twelfth to Sixteenth Centuries, dans : Church History 56 (1987), 7-24 ; DENNIS D. MARTIN : Carthusian Spirituality. The Writings of Hugh of Balma and Guigo de Ponte, New York 1997, 24–25. MCGINN (n. 49), 12-13 ; MARTIN (n. 49), 81-82. MCGINN (n. 7), 450 ; Hugues de Balma : Théologie mystique. Introduction, texte latin, traduction, notes et index de FRANCIS RUELLO. Introduction et apparat critiques de JEANNE BARBET, 2 t., Paris 1995–1996 (Sources chrétiennes 408–409). Cela est notamment dû à la manière dont le texte fut discuté et utilisé dans les débats sur la place de l’affect et de l’intellect dans l’ascension mystique qui opposèrent entre autres Nicolas de Cues et Vincent d’Aggsbach. MARTIN (n. 49). Je n’ai pas pu consulter le manuscrit et déterminer quelle section du texte y est copiée. Cette information n’apparaît ni dans le catalogue de la bibliothèque, ni dans l’étude de J. P. GUMBERT ou dans la notice du manuscrit dans la base de données MMDC. Il devrait selon toute vraisemblance s’agir la section du chapitre sur la via unitiva où l’auteur livre un commentaire de la « Mystica theologia » du Pseudo-Denys (par. 82–115) ou de la « Question difficile » qui clôture le traité. La version complète du « Viae Sion lugent » était accessible aux moines de Nieuwlicht dans le manuscrit UB 343, qui date de la première phase de constitution de la bibliothèque, puisqu’il comporte un index rédigé par Zweder van Boecholt. Cf. GUMBERT (n. 15), 335.

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Dans la littérature consacrée à la spiritualité cartusienne et au débat théologique sur la primauté de l’affect ou de l’intellect dans la quête de l’union mystique, les moines de saint Bruno sont généralement présentés comme « anti-spéculatifs », ce qui est confirmé par la position d’Hugues de Balma, mais aussi de Vincent d’Aggsbach dans le débat de l’abbaye de Tegernsee avec Nicolas de Cues. Les chartreux d’Utrecht ont privilégié la lecture affective du corpus dionysien, comme il se devait. En choisissant d’adjoindre les textes de Thomas Gallus et d’Hugues de Balma à la « Mystica theologia », ils se sont placés dans la tradition de leur ordre. D’ailleurs, d’après les manuscrits de Nieuwlicht conservés, la seule exception à cette règle semble être la copie à la fin du XVe siècle du « De contemplatione » de Denys le Chartreux (UB 196, f. 1r–125r). Ce traité est sans aucun doute l’œuvre la plus aboutie et la plus systématique du chartreux en matière de théorie contemplative.56 Comme l’a montré KENT EMERY, Denys y livre un enseignement sur la contemplation de tendance intellectualiste, assez atypique en contexte cartusien.57 À l’exception du traité « De contemplatione » de Denys le Chartreux, la tendance affective est donc prédominante parmi les livres mystiques de la chartreuse de Nieuwlicht. Thomas Gallus et Hugues de Balma ont rédigé leurs traités au XIIIe siècle, soit à une époque où les débats sur l’articulation entre l’affect et l’intellect dans la progression vers l’union mystique n’en sont qu’à leurs débuts. Or, la bibliothèque de Nieuwlicht possède de nombreux textes mystiques antérieurs à ces controverses. Les chartreux d’Utrecht ont en effet pris soin, tout au long du XVe siècle, de copier ou d’acquérir les grands classiques du XIIe siècle, en particulier Bernard de Clairvaux et les Victorins, ce qui témoigne de leur tendance affective et de leur intérêt marqué pour la tradition de la mystique monastique. De Bernard de Clairvaux, les chartreux d’Utrecht possèdent dès les premières années du XVe siècle le « De XII gradibus humilitatis et superbiae »

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KENT EMERY JR. : Denys the Carthusian. The World of Thought Comes to Roermond, dans : PANSTERS (n. 32), 255–304, ici 279. Sur la théologie mystique de Denys et plus précisément sur le « De contemplatione », cf. KENT EMERY JR. : Twofold Wisdom and Contemplation in Denys of Ryckel (« Dionysius Cartusiensis », 1402–1471), dans : Monastic, Scholastic and Mystical Theologies from the Later Middle Ages, éd. par KENT EMERY JR., Aldershot 1996, 99–134. Pour l’édition critique, voir Denys le Chartreux : « De contemplatione », dans : Doctoris ecstatici D. Dionysii Cartusiani, Opera omnia, éd. par Monachi sacri ordinis Cartusiensis, t. 41, Montreuil-sur-Mer 1912. On rappellera ici que la copie de ce traité prend place dans une plus vaste entreprise de copie de la plupart des œuvres de Denys le Chartreux à Nieuwlicht (cf. n. 28).

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 259

(UB 160, f. 50r–71r)58 et les « Sermones super Cantica canticorum » (UB 155).59 Le premier traité – une œuvre précoce et résolument monastique rédigée vers 112060 – figure dans un manuscrit offert à la chartreuse par Henricus Walvisch, un chanoine régulier de Windesheim,61 tandis que le second manuscrit date de 1402 et a été donné par Willem van Rhenen (ou van Arnhem), chanoine de la cathédrale d’Utrecht.62 Le recueil des quatrevingt-six sermons sur le « Cantique des Cantiques » de l’abbé de Clairvaux peut être considéré comme son véritable chef-d’œuvre. Il y traite de la vie mystique en interprétant le « Cantique » comme une célébration de l’amour entre le Christ et l’âme humaine, initiant de manière durable la mystique nuptiale qui connaîtra, on le sait, un succès sans précédent dans l’Occident médiéval. L’intérêt des moines de Nieuwlicht pour la théologie mystique de Bernard de Clairvaux s’est poursuivi dans le courant du XVe siècle, comme l’atteste le manuscrit UB 159, un manuscrit composite copié en deux temps à la chartreuse et formant un recueil de textes bernardins.63 La seconde section contient notamment le « De diligendo Deo », un traité sur les quatre degrés de l’amour de Dieu que Bernard adressa au cardinal Haimeric et qui peut être considéré, avec BERNARD MCGINN, comme une pièce centrale de la pensée mystique du Cistercien.64 Les chartreux de Nieuwlicht possédaient donc une collection fort complète des œuvres mystiques de Bernard de Clairvaux, témoignant de leur

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Bernard de Clairvaux : De XII gradibus humilitatis et superbiae, dans : Sancti Bernardi opera, éd. par JEAN LECLERCQ, HENRI M. ROCHAIS, CHARLES TALBOT, t. 3, Rome 1963, 13–59. Pour une introduction à la théologie mystique de Bernard, cf. MCGINN (n. 1), 158–224. Bernard de Clairvaux : Sermons sur le Cantique. Texte latin de JEAN LECLERCQ et al. Introduction, traduction et notes par PAUL VERDEYEN et RAFFAELE FASSETTA, t. 1–3, Paris 1996, 1998 et 2000 (Sources chrétiennes 414, 431 et 452). MCGINN (n. 1), 181. Le f. 11v comporte la note suivante : Iste liber pertinet ad fr. C. domus sancti Salvatoris in valle florum extra muros Trai. quem dedit eisdem Frater henricus walvisch canonicus regularis in wyndesheym, et continentur in eo sequentia scilicet […]. Ce don a eu lieu entre 1398 et 1406, selon GUMBERT (n. 15), 123. Il est à noter que le traité se trouve également dans les manuscrits UB 158 et 159. Le contre-plat de la reliure comporte la note suivante : Pertinet ad c. p. t. ex donatione domini wilhelmi de Arnhem ‘alias de Renen’. olim prepositi Embricensis Oretur pro eo. Cf. GUMBERT (n. 15), 325. Il s’agit d’un manuscrit composite dont les f. 97–128 ont été copiés pendant la première phase d’expansion de la bibliothèque et les f. 1–96 ajoutés à une date ultérieure. Cf. GUMBERT (n. 15), 141, 326. MCGINN (n. 1), 164. Pour l’édition critique, voir Bernard de Clairvaux : L’Amour de Dieu. La Grâce et le libre arbitre. Texte latin des S. Bernardi Opera par JEAN LECLERCQ et al. Introduction, traductions, notes et index par FRANÇOISE CALLEROT et al., Paris 1993 (Sources chrétiennes 393).

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goût pour cette mystique monastique mettant l’expérience et l’union affective à Dieu en exergue.65 La présence du « De contemplando Deo » de Guillaume de Saint-Thierry, attribué à tort à Bernard, aux f. 69r–76r du manuscrit UB 161 l’atteste également.66 La bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht trahit aussi un intérêt flagrant, mais plus tardif, des moines pour l’école victorine, en particulier pour Richard de Saint-Victor dont les principaux traités mystiques sont copiés dans deux manuscrits datant du dernier quart du XVe siècle (UB 2787133 et 280).67 De ce bref aperçu des auteurs mystiques du XIIe siècle conservés à Nieuwlicht, il convient de souligner que tous adhèrent à un modèle de la relation amour-intellect qui fusionne les deux composantes et dans lequel l’amour est bel et bien supérieur à la connaissance, et même si le stade ultime de l’union à Dieu implique bel et bien une connaissance, celle-ci est transformée par l’action de l’amour.68 Cette position est conforme à ce que l’on peut attendre des représentants de l’ordre de saint Bruno au XVe siècle. Il n’est pas nécessaire de rappeler ici la position occupée par les chartreux, et en particulier par Vincent d’Aggsbach, dans la controverse avec Nicolas de Cues et Marquard Sprenger sur la place de l’affect et de l’intellect dans l’ascension mystique. On rappellera simplement qu’affirmant avec force conviction et virulence la primauté de l’amour sur la connaissance, Vincent d’Aggsbach s’est opposé à Jean Gerson, une figure importante de la théologie mystique au XVe siècle que l’on retrouve aussi dans la bibliothèque de Nieuwlicht. Plus précisément, si Gerson est bel et bien présent « en positif » avec le « De monte contemplationis » (la

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Cf. ETIENNE GILSON : La théologie mystique de saint Bernard, Paris 1934 (Études de philosophie médiévale 20). Guillaume de Saint-Thierry : La contemplation de Dieu. L’oraison de Dom Guillaume. Introduction, texte latin et traduction de Dom JACQUES HOURLIER, Paris 1959 (Sources chrétiennes 61). Cf. MCGINN (n. 1), 225–274. Copié dans le troisième quart du XVe siècle, le manuscrit UB 2877133 comporte le « Benjamin major » (f. 2r–108r), le « De exterminatione mali et promotione boni » (f. 111r–116r) et le « Benjamin minor » (f. 118r–170r). Le manuscrit UB 280 peut quant à lui être daté entre 1487 et 1493. Il contient des textes de Richard de Saint-Victor de natures diverses, dont plusieurs traités à caractère mystique : « De exterminatione mali et promotione boni » (f. 69v–89v), le « De quattuor gradibus violentae charitatis » (f. 120r–127r) et le « De eruditione hominis interioris » (f. 151r–173v). En introduction aux œuvres de Richard de Saint-Victor, cf. MCGINN (n. 1), 395–418. Aucun manuscrit d’Hugues de Saint-Victor provenant des chartreux de Nieuwlicht n’a été conservé, mais il reste une édition de ses œuvres imprimée à Strasbourg en 1475 provenant de Nieuwlicht. Cf. J. ALBLAS, J. F. VAN SOMEREN : Bibliotheek der Rijksuniversiteit Utrecht. Incunabelen beschreven en uitgegeven met toelichtende aantekeningen, platen en facsimiles, Utrecht 1922, n° 324. MCGINN (n. 9), 10 : « A transformative or subsuming pattern of the intellect-love relation. »

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 261

version latine de sa « Montaigne de contemplation ») copié dans deux manuscrits,69 il apparaît aussi « en négatif » par la présence de plusieurs textes faisant directement allusion à sa critique de la pensée de Jan van Ruusbroec, un ami fidèle des chartreux. On le sait, au début du XVe siècle, le chancelier de Paris prend la plume dans une lettre adressée au chartreux Barthélemy Clantier pour dénoncer le chef-d’œuvre de Ruusbroec, « Die geestelike brulocht », qu’il avait lu dans la version latine de Willem Jordaens. Il y condamne plus précisément des points doctrinaux du troisième livre du traité et la manière dont le mystique brabançon conçoit l’union à Dieu.70 Assez rapidement, les chanoines de Groenendaal ont chargé l’un des leurs à formuler une défense de leur maître. Jan van Schoonhoven a ainsi rédigé une « Commendatio sive defensio libri fratris Johannis Ruusbroec », que l’on retrouve dans le manuscrit UB 79 (f. 109v–116v). Le traité de Ruusbroec se trouve quant à lui dans le manuscrit UB 282 copié au début du siècle par Martinus van Schiedam (dans la version latine de Geert Grote).71 Les chartreux de Nieuwlicht sont donc restés fidèles à leur ordre en manifestant leur intérêt pour le mystique brabançon et en se positionnant en sa faveur dans les débats de l’époque. On remarquera également que les chartreux de Nieuwlicht ont copié le « Brulocht » de Jan van Ruusbroec dans sa version latine et non dans sa version originale en moyen néerlandais.72 L’occasion

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Le texte apparaît dans le manuscrit UB 205 (f. 1r–46r), un manuscrit copié à la fin du XVe siècle et dans le manuscrit UB 358, dont il sera question plus loin. Cf. Jean Gerson : Œuvres complètes, éd. par PALÉMON GLORIEUX, t. 7, Tournai 1961, 16–55. En guise d’introduction à la mystique de Jean Gerson, cf. MCGINN (n. 30), 86–95 ; MARC VIAL : Jean Gerson, théoricien de la théologie mystique, Paris 2006 (Études de philosophie médiévale 90). Sur le rôle de Jean Gerson dans la théorisation de la mystique, cf. aussi BOULNOIS (n. 9). Sur la critique de Gerson, cf. ANDRÉ COMBES : Essai sur la critique de Ruysbroeck par Gerson, 4 t., Paris 1945–1972 ; GEERT WARNAR : Ruusbroec. Literature and Mysticism in the Fourteenth Century, Leyde 2007 (Brill’s Studies in Intellectual History 150), 272–283 (qui aborde aussi en détails les relations entre Ruusbroec et les chartreux de Herne). Jan van Ruusbroec : Opera Omnia, t. 3 : Die geestelike Brulocht, éd. par JOSEPH ALAERTS et GUIDO DE BAERE, intro. par PAUL MOMMAERS, trad. par HELEN ROLFSON, Turnhout, Tielt 1988. La première traduction latine du « Brulocht » a été réalisée par Willem Jordaens vers 1355– 1360, à la demande des cisterciens de Ter Doest. Quelques années plus tard, Geert Grote s’attèle à sa propre traduction, selon des principes de dépendance plus stricte au texte original qu’il expose dans son prologue. La traduction latine de Grote a surtout été diffusée dans les PaysBas du Nord et chez les chartreux, tandis que celle de Jordaens a circulé davantage dans le sud des Pays-Bas et en France. Cf. KEES SCHEPERS : Ruusbroec in Latin : Impulses and Impediments, dans : A Companion to John of Ruusbroec, éd. par JOHN ARBLASTER, ROB FAESEN, Leyde 2014, 237–285. Sur le rôle joué par les chartreux dans la diffusion des œuvres de Ruusbroec, cf. KENT EMERY JR. : The Carthusians, Intermediaries for the Teaching John of Ruysbroeck during the Period of Early Reform and in the Counter-Reformation, dans : Miscellanea Cartusiensia, t. 4, Salzbourg 1979 (Analecta Cartusiana 43), 100–129.

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nous est donnée de constater l’absence quasi complète de la langue vernaculaire dans l’ensemble des manuscrits de la chartreuse.73 Enfin, les moines de Nieuwlicht ont manifesté un intérêt pour la mystique bonaventurienne, comme en témoignent plusieurs manuscrits contenant des extraits conséquents du « De triplici via ».74 Ce célèbre traité marque un jalon important dans l’exposition systématique de la progression spirituelle selon une division tripartite (purgation, illumination et union) dans laquelle les trois pratiques spirituelles de la prière, de la méditation et de la contemplation jouent un rôle central.75 Résumant et transformant une longue tradition de descriptions de la progression spirituelle, le « De triplici via » a ouvert la voie au succès des manuels d’ascétique et de mystique harmonisant les différentes autorités au XIVe siècle.76 Or, il est intéressant de constater que la bibliothèque de Nieuwlicht possède plusieurs de ces traités, comme par exemple le célèbre « De exterioris et interioris hominis compositione » de David d’Ausgbourg,77 mais aussi le « De septem donis spiritus sancti » du Franciscain Rudolph von Biberach78 et le « De adhaerendo Deo » du Bénédictin Johannes von Kastl.79 L’intérêt des chartreux d’Utrecht pour la spiritualité bonaventurienne se manifeste aussi par la présence de plusieurs textes alors abusivement attribués au Docteur séraphique. Parmi eux figure le « Stimulus amoris » de Jacques de Milan, un Franciscain de la fin du XIIIe siècle, présent dans pas moins de trois manuscrits de la chartreuse (UB 161, 173 et 174). Œuvre à succès de la fin du Moyen Âge, le « Stimulus amoris » a connu plusieurs 73

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Un manuscrit de 1464 possédé par le concierge, Cayman Janszn. van Zerichzee fait exception : Cayman Janszn. van Zerichzee wonende mit den carthusers buten utrecht (Haarlem, Stadsbibliotheek, ms. II-17, f. 179r et 231r). Le manuscrit contient notamment le « Spieghel der menscheliker behoudenesse » (f. 10r–179r). Cf. n. 117. MCGINN (n. 48), 102. Cf. JACQUES GUY BOUGEROL : La perfection chrétienne et la structuration des trois vies de la vie spirituelle dans la pensée de saint Bonaventure, dans : Études franciscaines 19 (1969), 397–409. Pour l’édition, voir Bonaventure : De triplici via, dans : Sancti Bonaventurae opera omnia, éd. par Collegium Sancti Bonaventurae, t. 8, Quaracchi 1898, 3–18. MCGINN (n. 48), 113–115. Pour l’édition, cf. David d’Augsbourg : De exterioris et interioris hominis compositione secundum triplicem statum incipientium, proficientium et perfectorum, éd. par Collegium Sancti Bonaventurae, Quaracchi 1899. UB 342. Cf. MARGOT SCHMIDT : Rodolphe de Biberach, dans : Dictionnaire de spiritualité ascétique et mystique, t. 13, Paris 1988, 846–850. UB 358. Pour l’édition de ce texte, cf. Johannes von Kastl : De adhaerendo Deo, dans : Alberti Magni, Opera omnia, éd. par AUGUSTUS BORGNET, t. 37, Paris 1898, 523–542. Sur le texte et son attribution, cf. MARTIN GRABMANN : Der Benediktinermystiker Johannes von Kastl, der Verfasser des Buchleins « De Adhaerendo Deo », dans : ID., Mittelalterliches Geistesleben. Abhandlungen zur Geschichte der Scholastik und Mystik, t. 1, Munich 1926, 489–524.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 263

rédactions latines et a été traduit en plusieurs langues vernaculaires.80 Comme le remarque BERNARD MCGINN, ce traité emprunte à Bonaventure le mélange d’éléments ascétiques et mystiques, tout en y ajoutant une plus forte emphase visuelle. Jacques de Milan invite ses lecteurs à « entrer dans une méditation visuelle sur les événements de la vie du Christ. »81 Cette dimension visuelle du « Stimulus amoris » nous conduit à explorer le second point de cette contribution, à savoir la relation entre images et mystique dans les manuscrits de la bibliothèque de Nieuwlicht et, plus largement, dans la spiritualité cartusienne.

III. Images et spiritualité dans les manuscrits de la bibliothèque de Nieuwlicht Bon nombre de manuscrits de la chartreuse de Nieuwlicht produits au XVe siècle présentent une décoration ornementale typique de la production de manuscrits enluminés à Utrecht à la fin du Moyen Âge. On y observe des lettrines filigranées et des décorations marginales exécutées à la plume, généralement à l’encre rouge et/ou bleue.82 Par contre, seuls seize manuscrits présentent une iconographie figurative, soit sous la forme de miniatures, soit sous la forme d’initiales historiées ou de vignettes.83 La plupart de ces ouvrages sont des bibles, des commentaires bibliques ou des textes apparentés, mais quelques-uns sont des recueils de sermons et de textes dévotionnels ou mystiques. Ce sont précisément ces derniers manuscrits qui retiendront mon attention. En effet, la présence de ces dessins et d’autres miniatures conduit à initier une réflexion sur le statut et les fonctions des images dans les pratiques méditatives des moines qui lisaient ces ouvrages spirituels. Pourtant, si jusqu’à présent les manuscrits illustrés de la chartreuse d’Utrecht ont attiré l’attention de quelques historiens et historiennes 80

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Voir Institut de recherche et d’histoire des textes (IRHT-CNRS) : Notice de Stimulus amoris, Bonaventura (pseudo), dans : FAMA : Œuvres latines médiévales à succès, éd. par PASCALE BOURGAIN, DOMINIQUE STUTZMANN, Paris 2019, URL : http://fama.irht.cnrs.fr/oeuvre/271060 (Consulté le 19 mai 2020) ; FALK EISERMANN : « Stimulus amoris ». Inhalt, lateinische Überlieferung, deutsche Übersetzungen, Rezeption, Tübingen 2001 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 118). MCGINN (n. 48), 118 : « It encourages the reader to enter into visual meditation on the events of Christ’s life » (Trad. I.F.). Sur cette production, cf. Kriezels, aubergines en takkenbossen : randversiering in Noordnederlandse handschriften uit de vijftiende eeuw, éd. par ANNE KORTEWEG, Zutphen 1992 ; G. GERRITSEN-GEYWITZ : Sichel, Krause und lange Linien. Utrechter Fleuronnée im zweiten Viertel des fünfzehnten Jahrhunderts, dans : Quaerendo 33 (2003), 96–118. UB 41, UB 96, UB 155, UB 161, UB 252, UB 358, UB 370, UB 391, UB 620, UB 687, UB 733, KBR 102-103, KBR 106-107-204-205, KBR 8729-31, Gand, UB, 430 (632), La Haye, KB, 78 D 39 et Haarlem, SB, II-17.

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de l’art, c’est avant tout pour des questions de style et d’attribution, qui ont conduit à de longs débats au sujet de l’existence – aujourd’hui largement rejetée – d’un très productif atelier d’enlumineurs à la chartreuse de Nieuwlicht au début du XVe siècle.84 Parmi les seize manuscrits comportant un programme iconographique plus ou moins extensif, six datent de la première phase de constitution de la bibliothèque et semblent bel et bien avoir été réalisés par des ateliers d’enlumineurs professionnels et non par les chartreux d’Utrecht.85 Deux autres sont antérieurs au XIVe siècle et ont été offerts aux moines.86 Enfin, les huit manuscrits restants datent de la seconde moitié du XVe siècle.87 Plusieurs d’entre eux ont été copiés à la chartreuse, ce qui suggère qu’ils ont probablement été illustrés sur place.88 Cette hypothèse est en tout cas très crédible pour le manuscrit UB 358, dont un dessin se révèle avoir été copié d’après une miniature du manuscrit UB 252 réalisée par le Maître d’Otto van Moerdrecht vers 1425 (cf. infra). Selon toute vraisemblance, le moine qui s’est chargé de la réalisation du manuscrit UB 358 a jugé pertinent d’y copier la miniature d’un autre manuscrit auquel il avait alors accès. Des arguments externes plaident également en faveur de l’hypothèse de la réalisation de miniatures à Nieuwlicht. C’est notamment le cas des comptes de la chartreuse pour les années 1466–1470, rédigés par le prieur Jacob Backer et publiés par ABRAHAM HULSHOF. Ces comptes recensent notamment les dépenses relatives à la réalisation de manuscrits par les moines. Il y est fait mention en 1468 de l’acquisition de matériel d’enluminure.89 En bref, on 84

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Cf. ALEXANDER WILLEM BYVANCK : Utrechtsche Miniaturen, dans : Het Gildeboek 4 (1923), 1–11, 63–80, 106–117, 179–195 ; C. J. DE WIT : Het atelier der Utrechtsche miniaturen en een kapittel uit de geschiedenis van het karthuizerklooster Nieuw-Licht, dans : Oudheidkundig Jaarboek. 3e serie van het Bulletin van den Nederlandschen Oudheidkundigen Bond 3 (1928), 264–271 ; ALEXANDER WILLEM BYVANCK : Het atelier der utrechtse miniaturen, dans : Oudheidkundig jaarboek 9 (1929), 136–145. On doit à J. P. GUMBERT la réfutation définitive de cette hypothèse. Cf. GUMBERT (n. 15), 181–185. Sur ce débat, cf. aussi SASKIA VAN BERGEN : De Meesters van Otto van Moerdrecht. Stijl en iconografie van een groep miniaturisten, in relatie tot de productie van getijdenboeken in Brugge rond 1430, Amsterdam 2007, 37–41. UB 41, UB 155, UB 161, UB 252, UB 391, KBR 106-107-204-205. En tout état de cause, seul le manuscrit UB 391 a été copié avec certitude par les scribes de Nieuwlicht. Il s’agit du « Passionale sanctorum » réalisé par Zweder van Boecholt. Il comporte au f. 23r un dessin exécuté assez crûment, représentant les plaies du Christ et les arma Christi. Sur ce manuscrit et le dessin, cf. VAN DER HORST (n. 16), n° 2. UB 620 (manuscrit italien réalisé au XIIIe ou au début du XIVe siècle) et UB 687 (manuscrit français exécuté vers 1200). UB 96, UB 358, UB 370, UB 733, KBR 102-103, KBR 8729-31, Gand, UB, 430, La Haye, KB, 78 D 39 et Haarlem, SB, II-17. UB 96, UB 358, UB 370, UB 733. Item pro illuminatione aliquorum librorum xxxvi stuferos cité d’après ABRAHAM HULSHOF : Uitgaven voor de boekerij van het kartuizerklooster te Utrecht in de jaren 1466-1470, dans : Buch

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 265

retiendra que parmi ces manuscrits présentant une iconographie, plusieurs comportent des textes dévotionnels et mystiques et que certains d’entre eux ont été copiés et, selon toute vraisemblance, illustrés par des moines de Nieuwlicht qui destinaient ces ouvrages à leurs pratiques méditatives. Cela indique que dans ce cadre, les chartreux d’Utrecht accordaient une importance certaine à la visualité. La place occupée par les images dans les chartreuses est une épineuse question qui semble parfois opposer théorie et pratique.90 Dans ses « Consuetudines », Guigues Ier affirme que les décorations, ornements liturgiques et autres objets curieux (dont les œuvres d’art) sont prohibés dans l’église conventuelle.91 Si cette affirmation est répétée dans les statuts ultérieurs de l’ordre, on constate cependant qu’à la fin du Moyen Âge, les chartreuses ne sont pas exemptes d’œuvres d’art, bien au contraire. Pour ne citer que la chartreuse d’Utrecht, on conserve notamment un petit tableau de dévotion commandé par le prieur Jan Vos au peintre brugeois Petrus Christus vers 145092 et un « Triptyque de la Dernière cène » réalisé par un artiste anonyme au début du XVIe siècle qui remplissait des fonctions commémoratives dans l’église.93

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und Bucheinband. Aufsätze und graphische Blätter zum 60. Geburtstage von Hans Loubier, éd. par MAX JOSEPH HUSUNG, Leipzig 1923, 174. Sur la position des chartreux par rapport à l’art à la fin du Moyen Âge, cf. JESSICA BRANTLEY : Reading in the Wilderness. Private Devotion and Public Performance in Late Medieval England, Chicago, Londres 2007, 27–77 ; SHERRY LINDQUIST : Agency, Visuality and Society at the Chartreuse de Champmol, Aldershot 2008 ; LIESBETH ZUIDEMA : De functie van kunst in de Nederlandse kartuizerskloosters, dans : Het geheim van de stilte. De besloten wereld van de Roermondse Kartuizers [cat. d’expo, Kartuizerklooster ‘O.L. Vrouw van Bethlehem’ Roermond], éd. par KRIJN PANSTERS, Zwolle 2009, 48–61 ; LIESBETH ZUIDEMA : Verbeelding en ontbeelding. Een onderzoek naar de functie van kunst in Nederlandse kartuizerkloosters (1450–1550), thèse de doctorat, Université Leyde 2010 ; CRISTINA DAGALITA : Un dénuement fastueux. Les œuvres d’art dans les chartreuses médiévales, Bruxelles, Berne 2019 (Pour une histoire nouvelle de l’Europe 9). Guigues Ier le chartreux (n. 4), 244. Petrus Christus « La Vierge d’Exeter », huile sur bois, 19,5 x 14 cm, Berlin, Gemäldegalerie, n° inv. 523B. Étant donné les petites dimensions du tableau, il était selon toute vraisemblance destiné à la cellule du prieur. Sur cette œuvre, cf. INGRID FALQUE : The « Exeter Madonna » by Petrus Christus : Devotional Portrait and Spiritual Ascent in Early Netherlandish Painting, dans : Ons geestelijk erf 86 (2015), 219–249. Anonyme des Pays-Bas septentrionaux « Triptyque de la dernière Cène », huile sur bois, 149,5 cm x 96,5 cm (panneau central) et 149,5 cm x 39 cm (volets), Utrecht, Centraal Museum, n° inv. 31199. Cette œuvre est bien documentée : les trois moines cartusiens représentés sur le volet gauche ont été identifiés en la personne de Pieter Sas, Jacob et Vincent Pauw. La femme portraiturée sur le volet droit est leur tante, Digna Sas. Ghijsbert Pauw, le père de Jacob et Vincent, était l’un des bienfaiteurs de la chartreuse au début du XVIe siècle. Il a notamment offert une conséquente somme d’argent lorsque son fils Jacob a prononcé ses vœux. Il décède en 1521 et est enterré dans l’église conventuelle, au pied de l’autel des saints martyrs. Selon toute vraisemblance, le triptyque était destiné à cet autel, afin de commémorer sa mémoire. Sur cette

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Fig. 1. – Utrecht, UB, 155, f. 1r [Reproduction libre de droit] œuvre, voir RAYMOND VAN LUTTERVELT : Twee Utrechtse primitieven (Johannes van Huemen?), dans : Oud Holland 62 (1947), 107–122 ; HENRI DEFOER : The Triptych of the Pauw-Sas Family from the Utrecht Charterhouse, dans : Living Memoria. Studies in Medieval and Early Modern Memorial Culture in Honour of Truus van Bueren, éd. par ROLF DE WEIJERT et al., Hilversum 2011 (Middeleeuwse studies en bronnen 137), 321–332.

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On a longtemps considéré que la présence d’images dans les chartreuses s’expliquait par l’influence des généreux bienfaiteurs.94 Cette idée est aujourd’hui battue en brèche et l’implication des moines dans la construction des programmes visuels de leurs monastères est bel et bien admise.95 Des sources textuelles d’origine cartusienne vont également dans ce sens. Ainsi, dans son « De origine et veritate perfectae religionis » (c. 1313), Guillaume d’Ivrée livre de précieuses informations sur l’environnement visuel des moines cartusiens dans le secret de leur cellule. Le traité stipule que les chartreux sont autorisés à disposer d’un crucifix et d’une image de la vierge ou d’un autre saint, tout en précisant que : Cartusienses in cellis suis, sicut praedictum est, devotas picturas non renuunt nec recusant, sed ad excitationem devotionis et imaginationis, et augmentum devotae conceptionis, easdem libenter et affetuose recipiunt et requirunt. (Dans leur cellule, les chartreux ne refusent ni ne rejettent les images dévotionnelles. Plutôt, ils les acceptent et les recherchent librement et avec enthousiasme car elles excitent la dévotion et l’imagination, et elles stimulent les idées dévotionnelles).96

Ce texte invite à envisager à nouveaux frais, sous l’angle des pratiques dévotionnelles et méditatives, les images religieuses provenant des monastères cartusiens, et en particulier les miniatures et autres dessins compris dans des livres. Treize des seize manuscrits enluminés de Nieuwlicht présentent des textes se prêtant à ce type d’exercices spirituels.97 Plusieurs de ces manuscrits ne comportent qu’une seule initiale historiée montrant le 94

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Les chartreux et l’art. XIVe–XVIIIe siècle. Actes du Xe colloque international d’histoire et de spiritualité cartusiennes (Villeneuve-lès-Avignon, 15–18 septembre 1988), éd. par ALAIN GIRARD, DANIEL LE BLÉVEC, Paris 1989 ; ROLF DE WEIJERT : Gift-Giving Practices in the Utrecht Charterhouse. Donating to be Remembered?, dans : ROLF DE WEIJERT et al. (n. 93), 147–164 ; Les Chartreux et les élites : XIIe–XVIIIe siècles : colloque international du CERCOR (30–31 août 2012), éd. par SYLVAIN EXCOFFON, Saint-Étienne 2013 (Analecta Cartusiana 298). L’étude de la chartreuse de Champmol par SHERRY LINDQUIST est exemplaire à cet égard. Elle démontre que les œuvres et les bâtiments de la chartreuse bourguignonne n’expriment pas seulement les souhaits du duc de Bourgogne, Philippe le Hardi, mais qu’ils représentent aussi pour les moines un moyen d’assurer leur réputation et leur identité d’ordre monastique exemplaire. Elle insiste également sur le fait que les moines sont directement intervenus dans la conception du programme artistique du monastère. Cf. LINDQUIST (n. 90). Pour un autre exemple, cf. ALAIN GIRARD : Le décor en Chartreuse : la place de la chartreuse de Villeneuve-lès-Avignon dans le développement de l’image, dans : Le décor des églises en France méridionale (XIIIe–mi XVe siècle), Toulouse 1993 (Cahiers de Fanjeaux 28), 363–384. Cité d’après BRANTLEY (n. 90), 352 n. 177 (Trad. I.F.). Sur ce traité, cf. JAMES HOGG : Guillelmus de Yporegia : « De origine et veritate perfecte religionis », dans : Analecta Cartusiana 82 : 2, Salzbourg 1980, 84–118. On y trouve des textes exégétiques (UB 41, UB 96, UB 252, KBR 102-103, KBR 106-107-204205, Gand, UB, 430 (632) et La Haye, KB, 78 D 39) et des textes relevant de la littérature spirituelle : vies de saints, textes dévotionnels et mystiques (UB 155, UB 161, UB 358, UB 370, UB 39, KBR 8729-31 et Haarlem, SB, II-17).

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portrait de l’auteur, comme c’est par exemple le cas du manuscrit UB 155.98 Ce manuscrit, qui contient les « Sermones in Cantica Canticorum » de Bernard de Clairvaux, s’ouvre ainsi avec l’initiale « V » accueillant une figure assise de l’abbé cistercien (Fig. 1). Ce type d’initiale étant purement illustrative, il n’est pas opportun de s’y attarder davantage. Par contre, les manuscrits KBR 8729-31, UB 370 et UB 358, qui présentent une iconographie plus développée et associée à des textes dévotionnels et mystiques, méritent une attention plus soutenue. Arrivé à la Bibliothèque royale de Belgique par l’entremise des Bollandistes, le manuscrit KBR 8729-31 comporte les « Vitae » des saintes Ursule, Catherine et Barbe. Il est daté vers 1445.99 Chacune des trois sections du manuscrit consacrée à l’une de ces martyres débute par une miniature associant la sainte en question à un groupe de chartreux agenouillés en prière et présentés par saint Jean-Baptiste. Les miniatures consacrées à sainte Ursule et sainte Barbe sittent la scène dans un intérieur d’église (Fig. 2), tandis que la rencontre avec sainte Catherine se déroule devant un fond neutre. L’exécution de ces miniatures est assez fruste et sommaire, ce qui suggère qu’elles n’ont pas été réalisées par un atelier professionnel. Le manuscrit comporte l’ex libris de la chartreuse de Nieuwlicht, attestant sa provenance mais malheureusement pas son lieu de production. L’ouvrage est néanmoins directement lié aux pratiques dévotionnelles et cultuelles de la chartreuse. En effet, le 14 octobre 1446 (soit à peu près au moment de la réalisation du codex) est fondé un autel consacré aux saintes Barbe et Catherine et aux onze mille vierges,100 et en 1451, la Grande Chartreuse autorise les moines de Nieuwlicht à célébrer la fête de sainte Barbe cum XII leccionibus

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C’est également le cas des manuscrits UB 41, 96 et 161. JOSEPH MARIE MARTIN VAN DEN GHEYN : Catalogue des manuscrits de la Bibliothèque royale de Belgique, t. 5, Bruxelles 1904, n° 3215 ; CAMILLE GASPAR, FRÉDÉRIC LYNA : Les principaux manuscrits à peintures de la Bibliothèque royale de Belgique, t. II, Paris 1945, n° 238. Anno Domini M CCCC XLVI, ipso die Calixti, pape et martyris, consecrata fuerunt duo altaria, stantia super doxale, quorum primum fuit consecratum in honorem beati Michaelis et omnium ordinum angelorum, super quod episcopus ipso die solempniter cum cantu celebravit, nobis officium in dedicacione altaris ex libris ipsius cantantibus. Secundum vero in honorem sancte Barbare, virginis, ac beate Katherine et sanctarum undecim milium virginum, a venerabili in Christo patre ac domino, domno Johanne ; episcopo Kortagensi, qui fuit ordinis Cluniacensis et tunc temporis ecclesie Traiectensis suffraganeus, Extrait du « Necrologium » de la chartreuse, cité par DE WEIJERT (n. 13), 155. Selon toute vraisemblance, la « Vierge de Jan Vos » de l’atelier de Jan van Eyck (New York, Frick Collection, n° inv. 54.1.161) était destinée à cet autel.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 269

sine capitulo, cujus missa officium est sicut Agathe101. En montrant de manière imagée la dévotion des chartreux aux trois saintes, les miniatures du manuscrit KBR 8729-31 témoignent du culte important qui est voué à ces dernières à la chartreuse d’Utrecht. On pourrait s’étonner du fait qu’un monastère masculin consacre une attention si soutenue à des saintes. Cependant, Barbe était particulièrement vénérée par l’ordre de saint Bruno. À n’en pas douter, le récit de son enfermement forcé dans une tour suite à sa décision de se consacrer à Dieu devait prendre un sens tout particulier dans le contexte cartusien de Nieuwlicht.102 Ce manuscrit et ses enluminures attestent les intérêts dévotionnels des chartreux d’Utrecht et leur souhait de figurer, au sens littéral comme au sens figuré, sous la protection de ces saintes qui leur servaient de modèle de vie. Comme la plupart de leurs frères cartusiens, les moines de Nieuwlicht vouent également à l’époque une dévotion fervente à la Vierge, et il semble qu’ils ont décidé de l’exprimer par l’image, comme en témoigne le manuscrit UB 370. Ce dernier a été réalisé par le copiste Hermannus van Amsterdam à la fin du XVe siècle, comme l’indique une note au f. 161v.103 Il s’agit d’un manuscrit « marial », qui contient trois unités textuelles : vingt-deux sermons de Césaire de Heisterbach sur la Vierge, le « Speculum beatae Mariae virginis » de Conrad Holtnicker de Saxe et une table reprenant les sujets les plus importants de la Bible. À nouveau, le manuscrit présente une orientation plutôt dévotionnelle. Son intérêt réside dans le fait qu’il comporte en outre deux petites miniatures dans le premier texte, tandis que de nombreux espaces ont été laissés libre afin d’accueillir d’autres vignettes jamais exécutées dans les pages suivantes. Étant donné que le manuscrit a été copié à la chartreuse, on peut avancer l’hypothèse qu’il fut également enluminé par les moines de Nieuwlicht. La première miniature, située au f. 18r, clôture le septième sermon de Césaire et représente la Fuite en Égypte, tandis que la seconde au f. 26v accompagne le sermon 10 et montre la sainte famille dans un intérieur (Fig. 3). Les homélies de Césaire de Heisterbach ont connu une certaine fortune à la fin du Moyen Âge, notamment grâce à leur caractère fortement narratif.104 Il n’est donc pas étonnant de trouver dans ce manuscrit un cycle iconographique dédié à la Vierge.

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Extrait du cartulaire de la chartreuse, cité par H. J. J. SCHOLTENS : Jan Van Eyck’s De H. Maagd met den kartuizer en de Exeter-Madonna te Berlijn, dans : Oud-Holland 55 (1938), 57 n. 3. Cf aussi DE WEIJERT (n. 13), 177. EMMA CAPRON (avec la collaboration de MARYAN W. AINSWORTH et TILL-HOLGER BORCHERT) : The Charterhouse of Bruges. Jan van Eyck, Petrus Christus, and Jan Vos, New York 2018, 42. MMDC, « Utrecht, UB : Cat. 370 ». Voir JEAN THIÉBAUT WELTER : L’exemplum dans la littérature religieuse et didactique du Moyen Âge, Paris 1927, 117.

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Fig. 2. – Bruxelles, KBR, 8729-31 [© KIK-IRPA]

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Fig. 3. – Utrecht, UB, 370, f. 26v [Reproduction libre de droit]

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IV.

Le manuscrit UB 358, un témoignage de la place des images dans les pratiques contemplatives à Nieuwlicht

Si les deux manuscrits qui viennent d’être évoqués s’avèrent intéressants du point de vue de l’utilisation des images religieuses en contexte cartusien, le codex de Nieuwlicht qui soulève le plus de questions et excite le plus la curiosité est sans conteste le manuscrit UB 358. Ce dernier contient une compilation de traités et de recueils de citations réalisée au milieu du XVe siècle à la chartreuse d’Utrecht. Copié en littera gothica hybrida par un seul scribe, le codex a été exécuté de manière sobre et soignée. Il présente des notes marginales qui semblent être de la main du copiste, ainsi que quelques signets de gouttière en parchemin placés à des emplacements stratégiques, tels que des débuts de chapitre ou les dessins. L’orientation mystique de ce recueil ne fait aucun doute. La table du manuscrit, située sur le verso du feuillet non numéroté faisant face au f. 1r, est d’ailleurs précédée d’un titre annonçant clairement qu’il s’agit d’un volume consacré à la vie contemplative : in hoc volumen continentur plura de vita contemplativa, scilicet. Parmi les manuscrits entièrement consacrés à la mystique, ce volume fait quelque peu figure d’exception. Non seulement s’agit-il d’un des rares volumes composés d’un nombre élevé de textes différents (dix pour être précise) mais de plus, deux de ces textes sont des recueils de citations empruntées à de multiples auteurs et de prières. Ce phénomène ne s’observe dans aucun autre « livre mystique » de la bibliothèque. Ces deux compilations d’extraits sont les deux premiers textes du codex : le premier (qui est aussi l’une des plus longues unités du volume, f. 1r–45v) s’intitule « Radius contemplative meditationis in quo tractatur de natura divina », tandis que le second porte le titre « Tractatus de contemplatione qui dicitur Currus Ysrael » (f. 46r–55v). De par sa composition, ce volume évoque les rapiaria des dévots modernes, ces « recueils de citations et de notes » qui « avaient pour but de soutenir la vie spirituelle de chacun individuellement. »105 Si le rapiarium est à la fois un genre littéraire et une catégorie d’objet créés dans les milieux de la Devotio moderna et typiques de leurs pratiques de l’écrit et de la lecture, il n’en reste pas moins que vers le milieu du XVe siècle (soit à l’époque de la rédaction du manuscrit UB 358), ce mode de compilation se diffuse en dehors des cercles dévots,106 ce dont le manuscrit cartusien semble attester.107 105

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THOM MERTENS : Rapiarium, dans : Dictionnaire de spiritualité ascétique et mystique, t. 13, Paris 1988, 114, 116 (Trad. I.F.). Sur les rapiaria, cf. également ID. : Preken met de pen en lezen met de pen. Moderne Devotie en geestelijke literatuur, Deventer 1989. WYBREN SCHEEPSMA : Medieval Religious Women, dans : The Low Countries. The ‘Modern Devotion’, the Canonesses of Windesheim and their Writings, Woodbrige 2004, 91. Le manuscrit UB 358 se rapproche des rapiaria des dévots modernes du point de vue de la composition et de la conception, plus que de la forme et des aspects matériels.

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Fig. 4. – Utrecht, UB, 358, f. 12r [Reproduction libre de droit]

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La principale particularité du manuscrit UB 358 réside cependant dans la présence d’images, associées à ce contenu textuel dédié à la contemplation. Le manuscrit comporte quelques lettrines filigranées, dont certaines avec des motifs figuratifs comme c’est le cas au f. 12r (Fig. 4), mais aussi et surtout trois dessins exécutés à l’encre brune et rouge, avec des rehauts d’or pour deux d’entre eux. On notera avec intérêt que les trois dessins ont été insérés dans les deux recueils de citations et d’extraits qui constituent la partie la plus personnelle du volume. La première image montre un ange avec un chartreux (f. 29r), la seconde un séraphin (f. 32r) et la troisième l’ascension d’Élie sur son char (f. 52r). Toutes trois sont accompagnées de légendes et d’inscriptions qui densifient la composition, tant de manière visuelle que sémantique. Dans les pages qui suivent, les deux premiers dessins seront analysés, afin d’exemplifier l’intérêt d’explorer les liens tissés entre les textes et les images et comment ces dernières interviennent dans les pratiques méditatives des moines et structurent leur expérience de lecture, de méditation et de contemplation.108 Le dessin du f. 29r représente un ange debout, abritant sous ses ailes et son manteau un moine cartusien agenouillé en prière (Fig. 5). Sa main droite est posée sur le sommet de la tête du moine qui le regarde, tandis que sa main gauche enlace les mains jointes en signe de prière de son protégé. La composition évoque le thème iconographique de la Vierge au manteau, apparu en milieu cistercien dans le courant du XIVe siècle et qui a connu un vif succès dans plusieurs ordres monastiques, y compris chez les chartreux, à la fin du Moyen Âge.109 Ici, la Mère de Dieu qui ouvre son manteau pour protéger une communauté est remplacée par un ange. On constatera avec intérêt que les miniatures du manuscrit KBR 8729-31 évoquées précédemment présentent un schéma compositionnel similaire, dans lequel ce sont cette fois les saintes qui remplacent la Vierge. Il apparaît ainsi que les chartreux en général, et ceux de Nieuwlicht en particulier, ont fait preuve d’une certaine prédilection pour ce schéma iconographique dans lequel les moines se placent sous la protection d’une figure tutélaire, qu’elle soit sainte ou angélique.

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Une étude fouillée et approfondie du manuscrit, et notamment du troisième dessin, sera entreprise par mes soins dans un avenir proche. DOMINIQUE DONADIEU-RIGAUT : Les ordres religieux et le manteau de Marie, dans : Cahiers de recherches médiévales et humanistes 8 (2001), § 2, 48 [https ://doi.org/10.4000/crm.376 (consulté le 29 mai 2020)]. Voir aussi PAUL PEDRIZET : La Vierge de miséricorde : étude d’un thème iconographique, Paris 1908.

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Fig. 5. – Utrecht, UB, 358, fol. 29r [Reproduction libre de droit]

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Fig. 6. – Utrecht, UB, 358, f. 32r [Reproduction libre de droit]

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 277

La composition du folio est agrémentée d’inscriptions. Le texte situé dans le haut de l’image est un extrait du Psaume 55 : Ecce elongavi fugiens, et mansi in solitudine. Exspectabam eum qui salvum me fecit (Voilà que je me suis éloigné en fuyant, et je suis demeuré dans la solitude. J’attendais celui qui m’a sauvé, Ps 55, 8–9). Ces versets résonnent de manière évidente avec l’idée du désert cartusien et avec la solitude érigée en mode de vie des chartreux. Ils donnent aussi une voix au moine agenouillé dans l’image. Endessous de cette citation biblique, le copiste a inséré entre les ailes de l’ange les noms des trois facultés intellectives de l’âme : memoria, intellectus et voluntas, tandis que les ailes elles-mêmes portent les inscriptions spes et timor. Enfin, sous les pieds de l’ange et du moine apparaît un autre extrait du Psaume 55, faisant parler le moine : Quis dabit mihi pennas sicut columbæ, et volabo, et requiescam ? (Je dis : Oh ! si j’avais les ailes de la colombe, je m’envolerais, et je trouverais le repos, Ps 55,7). Ce dessin du chartreux protégé par un ange succède à un extrait du premier chapitre des « Meditationes Piisimae de cognitione humanae conditionis » du Pseudo-Bernard (f. 28r–v), une lettre-traité invitant à la connaissance de soi et exhortant à mener une vie sainte.110 Il y est question de la nature de l’homme, fait à l’image et à la ressemblance de Dieu, ses trois facultés intellectives reflétant les trois personnes de la Trinité et leurs interactions. La mention des trois facultés sur le dessin relie ainsi les éléments textuels et visuels qui se font face sur ces feuillets, l’image ancrant l’exhortation à mener une vie sainte dans le contexte cartusien du scribe-lecteur. Le dessin est ensuite directement suivi par un texte aux f. 29v–31v que DOM HUYBEN identifie à des extraits anonymes du « De spiritualibus ascensionibus » de Gérard Zerbolt van Zutphen.111 En fait, le f. 31v présente une version abrégée et schématisée du deuxième paragraphe du chapitre I du « De triplici via » de Bonaventure, intitulé « De la voie illuminative et de son triple exercice ». Ce résumé du passage du « De triplici via », disposé et structuré de manière à être remémoré, fait face au deuxième dessin du manuscrit (Fig. 6). Encore plus schématique que la première miniature du recueil, l’image montre un séraphin, esquissé à l’aide de simples traits à l’encre brune rehaussés de quelques traits rouges, de lavis bruns au niveau de certaines ailes et de rehauts d’or dans le nimbe. Le séraphin se tient debout, vêtu d’une tunique et écartant les mains. Il est reconnaissable à ses six ailes, 110

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Sur ce texte, dont il n’existe pas d’édition critique, cf. ROBERT BULTOT : Les « Meditationes » PseudoBernardines sur la connaissance de la condition humaine. Problèmes d’histoire littéraire, dans : Sacris Erudiri. A Journal of Late Antique and Medieval Christianity 15 (1964), 256–292. D. J. HUYBEN : Un traité inédit sur la vie contemplative, dans : La vie spirituelle, ascétique et mystique 8 (1923), 260. Il confirme également cette information dans des notes manuscrites qui ont été jointes au manuscrit.

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deux dressées vers le haut, deux autres déployées sur les côtés et les deux dernières recouvrant son torse. Chacune de ces ailes est composée de cinq plumes et associée à un numéro sur le côté. Elles comportent également de nombreuses inscriptions latines, qui constituent des références à la seconde partie du « De sex alis cherubim », un traité ascétique consacré à la pénitence et aux objectifs pédagogiques évidents, qui fut longtemps attribué à Alain de Lille et est régulièrement associé à une figure de séraphin comme celle du manuscrit d’Utrecht.112 Le traité se fonde sur le récit de la vision de Dieu trônant, entouré de séraphins à six ailes dans le Livre d’Isaïe (Is 6, 1– 7) et se compose de deux sections. La première partie est très largement inspirée du « De arca Noe morali » d’Hugues de Saint-Victor,113 tandis que la seconde expose les ailes du séraphin en tant qu’éléments du processus de pénitence, en les agrémentant de références bibliques et de conseils pastoraux. Selon toute vraisemblance, cette deuxième partie du traité est de la main du chanoine anglais Clement de Llanthony.114 C’est cette section du traité qui est régulièrement accompagnée de la figure d’un séraphin. Dans le dessin d’Utrecht, les mots rédigés horizontalement dans le plumage correspondent aux six vertus de la vie religieuse, et les mots inscrits verticalement dans les plumes aux qualités requises pour mettre en œuvre les vertus correspondantes décrites et analysées dans la seconde section du « De sex alis cherubim », alors même que le traité ne figure pas dans le manuscrit. Les deux ailes inférieures représentent ainsi les deux premières étapes, à savoir d’une part la satisfaction de l’acte de pénitence (satisfactio)

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The Medieval Craft of Memory. An Anthology of Texts and Pictures, éd. par MARY CARRUTHERS, JAN M. ZIOLKOWSKI, Philadelphia 2002, 83. Le titre du traité comporte le terme de chérubin, alors que le texte fait clairement allusion à la vision d’Isaïe, où il est question de séraphins à six ailes. De même, de nombreux écrits monastiques du XIIe siècle nomment ces figures des chérubins. Cf. Ibid., 85. Ceci a causé quelques difficultés terminologiques dans la désignation des images accompagnant le traité. On les appelle encore aujourd’hui tantôt des séraphins, tantôt des chérubins. Comme on le verra plus loin, les chartreux d’Utrecht identifient sans ambiguïté cette figure ailée à un séraphin, raison pour laquelle j’opte également pour cette dénomination. Sur la confusion entre les deux appellations, cf. MARY CARRUTHERS : Ars oblivionalis, ars inveniendi : The Cherub Figure and the Arts of Memory, dans : Gesta 48/2 (2009), 103. J. P. MIGNE : Patrologiae cursus completus. Series latina, t. 176, Paris 1854, 622C–626B. Sur l’attribution du traité, voir MARIE-THÉRÈSE D’ALVERNY : Alain de Lille : problèmes d’attribution, dans : Alain de Lille, Gautier de Châtillon, Jakemart Giélée. Actes du colloque de Lille, éd. par HENRI ROUSSEL, FRANÇOIS SUARD, Lille 1980, 27–46 ; JEAN-PASCAL POUZET : La culture manuscrite des chanoines augustins anglais (c. 1180 – c. 1360) : nouvelles perspectives autour du « De sex alis cherubim » de Clément de Llanthony, dans : Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 156 (2012), 1331–1333. Pour l’édition critique, cf. ID. : L’« Explanatio super alas cherubim et seraphim » de Clément de Llanthony : édition critique, dans : Essays on the Theory and Practice of Translation in the Middle Ages in Honour of Roger Ellis, éd. par RENÉ TIXIER, CATHERINE BATT, Turnhout 2018, 95–113.

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formée par orationis devocio, elemosinarum largitio, carnis maceratio, lacrimarum effusio et peccati abrenuntatio et d’autre part la connaissance de soi par la confession (confessio), composée des plumes veritas, integritas, firmitas, simplicitas et humilitas. La numérotation des deux ailes est inversée par rapport au texte du « De sex alis cherubim », où la première aile est celle de la confessio et non celle de la satisfactio. Les deux ailes médianes correspondent à la munditia carnis (avec les plumes visius, auditus castimonia, olfactis modestia, gustus temperentia et tactus sanctimonia) et la puritas mentis (avec les plumes voluntatis sanctitudo, simplex et pura intentio, munda et orinata cogitatio, mentis in domino delectatio et affectus sinceri rectitudo). Enfin, les deux ailes supérieures se rattachent à la dilectio proximi et la dilectio Dei. On constate à nouveau ici une inversion par rapport au texte : la dilectio Dei se voit attribuer le numéro 5 et les plumes qui y sont associées dans le texte (nulli nocere verbo vel opere, omnibus prodesse propter amicum, nec dampna sentire propter Christum, animam pro frate ponere, in hijs persevare) et la dilectio proximi le numéro 6 avec les plumes associées à l’amour de Dieu dans le texte (alieno non concupiscere, sua distribuere, omnia relinquere, abnegare seipsum et in hijs persevare). Les quelques lignes situées de part et d’autre des jambes du séraphin dans le bas de la composition correspondent, moyennant une légère modification sur laquelle on reviendra, à la conclusion du traité qui comporte des extraits des Psaumes 17, 55 et 57, dont on retrouvait déjà certains passages dans le premier dessin du codex. On y lit : Hae sunt alae de quibus Psalmista : sub umbra alarum tuarum protege me a facie impiorum qui me afflixerunt [Ps 17, 8]. Item in umbra alarum tuarum sperabo donec transeat iniquitas [Ps 57, 2]. Hae sunt pennae de quibus idem Psalmita : quis dabit (mihi) pennas sicut columbe et volabo et requiescam [Ps 55, 7]. Volabo inquit terrena deserens celestia appetens et requiescam in eterna beatudine fruens contemplacione divina vera libertate. (Voici les ailes dont le psalmiste dit : « Protège-moi, à l’ombre de tes ailes contre les méchants qui me persécutent » [Ps 17,8]. Et « je cherche un refuge à l’ombre de tes ailes, Jusqu’à ce que les calamités soient passées » [Ps 57, 2]. Voici les ailes dont le psalmiste dit : « Oh ! si j’avais les ailes de la colombe, je m’envolerais, et je trouverais le repos » [Ps 55,7]. Je volerai, abandonnant les choses terrestres et cherchant les choses célestes, et je reposerai dans l’éternelle béatitude, en profitant de la contemplation divine et de la vraie liberté).

Pourquoi le scribe du manuscrit UB 358 a-t-il jugé opportun d’intégrer à son recueil d’extraits consacré à la contemplation cette image mnémonique, et où se l’est-il procurée ? Il est assez facile de répondre à la seconde question : il l’a copiée d’un autre manuscrit de la bibliothèque de Nieuwlicht, à savoir le manuscrit UB 252 qui contient les « Postilla in prophetas » de Nicolas de Lyre. Le f. 43v de ce manuscrit comporte en effet une miniature en pleine-

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page intitulée « Moralisacio seraph » et présentant la même composition, quoique d’une qualité d’exécution bien supérieure (Fig. 7).115 Dans le codex des « Postilla », le dessin du séraphin fait face à la première page du commentaire de Nicolas de Lyre sur le Livre d’Isaïe, ce qui est somme toute logique. On doit la réalisation de ce manuscrit à Otto van Moerdrecht qui l’a commandé à l’occasion de sa profession à Nieuwlicht en 1424.116 On retrouve dans le « Moralisacio seraph » les mêmes variantes dans la disposition des ailes du séraphin par rapport au « De sex alis cherubim » que celles observées dans le dessin du manuscrit UB 358. L’attitude du séraphin et de nombreux détails formels et compositionnels que l’on retrouve à l’identique (les courbures et détails des ailes, les plis du drapé du bas de la tunique du séraphin ou encore la forme de son col), attestent que le dessin du manuscrit UB 358 a directement été copié d’après la miniature des « Postilla ». Il est également intéressant de constater que le séraphin n’est probablement pas le seul élément que le scribe a copié d’un autre manuscrit de la bibliothèque de son monastère. En effet, les textes du Pseudo-Bernard, de Zerbolt van Zutphen et de Bonaventure, dont des extraits entourent les deux dessins, se retrouvent aussi dans d’autres volumes de la bibliothèque.117 Il est dès lors possible de formuler l’hypothèse suivante : le moine qui est à l’origine de la copie du manuscrit UB 358 s’est inspiré de ses lectures préalables pour compiler en un seul volume des matériaux textuels et visuels consacrés à la contemplation qu’il estimait utiles à ses exercices spirituels. On touche ici à la première question énoncée plus haut, à savoir la raison qui a conduit ce scribe-lecteur à copier le « Moralisacio seraph » des « Postilla » de Nicolas de Lyre dans son ouvrage. Une ébauche de réponse est à chercher dans la nature et le fonctionnement de l’image elle-même.

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Le manuscrit comporte plusieurs autres enluminures : divers plans et détails du temple de Salomon et de Jérusalem (f. 197r, 197v, 198v, 199v, 204r, 206r, 209r, 210v), le tétramorphe (f. 164v), un portrait de Nicolas de Lyre (f. 44r). Elles sont attribuées à un artiste d’Utrecht au nom d’emprunt, le Maître d’Otto van Moerdrecht. Sur ce manuscrit et cet artiste, voir HENRI DEFOER, ANNE KORTEWEG, WILHELMINA WÜSTEFELD : The Golden Age of Dutch Manuscript Painting, New York, Utrecht 1990, 78–80 ; VAN DER HORST (n. 16), 38–44 ; VAN BERGEN (n. 84). Otto van Moerdrecht prononce ses vœux à la chartreuse d’Utrecht en octobre 1424. Il y était devenu novice un an plus tôt. À son entrée au monastère, il fait don d’une somme d’argent, de pièces en argent, d’un lopin de terre et il commande alors à des scriptoria de la ville plusieurs manuscrits. Le registre des bienfaiteurs mentionne notamment le don des « Postilla » de Nicolas de Lyre en trois volumes et les sermons de Jourdain de Quedlinburg. Cf. DEFOER et al. (n. 115), 78. Le texte du Pseudo-Bernard se retrouve dans les manuscrits UB 161 (f. 101v–116v) et UB 174 (f. 74r–83r et f. 211v–225r). Le « De triplici via » était également disponible dans les manuscrits UB 173 (f. 168r–173r) et Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 68.15 Aug. 8° (f. 80r–87r). Enfin, le traité de Zerbolt est contenu dans le manuscrit UB 313. Tous ont été copiés avant ou à la même époque que le manuscrit UB 358.

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Fig. 7. – UB, Utrecht, 252, f. 43v [Reproduction libre de droit]

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Dans la tradition manuscrite, l’image du séraphin est régulièrement associée, on l’a vu, au traité « De sex alis cherubim », mais elle a aussi connu une diffusion indépendante. À partir du XIIIe siècle, elle circule souvent sans le traité et est parfois associée à des images diagrammatiques, notamment dans le « Speculum theologie ».118 Les deux versions d’Utrecht témoignent aussi de cette circulation indépendante du traité. Comme l’a remarqué MARY CARRUTHERS, « cette figure n’est pas tellement une illustration d’un texte, mais plutôt un dispositif à part entière, dont la capacité à fonctionner comme un instrument de pensée est primordiale. »119 En effet, la fonction cognitive de la figure du séraphin, qu’elle soit associée ou non au traité « De sex alis cherubim », et son rôle dans l’ars memorativa médiéval ont été bien mis en lumière par cette spécialiste.120 Dans la culture monastique médiévale, la mémoire est un art de l’invention destiné à découvrir, sélectionner, se souvenir, recombiner les choses vues et apprises auparavant et ce, à des fins qui peuvent être la création d’arguments pour la prédication ou de matériaux pour la méditation. Dans ce cadre, les images mnémoniques comme celle du séraphin permettent de composer des espaces mentaux destinés à stocker des informations afin de pouvoir y accéder par la suite. Celui ou celle qui utilise l’image est invité/e à l’intérioriser et à en retenir les différents éléments constitutifs (les ailes et leurs plumes en l’occurrence) et ce qu’ils signifient, de manière à disposer ensuite de sujets de sermons ou de méditations. La figure du séraphin et les mots qu’elle contient forment un dispositif compositionnel (a compositional device),121 qui soutient un exercice mental de création et de manipulation de l’image destiné à stocker son contenu dans la mémoire. Comme le souligne MARY CARRUTHERS, on considère bien souvent que les images mnémoniques sont avant tout destinées aux prédicateurs qui les utilisent à des fins pédagogiques auprès d’un public laïc, alors même que la figure du séraphin a largement circulé, dans des milieux monastiques qui ne pratiquent pas la prédication auprès d’un tel public. Il apparaît ainsi que le pouvoir cognitif de cette image était aussi reconnu et valorisé en tant que 118 119

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CARRUTHERS et al. (n. 112), 86. MARY CARRUTHERS : Moving Images in the Mind’s Eye, dans : The Mind’s Eye : Art and Theological Argument in the Middle Ages, éd. par JEFFREY HAMBURGER, ANNE-MARIE BOUCHÉ, Londres 2006, 299 : « This figure is not primarly a textual illustration but a device in its own right, whose ability to function as an instrument of thought is paramount. » (trad. I.F.). Ce qui suit se fonde sur CARRUTHERS (n. 119) et CARRUTHERS et al. (n. 112). Plus largement, sur la question de l’art de la mémoire médiéval, notamment dans la culture monastique, l’ouvrage de référence reste MARY CARRUTHERS : Le livre de la mémoire. Une étude de la mémoire dans la culture médiévale, Paris 2002. CARRUTHERS (n. 119), 288.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 283

tel dans le cadre des pratiques méditatives et contemplatives des moines,122 ce que tend à prouver la présence de la figure du séraphin dans le recueil de textes sur la contemplation issu de la chartreuse d’Utrecht. Il s’agit là d’un élément important permettant d’appréhender plus globalement la nature et la fonction du codex UB 358 et la place occupée les images dans les pratiques spirituelles de son auteur. En effet, la nature même du recueil – un rapiarium constitué par un moine suite à ses lectures des autres manuscrits de la bibliothèque – doit être prise en considération. Si les figures de l’ange et du séraphin sont des images mnémoniques destinées à aider le scribelecteur à retenir et manipuler un matériau destiné à la méditation, les extraits de textes associés aux dessins remplissent alors une fonction analogue. Comme l’a montré WYBREN SCHEEPSMA, les rapiaria de cette époque dans lesquels on copie des passages spirituels que l’on estime importants, permettent à leurs propriétaires d’intérioriser ces contenus dans leur mémoire. La lecture de ces extraits est destinée à se remémorer l’ensemble du traité, de manière à évoluer « dans un univers textuel en constante augmentation et expansion. »123 Dans le cas du manuscrit UB 358, l’environnement n’est pas seulement textuel, mais aussi visuel. Les textes et les images remplissent des fonctions similaires au sein de ce codex : ils sont tous deux des instruments de la mémoire. Il convient dès lors d’envisager la relation des éléments visuels et textuels du livre, la manière dont ceux-ci interagissent les uns avec les autres. Quels textes et quelles images sont associés ? Comment, à quel emplacement de l’ouvrage et dans quels buts ? Ces questions invitent à une étude approfondie du manuscrit à laquelle il n’est pas possible de se livrer ici de manière exhaustive, mais quelques pistes peuvent d’ores et déjà être formulées. Le dessin du chartreux protégé par l’ange et la figure du séraphin encadrent un extrait du « De spiritualibus ascensionibus » de Gérard Zerbolt van Zutphen et un résumé schématique d’un extrait du « De triplici via » de Bonaventure. Ces deux manuels traitent des différentes étapes du processus contemplatif, le premier en recourant à l’image d’une triple montée et le second à celui de la triple voie. Ils exposent de manière détaillée les moyens et les pratiques qui permettent d’atteindre la perfection spirituelle, dont l’acquisition des vertus, la purification du cœur et la réforme des puissances de l’âme. Ces éléments trouvent des échos dans les deux dessins. Le premier, représentant l’ange abritant sous ses ailes un moine cartusien, peut être envisagé comme une annonce du contenu textuel qui lui succède dans

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Ibid., 295. SCHEEPSMA (n. 106), 90 : « In a textual universe, a universe constantly being augmented and expanded » (Trad. I.F.).

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le manuscrit. On y retrouve l’idée de la réforme des trois puissances de l’âme chère à Zerbolt. De plus, le recours à la figure angélique et au Psaume 55 introduit d’une part l’idée d’envol et d’ascension – c’est-à-dire l’image qui fonde le texte de Zerbolt – et d’autre part celle du désert et de la solitude qui font allusion au contexte cartusien du scribe-lecteur. Ce dernier peut par ailleurs très facilement s’identifier au moine agenouillé aux côtés de l’ange, les extraits psalmiques adoptant la première personne et faisant parler le moine, et à sa suite le scribe-lecteur, qui demande la protection et la guidance de l’ange. Le second dessin synthétise et formule d’une manière renouvelée le contenu des textes. En effet, l’accent y est mis sur les différentes étapes du processus spirituel à l’œuvre, sur les vertus à acquérir, en recourant à une image mnémonique célèbre et efficace. Les textes de Zerbolt et de Bonaventure – qui, il convient d’insister, invitent à la visualisation – sont ainsi introduit par deux images, deux explications visuelles qui commentent et complètent les enseignements prodigués par les textes. On remarquera en outre que des relations s’établissent aussi entre les deux figures, par le biais de leurs inscriptions. Les passages empruntés aux deux Psaumes qui apparaissent dans le dessin du séraphin font écho à la figure de l’ange protégeant de ses ailes le moine cartusien : « Protège-moi, à l’ombre de tes ailes contre les méchants qui me persécutent » (Ps 17,8) et « Je cherche un refuge à l’ombre de tes ailes, jusqu’à ce que les calamités soient passées » (Ps 57, 2). Par ailleurs, le copiste a opéré une modification de la conclusion du « De sex alis cherubim » qu’il a copiée aux pieds du séraphin. En effet, si dans la version du manuscrit UB 252, cette inscription suit fidèlement la conclusion du traité, le moine qui a copié le manuscrit UB 358 l’a légèrement modifié afin d’y adjoindre une référence à la contemplation divine. On y lit en effet « Volabo inquit terrena deserens celestia appetens et requiescam in eterna beatudine fruens contemplacione divina vera libertate », au lieu de « Volabo, inquit, terrena deserens, coelestia appetens, et requiescam vera libertate, aeterna fruens beatitudine. » Ainsi, la combinaison de textes et d’images que l’on observe dans la première section du manuscrit joue un rôle fondamental dans l’expérience de lecture et l’utilisation que l’on pouvait faire de cet ouvrage. Les liens que le scribe-lecteur établit entre eux, de manière à intérioriser et retenir leurs contenus, alimentent sa méditation et l’aident dans sa progression vers la contemplation divine. Ce recueil, compris comme une association intime de textes et d’images, est un outil méditatif faisant largement appel à la mémoire du lecteur. Or, l’ars memorativa médiéval et ses outils, dont des figures comme celle du séraphin, revêtent une dimension cognitive.

Les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse d’Utrecht 285

Ce dernier point invite à considérer à nouveaux frais la place des images dans les pratiques méditatives de chartreux. En effet, l’étude de ce manuscrit suggère que les images jouent un rôle plus important dans la spiritualité cartusienne de la fin du Moyen Âge que celui que les historiens et historiennes de l’art leurs concèdent habituellement. Plus largement, dans le champ des études sur les pratiques méditatives médiévales, les images sont bien souvent considérées comme agissant dans le registre de l’émotion, dans une perspective purement affective. Suivant les travaux fondateurs d’ERWIN PANOFSKY sur les « Andachtsbilder » ou images de dévotion (et plus précisément son idée d’immersion contemplative dans l’image),124 on privilégie trop souvent encore une compréhension des images en tant que stimuli émotionnels : elles susciteraient la compassion et placeraient les spectateurs dans un état émotionnel, première étape vers la contemplation aniconique, elle-même considérée comme un idéal en conflit avec les pratiques effectives. Des images telles que celles conservées dans le manuscrit UB 358 invitent toutefois à réviser cette conception du rôle des images. Elles suggèrent que la problématique du statut et des fonctions des images dans les pratiques méditatives ne peut réellement être comprise que dans une perspective qui tient compte de leurs dimensions affective et cognitive – c’est-à-dire leur capacité à produire de la connaissance et à déclencher un processus intellectuel – et surtout de l’articulation de ces deux dimensions. La question du rôle joué par ces images mnémoniques dans le processus contemplatif mérite également d’être étudié plus avant. Le manuscrit UB 358 invite à considérer l’existence d’un usage complexe des images, un usage qui les fait entrer en dialogue avec les textes qu’elles côtoient et intervenir de manière active et structurante dans l’expérience de lecture et de méditation. En effet, les dessins insérés dans le manuscrit agissent comme des outils de connaissance dans le cadre des pratiques méditatives du moine, comme des machines spirituelles, à l’instar des textes. Une ultime remarque au sujet du manuscrit UB 358 permet de conclure ce panorama de la place de la théologie mystique largo sensu dans les manuscrits de la bibliothèque de la chartreuse de Nieuwlicht au XVe siècle. Si la présence d’images mnémoniques et méditatives dans ce recueil mystique conçu par et pour un chartreux a de quoi surprendre de prime abord, il n’en demeure pas moins que ce codex s’inscrit bel et bien dans la tradition et l’esprit cartusiens et que les choix opérés par le scribe-lecteur sont en adéquation avec la tendance affective des livres mystiques présents dans la

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ERWIN PANOFSKY : Imago Pietatis. Ein Beitrag zur Typengeschichte des « Schmerzenmanns » und der « Maria Mediatrix », dans : Festchrift für Max Friedländer zum 60. Geburtstag, Leipzig 1927, 261–308.

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chartreuse. En effet, les moines copistes, qui ont réalisé les deux figures angéliques des manuscrits UB 252 et 358, ont opté pour la dénomination de séraphin et non pas de chérubin. Or, le séraphin est la figure angélique liée à l’amour, là où le chérubin est celle liée à la connaissance. En outre, la figure du séraphin est une image traditionnelle, propre à la culture monastique médiévale que les moines de Nieuwlicht semblent avoir particulièrement appréciée, comme en témoigne la présence de Bernard de Clairvaux et des Victorins dans leur bibliothèque. Ainsi, les chartreux de Nieuwlicht confortent la réputation de leur ordre, connu pour son goût de la tradition comme le rappelle implicitement leur devise informelle : « La Croix demeure tandis que le monde tourne. »

Die Mystik in der Nussschale Rezeption und Einordnung des ‚Buchs von geistlicher Armut‘ in der Bibliothek der Erfurter Kartause Jonas Hermann

Abstract This paper investigates the reception of the mystical German treatise known as the ‘Book of Spiritual Poverty’ in the Charterhouse of Erfurt in the late 15th century. The main resources for this investigation are the book’s entry in the local library catalogue as well as the very manuscript this entry refers to. A juxtaposition of the two allows for detailed insights into what the Carthusians of Erfurt thought about this mysterious text, whose religious background and nature have puzzled scholars since the 19th century. The main points of this investigation are the book’s peculiar title ‘Der Kern’, which appears exclusively in Erfurt, as well as its Latin commentary and its placing within the sophisticated order of knowledge on which the library itself was predicated.

I.

Einleitung

Das Rätsel um den mystischen Traktat, den wir heute als ‚Buch von geistlicher Armut‘ (im Folgenden BvgA) kennen, ist nach wie vor ungelöst. Seit HEINRICH SEUSE DENIFLE in seiner grundlegenden Untersuchung Johannes Tauler (ca. 1300–1361) als Autor des Texts ausschließen konnte,1 hat die ungeklärte Verfasserfrage zu weitreichenden Spekulationen geführt. Da die Überlieferungslage außer einer groben Datierung auf die frühe zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts nichts über den Entstehungshintergrund des Buchs preisgibt,2 ist die Forschung seit jeher auf inhaltliche Erschließung beschränkt gewesen, die zu keinen eindeutigen Ergebnissen geführt hat. Das Hauptinteresse dieser Unternehmungen war es dabei nicht, den Text 1

2

Das Buch von geistlicher Armut, bisher bekannt als Johann Taulers Nachfolgung des armen Lebens Christi. Unter Zugrundelegung der ältesten der jetzt bekannten Handschriften zum ersten Male vollständig, hg. v. HEINRICH SEUSE DENIFLE, München 1877, I–LIII, hier IX–LIII. Für eine Zusammenschau der für die Datierung vorgebrachten Argumente vgl. KURT RUH: Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 3, München 1996, 518.

