Monotheismus zwischen Rhetorik und Philosophie bei Tertullian, Minucius Felix, Laktanz und Augustinus 9783631747575, 9783631758342, 9783631758359, 9783631758366, 3631747578

Ein zentrales Thema der lateinischen Apologetik ist der Erweis der Existenz des einen Gottes und der Inexistenz der viel

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Monotheismus zwischen Rhetorik und Philosophie bei Tertullian, Minucius Felix, Laktanz und Augustinus
 9783631747575, 9783631758342, 9783631758359, 9783631758366, 3631747578

Table of contents :
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung
1.1 Streit um „Monotheismus“
1.2 Gegenstand der Untersuchung
1.3 Methode der Untersuchung
1.3.1 Rhetorische Analyse
1.3.2 Systematische Analyse
1.3.3 Apologien als Kommentare
1.4 Biblische Argumentationsziele der christlichen Apologeten
1.5 Eigenheiten der Texte und Aufbau der Arbeit
2. Gott und die Götter in der Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der laesa religio: Tertullians Apologeticum
2.1 Das Apologeticum als apologetische Schrift und Hauptwerk Tertullians
2.2 Das testimonium animae und die Begründung des einen Gottes
2.3 Kontexte einer Rhetorik des unicus deus bei Tertullian
2.4 Die euhemeristische Argumentation als sanfte Polemik gegen die Götter?
2.5 Bissige Polemik gegen die Götter als bösartige Dämonen
2.6 Die Frage nach dem eigenen Vielgötterglauben und die Gottesvokabel
2.7 Zusammenfassung
3. Christlich-dogmatischer Monotheismus gegen heidnisch-skeptische Vielgötterei? Die Rhetorik des Minucius im Octavius
3.1 Christliche Protreptik und urbanitas: Der Octavius als Gegenentwurf zum Apologeticum bei gleichzeitiger Rezeption
3.2 Die Begründung des einen Gottes im Kontext von Röm 1,20: Die opera dei
3.3 Vom testimonium animae zur auctoritas Platos
3.4 Die Einzigkeit Gottes in der Systematik des Minucius: ein kurzes Kapitel
3.5 Eine Denkform mit Wachstumspotential: Christlicher Euhemerismus bei Minucius Felix
3.6 Christliche Dämonologie ohne Polemik? Ein Versuch
3.7 Zusammenfassung
4. Christliche Apologetik mit dem Anspruch auf Vollständigkeit: Die Divinae institutiones des Laktanz
4.1 Die Divinae institutiones im (apologetischen) Gesamtwerk des Laktanz
4.2 Der logische Erweis (der providentia) des einen Gottes aus den Werken Gottes
4.3 Dichter und Philosophen und ihre testimonia für den einen Gott
4.4 Divina testimonia als Schwerpunkt der Argumentation bei Laktanz
4.5 Die eigene Pluralität und eine erweiterte Auseinandersetzung mit Argumentationen bei den vielen Göttern
4.6 Fortschreibungen des euhemeristischen Arguments bei Laktanz
4.7 Fortschreibungen der Dämonologie bei Laktanz
4.8 Zusammenfassung
5. Zwischen Rhetorik und Philosophie: Augustins Argumentation mit der Einzigkeit Gottes in De civitate dei
5.1 De civitate dei als apologetischer Text und als Text über (frühere) Apologien
5.2 Das Hauptthema der civitates und die Einzigkeit Gottes
5.3 Gott, die Götter und der Staat
5.4 Gegen die Verteidigung der vielen Götter bei Varro
5.5 Philosophiegeschichte: Die Argumentation für die Platoniker
5.5.1 Relativierung der Wichtigkeit: Die These von der controversia verborum
5.5.2 Interpretation der eigenen Texte: Polytheismus in den Psalmen
5.5.2.1 Psalm 96 in der Argumentation Augustins
5.5.2.2 Psalm 82 in der Interpretation Augustins
5.5.3 Die Identifizierung der christlichen Vorstellungen mit den platonischen im Timaios
5.6 Zeugnisse für die Existenz Gottes bei Augustinus im Vergleich zu den testimonia seiner Vorgänger
5.7 Zusammenfassende Sicht zum einen Gott bei Augustinus zwischen platonischer Philosophie und Bibel
6. Zusammenfassung und Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
Antike Quellen
Sekundärliteratur
Register
1. Bibel
a. Altes Testament
b. Neues Testament
c. Apokryphen
2. Antike Autoren und Werke
3. Moderne Autoren
4. Namen und Sachen

Citation preview

PATROLOGIA BEITRÄGE ZUM STUDIUM DER KIRCHENVÄTER

XXXVIII PETER LÖTSCHER

MONOTHEISMUS ZWISCHEN RHETORIK UND PHILOSOPHIE BEI TERTULLIAN, MINUCIUS FELIX, LAKTANZ UND AUGUSTINUS

Umschlaggestaltung: © Olaf Gloeckler, Atelier Platen, Friedberg Cover Design: © Olaf Gloeckler, Atelier Platen, Friedberg Conception de la couverture du livre: © Olaf Gloeckler, Atelier Platen, Friedberg

Ein zentrales Thema der lateinischen Apologetik ist der Erweis der Existenz des einen Gottes und der Inexistenz der vielen Götter. Die Studie zeigt durch eine Analyse der Rhetorik der Texte, wie Tertullian, Minucius Felix, Laktanz und Augustinus bei dieser Argumentation auf ihre Adressaten Bezug nehmen und dabei die Überlegenheit des Christentums über die „pagane Umwelt“ untermauern. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Debatten um den Monotheismus diskutiert, die von Jan Assmann, Michael Frede und Erik Peterson angeregt wurden.

Peter Lötscher studierte katholische Theologie und Geschichte an der Universität Luzern. Von 2012–2015 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt „Die Rhetorik des Monotheismus im Römischen Reich“ am Seminar für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und christliche Archäologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

www.peterlang.com

Monotheismus zwischen Rhetorik und Philosophie bei Tertullian, Minucius Felix, Laktanz und Augustinus

PATROLOGIA BEITRÄGE ZUM STUDIUM DER KIRCHENVÄTER Herausgegeben von Andreas Spira †, Hubertus R. Drobner, Christoph Klock

Band 38

PETER LÖTSCHER

MONOTHEISMUS ZWISCHEN RHETORIK UND PHILOSOPHIE BEI TERTULLIAN, MINUCIUS FELIX, LAKTANZ UND AUGUSTINUS

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 2017 P-Initiale zum weihnachtlichen Introitus aus dem Abdinghofer Graduale fol. 12V, Bibliotheca Theodoriana Hs. Ba 1 aus dem Jahr 1507. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn.

D6 ISSN 0940-4015 ISBN 978-3-631-74757-5 (Print) E-ISBN 978-3-631-75834-2 (E-PDF) E-ISBN 978-3-631-75835-9 (EPUB) E-ISBN 978-3-631-75836-6 (MOBI) DOI 10.3726/b14234 © Peter Lang GmbH Internationaler Verlag der Wissenschaften Berlin 2018 Alle Rechte vorbehalten. Peter Lang – Berlin ∙ Bern ∙ Bruxelles ∙ New York ∙ Oxford ∙ Warszawa ∙ Wien Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Diese Publikation wurde begutachtet. www.peterlang.com

Inhaltsverzeichnis Vorwort........................................................................................................................9 1. Einleitung.........................................................................................................11 1.1 Streit um „Monotheismus“........................................................................11 1.2 Gegenstand der Untersuchung.................................................................18 1.3 Methode der Untersuchung......................................................................26 1.3.1 Rhetorische Analyse........................................................................... 26 1.3.2 Systematische Analyse....................................................................... 35 1.3.3 Apologien als Kommentare............................................................... 36 1.4 Biblische Argumentationsziele der christlichen Apologeten................37 1.5 Eigenheiten der Texte und Aufbau der Arbeit........................................42

2. Gott und die Götter in der Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der laesa religio: Tertullians Apologeticum...................45 2.1 Das Apologeticum als apologetische Schrift und Hauptwerk Tertullians................................................................................45 2.2 Das testimonium animae und die Begründung des einen Gottes.........52 2.3 Kontexte einer Rhetorik des unicus deus bei Tertullian........................62 2.4 Die euhemeristische Argumentation als sanfte Polemik gegen die Götter?.........................................................................70 2.5 Bissige Polemik gegen die Götter als bösartige Dämonen....................77 2.6 Die Frage nach dem eigenen Vielgötterglauben und die Gottesvokabel................................................................................84 2.7 Zusammenfassung......................................................................................89

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3. Christlich-dogmatischer Monotheismus gegen heidnisch-skeptische Vielgötterei? Die Rhetorik des Minucius im Octavius.....................................................91 3.1 Christliche Protreptik und urbanitas: Der Octavius als Gegenentwurf zum Apologeticum bei gleichzeitiger Rezeption.............................................................................91 3.2 Die Begründung des einen Gottes im Kontext von Röm 1,20: Die opera dei.....................................................................94 3.3 Vom testimonium animae zur auctoritas Platos................................... 102 3.4 Die Einzigkeit Gottes in der Systematik des Minucius: ein kurzes Kapitel.................................................................. 117 3.5 Eine Denkform mit Wachstumspotential: Christlicher Euhemerismus bei Minucius Felix........................................................ 120 3.6 Christliche Dämonologie ohne Polemik? Ein Versuch...................... 123 3.7 Zusammenfassung................................................................................... 130

4. Christliche Apologetik mit dem Anspruch auf Vollständigkeit: Die Divinae institutiones des Laktanz............ 131 4.1 Die Divinae institutiones im (apologetischen) Gesamtwerk des Laktanz........................................................................ 131 4.2 Der logische Erweis (der providentia) des einen Gottes aus den Werken Gottes............................................................... 136 4.3 Dichter und Philosophen und ihre testimonia für den einen Gott................................................................ 144 4.4 Divina testimonia als Schwerpunkt der Argumentation bei Laktanz................................................................... 155 4.5 Die eigene Pluralität und eine erweiterte Auseinandersetzung mit Argumentationen bei den vielen Göttern..................................... 163 4.6 Fortschreibungen des euhemeristischen Arguments bei Laktanz........................................................................... 169 4.7 Fortschreibungen der Dämonologie bei Laktanz................................ 175 4.8 Zusammenfassung................................................................................... 179 6

5. Zwischen Rhetorik und Philosophie: Augustins Argumentation mit der Einzigkeit Gottes in De civitate dei.......................................................................................... 183 5.1 De civitate dei als apologetischer Text und als Text über (frühere) Apologien............................................................... 183 5.2 Das Hauptthema der civitates und die Einzigkeit Gottes................... 189 5.3 Gott, die Götter und der Staat................................................................ 195 5.4 Gegen die Verteidigung der vielen Götter bei Varro.......................... 201 5.5 Philosophiegeschichte: Die Argumentation für die Platoniker..................................................................................... 212 5.5.1 Relativierung der Wichtigkeit: Die These von der controversia verborum............................................................... 218 5.5.2 Interpretation der eigenen Texte: Polytheismus in den Psalmen.............................................................................................. 221 5.5.2.1 Psalm 96 in der Argumentation Augustins...................... 222 5.5.2.2 Psalm 82 in der Interpretation Augustins......................... 224 5.5.3 Die Identifizierung der christlichen Vorstellungen mit den platonischen im Timaios................................................... 227 5.6 Zeugnisse für die Existenz Gottes bei Augustinus im Vergleich zu den testimonia seiner Vorgänger..................................... 231 5.7 Zusammenfassende Sicht zum einen Gott bei Augustinus zwischen platonischer Philosophie und Bibel..................................... 238

6. Zusammenfassung und Fazit................................................................ 243 Quellen- und Literaturverzeichnis............................................................. 249 Antike Quellen................................................................................................. 249 Sekundärliteratur............................................................................................ 261

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Register................................................................................................................... 277 1. Bibel........................................................................................................... 277 a. Altes Testament................................................................................. 277 b. Neues Testament............................................................................ 278 c. Apokryphen.................................................................................... 278

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2.

Antike Autoren und Werke.................................................................... 279

3.

Moderne Autoren.................................................................................... 293

4.

Namen und Sachen.................................................................................. 296

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Juli 2016 vom Fachbereich 2 (Katholisch-Theologische Fakultät) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster unter dem Titel „Monotheismus in den lateinischen Apologien zwischen Rhetorik und Systematik“ als Dissertation angenommen. Die Rigorosa fanden am 8./9. Dezember 2016 statt. Dass diese Arbeit entstehen konnte, verdanke ich insbesondere meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. Alfons Fürst. Er hat das DFG-Projekt „Die Rhetorik des Monotheismus im Römischen Reich“ (03/2012–02/2015) beantragt, mich bei der Arbeit immer hilfreich unterstützt und das Erstgutachten verfasst. Das Zweitgutachten wurde von Prof. Dr. Thomas Bremer übernommen. Viele gute Anregungen während des Arbeitsprozesses kamen von Doktorierenden und Studierenden in den Ober- und Hauptseminaren am Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte und Patristik. Ich nenne stellvertretend für viele Christian Gers-Uphaus und Dr. Luise Ahmed, die mit mir in der Projektzeit am Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte und Patristik gearbeitet haben. Zu danken habe ich auch Prof. Dr. Dr. Dr. Hubertus Drobner für die Aufnahme in die Reihe „Patrologia“ und Dr. Hermann Ühlein vom Peter-Lang-Verlag für die Betreuung bei den letzten Schritten zur Publikation. Für das engagierte Korrekturlesen und Motivationshilfen bedanke ich mich bei Martin Senn, Anne Lötscher, Yvonne Eichmann und Svenja Brockert. Der letzte Teil meiner Arbeit ist entstanden, als ich an der Kantonsschule Wohlen (CH) unterrichtet habe. Deswegen gilt mein Dank auch den Schulangehörigen für ihre Toleranz. Lenzburg, im November 2017

Peter Lötscher

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1. Einleitung 1.1  Streit um „Monotheismus“ „Ist denn Gott nur der Gott der Juden, nicht auch der Heiden? Ja gewiss, auch der Heiden, da doch gilt: Gott ist ‚der eine‘.“1 Die Aussage, dass Gott einer ist, bezeugt für Paulus an angeführter Stelle die Universalität des christlichen Bekenntnisses  – der eine Gott ist sowohl derjenige der Juden als auch der Heiden – und ist ein Vorzug des Christentums. Was für Paulus selbstverständlich scheint, kann bei einer Untersuchung im 21. Jahrhundert in Bezug auf den sogenannten „Monotheismus“2 nicht vorausgesetzt werden. Schaut man sich in der aktuellen Debatte um, so dominiert dem Gedanken der Einzigkeit Gottes gegenüber ein Unbehagen,3 das sich etwa in einem Gewaltverdacht äußert. Von den verschiedenartigen Debatten, die sich um diesen Begriff ranken, können hier nur drei genannt und kurz ausgeführt werden. In der Wissenschaft sind bezüglich Öffentlichkeitswirksamkeit an erster Stelle die diesbezüglichen Thesen in den Publikationen des Ägyptologen Jan Assmann zu nennen, in denen das Thema von Anfang an mit der Gewalt- und Toleranzthematik in Beziehung gesetzt wurde. Für den englischsprachigen Raum ist die Diskussion um einen sogenannten „pagan monotheism“ (Michael Frede) anzuführen, der die Monotheismus-Thematik mit der Geschichte der antiken Philosophie in Beziehung setzt. In der Patristik wurde auch aufgrund des einsetzenden Interesses an der Monotheismus-Thematik das Werk Erik Petersons, insbesondere sein Aufsatz zum „Monotheismus als politisches Problem“, wo die Gewalt- und Toleranzthematik mit philosophischen Fragen vereint erscheint, unter neuen Bedingungen diskutiert. Assmanns erste Publikation zum Thema aus dem Jahr 1997 versteht sich als Studie der „Gedächtnisgeschichte“ des religiösen Antagonismus als „symbolische Konfrontation von Israel und Ägypten“, die er mit dem Begriff der

1 Röm 3,29 f. Der obenstehende Text aus der Einheitsübersetzung gibt folgende Stelle wieder: ἢ Ἰουδαίων ὁ θεὸς μόνον; οὐχὶ καὶ ἐθνῶν; ναὶ καὶ ἐθνῶν, εἴπερ εἷς ὁ θεὸς (Aland, NT graece, 415). 2 Vgl. einleitend zur Geschichte des Kunstwortes „Monotheismus“ Ahn, Art. Monotheismus, 1457–1464. Die verschiedenen Aspekte, die der Begriff anspricht, sollen in dieser Arbeit so gut wie möglich voneinander getrennt werden. S.u. Kap. 1.2. 3 Vgl. etwa Titel und Ausführungen bei Thonhauser, Unbehagen.

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„mosaischen Unterscheidung“ bezeichnet.4 Darin finden sich zahlreiche Thesen auch zum Monotheismus, insbesondere aber die Charakterisierung monotheistischer Religionen als Gegenreligionen.5 Aus dem Titel der zweiten Veröffentlichung, „Der Preis des Monotheismus“, kann man eine Wertung des Monotheismus der abrahamitischen Religionen herauslesen: Er hatte seiner Meinung nach entscheidende Nachteile.6 Durch den religiösen (gemeint ist: sich aus göttlicher Offenbarung speisenden) Wahrheits- und Gerechtigkeitsbegriff dieser drei Religionen wurde nach Assmann ein antiker, natürlicher Zugang verdrängt, den er im Alten Ägypten verwirklicht sieht.7 Bezüglich des Gottesverständnisses steht damit ein geoffenbarter Monotheismus gegenüber einem Welt und Gott nicht unterscheidenden Kosmotheismus, wobei nur für Ersteren „die Unterscheidung zwischen wahrer und falscher Religion“ und damit von wahrem Gott und falschen Göttern gelte.8 Die Folge dieses Wahrheitsbegriffs, der Andersgläubigen nicht erklärbar sei, sei Intoleranz im Umgang mit fremden religiösen Traditionen gewesen. Dass die abrahamitischen Religionen als monotheistisch gruppiert werden können, setzt Assmann insofern voraus, als er sich für eine Differenzierung des Gottesbildes,9

4 Assmann, Ägypter, 23. 5 Ebd. 24: „Monotheistische Religionen konstruieren den Gegensatz zwischen dem Alten und dem Neuen nicht im Sinne einer Evolution, sondern einer Revolution, und lehnen alle älteren und anderen Religionen als Heidentum und Götzendienst ab. Alle monotheistischen Religionen sind Gegenreligionen.“ Vgl. ebd. 73–82 zur Ausführung des Gedankens. 6 Dennoch meint Assmann, Preis, 25 noch immer: „Ich plädiere überhaupt nicht, ich versuche zu beschreiben.“ In diesem Text verarbeitete Assmann auch Diskussionen, Rezensionen und Briefe zu seinen Thesen, vgl. ebd. 18. Zur Zusammenfassung der Debatte bis 2008 vgl. Thonhauser, Unbehagen. 7 Assmann, Preis, 27 spricht von einem neuen Wahrheitstyp. Die zentralen Figuren dieser Art von monotheistischer Weltauslegung sind für Assmann die Propheten, ebd. 54–81, hier 72. Zu den Vorteilen des Polytheismus siehe ebd. 61 f. Assmann, Ägypter, 81 gibt einige Beispiele der Übersetzbarkeit der Götternamen bei antiken Autoren wie Varro oder Apuleius. 8 Assmann, Preis, 55. Der Gegensatz zum Monotheismus ist gerade nicht der Polytheismus, wobei dieser dann nach Assmanns Meinung als polemische Projektionsfläche diente. 9 Ebd. 59. Assmann beschreibt Gott als Schöpfer, Erhalter und Lenker und meint, dass dies für uns heute selbstevident sei.

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im Gegensatz etwa zum unterschiedlichen Umgang mit der Gewalt in den verschiedenen Traditionen,10 wenig interessiert.11 Bereits in einer Vorlesungsreihe in Heidelberg hat er den Begriff „Monotheismus“ als Bestandteil für seine Thesen scheinbar neu beurteilt12 und dem Begriff eine neue Bedeutung gegeben.13 Was blieb, war die Behauptung des Antagonismus, der sich aus dem Wahrheitsbegriff der abrahamitischen Religionen ergab.14 In einer weiteren größeren Publikation im Jahr 2015 unter dem Titel „Exodus“ gelangte der Begriff aber insofern wieder ins Zentrum seiner Thesen, als dass er nun die Unterscheidung zwischen einem Monotheismus der Treue und einem Monotheismus der Wahrheit einführte. Geht es beim einen um die Einhaltung eines Bundes mit dem einen Gott, so geht es beim zweiten um die Unterscheidung von wahrem Gott und falschen Göttern. Assmann behauptet, dass der Monotheismus der Wahrheit sich zwar auch in biblischen Texten finde, aber nur der Monotheismus der Treue „das Spezifische“ sei, was die Bibel zu bieten habe, da die spätere Form auch bei den Philosophen anzutreffen sei.15 Leider analysierte Jan Assmann nie systematisch jüdische oder christliche apologetische Texte. So führt er etwa Laktanz insbesondere dann an, wenn er nach Gründen für eine Wiederaufnahme der antik-ägyptischen Religiosität sucht.16 Augustinus wird zwar häufig zitiert, seine Zitate werden aber kaum in den Kontext gestellt.17 So haben sich von theologischer Seite selten Patristiker mit

10 Ebd. 34 schreibt Assmann etwa, das Judentum habe nur gegenüber den eigenen Leuten Gewalt ausgeübt. 11 Vgl. ebd. 163. 12 Assmann, Gott und die Götter, 29 f. Hier definiert er zunächst Monotheismus als „ausschließliche Verehrung eines Gottes bei grundsätzlicher Bestreitung der Existenz anderer Götter“. Um den antagonistischen Charakter der mosaischen Unterscheidung gehe es ihm, den Streit um Worte hält er deswegen für „ziemlich müßig“. 13 So spricht Assmann, Preis, 54 etwa vom Monotheismus als „regulativer Idee“. 14 Assmann, Gott und die Götter, 30. 15 Assmann, Exodus, 112 f. 16 Besonders Laktanz und die Hermetik nahm Assmann ebd. 169–171 in den Fokus. Mit der Feststellung, dass „Laktanz und Nikolaus von Kues keinen Unterschied sahen zwischen JHWH und dem Deus Anonymus des Corpus Hermeticum“, gerät er in dieselbe Problematik wie Michael Frede. Zumindest Laktanz sah nur in der Einzigkeit eines obersten Gottes keinen Unterschied. Assmann bringt ebd. 114 Laktanz ins Spiel, wenn es um den Zorn Gottes geht, aber ohne das Verständnis des Gotteszornes bei Laktanz genauer anzuführen. 17 Vgl. etwa ebd. 24. Das Konzept der beiden civitates bei Augustinus verbindet Assmann hier mit dem Auszugsgedanken, wobei im Buch Exodus aus Ägypten, bei Augustinus

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Assmanns Thesen beschäftigt.18 Mit dem Thema Intoleranz im Zusammenhang mit Monotheismus nimmt er aber ein Thema wieder auf, das für die Erforschung der Epoche der Spätantike traditionell von großer Bedeutung war, die er bezüglich Zerstörung heidnischer Tempel auch erwähnt.19 Bereits Eduard Gibbon hatte, als einen von fünf Gründen für die Durchsetzung des Christentums in dieser Zeit dessen Intoleranz gegenüber dem heidnischen Polytheismus postuliert,20 der den Christen vor Konstantin die Möglichkeit gab, ihre Zugehörigkeit zur Gruppe stets zu bekräftigen.21 Historische Untersuchungen zu Auswirkungen der Intoleranz gegenüber anderen religiösen Gruppen nach Konstantin halten seither an.22 Wenn man diese Fragestellung für die Apologien ernst nehmen möchte, gilt es, die religionspolitischen Intentionen der Texte herauszuarbeiten und die Verknüpfung mit „Gott und den Göttern“ zu prüfen.23 Mit der Ausgangshypothese, dass dies besonders bei Augustinus in De civitate dei möglich ist, soll dem Thema bei der Untersuchung dieses Textes ein Kapitel gewidmet werden. Hier gilt es ebenso, die These zu überprüfen, dass Argumentationen zur Begründung der Monarchie und für den einen Gott miteinander verknüpft seien.24 Wichtiger für die Fragestellung der Arbeit ist die These des „heidnischen Monotheismus“ („pagan monotheism“), für die Michael Frede als „moderner Vater“ gilt.25 Hier geht es direkt darum, in was für ein Verhältnis zu ihrer aber aus der Welt weggegangen wird. Der Bezug entsteht nur durch eine allegorische Deutung der Exodusgeschichte bei Augustinus. 18 Vgl. aber Fürst, Wahre Gerechtigkeit, 251–282. Markschies, Beobachtungen, 283– 296. 19 Vgl. Assmann, Preis, 17. 20 Vgl. dazu Assmann, Preis, 26. Eine Besprechung davon befindet sich bei Werbick, Absolutistischer Eingottglaube, 145–147. 21 Vgl. Gibbon, History of Decline and Fall, Bd. 2,5 spricht von einem „inconstant humour of polytheism“, der bereits dem Judentum Proselyten zugeführt hätte, ohne dabei den Gegenbegriff „monotheism“ zu gebrauchen. 22 Die These Gibbons wurde wieder aufgenommen von Peter Heather bei Traub, „Göttlich auserwählt“, 30–42, der den Vorteil des Christentums in seiner Intoleranz sieht. Die neuere Konstantin-Forschung findet in diesem Text allerdings keine Beachtung. Der eigentliche Grund für die Intoleranz, die Dämonologie der frühen Christen, wird allerdings ganz außer Acht gelassen. Kahlos, Forbearance, 5 nimmt Bezug auf Paul Veyne, der von Quasi-Toleranz der römischen Kultur in religiösen Fragen spricht. 23 So bereits Fürst, Monarchie, 2006. 24 Fowden, Empire, 6 untersucht Monotheismus als „major factor in aspiration to and realization of world empire“. Gegen seine Thesen Fürst, Monarchie, 322. 25 Mitchell, Einleitung, VIII beschreibt ihn als „modern father of this subject“. Für vorhergehende Veröffentlichungen zu diesem Thema siehe Van Nuffelen, Categorization, 1.

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nichtchristlichen Umwelt sich die Apologeten bezüglich des Monotheismus stellten. Diese Fragestellung beschäftigte im Jahr 1996 ein Seminar in Oxford, zu dem der vieldiskutierte Band „Pagan Monotheism in Late Antiquity“ publiziert wurde.26 In diesem vertritt insbesondere Michael Frede die These, dass die Christen sich bezüglich des Monotheismus von allen Philosophengruppen außer den Epikureern in keiner Weise unterschieden hätten und sich selbst die Vorstellung der Gottesverehrung nicht grundlegend von der platonischen unterscheidet.27 Dies führt er zunächst bezüglich der heidnischen Philosophie, dann aber christlicher Positionen aus.28 Aus den hier besprochenen apologetischen Texten fehlen Tertullian,29 Arnobius und bezüglich der Einzigkeit Gottes auch Augustinus.30 Die Argumentation setzt auf Stellen bei Laktanz,31 insbesondere aber auf den Octavius des Minucius Felix, wo sich aus Fredes Sicht die Gleichsetzung mit den Philosophen in der Rede des Octavius belegen lässt,32 Caecilius dann jedoch aus rein rhetorischen Gründen als typischer heidnischer Vertreter geschildert werde.33 Bezüglich des Verhältnisses zur Pluralität in der Götterwelt wird einzig Augustinus zu den Platonikern in den Büchern VIII–X von De civitate Dei angeführt.34

26 Athanassiadi/Frede, Pagan Monotheism. 27 Die häufig zitierte These auf der letzten Seite des Artikels lautet: „One conclusion which suggests itself is that the pagan philosophers we have been considering, in particular the Platonists, were monotheists in precisely the sense the Christians were. (…) It thus seems all the more puzzling why the Christians insisted on their monotheism as a distinguishing mark.“ Frede, Pagan monotheism, 67. Ob Frede diesen Satz 2006 weiterhin vertrat, kann anhand seiner Texte nicht erschlossen werden. In seinem letzten Text erscheint eigentlich nur Antisthenes als Monotheist, vgl. Frede, The case for pagan monotheism, 81. 28 Frede, pagan monotheism, 44–57. 57–66. 29 Ebd. 61 gibt Frede nur die Definition des Wortes paganus bei Tertullian wieder, Athanassiadi/Frede, Einleitung, ebd. 19 nennen sein materialistisches Gottesbild. 30 Eine überraschend wichtige Rolle spielt ebd. 17 Maximus von Madauros, mit dem Augustinus einen kurzen Briefwechsel führte. Augustins Antwort wird aber nicht analysiert. 31 Lact. inst. I 5 (Heck/Wlosok 14–23). Es wird aber Aristoteles als Monotheist erwähnt. Frede, pagan monotheism, 62. 32 Ebd. 43. 33 Ebd. 57 f. 34 Ebd. 58. Ebd. 62–65 versucht Frede, die Behauptung der unterschiedlichen Vorstellungen von Verehrung mit dem Porphyrius-Zitat imitari magis quam invocare zu widerlegen.

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Die restlichen Texte des Bandes bieten einerseits unterstützende Argumente: Polymnia Athanassiadi gibt eine mögliche Erklärung für diese Übereinstimmungen und nennt die historische Situation der Spätantike ein religiöses Commonwealth,35 in dem der Monotheismus ein universelles religiöses Idiom, Offenbarung aber ein an Bedeutung zunehmendes Mittel der in der Art zu kommunizieren war.36 Mit der These des Kultes des Theos Hypsistos führt auch Stephen Mitchell die Thematik in den Kontext konkreter religiöser Praxis. Die Interpretationen der christlichen Autoren gilt es in dieser Arbeit zu prüfen,37 auch wenn hier nicht Praktiken, sondern die Texte selbst im Vordergrund stehen. Es finden sich aber nicht nur unterstützende Beiträge, sondern auch weiterführende Gedanken: So hinterfragt Martin Litchfield West den allzu einfachen Umgang mit dem Begriff Monotheismus insofern, als dass dann erst einmal Gott definiert werden müsste.38 Er gibt einen breiten Überblick über die Entwicklung des Monotheismus mit dem Schwerpunkt auf der griechischen Philosophie und deutet diesen Prozess auch für das Umfeld der Bibel an.39 Im Gegensatz zu Frede lässt er auch nicht-monistische Positionen nicht ganz weg und findet für die Tendenz zur Rückführung auf eine Wirkursache eine Erklärung: „The philosophers’ search for economical explanations of the universe naturally led to economy in the assumption of divine principles, with in some cases a single divine element or entity being identified as responsible for the formation, design, or direction of the world. (…) It was a small step from here to dogmatic monotheism.“40 Die Rezeption des Bandes insbesondere in den Disziplinen, die sich mit der Spätantike beschäftigen, war beträchtlich.41 Der Einfachheit halber seien hier zwei exemplarisch herausgegriffen, die die fundamentalste Kritik lieferten. Im Hinblick auf das erste Glied in der These der Gleichsetzung heidnischer Monotheisten mit christlichen Monotheisten greift Marc Edwards Fredes Thesen zunächst in einer direkten Besprechung,42 dann aber in einer weiterführenden Publikation an.43 Er bezweifelt den Wert des Wortes „Monotheismus“ aufgrund

35 Athanassiadi, Oracles, 177 nennt auch den Begriff einer „theological koiné“. 36 Ebd. 178. Sie führt diesen Punkt zu den chaldäischen Orakeln aus. 37 Vgl. Lact. inst. I 7, zitiert bei Mitchell, Cult, 86. 38 West, Towards Monotheism, ebd. 21. 39 Ebd. 22–27. 40 Ebd. 39 f. 41 Einen Einblick gibt Van Nuffelen, Categorization, 3. 42 Edwards, Review, 774–776. 43 Edwards, Pagan and Christian Monotheism.

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der nicht zwingenden Vermengung von Monismus und Theismus44 und führt direkte Differenzierungen beim höchsten Prinzip Plotins und den vielen Göttern bei den Neuplatonikern im Vergleich zu den Christen an. So könne etwa „Das Eine“ Plotins nicht angebetet werden.45 In eine ganz andere Richtung gehen die Ausführungen von Martin Wallraff. Er bescheinigt Frede zwar ein differenziertes Bild spätantiker Philosophie, wirft ihm aber vor, keine Differenzierung bei „den Christen“ vorzunehmen.46 „What is true for the bishop of Hippo is not necessarily true for a Christian pilgrim to Jerusalem.“47 Vor allem aber habe sich auch bei den philosophisch gebildeten Christen biblisches Erbe bewahrt.48 Um für Unterschiede zu sensibilisieren, führt er in einem späteren Beitrag Erik Peterson an, der das antike Christentum gerade nicht als monotheistisch, sondern trinitarisch geschildert habe.49 Damit spricht er eine dritte Auseinandersetzung um den Monotheismus der frühen Christen an, die vom katholischen Theologen Erik Peterson ausging.50 Petersons Thesen in der Publikation „Monotheismus als politisches Problem“ im Jahr 1935, mit denen er der damaligen „Reichstheologie einen Stoss“ geben wollte und sich gegen die Säkularisierung der Reich-Gottes-Erwartung wandte,51 scheinen wie eine Antwort auf die beiden vorher genannten Debatten: Der Monotheismus gerät als Staatsideologie, mit der die römische Herrschaft begründet wurde, tatsächlich in die Gefahr der Gewaltausübung aus religiösen Gründen. Auch im Christentum sieht er die Gefahr einer solchen Vereinnahmung, er führt problematische Stellen etwa bei Tertullian, vor allem aber bei Eusebius an, stellt dem aber die trinitarische Theologie der Kappadozier und den Friedensbegriff Augustins gegenüber.52 44 Edwards, Review, 340; Edwards, Pagan and Christian monotheism, 211. So sei etwa Porphyrius in einem gewissen Sinn ein Monist und in jedem Fall ein Theist gewesen. 45 Ebd. 341 f. 46 Wallraff, Remarks, 531. 47 Ebd. 533. 48 Ebd. 533: „Within Christianity certain elements of the biblical heritage were preserved.“ 49 Wallraff, Tendenzen, 73. 50 Peterson konvertierte 1930 vom Protestantismus zur römisch-katholischen Kirche. 51 Dazu Nichtweiss, Theologische Traktate, XIX. 52 Zu diesem Text gab es zwei vorhergehende Publikationen, die dann zum Monotheismus-Traktat zusammengefügt wurden. Vgl. dazu Schindler, Erik Peterson. Ein kurzes Kapitel zu Augustinus lässt sich auf den Seiten 67–70 finden; eine Textsynopse im Vergleich mit „Göttliche Monarchie“ (1931) und „Kaiser Augustus im Urteil des antiken Christentums. Ein Beitrag zur Geschichte der politischen Theologie (1932/33)“ auf den Seiten 203–221. Von Tertullian zitiert Peterson, Monotheismus, (siehe

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Zu diesen drei Positionen von Assmann, Frede und Peterson wurden in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche Publikationen veröffentlicht, die häufig aus Vorlesungsreihen, Tagungen, aber auch aus ganzen Forschungsprojekten hervorgingen.53 Von großer Bedeutung für die Fragestellung sind die beiden Bände zu nennen, die aus der Tagung vom 17.–20. Juli 2006 in Exeter hervorgingen54 mit verschiedenen weiterführenden Beiträgen, die auch die hier untersuchten apologetischen Texte betreffen.55

1.2  Gegenstand der Untersuchung Diese Arbeit soll sich der Monotheismus-Thematik in den christlichen Apologien lateinischer Sprache widmen. Das Thema „Gott und die Götter“ soll auf der Basis dieser Texte entwickelt werden, um eine differenzierte Darstellung der Argumentation zu erhalten, die in einem zweiten Schritt immer wieder mit den Diskussionen der Forschung in Verbindung gebracht werden. Die Besprechung der Thesen, wie sie bei Jan Assmann oder Erik Peterson aufgestellt werden, bleibt dabei einzelnen Kapiteln vorbehalten.56 Die Thematik, die Michael Frede aufwirft, wie sich christliche Autoren in Bezug auf den einen Gott und die vielen Götter zu ihrer nichtchristlichen Kultur stellen, ist fundamental für die Texte, wobei auf die konkreten Thesen nur dann eingegangen wird, wenn eine Stelle in Nichtweiss, Theologische Traktate, 39) folgende Stellen: adv. Prax. 3 und Apol. 24,3. Von Augustinus zitiert Peterson, Monotheismus (siehe Nichtweiss, Theologische Traktate, 58) civ. III 30 und en. Ps. 45,10. Außerdem war dem Monotheismustraktat bei der ersten Veröffentlichung ein Zitat aus Aug. ver. rel. 45,84 vorangestellt. 53 Einige wenige Publikationen sollen hier genannt werden. Palmer, Fragen nach dem einen Gott, ist das Produkt einer Vorlesungsreihe mit Jan Assmann an der Uni Heidelberg. Die Debatte mit Assmann wurde zuletzt bei Schieder, Gewalt des einen Gottes, fortgeführt. Einen christlich-systematischen Zugang hat der Band Söding, Glaube Feind der Freiheit. Zum Graduiertenkolleg 896 in Göttingen erschienen zwei Bände: Kratz/Spieckermann, Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder. 54 Mitchell/Van Nuffelen, Monotheism between Pagans and Christians. Mitchell, One God. Van Nuffelen, Rethinking the Gods. An weiteren Tagungen wären etwa diejenige zu Erik Peterson oder diejenige der Europäischen Gesellschaft für Theologie (beide im Jahr 2012) zu nennen. In der Einleitung zur Publikation letzterer Veranstaltung wurde explizit die Verknüpfung zwischen den Thesen Assmanns und Fredes deutlich gemacht. Dabei wird aber zu wenig betont, dass die Thesen sich in Bezug auf die Funktion des Monotheismus zur Außenwelt diametral widersprechen. 55 Etwa Clark, Augustine’s Varro, 181–202. Aus methodischer Sicht dann Kahlos, Refuting and Reclaiming, 167–180. 56 S.u. Kap. 5.2 und 5.3.

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der Diskussion um den „pagan monotheism“ Eingang gefunden hat,57 um dann im Fazit noch einmal darauf zu sprechen zu kommen. Für den Begriff der „christlichen Apologie“ muss zuerst einige definitorische Arbeit geleistet werden,58 um aus den vorhandenen Texten der lateinischen Tradition dann diejenigen zur Analyse auszuwählen, in der eine christliche Rhetorik und Verortung bezüglich Eingottglaube und Vielgötterei in der Welt des Römischen Reiches geleistet wird.59 Es besteht ein Konsens darüber, dass es keine Gattung Apologie gibt, dass sich die Autoren der Texte, die gewöhnlich unter diesem Begriff gefasst werden, vielmehr an verschiedenen Textgattungen orientierten.60 Die Definition muss sich also auf Themen und Adressaten der Argumentation richten. Das Thema kann dadurch abgegrenzt werden, dass zur Hauptsache eine Verteidigung des eigenen Christlichen gegenüber bestimmten Angriffen erfolgen soll,61 wobei im Fall der Kontroverse um Gott und die Götter solche von römisch-heidnischer Seite zu untersuchen sind.62 Ein Argument soll bei dieser Untersuchung dann besonders in Betracht gezogen werden, wenn es dazu gebraucht wird, das Christentum im Hinblick auf nichtchristliche Vorstellungen zu verteidigen oder zu profilieren. Es stellt sich die Anschlussfrage, ob es sich um eine Profilierung in eigenen Kreisen oder gegenüber außen handelt und inwiefern reale Angriffe hinter einer 57 S.u. Kap. 5.5. 58 Zur Diskussion konsultiert wurden Edwards, Apologetics. Fiedrowicz, Apologie. Wlosok, Apologetik, 1–37, wo auch ein Diskussionsprotokoll zu finden ist. Jacobsen, Apologetics, 5–21. 59 Fiedrowicz, Apologie, 27–144 gibt einen vollständigen Überblick zu den Texten bis ins 5. Jahrhundert. Für eine Auseinandersetzung mit dieser Sammlung siehe Wlosok, Apologétique, 2. 60 Die Gattung unterscheidet sich in der lateinischen Tradition gleich bei den ersten beiden Texten stark, wenn eine forensische Rede zu einem Dialog umgearbeitet wird. Vgl. dazu Fiedrowicz, Apologie, 21–23 und das gemeinsame Vorwort Edwards/ Goodman/Price/Rowland, Apologetics, 1–15, insbesondere 1 f. Zu Diskussionen im Aarhus-Projekt insbesondere Jacobsen, Apologetics, 19–21. 61 Damit lassen sich Apologien von dogmatischen oder pastoralen Schriften abgrenzen. 62 Die Untersuchung von jüdischen Angriffen würde wiederum stark in dogmatische Thematiken um Christologie und Trinität hineinführen. Hier. ep. 70,3–5 (CSEL 54, 707) fasst die Schriften unter dem Begriff contra gentes richtig zusammen, eine Unterscheidung zur Protreptik ist unmöglich, da eine Verteidigung stets eine positive Darstellung des eigenen beinhaltet. Antihäretische Schriften, die bei Tertullian einen großen Teil seines Werks ausmachen, führen bisweilen in ähnliche Themen wie apologetische, da Tertullian ihnen gegenüber ein bestimmtes Verhältnis zwischen heidnischem und christlichem Denken einfordert, s.u. Kap. 2.3.

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Verteidigungsschrift stehen müssen. Diese Diskussion wird dadurch ausgelöst, dass sich die Texte vordergründig an Heiden, in einigen Fällen sogar an die nichtchristlichen Entscheidungsträger richten,63 dass eine heidnische Rezeption jedoch zumindest bei den lateinischen Texten umstritten oder gar unwahrscheinlich ist.64 So sollten apologetische Argumente immer in zwei Richtungen bewertet werden. Einerseits muss analysiert werden, inwiefern sie einen heidnischen Adressaten überzeugen können, andererseits aber auch, inwiefern sie für einen Christen ein annehmbares Bild des Eigenen gegenüber der Umwelt liefern können.65 Hinter der Darstellung von Adressaten und Gegnern ist immer auf die Rhetorik des Textes zu achten.66 Dies gilt bei den lateinischen Apologien insbesondere auch für die angeführten Angriffe auf das Christentum. Die wichtigsten Schriften diesbezüglich bei Celsus, Porphyrios und Julian Apostata spielen vermutlich keine oder nur eine geringfügige Rolle,67 während die Frage, ob der Rhetor Fronto überhaupt das Christentum kritisiert hat, anhand von Quellentexten nicht zu klären ist.68 Deswegen ist für die vorkonstantinischen Apologien der Status des Christentums als illicita religio (unerlaubte Religion) der wichtigste Anlass für das Verfassen einer Apologie.69 63 Tert. apol. 1,1 (CChr. SL 1, 85) bezieht sich auf die antistites. Bei Laktanz wird in einer bestimmten Texttradition Kaiser Konstantin angesprochen, und auch Augustins dedicatio richtet sich mit Marcellinus an einen politischen Entscheidungsträger. In der Diskussion zu Wlosok, Apologetik, 35 wurde ein heidnisch-christlicher Diskurs für Minucius Felix konstatiert, ohne dafür Argumente zu nennen. 64 S.u. Kap. 4.1 zu einer möglichen Rezeption des Laktanz. 65 Wie sehr ein Bedürfnis nach einem Bild von sich selbst als Gebildetem in der christlichen Oberschicht bestanden haben muss, kann Gemeinhardt, Bildung, 59–61 zeigen. 66 Vgl. zu solchen Strategien Amossy, Publikum und Topoi, 310–319. 67 S.u. Kap. 4.1 für die These einer Diskussion der antichristlichen Schriften des Porphyrios, die auf Lact. inst. V 2,1–17 (Heck/Wlosok 441–443) beruht. Für dieselbe These zu De civitate dei Augustins, wo die Diskussion von anderen Texten des Porphyrios unumstritten ist, s.u. Kap. 5.1. 68 Vgl. dazu Hargis, Against the Christians, 12–14, der eine solche Rede schlicht voraussetzt und wohl aus der Argumentation des Minucius bezieht. Schubert, Octavius, 67 nennt die „sonst (…) nicht belegte Rede“ einen „Teil der apologetischen Strategie“ des Minucius, die er „wohl doch nur punktuell benutzt“ habe. 69 So richtig Wlosok, Apologetik, 3–20. Gegen Hargis, Against the Christians, der die Bedeutung der antichristlichen Texte für die Apologien weit überschätzt. Besser Fiedrowicz, Apologie, 34–37.50, der allerdings Tertullian und Minucius dennoch unter das Zeichen antichristlicher Rhetorik stellt und die Existenz einer Rede des Fronto bestätigen möchte. Tertullian nimmt aber vor allem das Szenario der Christenprozesse zum Anlass, die Vorwürfe der laesa religio und der laesa maiestas zu widerlegen. Min.

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Eine Verortung im Hinblick darauf, dass Apologien vom Namen her in der Tradition einer Verteidigungsrede vor Gericht standen, wobei diejenige des Sokrates bei Weitem am bekanntesten war,70 findet in der lateinischen Tradition nur bei Tertullian indirekt in Bezug auf Titel und Argumentation mit Sokrates statt, woran er aber letzten Endes keinen positiven Anschluss findet.71 Die restlichen lateinischen Texte tragen keinen entsprechenden Titel. Auch eine Verortung derselben in einer Texttradition, die über ein hellenistisches Judentum72 zu Paulus und von dort zunächst zu griechischen Autoren führt, erscheint wenig sinnvoll. Von den jüdisch-hellenistischen Autoren verwendet Tertullian gerade die apologetischen Texte nicht,73 während die anderen Apologeten diese jüdische Tradition gänzlich auslassen. Aus der griechisch-christlichen Tradition werden zwar Argumente übernommen, jedoch in einem sehr viel geringeren Ausmaß als aus der eigenen lateinischen Tradition in Bezug auf die jeweiligen Vorgänger und einen allgemeinen Bildungskanon.74 Einige kurze Paulusstellen liefern die Grundlagen für die Diskussion bezüglich Gott und den Göttern und sollen einführend angesprochen werden, insofern sie in den Texten rezipiert werden.75 Am stärksten ist die Verortung der Texte jedoch in der eigenen Tradition der lateinischen Apologetik selbst zu sehen, sodass Tertullian als Begründer der

Oct. 9,6 (Kytzler 8) und 31,2 (Kytzler 29) erwähnt Fronto mit dem Vorwurf, eine fabula grandis gegen die Christen ersonnen zu haben, für die er keine testimonia anführe. Zumindest für die Thematik Monotheismus hat diese Rede, wenn sie je existiert hat, keine Bedeutung. Schubert, Octavius, 27 mit einigen interessanten Hinweisen zu den zwei Zeitebenen des Dialogs. 70 Vgl. dazu Fiedrowicz, Apologie, 18–20. 71 S.u. Kap. 2.1. Aug. civ. I 1 (CChr. SL 47, 1) kennzeichnet seine Tätigkeit als ein defendere der civitas dei. S.u. 5.1. Auch im Octavius ist nach einem Angriff durch den Sprecher Caecilius eine Entgegnung durch den Sprecher Octavius zu finden. 72 Jacobsen, Apologetics, 18 sieht in den Apologien des Philo von Alexandrien und des Josephus zwei unterschiedliche Traditionen. Dazu auch Edwards, Apologetics, 9, der sie als prägender für die christliche als die jüdische Tradition ansieht. Im anonymen Aristeasbrief spielt die Einzigkeit Gottes als verbindendes Element eine zentrale Rolle. Vgl. Müller, Art. Aristeasbrief, 719–725, hier 720. 73 Dafür Tert. apol. 18,7f (CChr. SL 1, 119) zum Alter der Septuaginta: Adfirmavit haec vobis etiam Aristaeus. Ita in Graecum stilum exaperta monumenta reliquit. 74 Insbesondere Tertullian und Minucius übernehmen Argumente von Theophilos Ad Autolycum. Eine genaue Untersuchung der Wechselbeziehungen würde hier den Rahmen sprengen. Vgl. zu einigen wenigen Anmerkungen zu den Quellen Georges, Apologeticum, 33–35 und Schubert, Octavius, 66. 75 S.u. Kap. 1.4.

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lateinischen Apologetik zu gelten hat und die restlichen Apologeten stets Anleihen bei ihm und seinen Nachfolgern nehmen. Diesen Bezug auf Tertullians Apologeticum und die vorhergehenden Apologeten nehmen Minucius Felix mit dem Octavius, Laktanz mit seinen sieben Büchern der Divinae institutiones und Augustinus mit seinen 22 Büchern De civitate Dei. Alle vier Texte haben außerdem den Anspruch, beim Thema Monotheismus und Polytheismus die wichtigsten Themen und Argumente zum Vorteil des Christentums zu besprechen.76 So sollen sie als eine Art Hauptlinie der Argumentation um Gott und die Götter im Fokus dieser Untersuchung stehen. Wo analoge Argumente in anderen Schriften derselben Autoren auftauchen, sollen diese insbesondere dann besprochen werden, wenn sie Aufschluss für die Argumentation in ihrem wichtigsten apologetischen Werk geben. Eine Ausnahme ist hier Augustinus, wo das frühe Werk nur eine marginale Berücksichtigung finden soll, da eine Behandlung uferlos wäre und die These von einem Bruch mit seiner denkerischen Vergangenheit zu diskutieren wäre.77 Sämtliche weiteren Texte, die als „apologetisch“ gelten, sollen nur dann in die Untersuchung einbezogen werden, wenn das Verständnis der gewählten Schriften dadurch einen bedeutenden Zugewinn erhält. Dies gilt nicht für die Carmina Commodians, die zwar ebenfalls etwa Topoi von den Göttern als Dämonen enthalten, dabei aber keine Systematik in einem ähnlichen Sinn wie die großen lateinischen Apologien entwickeln, und als poetische Texte vor allem mit einer anderen Methodik untersucht werden müssten.78 Das Werk Cyprians, der in der Wahrnehmung des Laktanz zwar als gebildeter und einflussreicher Christ, aber gerade nicht als Apologet galt, zeigt, dass nicht nur Schriften mit apologetischen Motiven etwas zur Erklärung der Argumente in den Apologien beitragen können. Sowohl Cyprians erstes Werk Ad Donatum, 76 Dass sich die Argumentationsstrategien ähneln, kann daran liegen, dass zu einer bestimmten Frage die besten oder naheliegendsten Argumente verwendet werden, wie das bei der Diskussion um das Alter der Tradition am besten zu zeigen ist. Vgl. dazu Jacobsen, Apologetics, 18. 77 Eine gewisse Einseitigkeit besteht darin, dass es sich dabei wohl einzig um afrikanische Autoren handelt, die eigene Vorstellungen vom Christlichen haben. Vgl. zur Entstehung des Christentums in Nordafrika Rives, Religion and Authority, 223–225. Die Abgrenzung gegenüber der nichtchristlichen Welt ist eher als eng zu erwarten, was der Vergleich mit Rom im Ketzertaufstreit zeigen kann. Vgl. hierzu Fürst, Liturgie, 211–215. 78 Nach Fiedrowicz, Apologie, 65 haben insbesondere die Instructiones apologetische Züge. Auch im Carmen apologeticum finden aber etwa Topoi zu den Göttern als Dämonen Verwendung.

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das insbesondere pastoral wirksame Dichotomien in Form einer Konversionserzählung enthält, als auch Ad Demetrianum enthalten immer wieder Topoi der apologetischen Götterkritik, wobei die Argumente nicht systematisch entfaltet werden.79 Für ein bestimmtes Argument von Interesse ist das von Michael Fiedrowicz nicht erwähnte Werk Ad Fortunatum, wo im fünften Kapitel das Monolatrie-Gebote eingeschärft wird und wo die relevanten Bibelstellen rezipiert werden, die dafür noch bei Augustinus, jedoch bei keinem der anderen Apologeten, eine wichtige Rolle spielen. Quod idola dii non sunt hingegen gilt als Kompilation aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts, in der neben dem Octavius des Minucius auch die Divinae institutiones des Laktanz eingebaut wurden. Dieser Text kann den vorgestellten Autoren als Kommentar hinzugefügt werden.80 Die Schrift des Arnobius Adversus nationes gilt nicht als Apologie im engeren Sinne, da sie  – offensichtlich auf Veranlassung durch einen Bischof geschrieben – insbesondere eine Polemik als Absage an das Heidentum enthält.81 Eine Begründung der Existenz des einen Gottes findet nicht statt und die Schrift wird bei den anderen Apologeten nicht rezipiert, was gerade bei Laktanz auffällig ist.82 Außerdem kann die Apologie von ihrer Qualität her ausgeschieden werden,83

79 Fiedrowicz, Apologie, 64f nennt für Cypr. Demetr. 1–3 vor allem die Verteidigung gegen den Vorwurf, dass die Christen für die Katastrophen der Zeit verantwortlich seien. Dies steht tatsächlich in einem Zusammenhang mit dem Polytheismus, jedoch nicht mit einer Argumentation, die ich hier gesondert untersuche. 80 Vgl. Fiedrowicz, Apologie 65. 81 Hier. chron. a Abr. 327, zitiert bei Fiedrowicz, Apologie, 74. Eine Argumentation in der Tradition von Gotteserweisen, die sich auf den Gedanken bezieht, dass der Gedanke den Menschen angeboren sei, findet man als Behauptung in Arn. nat. I 33 (CSEL 4, 21f). Ebd. nat. II 2 (CSEL 4, 47–49) verweist eine solche Argumentation in das Konzept der divinatio. Er behauptet es für jedes Lebewesen, wenn denn alle sprechen könnten. Die Unerkennbarkeit Gottes findet sich ebd. VII 34 (CSEL 4, 267f). Die Einzigkeit spielt ebd. VII 2 (CSEL 4, 238f) eine Rolle. Der Euhemerismus spielt eine große Rolle ebd. I 35–65 (CSEL 4, 20–22). Euhemeros wird ebd. IV 29 (CSEL 4, 165) mit weiteren Autoren in der Tradition genannt, die Götter als verstorbene Könige und Erfinder zu deuten. Ebd. IV 12 (CSEL 4, 150) wird eine kurze Dämonologie in Bezug auf die Magier erwähnt. Diese gebrauchten den Begriff antitheos, richtig sei, dass die Geister aus dichter Materie sich selbst Götter nennen möchten. Ebd. nat. IV 33 (CSEL 4, 167f) werden allegorische Deutungen als naturwissenschaftliche Lehrsätze als audacia verurteilt. 82 Hier. vir. ill. 80 (BPat 12, 187f): Firmianus, qui et Lactantius, Arnobii discipulus. 83 Diese Beurteilung auch bei Bardy, Art. Apologetik, 543.

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was auch bei der unvollständigen Schrift Ad nationes von Tertullian geschieht.84 Im Hinblick auf früheste Erwähnung von Argumentationsformen in der lateinischen Apologetik ist jedoch seine Auseinandersetzung mit der Götterallegorese kurz anzusprechen.85 Läge der Schwerpunkt dieser Arbeit auf den Thesen Jan Assmanns, müssten auf jeden Fall auch die Texte des Firmicus Maternus untersucht werden. Seine zweite Schrift, De errore profanarum religionum, richtete sich an die Söhne Konstantins und zeigt eine bisher unbekannte Form der Intoleranz gegenüber nichtchristlichen Kulten.86 Ein Bezug auf frühere Apologien lässt sich aber nur schwer feststellen, auch wenn die geläufigen Argumente gegen die Götter vorhanden sind.87 Zusammen mit der Mathesis, in der Einzigkeitsmotive eine wichtige Rolle spielen, könnte man seine Schriften zusammengefügt im Bereich Einzigkeit und Pluralität der Götter als vollständige Apologien ansehen. Allerdings stellt sich das Problem, dass die erste Schrift gar nicht christlich gemeint ist, sondern sich auf Sol als höchsten Gott bezieht.88 84 S.u. Kap. 3.1 zur These, dass es sich bei Ad nationes um einen Entwurf für das Apologeticum handelte. 85 Arn. nat. V 35f (CSEL 4, 205f) enthält die allgemeinste Widerlegung der Allegorien. Diese hätten keinen sicheren Grund und seien reine Vermutungen, die jeder nach seinem eigenen Willen vornehmen könne. Er spricht von einer urbana subtilitas. Die Behandlung vieler Allegorien bei Augustinus bezieht sich auf die Mysterien und die Di electi im 16. Buch der Res Divinae von Varro. S.u. Kap. 5.4. 86 Vom einen Gott wird hingegen keine Systematik entwickelt, die Behandlung der Thematik geht über Akklamationen nicht hinaus. Zur Politik schreitet der Autor im letzten Kapitel voran, vgl. Ziegler, Art. Firmicus Maternus, 956. Firm. err. 28,10f bezieht sich wie später vor allem Augustinus auf Ex 22,19 sacrificans diis eradicabitur. 87 Die Schrift richtet sich innerhalb des heidnischen Polytheismus insbesondere gegen die Mysterienreligionen, so etwa den Mithraskult in Firm. err. 5,1. Interessant wäre im Hinblick auf eine Lücke in der lateinischen Apologetik die Besprechung der allegorischen Auslegungen von Göttermythen, die über naturalistisch-stoische hinausgehen. Ab Firm. err. 28,7 findet sich eine Liste von Stellen aus dem Alten Testament, in denen die Verehrung anderer Götter ausgeschlossen wird. Bei Firm. err. 17,1 gibt es einen Kommentar zu Cic. nat. deor. II 68 putant, cum Sol dictus sit vel quia solus ex omnibus sideribus est tantus vel quia, cum est exortus, obscuratis omnibus solus apparet. Die Etymologie findet sich auch bei Varro, ling. lat. V 68. Es überrascht nicht, dass Firmicus diese kennt, wenn man seinen früheren Text betrachtet. Edwards, Apologetics, 197 charakterisiert den Text als „clearly more polemical than apologetic“. 88 Firm. math. I 10,14; II 30,5; V 3–6 gibt sich als Bittgebet an Sol. Die Einzigkeit der Sonne schließt hier den Plural von Göttern noch nicht aus. Auch der Kaiser erscheint in der Schar der höchsten Götter. Vom Gedanken, dass neben Gott noch weitere als

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Nicht weniger wichtig wären aus der Sicht einer politischen Geschichte des christlichen Monotheismus Texte in der Auseinandersetzung um den VictoriaAltar. Die religionspluralistischen Vorstellungen des Symmachus in der dritten relatio und insbesondere deren christlichen Entgegnungen wären allerdings im Kontext dieser Auseinandersetzung zu kommentieren und können nicht wie die zu besprechenden Texte als konstruierte Apologie in den Blick genommen werden.89 Man kann dabei zum ersten Mal im apologetischen Kontext zeigen, wie sich die Voraussetzungen von Angriff und Verteidigungen verschieben, wenn Brief 17 des Ambrosius etwa gleich mit einem Psalmzitat als entscheidende auctoritas (Beglaubigung) beginnt.90 Ebenfalls in diesen Kontext gehören das Carmen contra paganos, das Carmen ad quendam senatorem und das Poema ultimum.91 Sie richten sich in ihrer jeweils eigenen Form gegen den Götterkult, ohne darin über Einzelkulte hinaus eine Systematik zu entwickeln. Sie führen auch in historische Kontexte, die bezüglich der Einzigkeitsthematik zwar eine gewisse Relevanz haben, das Feld aber zu weit öffnen würden.92 Das gilt auch für die Historiae adversus paganos des Orosius, der die Ausführungen darin mit dem Werk Augustins verknüpft.93

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Götter bezeichnet werden dürfen, kommt er in De errore profanarum religionum dann ab. Fiedrowicz, Apologie, 76 erwähnt ihn nur im Kontext der Widerlegung des Porphyrius, die unsicher erscheint. Symm. rel. 3,8: Varios custodes urbibus cultus mens divina distribuit. Symm. rel. 3,10: Aequum est, quidquid omnes colunt, unum putari. Uno itinere non potest perveniri. Ambr. ep. 17 (CSEL 82/1, 11) steigt gleich mit Psalm 96 in die Polemik ein, Ambr. ep. 18 (CSEL 82/1, 34) bezieht sich direkt auf Kaiser Valentinian und enthält drei Anklagen mit antipolytheistischen Polemiken, die in den Themenbereich des Kultes führen. Ambr. ep. 57 (CSEL 82/1, 205) letztlich ist noch politischer, richtet er sich doch an den Nachfolger Eugenius, vor dem er geflohen war. Siehe dazu Klein, Streit. Zur Auseinandersetzung siehe Springer, Art. Carmen ad quendam senatorem, 319– 323 und Springer, Art. Carmen contra paganos, 323–331. Edwards, Apologetics, 10 sieht die Kontroverse als Letzte zwischen Christentum und paganer Welt. Zur These eines pagan revivals s.u. Kap. 5.1. All dies sind aber Arten der Argumentation, die selbst bei den Haupttexten aufgrund der übergroßen Vielfalt umgangen werden müssen. Fiedrowicz, Apologie, 142–144 bietet ihm im Kontext der Apologetik einen allzu großen Raum. Der Auftrag Augustins bestand darin, negative Ereignisse in der römischen Geschichte darzustellen. Sein Entwurf ähnelt eher einer universalen Heilsgeschichte.

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1.3  Methode der Untersuchung 1.3.1  Rhetorische Analyse Für die Frage, wie die Argumentation bezüglich der Einzigkeit Gottes und der Vielfalt der Götter zu interpretieren ist, drängt sich sowohl von der Kontroverse zur Thematik „Monotheismus“ als auch vom Gegenstand der Untersuchung her eine Analyse auf dem Hintergrund der (antiken) Rhetorik auf, in der die Funktion der Argumente und Vorstellungen zur positiven Darstellung der eigenen Gruppe im Fokus steht. Es stellt sich im Hinblick auf Assmanns Thesen die Frage, inwiefern Gott und die Götter im Kontext einer „Rhetorik der Gewalt“ als direkter Aufruf zur Gewalt oder als Argumentation, die in irgendeiner Form in Gewalt umschlagen kann oder konnte, eine Rolle spielen. Fredes These eines „pagan monotheism“ impliziert aber genauso eine rhetorische Fragestellung, wenn er christlichen und heidnischen Monotheismus gleichsetzen möchte und keine Erklärung dafür geben kann, warum die Christen dennoch auf ihrem Monotheismus als Distinktionsmerkmal beharrten.94 Will man nicht einfach bei dieser Unschlüssigkeit stehen bleiben, bedarf es der rhetorischen Untersuchung.95 Die Apologien selbst sprechen noch eindeutiger für einen zu klärenden rhetorischen Hintergrund. Mit Tertullian gibt uns der Begründer der lateinischen Apologetik diesen Interpretationsschlüssel selbst. Er beschreibt seine apologetische Arbeit als Sammeln von testimonia (Zeugnissen) für die veritas Christiana (christliche Wahrheit) aus den Schriften der Gegner selbst, um bei ihnen einen Irrtum in se (gegenüber sich selber) zu erweisen.96 Daraus ergibt sich ein Vorgehen, bei dem die Argumente darauf hin analysiert werden müssen, inwiefern sie beim heidnischen Leser überzeugend sein können. Auch Laktanz verortet sich selbst, aber auch seine beiden Vorgänger, in der rhetorischen Tradition und kann dafür seine Berufstätigkeit als

94 „It thus seems all the more puzzling why the Christians insisted on their monotheism as a distinguishing mark.“, Frede, Pagan Monotheism 67. 95 Dass die dennoch existierenden Unterschiede für eine ergänzende systematische Analyse sprechen, sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden. S.u. Kap. 1.3.2. 96 Tert. test. 1,1 (CChr. SL 1, 175). Eine ähnliche Charakterisierung der rhetorischen Methodik findet sich bei Lact. op. 20,3 (CSEL 27, 63). Im Gegensatz zu Tertullian möchte er aber auch die „eigenen Waffen“ einsetzen: quos partim nostris armis partim vero ex ipsorum inter se concertatione sumptis revincemus, ut appareat eos induxisse potius errorem quam sustulisse.

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Rhetoriklehrer in Bithynien anführen.97 Bei Augustinus, der denselben beruflichen Hintergrund hat,98 lässt sich gar ein eigener Text zur Rhetorik finden.99 Die rhetorische Gestaltung der Texte ist immer mit Blick auf das gebildete Publikum zu interpretieren. Die Apologeten argumentieren nicht nur innerhalb dieser Tradition, sie stellen es für den gebildeten Adressaten auch auffällig so dar. Tertullian verwendet gleich zu Beginn eine Anrede an die Romani imperii antistites (Statthalter des Römischen Reiches) und lehnt sich auffällig an die forensische Rhetorik an,100 Minucius bildet in seiner Einleitung diejenige von Cicero nach101 und Augustinus nennt sein Werk ebenfalls mit deutlichem Bezug auf Cicero ein magnum opus et arduum (großes und schwieriges Werk).102 Dies ist so zu interpretieren, dass die Bildung als Kenntnis des gemeinsamen Literaturkanons gezeigt werden soll. Grundsätzlich kann hierzu jeglicher Text, der in der antiken Schule eine Rolle spielte, mit diesem Ansinnen zitiert werden.103 Am besten geschieht dies allerdings durch Texte aus der rhetorischen Tradition, ist doch der Rhetorikunterricht die höchste Stufe der antiken Schule.104 Lact. inst. V 2,2 (Heck/Wlosok 442): Er spricht hier von den oratoriae litterae, die er in Bithynien gelehrt habe. In einem längeren Teil zu Beginn des fünften Buches stellt sich Laktanz in die rhetorische Tradition, zu der er auch seine christlichen Vorgänger zählt. S.u. Kap. 4,1. 98 Vgl. Aug. conf. IV 2,2 (CChr. SL 27, 40): Docebam in illis annis artem rhetoricam, sagt er von seiner Mailänder Zeit, um sich dann davon abzugrenzen. 99 Im vierten Buch der Schrift De doctrina christiana gibt er Anweisungen zu einer christlichen Rhetorik. Vgl. zur Einordnung Tornau, Rhetorik, 354–357 und Gemeinhardt, Bildung, 59–61. 100 Vgl. Gemeinhardt, Bildung, 70: „Wohl aber ist das Schrifttum Tertullians ohne das Vorbild des genus iudiciale undenkbar.“ Vgl. zur Forschungsdebatte Georges, Apologeticum, 13 f. Ausgearbeitet wurde der Sachverhalt bereits von Heinze, Apologeticum, dann aber auch von Sider, Ancient Rhetoric und Eckert, Orator. 101 Schubert, Minucius, 14 spricht von einer „gediegenen rhetorischen Ausbildung“, führt diese dann aber vor allem mit Augenmerk auf die Stilistik aus. Als Quelle nennt er für die praefatio Laelius 23. Aland sieht seine Einleitung der Schrift De oratore nachgebildet. Aland, Bildung, 16. 102 Aug. civ. I 1 (CChr. SL 47, 1) mit Rückbezug auf Cic. orat. 10,33: Magnum opus omnino et arduum. Vgl. Drecoll, Handbuch, 52. 103 Über die Omnipräsenz der Götter im Schulbetrieb beklagt sich Tert. idol. 10 (CChr. SL 2, 1109f): necesse est deos nationum praedicare, nomina, genealogias, fabulas, ornamenta honorifica quaeque eorum enuntiare, tum sollemnia festaque eorundem observare, ut quibus vectigalia sua supputent. Vgl. dazu Gemeinhardt, Bildung, 37.42. 104 Vgl. zur neusten Diskussion: Gemeinhardt, Bildung, 43–46. Vössing, Nordafrika, 563 betont, dass nur eine Oberschicht den Rhetorikunterricht besuchen konnte. 97

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Obwohl nur wenig dagegen spricht, die Texte auf dem Hintergrund der antiken Rhetorik zu lesen, sind die Gründe besonders prominent. Es kann vor allem angeführt werden, dass es Stellen gibt, in denen sich die Apologeten explizit von Rhetorik abgrenzen möchten, indem etwa Tertullian einer ars verborum (Kunst der Worte) die veritas (Wahrheit) entgegenzustellen versucht105 oder Augustinus abgrenzend auf den sermo piscatorius (Fischerrede) der frühen Christen verweist.106 Bei Minucius umfasst dieser Gedanke ein ganzes Kapitel, in dem er verborum lenocinio (durch den verführerischen Prunk der Worte) eine Ablenkung des Lesers von der Wahrheit feststellt.107 Die Entkräftung dieses Argumentes scheint allerdings nicht schwer: Die faktische Verwendung derselben macht eine wörtliche Deutung der Rhetorikkritik unmöglich. Ganz im Gegenteil: Man muss denjenigen sicher Recht geben, die diese Art der Argumentation als rhetorica contra rhetoricam (Rhetorik gegen Rhetorik) bezeichnen, also einer Zuhilfenahme einer philosophischen Kritik an der Rhetorik bei gleichzeitiger Verwendung.108 Eine solche Argumentation wird dadurch ermöglicht, dass die Philosophie als höchste Stufe der Bildung gilt, bei der allein es um die Suche nach der Wahrheit geht. Der Sachverhalt, dass die Apologien sich in eine rhetorische Tradition stellen, ist seit Geffcken grundsätzlich bekannt.109 Äußerungen zum eigenen rhetorischen Vorgehen finden sich bei den Apologeten allerdings zu wenig, und diese haben häufig selbst eine bestimmte Tendenz, als dass darin ein Analyseinstrumentarium gefunden werden könnte. Einzig Augustinus hat sich ausführlich zu einer eigenen rhetorischen Theorie geäußert, allerdings mit dem Vorhaben, damit die Bibelverkündigung zu fördern.110 Die wichtigste Hilfe zur Analyse bieten deswegen die Rhetorik-Lehrbücher, die in der Spätantike allgemein verbreitet waren. In allen Texten (außer bei Tertullian) wird hier insbesondere Cicero als

Da der Bedarf an Behörden in Karthago groß war, könnten es ungefähr 1000 Leute gewesen sein. Philosophie war dazu nicht gefordert. Vgl. auch Vössing, Nordafrika, 412. 105 Tert. apol. 46,1 (CChr. SL 1, 160): non arte verborum, sed eadem forma, qua probationem constituimus, de veritate debebit reniti. 106 Dazu Tornau, Rhetorik, 322. 107 Min. Oct. 14,4 (Kytzler 11). 108 Vgl. Kienpointner, Art. Rhetorica gegen Rhetorik, 1395–1399. 109 Geffcken, Apologeten, 277, wobei er nur die lateinischen Apologien so charakterisieren wollte. Ihm stimmt Georges, Bildung, 388 zu. 110 S.u. Kap. 5.1.

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Vorbild genommen oder zumindest angegeben.111 Von seinen Texten zur Rhetorik ist aber einzig De oratore eine breit gefächerte Einführung, alle anderen Werke umfassen nur einen begrenzten Gegenstand.112 Umfassendere Hilfestellung bietet Quintilian in der Institutio oratoria.113 Da bereits bei ihm ein Lob Ciceros zu finden ist,114 ist diese Wertung des früheren Rhetorikers selbst wieder zu einer Tradition geworden, und die Darstellung bei den Apologeten kann auch unter diesem Vorzeichen gelesen werden. Für die Erklärung ihrer Texte muss für die antike Theorie auch die aristotelische Rhetorik herangezogen werden, ohne die die lateinische Tradition gar nicht verständlich wird.115 Gerade aus diesen Texten ergibt sich ein zweites Problem für einen rhetorischen Zugriff, das sich aber nicht auf Apologien als Texte, sondern auf Argumentationen mit Gott und den Göttern bezieht. Gehört die Frage nach Gott nicht zur philosophischen Betrachtung und entzieht sich der rhetorischen Verwendung? Diesem Vorwand kann man nur mit einem Blick in die rhetorische Tradition begegnen: Aristoteles führte eine Trennung durch zwischen der Dialektik, die sich mit der Wissenschaft beschäftigt, und der Rhetorik, deren Ort die Politik, das Recht und feierliche Veranstaltungen sind.116 Der Gottesbegriff gehört bei ihm zur Wissenschaft. Er betont sogar, dass es Dinge gebe, die die Rhetorik nicht behandeln soll, wozu insbesondere die Frage gehört, ob die Götter zu verehren 111 Aug. civ. VI 2 (CChr. SL 47, 167) spricht Cicero beim Studium der Rhetorik den höchsten Wert zu, jedoch nicht in den artes liberales. Hier steht für ihn Varro im Zentrum der Auseinandersetzung: Qui tametsi minus est suavis eloquio, doctrina tamen atque sententiis ita refertus est, ut in omni eruditione, quam nos saecularem, illi autem liberalem vocant, studiosum rerum tantum iste doceat, quantum studiosum verborum Cicero delectat. 112 Nach Fuhrmann, Rhetorik, 61 ragen unter den kleineren Werken insbesondere der Brutus und der Orator hervor. Wirklich gelesen wurde in der Spätantike aber offensichtlich vor allem De inventione. Tornau, Rhetorik, 369 meint dazu dennoch, dass die rhetorische Bildung zur Zeit Augustins nicht auf einem allzu tiefen Niveau gewesen sein kann: „Die Schlussfolgerung ist erlaubt, dass man in den spätantiken Rhetorikschulen mehr lernen konnte als es die uns vorliegenden, vergleichsweise dürftigen Handbücher und De inventione-Kommentare vermuten lassen.“ 113 Fuhrmann, Rhetorik, 70–72. Er gibt als Adressaten nicht den Redner, sondern den Redelehrer an. 114 Quint. inst. X 1,105. 115 Diese wurde aber von Cicero und Quintilian offensichtlich nicht mehr gelesen. Vgl. Krapinger, Rhetorik, 250. Fuhrmann, Rhetorik, 52 nennt De oratore die bedeutendste Schrift. Cicero schreibt zu dieser selbst in Ad familiares I 9,23, dass sie Aristotelico more abgefasst wurde. 116 Vgl. dazu die drei Arten von Reden in Rhetorik I 4–15. Krapinger, Rhetorik, 247.