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seiner Anonymität zu entheben, sondern viel eher seine grundsätzliche Verortung in der Geistesgeschichte des Spätmittelalters. Einer eindeutigen Zuordnung zu einer geistlichen Strömung hat sich das BvgA jedoch bisher entzogen. Kontrovers diskutiert wurde vor allem die Frage, ob der Traktat von der franziskanischen oder der dominikanischen Mystik geprägt sei. Der Dominikaner DENIFLE vermutete – nicht ohne polemische Spitze – einen „moderierte[n] Anhänger der Lehre der Fraticellen“3, d.h. der durch die Inquisition verfolgten franziskanischen Spiritualen. Kurz darauf sprach ALBRECHT RITSCHL dem Text ein konsistentes geistliches Programm grundsätzlich ab. Es handle sich vielmehr um einen Mischtext, der erfolglos versuche, Elemente der franziskanischen Mystik des Johannes Duns Scotus (ca. 1266– 1308) mit dominikanischen Zusätzen zu vermengen.4 ALBERT CHIQUOT, CARL F. KELLEY und ALBERT AMPE verorten den Verfasser wiederum im näheren geistigen Umfeld Taulers und somit in der Dominikanermystik.5 Darüber hinaus wurden aber auch Zweifel aufgeworfen, ob die Ursprünge des BvgA überhaupt in der etablierten Ordensgeistlichkeit zu suchen seien. ROMANA GUARNIERI hat dem Text Tendenzen der Brüder und Schwestern des freien Geistes zugesprochen,6 während ROBERT E. LERNER den Autor im Umfeld der Straßburger Beginen und Begarden vermutet.7 Diesen beiden Hypothesen hat LUISE ABRAMOWSKI entgegnet, dass der Text höchstens leichte und keine eindeutigen Tendenzen zur Bewegung des freien Geistes aufweise und der Verfasser zudem über ein großes Maß an scholastischer Bildung verfügt haben müsse, sodass wir es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit einem Laien zu tun haben.8

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DENIFLE (Anm. 1), LI. Vgl. ALBRECHT RITSCHL: Untersuchung des Buchs Von geistlicher Armut, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 4 (1881), 337–359. Vgl. ALBERT CHIQUOT: Buch von geistlicher Armut, in: Dictionnaire de spiritualité ascétique et mystique. Doctrine et histoire 1, hg. v. MARCEL VILLER u.a., Paris 1937, 1976–1978, hier 1978; CARL F. KELLEY: Introduction, in: The Book of the Poor in Spirit by a Friend of God. Fourteenth Century. A Guide to Rhineland Mysticism, hg. u. übers. v. DEMS., London u.a. 1955, 1–50, hier 48; ALBERT AMPE: Kritische beschouwingen bij ‚Die Naervolghinghe des armen leven Christi‘, in: Handelingen. Koninklijke Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal- en Letterkunde en Geschiedenis 20 (1966), 15–36, hier 20. Vgl. ROMANA GUARNIERI: Il movimento del Libero Spirito. Testi e documenti, in: Archivio italiano per la storia della pietà 4 (1965), 350–708, hier 391. Vgl. ROBERT E. LERNER: The Heresy of the Free Spirit in the Later Middle Ages, Berkeley 1972, 223f. Vgl. LUISE ABRAMOWSKI: Bemerkungen zur ‚Theologia deutsch‘ und zum ‚Buch von geistlicher Armut‘, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 97 (1986), 85–104, hier 92–104.

Die Mystik in der Nussschale 289

Das bisher letzte Wort in der Verfasserfrage stammt von NIKLAUS LARGIER, der im Nachwort seiner Übersetzung des BvgA dem Text sowohl Elemente der franziskanischen als auch der dominikanischen Spiritualität bescheinigt und darüber hinaus, wenn auch ohne konkrete Anhaltspunkte, einen Kartäuser als möglichen Autor ins Spiel gebracht hat.9 MICHAEL EGERDING hat LARGIER in seiner Rezension der Übersetzung sekundiert und dessen Kartäuserhypothese unter Verweis auf bestimmte inhaltliche Merkmale bekräftigt: „Die Bedeutung der (Leidens-)Nachfolge Jesu; das besondere Interesse an theologischen Fragen, die mit der Kontemplation zu tun haben (z.B. Vernunft und Liebe in ihrer Bedeutung für die Gottesschau); die Einheit von äußerer und innerer Armut.“10 Die etwaige Übereinstimmung dieser Merkmale mit der Spiritualität der Kartäuser bedürfte allerdings noch weitergehender Prüfung. Letztendlich wissen wir noch nichts Konkretes über den Platz, den dieser schwer fassbare Traktat in der Mystik des 14. Jahrhunderts eingenommen hat. Seit DENIFLEs Edition, auf die wir nach wie vor angewiesen sind und die im Wesentlichen die Handschrift Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms. 560 wiedergibt,11 ist die Zahl der bekannten Textzeugen von neun auf vierundzwanzig angewachsen.12 Insofern wissen wir noch nicht einmal, ob wir den gesamten Textbestand kennen. Für eine erschöpfende und verlässliche inhaltliche Untersuchung, auch im Hinblick auf die Kartäuserhypothese, fehlt es folglich noch immer an einer grundlegenden Aufarbeitung des Überlieferungsbestands und einer kritischen Edition.13 Der vorliegende Beitrag nähert sich der Kartäuserhypothese von einer anderen Seite und wendet sich der Rezeptionsgeschichte zu. Die Kernfrage lautet: Wie wurde das BvgA eigentlich in der für die Mystik so bedeutenden Erfurter Kartause St. Salvatorberg rezipiert? Jenseits der Hauptpfade der mittelalterlichen Kommentartradition, die sich vornehmlich der heiligen Schrift und geistlichen Autoren ersten Rangs angenommen hat, kommen

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Vgl. NIKLAUS LARGIER: Nachwort, in: Das Buch von der geistigen Armut. Eine mittelalterliche Unterweisung zum vollkommenen Leben, übers. v. DEMS., Zürich, München 1989 (Unbekanntes Christentum), 237–260, hier 259f. MICHAEL EGERDING: [Rezension] Das Buch von der geistigen Armut. Eine mittelalterliche Unterweisung zum vollkommenen Leben. Aus dem Mittelhochdeutschen übertragen und mit einem Nachwort und Anmerkungen von NIKLAUS LARGIER, in: Mediaevistik 3 (1990), 415f. Vgl. DENIFLE (Anm. 1). Vgl. den Eintrag im Handschriftencensus, URL: http://www.handschriftencensus.de/werke/2265 (Zugriff am 31.05.2020). Eine Aufarbeitung der Überlieferungsgeschichte, die als Vorarbeit für eine kritische Edition dienen soll, ist im Rahmen meiner Dissertation geplant.

290 Jonas Hermann

wir selten in den Genuss, ausgiebige Zeugnisse mittelalterlicher Leser darüber zu finden, was sie eigentlich von diesem oder jenem Text gehalten haben – insbesondere wenn es sich um volkssprachliche Texte handelt. Ein wahrer Schatz solcher Rezeptionszeugnisse ist der Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause (Erfurt, Bibliothek des Bistumsarchivs, Hs. Hist. 6), der ab spätestens 1475 vom dortigen Bibliothekar Jakob Volradi und einem nicht näher bekannten Mitbruder, der lediglich als Bruder N. in Erscheinung tritt,14 angelegt wurde. Der Katalog liegt in einer Teiledition PAUL LEHMANNs15 und inzwischen auch als vollständiges Digitalisat16 vor. Im Bibliothekskatalog erhielt das unter der Signatur D 1 secundo verzeichnete BvgA einen auskunftsreichen Eintrag, der eines der bedeutendsten Rezeptionszeugnisse des Texts überhaupt darstellt. Glücklicherweise kennen wir nicht nur den Katalogeintrag, sondern auch jene Handschrift, auf die er sich bezieht, Berlin, Staatsbibliothek, mgq 1522. Es handelt sich um eine geistliche Sammelhandschrift, die Texte unterschiedlichster Couleur enthält,17 die im Rahmen dieses Beitrags nicht ausgewertet werden können. 14

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Zu Jakob Volradi vgl. ALMUTH MÄRKER: Das ‚Prohemium longum‘ des Erfurter Kartäuserkatalogs aus der Zeit um 1475. Edition und Untersuchung, Bern u.a. 2008 (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 35), 343–346; DIES.: Volradi, Jakob, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 10, hg. v. BURGHART WACHINGER u.a., Berlin, New York 2 1999, 506–509. Zum Profil des Bruder N. vgl. MATTHIAS EIFLER: „Ich habe sehr neugierig gesucht und gelesen und fast alle Bücher der Bibliothek unseres Hauses durchgelesen.“ Beobachtungen zur Lektüre- und Studienpraxis in der Erfurter Kartause am Beispiel der Sammelhandschrift des Bruders N., in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 73 (2012), 103–132. Zudem hat EIFLER jüngst angeregt, dass sich hinter Bruder N. möglicherweise der Erfurter Kartäuser Nicolaus Hallis verbergen könnte, der dem Nekrolog gemäß am 28. Juni 1516 starb, vgl. DERS.: Zur Rezeption von mystischen Viten und Offenbarungen bei den Kartäusern und Benediktinern in Erfurt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Mechthild und das ‚Fließende Licht der Gottheit‘ im Kontext. Eine Spurensuche in religiösen Netzwerken und literarischen Diskursen im mitteldeutschen Raum des 13.–15. Jahrhunderts, hg. v. CAROLINE EMMELIUS, BALÁZS J. NEMES, Berlin 2019 (Beihefte zur Zeitschrift für deutsche Philologie 17), 303–336, hier 316–318. Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, hg. v. PAUL LEHMANN, Bd. 2: Bistum Mainz, Erfurt, München 1928, 221–593. URL: http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/hs-hist-6/ (Zugriff am 31.05.2020). Eine digitale genetische Edition der Signaturengruppen D, DF, E, F und I wird im Rahmen des DFG-Projekts ‚Making Mysticism‘ erarbeitet. Eine Edition der von LEHMANN nur unvollständig edierten Einleitungen zu den einzelnen Signaturengruppen wird zudem von GILBERT FOURNIER in der Reihe ‚Analecta Cartusiana‘ vorgelegt werden. MARKUS BAUMANN listet die Inhalte von mgq 1522 wie folgt: „1. 1v Collacio capitularis de festo resurrectionis (lat.); 2. 8r Welches der nächste und kürzeste und behendeste Weg sei; 3. 10r De abnegatione (lat.); 4. 10v Novem conclusiones magistri Autberti, archiepiscopi Coloniensis (lat.); 5. 11r Eyn mensche stundt eyns mals vor unsers herren fronlichnam; 6. 16r Erudimenta devote animae ad amorem paupertatis (deutsch); 7. 18r Meister Eckharts Wirtschaft […]; 8. 19r zwei geistliche Quadranten; 9. 24v Übunge yn gotlicher liebe; 10. 24v Hugo von St. Viktor: De ierarchia celesti, Kapitel 7 (lat.); 11. 28r Buch von geistlicher Armut […]; 12. 149r Rulman

Die Mystik in der Nussschale 291

Ich beschränke mich im Folgenden auf die darin enthaltene Abschrift des BvgA (fol. 28r–147v), die, wie auch der entsprechende Katalogeintrag, von Volradis eigener Hand stammt.18 Wichtig im Hinblick auf die Rezeption des BvgA ist, dass die Handschrift in derselben Zusammensetzung, in der sie sich uns heute präsentiert, auch schon Volradi vorlag, als er den Katalogeintrag verfasste. Das geht aus der Tatsache hervor, dass das sowohl im Katalog als auch im vorderen Spiegel der Handschrift eingetragene Inhaltsverzeichnis der heutigen Zusammensetzung entspricht.19 Zudem verfügt die Handschrift noch über ihren ursprünglichen Einband mit der Bibliothekssignatur D 1 secundo. Diese Umstände erlauben es, Katalog und Handschrift in ihrem ursprünglichen Zusammenspiel zu untersuchen und somit die spezifische Rezeptionssituation des BvgA in der Erfurter Kartause herauszuarbeiten. Wohlgemerkt soll das Ziel dabei nicht sein, von der Rezeption auf die Produktion zu schließen. Die Tatsache, dass das BvgA augenscheinlich von dem Franziskaner Marquard von Lindau geschätzt wurde, sodass er einschlägige Passagen in seiner ‚Dekalogerklärung‘ und seinen Predigten verwendete,20 macht den Verfasser nicht zwingend zu einem Franziskaner. Ebenso verhält es sich mit der Rezeption in der Erfurter Kartause, zumal zwischen der ursprünglichen Abfassung des Traktats und der Erfurter Abschrift mindestens ein Jahrhundert liegen dürfte (s. u.). Was der Zugang über die Rezeptionsgeschichte jedoch erlaubt, ist eine grundsätzliche Prüfung, ob und inwiefern die Gedankengänge des BvgA mit jenen Vorstellungen der Mystik, welche die Erfurter Kartäuser Volradi und sein Mitbruder N. pflegten, kompatibel sind.

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19 20

Merswin: Meisterbuch; 13. 174v Decretum Gratiani (lat.); 14. 248r Propaedeutica in artem medicinae secundum Hugonem de Sancto Victore (lat.); 15. 258v Anatomia Richardi (lat.); 16. Tractatulus de membris dei (lat.); 17. 266r Tractatus brevis, quo datur sapienti occasio proponendi a gratiam oportuna negocia (lat.); 18. 278r Tractatus de arte memorandi (lat.); 19. 294v Alius tractatus de arte memorandi (lat.); 20. 309r Recepta pro acquirenda bona et mirabili memoria (lat.)“, vgl. Das ‚Meisterbuch‘ des Rulman Merswin. Textgeschichte und Teiledition, Diss., Katholische Universität Eichstätt 1992, 93. Vgl. auch HERMANN DEGERING: Kurzes Verzeichnis der germanischen Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek II. Die Handschriften in Quartformat, Leipzig 1926 (Mitteilungen aus der Preußischen Staatsbibliothek 8), 249f. Für den Hinweis auf die Identität des Schreibers bedanke ich mich bei Balázs J. Nemes. Nähere Angaben finden sich in seinem jüngst bereitgestellten Arbeitspapier, vgl. Bibliotheca Cartusiae Erfordiensis. Dokumentation über den überlieferten Buchbestand der Erfurter Kartause. 2., korrigierte und erweiterte Version, Freiburg 2021, Liste 1 unter D 001.2. URL: https://freidok.unifreiburg.de/data/175871 (Zugriff am 23.11.2021) LEHMANN (Anm. 15), 300f.; Hs. Hist. 6, fol. 69v und 69*r–v. Vgl. die Beweisführung bei JOSEF HARTINGER: Der Traktat ‚De paupertate‘ von Marquard von Lindau, Diss. Würzburg 1965, 161–166. Die dort geäußerte Vermutung, dass das BvgA in umgekehrter Weise auf Marquards Schriften zurückgreift, hat sich nicht erhärten lassen.

292 Jonas Hermann

II.

Zum Titel ‚Der Kern‘, oder: Die Mystik in der Nussschale

Der heute in der Forschung geläufige Titel ‚Buch von geistlicher Armut‘ ist eine Prägung DENIFLEs, die sich in der mittelalterlichen Überlieferung so nicht finden lässt. Sein Ziel war dabei die Ablösung des Titels ‚Doctor Johan Taulers Nachfolgung des Armen Lebens Christi‘, unter dem der Text erst seit der Erstausgabe21 Daniel Sudermanns (1550–1631) im Druck zirkulierte und den er folglich als dessen Erfindung betrachtete. Folglich setzte DENIFLE die geistliche Armut, die er als Kerngedanken des Traktats auffasste, nach eigenem Ermessen in den Titel.22 ALBERT AMPE hat bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei DENIFLEs eigener Titelwahl nicht minder um eine Erfindung handelt, die zudem insoweit unglücklich ist, als sie die Ausrichtung des Texts auf die imitatio Christi und die apostolische, äußere Armut, wie sie vor allem die Franziskaner pflegten, tilgt.23 Diese Ausrichtung geht bereits aus der Einleitung des Texts hervor: Dis buͦ ch leret, wie man dem versmeheten pinlichen leben unsers herren Jhesu cristi nach súlle volgen (Dieses Buch lehrt, wie man dem verachteten und schmerzvollen Leben unseres Herren Jesus Christus nachfolgen soll).24 Da der Autor gerade für die äußere Armut und gegen die einseitige Betonung der geistlichen, inneren Armut plädiert, ist DENIFLEs Titelgebung ‚Buch von geistlicher Armut‘ irreführend und widerspricht dem Inhalt. Die Tatsache, dass er selbst einen radikalen Franziskaner als Autor am Werk sah, macht diese Wahl umso verwunderlicher. Die bekannte mittelalterliche Überlieferung des Texts entbehrt eines griffigen Titels, mit Ausnahme der Abschrift in der Erfurter Kartause. Bemerkenswerterweise handelt es sich nach aktuellem Kenntnisstand um die einzige Fassung, die das BvgA unter dem Titel ‚Der Kern‘ führt – und das mit einigem Nachdruck. Am oberen Rand der ersten Seite lesen wir in Volradis Handschrift: Nomen huius libelli vulgariter der kern (mgq 1522, fol. 28r; Der Name dieses Büchleins in der Volkssprache ist ‚Der Kern‘; Übers. J.H.). Diese Zuschreibung wird am Ende der Abschrift in Volradis Kolophon wiederholt: finis huius libri habitus est scribendo Sub anno domini 1486 quinta die post philippus et iacobus et pertinet ad domum erffordiensem ordinis carthusiensium. Et appellatur vulgariter der kern (mgq 1522, fol. 147v; Der 21

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Doctor Johan Taulers Nachfolgung des Armen Lebens Christi, hg. v. DANIEL SUDERMANN, Frankfurt/Main 1621. Vgl. DENIFLE (Anm. 1), VIIIf. Vgl. AMPE (Anm. 5), 17. DENIFLE (Anm. 1), 3. Übersetzung des BvgA hier und im Folgenden nach LARGIER (Anm. 9).

Die Mystik in der Nussschale 293

Schluss dieses Buches wurde geschrieben im Jahr 1486 am fünften Tag nach dem Fest des Philipp und Jakob und es gehört in das Erfurter Haus des Kartäuserordens. Und volkssprachlich wird es ‚Der Kern‘ genannt; Übers. J.H.). Somit fällt die Vollendung der Niederschrift nach gängiger Zählung auf den 4. Mai 1486, der zugleich als terminus post quem des Katalogeintrags gelten darf, der den Text ebenfalls unter dem Titel ‚Der Kern‘ listet.25 Nun stellt sich die Frage, wie Volradi zu diesem Titel gekommen ist. Es lässt sich nicht ausschließen, dass er ihn bereits in der Vorlage vorgefunden hat, auf der seine Abschrift basiert. Woher Volradi seine Vorlage bezogen haben könnte, ist jedoch völlig unklar. Bedauerlicherweise ist es gerade die heute verschollene Handschrift aus der Kartause Buxheim,26 die hier womöglich Aufschluss über eine zwischen Kartausen zirkulierende Fassung hätte geben können. Jedoch kennt auch der Eintrag aus dem Katalog der Carl Förster’schen Kunstauction, der die letzte Spur der Handschrift darstellt, nicht den Titel ‚Der Kern‘.27 Da auch keine der 22 anderen verfügbaren Handschriften diesen Titel bezeugt, handelt es bei der Titelgebung in der Erfurter Kartause vermutlich um ein singuläres Phänomen. Der Text selbst enthält keine zwingenden inhaltlichen Anhaltspunkte, die für diesen Titel sprechen würden. Die einzige Stelle, an der ein Kern zur Sprache kommt, ist eine der zahlreichen Attacken des Autors gegen jene, welche die äußere Armut gegenüber der inneren vernachlässigen: Sie wollen arme syn des geistes vnde doch nicht des fleisches. Sie wollen den kerne eszen, eer dye hulsze obin her abe kome. Sie wollen got vnde creatur mit eynander han (mgq 1522, fol. 54r; Sie wollen arm im Geist sein und doch nicht im Fleisch. Sie wollen den Nusskern essen, bevor die Schale entfernt ist. Sie wollen Gott und die Kreatur zugleich haben).28 Obwohl die Stelle den Text keineswegs dezidiert als ‚Der Kern‘ ausweist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Ursprung des in der Erfurter Kartause geläufigen Titels hier zu suchen ist. Zumindest muss die Stelle Volradi bei der Lektüre aufgefallen sein, denn sie ist am Seitenrand in Rot mit einem seiner zahlreichen nota-Zeichen markiert, die sich durch die Handschrift ziehen. Einen besseren Einblick in die Titelgebung gewährt der korrespondierende Eintrag im Bibliothekskatalog. Es handelt sich um einen späteren Nachtrag, der gemäß des oben festgehaltenen terminus post quem der Abschrift 25 26

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Vgl. LEHMANN (Anm. 15), 300f; Hs. Hist. 6, fol. 69v. Vgl. Catalog der Bibliothek des ehemaligen Carthäuserklosters Buxheim (XXX. Carl Förster’sche Kunstauction, II. Abteilung), München 1883, 150, Nr. 2804. Siehe dazu URL: http://buxheimlibrary.org/wp-content/uploads/2019/10/1883-mss-all.pdf Die Handschrift wird dort unter dem Titel ‚Von Armut, was armut ist und wie man zu ainem vollkommen armen leben soll kommen‘ (ebd.) gehandelt, wobei es sich um ein Zitat des Textbeginns handeln dürfte. Vgl. DENIFLE (Anm. 1), 42 Z. 16–18.

294 Jonas Hermann

im Jahr 1486 über zehn Jahre nach dem Beginn der Katalogisierungstätigkeit Volradis erfolgt sein muss. Er beginnt im Katalog auf fol. 69v am unteren Rand und wird anschließend auf einem Schaltzettel (fol. 69*) fortgesetzt. Die Platzierung an genau dieser Stelle dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass sich hier innerhalb der Signaturengruppe D noch am meisten Platz finden ließ. Folglich erhielt das BvgA oder ‚Der Kern‘, wenn wir so wollen, die Signatur D 1 secundo, da D 1 bereits an eine Predigtsammlung29 vergeben war, die dementsprechend zu D 1 primo umsigniert wurde. Wie MARIEKE ABRAM, GILBERT FOURNIER und BALÁZS J. NEMES jüngst festgestellt haben, ist die Bibliotheksordnung Volradis viel eher an Autorennamen und Werken als an der Einheit der Handschrift orientiert, sodass er „die libri den codices vorgezogen hat“30. Dergestalt verhält es sich auch mit dem BvgA und der Handschrift mgq 1522. Obwohl es sich um eine Sammelhandschrift mit mehreren Texten handelt, ist es genau genommen nicht die Handschrift, welche der Signatur D (mystische Theologie) zugeordnet wird, sondern das BvgA, dessen Titel ‚Der Kern‘ stellvertretend den gesamten Codex in der Bibliotheksordnung repräsentiert. Dementsprechend bezieht sich die einleitende Kurzcharakterisierung des Katalogeintrags, bestehend aus Signatur, Titel und kurzer Erläuterung, allein auf den ‚Kern‘, dem die Handschrift ihren Platz in der Signaturengruppe D verdankt: D. 12. Der kern. Liber est de perfecta evangelica paupertate, de interna conversacione et per que media et per quas vias attingitur sancta et perfecta Christi paupertas, item doctrina utilissima apprehendi summum bonum et vitam activam, intellectualem et contemplativam, compendiose in wlgari sermone.31 (D. 12. Der Kern. Das Buch handelt von der vollkommenen evangelischen Armut, von der inneren Lebensweise und durch welche Mittel und Wege die heilige und vollkommene Armut Christi erreicht wird und es ist eine äußerst nützliche Lehre, um das höchste Gut, das aktive, das intellektuelle und das kontemplative Leben zu ergreifen, kurzgefasst in der Volkssprache; Übers. J.H.).

Bei dieser Erläuterung handelt es sich partiell um eine Wiedergabe des deutschen Einleitungstexts in mgq 1522, wo es heißt Dysz buch leret, wie mann dem armen vorsmetem lebin vnszers herren ihesu cristi nach solle volgen. ¶Vnde wie man inniglichen leben soll (mgq 1522, fol. 28r).32 Mit der anschließenden Bemerkung, dass sich die Lehre des Buchs für alle Lebensformen, die aktive, die intellektuelle (intellectualis) und die kontemplative, 29 30

31 32

Heute Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Fol. max 9. MARIEKE ABRAM / GILBERT FOURNIER / BALÁZS J. NEMES: Making Mysticism. Theologia mystica als historische Kategorie der Wissensordnung in der Katalogisierungspraxis der Erfurter Kartause, in: Die Bibliothek – The Library – La Bibliothèque, hg. v. ANDREAS SPEER, LARS REUKE, Berlin, Boston 2020 (Miscellanea Mediaevalia 41), 621–655, hier 642. LEHMANN (Anm. 15), 300; Hs. Hist. 6, fol. 69v. Vgl. DENIFLE (Anm. 1), 3 Z. 1–3.

Die Mystik in der Nussschale 295

eigne, beginnt Volradis persönliche Einschätzung des Texts. Was genau mit der geistigen Lebensform gemeint ist, die neben die beiden etablierten Modelle der aktiven und der kontemplativen tritt, geht aus dem Eintrag nicht hervor und wäre noch genauer zu bestimmen. Festhalten lässt sich jedenfalls, dass Volradi dem Buch allgemeine Nützlichkeit attestiert. Auf die Kurzcharakterisierung folgt eine Inhaltsaufnahme der Handschrift, in der die enthaltenen Texte einzeln beschrieben werden. Auch der titelgebende ‚Kern‘ kommt in diesem Zug noch einmal zur Sprache und wird von Volradi mit einer regelrechten Laudatio bedacht: Quomodo devotus homo volens venire ad perfectionem debeat ymitari vitam contemptibilem et pauperem, quam dominus Jhesus pro salute humani generis in se vitam suscepit, et quomodo interne et devote conversetur et quomodo pertingat ad sanctam et iustam veritatem, ut autor libri loquitur, et per que media perveniatur ad plenam et perfectam pauperem vitam, et habet duos tractatus et appellatur hic libellus wlgari sermone ‘der kern’, quia, sicut nucleus est optimum in nuce et intrinsecus, sic doctrina huius libelli docet ea, que in nostra conversacione sunt tuciora, dulciora et magis inebriant animam devotam. Multe hic habentur doctrine ad sequendum Christum. Utinam haberentur in sermone Latino, sed tamen hic homo eciam poterit addiscere bonam vulgarizacionem, quia autor libri eloquens valde fuit.33 (Wie der fromme Mensch, der zur Vollkommenheit gelangen will, das verachtete Leben und die Armut nachahmen soll, die der Herr Jesus Christus während seines Lebens zum Heil der Menschheit auf sich genommen hat, und wie er innerlich und gottergeben lebt und wie er die heilige und gerechte Wahrheit erreichen soll, wie es der Autor des Buchs sagt, und durch welche Mittel er zum vollkommenen und völlig armen Leben gelangen soll, und es beinhaltet zwei Traktate. Genannt wird dieses Büchlein in der Volkssprache ‚Der Kern‘, da seine Lehre, wie ein Kern, der das Beste im Inneren einer Nuss ist, diejenigen Dinge lehrt, die für unsere Lebensweise überaus süß und dienlich sind und heftig die andächtige Seele berauschen. Hier sind viele Lehren zur Nachfolge Christi enthalten. Wären sie doch bloß auf Latein! Dennoch wird der Mensch von dieser schönen volkssprachlichen Übertragung dazulernen können, da der Autor äußerst eloquent war; Übers. J.H.).

Zunächst bestätigt dieser Kommentar die Auffassung der Kurzcharakterisierung, dass es sich beim BvgA um eine Anleitung zur apostolischen Armut im Sinne der imitatio Christi handle. Ferner benennt Volradi die zwei Teile des Texts, die er als gesonderte Traktate innerhalb eines übergeordneten Buchs auffasst. Schließlich kommt er auf die Eigenart des Titels zu sprechen. Auffällig ist, dass Volradis Eintrag auf Erklärungsbedarf schließen lässt, was den Zusammenhang des Titels mit dem Text betrifft. Er erklärt dabei nicht nur, dass es sich beim ‚Kern‘ um eine Metapher handle, sondern auch die Metapher selbst. Der Ertrag der im BvgA enthaltenen 33

LEHMANN (Anm. 15), 300f.; Hs. Hist. 6, fol. 69*r.

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Lehre sei dem Kern einer Nuss vergleichbar, der eben das Innerste und Beste an ihr sei. Volradis Erklärungsnot könnte daher rühren, dass dieser metaphorische Gebrauch der Nuss nicht unbedingt konventionell ist. Ein Blick in den ‚Thesaurus proverbiorum medii aevi‘ zeigt, dass sich die im Mittelalter gängigen Sprichwörter, die sich um Nüsse drehen, in der Regel den Gegensatz von Schale und Kern herausstreichen.34 So hält es auch der Verfasser des BvgA, der die Überbetonung der inneren Armut zur Lasten der äußeren mit dem Versuch vergleicht, einen Nusskern vor dem Entfernen der Schale zu essen (s. o.). In ähnlicher Weise bedient sich auch Meister Eckhart der Gegensätzlichkeit von Schale und Kern, die er mit dem geschaffenen und dem ungeschaffenen Teil des Menschen assoziiert.35 Volradis Erklärung lässt die Schale dagegen außen vor und bezieht sich allein auf die besondere Qualität des Kerns, die als tertium comparationis zwischen Text und Titel fungiert. Es handelt sich beim ‚Kern‘ um eine Metapher, die eine Qualität aus dem Quellbereich ‚Essen‘ auf den Zielbereich der geistlichen Literatur überträgt. Darin erinnert sie an eine Stelle aus einer der grundlegenden Schriften des Kartäuserordens, den ‚Consuetudines‘ Guigos I. (1083–1137). Im Abschnitt über die Ausstattung der Zellen der einzelnen Mönche heißt es dort: Adhuc etiam, libros ad legendum de armario accipit duos. Quibus omnem diligentiam curamque prebere iubetur, ne fumo, ne pulvere, vel alia qualibet sorde maculentur. L i b r o s q u i p p e t a n q u a m s e m p i t e r n u m a n i m a r u m n o s t r a r u m c i b u m cautissime custodiri et studiosissime volumus fieri, ut quia ore non possumus, dei verbum manibus predicemus.36 (Des Weiteren erhält er auch zwei Bücher zum Lesen aus dem Bücherschrank. Er ist verpflichtet, alle Umsicht und Sorgfalt walten zu lassen, sodass sie nicht durch Rauch, Staub oder irgendeine andere Art Schmutz besudelt werden. Denn wir wollen, dass Bücher, die gleichsam immerwährende Speise unserer Seele sind, behutsamst verwahrt und mit größtem Eifer hergestellt werden, sodass wir, da wir nicht sprechen dürfen, das Wort Gottes mit den Händen verkünden; Übers. J.H.).

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Vgl. ‚Kern‘, in: Thesaurus proverbiorum medi aevi. Lexikon der Sprichwörter des romanischgermanischen Mittelalters. Begründet von SAMUEL SINGER, 13 Bde, Berlin, New York 1995– 2002, hier Bd. 7 (1998), 1f.; ‚Nuss‘, ebd., Bd. 9 (1999), 19–22. So etwa in Q13: Alle crêatûren enrüerent got niht nâch der geschaffenheit, und daz geschaffen ist, daz muoz gebrochen sîn, sol daz guot her ûz komen. Diu schal muoz enzwei sîn, sol der kerne her ûz komen (Alle Kreaturen berühren Gott nicht nach ihrer Geschaffenheit, und was geschaffen ist, muß aufgebrochen werden, soll das Gute herauskommen. Die Schale muß entzwei sein, soll der Kern herauskommen), Meister Eckhart: Werke, Bd. 1, Texte und Übersetzungen von NIKLAUS LARGIER, Frankfurt/Main 1993 (Deutscher Klassikerverlag 20), 152 Z. 17–20, 153 Z. 18–21. Guigo Ier: Coutumes de Chartreuse. Introduction, texte critique, traduction et notes, Paris 1984 (Sources Chrétiennes 313), 222–224.

Die Mystik in der Nussschale 297

Mit seinem Kommentar zum ‚Kern‘ scheint Volradi das Buch seinen Mitbrüdern ebenfalls als nahr- und schmackhafte Speise der Seele zu empfehlen. Die darin enthaltenen Lehren seien zugleich überaus dienlich (tuciora)37 und süß (dulciora). Besonders die Süße reiht sich hier in den Bildbereich der Speise ein, ist aber darüber hinaus ein gängiges Attribut sowohl der Lese- als auch der Gotteserfahrung.38 Dabei geht er über Guigos Vergleich von Büchern mit Nahrung insofern hinaus, als das BvgA nicht nur einen nahrhaften, sondern einen regelrecht berauschenden Effekt auf die Seele habe. Die darin enthaltenen Lehren machten, so heißt es, die andächtige Seele betrunken (inebriant animam devotam). Folglich schreibt Volradi dieser mystischen Lehre in der Nussschale nicht nur großen allseitigen Nutzen, sondern auch einen ausgesprochenen geistigen Genusswert zu. Das einzige im Katalogeintrag vermerkte Manko ist die Tatsache, dass diese Lehren nicht auf Latein vorliegen würden. Volradi betont aber zugleich, dass dies dem Nutzen keinen Abbruch tue, da der Autor äußerst eloquent gewesen sei. Diese Einschätzung kann sich nur auf den Autor des deutschen Textes beziehen, weshalb es verwunderlich ist, dass der Katalogeintrag das BvgA dennoch als vulgarizatio (Übersetzung, Übertragung) versteht. Das Verb vulgarizare und seine Ableitungen werden im Katalog für Übersetzungen in die Volkssprache verwendet.39 Folglich scheint Volradi den ihm vorliegenden Text als Übersetzung eines lateinischen Prätexts zu verstehen. Möglich wäre jedoch auch, dass er den Begriff der vulgarizatio hier in einem weiteren Sinne verwendet. Gemeint sein könnte auch eine Aufbereitung von gewöhnlich im Lateinischen zirkulierenden theologischen Inhalten in der deutschen Sprache anstatt einer technisch-genauen Übersetzung eines Werks von einer Ausgangs- in eine Zielsprache. Letztendlich lässt sich jedoch nicht eindeutig bestimmen, was hier genau mit dem Begriff der vulgarizatio gemeint ist. Möglich wäre auch, dass sich Volradi selbst nicht sicher war, ob er eine Übersetzung oder einen genuin in der Volkssprache verfassten Text vor sich hatte. Die Vorstellung eines be-

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EDWIN HABEL schlägt für das mittellateinische tutus das Bedeutungsspektrum „sicher, gefahrlos; dienlich, passend, geraten“ vor, siehe ‚tutus‘, in: DERS.: Mittellateinisches Glossar, hg. v. FRIEDRICH GRÖBEL, Paderborn u.a. 21989, 412. Im Kontext des Katalogeintrags, in dem die Lehre des BvgA zuvor als utilissima (nützlichst) umrissen wird, scheint mir ‚dienlich‘ hier die passendste Übersetzung zu sein. Zum semantischen Spektrum der Süße vgl. MARY CARRUTHERS: Sweetness, in: Speculum 81 (2006), 999–1013. So wird eine deutsche Bibelübersetzung mit der Signatur B 56 etwa gelistet als Prima pars biblie wlgarizate (Erster Teil einer in die Volkssprache übersetzten Bibel), wobei wlgarizate wiederum als seu in Theutonicum translate (oder ins Deutsche übertragenen [Bibel]) paraphrasiert wird, LEHMANN (Anm. 15), 278.

298 Jonas Hermann

sonderen Gewichts der Volkssprache für die Mystik kommt dabei jedenfalls nicht zum Vorschein. Sie wird gegenüber dem Lateinischen lediglich als Mangel angesehen, wenn auch nicht als ein gravierender. Dem Nutzen und dem Genusswert des Texts scheint sie für Volradi jedenfalls keinen Abbruch getan zu haben. Seine ausgesprochene Wertschätzung des Texts überwiegt hier eindeutig seine sprachlichen Präferenzen. Volradis Urteil über das BvgA wurde in gewisser Hinsicht auch von seinen Mitarbeiter Bruder N. geteilt. Das geht aus einer kurzen Bemerkung in einem eigens von Bruder N. angefertigten Florilegium der mystischen Theologie hervor, das in Teilen in der Handschrift Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Q 51 überlebt. MATTHIAS EIFLER hat herausgearbeitet, dass Bruder N. in den erhaltenen Faszikeln I und III die Auseinandersetzung zwischen Johannes Gerson (1363–1429) und Jan van Schoonhoven (1356– 1432) über Jan van Ruusbroecs (1293–1381) Schrift ‚Die chierheit van der gheestelijkker brulocht‘ (lateinisch ‚De ornatu spiritalium nuptiarum‘)40 rekapituliert. Dabei bezieht Bruder N. Stellung gegen Gerson, dem er vorwirft, zwar viel über wahre Kontemplation geschrieben, diese aber nicht selbst im Leben besessen zu haben.41 Dem stellt er eine Reihe wahrer Kontemplativer entgegen, darunter Ruusbroec, Tauler, Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn sowie Hildegard von Bingen, jedoch auch einen Libellus qui incipit ‚Nucleus’.42 Dabei kann es sich nur um den ‚Kern’ bzw. das BvgA handeln.43 In Ermangelung eines Autornamens reiht er stellvertretend den Titel in die illustre Runde ein. Da der in Erfurt offensichtlich geläufige Titel ‚Der Kern‘ offenbar aus der dortigen Textlektüre hervorgeht, scheint es sich um eine sekundäre Zuschreibung zu handeln. Dabei erscheint er dennoch treffender als der heute in der Forschung geläufige, aber unsachgemäße Titel ‚Buch von geistlicher Armut‘. Jedoch würde hier Verwechslung mit einem als ‚Kern der göttlichen Wahrheit‘ bekannten Text drohen, der mit dem BvgA nicht in Verbindung steht.44

40 41 42 43

44

Eine Edition der lateinischen Fassung wird von KEES SCHEPERS und BALÁZS J. NEMES vorbereitet. Vgl. EIFLER 2012 (Anm. 14), 114. Ebd., 117 Anm. 63. Dass Bruder N. mgq 1522 gekannt haben muss, geht auch aus den textlichen Übereinstimmungen zwischen der Handschrift und seinem Rapiarium Berlin Ms. theol. lat. oct. 89 hervor, vgl. die Handschriftenbeschreibung von BEATE BRAUN-NIEHR: Die theologischen lateinischen Handschriften in Octavo der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Teil 1: Ms. theol. lat. oct. 66–125, Wiesbaden 2007 (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Kataloge der Handschriftenabteilung, Erste Reihe, Bd. 3, Teil 1), 138–157, hier 140. VOLKER HONEMANN hat bereits klargestellt, dass zwischen den beiden Texten keinerlei Verbindung besteht, vgl. ‚Kern der göttlichen Wahrheit‘, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 4, hg. v. BURGHART WACHINGER u.a., Berlin, New York 21983, 1135f.

Die Mystik in der Nussschale 299

Im Kontext der Rezeption in der Erfurter Kartause lässt sich abschließend festhalten, dass die Bezeichnung als ‚Kern‘ für die Qualität des BvgA steht, das im Katalog als nützliche, wohlschmeckende und zugleich berauschende geistige Speise angepriesen wird, deren Wert durch die Abfassung in der deutschen Sprache nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

III. Zur Verortung des BvgA in der Wissensordnung der Bibliothek Die Wissensordnung der Bibliothek in der Erfurter Kartause war ein minutiös ausgeklügeltes System, dass in erster Linie auf den Bibliothekar Volradi zurückgeht. Der Katalog verrät, dass die Systematik der Bücherbestände mit ihren zahlreichen Signaturen einer architektonischen Leitmetapher folgte und als eine domus spiritualis, als ein geistiges Haus, imaginiert wurde. Die tragenden sowie die schmückenden Bestandteile dieses Hauses wurden dabei den in der mittelalterlichen Exegese etablierten vier Schriftsinnen zugeordnet. ALMUT MÄRKER hat diese Korrespondenz von Bauelementen und Schriftsinnen folgendermaßen zusammengefasst: „Der Bibliothekar Volradi legte dem gesamten Katalog eine Vierteilung der Schriftsinne zugrunde, wenn er diesen in der Gesamtübersicht mit einer domus spiritualis, bestehend aus Fundament (historia), Wänden (allegoria), Dach (anagogia) und Ausmalung (tropologia), vergleicht.“45 Diesen vier Elementen wurden wiederum bestimmte Signaturengruppen zugeordnet.46 Die Bücher der Bibel unter B bilden das historische Fundament des geistlichen Hauses. Die Bibelkommentare unter C bilden die Wände, die mit ihrer allegorischen Auslegung der Schrift auf dem historischen Fundament aufbauen. Die Signaturen D, E und F, die den höheren Seelenpotenzen gewidmet sind, bilden das anagogische Dach. Die tropologische Ausmalung des Hauses erfolgt durch die unter H versammelten Texte, die MÄRKER als „Schriften, die u.a. mit dem Ordensleben in Zusammenhang stehen“47 zusammenfasst. ERICH KLEINEIDAM hat in seiner grundlegenden Untersuchung zum Bibliothekskatalog dargelegt, dass es sich bei dieser versinnbildlichten Wissensordnung nicht nur um ein Klassifizierungssystem für Texte handle, sondern dass diese darüber hinaus einem höheren Zweck diene. Sie solle zum einen durch ihre Zusammenschau der im 15. Jahrhundert vielfach 45 46

47

MÄRKER (Anm. 14), 441. Zu den Ordnungsprinzipien des Standortkatalogs und insbesondere zu deren Vielfalt vgl. ABRAM / FOURNIER / NEMES (Anm. 30), 633–637. MÄRKER (Anm. 14), 357.

300 Jonas Hermann

ausdifferenzierten theologischen Disziplinen und Textsorten eine „Einheit der Theologie“48 herstellen. Zum anderen richte der Katalog diese Ordnung durch seine Leseanleitungen auf das Endziel der Vereinigung mit Gott im Sinne der mystischen Theologie aus, woraus sich eine gewisse Hierarchie der Signaturgruppen ergebe,49 die dementsprechend von den Werken der Gruppe D (mystische Theologie) angeführt wird. Die Zuordnung eines Textes zu einer bestimmten Signatur ist folglich zugleich eine Verortung innerhalb des geistigen Hauses der Theologie. Im Hinblick auf die Rezeption des BvgA ist demnach die Frage von Bedeutung, wo und warum es einem bestimmten Platz innerhalb dieser Wissensordnung zugeordnet wurde. Der Nachtrag im Katalog unter der Signatur D 1 secundo verrät bereits, dass es sich um eine bewusste Entscheidung vonseiten Volradis gehandelt hat, den Text gerade im Umfeld der mystischen Theologie anzusiedeln. Folglich lohnt sich ein vertiefender Blick auf das literarische Profil der Gruppe D. Gemäß der Blaupause des geistigen Hauses ist sie zunächst Teil der übergeordneten Dachkonstruktion, zusammen mit den Signaturengruppen E und F.50 Volradi hat diese drei Gruppen im Katalog durch eine gemeinsame Einleitung miteinander verzahnt: D. E. F. Hee tres littere anagogie subserviunt, ubi sensus anagogicus superiectus ab ymis per contemptum mundanorum suspensis et ad summa per celestium desiderium provectis, vino theorice contemplacionis sobrie inebriatis, dum sublimiter aut ad supermentales excessus per extaticas elevaciones [D] aut ad affectuales devociones per intimas oraciones [F] aut ad intellectuales illustraciones per deitatis sentenciosas cogniciones [E] superducit et […] quasi tectum in domo anime tribus potenciis, que in ipso spiritu preminent, videlicet sinderisi, affective et intellective supponit.51 (D. E. F. Diese drei Buchstaben sind der anagogia untergeordnet, wo der anagogische Sinn aufgeworfen worden ist von den Hymnen, die durch die Verachtung der weltlichen Dinge schwebend, durch das Verlangen nach den himmlischen Dingen zur höchsten Stelle fortgeschrittenen und vom Wein der betrachtenden Anschauung nüchtern betrunkenen gemacht worden sind; wenn er hochschwebend entweder durch ekstatische Erhebungen zur Entzückung, die den Geist überschreitet, [D] oder durch inneres Gebet zur affektiven Andacht [F] oder durch die Erkenntnisse der göttlichen Worte zur intellektuellen Erleuchtung [E] hinaufführt und [...] so gewissermaßen dem Dach auf dem Haus der Seele drei Potenzen, die den Geist selbst überragen, nämlich die Syndereris [D], den Affekt [F] und den Intellekt [E], zugrunde legt; Übers. J.H.). 48

49 50

51

ERICH KLEINEIDAM: Die theologische Richtung der Erfurter Kartäuser am Ende des 15. Jahrhunderts, in: Miscellanea Erfordiana, hg. v. DEMS., HEINZ SCHÜRMANN, Leipzig 1962 (Erfurter theologische Studien 12), 247–271, hier 251. Vgl. ebd. Die Neuedition sowie die Erforschung der Programmatik dieser Signaturen ist eines der Hauptanliegen des Projekts ‚Making Mysticism‘. URL: https://making-mysticism.org (Zugriff am 31.05.2020). LEHMANN (Anm. 15), 296f.

Die Mystik in der Nussschale 301

Volradi versteht den anagogischen Schriftsinn hier nicht im konventionellen Sinn als eschatologisch, wie es seit Johannes Cassianus (ca. 360–435) üblich war,52 sondern eher im engeren Sinn des Worts anagogia (griechisch ἀναγωγή, wörtlich ‚Hinaufführung‘) als Erhebung zur Gotteserfahrung. In der Metapher des Hauses fällt somit die Raumsemantik mit der wörtlichen Bedeutung der anagogia zusammen. Der erhabenste aller Schriftsinne bildet zugleich den höchsten Bereich des Hauses der Theologie. Auffällig ist, dass Volradi auch hier die berauschende Wirkung mystischer Literatur thematisiert und dem anagogischen Sinn eine Art kontemplative Trunkenheit zuschreibt. Insofern fügt sich der ‚Kern‘ mit seiner berauschenden Wirkung, die Volradi dem Text im Katalogeintrag attestiert, gut in die Domäne des Daches ein. In der gemeinsamen Einleitung der anagogischen Signaturen stellt er jedoch klar, dass es sich um eine Art nüchterne Trunkenheit handle, die mit dem anagogischen Schriftsinn einhergehe. Damit grenzt er sie von der physischen, alkoholischen Trunkenheit ab, die den höchsten Seelenpotenzen eher abträglich sein dürfte. Diese Potenzen, von Volradi als Synderesis, Affekt und Intellekt identifiziert, sind die tragende Elemente der geistigen Dachkonstruktion. Die Zuordnung der Signaturengruppen zu den drei Potenzen wird in der Handschrift zudem durch einen Randkommentar verdeutlicht.53 Die triadische Dachkonstruktion inkorporiert zum einen die beiden Begriffe des Affekts und des Intellekts. Das Spätmittelalter erlebte eine hitzige Debatte über die Frage, welche dieser beiden Seelenpotenzen nun eher zu Gott führe und mystische Erfahrung ermögliche, wobei die Franziskaner vornehmlich für den Affekt, die Dominikaner hingegen mehrheitlich für den Intellekt plädierten. Die Debatte war im 15. Jahrhundert noch nicht vollkommen abgeebbt und wurde auch innerhalb des Kartäuserordens geführt. MIKHAIL KHORKOV hat in einem jüngst erschienenen Beitrag herausgearbeitet, dass etwa Johannes de Indagine (1415–1475), der Mönch in der Erfurter Kartause war, mystische Ekstase generell als affektiv und irrational ansah, während sich sein Zeitgenosse Nikolaus Kempf (1415–1497) für den Intellekt aussprach.54 KHORKOV rechnet die Erfurter Kartäuser der affektiven Fraktion zu und attestiert ihnen „Anti-Intellektualismus“ sowie ein „affektives Mystikverständnis“55. 52

53 54

55

Maßgeblich für diese Interpretation war Cassianus’ Theorie des vierfachen Schriftsinns, die er in seinen ‚Collationes patrum‘ entwickelt, vgl. Jean Cassien: Conférences VIII–XVII, hg. u. übers. v. EUGÈNE PICHERY, Paris 1958 (Sources Chrétiennes 54), XIIII.VIII, 189–192. Vgl. LEHMANN (Anm. 15), 297; Hs. Hist. 6, fol. 67r. MIKHAIL KHORKOV: Ratio und Affekt in der mystischen Theologie des Spätmittelalters, in: Von Meister Eckhart bis Luther, hg. v. VOLKER LEPPIN, FREIMUT LÖSER, Stuttgart 2019 (MeisterEckhart-Jahrbuch 13), 69–87, hier 72 und 74f. Ebd., 78.

302 Jonas Hermann

Volradis Bibliothekskatalog bildet dieses affektive Mystikverständnis jedoch nur eingeschränkt ab, da er die dritte Potenz der Synderesis ins Spiel bringt, die sowohl dem Intellekt als auch dem Affekt überlegen sei. Das geht aus der Einleitung hervor, die er für die Signaturengruppe D eigens verfasst hat: D – Diversi libri pro theologia occulta divinissima, que dicitur mistica sub littera D consignati, ubi supremus mentis apex, a mistice theologizantibus sinderisis dictus ad supersubstancialem divinarum tenebrarum radium consurgens ignote, videlicet ad agnicionem unitivam eius, scilicet altissimi, qui est super mentem et cognicionem ab omni irretentibili absolutus immediate per amoris ardorem sine omni creature speculo sursum agitur. Ubi solus affectus plus tangit et in ipso actuali exercicio omnis intellectualis cognicio et speculativa rescinditur.56 (D – Unterschiedliche Bücher zur heiligsten geheimen Theologie, die mystisch genannt wird, sind mit dem Buchstaben D gekennzeichnet, wo die oberste Spitze des Geistes, die von mystischen Theologen Synderesis genannt und die unwissend zum überirdischen Strahl der göttlichen Dunkelheit aufsteigt, nämlich zur vereinigenden Erkenntnis dessen, d.h. des höchsten, das jenseits des Geistes und der Erkenntnis ist von allem unhaltbar losgelöst unmittelbar durch die Hitze der Liebe ohne Widerspiegelung der geschaffenen Welt dorthin aufwärts geführt wird, wo allein der Affekt noch angrenzt und wo in der wirklichen Ausübung alle intellektuelle und spekulative Erkenntnis wirkungslos gemacht wird; Übers. J.H.).

Das Verhältnis der drei Seelenpotenzen wird so umschrieben, dass lediglich der Affekt noch an die Synderesis heranreiche, während die Erkenntnisfähigkeit des Intellekts in diesen Höhen völlig verloren gehe. Daraus ergibt sich eine Hierarchie der höheren Seelenpotenzen, welche die Synderesis an der Spitze verortet und den Affekt und den Intellekt an zweiter und dritter Stelle ansiedelt. Insofern umfasst das Profil der Signatur D jene Schriften, die von dieser höchsten Region handeln und sowohl über den Affekt als auch den Intellekt hinausgehen. Die Tatsache, dass das BvgA von Volradi unter D eingeordnet wurde, verrät, dass er es als ein mystisches Buch im eben diesem Sinne angesehen hat. Es gibt einen Randkommentar in der Handschrift mgq 1522, der es uns erlaubt, einen seiner Gedankengänge beim Lesen des Textes nachzuvollziehen, der bei dieser Einordnung entscheidend gewesen sein könnte. In der Einleitung zur Gruppe D schreibt Volradi, dass der oberste Teil des Geistes von mystischen Theologen Synderesis genannt werde. Einer dieser Theologen muss für ihn auch der Verfasser des BvgA gewesen sein, der Folgendes mitteilt: Auch wirt die obirste krafft des geistes, die do heiszet sinderis, vollenbraht uff eren irsten adl yn deme liden cristi, want die krafft ist geschaffen, gode sunder mittel zu gebruchene. Vnde dar von adams valle wart sie vormittelt vnde daz mittel musz in cristo vordilget werden, also daz der geist zcu male entbloszet werde yn allen mitteln. 56

LEHMANN (Anm. 15), 298.

Die Mystik in der Nussschale 303 Vnde das geschiet in der wise, so alle die kreffte des menschen, sie syn vszerlich ader ynnerlich, dorch leuffen die werke vnde die lere vnde das liden christi. Vnde eyn iglich thut, was ys vormag. Vnde die vbunge in christo macht die kreffte zcu male lutter. Vnde die lutterkeit wirt angestoszen mit liebe, also daz dy iglich kraffte sich neiget dar czu sie geordent ist. Das ist czu der obirsten krafft, die godes sunder mittel gebruchet (mgq 1522, fol. 107v).57 (Des Weiteren wird die oberste Kraft des Geistes, die Synderesis genannt wird, im Leiden Christi in ihren ersten vollkommenen Zustand zurückversetzt, denn diese Kraft ist dazu gemacht, Gott unmittelbar zu genießen. Durch den Fall Adams wurde sie mittelbar und das Mittel muss in Christus ausgetilgt werden, sodass der Geist wieder von allen Mitteln befreit wird. Das geschieht in der Weise, dass alle Kräfte des Menschen, seien sie äußerlich oder innerlich, die Taten, die Lehren und das Leiden Christi durchlaufen. Und jeder dieser Schritte tut, was er vermag. Und die Mühe in Christus macht die Kräfte wieder rein. Und die Reinheit wird angestoßen von der Liebe, sodass jede Kraft sich dahin neigt, wo sie hingehört, das heißt zur obersten Kraft, die Gott unmittelbar genießt.)

Diese Ausführung zur Synderesis ist auch Volradi nicht entgangen. Am Seitenrand hat er folgenden Kommentar eingetragen: De Sinderise quod reformetur ad innocentem statum per passionem christi. Sicut supra dictum est de intellectu et affectu. (mgq 1522, fol. 107; Von der Synderesis, dass sie durch das Leiden Christi in den unschuldigen Zustand zurückversetzt werden soll, wie es oben vom Intellekt und vom Affekt gesagt wird; Übers. J.H.). Die Auffassung der Synderesis, die wir im BvgA vorfinden, hat viele Gemeinsamkeiten mit Volradis Einführung zur Gruppe D. Auch der unbekannte Autor stellt sie als höchste Seelenkraft vor, die über den anderen Seelenpotenzen angesiedelt sei, was Volradis geistiger Dachkonstruktion entspricht. Ebenso sei sie diejenige Kraft, welche dem Menschen die direkte Gotteserfahrung erlaube. Hinzukommt jedoch die Einschränkung, dass diese Kraft durch den Sündenfall in ihrer Wirkungsfähigkeit getrübt worden sei. Folglich bedürfe es des Nachvollzugs der Taten, der Lehren und der Leiden des Erlösers, um die Synderesis wieder in ihren reinen Zustand zu versetzen. Daher verbindet das BvgA den mystischen Aufstieg zu Gott mit der imitatio Christi, die auch von Volradi als Oberthema des Werks identifiziert und dementsprechend im Katalogeintrag angegeben wurde. Die Vorstellung einer zunächst durch das Mitleiden mit Christus zu reinigenden Synderesis erschien ihm offensichtlich bemerkenswert. Außerdem qualifiziert diese kurze Passage das BvgA bereits für eine Zuordnung zur mystischen Theologie im Sinne des Katalogs, da es sich eben dieser höchsten Seelenkraft annimmt. Es lässt sich mutmaßen, dass die Stelle bei Volradis Entscheidung, den Text innerhalb der Signaturengruppe D zu verorten, eine Rolle gespielt hat. 57

DENIFLE (Anm. 1), 132 Z. 37–133 Z. 8.

304 Jonas Hermann

Dass Volradi bei der kommentierenden Lektüre von mgq 1522 das Schema der übergreifenden Dachkonstruktion des geistigen Hauses im Hinterkopf hatte, wird aus seinem Zusatz ersichtlich, dass dasselbe zuvor über den Intellekt und den Affekt gesagt werde (sicut supra dictum est de intellectu et affectu). Zumindest die Stelle, die sich auf den Affekt bezieht, lässt sich eindeutig identifizieren, da Volradi auch hier einen Randkommentar in der Handschrift hinterlassen hat. Im BvgA heißt es dort: Auch wirt des menschen wille vollenbracht in christo vnde in syme lidene vnde ynn synen wercken (mgq 1522, fol. 104r; Des Weiteren wird der Wille des Menschen in Christus und in seinem Leiden und seinen Taten vollkommen gemacht; Übers. J.H.). Hier notiert Volradi: affectus et voluntas quomodo perficiuntur in Christo et sua passione et vita (ebd.; Wie der Affekt und der Wille in Christus, in seinem Leiden und in seinem Leben vollkommen gemacht werden; Übers. J.H.). Als Übersetzung des volkssprachlichen Begriffs wille gibt Volradi hier zwei Begriffe an, affectus und voluntas, die er jedoch auch innerhalb des Katalogs oft synonym gebraucht.58 Diese Kommentare deuten darauf hin, dass Volradi den Text bei der Lektüre bereits auf eventuelle Anknüpfungspunkte an das geistige Programm und die Wissensordnung der Bibliothek absuchte. Diese Praxis des integrativen Lesens spiegelt sich auch in der übrigen reichen Kommentierung des Erfurter BvgA wieder. Diese erfolgen dabei fast ausschließlich auf Latein. Vor dem Hintergrund, dass Volradi sich offensichtlich eine lateinische Fassung des Texts herbeiwünschte und auch Bruder N. vom nucleus spricht, erscheint es lohnenswert, der lateinischen Kommentierung eine eigene Teiluntersuchung zu widmen.

IV.

Die lateinische Kommentierung des BvgA in der Erfurter Kartause

Offensichtlich handelte es sich bei der Erfurter Abschrift des BvgA um ein gründlich gelesenes Exemplar, denn der Text ist reich mit erklärenden und kommentierenden Marginalien und teilweise sogar mit Schaltzetteln versehen. Es lassen sich folgende Textschichten identifizieren: Volradi schrieb zunächst den volkssprachlichen Haupttext und besorgte außerdem die roten Überschriften und folglich aller Wahrscheinlichkeit nach auch die übrige Rubrizierung: zwei- bis dreizeilige Initialen, Paragraphenzeichen, Unterstreichungen sowie die gliedernde Strichelung von Anfangsbuchstaben. Um den Haupttext herum finden wir eine Vielzahl roter lateinischer Kommentare, ebenfalls in Volradis eigener Hand. Hinzukommen noch zahlreiche Kommentare in schwarzer Tinte, wobei neben Volradis eigener eine 58

Vgl. KLEINEIDAMM (Anm. 48), 263.

Die Mystik in der Nussschale 305

zweite Hand in deutlich dunklerer Tinte hervortritt, die ebenfalls noch dem 15. oder dem 16. Jahrhundert angehören dürfte. Sie hat sich vornehmlich am Anfang des Texts zu schaffen gemacht (vgl. mgq 1522, fol. 28v–60r). Die beiden umfangreichsten Kommentare finden sich jedoch auf zwei eigens angefertigten Schaltzetteln (fol. 40rv sowie zwischen fol. 77v und 78r), die wiederum von Volradi auf Latein verfasst wurden. Wir haben es also mit einem deutschen Haupttext zu tun, der mit keineswegs geringem Aufwand auf Latein kommentiert wurde. Gemäß Volradis im Katalogeintrag geäußerten Wunsches, dass das BvgA doch auf Latein vorliegen möge, findet so doch in gewisser Hinsicht eine Aneignung des Texts auf Latein statt. Die Kommentierung ist viel zu umfangreich, um hier erschöpfend gewürdigt zu werden. Ich beschränke mich deshalb auf einige prominente Beispiele, die mir für die Rezeption des Texts in der Erfurter Kartause besonders bezeichnend zu sein scheinen. Es gibt eine Textstelle am Ende des ersten Teils, für die sich Volradi offensichtlich besonders interessierte, da er ihr einen eigenen Schaltzettel gewidmet hat. Es handelt sich um eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Seele ihr Streben nach Gott aufrechterhalten kann, nachdem sie ihr Ziel der Vereinigung mit ihm erreicht hat und sich daher eigentlich in einen Zustand absoluter Ruhe befinden müsste: Nw mochte mann sprechen vnde leren widder syns e converso. Want vor ist gesprochen, wie der wille vnbeweglich sie und nes spreche ich, wie der wille leufft. Wo dann louffen ist, dar ist auch bewegunge. Vnde ludet alsze ys wederwertig sie. ¶Hir zu spreche ich: Want vor ist gesprochen „So der wille sich keret von allen dingen vnde sich voreyniget mit gode, dar he dan unbeweglich ist.“ Vnde die unbewegelickeit ist also zcu vorstene, daz he sich nimmer beweget zu der nature vnde zu der tzyt. [Wan er ist úber creatur und úber zit]59 erhaben. Vnde dar vmbe wirt er nicht beweget von der creaturen nach von der tzyt. Vnde he leszt sich auch nicht uff disze nach uff das, sunder he wil allewege eyns. Vnde das ist got. Vnde deme hanget he alleczyt an, ane allen vonker vom eme. Vnde dar umbe heszt he vnbeweglich. Want he sich nicht leszet von gode bewegen. ¶Abir daz ich spreche, daz he alleczyt leuffet. Das lauffen ist nicht anders, dann eyn ewig dryngen yn got vnde stede dar an bliben. Vnde die stedikeit des willen das heiszet eyn vnbeweglicheit. […] Vnde das ynbliben ist syn louffen. Vnde das louffen ist syn ynbliben (mgq 1522, fol. 78r).60 (Nun könnte man hier einen Widerspruch reklamieren. Denn zuvor wurde gesagt, dass der Wille unbeweglich sei und jetzt sage ich, dass er laufe. Denn wo Laufen ist, da ist auch Bewegung. Und das hört sich widersprüchlich an. Dazu sage ich folgendes: Da oben gesagt wurde, dass „der Wille, wenn er sich von allen Dingen abkehrt und sich mit Gott vereinigt, unbeweglich sei“. Die Unbeweglichkeit ist so zu verstehen, dass er sich nicht mehr zur Natur und zur Zeit hin bewegt. Denn er ist über die 59

60

Hier liegt Textverlust aufgrund eines Zeilensprungs vor. Ich ergänze die Stelle nach DENIFLEs Edition des BvgA (Anm. 1). Ebd., 82 Z. 13–38.

306 Jonas Hermann Kreatur und die Zeit erhaben. Und darum wird er nicht von der Kreatur und nach der Zeit bewegt. Und er gibt sich nicht mehr diesem oder jenem hin, sondern er will nur noch eins. Und das ist Gott. Und ihm hängt er allzeit an, ohne alle Abkehr vom ihm. Und darum wird er unbeweglich genannt, weil er sich nicht mehr von Gott wegbewegen lässt. Des Weiteren sage ich, dass er allezeit läuft. Das Laufen ist nichts anderes, als ein ewiges Eindringen und stetiger Aufenthalt in Gott. Und diese Stetigkeit des Willens wird Unveränderlichkeit genannt. […] Und das Verharren im Inneren ist sein Laufen, und das Laufen sein Verharren im Inneren, Übers. J.H.).

Der Autor führt aus, dass das Zugleich von Bewegung und Stillstand des Willens in der Vereinigung mit Gott insofern möglich ist, als er immerwährend in Gott dringt, während er im Hinblick auf die geschaffene Welt, der er völlig entsagt hat, unbeweglich ist. Die Stelle wurde im Übrigen nicht nur von Volradi als bemerkenswert erachtet. Auch BERNARD MCGINN bespricht sie im Kapitel zum BvgA im vierten Band seiner ‚History of Western Christian Mysticism‘. Er nennt sie „a succinct presentation of the dialectical mysticism that might have come from Eckhart“61. Auf diese dialektische Natur, also die argumentative Struktur von These, Antithese und Synthese, weist auch Volradi hin. Am Seitenrand finden wir folgenden roten Kommentar: Obiectio contra predicta. Et quomodo voluntas eciam tendendo in deum immobilis persistit (mgq 1552, fol. 78r; Einwand gegen die zuvor gesagten Dinge und außerdem, wie der Wille durch das Streben in Gott unbeweglich verharrt; Übers. J.H.). Somit vermerkt er den rhetorischen Kunstgriff des scheinbaren Selbstwiderspruchs und liefert zugleich eine kurze aber treffende Zusammenfassung. Werfen wir nun einen Blick auf den Schaltzettel, der an genau dieser Stelle eingebunden wurde, stellen wir fest, dass darauf eine weiterführende Aneignung der Argumentation des volkssprachlichen Texts auf Latein stattfindet: Profectus humane salutis consistit in hoc, quod quis ad celestia et spiritualia tendit. Hec tendencia praeter dici mobilis et eciam immobilis. Mobilis quando ipsa voluntas indesinenter vergit et inclinatur in deum ad ipsum apprehendum et se illi vniendum. Sed immobilis est secundum quod in nullo respicit retro ad creaturam, quam reliquit, sed fixe perseuerat in pendencia tendenciae. Hoc hic declaratur in secundo folio (mgq 1522, Schaltzettel zwischen fol. 77 und 78). (Der Fortschritt des menschlichen Heils besteht darin, dass er den himmlischen und geistlichen Dingen anhängt. Dieses Anhängen wird ferner beweglich und unbeweglich genannt; beweglich wenn der Wille selbst sich unaufhörlich neigt und zu Gott hin gebeugt wird, um ihn selbst zu begreifen und sich mit ihm zu vereinigen. Aber Zweitens ist er unbeweglich, da er in nichts zurückblickt zur geschaffenen Welt, die er zurückgelassen hat, sondern fest verharrt im Anhängen des Strebens. Dies wird hier dargelegt auf dem zweiten Blatt, Übers. J.H.).

61

BERNARD MCGINN: The Harvest of Mysticism in Medieval Germany (1300–1500), New York 2005 (The Presence of God. A History of Western Christian Mysticism 4), 381.

Die Mystik in der Nussschale 307

Abb. 1. – Berlin, Staatsbibliothek – Preußischer Kulturbesitz, mgq 1522, fol. 78r

308 Jonas Hermann

Mit der Stellenangabe in secundo folio ist das rechte Blatt (mgq 1522, fol. 78r) gemeint, das am rechten Rand mit der arabischen Zahl Zwei markiert ist (vgl. Abb. 1). Folglich legte Volradi Wert darauf, die entsprechende Stelle möglichst genau zu identifizieren. Sein Kommentar fasst die Textpassage pointiert zusammen und sorgt durch die Übersetzung ins Lateinische für terminologische Klarheit, wobei wiederum der im Katalog geäußerten Wunsch anklingt, der Text möge doch auf Latein vorliegen. Dabei erfolgt auch eine Einordnung hinsichtlich der gängigen lateinischen Terminologie der Mystik. Das Stichwort der unio ist im Gerundivum uniendum präsent. Dieser lateinischen Aneignung der Textpassage folgt auf dem Zettel noch eine kurze Zusammenstellung der auf Deutsch genannten Dimensionen der Praxis des tendere in deum, nämlich verlangen han, louffen und dryngen in got. Hinzukommt der erklärende Zusatz das louffen ist eyn inbliben in got und das ynbliben ist eyn louffen. Nun stellt sich die Frage, was genau Volradi mit diesem Zettel bezweckt hat. Zum einen hält er damit seine eigenen Lesefrüchte fest. Zum anderen weist er damit auch seine Mitbrüder, denen er das BvgA im Katalogeintrag wärmstens empfiehlt, auf die Stelle hin und bietet zugleich eine Leseanleitung für die nicht unkomplizierten Gedankengänge im vertrauten Idiom des Lateinischen. Dass sein Zettel die Lektüre des eigentlichen Texts unterstützen sollte, geht daraus hervor, dass er die kommentierte Stelle zur besseren Vergleichbarkeit am Seitenrand markiert hat. Der zweite Schaltzettel zeigt wiederum, dass Volradi mit seiner Lektürehilfe für seine Mitbrüder nicht beim BvgA selbst stehenbleibt, sondern auch über den Text hinaus zur Beschäftigung mit dessen Themen anhalten will. Der in der Handschrift zuerst auftauchende Zettel (mgq 1522, fol. 40rv) ist keiner bestimmten Textstelle zugeordnet, sondern ist allgemein dem Thema der abnegatio (Entsagung) gewidmet, die Volradi offensichtlich als eines der Kernthemen des Texts identifiziert hat. Diese bildet in gewisser Hinsicht die Voraussetzung für die Vereinigung mit Gott, deren Beschaffenheit im oben besprochenen Zettel kommentiert wird. Zunächst muss nämlich erreicht werden, dass der wille sich keret von allen dingen (mgq 1522, fol. 78r; Der Wille sich abkehrt von allen Dingen). Offenbar war Volradi jedoch der Meinung, dass das BvgA, das er im Katalogeintrag ja als kurzgefasst (compendiosus) bezeichnet, das Thema der Entsagung nicht erschöpfend behandelt. Der abnegatio-Zettel beginnt mit folgender Anmerkung: Quia in hoc tractatu seu eciam libro multa scribuntur de resignacione sui et abnegacione idcirco notanda sunt infra scripta et alibi requirenda secundum remissiones partim hic positas (mgq 1522, fol. 40r; Da in diesem Traktat oder auch in diesem Buch viele Dinge geschrieben wurden über Verzicht und Selbstentsagung, deshalb sind die unten verzeichneten Dinge zur Kenntnis zu nehmen und anderswo nachzuschlagen gemäß den

Die Mystik in der Nussschale 309

hier zum Teil hinzugesetzten Nachträgen; Übers. J.H.). Wie angekündigt lässt Volradi darunter eine Liste mit sieben grundsätzlichen Fragestellungen zur abnegatio folgen, die teilweise mit Verweisen auf Autoren versehen sind, die sich dieser Fragen angenommen haben: 1.

Quid sit abnegacio (Was Entsagung ist); Autoren: Basilius (Basilius der Große), Bernhardus (Bernhard von Clairvaux)

2.

Quomodo abnegacio sit nominanda (Wie Entsagung zu nennen ist); Autor: Anshelmus (Anselm von Canterbury)

3.

Quare abneganda sunt omnia (Warum allem entsagt werden muss); Autoren: Anshelmus Anselm von Canterbury), Albertus (Albertus Magnus)

4.

Que sunt abneganda (Welchen Dingen entsagt werden muss); Autor: Augustinus

5.

Quomodo differenciabile sit abnegandum (Inwiefern das Entsagen differenzierbar ist)

6.

Impedimenta abnegacionis (Hindernisse der Entsagung)

7.

Quid impellat vel inducat ad abnegacionem (Was zur Entsagung antreibt oder verleitet)

Der eigentliche Zweck des abnegatio-Zettels ist es somit nicht, eine bestimmte Textstelle zu erörtern, sondern den Leser zur vertiefenden Beschäftigung und Lektüre anzuhalten. Volradis Praxis des integrativen Lesens und Aufbereitens zeigt sich auch hier, indem er das BvgA in eine weitere Fragestellung einbettet und auf in dieser Hinsicht lohnende lateinische Autoren verweist. In gewisser Hinsicht wird dessen unbekannter Autor dabei auch in die Reihe der genannten Theologen gestellt. Konkrete Werktitel nennt er dabei jedoch nicht. Seine weiteren Ausführungen zu den genannten Fragestellungen, die er auf dem Zettel notiert hat, wären im Hinblick auf sein eigenes Verständnis von abnegatio noch weiter zu untersuchen.62 Für die Rezeption des BvgA ist hier wichtig, dass er abnegatio als Kernthema des Texts identifiziert. Diese Annahme spiegelt sich auch in zahlreichen Randkommentaren wieder, die über die Handschrift verteilt sind. Anhand dieser Kommentare lässt sich herausarbeiten, welche volkssprachlichen Begriffe und Phrasen mit resignacio bzw. abnegatio gemeint sind. Auffällig ist, dass das BvgA die Verwendung von hier zu erwartenden und vornehmlich durch Eckharts Nachfolger Johannes Tauler (ca. 1300–1361) und Heinrich Seuse (1295–1366) popularisierten Abstrakta wie abegeschei-

62

Eine Edition des Zettels sowie eine tiefgreifendere Untersuchung ist im Zuge meiner Dissertation geplant.

310 Jonas Hermann

denheit, gelâzenheit oder ledecheit größtenteils meidet und auf die zugrundeliegenden Verben und Adjektive setzt. Die Phrase sich laiszen, wird von dem unbekannten zweiten Kommentator als esse resignatus et obediens übersetzt.63 Ähnlich verhält es sich mit ledig syn, dass von Volradi als resignatio interpretiert wird.64 Als abnegatio versteht er wiederum Handlungen in Zusammenhang mit den Verben verleucken65 (verleugnen) und abelegen. Letzteres ist besonders interessant, da er hier in seinem entsprechenden Randkommentar auf den Autor zu sprechen kommt. Im Text heißt es: Vnde dar vmbe ist den allerbeste, die sich selbir aller meste toden. Vnde yn eyme iglichen tode vnde abelegen synes selbes so stehet uff eyn nuwe freude (mgq 1522, fol. 92v; Und deshalb ergeht es denjenigen am allerbesten, die sich selbst am meisten töten. Und durch einen jeden Tod und durch das Ablegen des Selbst entsteht eine neue Freude).66 Volradi kommentiert hier: Ecce quomodo auctor exponit mori sibi pro se abnegare (mgq 1522, fol. 92v; Siehe, wie der Autor das sich selbst Absterben zur Selbstentsagung darlegt; Übers. J.H.). Es mag sich um eine jener Stellen handeln, die Volradi dazu verleitet haben, den Autor des BvgA im Katalog als äußerst eloquent anzupreisen. Volradis Begriffsarbeit zeigt, dass er die Vielzahl der im volkssprachlichen Text anzutreffenden Formulierungen, die mit der Loslösung und Entsagung zu tun haben, im Grunde auf zwei lateinische Begriffe, die abnegatio und die resignatio, reduziert und somit nicht nur terminologische, sondern auch konzeptionelle Klarheit zu schaffen sucht. Von diesem Bestreben zeugt auch der oben besprochene Zettel zum Verharren in Gott, der im Grunde den Argumentationsgang des volkssprachlichen Texts auf Latein zusammenfasst. Da Volradi das BgvA letztendlich als eine vulgarizatio versteht, praktiziert er in gewisser Hinsicht lediglich eine partielle Rückübertragung ins Lateinische mit dem Ziel der inhaltlichen Aneignung und Aufbereitung für potentielle Leser.

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Text: Hir czu sprech ich, daz eyn arm mensche mag sich laiszen in drierley wise, mgq 1522, fol. 33v; vgl. DENIFLE (Anm. 1), 11 Z. 38f. (Des Weiteren sage ich, wie ein armer Mensch auf drei Arten von sich selbst ablassen kann; Übers. J.H.). Kommentar: esse resignatus et obediens triplici de causa, mgq 1522, fol. 33v (Über die Angelegenheit, dreifach losgelöst und gehorsam zu sein; Übers. J.H.). Text: Vnde dar vmbe ist ys des menschen aller beste, daz he allez werke ledig sie. So wirt he eyn blosze geczauwe godes, mgq 1522, fol. 88r, vgl. DENIFLE (Anm. 1), 101 Z. 29–31 (Und darum ist es Beste für den Menschen, dass er aller Werke frei sei. So wird er ein reines Werkzeug Gottes; Übers. J.H.). Kommentar: Nota hic de perfecta sui resignacione, mgq 1522, fol. 88r (Beachte diese Stelle über den vollkommenen Selbstverzicht; Übers. J.H.). Text: Das dritte, das der mensche an eme selbir ist, des he verleucken musz, dasz ist libliche lust, mgq 1522, fol. 84v, vgl. DENIFLE (Anm. 1), 96 Z. 15f. Kommentar: Abnegatio corporalis voluptatis, mgq 1522, fol. 84v (Entsagung der körperlichen Lust; Übers. J.H.). Ebd., 109 Z. 15–18.

Die Mystik in der Nussschale 311

V.