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sind oder nicht.117 Bei Cicero verschiebt sich das Interesse hin zur Rhetorik und er vertritt den Gedanken, dass eine cognitio rerum (Erkenntnis der Dinge) nur dann von Bedeutung sei, wenn sich damit eine ethische Frage verbinde.118 Wie bereits Quintilian bemerkte, hat er in seiner ersten Schrift De inventione die sogenannten quaestiones infinitae (unbegrenzte Fragestellungen)119 deswegen nicht in den Arbeitsbereich des Rhetorikers eingeordnet.120 In seinen späteren Schriften aber erhielten diese insofern eine Bedeutung, als sie für die jeweiligen spezifischen Fragen von wichtiger Bedeutung sind. Der perfekte Redner Ciceros kennt sich somit in philosophischen Fragen aus.121 Diese Sichtweise spielte auch eine Rolle für die Staatstheorie. So ist es zu verstehen, dass die Verknüpfung des Arguments der kosmischen providentia (Vorsehung) des einen Vorsehenden mit der Staatsgewalt des einen Herrschenden zu einem der klassischen Beispiele römischer Rhetorik wird.122 Die Frage nach Gott ist vor diesem Hintergrund als philosophische Thesis123 auszuführen, und es ist zu fragen, ob es Gott gibt, was er ist und wie er beschaffen ist.124 Für den ersten Schritt ist mit der gleichen Art der Auffindung von Argumenten vorzugehen, die Cicero im Rekurs auf Aristoteles als Topik bestimmt hat.125 Der Gottesbegriff kann vom Begriff her entweder etymologisch oder nach seiner Funktion und Relevanz bestimmt werden.126 Die restlichen Argumente für diese Vorstellungen sind von eben diesen Ausführungen abhängig, es lassen sich aber noch einmal Möglichkeiten finden, diese allgemein zu kategorisieren. Laktanz geht mit der rhetorischen Tradition konform, wenn er als die drei Typen von Argumentation den Gebrauch der auctoritas, der ratio (Grund) und

117 Vgl. Aristot. top. I 105a5–7. 118 Cic. offic. I 153. Vgl. dazu Arweiler, Cicero, 259. Fuhrmann, Rhetorik, 72. 119 Sie beziehen sich im Gegensatz zu den quaestiones finitae nicht auf einen Einzelfall, sondern sind übertragbar. 120 Cic. inv. I 6. Dazu Quint. inst. III 5,15. 121 Cic. orat. 33,118. 122 Bereits bei Quint. inst. V 10,14. 123 In Cic. part. 62 eine cognitio. 124 Und zwar als eine Frage, deren Ziel die Erkenntnis und nicht die Praxis ist; zu den relevanten Fragen hierzu Quint. inst. III 5,6: an sit, quid sit, quale sit. 125 Aristot. top. führt in diese Thematik ein. Cic. top. und Cic. inv. widmen sich ebenfalls der Frage nach der Auffindung von Argumenten. Perelman baut mit seiner Systematik auf Aristoteles auf. Vgl. dazu Kienpointner, Argumentationsmuster, 211–226. 126 Etymologia et vis bei Quint. inst. V 10,53.

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der inductio (induktiven Beweisführung) unterscheidet.127 Die beiden letzten Typen gehen direkt auf Aristoteles zurück, der in der Rhetorik zwischen einem Enthymema (Schluss) und einem Paradigma (Beispiel) unterscheidet, wobei Ersteres als aussagekräftiger betont wird.128 Dies wird von Quintilian insofern weitergeführt, als er von der ratio als certa quaedam comprensio sententiae, quae ex tribus minime partibus constat (eine gewisse Gedankenverbindung, die aus wenigstens drei Teilen besteht) spricht.129 Aus zwei allgemeingültigen Aussagen soll eine dritte geschlossen werden. Das exemplum (Beispiel) kann bei Quintilian sowohl einen induktiven Syllogismus als auch eine reine Illustration einer These meinen.130 Hier soll aus (möglichst vielen) Beispielen eine allgemeingültige Aussage gezogen werden.131 Inwiefern die formalen Argumente ohne rhetorischen Bezug auf eine auctoritas überhaupt formuliert werden sollen, wird in der Antike anders gesehen als heute.132 Aristoteles etwa schreibt, dass Argumente erst dann von Bedeutung sind, wenn ein gewichtiger Philosoph ihnen zugestimmt hat.133 Bei ihm liegt die auctoritas nicht beim Logos, sondern beim Ethos eines Redners. Quintilian schließt aus, dass mit einem neuen Argument irgendetwas glaubwürdig gemacht 127 Vgl. Cic. inv. I 50, dazu Arweiler, Cicero, 134. Vgl. Lütcke, Art. auctoritas, 498– 510. Ring, Art. auctoritas, 242–244. 128 Aristot. rhet. I  1356b. Zur Diskussion des Verhältnisses zwischen den beiden Argumenttypen siehe Rapp, 2002, 43 f. 157. In der Dialektik nennt er die gleichen Argumenttypen, wenn sie in der wissenschaftlichen Diskussion geäußert werden, deduktive und induktive Argumente, wobei nur die deduktiven den Charakter eines Beweises haben. 129 Quint. inst. V 10,5 vermerkt, dass es in der lateinischen Sprache bei Cicero ratiocinatio heißt. 130 Quint. inst. V 10,5f. Siehe auch Cic. orat. 74. Quint. inst. II 13,12 f. Schmetz, Nouvelle Rhetorique, 250 deswegen verkürzend, wenn er das Beispiel als induktives Argument beschreibt im Hinblick auf Aristot. rhet. I 1356b. Klein, Art. Exemplum, 60–70, hier 61 führt noch die Erläuterung für Ungebildete als Zweck des exemplum als Funktion in der antiken Rhetorik an. Für Anmerkungen der Wichtigkeit in der heutigen Rhetorik, siehe Knape, Bildrhetorik. 131 Nicht erst in der Nouvelle Rhétorique, sondern auch schon nach antiker Theorie bleibt eine solche Art des Argumentierens stets angreifbar. So dann Perelman, Reich, 112. 132 Cic. de orat. II 209: Cato könne man vor Gericht nicht widersprechen. Cic. part. 96: Alte Argumente seien die besseren, aber neuere seien bekannter. Meist wird auctoritas bei ihm, wie bei den christlichen Autoren auch, nicht besprochen, sondern nur durch Charakterisierung als acutus, doctus e.a. vorausgesetzt. 133 Aristot. top. I 104b. Vgl. dazu Schmetz, Nouvelle Rhetorique, 294.

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werden könne, da doch etwas Unsicheres nicht mit etwas Unsicherem zu bestätigen ist.134 So ist damit zu rechnen, dass auch die Apologeten anerkannte Argumente für ihre Position anführen möchten. Aufgrund der wichtigen Bedeutung des Ethos ist außerdem die Vorliebe für Angriffe ad personam zu erklären.135 Eine Einführung in die möglichen Rekurse auf Argumente der verschiedenen philosophischen Traditionen soll hier nicht gegeben werden, da diese im Gegensatz zu biblischen Vorstellungen in den Texten direkt angeführt werden. Insbesondere diejenigen aus Ciceros Dialog De natura deorum bieten sich aus rhetorischer Sicht an.136 Für die Götterthematik ist die Schrift aber nicht ausreichend, da die platonische Sicht unberücksichtigt bleibt. Die drei klassischen hellenistischen Interpretationsansätze, der Euhemerismus, der Dämonismus und die Allegorese, boten sich deswegen an,137 wobei nur der letzte Erklärungsversuch nicht bei allen lateinischen Apologeten auftritt. Weniger geläufige Theorien wie etwa diejenige, dass die Götter eine Erfindung der Herrscher waren, werden kaum diskutiert.138

134 Quint. Inst. V 12,2: traditum fere est argumentum oportere esse confessum; dubiis enim probari dubia qui possunt? 135 Perelman, Reich, 103. 136 Die Argumente müssen nach Cicero von den Philosophen ausgeliehen werden, vgl. Cic. de orat. III 107–110. Einzig das epikureische Götterbild, nach dem diese selig und unvergänglich, aber eben auch untätig sind, bietet sich rein zur polemischen Besprechung an. Vgl. Burkert, Art. Gott I, 724. 137 Plut. Is. 22–44 führt zunächst den Euhemerismus als Glaube, dass die Götter Könige und Gewaltherrscher waren, aus und diskreditiert ihn als leichten Ausweg für anstößige Überlieferungen zu den Göttern und als Eingangstor für den Atheismus. Den Dämonismus als Glaube, dass einige Götter ambivalente Wesen mit unterschiedlichen Graden an Vollkommenheit, also Dämonen seien, möchte er auch auf Plato zurückführen, kann dem Zugang aber nur teilweise Positives abgewinnen. Die Allegorie, die er danach ausführlich beschreibt und auf die ägyptischen Götter anwendet, ist für ihn die „philosophischere“ Zugangsweise. Sie verbindet religiöse Tradition mit philosophischer Prinzipienlehre. 138 So etwa der vorsokratische Sophist Kritias (frag. 25 Capelle, Üb. 309): „Als so die Gesetze hinderten, dass man offen Gewalttat verübte, und daher nur insgeheim gefrevelt wurde, da scheint mir zuerst ein schlauer und kluger Kopf die Furcht vor den Göttern für die Menschen erfunden zu haben, damit die Übeltäter sich fürchteten, auch wenn sie insgeheim etwas Böses täten oder sagten oder dächten. – Er führte daher den Gottesglauben ein: Es gibt einen Gott, der ewig lebt, voll Kraft, der mit dem Geiste sieht und hört und übermenschliche Einsicht hat; der hat eine göttliche Natur und achtet auf dies alles.“

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Die Argumentation um die Götter in rhetorischer Tradition stellt sich bei den Apologeten auch der Aufgabe, nicht nach dem mos philosophorum (Art der Philosophen) knapp zu bleiben, sondern der copia rhetorum (Reichtum der Rhetoren) als Ideal zu folgen und eine gewisse amplificatio (Ausweitung) zu erreichen.139 Da die Existenz Gottes bei den lateinischen Apologeten gerade nicht in Unsicherheit gezogen werden soll, stellt die Argumentation eine nicht unbeträchtliche Schwierigkeit dar. Sehr viel einfacher stellt sich die Aufgabe bei den vielen Göttern. Hier kann die Argumentation durch eine Art (fiktiver) Argumentation gegen die Götter ad Personam ergänzt werden, wobei deren Moralität und die Moralität ihres Kultes in Zweifel gezogen werden. Im Gegensatz zur Frage nach dem einen Gott können dadurch Emotionen besser angesprochen werden.140 Nicht selten scheinen die Texte zu einer neuen Gattung, der Satire, überzugehen.141 All dies erlaubt eine für unsere heutigen Vorstellungen weitschweifige Argumentation, was aber in der Antike nicht kritisiert wurde.142 Zur Analyse der relevanten Kapitel und Stellen sollen nicht nur die antiken Handbücher zur Rhetorik herangezogen werden. Größere Teile derselben tragen zum Thema wenig bei.143 Auch das „Handbuch der literarischen Rhetorik“ von Heinrich Lausberg aus dem 20. Jahrhundert, mit dem eine genauere Bestimmung der Argumente möglich wird, widmet sich zu stark den Stilfiguren und geht über die antiken Quellen, die sich einer Rhetorik vor Gericht verpflichtet

139 Cic. orat. 14,16; Die Rhetoren sprechen so breiter und schmuckvoller (uberius et ornatius). Deswegen seien philosophischer und rednerischer Umgang mit Sprache nicht schwer auseinanderzuhalten, Cic. orat. 19,64. 140 Gegen die Stoa, vgl. Fuhrmann, Rhetorik, 41. Zur Lächerlichkeit vgl. Kahlos, Debate, 136–140. An antiken Texten hierzu insbesondere Cic. de orat. II 236 f. 289. 141 Satirische Texte zur Götterthematik sind auch im lateinischen Sprachraum keine Neuschöpfung durch die Christen. Vgl. dazu etwa Varro, sat. men., wo sich die Satire selbst gegen philosophische Gottesbilder richtet. Wieder aufgenommen bei Sen. apocol. 8,1. 142 Vgl. Marrou, Bildung, 62: In der antiken Rhetorik werde eine üppige Argumentation (prolixe) positiv gewertet. Cic. de orat. III 104–108 bewertet eine Kürze der Argumentation als Fehler. Dass der turba deorum, die negativ konnotiert wird, bei den christlichen Autoren eine turba an Einzelargumenten korreliert, wird nie reflektiert. 143 Die Frage nach der actio (etwa Cic. de orat. III 213–227 bietet Hinweise zum Vortrag) ist für diese Untersuchung weitaus unwichtiger als etwa zur Auffindung von Argumenten (ebd. II 99–306) oder eine Einführung in die verschiedenen quaestiones (ebd. III 104–125).

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fühlten, nicht hinaus.144 Im antiken Bildungsbetrieb konnte man aber, wie die Argumentationen selbst zeigen werden, durchaus mehr lernen. Die Apologeten setzten ihr Wissen kreativ ein, wobei ihnen in unterschiedlichem Ausmaß eigene Erfahrungen zur Verfügung standen.145 Bei den Übungen der antiken Schule, die sie als Schüler absolviert und als Lehrer wiederum vermittelt haben, waren die Götter wichtiges Thema.146 Eine Königslösung, dieses Problem zu umgehen, ist trotz Revitalisierung der antiken Rhetorik auch nicht gegeben. Um weitere Impulse für die Analyse zu gewinnen, lohnt es sich aber, mit der Nouvelle Rhétorique Chaim Perelmans einen Ansatz zu berücksichtigen, bei dem die antike Rhetorik zur Grundlage gemacht wurde, die Erkenntnisse der antiken Rhetorik aber im Gespräch mit zeitgenössischer Philosophie und rhetorischer Praxis weitergedacht wurden. Neben einigen allgemeinen Bemerkungen legt er seinen Schwerpunkt auf verschiedene Argumenttypen, wo er zu weiterführenden Ergebnissen kommt.147 Dass dieser Ansatz auch bei der Analyse antiker Texte Impulse bieten kann, wurde bereits mehrfach gezeigt. Einige Einschränkungen müssen dennoch gemacht werden: Ist eine direkte Abhängigkeit einer Vorstellung der Nouvelle Rhétorique von der antiken Rhetorik148 festzustellen, muss die zeitlich frühere zur Interpretationsgrundlage gemacht werden.149 Außerdem kann eine der Grundintentionen 144 Für diese Arbeit ist hier der wichtigste Teil 2C zur argumentatio. Lausberg, Handbuch, 190–234. 145 Vgl. Marrou, Bildung, 46: „Die Praxis der Rhetorik war viel geschmeidiger und weniger einförmig als ihre Methode.“ 146 Vgl. dazu Marrou, Bildung, 46. Von den Progymnasmata führe Aug. conf. I 27 eine Ethopoiie an. Er habe den Zorn der Juno gegen die Trojaner unter dem Beifall der Mitschüler dargestellt. 147 In seinem zusammenfassenden Werk „Reich der Rhetorik“ (L’empire rhétorique) aus dem Jahr 1977 machen über die Hälfte des Inhalts Überlegungen zu den Argumenten, insbesondere den quasi-logischen, denjenigen aus der Struktur des Wirklichen und denjenigen durch Beispiel, Illustration und Modell, aus. Vgl. Perelman, Reich, 60–140. 148 Auch die antike Dialektik kommt in Betracht. Perelman war sich unsicher, ob er seinen Ansatz Neue Dialektik oder Neue Rhetorik nennen sollte und entschied sich einerseits wegen der großen Bedeutung des Publikums für den Begriff der Rhetorik, andererseits, weil er den Begriff der Dialektik als von Hegel und Marx besetzt sah, vgl. Gross/Dearin, Perelman, 8. 149 Einen der Hauptgedanken Perelmans, denjenigen zur Unterscheidung des Publikums als universell und partikulär, auf einen Text Augustins zu übertragen, würde zu ungültigen Schlüssen führen, da er selbst angibt, dass er diesen Gedanken in Auseinandersetzung mit Thomas von Aquin entwickelte, der wiederum in einer

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Perelmans, die Rhetorik aus ihrer antik-metaphysischen Verankerung zu lösen, in einer Arbeit über Argumentationen zu metaphysischen Themen nicht weiterverfolgt werden.150 Die hier vorgeschlagene Vorgehensweise, Perelmans Ansatz gewissermaßen als Steinbruch zu verwenden, findet sich auch in anderen aktuellen Publikationen.151

1.3.2  Systematische Analyse Man würde die Art der apologetischen Texte missverstehen, wollte man sie in erster Linie als christlich-systematische Traktate interpretieren. Solche Zugänge führen bei einem Autor wie Minucius, von dem nur eine Apologie überliefert ist, zwangsläufig zur Frage, ob er sich erst kürzlich zum Christentum bekehrt habe und deswegen in der christlichen Systematik noch zu wenig bewandert sei.152 Tatsächlich aber lässt sich dieser Befund so erklären, dass gezielt nur solche Inhalte der christlichen Lehre ausgewählt werden, die sich zur Überzeugung von Heiden eignen könnten. Diese werden dann so nahe wie möglich am heidnischen Denken dargestellt. Gleichzeitig sind die Vorstellungen vom einen Gott nicht nur deswegen gewählt, weil diese eine besonders erfolgreiche Argumentation im Hinblick auf ein heidnisches Publikum versprechen, sondern sie auch als wichtiger Bestandteil des eigenen Bekenntnisses verstanden werden. Dies gilt auch für die Erklärungen zu den vielen Göttern, wo jedoch zwischen dem Dämonismus und dem Euhemerismus eine Differenzierung im Hinblick auf eine christliche Vereinnahmung vonnöten ist.

augustinischen Tradition gelesen werden muss. Vgl. dazu einen seiner letzten Vorträge am 16.11.1982, abgedruckt von Golden/Pilotta, Practical Reasoning, 14. 150 Kopperschmidt, Versuch, 10–13, hier 13 sieht dies als das eigentlich „neue“ an der Nouvelle Rhétorique. Das primäre Interesse Perelmans sieht er philosophisch in der „Pluralisierung des Vernunftbegriffs“ gegen das antike metaphysische Denken. 151 Ein neuerer Ansatz wie etwa die pragma-dialektische Argumentationstheorie übernimmt nur die Assoziation und Dissoziation von Perelman. Vgl. Kienpointner, Argumentationsmuster, 363. Schmetz, Nouvelle Rhétorique, 262. 152 Vgl. etwa Mühl, Christologie, 69. Die Auffassung von Minucius Felix als Neubekehrtem findet sich bei Kühn, Octavius im Jahre 1882. 1905 bezeichnete ihn Dessau, Minucius, 373–386 sogar als einen Häretiker, der die Gottheit Christi nicht anerkannte. Für Laktanz gilt im Grunde auch, dass nur apologetische Schriften überliefert sind, doch der zweite Teil seiner Institutiones divinae ist bereits nicht mehr dem exakt gleichen Ansatz wie bei Tertullian und Minucius verpflichtet und nähert sich stärker der Systematik.

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Welche Folgen die Vernachlässigung dieses Zugriffs haben kann, zeigt die rein rhetorische Analyse bei Maijastina Kahlos.153 Sie untersuchte Dichotomien und Grenzziehungen gegenüber Nichtchristen.154 So zieht Augustinus Grenzen zwischen der civitas dei (Gemeinschaft Gottes) und der civitas terrena (irdische Gemeinschaft) oder Tertullian zwischen Jerusalem und Athen. Gerade an diesem Beispiel sieht man aber, wie unterschiedlich diese Dichotomien erscheinen, wenn man mit einem systematischen Interesse an die Texte herangeht. Während bei Augustinus wie bei allen anderen lateinischen Apologeten nichts dagegen spricht, dass an eine postmortale Scheidung von Gerechten und Ungerechten tatsächlich geglaubt wird, kann man bei Tertullian in anderen Schriften beobachten,155 wie er die Dichotomie zwischen heidnischer Bildung und christlicher Offenbarung nolens volens wieder auflösen muss.156 Um solchen Problemen zu entgehen, braucht es also stets eine Verortung der Aussagen im jeweiligen Bild vom Christentum, das ein jeder Autor entwirft. Dass es in diesen Punkten während der über 200 Jahre, die zwischen dem ersten und letzten Text dieser Untersuchung stehen, zu einer Entwicklung kam, sollte berücksichtigt werden, ohne dass diese selbst zum Hauptthema wird.

1.3.3  Apologien als Kommentare Eine der wichtigsten Textgattungen der Spätantike ist der Kommentar, der daraus besteht, einen kanonisch gewordenen Text mit Hilfe von Worterklärungen, Paraphrasen und zusätzlichen Informationen zu erklären.157 Die antiken christlichen Autoren sind nicht nur aufgrund ihrer griechisch-römischen Bildung (insbesondere Grammatik), sondern auch aufgrund entstehender eigener

153 Diese Monographie soll hier kurz besprochen werden, da es bisher die einzige war, in der der Ansatz Perelmans auf die Analyse christlicher apologetischer Texte übertragen wurde. Siegert, Argumentation beschäftigt sich auf derselben Grundlage, die er aber noch stärker betont und strikt durchführt, mit der Argumentation bei Paulus. 154 Kahlos, Debate, 11–54. 155 Den verbindenden Charakter der Bildung kann auch Tertullian nicht leugnen, siehe etwa Tert. idol. 10,4 (CChr. SL 2, 1109): Quomodo repudiamus saecularia studia, sine quibus divina non possunt? 156 Vgl. dazu Colpe, Monotheismus, 23. Diese Dichotomie ist Teil der Rhetorik. Dazu Bendlin, Nicht der eine, 283. 157 Vgl. Fladerer/Börner-Klein, Art. Kommentar, 282–329, hier 283.

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Traditionen gewohnt, solche Texte zu benutzen.158 Nun sind die apologetischen Texte der jeweiligen Vorgänger keine kanonischen Werke wie Bibeltexte, die linear auszulegen und zu kommentieren wären. Die Arbeit mit den apologetischen Texten lateinischer Sprache zeigt aber, dass die Autoren sich insbesondere bei der Argumentation mit der Einzigkeit Gottes, aber teilweise auch bei der Argumentation mit den vielen Göttern, an den früheren Texten orientieren. Der Umgang mit den Vorgängertexten ist nicht nur derjenige einer Fundgrube für Argumente  – so geht höchstens Pseudo-Cyprian mit den verfügbaren Texten um–,159 sondern zusätzlich eine Kommentierung der inhaltlichen (und stilistischen) Richtigkeit. Lehnt sich eine Textpassage stark an einen Vorgängertext an, sind die Änderungen aufgrund von anderen rhetorischen Einschätzungen oder aufgrund von neuen systematischen Optionen zu erklären.160

1.4  Biblische Argumentationsziele der christlichen Apologeten Auch wenn die traditionelle Bestimmung von Apologien als Verteidigungsschriften gegen heidnische Angriffe differenziert werden musste, kann dennoch festgestellt werden, dass eine explizite biblische Argumentation gar nicht (Minucius), kaum (Tertullian) oder erst in einem zweiten Schritt (Laktanz, Augustinus)161 erfolgt. Während also die wichtigsten Texte im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der griechisch-römischen Bildung direkt an den Texten eingeführt werden können,162 müssen die biblischen Kontexte vorweggenommen werden. Als wichtigste Stellen für die zu behandelnden apologetischen Texte im Hinblick auf die Fragestellung nach dem einen Gott und den vielen Göttern sind für das Alte Testament in der christlichen Aufnahme Ps 82, Dtn 6,4f, Ex 22,19, Jes 45,7, 158 Im Westen gibt es relativ spät Bibelkommentare, doch die Begegnung damit bei griechischen Autoren findet schon bei Tertullian statt, ebd. 316. 159 Die Schrift Quod idola dii non sunt ist eine Art Kompilation der Vorgängertexte ohne Anspruch auf Eigenständigkeit. 160 Im Einzelnen wird dies in den jeweiligen Einführungskapitel zur Eigenart der apologetischen Texte oder aber im Kommentar zu den Textstellen selber wiedergegeben. 161 Augustins Argumentation verzichtet am wenigsten eindeutig auf Bibelzitate. Er selbst bezeichnet diese aber als Vorwegnahmen seiner weiterführenden Besprechungen im zweiten Teil. S.u. Kap. 5.1. 162 Eine allgemeine Einführung in den Umgang mit dem Gottes- und Götterbegriff in den Schulen Platos, des Aristoteles, der Kyniker, der Stoa und den Epikureern kann hier aufgrund der Übergröße der Thematik nicht gegeben werden und es muss bei der Kommentierung von dem, was bei den christlichen Apologeten dazu steht, bleiben. Vgl. zur Einführung Burkert, Art. Gott I, 722 f.

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Ps 96,5163 und Weish 13 zu nennen. Diese sind in Kürze chronologisch in ihre Vorstellungswelten einzubetten. Auch wenn sich die Apologeten häufig auf das Alte Testament beziehen, so ist dies bei den oben genannten Stellen deswegen der Fall, weil sie bereits im Neuen Testament rezipiert werden, in dessen Licht sie auch gelesen werden.164 Ps 82 wird in Joh 10,32, Dtn 6,4 in Mk 12,29, Ps 96,5 in 1 Kor 8,5f und 10,19f und Weish 13 in Röm 1,18–25 wieder aufgenommen.165 Wenn ein Text im Neuen Testament nicht rezipiert wird, wie es bei Ex 22,19 und Deuterojesaja der Fall ist, muss eine mögliche Akzeptanz desselben in der Theologie des Neuen Testaments diskutiert werden. Einige Stellen müssen aufgrund der archaischen Konstellation vor ihrer theologischen Auswertung in den historischen Kontext eingebettet werden. Insbesondere archäologische Quellen zeigen ein Bild des frühen Israels als polytheistischer Kultur noch bis weit in die Königszeit hinein.166 Nebst weiteren Stellen167 zeigt Psalm 82 ein polytheistisches Bild einer Vielzahl von Göttern, die Herrschaft in bestimmten Territorien ausüben, als Söhne des Höchsten bezeichnet werden168 und gegenüber denen El als Höchster in einer Ratsversammlung auftritt. Solche Verhältnisse werden im biblischen Text nicht ungebrochen überliefert, sondern wenden sich vielmehr bereits gegen den Polytheismus.169 163 1 Chr 16,26 als Wiederaufnahme des Psalms. 164 Der Hauptgrund für eine Anführung alttestamentlicher Texte, wenn der gleiche Sachverhalt auch im Neuen Testament geschildert ist, ist der sogenannte Altersbeweis. Vgl. dazu bereits Tert. apol. 19,1 (CChr. SL 1, 119): Primam igitur instrumentis istis auctoritatem summa antiquitas vindicat. 165 Für den folgenden Abschnitt verwende ich die jeweils neusten Kommentare des HThKAT und HNT. Zu diskutieren wäre, inwiefern 1 Hen 6 in Jud 1,14 rezipiert wird. So sieht es Aug. civ. XV 23 (CChr. SL 48, 491): Scripsisse quidem nonnulla divine illum Enoch, septimum ab Adam, negare non possumus, cum hoc in epistula canonica Iudas apostolus dicat. 166 Vgl. etwa Stolz, Monotheismus, 34 f. Albertz, Religionsgeschichte I, 97. 167 Insbesondere das sogenannte Moselied in Dtn 32 nimmt die Vorstellungen einer Verwaltung bestimmter Territorien durch Götter ausführlicher auf. Zum himmlischen Thronrat 1 Kön 22,19; Jes 6,1–3; Ijob 1f und Ps 29,1–10; 89,6–8. 168 Ps 82,6. Hartenstein, Götter in den Psalmen, 232 kann nicht überzeugen, wenn er die Szenerie als „nicht mehr polytheistisch“ beschreibt, weil die Götter in die Thronsphäre Jahwes integriert sind. So eine Situation gibt es auch in Rom und Griechenland. Nicht mehr polytheistisch ist allerdings die Argumentationsrichtung. 169 Vgl. Zenger, HThKAT Psalmen 50–100, 480. Bei Albertz, Religionsgeschichte I, 99 werden gerade Besonderheiten des ugaritischen Gottes El als Einzelgott ohne Familie und als Gott, der nicht an ein Land, sondern an eine Großgruppe gebunden ist, als Anlagen gesehen, die zu einer Alleinverehrung des mit Jahwe identifizierten

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Aus sozialethischen Gründen werden die Götter der Völker in Ps 82 nach Els Gerichtsbeschluss entmachtet und der Sterblichkeit preisgegeben.170 Dass die Stelle im Neuen Testament rezipiert wird, liegt am Plural des Götterbegriffes, der allerdings ohne Rückgriff auf die tatsächlichen Vorstellungen eingeführt wird. Der Plural dient a minore ad maius zur Begründung von der Rede eines Gottessohnes, da ja in Ps 82 sogar von Göttern gesprochen werde.171 Dass nur ein Gott der Gott Israels ist, wird am wirkmächtigsten in Dtn 6,4 ausgedrückt. Der Text selbst kann auch monolatrisch gedeutet werden. Die Monolatrie wird in den Bundesanweisungen in Ex 22,19 bei Todesstrafe eingefordert.172 Diese Stelle wendet sich nach der Darstellung in Joh 10,30f gegen Jesus, wenn er aufgrund der Behauptung, dass er und der Vater eins seien, gesteinigt werden soll. Es wäre zu erwarten, dass die Stelle deswegen bei den christlichen Apologeten nicht rezipiert wird, was bei den frühen auch der Fall ist. Spätestens in der Exilszeit wird in Dtn 6,4 jedoch ein Satz gesehen, der den Gedanken ausspricht, dass nur genau ein Gott ist.173 In dieser Bedeutung wird er auch bei den Synoptikern angeführt, wobei an konkreten Geboten Gottesliebe und Menschenliebe als wichtigste angeführt werden.174 Der einfache Satz, dass nur ein Gott ist, führt in verschiedenste systematische Kontexte, die bei den Apologeten ausgeführt werden können. Derjenige nach der Frage, inwiefern ein einziger guter Schöpfergott auch für das Unheil verantwortlich ist, wird in Jes 45,7 insofern angesprochen, als Gott als Schöpfer

Gottes führen konnten. Klauck, Reflexion, 25 macht darauf aufmerksam, dass el und elohim in Ps 82,1 nicht identisch sind, wobei el als „Nullstelle spürbar“ bleibe. 170 Ps 82,7. Man könnte es als „ethischen Monotheismus“ bezeichnen. 171 Tyen, HNT Johannesevangelium, 503f sieht darin in Bezug auf einige Talmudstellen, etwa bAbod. Zar. 5a, eine Tradition aufgenommen, nach der ganz Israel mit den beiden Begriffen der Söhne des Höchsten und der Götter identifiziert werde, um ihnen Unsterblichkeit zu verheißen. 172 Gemeinsam mit Magie und Sodomie, die aber offensichtlich nichts mit der Monolatrie zu tun haben. Vgl. Dohmen, HThKAT Exodus 19–40, 170. Parallelstellen Dtn 13,7–18. Die Theorien, wie es zur Monolatrie kam, führen zur These einer „Jahwe-Allein-Partei“, die größten Einfluss auf die Entstehung der Thora hatte. Lang, Bewegung, 47–83. Insbesondere das Deuteronomium zeuge von der politischen Durchsetzung der Alleinverehrung. Stolz, Monotheismus, 35 spricht von einer politischen Identifikation der Bevölkerung über ein Gotteskonzept. 173 Vgl. Otto, HThKAT Deuteronomium, 794–803 zu einer monolatrischen oder monotheistischen Interpretation, bzw. zu einer Argumentation zur Einheit Jahwes. 174 Insbesondere Mk 12,29. Für weitere Stellen Klauck, Reflexion, 41.

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des Heils und des Unheils genannt wird.175 Die Stelle drückt einen universalen Monotheismus aus und nimmt die Frage nach dem moralisch Bösen nicht in den Fokus. Eine neutestamentliche Interpretation, die über ein allgemeines Bekenntnis zum Monotheismus hinausgeht, lässt sich nicht finden. Als Kontrapunkt können im Neuen Testament Stellen gefunden werden, die andere als allzu exklusive Monotheisten diskreditieren, wenn sie jegliche Wesen zwischen Gott und den Menschen ablehnen möchten.176 Die Verehrung von Engeln wird in Kol 2,18 zwar innerhalb des Monolatrie-Gebotes verworfen, die Ablehnung der Vorstellung von Engeln in Apg 23,8 aber als sadduzäisch diskreditiert.177 Im Gebot, Jesus als den Kyrios zu verehren, werden in 1 Kor 8,5 neue Konzepte geschaffen, ohne dass dabei die Behauptung, Gläubige des einzigen Gottes zu sein, aufgegeben wird.178 Für die Zeit des Hellenismus ist im Kontext des Monotheismus Ps 96,5 der Septuaginta von Relevanz,179 wo die Götter der Heiden als daimonia bezeichnet werden.180

175 Vgl. auch Dtn 32,39. Berges, HThKAT Jesaja 40–49, 402–406 sieht darin „einen immer konsequenter durchdachten Monotheismus“ ausgedrückt. Die Argumentation ist in dieser Prägnanz im Alten Testament singulär, Berges führt aber „ähnliche inhaltliche Ausrichtungen“ in anderen Stellen, etwa in 2 Sam 22,29 und Ps 18,29 an, aber auch den Gedanken, dass er sich gegen die Darstellungen in Gen 1 richte. Es ist jedoch für Berges nicht das moralisch Böse, sondern das Unheil, damit gemeint. Hartenstein, Götter in den Psalmen, 229 führt als Argumentationsziel die alleinige Herrschaft Jahwes über die Geschichte an. 176 Apg 23,8: „Denn die Sadduzäer sagen, es gebe keine Auferstehung, noch Engel, noch Geist, die Pharisäer aber bekennen beides.“ Für die Zeit des Hellenismus muss also Dissens über die Implikationen des Eingottglaubens angenommen werden. Zu einem monarchischen Monotheismus im Gegensatz zu einem exklusiven, vgl. Lang, Der monarchische Monotheismus, 559. 177 Die Ablehnung der Engel und des Geistes werden gegenüber Lk 20,27 hinzugefügt. Von dieser Ablehnung wissen wir nichts. Vgl. Jervell, KEK Apostelgeschichte, 556. 178 Lindemann, HNT Erster Korintherbrief, 193 schreibt hier von einer ethischen Deutung des Monotheismus, bei dem es nicht auf weltanschauliche Theorie ankomme. 179 Wortwörtlich zitiert wird der Psalm in 1 Chr 16,26, jedoch ohne hinsichtlich des Inhalts neue Akzente zu setzen, den Psalm aber in die Kultentstehung einzuordnen. Der archaisierende Hintergrund wird in der Septuaginta-Übersetzung nicht mehr ersichtlich. Als Ausdruck des Monotheismus in Jes 40–55 gelesen u.a. bei Hartenstein, Wettergott, 94. 180 1 Kor 10,22. Hier wird vermutlich in Anlehnung an Dtn 32,16f, wo in der Septuaginta von der Verehrung von daimonia geschrieben wird, auch die Eifersucht Gottes wieder eingeführt, die eigentlich mit einem konsequenten Monotheismus nicht vereinbar ist. Gal 4,8 spricht von Göttern, die ihrem Wesen nach keine sind.

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Der Götzenbilderpolemik des hebräischen Textes181 wird hier eine Auseinandersetzung mit der Vorstellung von bösartigen Wesen zwischen Gott und den Menschen hinzugefügt. Breite Dämonologien werden jedoch nur in Schriften neben dem christlichen Kanon, dem Buch der Jubiläen und dem Henoch entfaltet.182 Im Neuen Testament werden solche Vorstellungen ohne Bezug auf die heidnische Götterwelt in vielen Wunderberichten Jesu, die als Austreibung von Dämonen verstanden werden, rezipiert.183 Stark ausgeprägt ist der Glaube an die Notwendigkeit der Bekämpfung einer dämonischen Realität auch in der Apostelgeschichte.184 Das Gebot, nicht den Dämonen zu opfern, wird in 1 Kor 10,20 zusätzlich eingeschärft.185 Positivere Anklänge an die Bildungswelt im Hinblick auf den Gottesgedanken findet man in Weish 13,1 wo der Gedanke einer universalen Erkenntnis Gottes aus seinen Werken angeführt wird.186 Paulus, der in der bereits angeführten Stelle, Röm 3,29, den Universalismus des einen Gottes betont, nimmt diesen Gedanken in Röm 1,18–25 auf,187 führt ihn aber genauso in eine Kritik griechisch-römischer Kultur, wenn er die Heiden als solche charakterisiert, die dazu übergingen, die Geschöpfe zu verehren. Gemeinsam mit der Perikope in der Apostelgeschichte, in der Paulus (von Lukas) als Apologet des einen Gottes bei

181 Zenger, HThKAT Psalmen 51–100, 668. 182 Zur Kanonisierung s.u. Kap. 5.4. Die wichtigsten Stellen zu den lateinischen Apologien sind Tert. cult. I 1,1–3,1 (CChr. SL 1, 345–347) und Aug. civ. XVIII 38 (CChr. SL 48, 633f). Ein Bezug zu kanonischen Texten wird über Gen 6,1–4 und Jud 1,14 hergestellt. Zintzen, Art. Geister, 720 vermerkt, dass der Text Ende des 3. Jahrhunderts seine Autorität verliert. Klauck, Reflexion, 24 interpretiert den Befund der Dämonologien so, dass die verdrängten Götter im Untergrund präsent bleiben. Schaper, Septuaginta-Psalter, 177 schreibt, dass die „prägende Kraft der hellenisierten Kultur (…) für diese Relativierung eines konsequenten Monotheismus verantwortlich gewesen sein dürfte.“ 183 Klauck, Reflexion, 41f zu Monotheismus und Dämonologie beim historischen Jesus. 184 Aug. cons. ev. I 9 (CSEL 43, 10) interpretiert Unterschiede im Johannesevangelium so, dass dieser Text sich weniger auf die Taten Jesu Christi in carne beziehe. 185 Hier wird die Existenz der Dämonen wieder bestätigt, vgl. Lindemann, HNT Erster Korintherbrief, 226. 186 Da der Gedanke von der hellenistischen Philosophie herkommt und bereits in Weish 13 eine Rezeption darstellt, s.u. Kap. 2.2; 3.2; 4.2; 5.5. Dazu auch Klauck, Reflexion, 32–37. 187 Röm 1,19. Bezüglich der Begrifflichkeit der δύναμις, insbesondere aber der θειότης, nähert sich Paulus einer hellenistischen Terminologie. Käsemann, HNT Römerbrief, 37. Er meint jedoch, dass Paulus hier nicht „beweist, sondern anklagt“.

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den Athenern geschildert wird, kann man darin eine Grundlegung der Apologetik mit Bezug auf die Thematik des einen Gottes und der vielen Götter sehen.188 Die Begriffe für Gott orientieren sich an der griechischen Übersetzung der Bibel, womit die Pluralität der Gottesnamen im Alten Testament (Jahwe, El, Elohim als häufigste) keine Rolle spielt.189 So ist im frühen Christentum die Übersetzung von ‫ אֵ֣ל עֶלְיֹ֔ון‬als θεός ὕψιστος (lat.: summus deus) allgemein präsent und nicht weiter interpretationsbedürftig, auch wenn er streng genommen nicht Ausdruck der monotheistischen Phase ist und weitere Götter voraussetzt. Gegen solche Auffassungen wendet sich die Terminologie deus unus et verus (der eine und wahre Gott),190 die mit der Dämonenvorstellung einhergeht, oder die Terminologie deus vivus (der lebendige Gott), die den euhemeristischen Charakter ausdrückt.

1.5  Eigenheiten der Texte und Aufbau der Arbeit Die meisten Themen in der apologetischen Argumentation über Gott und die Götter treten bei allen Autoren auf, sodass für diese Punkte eine Einteilung der Kapitel nach Themen möglich gewesen wäre. So wird bei der Begründung des einen Gottes in allen Apologien (meist ohne direktes Zitat) auf Röm 1,20 Bezug genommen, allerdings bei Augustinus in Abkehr vom natürlichen Erweis der Einzigkeit hin zur Begründung des trinitarischen Gottes. Bei den vielen Göttern finden nur dämonologische Erklärungsmuster bei allen Autoren Beachtung. Eine ausreichende Behandlung der allegorischen Deutungen, die über Einzelbeispiele hinausgeht, findet nirgendwo statt.191 Augustinus wendet sich außerdem vom euhemeristischen Argument ab. Gleichzeitig führt jeder Autor seine eigenen Themen in die Diskussion ein. So spricht mehr für die (chronologische) Behandlung jedes Autors und seines apologetischen Haupttextes für sich. Es gilt die Eigenarten jeweils in einem Einleitungskapitel auszuführen, um zu einer Einteilung nach Unterkapiteln voranzuschreiten. Dabei sollen mögliche Betrachtungen in Bezug auf den Streit um den Monotheismus herangezogen

188 Apg 17,16–34. Vgl. dazu Gnilka, Chresis, 23. Die meisten Ausleger sehen darin eine andere Theologie als die paulinische ausgedrückt, vgl. Jervell, KEK Apostelgeschichte, 455 f. 189 Bereits für die Zeit des Neuen Testaments gilt, dass sich zunehmend die Septuaginta durchsetzt, vgl. Hahn, Einleitung, 46. 190 Cancik, Römische Religion, 115 meint, der Begriff klinge christlich. 191 Vgl. am ehesten Arn. nat. V 34 (CSEL 4, 204): ita singulae res possunt infinitis interpretationibus explicari.

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werden, der Bezug auf die apologetische Tradition hergestellt und die spezifische Argumentationsweise auch bezüglich biblischer Argumentationen im Hinblick auf Umwelt und Gesamtwerk ausgeführt werden. Die Thematik „Gott und die Götter“ ist jeweils in eine bestimmte Gesamtargumentation eingebaut. In den jeweiligen Kapitelüberschriften wurde die Eigenart der Argumentation angedeutet. Tertullian möchte den Vorwurf der laesa religio (Religionsverletzung) mit dem Beweis für die Existenz des einen und den problematischen Status der vielen Götter widerlegen. Minucius Felix stellt den Monotheismus in seiner Rhetorik als Glaubensgut des christlichen Dogmatikers Octavius im Gegensatz zum heidnischen Skeptiker und Polytheisten Caecilius dar. Laktanz führt eine ähnliche Argumentation an, setzt sie aber als eine Art captatio benevolentiae ein, die er später in eine christliche Systematik mit dem Anspruch auf Vollständigkeit weiterführen möchte.192 Für Augustinus letztlich ist die Polemik gegen die vielen Götter, die er häufig als Destruktion von Verteidigungsstrategien für dieselben durchführt, und der damit verbundene Hinweis auf die Einzigkeit Gottes nur ein erster rhetorischer Schritt, der in eine systematische Auseinandersetzung mit der platonischen Gotteslehre und der Begründung des christlich-trinitarischen Gottes führt.

192 Der Monotheismus erscheint hier als ähnliches Thema wie eine generell akzeptierte Aussage. Bei Aristoteles wird im Hinblick auf Themen, die in der Rhetorik gar nicht diskutiert werden sollen, eines angeführt, das der christlichen Rhetorik gegen die Götter entgegenläuft, vgl. Aristot. top. I 105a5–7: „Denn wer nicht weiß, ob man die Götter ehren und die Eltern lieben soll oder nicht, benötigt Züchtigung“, übersetzt bei Rapp, Rhetorik, 493.

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2. Gott und die Götter in der Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der laesa religio: Tertullians Apologeticum 2.1 Das Apologeticum als apologetische Schrift und Hauptwerk Tertullians Die zweite christliche Verteidigungsschrift lateinischer Sprache, das Apologeticum Tertullians,193 trägt den apologetischen Charakter im Titel.194 Die Ursprünglichkeit dieses Titels wird zwar bisweilen angegriffen,195 da dieser nicht aus zeitgenössischen Quellen belegt werden kann. Es spricht aber mehr für die Ursprünglichkeit desselben, kann man ihn doch einerseits in sämtlichen Handschriften in verschiedenen Variationen finden196 und wird er andererseits in den

193 Die erste ist natürlich nicht der Octavius des Minucius Felix, sondern mit Ad nationes eine Schrift, die ebenfalls von Tertullian stammt. Die Frage nach der Priorität Tertullians ist heute geklärt. Zeigen kann man dies aber besser am Octavius als am Apologeticum, s.u. Kap. 3.1–6. Neben dem Standardwerk zum Apologeticum von Heinze bieten Waltzing, Commentaire (allerdings mit Vorsicht zu behandeln, da er den Octavius als früher betrachtet), Becker, Apologeticum und neuerdings Georges, Apologeticum, gekürzt in den Fontes Christiani erschienen, wertvolle Hinweise. Für die Thematik des Monotheismus ist Lortz, Apologet von zentraler Bedeutung. Für die Rhetorik können Sider, Ancient Rhetoric und Eckert, Orator einige Anregungen geben, auch wenn das Interesse für den Aufbau überproportional erscheint. 194 Wie es für Tertullian aufgrund seiner Sprachkenntnisse möglich war, ist der Begriff aus dem Griechischen übersetzt. Dazu Price, Apologetics, 116. Drei Werke, die nicht erhalten sind, wurden von Tertullian in griechischer Sprache verfasst. 195 Für diese plädiert etwa Kinzig, Sitz im Leben, 288. Dagegen Frédouille, Genre, 227. Georges, Apologeticum, 9 meint dazu: Letztlich müsse es auch „dahingestellt bleiben, ob der Titel auf Tertullian selber zurückzuführen“ sei. Die Ausführungen zum Titel hält er für „sehr spekulativ“. Das Problem stellt sich anders als bei Laktanz, der auf sein Werk später wieder Bezug nimmt, und insbesondere Augustinus, der den Titel selbst bezeugt. 196 Umstritten bleiben das genus und die genaue Schreibweise. Einem Neutrum Apologeticum (in den Handschriften Apologyticum oder gar Apologiticum) steht auch eine maskuline Variante gegenüber (Apologeticus). Für die Einordnung spielt dies aber keine Rolle.

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frühesten Erwähnungen bestätigt, zunächst in griechischer Sprache bei Eusebius von Caesarea und später bei Hieronymus.197 Das Apologeticum ist als Verteidigung der Christen vor Gericht und somit nach dem Aufbau einer forensischen Rede konstruiert. So ist die Anlage, dass einer Formulierung von Vorwürfen, aufgrund derer die Todesstrafe ausgesprochen werden soll, eine lange Verteidigung folgt, in diesem Kontext zu betrachten und nicht als Anleihe bei der Verteidigungsrede des Sokrates. Einige Argumente aus dieser Schrift zum Gottes- und Götterglauben werden bei Tertullian im Verlaufe der Schrift diskutiert, ohne dass er die Parallelen zwischen den Anklagepunkten gegen Sokrates und die Christen rhetorisch nutzen würde.198 Die Vorwürfe gegen die Christen werden als Religionsverletzung (laesa religio) und Majestätsverletzung (laesa maiestas) bestimmt, wobei der gesamte erste Teil in eine Widerlegung der Existenz der vielen Götter und der Bestätigung der Existenz des einen hineinführt. Die aussagekräftigste Stelle zum rhetorischen Zugang Tertullians zur Fragestellung findet man in der kurzen Schrift De testimonio animae. Er beschreibt hier sein Vorgehen, die Gegner des Christentums mit ihren eigenen Schriften zu widerlegen. Die Auswahl der Schriften erfolgt bei Tertullian nach dem Kriterium der vermuteten Akzeptanz bei den Adressaten und inwiefern sie dem Vorhaben dienlich sind.199 Tertullian schildert an derselben Stelle bereits als Problem dieses

197 Eus. hist. eccl. II 2,4; II 25,4; III 33,3; V 5,5 nennt das Werk viermal stets unter dem Namen Apologia. Er betont, dass Tertullian das Werk auf Lateinisch geschrieben habe, es dann aber übersetzt wurde. Im Westen wird der Titel zuerst von Hieronymus zitiert, der den Begriff Apologeticus verwendet. Hier. ep. 70,5 (CSEL 54, 707): Veniam ad Latinos. Quid Tertulliano eruditius, quid acutius? Aug. civ. VII 1 (CChr. SL 47, 185) bezeugt nur die Schrift Ad nationes. Dies mag an der Geringschätzung Tertullians liegen. S.u. Kap. 4.3. 198 Er wird Tert. apol. 14,7 (CChr. SL 1, 113) als einer geschildert, der deos destruebat, allerdings ebd. 22,1 (CChr. SL 1, 128) und 46,5 (CChr. SL 1, 161) als Befürworter der Vorstellung eines persönlichen daimonion. Die wichtigste Rolle spielt er allerdings in Tert. an. 1 (CChr. SL 2, 781–783). Er erscheint außerdem in Tert. apol. 11,15 (CChr. SL 1, 109) als erste Person, die innerhalb des euhemeristischen Denkens der Heiden zu Unrecht nicht vergöttlicht wurde. Vgl. dazu Edwards, Apologetics, 3. Die moralische Charakterisierung ist in Tert. apol. 46,10 (CChr. SL 1, 161) in Bezug auf seine Sexualmoral negativ, wodurch es bei ihm zu einem negativen Urteil kommt. 199 Die Erwähnung von Tert. test. 1,1 (CChr. SL 1, 175) ist sehr kurz. Das Ziel wird äußerst knapp als Erweisung ihres Irrtums und ihrer Ungerechtigkeit beschrieben. Georges, Apologeticum, 37 bezieht sich nirgendwo auf diese Stelle, wenn er richtig

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Vorgehens, dass diese Akzeptanz stets verneint werden kann.200 So findet man bei ihm immer wieder auch Argumente, die sich gerade nicht auf Schriften, sondern aus der alltäglichen Erfahrung aller ihre Wirkung beziehen. Wichtig wird für Tertullian im Apologeticum der Begriff der instrumenta (Hilfsmittel).201 Welche schriftlichen Quellen er als wichtigste im Hinblick auf die Apologetik sieht, kann nicht ohne Rückblick auf sein erstes apologetisches Werk, Ad nationes, beantwortet werden. Hier wählt Tertullian ad compendium (um sich kurzzufassen) die Schriften Varros zu den Res divinae und kommentiert sie.202 Für das Apologeticum ist dies insofern wichtig, als einige Argumente dagegen erhalten bleiben und trotz einer Ausweitung der Argumentation der römische Antiquar im Vordergrund steht.203 Anders ist es jedoch bei den Mitteln, mit denen er seine eigene Meinung als christliche verifiziert, die er im Apologeticum mit dem Begriff der instrumenta antiquissima Iudaeorum,204 also den akzeptierten jüdisch-biblischen Schriften, wiedergibt, die er mit dem Hinweis auf denselben Gott auch als christliche einführt.205 Diese Einschränkung war in Ad nationes noch nicht in gleichem Umfang vorhanden.206 Hier zitiert er mit den Oracula

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ausführt, dass Tertullian wiederholt an „Diskurse aus der römischen Gedankenwelt“ anknüpfe. Tert. test. 1,3 (CChr. SL 1, 175). Die Einteilung des Apologeticum bei Price, Apologetics, 105–111 zu den exoterischen Schriften ist für die Texte Tertullians richtig, aber ungenau, da sich die Gruppe auf Lateiner beschränken lässt, wenn er insbesondere mit Varro argumentiert. Auch bei Ad nationes sollte weniger der verfängliche Titel als vielmehr die Argumentation analysiert werden. Vgl. dazu Braun, Deus Christianorum, 463–473, der den Begriff als Bezeichnung der biblischen Schriften untersucht. Vgl. dazu Becker, Apologeticum, 44. Die beiden Bücher von Ad nationes können von der Thematik her mit Tert. apol. 1–16 verglichen werden. Price, Apologetics, 110 macht zurecht auf Unterschiede aufmerksam. Aus oben genannten Gründen ist es aber unmöglich, hier von zwei Traditionen apologetischen Schreibens zu sprechen. Auch Frédouille, Apologétique latine, 44–46 macht vor allem auf die Unterschiede aufmerksam. Georges, Apologeticum, 33 vermerkt richtig, dass das Material aus Ad nationes dem Apologeticum wieder zugrunde liegt. So in Tert. apol. 21,1 (CChr. SL 1, 122f). Tert. apol. 21,2 (CChr. SL 1, 123): eidem deo manciparemur. Dahinter steht der Altersbeweis. Ein Problem bietet ihm 1 Hen , um dessen umstrittene Akzeptanz Tert. cult. fem. I 3,1 (CChr. SL 1, 346) weiss.

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Sibyllina,207 in dem einige Stellen auch als instrumenta Iudaeorum gelten können, die nie in die Nähe des christlichen Kanons geraten.208 Auch im sogenannten Fragmentum Fuldense, einem Überbleibsel eines Entwurfs zum Apologeticum,209 war dieses Argument im 19. Kapitel noch vorhanden, wenn Tertullian von der Sibylla dei veri (Seherin des wahren Gottes) spricht.210 In der verbreiteten endgültigen Version (Vulgata) wird sie jedoch weggelassen. Die eigenen Grundlagen werden hier allerdings noch immer anhand umstrittener Texte des christlichen Kanons ins Feld geführt. In allen drei apologetischen Schriften werden Gegner eingeführt. Gerade weil sie so unterschiedlich sind, kann man sie aufgrund ähnlicher Themen und Argumente in der konkreten Argumentation als reines Konstrukt oder als unwesentlich betrachten. In Ad nationes werden unbestimmte vos (ihr) genannt, im Apologeticum Romani imperii antistites (Statthalter des Römischen Reiches) und im letzten Werk Scapula.211 In der konkreten Argumentation erweist sich das Publikum im Hinblick auf den einen Gott und die vielen Götter als so universal und unbestimmt wie möglich, wobei die Diskussion innerhalb römischer Vorstellungen geführt wird. Der Aufbau war insbesondere im zweiten Buch von Ad nationes gänzlich von Varro beeinflusst. Einem Autor, der fähig war, das Apologeticum zu schreiben, darf man durchaus zutrauen, die rhetorische Unzulänglichkeit dieses ersten apologetischen Textes einzuschätzen. Eine positive Darstellung des Eigenen vermisst man hier gänzlich und wäre wohl in späteren Büchern ausgeführt worden, bevor er sich entschied, diese Schrift zugunsten einer neuen, dem Apologeticum,

207 Tertullian zitiert mit Orac. Sib. III 110 die Erwähnung von Chronos, Titan und Iapetos. Er findet die Interpretation bereits in Theoph. Autolycum II 31 vor. Die Diskussion um das Alter dieses Buches ist komplex. Vgl. Gauger, Oracula Sibyllina, 442f zu den drei Ansätzen zur Datierung. 208 Die Bedeutung derselben war dennoch (nicht erst) seit der pseudo-augustinischen Schrift Contra Iudaeos, paganos et Arianos sermo de Symbolo groß und lässt sich nicht nur anhand der Schrift, sondern auch der Bildquellen gut belegen. Vgl. dazu Gauger, Oracula Sibyllina, 464. 209 Vgl. zur Textkritik Georges, Apologeticum, 1–8. Auf die kleineren Abweichungen zwischen den Textfassungen der Vulgata und des Fuldense wird hier nicht eingegangen, da sie nirgendwo als inhaltlich relevant erscheinen. 210 Zitiert hier nach Becker, Apologeticum, 253. 211 Dieser rhetorische Kunstgriff ist bereits bei Justin vorhanden, der sich scheinbar an Kaiser, Senat und Volk wendet. In der Schrift Tert. Scap. 3,1–5 (CChr. SL 2, 1129) gibt es einige Argumente ad hominem. Vgl. dazu Heck, Theomachein.

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abzubrechen.212 In der neuen Schrift verfuhr Tertullian nach einem stringenten, einfachen Aufbau, den er aus keiner vorgängigen Schrift übernommen hat. Diesen hat er später bei der Niederschrift des letzten apologetischen Werkes, Ad Scapulam, noch einmal verwendet.213 Nach einer Einleitung mit der Hauptdiskussion über die Ungerechtigkeit der Behandlung der Christen im römischen Staat folgt die Besprechung der Vorwürfe, den Götterkult nicht zu pflegen (laesa religio) und dem Kaiser keine Opfer darzubringen (laesa maiestas). Die letzten fünf Kapitel dienen letztlich dazu, das Christentum von der Vorstellung eines genus philosophiae (Art von Philosophen) abzugrenzen.214 Die Auswahl der Textstellen ist beim Thema dieser Untersuchung relativ einfach, es ist Tertullians gesamte Widerlegung des Vorwurfs der laesa religio. Um eine Vergleichbarkeit zu den anderen Texten der lateinischen Tradition zu erhalten, sollen weniger die Beispielargumentationen zu einzelnen Göttern und Kulten, sondern die Ausführungen in einem möglichst allgemeinen Sinn betrachtet werden. Das Apologeticum Tertullians bietet gerade zur Thematik der Einzigkeit Gottes oft äußerst knappe Argumentationen. Allerdings handelt es sich bei dieser Schrift nicht nur rezeptionsgeschichtlich, sondern auch von der Bedeutung, die Tertullian dem Text selbst zumaß, zweifellos um das Hauptwerk.215 Zahlreiche Argumente werden deswegen in anderen Texten ausgeführt.216 Diese gilt es heranzuziehen. Unumstritten ist dieses Vorgehen nicht, da Tertullian in verschiedenen Textgattungen durchaus zu unterschiedlichen Resultaten kommen kann. Ein Beispiel für eine solche situationsbedingte Rhetorik bietet die Bewertung des

212 Vgl. zum Verhältnis zwischen Ad nationes, dem Apologeticum inklusive Fragmentum Fuldense Becker, Apologeticum, 31–175. 213 Dabei wird die Argumentation stark gekürzt, vgl. dazu auch Sider, Ancient Rhetoric, 23–25. 214 Exordium Tert. apol. 1–3.4–10. Vorwurf der laesa religio ebd. 10–16; 17–23; 24–27. Vorwurf der laesa maiestas ebd. 28–45. Peroratio ebd. 46–50. Vgl. hierzu Georges, Apologeticum, 39 f. Die Besprechung der Götter der stoischen Philosophen, das Herzstück von Ad nationes, findet kaum Platz und muss in die Peroratio eingeflochten werden. 215 Georges, Apologeticum, 10 spricht davon, dass Tertullian „eine Fülle von Themen“ beleuchtet, „die für sein Denken zentral sind und in anderen Werken wieder begegnen.“ Georges, Apologeticum, 21f spricht von einer „zentralen Rolle“ im Schrifttum Tertullians und führt einige Bezüge aus. 216 Für diese Arbeit sind vor allem die weiteren Ausführungen zu den testimonia für Gott, die Tert. apol. 17,4 (CChr. SL 1, 117) ein erstes Mal einführt, etwa in De testimonio animae besonders wichtig.

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Militärdienstes als Integration der Christen im Apologeticum217 und als verboten in De idololatria.218 Es wird deswegen zu zeigen sein, ob dieser Befund auch für metaphysische Argumentationen eine Rolle spielt. Wie gezeigt werden konnte, ist zwischen einem metaphysischen System, in dem die Einzigkeit Gottes behauptet wird (Monotheismus), und der Forderung nach Alleinverehrung eines (bestimmten) Gottes (Monolatrie) zu unterscheiden. Diese beiden Aussagen müssen nicht zwingend zusammenhängen. Deswegen gilt es zunächst, die apologetische Begründung des einen Gottes mit der Fragestellung zu betrachten, inwiefern die Einzigkeit hier überhaupt eine Rolle spielt.219 Neben einer Suche nach vergleichbaren Stellen im Gesamtwerk müssen die Argumentationen auch auf ihre Quellen zurückgeführt werden, um sie in der ganzen Tiefe zu erschließen. Anders sieht es bei der konkreten Ausführung der Gottesvorstellung und der Bedeutung der Einzigkeit aus, die im Apologeticum in extremer Kürze geschieht.220 In zahlreichen antihäretischen Werken werden diverse Probleme seines Gottesbildes wieder aufgenommen und verteidigt, im Gegenangriff die anderen als Häretiker und Polytheisten in Misskredit gebracht.221 In fast rein apologetische Kontexte führt die Kritik der traditionellen römischen Götter mit der Vorstellung des Euhemerismus.222 Hier muss nicht nur die Bedeutung des Arguments vergleichend mit Ad nationes hinterfragt werden, sondern auch die Verknüpfung mit der Dämonologie zur Darstellung kommen. Die Dämonologie, die eine Darstellung einer negativ gewerteten Pluralität im eigenen System ausmacht, bildet bei Tertullian einen Schwerpunkt, der fast die Hälfte der Darstellung des Eigenen einnimmt.223 Ausgehend vom Befund einer Apologetik der Dämonen kann die Notwendigkeit beleuchtet werden, diese sprachlich vom Gottesbegriff zu separieren. Letztlich gilt es auch bei Tertullian eine nur sehr sporadisch geführte Diskussion um die eigene Pluralität, die nicht negativ bewertet wird, zu betrachten. Dazu gehört für ihn nicht die

217 Unter anderem ebd. (CChr. SL 1, 157): navigamus et nos vobiscum et militamus et rusticamur et mercatus proinde miscemus, artes, opera nostra publicamus usui vestro. 218 Unter anderem Tert. idol. 19,2 (CChr. SL 2, 1120): Non convenit sacramento divino et humano, signo Christi et signo diaboli, castris lucis et castris tenebrarum; non potest una anima duobus deberi, deo et Caesari. 219 Tert. apol. 17,4–6 (CChr. SL 1, 117f). 220 Ebd. 17,1–3 (CChr. SL 1, 117). 221 Diese Thematik weitet sich aus in die Schriften Adversus Marcionem und Adversus Hermogenem. 222 Ebd. 10f (CChr. SL 1, 105–109). 223 Ebd. 22f (CChr. SL 1, 128–133).

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Trinitätsvorstellung, nach der Gott Vater in Einheit mit dem Sohn und dem Geist dargestellt wird. Bereits in Adversus Praxean schreitet er fort zu den Engeln und ihren Funktionen, was sich in De anima fortsetzt.224 Ein christlicher Vorgänger lässt sich für Tertullian für einzelne Argumente insbesondere in Ad Autolycum von Theophilus sehen. Von der rhetorischen Charakteristik her ist er eher mit Tatian zu vergleichen. Dass Tertullian seine Schrift als Verteidigung gegenüber Vorwürfen ausgibt, täuscht darüber hinweg, dass er sich durchwegs angriffig gibt. Bei vielen Vorwürfen erlaubt er sich, von einer dialektischen Argumentationsweise, wie er sie in manchen Stellen insbesondere in dogmatischen Kontexten verfolgt, in den Gegenangriff als Satire der gegnerischen Position voranzuschreiten.225 Die Grundintention ist durchaus mit der Einzigkeitsthematik verknüpft. Nicht nur den einen christlichen Gott will Tertullian scharf von den vielen traditionellen Göttern abgrenzen, sondern auch den einen Christus von den vielen Menschen, die Göttlichkeit für sich oder für die eigene Gruppe reservieren.226 Die una ecclesia soll bei ihm als eine Gruppe dargestellt werden, die einzigartig die una via weisen kann.227 224 Bei der Schrift De anima ist die Problematik, dass man eine Schrift aus einer anderen Periode seines Denkens zitiert, sicher am größten. Häufig wird sie in die montanistische Phase eingeteilt, vgl. Georges, Apologeticum, 19. In dieser Arbeit werden allerdings keine Thesen zu einer möglichen Chronologie des Werks herangezogen, die über die drei apologetischen Schriften hinausgehen. 225 Georges, Apologeticum II, 28 nennt es „beißende Ironie und (…) scharfe Polemik“. 226 Zum Kaiser meint Tert. apol. 34,1 (CChr. SL 1, 144), er könne durchaus dominus genannt werden, jedoch nicht an Gottes Stelle: dominus enim meus unus est, deus omnipotens, aeternus, idem qui et ipsius. Die Vorstellung des sapiens Stoicus greift Tertullian im Apologeticum zwar nicht direkt an, sondern zitiert diese ebd. 19,10 ohne Wertung. Die Göttlichkeit spricht er ebd. 46,5 (CChr. SL 1, 161) den Philosophen aber insofern ab, als ihr afflatum keine besonderen exorzistischen Fähigkeiten besitze. Simon Magus erscheint ebd. 13,9 (CChr. SL 1, 111f) als einer, der von den Heiden vergöttlicht wurde, was auf eine falsche Interpretation einer Inschrift zurückzuführen ist. 227 Ebd. 47,9 (CChr. SL 1, 164) führt aus, dass die Gemeinschaft derart durch fraternitas verbunden sei, dass sich anima und animus der Mitglieder vereinen. Ebd. 39,10 (CChr. SL 1, 151) ergänzt, dass die Übereinstimmung in der Ethik so stark sei, dass christliche Verbrecher gar nicht existierten. In Fragen der Lehre wird in der Rhetorik des Tertullian alles durch eine klare regula fidei begrenzt. Dazu vor allem ebd. 17,1–3 (CChr. SL 1, 117), wo der Begriff nicht direkt genannt wird. Die Darstellung lehnt sich aber in Aussage und Reihenfolge an Tert. virg. 1,3 (CChr. SL 2, 1209), praescr. 13,1–6 (CChr. SL 1, 197f) und Prax. 2,1–3,2 (CChr. SL 2, 1161) an. Vgl. dazu Georges, Apologeticum, 282.

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2.2 Das testimonium animae und die Begründung des einen Gottes „O testimonium animae naturaliter christianae!“ (Oh Zeugnis der von Natur aus christlichen Seele!) So lautet eine der bekanntesten, aber auch umstrittensten Aussagen Tertullians im Apologeticum.228 Bestätigen soll die Seele an dieser Stelle sowohl die Einzigkeit Gottes als auch dessen Richtertätigkeit und seinen Sitz im Himmel. Da der Gedanke in der gesamten Argumentation die Funktion hat, den Vorwurf der laesa religio zu widerlegen, indem die Nichtexistenz der vielen und die Existenz des einen Gottes nachgewiesen wird, liegt der Fokus dieser kurzen Argumentation in jedem Fall auf der Bestätigung des einen Gottes. Ehe ein sinnvolles Vorgehen für die Analyse der konkreten Argumentation und des Status derselben vorgeschlagen werden kann, muss ausgeführt werden, woher die Denktradition, dass die Seele aus sich heraus die Erkenntnis des einen Gottes preisgibt, kommen könnte und bei Tertullian tatsächlich kommt. Als Vorschläge stehen in der Forschung im Raum, dass der Gedanke „ein Allgemeingut in der platonischen Akademie“ war,229 dass es sich um eine spezifisch aristotelische Vorstellung aus der exoterischen230 Schrift „Über die Philosophie“ handelt231 oder dass Tertullian hiermit die stoische Vorstellung des sensus communis (Gemeinsinn) wiedergibt.232 228 Tert. apol., 17,6 (CChr. SL 1, 117f). Heinze, Apologeticum, 376 nennt das Zitat den „Lieblingsgedanken Tertullians“. Man glaubte die Aussage fälschlicherweise mit der anima naturaliter christiana zusammenfassen zu können, so noch Kytzler, Octavius, 169. Vgl. dazu Brox, Non christiana, 70–75 mit weiterer Literatur oder Quispel, Christiana, 173–182. 229 Flashar, Kommentar, 139 bezieht sich auf Plato, nom. 966d und Tim. 70a. 230 Simpl. in Ar. de caelo I 9. Aristoteles habe diese Schriften selbst „propädeutisch“ genannt. 231 Georges, Apologeticum, 288f mit Bezug auf Tibiletti, testimonianza, 27–34, nennt anschließend aber doch wieder die notiones communes der Stoiker. Damit kann er den Zustand der Seele, die zu sich kommt, nur dämonologisch erklären. Daran schließt Villani, Variationen, 99 an. Heinze, Apologeticum, 377 stellt die Frage nicht, scheint aber gegen die stoische Auffassung einzuwenden, dass es bei Tertullian als Ausnahmefall dasteht. 232 Waltzing, Commentaire, 123 verweist einzig auf die sensus communes und nennt als biblische Grundlage Apg 14,17 und 17,24–27 und Röm 1,20 für das zweite Argument. Quispel, Christiana, 180 hingegen stützt sich auch auf die rhetorische Popularität des Gedankens mit Verweis auf Dion Chrysostomus. Darauf bezieht sich Brox, Non christiana, 71, wenn er darauf aufmerksam macht, dass der Verweis auf die Stoa weiter gehe als der Hintergrund beim Konzept der semina virtutum. Direkt

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Es fällt sofort auf, dass das Argument bei den genannten Stellen nicht allein, sondern in Kombination mit einem zweiten auftaucht. In den Nomoi Platos wird diese Zweizahl, die zum Glauben an die Götter führe, so ausgeführt, dass es zum einen auf die Seele selbst, zum anderen auf die Betrachtung der Ordnung und der Regelmäßigkeit des Ganzen, des Kosmos, zurückzuführen sei.233 Bei der Seelenlehre führt dies in den Kontext der Lehre von der Anamnesis (Wiedererkennen) des Ursprünglichen, wenn ihre Ewigkeit und Göttlichkeit angesprochen wird. Inwiefern Aristoteles diese Lehre beim Verfassen von „Über die Philosophie“ akzeptiert, kann anhand der bei ihm vorzufindenden Stelle nicht geklärt werden.234 Es ist aber festzustellen, dass er die Thematik in den Kontext der Mantik im Zustand des Schlafes oder beim Nahen des Todes führt.235 Dieser Gedanke wird für das Verständnis der Wendung bei Tertullian entscheidend sein. Zur Erklärung der Stelle bei Tertullian müssen aber auch die stoischen Rezeptionen des Gedankens in Betracht gezogen werden.236 Bei Cicero wird dem stoischen Sprecher Balbus in den Mund gelegt, dass der Begriff der Götter allen Menschen innatum (eingeboren) sei.237 Tatsächlich ist aber die Seele bei der Geburt für die Stoiker frei von Vorstellungen, die sie dann erst aufgrund von äußerer und innerer Erfahrung bildet.238 Diese führt Cleanthes laut eben genanntem Sprecher so aus, dass er vier Gründe für die Bildung des Götterbegriffs auf Seneca führt die Aussage Flashar, Kommentar, 139 zurück. Ebenfalls auf die hellenistische Populärphilosophie, allenfalls Seneca, bezieht die Aussagen Waszink, Seele, 305. Ebd. 18 sieht er aber mit Bezug auf Tert. adv. Marc. II 9–12 (CChr. SL 1, 484–489) auch eine Deutung von Gen 2,7 mit dem Gedanken ausgedrückt. 233 Vgl. Plato, nom. 966d. 234 Werner Jaeger sah die Umdeutung des Höhlengleichnisses als Übergang des Platoschülers zum Schulhaupt des Peripatos. Hans Blumenberg sah das Zitat in seinem letzten autorisierten Werk von seinem Kontext her als nicht mehr rekonstruierbar an. Vgl. Blumenberg, Höhlenausgänge, 202. 235 Nach Sext. Emp. Adv. math. IX 20 = Adv. phys. I 20. Flashar, Kommentar, 139 sieht die Sehergabe der Seele im Schlaf und im Traum bei Plato, Tim. 71a–e grundgelegt. Will man die Stelle bei Aristoteles als Geschichte des Gottesgedankens lesen, so ist es seine Erklärung des Begriffes für Gott (mit Bezug auf Bernays, Dialoge, 106f). 236 Pohlenz, Stoa I, 94: „Die Existenz der Gottheit ist für die Stoiker aber nicht bloß ein Glaube, sondern eine Tatsache, die sich wissenschaftlich beweisen läßt. Die Beweise für das Dasein Gottes wurden bei ihnen zu einem besonderen Kapitel der Philosophie.“ 237 Cic. nat. deor. II 5. Vgl. Pohlenz, Stoa II, 35. Zusätzlich führt er Sen. ep. 117,6 an. 238 Deswegen ist hier von einer Anpassung an die platonische Philosophie durch Cicero auszugehen. Vgl. Pohlenz, Stoa I, 58f mit Bezug auf die Kritik beim Mittelplatoniker Plutarch.

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in der Seele nennt,239 wobei er die Vorahnung zukünftiger Dinge als ersten Gedanken, als letzten und wichtigsten Gedanken aber die Nützlichkeit, Schönheit und Ordnung aller Gestirne angibt.240 Beides könnten Abwandlungen aristotelischer Gedanken sein.241 Die beiden mittleren Vorstellungen, dass es aufgrund der Vorteile und Annehmlichkeiten, aber auch der Schrecken geschah, gehen darüber hinaus.242 Allen Vorstellungen gemeinsam ist, dass diese Gedanken auch in populärphilosophischen Reden etwa bei Dion Chrysostomus präsent waren, der nur wenige Generationen vor Tertullian lebte.243 Aus dem Genannten ergeben sich zwei Probleme für die apologetische Verwendung des Gedankens. Erstens beziehen sich die Gedanken an den meisten Stellen auf die Götter im Plural. Tatsächlich gibt es sowohl bei Plato244 als auch bei Aristoteles245 Stellen, in denen die Möglichkeit mehrerer letzter Entitäten eingeräumt wird. Bei Plato wird dies als die unwahrscheinlichere Lösung angesehen, Aristoteles hingegen füllt die Argumentation mit der berühmten Aussage des „unbewegt Bewegenden“ auf. Schaut man die angeführten Stellen an, wird das Argument bei Plato explizit nicht für den einen Schöpfergott gebraucht, sondern für die vielen Götter. Bei Aristoteles stehen zwei Möglichkeiten: einerseits tatsächlich Gott, andererseits das Göttliche. Cleanthes folgt hier Aristoteles,246 Cicero hingegen spricht zwar einerseits vom praesens ac praepotens deus (allgegenwärtiger und allmächtiger Gott), dann aber auch explizit von den Göttern im Plural.247 Damit verbunden ist die Frage, wie der mit diesen Gedanken begründete Gott, falls es beim Singular bleibt, bestimmt werden kann. Tertullian sieht beide Problematiken, mokiert sich aber nur über die verschiedenen Meinungen 239 Cic. nat. deor. II 13: Cleanthes quidem noster quattuor de causis dixit in animis hominum informatas deorum esse notiones. 240 Ebd.: praesensio rerum futurum, utilitas, pulchritudo, ordo. 241 Vgl. dazu Meijer, Stoic, 47–52. 242 Der dritte scheint dem zweiten Grund zu widersprechen, was aber nicht auf einen Fehler bei Cicero zurückgehen muss. Vgl. Thraede, Wesen der Götter, 391. 243 Vgl. Dion Chrys. orat. 12,27–35, wo der Gedanke der eingeborenen Idee für Gott als bewiesen zunächst gegen die Epikureer gewendet wird und dann 36–43 in die Lehre von der theologia tripertita (inklusive Bildhauerei eigentlich vier) weitergeführt wird (Elliger, Reden, 229–237). 244 Vgl. Plato, Tim. 55cd. Vollständig ausgeschlossen wird nur die Möglichkeit, dass es unendlich viele Welten gibt. 245 Vgl. Aristot. met. XII 1076a dagegen. 246 Vgl. Meijer, Stoic, 37–77 (zu Cleanthes), hier 52. Der Begriff der Götter steht für die Stoiker aber nicht im Widerspruch dazu. 247 Vgl. Cic. nat. deor. II 4f.