Fazit

Ziel dieser Untersuchung war es, die spezifische Rezeptionssituation des BvgA in der Erfurter Kartause zu prüfen. Im Hinblick auf die Rezeption hat sich die Untersuchung des Titels ‚Der Kern‘ als äußerst fruchtbar erwiesen. Es handelt sich um eine Metapher, die den Text als eine ausgesprochen wohlschmeckende und dazu berauschende geistige Speise ausweist. Der Ausdruck steht somit für die Wertschätzung, die dem Text entgegengebracht wurde. Das erklärt Volradi in seiner Erläuterung der Titelgebung in seinem Katalogeintrag. Diese Erläuterung zeugt jedoch auch von einem grundsätzlichen Erklärungsbedarf hinsichtlich des Bezug zwischen Text und Titel, was für eine sekundäre Zuschreibung spricht. Dass Volradi diesen Titel bereits in einer Vorlage eines bisher unbekannten Überlieferungszweigs vorgefunden hat, ist demnach unwahrscheinlich. Naheliegender ist, dass der Titel ‚Der Kern‘ lediglich in der Erfurter Kartause gebräuchlich war und der dortigen Lektüre entspringt. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Produkt Volradis oder eines Mitbruders. Das würde zumindest seine ausholende Rechtfertigung des Titels erklären. Im Hinblick auf die Autorenfrage enthält auch die Erfurter Handschrift keine konkreten Anhaltspunkte. Jedoch erfahren wir, dass der nach wie vor Unbekannte als äußerst eloquent wahrgenommen wurde. Die Verortung des BvgA innerhalb der Wissensordnung der Erfurter Bibliothek lässt sich anhand einer Gegenüberstellung des Katalogs und der Handschrift gut nachvollziehen. Seine geistig berauschende Wirkung hat es mit dem anagogischen Schriftsinn gemein, der mit der Dachkonstruktion bestehend aus den Signaturengruppen D, E und F assoziiert ist. Aus Volradis Randkommentaren zu bestimmten Passagen, welche die Synderesis und den Affekt betreffen, geht hervor, dass er den Text bereits bei der Lektüre nach Anhaltspunkten zur Verortung innerhalb des sinnbildlichen geistigen Hauses der Bibliothek überprüfte. Die Ausführungen des BvgA zur Synderesis, auf die Volradi eigens hinweist, decken sich weitgehend mit der Einleitung der Gruppe D, die mit dieser höchsten Seelenpotenz assoziiert ist. Kurzum: Es handelt sich bei dem Traktat um mystische Theologie, wie sie im späten 15. Jahrhundert in der Erfurter Kartause verstanden wurde. Volradis integrative Lektüre setzt sich in der lateinischen Kommentierung des BvgA in der Erfurter Handschrift fort. Seine zahlreichen Anmerkungen dienen keinesfalls dem Zweck, nur seine eigenen Lesefrüchte festzuhalten. Seine Begriffsarbeit am deutschen Text, seine partiellen Übertragungen ganzer Argumentationsgänge ins Lateinische sowie seine Einbettung des BvgA in die übergreifenden Fragestellungen der abnegatio mit weiterführenden Literaturhinweisen sind an die potentiellen Leser der

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Handschrift, seine Mitbrüder, gerichtet. Sie dienen dazu, diese Mystik in der Nussschale, die er ihnen ja im Katalog in höchsten Tönen als geistige Speise anpreist, noch besser verdaulich zu machen.

III Mystische Texte in kartäusischen Lehrzusammenhängen

Die umstrittenen dionysischen Quellen im Briefwechsel zwischen Bernhard von Clairvaux und Guigo I. dem Kartäuser Myrtha de Meo-Ehlert

Abstract Denys the Areopagite, who called himself a disciple of St. Paul and appeared as receiver of the knowledge that the latter had earned during his raptus, is the author of the ‘Corpus Dionysiacum’, one of the main œuvres of medieval mysticism. The analysis of dionysian sources in Bernard’s of Clairvaux treatise ‘De diligendo deo’ highlights an indirect dependence from the ‘Corpus Dionysiacum’, that appears especially in Bernard’s elaborations on mysticism of love as for example a letter sent to Guigo I the Carthusian. Taking KURT RUH’s programmatic studies on the history of the ‘Corpus Dionysiacum’ as starting point, this article critically explores the link between Bernard of Clairvaux, Guigo I the Carthusian and Denys the Areopagite through close reading of Bernard’s ‘De diligendo deo’ and of Guigo’s ‘Meditationes’. The analysis shows how subtle the connection between these two texts and the ‘Corpus Dionysiacum’ is and demands for a differentiated view on the dionysian source and its medieval elaborations.

I.

Allgemeine Einleitung

Wie ist Gotteserkenntnis in via möglich? Diese Frage hat über Jahrhunderte hinweg Gelehrte und Theologen beschäftigt. Dabei wurden verschiedene Thesen formuliert und Dispute geführt, aber es wurde keine einhellige Lösung gefunden. Für eine ‚anti-intellektuelle‘ Gotteserkenntnis, also einen Weg, der sich nicht auf eine intellektive, affirmative Gotteserkenntnis stützt, wurde immer wieder Dionysius Areopagita angeführt.1 Seine

1

Dass es sich hier um eine bruchstückhafte und der historischen Quelle nicht entsprechende Darstellung handelt, sei zur Skizzierung des Forschungsfeldes erlaubt. Für eine übersichtliche Darstellung des ‚Corpus Dionysiacum‘ vgl. BEATE REGINA SUCHLA: Dionysius Areopagita. Leben – Werk – Wirkung, Freiburg 2008.

316 Myrtha de Meo-Ehlert

Schriften, das ‚Corpus Dionysiacum‘, ebneten den Weg für eine apophatische Gotteserkenntnis, die als affektiv interpretiert wurde und als solche insbesondere von Thomas Gallus vermittelt wurde.2 Die Frage wurde mit dem Kartäuser Hugo von Balma noch einmal neu formuliert: „Kann die Seele auf Grund ihres affektiven Vermögens, mit Hilfe göttlicher Einhauchung und in der Sehnsucht, zu Gott gelangen ohne irgendwelche vorausgehende oder begleitende intellektive Tätigkeit?“3 In Anlehnung an Hugo lässt sich die folgende Frage stellen: Wenn das affektive Vermögen, also Liebe, als Weg zur unio mystica angeführt und ein solcher Weg als ‚mystisch‘ bezeichnet wird, auf welchem Liebesverständnis basiert dieser Weg? Im vorliegenden Beitrag soll diese Frage hinsichtlich der Anfänge der kartäusischen Spiritualität gestellt und auf der Grundlage von zwei Thesen beantwortet werden, die in verschiedenen grundlegenden Aufsätzen zur mittelalterlichen Mystik formuliert wurden. Deren Gültigkeit gilt es jedoch für den hier diskutierten Forschungsgegenstand, die spezifisch kartäusische Mystik, erst zu beweisen. Erstens nehme ich die Eingrenzung des Begriffsfelds ‚Mystik‘ durch KURT RUH als Ausgangspunkt, der verschiedene Inhalte und Textformen unterscheidet. Neben vorbereitenden Texten und Unterweisungen basieren die von ihm dem Begriffsfeld ‚Mystik‘ zugeordneten Texte auf einer ‚Liebeslehre‘, die stufenweise oder durch Entrückung auf eine mystische Vereinigung abzielen.4 Zweitens wird Dionysius durch 2

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KURT RUH: Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 3, München 22001, 71: „Thomas Gallus’ scintilla synderesis als affektives Vermögen, das über die Vernunfterkenntnis hinaus im excessus mentis gnadenhaft die unio Dei erlagt, hatte Erfolg, ja wurde seit dem 15. Jahrhundert zur maßgeblichen Mystikkonzeption“ und 90: „Thomas Gallus […] kam mit seiner Liebesmystik [...] einer immer stärker werdenden Tendenz seiner Zeit und späteren Generationen entgegen.“ Die Rolle von Thomas Gallus’ Dionysius-Kommentar für den Kartäuser Hugo von Balma ist unbestritten, aber nicht Thema dieses Beitrags. Vgl. dazu JAMES HOGG: Hugh of Balma on Mystical Theology: A Translation and an Overview of His ‘De Theologia Mystica’, Minneapolis 2002, 63–80 und RUH (Anm. 2), 91, der Hugo „in unmittelbarer Nachfolge der Vercellensis-Auslegungen“ sieht. Hugo von Balma: ‚Viae Sion‘, zitiert nach KURT RUH: Die ‚Mystica Theologia‘ des Dionysius Pseudo-Areopagita im Lichte mittelalterlicher Kommentatoren, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 122 (1993), 127–145, hier 138: Utrum anima secundum suum affectum possit aspirando, vel desiderando, moveri in Deum sine aliqua cogitatione intellectus praevia, vel concomitante. KURT RUH: Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 1, München 22001, 10: „Es gibt Wege, die zur eigentlichen Mystik erst hinführen, es gibt Vorstufen, etwa die Meditationen, es gibt spirituelle Mittel, die mystische Erhebung auszulösen, so das Gebet oder die Compassio in der Christusmystik. Sodann ist es die Theologie, zumal die eigentliche Gotteslehre, die öfter in mystische Spiritualität umzuschlagen pflegt. Eine Liebeslehre, auf Gott bezogen, kann in Stufen oder im jähen raptus zur unio mystica führen. Das mystische Schrifttum enthält aber auch Elemente der Unterweisung und der Erbauung, formuliert nicht selten asketische Forderungen. Das alles gilt auch für Höhenwerke der mystischen Literatur.“

Die umstrittenen dionysischen Quellen 317

RUH als Schlüsselfigur der abendländischen Mystik stilisiert,5 dessen Werk gleichzeitig als theologische Analyse und Anleitung zur Mystik gelesen wird.6 Sowohl RUHs Eingrenzung des Begriffsfelds ‚Mystik‘ wie auch seine Stilisierung des Dionysius als mystische Schlüsselfigur erlauben es, zwei Forschungsfragen zu formulieren, welche die Dionysius-Rezeption bei den Kartäusern zum Thema machen: (1) Spielt Dionysius auch in den Anfängen einer spezifisch kartäusischen mystischen Liebeslehre eine Rolle, wie sie in den ersten Texten der Kartäuser und Korrespondenzen, insbesondere in den ‚Meditationes‘ von Guigo I. und dem sich darauf beziehenden Traktat von Bernhard von Clairvaux, nämlich ,De diligendo deo‘, formuliert wurde? (2) Welche Aspekte der dionysischen Theologie treten hervor, wenn man die ‚Meditationes‘ und ,De diligendo deo‘ nicht als ‚Vorreiter‘ späterer Ausarbeitungen und Entwicklungen etwa durch Bonaventura, sondern vielmehr als Zeugnisse der Lektüre und Überlegungen ihrer Autoren liest? Um die beiden Forschungsfragen beantworten zu können, wird in diesem Beitrag der folgende Weg beschritten: In der Forschungsliteratur wird eine Linie von Dionysius Areopagita zu Bernhard von Clairvaux gezogen, die über Guigo den Kartäuser führt und die hier kritisch beleuchtet werden soll. Im vorliegenden Beitrag wird dieser Spur in der durch die Forschungsbeiträge vorgezeichneten Richtung antichronologisch gefolgt: Ausgehend von RUHs Studien (‚Methodologischer Exkurs‘) wird zuerst der Brieftraktat ,De diligendo deo‘ von Bernhard von Clairvaux und insbesondere das VierStufen-Modell der Liebe vorgestellt, das sich auf die ‚Meditationes‘ von Guigo bezieht, bevor die Liebeskonzeption von Dionysius Areopagita detailliert beschrieben und der Bogen über die Textüberlieferung und Rezeptionsgeschichte zurück zu Guigo gespannt wird.

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RUH (Anm. 2), 9 spricht von ihm gar als „Erzvater“ der abendländisch-christlichen Mystik und interpretiert das ‚Corpus Dionysiacum‘ als „Vorgeschichte der einzelsprachlichen und regionalen Ausformungen der mystischen Spiritualität, deren Zeitalter im späteren 12. Jahrhundert schrittweise beginnt.“ RUH (Anm. 2), 15: „Ein zweiter Typus ist häufiger, ja ein kaum je abgebrochener Traditionstyp. Es ist eine mystische Theologie, die nicht nur Lehre vermitteln, sondern zur Mystik hinführen will. Dieses Modell steht bereits am Anfang der abendländischen Mystik: des Dionysius ‚Mystica theologia‘. Der Pseudo-Areopagite, der sich in christliche und neuplatonische Traditionen eingebunden weiß, bietet sie als eine Art Geheimlehre in entschiedener Verbindlichkeit, mit sprachlichem Pathos und öfter mit Emphase an. Theologie und Spiritualität bilden hier ein connubium.“

318 Myrtha de Meo-Ehlert

II.

Methodologischer Exkurs

Bevor der Bogen von Bernhard über Guigo zurück zu Dionysius gespannt werden kann, gilt es noch zwei methodologische Probleme anzusprechen, die die Wahl des Forschungsthemas bedingen. Das erste Problem ergibt sich aus dem Konflikt zwischen Quellengeschichte und Rezeptionsgeschichte. Es stellt sich die Frage, aus welcher Perspektive ein Text betrachtet wird: als Ausgangspunkt oder Endpunkt? In beiden Fällen wird eine ideologisch aufgeladene Entwicklung unterstellt.7 Eine ‚objektive‘ Betrachtung ist weder dem Historiker, dem Germanisten noch dem Philosophiehistoriker möglich, da Geisteswissenschaftler eine andere, meist größere Quantität an Texten zur Verfügung haben als die mittelalterlichen Autoren. 7

Die Unterscheidung zwischen ‚emisch‘ und ‚etisch‘ wurde von KENNETH PIKE: Language in Relation to a Unified Theory of the Structure of Human Behavior, Glendale 1954 für die Linguistik entwickelt und maßgeblich von CARLO GINZBURG: Spurensicherung. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst, Berlin 2002 als Kriterium in die Geschichtswissenschaften eingeführt. Sie bezeichnet den Bezug auf die materielle Eigenschaft von sprachlichen Eigenheiten (etisch = Phonetik) und auf die Eigenschaften von Sprache, die Kommunikation ermöglichen (emisch = Phonemik). ‚Etisch‘ bedeutet, dass eine Betrachtung oder Frage an das Vokabular des Beobachters oder Fragenden anknüpft. Eine Frage ist ‚emisch‘, wenn sie für den Betrachteten von Bedeutung ist. Die Rezeptionsgeschichte, ursprünglich ein literaturwissenschaftlicher Ansatz von HANS ROBERT JAUSS: Literaturgeschichte als Provokation, Frankfurt 1970; WOLFANG ISER: Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung, München 1976 und GÜNTHER GRIMM: Rezeptionsgeschichte. Grundlegung einer Theorie, München 1977, wurde als Methode der Philosophiegeschichte maßgeblich von KURT FLASCH: Philosophie hat Geschichte. Theorie der Philosophiehistorie, Frankfurt 2005, geprägt. Für JAUSS ist „das literarische Werk […] kein für sich bestehendes Objekt, das jedem Betrachter zu jeder Zeit den gleichen Anblick darbietet. Es ist kein Monument, das monologisch sein zeitloses Wesen offenbart. Es ist vielmehr wie eine Partitur auf die immer erneuerte Resonanz der Lektüre angelegt, die den Text aus der Materie der Worte erlöst und ihn zu aktuellem Dasein bringt […]“ (171). Die Arbeit des Philosophiehistorikers bestehe nach FLASCH im Aufspüren der Netzwerke, die sich in einem Text widerspiegeln und das Zeugnis der Geschichte des Denkens seien. FLASCH (ebd., 18) unterscheidet drei Phasen des philosophiehistorischen Arbeitens: Zunächst wird das Textkorpus unabhängig von den Grenzen der Disziplinen erstellt. Darauf folge laut FLASCH die „historisch-situierende Kontextualisierung von Theoremen und Texten“, in welche philologische und paläographische Untersuchungen fallen, bevor dann eine „philosophierende Bewertung“ zu unternehmen sei (50). Die Kontextualisierung von Theorem und Texten schließe auch die Untersuchung „der Semantik in einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Region, einer eingrenzbaren Autorengruppe mit einer erforschbaren Bildung“ (50) ein und sei auf die Datierung und Kontextualisierung, die Verfügbarkeit von Texten und deren Rezeption, aber auch auf die Rezipienten selbst auszuweiten. FLASCH: „Alle Ideen, die wir kennen, sind im Reden, durch Lesen, Schreiben und Drucken entstanden und haben sich gegen Gesagtes, Geschriebenes und Gedrucktes abgesetzt. Sie verdanken sich Kommunikationsprozessen, in denen vorhandene Gründe diskutiert worden sind, nicht nur dem einsamen Gegenüber von Denker und ‚Sache‘. [...] Die Geschichte des Denkens ist Netzwerkerfahrung. Allerdings kommt viel darauf an, das aktuelle Bild des Netzwerkes nicht auf seine räumliche Seite hin auszulegen, geht es doch um den eigenen Modus der Zeitlichkeit des Denkens. Gegenstand der Philosophiehistorie sind Netzwerkprozesse“ (57).

Die umstrittenen dionysischen Quellen 319

Das zweite methodologische Problem betrifft die Zuschreibung der intellektuellen Abhängigkeiten zwischen Denkern, wobei hier die Quellenanalyse mittelalterlicher Texte gemeint ist. So lassen selbst direkte Zitate nicht auf eine direkte Lektüre des zitierten Autors schließen, noch weniger erlauben terminologische Ähnlichkeiten den Schluss einer gemeinsamen (nicht-biblischen) Quelle. Erst ein Geflecht aus Zitaten, strukturellen oder terminologischen Analogien oder philologischen und kodikologischen Abhängigkeiten, eigenständigen Kommentaren oder anderen Reaktionen, die eine genaue und umfassende Textkenntnis voraussetzen, können eine Lektüre bezeugen. Für den Philosophiehistoriker nehmen, neben der gesicherten Lektüre, vermittelte Überlieferungen, Autoritätsbildung durch Legenden, Textzuschreibungen und dergleichen, aber auch die Historiographie, einen wichtigen Platz in rezeptionsgeschichtlichen Analysen ein. Beide methodologische Probleme beeinflussen die Beantwortung der ersten Forschungsfrage, denn sie lassen die Forschungsergebnisse von RUH, dessen Beiträge zur Rezeption des ‚Corpus Dionysiacum‘ von seiner Beschäftigung mit der ‚rheinischen Mystik‘ geprägt sind, in einem neuen Licht erscheinen. Neben der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ widmet RUH Dionysius Areopagita mehrere ausführliche Aufsätze8, wobei der Fokus, neben der Bestimmung des Begriffs ‚Mystik‘9, auf der Überlieferungsgeschichte durch mittelhochdeutsche Übersetzungen der Werke von Thomas Gallus10, Bonaventura11 und Johannes Eriugena12 und nicht zuletzt

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Es handelt sich um KURT RUH: Vorbemerkungen zu einer neuen Geschichte der abendländischen Mystik im Mittelalter, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 7 (1982), 3–32; DERS.: Die mystische Gotteslehre des Dionysius Areopagita, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 2 (1987), 3–63 und RUH (Anm. 3). So in RUH 1982 (Anm. 8), 10: „Entscheidend für die Zugehörigkeit zur Mystik ist nicht was mysticus, ‚mystisch‘ alles bedeuten kann und bedeutet hat, sondern was etwa die ‚Mystica theologia‘ des Pseudo-Dionysius Areopagita, das erste und wirksamste abendländische Modell einer Mystagogie, darlegt.“ RUH (Anm. 2), 59–81. KURT RUH: Bonaventura deutsch. Ein Beitrag zur deutschen Franziskaner-Mystik und -Scholastik, Bern 1956 und DERS.: Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 2, München 1993, 406–445, insb. 423–427, wo RUH auch auf die Übersetzung des ‚Intinerarium mentis in Deum‘ durch den Basler Kartäuser Ludwig Moser hinweist. Dazu ausführlich KURT RUH: Johannes Scotus Eriugena deutsch, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 117 (1988), 24–31, und RUH (Anm. 4), 172–206, wobei RUH hier exemplarisch die Eriugena-Lektüre von Meister Eckhart untersucht (vgl. 177), dessen Eriugena Rezeption im „Anschluß an Dionysius-Zitate, die zu Dutzenden vorkommen“ und durch z.T. explizite Zitate belegt ist, die für RUH als Zeugnis einer Eriugena-Rezeption gilt, die „es in dieser Breite und Präzision bis zum Cusanus nicht mehr gibt“ (180).

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auf der Rezeption des ‚Corpus Dionysiacum‘ einzelner Autoren13, insbesondere bei Meister Eckhart14, liegt. Dabei stellt er Dionysius Areopagita an den Anfang seiner ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ und liest wiederholt Autoren durch die Lupe ihrer Dionysius-Rezeption15. Dionysius wird von ihm als „Vater“16 oder „Erzvater der abendländischen Mystik“17, als „Kronzeuge der Mystiker“18, als „Modell […], das durch die ganze christliche Frömmigkeitsgeschichte hindurchgeht“19 und als „wichtigster Ausgangspunkt der abendländischen ‚spekulativen‘ Mystik“ bezeichnet.20

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Im ersten Band der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ (RUH [Anm. 4]) wird Dionysius in fast allen Kapiteln (Gregor der Große,Eriugena,Bernhard von Clairvaux,Wilhelm von St.Thierry, Isaac von Étoile, Hugo von St. Viktor, Richard von St. Viktor) genannt und gilt als positiver, aber auch als negativer Bezugspunkt. So spricht RUH auch von „Korrekturen“ und „Abweichungen“ von der dionysischen Theologie, Formulierungen, die wir zum Beispiel im Kapitel zu Hugo von St. Viktor finden (vgl. ebd., 359), und verweist auch auf Dionysius, wenn er für den Autor kein Bezugspunkt ist (vgl. ebd., 393: „Das erinnert an Dionysius Areopagita […]. Doch ist an einen Zusammenhang nicht zu denken: für Richard ist Dionysius keine Autorität“). Im zweiten Band ist Dionysius nicht ganz so präsent wie im ersten und wird hier vor allem im Zusammenhang mit der Theologie von Bonaventura und seiner Überlieferungsgeschichte genannt. Gleichzeitig werden Analogien zu Dionysius gezogen, die ihn auch außerhalb belegter Überlieferungsstränge als ständigen Bezugspunkt stilisieren, so in den Vergleichen mit Hildegard von Bingen, bei Hadewijchs Engelshierarchie oder bei den vagen Anklängen bei Iacopo da Todi. Im dritten Band der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ (Anm. 2) kann Dionysius als Strukturelement und Leitmotiv gelten. Nach dem einleitenden Kapitel zur Überlieferung neuplatonischer Texte folgt ein langes Kapitel zur Rolle von ‚Dionysius Areopagita in der Hochscholastik‘ (59–110), das die Interpretationen und Übertragungen durch Thomas Gallus, Robert Grosseteste und Hugo von Balma behandelt. Dionysius werden zudem drei Unterkapitel in den Ausführungen zu Albertus Magnus, Thomas von Aquin und Meister Eckhart gewidmet. Neben dem ausführlichen Artikel von KURT RUH: Dionysius Areopagita im deutschen Predigtwerk Meister Eckharts, in: Perspektiven der Philosophie 13 (1987), 207–223 und DERS.: Meister Eckharts Pariser Quaestionen 1–3 und eine deutsche Predigtsammlung, in: Perspektiven der Philosophie 10 (1984), 307–324 spricht RUH das Verhältnis von Eckhart zu Dionysius an verschiedenen Stellen an, so in RUH 1987 (Anm. 8), 22, 42, 43. Im dritten Band der ,Geschichte der abendländischen Mystik‘ (Anm. 2) darf das Unterkapitel ,Eckhart und die dionysische Theologie‘ (280–290) als Synthese der früheren Studien gelten. RUH behandelt mehr oder weniger ausführlich die Dionysius-Rezeption der folgenden Autoren: Gregor der Große (RUH [Anm. 4], 148: „Immerhin kannte Gregor die Engellehre des Dionysius Areopagita, weshalb es auch nicht abwegig ist, daran zu denken, daß die DionysiusHandschrift, über die der Lateran seit dem 7. Jahrhundert – zuerst bezeugt im Jahre 649 – verfügte, von Gregor nach Rom gebracht wurde“), Johannes Eriugena (RUH [Anm. 4], insb. 177), wo RUH die Überlieferung der Eriugena-Übersetzung im Pariser Kodex behandelt (vgl. 184), wo es um dem Begriff der Gottesschau geht. RUH 1987 (Anm. 8), 17. RUH (Anm. 4), 9. RUH 1956 (Anm. 11), 24. RUH 1982 (Anm. 8), 20. RUH (Anm. 2), 57.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 321

RUH stilisiert Dionysius zudem als Verbreiter der Lichtmetaphysik und bewertet die aus dem ‚Corpus Dionysiacum‘ abgeleitete Liebesmystik als theoretische Grundlage für die Ausbildung der ‚Frauenmystik‘.21 Grundsätzlich liest RUH Dionysius als Hauptbezugspunkt für eine apophatische Gotteserkenntnis22 und sieht dabei die ‚Mystica Theologia‘ als den erfolgreichsten Text des ‚Corpus Dionysiacum‘ an.23 Die Einseitigkeit der Darstellung beruht auf dem Fokus der rezeptionsgeschichtlichen Herangehensweise und ist RUH natürlich bewusst24, der in seinem Beitrag zur mystischen Gotteslehre des Dionysius Areopagita (1987) eine systematische Analyse des ‚Corpus Dionysiacum‘ vorlegt, die er allerdings in der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ durch zum Teil starke Vereinfachungen ersetzt. RUH stellt immer wieder Bezüge zu Dionysius her, auch in historisch nicht gesicherten oder belegten Kontexten.25 Die ersten Artikel zu Dionysius publizierte RUH ausgehend von seiner Auseinandersetzung mit der Dionysius-Rezeption von Meister Eckhart (1984). Einige Jahre später folgte ein systematischer Artikel zu Autor und Inhalt des ‚Corpus Dionysiacum‘ (1987), der schließlich im Anfangskapitel des ersten Bandes der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ (1990) mündete. 1993 nahm RUH Stellung zur Kritik an der Rolle, die er Dionysius in der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ eingeräumt hatte, indem er auf die mittelalterliche Rezeption von Dionysius verweist. Drei Jahre später erschien der dritte Band der ‚Geschichte der abendländischen Mys-

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Ebd., 101. RUH 1987 (Anm. 8), 29: „Obschon Dionysius in seinen Schriften zwei Erkenntnisweisen Gottes lehrt, die positive und negative, obschon er dabei die positive keineswegs vernachlässigt hat, ist er im Bewußtsein des Mittelalters allein der gefeierte Vertreter der via negativa“; RUH 1987 (Anm. 8), 30: „Im Bewußtsein des Abendlandes ist Dionysius nicht nur Kronzeuge für die via negativa der Gotteserkenntnis, sondern auch die erste Berufungsinstanz für die via triplex zur Vollkommenheit und für die mystische Erfahrung der göttlichen Dunkelheit.“ RUH (Anm. 2), 57: „[die ‚Mystica Theologia‘], diese kleinste und kompakteste Schrift des Pseudo-Areopagiten ist zum wichtigsten Ausgangspunkt der abendländischen ‚spekulativen‘ Mystik geworden.“ Diesem Urteil kann ich mich nur bedingt anschließen. Eine Analyse von rund 600 Dionysius-Zitaten, die auch auf den Dionysius-Verweisen von RUH beruhen, ergibt ein anderes Bild: Hier erscheint vielmehr ‚De divinis nominibus‘ in 50 % der Fälle als Referenztext. Während RUH in seiner Darstellung die Betonung auf das vage formulierte „Bewußtsein des Mittelalters“ bzw. des Abendlandes einzelne Aspekte der dionysischen Theologie hervorhebt, räumt er gleichzeitig ein, dass es sich hierbei um eine bruchstückhafte und widersprüchliche Darstellung handelt. RUH (Anm. 4), 349: „Bemerkenswert ist diese Dionysiusrezeption, weil sie seine ganze Gotteslehre zusammenfaßt: die apophatische wie die affirmativ-symbolische. Sonst gilt Dionysius einseitig – und historisch falsch – als Vertreter der negativen Theologie […]“. So z.B. bei Hugo von St. Viktor (RUH [Anm. 4], 359), Hadewijch (RUH [Anm. 11], 194), Marguerite Porete (ebd., 351), Iacopo da Todi (ebd., 476), Angela von Foligno (ebd., 521).

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tik‘ (1996), der als Endpunkt dieser auf Dionysius ausgerichteten Geschichtsschreibung angesehen werden kann, indem er die Rezeption des ‚Corpus Dionysiacum‘ im 13. und 14. Jahrhundert hervorhebt. In diesen Beiträgen zeigt sich, dass RUHs Analyse von seiner Lektüre der ‚rheinischen Mystiker‘ ausgeht. So verwendet er zum Teil eine Terminologie, die spätere Interpretationen und Lesarten des ‚Corpus Dionysiacum‘ betont, zum Teil flicht er die Vorverweise auf Eckhart in seine Analyse ein.26 Beispielhaft ist auch RUHs Beschäftigung mit Bernhard von Clairvaux. „Bernhards Mystik ist eine Liebesmystik“, so eröffnet RUH das Kapitel über Bernhard in seiner ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘.27 Zudem postuliert er unter Vorbehalten eine nicht ausreichend nachgewiesene Verbindung von Bernhard von Clairvaux zu Dionysius Areopagita.28 Die Bedeutung von Bernhard von Clairvaux für die lateinische und volkssprachliche Mystik ist hinlänglich untersucht worden,29 aber seine Rolle für die Ausbildung bzw. Tradierung einer spezifisch kartäusischen Spiritualität wird häufig nur am Rande behandelt.30 Zwar hat ÉTIENNE GILSON, den RUH in 26

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RUH 1987 (Anm. 8), 22: „Die Transzendentalienlehre Meister Eckharts mit ihrer Gleichsetzung der transcendentalia mit dem göttlichen esse dürfte hier ihren theologiegeschichtlichen Grund haben.“ Ebd., 42: „Das ‚überlichthafte Dunkel‘ ist bis zu Meister Eckhart der äußerste Versuch, Gottes absolute Transzendenz anzudeuten, und diesem Versuch gilt überhaupt die Aufgipfelung der dionysischen Theologie in der ‚Mystica theologia‘. Mit Recht hat sie in der abendländischen Rezeption allergrößte Beachtung gefunden.“ RUH (Anm. 4), 229. Ebd., 232: „Es liegt hier eine der in Bernhards Werk seltenen Zeugnisse mystischer Vereinigung vor. Der Zusammenhang zeigt, daß sie eine Frucht der Gottesliebe ist, somit aber auch wie diese selbst gnadenhaftes Geschenk. Betont wird in Übereinstimmung mit den Vätern die kurze Dauer und der jähe Vollzug (raptim) der Entrückung. In ihm wird auch der menschliche Geist ein Geist mit dem göttlichen. Dabei geht er seines Ichs verlustig […] aber auch der göttliche Partner verliert in der Einigung des Geistes seine Proprietäten, in denen ihn das Geschöpf liebt, verehrt und preist, wird zum ‚Nichts‘. Bernhard deutet es nur an (annullari); er steht hier, wenn überhaupt in einer Abhängigkeit, in dionysischer Tradition.“ Zu Bernhard von Clairvaux vgl. ROBERT LINDHARDT: Die Mystik des hl. Bernhard von Clairvaux, München 1923; ÉTIENNE GILSON: La théologie mystique de saint Bernard, Paris 1934, und speziell zur Rezeption der ‚deutschen Mystik‘, EDUARD WECHSSLER: Deutsche und französische Mystik: Meister Eckehart und Bernhard von Clairvaux, in: Euphorion 30 (1929), 40– 93; JEAN LECLERCQ: Die Verbreitung der bernhardinischen Schriften im deutschen Sprachraum, in: Bernhard von Clairvaux. Mönch und Mystiker [Internationaler Bernhardkongress Mainz 1953], hg. v. JOSEPH LORTZ, Wiesbaden 1955, 176–191; ULRICH KÖPF: Die Rezeptionsund Wirkungsgeschichte Bernhards von Clairvaux. Forschungsstand und Forschungsaufgaben, in: Bernhard von Clairvaux. Rezeption und Wirkung im Mittelalter und in der Neuzeit, hg. v. KASPAR ELM, Wiesbaden 1994 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 6), 5–65 mit ausführlicher Bibliographie. HERMANN JOSEF ROTH: Beziehungen zwischen Kartäusern und Zisterziensern, in: Die Kartäuser in Österreich, Bd. 1, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1980 (Analecta Cartusiana 83), 5–20; HERMANN JOSEF ROTH: Zisterzienser und Kartäuser. Ein Vergleich ihrer Spiritualität, in: Spiritualität heute und gestern, Bd. 2, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1983 (Analecta Cartusiana

Die umstrittenen dionysischen Quellen 323

seinen Ausführungen zitiert, in seiner Studie zur mystischen Theologie von Bernhard von Clairvaux den Brieftraktat ,De diligendo deo‘ untersucht und Rückgriffe auf das dionysische Liebesverständnis ausgemacht, allerdings betont auch GILSON, dass kein explizites Zitat vorliege und auch Bernhards Sprache keine dionysische Terminologie aufweise.31 GILSON interpretiert den Gebrauch des Ausdrucks ‚entrückende Liebe‘ trotzdem als eine Entlehnung, die er auf die Konsultierung des Zisterziensers einer bestimmten Überlieferung und Übersetzung des ‚Corpus Dionysiacum‘, nämlich die Übersetzung von Johannes Eriugena, welcher auch die Scholien von Maximus Confessor mitüberliefert hat, zurückführt.32 Um die methodologischen Hürden der rezeptionsgeschichtlichen Herangehensweise aufzuzeigen, soll in diesem Beitrag ausdrücklich der von der Forschungsliteratur vorgezeichnete Weg beschritten werden, anstatt eine Analyse von Lesespuren, wie z.B. Anmerkungszeichen und Interpretationsspuren in den Marginalien, ausgehend von nachweislich verfügbaren Textzeugen des ‚Corpus Dionysiacum‘ zu bieten. Ein methodologisches Ziel ist es, sich den Texten mithilfe der verschiedenen Interpretationen einzelner Leser zu nähern und gleichzeitig diese Leselupen deutlich zu reflektieren. CARLO GINZBURG illustrierte diese Herangehensweise durch einen von Strichen unterteilten, auf den zu analysierenden Text gerichteten Pfeil. Dieses Bild könnte man auf den vorliegenden Fall folgendermaßen übertragen: der Pfeil ist auf das ‚Corpus Dionysiacum‘ gerichtet, allerdings erfolgt die Lektüre durch die Leselupe (Striche) von Bernhard von Clairvaux und Guigo, welche wiederum von GILSON und von RUH interpretiert wurden. Dadurch wird hervorgehoben, dass die eingangs formulierte Frage nach der Rolle der dionysischen Liebeskonzeption für die kartäusische Spiritualität anhand von verschiedenen Lese-Etappen und Interpretationsabhängigkeiten beantwortet werden soll.

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35:2), 52–72; GERHARD BERNHARD WINKLER: Bernhard und die Kartäuser. Zur Relativierug des monastischen Asketismus durch die reine Gottesliebe, in: Kartäuserregel und Kartäuserleben, hg. v. JAMES HOGG, Salzburg 1984 (Analecta Cartusiana 113), 5–19 und THOMAS MERTON: Bernhard and Guigo, in: DERS.: The Cistercian Fathers and their monastic theology, Collegeville Minnesota 2016, 81–102. GILSON (Anm. 29), 39. Ebd., 40: „En premier lieu, c’est à Maxime (ou à Denys, mais nous ne sommes pas sûrs de Denys et nous le sommes de Maxime) que saint Bernard semble avoir emprunté le mot qui désigne chez lui l’extase: excessus. […] Les être intellegents tendent vers lui (Dieu) par leur nature même; les être intelligents tendent vers lui par la connaissance et l’amour. De là le mouvement extatique qui les porte à lui: si autem intelligit, omnino amat quod intelligit; si amat, patitut omnino ad ipsum ut amabile excessum.“ Zum Zitat vgl. Maximus Confessor, ‚Ambigua‘, cap. II, in: Patrologia Latina (PL) 122, 1202A. Auf die Überlieferungsgeschichte und Übersetzungsgeschichte des ‚Corpus Dionysiacum‘ werde ich weiter unten eingehen.

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III. Bernhards Vier-Stufen-Modell und die Metaphern für die unio mystica Um die Spuren von Bernhard zu Dionysius und Guigo auf der Grundlage des Brieftraktats ,De diligendo deo‘ nachzuzeichnen, soll an dieser Stelle grob die Rezeption des Traktats von Bernhard umrissen werden, wodurch die Relevanz der hier zu skizzierenden Quellengeschichte deutlich wird. Der Brieftraktat ist in 60 Handschriften überliefert und zirkulierte im 12. Jahrhundert unter dem Titel ‚De amore‘, meist zusammen mit Wilhelms von Saint-Thierry ‚De contemplando dei‘ und ‚De natura et dignitate amoris‘.33 Wie auch RUH in seinem Beitrag zur Liebesmystik im 12. Jahrhundert betont hat, wurde der Traktat ‚De contemplando dei‘ meist unter dem Namen von Bernhard von Clairvaux überliefert.34 Hierdurch tritt der Traktat von Bernhard kodikologisch und rezeptionsgeschichtlich in Verbindung zu einem weiteren Text, der – unter Bernhards Autorität gestellt – einen engeren Bezug zu Dionysius Areopagita aufweist.35 Als Rezeptionszeuge findet sich etwa Bonaventura, der gut ein Dutzend Mal aus ,De diligendo deo‘36 zitiert und der auch für die volkssprachliche Mystik dank der Übersetzung von Rudolf von Biberach, aber auch im Sankt Trudperter Hohelied, eine wichtige Rolle spielt.37 In seinem Sentenzenkommentar finden wir zudem einen expliziten Verweis auf Dionysius als Lehrer einer „ekstatischen Liebe“38. Während Dionysius als Gewährsmann für die Definition 33

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EMERO STIEGMAN: On Loving God by Bernard of Clairvaux. With an Analytical Commentary, Kalamazoo 1995, 50; vgl. auch Sancti Bernardi Opera, hg. v. JEAN LECLERCQ, Bd. 3, Rom 1963, 112. KURT RUH: Geistliche Liebeslehren des 12. Jahrhunderts, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 111 (1989), 157–178, hier 165: „Beide Schriften [‚De contemplando Deo‘ und ‚De natura et dignitate amoris‘] wurden im Mittelalter dem hl. Bernhard zugeschrieben […]. [Der Titel] wurde offensichtlich gewählt, um die Schrift von Bernhards ‚De diligendo deo‘ zu unterscheiden – nicht ungeschickt, muß man einräumen, weil sie mit der Aufforderung, auf den Berg der Gottesschau zu steigen, beginnt.“ RUH (Anm. 34) führt das Bild der zwei Augen auf Dionysius Areopagita zurück und verweist dabei auf seinen Beitrag zu Wilhelm von St. Thierry, siehe KURT RUH: Die Augen der Liebe bei Wilhelm von St. Thierry, in: Theologische Zeitschrift der Universität Basel 45 (1989), 100–110. Ohne die Quelle deutlich hervorzuheben, führt RUH (Anm. 34), 167 ein Zitat Wilhelms zum Gebrauch der verschiedenen Begriffe für Liebe an, das auf Dionysius zurückzuführen ist. JACQUES-GUY BOUGEROL: Saint Bonaventure et Saint Bernard, in: DERS.: Saint Bonaventure: Études sur les sources de sa pensée, Northampton 1989, 3–79, hier 22. ROSWITHA WISNIEWSKI: Das frühmittelhochdeutsche Hohe Lied – sog. St. Trudperter Hohes Lied. Mit dem Text der Klosterneuburger Handschrift (hg. v. ERIK LEIBENGUTH), Frankfurt/Main 1995 (Information und Interpretation 1), 78–80; vgl. auch JOSEFINE RUNTE: Das St. Trudperter Hohe Lied und die mystische Lehre Bernhards von Clairvaux, Diss. masch., Marburg 1949 und REGINE HUMMEL: Mystische Modelle im 12. Jahrhundert: ‚St. Trudperter Hoheslied‘, Bernhard von Clairvaux, Wilhelm von St. Thierry, Göppingen 1989, 109–117. Bonaventura: ‚Commentaria in quattuor libros sententiarum Magistri Petri Lombardi‘, III Sent. dist. 24, a. 3, q. 2, dub. 4, in: Opera Omnia, hg. v. PP. Collegii a S. Bonaventura, Bd. 3,

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der Gottesliebe angeführt wird,39 können die graduellen Liebesmodelle von Bernhard von Clairvaux, im St. Trudperter Hohelied oder in Rudolfs von Biberach ‚Die siben strassen‘ nicht auf Dionysius Areopagita zurückgeführt werden, der zwar von unterschiedlichen Liebesarten spricht,40 diese jedoch immer mit dem hierarchischen Emanationskonzept verbindet. Rudolf von Biberach zitiert in seinem Stufenmodell an erster Stelle aus Bernhards ,De diligendo deo‘, hier unter die Autorität von Hugo von Sankt Viktor gestellt.41 Die Definition von Dionysius’ Liebesbegriff wird auch in volkssprachlichen mystischen Texten von Meister Eckhart und Tauler aufgegriffen, ebenso in anonymen Spruchsammlungen.42 Der Liebesbegriff von Dionysius, vermittelt durch Bonaventura, spielt nicht nur bei Rudolf von Biberach eine Rolle, sondern auch in anderen mittelhochdeutschen bzw. mittelniederdeutschen Texten wie ‚Der Minnebaum‘, dessen sechs Äste der Liebe auf die Unterteilung in der ‚Himmlischen Hierarchie‘ von Dionysius Areopagita zurückgeführt wurde.43

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Florenz 1887, 531: Et haec est cognitio excellentissima, quam docet Dionysius, quae quidem est in ecstatico amore et elevat supra cognitionem fidei secundum statum communem; siehe dazu KARL RAHNER: Der Begriff der ecstasis bei Bonaventura, in: Zeitschrift für Askese und Mystik 9 (1934), 2–15 und sehr knapp BERNARD MCGINn: Love, Knowledge and Mystical Union in Western Christianity: Twelfth to Sixteenth Centuries, in: Church History 56:1 (1987), 7–24, 11. Rudolf von Biberach: ‚Die siben strassen zu got‘. Revidierte hochalemannische Übertragung nach der Handschrift Einsiedeln 278 mit hochdeutscher Übersetzung, hg. v. MARGOT SCHMIDT, Stuttgart 1985 (Mystik in Geschichte und Gegenwart 2), 177: „Zweitens sollen wir betrachten, was die übernatürliche Liebe ist, daß aus ihr der Geist erkennen kann, wie sie ein Weg zur Ewigkeit ist. Erstens muß man wissen, daß amor, dilectio und caritas in der Heiligen Schrift häufig gleichartig gebraucht werden, wie Dionysius sagt: ‚Man verwendet gemeinsam für das Göttliche zusammen und in ein und derselben Bedeutung den Namen amor, den Namen dilectio oder auch caritas […].‘ Dionysius sagt: ‚Es gibt eine ungeschaffene Liebe, die in ihrem überwesenlichen und universalen Begehren in allen Dingen die geschaffene Liebe gebiert.‘“ Ebd.: „Und darum unterscheidet Sankt Dionysius verschiedene Arten der Liebe nach den verschiedenen Neigungen des erstrebten Gutes und sagt: ‚Wenn wir den Namen Liebe gebrauchen, sei es sich um die göttliche Liebe oder die Liebe der Engel handelt, oder die geistige oder natürliche oder sinnliche Liebe, dann bezeichnen wir mit Liebe die vereinende Kraft.‘“ Ebd., 183. Vgl. Meister Eckhart: Predigt 57, in: Deutsche Werke, hg. v. JOSEF QUINT, Bd. 2, Stuttgart 1988, 595,4 (im Folgenden unter der Sigle DW zitiert); Meister Eckhart: Predigt 5, in: Deutsche Werke, hg. v. JOSEF QUINT, Bd. 1, Stuttgart 1986, 95–193 und Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Codex 278 (1040), Bl. 351v = Johannes Tauler: Predigten, hg. v. FERDINAND VETTER, Berlin 1910, Predigt Nr. 1. Vgl. auch Dionysius-Zitate in Spruchsammlungen wie Cologny-Genf, Bibl. Bodmeriana, Cod. Bodm. 59, Bl. 42v: Dy(onisius) sp(richt) dú min(n) ist ain kraft dú sich ai(n)get un(d) gelichnet dem den si da mi(n)net und Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Cod. 278 (1040), f. 235r–v: S(ant) dyo(nisius) sp(ri)chet dú mi(n)ne ist ein kraft. die da ein get un(d) gelichet sich de(n) den si mi(n)net. RUH 1956 (Anm. 11), 293.

326 Myrtha de Meo-Ehlert

In der Rezeptionsgeschichte von ,De diligendo deo‘ des Zisterziensers, die hier nur angerissen werden kann, zeigt sich ein dichtes Geflecht aus Zitaten, Exzerpten und Autoritätsverschiebungen, wie beispielsweise in Rudolfs von Biberach ‚Die siben strassen‘, der mithilfe der Autorität des Dionysius-Kommentatoren Hugo von Sankt Viktor aus Bernhards ,De diligendo deo‘ zitiert. Die in ‚De divinis nominibus‘ von Dionysius Areopagita vorgestellte ‚entrückende‘ Liebe findet in der ‚Visio Pauli‘ und in Predigten über Dionysius, wie sie z.B. in der Handschrift Berlin, Staatsbibliothek mgq 1486 überliefert wird, einen Nachklang. ,De diligendo deo‘ besteht aus 40 kurzen Kapiteln, die sich in drei Teile gliedern. Der erste Teil (§ 1–22) beinhaltet einen Brief an Kardinal Aimeric, den Empfänger des gesamten Traktats, und behandelt die zwei Fragen, weshalb man Gott lieben solle und wie man ihn lieben solle: Causa diligendi Deum, Deus est; modus, sine modo diligere (Der Grund, Gott zu lieben, ist Gott; das Maß aber ist, ihn maßlos zu lieben).44 Der zweite Teil (§ 23–33) wird als Kernstück von ,De diligendo deo‘ angesehen und umfasst die Ausarbeitung der Vier-Stufen-Lehre. Im letzten Teil des Traktats (§ 34–40) wird ein Brief von Bernhard an Guigo überliefert, in dem er die Vier-Stufen-Lehre bereits andeutet45 und welcher von STIEGMAN als Antwort auf Guigos ‚Meditationes‘ – ein grundlegendes Werk für den Kartäuserorden – definiert wird.46 Dieser Brief an Guigo wird in die frühen zwanziger Jahre des 12. Jahrhunderts datiert und bietet dadurch einen terminus post quem für den gesamten Traktat von Bernhard.47 Bei ,De diligendo deo‘ handelt es sich um ein komplexes Werk, das, obwohl Bernhard es offiziell Kardinal 44

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Bernhard von Clairvaux: ‚De diligendo deo‘ I, 1, in: PL 40, 847–864 (im Folgenden: De dil.). Übersetzung nach: Des heiligen Bernhard von Clairvaux Abhandlung über die Gottesliebe, übers. v. KLAUS HARTMANN, Mainz 1921, 11 (im Folgenden: GL). STIEGMAN (Anm. 33), 51; vgl. auch Kommentar von MERTON (Anm. 30), 81–125. STIEGMAN (Anm. 33), 51: „The letter to Guy, prior of the Carthusians, was a response […] to his privately circulated Meditationes“; erstmals herausgegeben von ÉTIENNE GILSON: Guigues I le Chartreux: Méditations, in: Vie Spirituelle 40 (1934), 192–178. Vgl. auch DOM ANDRÉ WILMART: Le Recueil des pensées du B. Guigue. Édition complète accompagnée de tables et d’une traduction, Paris 1936; Guigues Ier, prieur de Chartreuse: Les méditations, introduction, texte, critique, traduction et notes par un Chartreux, Paris 1983 und GORDON MURSELL: The Meditations of Guigo I, Prior of the Charterhouse, Kalamazoo 1995 (Cistercian Studies Series 155). STIEGMAN (Anm. 33), 49. Als Terminus ante quem kann das Jahr 1141 genannt werden, Todesjahr von Kardinal Aimeric, an den der Brief gerichtet ist. HOULIER datiert ,De diligendo deo‘ zusammen mit den Texten ,De contemplando Deo‘ und ,De natura et dignitate amoris‘ von Wilhelm von Saint Thierry in die Jahre 1119–1124, vgl. JACQUES HOULIER: S. Bernard et Guillaume de Saint-Thierry dans le Liber de Amore Dei, in: Saint Bernard théologien. Actes du Congrès de Dijon 15–19 Septembre 1953, hg. v. A. LANDGRAF, Rom 1953, 223–233, 225. STIEGMAN (Anm. 33), 64 grenzt schließlich den Entstehungszeitraum auf zwischen Sommer 1126 und Dezember 1127 ein.

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Aimeric zukommen ließ, dennoch an unterschiedliche Adressaten gerichtet ist und das auf zweifache Weise mit der kartäusischen Spiritualität verknüpft ist: Zum einen bezieht Bernhard sich im Brief an den Prior der Grande Chartreuse ausdrücklich auf dessen ‚Meditationes‘ (§ 34–40), zum anderen beschäftigt er sich im Brief an Kardinal Aimeric (§1–22) mit demselben Thema. Im Teil dazwischen (§ 23–33) befasst sich Bernhard mit den vier Stufen der Gottesliebe – ein Thema, dem er sich in dieser ausführlichen Form nur in ,De diligendo deo‘ widmet48 und das nun im Fokus der folgenden Untersuchung unter Berücksichtigung der Textgenese des Traktats steht: ausgehend vom zuerst verfassten Brief an Guigo, der in ,De diligendo deo‘ den Schlussteil bildet, wird das Vier-Stufen-Modell und insbesondere die vierte Stufe der Gottesliebe hinsichtlich möglicher dionysischer Quellen vorgestellt. Im gegenüber dem detailliert ausgearbeiteten Vier-Stufen-Modell vorzeitig verfassten Brief an Guigo (§ 34–40) unterscheidet Bernhard zunächst drei Formen an Relationen des Menschen zu Gott: „Der eine preist den Herrn wegen seiner Macht; ein anderer wegen seiner Güte gegen ihn; ein dritter wegen seiner Güte überhaupt. Der Erste ist ein Sklave, weil er für sich fürchtet. Der Zweite ein Lohndiener, weil er etwas für sich begehrt. Der Dritte aber ist ein Sohn, weil er sich dem Vater hingibt.“49 Einerseits unterscheidet Bernhard die drei Formen gemäß der Dichotomie von eigennütziger Selbstliebe und uneigennütziger Gottesliebe, die auf den „Vorteil vieler ausgerichtet sei“50, andererseits tritt die Freiwilligkeit als zweites Kriterium hinzu.51 Gleichzeitig betont Bernhard, dass Liebe nicht für „eine Eigenschaft oder für etwas Zufälliges“ zu halten sei, sondern als „gutes und süßes“52 Gesetz des Herrn. Gott selbst in der Person Christi lebe nach diesem Gesetz und keiner könne ohne sie Gottes Gnade und die „göttliche

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STIEGMAN (Anm. 33), 63 weist zudem auf Parallelstellen in ,Sermones de diversis‘ und im Sentenzenkommentar 3.74 hin. Vgl. auch BERNARD MCGINNs synthetisches Kapitel ‚Liebe als Mitte von Bernhards Mystik‘ zur Liebesmystik bei Bernhard in: Die Mystik des Abendlandes, Bd. 2, Freiburg 1996, 295–339. GL, XII 34, 61; De dil., XII 34: Est qui confitetur Domino quoniam potens est, et est qui confitetur quoniam sibi bonus est, et item qui confitetur quoniam simpliciter bonus est. Primus servus est, et timet sibi; secundus mercenarius, et cupit sibi; tertius filius, et defert patri. GL, XII 34, 62; De dil., XII 34: Lex ergo Domini immaculata, caritas est, quae non quod sibi utile est, quarit, sed quod multis. GL, XII 35, 63. De dil., XII 35: Sit itaque servo sua lex, timor ipse quo constringitur; sit sua mercenario cupitas, qua et ipse arctatur […]. Caritas vero convertit animas, quas facit et volutaris. GL, XIV 38, 68: „Ein gutes Gesetz ist also die Liebe und ein süßes“; De dil., XIV 38: Bona itaque lex caritas, et suavis.

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Wesenheit“ erfahren.53 Diese Unterscheidung mündet am Ende des Briefes in eine Viergliederung der Liebe, die die Grundlage für die Ausführungen des Vier-Stufen-Modells bildet. Die Beschreibung der vier Stufen der Gottesliebe im Vier-Stufen-Modell hingegen (§ 23–33) basiert nicht nur auf der Gegenüberstellung von Selbst und Gott, sondern beschreibt gleichzeitig eine Gradualität in der Gottesliebe, die in der vierten Stufe kulminiert. Die vierte Stufe beschreibt die unio mystica, wie die Seele, selbstvergessen und in „völliger Selbstlosigkeit, ganz in Gott aufgeht“54. In erster Linie also liebt der Mensch sich selbst um seiner selbst willen (diligit se ipsum homo propter se) […]. Er liebt […] auf der zweiten Stufe Gott, aber noch in seinem Interesse, nicht um Gotteswillen (diligit Deum propter se). […] Und wenn er so [durch Nachdenken, Lesen, Beten oder Gehorchen, MdME] verkostet hat, wie lieblich der Herr ist, dann schreitet er über zur dritten Stufe der Liebe. Da liebt er denn Gott nicht mehr des eigenen Nutzens wegen, sondern um seiner selbst willen (diligit Deum propter ipsum). Freilich gibt es auf dieser Stufe einen langen Stillstand. Und ich weiß nicht, ob überhaupt ein Mensch in diesem Leben die vierte Stufe vollkommen erreicht, sodaß er sich selbst nur liebt um Gotteswillen (diligit se propter Deum).55

Zunächst beschreibt Bernhard die Selbstliebe als erste Stufe, wobei er eine natürliche Liebe (affectio naturalis) meint. Diese Liebe ist ein selbstbezogenes Begehren, das in einem ersten Schritt auf die Selbsterhaltung abzielt und in einem zweiten Schritt auch eine Form von Gemeinschaftlichkeit impliziert, die auf andere übertragen wird. Diese Stufe der körperlichen Selbstliebe um ihrer selbst willen (homo diligit se ipsum propter se) bereitet die Gottesliebe vor, weil in ihr Gott als Schöpfer und Ursache der natürlichen Dinge, die zum Selbsterhalt notwendig sind, anerkannt wird und weil der Mensch, der stets das sucht, was er nicht hat, schließlich Gott suchen wird.56 53

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GL, XII 35, 63; De dil., XII 35: Nemo tamen me aestimet caritatem hic accipere qualitatem vel aliquod accidens – aliquod in Deo dicereem, quod absit, esse aliquod quod Deus non est –, sed substantiam illam divinam […] haec est lex aeterna, creatix et gubernatrix universitatis. GL, XV 39, 70; De dil., XV 39: quasi enim miro quodam modo oblitus sui, et a se penitus velut deficiens, totus perget in Deum, et deinceps adhaerens ei, unus cum eo spiritus erit. GL, XV 39, 69; De dil., XV 39: In primis ergo diligit seipsum homo propter se […]. Diligit itaque in secundo gradu Deum, se propter se, non propter ipsum. […] Et sic (cogitando legendo orando oboediendo) gustato quam suavis est Dominus, transit ad tertium gradum, ut diligat Deum, non iam propter se, sed propter ipsum. […] Sane in hoc gradu diu statur, et nescio si a quoquam hominum quartus in hac vita perfecte apprehenditur, ut se scilicet homo diligat tantum propter Deum. De dil., VII 19: Ea namque suae cupiditatis lege, qua in rebus ceteris non habita prae habitis esurire, et pro non habitis habita fastidire solebat, mox omnibus quae in caelo et quae in terra sunt obtentis et contemptis, tandem ad ipsum procul dubio curreret, qui solus deesset omnium Deus. GL, VII 19, 40: „Denn nach demselben Gesetze der Begierlichkeit, nach dem er sonst gewohnt war, mehr nach dem zu verlangen, was er entbehrten muß als nach dem, was er besitzt, und eher Überdruß zu empfingen an dem, was er hat, als an dem, was ihm fehlt, würde er bald, wenn ihm im Himmel und auf Erden alles zur Lust und wieder zur Last geworden wäre, endlich ohne Zweifel auch zu dem eilen, der ihm allein noch fehlte, nämlich zu Gott.“

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Die körperliche Selbstliebe wird von einer Liebe zu Gott um des Menschen willen (homo diligit Deum propter se) unterschieden, welche die zweite Stufe im bernhardinischen Liebeskonzept einnimmt. Diese Stufe bezeichnet eine Hinwendung zu Gott, der vom Menschen beispielsweise um Hilfe in einer Notlage oder um einen Gnadenerweis angerufen wird. Die Gottesliebe ist eigennützig und wird durch die Selbstliebe des Menschen überdeckt. Die dritte Stufe entspricht einer uneigennützigen Gottesliebe um Gottes willen (homo diligit Deum propter ipsum). Dabei wird Gott wegen seiner Güte und nicht, weil er dem Menschen guttut, geliebt. Den Übergang der zweiten zur dritten Stufe beschreibt Bernhard als fließend und als auf der Erfahrung der ‚Süßigkeit des Herrn‘ beruhend: Wenn aber Trübsal hereinbricht, in der du dich auch häufig an Gott wenden sollst, und wenn du dann von Gott ebenso häufig Befreiung daraus erlangst, muß dann nicht dein ebenso oft befreites Herz ob der Gnade des Befreiers weich werden, auch wenn es von Stahl oder Stein wäre, sodaß der Mensch Gott nicht mehr nur aus eigenem Interesse, sondern auch seiner selbst wegen liebt? Denn die häufigen Bedrängnisse bieten dazu Gelegenheit, daß der Mensch häufig im Gebet mit Gott verkehren, in solchem Verkehr ihn verkosten und durch dieses Verkosten erfahren muß, ‚wie lieblich der Herr ist‘.57

Bernhard eröffnet den mit Hoheliedverweisen gespickten Abschnitt über die vierte Stufe mit einer grundsätzlichen Definition und Wertung: Felix qui meruit ad quartum usque pertingere, quatenus nec seipsum diligat homo nisi propter (Glücklich derjenige, der verdient hat, zur vierten Stufe zu gelangen, wo der Mensch auch sich selbst nur um Gottes willen liebt).58 Später bezeichnet er diejenigen, denen eine Gottesvision zuteilwurde, als „glückliche“ Menschen und auch als „Heilige“.59 Die vierte Stufe ist die Selbstliebe um Gottes willen (homo diligit se propter Deum), in der die Selbstliebe in eine Gottesliebe mündet. Der Mensch liebt sich selbst um Gottes willen, wenn er sich seines Selbst entäußert, sich

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GL, 48–49; De dil., IX 26: At si frequens inguerit tribulatio, ob quam et frequens ad Deum conversio fiat, et a Deo aeque liberatio consequatur, nonne, etsi fuerit ferreum pectus vel cor lapideum toties liberati, emolliri necesse est ad gratiam liberantis, quatenus Deum homo diligat, non propter se tantum, sed et propter ipsum? Ex occasione quippe frequentium necessitatum crebris necesse est interpellationibus Deum ab homine frequentari, frequantando gustari, gustando probari quam suavis est Dominus. De dil., X 27; GL, X 27, 50. De dil., X 27: Beatum dixerim et sanctum, cui tale aliquid in hac mortali vita raro interdum, aut vel semel, et hoc ipsum raptim atque unius vix momenti spatio, experiri donatum est. GL, X 27, 51: „Glückselig und heilig nennen möchte ich den, dem etwas Derartiges in diesem sterblichen Leben nur manchmal, oder gar nur einmal, und das noch wir im Fluge und in der Spanne kaum eines Augenblickes zu erleben vergönnt ist.“

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„beinahe vernichtet“. In dieser Entäußerung erhebt sich der Geist im raptus „für die Spanne eines Augenblicks“ zu einer Vereinigung mit Gott.60 Das Ereignis der unio mystica an sich beschreibt Bernhard ohne Ausschmückung und relativ vage, wobei die unio als plötzlicher raptus beschrieben wird.61 Bernhard beschreibt die unio mystica, die vierte Stufe der völligen Gottesliebe, auf eine dreifache Weise, die z.T. auf Dionysius Areopagita zurückgeführt wurde: zuerst unter Rückgriff auf die Berg-Metapher, zu der die Seele im raptus fliegt,62 dann führt er die Gefäß-Metapher zur Erläuterung der seelischen Entrückung an,63 um schließlich die unio mithilfe der Vermischung von Flüssigkeiten zu bestimmen. Diese drei sehr 60

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GL, X 27, 51: „Glückselig und heilig nennen möchte ich den, den etwas Derartiges in diesem sterblichen Leben nur manchmal, oder gar nur einmal, und das noch wir im Fluge und in der Spanne kaum eines Augenblickes zu erleben vergönnt ist. Dich nämlich gewissermaßen zu verlieren, als seiest du nicht mehr, und dein eigen Ich überhaupt nicht mehr wahrzunehmen, und deiner ganz beraubt und geradezu vernichtet zu werden – ist ein Zeichen himmlischen Wandels, nicht menschlicher Gesinnung“; De dil., X 27: Beatum dixerim et sanctum, cui tale aliquid in hac mortali vita raro interdum, aut vel semel, et hoc ipsum raptim atque unius vix momenti spatio, experiri donatum est. Te enim quodammodo perdere, tamquam qui non sis, et omnino non sentire teipsum, et a temetipso exinari, et paene annullari, caelestis est conversationis, non humanae affectionis. Hier findet sich kein Hinweis auf Paulus, wie er bei Dionysius zu lesen ist: Dionysius Areopagita: ,De divinis nominibus‘, 712A, zitiert nach der Edition: Dionysiaca. Recueil donnant l’ensemble des traductions latines des ouvrages attribués à Denys de l’Aréopage, hg. v. PHILIPPE CHEVALLIER, Brügge 1937 (im Folgenden: DN). In Klammern wird die Version bzw. der Übersetzer angeführt. Für uns sind in diesem Zusammenhang nur (H) Hilduin und (E) Eriugena relevant. Die deutsche Übersetzung referiere ich nach: Die Namen Gottes, hg. und übers. v. BEATE SUCHLA, Stuttgart 1988 (im Folgenden: NG), hier 52: „Aus diesem Grunde verkündet auch der große Paulus, nachdem er in Verzückung zum göttlichen Eros geraten ist und dessen entrückende Kraft erlangt hat, mit gottbegeistertem Mund: ‚Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.‘“ Die Beschreibung der unio mystica erfolgt zunächst durch sechs Psalm-Zitate, in denen mehrere Metaphern ineinandergefügt werden: die Liebe bzw. Gott als Berg, zu dem die Seele fliegt, um Ruhe zu finden, vgl. GL, X 27, 50: „Die Liebe ist dieser Berg, und der Berg Gottes ist erhaben“. Es handelt sich um folgende Psalmverse: Ps. 35,7; Ps. 67,16; Ps. 23,3; Ps. 54,7; Ps. 75,3 und Ps. 119,5. GL, X 27, 51: „Fleisch und Blut, ein lehmiges Gefäß, eine erdhafte Wohnung, wann versteht es so etwas? Wann erlebt es solche Stimmung, daß der Geist, von der göttlichen Liebe berauscht, an sich nicht mehr denkt, sich vorkommt wie ein zerschlagenes Gefäß, seine Richtung ganz auf Gott einstellt und in der Anklammerung an Gott ein Geist mit ihm wird, um zu sprechen: ‚Schwindet auch mein Fleisch und mein Herz dahin, meines Herzens Gott und mein Anteil ist Gott in Ewigkeit‘“; De dil., X 27: Caro et sanguis, vas luteum, terrena inhabitatio quando capit hoc? Quando huiuscemodi experitur affectum, ut divino debriatus amore animus, oblitus sui, factusque sibi ipse tanquam vas perditum, totus pergat in Deum, et adhaerens Deo, unus cum eo spiritus fiat et diact: Defecit caro meo et cor meum; Deus cordis mei, et pars mea Deus in aeternum? Die Gefäß-Metapher bezieht sich auf alttestamentarische Verse, wie z.B. Psalm 31, 13: „Ich bin vergessen in ihrem Herzen wie ein Toter, ich bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß“, vgl. Meister Eckhart: Predigt 16B, DW 1 (Anm. 42), 754.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 331

eindringlichen Metaphern können teilweise auf Maximus Confessor, den Eriugena übersetzt hat, zurückgeführt werden.64 Hinsichtlich der Vermischung von Flüssigkeiten verbindet Bernhard diverse weitere Bilder miteinander, um die unio mystica als solches zu erklären: die Wassertropfen, dann das glühende Eisen und schließlich die Licht-Metapher: O heilige und unbefleckte Liebe! O süßes und liebliches Gefühl! O reine und geläuterte Willensabsicht! […] Um so süßer und lieblicher, je göttlicher das ganze Gefühl ist. So fühlen heißt Gott gleich werden. Wie ein winziger Wassertropfen in der Mischung mit viel Wein ganz zu verschwinden scheint und dabei den Geschmack und die Farbe des Weines annimmt; und wie ein im Feuer erglühtes Stück Eisen dem Feuer ganz ähnlich wird und das ihm früher eigene Aussehen verliert, und wie vom Sonnenlicht durchflutete Luft in die gleiche Klarheit des Lichtes umgewandelt wird, sodaß sie mehr selbst Licht als vom Lichte durchleuchtet zu sein scheint, so wird dann alles menschliche Gefühl in den Heiligen auf eine gewisse unaussprechliche Weise von sich vergehen und von Grund aus in Gottes Willen übergehen müssen.65

Das Bild des Wassertropfens nimmt Bernhard noch in den letzten Worten dieses Abschnittes auf: „Wie steht es aber mit den Seelen, die schon die Fessel des Leibes abgelegt haben? Nach unserem Glauben sind sie ganz in jenes unermessliche Meer des ewigen Lichtes und der lichtvollen Ewigkeit versenkt.“66 Im Bild der Vermischung von Wasser und Wein67 spielt Bernhard 64

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Johannes Scotus Eriugenas: ‚De divisione naturae‘, hg. v. CHRISTOPH B. SCHLÜTER, Münster 1838, lib. I, cap. II, 11, 76: Si autem intelligit, omnino amat quod intelligit. Si amat, patitut omnino ad ispum, ut amabile, excessum. Si autem patitut, profecto etiam festinat. Si festinat, omnino etiam intendit validum motum: si autem intedit validum motum, non stat quosque fiat totum in toto amato, et a toto comprehendatur. libenter totum secundum voluntatem salutarem accipiens circumscriptionem, ut totum toto afficiatur circumscribente, ut nihil omnino restet velle ex seipso, seipsum totum cognoscere valendo circumscriptum, sed ex circumscribente: sicut aer per totum illuminatus lumine et igne ferrum totum toto liquefactum, aut si quid aliud talium est. Johannes Scotus Eriugena: ,Über die Eintheilung der Natur‘, hg. u. übers. v. LUDWIG NOACK, Berlin 1870, 107: „Wie er aber liebt, leidet er wie das Liebenswürdige bis zum Uebermaass. Wenn er aber leidet, so beeilt er sich wahrlich; wenn er sich aber beeilt, so erstrebt er überhaupt starke Bewegung. Wenn er aber starke Bewegung erstrebt, so steht er nicht still, bis er im ganzen Geliebten ganz ist und von demselben ganz erfasst wird, indem sein Heilswille darauf ausgeht, sich rings ganz umfassen zu lassen, so dass ihm überhaupt nichts zu wollen übrigbleibt, als aus sich selber, als dem Umfassenden, sich auch in seiner Umfassung ganz zu erkennen, sowie die Luft durch das Ganze im Lichte strahlt und im Feuer das Eisen ganz in Gluth schmilzt.“ GL, X 28, 52–53; De dil., X 18 (28): Quomodo stilla aquae modica, multo infusa vino, deficere a se tota videtur, dum et saporem vini induit et colorem, et quomodo ferrum ignitum et candens igni simillimum fit, pristina propriaque exutum forma, et quomodo solis luce perfusus aer in eamdem transformatur luminis claritatem, adeo ut non tam illuminatus quam ipsum lumen esse videatur, sic omnem tunc in sanctis humanam affectionem quodam ineffabili modo necesse erit a semetipsa liquescere, atque in Dei penitus transfundi voluntatem. GL, XI, 30, 55; De dil., XI 30: Quid autem iam solutas corporibus? Immersas ex toto credimus immenso illi pelago aeterni luminis et luminosae aeternitatis. Diese Metapher kehrt in der Beschreibung der mystischen Vereinigung später auch in der volkssprachlichen Mystik wieder, wie bei Mechthild von Magdeburg: ‚Das fließende Licht der

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auf die Wandlung in der Heiligen Messe an, wo Wassertropfen in den Weinkelch mit folgenden Worten getröpfelt werden: Deus, qui humanae substantiae dignitatem mirabiliter condidisti, et mirabilius reformasti: da nobis per hujus aquae et vini myterium, ejus divinitatis esse consortes, qui humanitatis nostrae fieri dignatus est particeps, Jesus Christus Filius tuus Dominus noster […]68 (Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert; lass uns durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines teilnehmen an der Gottheit Dessen, der sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen, Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn). Der Vergleich mit dem glühenden Eisen zeigt deutlich die philosophische Frage, die Bernhard mithilfe der Metaphern beantworten will: In welcher Art partizipiert die menschliche Seele an der Gottheit? Während mithilfe des Wassertropfens die ‚Verflüssigung‘ des Selbst beschrieben wird, findet man durch das glühende Eisen eine Verdeutlichung des Verhältnisses von Form und Substanz. Die menschliche Seele gleicht sich der Gottheit an (propria exutum forma), bleibt aber substanziell verschieden (ferrum ignitum et candens igni simillium fit). In der Licht-Metapher beschreibt Bernhard die Partizipation der Seele an der Klarheit des göttlichen Lichts und verknüpft dieses Bild in den Verben liquescere (verflüssigen) und transfundere (in ein anderes Gefäß umgießen) mit der Wassertropfen- und mit der Gefäß-Metapher. Gerade diese Licht-Metapher ist von besonderem Interesse, wenn man die Linie von Bernhard zu Dionysius zurückverfolgen möchte. Dionysius hat im vierten Kapitel von ‚De divinis nominibus‘ auch über den Namen ‚Licht‘ verhandelt,69 den er zur Verdeutlichung im Kapitel über

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Gottheit‘, hg. v. HANS NEUMANN, Bd. 1: Text. Besorgt v. GISELA VOLLMANN-PROFE, München 1990 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 100), I,4, 26,29–32; bei Johannes Tauler, vgl. VETTER (Anm. 42), 33 (Predigt 7), 120 (Predigt 32) und 338 (Predigt 62); bei Heinrich Seuse: Deutsche Schriften, hg. von KARL BIHLMEYER, Stuttgart 1907. Unveränderter Nachdruck Frankfurt/Main 1961, 336, 12–14 und bei Meister Eckhart (Pr. 82, DW III [Anm. 42], 430), um nur einige zu nennen. Vgl. ROBERT E. LERNER: The Image of Mixed Liquids in Late Medieval Mystical Thought, in: Church History 40 (1971), 397–411; JAMES C. FRANKLIN: Mystical Transformations. The Imagery of Liquids in the Work of Mechthild von Magdeburg, London 1978; LOUISE GNÄDINGER: Johannes Tauler. Lebenswelt und mystische Lehre, München 1993, 365–367; LORIS STURLESE: Homo divinus. Philosophische Projekte in Deutschland zwischen Meister Eckhart und Heinrich Seuse, Stuttgart 2007, 218–219. Missale Romanum, Napoli 1837, Ordo missae, 261. DN, IV, 693 B 5; NG, 42: „Denn gleichwie unsere Sonne ohne Berechnung oder Wahl, nur durch ihr Sein selbst alles das erleuchtet, was dazu befähigt ist, auf charakteristische Art und Weise an ihrem Licht teilzunehmen, so entsendet auf analoge Weise in der Tat auch das Gute, das die Sonne wie ein dunkles Bild, das doch ein vorzügliches Abbild darstellt, weit überragt,

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Gott als ‚Einheit‘ vorweggenommen hat: Die Dreieinigkeit sei als vollständige Vereinigung und Durchdringung zu verstehen, so wie verschiedene Lichtquellen sich in einem Raum zu einem einzigen Licht vereinen und nur in der Einheit ein gemeinsamer Lichtschein entstehe, obwohl es sich um unterschiedliche Lichtquellen handle.70 Die Sonne als größte Lichtquelle ist Bild der Gottheit, die durch ihr Strahlen den Menschen an ihrem Leuchten teilhaben lässt,71 wodurch auch die menschliche Teilhabe am Göttlichen unter die Licht-Metaphorik fällt. Bernhard zitiert Dionysius nicht explizit, allerdings betont er, dass die Teilhabe (Partizipation) des Menschen am Göttlichen, die äußerst selten auf Erden stattfinde,72 eine vollständige Loslösung des Selbst sei, gleichzeitig jedoch das Wesen in einer anderen Form fortbestehe.73 Ferner erwähnt er, dass diese unio mystica kein menschliches Gefühl, sondern eine göttliche Umkehrung sei,74 durch die der Mensch vergöttlicht werde.75 Dionysius verwendet die Licht-Metapher nicht nur zur Beschreibung der innertrinitarischen Beziehung, sondern auch um die Vereinigung der menschlichen Seele mit der Gottheit unmittelbar vor den Ausführungen zum Namen ‚Liebe‘ zu beschreiben, es handelt sich hier um eine der selte-

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allein, durch seine Existenz allem Seienden die Strahlen seiner ganzen Güte.“ Zur Lichtmetapher bei Dionysius, vgl. WILLIAM RIORDAN: Divine Light. The Theology of Denys the Areopagite, San Francisco 2008 und knapp ADOLF MARTIN RITTER: Die Lichtmetaphorik bei Dionysius Ps.-Areopagita und in seinem Wirkbereich, in: Metapher und Wirklichkeit: Die Logik der Bildhaftigkeit im Reden von Gott, Mensch und Natur. Dietrich Ritschl zum 70. Geburtstag, hg. v. REINHOLD BERNHARDT, ULRIKE LINK-WIECZOREK, Göttingen 1999, 164–177. DN, II, 641 B 20; NG, 32: „In der führwahr göttlichen Einung der Überwesenheit zum Beispiel sind mit der ureinheitlichen Dreifaltigkeit geeint die überwesenhafte Existenz […] wenn man so sagen darf, ineinander, ganz und gar übergeeint und in keinem Teil vermischt, gleichwie, um verständliche und passende Beispiele zu verwenden, Lichter von Lampen in einem einzigen Zimmer sowohl vollständig ganz und gar ineinander gehen als auch eine vollkommene, eigentümlich bestehende Geschiedenheit voneinander aufweisen […]. In der Tat sehen wir immerhin, wenn sich in einem Zimmer viele Lampen befinden, daß die Lichter von allen zu einem einzigen Licht vereinigt sind und einen einzigen ungeschiedenen Glanz ausstrahlen, und nicht irgendeiner, denke ich, wäre imstande, das Licht dieser Lampe da von den andern aus der alle Lichter umfassenden Luft zu unterscheiden und das eine ohne das andere zu sehen, da doch alle in allen unvermischt miteinander vereinigt sind.“ DN, IV, 700 A 1. De dil., X 27: Beatum dixerim et sanctum, cui tale aliquid in hac mortali vita raro interdum, aut vel semel, et hoc ipsum raptim atque unius vix momenti spatio, experiri donatum est. Ebd., X 28: Manebit quidem substantia, sed in alia forma, alia gloria aliaque potentia. Ebd., X 27: Te enim quodammodo perdere, tamquam qui non sis, et omnino non sentire teipsum, et a temetipso exinaniri, et paene annullari, caelestis est conversationis, non humanae affectionis. Ebd., X 28: O dulcis et suavis affectio! O pura et defaecata intentio voluntatis, eo certe defaecatior et purior, quo in ea de proprio nil iam admixtum relinquitur, eo suavior et dulcior, quo totum divinum est quod sentitur! Sic affici, deificari est.