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der Philosophen zur natura Gottes. Er erwähnt die Bestimmungen bei Plato und den Stoikern, die jedoch falsch ausgeführt werden.248 Bei der Begründung des Gottesgedankens sieht dies anders aus. Es gilt nun, den Ausführungen zu beiden testimonia bei Tertullian nachzugehen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit den verschiedenen Autoren, aber auch sekundäre Argumentationsziele herauszustellen, für die Tertullian diese Argumente zu Hilfe nimmt. Immer gilt es ein Auge darauf zu richten, ob die testimonia überhaupt den einen Gott, das Göttliche oder die Götter bezeugen. Tertullians Äußerungen zum ersten testimonium sind im Apologeticum sehr knapp geraten. Dies überrascht, da es eigentlich dasjenige von beiden ist, das biblisch in Röm 1,20 verankert ist. Er beginnt seine Ausführungen mit einer Frage, die hier keine dialogische Funktion hat, sondern als Mittel des Pathos eingesetzt wird.249 Die Frage, ob er den einen höchsten Gott aus seinen Werken belegen soll, scheint er im Apologeticum insofern zu verneinen, als er sich danach auf das zweite testimonium konzentriert. Im Gesamtwerk Tertullians finden sich vier nur wenig weiterführende Erwähnungen.250 So spricht er in De resurrectione carnis von Gott als demjenigen, der naturaliter notum de testimoniis operum (auf natürliche Weise durch die Zeugnisse der Werke bekannt) sei.251 In Adversus Marcionem spielen beide testimonia eine Rolle, wobei es ihm gelingt, einen Bezug zu Apg 17,28 herzustellen, wenn er das zweite testimonium mit hoc quod sumus (demjenigen, was wir sind) umschreibt und das erste mit in quo sumus (demjenigen, in dem wir sind). Weitere Nuancen sucht man dabei aber vergebens.252 Die bestaunende Charakterisierung der opera (Werke) findet sich in derselben Schrift im vierten Buch.253 Dies verdeutlicht das Argument insofern, 248 Die falsche Aussage, dass die Stoiker Gott außerhalb der Welt (extra mundum), die Platoniker ihn aber in der Welt (intra mundum) gesehen hätten, ist in Tert. apol. 47,7 (CChr. SL 1, 164: positum vero extra mundum Stoici, qui figuli modo extrinsecus torqueat molem hanc intra mundum Platonici) bereits eine Wiederholung aus Tert. nat. II 2,8 (CChr. SL 1, 42f: positum vero extra mundum Stoici, intra mundum Platonici). Georges, Apologeticum, 670 sieht damit die Ansicht der Stoiker zurecht ins Gegenteil verkehrt. 249 Vgl. Lausberg, Handbuch, 379 zu den verschiedenen Funktionen von Fragen in rhetorischen Texten. 250 Vgl. Waltzing, Commentaire, 122. 251 Tert. res. mort. 2,8 (CChr. SL 2, 923). 252 Tert. adv. Marc. I 10,4 (CChr. SL 1, 451): Habet deus testimonia, totum hoc quod sumus et in quo sumus. Sic probatur et deus et unus, dum non ignoratur, alio adhuc probari laborante. 253 Vgl. Tert. adv. Marc. IV 25,3 (CChr. SL 1, 610f).

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als die Größe des Kosmos betont wird, ein Gedanke, der mit dem testimonium verwandt ist,254 womit die einleitende Stelle zur Bestimmung Gottes im Apologeticum dank des Verweises auf den Kosmos auch als Einleitung zu den Gottesbeweisen gelesen werden kann.255 In De spectaculis betont er letztlich, dass nemo negat, quia nemo ignorat, quod ultro natura suggerit, deum esse universitatis conditorem eamque universitatem tam bonam quam homini mancipatam (niemand leugnet, weil es niemand übersieht, was die Natur selbst bezeugt, dass Gott der Schöpfer des Alls ist und dass dieses All gut und dem Menschen zum Dienst überlassen ist).256 Hier dient ihm das Argument aber vor allem dazu, die Christen von den Heiden insofern zu unterscheiden, als diese nur eine diffuse Ahnung von Gott hätten: non penitus deum norunt nisi naturali iure, non etiam familiari, de loginquo, non de proximo (sie kennen Gott nur durch ein natürliches Recht, noch nicht vertraut, von Weitem, nicht von Nahem).257 Das zweite testimonium für den einen Gott bei Tertullian, dasjenige der Seele, wird sehr viel ausführlicher dargestellt und findet in verschiedenen weiteren Schriften erneut Erwähnung.258 Es wird insofern breiter ausgeführt, als Tertullian drei Schritte durchführt, um die Seele zum Zeugnis für die Einzigkeit Gottes aufzurufen. Zunächst wird ihr Zustand als negativ beschrieben, dann wird ein Grund angeführt, weshalb sie dennoch zu ewig gültigen, wahren Aussagen kommen kann, ehe letztlich einige Aussagen angeführt werden.259 Die vier Aussagen Tertullians zum Status der Seele vermischen Kulturkritik und Anthropologie in chiastischer Stellung. Dieser erste Punkt trägt zur Einzigkeitsthematik relativ wenig bei, muss aber dennoch kurz diskutiert werden, um den Status des Abschnitts festzustellen. Zweifellos kongruent mit dem Denken Tertullians sind die beiden kulturkritischen Elemente. Die pravae institutiones (schlechten Institutionen) sind für ihn von der Herkunft her eng verknüpft mit den falsi dei (falschen Göttern), denen die Seele traditionell ausgeliefert ist.260

254 Vgl. dazu auch Cic. nat. deor. II 15 und Philo, leg. alleg. III 32,97. Das Argument wird in Kap. 3.2 genauer erläutert. 255 Tert. apol. 17,1–3 (CChr. SL 1, 117). Waltzing, Commentaire, 121 führt die Gedanken, die sich mit dem Begriff Kosmos verbinden, bis auf Pythagoras zurück. Cic. acad. II 38 verwendet deswegen nicht nur den Begriff mundus, sondern auch ornatus. 256 Tert. spect. 2,4 (CChr. SL 1, 228). 257 Ebd. (CChr. SL 1, 228). 258 Vgl. Waszink, Zeugnis, 144 f. 187–193 mit einer Übersetzung sämtlicher Stellen. 259 Diese Reihenfolge findet man in ähnlicher Akzentsetzung neben Tert. apol. 17,4f (CChr. SL 1, 117f) vor allem Tert. an. 41,2–4 (CChr. SL 2, 844). 260 Vgl. dazu die Dämonologie in Kap. 2.5.

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Diese Stelle verweist auf die Schriften De spectaculis, wo die Institution der Schauspiele als dämonischer Herkunft geschildert werden, und De idololatria, wo die Grenzen der eigenen Gemeinschaft gegenüber der Umwelt noch enger gezogen werden.261 Die anthropologischen Aussagen hingegen verweisen einerseits auf Tertullians Auslegungen von Gen 2,7 und den Ursprung der Seele,262 aber auch auf eschatologische Zusammenhänge.263 Ein schwacher Leib-SeeleDualismus ist hier zu erkennen, jedoch gerade nicht so, dass von einem carcer corporis (Kerker des Körpers) die Rede sein könnte, der ja mit dem Tod nicht aufhört zu existieren.264 Erste Zweifel an der Passgenauigkeit des Arguments in Tertullians Denken sind also angebracht. Nachdem der negative Status ausgeführt wurde, will Tertullian die Bedingungen für die Rückkehr zur sanitas (Gesundheit) und damit in diesem Kontext zur Wahrheit angeben. Von den drei Begriffen, die als analog zu einem ansonsten nicht in Worte zu fassenden Geschehen angeführt werden (ut ex (wie wenn)), sind somnus (Traum) und valetudo265 (Schwäche) bei ihm häufig verwendete Begriffe, crapula (Rausch) jedoch lässt sich ansonsten nur einmal finden.266 Der seltene Begriff würde, wenn er in der gleichen Bedeutung wie in Adversus Marcionem als alkoholbedingte Trunkenheit zu übersetzen wäre, eine Ironisierung des Arguments andeuten. Die häufigeren hingegen verweisen in eine seiner bedeutendsten dogmatischen Schriften, De anima, wo er unter anderem auch eine christliche Traumlehre im Kontext der Möglichkeit der divinatio (Weissagung) entwickelt.267 Er kommt zum Ergebnis, dass auch die Christen die Zuverlässigkeit der Träume bestätigen müssten, führt dann aber auch dämonische Ursprünge als eine weitere von vier Möglichkeiten an, wodurch die Inhalte zweifelhaft

261 Vgl. dazu insbesondere Tertullians Schrift De idololatria. Zur Einführung auch Rebillard, Identities, 31–33. 262 Tertullian verfasste dazu eine nicht erhaltene Schrift, De censu animae. Erhalten sind einige Fragmente, die bei Waszink, Seele, 213–224 vorliegen. 263 Auch dazu gibt es eine eigene Schrift, De resurrectione carnis. 264 Das Gutseins der Körperlichkeit wird auch etwa gegen Hermogenes betont, vgl. etwa Tert. adv. Herm. 25 (CChr. SL 1, 417f) mit Verweis auf Gen 1,10. Allerdings spricht Tert. an. 41,1 (CChr. SL 2, 844) auch von einer alia natura aufgrund der uranfänglichen Verderbung. 265 Das Gegenteil davon als alternative Übersetzung, die Gesundheit, ist hier ausgeschlossen. 266 Tert. adv. Marc. IV 39,18 (CChr. SL 1, 655). 267 Tert. an. 45–49 (CChr. SL 2, 849–855). In dieser Textedition wird die Schrift den Opera Montanistica zugerechnet.

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werden.268 Neue Zweifel an der Passgenauigkeit des Arguments brauchen also nicht aufzukommen. Das Argument verweist, so wie es dasteht, in die Tradition von Aristoteles.269 Bereits bei ihm gibt es den Verweis auf den Schlaf, in dem die seelischen Vorgänge den einen Gott erweisen. Vermittelt durch die Stoa finden wir auch bei Cicero ähnliche Darstellungen.270 Andererseits spielt Tertullian in De resurrectione carnis sowohl in der Einleitung als auch im Abschluss des Gedankens gerade auf die stoische Vorstellung eines sensus communis (Gemeinvorstellung) an.271 Es sind nur zwei Aussagen, die Tertullian hier explizit für die Einzigkeit Gottes anführen möchte: deus bonus et magnus (großer und guter Gott) und quod deus dederit (möge es doch Gott geben), zwei Aussprüche, die man sich als Alltagswendungen durchaus vorstellen kann, die aber nicht literarisch bezeugt sind. Die restlichen Aussagen beziehen sich auf die Richtertätigkeit, deus videt (Gott sieht es), deo commendo (ich überlasse es Gott) und deus mihi reddet (Gott wird es mir vergelten).272 Die These – deum nominat, hoc solo, quia proprie verus hic unus (sie nennt ihn Gott, mit diesem einen Wort, weil dieser eine der eigentlich wahre ist)273 – ist für die Aussagen, die er anführt, passend, jedoch wären leicht Gegenbeispiele zu bringen. So wie Tertullian die Äußerungen hier wiedergibt, kann damit nur gezeigt werden, dass der Götterbegriff auch nichtchristlich bei Aussprüchen Ungebildeter im Singular Verwendung findet. Dass hier ein einziger Schöpfergott gemeint ist, bleibt dabei Behauptung. So führt die Argumentation weniger in eine systematische, sondern eine rhetorische Analyse. Und tatsächlich: Tertullian selbst charakterisiert das Argument als rein rhetorisch, wenn er in De resurrectione carnis angibt, dass es nur zur Bestätigung der christlichen Wahrheit infrage kommen dürfe.274 Dass Tertullian so vorgeht, wird in der Liste deutlich, in der 268 Ebd. 46,12 (CChr. SL 2, 852f): Nam de oraculis (…) ceteris, apud quae nemo dormitat, quid aliud pronuntiabimus quam daemonicam esse rationem eorum. 269 Flashar, Kommentar, 140 weist darauf hin, dass es sich bei Aristoteles um eine Vorstellung aus einer exoterischen Schrift handelt, die er in den Schriften an ein philosophisch geschultes Publikum hinterfragt. 270 So findet man bei Cic. div. I 63f noch Begründungen, weshalb die divinatio in diesem Fall funktionieren kann. Flashar, Kommentar, 318 vermutet, dass Poseidonius als Vertreter der mittleren Stoa die Theorie weiterentwickelte. 271 Tert. res. mort. 3,1.6 (CChr. SL 2, 924f). 272 Tert. apol. 17,5 (CChr. SL 1, 117). 273 Ebd. (CChr. SL 1, 117). 274 Vgl. Tert. res. mort. 3,1 (CChr. SL 2, 924): Est quidem et de communibus sensibus sapere in dei rebus, sed in testimonium veri, non in adiutorium falsi, quod sit secundum

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recht willkürlich Aussagen gesammelt werden. Besonders deutlich kann man an diesem Vorgehen zeigen, dass die Auswahl der Beispiele von Aussprüchen über die Richtung entscheidet, welche der Argumentation gegeben werden soll.275 Im Apologeticum geht die Argumentation jedoch noch weiter: Tertullian versucht seinen Gedanken zu stärken, indem er seinen Gegnern zugesteht, dass nur die Existenz eines höchsten (und nicht einzigen) Gottes eine aestimatio communis (gemeinsames Urteil) sei.276 Dieser Befund wird hier auf den Gott der platonischen Philosophie bezogen, wenn Tertullian auf die Stelle im Phaidros verweist.277 Gerade hier stellt sich heraus, dass Tertullian aus verschiedenen Möglichkeiten, eine Argumentation zu führen, die sich für einen bestimmten Gedanken anbieten, stets neu auswählt. Bei der vorhergehenden Liste ging es ihm um Aussagen des Volkes, doch auch für platonische Aussprüche des einen Gottes kennt Tertullian ein Beispiel. Die Formel deus deorum (Gott der Götter) zitiert er jedoch nur gegen Markion und in der Schrift über die Auferstehung.278 Eduard Zeller hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Formel in einem Bezug zum Timaios-Dialog steht,279 wobei aus den Göttern Gott im Singular wurde.280 Diese Revision muss nicht originär christlich, sondern kann womöglich auch stoisch sein.281 Unwahrscheinlich scheint es jedoch, dass die Revision auf Tertullian selbst zurückgeht. Er mag hier eine Vorlage gehabt haben, die nicht bekannt

divinam, non contra divinam dispositionem. Quaedam enim et naturaliter nota sunt, ut immortalitas animae penes plures, ut deus noster penes omnes. ebd. 3,3 (CChr. SL 2, 924) führt dann auch Sprüche an, die für die Christen zu meiden sind wie: Mortuum quod mortuum. 275 Vgl. dazu die Ausführungen zum Beispiel und der Illustration bei Perelman, Neue Rhetorik III a/b. Villani, Variationen, 102 nennt das Argument „eher empirisch“. Die Frage, ob Tertullian damit seine Adressaten überzeugen kann, stellt sich für den Apologeten aber gar nicht. Sie sind seiner Meinung nach vom Gedanken der Einzigkeit Gottes schon überzeugt. Deswegen handelt es sich wohl eher um eine Illustration als um ein Beispiel. 276 Tert. apol. 24,3 (CChr. SL 1, 133f). 277 Die Vorstellung von Zeus als großem Herrscher im Himmel und die Schar der Götter und Dämonen bezeugt Plato, Phaidr. 246e. 278 Sowohl in Tert. adv. Marc. I 10 (CChr. SL 1, 451f) als auch in Tert. res. mort. 3 (CChr. SL 2, 924f). 279 Vgl. Plato, Tim. 41a. 280 Vgl. Zeller, Geschichte, 652. 281 Vgl. dazu Karfik, Theologie, 89–145, hier 89. Philon und Hippolyt hätten bereits den Singular, Cicero den Plural.

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ist. Plato wird für diese doch bemerkenswerte Deutung von Tertullian viel zu selten als auctoritas zitiert.282 In Adversus Marcionem geht die Aussage in eine andere Richtung, wenn er die Existenz eines höchsten Gottes empirisch bei den Ägyptern, Syrern und Pontiern belegt.283 Die Aussage verweist auf den pragmatischen, römischen Umgang mit fremden Göttern, wofür Varro ein repräsentatives Zeugnis gibt. In der Tradition der Interpretatio Romana (römischen Übersetzung der Götter) setzt er etwa Jupiter mit dem angeblich höchsten ägyptischen Gott Serapis gleich.284 Unterschiede werden dabei nicht beachtet, tatsächliche Vorstellungen, die sich mit den Göttern verbinden, als theologia poetica ausgeschaltet.285 Diese Probleme müssen Tertullian aus rhetorischer Sicht nicht kümmern, solange der Autor bei seinen Adressaten als auctoritas gilt. Ebenfalls in diese Zusammenhänge verweist das Argument für die Einzigkeit Gottes durch die Einzigkeit des obersten Herrschers als Analogie zwischen Kosmos und Staat, mit der Tertullian die Argumentation im Apologeticum abschließt. Hier lässt sich zusätzlich auf ein breites Instrumentarium zurückgreifen, die gesamte römisch-griechische Staatstheorie. Auch bei Cicero, der eigentlich gar nicht für die reine Monarchie plädiert, sind die notwendigen Argumente als Fremdzitate enthalten.286 Besonders attraktiv ist dieses Argument für christliche 282 Im Grunde tut er dies nur in Tert. adv. Marc. I 10 (CChr. SL 1, 451) in Bezug auf die sensus communes. Ebenfalls zitiert Tert. apol. 46,9 (CChr. SL 1, 161) Platos Aussage, dass der Schöpfergott schwer aufzufinden und mitzuteilen sei, negativ, obwohl Tertullian die Unerkennbarkeit ebd. 17,2f (CChr. SL 1, 117) noch als eigenen Punkt ausgeführt hatte. 283 Vgl. Tert. adv. Marc. I 10,3 (CChr. SL 1, 451). Der Verweis auf die Pontier dürfte einer Polemik gegen Markion geschuldet sein, der gemäß Tertullian hinter diesen Gott der Seele zurückgeht und viele Götter einführt. Kap. 2.3 setzt sich mit dieser Argumentation auseinander. 284 Bei Varro ist hier die relevante Stelle ling. lat. V 10, wo Serapis und Jupiter gleichgesetzt werden. Serapis kann aber natürlich nicht als höchster Gott einer theologia civilis der Ägypter verstanden werden. Er ist eine hellenistisch-ägyptische Erfindung. 285 Die theologia civilis ist von der Philosophie bei Varro teilweise schon entfremdet, vgl. Varro bei Aug. civ. IV 31 (CChr. SL 47, 125): nonne ita confitetur non se illa iudicio suo sequi, quae civitatem Romanam instituisse commemorat, ut, si eam civitatem novam constitueret, ex naturae potius formula deos nominaque eorum se fuisse dedicaturum non dubitet confiteri? 286 Cic. re publ. I 53–74, insbesondere 54–56, wobei der eigentliche Gedankengang in Bezug auf die doctores eruditorum hominum heute nur noch zu erahnen ist. Für Tertullian war er aber selbstverständlich noch zugänglich. Vgl. Albrecht, Staat, 75.373.

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Autoren, da dann zunächst rein apologetisch auf die Alleinverehrung des Kaisers im Staatskult hingewiesen werden konnte, um dies mit dem Monolatriegebot zu verknüpfen und mit dem etwas verfremdeten Gedanken zu verbinden, dass nur einem Herrn gedient werden könne.287 Aufgrund des christlichen Verständnisses von Verehrung ist danach aber auch der Verweis, dass dem Kaiser keine Verehrung geschuldet sei, notwendig.288 Dass Tertullian mit diesem Argument durchaus auch auf die aktuellen Staatsverhältnisse anspielen konnte, zeigt seine Argumentation für die Möglichkeit der Inklusion eines Sohnes in die maiestas perfecta (vollendete Hoheit) in Adversus Praxean. Er spricht hier von der Übertragung der Herrschaft, die in der Tagespolitik seiner Zeit gerade stattfand.289 Einen Anspruch auf ein stimmiges Konzept kann man nicht erkennen. Allenfalls zeigt die Betonung der Macht des Kaisers seine argumentative Stärkung guter Kaiser auch für das Wohlergehen der Christen.290 Tertullian kann mit seiner Argumentation nun den Vorwurf der laesa religio retorsiv gegen seine Gegner wenden. Die römische Religionspolitik bezeichnet er ironisch als eine, in der einzig der wahre Gott nicht verehrt werden dürfe.291 Dieser Ungerechtigkeit stellt er die libertas religionis (Religionsfreiheit) gegenüber: Auch die Hinderung, den eigenen Gott gemäß seinen Vorlieben zu verehren, möchte er als Religionsfrevel sehen. Damit ist die Einzigkeit Gottes für

287 Vgl. Tert. apol. 24,4 (CChr. SL 1, 134). 288 Ebd. 32,2–34,4 (CChr. SL 1, 143f). 289 Tert. adv. Prax. 3,2 (CChr. SL 2, 1161f) enthält den Gedanken, dass die Monarchie nicht zerstört werde, wenn ein Sohn daran beteiligt sei. Er spricht auf Caracalla an, der von 198 bis 211 collega seines Vaters war. Im Jahr 209 kommt Geta hinzu. Vgl. Sieben, Praxean, 27. 290 Vgl. Tert. apol. 5,1–8 (CChr. SL 1, 94) für eine Geschichte der römischen Kaiser seit Tiberius. In seiner Interpretation des erwähnten (gefälschten) Briefes von Pilatus an Tiberius wird der Senat zum entscheidenden Faktor beim Beschluss gegen den christlichen Glauben und in der Geschichte Roms zur Förderinstitution des Kults der vielen Götter. Hinter der Stützung der kaiserlichen Herrschaft stehen millenaristische Vorstellungen. Nero und Domitian, die der damnatio memoriae zum Opfer fielen, werden dennoch negativ gewertet, was aus rhetorischer Sicht auch kein Problem darstellt. 291 Ebd. 24,10 (CChr. SL 1, 134): Sed apud vos quovis colere ius est praeter deum verum. Eine Verehrung des christlichen Gottes war allerdings nicht der Anklagepunkt, sondern die Nichtvererehrung der römischen Götter. Dennoch ist das Argument als starke Zusammenfassung seiner Argumentation zu werten. Die Verehrung von Göttern wird gewaltsam durchgesetzt, obwohl sie argumentativ nicht eingeholt werden kann.

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Tertullian zwar vom Kontext her die Hauptsache der Argumentation, doch Tertullian gibt der Argumentation, wohl weil er gar keinen Grund zu einer ausführlichen Besprechung sieht, eine neue Richtung. Gegen die vorherrschende Meinung steht für ihn nicht die Einzigkeit Gottes, sondern das Bild von Gott als Richter292 und der negative Zustand der Seele. Tertullian verbleibt für seine Rhetorik innerhalb der Prämissen der Anderen, die er später wieder auflöst. Für eine rhetorische Argumentation für die Einzigkeit Gottes gibt es, bevor Minucius Felix die Argumente wieder aufnimmt und erweitert, nur eine kleine Grundlage. Neben den testimonia für Gott gibt es im untersuchten Abschnitt keine direkten weiteren Argumente außer des exemplum aus der Staatstheorie und mit Plato einer auctoritas für die Vorstellungen von einem summus deus (höchsten Gott).

2.3  Kontexte einer Rhetorik des unicus deus bei Tertullian Für den Befund, dass das Apologeticum für eine Rhetorik der Einzigkeit Gottes nur eine derart schmale Basis bietet, sind mehrere Gründe verantwortlich. Zunächst ist dem Stil Tertullians zuzuschreiben, dass er seine Argumente nur kurz anklingen lässt, um die Ausführung dem Leser in Gedanken zu überlassen. Dieser Stil findet sich insbesondere im Apologeticum, wobei diese kurzen Anspielungen in anderen Werken ausgeführt werden. So lassen sich auch an der Stelle, die in den Blick geraten ist, drei Merkmale seines Gottesbildes herauskristallisieren, die anderswo durchaus mit der Einzigkeit Gottes verknüpft werden. Im Apologeticum wird der eine Gott nur gerade in Bezug auf die Unmöglichkeit einer tatsächlichen Erkenntnis, die er in Paradoxien formuliert, implizit in Abgrenzung zu den vielen Göttern gesetzt. Er ist so groß, dass er sich einzig selbst bekannt ist.293 Die Ewigkeit Gottes und seine Schöpfung de nihilo (aus dem Nichts) und eine apologetische Christologie finden sich nicht im apologetischen,

292 Ebd. 24,13 (CChr. SL 1, 134) weiß Tertullian, dass hier gegenüber den Stoikern eine Argumentation vonnöten ist. Er spricht von einem consensus Platonis et poetarum, dazu etwa Sen. ad Marc. 19,4: Cogita nullis defunctum malis adfici, illa quae nobis inferos faciunt terribiles, fabulas esse, nullas imminere mortuis tenebras nec carcerem nec flumina igne flagrantia nec oblivionem amnem nec tribunalia et reos et in illa libertate tam laxa ullos iterum tyrannos: luserunt ista poetae et vanis nos agitavere terroribus. Zur platonischen Vorstellung eines Gerichts im Jenseits siehe Plato, Gorg. 523a–526d; Phaid. 107d–114c; Pol. 614b–621b. 293 Tert. apol. 17,1–6 (CChr. SL 1, 117).

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sondern im antihäretisch-systematischen Schriftgut auf die Einzigkeit hin ausformuliert. Einen zweiten Grund für diesen Befund bietet Tertullians über das Gesamtwerk verstreute Aussage, dass es gegenüber den Heiden bezüglich der Einzigkeit Gottes keiner Argumentation bedarf, bei der es über ein Wiederholen der relevanten Argumente ihrer eigenen Tradition hinausgeht. Im Apologeticum drückt sich dieser Gedanke dadurch aus, dass zwischen einer natürlichen Argumentation für den unus deus (ein Gott) und einer Argumentation mit dem instrumentum litteraturae (Werkzeug294 der Schrift) trennscharf unterschieden wird.295 Ignorare non possunt (sie können ihn nicht verleugnen), postuliert er hier für den unus deus. Coguntur deum confiteri (sie sind gezwungen, Gott zu bekennen), heißt es anderswo.296 Dieses Bekenntnis geschieht naturaliter (von Natur aus).297 Im zweiten Abschnitt hingegen gewinnt er seine Aussagen aus dem Schrifttum, das er auf die seinen heidnischen Adressaten unbekannten Propheten zurückführt, von denen er sagt, dass sie den unicus deus (einzigen Gott) verkündigt hätten.298 Aber sind es für Tertullian wirklich alle Philosophen, die den unus deus bekennen? Auf jeden Fall stellt er es selbst im Epilog des Apologeticums so dar: Die inventio dei (Auffindung Gottes) spricht er hier allen Philosophen zu. Ein Argument ex silentio spricht dafür, dass Tertullian keine Philosophen davon ausschließen möchte: Nirgendwo findet sich eine Polemik gegen einen Philosophen als Atheisten. Sie zeichnen sich weder in Glauben noch in Verehrung dadurch 294 Vgl. Braun, Deus Christianorum, 463–473 zum Begriff instrumentum bei Tertullian. 295 Die erste Argumentation findet sich in 17,1–6, mit dem 18. Kapitel beginnt die zweite, wobei die apologetische Argumentation dafür auf dem Altersbeweis beruht. Der zentrale Inhalt, worauf es ihm bei dieser Argumentation ankommt, ist das ewige Feuer. Es ist etwas, worüber man als Nichtchrist lacht, ja über das er selbst gelacht habe. 296 Tert. adv. Herm. 7,3 (CChr. SL 1, 403): Neque enim proximi erimus opinionibus nationum quae, si quando coguntur deum confiteri, tamen et alios infra illum volunt. Die Heiden nennt Tertullian in seinem Werk nie pagani. Der Begriff wird Tert. cor. mil. 11,4f (CChr. SL 2, 1957) als Gegensatz zu „militärisch“, also „zivil“, verwendet. Neben den Begriff nationes an der erwähnten Stelle tritt im Apologeticum häufig ethnici. 297 Tert. Scap. 2,1 (CChr. SL 2, 1127): Nos unum Deum colimus, quem omnes naturaliter nostis. 298 Die Begriffe Vetus Testamentum und Novum Testamentum sind tertullianisch und kolportieren seine Theorien des Verhältnisses zum Judentum bis heute. Das Verhältnis wird in verschiedenen Punkten aber recht differenziert beschrieben (vgl. Tert. apol. 21 (CChr. SL 1, 122–128) zu Gruppen innerhalb des Judentums).

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aus, dass sie zu wenige Götter aufnehmen würden, sondern zu viele. So ist Sokrates deos negans (ein Götterleugner)299 und dennoch opfert er dem Äskulap einen Hahn.300 Nähert man sich der Frage, inwiefern die Aussage von Tertullian, dass kein Philosoph (der Antike) Gott leugnete, aus heutiger wissenschaftlicher Perspektive zutrifft, ist zunächst festzustellen, dass diese einfacher zu widerlegen als zu bestätigen ist. Nur ein einziges Gegenbeispiel macht die Argumentation streng logisch ungültig. Genau ein solches Gegenbeispiel findet sich selbst im besprochenen Text, jedoch falsch ausgeführt: Epikur beschrieb nicht den unus deus als otiosus (müßig), sondern die vielen. Sind heutige Interpretationen seiner Lehre und derjenigen seiner Schüler richtig, war noch nicht einmal diese Bestimmung ernst gemeint und auch er so ein Götterleugner und in Bezug auf einen vorsehenden Schöpfergott auch Gottesleugner.301 Das bedeutet nun aber nicht, dass die Argumentation Tertullians im Ganzen den zeitgenössischen Leser zwingend nicht überzeugt hätte. Nun läge es an einem möglichen Gegner zu beweisen, dass nicht wirklich mehr oder weniger alle Philosophen die Welt auf ein einziges Prinzip, das sie Gott nennen, zurückführen. Die Philosophenschule der Epikureer war in der Spätantike institutionell verschwunden. Dass sie möglicherweise im Denken noch aktiv war, bezieht sich nicht auf das Gottesbild.302 Unter dem Stichwort „Tendenz zum Monotheismus“ kann der Sachverhalt so vertreten werden, dass hier alle Philosophen der Spätantike zum gleichen Schluss kamen.303 Letztlich sind also die Philosophen nicht nur diejenigen, die den einzigen Gott erkannt haben, sondern auch diejenigen, die zur Unsicherheit dieser Erkenntnis 299 Nicht etwa ein Gottesleugner, wie Becker, Apologeticum, 203 Sinn verkehrend übersetzt. Richtig bei Georges, Apologeticum, 640. 300 Tert. apol. 46,5 (CChr. SL 1, 161). Der Topos stammt aus Plato, Phaid. 118a. Vgl. dazu Georges, Apologeticum, 647. 301 Feeney, Religion, 44 in Bezug auf Lukrez. Der wahrste Gott ist am Ende Epikur selbst. Weitere Beispiele, die auch über die Epikureer hinausgehen, gibt es im Zeitalter des Hellenismus einige, wenn sie auch deutlich in der Minderheit sind. 302 Vgl. Erler, Epikureismus, 11: „Immer wieder zeigte sich, dass trotz wachsender Orientierung der Philosophie an der Transzendenz im Neuplatonismus der Spätantike die epikureische Tradition offenbar nicht völlig verschwindet, sondern dass sie vor allem als ars vitae mit ihren Techniken zur Lebensbewältigung gleichsam subkutan als Teil einer praeparatio philosophica überlebte.“ 303 Bereits Eduard Zeller sprach 1862 von einer Entwicklung des Monotheismus bei den Griechen. Für eine Literaturauswahl bis zur Publikation Michael Fredes, siehe: Van Nuffelen, Categorization, 451.

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direkt304 oder indirekt beitragen, indem sie seine qualitas (Beschaffenheit), natura (Wesen) und sedes (Ort) unterschiedlich bestimmten. Im Apologeticum selbst führt er den Gedanken, dass die sedes Gottes im Himmel sei, als selbstevident an, womit eine Diskussion darüber nicht vonnöten ist. Die Begründung, dass dies die Seele aufgrund ihrer Herkunft selbst wisse, bleibt allerdings unzugänglich.305 Die Unzulänglichkeit einer reflexiven Erkenntnis Gottes, die über die Feststellung der Existenz hinausgeht, ist hier dem Bestreben Tertullians gegen eine philosophische Theologie zuzuordnen. Er zitiert die klassische Stelle aus dem Timaios-Dialog und wendet sie gegen Plato.306 Eine systematische Diskussion der Einzigkeit Gottes sucht man dementsprechend für die grundlegenden Fragen vergeblich, obwohl Tertullian aus rhetorischen Gründen durchaus zahlentheoretisch argumentiert. Gegenüber Markion schreibt er, dass post unum plura307 (nach der eins die vielen) kommen, da dieser zwei Götter einführen wollte. In der Diskussion um die Monogamie hingegen sieht er die Einheit in einer Zweizahl gewährleistet. In der Diskussion der Trinität geht diese Tendenz weiter, die Einzigkeit mit einer Vielzahl zu verbinden.308 Für Tertullian gibt es keine Philosophie, die den Gottesgedanken stimmig bearbeitet hätte. Doch von den beiden Philosophen, die er am positivsten bespricht, gibt es auch beim Gottesbild Anklänge. Zum einen ist dies Pythagoras, den er in De anima als bonus (gut) in anderen Dingen (als der Lehre von der Wiedergeburt) wertet.309 Insbesondere den Gedanken der Schöpfung als Kosmos,310 mit

304 Es handelt sich hier um eine der Stellen, die im Apologeticum aus der früheren Schrift Ad nationes sinngemäß gleich und nur stilistisch verbessert zitiert wird. Tert. nat. II 2,7 (CChr. SL 1, 42): Invento enim solummodo , non ut invenerunt, exposuerunt, ut de qualitate eius et de natura, etiam de sede disceptent. Tert. apol. 47,5 (CChr. SL 1, 163): Inventum enim solummodo deum non ut invenerant disputaverunt, ut et de qualitate et de natura eius et de sede disceptent. 305 Ebd. 17,6 (CChr. SL 1, 117). Georges, Apologeticum 291f findet keine Erklärung dafür außer, dass die Seele „Geschöpf Gottes“ sei. Die Schrift De censu animae gibt keinen Aufschluss darüber, vgl. Waszink, Seele, 213–224. 306 Plato, Tim. 28c meine, der Schöpfer des Alls sei schwer aufzufinden und mitzuteilen, währenddessen jeglicher opifex Christianus ihn finden und mitteilen und seinen Glauben in die Tat umsetzen könne. Zusätzlich geht die Polemik gegen Thales als princeps physicorum, der Krösus nichts Sicheres von der divinitas vermelden konnte. 307 Tert. adv. Marc. I 5 (CChr. SL 1, 446). 308 Tert. mon. 4,2 (CChr. SL 2, 1233) kommentiert die Bibelstelle Et erunt duo in unam carnen (Gen 2,24) mit der Aussage: non tres neque plures. 309 Tert. an. 28,2 (CChr. SL 2, 824): ille Pythagoras, etsi bonus cetera. 310 Lateinisch ornamentum.

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dem bei Pythagoras die Harmonie in der Welt betont wird, könnte man auf ihn zurückführen. Zum anderen ist es Seneca, den er als saepe noster (häufig auf unserer Seite) bezeichnet.311 Mit den Stoikern nennt Tertullian Gottes natura und qualitas in De anima den spiritus (Geist).312 Die Grundlage der Kritik an Philosophen ist deren ethische Lebenshaltung, aufgrund derer sie eine Offenbarung im Gegensatz zu den Propheten, die innocentia iustitiae (durch ihre makellose Gerechtigkeit) digni (würdig) seien, Gott zu erkennen, nicht verdienten.313 Zu Plato hingegen findet sich bei Tertullian nichts Positives. In De anima schreibt er etwa: Doleo bona fide Platonem omnium haereticorum condimentarium factum (Ich bedaure ehrlich, dass Plato zum Krämer aller Ketzer geworden ist).314 Der Vorwurf des Mehrgötterglaubens findet sich bei Tertullian also nicht gegen Platon, sondern gegen dessen Interpreten und hier insbesondere gegen ketzerische Gruppierungen im Christentum.315 So ist es Tertullian zwar wichtig, vom deus unus oder vom deus solus in seinen apologetischen Schriften zu sprechen und ihn von den traditionellen Göttern des Staatskultes abzugrenzen. Die stärker betonte Bezeichnung deus unicus findet sich aber praktisch nur in den antihäretischen Schriften.316 Die Einzigkeit Gottes ist für Tertullian zunächst einfach eine regula fidei (Glaubensregel), über die keine besonderen Ausführungen notwendig sind: Sed veritas Christiana destricte pronuntiavit, Deus si non unus est, non est, quia dignius credimus non esse quodcumque non ita fuerit ut esse

311 Tert. an. 20,1 (CChr. SL 2, 811): Sicut et Seneca saepe noster. 312 Vgl. dazu etwa Tert. adv. Prax. 7,8 (CChr. SL 2, 1166): Quis enim negabit Deum corpus esse, etsi Deus spiritus est? Spiritus enim corpus sui generis in sua effigie. Eine ähnliche Kombination von stoischem und neupythagoräischem Denken gibt es bei Varro. S.u. Kap. 5.4. Seine Metaphysik ist zumindest in seiner Spätphase stoisch. Die neupythagoreischen Einflüsse sind versteckter. Vgl. etwa De Lingua Latina V. Hier findet sich der gleiche Verweis darauf, dass die Griechen den Begriff mundus mit Kosmos übersetzten. Zum neupythagoreischen Hintergrund und Varros Bestattung etwa Plin. nat. hist. XXXV 160: quin et defunctos sese multi fictilibus soliis condi maluere, sicut M. Varro, Pythagorio modo in myrti et oleae atque populi nigrae foliis. 313 Tert. apol. 18,2 (CChr. SL 1, 118). 314 Tert. an. 23,5 (CChr. SL 2, 815). Becker stellt aufgrund der Art der Argumentation zurecht fest, dass es umstritten sei, ob er dessen Werk überhaupt gelesen habe, vgl. Becker, Apologeticum, 306, der ihm eine intensive Rezeption des zeitgenössischen Platonikers Apuleius zugesteht, die Tertullian nie klarstellt. Ausfälligkeiten gegenüber einzelnen Philosophen und der Philosophie findet man in Tert. apol. 44–50. 315 Die Auslegung Platos interessiert ihn nicht, auch wenn durchaus Spuren von Apuleius bei ihm vorhanden sind. 316 Vgl. Moingt, Trinitaire, 695.706.

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debebit (Die christliche Wahrheit aber hat streng verkündet: Wenn Gott nicht einer ist, gibt es ihn gar nicht, weil wir mit größerer Würde etwas verleugnen, was nicht so ist, wie es sein sollte).317 Die kurzen Anspielungen erinnern gerade in dieser Reihenfolge stark an die anderen Erwähnungen der Glaubensregel. Um gegen Häretiker vorzugehen, beansprucht Tertullian dann doch philosophische Hilfe. Der Schöpfungsgedanke und insbesondere die Erwähnung der Art der Schöpfung de nihilo318 und mit omnis instrumentum (jeglicher Ausstattung) deuten auf Kontexte hin, die für Tertullians Ausführungen zur Einzigkeit Gottes von höchster Bedeutung sind. Es soll erwiesen werden, dass Gott als Einziger ewig ist und dass auch nur er die Ewigkeit verleihen kann.319 Seine Ausführungen gegen Hermogenes zeigen, was für eine Einzigkeit Tertullian für Gott postuliert: Nach seiner Definition ist nur Gott die aeternitas (Ewigkeit) wesenhaft.320 Innerhalb dieser Definition kann er nun Hermogenes als Ditheist angreifen, wenn dieser der Materie keinen Anfang setzen möchte.321 Wäre die Materie ewig, so Tertullian weiter, ließe sich die Macht Gottes nicht allumfassend denken. So wird Hermogenes für Tertullian zu einem derjenigen, der, vom Platonismus beeinflusst, ketzerische Ansichten ins Christentum einführt. Von Hermogenes sind keine Schriften überliefert. Aus Tertullians Zitaten lässt sich aber ableiten, was er dazu hätte sagen können: Die Definition Gottes als einziger aktiver Schöpfer kann er durchhalten, die Definition als aeternitas müsste er rhetorisch angreifen. Dann könnte er zum Gegenangriff übergehen:

317 Tert. adv. Marc. I 3,1 (CChr. SL 1, 443). 318 Wie Georges, Apologeticum, 283 schreibt, gibt es bei Tertullian keinen Unterschied zwischen den Begriffen ex nihilo und de nihilo. 319 Zur Vorstellung von Gott als particeps divinitatis siehe Tert. apol. 11,3 (CChr. SL 1, 107) und ebd. 24,3 (CChr. SL 1, 133f). 320 Vgl. Tert. adv. Herm. 4,1f (CChr. SL 1, 400): Quis enim alius dei census quam aeternitas? Quis alius aeternitatis status quam semper fuisse et futurum esse ex praerogativa nullius initii et nullius finis? Hoc si dei est proprium, solius dei erit, cuius est proprium, scilicet quia et si alii adscribatur, iam non erit dei proprium sed commune cum eo cui et adscribitur. 321 Greschat, Apelles und Hermogenes, 167 führt dazu aus, dass die Andersheit der nicht nur guten Welt sich tatsächlich gegen einen Prinzipienmonismus richte. „In Hermogenes begegnet uns also ein Vertreter eines Prinzipiendualismus.“ Tert. orat. 5,3 (CChr. SL 1, 260) vertritt hier auch eine andere Auffassung als etwa Tatian, der Materie als aus Gottes Substanz hervorgegangen sieht, zitiert bei Greschat, Apelles und Hermogenes, 169. Seltsam mutet an, dass Tertullian ihn als einen beschreibt, der von den Stoikern herkomme. Tatsächlich werden bei Varro Himmel und Erde als aktives und passives Prinzip gedeutet.

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Es geht ihm beim Postulat der Ewigkeit der Materie um eine Entschärfung des Theodizee-Problems, eine Problemlage, die Tertullian zugibt.322 Er verweist aber darauf, dass er im Konzept des Hermogenes die Allmacht Gottes gefährdet sieht.323 Es stehen sich zwei Systeme gegenüber, bei denen die Definition Gottes bereits über die Lösung der daraus folgenden Fragestellungen entscheidet. Tertullians Polemik gegen Markion findet weniger in der Gotteslehre als vielmehr in der Lehre von der Identität des Gottes Israels und des christlichen Gottes ihre Verankerung.324 Markion möchte einem bösen (jüdischen) Demiurgen den guten christlichen Gott entgegenstellen. Die Entgegnung fällt um einiges harscher aus als diejenige gegen Hermogenes. Argumente ad personam, die Markion mit allen möglichen Stereotypen für Fremde auszeichnen und als jemanden beschreiben,325 der mit seiner Argumentation Schiffbruch erleidet,326 umrahmen die Argumentation bezüglich Markion als Polytheisten.327 Markions Trennung zwischen einem gerechten Schöpfergott und einem guten christlichen Gott seines Neuen Testaments kennzeichnet Tertullian als willkürlich. Der gute Gott von Markion wäre ein unsicherer, der nicht bewiesen werden könnte. So ruft er das bekannte Konzept der licentia poetica (dichterische Freiheit) hervor und spricht spöttisch von Markion als einem, der sich einer licentia haeretica (ketzerische Freiheit) schuldig mache.328 Bei Markions Entwurf kann er deswegen auch keine Gründe vorfinden, weshalb es nicht noch mehr Götter gibt, die ebenfalls nicht begründet werden können, da alle Gründe bereits bei zweien gelten würden.329 Ist Tertullians Argumentation hier nicht schlüssig? Man kann zeigen, dass er sich mit dieser Meinung Gehör verschaffen konnte, wenn man die Argumentationen eines sonst unbekannten Saturninus von Thugga im Kontext des Ketzertaufstreits

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Tert. adv. Herm. 10,1 (CChr. SL 1, 405). Zur Allmacht Gottes, vgl. ebd. 8,1–3 (CChr. SL 1, 403f). Tert. apol. 19 (CChr. SL 1, 119–121). Tert. adv. Marc. I 1,3 (CChr. SL 1, 441) zu seiner Heimatregion Pontus: Gentes ferocissimae inhabitant; si tamen habitatur in plaustro. Sedes incerta, vita cruda, libido promiscua et plurimum nuda, etiam cum abscondunt, suspensis de iugo pharetris indicibus, ne temere qui intercedat. Ebd. I 2,1 (CChr. SL 1, 442). Sein naufragium besteht für Tertullian im Ditheismus: quem negare non potuit creatorem, id est nostrum, et quem probare non poterit, id est suum. Als Fazit ebd. I 7,7 (CChr. SL 1, 448): Haesisti, Marcion, in medio Ponti tui aestu. (…) Duo enim non sunt. Ebd. I 2,1 (CChr. SL 1, 442f). I 9,2 (CChr. SL 1, 449). Vgl. ebd. I 5,1 (CChr. SL 1, 446).

beachtet.330 Tatsächlich hat sich seine Sicht durchgesetzt, und das Problem wurde selbst von späteren Markioniten wahrgenommen. So spricht selbst der Nachfolger Markions, Apelles, nicht von zwei Prinzipien, sondern nur von einem, und erteilt Markion in diesem Punkt eine Absage.331 Aus systematischer Sicht wenig aufschlussreich ist Tertullians Polemik gegenüber Valentinus in Adversus Marcionem. Für eine rhetorische Analyse eignet sich die Stelle nichtsdestotrotz besonders gut. Tertullian nimmt dabei Bezug auf die Verheißung an Aeneas bei Vergil, die Stadt Alba Longa gründen zu können, wo er ein besonders fruchtbares Mutterschwein mit ihren 30 Ferkeln auf saftiger Wiese entdecken wird.332 Er zieht nun eine Analogie zum Denken des Valentinus, der 30 Äonen als neue Götter „geboren“ hat, die nicht unter der Herrschaft Gottes stehen, und führt ironisch aus, dass er damit so fruchtbar sei wie das Schwein des Aeneas.333 Der wichtigste Hinweis zur Rhetorik besteht hier nicht etwa darin, dass er mit der Erzählung aus dem achten Buch der Aeneis auf einen gemeinsamen Bildungshintergrund zurückgreifen kann. Dies ist nur die Voraussetzung dafür, dass die Rhetorik funktioniert. Auch das Analogiethema, die Schöpfung einer Zahl von 30, was als eine besondere Fruchtbarkeit gedeutet wird, ist erst ein Teil der Funktion der Argumentation. Wichtiger noch ist, dass es, wie Perelman feststellt, eine Wechselwirkung zwischen den Trägern der Analogie gibt. Verliert man diese aus den Augen, ergeben sich komische Effekte, die hier von Tertullian willentlich erzeugt werden.334 Er schafft so eine Bildrhetorik, die Valentinus in die Nähe eines fruchtbaren Mutterschweins rückt und wohl ein ebenso großes Potential zur Durchsetzung seiner Vorstellungen von der Einzigkeit Gottes hat 330 Sent. Episc. 52: Saturninus a Thucca dixit: Gentiles quamvis idola colant, tamen summum Deum patrem creatorem cognoscunt et confitentur. In hunc Marcion blasphemat. Et quidem non erubescunt, Marcionis baptismum. Ohne Kontext im Ketzertaufstreit zitiert bei Frede, Introduction, 17. Augustinus wird auf diese Argumentation wieder Bezug nehmen. S.u. Kap. 5.1. 331 Vgl. Iren. adv. haer. IV 33,2. Siehe dazu Greschat, Apelles und Hermogenes, 82. 332 Verg. Aen. VIII 43: iamque tibi, ne vana putes haec fingere somnum, litoreis ingens inventa sub ilicibus sus triginta captium fetus enixa iacebit, alba solo recubans, albi circum ubera nati. 333 Tert. adv. Marc. I 5,1 (CChr. SL 1, 446): Honestior et liberalior Valentinus, qui simul ausus est duos concipere, Bython et Sigen, tum usque ad XXX aeonum fetus, tanquam Aeneiae scrofae, examen divinitatis effudit. 334 Perelman, Neue Rhetorik II, 538 führt dies mit einem Satz aus dem Hauptwerk des englischen Schriftstellers Laurence Sterne aus: „Brav, bravo! (König William) beim Himmel! rief mein Oheim Tobias;– er verdient eine Krone – Völlig richtig, so sehr wie der Dieb den Strick! schrie Tim (der königstreue Korporal).“

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wie die komplexen systematischen Überlegungen zu seinem Denken, die er in einem eigenen Werk zugrunde gelegt hat.335

2.4 Die euhemeristische Argumentation als sanfte Polemik gegen die Götter? Römische Stoiker wie Marcus Terentius Varro integrierten die vielen Götter in ihr monistisches System als partes sive virtutes (Teile oder Mächte) des einen Gottes.336 Dieses Vorgehen leistete für das eigene naturphilosophische System mehr als für den Umgang mit den Erzähltraditionen von den traditionellen Göttern. Es wurde eine Theorie benötigt, wie die Göttermythen so prägend werden konnten.337 Bei den Stoikern spielte der sogenannte Euhemerismus die prominenteste Rolle, der die meisten Mythen338 von den Göttern auf Ereignisse in der Geschichte zurückführt und dies einerseits mit historischen Quellen, aber auch mit geographischen Erkenntnissen belegt.339 Inwiefern der Euhemerismus die Erzählungen kritisieren will, ist nicht generell, sondern nur anhand von einzelnen Denkern zu klären. Varro sah im Kult um die historischen Persönlichkeiten 335 Tert. adv. Val. besteht aus 39 Kapitel (CChr. SL 2, 753–778). 336 Vgl. etwa Varro, ant. rer. div. (frg. 27 Cardauns) bei Aug. civ. IV 11 (CChr. SL 47, 109): omnes dii deaeque sit unus Iuppiter, sive sint, ut quidam volunt, omnia ista partes eius sive virtutes eius, sicut eis videtur, quibus eum placet esse mundi animum, quae sententia velut magnorum multumque doctorum esse. 337 Eine Möglichkeit, die philosophischen Götter mit den Erzählungen zu verbinden, bot die Allegorese. Schubert, Octavius, 393 sieht im Euhemerismus ein „Lieblingskind des Skeptikers“. Zucker, Euhemeros, 470 weist darauf hin, dass die griechischen Christen in den Autoren Atheisten sahen, verneint aber diese Deutung vehement. Dochhorn, Entstehungsgeschichte, 290 wendet sich ebenfalls gegen diese Deutung: „Es ging Euhemeros nicht um eine Dekonstruktion der überkommenen Religion, sondern um deren Begründung.“ 338 Diejenigen Mythen sind gemeint, die nicht von Menschen erfunden worden sind. Bei Tertullian sind letzteres alle römischen Götter, vgl. Tert. nat. II 9,6 (CChr. SL 1, 55): Nos vero bifariam Romanorum deos recognoscimus communes et proprios, id est quos cum omnisbus habent et quos sibi ipsi sunt commenti. 339 Wie stark der Euhemerismus mit der Stoa verbunden ist, bleibt umstritten. Dazu Thraede, Art. Euhemerismus, 881. Er sieht die Vorstellungen als stoische Modifizierung einer ursprünglich sophistischen Denkart. Für Zucker, Euhemeros, 467 sind Stoiker wie Varro einfach die letzten, die Euhemeros im Original gelesen hätten. Das Werk von Euhemeros selbst war auf jeden Fall nicht stoisch, doch passten die Gedanken besonders gut in die stoischen Theorien, sodass es nicht überrascht, dass mit Ennius ein Stoiker die Übersetzung ins Lateinische leistete.

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einen kulturellen Fortschritt, den er aber mit der theologia tripertita (dreigeteilte Theologie) als irrelevant für die Philosophie erklärt.340 Mit dem Euhemerismus kann Tertullian dem Vorwurf der laesa religio gegen die Christen begegnen, indem er belegt, dass die Heiden selbst die Existenz ihrer Götter verleugnen würden.341 Der Hauptgrund, weshalb Tertullian diese Theorie im Apologeticum als erste und wichtigste aufnimmt, liegt in der Einschätzung begründet, dass es eine Theorie ist, die in anerkannten Werken seiner Gegner positiv erwähnt wird. Die Rhetorik gleich zu Beginn der Argumentation bekräftigt das, wenn er von einem Argument spricht, das nicht etwa falsch sei, sondern das man einfach vergessen habe.342 Er verweist als testimonia für alle vergöttlichten Menschen – wie es der Theorie entspricht – auf ihre eigenen antiquarischen Schriften und auf archäologische Funde.343 Es scheint eine Stelle bei Varro hinter seinen Ausführungen zu stehen.344 Als er aber zur konkreten Argumentation für die Menschlichkeit des ersten Vergöttlichten, Saturn, übergeht, nennt er überraschenderweise nicht diesen, sondern den griechischen Schriftsteller Diodor und die Lateiner Cornelius Nepos, Cassius Severus und Tacitus.345 Zumindest bei den beiden Letztgenannten kann er sich nicht auf Vorarbeiten Varros beschränken, da diese später als der römische Polyhistor schrieben.346 Man könnte allenfalls sagen, dass er einen rhetorischen Mittelweg geht zwischen der Wahl

340 Baier, Varro, 59 meint deswegen, dass man bei Varro gar nicht von Euhemerismus sprechen dürfe, da dieser religionskritisch sei, währenddessen Varro die römische religio als eine kulturelle Errungenschaft sieht, die ein „Volk über seinen rohen, unzivilisierten Kulturzustand“ herausführte. 341 Tert. apol. 10,2 (CChr. SL 1, 105): deos vestros colere desinimus, ex quo illos non esse cognovimus. 342 Ebd. 10,6 (CChr. SL 1, 106): hoc non quo cognoscatis, sed recognoscatis. 343 Vgl. ebd. 10,4 (CChr. SL 1, 106). 344 So auch Georges, Apologeticum, 204: „Dass dieses Werk Varros grundsätzlich im Hintergrund von Tertullians Ausführungen über die heidnischen Götter steht, ist kaum bestreitbar.“ In Ad nationes ist der Bezug auf Varro jedoch größer. 345 Tert. nat. II 12,26 (CChr. SL 1, 63) und Apol. 10,7 (CChr. SL 1, 106). Laktanz ergänzt hier Varro, s.u. Kap. 4.7. Vgl. zu den restlichen Autoren Georges, Apologeticum, 201 f. 346 Für die Vorlage bei Varro spricht aber sehr stark, dass er in Ad nationes für die gesamte Argumentation auf die Antiquitates rerum divinarum verwiesen hatte. Tert. nat. II 1,8 (CChr. SL 1, 41).

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eines besonders bedeutsamen Schriftstellers und der Präsentation einer großen Menge von Schriftstellern.347 Der Topos, dass alle Götter Menschen waren, findet sich verstreut über Tertullians Werk. In einem geringeren Ausmaß sind die kulturkritischen Schriften zu nennen. In De idololatria führt er als Beispiele für vergöttlichte Menschen Saturn und Merkur an und gibt an, dass er diese Namen leicht mit irgendeinem ex ordine mortuorum (aus der Zahl der Verstorbenen) ergänzen könnte.348 In De spectaculis identifiziert er den Kult der Toten mit demjenigen der Götter.349 Zur Hauptsache ist das euhemeristische Argument aber ein apologetisches. Von seinen drei apologetischen Texten350 fehlt es nur im kurzen Ad Scapulam, während in Ad nationes und im Apologeticum breite Argumentationen vorliegen.351 Da hier das Apologeticum im Zentrum steht, soll zunächst die Systematik in dieser Schrift ausgeführt werden. Für die einzelnen Argumente sollen dabei immer wieder Vergleichsstellen herangezogen werden, und der Aufbau der Schriften in Bezug auf die Götterpolemik soll verglichen werden. Eine Besonderheit liegt bei dieser Argumentation vor, da es für das Apologeticum selbst textkritische Herausforderungen birgt. Insbesondere auf das sogenannte Fragmentum Fuldense ist ein Blick zu werfen.352 Tertullian gibt einleitend den Topos wieder, dass omnes istos deos vestros homines fuisse (alle diese eure Götter Menschen waren). Dieser Satz wird im

347 Möglicherweise fehlt uns aber auch einfach die Quelle, aus der er den Verweis auf diese Autoren bezieht. Vgl. zu den Vorteilen der Wahl von Qualität und Quantität Perelman, Neue Rhetorik I, 38. „Die Topoi der Qualität kennzeichnen den klassischen, jene der Quantität den romantischen Geist.“ 348 Tert. idol. 9,3 (CChr. SL 2, 1108). 349 Tert. spect. 6,4 (CChr. SL 1, 233): licebit mortuis, licebit deis suis faciant, perinde mortuis suis ut diis faciunt. 350 Price, Apologetics, 105–129 diskutiert noch De anima und De pallio. Dazu Rüpke, Darstellungen, 209–223 und Kap 2.1. Bezüglich der ersten Kapitel in De anima sowie einzelnen weiteren Stellen wie an. 36 kann dem zugestimmt werden, andernorts ist das Werk rein dogmatisch. De pallio kennt keine apologetischen Argumente, die Fragen scheinen pastoraler Natur. 351 Eine Liste von Stellen findet sich bei Lortz, Apologet, 132. 352 Vgl. zuerst Löfstedt, Textkritik. Becker, Apologeticum, 229 erklärt das Fragmentum Fuldense damit, dass dieses der vorhergehenden Schrift Ad nationes noch näher stehe. So nennt auch Georges, Apologeticum II, 49 diese Textstelle eine Skizze zwischen Ad nationes und dem Apologeticum.

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Apologeticum bis zur Darstellung des eigenen Glaubens nicht relativiert.353 Die eigentliche Argumentation mit der Geschichte der Vergöttlichungen bedeutender Persönlichkeiten wird im Vergleich zu Ad nationes stark gekürzt und einzig auf Saturn angewandt, der als erster bedeutender Gott stellvertretend behandelt wird.354 Die zentralen Vorstellungen wie diejenige von seinen Erfindungen355 und der Benennung von Ortschaften356 aufgrund seiner Reise nach Italien sind genauso vorhanden wie der Hinweis, dass die Leute, auf die der Glaube an ihn zurückgeht, noch rudes homines (ungebildete Menschen) waren. Die Geschichte von seinen Eltern, Himmel und Erde, wird so gedeutet, dass die Ungebildeten eine Erklärung brauchten, weshalb Saturn plötzlich auftauchte.357 Diese Erklärung, die systematisch gesehen eine euhemeristische Deutung der Theogonie bei Hesiod bietet,358 findet sich im nichtchristlichen Bereich nur in einer Quelle aus dem 4. Jahrhundert,359 in der Origo gentis Romanae, einer Zusammenstellung römischer Frühgeschichte aus unterschiedlichen klassischen Quellen.360 In

353 Tert. apol. 17–24 für die Darstellung des Eigenen, wozu dann auch die Dämonen gehören. Demgegenüber schreibt er in nat. II 9,10 (CChr. SL 1, 56), dass die Römer einige Götter aus den Menschen aufgenommen hätten, andere aber Schöpfungen des eigenen Geistes seien. 354 Nach den Ausführungen zur Dämonenlehre nimmt Tert. apol. 25,10f (CChr. SL 1, 136f) die Thematik noch einmal auf. Hier fragt Tertullian nach, wen denn eigentlich Könige wie Saturn oder Jupiter verehrt hätten, und kommt zum Ergebnis, dass es eine der zuvor als lächerlich beschriebenen Gottheiten wie Sterculus sein müsse. 355 Ebd. 10,8 (CChr. SL 1, 106): tabulae et imagine signatus nummus. Es ist unklar, ob die tabulae Schreib- oder Rechentafeln meinen. Vgl. Georges, Apologeticum, 207 mit Literaturangaben. S.u. Kap. 3.5. 356 Ebd. 10,7f (CChr. SL 1, 106): mons Saturnius, civitas Saturnia, Italia als Saturnia. 357 Ebd. 10,10 (CChr. SL 1, 107) und bereits nat. II 12 (CChr. SL 1, 60–64), vgl. Pellegrino, Octavius, 179. Dieses Argument nehmen Minucius und Laktanz kommentierend auf. S.u. Kap. 3.5 und 4.7. Georges, Apologeticum, 202 vermerkt, dass es vor Tertullian nirgendwo zu finden sei. 358 Hes. theo. I 137f. So auch Dochhorn, Entstehungsgeschichte, 290. 359 Sehlmeyer, Ursprünge, 19 möchte die frühere These, dass es im 6. Jahrhundert verfasst wurde, widerlegen und fragt nach dem Sinn eines solchen Textes in dieser späten Zeit. 360 Orig. gent. Rom. 1,1f: Primus in Italiam creditur venisse Saturnus (…). Tanta autem usque id tempus antiquorum hominum traditur fuisse simplicitas, ut venientes ad se advenas, qui modo consilio ac sapientia praediti ad instruendam vitam formandosque mores aliquid conferrent, quod eorum parentes atque originem ignorabant, caelo et terra editos non solum ipsi crederent, verum etiam posteris affimarent, veluti hunc ipsum Saturnum, quem Caeli et Terrae filium fuisse dixerunt. Neben der Origo gentis

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der Einleitung wird Varro erwähnt, der als Etymologe gemeinsame Quelle sein könnte.361 Bis zu diesem Punkt wäre Tertullians Aufnahme des euhemeristischen Arguments unproblematisch. Doch im weiteren Verlauf sieht man, dass er die Notwendigkeit erkennt, dass es auch in einem positiven Sinn für den Götterglauben gebraucht werden konnte, etwa wenn man von der Vergöttlichung durch einen manceps divinitatis (Inhaber der Göttlichkeit) nach dem Tod sprach und sich dann das Argument wieder gegen die Christen wenden konnte.362 Gegen solche Vorstellungen von der Vergöttlichung hat Tertullian im Wesentlichen zwei Argumente. Die Götter der Poeten, auf die sich die Vergöttlichung im traditionellen Glauben bezieht, werden als Menschen von schlechter Moralität geschildert, bei denen es keinerlei Gründe für eine göttliche Erlösung geben würde.363 Doch auch wenn diese aufgrund von guten Erfindungen oder speziellen Taten unsterblich gemacht worden wären, ist das Konzept dahinter nicht stimmig. Es hätte in späterer Zeit mehr Grund zu einer solchen Vergöttlichung gegeben als zur Zeit der traditionellen Götter, etwa bei Cicero.364 Die sogenannten inventiones (Erfindungen), die in der Literatur erwähnt werden, sind für Tertullian letztlich das Verdienst des Schöpfers und nicht des Auffinders.365 Das zweite Argument besteht darin, dass ein allmächtiger Gott keine Helfer brauche. Wenn er allerdings dennoch stationes et potestates (Wächter und Verwalter) geschaffen hätte, dann hätte er diese gleich zu Beginn eingerichtet.366 Phänomene wie die Blitze, die man fälschlicherweise dem Sohn Saturns, Jupiter, zuschreibt, waren vor seinem Leben bereits existent.367 Hier verweist Tertullian Romanae sind nur lateinisch-christliche Autoren Quelle für diese Vorstellungen. Vgl. Sehlmeyer, Ursprünge, 66 f. 361 Varro wird im sogenannten Titulus des Werks erwähnt. Vgl. Sehlmeyer, Ursprünge, 15–17. 362 Diese Vorstellung war durchaus nicht nur christlich. Vgl. Thraede, Art. Euhemerismus, 884. Heinze, Apologeticum, 346. Entstehungsgeschichte und Verfasserschaft der dort erwähnten Bibliotheke des Pseudo-Apollodor (hier III 137) sind allerdings nur schwer zu rekonstruieren. 363 Tert. apol. 11,11 (CChr. SL 1, 107). Vgl. dazu Heinze, Apologeticum, 348. 364 Tert. apol. 11,16 (CChr. SL 1, 109). 365 Vgl. Heinze, Apologeticum, 348. Nach Georges, Apologeticum, 215 führt ein Euhemerist etwa die Blitze gar nicht auf Jupiter zurück. 366 Ebd. 11,9 (CChr. SL 1, 108). Heinze, Apologeticum, 347 verweist hier auf Plato, Phaidr. 246a und Sen. Exh. (frg. 16 Haase). 367 Tert. apol. 11,6 (CChr. SL 1, 108).

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auf die Steuerung durch das gubernaculum omnis rationis (Universalvernunft), was wiederum auf ein klassisch stoisches Gottesbild verweist. Die Argumentationsstruktur ist somit ähnlich strukturiert wie bei der ersten Entgegnung. Auf eine generelle Widerlegung folgt eine mögliche Rechtfertigung durch die Gegner, die dann aber ebenfalls widerlegt wird. Dieses Vorgehen suggeriert eine differenzierte Betrachtung der gegnerischen Vorstellungen. Es ist nicht zu übersehen, dass Tertullian in seiner Argumentation einige Stellen offen lässt, um dennoch von Vergöttlichungen sprechen zu können. So vergöttlicht der manceps divinitatis nach Tertullian durchaus die Gerechten.368 Im Hinblick auf die Vorstellung von Ämtern lässt er aber Platz für die seit Anbeginn existierenden potestates et virtutes (Mächte und Gewalten). Eine Selbstvergöttlichung möchte Tertullian ausschließen, ohne dabei Argumente anzuführen.369 Für die Argumente, bei denen der christliche Autor sich eng an stoische Argumentationen anschließt, darf er bei seinen Adressaten zu Recht auf Zustimmung hoffen. Doch wie sieht die Zustimmung zu den euhemeristischen Argumenten in christlichen Kreisen aus? Es scheint im Apologeticum so, dass er sich nicht um eine biblische Begründung der Vorstellung bemüht. Dies war sowohl in Ad nationes als auch im Fuldense noch anders. Es gilt deswegen, die Götterkritik in den beiden Schriften zu vergleichen, um dann die biblische Begründung des Euhemerismus dann zu besprechen, die von den späteren lateinischen Autoren wieder aufgegriffen wird. Der hauptsächliche Unterschied zwischen der Götterpolemik im zweiten Buch von Ad nationes und im Apologeticum besteht nicht in den unterschiedlichen Argumenten, sondern im Aufbau und dem Ziel. Ist Tertullian in seinem ersten Werk nicht nur inhaltlich, sondern auch in seiner Schwerpunktsetzung von Varro abhängig,370 den es zu widerlegen gilt, so stellt er seine Ausführungen im Apologeticum unter das Thema der Verteidigung gegen den Vorwurf der laesa religio durch die Repräsentanten des römischen Staates und gibt der Argumentation eine eigene Struktur.371 368 Ebd. 11,2 (CChr. SL 1, 107). Vgl. zum Wort manceps bei Tertullian Waltzing, commentaire, 87. Auch ein Dämon ist Tert. nat. I 9,1 (CChr. SL 1, 22) manceps erroris. 369 S.u. Kap. 2.6. Als Argument dagegen könnte man aus der Schlussrede gegen die Philosophen am ehesten die Unsicherheit und verschiedenen Meinungen, die diese erzeugen, annehmen. 370 Nach einer kurzen Einführung bespricht er alle drei Theologien bei Varro. Im längsten Teil geht er dann zu den römischen Göttern über. Man sieht, dass selbst die Länge der einzelnen Argumentationen von Varro abhängt. 371 Tert. apol. 46–50.

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Da er nur Saturn behandeln möchte, entgeht ihm das Hauptargument für eine Identifizierung von biblischer Geschichte und euhemeristischen Vorstellungen, dass nämlich der ägyptisch-hellenistische Gott Serapis,372 den Varro mit Jupiter identifizierte,373 eigentlich der vergöttlichte Joseph des Alten Testaments war. Da er die Völker mit Getreide versorgte, sei er mit dem Symbol der Ähren ausgezeichnet worden.374 Dieses Argument hat er mit höchster Wahrscheinlichkeit von Flavius Josephus,375 den möglicherweise auch noch eine Etymologie des Serapis-Namens bei Manetho zu dieser Argumentation führte. Auch im Apologeticum nennt Tertullian den jüdischen Schriftsteller Flavius Josephus als einen, der Manetho zur Argumentation mit dem Altersbeweis benutze, ohne dieses zwar nicht schwere, aber lange Konzept auszuführen.376 In Ad nationes gibt es neben dieser Geschichte noch eine etwas weniger klar euhemeristische Deutung von nun römischen Göttern, die vom biblischen Befund her bestätigt werden. Hier greift Tertullian auf jüdische Fassungen der Sibyllinischen Orakel zurück, die die Söhne des Ouranos und der Gaia, in diesem Fall Saturn, Titan und Japetos,377 mit den Söhnen Noahs Sem, Ham und Japhet identifizierten und damit in die erste Zeit der für die heutige Kultur relevanten Kontexte nach der Sintflut378 situierte.379 Tertullian führt die Sibylle nicht nur hier als wahre Seherin Gottes an,380 sondern auch noch im wohl ursprünglichen

372 Vgl. zur Universalität des Serapis Tert. nat. II 8,9 (CChr. SL 1, 53). Varro ant. rer. div. (frg. 46a Cardauns) = Tert. nat. I 10,17 (CChr. SL 1, 25) spricht allerdings vom Verbot des Serapis-Kultes in Rom. 373 Varro, ling. lat. V 57. 374 Tert. nat. II 8,10 (CChr. SL 1, 53f). 375 Joseph. Apion. I 128–150.265.286. Es findet sich später auch bei Firm. err. 13,2, der den Namen Serapis von Saras pais herleitet. Selbst im Talmud ist diese Vorstellung überliefert, Avodah Zarah 43a, vgl. Feldman, Interpretation, 349. Er verweist er auf die Ähnlichkeit von Osarsiph und Serapis und auf die Traumdeutungen, der Hinweis auf die Ährensymbolik fehlt bei ihm. Baier, Varro, 59 nennt neben Tertullians Besprechungen zu Serapis einzig diejenige in Aug. civ. XVIII 5 (CChr. SL 48, 597) mit Anklang an Varro gent. pop. (frg. 13 Peter). 376 Tert. apol. 19,6 (CChr. SL 1, 121): Iudaeus Iosephus, antiquitatum Iudaicarum vernaculus vindex. 377 Orac. Sib. III 110. 378 Tert. apol. 40,5 (CChr. SL 1, 154) gebraucht das Wort aus der Septuaginta, cataclysmus. 379 Wie zu zeigen sein wird, gerät diese Deutung in Widerspruch mit der Dämonologie nach 1 Hen bei Tertullian. 380 Tert. nat. II 12,35 (CChr. SL 1, 64).

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Übergangsteil zum 19. Kapitel des Apologeticum. Er schreibt, dass die römische Sibylle ihren Namen von der wahren älteren christlichen erhalten habe, um einige Argumente für das höhere Alter der biblischen Tradition anzugeben.381 Tertullians Argumentation mit dem Euhemerismus nimmt eine eigentlich überraschende Wendung. Kürzt er sie in der endgültigen Version des Apologeticum stark und entfernt biblische Anklänge, so erfüllt sie hier zumindest noch eine vorbereitende Funktion. Einerseits soll damit der Götterkult in ein schlechtes Licht gerückt und die christliche Gemeinschaft als Verwirklichung der reinen Gottesverehrung gepriesen werden. Andererseits bereitet Tertullian damit eine Dämonologie vor. Womöglich fehlt der Euhemerismus in Ad Scapulam aber gerade deswegen vollständig, weil die beiden Theorien in ein gewisses Spannungsverhältnis geraten. Nur in einer kurzen Stelle in De corona militis deutet Tertullian an, inwiefern die Theorien zusammenpassen. Der Teufel besorge nicht nur Trugbilder, sondern auch die Personen, an denen sich dieses darstellen sollte.382 So sind auch die Menschen, deren Taten und Erfindungen zum Götterkult führten, von den Dämonen geleitet. Vor diesem Hintergrund ist auch die Überleitung zur Dämonenlehre zu verstehen. Tertullian möchte die ratio (das Prinzip) angeben, das sub nominibus et imaginibus mortuorum operatur (unter den Namen und den Bildern von Verstorbenen wirkt).383

2.5  Bissige Polemik gegen die Götter als bösartige Dämonen Die Länge der dämonologischen Überlegungen als Erklärungen für die heidnischen Götter übertrifft in den Kapiteln zur eigenen Systematik bei Tertullian die Gotteslehre in der Länge und ist diesbezüglich nur mit den Ausführungen zu Jesus Christus zu vergleichen.384 Obwohl Tertullian andeutet, dass die Dämonenlehre ein Teil der Angelologie ist und er diese systematisch ausführt, verweist er für Genaueres auf die biblischen Schriften und unterscheidet die Begriffe

381 Tert. apol. frg. Fuld. 19,10 (CChr. SL 1, 120): Habetis, quod sciam, et vos Sibyllam, quatenus appellatio ista verae vatis dei veri passim super ceteros, qui vaticinari videbantur, usurpata est, sicut vestrae Sibyllae nomen de veritate mentitae, quemadmodum et dei vestri. Gerade diese Ausgangslage ist für Becker, Apologeticum, 229–234 ein Hauptargument für die Zwischenversion, die das Fuldense bieten kann. 382 Vgl. Lortz, Apologet II, 52. Er bemerkt dazu, dass dies der einzige Versuch Tertullians war, dieses Problem zu lösen, obwohl nicht alle Fragen geklärt würden. 383 Tert. apol. 21,31 (CChr. SL 1, 128). 384 Vgl. ebd. 17–23.

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daemones und angeli nicht trennscharf.385 Dies zeigt den Charakter der apologetischen Rhetorik in den Ausführungen, den er bewahrt, obwohl er von einer Argumentation mit dem Euhemerismus, die er zumindest in der Endversion des Apologeticum allein aus heidnischen Quellen speist,386 zu einer Darstellung des Eigenen übergegangen ist, die im Hinblick auf die vielen Götter das eigentlich christliche Verständnis zeigen soll. Die Existenz der Dämonen als substantiae spiritales (geistige Wesenheiten) wird gleich zu Beginn betont eingeschärft,387 dann aber auch als Konsens im Schrifttum der Heiden ausgeführt.388 Der Argumentationsbedarf scheint Tertullian größer als etwa bei der Thematik der Einzigkeit Gottes. Nach einer Einleitung mit apologetischer Rhetorik und einem kurzen Verweis auf die Quellen seiner christlichen Dämonologie,389 fährt Tertullian mit nicht-christlichen Argumenten zur operatio (Tätigkeit) und zur Geschichte der Dämonen fort, anhand deren er eine Systematik der Dämonen zu entwickeln versucht, die Bibel und heidnische Literatur verbindet.390 Er versucht die Begriffe dei und daemones strikt zu trennen,391 was eigentlich als eine innerheidnische Fragestellung erscheint, um mit einem Argument zu enden, das Tertullian als demonstratio

385 Der Sprachgebrauch ist erst bei späteren lateinischen Schriftstellern genau. Vgl. dazu die Problematik der Unterscheidung zwischen den gefallenen Engeln und der Dämonen als ihren Söhnen, Zintzen, Art. Geister, 724–726. Die Ansicht in Tert. apol. 22,2 (CChr. SL 1, 128), dass Plato von den Engeln spreche, ist Ausdruck der Übersetzungsprobleme in diesem Begriffsfeld. 386 S.o. Kap. 2.4. 387 Tert. apol. 22,1 (CChr. SL 1, 128): Atque adeo dicimus esse substantias quasdam spiritales. 388 Ebd. 22,1–3 (CChr. SL 1, 128). 389 Der Verweis auf die Dämonologie aus 1 Hen bei Tertullian ist deswegen so wichtig, weil sie bei ihm in eine Kulturkritik hineinführt. Dazu die Fußnote oben. Vgl. dazu auch bereits Iust. 2 apol. 4,3–6 bei Georges, Apologeticum, 369. Einzig für die Identität von Göttern und Dämonen hat er auch biblische Quellen. Tert. idol. 20,4: nam et scriptura deos nominat, sed adicit suos vel nationum; sicut David, cum deos nominasset, ubi ait, dei autem nationum daemonia). Hier verweist er auf Ps 96, den er überraschend nach dem wörtlichen Zitat in 1 Chr 16,26 zitiert, wo er den Psalm im Kontext von wahrem Kult vorfindet. Schubert, Octavius, 513 bemerkt richtig, dass die christlichen Dämonologen diese Identifizierung nicht durchführen, da damit die euhemeristischen Erklärungen ihre Geltung verlieren würden. Es sollte aber darauf hingewiesen werden, dass sie die Stelle nach der Interpretation in 1 Kor 10,19f lesen. 390 Tert. apol. 22,4–23,1 (CChr. SL 1, 128–130). 391 Ebd. 23,2–8 (CChr. SL 1, 130f).