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nen Beschreibung der unio im ‚Corpus Dionysiacum‘: „Denn sobald unsere Seele in ihren intellektuellen Operationen sich zum Geistigen bewegt, erscheinen die Wahrnehmungen der Sinne und deren Gegenstände überflüssig, ebenso wie auch die intellektuellen Fähigkeiten überflüssig werden, wenn die Seele, gottähnlich geworden, durch unfaßbare Einigung mit den Strahlen des unzugänglichen Lichtes in Kontakt tritt, in einen Kontakt ohne Augen.“76 Die dionysische Licht-Metaphorik wird für diesen Absatz von ‚De diligendo deo‘ über Umwege als Quelle angegeben: RUH77 beruft sich in der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ auf GILSON, der hervorgehoben hat, dass das Thema der Vergöttlichung vermutlich auf die Übersetzung des ‚Corpus Dionysiacum‘ von Johannes Eriugena zurückgehe.78 Auf Johannes Eriugenas ‚De divisione naturae‘ (so lautet der Titel in der lateinischen Übersetzung der ‚Ambigua’ von Maximus Confessor) und die Erläuterungen zum Verhältnis von Form und Substanz werde ich im Punkt zu Dionysius Areopagita zurückkommen.79 Hinsichtlich der Licht-Metapher kann man nicht nur eine Linie von Bernhard zurück zu Dionysius rekonstruieren, sondern auch eine zweite Linie zu Guigo, die sich auf ältere Forschungsliteratur stützt und zum Teil auf der Zuschreibung der ‚Epistola ad fratres de Monte Dei‘ an Guigo den Kartäuser beruht, der in einigen Handschriften als Autor des Briefes genannt wird.80 Inzwischen ist es jedoch unumstritten, dass der Brief aus der 76 77 78 79

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NG, 31–32. RUH (Anm. 4), 232. GILSON (Anm. 29), 53. Ebd., 39–40, mit Verweis auf das zweite Kapitel der ‚Ambigua‘ (PL 122: 1202A), während ERMENGILDO BERTOLA: Sul dovere di amare Dio, in: Opere di San Bernardo IV: Trattati, hg. v. FERRUCCIO GASTALDELLI, Mailand 1987, 221–269, 238 eine solche Abhängigkeit für unwahrscheinlich hält. Hierzu auch RUH (Anm. 3), 128: „Dabei übersehe ich nicht den entscheidenden Beitrag Gregors zum Theologumenon der Gottesgeburt, die Dionysius nicht kennt. Sie gelangte indes nur über die Vermittlung des Maximus Confessor und Eriugena ins Abendland.“ Zum Gebrauch des Wortes deificare vgl. WATKIN WYNN WILLIAMS: De diligendo deo, Cambridge 1926, 50 Anm. 1. So vor allem durch RENÉ MASSUET: Admonitio ad Massuet insequentem epistolam, qua Guigoni seu Wigoni majoris Cartusiae priori V asseritur, in: Sancti Bernardi Abbatis Clarae-Vallensis Opera Omnia, hg. v. JEAN MABILLON, Bd. 2, Paris 1839, 402–416, mit Edition unter dem Titel ,Guigonis prioris quinti majoris cartusiae Epistola seu Tractatus ad fratres de Monte Dei‘. So wird der Brief noch von JOHANN BUSSE: Grundriß der christlichen Literatur von ihrem Ursprung, Bd. 2, Münster 1829, 90 und auch FRANZ ANTON STAUDENMAIER: Die christliche Dogmatik, Bd. 3,1, Freiburg 1844, 781–782 ausgehend vom obengenannten Abschnitt von ,De diligendo deo‘ als der Brief ‚Ad fratres de Monte Dei‘ (mit der Quellenangabe „lib. II c. 3, n 15“) angeführt. Zur Datierung vgl. JEAN MABILLON: Bernardi libelli ,De diligendo Deo‘, Landshut 1842, 6, der das Werk in die Jahre 1111–1120 datiert und ANDRÉ WILMART: Auteurs spirituels et textes dévots du moyen âge latin: études d’histoire littéraire, Paris 1932, 251 mit Datierung auf 1120/25.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 335

Feder von Wilhelm von Saint Thierry stammt und etwa zeitgleich zu Guigos ‚Meditationes‘ entstanden ist.81

IV.

Guigos Einfluss auf Bernhard

Wenden wir uns nun Guigo dem Kartäuser zu, der für Bernhards Ausarbeitung des Vier-Stufen-Modells und insbesondere für die Beschreibung der unio mystica in ‚De diligendo deo‘ auf vielfältige Art von Bedeutung ist. Bernhards Brief an Guigo, der die letzten sechs Kapitel von ,De diligendo deo’ einnimmt, bezieht sich auf die ‚Meditationes‘ des Kartäuserpriors Guigo.82 Obwohl die Grundstruktur mit den vier Stufen erst im Hauptteil von ,De diligendo deo‘ thematisiert wird, finden wir einige markante Begriffe bereits im Brief an Guigo. Bevor die Linie zwischen Bernhard und Guigo gezogen wird, sollen zunächst die ‚Meditationes‘ kurz vorgestellt werden. Die ‚Meditationes‘ hat Guigo zwischen 1110 und 1116 verfasst.83 Sie können als ‚Selbstbetrachtungen‘ beschrieben werden, die nicht an eine große Leserschaft gerichtet waren.84 Sie bestehen aus 476 kurzen Betrachtungen, die keiner thematischen Ordnung, sondern vielmehr einer chronologischen Abschrift folgen. Im Gegensatz zu WILMART85 handelt es sich für RUH bei den ‚Meditationes‘ nicht um einen „mystischen“ Text, sondern um einen „nüchternen“ Text, der zwar in bestimmten Abschnitten der

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VOLKER HONEMANN: Die ‚Epistola ad frates de Monte Dei‘ des Wilhelm von Saint-Thierry: Lateinische Überlieferung und mittelalterliche Übersetzungen, Zürich, München 1978 (Münchner Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 61), 1. GILSON (Anm. 46), 163–165: „La lettre à Guigues est une réponse, mais non pas nécessairement à une lettre et certainement pas à une lettre seule“ und fügt in der Fußnote hinzu: „Saint Bernard n’a certainement pas écrit le premier, car il déclare: ‚vobis primum scribentibus‘. Mais la missive de Guigues contenait certainement un traité.“ Dann zitiert er folgende Worte: O quantus in illis meditationibus exardescit ignis!, die er auf die ‚Meditationes‘ bezieht; WILMART (Anm. 46), 41. GILSON (Anm. 29), 163–165; vgl. auch MERTON (Anm. 30), 81: „Bernard’s letter was a reply not only to a letter but to a treatise, to the ‘Meditations’ of Guigo: O quantus in illis meditationibus exardescit ignis! They had been sent to Bernard as a gift, after a Carthusian had visited Clairvaux.“ Insgesamt ist die ursprüngliche Fassung der ,Meditationes‘ nur in vier Handschriften des 12. Jahrhunderts überliefert, vgl. WILMART (Anm. 46), 41–52. So MERTON (Anm. 30), 81. RUH (Anm. 4), 221 gibt als Entstehungszeitraum die Jahre 1109– 1120 an. Vgl. RUH (Anm. 4), 212, der einen kurzen Überblick über die verschiedenen Forschungsansätze zur Textgattung bietet. WILMART (Anm. 46), 27: „Il est vrai que le christianisme révélé est tout entier engagé, que nombre de grandes questions philosophiques et théologiques sont abordées, que la doctrine de l’Évangile et les exemples ou les œuvres du Christ sont rappelés plusieurs fois, plus ou moins expressément, que l’on touche d’assez près, par occasion, à la mystique proprement dite.“ RUH (Anm. 4), 214 Anm. 13 kritisiert die Bezeichnung „eigentliche Mystik“: „Es handelt sich indes schlicht um Aussagen über Gottesliebe, die als solche nicht mystisch zu nennen ist.“

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Gottesliebe gewidmet ist, jedoch eher eine „Vorschule der Mystik“ sei.86 In den ‚Vorbemerkungen zu einer neuen Geschichte der abendländischen Mystik im Mittelalter‘ hatte RUH eine erste Definition seines Mystikverständnisses geliefert, die er in seiner Verteidigung des programmatischen Aufbaus der ‚Geschichte der abendländischen Mystik‘ im Beitrag ‚Die ‚Mystica theologia‘ des Dionysius Pseudo-Areopagita im Lichte der mittelalterlichen Kommentatoren‘ ausarbeitete. Er unterschied dabei „streng und ausschließlich auf den Erfahrungsinhalt“ ausgerichtete Texte von Texten mit „Vorstufen“ sowie von theoretisierenden Texten, zu denen er Guigos ‚Meditationes‘ zählt. Unter dem Leitfaden, dass wahre Selbsterkenntnis zur Gotteserkenntnis führe, werden in den ‚Meditationes‘ viele verschiedene Themen in einem dialogischen Selbstgespräch angesprochen.87 Die Meditationen gruppieren sich thematisch um die Selbsterkenntnis und der daraus resultierenden Weltverachtung als Voraussetzung für die Gotteserkenntnis und führen eine ‚merkantile‘ Terminologie in Bezug auf die verschiedenen Formen der Gottesliebe ein.88 So liest man etwa in der Meditation 438: „Schau, wie du die Liebe und die übrigen Kräfte deiner Seele um 86

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RUH (Anm. 2), 214: „Guigo ist zwar streng und rücksichtslos in der Beurteilung der zeitlichen Dinge, indes nicht eifernd, sondern durchaus nüchtern: Nüchternheit gehört zu einer der Haupttugenden der kartäusischen Spiritualität. […] Umgekehrt gilt die Nüchternheit auch weitgehend für die Darstellung der Gottesliebe. Das höchste Gut, die Wahrheit selbst, die Liebe selbst werden nicht im Überschwang des Verzückten Sprache und Bild. Guigo ist kein Mystiker – besser: es gibt keine Zeugnisse über seine mystischen Erfahrungen –, und seine ‚Meditationen‘ haben keinen mystagogischen Einschlag. […] Auch könnte man […] von einer Vorschule der Mystik sprechen, indem die Seele durch Reinigung, Freiwerden von weltlichen Bindungen, Selbsterkenntnis in den Stand gesetzt wird, der unmittelbare Gotteserkenntnis und -erfahrung möglich macht.“ Dem widerspricht BRUNO RIEDER: Mystik und Christologie bei Guigo I., in: The Mystical Tradition and the Carthusians, hg. v. JAMES HOGG, Bd. 3, Salzburg 1997 (Analecta Cartusiana 130), 1–14. Die ,Meditationes‘ wurden von ANDRÉ WILMART ediert: Guigues Ier, prieur de Chartreuse. Les Meditations (lat.-fr.), Paris 1983. Englische Übersetzung von MURSELL (Anm. 46). Eine deutsche Übersetzung legte PAUL ALFRED SCHLÜTER vor: Gigo von Kastel. Tagebuch eines Mönches, Paderborn 1952. Es wird nach LAPORTE (im Folgenden Med. Guig.) und SCHLÜTER (im Folgenden Med.) zitiert. Die Dichotomie von ,Lohn‘ und ,Nutzen‘ hatten wir bereits in ,De diligendo deo‘ beobachtet, in den ,Meditationes‘ wird das Thema unter zahlreichen Bibelverweisen ausgeführt. Hier seien nur einige Bespiele genannt: Med., 6, 20: „In wessen Dienst du dich einspannst, von dem fordre auch den Lohn. Lebe darum so, daß du nichts dir schuldig bleibst, denn du kannst dir nichts zurückzahlen. Der Lohn deines Arbeitnehmers, spricht der Herr, soll nicht bis zum Morgen bei dir bleiben. Der Herr wird also Vergeltung an dir üben“; Med. Guig., 106: Ad cuius volutatem uteris te ipso, ab eo mercedem expostula. Vivendum ergo est ita, ut nihil tibi debeas: quia nihil tibi reddere vales. Opus autem mercenarri tui non maneat apud te, ait Dominus, usque mane. Faciet ergo de te tibi Dominus ultionem; Med., 7, 20: „Wer alles nach seinem eigenen Kopf tut, mag allen Entgelt auch von sich selber fordern“; Med. Guig., 106: Qui omnia as suam volutatem agit, omnem a se ipso exigat retributionem; Med., 24, 24: „Wie Haß gegen dich für

Die umstrittenen dionysischen Quellen 337

Pfennige und Kupferstücke verkaufst: wie in der Schenke den Wein. Umgekehrt gib acht, wie du Gunst und Liebe und sonstige Triebe und Regungen der Menschenseelen um Pfennige und Kupferstücke erkaufst: wie in der Kneipe den Wein“.89 Neben dem ersten Weg zur Gotteserkenntnis über die wahre Selbsterkenntnis,90 welche zunächst das Eingestehen der eigenen Sündhaftigkeit erfordere91 (Sünde wie bei Dionysius als Mangel bzw. Abwesenheit des Guten92) und dann eine Abkehr von weltlichen Dingen93 und Hinwendung zu

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jedermann das Hindernis zum Leben ist, so dein Haß auf alle für dich. Es frommt dir somit, alle zu lieben. Und auch ihr Gewinn ist es, dich zu lieben“; Med. Guig., 112: Sicut odium tui omnibus est impedimentum ad vitam, ita omnium tibi. Expedit ergo tibi omnes diligere: illis quoque prodet diligere te; Med., 89, 37: „Gott ist die Liebe. Wer daher die Liebe nicht um ihrer selbst willen einem erweist, verkauft Gott, verkauft sein Glück. Denn nur dann ist man glücklich, wenn man liebt“; Med. Guig., 130: Deus caritas est. Qui ergo caritatem exhibet alicui, nisi propter ipsam, Deum vendit, beatitudinem suam vendit. Non enim bene est illi, nisi amando; Med., 94, 38: „So wird die Liebe sich selbst zum Lohn“; Med. Guig.,130: Bonum est tibi amari a sanctis, imo ipsis quamprimum hoc expedit. Ipsi enim te amando sentiunt caritatem quae Deus est. Ipsa itaque dilectio, fit praemium sui; Med., 245, 73: „Schau: Wie in der Taberne hast du deine Liebe zum gemeinen Kauf feilgeboten, und gleich vergänglichen Gaben wendest du sie an die Menschen, da du an die vergänglichen Gestalten der Körperwelt sie verkauft hast, ohne jemals den Preis dafür zu bekommen“; Med. Guig., 180: Vide quomodo quasi in taberna amorem tuum venalem prostitueris, et ad mensuram munerum periturorum ipsum hominibus impendis, cum ipsis perituris formis, scilicet corporum, nullo unquam eum pretio vendideris. Vgl. hierzu auch GILES GASPER: Contemplating Money and Wealth in Monastic Writing c. 1060– 1160, in: DERS., Money and the Church in Medieval Europe, 1000–1200: Practice, Morality and Thought, Burlington 2015, 39–76, hier 69f. Med., 438, 143; Med. Guig., 276: Vide quomodo vendis amorem et caeteros affectus animi tui ad obolatas et nummatas, sicut in taberna vinum. Rursus attende qualiter emas opiniones et amores et caeteros affectus sive motus humanorum animorum, ad obolatas et nummatas, sicut in taberna vinum. Hierzu MURSELL (Anm. 46), 33–36. Med., 30: „Du weißt nicht, daß du gefesselt bist, und wehrst dich nicht gegen die Ketten: wie ein Hund“; Med. Guig., 112: Ignoras te ligatum et non resistis vinculis sicut canis; Med., 464: „Wieviel von dieser Schönheit und Vollendung mangelt deiner Seele?“; Med. Guig., 294: Huius itaque pulchritudinis atque perfectionis quantum tuae menti desit. Med., 314, 92: „Du vermißt das innere Schauspiel: das ist Gott. Nicht als ob es nicht da wäre, aber du siehst es mit deinem triefenden Innenauge nicht. Und darum gehst du gern aus deinem Innern aus nach draußen. Ja, du vermagst nicht, in dir selber gleichwie in Finsternis zu weilen, und gibst dich den äußeren Körperformen oder Meinungen der Menschen in Bewunderung hin. Leg nicht der Körperwelt zur Last, daß sie dich aufhalte oder schrecke oder sonstwie beeinflusse, sondern deiner Blindheit und gähnenden Leere vom höchsten Gut“; Med. Guig., 206: Penuria interioris spectaculi, id est Dei, non quod non insit, sed quod a te interius lippo non videatur, facit ut a tuis interioribus foras libenter exeas, imo intra te tanquam in tenebris nequeas commorari, et exterioribus corporum formis sive opinionibus hominum vaces admirando. Non imputes formis corporeis quod te aut detinent aut terrent, sive aliquo modo movent, sed tuae caecitati, atque a summo bono vacuitati. Med., 79, 35: „Im Maße du dich, das heißt dies Leben in der Zeit liebst, mußt du auch das Vergängliche lieben, ohne das du nicht sein kannst. Und wenn du dies Leben verachtest, mußt

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Gott bewirke,94 entwickelt Guigo einen zweiten Weg, der über die vollkommene Liebe zur Gottesvereinigung führt.95 Diese beiden Wege werden jedoch nicht getrennt oder entgegengesetzt behandelt, sondern sich ergänzend. Die drei Arten der Liebe, nämlich Selbstliebe, Nächstenliebe und Gottesliebe, ziehen sich als Thema durch das ganze Werk und werden erst in den letzten zwölf Betrachtungen ausgiebig behandelt. Die zwölf Betrachtungen heben sich durch ihre Komposition und intratextuellen Bezüge von den vorangehenden Meditationen ab und können als Synthese des gesamten Werkes beschrieben werden.96 Betrachten wir zunächst das Liebesverständnis von Guigo im ersten Teil der ‚Meditationes‘, wobei die Bezüge zur intellektiven Gotteserkenntnis hergestellt werden, bevor in einem zweiten Schritt die Ausarbeitungen im letzten Teil des Werkes ergänzend hinzugezogen werden.

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du auch seine Labsal verachten“; Med. Guig., 128: Quantum diligis te, id est hanc vitam temporalem, tantum diligas transitoria sine quibus esse non potes, necesse est. Et quantum spernis hanc vitam, tantum et eius fomenta. Med., 437, 143: „Jedwedem Ding liegt nichts näher als es selbst, und nichts steht mehr zu seiner Verfügung. Da ist es doch sehr verwunderlich, daß die Menschenseele irgendetwas besser und näher kennen kann als sich selbst“; Med. Guig., 276: Cum unicuique rei nihil vincinius sit se ipsa, et nihil magis praesto, mirum valde est, quod anima humana aliud aliquid melius aut familiarius quam se ipsam nosse potuerit. Med., 390, 125: „Wissen kannst du mit Gottes Hilfe, wie jegliche Menschenseele sein soll. Von keiner aber kannst du vollkommen wissen, wie sie ist, auch nicht von deiner eigenen. Es soll nämlich jedwede vernunftvolle Seele total Gott ergeben sein. […] Dem Nächsten gegenüber aber sei sie wohlwollend. […] Das ist der Seele Heil und ganze und einzige Vollendung. Und keine andre Einstellung dürfte das Menschenherz bewegen als diese gleichsam zweiheitliche Liebe. Sie müßte aller menschlichen Handlungen und Regungen, der geistigen wie leiblichen, ganze und ganze und alleinige Ursache sein, bis zum geringsten Augenaufschlag und Fingerzeig. […] Die Werke der Gottergebenheit nun sind: Beschauung, Gebet, Betrachtung, Lesung, Psalmengesang, Vollzug der heiligen Mysterien. Ihr aller Ziel ist: Gott erkennen und lieben“; Med. Guig., 252–254: Scire, Deo iuvante, qualis omnia humana anima esse debeat potes. De nulla autem qualis sit, perfecte nosse potes, nec de tua ipsa. Debet enim omnis anima rationalis ex toto devota erga Deum esse, quia scriptum est. […] Erga proximum vero benigna. […] Et haec est tota et sola perfectio eius et salus neque ullus alius affectus cor hominis movere deberet, nisi ista quasi bina dilectione. Haec enim omnium actionum et motionum humanarum, spiritalium sive corporalium, tota et sola causa esse deberet, usque ad minimum oculi nutum, vel digiti motum. […] Opera autem divinae devotionis haec sunt. Contemplatio, oratio, meditatio, lectio, psalmodia, sacrorum mysteriorum actio. Quorum omnium finis, nosse et amare Deum“; Med., 440, 144: „Der Käfer, der im Fluge alles überschaut, sucht sich nichts Schönes oder Dauerhaftes aus, sondern wo dampfende Misthaufen liegen, darauf läßt er sich flugs nieder, ohne Sinn für so manches Schöne. So durchfliegt dein Geist in der Schau Himmel und Erde und, was es in ihnen Großes und Köstliches gibt. Doch bei nichts von all dem verweilt er. Nein, in Mißachtung alles dessen umarmt er freudig den vielen Tand und Schmutz, der seinem Denken in die Quere läuft“; Med. Guig., 278: Scarabeus cuncta dum supervolat intuens, nil pulchrum aut sanum sive durabile eligit, sed sicubi stecora iacet foetentia, eis protinus insidet, spretis tot pulchris. Ita animus tuus, caelum terramque et quae in eis magna ac pretiosa sunt intuitu pervolans, nulli adhaeret, contemptisque omnibus, vilia multa ac sordida quae cogitanti occurrunt, libens amplectitur. MURSELL (Anm. 46), 40–46.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 339

Guigo entwickelt im Gegensatz zu Bernhard keine systematische Liebeskonzeption von aufeinanderfolgenden Stufen, die letztendlich zur Gottesliebe führen. Seine Betrachtungen bauen nicht aufeinander auf und haben einen fast homiletischen bzw. eschatologischen Charakter: Der Leser wird immer wieder zur Abkehr von der Welt und zur Besinnung auf das Wesentliche, auf das Göttliche, aufgerufen.97 Liebe wird grundsätzlich als desiderium beschrieben,98 als Sehnen nach etwas. Das durch die Erkenntnis eines Mangels begründete Sehnen bezieht sich auf etwas außerhalb des Selbst Liegendes: auf die Welt oder auf Gott. Während sich die wahre Liebe auf Gott beziehe,99 stilisiert Guigo die Liebe zu weltlichen Dingen als Ehebruch.100 Gottesliebe als „naturvolle Schönheit der Seele“101 erfülle dabei sowohl das Streben nach Glückseligkeit102 als auch letztendlich den Trieb der utilitas, denn: „Wer (…) auf Eigennutz aus ist, findet seinen Nutzen ganz und gar nicht, ja er nimmt noch großen Schaden für seine Seele. Denn 97

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Med., 186, 57: „Lieben sollst du, was deiner Liebe nie verlorengehen kann: Gott“; Med. Guig., 158: Amato quod amando carere nequeas, id est Deum. Med., 51, 30: „Eines ist es, ein Gut zu wünschen, um es zu genießen und darin zu verweilen ein anderes, jemand Gutes zu wünschen. Beides freilich ist Liebe. Die eine schuldet man Freunden, die andere Gott allein. Er allein darf und muß als Gut unser Wunsch sein“; Med. Guig., 120: Aliud est optare aliquid tanquam bonum, id est ad fruendum et ad innitendum; aliud, cum ei optatur bonum. Utrumque tamen amatur. Alterum horum amicis, alterum soli Deo debetur. Ipse solus optari debet, tanquam bonum. Med., 83, 36: „Wahre Liebe kennt Gott“; Med. Guig., 128: Novit vera caritas Deum. Med., 358, 109: „Eines pflegt doch jedes noch so schamlose und unverschämte Weib vor den Augen ihres Bräutigams geheimzuhalten: ihre Tränen um etwaiges Mißgeschick ihres Ehebrechers und um eigne Unbill seitens ihres ergrimmten Buhlen, auch die Unbill selbst und ähnlich die Freuden. Schau, ob du wenigstens dies Gott gegenüber tust. Ob du nicht offen vor ihm über die Fehlschläge und Leiden deines Buhlen und Ehebrechers, dieser Welt also, trauerst, über seine Erfolge jubelst. Die Stirn eines Hurenweibes hast du bekommen“; Med. Guig., 230: Haec solet a sponsi oculis, quamlibet inverecunda et impudica mulier abscondere: lacrimas quas pro damnis quae contigunt adultero, et quas pro iniuriis ab adultero sibi irato illatis fundit, ipsas quoque iniurias, similiter et guadia. Vide nunc, si id saltem tu ad Deum facias. Si non aperte coram eo damnis adulteri tui, id est mundi huius, luges, prosperis exultas. Frons ergo mulieris meretricis, facta est tibi; Med., 388, 124: „Jemand erlangt, woran du keine Mitfreude mit ihm empfinden darfst. Dann darfst du auch beim Verlust kein Beileid mit ihm haben. Beispielshalber: Du darfst dich nicht freuen mit der Ehebrecherin, die ihr Begehren verwirklicht. Daher darfst du auch nicht mir ihr trauern, wenn sie den Verlust solcher Genüsse beweint“; Med. Guig., 252: In cuiuscumque rei adeptione non debes alicui congaudere, in eius ei non debes amissione condolere. Verbi gratia. Non debes conguadere adulterae voto suo potienti; quaere nec condolere, privatam se talibus deploranti; Med., 363, 113: „Die Engel führt Christus zur Umarmung ihres Bräutigams, uns löst er aus den Armen der Buhle Welt“; Med. Guig., 236: Angelos ducit Christus in amplexum sponsi sui, non avellit ab adultero, id est mundo. Med., 465, 156: „Was nun ist die naturvolle Schönheit der Seele?“; Med. Guig., 294: Quae est ergo naturalis animae pulchritudo? Med., 75, 35: „Glückseligkeit gebietet dir der Herr, das heißt die vollendete Liebe zu ihm“; Med. Guig., 126: Beatitudinem tibi praecipit Dominus, id est perfectum amorem sui.

340 Myrtha de Meo-Ehlert

solange er den Eigennutz sucht, den es nun einmal nicht geben kann, ist er vom Gemeinnutz ausgeschlossen: von Gott“103, welcher der „alleinige Nutzen der Menschennatur“ sei.104 Die Selbstliebe indes ist ein selbstbezogenes Wünschen, das in Begierde umschlägt. Die Selbstliebe ist auf irdische Dinge gerichtet, bei Guigo kurz ‚die Welt‘. Bezieht sich dieses Wünschen nicht auf das Selbst, sondern auf etwas anderes, so kann das Sehnen zweierlei Form annehmen: Entweder wünscht man jemandem etwas Gutes oder man wünscht das Gute an sich, woraus sich die Formen der Nächstenliebe und der Gottesliebe ergeben. Guigo leitet die Notwendigkeit der Nächstenliebe nicht allein aus der Bergpredigt ab,105 sondern sieht sie als Imitatio Christi106 und als „Gott gegeben“ an.107 Guigo stellt die Nächstenliebe in Bezug zu den philosophischen Kriterien von Potenz und Akt bzw. Form und Materie dar und betont, dass der Mensch potentiell gut sei und dass eine solche interessenlose Nächstenliebe förmlich der Gottesliebe gleiche. Sollte die Nächstenliebe nicht uneigennützig und interesselos sein, entfällt ihre transzendente Ebene und sie wird zu einem bloßen Tausch- oder gar Raubgeschäft.108 Wer den Mitmenschen sein Wohlwollen und seine Liebe verwehre und diese für sich selbst beanspruche (Selbstliebe), handele wie ein „Räuber und mache sich an allen gegenüber schuldig“.109 103

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Med., 106, 40; Med. Guig., 134: Qui ergo propriam quaerit agere utilitatem, non solum nullam suam utilitatem invenit, sed etiam magnum animae suae damnum incurrit. Dum enim propriam quaerit, quae nulla esse potest, a communi repellitur, id est a Deo. Med., 370, 117: „Nicht will oder liebt sein Wohl, außer wer Gott liebt. Er allein ist ja der ganze und alleinige Nutzen der Menschennatur“; Med. Guig., 240: Non autem vult aut diligit utilitatem suam, nisi qui Deum diligit. Ipse solus, tota et sola utilitas est humanae naturae. Med., 108, 41: „Man sagt auch: ‚Bete für ihn, weil er dir Gutes getan hat‘. Nein, weil er mir Böses getan hat, denn dann hat er es nötig. Nicht die Gesunden bedürfen ja des Arztes, sondern die schlecht daran sind“; Med. Guig., 136: Dicitur etiam: ‚Ora pro illo, quia bene fecit tibi‘: imo, quia male fecit mihi, quia tunc indiget. Non enim est opus sanis medicus, sed male habentibus. Med., 168, 54: „Sei du so zu jedermann, wie die Wahrheit zu dir gewesen ist. Wie sie dich ertragen und geliebt hat, um dich zu bessern, so ertrage und liebe auch du die andern, um sie besser zu machen“; Med. Guig., 154: Talis esto erga omnes, qualis erga te veritas extitit. Qualem te sustinuit et amavit, ut meliorem faceret, tales sustine et ama, ut meliores facias. Med., 238, 72: „[…] der Herr sagt: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘. Alle stehen somit für einen und einer für alle. Wer also mich nicht liebt, begeht Raub an mir, da er mir vorenthält, was von Gott mir gegeben ist: seine Liebe“; Med. Guig., 178: Dominus dicat: ‚Dilige proximum tuum sicut te ipsum‘. Omnes ergo sunt singulorum, et singuli omnium. Qui ergo me non diligit, rapinam in me facit, quod a Deo mihi datum est, id est amorem suum mihi auferendo. Med., 182, 57: „Wenn du liebst, weil du geliebt wirst oder damit du geliebt wirst, hast du nicht eigentlich Liebe, sondern Gegenliebe, da du Liebe gegen Liebe zahlst. Ein Wechsler bist du. Da hast du deinen Lohn bereits empfangen“; Med. Guig., 158: Si amas quia amaris, vel ut ameris, non tam amas quam redamas, amorem pro amore rependes. Cambitor es; recepisti mercedem tuam. Med., 159, 52: „Jedes Menschen Liebe ist allen gemein. Denn jeder einzelne muß alle lieben. Wer daher diese Liebe gesondert für sich beansprucht, ist ein Räuber und macht sich schuldig

Die umstrittenen dionysischen Quellen 341

Die Gottesliebe nun ist die vollendete Liebe zu Gott, die aufgrund der menschlichen Natur jedoch Gott eigentlich unangemessen bleibt, weil Gott unermesslich und ewig ist.110 Je mehr die Gottesliebe der Art entspricht, in der Gott zu lieben ist, desto mehr gleicht sich der Liebende Gott an. Mehrmals führt Guigo Engel als Beispiel und Vorbilder für eine angemessene Form der Gottesliebe an, die der Mensch imitieren solle.111 Der Mensch, zwischen Tier und Engel stehend,112 solle sich im Streben nach Glückseligkeit an letzterem orientieren. Wie für die Engel, so liege der einzige Nutzen

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an allen“; Med. Guig., 150: Amor uniuscuiusque hominis, communis est omnium. Singuli enim, omnes amare debent. Qui ergo hunc sibi specialiter exhiberi vult, raptor, et ideo reus contra omnes efficitur. Med., 329, 97: „In der Art und Größe, die er selber ist, ist Gott zu lieben. Er ist aber ewig und unermeßlich. Ewig also und unmeßbar muß die Liebe dessen sein, der in gebührender Größe und Art ihn liebt. […] Niemand jedoch vermag, in solcher Art und Größe ganz und gar, wie er muß, ihn zu lieben […] Im Maße freilich einer dies tut, wird er es: nämlich unermeßlich und ewig“; Med. Guig., 212–214: Taliter ac tantum, qualis et quantus est diligendus est Deus. Est autem aeternus et immensus. Aeternus ergo et immensus est amor eum quantum et quomodo oportet diligentis. Aeternus igitur et immensus est, et ipse amans. Sed nemo eum omnino quomodo et quantum debet amare potest […]. Quantum tamen quisque facit hoc, tantum fit hoc, id est immensus et aeternus. Med., 291, 85: „Daher verachten sich die Engel mehr als wir. Da sie nämlich mit aller Macht zu Gott hinstreben, lassen sie sich und die übrigen Geschöpfe mit aller Bewußtheit hinter sich, ja nicht einmal auf sich zurückzublicken getrauen sie sich, so klein kommen sie sich vor. Aus ganzer Seele fürwahr verachten und vergessen sie sich selbst, gehen ganz in ihm auf und achten nicht auf sich, was oder wie sie selber sind, sondern nur auf ihn. Und je mehr sie sich mißachten, von sich selber sich abwenden und sich vergessen, um so ähnlicher werden sie ihm und damit um so besser“; Med. Guig., 196: Ergo angeli magis se contemnunt quam nos. In Deum quippe toto nisu tendentes, se ipsos cum caeteris creaturis post se tota intentione derelinquunt, nec saltem respicere sese dignantur, ita se viles ducunt. Tota se utique mente contemnentes, suique obliti, toti in illum vadunt, nec quid aut quales ipsi, sed ipse sit attendunt. Et quanto se amplius contemnunt, seque a se ipsis avertunt, suisque obliviscuntur, tanto similiores ei, et ideo meliores fiunt; Med., 364, 113: „Getrost bekunde ich: die Engel haben von Gott kein größeres und würdigeres Geschenk, nichts Köstlicheres und Nützlicheres und deshalb auch nichts Wünschenswerteres und Schöneres bekommen als die Liebe. Wer freilich mag das einsehen oder glauben? Gott ist ja die Liebe. Wer daher Größeres oder Besseres hat als die Liebe, hat Größeres und Besseres als Gott“; Med. Guig., 236: Confidenter iuro, angelos nullum a Deo percepisse munus maius aut dignius, pretiosius sive utilius, et ideo nec optabilius nec pulchrius, caritate. Quis hoc intelligat aut credat? ‚Deus enim caritas est‘; et ideo qui maius aliquid aut melius caritate habet, aliquid maius et melius Deo habet. Med., 203, 61: „Die Lust des Tieres kommt aus den Sinnen des Fleisches; die des Teufels liegt in aller Pracht, in Neiderei und Trug. Die Lust des Philosophen ist, die Schöpfung zu erkennen; die Lust des Engels aber: Gott erkennen und lieben“; Med. Guig., 164: Voluptas bestialis, ex sensibus carnis; diabolica vero, omnis fastus, et invidiae et fallaciae. Philosophica, nosse creaturam; angelica vero, nosse et amare Deum.

342 Myrtha de Meo-Ehlert

des Menschen in der Wahrheit (Gott),113 Quelle des ewigen Friedens.114 Das Lukas-Zitat „Die Menschen werden den Engeln Gottes gleich sein“115 (Lk. 20,36) liegt der Gegenüberstellung von Engel und Mensch zugrunde, die in der Betrachtung 363 besonders deutlich formuliert wird: Die Engel führt Christus zur Umarmung ihres Bräutigams, uns löst er aus den Armen der Buhle Welt. Jene macht er stark und standhaft zum Genuß des Bräutigams, seiner selbst, uns zum Verzicht auf Frau Welt. Jene erhält er in der Schau oder Erfüllung, uns im Glauben und Hoffen. Ihnen gibt er die vollkommene Freude in der wahren Seligkeit, uns Geduld in der Trübsal. Ihnen ein glückseliges Leben, uns aber viel mit einem kostbaren Tod. Ihnen das Leben für ihn, Gott, uns das Sterben für die Welt. Ihnen Freude an seinen Gütern, uns Schmerz an unsern Übeln. Ihnen fröhliche Herzen, uns reuige. Ihnen Gerechtigkeit, uns Buße. Ihnen die Vollendung, uns den Beginn im Guten.116

Ausgehend von einer Überlegung zum Verhältnis Bild und Abbild, beziehungsweise Form und Materie, führt Guigo die Vervollkommnung der menschlichen Seele durch die Gottesliebe ein. Als eindrückliches Bild verwendet er einen Düngerhaufen aus Gold, wo die Materie besser als die Form ist und vergleicht es mit einem goldenen Engel, bei dem die Form, das Abgebildete, besser ist als die Materie. Überträgt man nun dieses Verhältnis auf die Seele, die in dieser Analogie die Materie bildet, so wird ihre Gestalt „besser und köstlicher als ihr Wesen“, wenn sie auf Gott ausgerichtet ist: „Denn dem Wesen nach ist sie Seele, der Gestalt nach aber, wenn man es aussprechen darf, Gott. Denn ‚ich habe gesagt: Götter seid ihr und Söhne des Allerhöchsten allesamt.‘“117 113

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Med., 98, 38: „Was ist Nutzen? Wahrheit. Sie freut die Besten der Engel und Menschen und geht somit offensichtlich über alles“; Med. Guig., 132: Quid est utilitas? Veritas. Quae, quia delectat optimos angelorum et hominum, super omnia esse convincitur. Med., 141, 48: „Lass nicht Dinge der Zeit die Ursache deines Friedens sein. Denn genau so wertlos und brüchig wird er alsdann sein wie sie. Solchen Frieden hast du mit dem Vieh gemein. Dein Friede sei mit den Engeln gemein, der Friede, der aus der Wahrheit quillt“; Med. Guig., 146: Non sint temporalia causa pacis tuae: tam vilis enim ac tam fragilis erit quam illa. Haec pax tibi communis est cum brutis; tua sit cum angelis, id est quae de veritate procedit; Med., 165, 53: „Der Wahrheit folgt Frieden ohne Ende - das Band der Engel; der Lüge Ach und Weh - der Bund mit Satan“; Med. Guig., 152: Veritatem sine fine pax sequitur, communis cum angelis. Mendacium, labor et dolor, communis cum diabolo. Med., 430b, 141. Med., 363, 113; Med. Guig., 236: Angelos ducit Christus in amplexum sposni sui, non avellit ab adultero, id est mundo. Illos fortes et constantes efficit ad fruendum sponso, id est se, nos ad carendum adultero, id est mundo. Illos tenet in specie seu re, non in fide et spe. Illis perfectum dat gaudium in ver beatitudine, nobis tolerantiam in tribulatione. Illis beatam vitam, nobis autem ut multum pretiosam mortem. Illis vivere sibi, id est Deo, nobis mori muno. Illis gaudere de suis bonis, nobis dolore de nostris malis. Illis laeta corda, nobis contrita. Illis iustitiam, nobis paenitentiam. Illis finem, nobis initium boni. Zu den augustinischen Bezügen vgl. MURSELL (Anm. 46), 19f. Med., 360, 111; Med. Guig., 232–234: Substantialiter enim anima, formaliter autem, si dici fas est, Deus est. ‘Ego enim dixi: dii estis, et dilii excelsi omnes.’

Die umstrittenen dionysischen Quellen 343

Erst in den letzten zwölf Meditationen stellt Guigo die Frage, wie Gott zu lieben sei (mit der Bernhard dann auch seinen Traktat ‚De diligendo deo‘ eröffnen wird): „Was ist nun die naturvolle Schönheit der Seele? Ihre Hingabe an Gott. In welchem Ausmaß? Aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüte und aus allen Kräften.“118 „Die wahre Vollendung“, fährt Guigo fort, bestehe darin, ein „jedwedes Ding so hoch zu werten, wie es zu werten ist.“119 Die Erkenntnis der ‚wahren Größenordnung‘ bezieht sich auf die göttliche Hierarchie. Dieser letzte Teil der ‚Meditationes‘ unterscheidet sich von den vorangehenden Meditationen: Hier führt Guigo die einzelnen thematischen Stränge zusammen und löst die Spannung auf, die in den über 400 Meditationen aufgebaut wurde, indem er die einzige systematische Darstellung mit sich aufeinander beziehenden Meditationen liefert (Meditation 464–476).120 In den ersten drei Meditationen stellt Guigo eine teleologische Anthropologie vor und spricht von einer „naturvollen Schönheit“ und „wahren Vollkommenheit“ der Seele, die die Voraussetzungen für die Gottesschau sind. Die „naturvolle Schönheit“ der Seele beschreibt hierbei den affektiven über Selbsterkenntnis führenden Weg, die „wahre Vollkommenheit“ hingegen den intellektiven Weg zur Gotteserkenntnis. Die „Schönheit“ der Seele betrifft dabei die Ausbildung ihrer Gottesebenbildhaftigkeit, deren Makel einen Mangel bezeichnet, wie das Verblassen von Rot bei einer Rose oder der Mangel an süßlichem Duft bei einer Lilie.121 Die „wahre Vollkommenheit“ bezieht sich nun auf die intellektiven Fähigkeiten der Seele, die wahre Größenordnung und Hierarchie der Dinge zu erkennen und zu bewerten. Dionysius Areopagita hatte Hierarchie als „eine geheiligte Ordnung, Wissenschaft und Wirksamkeit, sich Gottes Art so gut wie möglich an(zu)gleichen“122 definiert, deren Zweck letztendlich in der „Einswerdung“ mit Gott liege.123 Guigo scheint 118

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Med., 465, 156; Med. Guig., 294: Quae est ergo naturalis animae pulchritudo? Devotam esse erga Deum. Et quantum? Ex toto corde, et ex tota anima, et ex tota mente, et ex omnibus viribus. Med., 466, 157; Med. Guig., 294: Rationalis creaturae vera perfectio est, unamquamque rem tanti habere, quanti habenda est. MURSELL (Anm. 46), 36–46. Med., 465, 156: „Wenn die Rose nicht mehr rot ist und die Lilie nicht mehr duftet, mag es für mich wohl in etwa schade sein als Liebhaber derartiger Genüsse. Doch für sie, für Rose und Lilie, ist es weit wesentlicher und schlimmer, da sie ihrer naturgewollten und eigentlichen Schönheit so beraubt wären“; Med. Guig., 294: Nam si rosa desistat rubere, vel lilium bene olere, damnum quidem mihi nonnullum esse videbitur, voluptates huiusmodi diligenti; sed eis, id est rosae et lilio, multo maius multoque infestius, naturali ac propria pulchritudine viduatis. Dionysius Areopagita: ‚De ecclesiastica hierarchia‘ (Anm. 61), 164, D 36. Dionysius Areopagita: ‚De ecclesiastica hierarchia‘ (Anm. 61), 165, 1 A; Dionysius Areopagita: ‚Über die kirchliche Hierarchie‘, übers. u. hg. v. GÜNTER HEIL, Stuttgart 1986, 36: „Zweck der Hierarchie ist demnach: Angleichung an Gott so gut wie möglich und Einswerdung mit ihm

344 Myrtha de Meo-Ehlert

sich auf diese Definition zu stützen, stellt aber keinen direkten Bezug zu Dionysius her. Ob der Dionysius-Bezug des letzten Teils der ‚Meditationes‘ den mittelalterlichen Lesern bewusst war, kann nicht abschließend beantwortet werden, weil für diesen Beitrag nur eine partielle Untersuchung der Handschriften geleistet werden konnte, die jedoch keine besonderen Leserspuren zu Tage gebracht hat. Daraus kann zweierlei geschlussfolgert werden: Entweder war der Bezug zu Dionysius so offensichtlich, dass er keine Kommentierung und Hervorhebung bedurfte, oder aber er war so subtil, dass er von zeitgenössischen Lesern übergangen wurde. In die moderne Forschungsliteratur ist dieser Bezug nicht eingegangen. Zusammenfassend kann betont werden, dass die Ausführungen zur Gottesliebe in den ‚Meditationes‘ von Guigo einen ähnlichen Schwerpunkt in der Gegenüberstellung von Selbstliebe und Gottesliebe setzen wie in ,De diligendo deo‘, ohne jedoch eine Gradualität aufzuzeigen. Gleichzeitig tritt bei Guigo ein Bezug zu Dionysius gerade über den Begriff der Hierarchie hervor, der bei Bernhards Ausführungen keine Rolle spielt. Schließlich sollte hervorgehoben werden, dass die ‚Meditationes‘ von Guigo dem Kartäuser durch den Brief von Bernhard sowie die spätere Ausarbeitung im Brieftraktat ,De diligendo deo‘ ein größeres Publikum erreichten und die Gegenüberstellung von Selbstliebe und Gottesliebe durch Bernhard weiterentwickelt wurden. Bereits in den ‚Meditationes‘ findet sich eine philosophische Definition der unio mystica, die bei Bernhard unter der metaphernreichen Sprache fast versinkt, aber dennoch angesprochen wird: die Unterscheidung zwischen essentia substantialiter und essentia formaliter.124 Guigo schreibt diesbezüglich: „Dem Wesen nach ist die Seele Seele, der Gestalt nach, wenn es zu sagen erlaubt ist, Gott.“125 Im Gegensatz zu Bernhard findet sich bei Guigo ein deutlicherer Bezug zum hierarchischen Liebesmodell von Dionysius Areopagita, das in ,De diligendo deo‘ unberücksichtigt bleibt. In den Abschnitten 467–470 unterscheidet Guigo zwischen der Liebe unter Gleichen, Höheren zu Niedrigeren und Niedrigeren zu Höheren, wobei er diese Beziehungen nicht wie

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als Führer und Geleiter zu jeder Art geheiligter Wissenschaft und Wirksamkeit in stetem Hinblicke auf seine (reinste) göttliche Schönheit“ und 165, B 20 (ebd., 37): „Wer also das Wort ‚Hierarchie‘ ausspricht, bezeichnet ganz allgemein eine Art von geheiligter Gliederung, Abbildung der Schönheit des Gottesprinzips, welche in hierarchisch gegliederten Ordnungen und Wissenschaften die Mysterien der ihr eigenen Erleuchtung begeht und sich an das ihr eigene Prinzip angleicht, so weit es ihr zusteht. Denn für jeden an der Hierarchie Beteiligten bedeutet Vervollkommnung: zu einer nachahmenden Darstellung Gottes aufzusteigen im Rahmen der Möglichkeiten des jeweiligen Standes.“ RUH (Anm. 4), 216. Med., 360, 111.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 345

Dionysius von Gott ausgehend betrachtet, wo die Liebe unter Gleichen die innertrinitarische Liebe bezeichnet. Vielmehr überträgt er sie auf den Menschen und bestimmt hier die Liebe unter Gleichen als die Nächstenliebe.126 Guigo beginnt seine Argumentation über das Gebot der Gottesliebe „aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüte und aus allen Kräften“. Er räumt jedoch gleichzeitig ein, dass eine solche der Hierarchie Gottes entsprechende Liebe nicht möglich sei, weil der Mensch dafür zunächst die Größe Gottes erkennen müsste, die jedoch außerhalb seines Erkenntnisvermögens liege: „Gott muß es [das Geistwesen] darum so hoch einschätzen, wie ihm zukommt. Er ist aber einzuschätzen, wie er groß ist. Nach seiner Größe kann es ihn jedoch nicht einschätzen, wenn es seine wahre Größe nicht kennt.“127 Aufgrund der wesenhaften Differenz von Mensch und Gott könne der Mensch nur eine unvollständige Kenntnis von Gott besitzen, die im Vergleich zu seinem Wissen um sich als „Blindheit und Nichtwissen“ betrachtet werden müsse.128 Eine wahre Gotteserkenntnis, d.h. der Größe Gottes (oder, um es in Guigos Worten zu formulieren, „nach seiner Größenordnung“), komme nur der dreifaltigen Gottheit zu, da sie allein ihre wahre Größe erkennen und lieben könne.129 Wirft man nun einen Blick in ‚De divinis nominibus‘ des Dionysius, einen Text, den Guigo womöglich bei seinen Ausführungen über die göttliche Größe im Hinterkopf hatte, aber nicht explizit nennt, so kann man dort über diese unfassbare göttliche Größe nachlesen: „[D]ieses Große ist unbegrenzt, ohne Quantität und ohne Zahl, und dieses ist der Überschwang gemäß der absoluten und überaus gedehnten Ergießung der unumfaßbaren Größe.“130 Auch Guigo betont die Unvergleichlichkeit Gottes131 und leitet daraus den 126 127

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Ebd., 467–471, 158–160 und DN 4, 11. Med., 466, 157; Med. Guig., 296: Deum itaque tanti debet habere, quanti habendus est. Tanti autem habendus est, quantus est. Tanti vero eum quantus est habere non poterit, nisi quantus est noverit. Med., 466, 157: „Im Maße nämlich sein Wesen das unsre, im gleichen Maße überragt sein Wissen um sich das unsere. Wie daher im Vergleich mit seinem Wesen das unsre nichts ist, so ist unser Wissen um ihn, wird es neben sein Wissen um sich gehalten, Blindheit und Nichtwissen“; Med. Guig., 296: Quantum enim nostram eius essentia, tantum nostram eius de se ipso vincit notitia. Unde sicut essentiae eius nostra collata nihil est, ita notitiae eius de se, si nostra comparetur, caecitas et ignorantia est. Med., 466, 157: „Allein also seine Kenntnis von sich ist eine vollkommene und ebenbürtige. […] Denn er allein liebt sich vollkommen seiner Größe entsprechend, da er allein vollkommen weiß, wie groß er ist“; Med. Guig., 296: Sola igitur eius de se perfecta ac sibi aequalis notitia est […]. Sicut ergo sola eius de se sibi perfecta cognitio, ita sola eius de se aequalis et par est toto diligit. DN, 452–454; NG, IX, 2, 326, 53. Med., 468, 158: „Gott ist nichts vorangestellt, nichts gleichgestellt, nichts zur Hälfte oder zu einem Drittel oder zu irgendeinem, bis unendlich kleinen Teil vergleichbar. Nichts darf das

346 Myrtha de Meo-Ehlert

absoluten Vorrang Gottes gegen alles ab. Doch darf dies als bewusster Bezug oder als Abhängigkeit vom ‚Corpus Dionysiacum‘ gewertet werden? Wenden wir uns an dieser Stelle Dionysius zu.

V.

Dionysius Areopagita

Das ‚Corpus Dionysiacum‘ ist ein Schlüsselwerk für die mittelalterliche Mystik, das seine Bedeutung durch die Autorität ihrer historisch nicht belegten Autorschaft gewinnt: Dionysius soll der Schüler von Apostel Paulus gewesen sein. Die Identifizierung mit dem Athener Dionysius aus der Apostelgeschichte 17,34 stützt sich auf die drei Stellen im Werk, in denen auf Zeitzeugen der Heilsgeschichte wie auf eigene Zeitgenossen angespielt wird.132 Die Authentizität der Werke wurde immer wieder diskutiert und bereits im 6. Jahrhundert auf dem Konzil von Konstantinopel (532) in Frage gestellt und fand erst durch Maximus Confessor allgemeine Anerkennung.133 Thomas von Aquin, dem die neue Proklos-Übersetzung von Wilhelm von Moerbeke zur Verfügung stand, stellte erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen den beiden Autoren fest und führte erstmals die These ein, das Dionysius Proklos kopiert habe. Heutzutage wird Dionysius als „sophisticated late-fifth-century pseudepigrapher“134 angesehen, der die lateinische Kirche als „the archetypal Christian theologian“135 erobert habe. Das ‚Corpus Dionysiacum‘ ist auf Griechisch in 141 vollständigen Handschriften und in weiteren 16 Fragmenten überliefert. Es wurde im Mittelalter fünfmal ins Lateinische übersetzt: (1) 827 erhielt der fränkische Kaiser Ludwig der Fromme eine Prachthandschrift des griechischen ‚Corpus Dionysiacum‘ vom byzantinischen Kaiser Michael II., eine Handschrift, die von Hilduin, dem Abt von Saint-Denis, im neunten Jahrhundert (ca. 830)

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Geistgeschöpf darum höher, nicht gleich hoch, nichts halb so hoch oder zu irgendeinem unendlich kleinen Teil so hoch einschätzen. Nichts darf es mehr, nichts gleichviel, nicht teilweise lieben im Vergleich zu ihm“; Med. Guig., 298: Deo nihil prefertur, nihil aequatur, nihil pro media, vel pro tertia, vel pro quantacumque usque in infinitum parte comparatur. Nihil ergo pluris, nihil tantum, nihil pro parte aliqua, ad comparationem illius diligat. SUCHLA (Anm. 1), 15–35. Maximus Confessor zitiert bzw. verweist ca. 40mal auf Dionysius Areopagita, vgl. POLYCARP SHERWOOD: St. Maximus the Confessor. Four centuries of Charity, London 1955 (Ancient Christian Writers 21) und YSABEL DE ANDIA: Pseudo-Dionysius the Areopagite and Maximus the Confessor, in: The Oxford Handbook of Maximus the Confessor, hg. v. PAULINE ALLEN, BRONWEN NEIL, Oxford 2015, 177–193. SARAH KLITENIC WEAR / JOHN DILLON: Dionysius the Areopagite and the Neoplatonist Tradition. Despoiling the Hellenes, Aldershot 2007, 1. KLITENIC WEAR / DILLON (Anm. 134), 3.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 347

übersetzt wurde.136 Maximus Confessor hatte die griechische Standardversion von Johannes Skythopolis um Randbemerkungen erweitert, Hilduins Übersetzung wurde dann (2) von Johannes Eriugena um 860 für Karl den Kahlen überarbeitet.137 Dieser Text wurde Papst Nikolaus I. übersandt, der (3) Anastasius Bibliothecarius mit einer Textüberarbeitung beauftragte. Anastasius fügte eine Übersetzung der griechischen Scholien von Johannes Skythopolis und Maximus Confessor als Glossen ein, die er in einem codex mixtus auf dem ökumenischem Konzil von Konstantinopel 869/870 fand.138 Diese Übersetzung wird als ‚Corpus Anastasianum‘ bezeichnet und wird in etwa 50 Handschriften tradiert.139 (4) Im 12. Jahrhundert besorgte Johannes Sarracenus eine neue ad sensum Übersetzung, die in der handschriftlichen Überlieferung als translatio nova zirkulierte. (5) Robert Grossetestes Übersetzung, die nach 1235 entstanden ist, besteht aus den vier Traktaten, ‚De divinis nominibus‘, ‚De mystica theologiae‘, ‚De coelestis hierarchia‘ und ‚De ecclesiastica hierarchia‘ und zehn Briefen. Die Überlieferungsgeschichte zeigt, dass man nicht von einem festen Corpus ausgehen kann, sondern für quellengeschichtliche Untersuchungen die historisch verfügbare Übersetzung und die durch die Scholien bedingten Interpretationsanleitungen berücksichtigen muss. Diese rezeptionsgeschichtlichen Hintergrundinformationen dienen einem kontextbezogenen Verständnis der Bezüge zu Dionysius Areopagita, dessen Feder auch diverse Briefe, Legenden, Gebete und Visionen zugeschrieben wurden, die nicht zum festen Corpus gehören, aber durchaus sein Verständnis bedingten bzw. die Autorität des Autors betrafen. In der Schrift ‚De divinis nominibus‘ interpretiert und erklärt Dionysius die verschiedenen Namen Gottes, die in der Bibel zu finden sind. Obwohl 136

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Eine Übersicht zu den verschiedenen Übersetzungen bei SUCHLA (Anm. 1), 62–87 und auch bei MARTIN GRABMANN: Die mittelalterlichen lateinischen Übersetzungen der Schriften des Pseudo-Dionysius Areopagita, in: DERS.: Mittelalterliches Geistesleben. Abhandlungen zur Geschichte der Scholastik und Mystik, München 1926, 449–468. Zu Eriugena vgl. GABRIEL THÉRY: Scot Érigène, traducteur de Denys, in: Archivum Latinitatis Medii Aevi 5/6 (1930/31), 185–278. Hierzu BEATE REGINA SUCHLA: Athanasius Bibliothecarius und Dionysius Areopagita latinus, in: Archiv für Mittelalterliche Philosophie und Kultur 6 (2002), 23–31; DIES.: The Greek ,Corpus Dionysiacum Areopagiticum‘ and its Reception in the Byzantine Tradition, in: Neoplatonism and Christianity, hg. v. IVAN CHRISTOV, Sofia 2004, 9–62; DIES.: Zur geplanten Neuedition der Scholia in ,Corpus Dionysiacum Areopagiticum‘, in: Studia Patristica 27 (1993), 209– 212; zu Maximus Confessor insbesondere JEAN-CLAUDE LARCHET: Saint Maxime Le Confesseur (580–662), Paris 2003; BEATE REGINA SUCHLA: Die sogenannten Maximus-Scholien des ,Corpus Dionysiacum Areopagiticum‘, Göttingen 1980; PETER VAN DEUN: Maxime le Confesseur: état de la question et bibliographie exhaustive, in: Sacris erudiri 38 (1998/99), 485–565; ANDREW LOUTH: St. Denys the Areopagite and St. Maximus the Confessor: A Question of Influence, in: Studia Patristica 27 (1993), 166–174. SUCHLA (Anm. 1), 82 Anm. 46.

348 Myrtha de Meo-Ehlert

diese Namen Gott bezeichnen, steht Gott über diesen Namen, die jeweils nur einen Aspekt der Gottheit benennen. Diese zweigleisige Benennung, der göttlichen Wesenhaftigkeit einerseits und seiner Unfassbarkeit und Übergeordnetheit über diese Kategorien der menschlichen Vernunft andererseits, sind für das Verständnis des dionysischen Liebesbegriffs grundlegend. Im ersten Fall wird die Transzendenz Gottes betont, im zweiten Fall bezeichnet der Name Gott als Ursache aller Dinge, wobei in beiden Fällen nicht die Beziehung des Menschen zu Gott, sondern Gott in sich selbst und Gottes Beziehung zur Schöpfung, deren Erstursache und Quelle er ist, im Vordergrund steht. Dieser Punkt soll hervorgehoben werden, weil die bei Dionysius ursprünglich innertrinitarisch verwendete Begrifflichkeit in der Wirkungsgeschichte des Textes auf die Mensch-Gott-Beziehung übertragen wird. In der Rezeptionsgeschichte werden z.T. einzelne Elemente des ‚Corpus Dionysiacum‘ neu zusammengefügt und Dionysius für ein stufenartiges Aufsteigen zum mystischen Dunkel angeführt, wenn etwa Elemente aus ‚De coelestis hierarchia‘ mit den Anfangsversen von ‚De mystica theologiae‘ verbunden werden.140 Die Gott-Mensch-Beziehung ist im ‚Corpus Dionysiacum‘ keine personale und direkte, sondern vornehmlich eine durch die Sakramente der kirchlichen Hierarchie tradierte.141 Erst in ‚De divinis nominibus‘ und in ‚De mystica theologiae‘ eröffnet Dionysius dem Leser den zweifachen Weg zur Gotteserkenntnis durch intellektuelle Erkenntnis und mystische Schau, wobei letztere in ‚De mystica theologiae‘ als höchste Erkenntnis bestimmt wird.142

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Z.B. Hugo von Balma: ‚Theologia mystica‘, hg. v. JEANNE BARBET, FRANCIS RUELLO, Paris 1995, Bd. 1, Prologus, 126: Sapientia enima haec, quae mystica thologia dicitur, a Paulo apostolo edita, a beato Dionysio Ariopagita, suo discipulo, conscripta, est quae idem est quod extensio in Deum per amoris desiderium; (...) 5, 130: Triplex igitur est via ista ad Deum, scilicet purgativa, qua mens ad discendam veram sapientiam disponibitur; illuminativa, qua mens cogitando ad amoris inflammationem accenditur; et unitiva, qua mens super omnemrationem, incellectum et intelligentiam, a solo Deo sursumacta dirigitur. (...), 144: Cum enim per mentis adfectum anima ad perfectam sponsi caelestis unionem pervenire desiderat, necesse est ut quae pane angelorum quo beati spiritus reficiuntur in gloria, adhuc in mesieria degens, quasi quibusdam micis cadentibus appetit satiari, triplici officio angelorum quasi gradatim ascendendo, immissione divinae influentiae sublevetur, quia eodem pne caelesti et eadem sapientia Ecclesia triumphans et militans instauratur, vivificatur et glorificatur. Quod tiplex sit angeli officium, scilicet purgare, illuminare et perficere (...). Dazu RUH (Anm. 2), 93. Zur Gott-Mensch Beziehung vgl. YSABEL DE ANDIA: Henosis. L’Union à Dieu chez Denys l’Aréopagite, Leiden, New York 1996. Vgl. SUCHLA (Anm. 1), 107–113.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 349

Vor dem Hintergrund der methodologischen Spannung zwischen einem Text und seiner Interpretation, die am Anfang dieses Beitrags angesprochen wurde, möchte ich Dionysius’ Liebesbegriff in ‚De divinis nominibus‘ darstellen. Im konkreten Fall gilt es hervorzuheben, dass die möglichen ‚dionysischen‘ Begriffe bei Guigo (Hierarchie) und Bernhard (entrückende Liebe) in ihrem Originalkontext verankert sind, um einerseits das dionysische Liebesverständnis vor dem ursprünglichen Textzusammengang darzustellen und andererseits der interpretatorischen Leistung der mittelalterlichen Autoren gerecht zu werden. Nach drei einleitenden Kapiteln beginnt Dionysius seine eigentliche Untersuchung der göttlichen Namen im vierten Kapitel, wo die Begriffe ‚Gottheit‘, ‚Schönheit‘ und ‚Liebe‘ vorgestellt werden: Unsere wahrheitsliebende Darstellung erkühnt sich aber auch zu behaupten, daß selbst der Urheber der Schöpfung wegen seines Übermaßes an Güte alles liebt, alles schafft, alles vollendet, alles zusammenhält, alles umkehrt, und daß auch die göttliche Liebe gut ist wegen der Güte des Guten.143

Er fährt etwas weiter unten fort: „Es soll aber niemand argwöhnen, dass wir den Namen ‚Eros‘ wider die Heilige Schrift ehren. Denn meines Erachtens ist es verständnislos und töricht, nicht den Sinn der Absicht zu bedenken, sondern nur die Wortwahl.“144 Es sei nicht das Wort Eros, das gefährlich sei, sondern wie es von den Ungebildeten, die die eigentliche Bedeutung des Wortes nicht begreifen, aufgenommen werde. Der Autor scheint besorgt zu sein, dass man ihn missverstehen könne und er präzisiert: Damit es jedoch nicht scheine, dass wir dieses sagen, weil wir wider die Heilige Schrift auftreten wollen, so mögen diejenigen, die den Namen ‚Eros‘ verwerfen, auf die Heilige Schrift selbst hören: ‚Liebe sie‘, heißt es, ‚und sie wird Dich beschützen‘, ‚halte sie hoch, dann wird sie Dich erhören; sie bringt Dich zu Ehren, wenn Du sie umarmst‘ (Sprüche, 4.6; 4.8).145

Diese Warnung spielt auf die Geschichte der Auslegung des Hoheliedes an, in der die Differenzierung zwischen Eros und Agape bzw. zwischen amor 143

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NG, 49–50; DN, IV, 708, 13 B; 201,2–202,1 (E): Et est etiam divinus amor optimus et optimi per otpimum; ipse enim benefactor exsistentium amor, in optimo per excellentiam ante subsistens, non sinit ipsum infecundum in se ipso manere, movit autem ipsum in agendum juxta omnium genitivam excellentiam. NG, 50; DN, IV, 1, 7; 202,1 (E) und (S): Et non aliquis nos opinetur praeter eloquia amoris nominationem commendare. Est enim irrationabile quidem et pravum (ut arbitror) non virtuti intentionis intendere, sed dictionibus. NG, 50; DN, IV, 11; 207,4–208,3 (E): Verumtamen ut non haec dicere putemur tamquam divina eloquia submoventes, audiant hanc amoris nominationem criminitantes ‚ama eam (inquit) et costodiet te, amplexare eam et axaltabit te honora eam ut te comprehendat‘, et quaecumque alia secundum amatorias theologias laudantur.

350 Myrtha de Meo-Ehlert

und caritas eine wichtige Rolle spielte, auf die ich aber in diesem Zusammenhang nicht weiter eingehen werde.146 Während Agape eine selbstlose Liebe meint, bezeichnet Eros die sinnlich erfahrbare Liebe. Obwohl Dionysius auf ‚Theologen‘ anspielt, welche den Begriff Eros als über Agape erhaben ansähen147 oder beide Begriffe synonym verwendeten,148 ist er sich der Tatsache bewusst, dass der Begriff Eros von den meisten missverstanden werde. Gerade um ein richtiges Verständnis der Mehrheit zu erleichtern, sei in der Bibel der Ausdruck Eros verwendet worden, so Dionysius: Für diejenigen aber, die in der rechten Weise auf das Göttliche hören, werden die Namen ‚Agape‘ und ‚Eros‘ gemäß den göttlichen Offenbarungen von den vortrefflichen biblischen Schriftstellern in demselben Sinn benutzt. Kurz, es besitzt dieser Name eine einende, bindende und vorzüglich vermischende Kraft, die im Anmutigen und Guten wegen des Anmutigen und Guten ehevor besteht und aus dem Anmutigen und Guten wegen des Anmutigen und Guten sich ergießt und einerseits das Gleichrangige in gemeinschaftlicher Gegenseitigkeit zusammenhält, andererseits die ersten Rangordnungen zur Fürsorge für die Untergeordneten bewegt und die Bedürftigeren in der Hinwendung zu den Höherstehenden gründet.149

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Im Proömium von Origenes’ Hoheliedkommentar finden wir eine kurze Anmerkung und Erklärung für den Gebrauch von Agape anstelle von Eros, wenn es um die biblischen Verse geht, vgl. Origenes: Werke, Prolog, Bd. 8, Leipzig 1925, 68–70 und Origines: Commentario al Cantico dei Cantici, hg. v. MARIA ANTONIETTA BARBÀRA, Bologna 2005, 291. Auch Gregor von Nyssa zieht den Gebrauch des Wortes Eros in seinem Kommentar zum Hohelied (‚Homilia I in Canticum Canitcorum‘ 23, 6) in Zweifel und bevorzugt wie Origenes die Verwendung von Agape für die Liebesbeziehung von Gott und Seele. Zu Dionysius Areopagita und Gregor von Nyssa vgl. THEODOROS ALEXOPOULOS: Paradoxe Formulierungen bei Dionysios Areopagita mit speziellem Bezug auf Gregor von Nyssa, in: Vigiliae Christiane 62:1 (2008), 43–78. Gregor von Nyssa spielt in der Ausarbeitung der hierarchischen Gnadensnökonomie und der Sakramentenspendung als Zeugnis der Gott-Mensch-Beziehung eine wichtige Rolle, vgl. Gregor von Nyssa: Hom. 1, 155; grundlegend hierzu ANDRES NYGREN: Eros e Agape, La nozione cristiana dell’amore e le sue trasformazioni, Bolgona 1971 und ARTHUR HILARY AMSTRONG: Platonic Eros and Christian Agape, in: Downside Review 79 (1961), 105–121; ANN MATTER: The Voice of My Beloved: The Song of Songs in Western Medieval Christianity, Philadelphia 1990; HANNAH MATIS: Early-Medieval Exegesis of the Song of Songs and the Maternal Language of Clerical Authority, in: Speculum 89:2 (2014), 358–381; JOSEPH JONES: The ‚Song of Songs‘ as a Drama in the Commentators from Origen to the Twelfth Century, in: Comparative Drama 17:1 (1983), 17–39. NG, IV, 12, 51: „Und doch scheint einigen unserer heiligmäßigen Lehrer der Name ‚Eros‘ noch erhabener zu sein als der Name ‚Agape‘.“ NG, IV, 12, 51: „Mir nämlich scheint es, daß die biblischen Schriftsteller die Namen ‚Agape‘ und ‚Eros‘ zwar für Synonyme halten, dennoch aber wegen der sonderbaren dunklen Vorstellung solcher Menschen den wahrhaft verstandenen Namen ‚Eros‘ lieber den göttlichen Dingen zuschreiben“. DN, 213,2–215,2 (S): Ab audientibus autem recte dilectionis et amoris nomen, secundum divinas manifestationes. Et est hoc virtutis unificae et conjunctivae et differenter concretivae, in pulchro et bono propter pulchrum et bonum praeexsistentis, et ex pulchro et bono propter pulchrum et bonum tributae, et continentis coordinata secundum communicativam alternam habitudinem, moventis autem prima ad subjectorum providentiam, et collocantis minus habentia in superioribus conversionem.

Die umstrittenen dionysischen Quellen 351

Dionysius erklärt sein Verständnis von göttlicher Liebe erneut mit folgenden Worten: „So zeigen die Höherstehenden Fürsorge für die Bedürftigeren, die Gleichrangigen gegenseitigen Zusammenhalt und die Untergeordneten herrlichere Hinwendung zur ersten Rangordnung.“150 Nachdem Dionysius also in einem ersten Schritt den missverständlichen und den korrekten Gebrauch des Begriffs ‚Liebe‘ in Bezug zur Gottheit erläutert hat und in einem zweiten Schritt eine erste Definition der Liebe als vereinende Kraft durch die verschiedenen Formen eines hierarchischen Verhältnisses der zu vereinenden Teile bietet, definiert er schließlich die göttliche Liebe per se. Wir wollen nun sagen, dass es eine einzige einfache Kraft gibt, die sich zum Zweck einer einenden Vermischung durch sich selbst von dem Guten bis zum Entlegensten des Seienden bewegt, sich selbst von da aus hinwieder nacheinander durch alles Seiende aus sich, durch sich, und in sich zum Guten emporhebt und sich für immer auf gleiche Weise um sich selbst dreht.151

Während in der vorherigen Definition von Liebe als bindender Kraft die drei verschiedenen hierarchischen Verhältnisse – von Übergeordneten zu Untergeordneten, zwischen Gleichrangigen und von Untergeordneten zu Übergeordneten – explizit behandelt werden, findet sich in dieser Erklärung eine allgemeinere Formulierung, die gleichzeitig die Idee der Emanation aufgreift.152 Aus dieser Perspektive bedarf das dionysische Liebeskonzept notwendigerweise einer Vermittlung der gegenseitigen Liebe von Seele und Gott, welche nur in einer gottgegebenen Form stattfinden kann, d.h. in den durch die Kirche verwalteten Sakramenten. Es handele sich, so der Byzantinist RIST, also nicht um ein Konzept einer relationalen Liebe, wie wir sie z.B. in der augustinischen Tradition hinsichtlich der innertrini-

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DN, IV, 11, 215,3–216,1 (S): Et monstrant: quidem superiora providentiae facta minus habentium, et coordinata sui invicem continentiae, et subjecta divinioris conversionis ad prima. DN, IV,17, 229,1–230,1 (S): dicamus quia una quaedam est simplex virtus per se motiva ad unitivam quamdam concretionem, ex bono usque ad extremum exsistentium, et ab illo rursus consequenter per omnia ad bonum, ex eadem et per eamdem et in eadem se ipsam reflectens, et ad eamdem semper eodem modo revoluta. SUCHLA (Anm. 1), 53f. RIST, der das Verhältnis von Dionysius Areopagita zum Neoplatonismus untersucht hat, sieht in diesem Abschnitt eine Abhängigkeit zu den ‚Erotischen Hymnen' von Hierotheus, obwohl kein Autor mit diesem Namen identifiziert werden konnte und gemeinhin angenommen wird, dass diese Hymnen eine Erfindung von Dionysius seien, s. JOHN RIST: Pseudo-Dionysius, Neoplatonism and the weakness of the soul, in: DERS.: Man, Soul and Body, Aldershot 1996, 135– 161, hier 147–149. ‚Hierotheus‘ wird in den ‚Göttlichen Namen‘ genannt und als geistlicher Lehrer von Dionysius präsentiert (DN III 2, 681A; III 3 684D). Für eine synthetische Übersicht zur Forschungskontroverse der Identifizierung s. GIOVANNI REALE: La creazione emblematica della maschera del maestro Ieroteo, in: Dionigi Areopagita. Tutte le Opere, hg. v. PIERO SCAZZOSO, Mailand 2009, 12–14 und Symeon Neos Theologos: Hymnen. Einleitung und kritischer Text, hg. v. ATHANASIOS KAMBYLIS, Berlin 1976 (Supplementa Byzantina 3), XXIV–XXX.

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tarischen Beziehung finden, vielmehr wird es um die hierarchischen Formen der Beziehung zu den Geschöpfen erweitert.153 Hierarchie betrifft dabei nicht die hervorgehobene Stellung, die Liebe unter den Tugenden einnimmt, sondern die Beziehung der Liebenden. Augustinus hob die Dualität von caritas und cupiditas und ihre Unvereinbarkeit hervor, die in Dionysius Ausführungen teilweise fehlt, wodurch Eros den Platz der höchsten theologischen Tugend einnimmt, während die verschiedenen Formen von Liebe durch das Subjekt bestimmt werden. Den Eros, ob wir ihn göttlich oder engelhaft oder intelligent oder psychisch oder physisch nennen, wollen wir als einende und vermischende Kraft begreifen, die die Höherstehenden zur Fürsorge für die Bedürftigeren bewegt, die Gleichrangigen dagegen zum gegenseitigen Zusammenhalt und zuletzt die Untergeordneten zur Hinwendung zu den Überlegenen und Höherstehenden.154

Der göttliche Eros ist ekstatisch, „entrückend“, und die Teilhabe an der göttlichen Liebe wird als „Verzückung“ bezeichnet. Der göttliche Eros ist aber auch entrückend und läßt nicht zu, daß die Liebenden sich selbst angehören, sondern nur dem Geliebten. (…) Aus diesem Grunde verkündet auch der große Paulus, nachdem er in Verzückung zum göttlichen Eros geraten ist und dessen entrückende Kraft erlangt hat, mit gottbegeistertem Mund: ‚Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir‘ (Gal. 2,20).155 153

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JOHN RIST: A Note on Eros and Agape in Pseudo-Dionysius, in: Vigiliae Christianae 20:4 (1966), 235–243, hier 240; vgl. Augstinus: ,De Trinitate‘, VIII, x, 14: Tria quaedam in charitate, velut vestigium Trinitatis. Quid est autem dilectio vel charitas, quam tantopere Scriptura divina laudat et praedicat, nisi amor boni? Amor autem alicujus amantis est, et amore aliquid amatur. Ecce tria sunt; amans, et quod amatur, et amor. Quid est ergo amor, nisi quaedam vita duo aliqua copulans, vel copulare appetens, amantem scilicet, et quod amatur? Et hoc etiam in externis [1] carnalibusque amoribus ita est: sed ut aliquid purius et liquidius hauriamus, calcata carne ascendamus ad animum. Quid amat animus in amico, nisi animum? Et illic igitur tria sunt: amans, et quod amatur, et amor. Restat etiam hinc ascendere, et superius ista quaerere, quantum homini datur. Sed hic paululum requiescat intentio, non ut se jam existimet invenisse quod quaerit, sed sicut solet inveniri locus, ubi quaerendum est aliquid; nondum illud inventum est, sed jam inventum est ubi quaeratur: ita hoc dixisse suffecerit, ut tanquam ab articulo alicujus exordii caetera contexamus. NG, 53; DN, 225,1–226,1 (S): Amorem sive divinum sive angelicum sive intellectualem sive animalem sive naturalem dicamus, unitivam quamdam et concretivam intelligemus virtutem, superiora quidem moventem ad providentiam minus habentium, coordinata autem rursus ad communicativam alternam habitudinem, et in extremis subjecta ad meliorum et superpositorum conversionem.; vgl. auch Augustinus: Predigt 335/C, in: PL 38, 1470f.: Amor mali vocatur cupiditas, amor boni caritas und Predigt 72 über Matthäus 12,23, in: PIERRE-PATRICK VERBRAKEN: Le sermon LXXII de saint Augustin sur l’arbre et son fruit, in: Forma futuri. Studi in onore del Cardinale Michele Pellegrino, Turin 1975, 800–804; vgl. auch JOSEF BRECHTKEN: Zum Verhältnis von amor, caritas und dilectio, in: DERS.: Augustinus doctor caritatis: Sein Liebesbegriff im Widerspruch von Eigennutz und selbstloser Güte im Rahmen der antiken GlückseligkeitsEthik, Meisenheim 1975, 48–55. NG, IV, 13, 52; DN, 216,1–217,1 (S): Propter quod et Paulus magnus, in continentia divini factus amoris, et virtutem ipsius exstasim facientem participans, divino ore: ‚Vivo ego (dicit) jam non

Die umstrittenen dionysischen Quellen 353

Als Beispiel einer Erfahrung dieser göttlichen Liebe gibt Dionysius den raptus Pauli an, ohne eine genauere Erläuterung anzufügen. Diese finden wir in der Überleitung von der Erklärung des göttlichen Namens ‚das Gute‘ zum göttlichen Namen ‚Liebe‘, wo Dionysius über die Bewegungen der menschlichen Seele schreibt und drei Bewegungsarten unterscheidet, die letztendlich alle drei zu einer Gotteserkenntnis führen. Die kreisförmige Bewegung betrifft „das einfache Zusammenwirken der intelligenten Kräfte“ und führt zunächst zu einer Selbsterkenntnis und daraus „zum Anmutigen und Guten, das über allem Seienden, ein und dasselbe, identische, ohne Anfang und ohne Ende ist.“156 Die spiralförmige Bewegung hingegen sei nicht „vernunftgemäß“, sondern vollziehe sich auf „verstandesgemäße und ausführliche Art“, während die geradlinige Bewegung der Seele ausgehend von den sinnlichen Eindrücken und Abstraktionen zu „einfachen und geeinten geistigen Schauungen“ führe.157 Bevor in einem letzten Schritt die Bezüge von ‚De diligendo deo‘ und den ‚Meditationes‘ zu Dionysius Areopagita dargelegt werden und RUHs Umgang mit dieser Quellengeschichte evaluiert wird, lohnt sich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des dionysischen Liebesbegriffs: Dionysius führt den Namen ‚Liebe‘ als emanative Kraft des Guten ein und definiert sie als „einende und vermischende Kraft“, deren Zweck es ist, alles Seiende zum göttlichen Ursprung emporzuführen. Hieraus wird notwendigerweise eine auf Gott gerichtete Bewegung der Seele abgeleitet, die Dionysius auf dreierlei Art bestimmt. Die göttliche Schau ist gekennzeichnet durch eine direkte lineare Bewegung der Seele, die verzückt wird und sie wird mittels der entrückenden Kraft der Liebe erlangt. Die Größe Gottes, die Dionysius in Kapitel IX von ‚De divinis nominibus‘ verhandelt, betrifft Gott als Verursacher jeglicher Größe und Größenordnung, über die er erhaben ist, wobei Dionysius die Unfassbarkeit und Unteilbarkeit Gottes gleichermaßen betont.158

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ego, vivit autem in me Christus‘, sicut verus amator et exstasim passus (sicut ipse dicit) Deo, et non sui ipsius vivens sed amati vita, sicut valde diligibili. DN, IV, 704, 40 D. Ebd., IV, 705, 20 B. NG, 87: „Als ‚der Große‘ nun wird Gott bezeichnet einerseits aufgrund seiner in besonderer Weise vorhandenen Größe, die allem Großen von sich mitteilt, sich von außen über jeder Größe ergießt und erstreckt, jeden Ort umgibt, jede Zahl übertrifft und jede Unendlichkeit überschreitet, andererseits aufgrund seiner Überfülle, seiner Fähigkeit, Großes zu verrichten, und seiner quellenhaften Gaben, sofern diese sich in unermeßlich gebefreudiger Ausschüttung von allem in Besitz nehmen lassen und gänzlich unverringert bleiben, dieselbe Überfülle aufweisen und durch Partizipation nicht beeinträchtigt werden, sondern um so mehr überquellen. Diese Größe ist unbegrenzt, ohne Quantität und ohne Zahl, und darin besteht das Übermaß entsprechend der absoluten und ausgedehnten Ausschüttung seiner unfaßbaren Größe“; DN,

354 Myrtha de Meo-Ehlert

VI.

Resümee: Bernhard, Guigo und ihre Dionysius-Rezeption

Kehren wir nun zu unseren beiden Autoren Bernhard und Guigo zurück und zu ihrer Dionysius-Abhängigkeit. Die Untersuchung hat nicht nur gezeigt, dass Bernhard in seinem Brieftraktat auf die ‚Meditationes‘ von Guigo antwortet, sondern dass er die im Brief an Guigo angedeuteten Aspekte, insbesondere im Vier-Stufen-Modell, systematisch ausführt. Hierbei geht es mir nicht um das Zitat, das von GILSON und WILMART angeführt wird, um Bernhards Lektüre der ‚Meditationes‘ zu belegen, sondern vielmehr um die intertextuellen Bezüge der letzten zwölf Betrachtungen der ‚Meditationes‘ und der Leitfrage von ‚De diligendo deo‘. In beiden Texten wird die Frage gestellt, wozu und wie Gott zu lieben sei, und eine ähnliche Antwort gegeben, was aufgrund der Schriftverweise nicht verwundern dürfte. In beiden Fällen finden wir jedoch in diesem Zusammenhang – obgleich kein explizites Zitat vorliegt – einen direkten Bezug zu Dionysius. Während Bernhard in der Beschreibung der vierten Stufe eine Definition der vereinigenden Liebe anführt, spielt bei Guigo der zweifache Weg zur Gotteserkenntnis und die Ergänzung des affektiven Weges durch den intellektiven Weg eine besondere Rolle, die er zum Schluss mit der Einführung einer dionysischen Hierarchie als ‚Vollendung‘ der Seele verbindet. GILSON hatte den Begriff der ‚entrückenden Liebe‘, den Bernhard im zehnten Kapitel von ‚De diligendo deo‘ verwendet und die Vereinigungs-Metapher der ‚Verflüssigung‘ und Vermischung der Substanzen auf Maximus Confessor zurückgeführt.159 Wie oben hervorgehoben wurde, hatte Johannes Eriugena seiner Dionysius-Übersetzung auch die Schlolien von Maximus Confessor hinzugefügt. Bernhard zitiert in seinem Traktat einen Abschnitt aus den ‚Ambigua‘ des Dionysius-Kommentators Maximus Confessor, die von Johannes Eriugena gemeinsam mit dem ‚Corpus Dionysiacum‘ übersetzt wurden. Dieser Abschnitt betrifft den dionysischen Begriff der ‚Verzü-

159

IX, 2, 909 C–912A (E): Magnus igitus Deus nominatur, secundum quod scit suum magnum, omnibus magnis suis tradens, et omnem magnitudinuem extrinsecus superexcellens et superextentum, universalissimum locum continens, omnem superans numerum, omnem multitudinem transgrediens, et secunum superplenitudinem suam et magnam operationem, et manantes suas donationes, et quantum ipsae ab omnibus participatae secunum multam et largam effusionem, indiminutas omnino sunt et eandem habent superplenitudinem, et non minuntur participationibus, sed et magis supermanant. Magnitudo haec et multa est et informabilis et innumerabilis, et haec est superexcellentia secundum absolutam et superordinatam inacceptabilis magnitudinis effusionem. GILSON (Anm. 29), 40; vgl. De dil., X. 28, PL 182, c. 991. Siehe auch LERNER (Anm. 67).

Die umstrittenen dionysischen Quellen 355

ckung‘ und die Metaphern zur Verdeutlichung der Vereinigung. Die Definition von Liebe als vereinende und vermischende Kraft, durch deren Teilhabe man ihre verzückende Kraft erfahren könne, finden wir in der lateinischen Übersetzung von Eriugena in den folgenden Worten: Est autem et exstaticus divinus amor, non sines se ipsos esse amantes, sed amatorum.160 Zusammenfassend kann also Folgendes festgehalten werden. Erstens besteht durchaus eine Verbindung zwischen Bernhard, Guigo und Dionysius, wobei die Abhängigkeit im Textzusammenhang verankert werden muss. Bernhard hat Guigos ‚Meditationes‘ vor der Abfassung des Brieftraktats ,De diligendo deo‘ konsultiert, da er in den Eröffnungsfragen auf den letzten Teil von Guigos ‚Meditationes‘ Bezug nimmt. Während bei Guigo die Antwort auf die Frage nach der Erlangung der Glückseligkeit direkt mit dem zweifachen Weg zur Gotteserkenntnis verbunden wird und durch die Einführung der Ordnung und Hierarchie eine dionysische Terminologie annimmt, finden wir bei Bernhard den Dionysiusbezug, durch Eriugena vermittelt, in der Definition der ‚entrückenden‘ Liebe. Es handelt sich also um zwei unterschiedliche Arten von intertextuellen Bezügen: Im ersten Fall wird ein eigenständiger Beitrag ausgehend von den ‚dionysischen Kategorien‘ ‚Unermesslichkeit‘ und ‚himmlisches bzw. ontologisches Ordnungsprinzip‘ geliefert; im zweiten Fall findet man eine Veranschaulichung der Definition durch verschiedene Metaphern. Direkte Bezüge, Zitate oder Metaphern können allerdings nicht identifiziert werden. Die sprachliche Ausarbeitung der einzelnen Begriffe der ‚göttlichen Namen‘ unterscheidet sich maßgeblich von den ‚nüchternen‘ Ausführungen bei Guigo und von Bernhards systematischer Ausarbeitung des Vier-StufenModells, was besonders vor dem Hintergrund der Rezeptionsgeschichte von ,De diligendo deo‘ deutlich wird. Zweitens zeigt die Untersuchung, dass der programmatische Forschungsansatz von RUH problematisch ist, weil der Wissenschaftler mit einer bestimmten Forschungsfrage im Hinterkopf die Texte analysiert und nicht vom Text selbst ausgehend die Forschungsfrage formuliert. Die Frage, wie viel Dionysius in Guigo oder Bernhard steckt, ist im Falle von konkreten Nachweisen, direkten Zitaten oder nachweislicher Lektüre, etwa durch Lesespuren in Handschriften, berechtigt, die in den Handschriften der ‚Meditationes‘, die ich gesichtet habe, jedoch nicht vorliegen und für ,De diligendo deo‘ noch ausstehen. Eine textimmanente Analyse hingegen hebt die originäre Gewichtung hervor und zeigt dadurch die Differenzen

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DN, I, 215,1–217,1 (E). NG, 52: „Der göttliche Eros aber ist auch entrückend und läßt nicht zu, daß die Liebenden sich selbst angehören, sondern nur den Geliebten“. Zu Eriugena vgl. MAÏEUL CAPPUYNS: Jean Scot Érigène. Sa vie, son œuvre, sa pensée, Louvain, Paris 1933.

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zwischen Ausgangs- und Endtext, also Quellentext und Rezeptionszeugnis, auf, weil der Textzusammenhang des zitierten Textes, der dem zitierenden Autor zur Verfügung stand, betont wird und dadurch auch die intellektuelle Leistung durch Auswahl, Umformulierung und dergleichen des zitierenden Autors zu Tage tritt. Bildlich gesprochen handelt es sich um eine Spurensuche mit einem Text als Thesaurus, der aus einer Vielzahl einzelner, zum Teil bruchstückhafter Steine neu zusammengesetzt ist, einige ergeben durch Schmelzung, Bleichung oder Überzeichnung neue Formen, ein neues Material oder neue Bilder, andere sind durch ihre Einfügung ins Geschmeide als Einzelstück kaum erkennbar. Betrachtet man die einzelnen Steine, so kann der Finder die Steinbrüche identifizieren oder er kann den Ort und die Funktion des Steins im Steinbruch, die Arbeit des Steinmetzes und die verschiedenen Transportwege und Hände, die ihn getragen haben, Abzweigungen und Abschliffe nachzeichnen. Hierdurch sollte ein vielschichtiges Bild entstehen und ein kleiner Stein zum Leuchten gebracht werden. Vieles bleibt jedoch noch zu klären: Welche Rolle spielt Eriugena in der Überlieferung und Vermittlung von Dionysius? Geben die DionysiusHandschriften, die zur Zeit Guigos zirkulierten, Aufschluss über das Textverständnis? Wie werden Eriugena und Dionysius von anderen Gelehrten des beginnenden 12. Jahrhunderts gelesen, und welche spezifisch ‚kartäusische Lektüre‘ des ‚Corpus Dionysiacum‘ lässt sich für das 12. Jahrhundert ablesen? Vor dem Hintergrund, dass Dionysius Areopagita in späteren Jahrhunderten in den Bibliotheken vieler Kartausen präsent war und vor allem im 15. Jahrhundert vermehrt diskutiert wurde, bildet diese Untersuchung über die Anfänge der Dionysius-Rezeption im Orden der Kartäuser einen Grundstein für zukünftige Forschungen.

Ruusbroec Through the Looking Glass Henry of Coesfeld’s Devotional Theology and Its Influence on Nicholas of Cusa Tom Gaens

Abstract This essay expands on some statements made by the Belgian philosopher Louis Dupré (†2022), who claimed that in Nicholas of Cusa’s texts – especially in ‘De visione Dei’ – one encounters the Trinitarian doctrine of the mystical theologian John of Ruusbroec. It characterizes the Carthusian author Heny of Coesfeld as a mediator between Ruusbroec’s vernacular theology and Cusanus’ early sermons, by showing how the Carthusian’s Trinitarian and Christological thinking was shaped by Ruusbroec’s ideas, and by demonstrating to what extent the Carthusian’s sermons influenced the young Cusan. It specifically focuses on two sermons of Henry of Coesfeld, one on the threefold birth of Christ for the feast of the Nativity of Christ and another on the contemplative and active life for feast of the Assumption of Mary.

To be sure, we know that happiness requires something ultimate, most beautiful, most sufficient, and most delectable, which, indeed, most certainly fits this holiest clinging [to God] in the most certain way. In this life, in fact, as the misery of the present journey allows. In the afterlife, truly, there will be less doubt that God is all things in all things, in fact, all desirable things that can be desired honorably – yes! – the goal of all desires and the most lucid ratio of all knowable things. And, actually, by this good only, the desire of a rational mind can be bounded. Even if, with respect to the intention of its act, it is formally of finite capacity, […] it is however, with respect to the ratio of the desirable, objectively infinite.1 Henry of Coesfeld ‘Sermon on the Feast of Mary Magdalene’

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I would like to thank John Arblaster and Stephen Molvarec, SJ for giving valuable comments and insights to improve this essay. Henry of Coesfeld ‘Sermo in sollempnitate beate Marie Magdalene’, in: Brussels, Koninklijke Bibliotheek, MS 1212 (cat. 1945), f. 18r–19v, there f. 19v: Scimus enim ad felicitatem requiri quod sit quid optimum pulcherrimum sufficientissimum et delectabilissimum que equidem certissime huic adhesioni sanctissime convenire certissimum est. In hac quidem vita ut presentis vi[t]e sinit

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It is a well-known fact that Nicholas of Cusa’s interpretation of the Dionysian tradition was to some extent influenced by the cardinal’s reading of Eckhart and the Cologne Albertists. The Belgian philosopher LOUIS DUPRÉ, however, claimed that this reading was “intrinsically transformed through a Trinitarian theology” that “ultimately derives from Ruusbroec.” According to DUPRÉ, the Brabantine mystical theologian explicitly “chose not to follow” Eckhart, whose “theology of the Image concludes in a wholly negative, supra-Trinitarian dark vision wherein the outgoing movement toward differentiation remains entirely subordinate to the ingoing move toward an undifferentiated Absolute.” For Ruusbroec, “the dynamic rhythm of ingoing and outflowing renders the divine names of Father, Son, and Spirit essential and unsurpassable. Dark contemplation never transcends the Trinity. Mysterious darkness lies not beyond the Father: it is the Father himself.” DUPRÉ concluded that “in Cusanus’s own theory” – especially in ‘De visione Dei’ – “we encounter the Trinitarian doctrine to which Ruusbroec had given its definitive expression.”2 As DUPRÉ also acknowledged, however, there is no solid evidence that Cusanus ever read Ruusbroec.3 I seek to expand on DUPRÉ’s statements by studying the reception of Ruusbroec in the devotional theology of Henry of Coesfeld († 1410), an

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calamitas. In futura vero minus dubium quin deus erit omnia in omnibus omnia quidem desiderabilia que honeste desiderari possunt immo desideriorum finis omnium scibiliumque omnium ratio limpidissima et revera hoc bono solo terminari potest rationalis mentis cupiditas que licet quo ad sui actus intentionem sit formaliter capacitatis finite […] tamen quo ad rationem desiderabilis est obiective infinita (Now, by its natural movement [the intellectual nature] is moved toward most abstract truth – as toward the goal of its own desires and toward the ultimate and most delectable object. And since such an object as this is all things, because it is God, the intellect […] is not satiable until it attains unto God, for it is fully satisfied only by an eternal object. […] Indeed, for the intellectual soul to understand is for it to be; and for it to understand the object of desire is for it to live […] just as, for it, eternal life is finally to apprehend the unchanging, eternal object of its desire; Transl. JASPER HOPKINS: Nicholas of Cusa on Learned Ignorance. A Translation and an Appraisal of ‘De Docta Ignorantia’, Minneapolis ²1990 [Complete Philosophical and Theological Treatises of Nicholas of Cusa 1], 138–139). The parallels with Cusanus’ ‘De docta ignorantia’, III, 10, §240–241 are striking, yet far from literal. LOUIS DUPRÉ: The Mystical Theology of Cusanus’s ‘De Visione Dei’, in: Eros and Eris. Contributions to a Hermeneutical Phenomenology. Liber Amicorum for Adriaan Peperzak, ed. by PAUL VAN TONGEREN et al., Dordrecht 1992 (Phaenomenologica 127), 105–117, here 108–109. A few other Cusanus scholars mention Ruusbroec, mostly in an aside or footnote. See, e.g., PETER CASARELLA: Word as Bread. Language and Theology in Nicholas of Cusa, Münster 2017 (Buchreihe der Cusanus-Gesellschaft 21), 30 n. 34; NANCY HUDSON: Becoming God. The Doctrine of Theosis in Nicholas of Cusa, Washington DC 2007, 106, 127.

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influential Carthusian monk whose works have been overlooked by scholars to date.4 Considering the fact that the Carthusians were of great significance in the circulation of Ruusbroec’s works and the promotion of his thought,5 it is probably no surprise that Henry of Coesfeld’s texts incorporated some key elements of Ruusbroec’s Trinitarian and Christological theology.6 This essay characterizes Henry of Coesfeld as a mediator between Ruusbroec’s vernacular mystical theology and the young Cusanus, given my recent discovery of intertextual dependencies between some of Nicholas of Cusa’s sermons and Henry’s.7 I not only show how the Carthusian’s Trinitarian and Christological thinking was shaped by Ruusbroec’s ideas, but I also hope to demonstrate the extent to which the Carthusian’s sermons influenced Cusanus, especially in some of his early sermons. Specifically, I will focus on two sermons of Henry of Coesfeld, one on the Nativity of Christ and another on the Assumption of Mary. Since Henry’s work remains unedited, I quote from manuscripts.8 In the Appendix to this essay, I provide an overview of dependencies between Henry’s sermons and Cusanus’ early sermons.

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For an introduction to his life and work, see: TOM GAENS: Sic vivere est devote vivere. Henry of Coesfeld as Theologian of Modern-Day Devotion, in: Faithful to the Cross in a Moving World. Late Medieval Carthusians as Devotional Reformers, ed. by MATHILDE VAN DIJK et al., Leiden 2016 (Church History and Religious Culture 96:1–2), 13–39; TOM GAENS: Beter dan het origineel. Kartuizeridealen en de vroege Moderne Devotie, Ph.D. Thesis University of Groningen 2019, 59–106, 293–303. See my doctoral dissertation (ibid., 56–58, 269–272) for a discussion of my use of the term ‘devotional theology’. KENT EMERY JR.: The Carthusians. Intermediaries for the Teaching of John of Ruysbroeck During the Period of Early Reform and in the Counter-Reformation, in: Miscellanea Cartusiensia, ed. by. JAMES HOGG, vol. 4, Salzburg 1979, 100–129; KEES SCHEPERS: Ruusbroec in Latin. Impulses and Impediments, in: A Companion to John of Ruusbroec, ed. by JOHN ARBLASTER, ROB FAESEN, Leiden, Boston 2014 (Brill’s Companions to the Christian Tradition 51), 237–285. TOM GAENS: How Ruusbroec Tastes, Sounds and Smells. Henry of Coesfeld and the GersonGroenendaal Controversy, in: Libros sempiternum animarum cibum custodire voluit. Essays voor Frans Hendrickx, ed. by TOM GAENS et al., Leuven 2017 (Ons geestelijk erf 88:2–4), 178– 208, especially 203 n. 103–106. Ibid., 186 n. 16, 192 n. 54. For an overview of surviving and lost manuscripts containing his work, see GAENS 2019 (n. 4), 293–303.

360 Tom Gaens

I.

Towards a coincident theology. Trinitarian thought and the threefold birth of Christ

Traces of Ruusbroec’s Trinitarian and Christological thinking can be found especially in one of Henry of Coesfeld’s Christmas sermons.9 One finds literal parallels between this text and the young Cusanus’ Sermons II, XI, XVI, and XVII.10 In this sermon on the Nativity, the Carthusian expounds on its meaning as a threefold birth, relating these births to the three masses of the Christmas liturgy: the eternal and divine, inner-Trinitarian begetting of the Son,11 the human and temporal, historical incarnation and birth of Christ,12 and the daily and spiritual, mystical birth of Christ in the soul.13 This thematic 9

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Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali’, in: Brussels, Koninklijke Bibliotheek [hereafter mentioned as KB], MS 1212 (cat. 1945), f. 125v–129r (Inc. Verbum caro factum est … Patres dilectissimi hodie ut noscit caritas vestra …). See Appendix. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 126r: Quas tres nativitates quidam mistice signari asserunt per triplex huius sacre diei misse officium. Primum namque quod in medio noctis tenebris peragitur recte nativitatem [ut aiunt] denuntiat divinam qua ingenitus pater ante omnis create lucis exordium genuit filium suum secundum illud ‘Ante luciferum genui te’ que etiam nimirum omni create menti instar tenebrose noctis est penitus obscura occulta et incomprehensibilis. Quis enim generationem eius huiuscemodi intelliget aut enarrabit? (Which three nativities some assert to be signified mystically through the threefold office of mass on this sacred day. For indeed, the first, which is accomplished in the middle of the night, in darkness, rightly announces, as they say, the divine nativity, by which the unborn Father, before the foundation of any created light, has begotten his Son, according to that ‘Before the day star, I have begotten you’, which, also, to the likeness of the darkness of the night, is without doubt inwardly obscure, hidden, and incomprehensible to every created mind. As a matter of fact, who will understand or explain a begetting of this kind?). Here, Henry is referring to the liturgy of the (Carthusian) Christmas masses. Ibid., f. 126r: Secundum vero quod fit in ortu diluculi recte nativitatem insinuat humanam quapropter ortum solis iustitie mundo recte diluculum diei gratie apparuit. Unde in eodem canitur ‘Lux fulgebit hodie’ que etiam quamvis multum obscuritatis habeat propter supermirabilem unionem Verbi cum carne aliquod tamen instar aurore lucis habet eo quod per eam Dominus nobis similis factus est formam servi accipiens (The second, truly, which happens at the rise of dawn, rightly introduces the human nativity. Wherefore, the rise of the sun of justice, rightly the dawn of the day of grace appears to the world. Hence, on the very same [morning] ‘A light will shine today’ is sung, which, also, although it has much obscurity because of the superwonderful union of the Word with flesh, has however some likeness to the sunrise, in the sense that, through it, the Lord is made similar to us, accepting the form of a servant). Ibid., f. 126r: Tertium vero quod clare die luce celebratur non immerito nativitatem significat spiritualem per quam in die gratie iam plerique lucent in hoc mundo sicut luminaria atque in futuro fulgebunt iusti sicut sol in regno patris eorum que etiam nativitas instar diei est nobis clarior id est notior ceteris eo quod quis eam propria possit sentire experientia (The third, truly, which is celebrated with clear daylight, does – not undeservedly – signify the spiritual nativity, through which, on the day of grace, many shine in this world, just as lights, and also in the

Ruusbroec Through the Looking Glass 361

approach of the threefold birth, which can be traced back to a popular Christmas sermon by John Tauler,14 places Henry in a long tradition of variations on this theme, lasting up to the 16th century.15

I.1.

The bringing-forth of the Word. The eternal and divine birth of the Son

According to Henry, the eternal birth of the Son is so “marvelous” that it might actually be better to remain silent about it, although reflecting on it soberly, piously, and devoutly could be useful.16 This birth is nothing other

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afterlife, the just will shine like the sun in the kingdom of their Father [Mt. 13:43], which nativity, also, like the day, is clearer for us, i.e., more familiar than the other [nativities], in the sense that anyone may be able to sense it by proper experience). Die Predigten Taulers aus der Engelberger und der Freiburger Handschrift sowie aus Schmidts Abschriften der ehemaligen Strassburger Handschriften, ed. by FERDINAND VETTER, Berlin 1910 (Deutsche Texte des Mittelalters 11), 7–12. HUGO RAHNER: Die Gottesgeburt. Die Lehre der Kirchenväter von der Geburt Christi im Herzen des Gläubigen, Innsbruck 1935; JOSEF SUDBRACK: Die Lehre von der dreifachen Gottesgeburt, in: Spiritualität im Wandel. Leben aus Gottes Geist. Festschrift zum 75. Geburtstag von ‘Geist und Leben’, ed. by ANDREAS SCHÖNFELD, Würzburg 2002, 225–230; ROB FAESEN: The Three Births of Christ and the Christmas Liturgy in ‘The Temple of Our Soul’, ‘The Evangelical Pearl’, and the ‘Arnhem Mystical Sermons’, in: Ons geestelijk erf 81:1 (2010), 121–137. In addition to the sermons mentioned here, Nicholas Cusanus also discussed the threefold birth in Sermons XX & XXII. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 126r–v: Est autem hec generatio tam mirabilis omniumque mortalium oculis tam obscura ut nulla eam mens concipere nulla lingua exprimere sufficiat. Quapropter fortassis melius precipue mihi videtur [de ea] tacendum quam quidquam loqui nisi econtrario omnino utile appareret id modicum saltem quod nobis dominus de hac re docere dignatus est sobrie pie atque devote recolere quatenus sic utcumque melius intelligamus evangelium secundum Iohannem ‘In principio erat verbum’ quod hodie legitur et similiter dicta sanctorum que ad eiusdem expositionem leguntur. Presertim cum etiam in qualicumque tam alte rei contemplatione perfectio intellectus consistat non modica. Hoc est enim totum quod suspiramus in via ut ad verbi dei claram contemplationem perveniamus in patria. Hac igitur de causa volo de tam alta atque profunda christi nativitate sub correctione melius sapientium modicum quid quod aliquando ex dictis doctorum secundum paupertatem meam intelligere potui dicere (And this is a begetting so marvelous and so obscure to the eyes of all mortal ones that no mind can conceive it, no tongue is capable of expressing it. Wherefore, it is perhaps better, especially for me, to remain silent about it, rather than to say something, except that, on the other hand, it may appear wholly useful to soberly, piously, and devoutly reflect at least the little that the Lord has deigned to instruct us about this thing, to the extent that, in this way, we may better understand, in one way or another, the gospel according to John ‘In the beginning was the Word’, which is read today, and similary the sayings of the saints that are read for its explanation. Especially also because the no small perfection of the intellect lies in whatever kind of contemplation of such a lofty thing. For this is all that we long for in this life: that we may come to a clear contemplation of God’s word in the afterlife. Therefore, about this thing, about the so lofty and mysterious nativity of Christ, I want to say a little – reserving the correction of those who know better – which, in my destitution, I could sometimes understand from the sayings of the doctors).

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than the intellectual going out of the Word from God the Father, or the bringing-forth of the divine Word. Scripture shows that God – as the “intellectual beginning” of creation – acts through intellect and will, and hence there must be in him an intellectual or mental word, in which he understands himself and other things.17 Similar to Ruusbroec, Henry thus posits in God a self-understanding, and at the same time, as creator and governor of the world, an understanding of multiple things other than himself. Because it is of the nature of a word that it is the word of someone who is speaking, – Henry calls it the word of the one “wording” (i.e., uttering) the word (verbum quasi verbantis verbum) – the Word must somehow be discriminated in God, since nothing begets itself.18 This wordplay leads Henry – vaguely echoing Tauler’s treatment of the divine nativity – to a digression on the ways in which the Word can be distinguished. In the expression “the Word proceeds from God”, God has to be understood as God the Father, i.e., as the divine person, and thus the Word can be personally

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Ibid., f. 126r: Est igitur primo notandum quod nichil aliud est filii dei divina nativitas quam processus intellectualis verbi a deo patre vel quam divini verbi productio. Cum enim deus benedictus sit principium intellectuale omnis creature agens per intellectum et voluntatem secundum illud Omnia quecumque voluit [dominus] fecit in celo et in terra. Et illud Ipse dixit et facta sunt ipse mandavit et creata sunt. Ideo necesse est quod in ipso sit intellectuale sive mentale verbum in quo se et cetera intelligat (Therefore, it is to be noted, first, that the divine nativity of the Son of God is nothing other than the intellectual procession of the Word from God the Father, or than the bringing-forth of the divine Word. For the blessed God is the intellectual beginning of every creature, acting through intellect and will, according to that ‘Whatsoever the Lord has willed, he has done, in heaven and upon earth’ [Ps. 134:6], and that ‘For he has spoken and they have been made. He has commanded and they have been created’ [Ps. 148:5]. For this reason, it is necessary that in himself there is an intellectual or mental word, in which he understands himself and other things). Ibid., f. 126v: Et cum sit de ratione verbi quod sit alterius verbum. Dicitur enim respective verbum quasi verbantis verbum. Nec quequam notitia proprie dicitur verbum alicuius nisi ab ipso dicatur id est dicendo producatur. Ideo divinum verbum procedit ab aliquo a quo nimirum realiter distinguitur eo quod nichil procedit a se ipso. Nichil enim generat se ipsum, ut dicit beatus augustinus primo de trinitate (And, because it is of the nature of a word that it is the word of another – for, it is respectively called a word almost of the one wording the word, and any notion is not properly called a word of someone unless it is said by him, i.e., it is brought forth by speaking –, for this reason, the divine word proceeds from someone from whom it is evidently really distinguished, in the sense that nothing goes out from itself. For nothing begets itself, as the blessed Augustine says in the first [book] on the Trinity).

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distinguished from the Father.19 Yet, in accordance with the divine perfection, it must be uncreated and infinitely representative, and hence the Word also is the infinite God, and not really essentially distinguishable.20 To better understand these distinctions, Henry refers to the “modern doctors”21, who teach that two things are distinguished, or are not wholly identical, when something is affirmed about one thing that is however negated about the other thing.22 In this way, two distinctions can be “imag-

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Ibid., f. 126v: Sed non procedit a creatura ut notum est ergo procedit a deo non autem procedit ab essentia divina cum illa non distinguatur realiter a filio cum unaqueque persona sit essentia divina nec a deo filio propter idem nec a deo spiritu sancto eo quod spiritus sanctus procedit a verbo quare sequitur quod a deo patre procedit verbum. Et ergo in hac locutione Verbum procedit a Deo hoc nomen deus personaliter debet accipi id est pro persona non autem essentialiter id est pro essentia divina (But it does not proceed from a creature, as it is known, therefore it proceeds from God. And it does not proceed from the divine essence because that is not distinguished really from the Son, because each [divine] person is the divine essence, and not from God the Son, because [it is] the same, and not from God the holy Spirit, as the holy Spirit proceeds from the Word. Wherefore, it follows that the Word proceeds from God the Father. And, therefore, in this utterance ‘the Word proceeds from God’, this name ‘God’ must be understood personally, i.e., for a person, and not essentially, i.e., for the divine essence). Ibid., f. 126v: Sed cum ipsum dei verbum non possit esse accidens divine mentis sicut in nobis [omnibus] contingit et angelis. Cum propter simplicitatem et immutabilitatem dei non cadat in ipsum accidens. Nec possit esse aliqua creata substantia sibi adiacens intrinsice tamquam forma vel extrinsice aliquo modo cum omnia hec divine perfectioni repugnent. Et maxime tum omnis creata res est finita nec aliquod creatum verbum est infinite representativum. Qualiter tamen deus qui infinitus est se et omnia plenarie comprehendit in suo verbo. Ideoque necesse est quod ipsum sit res increata et infinita que nulla alia esse potest quam deus quare verbum quod est in deo omnium rerum principio etiam est deus. Et sic cum tamen sit unus deus a deo non distinguitur realiter essentialiter quamvis a deo patre distinguatur alio modo realiter et hoc est realiter personaliter distingui. Omnis siquidem distinctio essentialis est distinctio realis sed non econverso (But, because God’s word itself can not be accidental to the divine mind, as it happens in us all, and in angels – since, on account of God’s simplicity and immutability, there is no accident in him –, and it can not be some created substance, adding [to him anything] intrinsically, as form, or extrinsically, in another way – since, this would be incompatible with the divine perfection –, and maximally, every created thing is finite and no created word is infinitively representative, yet God, who is infinite, fully comprehends himself and all things in his word, for this reason, it is necessary that [the Word] itself is an uncreated thing and infinite, which cannot be anything else than God. And hence the word that is in God, the beginning of all things, also is God. And in this way, because there is one God, it is not really essentially distinguished from God, although it may be distinguished from God the Father in another real way, and this is to be distinguished really personally, since every essential distinction is a real distinction, but not vice versa). Throughout Henry’s works, the word ‘modern’ is always used in the sense of ‘modern-day’ or ‘of this present era’. Ibid., f. 126v: Et ut istud eo melius capiatur est notandum quod secundum doctores modernos qui loquuntur de distinctione personarum in divinis illa dicuntur in communi distingui inter se vel non esse omnino idem inter se [de] quibus idem opposito sive contradictorio modo dicitur hoc

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ined”: the first is the formal or modal distinction, by which each divine person can be distinguished from the divine essence.23 The second is the real distinction, which can be further subdivided into the real personal or supposital distinction (by which the divine persons can be distinguished), and the real essential distinction (by which the divine essence and each of the divine persons can be distinguished from creatures).24

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est quod idem de uno negatur et de alio affirmatur. Ut si a et b sic se habunt quod c vere affirmatur de uno et vere negatur de altero ut dicendo a est c et nullum b est c vel econverso tunc a et b aliquo modo distinguuntur vel non sunt idem omnino ex parte rei (And so that this may be understood in a better way, it is to be noted that in accordance with the modern doctors that speak about the distinctions of persons in the divine, those things are said to be commonly distinguished between themselves, or [are said] to be not wholly identical among themselves, about which the same is said in an opposed or contradictory way – in other words, the same is negated about one thing and affirmed about the other. So that, if a and b have themselves in a way that c is truly affirmed about one and truly negated about the other, by saying ‘a is c’ and ‘no b is c’, or vice versa, then a and b are distinguished in a certain way, or [they] are not wholly identical from the part of the thing). Ibid., f. 126v: Potest autem imaginari mens dupliciter sic res distingui. Uno modo quod quamvis c dicatur de a affirmative et de b negative vel econtra eo modo quo dictum est non tamen b negatur de ipso a nec econtra hoc est quod propter hoc non est verum dicere quod ipsum a non est b nec quod b non est a. Et hec distinctio vocatur a doctoribus distinctio formalis vel modalis et illo modo essentia divina et quelibet personarum distinguuntur quia de qualibet persona aliquod affirmatur quod tamen negatur de essentia. Hec est enim vera pater generat et similiter hec filius generatur spiritus sanctus spiratur vel procedit. Item hec pater et filius spirant spiritum sanctum. Et tamen nulla essentia divina generat aut generatur spirat aut spiratur prout determinavit sancta mater ecclesia de summa trinitate et fide catholica capitulo dampnamus. Et quamvis hoc ita sit tamen essentia divina est quelibet personarum et econtra. Est igitur concedendum quod essentia divina distinguitur a qualibet persona formaliter id est ex parte dei aliqualiter (And the mind can imagine distinguishing things just like that, in two ways. In one way, that, although c is said about a affirmatively and about b negatively, or vice versa, in the same way as it is said, however b is not negated about a, nor vice versa. In other words, it is not true to say that ‘a is not b’, nor that ‘b is not a’. And this distinction is called a formal or modal distinction by the doctors, and in that way, the divine essence and each of the [divine] persons are distinguished, because about each person something is affirmed that however is negated about the essence. For this is true: ‘the Father begets’, and similarly this: ‘the Son is begotten’, ‘the holy Spirit is spirated or proceeds’. Also this: ‘the Father and the Son spirate the holy Spirit’. However, no divine essence begets or is begotten, spirates or is spirated, just as holy mother the Church determined in ‘On the Supreme Trinity and the Catholic Faith’ in the chapter Dampnamus. And although this is so, however, the divine essence is each of the persons, and vice versa. Therefore, it is to be conceded that the divine essence is distinguished from each person formally, i.e., from the part of God in some way). Ibid., f. 126v–127r: Alio modo potest mens imaginari res distingui quod una etiam negatur de alia ut scilicet sit verum dicere quod nullum a est b et econtrario. Et hec vocatur distinctio realis. Et potest subdividi quia vel est simpliciter talis distinctio quod quamvis verum est dicere quod a sive nullum a est b tamen non est verum dicere quod a non est aliqua res que est b vel hoc est verum dicere. Prima a doctoribus vocatur distinctio realis personalis sive suppositalis quia sic divine persone sive divina supposita a se invicem distinguuntur. Licet enim verum sic dicere secundum fidem catholicam quod pater in divinis non sit filius nec spiritus sanctus et econtra. Non tamen est verum dicere quod pater non est aliqua res que est filius etc. cum sit utique idem deus. Pater

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Distinctions of this kind – in an opposed or contradictory way (opposito sive contradictorio modo) as Henry calls it – were commonly used in the second half of the fourteenth century.25 Some Cusanus scholars have incorrectly interpreted the first way of distinguishing as a Scotist formal distinction.26 But the formal distinction presented by the Carthusian is Ockhamist in origin. In fact, Ockham had adopted a logical rather than an ontological interpretation of the formal distinction,27 allowing it only in the divine, as a way of stating its incomprehensibility.28 Among scholastics, this led to debates on what kind of logic could be applied to the divinity, well into the fifteenth century.29 One could say that this logically formal distinction expresses what is often called the “bipolar” structure of Ruusbroec’s Trinity, i.e., unity living in trinity and trinity being productive in itself. Apart from

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siquidem et filius sunt unum quamvis non sint unus. Alia distinctio vocatur realis essentialis et sic essentia divina et qualibet persona a qualibet creatura distinguitur (In another way, the mind can imagine things to be distinguished so that one thing is also negated about the other, that is to say, so that it is true to say that ‘no a is b’, and vice versa, and this is called a real distinction. And it can be subdivided: either, it is such a distinction that, although it is true to say that ‘a or no a is b’, while it is not true to say that a is not some thing that b is; or, it is true to say this. The first is called a real personal or supposital distinction by the doctors, because in this way, the divine persons or the divine supposits are distinguished from one another. For in accordance with the Catholic faith, it is true to say that the Father in the divine is not the Son, nor the holy Spirit, and vice versa, while it is not true to say that the Father is not some thing that the Son is etc. since each of both is the same God. Accordingly, the Father and the Son are one [unum], although they are not identical [unus]. The other distinction is called a real essential one, and in this way, the divine essence and each person is distinguished from each creature). Most of the theologians of the later fourteenth century, including such leading figures as Henry Totting of Oyta, Henry of Langenstein, and Pierre d’Ailly, adopted such logical distinctions in discussing the divinity. In this sermon (and elsewhere), Henry of Coesfeld seems to have been particularly influenced by Totting, as is clear from the notes in the edition of Cusanus’ Sermon XI, which also mention Bonaventure and ‘De verbo incarnato’, a treatise of a certain ‘Henricus de Hassia’ that has been ascribed by some scholars to Henry of Langenstein. RUDOLF HAUBST: Das Bild des Einen und Dreieinen Gottes in der Welt nach Nikolaus von Kues, Trier 1952 (Trierer theologische Studien 4), 341–342; HANS GERHARD SENGER: Die Philosophie des Nikolaus von Kues vor dem Jahre 1440. Untersuchungen zur Entwicklung einer Philosophie in der Frühzeit des Nikolaus (1430–1440), Münster 1971 (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters 3), 91–93. PAUL THOM: The Logic of the Trinity. Augustine to Ockham, New York 2012 (Medieval Philosophy: Texts and Studies), 161–180. MICHAEL H. SHANK: “Unless You Believe, You Shall Not Understand”. Logic, University, and Society in Late Medieval Vienna, Princeton NJ 1988, 66–67. Ibid. See also ALFONSO MAIERÙ: Logique et théologie trinitaire dans le moyen-âge tardif. Deux solutions en présence, in: The Editing of Theological and Philosophical Texts from the Middle Ages. Acts of the Conference Arranged by the Department of Classical Languages, University of Stockholm, 29–31 August 1984, ed. by MONIKA ASZTALOS, Stockholm 1986 (Studia Latina Stockholmiensia 30), 185–212, 203–205; SARA L. UCKELMAN: Reasoning About the Trinity. A Modern Formalization of a Medieval System of Trinitarian Logic, in: Logic in Religious Discourse, ed. by ANDREW SCHUMANN, Frankfurt/Main et. al 2010, 216–239.

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this, it has been argued that the appearance of the same distinction in Cusanus’ Sermon XVI could be considered as a step in the development of Cusanus’ own coincident theology.30 At the end of Henry’s digression on distinctions in the divine,31 Ruusbroec’s Trinitarian thought clearly shines through. Just as the Brabantine mystical theologian speculates about “enjoyment in rest” in the divine essence and “working in outgoing” in the divine persons, Henry states that, if the Word is infinite in its essential perfection, since it is God, and infinite in representation, since it represents better than all mental and vocal words – created or creatable – can ever represent, there can only be one word in the divine, which primarily represents God or the divine essence. The primary object of the divine intellect is thus God himself.32 Hence, “the Word was with God” [Jn. 1:1] means that God himself is the object of his contemplation, or of his own concept. Being in need of no one outside himself, he reflects upon himself through contemplation and fruition and beatifically

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On this, see STEPHAN MEIER: Von der Koinzidenz zur coincidentia oppositorum. Zum philosophiehistorischen Hintergrund des Cusanischen Koinzidenzgedankens, in: Die Philosophie im 14. und 15. Jahrhundert. In memoriam Konstanty Michalski (1879–1947), ed. by OLAF PLUTA, Amsterdam 1988 (Bochumer Studien zur Philosophie 10), 321–342, here 327. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 127r: Liquet autem quod prima distinctio est debilissima, tertia maxima et secunda medio modo se habens. Verum quod hii duo modi distinguendi scilicet distinctio formalis et similiter personalis tantummodo in divinis reperibiles sunt. Plures namque res in divinis sunt eadem essentia quia tres persone quarum quelibet est res nature intellectualis sive rationalis per se una. Nulli scilicet alteri innitens tamquam pars toti vel tamquam forma subiecto vel etiam supposito alieno ipsum desuppositanti hec siquidem est ratio persone (And it is clear that the first distinction is the weakest, the third maximal, and the second in between. It is true that these two modes of distinguishing, that is to say, the formal distinction and similarly the personal one, are the only ones to be found in the divine. For indeed, more things in the divine are identical with the essence, because the three persons [are], of which each is a thing of intellectual or rational nature, one by itself. That is to say, depending on no other thing, as a part [depends] on a whole, or as a form [depends] on an object, or even on another supposit that supports it, since this is the form of a person). Here, the influence of Henry Totting of Oyta is noticeable (see the notes in the edition of Cusanus’ Sermon XI). Ibid., f. 127r: Unde quia hoc benedictisimum verbum est infinitum in perfectione essentiali quia est deus et infinitum in representando quia universalissime et tamen perfectissime et determinatissime representat plusquam omnia verba mentalia et vocalia creata et creabilia representare possunt [prout] divine cognitioni peroptime congruit. Idcirco unicum dumtaxat verbum in divinis ponere necesse est quod primarie deum representat sive divinam essentiam. Obiectum namque primarium divini intellectus est ipse Deus (Hence, because this most blessed word is infinite in essential perfection, because it is God, and infinite in representation, because it represents in the most universal, yet most perfect and determined way, more than all mental and vocal words, created or creatable, can ever represent – just as it fits the divine cognition in an extremely optimal way –, for this reason, it is necessary to only place a unique word in the divine, which primarily represents God or the divine essence. For indeed, the primary object of the divine intellect is God himself).

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rests in himself in an infinite delight.33 Secondarily, the Word perfectly represents every created or creatable thing, of which the ideas, i.e., the exemplary forms are in the divine mind, which is the cause of all things. In this way, everything that is made was eternally life [Jn. 1:4] in the Word, i.e., not really but intellectually.34 In this dense and remarkable passage, the theological commonplace of the created world representing its cause is turned on its head. In fact, the consequence of this expressibility is that no created intellect is able to understand the absolute divine causality through its created effects, because – as Henry repeatedly states in other sermons – no finite mind is able to grasp the infinite God.35 Moreover, this infinite mode of representation, than which there can be no greater, not only clarifies the distinction between the production of an eternal and a human word, but it also points forward to the Christological notion of the Word as the absolute maximum, as Cusanus would later develop it in ‘De docta ignorantia’.36 On the whole, Henry’s

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Ibid., f. 127r: Ad quem etiam sensum beatus iohannes dicere videtur verbum erat apud deum eo modo quo dici consuevit contemplatio illius est apud seipsum id est ipse est obiectum sue contemplationis sive sui conceptus ac si diceretur imaginatio vel conceptus illius est apud illam rem vel apud illam etc. Non enim potest deus extra se ferri per extasim sicut contingere posset in homine aut angelo vel etiam plus alteri rei per contemplationem intendere quam sibimetipsi sed tamquam vere nullo creato bono egens quoniam omnium deus est in semetipsum per contemplationem et fruitionem reflectitur et cum infinita delectatione beatifice quietatur (To this sense, also, the blessed John is seen to say ‘The Word was with God’, in the same way as one tends to say ‘his contemplation is with himself’, i.e., he himself is the object of his contemplation, or of his own concept. As if it would be said ‘his imagination or conception is with that thing or with him’ etc. For God cannot be brought outside of himself through ecstasy, as it can happen in a human being or an angel, or also, through contemplation, aim at another thing than himself, but, as being in need of no created good – because he is the god of all things –, he reflects upon himself through contemplation and fruition, and beatifically rests in himself with infinite delight). Ibid., f. 127r: Secundario tamen hoc idem benedictissimum verbum omnem rem creatam et creabile[m] perfectissime representat quarum idee id est rationes exemplares sunt in mente divina que est omnium causa eo modo quo in mente artificis actu vel habitu relucet omnis species artificii cuius ipse est factivus. Et hic est modus secundum quem omne quod factum est in ipso [verbo] eternaliter vita erat non scilicet realiter sed intellectualiter (Secondarily, however, this very same most blessed Word represents every created and creatable thing in the most perfect way, of which the ideas, i.e., the exemplary forms are in the divine mind that is the cause of all things, in the same way as in the mind of a craftsman, every species of the craft, of which he is the maker, actually or habitually lights up. And this is the mode according to which everything that is made was eternally life in the Word itself, that is to say, not really but intellectually). See, e.g., Henry of Coesfeld ‘Sermo in annuntiatione BMV’, in: Brussels, KB, 1212, f. 49v–52r, there f. 51v: cum nullum finitum videatur posse capere infinita […] cum a nulla creatura possit deus comprehendi […] Item non bene capitur imaginatio quomodo aliqua creatura possit se convertere simul vel successive per cognitionem ad infinita. CASARELLA (n. 3), 175.

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formulations contain a gaping opposition, namely that God’s contemplation, or his seeing, and God’s fruition, or his enjoying, himself being his own object, for which he needs nothing or no one, is at the same time his creating of everything. A few decades later, in ‘De visione Dei’, Cusanus would aptly express this in the outcry: “If your seeing is your creating, and you do not see anything other than yourself but are your own object […] then how is it that you create things that are other than yourself? For you seem to create yourself, even as you see yourself.”37 In any case, Henry makes clear that there is more than one way in which the Word “represents”. It is called the Invisible Image of God, as it is a mental expression, in which God comprehends himself, as in an image or natural likeness.38 Also, it is called the Splendor of Glory, the Figure of the Substance of God the Father, the Candor of Eternal Light, as it shines out from the light of God the Father intellectually.39 With respect to creatures, on the other hand, it is the Exemplar, in which all creatures shine from eternity.40 Henry’s 37

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Nicholas of Cusa ‘De visione Dei’, cap. 12, §49: Si videre tuum est creare tuum et non vides aliud a te, sed tu ipse es obiectum tui ipsius […], quomodo tunc creas res alias a te? Videris enim creare te ipsum, sicut vides te ipsum. See also KLAUS REINHARDT: Christus – “Wort und Weisheit” Gottes, in: Weisheit und Wissenschaft. Cusanus im Blick auf die Gegenwart, ed. by RUDOLF HAUBST, KLAUS KREMER, Trier 1992 (Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft 20), 68–97, especially 78–79 n. 40. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 127r: Inter gradus nempe vite vita intellectualis supremum locum tenet. Hinc est quod verbum dei dicitur imago dei invisibilis cum sit recte quedam mentalis expressio in qua se deus tamquam in imagine sive naturali similitudine comprehendit (Indeed, among the grades of life, the intellectual life holds the supreme place. Hence it is that the Word is called the Invisible Image of God, because it is rightly a certain mental expression, in which God comprehends himself, as in an image or a natural likeness). Ibid., f. 127r: Eadem ratione dicitur etiam splendor glorie figura substantie dei patris candor lucis eterne cum tamquam intellectuale lumen et tamquam quedam conceptualis figura atque quidam spiritualis candor de lumine dei patris intellectualiter splendeat et si que alia divinum intellectum concernentia sunt que divino verbo proprie vel appropriate respectu dei conveniunt (And for the same reason it is also called the Splendor of Glory, the Figure of the Substance of God the Father [Heb. 1:3], the Candor of Eternal Light [Wis. 7:26], because, as an intellectual light, and as a certain conceptual figure, and also as a certain spiritual candor, it shines out from the light of God the Father intellectually. And so there are other things that concern the divine intellect that fit the Word properly or appropriately with respect to God). Ibid., f. 127r: Dicitur etiam respectu creaturarum exemplar ideale omnium rerum inquantum in eo omnes creature ab eterno relucebant. Ars dei inquantum per ipsum operatur. Lex dei inquantum in ipso iudicat. Liber vite inquantum in ipso [quidquam predestinatur. Aspectus sive introspectus rerum inquantum in ipso] omnia nuda et aperta sunt. Veritas dei inquantum in ipso omnia vera sunt que deus vere apprehendit. Splendor animarum sanctarum inquantum per ipsum in animas sanctas lumen gratie vel glorie transfunditur. Et si que alia sunt que divinum intellectum respectu creaturarum concernunt sive etiam proprie sive appropriate divino verbo conveniant (Also it is called, with respect to creatures, the ideal Exemplar of all things, in so far as, in it, all creatures shined from eternity. The Art of God, in so far as, through it, he produces. The Law of God, in so far as, in it, he judges. The Book of Life, in so far as, in it, everything is

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list of such predicates for the Word, in this sermon and elsewhere, not only refers to biblical names but also draws from Ruusbroec’s ‘Espousals’.41 Because the Word proceeds from God the Father through the mode of a natural likeness, and because we call a living being proceeding in this way from another living being a son, the Word is also called the Son, and its going out a filial begetting.42 When God says “You are my son, today I have begotten you”, Henry continues, “today” means eternally, where there is no yesterday nor tomorrow, but always today, only the present, where God never starts to “word” or to bring forth the Word, nor ever ceases, for he is pure act (actus purus).43

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predestined. The Sight or Intent Seeing of things, in so far as, in it, all things are bare and open. The Truth of God, in so far as, in it, all things that God truly apprehends, are true. The Splendor of the holy Souls, in so far as, through it, the light of grace or glory is poured into the holy souls. And so there are other things that concern the divine intellect with respect to creatures, or that also fit the Word properly or appropriately). GAENS (n. 6), 187 n. 34. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 127r–v: Quare patet qualiter in deo sit verbum et quomodo procedat a deo patre quia per modum intellectus. Sed cum iam ut dictum est et declaratum verbum divinum procedat a deo patre per modum naturalis similitudinis quia per modum mentalis imaginis sive conceptus et cum omne suppositum vivum vita intellectuali aut animali quod procedit ab alio supposito vivo vita intellectuali aut animali per modum naturalis similitudinis ad minus specifice vel generis propinqui aut propriisime secundum idemptitatem naturalem essentie vel nature dicatur filius illius a quo procedit secundum communem et propriissimum modum loquendi liquet quod verbum dei etiam filius dei dicitur et eius processio generatio filiativa (And so it is attainable in what way there is a word in God, and in what mode it proceeds from God the Father, because [it proceeds] through the mode of the intellect. And since, as it is already said and declared, the Word proceeds from God the Father through the mode of a natural likeness, because through the mode of a mental image or concept, and since every living supposit with an intellectual or animal life, which proceeds from another living supposit with an intellectual or animal life through the mode of a natural likeness, that is at least a likeness of species or of a close or closest genus in a natural identity of essence or nature, is called the son of that one from which it proceeds, following the common and most proper way of speaking, it is clear that the Word is also called the Son, and its going out a filial begetting). Ibid., f. 127v: Et hoc est quod ipsum idem verbum in propheta loquitur dominus inquit dixit ad me filius meus es tu ego hodie genui te hodie inquam id est eternaliter sive in eternitate. Ubi numquam heri id est preteritum aut cras id est futurum sed semper hodie id est presens est. Numquam enim deus incepit verbare sive verbum producere nec aliquando desinet cum semper actu intelligat eo quod sit purus actus. Quapropter concedendum est quod filius ab eterno fuit natus et genitus et semper nascitur et in eternum nascetur (And this is what the very same identical Word declares in the prophet. When he says, ‘The Lord has said to me: “Be my son, today I have begotten you”’ [Ps. 2:7], ‘today’ means eternally or in eternity, where there is never yesterday, i.e., the past, nor tomorrow, i.e., the future, but always today, the present. For, never does the Lord start to word or to bring forth a word, nor does he ever stop, because he always understands in act, in the sense that he is pure act. Wherefore, it is to be conceded that the Son was born and begotten from eternity, and always is being born, and to be born in eternity).

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This, Henry concludes, is the supermarvelous, incomprehensible, and inexpressible begetting of the Son.44 And the Son and the unbegotten Father together “spirate” the holy Spirit, or love, through the mode of the will, in a similar way as the human mind, through its word, spirates love or elicits volition, because, he says, nothing is willed unless it is known.45 In his sermons on Pentecost, the Carthusian considers the holy Spirit – in line with William of Saint-Thierry and John of Ruusbroec – to be the union, i.e., the “bond” and “indestructible or insoluble glue” of the Father and the Son, a wording also adopted by Cusanus, e.g. in Sermon XXXVII and LIX.46 In my view, Henry’s neologism ‘to word’ (verbare) – again appearing in Cusanus’ Sermons XI and XVI – is a reference to Ruusbroec’s use of “to birth” (baren) in describing how the Son is born, is being born, and remains unborn, in the same way as his use of “to spirate” (spirare) in the expression “the spirit of the ones spirating” (spiritus quasi spirantium spiritus) reflects Ruusbroec’s saying that the Father and the Son “spirate a

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Ibid., f. 127v: Hanc etiam supermirabilem incomprehensibilem atque inexprimibilem filii dei generationem et ipse deus pater exprimit isaie ultimo dicens. Numquid ego qui alios parere facio ipse non pariam si ego qui aliis generationem tribuo sterilis ero quasi diceret non utique (Also, this supermarvelous, incomprehensible, and also inexpressible begetting of the Son of God, God the Father expressed, saying in Isaiah in the last [chapter], ‘Is it possible that I make others bring forth, but do not bring forth myself? Will I, that concedes generation to others, be barren?’ [Is. 66:9], as if he would say ‘Surely not!’). Ibid., f. 127v: Hoc igitur est divinum verbum et filius dei cum quo ingenitus pater spirat spiritum sanctum qui est amor caritas et donum dei cum procedat per modum voluntatis eo modo sicut mens nostra per suum verbum spirat amorem sive volitionem elicit cum in nobis nichil sit volitum nisi cognitum. Per quod nichilominus verbum una cum spiritu sancto deus pater tamquam unus creator dominus etiam et gubernator omnium creaturarum creat gubernat et amministrat secundum beneplacitum omnipotentissime sapientie sue quemadmodum nos per intellectum et affectum id est cognitionem et volitionem omne opus nostrum perficimus quamvis similitudo non sit omnimodo similis sicut nec in creaturis reperiri potest. Et hoc est quod dicit propheta verbo domini celi firmati sunt et spiritu oris eius omnis virtus eorum (Therefore, this is the divine Word and the Son of God, with which the unbegotten Father spirates the holy Spirit, who is love, charity, and the gift of God, because it proceeds through the mode of the will, in the same way as our mind, through its word, spirates love or elicits volition, because in us nothing is willed unless it is known. Through which Word, nevertheless, one with the holy Spirit, God the Father, as one creator, Lord even, and governor of all creatures, creates, governs, and manages according to the pleasing of his allmighty wisdom, just as we, through the intellect and the affect, i.e., cognition and volition, perfect every work of ours, although the likeness is not wholly similar, and, as such, it can not be found in creatures. And this is what the Prophet says: ‘By the word of the Lord the heavens were established, and all the power of them by the spirit of his mouth’ [Ps. 32:6]). GAENS (n. 6), 193–195; BERNARD MCGINN: Seeing and Not-Seeing. Nicholas of Cusa’s ‘De visione Dei’ in the History of Western Mysticism, in: Cusanus. The Legacy of Learned Ignorance, ed. by PETER CASARELLA, Washington DC 2006, 26–53, here 51. Cusanus’ Sermons XXXVII and LIX draw from of Henry’s sermons on Pentecost (see Appendix).

Ruusbroec Through the Looking Glass 371

Spirit” (gheesten eenen geest), which is love (minne) and the bond (bandt) between them.47

I.2.

“The Word made flesh”. The human and temporal birth of the Son

In his Christmas sermon, Henry only briefly touches upon the Word made flesh, i.e., the birth in and from the virgin Mary, in two natures but one person.48 However, he provides a more detailed rendering in a few other sermons as well as in his work on the Eucharist, in which he frequently returns to what he calls the singular novelty (singularis novitas) of the incarnated Word, or the union of creator and creature, above all kinds of union (unio creatoris et creature, super omnia genera unionum).49 In a collation on Psalm 86 for the feast of the Annunciation, Henry describes the incarnation as a supermarvelous, ineffable, indestructible, inconceivable, yet not unbelievable union.50 In this union, Christ’s humanity is assumed by the Word, so that it is not a person or supposit, nor even properly a human being,51 but it is so intimately united in this assumption, that it loses 47

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GAENS (n. 6), 188 n. 38, 193 n. 56. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 127v: Sed verbum caro factum est id est perfectus homo ex anima rationali et humana carne subsistens in duabis naturis et una persona (But the Word has been made flesh, i.e., a perfect human being, consisting of a rational soul and human flesh, in two natures and one person). These works are: a collatio super Psalmum 86 on the feast of the Annunciation (Brussels, KB, MS 1212, f. 52r–56v), three sermones on the same feast (ibid., f. 12r–15r, 49v–52r, 97v–99v), and De sacramento eucharistie. Henry of Coesfeld ‘Collatio super Psalmum 86’, in: KB, MS 1212, f. 56r: Hec itaque supermirabilis ineffabilis indissolubilis atque inexcogitabilis unio sacrosancta est illa corrigia calciamenti dominici quam nec ipse inter natos mulierum maximus se dignum reputat solvere quantomagis nec cuiusvis humane mentis acies invalida nisi quantum cum omni reverentia et pie admirationis stupore oculo fidei valet utcumque intueri. Sed quamquam hec profundissima divina misteria a seculo in deo abscondita iam autem in fine seculorum revelata sanctis suis sint penitus intelligibilia non tamen incredibilia (And so this supermarvelous, ineffable, indestructible, and inconceivable sacrosanct union is that shoelace of the Lord’s shoe [Jn 1:27], which the greatest among those born of women [i.e., John the Baptist] did not consider himself worthy to untie, and – all the more – the feeble sight of the human mind of anyone soever can not look upon in one way or another, unless as much as it can with all reverence and stupefaction of pious wonder by the eye of faith. And, although these most profound divine mysteries, hidden in God from the beginning, but already revealed to his saints at the end of the ages, are deeply intelligible things, they are therefore not incredible things). Ibid., f. 55r: Pro quo libeat paulisper advertere quod quamvis sacrosancta christi domini nostri humanitas sit pura creatura et in naturalibus omnino similis humanitati nostre non tamen est persona sive suppositum aut etiam proprie loquendo homo cum homo proprie sit nomen persone. Ad hoc namque quod aliqua res sit suppositum seu persona requiritur prout vocabulorum interpretationes insinuant quod sit ens per se positum id est subsistens vel res per se una. Sit namque per se quod nulli [alteri] rei actualiter vel aptitudinaliter aliquo horum trium modorum innitatur

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its proper personhood and transfers its personhood into the divine person of the Son.52 Hence, in the expression “the Word assumed a man”, ‘man’ should be understood as a human nature, assumed from the beginning and

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videlicet ut pars toti vel ut forma subiecto aut alicui ipsam per aliquam vim unionis desuppositanti et eius suppositalitatem aut personalitatem supplenti. Hoc est brevius dicendo quod non innitatur alicui rei ipsam subsistentia aliena suppositanti. Hos enim tres modos innitendi alicui rei excludit secundum doctores ratio suppositi vel persone quorum duo primi in rebus naturalibus reperiuntur tertius vero solum supernaturaliter in domino nostro ihesu christo creditur quamvis fortassis et deus plures alias innitentias miraculose facere possit que eque repugnant rationi suppositi vel persone. Differentia tamen est inter suppositum et personam quia omnis persona est suppositum et non econverso. Solum etenim suppositum rationale dicitur persona quasi per se sonans. Unde et boetius in libro de duabus naturis et una persona domini nostri ihesu christi diffinit personam quod est nature rationalis individua substantia et debet ibi in accipi completive pro valde id est substantia valde dividua vel divisa ab aliis rebus secundum tres modos antedictos (For this, it is agreeable to briefly draw attention to the fact that, although the sacrosanct humanity of Christ, our Lord, is a pure creature and in natural things wholly similar to our humanity, it is however not a person or supposit, nor even – properly speaking – a human being, because ‘human being’ is the name of a person. Indeed, for something to be a supposit or a person, it is required, as the interpretations of words make known, that there is a being posited through itself, i.e., subsisting, or a thing, one through itself. For indeed, it is ‘through itself’, in that it does not depend on any other thing, actually or aptitudinally, in one of the three following ways, that is to say, as a part [depends] on a whole, or as a form [depends] on a subject, or on anything that supports it through some power of union and that supplies its suppositeness or personhood. This is, said more briefly, that it does not depend on any thing that supports it by means of a subsisting thing other than itself. Truly, according to the doctors, the form of the supposit or person excludes these three ways of depending on something, of which the two first can be found in natural things, whereas the third one, truly, [can be found] only supernaturally, in our Lord Jesus Christ, although it is believed that perhaps God can, in a miraculous way, make happen many other dependent things that equally resist the form of a supposit or person. There is, however, a difference between a supposit and a person, because every person is a supposit but not vice versa. As a matter of fact, only a rational supposit is said to be a person, as if something that sounds through itself [i.e., that exists as a self-sufficient entity]. Wherefore Boethius, in his book on the two natures and the one person of our Lord Jesus Christ, defines ‘person’ as an ‘undivided substance of a rational nature’, and there ‘un-’ should be understood completively for ‘exceedingly’, i.e., a substance, exceedingly divisible or divided from other things according to the three previously mentioned modes). Ibid., f. 55r: Quamquam ipsa eadem domini nostri ihesu christi humanitas benedicta non innitatur alicui alteri [nature] rei duobus prioribus modis sicut nec nostra tamen tertio modo tam intime divino verbo coniungitur ut licet eadem natura maneat nullam tamen rationem suppositalitatis seu personalitatis obtineat sed omnem quam per se subsistens haberet in divinum suppositum transferat. Est nempe divinum suppositum hoc est verbum dei assumens et ideo suam personalitatem non perdens humanitas vero assumpta et idcirco perdens (Although this very blessed humanity of our Lord Jesus Christ does not depend on something of another nature in the two first ways – as also ours does not –, yet it is so intimately united with the divine Word in the third way that, although the same nature remains, it does not obtain a form of suppositeness or personhood, but it transfers everything that it has, subsisting in itself, in the divine supposit. Indeed, it is the divine supposit – this is the Word – that is assuming, and thus not losing its personhood. [It is] the humanity that truly is assumed, and for that reason losing).

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thus never existing out of itself.53 The same ideas can be found in Cusanus’ Sermon XVII, which literally borrows from Henry’s collation.54 Here, in my view, Henry is theologically framing Ruusbroec’s ideas on the unique sonship of Christ, as they, for example, can be found in the ‘Mirror of Eternal Blessedness’.55 The same can be said of Henry’s Christmas sermon, in which, after expounding on the three Pauline primogenitures of Christ, he states that Christ has maximal grace above all human beings as far as his humanity is concerned, so that, through him, grace is poured out into others.56 53

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Ibid., f. 55r–v: Hinc est quod verbum sive filius dei non dicitur proprie assumpsisse hominem quoniam quidem non assumpsit humanum suppositum aut hominis personam. Et si usquequaque in dictis sanctorum reperitur modus loquendi huiuscemodi non debet homo accipi pro persona sed in proprie pro humana natura que in christo nec est nec unquam fuit per se subsistens sed ab initio sui est assumpta. Unde fide certissima liquet unicum dumtaxat in domino nostro esse suppositum et unicam dei et hominis personam. Quapropter et fides catholica non dubitat concedere christum vel istum hominem demonstrando christum fuisse ab eterno et creasse celum et terram et omnia que in eis sunt et propriam fundasse matrem in qua homo natus est hodie ac cetera huiusmodi que fideles mentes non ignorant. Hec enim omnia divinum verbum quod est christus sive persona christi cum patre et spiritu sancto et universa que fiunt operabatur et usque modo operatur sicut ipse in evangelio iohannis satis testatur (Hence it is that the Word or the Son of God is not said to properly assume a man, because he did not assume a human supposit or a human person. And if anywhere in the sayings of the saints a way of speaking is found in this way, ‘human being’ must not be understood as ‘person’, but properly as ‘human nature’, that in Christ is not, and never was, subsisting through itself, but from his beginning was assumed. Wherefore, with the most certain faith, it is evident that there is only one supposit in our Lord and a unique person of God and man. On which account, the Catholic faith does not doubt to concede that Christ or that human being which is shown to be Christ was from eternity, and created heaven and earth and everything that is in them, and founded a proper mother in whom a human being is born today, and other things of this kind of which faithful minds are not ignorant. Truly, the divine Word, that is Christ, or the person of Christ, with [God] the Father and [God] the Spirit, worked, and until now works, all the things and the whole that exists, as testified adequately in the gospel of John). See Appendix, and also RUDOLF HAUBST: Die Christologie des Nikolaus von Kues, Freiburg/ Breisgau 1956, 109–138. On this topic, see SATOSHI KIKUCHI: From Eckhart to Ruusbroec. A Critical Inheritance of Mystical Themes in the Fourteenth Century, Leuven 2014 (Mediaevalia Lovaniensia 44), 258– 262, especially 261–262 n. 52, citing Ruusbroec: “For the humanity of our lord Jesus Christ has no subsistence in itself, for it is not its own person like all other human beings are, but the Son of God is its supposit and its form”. From HAUBST (n. 54), 116 n. 60–65, it is clear that Henry is (again) making use of the work of Henry Totting of Oyta. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 128r: Atque qui eras primogenitus omnis creature fieres etiam primogenitus in multis fratribus filiis scilicet [gratie. Atque ut in omnibus primatum teneres esses etiam primogenitus a mortuis inter filios] glorie. Ut sic qui omnia in sapientia fecit et in verbo suo firmavit celos in te genita et eterna sapientia et sibi coeterno verbo restauraret omnia sive que in celis sunt sive que in terris. Has fratres ut estimo tres primogenituras ihesu christi [domini] nostri tangit beatus Paulus apostolus ad coloss. primo capitulo. Nolo tamen dicere quod christus sit filius gratie sicut nec est filius dei adoptivus filius enim est nomen persone et christus non est persona ex gratia. Sed volo dicere quod pre omnibus hominibus habet

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The theological concept of the so-called communication of idioms allows Henry to produce “marvelous sayings” about Christ in his collation on Psalm 86 (and elsewhere), appearing as well in Cusanus’ Sermon XVII, such as “the immortal one dies”, “the invisible one is seen on earth dwelling among humans”, “the embodied man is everywhere", or “the temporal man is eternal”.57 Hence, Henry is not only pushing towards (apparent) oppositions in the divinity, but also in the God-man Christ. In his own work, Cusanus would later conceptualize such oppositions in the deity and in Christ into the idea of the coincidentia oppositorum. This also has important consequences for the possibilities of the human intellect to understand God and Christ. As far as rationality is concerned, Henry took over the academic discourse of the fourteenth century by indicating the evidence-based and comparative character of uncertain knowledge (e.g., through conjecturing). According to this discourse, the intellect is able to form an apprehensive judgement (iudicium apprehensivum) but not an assent to knowledge (assensus) of contrarieties and contradictions (contraria, contradictoria).58 And obviously, it is exactly these kinds of oppositions that are encountered in the contemplation of the triune God and Christ’s twofold nature.

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a deo maximam gratiam quo ad humanitatem sic etiam quod per ipsum in ceteros diffunditur gratia (And you, who was the firstborn of every creature, you produced also the firstborn in many brethren, that is to say, the sons of grace. And so that you held the primacy in all things, you would also be the firstborn from the dead among the sons of glory. So that he, that has created all things in wisdom, and has strenghtened the heavens in his Word, in you, begotten and eternal wisdom, and with the Word, coeternal to him, restored all things, either that are in heaven, or that [are] upon earth. Brethren, as I think, these three primogenitures of Jesus Christ, our Lord, the blessed apostle Paul [in the letter] to the Colossians in the first chapter touches upon. However, I do not want to say that Christ is a son of grace, as he also is not an adopted son of God. For ‘son’ is a name of a person and Christ is not a person through grace. But I want to say that he – above all human beings – has maximal grace from God, as to his humanity, so that, through him, grace is poured out into others). Cf. KIKUCHI (n. 55), 259–260 n. 43–47. Henry of Coesfeld ‘Collatio super Psalmum 86’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 55v: Hinc proveniunt ille mirabiles locutiones quas fides catholica asserit ut scilicet quod immortalis moritur invisibilis in terris visus est et cum hominibus conversatus est. Item quod Deus qui non mutatur fatigatur ex itinere et perambulat. Atque impassibilis crucifigitur et tristatur usque ad mortem. Itemque quod homo corporeus est ubique temporaneus est eternus (Hence there originate these marvelous expressions which faith asserts, i.e., that the immortal one dies, that the invisible one is seen on earth dwelling among humans. Also, that God, who is not changed, is weary from the journey and perambulates. And, [that] the impassible one is crucified and is grieved to the point of death. And also [that] the embodied man is everywhere, [that] the temporal man [is] eternal). These ideas are to be found in Henry of Coesfeld ‘Circumcisorium misticum’, cap. 10: ‘De affectus actibus tam irascibilis quam concupiscibilis et etiam aliquo modo de actibus intellectus in speciali’, in: Berlin, Staatsbibliothek – Preussischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. fol. 705, f. 50r–52v.

Ruusbroec Through the Looking Glass 375

I.3.

Towards a vision of God. The daily and spiritual birth of the Son in rational creatures

The third birth of the Son, Henry says, is nothing other than the procession of the Word, or of begotten Wisdom, from God the Father unto the mind of a rational creature, for the spiritual and gratuitous enlightenment of that creature. In rational creatures, the Word and the divine Wisdom is thus present in two ways, that is to say, essentially (per essentiam), and gratuitously through divine illumination. The latter is called the spiritual birth and it is appropriated to the Son.59 Henry associates the propria and appropriata of the Word with illumination and revelation, with higher wisdom, with the assimilation and reformation of the mind to that of which it is the image, and with brightness of the mind.60 Through this spiritual birth, human beings are made sons of God. Henry stresses that nothing is acquired

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Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 128r: Ubi advertendum quod spiritualis nativitas christi que alio nomine invisibilis missio filii dei dici consuevit nichil aliud est quam processus verbi sive genite sapientie a deo patre ad rationalis creature mentem pro ipsius creature spirituali et gratuita illustratione. Quapropter etenim ubique est et per consequens in qualibet rationali creatura semper sit per essentiam divina sapientia et dei verbum quinimmo et tota trinitas attingens a fine usque ad finem fortiter et disponens omnia suaviter non tamen est ubique per lumen gratuitum. Quapropter quandocumque in mente tenebrosa huiusmodi lumen divinum oritur sive in mente minus illuminata maius lumen gignitur congrue filius dei spiritualiter nasci prohibetur. Hoc nempe opus licet a tota trinitate fiat effective cum opera trinitatis sint indivisa secundum beatum augustinum primo de trinitate. Tamen iure filio cum ipse sit verbum et sapientia et imago dei et candor lucis eterne appropriatur (Where it is to be drawn attention to that the spiritual nativity of Christ, which, with another name, tends be called the invisible mission of the Son of God, is nothing other than the procession of the Word or begotten wisdom from God the Father unto the mind of a rational creature for the spiritual and gratuitous illustration of the creature itself. Wherefore, as a matter of fact, the divine wisdom, and the divine word, is everywhere, and consequently always in each rational creature through essence – the Trinity as a whole and at once stretching from end to end mightily and disposing of all things agreeably –, it is however not everywhere through gratuitous light. Wherefore, whenever a divine light of this kind arises in a dark mind, or a greater light is begotten in a less illuminated mind, the Son of God is fittingly said to be born spiritually. Of course, this work is, in fact, done by the Trinity as a whole – since the works of the Trinity are indivisible, according to the blessed Augustine in the first [book] on the Trinity –, nevertheless it is, without doubt, rightly appropriated to the Son, because he is the Word, and Wisdom, and the Image of God, and the Candor of Eternal Light). Ibid., f. 128r: Verbi etenim est mentem illuminare et revelare et sapientie mentem sapientem facere et spiritualis ymaginis est mentem cuiusquam illi cuius est imago assimilare et reformare et candoris lucis est mentem per spiritualem lucem candidam facere et sic de ceteris propriis aut appropriatis filii dei (Since, it is [the nature] of a word to illuminate the mind and to reveal; it is [the nature] of wisdom to make the mind wise; and it is [the nature] of a spiritual image to assimilate and to reform each one’s mind to that of which it is the image; and it is [the nature] of radiance of light to make the mind shining white through spiritual light, and so about other properties and appropriations of the Son of God).