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rei ipsius (Darlegung der Sache selbst) im Gegensatz zu den verba (Worten) als stärkstes charakterisiert. Es gilt zunächst, seine Dämonologie im Hinblick darauf auszuführen, inwiefern er sie tatsächlich aus heidnischen Quellen begründen kann und inwiefern er den Funktionen in philosophischen Systemen im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Einzigkeit und Pluralität des Seienden etwas abgewinnt oder eigene Lösungen anbietet. Tertullian begründet die Existenz der Dämonen mit dem Konsens aller drei Gruppen gemäß der theologia tripertita. Dass die Dichter die Dämonen kennen, bleibt bei einer Behauptung, die er leicht bestätigen könnte, wenn er nur die Präsenz des Begriffes in ihren Werken belegen möchte.392 Darum scheint es ihm zu gehen, wenn er bemerkt, dass es kein novum nomen (neuer Begriff) sei. Dass auch einige Philosophen den Begriff gebrauchen, ist ebenso richtig,393 macht das Problem aber nun deutlich. Tertullian müsste ihre ausnahmslose Boshaftigkeit beweisen.394 Im Hinblick auf ein philosophisches Verständnis von Dämonen steht er aber vor dem Problem, dass diese nicht einseitig negativ, sondern nur ambivalent oder gar positiv angesehen wurden.395 Gerade bei den zeitgenössischen Auslegungen zum Daimonion des Sokrates bei Apuleius werden aber die 392 Vgl. für eine Auswahl von Dämonen bei Dichtern Schubert, Octavius, 502. Mit Comm. instr. 1,3 ist etwa ein lateinisches Gedicht mit dem Namen cultura daemonum überliefert. 393 In Tert. test. 3,1 (CChr. SL 1, 178) deutet er richtig darauf hin, dass nicht alle die Auffassung teilen. Vgl. Georges, Apologeticum, 368. 394 Art. daemon, in ThesLL. V, 4f unterscheidet zwischen einem generellen Verständnis der Dämonen als Wesen de potestate quadam divina, quae est inter deos et homines und einem spezifisch christlichen als spiritus immundus qui hominem incurrit, seductor hominum malignus, diabolus, deus ethnicus. 395 Ursprünglich erscheint der Begriff nicht eindeutig negativ gewertet. Zintzen, Art. Geister, 642–47 bespricht zwar auch die Möglichkeit böser Dämonen bereits bei Xenokrates. Auf ihn beziehen sich Stoiker und Mittelplatoniker in ihren Ausführungen: Plut. Is. 25; def. orac. 17. Doch prägender sind die Vorstellungen von den Seelen verstorbener guter Menschen bei den Stoikern und der Mittelstellung zwischen Gott und den affektlosen Götter einerseits und den Menschen andererseits bei den Platonikern. Vgl. dazu Karfíková, Polemik, 187. Eine Sonderstellung nimmt Kelsos bei Orig. Cels. VIII 55 ein, wenn er böse Dämonen ganz ablehnt. Für die Arbeit mit den afrikanischen Apologeten eignen sich stets die Schriften des einheimischen Mittelplatonikers Apuleius, der die Thematik vor allem in der Schrift De deo Socratis behandelt. Vgl. zur Problematik auch Georges, Apologeticum, 367. In der Bibel werden die Dämonen nur in Apg 17,18 relativ neutral bewertet, allerdings durch Nichtchristen, die Paulus als einen identifizieren, der neue Dämonen einführe.

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positiven Aspekte ins Zentrum gestellt.396 Da er dies nicht tut, liegt hier eine Rhetorik vor, in der Tertullian die verschiedenen Bedeutungen eines Begriffs für seine Ziele gebraucht.397 Überzeugender ist der Verweis auf das vulgus (einfache Volk), da er hier eine Funktion und ein Zitat anführt, die in seiner Zeit verbreitet waren.398 Das maledicere (Verfluchen) kann als Praxis belegt werden, allerdings nichtchristlich als Verfluchen anderer Menschen mit der Hilfe von Göttern, die sich dadurch als böse auszeichnen.399 Das Zitat leitet weiter in Tertullians Rhetorik mit der Seele. Nachdem er bereits den einen Gott mit dem consensus omnium (Übereinstimmung aller) begründet hatte, begründet er auch die vielen mit der conscientia animae (Mitwissen der Seele),400 wobei er den Begriff des Satans nennt. Die Verwünschungsformeln gegen ihn scheinen wieder jüdisch-christlich.401 Vielleicht ist Tertullian die Verwendung des Begriffs bei Nichtchristen tatsächlich aufgefallen, was auf synkretistische Phänomene hinweisen kann.402 Die magi passen nicht in die Reihe der theologia tripertita und werden so als Ergänzung angeführt. Sie sind sowohl für angeli als auch für daemones Zeugen. Das verweist auf die klar dualistischen Systeme in der Religionsgeschichte Persiens. Dass Dämonologie und Magie stets eng beisammen sind, zeigen Amulette und Segnungen in der Blütezeit christlicher Dämonologie.403 Vor was für einer

396 Vgl. den Schluss der Rede des Apul. deo Socr. 21–24. Dazu Bernard, Dämonologie, 371. Tertullian behauptet dessen Boshaftigkeit als dehortatorium a bono. 397 Einschränkend könnte auf den Engelsbegriff in diesem Kontext hingewiesen werden. Doch Tertullian spricht hier nie von guten Engeln. Perelman, Reich, 68f sensibilisiert dafür, dass eine Definition nicht beliebig sein kann, wenn der Begriff bereits existiert. Gibt es mehrere Bedeutungen, muss die Wahl begründet werden. Hier zeigt sich bei Tertullian jedoch eine ungenügende Rhetorik, wenn er gleiches innerhalb der Begriffe dazu ausnutzt, eine Identität zu behaupten. 398 Vgl. Baltes, Sokrates, 21. Die Dämonen seien im Volksglauben nach und nach negativer besetzt worden. 399 Waszink, Seele, 308 führt nur einen einzigen Beleg nach dem Thesaurus Linguae Latinae an, in dem daemon als Schimpfwort gebraucht wurde. Zintzen, Art. Geister, 762–798 bezieht sich zu dieser Thematik nur auf den christlichen Volksglauben, der sich aber gerade in Anlehnung an nichtchristliche Traditionen entwickelte. 400 Tert. apol. 22,3 (CChr. SL 1, 128). 401 Der Begriff Satan ist biblisch, vgl. Num 22,22 und weitere Stellen. 402 Vgl. Zintzen, Art. Geister, 593.787–791. Tert. test. 3,2 (CChr. SL 1, 178) führt das Argument deutlicher aus: Satanan denique in omni vexatione et aspernatione et detestatione pronuntias. 403 Vgl. Zintzen, Art. Geister, 787.

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dämonischen Praxis man sich zu schützen hat, ruft Tertullian mit den Ausführungen zu den actiones der Dämonen in Erinnerung.404 Eine Quelle für seine Ausführungen zu Schädigungen der menschlichen Seele und des Körpers oder der Natur nennt Tertullian nicht.405 Sein Ziel ist es, so viele den Göttern in der römischen Literatur zugeschriebenen Taten als schlecht zu erweisen, wobei er mit den anerkannt schlechten beginnt. Da, wo er keine negativen Erklärungen findet, wie bei der weitverbreiteten Erzählung vom Siebwunder zur Errettung der angeklagten Vestalin Tuccia,406 stellt er ihre Tat unter den Verdacht, dass sie den Götzendienst fördern und vom einen Gott ablenken wollte.407 So wird daraus ein monotheistisches Argument, nach dem die Götter als Begründer des Götterkultes genannt werden.408 Dass dies Berichte sind, die auch in philosophischen Texten diskutiert werden, fällt genauso auf wie die Charakterisierung der Dämonen mit ihren Eigenschaften der subtilitas (Feinheit) und tenuitas (Klarheit), die auch bei Apuleius festgestellt werden409

404 Tert. apol. 23,1 (CChr. SL 1, 130) verweist direkt auf Tätigkeiten der Magier. Sie brächten phantasmata hervor. 405 Ebd. (CChr. SL 1, 129): utram substantiam hominis. 406 Die Vestalin Tuccia wird des Geschlechtsverkehrs angeklagt und rettet sich, indem sie auf wundersame Weise erfolgreich mit einem Sieb Wasser schöpft. Dies wird als Zeichen für ihre Unschuld gedeutet und steht in Verbindung mit der Erzählung von den Höllenstrafen der Danaiden. Ebd. 22,12 (CChr. SL 1, 130) deutet Tertullian die Geschichte nur an: aquam cribro gestatam. Aug. civ. X 16 (CChr. SL 47, 290) rekurriert ein erstes Mal auf den Bericht und will ihn von biblischen Wundergeschichten mit der gleichen Erklärung wie Tertullian fernhalten. Illis enim multi tanto minus sacrificiis colendi sunt, quanto magis haec expetunt. Ein zweites Mal erscheint der Bericht ebd. XXII 11 (CChr. SL 48, 830) = Varro, gent. pop. (frg. 13 Peter) als Erzählung durch Varro (quod Varro commemorat) und im Kontext der Begründung der Möglichkeit fester Körper in höheren Sphären. Hier wird die Möglichkeit offengelassen, dass dieses Wunder durch Gott oder einen seiner Engel verursacht wurde. Auf jeden Fall aber könne Gott es tun, wenn es selbst ein Dämon vermag. 407 Tert. apol. 22,12 (CChr. SL 1, 130): ut numina lapides crederentur, ut deus verus non quaereretur. Eindeutiger ist der Bezug bei der Erzählung der Einführung des Kultes der Magna Mater ebd. 22,12, der nur dank eines Schiffwunders geschehen konnte. 408 Ebd. 23,1 (CChr. SL 1, 130): quanto magis ea potestas de suo arbitrio et pro suo negotio studeat totis viribus operari quod alienae praestat negotiationi. (…) non ergo dignius praesumetur ipsos esse, qui se deos faciant, cum eadem edant, quae faciant deos credi, quam pares angelis et daemonibus deos esse? 409 Apul. deo Socr. 11: quid tandem censes daemonum corpora, quae sunt concretio multo tanta subtilior? (…) sed fila corporum possident rara et splendida et tenuia. Bernard, Dämonologie, 366–373.

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und die den Dämonen des Apuleius erlauben, sich in großer velocitas (Schnelligkeit) fortzubewegen oder etwa sentire pluvias (den Regen zu spüren). Trotz dieser Übereinstimmungen fehlt eine Entwicklung im Hinblick auf die Einzigkeit Gottes und der Pluralität, wie sie bei Apuleius mit der Unterscheidung der unveränderlichen Götter und der veränderlichen Dämonen ausgeführt wird.410 Für die Fragestellung nach dem Monotheismus sind die Argumentationen gegen die Anwendung des Götterbegriffs auf die heidnischen Götter besonders zu beachten und warum er sich dazu veranlasst sieht, diese Kontroverse zu führen. Handelt es sich um mehr als eine controversia verborum (Auseinandersetzung um Worte)? Dafür, weshalb man die Dämonen nicht Götter nennen dürfe, hat Tertullian im Apologeticum ein einziges Argument.411 Im Apologeticum ist es in erster Linie eine definitorische Frage. Zur aeternitas Gottes, die er auch bei Dämonen nicht bestreitet, tritt die praecellentia divinitatis (Vorzüglichkeit der Göttlichkeit), die stets als höchste zu sehen sei. Da er ihre operationes aber nicht als Ausdruck einer höchsten divinatio akzeptiert, sieht er es als würdiger an, sie dann auch nicht höher zu benennen, wenn sie nicht höher als Engel und Dämonen sind.412 Tatsächlich könnte man sagen, dass es ein Problem darstellt, wenn Gleiches mit zwei verschiedenen Wörtern bezeichnet wird. Er könnte dieses Argument von Apuleius haben, der ja tatsächlich nur bei den Dämonen, nicht aber bei den Göttern von wirkenden Wesen sprach.413 Letztlich ist es das Bestreben des Tertullian, den Gottesbegriff so weit wie möglich von allen anderen Wesenheiten fernzuhalten.414

410 Apul. deo Socr. 5 schließt auf die Frage, ob man bei einem Jupiter-Stein schwören solle: atque si Platonis vera sententia est, numquam se deum cum homine communicare, facilius me audierit lapis quam Iuppiter. Bernard, Dämonologie, 366. 411 Waszink, Seele, 305 meint, dass der Begriff Gott bei Tertullian „kein Appellativum, keine Bezeichnung einer Spezies, sondern ein individueller Eigenname ist“ und deswegen auch kein Plural „Götter“ existiere, nennt dafür aber keine Referenzstelle. Die Stelle im 23. Kapitel des Apologeticum spricht dagegen. 412 Tert. apol. 23,2 (CChr. SL 1, 130): ubi est ergo praecellentia divinitatis, quam utique superiorem omni potestate credendum est? 413 Apul. deo Socr. 4 spricht von einer vollständigen Trennung zwischen Göttern und Menschen. 414 Inwiefern das Argument mit dem testimonium animae für eine Sprachlehre spricht, nach der das eigentliche Wort mit Gott verbunden ist, stellt sich nach den Ausführungen zur Rhetorik in Kap. 2.2 nicht mehr. Dennoch wird auch in diesem Kontext selbst der Pluralbegriff vom heidnischen abgegrenzt. Tert. test. 1,7 (CChr. SL 1, 176): cum illos interdum deos appellas, de alieno et quasi pro mutuo videaris.

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Sein letztes Argument gegen die Göttlichkeit der Dämonen, mit dem er alleine den Vorwurf der laesa religio zu widerlegen glaubt, überrascht. Die Dämonen selbst würden sich bei einem Exorzismus unter dem afflatus (Anhauch) der Christen dazu bekennen, dass sie keine Götter sind.415 Im Gegensatz zu Situationen, in denen sie sich zu ihrem Vorteil als Götter ausgeben, geschehe dies zu ihrem eigenen Schaden und würde deswegen eine größere Glaubwürdigkeit besitzen. Tertullian schlägt vor, diesen Beweis durch einen Exorzismus als gerechtes Gerichtsverfahren durch einen Christen erbringen zu lassen. Wenn dies nicht gelänge, hätte die römische Staatsgewalt die Lizenz, den Christen zu töten.416 Dieses Argument kann man ohne Erfahrung nicht beurteilen, und darin scheint die Stärke zu liegen, auf die Tertullian zählt.417 Es bleibt die Frage zu klären, inwiefern die Dämonologie bei Tertullian mit einer Rhetorik der Gewalt verbunden ist. Für Tertullian ist die Fähigkeit der Christen, in einem Exorzismus Dämonen auszutreiben, keine Gewalttätigkeit gegenüber anderen Menschen, sondern ein Dienst an der Gesellschaft.418 Mit der Gewalt ist die Dämonenlehre dennoch verbunden. Dass auf die Verehrung derselben bereits im Alten Testament schwere Strafe stand,419 benutzt er zur Begründung eines absoluten Gebotes des Martyriums für die Christen.420 Die Gewalt richtet sich hier also nicht gegen außen, sondern in einer indirekten Art gegen innen.

415 Tert. apol. 23,16 (CChr. SL 1, 133). 416 Ebd. 23,6 (CChr. SL 1, 131): ibidem illius Christiani procacissimi sanguinem fundite! 417 Bereits Theoph. Autol. II 8 kennt das Argument verkürzt. Der Text ist Minucius nahe, wenn von der Beschwörung durch den einen Gott gesprochen wird und nicht durch die Christen. Die Aussage, dass die Dämonen bekennen, dass sie keine Götter sind, trifft mehr mit der Rhetorik mit Apollo bei Laktanz zusammen als mit dem Argument bei Tertullian. S.u. Kap. 4.5. 418 Tert. apol. 46,5 (CChr. SL 1, 161): nomen hoc philosophorum daemonia non fugat. 419 Ex 22,19. Die Übersetzungen variieren zwischen Todesstrafe und Bannstrafe, was der zeitlichen Abfolge in der Interpretation entspricht. S.o. Kap. 1.4. 420 Tert. scorp. 4,1 (CChr. SL 2, 1075f): hanc igitur si a primordio constat et prohibitam de tot tantisque praeceptis et numquam inpune commissam de tot tantisque documentis nec ullum tam superbum crimen deputari apud deum, quam huiusmodi transgressionem, ultro intellegere debemus divinarum et denuntiationum et executionum intentionem iam tunc martyriis patrocinatam non modo non dubitandis, verum etiam sustinendis, quibus scilicet locum fecerat prohibendo idololatrian.

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2.6 Die Frage nach dem eigenen Vielgötterglauben und die Gottesvokabel Nachdem Tertullian die Existenz nur eines Gottes erwiesen und gegen die vielen Götter der Heiden Polemik geübt hat, muss er die Frage beantworten, inwiefern der Glaube an Jesus Christus als Gott und der Glaube an Engel als ewig existierende Wesen, die über den Menschen stehen, mit dem Glauben an nur einen Gott zu vereinbaren ist. Bedeutend länger ist hier der Teil zur Christologie, den Tertullian in die Geschichte Jesu einreiht, die für ihn im Gegensatz etwa zu Laktanz mit dem Monotheismus nichts zu tun hat, was über die Bekämpfung der Dämonen hinausginge.421 Nach einer kurzen Einführung begründet er die Einzigkeit Gottes trotz des göttlichen Status seines Sohnes apologetisch, um dann noch einige Hinweise auf die christliche Systematik zu geben. In einigen Punkten bereiteten die Stellen im Apologeticum eines seiner komplexesten Werke, Adversus Praxean, vor.422 In diesem Werk sind die Strategien, die Einzigkeit Gottes, der vor der Schöpfung aus dem Nichts gemäß Tertullian alleine war,423 angesichts des christlichen Glaubens an den Sohn (und den Geist) dennoch zu begründen, zahlreicher, vor allem aber systematischer.424 Aufgrund der Dichte und der Thematik ist es nicht verwundernd, dass gerade hier die Handschriften in einzelnen Punkten am stärksten abweichen.425 Zu Beginn seiner Darstellung des eigenen Glaubens deutet Tertullian im Apologeticum eine Christologie kurz an, indem er die Schöpfung durch verbum (Wort), ratio (Vernunft) und virtus (Kraft) nennt. Was es mit diesen Begriffen auf sich hat, führt er in einem eigenen Kapitel aus, in dem er direkt Bezug auf die vorhergehende Stelle nimmt,426 wobei nun an die Stelle des verbum der sermo

421 S.u. Kap. 4.6 für die Argumentation des Laktanz. 422 Moingt, Trinitaire, 761 sieht dieses Werk als ersten trinitätstheologischen Entwurf. Dies ist nicht ganz richtig, da der Geist hier nicht besprochen wird und der Begriff trinitas, der in Tertullians Werk 16-mal vorkommt, ebenso wenig verwendet wird. 423 Vgl. etwa Tert. adv. Prax. 5,3 (CChr. SL 2, 1163f) als Beginn für die Ausführungen zu den Begriffen verbum und sermo. 424 Eine Gesamtdarstellung der Versuche kann hier nicht geleistet werden. Es gilt, die explizit apologetischen Strategien zu kommentieren. Vgl. für eine Interpretation seiner Trinitätstheologie, Moingt, Trinitaire. Auch Braun, Deus Christianorum, 141–242 behandelt die relevanten Begriffe ausführlich. 425 Vgl. Tert. apol. 21,13 (CChr. SL 1, 124). 23,12 (CChr. SL 1, 132). 426 Ebd. 21,10 (CChr. SL 1, 124): Iam ediximus deum universitatem hanc mundi verbo et ratione et virtute molitum.

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(Rede) tritt, den er dann mit dem griechischen Begriff logos gleichsetzt.427 Dass es hier zu einer Änderung in der Wahl der Worte kommt, kann zufällig sein, wenn Tertullian die Begriffe verbum und sermo als Synonyme behandelt.428 Allerdings ergibt sich im ersten Kontext, in dem er Gott als Schöpfer beschreibt, eher das Bedürfnis, auf den biblischen Schöpfungsbericht hinzuweisen, was mit dem Begriff verbum geschehen kann; im zweiten Kontext aber braucht es einen Begriff, der so nahe wie möglich dem griechischen Logos entspricht.429 Dass er mit seiner Logos-Christologie Konzepte übernimmt, die im griechischen Raum auf neutestamentlicher Grundlage bereits ausgearbeitet wurden, ist mit dem Begriff, der zunächst in griechischer Sprache angeführt wird, klargestellt.430 In einer abschließenden Zusammenfassung beschreibt er den kommenden Christus ut dei virtus et dei spiritus et sermo et sapientia et ratio, et dei filius (als Kraft Gottes und Geist Gottes und logos und Weisheit und Vernunft und Gottes Sohn).431 Für die Thematik der Einzigkeit ist vonnöten, dass die verschiedenen Begriffe, wenn sie sich auch nicht völlig entsprechen, so doch miteinander in Einklang zu bringen sind. Die Reihenfolge der Begründungen der Einzigkeit Gottes trotz einer Vielzahl an Begriffen gehört bereits zur Rhetorik: Zunächst führt er eine apologetische Diskussion mit der stoischen Philosophie, um die genannten Begriffe auch für Nichtchristen akzeptabel im Hinblick auf den Monotheismus zu machen, um dann erst zu einer genaueren systematischen Bestimmung voranzuschreiten, wobei hier neue Begriffe verwendet werden. Die Bezeichnung dei filius steht deswegen erst zuletzt. Systematisch stimmiger wäre hingegen, zuerst die Begriffe für 427 Ebd. 17,1 (CChr. SL 1, 117). Vgl. auch das 21. Kapitel. In Tert. adv. Herm. 45 (CChr. SL 1, 433–435) wird die Christologie analog ausgeführt. 428 Waltzing, Commentaire, 120. Georges, Apologeticum, 327. 429 Bei weitem am genausten untersucht wird der Gebrauch bei Braun, Deus Christianorum, 270. Er kommt zum Schluss: „sermo et verbum ne sont pas d’absolus synonymes, le premier correspondant en général à λόγος, le second à ῥῆμα: or, ce n’est pas le mot ῥῆμα que l’Apôtre avait employé pour le Christ.“ Diese Feststellung muss er jedoch bei Tertullian als „en général“ einschränken, was eine gewisse Problematik von Untersuchungen des Wortgebrauchs wiedergibt. Sieben, Komm. Prax., 119 schreibt im Hinblick auf alte lateinische Bibelübersetzungen, dass verbum in Rom, sermo in Afrika bis zu Augustinus häufiger sei. 430 Vgl. Iust. 1 apol. 44,9f; 2 apol. 8,1.3; 2 apol. 10,1–3; 2 apol. 13,3 (Stellen bei Georges, Apologeticum, 327). 431 Tert. apol. 23,12 (CChr. SL 1, 132). Fuldense hat hier noch ein abschließendes et dei omnia. In der BKV-Ausgabe wurde dieses übernommen, so auch bei Georges, Apologeticum, 392 f. Es fehlt in der Ausgabe Beckers.

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Gott aus christlicher Sicht auszuführen und dann einen Vergleich zur stoischen Philosophie anzustellen. Die stoischen Begriffe, die Tertullian anführt, zeigen nicht nur die Gemeinsamkeiten zum Christentum, sondern auch die Unterschiede unverdeckt. Er führt einige vocationes an, die seinem christlichen Verständnis entsprechen, (factitator [Schöpfer], deus), die aber nichts mit Jesus Christus zu tun haben. Andere jedoch (fatum [Schicksal], animus Iovis [Geist Jupiters], necessitas [Notwendigkeit]) werden angeführt, ohne sie zu diskutieren. Anderswo bei Tertullian findet sich Polemik dazu.432 Tertullian behauptet allerdings auch keine Identität zwischen stoischem und christlichem sermo-Denken, sondern verweist nur apologetisch darauf, dass die Einzigkeit Gottes durch den Begriff auch bei Zeno nicht gefährdet sein muss. Die eigentliche Entsprechung bezieht er dann auf den Begriff des spiritus bei Cleanthes, der diesen als permeator universitatis (Durchdringer des Weltalls) bestimmte. Die Auswahl von Zeno und Cleanthes, die er für Aussagen der Weisen der anderen (vestri sapientes) anführt, dürfte auch aus Schriften der anderen kommen, da sie wenig auf die Argumentation hin angepasst erscheint. Jedoch ist diese Vorlage nicht auffindbar.433 Von der Überleitung zu einem exemplum her würde der Vorteil entstehen, dass Cleanthes bereits eingeführt wurde. Mit dem Argument der Identität der Sonne mit ihren Strahlen bedient er einen locus classicus für die Thematik des stoischen Monismus, der auch bereits zu einem locus classicus christlicher (griechischer) Apologetik geworden war.434 Der Begriff des radius (Strahl) eignet sich besonders gut, auf der Grundlage antiker Physik die Einheit von etwas zu behaupten, wo dennoch zwei Begriffe verwendet werden können. Die Gleichsetzung der Sonne mit dem letzten Prinzip bei Cleanthes lässt er dabei apologetisch korrekt außer Acht.435 432 Die Polemik gegenüber Jupiter als optimus maximus des römischen Staatskultes ist bei Tertullian sonst erwartungsgemäß groß. Vgl. etwa Tert. apol. 25,7–9 (CChr. SL 1, 136). Der Begriff necessitas wird bei Tertullian sonst nie in diesem Sinn gebraucht. 433 Georges, Apologeticum, 327 diskutiert Cic. nat. deor. I 36–39 und Sen. nat. II 45,1f. Obwohl man zunächst an Ciceros Religionsschrift denken könnte, kommen die genannten Begriffe dort gerade nicht vor, dafür etwa der Aether. Die Schrift Senecas bezieht sich tatsächlich auf Jupiter als animus et spiritus mundi. Eine genaue Übereinstimmung ist aber auch hier mit den Begriffen fatum, providentia, natura, mundus nicht gegeben. 434 Wie Moingt, Trinitaire, 763 zeigt, kann er den Gedanken von sehr vielen griechischen Vorgängern haben. Vgl. Georges, Apologeticum, 330 mit griechischen Vorgängern. 435 Vgl. dazu Cic. nat. deor. II 39–41 für die Vorstellung der Sonne bei Cleanthes als Feuer, das alles erhält, ernährt, schützt und Empfindungsvermögen verleiht.

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Wie die spezifisch christlichen Lösungen funktionieren sollen, deutet Tertullian mit verschiedenen Begriffen, hinter denen sich jeweils ein weiterführendes Konzept verbirgt, an. Er verweist auf die unitas substantiae (Einheit des Wesens)436 und führt für ihn nur scheinbar paradoxe Wendungen wie die Erwähnung, dass unus ambo (der eine beide) sei. Die jetzige Eigenständigkeit der Personen, die über das stoische Konzept hinausgeht, umschreibt er mit dem Begriff der prolatio (Hervorbringung) oder der generatio prolatione (Zeugung durch Hervorbringung).437 Dann gelangt man zu einer besonders umstrittenen Stelle.438 Bevorzugt man den Vulgata-Text, ergibt sich eine Interpretation, die auf Justin verweist, der zwischen einer falschen christlichen Rede von einem ἄλλος θεός (anderer Gott) und einer richtigen des ἕτερος θεός (weiterer Gott) unterscheiden möchte. Die Vokabel alter (weiterer), die dann von alius (anderer) zu trennen wäre, würde sich für Tertullian zur Übernahme des Gedankens anbieten. Doch der erste lateinische christliche Autor verwendet anderswo ebenfalls das alius, weshalb ein konsistenter Gebrauch der Wörter hier nicht vorzuweisen wäre.439 Die Unterscheidung zwischen dem gleichen status, den der Schöpfergott und der Logos Christus bezüglich ihrer Göttlichkeit hätten, und der Unterschiedenheit im gradus findet sich über Tertullians Gesamtwerk verbreitet.440 Eine rhetorische Interpretation lässt sich nicht anführen, da er die genau gleichen Ausführungen auch in systematischen Werken durchführt. Mit seinen Vorstellungen kann er sich trinitätstheologisch aber nicht durchsetzen.441

436 In anderen Schriften auch consubstantialitas, vgl. Moingt, Trinitaire, 957–973. Als wichtigste Stelle für die Verwendung des Begriffs nennt er Tert. adv. Herm. 44 (CChr. SL 1, 433). Tertullian verwendet auch das Adjektiv consubstantivus gegen Valentinus. Es fehlt einzig in der Schrift gegen Praxeas. 437 Tert. apol. 21,11 (CChr. SL 1, 124). 438 Moingt, Trinitaire, 761 nennt sie „un passage obscure“. Das größte Problem ist die recht unterschiedliche Textüberlieferung. Hat der Fuldense ein modulo alterum, bezeugt die Vulgata-Version ein alter modulo. Die Editoren seit dem 16. Jahrhundert fügten ein modulo alternum als Variante hinzu. Becker gibt zunächst nur den Vulgata-Text wieder, der Fuldense-Text ist allerdings als eigene Variante im Anhang zu finden. 439 Tert. adv. Prax. 9,1 (CChr. SL 2, 1168). 440 Vgl. ebd. 2 (CChr. SL 1, 1160f). ebd. 19 (CChr. SL 1, 1184–1186). Tert. adv. Herm. 18 (CChr. SL 1, 411f). 441 Braun, Deus Christanorum, 205 weist auf den „caractère subordinatien“ hin. Über die Hälfte der ca. 150 Verwendungen müssten so interpretiert werden, vgl. Moingt, Trinitaire, 801–805.

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Die Engel als gute Wesen gehören für Tertullian im Gegensatz zu den bösartigen Dämonen nicht zum zu verteidigenden Gut christlicher Lehre. Sie werden im Apologeticum nur einmal in einem positiven Kontext genannt, wenn er sie auch bei Plato auffinden möchte.442 Ansonsten werden sie hier nie explizit ohne ihre bösartigen Ursprungsgefährten, die Dämonen, genannt.443 Dies liegt daran, dass er für eine positive Pluralität im Hinblick auf die Götterwelt der Heiden keinen Platz lassen möchte. Dies zeigen seine Aussagen zu den Engeln in nichtapologetischen Werken. Der Sache nach kommt er auch im Apologeticum nicht umhin, Engelserzählungen aus dem Alten und Neuen Testament zu nennen, wo diese in positivem Licht erscheinen, so etwa die adnuntio des filius dei durch den Engel Gabriel.444 In anderen Werken treten weitere Funktionen der Engel dazu: sie sind zuständig für die administratio (Verwaltung) der monarchia divina (göttliche Alleinherrschaft), wodurch diese nicht zerstört werde, da keine alia dominatio adversus creatorem (andere Herrschaft gegen den Schöpfer) eingeführt werde.445 Hier verweist Tertullian auf Dan 7,10446 und spricht von milia virtutum (Tausenden Kräften).447 In De anima kommt er außerdem zur überraschenden Funktion des Geburtshelfers.448 Hier übernehmen die Engel dann doch wieder Funktionen, die in philosophischen Systemen den Göttern zugeschrieben werden, zu denen er im apologetischen Werk keinerlei Verknüpfungen erstellen möchte.

442 Dem Namen nach ist dieser Befund falsch, es gibt keine angeli bei Plato, aber da sich andere christliche Autoren für die Begründung derselben auf die neuen Götter bei Plato berufen, ist die Argumentation hier dennoch stimmig. S.u. Kap. 5.5.3. 443 Tert. apol. 22,3 (CChr. SL 1, 128), wo ihr Ursprung von den Engeln geklärt wird. Dann ebd. 22,6.8 (CChr. SL 1, 129); 23,1.2.9 (CChr. SL 1, 130f). 27,4 (CChr. SL 1, 139); 29,1 (CChr. SL 1, 140). Einzig ebd. 35,12 (CChr. SL 1, 146) angeli desertores. 444 Ebd. 22,8 (CChr. SL 1, 129). 445 Vgl. Tert. adv. Prax. 3,3 (CChr. SL 2, 1162). Tert. adv. Prax. 3,6 (CChr. SL 2, 1162). 446 Vgl. ebd. 3,4 (CChr. SL 1, 1162). 447 Vgl. ebd. 3,3 (CChr. SL 1, 1162). 448 Tert. an. 37,1 (CChr. SL 1, 839): Omnem autem hominis in utero serendi struendi fingendi paraturam aliqua utique potestas divinae voluntatis ministra modulatur, quamcumque illam rationem agitare sortita. Haec aestimando etiam superstitio Romana deam finxit Alemonam alendi in utero fetus et Nonam et Decimam a sollicitioribus mensibus et Partulam, quae partum gubernet, et Lucinam, quae producat in lucem. Nos officia divina angelos credimus. Moingt, Trinitaire, 800 führt dazu aus, dass es nur der status angelicus sei, den der Mensch postmortal erlange, die „condition de vie“, nicht aber ihre Natur. Waszink, Seele, 275 vermerkt einzig, dass die römischen Sondergötter von Varro stammen dürften.

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Doch auch in innerchristlichen Diskursen bekämpft Tertullian Vorstellungen von Engeln, wenn sie sich auf Jesus Christus beziehen. Währenddessen Sohn und Geist consortes substantiae patris (Teilhaber am Wesen des Vaters) sind, sind die Engel doch vom Wesen des Vaters geschieden.449 Was Gott hier ausmacht, ist sein Schöpfersein und seine ewige Existenz.450 Die Möglichkeit der aeternitas wird den nichtgöttlichen Wesen nicht abgesprochen, doch hat sie keines dieser Wesen von sich aus. Sie ist allein in der Macht Gottes, der „Götter macht“.451

2.7 Zusammenfassung Tertullian nimmt die rechtliche Situation der Christen im Römischen Reich zum Anlass für seine Argumentation im Apologeticum und fasst das Vorhaben, den Vorwurf der laesa religio zu entkräften, indem die Existenz der vielen Götter aus den Schriften seiner Gegner widerlegt und der eine wahre Gott der Christen als Schöpfer von allem erwiesen wird. Seine Argumentation ist stets polemisch: Gerade da, wo gemeinsame Grundlagen im Gottesbild zwischen der Philosophie und dem Christentum wie Gottes Allmacht und Ewigkeit, aber insbesondere die Einzigkeit, erörtert werden könnten, bleibt er kurz und nennt nur die Attribute selbst, ohne sie auszuführen. Die Argumentationen Tertullians gegen die Häretiker können zeigen, dass er in dem Fall mehr dazu sagen möchte, wenn er die Attribute bei seinen Gegnern – wie etwa bei Hermogenes, Markion oder Valentinus – gefährdet sieht. Aus den verschiedenen Zeugnissen für die Existenz Gottes wählt er mit demjenigen der Gott bezeugenden anima eine Variante eines akademischen Arguments aus, das Tertullian nicht wegen dessen Stärke, sondern aufgrund der impliziten Kulturkritik überzeugt haben dürfte, da von einem Erwachen der Seele aus einer kulturbedingten Verschüttung gesprochen wird. Auch die Widerlegung der Existenz der vielen Götter kann Tertullian innerhalb des euhemeristischen Denkens mit den Schriften seiner Gegner begehen, 449 Tert. adv. Prax. 3,5 (CChr. SL 2, 1162). Der Sohn gehört in der Einheit der Substanz dazu. Vgl. ebd. 3,1 (CChr. SL 2, 1162). In Tert. res. mort. 14,3 (CChr. SL 2, 936) bezieht er dies zur Verdeutlichung auf Engel wie Michael und Gabriel: dictus est quidem magni consilii angelus, id est nuntius, officii non naturae vocabulo. 450 In Tert. adv. Marc. I 7,2 (CChr. SL 1, 447) wird Gott allein als summum bonum beschrieben. 451 Tert. adv. Herm. 5,3 (CChr. SL 1, 401) nimmt Bezug auf Psalm 82, wenn er schreibt: Nam et dei erimus, si meruerimus illi esse, de quibus praedicavit: Ego dixi, vos dii estis et stetit deus in ecclesia deorum; sed ex gratia ipsius, non ex nostra proprietate, quia ipse est solus, qui deos faciat.