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by the Son in it, but that those in whom he is born, are reborn by the inbreathing (inspiratio) of divine wisdom. That is to say, when they believe in his name, Christ dwells in them by faith formed by charity.61 How exactly the Carthusian understands the Word to be present per essentiam remains totally unclear. In another sermon he only adds that the Word cannot be anywhere without the other divine persons.62 Henry is simply not interested in talking about essence, being, or existence, and hence much is left unsaid to an interested reader (like Cusanus).63 In his meditation on the Eucharist, he does say that all things “subsist” (subsistunt) and “hang from” or “depend” (dependent) through the Dionysian “fontal ray” that is Christ.64 This could in fact refer to the relational anthropology of Ruusbroec, who had stated that our created wesen is “suspended”

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Ibid., f. 128r: Unde de ipsa eterna sapientia scriptum est. In animas enim sanctas se transfert et amicos dei et prophetas constituit. Per huiuscemodi namque filii dei spiritualem nativitatem nichil sibi acquiritur. Sed illi in quibus sit spirituales filii dei efficiuntur sive filii [gratie hic in via sive filii] glorie in futuro. Sic quippe dedit nobis dominus potestatem filios dei fieri non quidem ut renascamur denuo ex sanguinibus id est duarum personarum seminibus neque ex voluntate viri neque ex voluntate carnis id est mulieris que viro carnalior est hoc est non ex consensibus delectationum sive concupiscentiis viri et mulieris. Sed ex deo per inspirationem divine sapientie que trahitur ex occultis tunc scilicet quando credimus in nomine eius ut inhabitet christus per fidem caritate firmatam in cordibus nostris (Hence, of eternal wisdom itself it is written, yes, ‘into holy souls [it] conveys itself, and makes friends of God and prophets’ [Wis. 7:27]. For indeed, through such a spiritual birth of the Son of God nothing is acquired by them, but those in whom he is, are made spiritual sons of God, either sons of grace, in this life, or sons of glory, in the afterlife. In fact, in this way the Lord ‘has given us the power to be made sons of God’ [Jn. 1:12], indeed, not so that we are reborn a second time ‘out of blood’ [Jn. 1:13], i.e., by the offspring of two persons, ‘nor by the will of man, nor by the will of flesh’ [Jn. 1:13], i.e., of a woman that is more carnal than a man, in other words, not by consent of delights or desires of a man and a woman, but by the inspiration of divine wisdom from God, which is drawn out of secret places [Job 28:18]. That is to say, when we believe in his name, so that Christ dwells in our hearts through faith formed by charity). HAUBST (n. 54), 36–38, reads this as an implicit critique and even a correction of Eckhartian teachings (or interpretations thereof) on the spiritual birth of Christ in the soul. See also KLAUS REINHARDT: L’idée de naissance de Dieu dans l’âme chez Nicolas de Cues et l’influence d’Eckhart, in: La naissance de Dieu dans l’âme chez Eckhart et Nicolas de Cues, ed. by MARIE-ANNE VANNIER, Paris 2006 (Patrimoines – Christianisme), 85–99, here 88–89. For a comparison of Eckhart’s and Ruusbroec’s “birth of God” doctrine, see KIKUCHI (n. 55), 255–267. Henry of Coesfeld ‘Sermo in in sollempnitate Penthecostes’, in: Brussels, KB, 1212, f. 21r–23v, there f. 21v: cum nullibi sit una sine alia quarum eadem est essentia (because nowhere is one without the other of which the essence is the same). GAENS (n. 6), 201. Henry of Coesfeld ‘Devota meditatio a sacerdote celebraturo habenda circa magnalia misteria sacramenti Eucharistie’, ed. by Alardus Aemstelredamus, Cornelius Crocus: Parasceve ad sacrosanctam synaxin … Piae precationes in passionem Iesu Christi, Coloniae [Köln]: Petrus Quentell 1532 [not foliated]: … hunc fontalem radium ex quo omnia fluunt tamquam ab effi-

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(inhanghen) in our eternal wesen. What makes a rational creature different according to Ruusbroec, is that it is not only created “in the Image”, i.e., the true Image in which all things have life, but also “to the Image”, i.e., as a “living eternal mirror of God.”65 Although scholastic theology in the fourteenth century increasingly turned against the idea of divine illumination, Henry maintains that it allows devout people to see God in contemplation.66 Also here, I believe, he is following Ruusbroec, because at this point in his Christmas sermon, Henry recalls the metaphor of the sun that illuminates, warms, and makes fertile, as it appears in the ‘Espousals’.67 It is the sun of eternal justice – traditionally associated with the Son – that illuminates and brightens the just human being as to the intellect through contemplation, and that warms him as to the affect through fruition – both representing the contemplative power of the soul –, and which makes the practical power fertile through the teaching of prudence and the rousing of the moral virtues.68

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ciente, et in quem omnia refluunt tamquam in finem, et per quem omnia dependent sive subsistunt (… this fontal ray, out of whom all things flow, as from an efficient, and in whom all things flow back, as in an end, and through whom all things depend or subsist). KIKUCHI (n. 55), 234–235; BERNARD MCGINN: Essential Themes in Ruusbroec’s Mysticism, in: A Companion to John of Ruusbroec, ed. by JOHN ARBLASTER, ROB FAESEN, Leiden, Boston 2014 (Brill’s Companions to the Christian Tradition 51), 130–178, here 146–149. In fact, elsewhere Henry states that many devout, with divine illumination, are able to rise up to intellection in a superhuman way and to see God in contemplation, not mediated by images of corporeal similitude, nor using arguments of ratiocination, but with the purest understanding of the mind. On this, see GAENS (n. 6), 197–198. Ibid., 191 n. 51. Henry of Coesfeld ‘Sermo in nativitate’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 128v: Et hoc est quod quidam sapiens desideravit cum diceret. Emitte illam haut dubium quin christum genitam dei sapientiam de celis sanctis tuis et a sede magnitudinis tue ut mecum sit supp. per contemplationem et mecum laboret id est me laborare doceat ac laborare faciat sive ad laborem alliciat quo ad operationem ut sciam quid acceptum sit coram te omni tempore. Scit enim illa omnia et intelligit et deducet me in operibus meis sobrie. Recte siquidem sicut sol corporeus cum super terram apertam et dispositam oritur tria facit eam scilicet illuminando calefaciendo et fructiferam reddendo. Sic ipse sol iustitie eterna dei sapientia tum oritur in anima viri iusti illuminat et clarificat eam quo ad intellectum per contemplationem et accendit sive calefacit eam quo ad affectum per amoris fruitionem que duo vim contemplativam in nobis respiciunt et tertio vim practicam fructuosam facit per doctrinam prudentie et virtutum moralium excitationem ut eamus et fructum afferamus et fructus noster maneat (And this is what that wise one has desired, when he said ‘Send forth that [wisdom]’ [Wis. 9:10] – without a doubt, this is Christ, the begotten wisdom of God –, ‘out of your heaven and from the seat of your magnitude, so that it may be with me’ [Wis. 9:10], supp. through contemplation, ‘and may labour with me‘ [Wis. 9:10], i.e., may teach me to work or may make work, or may entice towards work, as to operation, ‘so that I may know what is acceptable with you‘ all the time [Wis. 9:10]. ‘For it knows and understands all things, and will lead me soberly to my works’ [Wis. 9:11]. Since, rightly as the corporeal sun, when it rises upon an open and disposed earth, does three things, that is to say, illuminating it, warming it, and making it fruitful, in this way, the sun of justice itself, the eternal wisdom of

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II.

“Mary has chosen the better part”. Mariology and the contemplative and the active life

Based on his Trinitarian speculations, Ruusbroec had also discussed the contemplative and active life as a partipication in the Trinitarian life. Henry of Coesfeld addresses the contemplative and active life too, but in a different way and from a Marian perspective. He treats the topic in a sermon on the feast of the Assumption of Mary,69 from which Cusanus again drew for his Sermons V and VIII.70 In this sermon, Henry applies Luke’s gospel on Lazarus’ sisters Mary and Martha in the mystical sense to the virgin Mary, because he judges the perfection of the twofold life, personified historically by Mary and Martha, or figuratively by Leah and Rachel, to fit her maximally.71 Moreover, Henry’s

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God, rises in the soul of a just man, illuminates and clarifies it, with respect to the intellect, through contemplation, and lights or warms it, with respect to the affect, through fruition of love, which two things regard the contemplative power in us. And, third, it makes the practical power fruitful through the teaching of prudence and the rousing of moral virtues, so that we may go and bring forth fruit, and our fruit may remain). Henry of Coesfeld ‘Sermo in assumptione BMV super evangelio ‘Maria optimam partem elegit’’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 29v–33v (Inc. Maria optimam partem elegit … Patres ac fratres dilectissimi non ignorat caritas vestra …). See Appendix. Henry of Coesfeld ‘Sermo in assumptione BMV’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 29v: Patres ac fratres dilectissimi non ignorat caritas vestra totum evangelium presens ad literam scriptum de duabus sanctis sororibus lazari quarum unam tamquam optimam partem elegisset statum scilicet contemplationis dominus pre alia laudavit mariam videlicet pre martha quamvis et ipsa martha circa divinum misterium fuerit sollicita et devotissima. Verum cum nichil de glorificatione sive premiatione virginis beatissime matris nostris salvatoris sed nec de eiusdem sanctissima conversatione evangelica recitet historia preter paucula que per eam in domini conceptione nativitate oblatione magorum adoratione et ceteris que scitis facta leguntur. Et cum presens evangelium perfecte describat mistice domini nostri ihesu christi hospitationem duplicis vite perfectionem id est active et contemplative que communiter a sanctis doctoribus per martham et mariam sive per liam et rachel intelligi consueverunt atque optime partis electionem et eiusdem eternalem permansionem que tria haut dubie inter omnes sanctos maxime marie beatissime conveniunt (Most beloved fathers and brothers, your love does not ignore the whole present gospel, literally written about the two holy sisters of Lazarus, of which one, as much as she had chosen the best part, i.e. the state of contemplation, the Lord praised above others, that is to say, Mary over Martha, although Martha herself, with respect to the divine mystery, was solicitous and most devout. Truly, the history recites nothing about the glorification or the premiation of the most blessed virgin mother of the saviour, nor about her saintliest evangelical conduct, beyond the few things done by her in the conception, the nativity, the offering, the adoration of the Magi, and other things that you know. Yet, the present gospel perfectly describes in a mystical manner the harbouring of the Lord Jesus Christ, the perfection of the twofold life, i.e. the active and the contemplative, which commonly by the saintly doctors are understood through Martha and Mary, or Leah and Rachel, and also the choice of the optimal part, as well as its eternal permanence. And, among all the saints, these three things – without a doubt – maximally fit the most blessed Mary).

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Mariology, in this sermon and elsewhere, presents the virgin Mary not just as blessed among all women, but dignified and exalted above all creatures, human and angelic.72 In accordance with other authors, Henry elsewhere also grants that the virgin Mary was born free of original sin. Already in his early sermons, and more particularly in Sermon VI, which literally draws from Henry’s work, Cusanus would embrace these views too.73 From his sermon on Mary’s Assumption, it is clear that Henry interprets the citadel (castellum), in which the sisters Mary and Martha live [Lk. 10:38], as Mary’s soul. In fact, in a long introduction, Henry compares Mary to a city, constructed from heaven over a lofty mountain.74 Its foundations are her humility; its moats her obedience and its walls her temperance and chastity, keeping inordinate desires outside; its fortifications her frugality or parsimony, sobriety, and modesty; its ramparts her magnanimity, patience, forbearance, and perseverance; its tower her fortitude; its 72

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Ibid., f. 33v: Assumpta est enim hodie a christo benedicto filio suo super angelos et archangelos principatus et potestates quinimmo super omnem personam creatam humanam et angelicam cherubin etiam atque seraphin summe exaltata prout decet matrem dei reginam celi et terre inclitissimam ubi iam super omnes sanctos luce clarissima contemplatur et videt illa divina magnalia que hic cognovit per speculum in enigmate atque absorbetur in abisso divine dulcedinis assistens ibi a dextris regis celestis ditata scilicet potissimis bonis glorie post ipsum (For today she is assumed by the blessed Christ, her son, above the angels and archangels, the powers and the principalities, indeed, most highly exalted above every created person, human or angelic, even Cherubim and Seraphim, just as it fits the mother of God, the most illustrious queen of heaven and earth, where she, above all saints, contemplates in the brightest light and sees those divine mighty deeds, which she knew here dimly though a mirror, and where is she absorbed in the abyss of divine sweetness, assisting there at the right hand side of the heavenly king, that is to say, enriched with the mightiest goods of glory after him). On Cusanus and the doctrine of the immaculate conception, see JASPER HOPKINS: Nicholas of Cusa’s Intellectual Relationship to Anselm of Canterbury’, in: Cusanus. The Legacy of Learned Ignorance, ed. by PETER J. CASARELLA, Washington DC 2006, 54–73, here 63. HOPKINS cites from Cusanus’ Sermon VI, which itself draws from one of Henry of Coesfeld’s sermons on the Nativity of Mary (cf. Appendix). Henry’s use of the opposing term ‘virginal fertility’ (virginalis fecunditas) for the Theotokos might have inspired Cusanus to state in Sermon XXX that in the virgin Mary fertility and virginity coincide. On this, see JASPER HOPKINS’ unpublished text ‘Coincidentia oppositorum in Nicholas of Cusa’s Sermons’, made available on his website www.jasper-hopkins.info (last accessed on 25th August 2020). Henry of Coesfeld ‘Sermo in assumptione BMV’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 30r: Quis enim non videat quam grandis et excelsa sit hec civitas sancta dei quam etiam ille mensor angelus non potuit aut vix potuit sancto ezechieli describere et eius magnitudinem ad normam designare. Hec est civitas constructa super montem excelsum nimis id est altitudinem eminentissimarum virtutum vergens ad austrum ut levissimi ac dulcissimi venti sancti spiritus refrigeretur spiraculo (Who, truly, would not see how great and lofty that holy city of God is, which also that measurer angel could not, or barely not, describe to saint Ezechiel, and of which he could not designate the magnitude, as to a standard. This is the city constructed over an exceedingly lofty mountain, i.e., inclining into the height of the most eminent virtues to the south, so that the spiracle is refreshed by the lightest and sweetest breath of the holy Spirit).

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streets her justice and the virtues connected to it; its gate her faith; its consistory her prudence; its bedroom and dormitory her hope; its dining room and refectory her charity; its houses and palaces her faculties of the soul. The historical citadel of the gospel, as well as the mystical citadel that is the virgin Mary, then, can be rightly called “Bethany” (i.e., “house” of obedience, of God’s gift, gratified by the Lord), or “Magdala” as Anselm of Canterbury judged it to be called (i.e., “tower” of fortitude in the face of enemies, as an army arrayed for battle).75 The two sisters Martha and Mary, the “mothers”, or the governesses of the city, are then the practical or active and the speculative or contemplative powers of the soul.76 The first, through the exercise of all good works, 75

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Ibid., f. 30v: Interpretatur nempe bethania domus obedientie domus doni dei et domus gratificata domino que tria indubie nulli persone create ita excellenter convenere quemadmodum marie beatissime quapropter propriissime et anthonomatice ipsa bethania dicta est. Sunt tamen qui hoc ipsum castellum secundum beatum anshelmum magdalum fuisse arbitrantur quod si sic fuit non discrepat a sententia priori. Magdalum enim turris vel magnitudo turris interpretari dicitur. Et virgo gloriosissima est turris fortitudinis a facie inimici quippe que malignis spiritibus terribilis est ut castrorum acies ordinata (Indeed, Bethany is interpreted as the house of obedience, the house of God’s gift, and the house that is gratified by the Lord. These three certainly convene no other created person that excellently than the most blessed Mary. Wherefore most properly and passingly the same is called Bethany. There are those, however, who judge that citadel to have been Magdala, in accordance with the blessed Anselm. That this was so, does not differ from the previous saying. For Magdala is said to be interpreted as ‘tower’ or ‘largeness of the tower’. And the most glorious virgin is a tower of fortitude in the face of enemies, which, indeed, is terrible for malign spirits, as an army arrayed for battle [Cant. 6:3]). Ibid., f. 30v: Habitabant in hoc castello sorores due domine utique et rectrices eiusdem civitatis id est due vires anime filie quodammodo eiusdem anime per deum patrem in ipsa generate [non modo quo ad esse naturale sed multo excellentius quo ad esse gratuitum et morale]. Vis videlicet practica sive activa et vis speculativa sive contemplative per quas vires maria beatissima omne opus spirituale excellentissime exercuit atque perfectissima fuit tam in vita activa quam contemplativa. Prima autem harum virium recte Martha secunda vero non incongrue maria nuncupatur non solum propter similitudinem exteriorum actuum verum etiam propter interpretationem vocabulorum et nominum. Dicitur namque martha hebraice quasi provocans vel irritans et siriace quasi donans. Habet siquidem vis activa provocare omnes vires ei subiectas etiam corporeas ut sibi obtemperent in actibus bonis quinimmo et sepe eas quoddammodo irritare quando scilicet contra propriam inclinationem ipse vires inferiores cum murmuratione quadam et tristitia rationi imperanti obediunt. Sed et donare habet in operibus misericordie quidquid caritas dei postulat aut proximi. Maria vero interpretatur quasi illuminata vel illuminatrix quia ipsa vis contemplativa illuminari habet a domino et communiter totam animam illuminare (In that citadel lived two sisters, surely the ladies and mothers of the same city, i.e., the two powers of the soul, in some way daughters of that same soul, generated by God the Father in it, not in the way as to natural being but much more excellently as to gratuituous and moral being: the practical or active power and the speculative or contemplative power. Through these powers the most blessed Mary exercised all spiritual work in the most excellent manner, and was the most perfect in the active as well as in the contemplative life. Whereas the first of these powers was named rightly Martha, the second, truly, was not incongruously called Mary, because of the similitude of the exterior acts, but also because the interpretation of the words and names. For

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draws out the vices and directs all acts of all moral virtues by means of which one is rightly ordered both to oneself and to one’s neighbor. The second puts aside all cares and is arduous to see the face of the creator, retaining love for God and neighbor, and adhering only to a desire for knowledge. This knowledge consists primarily of the contemplation of God or the divine truth, i.e., the goal or end of all human life, and secondarily of the contemplation of the divine effects, i.e., seeing the invisible things of God by understanding what has been made.77 This leads Henry to a discussion of the threefold signification of the gospel’s saying that Mary sat at the Lord’s feet and heard his word [Lk. 10:39]. First, “sitting” signifies humble and inner rest (quies), in a contemplative leisure (vacatio).78 Second, sitting “at the Lord’s feet” signifies that contemplation should start from Christ’s humanity, ascending to his divinity, or

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indeed, Martha is said in Hebrew almost ‘calling forth’ or ‘stimulating’ and in Syrian almost ‘giving’. The active power accordingly has to summon all the powers subjected to her, including the corporeal ones, so that they conform to her in all good acts. In fact, often it has to stimulate them in a certain manner, that is to say, when, instead of proper inclination, those inferior powers obey the commanding reason with murmuring and a certain sadness. But it has to give in works of mercy whatever love of God or that of the neighbor demands. Mary, truly, is interpreted as almost ‘enlightened’ or ‘she who enlightens’, because that contemplative power has to be illuminated by the Lord and commonly illuminates the entire soul). Ibid., f. 30v–31r: Unde et prima harum sororum per exercitium boni operis cuncta habet exhaurire vitia si que reperit et intendere habet omnium actibus moralium virtutum quibus quis tam ad seipsum bene ordinatur quam ad proximum. Secunda vero calcatis curis omnibus secundum beatum gregorium super ezechielem ad videndum faciem sui creatoris inardescit. Huius enim interest ut idem asserit caritatem dei et proximi tota mente retinere et soli desiderio cognitionis inherere. Spectat siquidem principaliter ad ipsam contemplatio dei sive divine veritatis que contemplatio nimirum est finis totius humane vite. Secundario vero ad eandem pertinet contemplatio divinorum effectuum prout per ipsos in contemplatione deo manuducimur inquantum invisibilia dei per ea que facta sunt intellecta conspiciuntur (Wherefore, the first of these sisters, through the exercise of all good works, has to draw out the vices, as she discovers them, and has to direct the acts of all moral virtues by means of which one is rightly ordered both to oneself and to one’s neighbor. The second [sister], truly, having put aside all cares, is fervent to see the face of her creator, according to blessed Gregory on Ezechiel. It is important to her, as he says, to retain with her whole mind love for God and neighbor and to adhere to a sole desire for knowledge. Accordingly, contemplation of God or divine truth pertains principally to such knowledge, which is, especially, the end of all human life. Secondarily, a contemplation of divine operations pertains to this same thing, insofar as by means of those operations we are led to contemplate God, in that the invisible things of God are clearly seen, being understood though what has been made [Rom. 1:20]). Ibid., f. 31r: Primum est humilis quies non solum exterior quinpotius interior a passionibus et fantasmatum evagationibus. Oportet enim mentem esse tranquillam non transformatam que contemplationi vacare debet propter quod et dominus per prophetam dicit. Vacate et videte quoniam ego sum deus. Item. In pace factus est locus eius. Et hec quies non incongrue per sessionem designatur secundum quod et quidam magna inter philosophos satis proprie innuit dicens. Anima sedendo et quiescendo sit sapiens et prudens (The first is humble rest, not only outer but

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from the contemplation of corporeal and lower things, as God is everywhere.79 The Carthusian lists six types of contemplation, two in the imagination, two in the reason, and two in the intellect:80 (1) in the imagination and in accordance with the imagination, simply attending to sensible things, dumbstruck, while admiring the divine in them;81 (2) in the imagination and in accordance with reason, searching for the forms and causes of things;82 (3) in the reason and in accordance with imagination, rising up

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rather inner [rest], free from passions and from roamings of phantasms. For the mind needs to be tranquil, not transformed, and it must be still in contemplation, because of which the Lord says through the prophet: ‘Be still and see that I am God’ [Ps. 45:11]. And: ‘In peace is his place’ [Ps. 75:3]. That rest is not incongruously designated through idle sitting, according to what that great one among the philosophers [i.e., Aristotle] intimates properly enough, saying: ‘Being seated and keeping quiet, the soul acquires wisdom’). Ibid., f. 31r: Secundum est ut contemplatio nostra a pedibus domini incipiat. Unde scriptum est. Qui appropinquant pedibus eius accipient de doctrina ipsius. Possumus autem per pedes eius vel intelligere ipsius sacrosanctam humanitatem qua terram tetigit. Ab illius namque contemplatione ascendendum est ad contemplandum divinitatem que paulo teste caput christi est. Vel forte intelligere possimus per pedes dominicos divinam bonitatem et magnificentiam prout sensibiles et corporales creaturas in hoc mundo inferiori gubernat et ordinat. Sic etenim ille qui residet in celo plenus divitiis et gloria requie eterna quietans electos suos pedibus quodammodo tangit etiam terram nostram. Unde scriptum est. Celum mihi sedes est terra autem scabellum pedum meorum et secundum hoc circa pedes domini sedendum est id est a contemplatione rerum corporalium et inferiorum incipiendum (The second is that our contemplation starts from the Lord’s feet. Hence it is written: ‘Who sit down at this feet, shall receive of his word’ [Dt. 33:3]. And we can understand by ‘his feet’ his sacrosanct humanity by which he made contact with the earth. From the contemplation of this, one is to ascend to contemplate the divinity, which, with Paul as its witness, is Christ’s head. Or, we can perhaps understand through the Lord’s feet the divine goodness and greatness as it governs and orders the sensible and corporeal creatures in this lower world. So, as a matter of fact, he who resides in heaven, full of riches and glory, resting in eternal calm, also touches our earth with his chosen feet. Hence it is written: ‘Heaven is my seat and the earth is my footstool’ [Act. 7:49]. And, according to this, one is to sit at the feet of the Lord, i.e., starting from the contemplation of corporeal and lower things). Most likely, Henry’s source is Richard of Saint-Victor ‘Beniamin Maior’, lib. 1, cap. 6, ed. Patrologia Latina 196, col. 70–72. Henry of Coesfeld ‘Sermo in assumptione BMV’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 31r: Quorum primus est ut aiunt in imaginatione et secundum imaginationem quando scilicet res sensibiles obstupescentes simpliciter attendimus quam magna quam diversa quam pulchra quam iocunda et in hiis omnibus illam divinam potentiam sapientiam bonitatem et munificentiam mirando veneramur et venerando miramur (Of which the first is, as they assert, in the imagination and in accordance with the imagination, that is to say, when we, dumbstruck, simply attend to sensible things – how great, how diverse, how beautiful, how delightful! – and we admiringly venerate and veneratingly admire the divine power, wisdom, goodness, and munificence in all these things). Ibid., f. 31r–v: Secundus est in imaginatione secundum rationem quando scilicet rerum premisso modo imaginabilium rationes et causas inquirimus et cum ammiratione et veneratione invenimus causas inquam tam secundum phisicam investigationem quam secundum divinorum iudiciorum considerationem (The second is in the imagination in accordance with reason, that is to say, when we search for the forms and causes of these imaginable things and, with admiration

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through ratiocination in the speculation of invisible things;83 (4) in the reason and in accordance with reason, rising in the contemplation of celestial souls or supramundane intelligibles;84 (5) above reason and yet not beyond reason, contemplating things that cannot be understood through ratiocination but that are believed from divine authority, such as the nature of the deity or God’s simple essence;85 (6) beyond and even against reason, considering and believing things that seem to contradict all human reason, such as the Trinity.86 Finally, third, “hearing his word” signifies relying on divinely revealed faith.87

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and veneration, we find the causes, both according to physical investigation as through consideration of the divine judgements). Ibid., f. 31v: Tertius gradus est in ratione secundum imaginationem quando scilicet per rerum visibilium similitudines rationando in rerum invisibilium speculationem sublevamur (The third grade is in the reason in accordance with imagination, that is to say, when, through likenesses of visible things, we rise up, through ratiocination, in the speculation of invisible things). Ibid., f. 31v: Quartus [est] in ratione et secundum rationem quando scilicet semoto omni imaginationis officio solis illis intendimus que imaginatio non novit sed que mens ex rationiatione colligit vel per rationem comprehendit ut quando ex nostris invisibilibus que per experientiam novimus in contemplatione celestium animarum sive supermundanorum intellectuum consurgimus (The fourth is in the reason and in accordance with reason, that is to say, when we, with the office of the imagination removed, reach out only to those things that the imagination is not acquainted with, but that the mind gathers through ratiocination or through reason, when, from our invisible things that we know through experience, we rise in the contemplation of celestial souls or supramundane intelligibles). Ibid., f. 31v: Quintus est ut aiunt supra rationem non tamen preter rationem quando scilicet illa contemplamur que nulla ratiocinatione sufficienter comprehendere possumus quamvis non videantur humane rationi contraria quinpotius ipsis leviter acquiescit ratio qualia sunt que ex divina autoritate de deitatis natura et simplici dei essentia credimus (The fifth is, as they assert, above the reason yet not beyond reason, that is to say, when we contemplate those things that we cannot sufficiently understand through ratiocination, although they are not seen as contrary to human reason, but the reason rather finds comfort in these, such as the things that we believe from divine authority about the nature of the deity or God’s simple essence). Ibid., f. 31v: Sextus vero gradus et ultimus est supra rationem et videtur esse preter vel etiam contra rationem quando scilicet cum omni veneratione et ammiratione exultatione et tripudio illa consideramus et firmiter credimus quibus omnis humana ratio reclamare videtur qualia sunt pene omnia que de personarum trinitate credere iubemur (Truly, the sixth and last grade is above the reason and is seen to be beyond or even against reason, that is to say, when, with all veneration, admiration, exultation and jubilation, we consider and firmly believe those things which are seen to loudly contradict all human reason, such as the things that we are ordered to believe about the Trinity). Ibid., f. 31v: Tertium quod observandum notatur in contemplatione est ut ipse contemplans audiat verbum domini id est non nimis imitatur proprio sensui quinpotius divinitus revelate fidei. Multa enim sunt ad que infirma et angusta ratio nostra potest attingere que solum oportet per fidem tamquam ex ore domini revelata credere (The third [thing] that is noted to be observed in contemplation is that the contemplative mind hears the word of the Lord, i.e., it evidently should not rely on proper sense, but rather on divinely revealed faith. For, many are the things that our weak and contracted mind can relate to, which must be believed only through faith, as revealed by the Lord’s mouth).

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After explaining how the virgin Mary also excelled in the active life, Henry then wonders how to read the biblical passage about Martha being busy about much serving [Lk. 10:40], i.e., rendering herself prompt and benevolent in serving God, or in other words, being devout,88 while at the same time being concerned about her sister not helping her.89 He thinks – save better judgement – that human beings are naturally more inclined to ministering to external works than to contemplating, and are therefore troubled.90 Then, the one thing necessary [Lk. 10:42] is the end of all things 88

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On Henry of Coesfeld’s description of devotion as “prompt benevolence” or “benevolent promptness”, see GAENS 2016 (n. 4), 16. Cusanus, again borrowing from Henry, uses the same description in his Sermon VI (see Appendix). Henry of Coesfeld ‘Sermo in assumptione BMV’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 32r: Ecce qualiter martha nostra satagebat circa frequens ministerium. Que etiam stetit id est in omnibus se promptam et benivolam ad digne deo ministrandum exhibuit et ait domine non est tibi cure quod soror mea relinquit me solam ministrare. Ac si diceret. O domine cui nulla creatura ad plenum servire sufficit qui omnem creaturam creasti ut servivat ad laudem et gloriam tuam. Omnia enim propter temetipsum operatus es domine. Non igitur est tibi cure quod soror mea reliquit me solam ministrare. Ecce ego turbor propter te circa plurima et ipsa ociatur. Ego inquietor et ipsa dulciter deliciatur. Ego tibi in omnibus quantum possum servio et ipsa ut prima facie apparet pene nichil operatur. Dic ergo illi ut me adiuvet (See, in that way, our Martha was busy about much serving [Lk. 10:40]. In that she stood [Lk. 10:40], i.e., she rendered herself prompt and benevolent in worthily serving God in all things, and she said: ‘O Lord, are you unconcerned that my sister leaves me to serve all alone?’ [Lk. 10:40], as if she were to say: ‘O Lord, whom no creature suffices to serve fully, who created every creature so that it would serve for your glory and honor. Truly, all things are worked by you, Lord, for your own sake. Therefore, are you unconcerned that my sister leaves me to serve all alone? [Lk. 10:40] See, I am troubled because of you about many things while she is at leasure. I am at unrest, while she is pleasantly delighted. I serve you in all things as much as I can, while she – as it appears at first sight – does almost nothing. Therefore, tell her to help me [Lk. 10:40]’). Ibid., f. 32r: Quid sibi vult huiusmodi sententia verborum numquid in virgine sanctissima spiritu sancto plenissima et ab omni peccato immunissima fuit unquam murmuratio aliqua [aut] inordinata dissensio inter martham et mariam id est vitam activam et contemplativam absit sed salva sententia veriori credo per hoc nobis insinuari quod naturaliter plus inclinati sumus ad externorum operum amministrationem quam ad divinalium secretorum contemplationem. Quapropter quodammodo vis activa etiam in hominibus sanctis inquantum esset de se recte interpellare dicitur dominum contra vim contemplativam desiderans scilicet ut anima totaliter se circa divinum ministerium occupet. Verum cito dominus pacat vel etiam contingere non sinit amorosam litem istam quando interius respondens ait. Martha martha bis scilicet martha propter duplicia opera misercordie que exerces spiritualia videlicet et corporalia vel propter duplicia exercitia quibus tam circa teipsam occuparis quam circa proximum. Sollicita es et turbaris erga plurima. Bene quidem facis verumptamen turbaris. Opus enim tuum turbationem annexam habet et erga plurima turbaris (How are these words to be judged? Surely not that in the most holy virgin, most full of the holy Spirit and most immune to all sin, there was ever any murmuring or inordinate dissension between Mary and Martha, i.e., between the active and contemplative life. Absurd! But, save a truer judgement, I believe that, through this, we are taught that, naturally, we are more inclined to the ministry of external works, rather than to the contemplation of divine secrets. Therefore, in one way or another, the active power, even in holy people, in so far as it would be out of itself, is said to rightly solicit the Lord against the contemplative power, that is to say, desiring that the soul is

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about which one is troubled, i.e., the divine goodness, and in this sense Mary has chosen the optimal part that will not be removed from her [Lk. 10:42], i.e., the contemplative life.91 Having run through Luke’s gospel in the traditional way, Henry now comes to his main line of argument, i.e., the three things that this biblical text supposedly teaches. First, that the contemplative life is the optimal life, better and more preferable than the active life, as its primary object is God and its secondary object the divine works, and because it perfects a human being according to the most noble part of the soul, i.e., the intellective potency.92

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totally occupied with serving the divine. I summon it true that the Lord quiets this amorous quarrel or does not allow it to happen, when he, inwardly answering, says: ‘Martha, Martha [Luke 10:41], that is to say, twice Martha because of the twofold works of mercy that you exercise, namely spiritual and corporeal, or because of the twofold exercises, with which you are occupied with respect to yourself, as well as with which you are engaged with respect to the neighbor. You are solicitous and troubled about many things [Luke 10:41]. You do well, but you are troubled. For, your work has an added disturbance, and you are troubled about many things’). Ibid., f. 32r: Porro unum est necessarium quod scilicet est finis omnium illorum circa que tu turbaris et hoc quidem unum soror tua maria elegit apprehendere contemplando et fruendo inherere quapropter maria optimam partem elegit vitam scilicet contemplativam contenta illo uno optimo delectabilissimo necessario sufficientissimo finalissimo bono que etiam pars non auferetur ab ea. Hic enim incipit vita contemplativa in futuro autem perficietur duratura in seculum seculi. Tua autem vita turbida auferetur quippe que non est imminente circa unum necessarium bonum et optimum sed que circa multa transitura et non permansura versatur ([Christ says:] ‘Then, one thing is necessary [Luke 10:42], that is to say, the end of all those things about which you are disturbed, and this one thing your sister Mary has chosen to apprehend by contemplating, and to cling to by fruition. Hence, Mary has chosen the optimal part [Luke 10:42], that is to say, the contemplative life, as she is content with that one optimal, most pleasing, necessary, most sufficient, and most final good. Which part, also, will not be removed from her [Luke 10:42]. For the contemplative life begins here below but it will be perfected in the future, when it will continue forever and ever. And your life of turmoil will be removed, in fact, that life which is not overhanging the one necessary and optimal good but which is moving around many transitory and not enduring things’). Ibid., f. 32r–32v: Quorum primum est quod omnium vitarum vita contemplativa est optima et per consequens est potior et melior quam vita activa. Ratio autem una inter ceteras est quia est circa obiectum optimum. Est enim circa deum principaliter quamvis secundario sit circa divina opera prout in illis reluctet illa dei maiestas sapientia et bonitas. Exercetur etiam per potentiam anime dignissimam id est intellectivam et hominem perficit secundum partem nobilissimam. Hec etiam vita maxime deo convenit cui nichil convenit quod non dicit perfectionem simpliciter et per consequens hominem maxime deo assimilat. Quapropter in hac vita incipit et in futura perficietur. Nunc enim filii dei sumus sed non dum apparet quid erimus scimus quoniam cum apparuerit similes ei erimus quia videbimus eum sicut est (Of which the first is that the contemplative life is the optimal of all lives, and consequently more preferable and better than the active life. And one reason among others is, because it is has to do with the optimal object. For, it principally has to do with God, as much as, secondarily, it has to do with divine works, as in them the power, the wisdom, and the goodness of God shine forth. Also, it is exercised through the most noble power of the soul, i.e., the intellective potency, and it perfects a human being according to the most noble part. Also, this life maximally fits God, to whom nothing fits that

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Second, that the active life does not remain in the afterlife.93 Third, that the contemplative life remains in the blessed, as the essential reward in the afterlife is the contemplation of God, seeing him “as he is”.94 To these three points, Henry continues, some people might object using three doubts. A first doubt turns things around, wondering whether the active life is not to be seen as better, since whatever one chooses rationally, is done because it is better, and since many who exercise the active life are better than many who contemplate. A second doubt points at the fact that the active power of the soul is not idle in the afterlife, as nobody would argue that the blessed do not exercise acts to God’s glory. The third doubt wonders whether the contemplative life is also not taken away in the future life.95

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does not simply fits perfection, and consequently, it maximally assimilates man to God. Wherefore, it starts in this life and it is perfected in the future. For, ‘now we are sons of God, but it is not yet clear what we will be; we know that, when he will appear, we will be like to him, because we will see him as he is’ [1 Jn. 3:2]). Ibid., f. 32v: Secundum est quod vita activa post hanc vitam auferetur et non manebit in futura patria. Ibi enim nullus pascet esurientem aut potabit sitientem aut aliquid aliud opus misercordie exercebit sed nec contra proprias passiones pugnabit aut temptationibus resistet quippe ubi nulla erit miseria aut inquietudinis pugna (The second is that the active life is taken away after this life and does not remain in the future life. For, there, no one will feed the hungry, or give the thirsty to drink, or will perform any another work of mercy, and no one will fight against proper passions or resist temptations, in fact, where there will be no misery or battle of restlessness). Ibid., f. 32v: Tertium vero de quo nos dominus instruit est quod vita contemplativa non auferetur sed manebit eternaliter in ipsis beatis eo quod essentiale premium sive essentialis sanctorum beatitudo consistat in contemplatione dei secundum illud salvatoris. Hec est vita eterna ut cognoscant te solum verum deum et quem misisti ihesum christum (Truly, the third thing about which the Lord instruct us, is that the contemplative life is not taken away but remains eternally in the blessed, in the sense that the essential reward or the essential blessedness of the saints consists in the contemplation of God, according to that of the savior: ‘This is true life, that they know you, the only true God, and Jesus Christ, whom you have sent’ [Jn. 17:3]). Ibid., f. 32v: Sed pulsat fortassis mentem cuiuspiam circa dicta premissa quod sepe [homines] rationalibiter coguntur exercitia vite contemplative suspendere et actus vite active exercere et per consequens pro tunc vita activa est melior quidquid enim est pre alio rationabiliter eligibilius nulli dubium quoniam sit melius. Quis enim dubitat quin multi vitam activam exercentes sint multis contemplativis meliores et in merito perfectiores. Quapropter videtur quod primum dictum veritatem non habeat. Item scriptum est. Opera enim illorum sequuntur illos. Quare videtur quod opera vite active erunt post vitam presentem in futura patria. Quis enim dicere audeat quod in beatitudine vis anime activa erit eternaliter otiosa nullum exercens actum ad gloriam dei maxime cum scriptum sit. Beati qui habitant in domo tua domine in secula seculorum laudabunt te. Videtur igitur quod secundum dictum non sit verum. Item omnis modus cognoscendi vie in futuro evacuabitur secundum apostulum dicentem. Sive prophetie evacuabuntur sive lingue cessabunt sive scientia destruetur cum enim venerit quod perfectum est evacuabitur quod ex parte est. Igitur contemplatio vite auferetur et per consequens tertium dictum appareat minus verum (But perhaps somebody’s mind, with respect to the previous sayings, objects that often human beings are rationally urged to hesitate over the exercises of the contemplative life and to exercise the acts of the active life, and consequently that, then, the active life is better, for, whatever is chosen above something else rationally, without a doubt, is done because it is better. Who,

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In his treatment of the first doubt, Henry refers to certain (mendicant) theologians that had placed activities such as teaching and preaching before simple contemplation.96 Obviously, he does not agree, but his view is much more nuanced. In a rather down-to-earth way, he considers outward action to be occasionally preferable to contemplation, because of the vicissitudes of the present life, just as water is sometimes to be preferred to the more

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truly, would doubt that many who exercise the active life are better and more perfect in merit than many who contemplate? Wherefore it is seen that the first saying does not have truth. Also it is written: ‘For their works follow them’ [Rev. 14:13]. And so, it is seen that the works of the active life will be in the future life, after the current life. For, who would hear saying that in the blessedness the active power of the soul would be eternally idle, not exercising any act to the glory of God, especially since it is written: ‘Blessed are those who dwell in your house, Lord, they will praise you forever and ever’ [Ps. 83:5]? Then, it is seen that the second saying is not true. Also, every mode of knowing in this life will disappear in future life, according to the apostle, who says: ‘Where there are prophecies, they will cease; where there are tongues, they will be stilled; where there is knowledge, it will pass away [1 Cor. 13:8], for, when will come what is perfect, what is in part will disappear’ [1 Cor. 13:10]. Therefore, contemplation in this life will be taken away, and consequently the third saying appears less true). Ibid., f. 32v: Dico karissimi primo ad dubium primum quod quidam consueverunt hic distinguere de duplicibus actibus vite active dicentes quod duplex est opus vite active unum quod ex plenitudine contemplationis derivatur sicut doctrina et predicatio. Aliud quod totaliter consistit in occupatione exteriori ut sunt elemosinam dare infirmos visitare et huiusmodi et ut sunt generaliter exercitia virtutum moralium prout proprias cuiusquam passiones refrenare habent. Dicunt igitur concedendo cum ceteris quod simpliciter contemplatio prefertur operibus secunde generis eo quod talia disponunt mentem ut ad contemplationem abilis fiat sedatis scilicet passionibus et tumultibus passionum per exercitia virtutum moralium et idcirco de talibus aiunt beatus gregorius loquitur 6 moralium. Qui contemplationis arcem tenere desiderant necesse est ut prius in campo actionis se probent. Et de talibus etiam dicunt dominum locutum in evangelio hodierno. Sed econtra dicunt quod opera primi generis preferuntur simplici contemplationi. Unde et per consequens concedere habent quod non omnis vita contemplativa est qualibet vita activa perfectior et melior (I say, my dearest, first to the first doubt, that some tend to distinguish here between multiple acts of the active life, saying that the work of the active life is twofold. One proceeds directly from the abundance or plenitude of contemplation, namely teaching and preaching. The other consists entirely in outward activities, namely the giving of alms, visiting the sick, etc., and, generally, exercising moral virtues, which must restrain the passions. Some then say in accordance with others that contemplation is at first sight to be placed before the second kind of activities, because these activities prepare the mind, so that it is able to contemplate, after the passions and their disturbing influences have been quieted through the exercises of the moral virtues. And, for this reason, they have about those things what the blessed Gregory says: ‘Those who wish to hold the fortress of contemplation must first of all train in the camp of action’. And they also have about those things the Lord’s saying in today’s gospel. But, on the other hand, they say that the activities of the first kind are placed before simple contemplation [i.e., the basic variety of contemplation], and therefore they have to admit that not every contemplative life is more perfect and better than any active life.).

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noble drink of wine.97 Goodness and the merit of life are measured by charity, he explains, so one person might perform activities with greater charity than another who contemplates, or because of an accidental necessity or usefulness. In this sense, contemplation is not always better than action. The Carthusian admits that those who, out of an abundance of contemplation proceed in pastoral care, or teaching and preaching, are of a more perfect state than those who simply focus on contemplation. But that does not mean that such a work would be more worthy.98 97

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Ibid., f. 32v: Alii tamen dicunt et ni fallar melius quod generaliter omnis contemplatio est simpliciter melior et dignior ceteris paribus quam quecumque operatio. Et similiter vita contemplativa est simpliciter perfectior vita activa propter rationes prius assignatas secundum quod tamen contingit operationem vite active esse meliorem et in casu magis eligendam quam contemplationem propter necessitatem vite presentis sicut non est dubium quin simpliciter vinum sit potus nobilior quam aqua in casu tamen aqua plus eligenda est. Et eodemmodo dico quod ceteris paribus vita contemplativa est simpliciter maioris meriti quam activa eo quod ipsa immediate et directe respicit dilectionem dei illa vero dilectionem proximi (Others say, however, and, if I am not mistaken, in a better way, that generally all contemplation is simply better and worthier – all other things being equal – than any activity, and similarly that the contemplative life is simply more perfect than the active life, because of the reasons previously indicated, in so far that it may happen that a given activity in the active life is better and, occasionally, more preferable than contemplation because of the vicissitudes of the present life, just as wine is evidently better than water, yet, occasionally, water is to be preferred. And in the same way, I say that – all other things being equal – the contemplative life is simply more meritorious than the active, because the former immediately and directly considers the love of God and the latter that of the neighbor). Ibid., f. 32v–33r: Et dico notanter ceteris paribus quia bonitas de qua iam loquimur et similiter meritum attenditur penes caritatem sed possibile est quod unus ex maiori caritate vitam activam exerceat quam alter vitam contemplativam. Unde dicitur quod duplex est bonitas tam contemplationis quam actionis. Prima intrinsica et essentialis que attenditur penes bonitatem obiectorum et quo ad illam semper contemplatio est melior actione. Alia est extrinseca et accidentalis que attenditur penes caritatem a qua procedit contemplatio vel actio vel penes aliquam accidentalem necessitatem vel utilitatem et sic non semper actione est melior ut dictum est. Et supponito quod sint perfectioris status ceteris paribus qui ex habundanti contemplatione in actus illos excellentes vite active procedunt doctrinam videlicet et predicationem aut regimen animarum quam qui simpliciter contemplationi intendunt. Ex hoc tamen non sequitur quod huiusmodi operatio sit dignior contemplatione propter quod ut videtur et beatus pater augustinus 19 de civitate dei 19 capitulo ammonet huiusmodi opera nisi necessitas incumbat non suscipere sed contemplationi vacare sic dicens. Otium sanctum querit caritas veritatis negotium iustum suscipit necessitas caritatis quam sarcinam si nullus imponit percipiende ac intuende vacandum est veritati. Si autem imponitur suscipienda est propter caritatis necessitatem sed nec sic omnimodo de veritatis delectatio deserenda est ne subtrahatur illa suavitas et opprimatur ista necessitas (And I explicitly say ‘all other things being equal’, because the goodness of which we already spoke and similarly the merit is measured by charity, yet it is possible that one person leads his active life with greater charity than another his contemplative life. Therefore it is said that goodness is twofold, that of contemplation as well as that of action. The first goodness is intrinsic and essential, as it derives from the goodness of the objects. With respect to this, contemplation is always better than action. The other goodness is extrinsic and accidental, as it derives from the charity with which contemplation or action proceeds, or some accidental necessity or usefulness. And in

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Here, Henry might have been influenced in some way by the Carthusian (and former Dominican) Ludolph of Saxony, who had included an analysis of the contemplative vs. the active life in his ‘Vita Christi’.99 Given Henry’s influence within the Carthusian Order, the ideological significance of these views should not be underestimated. Indeed, at the end of the fourteenth century, and as the fifteenth century progressed, an increasing number of Carthusian monks became active as reformist authors, translators, and compilers, or were actively involved in the reform of other monastic orders.100 Such ideas on the contemplative and active life were also to have an influence on the reformist thinking of the fifteenth century, both within the Carthusian Order and outside of it. So, for example, Denys the Carthusian discussed the contemplative and active life along similar lines.101 As already mentioned, Nicholas of Cusa drew literally from Henry’s sermon in one of his early sermons on the topic.102 And so did Bernard of Waging, monk of

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this way contemplation is not always better than action, as it is said. And I will suppose that those who, out of an abundance of contemplation proceed in those excellent acts of the active life, that is to say, teaching and preaching, or the government of souls, are of a more perfect state than those who simply focus on contemplation. From this, however, it does not follow that such a work would be worthier than contemplation, because, as it is seen, the blessed father Augustine in the 19th book of ‘On the City of God’ in the 19th chapter urges not to undertake these works but to be free for God, saying: ‘Love for the truth searches for a holy leisure, necessity of charity makes one undertake a righteous activity in affairs. If no one lays this burden on us, we should give ourselves up in leisure to the perception and contemplation of truth. But if it be laid upon us, it must be undertaken because of necessity of charity. But even so, we must not wholly abandon the delight in truth, lest that sweetness be withdrawn, and this necessity be oppressive’). On Carthusian necessity (necessitas) and usefulness (utilitas), see BRUNO RIEDER: Deus locum dabit. Studien zur Theologie des Kartäuserpriors Guigo I. (1083–1136), Paderborn 1997 (Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes zur Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie NF 42), 105–129. Ludolph of Saxony ‘Vita Christi’, pars 1, cap. 61: ‘De ministerio Marthe et otio Marie Magdalene’, ed. by J.-P. MABILE, J.-J. GUERRIN, Parisiis, Romae [Paris, Roma] 1865, 264–269. Thomas Aquinas is likely to be an important source for Henry’s views on the contemplative and the active life. For an overview, see TOM GAENS: Fons hortorum irriguus, ceteras irrigans religiones. Carthusian Influences on Monastic Reform in Germany and the Low Countries in the Fifteenth Century, in: A Fish Out of Water? From Contemplative Solitude to Carthusian Involvement in Pastoral Care and Reform Activity, ed. by STEPHEN J. MOLVAREC, TOM GAENS, Leuven 2013 (Miscellanea Neerlandica 41/Studia Cartusiana 2), 51–103. DENYS TURNER: Why Did Denys the Carthusian Write Sermones ad saeculares?, in: Medieval Monastic Preaching, ed. by CAROLYN MUESSIG, Leiden et. al 1998 (Brill’s Studies in Intellectual History 90), 19–35, here 27–35. See Appendix.

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the Benedictine abbey of Tegernsee and one of the theologians of the Melker reform, in a treatise on pastoral care.103 To the second doubt, Henry replies that the remaining of the active life in the future life can be understood either with respect to the reward, or with respect to the essence. Regarding the former, there is no doubt that all good things of the contemplative and active life remain restored for the blessed in the afterlife, and that the virgin Mary has chosen the optimal part of merits.104 Regarding the latter, it is clear that there will not be an active life in the afterlife as it is known in this life, but still there will be an active life in the blessed, glorifying God in the most devout way.105 103

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Compare with Bernard of Waging ‘Defensorium speculi pastorum et animarum rectorum’, in: Der Briefwechsel Bernhards von Waging und Johannes’ von Eych (1461–1463), ed. by HEIDE DOROTHEA RIEMANN, Köln 1985, 137–313, there 162–169. On Henry of Coesfeld’s influence on Bernard and other theologians in the context of the Melker reform, see my forthcoming essay TOM GAENS: Wasser mit Wein. Henry von Coesfeld als prägender Theologe des Melker Reformdenkens, to appear in the proceedings of the conference ‘Kartausen und Kartäuser zwischen Gebet und Grundherrschaft’, held at Aggsbach in 2016. Henry of Coesfeld ‘Sermo in assumptione BMV’, in: Brussels, KB, MS 1212, f. 33r: Ad secundum dubium dico quod opera vite active sive ipsarum vitam activam manere in futura patria potest duplex intelligi. Uno quo ad premium. Alio quo ad essentiam. Primo modo nulli dubium quin omnia bona tam vite active quam contemplative quibus hic sancti premium celestium promeruerunt ipsis eternaliter in celo reposita maneant. Et secundum hoc possunt hec verba domini in principio assumpta maria optimam partem elegit que non auferetur ab eo satis convenienter sic applicari matri sue beatissime quod ipsa optimam partem meritorum elegit que non auferetur ab ea […] Maiori siquidem gratie maior gloria et maiori merito maius premium atque digniori statui correspondet in regno dei maior excellentia (To the second doubt, I say that the activities of the active life or the remaining of their active life in the future life can be understood in two ways. One with respect to the reward. The other with respect to the essence. In the first way, there is no doubt that all the good things, both of the active life and of the contemplative life, for which the saints here deserve a celestial reward, remain restored for them eternally in heaven. And according to this, the previously assumed words of the Lord, ‘Mary chose the optimal part that is not taken away from her’, can be conveniently enough applied to his most blessed mother, in the sense that she has choses the optimal part of merits that is not taken away from her […] Accordingly, higher grace corresponds with higher glory, and higher merit with a higher reward, and a more worthy state with a higher excellence in the kingdom of God). Ibid., f. 33r: Si vero intelligatur secundo modo vita activa manere in patria scilicet quo ad essentiam iterum satis clarum est quod talia opera exteriora que hic exercet vita activa non manebunt in patria. Ibi quippe nullus erit miser et per consequens non exercebuntur opera misericordie. Ibi etiam erit eterna pax et requies et idcirco non erit aliqua temptationis impugnatio. Unde non erit in futuro vita activa quo ad tales actus quos hic exercet nec respectum talium obiectorum eius aut propter talem immediatum finem qualia obiecta eadem vita hic respicit et quem finem hic sibi constituit. Erit tamen ibi vita activa quo ad actus quos habet in suum finem. Erit enim in beatis vis activa devotissime eternaliter supererecta ad dominum volens sibi in omnibus complacere volens eum laudare benedicere et glorificare et sic de aliis actibus spiritualibus actibus virtutis active (Truly, if, in the second way, the active life is understood to remain in the afterlife, that is to say, with respect to the essence, it is again clear enough that such exterior works which the active life performs here, will not remain in the afterlife. There, in fact, there will be eternal peace and

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As to the third doubt, Henry indicates that the contemplative life will remain in the afterlife with respect to the same object for which it is exercised here, i.e., God, and with respect to the same unmediated end, i.e., the union with God and the enjoyment of God.106 Finally, Henry ends his sermon by stating that the virgin Mary has chosen the optimal part in this life, which is perfected and consummated in the afterlife.107 For, after her assumption, he concludes lyrically, the most blessed Mary spiritually sits at the right hand side of her son on the mother’s throne, in a gilded garment with a regal diadem on her head, there, receiving milk from whom, here, she has given milk with her breasts.108

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repose, and consequently there will not be any fight against temptation. Wherefore there will not be an active life in the afterlife with respect to those acts that it performs here, and also not with respect to such objects, or because of such unmediated end, as the objects as it considers in this life and as the end it constitutes for itself here. Yet there will an actife life there with respect to the acts that it has in its end. For there will be, in the beatified, an active power, eternally superelevated to the Lord in the most devout way, wanting to please him in all things, wanting to praise, bless, and glorify him, and so about other spiritual acts of the active power). Ibid., f. 33r: Verum vita contemplativa manebit in patria respectum eiusdem obiecti respectum cuius hic exercetur id est dei. Et quo ad similes actus qui sunt amorose cognoscere et ammirari etc. nisi quod loco actuum imperfectorum succedent actus perfecti. Et quo ad eundem immediatum finem qui est uniri et frui deo (Truly, the contemplative life will remain in the afterlife with respect to the same object for which it is exercised here, i.e., God. And with respect to similar acts, which are amorously knowing and admiring, etc., unless that [then] perfect acts will follow, instead of imperfect ones. And with respect to the same unmediated end, which is being united to God and enjoying God). Ibid., f. 33r–v: Liquet igitur ex veritatis sententia qualiter maria nostra id est virgo beatissima quo ad vim anime eius contemplativam meliorem partem elegit quam martha id est quam ipsamet quo ad vim activam quamvis etenim fuerit multum excellentis vite magnique meriti quia domino ihesu sancta mater dignissime servivit in eiusdem corporali necessitate maioris tamen quia tantopere per contemplationem divine inhesit maiestati. Hec est optima pars quam elegit non solum melior omnibus exercitiis vite active quinetiam optima inter omnia exercitia que ceteri sancti exercuerunt in vita contemplativa. Hec non est sibi hodie cum transierit de hoc exilio ad patriam ablata quinpotius perfecta et consummate (Therefore, it is transparent from the saying of the truth, in what way our Mary, i.e., the blessed virgin, with respect to the contemplative power of her soul, chose the better part than Martha, i.e., than the same with respect to the active power. For, although there was much of an excellent life and great merit, because the holy mother served the Lord Jesus in the most worthy way in her bodily necessity, yet there was more greatness, because she adhered to the divine majesty through contemplation to such a great degree. This is the optimal part, chosen by her, not only better than all activities of the active life, but rather the optimal among all exercises that other saints performed in the contemplative life. This is not taken away from her, today, when she traverses from this exile to the fatherland, but rather perfected and consummated). Ibid., f. 33v: Assistens inquam in vestitu deaurato id est fulgore divine claritatis amicta circumdata varietate premiorum et gaudiorum. Ibi quippe positus est hodie thronus matri regis salomonis que sedet ad dexteram eius. Ibi hester regina induta vestimentis regalibus habens diadema regni in capite suo introducta est hodie ad regem assuerum qui beatitudo interpretatur facta consors regni sui regnansque secum super omnia que desiderat anima eius. Ibi domine ihesu

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III. Concluding remarks It is clear that DUPRÉ’s statements about an influence of John of Ruusbroec on Nicholas of Cusa are not to be discarded. Whether the cardinal actually ever read Ruusbroec remains unknown, but at least some of Ruusbroec’s ideas definitely reached the young Cusanus, albeit through the lens of Henry of Coesfeld’s sermons. As I have demonstrated, Cusanus borrowed smaller and larger passages from the Carthusian’s preaching and teaching. It is through these texts that important aspects of Ruusbroec’s Trinitarian and Christological thinking found their way into Cusanus’ early work. However, it would be incorrect to label Henry of Coesfeld as a mere uncritical follower of the Brabantine mystical theologian. In his attempt to bring Ruusbroec into concordance with other authors (patristic, monastic, and scholastic), Henry developed certain topics in his own distinctive way, as is evident from his theology of the Word, his predilection for finding opposites (in God, in Christ, in the virgin mother, etc.), and his treatment of the contemplative and active life. Also, Henry’s pronounced Mariology is much more typical of the Marian devotion in the charterhouse of the Later Middle Ages than it is of Ruusbroec.109 I believe there are good reasons to assume that Cusanus at some point in time owned or at least consulted an extensive selection of Henry of Coesfeld’s sermons, given that such selections frequently circulated in

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eternaliter lactas uberibus consolationis tue benedictissimam matrem que te olim cum apud nos egenus et pauper esses uberibus suis lactaverat. Cibas pane celi potasque fonte vite que te esurientem et sitientem cibaverat. Ornas quoque vestimentis glorie que te nudum vestierat. Clarissime eam videre facis in lumine tuo lumen eternum que hic in te pie crediderat satians eam tua deifica fruitione. Certificans quoque ipsam tua indeficiente comprehensione et tentione quoniam immarcessibilis corona regni sui numquam deficiet (Assisting, I say, in a gilded garment, i.e., covered with the splendor of divine clarity, surrounded with a variety of rewards and delights. There, in fact, today, the king Salomon places the throne of the mother for her, who sits at his right hand side. There, the queen Esther, dressed in regal clothes, having a diadem of the kingdom on her head, is introduced today to the king Ahasuerus, who is interpreted as ‘blessedness’, made the consort of his reign, reigning with himself over everything that her soul desires. There, you, Lord, Jesus, with the richness of your consolation, eternally give milk to the most blessed mother, who gave milk to you with her breasts, when you were with us, needy and poor. [There,] you feed her with heavenly bread and you let her drink from the fountain of life, who [here] fed the hungry and thirsty you. [There,] you also adorn her with the clothes of glory, who [here] clothed the nude you. [There,] you make her see the eternal light in your light in the clearest way, who, here, believed in you piously, saturating her with your divine fruition, and also certifying her with your unfailing comprehension and holding, because the unfading crown of your reign will never fail). On the cult of the virgin mother in the Carthusian Order, see [YVES GOURDEL]: Le culte de la Très Sainte Vierge dans l’ordre des chartreux, in: Maria. Etudes sur la Sainte Vierge, ed. by HUBERT DU MANOIR, vol. 2, Paris 1952, 625–678.

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manuscripts. For, there are also other topics in the Carthusian’s sermons, beyond those discussed in this essay and those listed in the Appendix, that might have caught the attention of the young Cusanus. Examples of these are the concept of ‘Christiformity’ (Christiformitas);110 the idea that, through the “unlearned” (idiote), God confounds the wise of this world;111 the Dionysian characterization of the soul as moving in a circular motion, as well as the description of God as a “circle without beginning or end” (circulus sine principio et fine);112 the comment that “games” (ludi) in honest matters are not only licit but even virtuous;113 the Carthusian’s frequent attempts to put the doctors of the church into concordance (concordare), and his use of the word “representation” (representatio);114 the Aristotelian comparison of the human intellect to an “owl’s eye” (oculus nocticoracis);115 and other interesting words, sentences, and passages. Also, Henry deploys authors that would come to play an important role in Cusanus’ own work, such as Anselm of Canterbury116 and Dionysius the Areopagite117. Nowhere does the Cusan mention Henry of Coesfeld’s name explicitly. But the same holds true for other sermons that draw from other authors, and whose names remain equally unmentioned.118 In fact, the question 110

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RICHARD J. SERINA, JR.: Nicholas of Cusa’s Brixen Sermons and Late Medieval Church Reform, Leiden, Boston 2016 (Studies in the History of Christian Traditions 182), 138–155. K. MEREDITH ZIEBARTH: Nicolaus Cusanus on Faith and the Intellect. A Case Study in 15thCentury Fides-Ratio Controversy, Leiden, Boston 2014 (Brill’s Studies in Intellectual History 225), 105–134. JASPER HOPKINS: Nicholas of Cusa. Metaphysical Speculations, vol. 2, Minneapolis (MN) 2000, 45, 49. Nicholas of Cusa ‘Dialogus de ludo globi’, lib. 1, §2: Nullum enim puto honestum ludum penitus disciplina vacuum; PAULINE MOFFITT WATTS: Nicolaus Cusanus. A Fifteenth-Century Vision of Man, Leiden 1982 (Studies in the History of Christian Thought 30), 193. RUDOLF HAUBST: Wort und Leitidee der repraesentatio bei Nikolaus von Kues, in: Der Begriff der repraesentatio im Mittelalter. Stellvertretung, Symbol, Zeichen, Bild, ed. by ALBERT ZIMMERMANN, Berlin, New York 1971 (Miscellanea mediaevalia 8), 139–162, especially 140–142. MOFFITT WATTS (n. 113), 33, 38–39. HOPKINS 2006 (n. 73). Cusanus himself admitted that he actually read Dionysius only at the end of the 1430s. Earlier citations are then likely from secondary sources. On this, see PETER CASARELLA: Cusanus on Dionysius. The Turn to Speculative Theology, in: Re-thinking Dionysius the Areopagite, ed. by SARAH COAKLEY, CHARLES M. STANG, London 2009, 137–149, here 140; LUDWIG BAUR: Cusanus-Texte. III. Marginalien. 1. Nicolaus Cusanus und Dionysius Areopagita im Lichte der Zitate und Randbemerkungen des Cusanus, Heidelberg 1940 (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse 1940/41:4), 20, 26–32. To my knowledge, none of these earlier citations originates from Coesfeld’s works – at least not from the ones known to me. For example, Cusanus cites the Carthusian Ludolph of Saxony in Sermon II, and the Modern Devout Gerard Zerbolt of Zutphen in Sermons III, V, and VIII, as the edition on www.cusanusportal.de clearly indicates (last accessed 26th August 2020). The same holds for other authors (in other sermons).

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should be raised whether not many – if not most – of these early sermons do not depend on other authors. Obviously, this does not at all invalidate the need for studying them, since they provide an insight into Cusanus’ reading interests and the gathering of his sources, in which he gradually inserted ideas of his own (and of other authors), developed to an exceptional level of inventiveness and speculation in his later sermons, dialogues, and treatises.

Fig. 1. – Virgin Mary and Child with Saint Barbara, Saint Elizabeth of Thuringia, and a Carthusian monk (Frick Collection, NY)

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Epilogue The two main sermons discussed in this essay reveal much about Henry of Coesfeld’s thought. If there ever was a painting that functioned in a medieval charterhouse and that reflects this thinking, it is, in my opinion, the Frick Collection’s Virgin Mary and Child with Saint Barbara, Saint Elizabeth of Thuringia, and a Carthusian monk, a painting that has been ascribed to Jan van Eyck (Fig. 1).119 As Henry of Coesfeld states in one of his sermons, images that replace the scriptures not only convey meaning historically and literally, but also mystically and spiritually, in the same way as the writings that they supplement.120 Therefore, I propose a mystical and many-layered exegesis of such early Netherlandish paintings along these lines, finding historical and figural, allegorical and spiritual, tropological and moral, and anagogical readings. In the Van Eyck painting, the physical setting could be read both as the historical citadel of Bethany or Magdala and as the heavenly Jerusalem, much elevated on a lofty mountain, compared to the earthly city in the background of the painting. Equally so, it can be read as the virgin Mary herself, or more generally, any intellective soul, in which Christ or the Word enters, or is spiritually born. The two other female figures can be read as the two historical daughters of Lazarus, Mary and Martha, or as the figurative sisters Leah and Rachel, but also as the contemplative and active powers of the virgin Mary’s soul, or more generally of any human soul. Saint Elizabeth is the ultimate medieval saint of outward works (in the current usage of the word “charity”), while the three windows of Saint Barbara’s tower, symbolizing the Trinity, might as well refer to the contemplation of divine secrets – in this life at best above and against reason, seeing “that God is”, in the afterlife in a faceto-face vision and beatific fruition, seeing God “as he is”. The tower does not only stand behind Saint Barbara, it is situated even on the outside of the interior scene, which can be read as the virgin Mary having chosen the optimal part. The fact that the virgin Mary can be rightly called “Bethany”

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On this painting, see The Charterhouse of Bruges. Jan van Eyck, Petrus Christus, and Jan Vos, ed. by EMMA CAPRON, New York 2018. Henry of Coesfeld ‘Sermo in Epiphania’, in: Innsbruck, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, MS 434, f. 51v–53v, there f. 51v: Ex hiis credo ex quo imagines sunt loco scripturarum ut dictum est quod non solum ipse imagines significant historice et literaliter sed etiam mistice et spiritualiter omnino sicut scripture quarum vices supplent (On account of this I believe that, as soon as images replace scriptures, as I said before, that such images convey meaning not only historically and literally, but also mystically and spiritually, precisely in the same way as the writings that they supplement).

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or “Magdala”, the latter interpreted as “tower of fortitude in the face of enemies, as an army arrayed for battle”, is indicated in the painting by the statue of Mars in the tower, a god or planet traditionally associated with battle, the angelic Virtues, and the moral virtue of fortitude. Saint Barbara presenting the Carthusian monk with her hand can be read in the same way, in the sense that also the Carthusian has chosen the better part. The three crowns of Saint Elizabeth, again symbolizing the Trinity, can be read as God’s charity vivifying the active part of the soul and directing it to God – in this life when leading a devout and virtuous active life, resisting passions and temptations, in the afterlife when leading the most devout active life, revering God’s glory. In an anagogical interpretation, the painting can be read as depicting the virgin Mary, assumed in the heavenly city of God, in a gilded garment with a regal diadem on her head, there, receiving milk from whom, here, she has given milk with her breasts, and, there, interceding for the Carthusian monk, here, or for any other devout human being. The mysterious absent or hidden one in the painting is the triune God, who is infinite, ineffable, incomprehensible, and thus unpaintable – although not unbelievable –, yet who is everywhere. The central figure, next to the virgin Mary, is the God-and-man Christ, surely a coinciding of opposites, as he is depicted as a small baby boy, who is at the same time the almighty deity, holding a globe in one hand – a symbol of God as creator and governor of the world in the iconographic tradition –, and powerfully justifying the just ones, in this case the devout Carthusian, with his other, little hand. To an intrigued viewer, the depicted scene seems to distort perceptual reality and time: if we are really gazing at the assumed virgin mother, then why does a heavenly city appear together with an earthly city and why does the triumphant Mary hold a nude and new-born Christ? If the Carthusian is militantly performing intercessory prayer, here, then why is he displayed in the same perspective plane with heavenly figures, there? But the historical and the figural, the literal and the spiritual, the militant and the triumphant, nativity and assumption, are all super-imposed in one painted reality. One could say that the painting, in its many-layeredness, tries to capture visio Dei and fruitio Dei, the seeing and enjoying of God, that is to say, God’s seeing and enjoying. If this is so, it would seem that Van Eyck’s art – as in a mirror, dimly – beautifully fails at depicting in a clumsy height of human creativity what the divine Wisdom, present in something banal like an earthly city (essentially) and in something ordinary like a fallen intellective soul (essentially and gratuitously through the spiritual birth) – all things in all things – knows and wills in one pure, eternal act: the traumatic explosion of infinity in time.

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In Ruusbroec’s thought, the ultimate reality of the divine seeing and enjoying is not some God beyond God, but it coincides incomprehensibly with the “wording” of a Light out of the darkness of the Father, and the “spirating” of a Gift that is a loving bond. Light and Gift draw the faithful to God, who is never turning away from them, just as the painted reality lures into itself those viewers that are never giving up on their desire for an ultimate object – believers or not. Early Netherlandish illumination and painting, such as Van Eyck’s, has often been associated with Nicholas of Cusa.121 Rather than attempting anachronistically to project Cusanus’ texts onto it, however, it could be more fruitful to place it in parallel with devotional and mystical authors that deeply shaped the spirituality of the time.122

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See, e.g., CLIFTON OLDS: Aspect and Perspective in Renaissance Thought. Nicholas of Cusa and Jan van Eyck, in: Nicholas of Cusa on Christ and the Church. Essays in Memory of Chandler McCuskey Brooks for the American Cusanus Society, ed. by GERALD CHRISTIANSON, THOMAS M. IZBICKI, Leiden et al. 1996 (Studies in the History of Christian Thought 71), 251–265; IÑIGO BOCKEN: Performative Vision. Jan Van Eyck, Cusanus and the Devotio Moderna, in: Ritual, Image and Daily Life, ed. by GERHARD JARITZ, Münster 2012 (Geschichte, Forschung und Wissenschaft 39), 128–140. For a recent overview of literature on Cusanus and perspective painting, see IL KIM: The Reform of Space for Prayer. Ecclesia primitiva in Nicholas of Cusa and Leon Battista Alberti, in: Nicholas of Cusa and the Making of the Early Modern World, ed. by SIMON J. G. BURTON et al., Leiden, Boston 2019 (Studies in the History of Christian Traditions 190), 75–76 n. 6. One of the few scholars who is successfully pursuing this route is INGRID FALQUE: Devotional Portraiture and Spiritual Experience in Early Netherlandish Painting, Leiden, Boston 2019 (Brill’s Studies in Intellectual History 299/Brill’s Studies on Art, Art History, and Intellectual History 38), especially 21–28, 207–238. See also there for more references.

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Appendix Textual dependencies between the sermons of Nicholas Cusanus and Henry of Coesfeld In the following table, I list sermons by Nicholas of Cusa of which some parts can be literally or almost literally found in the sermons of Henry of Coesfeld. The paragraphs in which these intertextual dependencies can be found, are indicated by the paragraph numbers of the (printed) edition of Cusanus’ works.123 I compared Cusanus’ early sermons to three selections of Henry of Coesfeld’s sermons, currently kept at the Royal Library in Brussels, the University Library of Innsbruck, and the University Library of Düsseldorf.124 Of course, there is a remote possibility that both authors used a third, common source. Unless the opposite can be demonstrated, however, I believe this can be ruled out. In contrast to Cusanus’ early sermons and sermon sketches, the Carthusian’s sermons form a more finished whole, coherent in structure, contents, and style. When drawing from other texts, he mostly mentions his sources,125 although one can find a number of paragraphs where he fails to do so.126 However, to my knowledge he never copies entire themes, introductions, and members of individual sermons from other authors word by word. Henry of Coesfeld is definitely not a compiler as some of the other Carthusians of his era, in the sense that he does not merely repeat the observations of his predecessors, whether scholastic or monastic. He is often disposed to bring the majority of them into concordance. In some cases he is not reluctant to judge for himself if the doctores do not agree amongst themselves. Finally, there are so many intertextual dependencies between the Coesfeldian and the Cusan on such a variety of topics, that they can hardly be imagined to have come from a single source that itself would have incorporated aspects of such diverse (near) contemporary authors, ranging from Bridget of Sweden and John of Ruusbroec to Henry Totting of Oyta and Henry of Langenstein. In the majority of the cases, listed in the table below, the dependencies are verbatim or almost verbatim. For the sake of completeness, I have added a few instances where Cusanus’ text does not follow the Carthusian’s to the letter but where the correspondences are too striking to be left unmentioned.127 These are indicated by the tilde symbol (~).

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I have refrained from referring to the printed edition, as the edited texts, including the notes, are readily available at the Cusanus portal (www.cusanus-portal.de; last accessed 26th August 2020). Brussels, Koninklijke Bibliotheek [hereafter mentioned as KB], MS 1212 (cat. 1945); Innsbruck, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol [hereafter mentioned as ULBT], MS 434; Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek [hereafter mentioned as ULB], MS B 191. Henry of Coesfeld does have a tendency to not explicitly name some of his more contemporary sources. For example, he calls Henry Suso quidam doctor and John of Ruusbroec quidam devotus without explicitly mentioning their names. I have also encountered this in other (Carthusian) texts of the Later Middle Ages. As I have indicated in this essay, for example, some passages depend on the commentary on the Sentences of Henry Totting of Oyta, or show intertextual dependencies with the treatise ‘De verbo incarnato’, ascribed by some scholars to Henry of Langenstein. See n. 1 for an extreme example of such a case.

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Henry of Coesfeld

Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali128 Sermo in epiphania Domini de tribus muneribus que magi obtulerunt129

Sermo de nativitate Iohannis Baptiste de gratia sibi divinitus data130 Sermo in nativitate sancti Iohannis Baptiste de ipsius triplici excellentia videlicet sanctificationis conversationis et glorificationis131 Sermo in natali beati Iohannis Baptiste de hoc quod dupliciter beatus Iohannes fuit a Domino gratia prophetali excellentissime preditus132

Sermo de beata Maria Magdalena de tribus desertis133 Sermo in assumptione beate Marie virginis super evangelio ‘Maria optimam partem elegit’134

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Nicholas of Cusa Sermo II Pars tertia. De nativitate, que lumine gratia fit [II, 27, on divine illumination]

[II, 29, on the gifts of the magi]

Sermo V Pars secunda. De nomine Johannis, et ibi de multiplici gratia [V, 15-20, on grace and virtues] [V, 21, on John the Baptist and sin]

Pars tertia. De Johanne, qui erat in deserto, et ibi de vita contemplativa et activa [V, 23, on the desert of Sinai, i.e., contemplation] [V, 24-26, on the contemplative and active life, here applied to John the Baptist]

Brussels, KB, MS 1212, f. 125v–129r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 22r–24v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 5r–8r. Brussels, KB, MS 1212, f. 159v–160v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 26v–27r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 16v–17v. Brussels, KB, MS 1212, f. 117r–120r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 70v–73r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 77r–78v. Brussels, KB, MS 1212, f. 15r–18r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 73r–74v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 75r–76v. Brussels, KB, MS 1212, f. 46r–48r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 99v–100v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 79r–80v. Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 76v–77r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 82r–83v. Brussels, KB, MS 1212, f. 29v–33v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 103r–105v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 95v–98ar.

400 Tom Gaens

Sermo in nativitate beate Marie virginis quod ab initio conceptionis sue fuit virtute et gratia Domino ornata135

Sermo in purificatione beate Marie virginis qualiter debemus nos dominum Ihesum per devotionem spiritualiter in ulnas nostras suscipere136

Sermo in festivitate beate Marie Magdalene de ipsius ferventi dilectione et multorum peccatorum remissione137

Sermo in festivitate beate Marie Magdalene de ipsius ferventi dilectione et multorum peccatorum remissione138

Sermo in assumptione beate Marie virginis de eius mirabili assumptione139

Sermo in assumptione beate Marie virgine super evangelio ‘Maria optimam partem elegit’140

135

136 137

138 139 140

Sermo VI Pars prima. De hominis iustitia originali eiusque case et de Marie virginis gratia [VI, 5-7, on original sin]

Pars tertia. De ancillatione, oratione, devotione [VI, 32-36, on devotion]

Sermo VII Pars prima. De peccatis, in primis de luxuria [VII, 2 & 5, on sin]

Pars tertia. De dilectione et caritate dialogus continuatur [VII, 23, on love and charity]

Sermo VIII Exordium [VIII, 1, theme of the sermon] Pars prima. De bello Marie contra mundum eiusque victoria et premio [VIII, 3-5, 8-12 & 31, on Mary and Martha, and the assumption of the virgin Mary]

Brussels, KB, MS 1212, f. 66v–70r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 105v–108r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 108v–111v. Brussels, KB, MS 1212, f. 91r–97v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 111r–115v. Brussels, KB, MS 1212, f. 102v–105r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 74v–76v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 84v–87r. Ibid. Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 98ar–99v. Brussels, KB, MS 1212, f. 29v–33v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 103r–105v, Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 95v–98ar.

Ruusbroec Through the Looking Glass 401

~ Sermo in assumptione beate Marie virgine super evangelio ‘Maria optimam partem elegit’141

Sermo in sollempnitate omnium sanctorum de hoc quod omnes sancti pro merito humilitatis susceperunt letitiam eterne beatitudinis142 Sermo in sollempnitate omnium sanctorum de ornatu superne civitatis Iherusalem et gloria civium eius143

Sermo in nativitate Domini qualiter in quadruplici Bethleem queri debet verbum Dei hodie natum144 Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali145

Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali146

141 142

143

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145

146

Sermo IX Pars tertia. De ascensione per septem gradus contemplationis [IX, 34, on the types of contemplation]

Sermo X Pars prima. De octo beatitudines [X, 8, on humility]

Pars tertia. De beatifica visio [X, 30-33, on the beatific vision]

Sermo XI Exordium [XI, 1, theme of the sermon]

[XI, 2, theme of the sermon]

Pars prima. De verbo et eius eterna generatione [XI, 3-5, on the divine and eternal birth]

Ibid. Brussels, KB, MS 1212, f. 80r–86v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 12v–17v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 134r–138v. Brussels, KB, MS 1212, f. 160v–162v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 120v–121v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 138v–140r. Brussels, KB, MS 1212, f. 150r–152v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 24v–26v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 1r–3r. Brussels, KB, MS 1212, f. 125v–129r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 22r–24v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 5r–8r. Ibid.

402 Tom Gaens

Sermo in festo Pasche et est brevis expositio super Psalmo 27147 Sermo in festo Pasche qualiter resurrectio domini fuit quasi diluculum tam propter gloriam anime quam propter gloriam corporis148 ~ Sermo in sollempnitate Paschali de mistico esu agni Paschalis149

Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali150 Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali151 Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali152

Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali153

147 148

149

150

151 152 153

Sermo XII Pars secunda. De dotibus corporis Christi gloriosi [XII, 25, on the four dotes of the resurrected body]

[XII, 30 & 33-36, on the Paschal lamb]

Sermo XVI Pars prima. De tribus missis huius festi et de triplice nativitate Christi [XVI, 5, on the three Christmas masses]

Pars secunda. De eterni generatione filii … [XVI, 6-9, on the eternal nativity]

… temporalis hic tantum tangitur [XVI, 10, on the human nativity]

Pars tertia. De Christi spirituali nativitate in pacificis [XVI, 11-13, on the spiritual nativity]

Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 115v–116v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 48r–49v. Brussels, KB, MS 1212, f. 2v–5v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 45v–48r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 42r–44v. Brussels, KB, MS 1212, f. 7v–9v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 56v–58r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 44v–46v. Brussels, KB, MS 1212, f. 125v–129r; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 22r–24v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 5r–8r. Ibid. Ibid. Ibid.

Ruusbroec Through the Looking Glass 403

Sermo in nativitate Domini de triplici Christi nativitate scilicet divina humana spirituali154 Collatio super Psalmum 86 ‘Fundamenta eius’ de Christi conceptione sive de annuntiatione beate virginis Marie gloriose155 Sermo in annuntiatione beate Marie virginis sive in conceptione dominica de hoc quod intemerata virgo ex Spiritu Sancto verbum Dei concepit et tamen inviolata permansit156

Sermo in sollempnitate Penthecostes de Spiritu paraclito, quo veniat, quomodo veniat et unde veniat157 Sermo in sollempnitate Penthecostes qualiter Spiritus sanctus mentibus fidelium dari dicitur et quomodo ab eisdem repellatur158

Sermo in sollempnitate Penthecostes qualiter Spiritus sanctus mentibus fidelium dari dicitur et quomodo ab eisdem repellatur159

154 155

156

157

158

159

Sermo XVII Pars secunda. Quomodo verbum eternum temporaliter natum sit [XVII, 4-5, on the human nativity]

[XVII, 6-9, on the two natures of Christ]

[XVII, 11, on Christ in the womb as a minimal human being]

Sermo XXXVII Pars tertia. Quid Spiritus Sanctus in eis, ad quos mittitur, operetur et quomodo recipi debeat [XXXVII, 15-18, on the holy Spirit and charity] [XXXVII, 19, on sin]

Sermo LIX Pars principalis [LIX, 15-16, on the holy Spirit and charity]

Ibid. Brussels, KB, MS 1212, f. 52r–56v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 39v–42v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 28v–32v. Brussels, KB, MS 1212, f. 97v–99v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 43r–44r; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 34v–36r. Brussels, KB, MS 1212, f. 21r–23v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 67r–68v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 55v–57v. Brussels, KB, MS 1212, f. 23v–26v; Innsbruck, ULBT, MS 434, f. 68v–70v; Düsseldorf, ULB, MS B 191, f. 57v–59v. Ibid.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses selon Hugues de Balma, Guigues du Pont et Denys le Chartreux Étapes d’une épistémologie cartusienne de la théologie Christian Trottmann

Abstract Hugh of Balma theorizes the status of mystical theology, which he places at the summit of all knowledge of God. Her anagogical elevations are supposed to achieve an affective union with God without prior or concomitant knowledge. How, then, should we think of her relationship with other types of theology, that of the philosophers and the theologians? Balma distinguishes it from the theology of Richard of St. Victor, going back to God through the mirror of creatures, and Augustine’s theology of causes. Aware of the problem, Guigues du Pont, few decades later contrasts speculative (intellectual and affirmative) and anagogical (affective and negative) contemplations. He distinguishes three contemplations: physical, in the mirror of creatures, scholastic, in the mirror of the Scriptures, infused, in the mirror of divine gifts, which one will be tempted to relate respectively to philosophers, theologians and mystics. But under these conditions, is the anagogical union, as Balma claimed, within the reach of the faith of the vetula, or does it suppose exceptional graces? Denys the Carthusian, proposes a way out of this contradiction, relating the theology of philosophers to natural light, that of theologians to a charismatic grace, while only mystical theology requires sanctifying grace.

Depuis Hugues de Balma au moins, les chartreux se sont faits les champions de la théologie mystique, connaissance anagogique de Dieu où l’union passe par l’affectivité et nécessite l’abandon de toute activité intellectuelle antérieure ou concomitante.1 Ils se font ainsi les héritiers du Pseudo-Denys à 1

Sur les origines de la spiritualité cartusienne, cf. en particulier GORDON MURSELL : The Theology of the Carthusian Life in the Writings of St. Bruno and Guigo I, Salzbourg 1988 (Analecta Cartusiana 127) ; BRUNO RIEDER : Deus locum dabit. Studien zur Theologie des Kartäuserpriors Guigo I. (1083–1136), Paderborn 1997 ; CHRISTOPHE CHALAMET : Spiritualité et méditation chez

406 Christian Trottmann

travers l’influence d’une lecture victorine où la contemplation se détache progressivement de l’intellect, de Richard de Saint Victor à Thomas Gallus.2 Ce n’est évidemment pas sans poser quelques problèmes concernant les rapports de cette suprême connaissance de Dieu avec la théologie, que sa rationalité soit celle de la philosophie naturelle ou de l’intelligibilité du donné révélé. Nous voudrions dans cet article prendre comme témoins de cette difficulté et de l’évolution du discours cartusien sur le statut de la théologie mystique : Hugues de Balma, qui est celui qui noue le problème, Guigues du Pont qui cherche peu de temps après à proposer une solution et Denys le Chartreux qui près de deux siècles plus tard offre un dénouement original dans le cadre d’une synthèse post-scolastique. Ils constituent des témoins significatifs de l’évolution de l’épistémologie de la théologie dans le cadre de leur ordre du XIIIe au XVe siècle.

I.

Hugues de Balma : trois connaissances, la plus élevée, par ignorance

Rappelons que la « Théologie mystique », désignée le plus souvent par les médiévaux à partir de son incipit : Viae Sion lugent, ou sous le titre de « De triplici via » attribuée longtemps à saint Bonaventure, fut écrite entre 1289 et 1297. Le traité est suivi d’une « Quaestio difficilis » où Hugues de Balma résume sous forme d’une question disputée les principaux arguments pour et contre sa thèse d’une théologie mystique purement affective. Le titre, « Théologie mystique », renvoie explicitement à l’œuvre homonyme de Denys.3 Aussi le plan du traité de Hugues de Balma reprend-il pour ses trois

2

3

Guigues Ier prieur de Chartreuse, Salzbourg 1998 (Analecta Cartusiana 145) ; KENNETH C. RUSSEL : Paul Ricoeur on lectio divina, dans : Église et Théologie 26 (1995), 331–344. Sur cette évolution, cf. MARC VIAL : Jean Gerson. Théoricien de la théologie mystique, Paris 2006, et CHRISTIAN TROTTMANN : L’entrée dans la nuée selon Denys le Pseudo-Aréopagite et ses commentateurs, dans : Brouillard, Brumes et Nuées, Figures 27–28 (2002), 265–281 ; ID. : Lectures chartreuses des Victorins, dans : L’école de Saint-Victor de Paris. Influence et rayonnement du Moyen Âge à l’Époque moderne, éd. par DOMINIQUE POIREL et al., Turnhout 2010, 547–582. Sur cet auteur, cf. FAUSTINO DE PABLO MAROTO : Amor y Conocimiento en la Vida Mística según Hugo de Balma, dans : Revista de espiritualidad 24 (1965), 399–447 ; FRANCIS RUELLO : Statut et rôle de l’Intellectus et de l’Affectus dans la « Théologie mystique » de Hugues de Balma, dans : Kartäusermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongress über die Kartäusergeschichte und -spiritualität, éd. par JAMES HOGG, t. 1, Salzbourg 1981 (Analecta Cartusiana 55 : 1), 1–46 ; JAMES HOGG : Hugh of Balma and Guigo du Pont, dans : Kartäuserregel und Kartäuserleben éd. par JAMES HOGG, t. 1, Salzbourg 1984 (Analecta Cartusiana 113 : 1), 61–88 ; HARALD WALACH : Notitia experimentalis Dei – Erfahrungserkenntnis Gottes : Studien zu Hugo de Balmas Text « Viae Sion lugent » und deutsche Übersetzung, Salzbourg 1994 (Analecta Cartusiana 98) ; PATRICIA GUINAN : The influence of Hugh of Balma’s « Viae Sion lugent », dans : The Mystical Tradition and the Carthusians, éd. par JAMES HOGG, t. 14, Salzbourg

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 407

parties les voies purgative, illuminative et unitive, correspondant aux trois offices des anges : purger, illuminer, perfectionner.4 Les trois fonctions des anges sont devenues des voies. La dernière est appelée unitive, conformément à la mystique dionysienne dont le sommet est une unition (hénosis) et non une contemplation.5 Dans un esprit non moins dionysien, Hugues fait correspondre les trois voies aux commençants, aux progressants et aux parfaits. La première détache l’âme de son péché par la componction et la tourne vers Dieu par la prière. Dans la seconde, le rayon divin vient éclairer sa méditation de l’Écriture et la conduit à s’élever vers Dieu par l’anagogie correspondant à la troisième. Nous en venons ainsi au dernier livre de la « Théologie mystique », concernant la voie unitive. Il est à lui seul plus long que les deux précédents réunis et comporte à son tour trois parties : la première précise ce que l’auteur entend par voie unitive, la seconde expose des « persuasions », arguments susceptibles de la faire désirer, la troisième les « industries » pouvant établir l’esprit en elle. Seule la première nous intéresse ici. Cette voie unitive est présentée comme « sagesse des chrétiens », accessible aux simples et aux laïcs,6 mieux qu’aux « faux savants », désignant les opposants scolastiques d’Hugues de Balma dans sa « Quaestio difficilis ». Cette voie conduit ainsi à une sagesse présentée comme exclusivement chrétienne en référence à une antienne de Noël construite à partir de deux versets empruntés au Siracide et au Livre de la Sagesse : « Cette voie unitive a pour origine ces paroles : “Ô Sagesse, tu es sortie de la bouche du Très-Haut, tu vas d’une extrémité à l’autre, tu disposes toute chose avec douceur ; viens nous enseigner la voie de la prudence.” »7 Mais la source majeure est tirée de Denys qui fournit la définition de cette sagesse :

4

5 6

7

1997 (Analecta Cartusiana 130), 5–49 ; DENNIS D. MARTIN : Carthusian Spirituality. The writings of Hugo of Balma and Guigo de Ponte, New York 1997 ; JASPER HOPKINS : Hugh of Balma on mystical theology. A translation and an overview of his « De theologia mystica », Minneapolis 2002 ; YSABEL DE ANDIA : Consurge ignote ad unitionem. L’interprétation de Denys l’Aréopagite dans la « Théologie mystique » d’Hugues de Balma et « Les deux voies », dans : Denys l’Aréopagite. Tradition et métamorphoses, éd. par YSABEL DE ANDIA, Paris 2007, 213–256 ; FRÉDÉRIC NEF : La connaissance mystique, Paris 2018. Cf. notamment, Hiérarchie Céleste, III, 165 B sq., dans : Œuvres complètes du Pseudo-Denys L’Aréopagite. Traduction, commentaire et notes par MAURICE DE GANDILLAC, Paris 1943, 197–198. Cf. YSABEL DE ANDIA : Henosis : L’union à Dieu chez Denys l’Aréopagite, Leyde 1996. Hugues de Balma : Théologie mystique, éd. et trad. par FRANCIS RUELLO, JEANNE BARBET, t. 2, Paris 1996 (Sources Chrétiennes 409), III 1–2, 8–11. Haec autem via unitiva sumitur ex verbis istis, ubi dicitur : “O Sapientia quae ex ore Altissimi prodisti adtingens a fine usque ad finem fortiter disponensque omnia suaviter, veni ad docendum nos viam prudentiae.” Ibid., 10, citant une Antienne de Noël inspirée de Sir 24, 5 et Sag 8, 1.

408 Christian Trottmann La sagesse est la connaissance très divine de Dieu connue par l’ignorance, selon l’union qui est au-dessus de l’esprit, quand l’esprit, s’éloignant de tout le reste, se quittant lui-même ensuite, est uni aux rayons plus que brillants, illuminé de la lumière inscrutable et profonde de la sagesse. Telle est la sagesse des chrétiens […].8

Contrairement à une contemplation intellectuelle ascendante, cette sagesse affective se diffuse ainsi de haut en bas, devenant accessible aux plus simples des chrétiens. Pourtant au sommet, elle reste adressée à ceux qui comme les séraphins sont au plus près de l’amour divin, l’élite la plus restreinte des mystiques initiés par Paul à la suite de Timothée. Cette précision est apportée après la revue des « persuasions », lorsque l’auteur revient sur la spécificité de cette sagesse.9 Le surge ignote de la « Théologie mystique » de Denys est interprété comme initiation à cette élévation purement affective reçue de Paul par Denys et transmise par celui-ci à son disciple Timothée à qui il recommande de ne pas la divulguer aux ignorants. Cette tradition ésotérique contraste avec l’enseignement exotérique de l’Apôtre des gentils, ne voulant connaître que le Christ crucifié. En sont exclus pour Balma principalement deux types d’ignorants : ceux qui ignorent la foi, les profanes, philosophes en particulier qui ne pourront être élevés par Dieu à une telle sagesse affective,10 mais aussi les « faux savants »11. Ils pourraient railler une telle sagesse anagogique, différente précise-t-il de toute science

8

9

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11

“Sapientia est divinissima Dei cognitio per ignorantiam cognita secundum unionem quae est super mentem, quando mens ab omnibus aliis recedens, postea seipsam dimittens, unitur supersplendentibus radiis inscrutabili et profundo lumine Sapientiae illuminata.” Haec est illa sapientia Christianorum […]. Ibid., citant Denys le Pseudo-Aréopagite : Noms Divins, dans : Dionysiaca. Recueil donnant l’ensemble des traductions latines des ouvrages attribués au Denys de l’Aréopage [...], préparé par Dom PHILIPPE CHEVALLIER et d’autres moines de Solesmes, t. 1, Bruges 1937, ch. 7, 406, l. 1–4. […] subditur ipsa sapientia a Deo immediate edocta, a magno Ierarcha Paulo Apostolo tradita, a beato Dionysio Ariopagita stilo anagogico et occulto conscripta, ipsam ad Timotheum veritatis condiscipulum destinante et dicente sic : “Tu autem, amice Timothee, circa mysticas visiones forti contritione sensus derelinque et intellectuales operationes et sensibilia et intelligibilia, et omnia existentia et non existentia, et, sicut est possibile, ignote consurge ad eius unitionem quae est super omnem substantiam et cognitionem ; etenim excessu tui ipsius [et] ab omni irretentibili et absoluto, munde, ad supersubstantialem divinarum tenebrarum radium, cuncta auferens et a cunctis absolutus, sursumageris. Vide autem ut nullus indoctorum haec audiat.” In hoc verbo Apostoli Pauli sapientia suprema includitur […]. Hugues de Balma (n. 6), III 82, 132. Sed quia haec summa sapientia non potest ab homine edoceri, subditur quomodo quilibet, quantumcumque laicus in schola Dei existens hanc sapientiam immediate ab ipso accipiat, super omnem intellectum per amoris adfectum, quam nullus philosophus nullusque alius scholaris vel magister saecularis, in illa humana sapientia quantumcumque studeat, apprehendet. Hugues de Balma (n. 6), t. 1, Paris 1996 (Sources Chrétiennes 409), Prologue, I 4, 128. Ibid., III 112, 174-176, citant Denys le Pseudo-Aréopagite : Noms divins, dans : Dionysiaca (n. 8), ch. 1, 55, l. 1–4.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 409

spéculative.12 Qui sont ces « docteurs ignorants » ? Commentant à plusieurs reprises les passages où Denys recommande de sceller cet enseignement aux ignorants,13 Hugues de Balma ne précise pas dans sa « Théologie mystique » si les faux savants en question sont les seuls philosophes profanes ou peuvent être aussi les théologiens scolastiques. Il est plus explicite dans la réponse à la neuvième objection de la « Quaestio difficilis » : Le bienheureux Denys réfute donc tous les docteurs scolastiques et spéculatifs, car ils estiment tout savoir alors qu’ils savent peu de choses ou ne savent rien, sauf peutêtre par conjecture de la vraie sagesse qui attire l’esprit vers Dieu […].14

Cette sagesse unitive propre aux chrétiens semble ainsi échapper à tous les docteurs scolastiques, philosophes ou même théologiens car elle « place l’esprit au-dessus de toute philosophie, de toute investigation rationnelle, de toute spéculation et même de toute recherche théologique. »15 Dans ces conditions se pose la question de l’articulation entre ces différentes formes de sagesse. Quelques éléments de réponse semblent déjà avancés au paragraphe 18.16 La philosophie naturelle remonte des créatures sensibles à leur cause et atteint ainsi une connaissance de leur Créateur. Mais celle-ci part du monde qui « n’est rien en comparaison de l’esprit rationnel ». Après Rom 1, 20, c’est cette fois Pr 8, 31 qui est interprété dans le sens d’un socratisme chrétien. La connaissance de Dieu atteinte par les philosophes est donc aussi distante de cette sagesse que le monde sensible l’est de celui des esprits angéliques et humains. Or il en va de même pour les méditations métaphysiques et théologiques qui appréhendent Dieu par la médiation des transcendantaux : Il en est de même si l’on considère la méditation métaphysique ou théologique. L’une et l’autre appréhendent Dieu très simple sous la raison d’être ou de ses différences, valeurs ou intentions, à savoir les raisons d’un, de vrai ou de bien. Mais par cette sagesse, sous aucune de ces raisons, sans réflexion qui accompagne ou précède le mouvement de l’amour, par la pointe de la puissance affective elle-même, l’esprit 12

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Et quia multi sapientes et doctores hoc videre non praevalent, hanc summam sapientiam irrident, et in hoc per consequens Deum altissimum collatorem huius sapientiae impugnant. Ideo cum beato Dionysio, immo quod magis est cum Domino nostro Iesu Christo, rogo illum, quicumque hoc scriptum inspexerit, ne indoctis doctoribus, mundi philosophis, carnalem vitam ducentibus, ullatenus manifestet […]. Hugues de Balma (n. 6), III 113, 176–177. Cf. en particulier Ibid., III 82, 132–134 ; III 112–113, 174–176 et Hugues de Balma (n. 6) : « Quaestio difficilis », 47, 228–230. Ideo beatus Dionysius omnes doctores scolasticos et speculativos confutat, quia omnia se scire existimant, cum tamen de vera sapientia, qua mens ad Deum trahitur, parum aut nihil, nisi forte coniecturando vel opinando, cognoscant […]. Id. : « Quaestio difficilis », 47, 228–230, l. 6–10. Per istam sapientiam mens omni philosophiae, omni investigationi rationis, omni speculationi theologiae etiam inquisitioni praeponitur. Ibid., III 18, 34, l. 3–5. Ibid., III 18, 34–38.

410 Christian Trottmann appréhende de façon indicible celui qui est le souverain bien : l’intellect ne s’élève pas à cette appréhension et l’intelligence ne la prend pas en considération.17

La théologie scolastique est-elle ici regroupée avec la métaphysique à l’enseigne des transcendantaux ? Ne s’agit-il pas encore de la seule théologie naturelle des philosophes ? Hugues de Balma ne considère-t-il pas qu’elles procèdent dans leurs investigations selon les mêmes médiations intellectuelles sous la bannière des transcendantaux ? Au contraire, dans la « Théologie mystique », le souverain bien affecte directement la fine pointe de l’affectivité sans aucune médiation intellectuelle qui l’accompagne ou la précède, précise-t-il ici comme dans la « Quaestio difficilis » où ce thème est repris à loisir. On retrouve encore ces trois modes de connaissance de Dieu au paragraphe 30 : “Approchez-vous de lui et soyez illuminés” [Ps 33,5], en sorte que l’approche précède et que l’illumination suive immédiatement. Il traite donc ici l’ensemble de la matière de ce livre où d’étrange manière, à l’encontre pour ainsi dire de tous les auteurs, admirables théologiens il enseigne à atteindre la connaissance immédiate, non par le miroir des créatures, ni par l’investigation de l’esprit ou l’exercice de l’intellect, mais par les aspirations enflammées de l’amour unitif. Par elles, alors que nous vivons encore dans la misère, nous goûtons à l’avance, infailliblement, non seulement que Dieu existe, mais encore qu’il est Dieu lui-même, très bienheureux principe, origine de toute béatitude.18

Remonter par le miroir des créatures à l’existence du Créateur, c’est ce qu’accomplit la philosophie naturelle, le découvrir par une pure spéculation intellectuelle, la métaphysique ou la théologie en sont encore capables, en revanche, goûter par avance (certes, selon une modalité imparfaite qui ne fait pas disparaître totalement la misère de l’homme « viator »), que Dieu

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Item, respectu considerationis metaphysicae vel theologicae, quae ambae sub ratione entis vel eius differentiarum vel potentiarum aut intentionum, scilicet sub ratione unius, veri et boni, Deum simplicissimum apprehendunt ; mens autem per istam sapientiam, sub nulla ratione praedicta, sine aliquo cogitatu concomitante vel praecedente motum amoris, per hunc apicem ipsius adfectivae ipsum, qui est summum bonum, habet apprehendere modo indicibili, ad quam apprehensionem nec intellectus consurgit, nec intelligentia speculatur. Ibid., III 18, 36–38, l. 23–32 (traduction modifiée). “Accedite ad eum et illuminamini”, ut illud praecedat et immediate illuminatio consequatur. Ibi ergo complete tangit materiam huius libri, in quo cursu extraneo, quasi contra omnes divines et theologos tractatores, non per speculum creaturae vel ingenii investigatione vel intellectus exercitio docet ad cognitionem immediatam adtingere, sed per amoris unitivi aspirationes flammigeras, quibus non tantum quia Deus est, sed etiam quod sit Deus ipse beatissimus, principium totius beatitudinis et origo, infallibiliter, adhuc degentes in miseria praegustamus. Ibid., III 30, 52, l. 10–19.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 411

lui-même est source de toute béatitude par un amour unitif, c’est le privilège de la théologie mystique. Remarquons qu’ici, Dieu n’est pas atteint « Quid est » ; ce n’est pas l’essence même de Dieu qui est déjà contemplée par le mystique ici-bas comme par les bienheureux dans l’éternité.19 Mais il goûte par des élévations purement affectives, non seulement « quia », mais encore « quod sit Deus beatissimus », que Dieu est bienheureux et principe de toute béatitude. Il n’est pas précisé si le second type d’investigation par l’ingenium et l’intellect, relève de la théologie naturelle des philosophes ou de celle des scolastiques, toutefois, il est indiqué que la voie unitive enseignée par Denys s’oppose à celle de tous les auteurs divins et théologiens, ce qui semble renvoyer même à la patristique. C’est, non pas devant les savants, mais devant les saints que Denys enjoint d’exposer cette sagesse unitive.20 En faveur de sa supériorité, nous retrouvons l’argument de la « petite vieille », repris sans doute aux scolastiques eux-mêmes : « elle réfute tous les sages du monde, puisqu’une simple vieille ou un rustique berger pourrait réussir parfaitement l’ascension de cette sagesse […]. »21 Mais ce qui distingue Hugues de Balma est qu’il conçoit comme purement affective, cette sagesse unitive des chrétiens, encore appelée « théologie mystique » : « par laquelle l’esprit enflammé parle très secrètement au bien-aimé dans le langage des affections. »22 Sur cette conception de la sagesse des chrétiens comme pure élévation affective dans l’ignorance, il apporte des précisions à plusieurs reprises, en particulier au paragraphe 37 de la « Quaestio difficilis » où sans être nommée, la syndérèse se voit attribuer le rôle essentiel : La pointe suprême de l’affectivité selon laquelle nous sommes mus par l’amour vers Dieu est donc d’abord touchée. Ce contact laisse en l’esprit une très véritable connaissance intellectuelle, car l’intellect appréhende très véritablement cela que l’affectivité seulement sent des choses divines. Il est donc dit dans la « Théologie Mystique » : “Par l’unition de dilection qui réalise la vraie connaissance, on est uni à Dieu intellectuellement inconnu d’une connaissance beaucoup plus noble que ne serait toute connaissance intellectuelle.”23

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Cf. CHRISTIAN TROTTMANN : La vision béatifique des disputes scolastiques à sa définition par Benoît XII, Rome 1995 (Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome 289), 191sq. Cf. Hugues de Balma (n. 6), III 112,174–176, l. 4–9, citant Denys le Pseudo-Aréopagite : Noms Divins, dans : Dionysiaca (n. 8), ch. 1, 55, l. 1–4. […] omnes mundi sapientes confutet, cum simplex vetula vel rusticus pascualis ad istius sapientiae consurrectionem perfecte possit adtingere […]. Hugues de Balma (n. 6), III 102, 162, l. 1–4. […] mystica theologia, qua mens ignata linguis adfectionem occultissime dilectum adloquitur […]. Ibid., III 13, l. 4–6. Unde primo tangitur supremus apex adfectus secundum quem movemur per ardorem in Deum, et ex isto contactu relinquitur in mente verissima cognitio intellectus, nam illud solum de divinis

412 Christian Trottmann

S’il n’est pas de connaissance antécédente ou concomitante dans la voie unitive, nous constatons qu’il en est une successive. Le contact avec Dieu est opéré dans l’amour par la fine pointe de l’affectivité, mais cette étincelle éclaire immédiatement l’intellect. Seul l’affectus sent les choses divines, mais l’intellect en profite aussi et grâce à lui, en appréhende quelque chose, en recueille une « connaissance intellectuelle très vraie ». Dans ces conditions, il convient de situer cette connaissance ultime par rapport aux autres théologies possibles, ce qui est proposé au paragraphe 84. La première se caractérise comme une élévation progressive vers Dieu à partir des créatures : Il y a donc une triple connaissance. L’une utilise le miroir des créatures sensibles. Richard de Saint-Victor en parle dans son « Arche mystique ». Au moyen de quarantedeux considérations, très expressément figurées jadis dans le peuple d’Israël allant d’Égypte à la Terre promise, il enseigne comment parvenir jusqu’au Créateur de toutes choses et s’élever vers lui en franchissant six degrés.24

Même si elles sont finalement ramenées aux six degrés de la contemplation du « Benjamin Major », la multiplicité des étapes du peuple de Dieu dans le désert, au nombre de quarante-deux et rapportée au « De Archa Noe mystica » attribué ici par Hugues de Balma à Richard de Saint-Victor, vient contraster avec la simplicité de l’élévation par ignorance de la voie unitive. Sans nous arrêter à l’imprécision de ces citations, retenons ce qui caractérise ce premier type de connaissance théologique : il part des créatures et s’élève selon la combinaison des facultés naturelles de l’homme vers une contemplation intellectuelle de Dieu. Rappelons ici pour faire bref, sous forme d’un tableau les six degrés de la contemplation, tels qu’on les trouve dans le « Benjamin Major » : Dans l’intelligence

Au-dessus et contre la raison

Dans l’intelligence

Au-dessus, non contre la raison Nature divine

Dans la raison

Selon la raison

Esprit (angélique, humain)

Dans la raison

Selon l’imagination

Du visible à l’invisible (qualités)

Dans l’imagination

Selon la raison

Raison des réalités visibles

Dans l’imagination

Selon la seule imagination

Réalités visibles

24

Trinité

quod sentit adfectus, verissime apprehendit intellectus. Unde dicitur in Mystica Theologia : “Per unitionem dilectionis, quae est effectiva verae cognitionis, unitur Deo intellectualiter ignoto cognitione multo nobiliori quam sit aliqua intellectualis cognitio.” Id. : « Quaestio difficilis », 37, 218. Unde cum sit triplex cognitio, una videlicet quae per speculum creaturarum sensibilium respicit, quae docetur a Richardo de Sancto Victore in Archa mystica, ubi per XLIIas considerationes olim in populo Israelitico ab Aegypto ad terram promissionis veniente expressissime figuratas docet pervenire et per VI gradus ascendere ad omnium Creatorem. Ibid., III 84, 134.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 413

Cette élévation passe par les différentes facultés humaines reprises sans doute à Boèce et leur combinaison pour atteindre finalement par l’intelligence une contemplation de Dieu dans ses mystères les plus sublimes. Le Chartreux rapporte le second type de connaissance à saint Augustin : Une autre enseigne par l’exercice de l’intelligence, grâce à l’envoi de rayons spirituels, à connaître la cause première par son effet et à parvenir par la considération de l’exemplaire à la vérité immuable de tout ce qui a un exemplaire. L’éminent docteur Augustin en parle beaucoup dans ses livres « Du Maître » et « De la vraie religion », au bénéfice de l’homme intelligent.25

Ici encore on est en droit de s’interroger au sujet de la précision et de la pertinence du renvoi aux deux œuvres de saint Augustin. La différence avec la première forme de connaissance semble être que le point de départ n’est plus les créatures extérieures, mais leurs exemplaires éternels, et ce dans la lumière intérieure pour remonter à sa source : la vérité divine. Cette distinction entre les deux premières formes de théologie ne semble pas recouvrir celle relevée précédemment entre sagesse philosophique et théologie révélée. La remontée des effets aux causes chez Augustin n’est pas celle pratiquée par les philosophes, aristotéliciens notamment, à partir des réalités naturelles. Elle remonte plutôt selon la voie platonicienne, des idées exemplaires à la lumière divine des intelligibles. Dans cette distinction entre la méthode de Richard de Saint-Victor et celle d’Augustin, nous sommes déjà dans le champ de la théologie supposant la Révélation chrétienne. Simplement Richard remonte vers Dieu à partir de la connaissance des réalités extérieures, de la sensibilité à l’intelligence, tandis qu’Augustin emprunte une voie plus intime passant par les idées et la lumière intérieure, éclairée par le divin maître. Pourtant leurs deux théologies restent pour le Chartreux en-deçà de celle du Pseudo-Denys où il reconnaît la théologie mystique, sagesse unitive des chrétiens, objet de son traité : La troisième connaissance l’emporte beaucoup en excellence sur elles, grâce à l’amour unitif très ardent qui fait que l’esprit, actuellement disposé, s’élève sans aucun intermédiaire très ardemment vers le bienaimé par ses extensions qui le poussent vers le haut. Transmise dans la « Théologie Mystique », cette connaissance se lève à la pointe de la puissance affective.26

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Alia est quae intelligentiae exercitio, per spiritualium immissionem radiorum, docet primam causam per effectum cognoscere, et in omni exemplato per considerationem exemplaris ad veritatem immutabilem pervenire. De qua doctor egregius Augustinus in libro De Magisterio et Vera Religione intelligenti facit non modicam mentionem. Ibid. Alia est istis multum excellentior, per amorem ardentissimum unitivum, qui actualiter, sine omni medio, animum dispositum facit ardentissime in dilectum suis extensionibus sursumactivis consurgere ; quae in Mystica Theologia tradita, in apice adfectivae consurgit [...]. Ibid., 134–136.

414 Christian Trottmann

Cette union suprême opérée par la syndérèse est pour lui supérieure à toutes les autres qui mettent en œuvre des facultés humaines inférieures, y compris l’intelligence. Elle présuppose au contraire, de congédier toutes ces expériences et facultés humaines pour s’élever dans l’ignorance : On la dit élévation ignorée ou élévation par ignorance, étant donné que, écarté tout exercice de l’imagination, de la raison, de l’intellect ou de l’intelligence, cette puissance affective sent présentement par l’union d'un très ardent amour ce que l’intelligence n’est pas de force à saisir.27

Alors que Richard s’élevait à partir des quatre ou cinq facultés en les combinant à partir de leur hiérarchie reprise à Boèce, la remontée anagogique prônée par Hugues de Balma, suppose d’en prendre congé pour s’élever seulement par l’amour unitif. Un dernier indice vient confirmer que ce sont bien les sagesses théologiques qui sont ainsi ordonnées car il revendique la supériorité de cette grâce d’union sur tous les habitus relevant tant de la nature que de la grâce charismatique ou sanctifiante : En effet, autant le séraphin l’emporte en noblesse sur le chérubin, autant l’amour vrai est plus parfait que tout habitus infus dès la première origine, ou accordé gratuitement, ou rendant agréable.28

Nous verrons le rôle que Denys le Chartreux fera jouer à cette dernière distinction entre grâce charismatique et sanctifiante. En attendant, on peut supposer que c’est la supériorité de la sagesse unitive sur toute autre théologie pouvant relever de l’une ou l’autre qui est ici revendiquée par Hugues de Balma. Nous avons vu ainsi qu’il distingue de la théologie mystique dionysienne, celle des philosophes et des théologiens scolastiques. Mais parmi les théologiens même, il l’oppose aux méthodes ascendantes de Richard de Saint-Victor et d’Augustin, partant respectivement des réalités extérieures ou de leurs exemplaires dans une lumière intérieure.

27

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[…] quae consurrectio ignorata vel per ignorantiam dicitur, ut, remoto omnis imaginationis, rationis, intellectus vel intelligentiae exercitio, per unionem ardentissimi amoris id sentiat in praesenti quod intelligentia capere non sufficit. Ibid., 136. […] quia, in quantum Seraphim nobilior est Cherubim, in tantum amor verus omni habitu ab origine primordiali indito, vel gratis dato, vel gratum faciente, perfectior est. Ibid.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 415

II.

Guigues du Pont : une synthèse hétéroclite

Guigues du Pont29 assimile très rapidement le traité de son confrère chartreux dont il recommande une pieuse lecture tout en étant conscient des difficultés qu’elle pose quant aux relations d’une contemplation anagogique avec les autres formes de connaissance de Dieu. Écrit à la fin du XIIIe siècle, le traité « De contemplatione » de Guigues du Pont se présente comme une synthèse fort hétéroclite. Il se divise en trois livres constituant en fait des traités indépendants et comportant ainsi des redites. Leur structure est complexe, résumons-la brièvement. Le livre I distingue douze degrés menant l’âme à l’union contemplative. Ils sont récapitulés au chapitre XI,30 mais sont inégalement répartis dans les précédents chapitres. Les quatre premiers degrés sont évoqués dans le premier chapitre : justification du pécheur, angoisse de l’âme, componction, compassion envers le prochain. Les trois suivants sont traités au chapitre II : compassion envers le Christ, flamme du désir de Dieu, visite du Verbe qui pénètre dans l’âme aimante. La contemplation de l’âme qui aspire à s’élever (degré 8) requiert une purification et rencontre des obstacles étudiés aux chapitres III à VI. La méditation continuelle des choses de Dieu (9) fait l’objet du chapitre suivant, tandis que le très long chapitre VIII évoque le voile de la nuée dans lequel elle est encore enveloppée au dixième degré de l’échelle proposée par Guigues du Pont. Le onzième degré n’est autre que l’extase (raptus) et fait l’objet du chapitre IX. Enfin, le douzième degré se révèle à la fin du chapitre dix comme la dernière des dix manières de voir Dieu, c’est-à-dire tel qu’il est, dans la vision béatifique. Le Chartreux précise bien qu’elle n’est atteinte qu’après la mort. Dès le premier livre, la distinction est donc bien claire, dans les quatre derniers de-

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Sur Guigues du Pont, voir en particulier l’introduction de Dom PHILIPPE DUPONT à son édition critique : Guigues du Pont, Traité sur la contemplation, éd. par PHILIPPE DUPONT, Salzbourg 1985 (Analecta Cartusiana 72), et J. P. GRAUSEM : Le « De contemplatione » de Guiges du Pont, dans : Revue d’Ascétique et Mystique 10 (1929), 259–289 ; JEAN ORCIBAL : La rencontre du Carmel thérésien avec les mystiques du Nord, Paris 1959 ; PHILIPPE DUPONT : L’ascension mystique chez Guigues du Pont, dans : Kartäusermystik und -mystiker (n. 3), 47–80 ; HOGG : Hugh of Balma (n. 3) ; MARTIN (n. 3) ; KENT EMERY : « The Cloud of Unknowing » and Mystica Theologia, dans : The Spirituality of Western Christiendom, t. 2, éd. par E. ROZANNE ELDER, Kalamazoo 1984, 46–70 ; PHYLLIS HODGSON : « The Cloud of Unknowing » and Related Treatises, Salzbourg 1982 (Analecta Cartusiana 3) ; « The Cloud of Unknowing », éd. et trad. par JAMES WALSH, New York 1981 ; ROSEMARY ANN LEES : The Negative Language of the Dionysian School of Mystical Theology : An Approach to the « The Cloud of Unknowing », Salzbourg 1983 (Analecta Cartusiana 107), 288–308. Guigues du Pont (n. 29), t. 1, 160–165.

416 Christian Trottmann

grés, entre la méditation continuelle et la contemplation suprême qui demeure dans la nuée ; le rapt qui la dépasse par une vision de l’essence divine consentie gratuitement, mais de manière passagère et qui n’est pas encore la vision béatifique définitive requérant d’être débarrassé du « mur de la chair » par la mort.31 Le livre II est centré sur la contemplation anagogique et s’organise selon trois degrés. Le premier opère une purification à l’écoute du Christ, passant par la contrition, la confession et le ferme propos de s’unir à lui par une méditation quotidienne. Il n’occupe pas même la totalité du premier chapitre. Le second, à partir de cette méditation de sa vie, unit au Christ. Le troisième enfin, évoqué à partir du chapitre 6, élève à la contemplation de sa divinité. Cette structure même semblerait être celle d’une contemplation de type affectif, inspirée d’Hugues de Balma, pourtant la matière spirituelle venant nourrir la prière sera différente selon le type de contemplation. Le chapitre 7 distingue ainsi les étapes d’une contemplation spéculative, tandis que les chapitres suivants insistent sur la méthode de la contemplation anagogique et sa supériorité. Le livre III consacré en principe aux vies active et contemplative évacue en fait la première dès le chapitre initial et consacre tous les autres chapitres à la seconde. Toutefois le troisième livre ne détaille que les étapes de la contemplation spéculative, consacrant les dix derniers chapitres à des considérations ascétiques. Nous avons donc affaire à un ouvrage hétéroclite, riche de sources multiples qu’il recompose de manière originale. On l’aura compris, le thème du traité n’est pas d’emblée le rapport entre sagesse spéculative et anagogique et c’est au livre III que se concentrent les chapitres qui importent le plus à ce sujet. Cette thématique est pourtant au cœur de l’ouvrage, tentant de réconcilier l’oeuvre de Hugues de Balma que Guigues n’attribue nullement à Bonaventure, avec les conceptions antérieures, monastiques et scolastiques de la contemplation. Ainsi le livre I qui peut être rapproché de la voie purgative, décrit-il un itinéraire de l’âme vers Dieu, de la conversion à la vision béatifique, laissant déjà place dans les sommets à une hiérarchie des contemplations de la méditation continuelle, à l’élévation apophatique dans la nuée et à l’extase.

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[…] omnes istae visiones usque ad penultimam quae fit per perfectum mentis excessum haberi possunt modo […]. Cum autem ad hunc gradum, scilicet mentis excessum, felix et beata iam coram Deo pia mens perfecte pervenerit, solo carnis pariete distat a beata vita, quo soluto intrabit sine repulsa in gaudium domini sui ut cum illis Domino Deo vivat in aeternum quorum consortio in terris exsulans iungebatur. Ibid., 158.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 417

Dans le livre II, on trouve encore pour la contemplation (ch. VI), la nécessité de la prière, d’une matière et d’une méthode.32 Dans ce livre qui peut être rapproché de la voie illuminative des progressants, la prière est continuelle,33 et la matière ou la méthode passe au second plan par rapport à elle, déterminant les trois degrés de la contemplation spéculative. Cette contemplation spéculative est antinomique par rapport à la contemplation anagogique trouvée chez Hugues de Balma.34 Leur opposition peut être synthétisée selon le tableau suivant : Spéculative

Anagogique

Intellectuelle Affective Affirmative

Négative

Ainsi remarquons-nous déjà au chapitre VII du livre II les trois degrés de la contemplation spéculative. Nous les disposons également ici en un tableau pour plus de clarté, avec le qualificatif latin de chacun que nous retrouverons au livre III où il prendra tout son sens : Considération attentive Méditation qui attire Contemplation qui trouve Scientialis

Sapientialis

Murenularis

Nous aurons l’occasion de revenir sur les adjectifs caractérisant dans la seconde ligne chacune des contemplations lorsque nous les retrouverons en commentant le livre III. Relevons seulement au passage une évolution d’un Guigues à l’autre. Selon Guigues II, c’était la méditation qui trouvait.35 Nous suggérions naguère que cela pourrait être sous l’influence de Richard 32

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Tertius vero gradus est contemplatio summae deitatis. Aspiranti autem ad contemplationem summi boni non ex confidentia meritorum sed ex desiderio creatoris cum reformatione interioris hominis, tria sunt necessaria, scilicet oratio, materia et modus exercitandi. Ibid., II, VI, 200. Cum enim officium contemplandi, quod est angelorum sit supra humanam scientiam et virtutem ad quod nemo potest pertingere nisi abundantiori gratia favente et faciente, patet manifeste quod valde est necessaria continua oratio ad continuam gratiam impetrandam, sine qua nihil possumus facere [...]. Ibid. Secundo, necessaria est ad Dei contemplationem spiritualis materia in qua mens spiritualiter agat et agatur. Sciendum est autem quod Dei contemplatio duplex est, id est duae sunt species, scilicet speculativa et anagogica, sive intellectiva et affectiva, sive affirmativa et negativa. Ibid., II, VII, 204. Beatae vitae dulcedinem lectio inquirit, meditatio invenit, oratio postulat, contremplatio degustat. Guigues II le Chartreux : Lettre sur la vie contemplative, éd. par EDMUND COLLEDGE, JAMES WALSH (Sources Chrétiennes 163), Paris 22001, 81.

418 Christian Trottmann

de Saint-Victor, que l’admiration qui trouve soit ainsi passée de la méditation chez Guigues II à la contemplation chez Guigues du Pont.36 Rendus à ce point du livre II, on relèvera que la théologie scolastique n’est pas encore mentionnée explicitement. Or ce premier degré de la considération est rapporté à la science commune, tandis que le suivant, celui de la méditation sera dit sapientiel et exigera l’inspiration du Saint Esprit.37 La considération scientifique s’en tient-elle à la lumière naturelle des philosophes ? Il est intéressant de relever que la variante issue du manuscrit T (Tortosa), ajoute sacrarum scripturarum juste après communi scientia. Il ne saurait dans cette perspective s’agir de la seule science des philosophes, mais encore d’une investigation de l’Écriture qui s’en tiendrait aux lumières de la raison naturelle. Le Chartreux confine-t-il en ce premier degré scientialis une méthode scolastique où la lectio devenue leçon, ne dépasserait pas par le recours à la prière d’une lectio monastique se voulant divina, les limites rencontrées par la méditation ? Y voit-il une théologie trop scolaire pour recevoir dans la prière les lumières d’une contemplation infuse ? Or précisément ce secours de l’Esprit Saint intervient pour Guigues du Pont à ce niveau du livre II au passage de la considération scientifique à la méditation sapientielle. Ce second degré peut-il encore désigner une théologie patristique ou scolastique ? N’est-il pas plutôt caractéristique d’une théologie monastique nourrie d’une lectio qui mendie chaque matin les lumières divines ? Le troisième degré, celui de la contemplation qui trouve, se dédouble à nouveau en théologie affirmative et négative.38 La « matière » en est cette fois les attributs divins, pris toujours selon l’affirmation de la suréminence.39

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CHRISTIAN TROTTMANN : Contemplation et vie contemplative selon trois Chartreux : Guigues II, Hugues de Balma et Guigues du Pont. Quelques points de repères dans une évolution, dans : Revue des Sciences Philosophiques et Théologiques 87 (2003), 633–680, ici 665. Speculativa tres habet gradus : primus est consideratio sollicitans, secundus meditatio, tertius contemplatio. Primus, scilicet consideratio quae est “intenta cogitatio animi investigantis verum”, est in communi scientia et potest dici gradus scientialis. Secundus, scilicet alliciens meditatio quae est “providus animi intuitus in veritatis inquisitione vehementer occupatus”, est in sapientia et potest dici gradus sapientialis, qui non potest haberi nisi Spiritu Sancto docente [...]. Guigues du Pont (n. 29), t. 1, II, VII, 204. Tertius gradus, scilicet contemplatio inveniens, est in conspectu et admiratione summae veritatis. Ista species partim est in ratione, partim supra rationem ; altera non solum supra rationem, sed etiam praeter rationem videtur esse. Prima species speculationis, scilicet contemplativa, agitur per affirmationem, alia per abnegationem. Ibid., 206. […] prima agitur per affirmationem et proprietatem quorumdam vocabulorum, ut cum dicitur quod Deus est prima et summa essentia, summa et perfecta natura, summa maiestas, summa potestas, summa bonitas, summa scientia, summa virtus, omnium rerum tenax vigor, summa veritas, summa sapientia, summa iustitia, summa misericordia [...] principium omnium existentium, optimus et aeternus finis beatae vitae, haec et hiis similia sunt quaedam spiritualis et sanctissima

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 419

Comme chez Hugues de Balma, dans la voie illuminative, les noms divins semblent le domaine commun à la théologie naturelle des philosophes et à la théologie symbolique voire apophatique des théologiens. Toutefois, une telle spéculation sur les noms divins reste en-deçà de la théologie mystique dont la voie est anagogique.40 Les deux termes semblent interchangeables pour Guigues du Pont et le manuscrit T présente pour la première occurrence de l’adjectif anagogica dans le passage qui vient d’être cité l’ajout : quae dicitur mystica theologia. La contemplation anagogique n’est abordée qu’au chapitre X du livre II en référence explicite à l’ouvrage d’Hugues de Balma.41 Toutefois, la présentation qu’en donne Guigues du Pont n’est pas aussi exclusivement affective. Il la rapporte à la théologie négative, conformément à l’héritage dionysien. Mais il est ici mêlé à celui d’Augustin, puisque ce qu’il s’agit d’abandonner, ce sont les manières de connaître Dieu à partir des réalités visibles, imaginables ou intelligibles, où l’on reconnait les trois niveaux de la vision de Dieu distingués dans le « De Genesi ad litteram ». S’il reste très révérencieux envers la prolixité affective de Hugues de Balma,42 Guigues du Pont préfère appliquer à l’élévation anagogique les trois critères distingués pour la contemplation précédente : prière, matière et méthode. Si le point de départ est bien pour lui une prière de dévotion

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materia ad digne meditandum de summo bono prout capacitas unusquisque sufficit secundum mensuram donationis Christi. Ibid., 206–208. Alia species divinae contemplationis, scilicet anagogica, quae peragitur per abnegationem seu amotionem omnium rerum, est verior quam species speculativa de qua specialiter supra aliquid dictum est et, licet quaelibet contemplatio quae ad supernam Ierusalem mentem puram elevat sive·per affirmationem sive per negationem anagogica dici possit, tamen in praecedentibus et subsequentibus ad habendum caeteras differentias anagogica dicitur contemplatio quae peragitur per abnegationem omnium rerum, quae verior dicitur quam speculatio. Ibid., II, X, 228. Nam in veritate Deus est super omne visibile, imaginabile, intelligibile, quae tria sunt tres species videndi Deum in hac vita, quibus aliquando cum sibi placuit et sicut voluit visus est a sanctis patribus, scilicet visione corporalium oculorum, visione imaginaria et visione intellectuali sicut Paulo. Haec autem species contemplationis, scilicet anagogica, nititur aliter pertingere ad Deum et haec est contemplatio de qua optime loquitur libellus qui incipit Viae Sion Lugent ; quem studiose legat qui ad hanc vult pervenire. Ibid. Verumtamen quia auctor illius libelli tamquam bonus clericus et altissimus contemplator profuses texuit materiam quo ad aviditatem breviter transire volentium necnon altius et obscurius in quibusdam quo ad minus capaces viam sibi competentem et congruam cupientes videtur quod ad exercitandam mentem rudem et animalem quae nondum novit percipere sublimiora Spiritus Sancti, tria sunt necessaria in principio huius altissimae contemplationis, videlicet, sicut dictum est in praecedenti contemplatione, oratio, materia, exercitium, quamvis aliter. Ibid., 228–230.

420 Christian Trottmann

envers l’humanité du Christ, dont la matière fuit toute discussion scolastique pour rester affective,43 il ajoute une méthode qui consistera précisément à passer d’un premier degré où l’adhésion au Christ en son humanité est encore imaginative et affective, à une adhésion de discernement qui, sans les séparer, distingue ce qui relève de l’humanité et/ou de la divinité du Christ.44 Guigues du Pont rapproche ces deux premiers degrés de la contemplation anagogique des voies purgative et illuminative,45 mais du coup, c’est le troisième qui correspond à une élévation purement affective et anagogique. Nous pouvons présenter les caractéristiques de ces trois degrés de la montée anagogique sous forme d’un tableau : Adhésion de l’imagination Adhésion du discernement Adhésion d’union À l’humanité du Christ

Entre humanité et divinité Un seul esprit avec Dieu

De l’humilité à l’intimité

De l’humanité à la divinité Feu, dévotion, affection

L’âme pourra ainsi parvenir à ce troisième degré où elle adhère directement à la divinité du Christ, et c’est dans cette unition que réside pour Guigues du Pont la véritable anagogie. Elle parait ainsi moins affective que celle de Hugues de Balma, mais se présente davantage comme une élévation de la dévotion à la contemplation, consumée certes dans un amour ardent. Il concède encore, que l’âme habituée à s’élever par les deux premiers degrés de la méthode pourra s’en passer pour se hausser directement selon le troisième46 ce qui correspondrait à la sagesse unitive de Hugues de Balma. Et Guigues du Pont finit par reconnaître que la méthode (exercitium) et la

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Primo, necessaria est oratio, sicut supra dictum est. Materia autem huius contemplationis non ad texendum discussiones et discursiones investigationum et inquisitionum, argumentorum et solutionum, quae studiosissime haec contemplatio refugit, sed ad alliciendam et fovendam piarum affectionum devotionem ; Christus est fons uberrimus omnium gratiarum. Ibid., 230. Exercitium vero tres habet gradus : primus est adhaesio imaginationis qua per devotam affectionem pia mens adhaeret Christi humanitati, […] ; secundus gradus est adhaesio discretionis qua pia mens, discernens non separans Deum ab homine, adhaeret divinitati in homine assumpto per pium amorem […] tertius gradus est adhaesio desiderabilis unionis qua mens suaviter ardet in Deum experiens quod qui sic adhaeret Domino unus spiritus est. Ibid. In hiis duobus gradibus studeat pia mens de die in diem exerceri et proficere ; nam in primo purgatur et attrahitur, in secundo purgatur et illuminatur et bene disponitur ad recipiendum beneficia potiora. Ibid., 234. Tertio, cum saepius assueverit a Deo homine ignites devotiones haurire, incipiat immediate sursum in Deum illas convertere, nullam aliam cogitationem vel meditationem assumendo, sed tantummodo conceptam a Christo vel undecumque Dominus dederit ignitam devotionem, mox, cum incipit accendi, ante Deum, quanta purius poterit, studeat effundere […]. Ibid.

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contemplation anagogiques sont très supérieures à celles de la sagesse spéculative.47 Nous retrouvons la plupart de ces distinctions au livre III du « De contemplatione », à partir du chapitre IV. Notons seulement à propos des précédents chapitres le changement de point de vue puisque c’est en tant que vie contemplative que la contemplation est abordée dans le troisième livre. La vie active quant à elle, approchée rapidement au premier chapitre, est rapportée à la purification des mœurs ainsi qu’aux œuvres de charité, envers les corps et finalement envers les âmes.48 Notons encore que si la vie contemplative ne doit pas être divulguée (ch. II), ses moyens sont pour Guigues du Pont, la lecture, la méditation, la prière et le désir exclusif.49 Nous reconnaissons là au moins trois des quatre degrés de l’échelle des moines de Guigues II.50 Pourtant, à y regarder de plus près, ils sont quelque peu transformés. La lectio est bien celle des Écritures, mais Guigues du Pont insiste sur le fait qu’elle doit viser à apprendre et appliquer la volonté de Dieu plutôt qu’à chercher à l’enseigner aux hommes.51 Résolument, la lectio monastique ne cherche pas à faire la leçon aux autres, mais bien à la recevoir de Dieu. Quant à la méditation, elle est centrée moins sur la Parole de Dieu que sur le sujet et ses péchés,52 méditation affectueuse conduisant à la componction. De même la prière ne demande plus une lumière divine sur les obscurités de l’Écriture, mais culmine directement dans la louange.53 Enfin, alors qu’elle débouchait précisément chez Guigues II sur la réception 47

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Hic autem tertius modus per abnegationem exercendi et contemplandi videtur esse in multis melior quam ille qui est per affirmationem. Est enim, ut videtur, facilior, utilior, purior, avidior, certior, amabilior, stabilior, humilior, familiarior. Ibid., XIII, 248. Ibid., III, I, 254–259. Primo enim, pia mens saeculi desideriis abrenuntians et sitire incipiens interiori inspiratione ad Deum, fontem vivum, gratulabunda requiscere affectat et nititur in Deo Salvatori suo mediantibus quatuor, scilicet lectione, meditatione, oratione et singulari desiderio. Ibid., III, III, 268. Cf. n. 35. Pia siquidem mens in Deo requiescit per devotam lectionem, quaerens magis erudiri et doceri quam docere, quaerens quid placeat Deo, quidve displiceat, quaerens mandata Dei ad faciendum ea, quaerens magis saporem scripturarum coram Deo quam scientiam coram hominibus. Guigues du Pont (n. 29), t. 1, III, III, 268. Secundo, pia mens requiescit in Deo per piam et sollicitam meditationem saepe meditando, modo peccata sua et defectus suos ad dolendum […]. Ad hoc facit quod dicit Richardus de Sancto Victore […] : “primum est ut redeas ad teipsum, intres ad cor tuum, discas aestimare spiritum tuum ; discute quid sis, quid fueris, quid esse debueris, quid esse poteris ; quid fueris per naturam, quid modo sis per culpam, quid esse debueris per industriam, quid adhuc esse possis per gratiam.” Ibid., 268–270. Tertio, pia mens requiescit in Deo per sanctam orationem, intente et affectuose Deum orando, faciem eius frequenter praeoccupando, laudando, psallendo, exsultando, in hymnis et confessionibus, benedicendo. Horum exercitium multum repraesentat statum caelestium civium […]. Ibid., 272.

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de grâces contemplatives dissipant les doutes générés par la méditation et décernées arbitrairement par le bon vouloir divin, la prière est suivie chez Guigues du Pont d’une adhésion permanente et sans cesse rectifiée du désir humain à cette divine volonté.54 Au chapitre IV, nous retrouvons la distinction des contemplations spéculative et anagogique rencontrée en II, 7 avec les oppositions que nous avions ordonnées en un tableau.55 Mais le Chartreux propose cette fois une définition de la spéculation qui la rapporte à une contemplation médiatisée par les créatures.56 Elles forment un miroir dans lequel Dieu est aperçu. Or le miroir le plus fidèle sera finalement l’âme elle-même créée à l’image de Dieu et donc de tous les miroirs, le plus proche de l’original divin recherché. Toutefois, alors que le livre II ordonnait ensuite directement trois degrés d’une même contemplation spéculative (considération attentive, méditation qui attire, contemplation qui trouve), ce sont trois espèces distinctes de cette même contemplation spéculative qui sont distinguées au chapitre V du livre III, comme il ressort du tableau qui suit : Contemplation physique Contemplation scolastique Contemplation infuse Miroir des créatures

Miroir des Écritures

Miroir des dons divins

Philosophes

(Théologiens?)

(Mystiques?)

Distrait les âmes faibles

Obstacle pour les curieux

Trois degrés

La première est explicitement rapportée aux philosophes57 et le manuscrit P (Paris) a même philosophica au lieu de physica. La référence est saint Paul (Ro I, 19–20), mais sans la partie la plus critique. On peut se demander si

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Quarto, pia mens requiescit in Deo per pium et singulare desiderium quo singulariter appetit Deo placere, omnia alia desideria in se mortificans et captivans ; hoc autem desiderium aliis tribus praedictis donat colorem et saporem, saporem scilicet divinae dulcedinis coloremque coccineum geminae caritatis. Ibid. Huius contemplationis, quam pauci noverunt per experientiam, duae sunt species, scilicet speculativa et anagogica, sive affirmativa et abnegativa, sive intellectiva et affectiva. Ibid., III, IV, 274. Speculari est isto respectu per aliquod medium quaerere inspiciendo creatorem ; quidquid enim est medium inter Deum et piam animam, per quod quaerit ipsum, speculum est sibi, etiam cum ipsa anima ingreditur ad considerandum proprietates quas habet cum Deo ad cuius imaginem creata est, ipsa sibi est speculum, tanto siquidem lucidius quanto prae caeteris rebus mundi Deo vicinius. Ibid. Speculatio physica quaerit Deum per speculum creaturarum per quarum considerationem philosophi creatorem intellexerunt ; Deus enim illis revelavit, ad Romanos primo ; et de hac ibidem dicit apostolus : Invisibilia ipsius a creatura mundi per ea quae facta sunt, intellecta conspiciuntur. Ibid., III, V, 276.

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Augustin et Thomas d’Aquin, également mentionnés le sont en tant que philosophes ou en tant que théologiens.58 Les textes cités de ces deux auteurs insistent sur la nécessité pour la contemplation de ne pas s’arrêter aux créatures, mais de remonter à leur principe divin. Quand bien même il s’agirait de la théologie des philosophes que les deux grands théologiens latins tentent ainsi d’ordonner à sa fin, le Chartreux signale que partant des réalités visibles elle risque de distraire les âmes faibles désireuses d’obtenir la contemplation infuse.59 Il y a ainsi une sorte d’antinomie entre les deux formes de contemplation. La seconde, cherchant Dieu au miroir des Écritures et qualifiée de scolastique semble pouvoir correspondre à la théologie universitaire de l’époque.60 Mais elle n’est envisagée que du point de vue du conseil spirituel mettant en garde ceux qui la pratiquent contre un accaparement de leur attention par leur intérêt pour les Écritures qui les éloignerait de la communion avec Dieu. Le troisième type de contemplation spéculative, infuse, va se décliner selon les trois degrés que nous avions rencontrés précédemment au livre II.61 Ils semblaient alors embrasser toute la contemplation spéculative. Or ils sont restreints au livre III, à la seule contemplation spéculative infuse. Celle-ci ne cherche plus Dieu au miroir des créatures ou des Écritures, mais à celui des dons divins. Nous ne reviendrons pas ici en détail sur l’analyse de cette spéculation infuse dont nous avons traité ailleurs62 et qui semble dépasser l’exercice de

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Unde Augustinus in libro de vera religione : “In creaturarum consideratione non vana et peritura curiositas est exercenda, sed gradus ad immortalia et semper manentia faciendus” ; de hoc scribit sanctus Thomas in secunda secundae quaestione clxxx articula quarto. Ibid. Ista species speculandi non convenit nec expedit homini parum scienti, immo sollicite debet claudere sensus suos ab omnibus visibilibus qui vult habere contemplationem infusam. Nam visibilia mentes infirmas distrahunt et dissipant et replent vanis phantasmatibus. Ibid. Secunda speculatio, scilicet scolastica, Deum quaerit per speculum scripturarum et haec quidem utilis est et necessaria ; sed tamen frequenter impedit caelestes influxiones, cum circa scripturas per nimiam occupationem mens misera captiva retinetur et sic a Domini consortio elongatur. Unde dicit sponsus in Canticis sexto, alloquens animam devotam et post devotiones quibus ipse tenetur nimis se convertentem ad studium scripturarum : Averte oculos tuos a me quia ipse me avolare fecerunt, cum scilicet per curiositatem et praesumptionem scripturarum putat se posse ad divinam contemplationem quam ipse solus docet penetrare. Solus enim Deus, sicut supra dicitur, docet ipsam animam seipsum invenire. Ibid., 276–278. Speculatio vero divinitus infusa quaerit Deum per speculum divinarum infusionum rationem in Deum dirigentium ; haec autem tres gradus habet quorum primus est sollicita consideratio, secundus alliciens meditatio, tertius inveniens contemplatio ; isti tres gradus saepe reperiuntur in sacris scripturis aliquando latenter, aliquando patenter. Ibid., III, VI, 280. Cf. TROTTMANN (n. 36), 667–676 ; ID. : Murenulas aureas faciemus ... Dire la contemplazione : Guiguo du Pont, lettore di Bernardo di Chiaravalle, dans : Ai limiti dell’imagine, Macerata 2005, 81–103.

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la théologie scolastique par le bénéfice de grâces mystiques. Pourtant son premier degré, celui de la considération attentive, est qualifié d’entièrement scolastique et scientifique du moins quant aux termes employés.63 C’est que comme dans le livre II, sa matière semble être la méditation des attributs divins plus que celle des mystères révélés, ou du moins l’élévation des premiers aux seconds.64 On relèvera aussi que selon Guigues du Pont, nul ne peut aimer ce qu’il ignore totalement. La source de cette remarque pourrait être aristotélicienne et se retrouvera au coeur de la querelle de la théologie mystique relancée au XVe siècle par un autre Chartreux, Vincent d’Aggsbach. Les attributs divins viennent ainsi nourrir une contemplation spéculative qui ne peut être purement affective en sa considération initiale. Même au degré suivant qui suppose les grâces du Saint Esprit,65 l’âme qui en a été comblée doit encore prendre au plus secret de sa méditation retirée en sa fine pointe, un terme (vocabulum) de la matière précédente pour s’élever ensuite au-delà de toute représentation, à une vision toujours passagère et imparfaite de la lumière divine. Mais avant de déboucher sur l’excessus, ce deuxième degré méditatif de la contemplation spéculative est le théâtre d’un fort combat spirituel entre la fine pointe de l’âme qui désire sortir vers Dieu et l’animalité qui l’allourdit.66 Encore lorsqu’elle y parvient, ne voit-

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Hic autem gradus qui est quoad vocabula totus scolasticus sive scientialis quasi semper potest haberi ad pie considerandum ab anima quieta et curis exterioribus vacua et melius est et utilius quod consideret pia mens in affectu pietatis has divinas proprietates communes toti Trinitati quam excogitare praesumat proprietates, notiones et distinctiones personarum. Guigues du Pont (n. 29), t. 1, III, VI, 292. Si vis ergo scire qui sit Deus, quia non potes amare quod omnino nescis, considera spiritualiter ad exemplar praedictorum in simplicitate puri cordis, quantum poteris, favente gratia, quod Deus est prima et summa essentia, summa et perfecta natura, summa maiestas, summa potestas, summa bonitas, summa scientia, summa sapientia, summa veritas, summa iustitia, summa misericordia, summa dulcedo, summa pietas, summa lux, summa claritas, summa beatitudo, summa pax, summa virtus, summa aeternitas, summa caritas, fons totius vitae, summus et summe perfectus creator et conservator et amator omnium bonorum visibilium et invisibilium, principium omnium existentium, optimus et aeternus finis beatae vitae, Pater et Filius et Spiritus Sanctus, unus Deus, immortalis, invisibilis, intelligibilis totus desiderabilis. Ibid. Secundus gradus, […] licet sit multum laboriosus, tamen in labore est requies, sed non potest omnino haberi nisi ad specialem inspirationem et infusionem Sancti Spiritus rore caelesti mentem de se aridam foecundantis. Cum igitur pia mens senserit se perfundi sicut adipe et pinguedine caelestis roris quadam inconsuetae novaque suavitate […] tunc debet in secretiori tranquillae mentis acie sive apice assumere unum vocabulum de praedicta divina materia et illud per pium desiderium, quanta devotius poterit, satagat sapienter, id est per sapidas doctrinas spiritualium infusionum, ad odorem Sancti Spiritus naribus interioribus haurire et ad saporem gustus spiritualis masticare, quod fieri non potest nec intelligi prout est nisi ipso Sancto Spiritu ducente et affectum et intellectum hominis disponente et habilitante […]. Ibid., III, VII, 296. In isto gradu magna est concertatio inter gratiam interiorem hominem deducentem et humanam animalitatem, ipsum interiorem hominem fortiter aggravantem et fortiter et importune obicibus

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elle Dieu que subrepticement et imparfaitement.67 L’âme ne peut en effet le voir tel qu’il est ce qui est réservé aux bienheureux définitivement débarrassés des lourdeurs du corps. En attendant, à ce second degré de la contemplation spéculative infuse, comme en celui de la contemplation anagogique, s’opère selon Guigues le discernement entre les réalités divines et humaines.68 Nous ne nous attarderons pas sur les trois manières de voir Dieu distinguées au chapitre VIII dont nous avons déjà signalé qu’elles correspondent aux trois derniers des dix degrés distingués au premier livre : ravissement imparfait et furtif, ravissement parfait de saint Paul, vision éternelle des bienheureux.69 Pas davantage sur la nouvelle distinction ternaire introduite au chapitre XI70 entre les modalités de la méditation qui attire selon qu’elle est stimulée par le don de science conduisant à pleurer ses péchés et se tourner vers les réalités éternelles, ce qui se réalise par l’effet du don de sagesse, comme une jouissance dont la douceur envahit complètement l’âme au troisième degré. Rappelons seulement à propos du dernier degré, celui de la contemplation qui trouve, que celui-ci est d’abord qualifié d’étincelant (scintilliaris), car il perçoit en de brefs instants (raptim) la clarté divine. Mais la vision dans laquelle est aperçue subrepticement l’étincelle de la lumière divine (scintillam divinae lucis) ne saurait constituer un état durable. L’adjectif étincelant ne convient donc pas pour qualifier le dernier degré de la contemplation qui trouve. Car l’âme retombe dans un état sur lequel le Chartreux semble dans un premier temps hésiter : est-ce l’état sapientiel précédent ou un état intermédiaire ? Finalement, il appelle « murénulaire » ce degré où l’âme conserve de ses élévations furtives l’ornement des images ou ressemblances (adiutrices similitudines seu species)71 dans lesquelles elle recueille ce qui n’était d’abord que pure lumière, afin de

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phantasmatum et sarcina propriae ponderositatis deprimentem spiritum in Deum excedere cupientem. Ibid., 296–298. [...] si crassior caligo mundana de corde speculatoris abstersa fuerit, videbit aliquando ineffabiliter illud lumen ineffabile quod veraciter est Deus, ad modicum tamen et valde imperfecte propter nimiam reverberationem et velocissimum transitum ipsius veritatis seu divini luminis et modicissimam capacitatem caecae mentis quae animalitate humanae infirmitatis captiva retinetur ut quod quodammodo videt, nullo modo videre valeat prout est, immo inaestimabiliter longe se esse cognoscit ab illa summa luce ; unde Gregorius : “A luce incorruptibili nos obscurat caligo nostrae corrumptionis. Cumque et videri aliquatenus potest et tamen videri lux ipsa non potest sicut est” […]. Ibid., 298. Liquet itaque quod in isto gradu secundo accepit pia mens discretionem et cognitionem quodam secreto intuitu inter divina et humana et quam infixa sit in suis tenebris videt dum nimiam reluctationem sentit in se trahenti gratiae repugnantem et quam longe sit a plena perfectione aeternae lucis prout aliquando sperat sibi fieri [...]. Ibid., 300. Ibid., VIII, 304–306. Ibid., VIII, 320–324. Ibid., XV, 340.

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le faire partager aux autres dans le ministère de la parole. Rappelons seulement que cet adjectif murenularis fait allusion aux boucles d’oreille formées de colombains d’or et d’argent rappelant la forme des murènes, offertes par l’époux du Cantique à sa bien-aimée. Au chapitre XVI, le Chartreux cite longuement le sermon 41 de saint Bernard sur le Cantique où celui-ci interprète ces bijoux comme les images et les paroles laissées dans l’âme par les anges après la visite de la lumière divine et lui permettant d’en rendre compte. D’où l’adjectif murénulaire forgé par Guigues pour qualifier cet état faisant suite aux élévations toujours furtives. Très peu de temps après la publication du « Viae Sion lugent » d’Hugues de Balma, Guigues du Pont propose ainsi sa propre tentative d’articulation entre contemplation spéculative, philosophique ou théologique, voire infuse et contemplation anagogique. Mais le compromis était peut-être impossible. La « Théologie mystique » de Hugues de Balma considérée comme union purement affective allait bientôt s’avérer irréductible à tout type de contemplation pour Vincent d’Aggsbach qui relança la dispute au milieu du XVe siècle.72 Pourtant dans le même temps, un autre Chartreux, Denys de Ryckel éminent théologien dans l’esprit de l’Aréopagite et de l’Aquinate avait proposé une solution qui ne manquait pas d’originalité et qui fera l’objet de notre dernière partie. Ne découle-t-elle pas de la différence majeure que nous avons pu relever entre ses deux prédécesseurs du XIIIe siècle ? Pour Hugues de Balma, la théologie mystique est à la portée de tout chrétien et la moindre vetula empruntant cette voie pourra s’élever bien plus sûrement vers Dieu que le plus éminent théologien scolastique. Pour Guigues du Pont, on a noté que les grâces du Saint Esprit sont requises à partir du niveau sapientiel de la contemplation spéculative. Nous relevions d’ailleurs au passage que dès le livre II de son « De contemplatione », cela n’est pas sans poser quelques problèmes puisque la contemplation scolastique qui 72

Nous avons évoqué son rôle dans la controverse de la docte ignorance dans plusieurs articles, cf. CHRISTIAN TROTTMANN : La coïncidence des opposés dans le « De Icona » de Nicolas de Cues (IX–X), dans : Nicolas de Cues. Penseur et artisan de l’unité, éd. par DAVID LARRE, Lyon 2005, 67– 85 ; ID. : La docte ignorance dans le « De Icona ». L’humanisme de l’au-delà du concept, dans : Nicolas de Cues. Les méthodes d’une pensée, éd. par JEAN-MICHEL COUNET, Louvain la Neuve 2005, 105–116 ; ID. : Le dépassement de toute représentation dans le « De Icona », dans : Revue d’études anciennes et médiévales, philosophie, théologie, sciences 3–4 (2006), 327–346 ; ID. : Mystique, sagesse et théologie. La place de la mystique entre théologie et vision béatifique à la fin du Moyen Âge, dans : Les enjeux philosophiques de la mystique, éd. par DOMINIQUE DE COURCELLES, Grenoble 2007, 145–184 ; ID. : Lectures (n. 2), 547–582 ; ID. : Lectures de Denys et enjeux des trois controverses renaissantes : docte ignorance, théologie mystique et vies active ou contemplative, dans : Le Pseudo-Denys à la Renaissance. Actes du colloque, Tours, 27–29 mai 2010, sous la direction de STÉPHANE TOUSSAINT, CHRISTIAN TROTTMANN, Paris 2014 (Le savoir de Mantice 24), 93–124.

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n’est pas encore distinguée de la contemplation infuse, peut à ce niveau qui en reste à la science (scientialis) s’appuyer sur les Écritures, ce qui est explicite dans le manuscrit T. Cela est-il possible sans la lumière de la grâce et une lecture dans la foi ? Les grâces infuses dont il est question dans le livre III au niveau de la méditation infuse sont donc clairement des grâces mystiques qui dépassent la grâce ordinaire. A fortiori, la contemplation anagogique ne relève-t-elle pas selon lui de grâces exceptionnelles, dépassant la foi ordinaire de la vetula ? Denys le Chartreux, conscient de cette difficulté. proposera plus d’un siècle plus tard une solution originale fidèle à Thomas d’Aquin, mais qui n’est pas sans poser à son tour quelques problèmes. Ayant déjà étudié cette brillante synthèse par ailleurs, nous nous contentons d’en mettre en évidence l’originalité dans cette dernière partie.73

III. Denys le Chartreux, les trois sagesses : une théologie scolastique exlusivement charismatique Denys de Ryckel est entré à la chartreuse de Ruremonde aux Pays-Bas après une formation à l’université de Cologne, dans la chaire de saint Thomas. Son œuvre monumentale couvre quarante et un volumes de l’édition moderne in folio sur deux colonnes, comportant des commentaires de l’Écriture, des Sentences, de divers auteurs comme Boèce ou Denys qui a sa préférence, mais aussi des traités théologiques et spirituels. On trouve en exergue du prologue de son « De contemplatione » le verset 8, 2 du Livre de la Sagesse : Sapientiam amavi et exquisivi a juventute mea. C’est ainsi dans le cadre d’une vaste recomposition des différents niveaux de sagesse que Denys le Chartreux est amené à articuler théologie scolastique et théologie mystique. Il commence par expliquer que la sagesse est souverainement désirable et que par participation, l’esprit humain qui ne peut la contempler directement ici-bas, est progressivement déifié pour parvenir à être finalement uni dans la béatitude éternelle à la sagesse incréée qui n’est autre que le Verbe divin.74 73

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Cf. ID. : Trois regards chartreux sur la contemplation au coeur du XVe siècle, dans : ‚Herbst des Mittelaltersʻ? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts, éd. par JAN A. AERSTEN, MARTIN PICKAVÉ, Berlin, New York 2004 (Miscellanea Mediaevalia 31), 558–593. Sapientiam nobis potissime amandam desiderandamque unigenitus Filius Dei edocuit, qui in actu sapientiae felicitatem nostram constituens, Patri aeterno deprompsit : Haec est vita aeterna, ut cognoscant te solum verum Deum, et quem misisti Jesum Christum. Etenim, quum Deus sit summa, vera ac plena sapientia, participatione sapientiae Dei humana mens deificatur, atque angelicis mentibus parificatur ; et quamvis in vita praesenti nequeat mentis humanae sapientia angelicorum spirituum sapientiae adaequari, potest tamen homo fidelis nunc eatenus in caritate sapientiaque infusa proficere, ut mereatur in patria nonnullis supernis spiritibus in sapientiae venustate ac gloria praefulgere, tanquam fontanae et increatae Sapientiae intimius feliciusque unitus. Denys le Chartreux : De contemplatione, I, Prologue, dans : Opera Omnia, t. 41, Tournai 1912 (Opera Minora 9), 135, 1 A-C.

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Mais dans ces conditions, qu’en est-il de celle des philosophes qui n’ont pas pu bénéficier de la grâce sanctifiante ?75 Il convient donc de discerner entre les diverses formes de sagesse. Certes, Dieu, comme être premier, est la cause de toutes les essences, comme souverain bien celle de toute bonté, comme premier vivant, de tout ce qui vit et comme premier sage, source et modèle de toute sagesse.76 Pourtant, Denys précise que toutes les formes de sagesse ne découlent pas de la même manière et directement de Lui. Certaines nécessitent effort et apprentissage, éventuellement sous un maître.77 À l’opposé, les anges ont pu bénéficier de leur sagesse et de leur science en Dieu lors de leur conversion, mais le Chartreux rappelle que d’aucuns comme saint Thomas supposent qu’ils ont été créés dans la grâce sanctifiante et donc avec la charité (ainsi que la foi et l’espérance). Dans ces conditions, il faut considérer qu’ils ont été créés avec les dons (du Saint Esprit) de science et de sagesse « intégrés » (concreata). Bien qu’il signale que les théologiens ne sont pas unanimes à ce sujet, Denys précise que tous s’accordent, suivant en cela Aristote, pour dénier une telle connaissance innée aux humains sauf éventuellement pour leur habitus confus des premiers principes tant spéculatifs que pratiques.78 Les humains ne naissent donc pas avec la sagesse, ni la science infuse. Seule la syndérèse ou l’étincelle de l’intelligence, donnant respectivement accès aux premiers principes moraux ou logiques comme celui de non contradiction, sont créés, si on nous permet de filer la métaphore, comme des logiciels déjà gravés d’origine en l’âme. Faute d’une telle grâce initiale, la sagesse humaine devra donc commencer par être naturelle et acquise : tel est le cas de celle des philosophes qui parvient cependant à remonter aux réalités immatérielles, intellectuelles et même immortelles.79 S’élevant des effets à leur cause, ils passent du visible 75

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Haec est vera, divina ac salutaris sapientia, quam solus Spiritus Sanctus diffundit et condit in mente creata : quam nemo reproborum sortitur usque in finem, nullus quoque philosophorum cognovisse aut recepisse censetur. Ibid., 2 A. Quemadmodum Deus ut primum ens omnibus est causa essentiae et essendi, atque ut primum bonum omnibus est causa bonitatis et appetendi, item ut primum vivens omnibus est causa vivendi et vitae ; ita ut primum sapiens, seu prima, fontana et exemplaris sapientia, omnibus est causa sapientiae, intelligentiae atque notitiae. Ibid., art. II, 136, 2 A. [...] ipsam vero habitualem seu actualem sapientiam sive notitiam non omnes immediate a Deo causaliter sortiuntur, sed aliqui per considerationem, laborem aut studium aliorumque instructionem, sapientiam et notitiam adipisci noscuntur. Ibid., 2 C-D. Sed omnes isti, Aristotelem et Peripateticos imitando, adstruunt mentibus humanis scientias non esse concreatas nisi secundum habitum quemdam confusum, quo naturaliter primis consentit principiis quilibet homo, tam in speculativis quam practicis. Ibid., 137, 1 A-B. Est itaque in hominibus primo quaedam sapientia naturalis et acquisita ac philosophica ; estque sapientia ista immaterialium, intellectualium immortaliumque naturarum (praesertim ipsius

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à l’invisible et l’on reconnaît au passage une citation implicite de Rm 1, 20. Toutefois, en thomiste conséquent, le Chartreux remarque que l’homme est créé en vue de la béatitude surnaturelle. C’est pourquoi cette première sagesse naturelle ne saurait lui suffire.80 Il lui faut donc également une sagesse surnaturelle pour lui faire connaître dans la foi, par la Révélation, les vérités sur Dieu qu’on peut trouver réunies dans les articles du Credo. Or cette sagesse surnaturelle s’avère double selon Denys. L’une relève de la grâce gratis data. Elle est acquise par le moyen humain de l’étude, même si elle suppose à l’origine quelque révélation surnaturelle. Dans la mesure où la foi est formée par la charité, le Chartreux déplore que cette sagesse reste informe chez ceux, nombreux selon lui à son époque, qui étudient, s’approprient, ou pire enseignent une telle sagesse sans vivre dans la charité infuse et la grâce sanctifiante.81 Faute de pouvoir être rapportée à cette grâce qui rend agréable à Dieu, leur sagesse relèvera du charisme de sermo sapientiae auquel saint Paul fait référence en I Co XII, 8. Il y a ainsi place pour une troisième sagesse, proprement contemplative, infusée quant à elle, non tant par le charisme, que par le don de sagesse. Celui-ci ne saurait être reçu sans la grâce sanctifiante et sans la charité.82 Le Chartreux précise que seule cette sagesse, infuse et formée par la charité est méritoire du salut. Elle peut ainsi poser des jugements, non seulement selon une connaissance claire de la raison, mais encore par connaturalité et nous reconnaissons ici un lieu commun scolastique repris à Aristote, sans doute

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supersimplicissimi ac invariabilis Dei) cognitio, quantum ex rerum cursu, natura ac ordine hujusmodi queunt cognosci. Invisibilia namque Dei per ea quae facta sunt, ab homine intelliguntur, juxta Apostolum. Effectus quippe causam repraesentat et cognitam facit. Ibid., B-C. Verum, quum homo propter supernaturalem beatitudinem sit creatus, non ei suffecit sapientia naturalis, sed fide ac supernaturali sapientia eguit, per quam sapientiam ea de Deo cognoscit quae naturali ratione non elucescunt, nec inveniri cornprehendique possunt, sed divinitus revelata sunt Patribus sanctis, Apostolis ac Prophetis, sicut ea quae subcadunt fidei articulis. Ibid., 137, 1 C. Insuper, sapientia ista supernaturalis est duplex. Una quae numeratur inter dona gratiae gratis datae : quae scholastica nuncupatur, quia humano discitur studio, quamvis primo et originaliter supernaturaliter sit infusa atque divinitus revelata. Potest quoque esse, imo et est informis in multis, qui quum sine caritate et gratia gratificante infeliciter vivant, praedictam tamen sapientiam discunt, habent aut docent. De qua ait Apostolus : “Alii per Spiritum datur sermo sapientiae.” Ibid., 137, 1 C-D. Alia demum supernaturalis sapientia ponitur inter dona gratiae gratum facientis, quoniam sine gratia ista et caritate nequit haberi ; estque desuper infusa, formata ac salutaris, per quam mens nostra bene discernit, sentit et judicat de Deo atque divinis sub fide cadentibus, non solum per veram notitiam et clarum quemdam rationis intuitum, sed etiam per conformitatem et connaturalitatem nostri affectus ad ea, quemadmodum virtuosus, temperatus et castus bene judicat de virtute, sobrietate et castitate : quod fit per sapidum quemdam amorosumque gustum divinorum. Ibid., 2, A-B.

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à travers saint Thomas.83 Denys transpose ce jugement portant chez Aristote par connaturalité sur les vertus morales, par analogie aux vertus intellectuelles, voire théologales. Ainsi, celui qui juge selon une telle sagesse infuse, des choses divines, est-il à même d’en goûter la saveur. Relevons que la sagesse était pour Aristote une vertu intellectuelle acquise alors que celle dont il est ici question est infuse grâce au don du Saint Esprit. Pour Denys, c’est par excellence l’acte d’une telle sagesse inspirée qui pourra être appelé contemplation.84 Car cette sagesse est la seule à correspondre à la définition qu’il propose d’une contemplation conçue comme « connaissance affectueuse, manifeste et authentique de la divinité suressentielle et de ce qui s’y rapporte. »85 Il faut donc que la véritable contemplation corresponde à cette sagesse relevant du don du Saint Esprit et non du seul charisme.86 Pourtant, les deux autres sagesses, philosophique et théologique (scolastique) vont être aussi jugées dignes d’être désignées comme contemplation, dans la mesure seulement où elles pourront être assumées elles-aussi et vivifiées par la charité. Denys distingue, au-delà de ces trois sagesses humaines, un quatrième sens du terme. Il désigne la Personne du Verbe comme Sagesse éternelle du Père.87 Cet attribut correspond à l’analogie propre de la seconde Personne de la Trinité : Sagesse incréé de Dieu. Ainsi pouvons-nous ordonner les quatre niveaux de sagesse distingués par Denys dans le tableau suivant : Sagesse incréée Verbe divin, Sagesse éternelle du Père Sagesse créée

Don, infuse

Théologie mystique

Grâce sanctifiante

Foi + étude

Théologie scolastique

Grâce charismatique possible

Étude/nature Philosophie

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(Charité)

Lumière naturelle

requise

possible

Aristote : Éthique à Nicomaque, III, 6, 1113 a 1129 sq. ; IV, 14, 1128 a 1131 ; X 5, 1176 a 1117, cf. Thomas d’Aquin : Summa theologiae, Ia, q. 1, a. 6, ad. 3m. Postremo, hujus sapientiae actus potissime contemplatio ipsa asseritur, sicut post pauca clarius deducetur. Denys le Chartreux (n. 74), I, 2, 137, 2 C. Denique contemplatio proprie sumpta, est superessentialis Divinitatis et earum quae referuntur ad eam, affectuosa, prompta atque sincera cognitio. Ibid., I, 3, 137, 2 D–138, 1 A (Trad. C.T.). Porro cognitio Dei, si non fuerit caritate formata virtuosisque actibus perornata, frigida, sterilis et informis consistit. Hinc necesse est affectuosam hanc esse, si contemplatio dici merebitur : praesertim quum (juxta praetacta) contemplatio sit actus sapientiae quae donum vocatur, quae esse non valet informis, sed divinorum sapore conditur, et caritati inseparabiliter counitur. Quod si sapientiae quoque naturalis ac philosophicae actus, et item sapientiae theologicae, acquisitae sive infusae (quae gratiis gratis datis annumerantur) actus, contemplationis nomine ferantur condigna, hoc non erit nisi in quantum habitus illi gratia gratificante fulciuntur, et ita eorum actus meritorii fiunt. Ibid., 138, 1 C-D. Loquitur autem sacra Scriptura frequenter de unigenito Filio Dei sub nomine sapientiae : ipse enim est increata Sapientia, Verbum et Veritas Dei Patris. Ibid., I, 2, 137, 2 C.

Des trois connaissances théologiques aux trois sagesses 431

En réduisant ainsi la théologie scolastique, au seul exercice charismatique de la sagesse (sermo sapientiae) Denys le Chartreux peut porter au pinacle la théologie mystique dionysienne, revue comme élévation anagogique par la tradition chartreuse que nous avons étudiée chez deux de ses représentants majeurs, Hugues de Balma et Guigues du Pont, tout en assumant les définitions de la contemplation proposées dans le cadre de la mystique du XIIe siècle par Hugues ou Richard de Saint-Victor, voire Bernard de Clairvaux. Il en résulte que la sagesse des philosophes, se trouve en meilleure posture que celle des théologiens scolastiques, pourvu du moins qu’elle se mette au service de la théologie mystique : « Comme la nature, la créature est au service du Créateur, ainsi la sagesse naturelle et la science des philosophes doivent servir la sagesse théologique et surnaturelle des chrétiens. »88 KENT EMERY a cru déceler une tendance averroïste de l’intellectualisme de Denys le Chartreux. Celui-ci ne tendrait-il pas de la sorte, à placer les théologiens de l’école en position de tiers inutile ? Quant aux philosophes, il s’agit pour Denys de se réapproprier des vérités dont les païens sont, selon les termes de saint Augustin, les « injustes possesseurs ». Toutefois, cela suppose d’oser se mettre à l’école de Platon et d’Aristote. N’ont-ils pas parlé avec justesse de la vie contemplative, définie par sa finalité qui est la connaissance de la vérité ?89 Denys le Chartreux place ainsi la vie des contemplatifs dans la droite ligne de celle des philosophes et de leur recherche de la vérité. Il faut selon lui reconnaître que Platon et même Aristote à sa suite, situaient la félicité ultime dans la contemplation de Dieu,90 conçu d’ailleurs par les platoniciens comme souverain bien, voire comme père.91 Il ne concède pas pour autant que leur connaissance de Dieu puisse être appelée contemplation au plein sens du terme.92 S’il s’y refuse, ce n’est toutefois pas pour les mêmes raisons que 88

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Creatori servit natura seu res creata, sic divinae, supernaturali ac theologiae sapientiae Christianorum servire debet naturalis sapientia atque scientia philosophorum. Ibid., I, 4, 138, 2 D (Trad. C.T.). Ibid., I, 11, 144–145. Plato autem asserit in Timaeo, quod cum diis est nobis appellationis parilitas ac naturae seu divinitatis cujusdam consortium. Quoniam ergo intellectum ponebant divinissimam atque dignissimam animae rationalis potentiam, summum animae bonum finemque ultimum seu felicitatem praecipuam in actione intellectus (quam contemplationem vocabant) statuendam censebant, potissime quoque in contemplatione primi ac optimi speculabilis, scilicet Dei. Ibid., I, 9, 143, 1 A-B. Sed et Porphyrius Platonicus, sicut frequenter commemorat Augustinus perhibuit animae rationalis perfectionem consistere in omnimoda elongatione purissimoque recessu ab omni materia atque terreno ac carnali affectu, itemque in cognitione Patris eam felicitari : summum quippe Deum Platonici Patrem vocabant. Ibid., B-C. Ibid., I, 10, 143–144.

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dans le cas des scolastiques.93 Ceux-ci considéraient la philosophie comme une sagesse purement spéculative par opposition avec la sapida scientia des théologiens aux visées pratiques, voire avec la sagesse unitive promue selon lui par les Victorins. On remarquera qu’il n’est pas fait mention d’Hugues de Balma à ce sujet. Or, l’argument des doctores catholici n’est pas pertinent aux yeux de Denys car la sagesse platonicienne conduit selon lui à l’amour de Dieu comme souverain bien et ne saurait donc s’en tenir à une spéculation sèche.94 Certes, tel n’est pas le cas de la sagesse d’Aristote, pourrait-on objecter à Denys qu’il assimile à celle des platoniciens. Il précise toutefois qu’elle mène aux vertus héroïques aussi bien que celle de Platon95 et parmi ces contemplatifs héroïques, Plotin devra aussi être compté. Denys de Ryckel reste pourtant intraitable : parce qu’elle ne saurait viser qu’une béatitude et un amour de Dieu naturels, leur sagesse qui n’est pas informée par la charité ne peut conduire au salut.96 C’est à ce titre théologique seulement par défaut de charité, et non philosophiquement, comme vaine spéculation, qu’elle n’est pas une contemplation accomplie aux yeux du Chartreux érudit. Il va même jusqu’à concéder que certains philosophes se sont approchés au plus près de la théologie mystique.97 Mais comment ont-ils pu

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Assignant doctores catholici inter sapientiam theologicam et philosophicam differentiam istam, quod sapientia theologica est affectiva seu divino amore formata : propter quod vere ac proprie sapientia, hoc est sapida scientia, nuncupatur. Unde et unitiva asseritur, quoniam per caritatis affectum conjungit Deo mentem creatam. Hinc quoque actus ipsius proprie contemplatio fertur. Porro philosophica sapientia solum speculativa, informis et nuda est : ideoque, secundum Hugonem super Angelicam hierarchiam, non erat ad vitam […]. Ibid., I, 10, 143, 2 B-C. Et denuo ipsum verum et summum bonum Plato dicit Deum : unde philosophum vult esse amatorem Dei, ut, quoniam philosophia ad vitam beatam tendit, fruens Deo sit beatus qui Deum amaverit. Itaque, secundum Platonis sententiam, philosophica diviuorum cognitio divino amore debet esse referta, et Deum imitari debet philosophus, pie, virtuose et amorose vivendo. Ibid., 143, 2 D–144, 1 A. Sapientia igitur philosophorum exstitit affectiva. Denique, secundum Platonem et Aristotelem, quidam gentilium erant viri perfecti, divini et optimi : qui a Plalonicis purgati animi, a Peripateticis autem heroici vocabantur. Istis ergo contemplatio competebat. De talium namque perfectione et admirabili contemplatione, Plotinus excellentissime scribit, ut refert Macrobius. Ibid., 143, 2 D–144, 1 A-B. Et respondendum, quod philosophi, qui non cognoverunt nisi naturalem animae felicitatem, etiam de solo naturali Dei amore locuti sunt, hisque virtutibus quae virtute studio queunt adipisci humano. Ista autem non sufficiunt ad salutem. Idcirco non fuit in illis sincera divinorum cognitio ; multipliciterque errabant, quamvis nonnulla vera atque subtilia dixerunt. Illorum itaque speculatio non proprie et complete dici meretur contemplatio. Ibid., 144, 1 C-D. Quum ergo meliores philosophi, tam Platonici quam Peripatetici, protestentur Deum verius subtiliusque cognosci per omnium ab ipso abnegationem quam positionem, eum quoque super omnia esse amandum, intellectum etiam humanum ei nonnunquam deiformiter atque purissime copulari per contemplationem radiosissimam prorsus brevissimam, videntur et ipsi mysticam theologiam novisse, gustasse et apprehendisse. Ibid., III, 7, 262, 1 D–2 A.

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connaître, goûter et s’emparer de la théologie mystique sans la grâce sanctifiante ? Il n’imagine pas qu’ils aient pu bénéficier d’une grâce christique propre aux philosophes. Loin du concile Vatican II, il n’envisage pas leur salut sans baptême. Il n’est pas prêt, comme Baudelaire aux poètes, à leur faire une place spéciale dans le cortège des saints. Comme entre une théologie scolastique affirmative, seulement charismatique et la théologie mystique négative, n’est-ce pas encore la charité qui fait le départ entre celle-ci et les sommets de la contemplation philosophique ? La structure thomiste qui remet en place dès les premiers chapitres les différents types de sagesses, s’allie in fine avec le souci d’assumer les plus belles avancées de la théologie monastique du XIIe siècle. On le voit tout au long de l’ouvrage, mais spécialement, dans la deuxième partie topique98 qui fait la part belle aux mystiques spéculatives, victorine et cistercienne en particulier, comme aux grands acquis patristiques, mais réserve aussi une place à la Devotio moderna. Toutes ces avancées théologiques viennent s’articuler aux sommets d’une contemplation mystique envisagée dans la perspective dionysienne. Ainsi la troisième partie peut-elle donner une interprétation franchement intellectualiste de la connaissance atteinte dans la théologie mystique, très proche de la docte ignorance de Nicolas de Cues sur laquelle nous ne revenons pas.99 Or cette synthèse admirable de la culture chrétienne à la fin du Moyen Âge, est animée par une intuition profondément monastique. D’aucuns comme Vincent d’Aggsbach voudraient considérer l’ascension vers la sagesse mystique comme laborieuse et affligeante. À cette spiritualité grincheuse, Denys répond par avance que l’exercice de la théologie mystique est d’autant plus facile et joyeux qu’il s’appuie sur les charismes du Saint Esprit.100 Or n’était-ce pas la théologie scolastique qui relevait de la grâce charismatique ? Précisément, le recours au charisme de sermo scientiae, voire sapientiae, sans la grâce sanctifiante pouvait avoir quelque chose d’aride et de morose. Au contraire, les sommets de la contemplation dans la grâce sanctifiante débordent de la surabondance des charismes qui ne se limitent pas aux deux précédemment cités. Comprenons que cet acte simple de la vie contemplative et qui n’est autre que la contemplation simplifiée de Dieu, correspond encore avec la jubilation d’une louange accueillante aux charismes. Ne jaillit-elle pas de la simplicité même de l’acte de 98 99 100

Ibid., II, 221–253. Cf. TROTTMANN (n. 73), 566–568. Nempe ut saepe iam patuit, mysticae theologiae exercitium supernaturale est penitus, et tanto facilius atque jucundius exstat, quanto mens exuberantioribus charismatibus Spiritus Sancti praevenitur, regitur atque juvatur. Denys le Chartreux (n. 74), III, 11, 267, 2A.

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contemplation posé dans le cadre de la grâce sanctifiante ? Denys ne rejoint-il pas ici l’intuition originelle de ses premiers écrits sur la louange comme sagesse ?101 Le chant des psaumes en particulier y dispose le moine en concentrant continuellement son attention sur Dieu de manière à installer son esprit dans une attitude de sagesse. N’anticipe-t-il pas ainsi l’acte de la louange qui occupera l’intelligence humaine dans son éternité ? Louer Dieu en toute circonstance n’est-ce pas l’acte de sagesse convenant spécialement aux contemplatifs, réjouissant leur intelligence dans la simplicité d’une sagesse contemplative ?102

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Cf. ID. : Laudes Dei devotissimae et ID. : De laudibus superlaudabilis Dei, dans : Opera Omnia, t. 34, Tournai 1907 (Opera Minora 2), 317–513. Postremo, contemplativae vitae non mediocris excellentiae dignitatisque actus est, laudibus Creatoris insistere corde seu ore, quemadmodum scriptum est : “Benedicam Dominum in omni tempore, semper laus ejus in ore meo” ; et denuo : “Cantabo Domino in vita mea, psallam Deo meo quamdiu sum”. Ad contemplativae equidem vitae professores potissime constat pertinere illud Apostoli : “Cantantes et psallentes in cordibus vestris Domino.” ID. (n. 74), I, 12, 147, 1B-C. Qu’il nous soit permis de signaler que l’intuition qui anime notre essai : La voix enchantée. Essai philosophique sur le chant, Dijon 1998, trouve ici une confirmation chez Denys.

Register Handschriften AMSTERDAM Universitätsbibliothek Ms. XX A 16: 250 n19 AUGSBURG Benediktinerabtei St. Stephan Hs 38: 213 n41 Fürstlich und Gräflich Fuggersches Familien- und Stiftungsarchiv V N 174: 188 n81, 196 (n102) Staats- und Stadtbibliothek 8° Cod. 203: 213 n41 BASEL Universitätsbibliothek Cod. A VI 16: 223 n87 Cod. A VI 36: 218 n61 Cod. A VIII 6: 218 n62 Cod. A VIII 26: 218 n61 Cod. A VIII 51: 223 n89 Cod. A IX 3: 219 n65 Cod. A IX 34: 219 n66 Cod. A X 47: 217 n59, 219 n69 Cod. A X 94: 219 n67 Cod. A X 95: 221 n80 Cod. A X 96: 219 n68 Cod. A XI 62: 220 n71 Cod. AK V 3: 110 n140 Cod. AR I 2: 216–224 Cod. AR I 3: 216–224 Cod. AR I 4a: 216–224 Cod. B X 36: 219 n71 Cod. B XI 19: 223 n89 BERLIN Staatsbibliothek – Preußischer Kulturbesitz Ms. germ. qu. 763: 156 n3, 188 n81, 196 (n102) Ms. germ. qu. 1486: 326 Ms. germ. qu. 1522: 17–18, 287–312 Ms. germ. oct. 700: 214 n46 Ms. lat. fol. 472: 212 n37 Ms. lat. fol. 473: 212 n37 Ms. lat. fol. 687: 16 n10

Ms. lat. qu. 372: 212–214 Ms. lat. qu. 779: 213 n42 Ms. theol. lat. fol. 705: 374 n58 Ms. theol. lat. qu. 324: 213 n42, 213 n44 Ms. theol. lat. oct. 89: 298 n43 BRÜSSEL Königliche Bibliothek Ms. 102-103: 250 n19, 263 n83, 264 n87, 267 n97 Ms. 1212: 357–403 Ms. 5855-5861: 167 n34 Ms. 8729-31: 250 n19, 263 n83, 264 n87, 267 n97, 268, 269, 270, 274 Ms. 106-107-204-205: 250 n19, 263 n83, 264 n85, 267 n97, 268 Ms. 11206-07: 250 n19 CAMBRIDGE Pembroke College MS 221: 28 n13 St John’s College MS 71: 64 n17 Trinity College MS 1160: 29 n17 MS O.2.56: 28 n10 University Library Add MS 6578: 26, 27 n6 Ii.4.12: 36–37 CHANTILLY Musée Condé F XIV 26: 82 n66 CHARLEVILLE-MÉZIÈRES Stadtbibliothek MS 100: 95 n93 MS 141: 95 n94 MS 236: 95 n92 MS 420: 102 n113 COLOGNY-GENF Biblioteca Bodmeriana Cod. Bodm. 59: 325 n42

436 Register DEN HAAG [LA HAYE] Königliche Bibliothek Ms. 78 D 39: 250 n19, 263 n83, 264 n87, 267 n97

HAARLEM Stadtbibliothek Ms. II-17: 250 n19, 262 n73, 263 n83, 264 n87, 267 n97

DÜSSELDORF Universitäts- und Landesbibliothek Ms. B 191: 398–403

HALLE Universitätsbibliothek Yc 8° 6: 62 n10

EINSIEDELN Stiftsbibliothek Cod. 278 (1040): 325 n39, 325 n42 ERFURT Bistumsarchiv Hs. Hist. 6: 10–11, 11–12, 13, 14, 15, 16 (n10), 16 (n11), 17 (n13), 18 (n15), 19 (n16), 20 (n18), 21 (n20), 21 (n22), 62 (n10), 64, 96, 161–162, 196, 206 (n12), 207, 208 n21, 209 (n25), 210 n29, 224, 235, 290, 291, 294, 295, 297, 299–302, 305, 308, 311 ERLANGEN Universitätsbibliothek Cod. B 10: 188 n81, 197 FREIBURG Erzbischöfliches Archiv Finanzkammer, Specialia Klöster 49a: 233 n129 Universitätsarchiv A 25/273: 233 n131 GAND Universitätsbibliothek Ms. 430: 250 n19, 263 n83, 264 n87, 267 n97 GRANDE CHARTREUSE Ms. 66b 7 Orna 5: 13, 70, 83 n69, 86–93, 99, 101, 107, 142–154 GRENOBLE Stadtbibliothek Ms. 5785R: 68–73, 76, 77, 78–80, 82 (n67), 83, 84, 85, 86, 87, 93, 95, 97 (n100), 99, 101, 106, 107, 113, 114–117, 121–126, 148–149 Ms. 5786R: 65, 70, 72 n38, 82–86, 93, 99 (n107), 101, 107, 112, 135–141, 148– 149

HORSHAM/WEST SUSSEX St Hugh’s Charterhouse Parkminster MS B 77: 27 n10 INNSBRUCK Universitäts- und Landesbibliothek Ms. 434: 395 n120, 398–403 LEIDEN Universitätsbibliothek Ms. BPL 65: 250 n19 LEIPZIG Universitätsbibliothek Ms. 560: 289 LINCOLN Cathedral Library MS 57: 28 n11 LONDON British Library Add MS 37790: 41 (n66), 63 (n14), 64 (n17), 64 (n20) Add MS 61823: 12, 25–58 Add MS 62450: 37 The National Archives SP1/239: 28 n14 University College MS Germ. 24: 213 n41 MADRID Spanische Nationalbibliothek Ms. 6326: 75 (n44) MAINZ Martinus-Bibliothek Hs. 43: 158n16 Stadtbibliothek Hs. I 13: 239 Hs. I 33: 229, 240 Hs. I 82: 232 n123 Hs. I 110: 232 n123 Hs. I 115a: 240 Hs. I 116: 239

Register 437 Hs. I 117: 241 Hs. I 144: 239 Hs. I 151: 241 Hs. I 158: 240 Hs. I 160: 242 Hs. I 168: 240 Hs. I 200: 228 n109 Hs. I 232: 241 Hs. I 253: 240 Hs. I 285: 241 Hs. I 288: 242 Hs. I 289: 240 Hs. I 290: 241 Hs. I 292: 238 Hs. I 293: 241 Hs. I 296: 241 Hs. I 298: 242 Hs. I 305: 242 Hs. I 307: 240 Hs. I 310: 242 Hs. I 314: 241 Hs. I 316: 242 Hs. I 318: 232 n123 Hs. I 320: 242 Hs. I 326: 242 Hs. I 330: 242 Hs. I 337: 242 Hs. I 576: 224–232, 238–244 Hs. I 577: 224–232, 238–244 MÜNCHEN Bayerische Staatsbibliothek Cgm 535: 188 n81, 195, 196 Cgm 536: 195 Cgm 623: 166 n33 Cgm 6020: 188 n81, 196 (n102) Cgm 8873: 179 n60 Clm 15332: 213 n41 Clm 28646: 234 n139 NÜRNBERG Germanisches Nationalmuseum Merkelsche Sammlung, Hs. Nr. 411: 211–212 Stadtbibliothek Cod. Cent. VI 59: 155–200 Cod. Cent. VI 100: 180 n63 Cod. Cent. VII 81: 155–200 Cod. Cent. VIII 16: 155–200 OXFORD Bodleian Library MS Douce 114: 56 n107 Laud. misc. 44: 238

Laud. misc. 315: 238 MS Bodley 505: 64 n17 MS Hamilton 7: 62 n10 PARIS Bibliothèque Mazarine Ms. 1082: 95 n92 Ms. 1083: 95 n92 Französische Nationalbibliothek fr. 13504: 13, 68, 72, 73–78, 80–82, 84, 86, 93, 106, 107, 113, 117–120, 127–134, 148–149 Ms. lat. 13069: 94 n87 PHILADELPHIA, PA University of Pennsylvania, Rare Book & Manuscript Library Collections MS Cod. 1077: 188 n81, 197 READING University Library MS 137: 214 n46 STRAßBURG National- und Universitätsbibliothek MS 2929: 52–53 STUTTGART Württembergische Landesbibliothek Cod. theol. et phil. 2° 282: 49 n91 Cod. theol. et phil. 4° 78: 233–235 UTRECHT Universitätsbibliothek Ms. 38: 251 n25 Ms. 39: 267 n97 Ms. 41: 263 n83, 264 n85, 267 n97, 268 n98 Ms. 79: 255, 261 Ms. 96: 263 n83, 264 n87, 264 n88, 267 n97, 268 n98 Ms. 102: 250 n20 Ms. 106: 251 n25 Ms. 155: 259, 263 n83, 264 n85, 266, 267 n97, 268 Ms. 158: 250 n20, 259 n61 Ms. 159: 253 n33, 259 (n61) Ms. 160: 259 Ms. 161: 253 n33, 260, 262, 263 n83, 264 n85, 267 n97, 268 n98, 280 n117 Ms. 167: 251 n25 Ms. 173: 253 n33, 262, 280 n117 Ms. 174: 262, 280 n117 Ms. 185: 252 n28

438 Register Ms. 186: 252 n28 Ms. 187: 252 n28 Ms. 188: 252 n28 Ms. 189: 252 n28 Ms. 190: 252 n28 Ms. 191: 252 n28 Ms. 192: 252 n28 Ms. 193: 252 n28 Ms. 194: 252 n28 Ms. 196: 253 n33, 258 Ms. 205: 253, 261 n69 Ms. 227: 254 Ms. 249: 252 n27 Ms. 250: 252 n27 Ms. 252: 252 n27, 263 n83, 264, 264 n85, 267 n97, 279, 281, 284, 286 Ms. 253: 252 n27 Ms. 254: 252 n27 Ms. 256: 252 n27 Ms. 280: 260 (n67) Ms. 281: 255, 255 n42 Ms. 282: 261 Ms. 312: 250 n20 Ms. 313: 254, 280 n117 Ms. 314: 254 Ms. 342: 262 n78 Ms. 343: 257 n55 Ms. 358: 16, 20, 245, 248, 261 n69, 262 n79, 263 n83, 264 (n87), 264 (n88), 267 n97, 272–286 Ms. 370: 263 n83, 264 n87, 264 n88, 267 n97, 269, 271 Ms. 390: 251 Ms. 391: 251, 263 n83, 264 n85 Ms. 393: 252 n25 Ms. 396: 252 n25 Ms. 620: 263 n83, 264 n86 Ms. 621: 250 n20 Ms. 687: 250 n20, 263 n83, 264 n86 Ms. 733: 263 n83, 264 n87, 264 n88 Ms. 2787133: 260 (n67) WEIMAR Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Fol max 9: 294 n29 Q 51: 208 n21, 298 WERTHEIM Evangelische Kirchenbibliothek Hs. 161: 210 n29 Hs. 162: 210 n29

WIEN Österreichische Nationalbibliothek Cod. 624: 238 Cod. 13013: 17 n13 Cod. 13291: 17 n13 Cod. 13292: 17 n13 Cod. s.n. 12900: 250 n19 WOLFENBÜTTEL Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 44.15 Aug. 2: 188 n81, 196 (n102) Cod. Guelf. 68.15 Aug. 8°: 17, 250 n19, 254, 280 n117 WROCŁAW Universitätsbibliothek Cod. I Q 77: 13–14, 155–200

Register 439

Personen, Werke, historische Orte AT = Altes Testament; CanReg = Augustinerchorherr; CRVC = Fraterherr; Hl. = Heilige/r; NT = Neues Testament; OCart= Kartäuser/in; OCarm = Karmeliter; OCist = Zisterzienser/in; OFM = Franziskaner/in, Franziskanerterziaerin; OP = Dominikaner/in; OSB = Benediktiner/in; OT = Deutschordensherr; SJ = Jesuit

Aachen: 46 Abraham van Diepenbeeck: 102 n116 ‚Acta Sanctorum‘: 103 Adam (AT): 89 Adam von Eynsham OSB ‚Magna vita s. Hugonis‘: 252 n25 Adamus Scotus OCart ‚De tripartito tabernaculo‘: 192 ‚Admonitiones ad interna trahentes‘: siehe Thomas von Kempen ‚Admonitiones ad spiritualem vitam utiles‘: siehe Thomas von Kempen Aeneas Silvius Piccolomini ‚De duobus amantibus‘: 197 Hl. Agatha: 269 mere Agnes OCart: 138, 141, 143, 146 Madame d’Agoult: 138, 145 Dom Aimable OCart: 103 Alain de Lille: siehe Alanus de Insulis Alamanz de Permagni (Geschlecht): 124 Alanus de Insulis OCist: 278 Alardus Aemstelredamus: 376 n64 Albert der Große OP: 256, 309, 320 n13 ‚De adhaerendo Deo‘: siehe Johannes von Kastl Albertus Magnus: siehe Albert der Große Albi: 73, 113 Albrecht Achilles von Brandenburg: 188 n81 Albrecht von Eyb: 156 n3 Maystyr Aleyn OCarm: 47 n85 Alfonsi von Cabezon, Ludovicus: 217, 223 mère Alizé OCart: 141, 146 Alleman du Grésivaudan (Geschlecht): 124 Amblart (Bischof): 143 Ambrosius: siehe Paulinus von Mailand Ps.-Ambrosius von Mailand ‚De inventione et passione SS. martyrum Vitalis et Agricolae‘: 251 n25 ‚Passio virginis et martyris Agnetis‘: 251 n25 Anastasius Bibliothecarius: 347 André de Saussay ‚Martyrologium‘: 98 (n102) Angela von Foligno OFM: 66, 100 n108, 321 n25

Anselm von Canterbury OSB: 309, 380, 393 ‚Meditacio ad concitandum timorem‘ 51 n98 Antoinette de Lauralxo OCart: 140, 146 Aristoteles: 382 n78, 393, 428, 429, 431, 432 (n95) ‚Nikomachische Ethik‘: 430 (n83) Arnoldus von Amsterdam OCart: 252 n28 ‚Ars moriendi‘: 196 n102 Arstaude de Grindes OCart: 139, 145 Artur du Moutier ‚Martyrologium‘: 98 n102 Arundel, Thomas: 27 (n7), 31 ‚De haeretico comburendo‘: 27 n7 Astheim (Kartäuser): 210 n29 Athen: 346 Augustinus: 20, 80, 309, 352, 362 n18, 405, 414, 431 (n91) ‚De civitate Dei‘: 388 n98 ‚De Genesi ad litteram‘: 419 ‚De magistro‘: 413 (n25) ‚De sancta virginitate‘: 193 n91 ‚De trinitate‘: 352 n153 ‚De vera religione‘: 413 (n25), 423 (n58) Autbertus (Kölner Erzbischof): 290 n17 Avignon (Klarissen): 105 Axholm (Kartäuser): 41 n66 Backer, Jacob OCart: 264 Hl. Barbara: 51, 268, 269, 394, 395–396 Bartholomeus Anglicus OFM: 229, 231 Basel: 222 n83, 223 n84 Kartäuser: 15, 17, 165 n31, 203, 216–224, 225, 227, 232, 235, 236, 237 Universität: 216 Basilius der Große: 309 Bastonnier, Dionysius OCart: 95 n94 Baudelaire, Charles: 433 Béatrice d’Ornacieux OCart: 13, 59–154, 208 siehe auch Marguerite d’Oingt Beauvale (Kartäuser): 41 n66, 56 n107 Becket, Thomas: 117, 148 Bermond d’Anduse OCart: 138, 145 Bernard d’Anduse OCart: 138, 145 Bernard de Montfaucon OSB: 94 (n87)

440 Register (Ps.-)Bernhard von Clairvaux OCist: 20, 63 n14, 229, 231, 258, 259, 260, 277, 280 (n117), 286, 309, 431 ‚De diligendo Deo‘/‚De amore‘: 19, 259, 315–356 ‚De XII gradibus humilitatis et superbiae‘: 258 Sentenzenkommentar: 327 n48 ‚Sermones super Cantica canticorum‘: 52 n98, 259, 268, 426 ‚Sermones de diversis‘: 327 n48 Bernhard von Waging OSB: 20, 389, 390 n103 ‚Defensorium speculi pastorum et animarum rectorum‘: 390 (n103) Bertaud (Kartäuser): 104, 138, 145 Bertram von Ahlen OFM ‚De via contemplationis et cognitionis Dei‘ / ‚De laude Domini novi saeculi‘: 16 (n10), 256 (n45), 256 (n46) Dom Bertrand OCart: 138, 145 Bethanien: 380, 395–396 Bethlehem: 401 Birgitta von Schweden: 61, 62 (n10), 63, 64, 88, 89 (n75), 90 (n79), 91, 93, 95 (n94), 96, 107, 150, 151, 154, 207 n19, 217 n60, 220, 223, 231 n121, 236 n142, 242, 398 ,Revelationes‘: 63 n14, 208 (n21), 212, 213, 217 (n60), 220, 229, 230, 237, 239, 240 ‚Sermo angelicus‘: 231 n122, 232 n123, 242 siehe auch ‚Orationes duae ad vulnera Christi‘ siehe auch ‚Orationes Birgitte de passione Christi‘ Blannbekin, Agnes OFM: 63 ‚Revelationes‘: 230 n118, 231 n121, 240, 241, 243 Blicklingge, Roger OSB: 36 Blomevenna, Petrus OCart: 21 n22 Blosius, Ludovicus OSB: 90–93, 107 ‚Institutio spiritualis perfectionis vitae cultori utilissima‘: 90 ‚Monile spiritualis‘: 90, 91, 151–154 ‚Speculum monachorum‘: 90 Boccaccio, Giovanni ‚Decamerone‘: 155–200 Boethius: 414, 427 Bon Lua (Kartäuser): 125 Bonaventura OFM: 19, 26, 253, 263, 280, 284, 317, 319, 320 n13, 324, 325, 365 n25, 416 ‚Commentaria in quattuor libros sententiarum Magistri Petri Lombardi‘: 324 n38

‚Itinerarium mentis in Deum‘: 16 n10 ‚De triplici via‘: 16 (n11), 175 n56, 262, 277, 280 n117, 283, 406 ‚Vita s. Francisci‘: 251 n25 ‚The Book of Margery Kempe‘: siehe Kempe, Margery Brams, Etienne OCart: 139, 145 Bruges (Kartäuser): 111 Hl. Bruno: 64, 66 (n24), 85, 98, 105, 106, 246, 254, 258. 260, 269 ‚Buch von geistlicher Armut‘: 15, 17–18, 287–312 Buschmann, Arnt: 224 Buxheim (Kartäuser): 203, 211 n34, 212– 214, 235, 237 (n143), 293 Caesarius von Heisterbach OCist: 269 Calixt III. (Papst): 268 n100 Canisius, Petrus SJ ‚Martyrologium‘: 98 n102 Carpentarius, Georg OCart: 216–224, 235 ‚Informatorium bibliothecarii Cartusiensis [Basiliensis]‘: 220, 221 (n81), 235 ‚Registrum pro antiqua bibliotheca cartusiae Basiliensis‘: 217–224 ‚Registrum pro nove bibliotheca cartusiae Basiliensis‘: 217–224 Hl. Carpus: 88, 89, 92, 150, 153 Cassianus, Johannes: 301 ‚Collationes patrum‘: 301 n52 Cassiodor ‚Expositio psalmorum‘: 175 n55 ,Catalogus librorum monasterii Carthusiani [Norimbergensis]‘: 211–212 mere Catherine OCart: 139, 145 Cayman Janszn. van Zierikzee: 262 n73 La Celle Roubaud (Kartäuser): 103, 104 (n122), 105 Champmol (Kartäuser): 267 n95 mere Charlotte OCart: 140, 146 Charlotte de la Fontaine OCart: 140, 146 Dom Chauvet OCart: 103, 105 Christina von Markyate: 61 Christus, Petrus: 265 Cicero ‚Pro milone‘: 88 Cisneros (Kardinal): 99 n108 Clantier, Barthélemy OCart: 261 Claude de Villeneuve: 104 Claudine de Montmauraise OCart: 141 Clement de Llanthony CanReg: 278 ‚Cloud of Unknowing‘: 28 (n13) Crespi, Daniele: 102 n116 Crocus, Cornelius: 376 n64

Register 441 Cusanus: siehe Nikolaus von Kues Maystir Custawns OP: 47 n85 Cyrillus ‚Epistolae‘: 222 n82 Daniel (AT): 175 n55 David von Augsburg OFM ‚De exterioris et interioris hominis compositione‘: 262 ‚Decretum Gratiani‘: 291 n17 Delphine de Puimichel OFM: 73, 74, 76, 77 (n48), 78, 80, 81 (n60), 105, 117, 127– 134, 148 Demophilus: 90 n79, 150, 153 Deventer: 170 ‚Devota exhortatio ad sacram communionem‘: siehe Thomas von Kempen Didier de Forcalquier OCart: 139, 145 ‚Dietsche Doctrinale‘: 159 Dionysius (NT): 346 Dionysius Areopagita: 18–21, 90 n79, 150, 153, 228, 251, 255 n40, 256 n47, 315–356, 393, 405, 407, 408 (n9), 411, 413, 414, 426, 427 Briefe: 347 ‚De caelestis hierarchia‘: 212, 255, 325, 347, 348 ‚De divinis nominibus‘: 212, 255, 321 n23, 326, 330 n61, 332–334, 345 (n130), 347–353, 355 (n160), 408 (n8), 408 (n11), 411 (n20) ‚De ecclesiastica hierarchia‘: 212, 255, 343 (n122), 343 (n123), 347 ‚De mystica theologiae‘: 18 n15, 19, 212, 229 n111, 255, 256, 257 n54, 321 (n23), 322 n26, 336, 347, 348 (n140) Dionysius der Kartäuser OCart: 16, 21, 61 (n4), 61 (n5), 61 (n6), 208 (n21), 252 (n28), 258 n57, 389 ,De contemplatione‘: 258 (n57), 405–434 ‚De laude et praeconio solitariae vitae‘: 253 ,Laudes dei devotissimae‘: 434 (n101) ,De laudibus superlaudabilis dei‘: 434 (n101) ,De particulari iudicio‘: 208 n21 ,De quatuor hominis novissimis‘: 208 n21 ‚De reformatione claustralium‘: 253 n32 ,Directorium contemplativorum‘: siehe Herp, Hendrik ,Disputatio inter corpus et animam‘: 243 ‚Divina Caligo Ignorancie‘: siehe ‚Cloud of Unknowing‘ Dominikus von Preußen OCart: 61 n4

Dorlandus, Petrus OCart: 61 n5, 98 Dorothea von Montau: 62 (n8), 212, 236 n142 siehe auch Marienwerder, Johannes Douceline de Digne OFM: 98 n105, 105 Douin, Marguerite OCart: 65, 135, 136, 137, 148 Duèze, Jacques: siehe Johannes XXII. ‚Dulcis Iesu memoria‘: 52 n98 Duns Scotus, Johannes OFM: 288 Durbon (Kartäuser): 138, 145 Ebner, Christine OP: 49 (n91), 96 Meister Eckhart OP: 19, 296, 306, 309, 319 n12, 320 (n13), 321, 322 (n26), 325, 330 n63, 332 n67, 358, 376 n61 Écouges (Kartäuser): 86, 138, 142 Eger von Kalkar, Heinrich OCart: 61 n2 ‚Ein verstantlich beschouwunge‘: 290 n17 ‚Elenchus librorum [cartusiae Friburgensis]‘: 233 n130, 233 n131 Elias (AT): 274 Elisabeth von Portugal: 105 Elisabeth von Schönau OSB: 64, 217 n60 ‚Epistola ad abbatem de Ottenheim missa‘: 218 n61 ‚Revelationes‘: 218 (n61), 219, 220, 222 (n82) ‚De sacro exercitu virginum Coloniensum‘: 218 n61 Elisabeth von Spalbeek OCist: 215 Elisabeth von Thüringen: 105, 394, 395– 396 Elzéar de Sabran OFM: 73, 74, 76, 77 n48, 78, 80, 81 (n60), 105, 127, 128, 129, 134, 148 Engelthal (Dominikanerinnen): 49 ‚Epistola conventus s. Martini in Maguntia ad Hildegardim Bingensem et epistola Hildegardis de Catharis‘: 243 Erfurt (Kartäuser): 10–11, 11–12, 13, 14, 15, 16, 17–18, 19–20, 21, 61 n7, 62 (n10), 64, 96, 156, 161–162, 196, 203, 206–207, 210 n29, 224, 236 (n142), 287–312 Eriugena Scotus, Johannes: 319 (n12), 320 n13, 320 n15, 323, 330 n61, 331, 334 n79, 347, 356 ‚De divisione naturae‘: 331 n64, 334 Esmuet (Kartäuser): 79 Eugen III. (Papst): 95 n93 Euripides: 88 Eusebius ‚Epistolae de morte Hieronymi‘: 222 n82, 229

442 Register Ezechiel (AT): 379 (n74), 381 n77 Eymeux (Kartäuserinnen): 85, 86, 97, 124, 125, 137, 149 Faber Stapulensis, Jacobus ‚Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‘: 218 (n61), 222, 244 Forster, Konrad OP: 158 n16 François du Puy OCart: 105 Françoise de Vignieu OCart: 140 Hl. Franziskus: siehe Bonaventura Freiburg i.Br. Kartäuser: 15, 156, 232–233 Universität: 233 Gallus, Thomas: 257, 258, 316 (n2), 319, 320 n13, 406 ‚Extractio‘: 256 Dom Ganneron OCart: 94, 107 ‚Les antiquités de la chartreuse du MontDieu‘: 94–95 Garegnano (Kartäuser): 102 n116 ‚Gaude flore virginali‘: 73, 74–76, 78, 117, 118–119, 148 Gebenna: 88 Gebeno OCist ‚Speculum futurorum temporum‘: 218 Gebert, Martin: 233 n129 Geertruidenberg (Kartäuser): 249 Genabum: 88 Geneva: 88 Genua: 88 Dom geoffroy OCart: 138, 143 Geoffrey von Monmouth ‚Historia regum Britanniae‘: 36 Gerard van Vliederhoven OT ‚Cordiale de quattuor novissimis‘: 155, 157, 159 n20, 164 Gerson, Johannes: 169, 260, 261 n70, 298 ‚De monte contemplationis‘: 253, 260 ‚De contemplatione‘: 227 n105 ‚De mystica theologia practica‘: 212, 214 n45, 227 n105, 229 n111 ‚De mystica theologia speculativa‘: 212, 214 n45, 229 n111 ‚De oratione‘: 214 n45 Gertrud von Helfta OCist: 62 (n10), 88, 89– 90, 91, 93, 107, 150, 153, 207 n19, 208 ‚Ein botte der götlichen miltekeit‘: 213 n41 ‚Legatus divinae pietatis‘: 89–90, 213 (n41), 213 (n42), 228, 229 n111, 237, 239, 244 Gibellin, Guillaume OCart: 139, 145

Dom giraud OCart: 138, 143 Golgatha: 55 Gosnay (Kartäuser/Kartäuserinnen): 95, 102, 109, 111 Grande Chartreuse (Kartäuser): 73, 93, 103, 105, 107, 110, 113, 156, 268, 327 Graeuwert, Tilmannus OCart: 249 Gregor der Große: 88, 89, 91, 150, 152, 320 n13, 320 n15, 381 n77, 425 n67 ‚Homiliae Super Ezechielem‘: 381 n77 ‚Moralia in Iob‘: 175 n56 Gregor von Nyssa ‚Homilia I in Canticum Canticorum‘: 350 n146 Grenehalgh, James OCart: 41 n66 Greven, Hermann OCart ‚Martyrologium‘: 98 n102 Griffon, Anne OCart: 95, 107 Groenendaal (Augustinerchorherren): 261 Gross, Erhart OCart: 13–14, 155–200 ‚Abecedarius‘: 156, 179 n60 ‚Cordiale‘: 156, 157, 158 (n14), 159 (n18), 161, 162 n25, 167, 198, 199 ‚Decretum et septem libri decretalium‘ / ‚Decretum metricum et septem libri sententiarum‘: 156 ‚Geistliche Lehre‘: 156, 158 n16, 179 n60 ‚Geographischer Traktat‘: 155, 156, 157 (n11), 158 (n14), 159 n20, 161, 162, 199 (n107), 200 ‚43 Gespräche‘: 156, 159, 166 n33 ‚Grisardis‘: 14, 155–200 ‚Laiendoctrinal‘: 156, 159, 187 n81 ‚Nonnenwerk‘: 14, 155–200 ‚Septem psalmi de sacramento eucharistiae‘: 156 ‚Super oratione dominica‘: 156, 158 n16, 179 n60 ‚Tractatus brevis de sacramento eucharistiae‘: 156 ‚Witwenbuch‘: 156, 159, 179 n60 Grosseteste, Robert: 255, 320 n13, 347 Grote, Geert: 170, 261 (n72) ‚Epistola de novo monacho‘: 254 Grünau (Kartäuser): 210 n29 Güterstein (Kartäuser): 233–235 Guigo I. OCart ‚Consuetudines‘: 205, 246, 265, 296, 297 ‚Meditationes‘: 19, 315–356 Guigo II. OCart: 417 (n35), 418, 421 Guigo de Ponte OCart ‚De contemplatione‘: 21, 405–434 Guigues du Pont OCart: siehe Guigo de Ponte OCart

Register 443 Guilhelmus Symonis van Amsterdam OCart: 252 n25 Guillaume d’Ivrée OP/OCart ‚De origine et veritate perfectae religionis‘: 267 Guiraud de Simiane OCart: 133 Hadewijch: 70, 320 n13, 321 n25 Hagen, Johannes OCart: 61 (n4), 61 (n7), 301 Haimeric (Bischof): 259, 326 (n47), 327 Hallis, Nicolaus OCart: 290 n14 Hector van Moerdrecht OCart: 251 n25 ‚Heiligen-Leben-Redaktion‘: 195 Henri de Salins: 125 Henri de Villars: 79, 126 Heinrich (Kaiser): 195 Heinrich von Coesfeld OCart: 20, 357–403 ‚Circumcisorium mysticum‘: 374 (n58) ‚Collatio super psalmum 86‘: 371–373, 374 (n57) ‚Devota meditatio a sacerdote celebraturo habenda circa magnalia misteria sacramenti Eucharistiae’: 376 (n64) ‚De sacramento eucharistiae‘: 371 (n49) Sermones: 357 (n1), 360–371, 373 (n56), 375–376, 377–391, 395 (n120), 398–403 Heinrich von Langenstein: 365 n25, 398 (n126) ‚Epistola de schismate‘: 241 ‚De verbo incarnato‘: 365 n25, 398 n126 Heinrich von Oyta: siehe Totting von Oyta, Heinrich Heinrich von St. Gallen ‚Marienleben‘: 196 n102 Henricus de Hassia: siehe Heinrich von Langenstein Henricus Salteriensis OCist ‚Tractatus de purgatorio s. Patricii‘: 239, 240 siehe auch ,Purgatorium Patricii‘ Hermannus van Amsterdam: 269 Herne (Kartäuser): 63 n13, 247, 261 n70 Herodes (NT): 178 Herp, Hendrik OFM ‚Spieghel der volcomenheit‘: 21 n22 ‚Herzmahner‘: 165 n31, 167 Hl. Hieronymus: 251 n25 ‚Adversus Iovinianum‘: 159 n20, 189 ‚Epistolae‘: 211 n33, 222 n82, 229 Hierotheus ‚Erotische Hymnen‘: 351 n152 Hildegard von Bingen OSB: 62 (n10), 95 (n93), 96, 208, 218, 222, 236 n142, 298, 320 n13

‚Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum‘: 227 n104, 244 ‚Oraculum Hildegardis‘: 218, 222 ‚Scivias‘: 244 siehe auch ‚Epistola conventus s. Martini in Maguntia …‘ siehe auch Gebeno siehe auch ‚Prenosticaciones de fine mundi …‘ siehe auch Theodericus monachus Epternacensis Hilduin von St. Denis OSB: 330 n61, 346, 347 Hochfeder, Kaspar: 165 n31 Holtnicker, Konrad ‚Speculum beatae Mariae virginis‘: 269 Honorius Augustodunensis OSB ‚Elucidarium‘: 223 (n86), 229 n114, 239 (Ps.-)Hrabanus Maurus OSB ‚Allegoriae in universam sacram Scripturam‘: 197, 198 Hugo von Balma OCart: 20–21, 21 n20, 258, 316 (n2), 320 n13 ‚Viae Sion lugent‘: 256 (n46), 257 (n54), 257 (n55), 405–434 Hl. Hugo von Lincoln: siehe Adam von Eynsham Hugo von Trimberg ‚Der Renner‘: 196 n102 Hugo von Valbona OCart: 93 Hugo von St. Viktor CanReg: 20, 258, 260 n67, 286, 320 n13, 321 n25, 326, 432 ‚De archa Noe morali‘: 278 ‚De archa Noe mystica‘: 412 ‚Didascalicon de studio legendi‘: 161 ‚De hierarchia coelesti‘: 290 n17 ‚Propaedeutica in artem medicinae‘: 291 n17 ‚De scripturis et scriptoribus sacris‘: 193 n90 Hugues d’Amplepuis OCart: 69 mere huguette OCart: 140, 146 Hull (Kartäuser): 41 n66 Iacopo da Todi: 320 n13, 321 n25 Ignatius von Antiochien: 88, 92, 147 Ilmbach (Kartäuser): 211 n29 ‚Intellectus registri‘ (Kartause Mainz): 226, 227, 236 ‚Inventarium der Bücher in der Liberey der Kirchen zu Wertheim‘: 210 n29 Isaac von Étoile OCist: 320 n13 Isabelle de France: 98 n105 Isabel de Villena: 109 n138

444 Register Jacob van Gruitrode OCart: 253 n32 ‚De quintuplici definitione nominis monachi secundum Climachum‘: 253 Jacquier, Pierre OCart: 139, 145 Jakob (NT): 292 Jakob von Mailand OFM ‚Stimulus amoris‘: 262, 263 Jakob von Vitry CanReg ‚De vita beatae Mariae Oigniacensis‘: 215 Jan van Eyck: 20, 394–397 Jan van Ruusbroec CanReg: 19–20, 63, 64 (n15), 91, 247, 253, 261 (n70), 261 (n71), 298, 357–403 ‚Vanden blinckenden steen‘: 63 n14 ‚De calculo candido‘: 63 n14 ‚Van der gheestelijcker brulocht‘: 261 (n72), 298, 369, 377 ‚De ornatu spiritualium nuptiarum‘: 298 ‚Een spieghel der eeuwigher salicheit‘: 373 Jan van Schoonhoven CanReg: 298 ‚Commendatio sive defensio libri fratris Johannis Ruusbroec‘: 256, 261 Jeanne de Beaujeu OCart: 65, 83, 86, 137 Jeanne de Villeneuve OCart: 140, 146 Jerusalem: 157, 280 n115, 395, 401, 419 n40 Jesaja (AT): 278 (n112), 280 Johannes Baptista (NT): 268, 371 n50, 399 Johannes Evangelista (NT): 48, 88 Johannes XXII. (Papst): 105 Johannes von Dambach: 229 Johannes de Indagine: siehe Hagen, Johannes Johannes von Kastl OSB ‚De adhaerendo Deo‘: 228, 229 n111, 262 ‚De fine religiosae perfectionis‘: 229 n111 Johannes Sarracenus: 255, 347 Johannes Skythopolis: 347 Johannes de Stert OCart: 252 n28 Johannes von Tepl ‚Ackermann von Böhmen‘: 196 Johannes de Tornaco OCart: 94 Johannes de Turrecremata OP: 95 n94 John of Burnamys: 47 n85 Jordan von Quedlinburg: 280 n116 Jordaens, Willem: 261 (n72) Josselin d’Orange OFM: 105 Juliana von Norwich: 63 ‚Revelations of Divine Love‘: 63 n14, 64 (n20) Juvenal: 88 Karl der Kahle (Kaiser): 347

Hl. Katharina (von Alexandrien): 51, 215, 268 Katharina von Siena OP: 62 (n10), 64, 88, 89 (n74), 91, 93, 96, 100 n108, 107, 150, 151, 207 n19, 215, 218, 220, 222, 227, 230, 231 n122, 236 n142 siehe auch Raimundus de Capua Kempe, Margery: 12–13, 25–58, 64 Kempf, Nikolaus OCart: 301 ‚Der Kern‘: siehe ‚Buch von geistlicher Armut‘ Klara von Assisi OFM: 100 n108 Klaubert, Jean-Baptiste: 102 n116 Klimakos, Johannes: 253 (n32) ‚Scala paradisi‘: 253 Konrad von Füssen OP: 49 n91 Konrad von Hirsau OSB ‚Dialogus super autores‘: 193 n90 Konstantinopel: 346, 347 Köln: 290 n17, 358, 376 n64 Kartäuser: 21 n22, 216, 247, 251 Universität: 427 Laurentius de Leydis OCart: 252 n28 Lazarus (NT): 378 (n71), 395 Le Couteulx, Charles OCart ‚Annales‘: 84, 85, 101 Le Masson, Innocent OCart: 111 (n144), 111 (n145) ‚Avis spirituel‘: 111 n144 ‚Deus cordis mei‘: 111 n144 ‚Direction pour l’oraison‘: 111 n144 ‚Directions et sujets de méditations pour les retraites‘: 111 n144 ‚Directoire de novices chartreux de l’un et l’autre sexe‘: 111 n144 ‚Exercices de dévotion au Sacré Cœur de Jésus-Christ‘: 111 n144 ‚Introduction à la vie religieuse et parfaite‘: 111 n144 ‚Méditations sur le Cantique des cantiques‘: 111 n144 ‚La psalmodie intérieure‘: 111 n144 ‚Pratiques saintes pour se procurer dans la religion une véritable tranquillité‘: 111 n144 Lea (AT): 378 (n71), 395 Leau, Nicolas OCart: 140, 146 ‚Legenda de s. Furseo‘: 241 ‚Liber benefactorum‘ (Kartause Buxheim): 212 n36 ‚Liber internae consolationis‘: siehe Thomas von Kempen

Register 445 ‚Liber soliloquiorum animae ad Deum‘: 63 n14 Liège (Kartäuser): 249 Liessies (Benediktiner): 90 Liget (Kartäuser): 79, 126 Lincoln: 31, 47 n85 ‚Llibre vermell de Montserrat‘: 74 London (Kartäuser): 64 Louber, Jacob OCart: 216–224 Louis de Bayemont OCart: 140, 146 Louis de Blois: siehe Blosius, Ludovicus Louise de Pisieu OCart: 140, 146 Love, Nicholas OCart: 26 (n5), 27 n9 ‚Lucidarius‘: 224 (n90), 229, 239, 241 Ludolf von Sachsen OP/OCart ‚Vita Christi‘: 389 Sermones: 393 n118 Ludwig der Fromme (Kaiser): 346 Lyon: 126, 137, 139, 140, 142 Macrobius: 432 n95 Magdala: 380, 395–396 Mainz (Kartäuser): 15, 203, 216, 224–232, 236, 237 (n143), 238–244 Mandeville, John: 208 n21, 215 n49 Mardach, Eberhard OP ,Sendbrief von wahrer Andacht‘: 180 Hl. Margareta: 51 Margareta von Ypres: 62 n10, 96 Marguerite de Montmort OCart: 138, 143 Marguerite d’Oingt OCart: 13, 59–154, 208 Briefe: 69 (n31), 79–80, 114, 116, 117, 136, 142, 144 ‚Pagina meditationum‘: 69 (n29), 70, 71, 79, 83, 84, 86, 87, 94, 95, 115, 117, 135, 142, 143, 148 ‚Speculum‘: 13, 68 n29, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 76, 77, 78, 80, 81, 82 (n67), 83, 84, 86, 87, 93, 101, 106, 107, 115, 117, 129, 135, 142, 143, 148 ‚Li via Seiti Biatrix Virgina de Ornaciu‘: 70, 83, 115, 117, 142, 144, 148 Maria (NT): 46, 56, 74, 75, 77 n48, 89 n75, 214, 215, 269, 274, 357, 359, 371, 379 (n73), 380, 390, 391, 392 (n109), 394, 395–396, 399, 400, 401, 403 Maria Magdalena (NT): 56, 378–391, 395– 396, 399, 400 Maria von Oignies: 56 n107 siehe auch Jakob von Vitry Marie de Viennois OCart: 139, 146 Marienwerder, Johannes OT ‚Vita venerabilis dominae Dorothea‘: 212 n35

Marquard von Lindau OFM ‚Dekalogerklärung‘: 196 n102, 291 (n20) Mars: 396 mere de Marsonas OCart: 146 Martha (NT): 378–391, 395–396, 400 Martinus van Schiedam OCart: 252 n27, 254, 261 Matthias (NT): 195 Maximus Confessor: 323 (n32), 331, 346 (n133), 347 ‚Ambigua‘: 334 (n79), 354 Mechthild von Hackeborn OCist: 62 (n10), 64, 66, 96, 100 n108, 208, 217 n60, 223 n89, 242, 298 ‚Liber specialis gratiae‘: 212, 213 (n42), 215, 217 n59, 218 n61, 219 (n66), 219 (n70), 219 (n71), 220, 221(n80), 223 n89, 229, 230, 231 n122, 232 n123, 237, 239, 240, 241, 243, 244 Mechthild von Magdeburg: 33 n31, 62 (n10), 63, 207 n19, 208, 213 n44, 217 n60, 298 ‚Das fließende Licht der Gottheit‘: 33 n31, 207, 331 n67 ,Lux divinitatis‘: 96, 208 n21, 213 n44, 218, 219, 220, 222 ‚Meditationes piisimae de cognitione humanae conditionis‘: 277 ‚Meditationes vitae Christi‘: 26 ‚Meister Eckharts Wirtschaft‘: 290 n17 Mélan (Kartäuserinnen): 111 Melk (Benediktiner): 20, 390 n103 Mendel, Apollonia: 188 n81 Mendel, Margareta: 179 n60 Mendel, Marquard: 179 n60 Meney, Stephano OP: 87–88, 93, 107 Merswin, Rulman ‚Meisterbuch‘: 291 n17 Methley, Richard OCart: 12–13, 26 n3, 27– 29, 30 n22, 38, 46, 47, 54–57 ‚De discretio spirituum‘: 28 ‚Dormitorium dilecti‘: 28 n10 ‚Experimentum veritatis‘: 28 n15, 29 ‚To Hew Heremyte a Pystyl of Solitary Life Nowadays‘: 27 n10, 30 n22 ‚Refectorium salutis‘: 28 n10 ‚Scola amoris languidi‘: 28 n10, 29 (n17) Michael (Erzengel): 268 n100 Michael II. (Kaiser): 346 Michel van Lochom: 101–102 mere Michelle OCart: 140, 146 Milano (Kartäuser): 102 n116 ‚Der Minnebaum‘: 325 Misyn, Richard OCarm: 63 n14

446 Register Mont-Dieu (Kartäuser): 93, 94, 95, 107, 245 Montreuil-sur-Mer (Kartäuser): 94 Moser, Ludwig OCart ‚Itinerarium mentis in Deum‘ (dt.): 319 n11 Moser, Urban OCart: 216–224, 237 Mosenus, Thilmann OCart: 234 Moses (AT): 192 Mount Grace (Kartäuser): 12, 25–34, 37, 38, 45, 46, 47, 54, 57, 64 n18 Bruder N. OCart: 17, 62, 203, 208 n21, 236 n142, 290 (n14), 291, 298 (n43), 304 ‚Nachfolge Christi‘: siehe Thomas von Kempen ‚Navigatio s. Brendani abbatis‘: 208 n21, 209 (n25), 224, 228 (n107); 228 (n108), 238, 243 ‚Necrologium‘ (Kartause Erfurt): 290 n14 ‚Necrologium‘ (Kartause Utrecht): 268 n100 Neuville-sous-Montreuil (Kartäuser): 94 Niklas von Wyle: 197 Hl. Nikolaus: 48 Nikolaus I. (Papst): 347 Nikolaus von Kues: 20, 62 n8, 257 n52, 258, 260, 319 n12, 357–403, 433 ‚Dialogus de ludo globi‘: 393 (n113) ‚De docta ignorantia‘: 358 n1, 367 ‚De visione Dei‘: 357, 358, 368 (n37) Sermones: 360, 365 n25, 366 (n31), 370 (n46), 373, 378, 379 (n73), 384 n88, 393 (n118), 398–403 Nikolaus von Lyra OFM: 252 n27, 280 n115 ‚Postilla litteralis in vetus et novum testamentum‘: 252 ‚Postilla in prophetas‘: 279, 280 (n116) Norton, John OCart: 12–13, 26 n3, 27–29, 38, 46, 47, 53–57 ‚Devota lamentatio‘: 28 n11 ‚Musica monachorum‘: 28 n11 ‚Thesaurus cordium verae amantium‘: 28 n11 Norwich Benediktiner: 36, 37 Kathedralpriorat: 37 n45 ‚Nova Statuta‘: 110 Nürnberg: 155, 158, 159, 160 n20, 165 n31, 167, 188 n81, 195 Dominikaner: 158 n16, 180, 211 Dominikanerinnen: 158 (n16), 179 (n60), 184 Kartäuser: 13–14, 15, 156, 157 n10, 159 (n20), 161, 166, 187 n81, 210–212

‚Orationes duae ad vulnera Christi‘: 232 n123 ‚Orationes Birgitte de passione Christi‘: 217, 219–220, 221, 222, 231 n122, 232 n123, 241, 242 Origenes: 350 n146 Otto van Moerdrecht CanReg/OCart: 252 n27, 264, 280 (n115), 280 (n116) Oxford: 27 n7 Pappus, Johann ‚Index librorum bibliothecae Carthusianae‘: 214–216 Paris: 261 Parménie (Kartäuserinnen): 85, 86, 124, 125, 137, 141, 149 Paulinus von Mailand ‚Vita s. Ambrosii‘: 251 n25 Paulus (NT): 21 n20, 51, 109, 163 n28, 191, 315, 330 n61, 346, 353, 373 n56, 408 (n9), 419 n41, 422, 425, 429 (n79), 429 (n81) Pauw, Ghijsbert: 265 n93 Pauw, Jacob: 265 n93 Pauw, Vincent: 265 n93 Pepwell, Henry: 30 (n24) Permagni (Kartäuser): 79 Petrarca, Francesco: 159 n20 ‚Epistolae seniles‘: 157 ‚De vita solitaria‘: 230 (n115) Petreius, Theodorus OCart: 61 n5 Petrus (NT): 193 n91, 195 Petrus de Alliaco: siehe Petrus von Ailly Petrus de Enchusen OCart: 251 n25 Petrus von Ailly: 230, 365 n25 Petrus von Celle OSB: 94 (n90) Peuntner, Thomas ‚Beichtbüchlein‘: 196 n102 Philipp (NT): 292 Philipp II. der Kühne: 267 n95 Philippe le Hardi: siehe Philipp II. der Kühne Pierre d’Ailly: siehe Petrus von Ailly Pilatus (NT): 178 Plantées (Kartäuserinnen): 137, 146 Platon: 432 (n94), 432 (n95) ‚Timaios‘: 431 (n90) Plotin: 432 (n95) Poleteins (Kartäuserinnen): 65, 68, 71, 73, 77, 83, 86, 97, 98 n105, 100, 109, 137, 142, 148 Porete, Margarete: 63, 66, 82 n66, 321 n25 ‚Miroir des simples âmes‘: 28 (n13), 63 n14, 64 (n17), 64 (n20) Porphyrius: 431 n91 Prébayon (Kartäuer): 140, 146

Register 447 Prémol (Kartäuser): 87, 93, 107, 111, 125, 139, 145 ‚Prenosticaciones de fine mundi ex apocalipsi Hildegardis‘: 241 ‚Prohemium longum‘: 206 Proklos: 346 ,Purgatorium Patricii‘: 208 (n21), 223 (n87), 229 n114, 230 siehe auch Henricus Salteriensis ‚Quaestio Difficilis‘: siehe Hugo von Balma Rachel (AT): 378 (n71), 395 Radewijns, Florens CRVC: 170, 253, 254 ‚Libellus ›Omnes, inquit, artes‹‘: 254 n36 ‚Radius contemplative meditationis in quo tractatur de natura divina‘: 272 Raimund von Capua OP ‚Excerpta epistolarum s. Catharinae Senensis‘: 242 ‚Legenda s. Catherinae Senensis‘: 238, 240, 242 ‚Nova mysteria s. Catharinae Senensis‘: 242 Ramières (Kartäuser): 104 Raynaud, Théophile SJ ‚Hagiologium‘: 98 n102 Rebdorf (Augustinerchorherren): 195 ‚Regel und Leben Marias nach Christi Himmelfahrt‘: 196 n102 ‚Registrum liberariae superioris‘ (Kartause Buxheim): 212–214 Repingdon, Philip: 31, 47 n85 Ricardus Anglicus ‚Anatomia‘: 291 n17 Maistyr Richard Castyr: 47 n85 Richard II. (Earl of Kent/Duke of Surrey): 26 Richard von St. Viktor CanReg: 16 n10, 20, 258, 260, 286, 320 n13, 405, 406, 413, 414, 417, 431, 432 ‚Beniamin maior‘: 260 n67, 382 n80, 412 ‚Beniamin minor‘: 260 n67 ‚De eruditione hominis interioris‘: 260 n67 ‚De exterminatione mali et promotione boni‘: 260 n67 ‚Propaedeutica in artem medicinae‘: 260 n67 ‚De quattuor gradibus violentae charitatis‘: 260 n67 Ridolfi, Nicolaus ‚Breve modo di far l’orazione mentale‘: 88 n72

Roermond (Kartäuser): 427 Rolle, Richard: 63 (n13), 63 (n14), 64 ‚Ego dormio‘: 63 n14 ‚Emendatio vitae‘: 63 n14 ‚Form of living‘: 63 n14 ‚Incendium amoris‘: 63 n14 Rom: 320 n15 Rosa da Viterbo OFM: 105 Roseline de Villeneuve OCart: 13, 59–154 Roz de Charis OCart: 125 Rudolf von Biberach OFM: 19, 324 ‚De septem donis Spiritus Sancti‘: 262 ‚Die siben strassen‘: 325, 326 Rutzin, Barbara OP: 179 n60 Ryckel, Dionysius: siehe Dionysius der Kartäuser Saint-Maur (Benediktiner): 94 n87 Sales (Kartäuser): 138, 146 Salettes (Kartäuserinnen): 111, 140, 145 Sallust: 193 n90 Salomon (AT): 122, 280 n115 Salthouse: 36 Salthows: 36–37, 39, 41, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 55 Salthows, Ricardus OSB: 36, 37 St. Agnietenberg (Augustinerchorherren): 168 St. Denis (Benediktiner): 346 ‚St. Trudperter Hohelied‘: 324, 325 Sarrazin, Jean: siehe Johannes Sarracenus Sas, Digna: 265 n93 Sas, Pieter: 265 n93 Sassenage (Geschlecht): 124 Savonarola, Girolamo: 87 (n72) Seifrit ‚Alexander‘: 197 ‚Los set goitz recomptarem‘: 74 Seuse, Heinrich OP: 33, 52, 53, 63, 91, 212, 309, 332 n67, 398 n125 ‚Horologium sapientiae‘: 63 n14 ‚Vita‘: 33, 52 ‚Seven Spiritual Joys of Our Lady‘: siehe ‚Gaude flore virginali‘ Sheen (Kartäuser): 41 n66 ‚Sieben weise Meister‘: 196 n102 ‚Von den sieben Gaben des Heiligen Geistes‘: 196 n102 Dom Soffroy OCart: 138, 143 Soham (Benediktiner): 36 n40 ‚Speculum animarum simplicium‘: siehe Porete, Margarete ‚Speculum beatae Marie virginis‘: 214 ‚Speculum virginum‘: 72

448 Register ‚Spieghel der menscheliker behoudenesse‘: 262 n73 Sprenger, Marquard: 260 ‚Sprüche der zwölf Meister zu Paris‘: 196 n102 Straßburg: 260 n67, 288 Kartäuser: 15, 156, 214–216, 235 Stromer, Ortolf: 159 Sudermann, Daniel: 292 Sylve-Bénite (Kartäuser): 138, 146 Tauler, Johannes OP: 19, 91, 287, 288, 292, 298, 309, 325, 332 n67, 361, 362 Tegernsee (Benediktiner): 258, 390 Ter Doest (Zisterzienser): 261 n72 Theodericus monachus Epternacensis OSB ‚Vita s. Hildegardis virginis‘: 227, 228, 238, 243 Theodoricus de Sparendam OCart: 252 n28 Thomas de Holand: 26 Thomas von Aquin OP: 320 n13, 346, 423, 426, 427, 428, 430 Thomas von Canterbury: 73, 74–76, 78, 82, 106 Thomas von Kempen: 254 ‚Imitatio Christi‘: 14, 155–200 ‚Orationes et meditationes de vita Jesu Christi‘: 165 n31 Thüring von Ringoltingen ‚Melusine‘: 196 Timotheus (NT): 408 (n9) Totting von Oyta, Heinrich: 365 n25, 366 n31, 373 n55, 398 (n126) ‚Tractatus de contemplatione qui dicitur Currus Ysrael‘: 272 Trier: 95 n93 Tronches: 125 Tullins: 125 ‚Tundalus‘: siehe ,Visio Tnugdali‘ Tückelhausen (Kartäuser): 210 n29 Hl. Ursula: 215, 218 n61, 268 Utrecht (Kartäuser): 15–17, 245–286 Valbonne (Kartäuser): 69, 125 Valeroissant: 141 Valence: 125 La Verne (Kartäuser): 103 Verona (Kartäuser): 103 mere Victoire OCart: 138, 143 Vida de Sanh Alzias comte daria‘: 117 Vinzenz von Aggsbach OCart: 61, 62 n8, 236 n142, 257 n52, 258, 260, 424, 426, 433

,Visio Edmundi monachi de Eynsham‘: 208, 223 n87, 230, 240 ‚Visio Fursei‘: 196 n102 ‚Visio Morsei‘: 230 (n118), 240 ‚Visio Pauli‘: 208, 230, 231 n122, 238, 239, 326 ,Visio Philiberti‘: 243 ,Visio Tnugdali‘: 196 n102, 208 (n21), 223, 224, 229, 230, 231 n122, 239, 240, 242, 243 Volckamer, Georg: 188 n81 Volckamer, Leonhard: 188 n81 Volckamer, Paulus: 188 n81 Volckamer, Peter: 188 n81 Volckamer, Wilhelm: 188 n81 Volradi, Jakob OCart: 17, 62, 161 n23, 203, 287–312 Vorchtel, Paul: 159 Vos, Jan OCart: 265 Walvisch, Henricus CanReg: 259 Wermboldus de Leydis OCart: 251 n25, 252 n28 Wien: 233 Wilhelm von Moerbeke OP: 346 Wilhelm von Ockham OFM: 365 Wilhelm von St. Thierry OSB/OCist: 320 n13, 324 (n35), 335, 370 ‚De contemplando Dei‘: 260, 324 (n34), 326 n47 ‚Epistola ad fratres de Monte Dei‘: 63 n14, 245, 334 (n80) ‚De natura et dignitate amoris‘: 324 (n34), 326 n47 Willem van Rhenen/Arnhem: 259 Windesheim (Chorherren): 254, 259 Winklerin, Kunigunde OP: 179 n60 Witham (Kartäuser): 64 ‚Der wucherische Wechsler‘: 197 Würzburg (Kartäuser): 210 n29 Wyclif, John: 27 n7, 27 n8 Wynkyn de Worde: 30 (n24), 41–42, 45 Zerbolt of Zutphen, Gerard: 254, 255 n40, 280 (n117), 284, 393 n118 ‚De reformatione virium animae‘: 253 ‚De spiritualibus ascensionibus‘: 253, 277, 283 Zschampi, Margret: 223 n89 Zweder van Abcoude: 249 Zweder van Boecholt OCart 249, 251, 252 n27, 255, 256, 257 n55, 264 n85

STUDIA CARTUSIANA In dieser Reihe erschienene Bücher 1. Frans Hendrickx & Tom Gaens (Hg.), Amo te, sacer ordo Carthusiensis. Jan De Grauwe, passionné de l’Ordre des Chartreux, 2012 2. Stephen J. Molvarec & Tom Gaens (Hg.), A Fish Out of Water? From Contemplative Solitude to Carthusian Involvement in Pastoral Care and Reform Activity, 2013 3. Peter Thissen, Cel en wereld. Kartuizers en boeken in Roermond (13761783), 2014 4. Krijn Pansters (Hg.), The Carthusians in the Low Countries. Studies in Monastic History and Heritage, 2014 5. Jan Sanders (Hg.), Domus prope Buscumducis. Bronnen voor de geschiedenis van het kartuizerklooster bij ’s-Hertogenbosch (1466-1641), 2015 6. Bas de Melker (Hg.), Het Liber benefactorum van het kartuizerklooster bij Amsterdam. Redaktion: Tom Gaens & Koen Goudriaan, 2021 7. Marieke Abram, Susanne Bernhardt, Gilbert Fournier, Balázs J. Nemes (Hg.), Mystik unterwegs. Theologia mystica und revelationes in kartäusischen Händen, 2022

Dieses Buch wurde in der Type Minion Pro gesetzt und bei der Druckerei Peeters in Herent (Leuven) hergestellt.