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wobei er sich auf stoische Argumentationen bezieht. Die Entwicklung dieser Argumentation von seiner frühen Schrift Ad nationes über das Apologeticum bis zum späteren Ad Scapulam kann zeigen, dass er dem Euhemerismus als Erklärung der Götter als ausgezeichnete Menschen in der Geschichte zunächst weniger Bedeutung zuspricht, bis er ganz ausfällt. Demgegenüber werden die bösen Dämonen als eigentliche Begründer des Götterkultes in ihrer Bedeutung erhöht, wobei die gemeinsamen systematischen Grundlagen einer Dämonologie im Vergleich zum Schöpfergott sogar eher ausführlicher ausfallen. Mit einer LogosChristologie mit stoischen Anklängen soll ermöglicht werden, das Christentum trotz der Verehrung von Jesus Christus als Gott monotheistisch darzustellen. Als Zusammenfassung seiner Widerlegung des Vorwurfs der laesa religio und des Erweises des Zynismus der rechtlichen Situation der Christen im Römischen Reich, die seine Gegner aufgrund ihrer eigenen Schriften akzeptierten müssen, kann seine Aussage gelten, dass rechtens im römischen Reich alles verehrt werden dürfe außer des einen Gottes, von dem alle herkommen.

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3. Christlich-dogmatischer Monotheismus gegen heidnisch-skeptische Vielgötterei? Die Rhetorik des Minucius im Octavius 3.1 Christliche Protreptik und urbanitas: Der Octavius als Gegenentwurf zum Apologeticum bei gleichzeitiger Rezeption Der apologetische Dialog Octavius ist ein Werk des Minucius Felix, von dem weder weitere Werke noch Notizen zu seinem Leben überliefert sind. Da nordafrikanische Quellen verarbeitet werden und der Dialog dort als Erstes rezipiert wird, könnte er in Nordafrika entstanden sein. Dafür spricht auch die Erwähnung Cirtas.452 Für die Entstehungszeit gilt als terminus post quem Tertullians Werk, insbesondere das Apologeticum,453 als terminus ante quem die späte Erwähnung bei Laktanz,454 womöglich aber auch bereits Cyprians Schrift Ad Donatum.455 Auf jeden Fall ist es ein christlicher Text aus dem 3. Jahrhundert.456 Die Bekanntheit des Dialogs ist in den verschiedenen Epochen äußerst unterschiedlich, was für die Thematik der Rhetorik des Monotheismus deswegen 452 Min. Oct. 9,6 (Kytzler 8) spricht von Cirtensis nostri oratio in Bezug auf Fronto. Archäologische Untersuchungen etwa bei Kytzler, Octavius, 173, die aufgrund von Inschriften eine historische Szenerie in diese Stadt verlegen wollen, sind sehr spekulativ. 453 Vgl. Becker, Octavius, 79–94 für das zentrale Argument. Schubert, Octavius, 21– 25, hier 21 führt zustimmend aus, dass das „Prioritätsproblem Tertullian – Minucius Felix (…) zugunsten des Apologeticum als entschieden gelten“ darf. Den Desideraten bei Schubert, Octavius, 62 ist zuzustimmen, allerdings nicht der Behauptung, dass das Publikum „primär zweifellos pagan“ war. Die Fragestellung ist aber auch interessant für die Intertextualität im Hinblick auf ein heidnisch gebildetes christliches Publikum. 454 Lact. inst. V 1,22 (Heck/Wlosok 440). Vgl. dazu Kytzler, Octavius, 21 f. Schubert, Octavius, 82 führt an, dass Laktanz den Minucius auch für die Epitome nochmals zur Hand nimmt. An der Monotheismus-Argumentation kann gezeigt werden, dass dies sogar für De ira dei gilt. S. u. Kap. 4.2. 455 Wenn allerdings Schubert, Octavius, 81 den Rahmen der Geschichte im Vergleich zu Cypr. Donat. 1 als Hauptargument dafür deutet, ist die Frage zu stellen, inwiefern dieser nicht von einem Dialog Ciceros, wohl dem Hortensius, inspiriert sein könnte. Direkte Anleihen in Cypr. Donat. 8 können nicht festgestellt werden. 456 Vgl. zu einer Einordnung Fürst, Ort, 42.

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interessant ist, da es bereits mit der Eigenart des Textes in Zusammenhang steht.457 Spätantiken Autoren, die sich mit apologetischer Literatur beschäftigten, war Minucius Felix als Autor des Octavius bekannt. Nicht nur Laktanz erwähnt ihn, auch Hieronymus nimmt ihn rühmend in die Reihe der berühmten Männer auf.458 Bereits Augustinus aber, der eine Rhetorik für das Christentums gegenüber heidnischer Kultur für weniger wichtig ansieht, übersieht ihn in seiner Liste in De doctrina christiana.459 Zum wirklichen Traditionsbruch kommt es aber im Mittelalter. Der Dialog ist nur durch Zufall als liber octavus460 der ebenfalls recht unbedeutenden Schrift des Arnobius erhalten und somit nur in einer Handschrift, Codex Parisinus (P), die allerdings recht zuverlässig erscheint, überliefert.461 Bereits in der Antike war der wichtigste Grund, sich mit dem Octavius des Minucius zu beschäftigen, die schöne Sprache und Form, in die die Argumente gegossen werden und die bisweilen von einem freundlichen christlichen Umgang mit römischer Kultur zeugen.462 Einzigartige Argumente und Vorstellungen 457 Im Vergleich zu den restlichen Apologien wurde der Octavius am seltensten untersucht. Von den Monographien sind insbesondere Pellegrino, Octavius und neuerdings Schubert, Octavius zu nennen. Dazu kommen Fürst, Ort. Becker, Octavius. Von Geisau, Octavius. Kühn, Octavius. Einiges findet sich bei Kytzler, Octavius, 142–183. 458 Hier. vir. ill. 58 (BPat 12, 160). 459 Aug. doct. christ. II 61 (Simonetti 162f) nennt von den verstorbenen Autoren Cyprian, Laktanz, Victorinus, Optatus und Hilarius. Er ist hier mehr an der Rezeption der römischen Bildung als an der Etablierung des Christentums gegen die Heiden interessiert. Inwiefern sich mit dem Fall Roms etwas ändert, s.u. Kap. 5.1. 460 Schubert, Octavius, 2 vermutet einen Fehler eines Kopisten aufgrund einer bereits bestehenden „Überlieferungsgemeinschaft“. 461 Hier wurde mit der Edition von Kytzler gearbeitet. Vgl. Schubert, Octavius, 85 zu einem Vergleich mit anderen Editionen. Übersetzungen findet man ebenso bei Kytzler, Octavius und Schubert, Octavius. 462 Vgl. Kytzler, Octavius, 155f, der von einer „formvollendeten Art der Darbietung des philosophischen Disputs“ spricht. Bardy, Art. Apologetic, 542 schreibt von einer „Reinheit des Stils, Eleganz des Vortrags, Vornehmheit der Sprache“ bei Minucius im Gegensatz zu einer „zwingenden Kraft der Argumente“, einem „Glanz der Formulierung“ und einer „Stärke und Klarheit des Denkens“ bei Tertullian. Er unterschätzt aber die Rhetorik bei Minucius, wenn er von einem Wohlwollen gegenüber den Philosophen ausgeht. In der Forschung ist nie der Vorwurf der „Musivkunst“ gegen Minucius ganz verstummt. Widerlegt bei Becker, Octavius, 5f, der insbesondere das Zwischengespräch und die Philosophenliste analysiert. Die Rhetorik des Textes auch in Bezug auf philosophische Rezeptionen untersucht Fürst, Ort.

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finden sich beim zweiten lateinischen Apologeten nur schon deswegen nicht, weil er zwischen Tertullian, von dem er vieles übernimmt, und Laktanz, der kaum eines seiner Themen auslässt, steht. Insbesondere der Umgang mit den verschiedenen Quellen kann die Eigenart der Rhetorik des Textes zeigen. Gegenüber Tertullians Apologeticum profiliert sich das Werk insbesondere durch die Dialog-Form, wobei die Szenerie eines Disputs mit drei Sprechern an das Setting aus Ciceros De natura deorum erinnert.463 Angesiedelt werden die Diskussionen, in denen Caecilius als heidnischer Skeptizist und Octavius als christlicher Dogmatiker auftreten, in Ostia als aemonissima civitas (äußerst reizvoll gelegene Stadt),464 wo sich zunächst harmonische familiäre Szenerien abspielen. Die beiden Referate, dasjenige des Caecilius, das das Christentum angreifen soll und durch die Kritik an dessen Serapis-Verehrung als inperitiae vulgaris caecitas (Blindheit der gemeinen Unerfahrenheit) ausgelöst wird,465 und die Verteidigungsrede des Octavius werden durch eine kurze Zwischenrede zum Sinn der Rhetorik unterbrochen und enden schließlich mit der abrupten Bekehrung des Caecilius, die keinerlei Streit mehr hervorruft. Man sollte sich durch die vielen Zitate beliebter Texte des römischen Bildungswesens nicht täuschen lassen. Aus systematischer Sicht ist der Octavius keineswegs ein Gegenentwurf zum Apologeticum des Tertullian. Entweder werden systematische Kontexte übernommen, oder aber das Verhältnis wird am Ende des Dialogs wieder zurechtgerückt. So wird am Ende von den supercilia philosophorum gesprochen, die für Tertullian ein eigenes Kapitel ausmachten.466 Der Octavius ist leicht kürzer als das Apologeticum, was insbesondere daran liegt, dass Ausführungen zur eigenen Lehre fehlen. Argumente zum 463 Vgl. für dieses Vorgehen Bauer, Art. aemulatio, 148 und Quint. inst. X 1, 105–109, der sich gegen eine Nachahmung Varros und für Cicero ausspricht. Für Schubert, Octavius, 78 führen Phänomene in der Rhetorik des Minucius wie die häufigen dreiteiligen Asyndeta zu einer „nüchternen Würdigung“, da sie ein Zeitphänomen der Second Sophistic seien. Mit dem Rhetorik-Begriff dieser Studie ist daran aber nichts auszusetzen, da diese zeitgebundene Sprache gerade eine Brücke zum zeitgenössischen Leser herstellen kann. 464 Min. Oct. 2,3 (Kytzler 1). Vgl. dazu Seidl, Art. urbanitas, 1344–1364 mit guten Bemerkungen auch zur Ablehnung in Tert. apol. 21,29f (CChr. SL 1, 127). 465 Min. Oct. 2,4 (Kytzler, 1f). Darin schwingt ebenso eine Kritik an Tertullians Ansatz mit, s.o. Kap. 2.3. 466 Min. Oct. 38,5 (Kytzler 36f): Philosophorum supercilia contemnimus, quos corruptores et adulteros novimus et tyrannos et semper adversus sua vitia facundos. Wie Kap. 3.6 zeigen kann, sind die Ausführungen zum Eigenen eng an Tertullian angelehnt.

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Monotheismus, die Minucius jedoch als erfolgsversprechend in der Auseinandersetzung mit der paganen Bildung ansieht, erweitert er und füllt Lücken in Tertullians Argumentation, wobei er insbesondere über Cicero und Seneca den Stoff ergänzt. Minucius lässt den Sprecher Caecilius das Christentum in Bezug auf die Thematik Mono- und Polytheismus als Skeptiker angreifen. Die Haltung des Skeptizismus fußt bei ihm in einer traditionalistischen Haltung, in der die Götter nach der disciplina maiorum (Sitte der Alten) verehrt werden müssten, und er verweist auf die Vorteile für den Staat.467 Der christliche Gott wird als deus unus destitutus beschrieben,468 der der Fülle des Götterpantheons auch deswegen wenig entgegenzusetzen habe, da er doch nur von einem einzigen Volk verehrt werde. Die Abschnitte der Entgegnung des Octavius sollen die Unterkapitel ausmachen. Er begründet ausführlich die dogmatische Sicherheit einer einzigen providentia (Kap. 3.2) und führt eine Autoritätsargumentation mit dem einfachen Volk, den Dichtern und den Philosophen (Kap. 3.3), um dann zu einer Auseinandersetzung mit dem römischen Polytheismus zu kommen und mit Verweis auf die fides facilis (Leichtgläubigkeit) der Vorfahren zum euhemeristischen Argument weiterzuleiten (Kap. 3.4) und mit dem Hinweis auf die nur scheinbare Notwendigkeit der Götterverehrung und Divination für den römischen Staat zu einer streng apologetisch gehaltenen Dämonologie (Kap. 3.5) hinzuführen, die die eigentlichen Gründe für das Geschehen bringen soll. Das Kapitel zu Minucius soll mit Bemerkungen dazu schließen, inwiefern die Rhetorik überzeugen kann und inwiefern Probleme offengelassen werden (Kap. 3.6).

3.2 Die Begründung des einen Gottes im Kontext von Röm 1,20: Die opera dei Das Argument für Gott und seine Einzigkeit aufgrund des gesamten Seienden wird bei Minucius im Vergleich zum Befund bei Tertullian breit ausgeführt.469 Es ist erstes Thema der Octaviusrede, die von einer Anthropologie umrahmt wird, nach der die Erkenntnis der Ordnung des Alls dem Menschen aufgrund seiner Fähigkeit zu sermo et ratio (Sprache und Vernunft) als Auftrag gegeben 467 Der Serapis-Kult gehörte zur Zeit der klassischen Autoren nicht zum römischen Staatskult, wurde aber bei Comodus oder Caracalla gefördert. Vgl. Schubert, Art. Minucius, 807. 468 Min. Oct. 10,3 (Kytzler 8). 469 Ebd. 17,2 (Kytzler 13) als inquisitio universitatis. Waltzing, Commentaire, 100 nennt Theoph. Autol. I 4.6 als ersten Apologeten, der dieses Argument anführe und nicht eines vom Offenbarungsgedanken her.

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sei. Sich selbst zu erkennen bedeutet dann nicht, der Seele spontane Äußerungen abzulauschen, sondern eine inquisitio universitatis (Untersuchung des Weltalls) anzustellen.470 Aufgrund dieser werden für Gott als Schöpfer und für die Einzigkeit Gottes Argumente gefunden.471 Mit den Ausführungen soll erstens die Ansicht des Caecilius widerlegt werden, dass von der summa rerum (Gesamt der Dinge) nichts Sicheres gesagt werden könne.472 Zweitens aber lässt Minucius den Sprecher Octavius gegen den Angriff auf den christlichen Gott als deus unicus solitarius destitutus (einziger, einsamer und verlassener Gott) vorgehen.473 Der Gedankengang wird erst viel später wieder aufgenommen,474 wenn der Vorwurf von Caecilius besprochen wird, dass die Christen Gott weder sehen noch zeigen könnten. Dessen Unsichtbarkeit wird logisch begründet, wobei es nach Minucius zu einem sentire (Erfühlen) Gottes kommt, was der aestimatio (Erahnung) Gottes bei Tertullian letztlich wieder nahe kommt. Die Rhetorik des Minucius besteht darin, die divina ratio (göttliche Vernunft) für das Gesamt der Welt gar nicht argumentativ zu diskutieren, sondern als selbstevident – [jemand, der das Gegenteil behaupte, habe] weder Geist, Sinn, noch Augen, [da es] so offensichtlich, so unzweifelhaft, so deutlich [sei]475– vorauszusetzen, um dann eine große Anzahl an Beispielen für zweckmäßige Einrichtungen in der Welt anzuführen, die allesamt belegen sollen, dass das Ganze der Welt von Gott gemacht und sich nicht elementis concretus an concinnatus atomis (aus Elementen verdichtet oder aus Atomen zusammengesetzt) hat:476 Himmel, Sterne und Sonne selbst, deren Umlauf, der Wechsel von Tag und Nacht, die Jahreszeiten, die Begrenzung des Meeres, das Wachstum der Bäume, die Gezeiten, die Existenz von Quellen und Flüssen, Bergen und Feldern, die Vorzüge verschiedenster Tiere und, als Beispiele für die providentia specialis (spezielle Vorsehung) für einzelne Teile, etwa das warme Wasser Britanniens, und als Wichtigstes der Mensch.477 Eine ähnliche, aber noch viel ausführlichere Liste befindet sich im wichtigsten Vergleichswerk in der Rede des Stoikers

470 Die Rede beginnt in Min. Oct. 17,1 (Kytzler 13) und endet ebd. 18,3 (Kytzler 15) mit einer Anthropologie. 471 Als Schöpfer bis ebd. 18,4, als einziger bis ebd. 18,7 (Kytzler 15). 472 Vgl. ebd. 5,4f (Kytzler 3): Sprecher Caecilius. 473 Vgl. ebd. 10,3 (Kytzler 6): Sprecher Caecilius. 474 Vgl. ebd. 32,4 (Kytzler 30): Sprecher Octavius. 475 Mentem, sensum, oculos ipsos non habere (…) tam apertum, confessum perspicuum. 476 Ebd. 17,1 (Kytzler 13). 477 Vgl. dazu Becker, Octavius, 25.

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Balbus in De natura deorum Ciceros.478 Genauere Untersuchungen der Einzelargumente würden für die Thematik des Monotheismus wenig ergeben.479 Die Einschätzung, dass Minucius vor allem aus stilistischen und nicht inhaltlichen Gründen umbaut, liegt nahe.480 Das Problem des Abschnitts, dass Cicero häufig nicht nur von der providentia, sondern von der divina providentia (göttliche Vorsehung) oder gar von der providentia deorum (Vorsehung der Götter) spricht, umgeht Minucius zunächst durch Auslassung,481 zusätzlich gerät er allerdings in gewisse Probleme durch den stoischen Charakter des Gottesbildes. Dass Gott beseelt, bewegt, ernährt und lenkt,482 ist dem stoischen Vorbild geschuldet, was Minucius aber nicht weiter reflektiert. Nicht nur die Beispiele und das daraus folgende Gottesbild entsprechen sich, auch die Rhetorik ist ähnlich, insofern etwa der Verweis auf das apertum (Unverhüllte) ein fast wörtliches Zitat darstellt483 und bei Cicero ebenso häufig auf die ratio des Menschen Bezug genommen wird.484 Auch bei Cicero sind die Gegenargumente bei den anderen Sprechern auszumachen, bei Minucius findet sich aber die Besonderheit, dass er hier nicht auf die Theodizeefrage eingeht, die Caecilius aufgeworfen hatte.485 Nun bietet die Vorlage bei Cicero nicht zwei Argumente für die Erklärung des Glaubens an Gott und die Götter wie bei Aristoteles, sondern je nach Autor

478 Vgl. Cic. nat. deor. II 73–167, womit die Argumentation über die Hälfte des Textes ausmacht. 479 Bei Minucius kommt Britannien neu dazu, womit man zeigen kann, dass er doch eine gewisse Eigenständigkeit behalten möchte. Vgl. zu möglichen Deutungen Pellegrino, Octavius, 135. 480 Die Argumentation erhält bei Minucius eine neue Anordnung. Er ist weniger ausführlich und lässt die Aratzitate weg. Stilistisch ist hier sein Hang zu Dreierreihen besonders gut erkennbar. 481 Dazu Von Geisau, Octavius, 53. 482 Das inspirare, movere, alare, gubernare lehnt sich nach Waltzing, Commentaire, 100 an Cic. nat. deor. I 100 an, wo allerdings eine andere Vierzahl an Verben genannt wird: efficere, movere, regere, gubernare. 483 Cic. nat. deor. II 4. Dazu Pellegrino, Octavius, 128. 484 Cic. nat. deor. II 115.147. 485 Die negativen exempla des Caecilius werden hierbei nicht wieder aufgegriffen, wobei diese Rhetorik auch in Weish 13,1–5 und in Röm 1,18–25 anzutreffen sind, vgl. Waltzing, Commentaire, 100. Allgemein verbreitete Vorstellungen vom Sinn des Übels tauchen aber im letzten Teil der Schrift auf, etwa wenn in Min. Oct. 36,8 (Kytzler 34) das Übel als Übung für die Gerechten oder als Strafe (im Kapitel über den Untergang des jüdischen Königtums) geschildert wird. Dennoch spricht Becker, Octavius, 25 davon, dass er „eine quälende Frage“ ignoriere.

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mehr,486 etwa deren vier bei Kleanthes.487 Allerdings ergibt sich dies aus der Unterteilung des zweiten Beweises in drei Aspekte  – der Annehmlichkeiten, der Schrecken und der Ordnung. Die Beispiele, die sich zu widersprechen scheinen, werden bei Minucius anhand der Beispiele insbesondere in seiner Wiederaufnahme dargelegt, wobei die Schrecken nur kurz angedeutet werden, tonare, fulgere, fulminare (donnern, wetterleuchten, blitzen), ehe wieder in positive Kontexte übergeleitet wird: serenare (aufheitern).488 Abgeschlossen wird die Stelle mit einem bekannten Argument, das von der Tradition her auf Aristoteles und seine Umdeutung des Höhlengleichnisses zurückgeht,489 aber auch von seinem rhetorischen Denken her betrachtet werden muss. Es beruht auf der Präsentation einer Selbstverständlichkeit,490 die in Form einer kurzen Geschichte, die zu einem Gleichnis weitergeführt wird, ausgeführt wird.491 Jemand betritt ein gepflegtes, geordnetes und geschmücktes492 Haus und schließt auf einen guten Architekten, der deswegen auch gut sein muss. Das Neue bei Minucius besteht in der Aussage, dass er noch besser als das Haus sein müsse. Es bleiben hier allerdings Fragen im Hinblick darauf, was im Vergleich eines Hauses und eines Architekten „besser“ bedeutet, offen.493 Die Argumentation wird nun so zu einem locus a comparatione (Beweisgrund aus dem Vergleich) weitergeführt, indem von dieser Erfahrung a minore ad maius (vom Kleineren aufs Größere) auf eine metaphysische Aussage geschlossen

486 So etwa bei Cic. nat. deor. II 16 Chrysipp, der den Menschen als Wesen ausweist, das nicht das höchste sein kann. 487 Vgl. ebd. II 13f. 488 Min. Oct. 32,3f (Kytzler 30). Aus der Analogie von Sonne und ihren Strahlen zu Gott und seinen virtutes gewinnt Minucius im Abschnitt auch ein Argument für die Unsichtbarkeit Gottes. 489 Vgl. ebd. 18,4 (Kytzler 15). Waltzing, Commentaire, 104 führt nur hellenistische Rezeptionen, insbesondere bei Philo von Alexandrien an. Blumenberg, Höhlenausgänge, 199f hingegen begründet die Umformulierung bei Aristoteles und daran anschließend bei Cic. nat. deor. II 15–18 damit, dass eine Höhle keinen Anstoß gab, sich zurückzuwenden. Mit der Erwähnung der Kunstwerke im Gewölbe wird der Himmelseindruck vorbereitet. 490 Vgl. Aristot. rhet. III 1419a: „Gibt es irgendeinen Menschen, der glaubt, daß es Kinder von Göttern gebe, Götter aber nicht?“ (Üb. Krapinger 199). 491 Vgl. Krapinger, Rhetorik, 217 zu weiteren Erwähnungen bei Cicero und Quintilian. 492 Min. Oct. 18,4 (Kytzler 15): exculta disposita ornata. 493 Pellegrino, Octavius, 136 will das Zitat mit Cicero fälschlicherweise rechtfertigen: „[Cicerone] sembra voler dire, chi costruisce la casa dev’esser da più della casa stessa“.

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wird.494 Genauso gut kann man auch, wenn man das Weltall betrachtet, auf einen dominus parensque (Herrn und Schöpfer) schließen, der noch weit schöner (pulchrior) ist als alle Teile desselben. Das Bessersein bezieht sich bei Cicero auf den Menschen, der sieht, dass er das Weltall nicht errichten könnte, und sich deswegen gezwungen sieht, auf eine „bessere Ursache“ zu schließen.495 Deswegen muss hier der Fehler Minucius angelastet werden. Das Gleichnis hat den problematischen Nebeneffekt, dass damit nämlich auch sichtbar gemacht wird, was für die gesamte Argumentation gilt: Es könnten auch mehrere Urheber existieren, sowohl bei einem Haus, wo die Urheber ausfindig gemacht werden können, als auch beim Weltall als Gesamtes. Deswegen gesteht Minucius nun ein, dass daraus noch nicht klar wird, utrum unius imperio an arbitrio plurimorum caeleste regnum gubernetur (ob das himmlische Reich vom Wink eines Einzelnen oder von mehreren gelenkt werde). Die Einzigkeit versucht er im darauf folgenden, kurzen Teil zu begründen. Es tritt ein Argument hinzu, das in der Rezeption besonders scharf kritisiert wurde. Bereits Richard Kühn nennt es in seinem Kommentar aus dem Jahre 1882 „ein eigenthümliches Stück minucianischer Anschauung“.496 Dass es im caeleste regnum (himmlischen Reich) nur das imperium (Herrschaft) eines Einzelnen geben kann, begründet Minucius mit den imperia terrena, quibus exempla utique de caelo (irdische Reiche, deren Vorbilder jedenfalls vom Himmel) seien. Das sieht zunächst nach einem aus platonischer Sicht falschen, induktiven Verständnis der Ideenlehre aus,497 wie man es auch interpretieren kann.498 Es kann jedoch 494 Dieser unterscheidet sich bei Lausberg, Handbuch, 218 von einem locus a simili darin, dass Ungleichrangiges zueinander in Beziehung gesetzt wird. 495 Von Geisau, Octavius, 53 erstellt eine Abhängigkeit, die er nur auf die Wörter, nicht aber auf den Sinngehalt beziehen kann. 496 Kühn, Octavius, 27. Beutler, Philosophie, 39 sieht die gesamten Ausführungen als Digression an, was sich nicht mit meiner Ansicht verträgt, dass Minucius die Einzigkeitsdiskussion aufgrund der Vorlage zu führen gezwungen ist. Er begründet es damit, dass er hier auf keinen Einwand des Caecilius reagiert. Tatsächlich bespricht er hier aber einen Einwand aus dem zehnten Kapitel vorwegnehmend. Ebenso falsch ist die Ansicht Beutlers, dass Minucius das Argument mit der Monarchie als erster Apologet anführt, die er mit Verweis auf Erik Peterson behauptet. Vgl. dazu Tert. apol. 24,3 (CChr. SL 1, 133f) und adv. Prax. 3,2 (CChr. SL 2, 1161f). 497 Bei der Ideenlehre geht es gerade darum, über die sinnliche Welt hinauszukommen. Vgl. dazu Müller, Glauben III, 709–722. 498 Schubert, Minucius, 338 sieht hier eine bewusste Unbestimmtheit des Satzes: einerseits, da Minucius das Verb auslässt, andererseits, weil das Wort utique mit „irgendwie jedenfalls“ übersetzt werden müsse.

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angeführt werden, dass hier der stoische Gedanke gemeint ist, dass das Weltall von einem ἡγεμονικόν (Gott) regiert wird, was sich beim Mensch und jeglichem Lebewesen genauso verhält. Diese Vorstellung wird von den Stoikern tatsächlich so vertreten und findet sich in der Rede des Scipio am Ende von Ciceros De re publica.499 Dennoch muss festgehalten werden, dass das Argument bei Minucius nicht genügend entwickelt wird500 und dass er sogleich zu exempla (Beispielen), vier historischen und drei aus der Natur, übergeht. Von den vier historischen Beispielen, die beweisen sollen, dass die regni societas (gemeinschaftliche Herrschaft) immer in Blutvergießen endet, klingen sowohl die beiden griechischen Geschichten genauso wie die lateinischen nur kurz an, wobei dies bei Ersteren als praeteritio (Unterlassung) noch betont wird, omitto, transeo (ich übergehe, ich lasse unerwähnt).501 Der Grund dafür dürfte sein, dass Minucius die Geschichten als bekannt voraussetzen kann und somit sowohl seine eigene Bildung zur Schau stellen als auch diejenige des Lesers auf angenehme Weise in Erinnerung rufen kann.502 Ebenso der Rhetorik geschuldet ist die abschätzige Bemerkung gegenüber dem zweiten griechischen exemplum als mortua fabula (tote Geschichte),503 das dem lateinischen Leser nicht nur individuelle, sondern auch kollektive Selbstbestätigung ermöglicht. Allerdings klingt eine gewisse Ironie auch gegenüber den lateinischen exempla an, etwa wenn von einer Herrschaft über pastores (Hirten) und casae (Hütten) gesprochen wird. Die weitere Diskussion des Textes muss sich aufgrund einiger Besonderheiten auf die Quellenfrage stützen. Der Text gibt einerseits das Problem auf, dass beim ersten Beispiel kein Blutvergießen stattfindet. Die Geschichte der sieben Perserfürsten, die nach Herodot504 einen erfolgreichen Aufstand gegen die Magier umsetzten, führt in einer ganz anderen Form in Diskussionen um die 499 Cic. re publ. VI 25. 500 Minucius umgeht die eigentliche Argumentation bei Aristoteles, es bleibt nur die Behauptung am Schluss: οὐκ ἀγαθὸν πολυκοιρανίη· εἷς κοίρανος ἔστω (Hom. Ilias II 204; Aristot. met. XII 1076a). 501 Dazu Waltzing, Commentaire, 103. 502 Dagegen ist Pellegrino, Octavius, 138. Seine Erklärung: „Il testo è corrottissimo.“ Die Geschichten waren allgemein bekannt und bereits vor Minucius ein Topos, wie auch Petr. Sat. 80,3 zeigen kann, wo der Verweis auf das par Thebanorum als ausreichend angesehen wird. Weitere Stellen bei Schubert, Octavius, 338. 503 Schubert, Minucius, 339 interpretiert den Ausdruck aufgrund eines „breit getretenen Mythos“. Die Ausdrucksweise kann aber dadurch begründet sein, dass in der historischen Situation des Verfassers nur noch das römische Reich von Relevanz ist. 504 Herod. hist. III 82–87. In lateinischer Sprache bei Valerius Maximus, vgl. Schubert, Octavius, 382.

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Monarchie. Drei der Fürsten halten Reden für die drei antiken Staatsformen, die Demokratie, die Aristokratie und die Monarchie. Dareios, der Befürworter der Monarchie, setzt sich einerseits bei der Staatsform durch und wird andererseits durch eine List auch selbst König, da er die divinatio durch das Wiehern der Pferde manipuliert.505 Von Gewalt (oder Verwandtschaft) ist keine Rede. Eine Erklärungsmöglichkeit, warum Minucius dieses Beispiel wählt, bietet ein fragmentarisch erhaltener Brief des Fronto an Kaiser Verus, in dem diese Geschichte mit der Geschichte von Romulus und Remus verknüpft wird.506 Andererseits ist die Formulierung tam magni imperii duos fortuna non cepit (das Schicksal eines so großen Reiches hat nicht zwei aufgenommen) zu interpretieren und eine Erklärung zu finden, weshalb als letztes Beispiel der Krieg zwischen Caesar und Pompeius herangezogen wird und nicht etwa die Problematik der Triumvirate an sich. Hier lässt sich als Quelle Lucan anführen, dessen unvollendetes Werk Bellum civile letzteres Beispiel zum Thema hat und der von hier aus Beispiele aus der Geschichte sucht.507 Bei aller Unklarheit bleibt zu konstatieren, dass Minucius seinem Leser hier viel Spielraum für Interpretation offenlässt. Die Stelle wird häufig für die Begründung einer Datierung herangezogen, da die Teilung von Herrschaft, wie sie im Römischen Reich durchaus vorkam, scheinbar abgelehnt wird. Tatsächlich wäre dann bereits seit 161–167 n. Chr. der Tatbestand der laesa maiestas in einem gewissen Sinne vorhanden, da hier erstmals die Herrschaft zwischen Marcus Aurelius und Lucius Verus geteilt wurde,508 was im Nachhinein nicht in Verruf geriet. Da der Octavius aber sicher nach 197 n. Chr. verfasst worden sein muss,509 könnte sich die Stelle tatsächlich auf die Herrschaftsteilung zwischen Caracalla und Geta beziehen.510 Nachdem Caracalla seinen Bruder ermordet hatte, setzte eine Propaganda zur Rechtfertigung des Mordes ein.511 Es kann jedoch gezeigt werden, dass das Argument als Topos

505 Die Ironie gegenüber der divinatio findet sich in Min. Oct. 26,1–4 (Kytzler 24), wobei richtige Resultate ebd. 26,7 (Kytzler 25) als Zufall und als von dämonischer Herkunft interpretiert werden (durch auspicia und auguria, die bei Romulus und Remus gerade eine Rolle spielen). 506 Vgl. Front. ep. 2,6. Vgl. Pellegrino, Octavius, 138. 507 Vgl. Beutler, Philosophie, 40 und Schubert, Minucius, 338. 508 Vgl. dazu Waltzing, Commentaire, 103. 509 Zur Priorität des Apologeticum s.o. Kap. 3.1. 510 Im Gegensatz dazu mit seiner positiven Beurteilung in Tert. adv. Prax. 3,2 (CChr. SL 2, 1161f). 511 Vgl. dazu Vermander, Le règne de Caracalla. Kritisch beurteilt bei Schubert, Minucius, 341.

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interpretiert werden muss, da es selbst in Briefen an Herrscher ohne politische Aussageintention zitiert werden konnte.512 Systematisch ist das Argument, wie Kühn richtig erachtete, schwach. Es ließe sich, wie er feststellt, höchstens im Hinblick auf das Verständnis einer göttlichen Vorsehung begründen, nach der Gott für den Siegeszug der Monarchie verantwortlich ist.513 Von den exempla aus der Geschichte leitet Minucius weiter zu exempla in der Natur, die er ohne wertende Differenzierung anführt: „Einen König (rex) haben die Bienen, ein Leittier (dux) gibt es bei den Herden des Kleinviehs, einen Anführer (rector) bei denen des Großviehs.“514 In den Kommentaren wird hier vor allem der Aufbau kommentiert515 und festgestellt, dass es sich um eine Klimax von kleinen zu großen Tieren handelt. Spannend wird dieser Gedanke aber erst vor dem Hintergrund der Konnotationen, die das in der Vergleichsliteratur eindeutig wichtigste Beispiel hervorruft, die Bienen, die bei Argumentationen im Kontext „Monarchie“ eine wichtige Funktion haben.516 Hier gelingt es Seneca in seinem Fürstenspiegel an Nero, zuerst geschickt auf die Sicherheit hinzuweisen, die die Bienen ihrer Königin gewähren, um dann hervorzuheben, dass diese dafür keinen Stachel besäße.517 Letztlich gibt er ein gewisses Problem zu, wenn er vor der Scham warnt, von den kleinen Tieren Sitten zu beziehen.518 Dieses Problem versucht Minucius offensichtlich mit Verweis auf größere Tiere zu umgehen, was ihm aber nur scheinbar gelingt, da die Funktion der Leittiere auch nach antiker Vorstellung derjenigen bei den Bienenköniginnen keineswegs entspricht.519

512 Vgl. Schubert, Minucius, 341. 513 Vgl. Kühn, Octavius, 27. Dafür hat er christlich in Röm 13,1f durchaus eine gewisse Grundlage zur Argumentation. 514 Übersetzung Schubert, Octavius, 337. Man beachte gegenüber Kytzler die Abweichung bei den Gruppenbezeichnungen. Kytzler, Octavius, 57 übersetzt mit „Bienen, Herden, Großvieh“. 515 Pellegrino, Octavius, 139 sieht zusätzlich einen Chiasmus zwischen dem zweiten und dritten Glied. 516 Vgl. für die Nachweise Schubert, Octavius, 342. 517 Sen. clem. I 19. Dazu Beutler, Philosophie, 41, Schubert, Octavius, 337. 518 Sen. clem. I 19,4: Ab exiguis animalibus trahere mores. Das gleiche Problem würde auch bei der Monogamie auftreten. Auch hier finden sich analoge Verhaltensweisen nicht bei den Tieren, die dem Menschen am nahesten verwandt sind. 519 Bestimmung der grex bei Waltzing, Commentaire, 103: Schafherde, bei Schubert, Minucius, 337: Schaf- oder Ziegenherde, auf jeden Fall aber kleinere Tiere als Rinder. Das Problem, dass eine Analogie zu göttlichem Handeln höchst problematisch ist,

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Mit Abschluss dieser drei Beispiele scheint der Monotheismus-Abschnitt zunächst unterbrochen, und es wird zu weiteren philosophischen Bestimmungen Gottes übergegangen, zur Ewigkeit,520 Unsichtbarkeit, Unbegreifbarkeit521 und Unendlichkeit.522 Jede dieser Bestimmungen könnte zu einer Argumentation für ein philosophisches Bild des einen Gottes durchgeführt werden, was aber dem rhetorischen Charakter des Textes widersprechen würde. So belässt es Minucius bei Andeutungen. Einzig beim längsten Abschnitt zur Namenlosigkeit523 ist Polemik gegen die vielen traditionellen Götter angedeutet, wenn der Zweck einer Namensgebung so bestimmt wird, dass dabei eine Menge aufgeteilt werden muss.524 Hier problematisiert er überraschend auch die Begriffe pater, rex et dominus (Vater, König und Herr), insofern sie wörtlich genommen zu einem irdischen, fleischlichen und sterblichen Bild von Gott führen.525

3.3 Vom testimonium animae zur auctoritas Platos Auch bei Minucius finden sich einige der Aussagen, die Tertullian als testimononium animae (Zeugnis der Seele) für den einen Gott angeführt hatte, in der Argumentation eingesetzt. Diese werden allerdings gleich doppelt in einem davon verschiedenen Kontext eingeführt und deswegen transformiert. Erstens spricht Minucius nicht von der anima und ihren testimonia, sondern vom vulgus, dem erkennt natürlich auch Minucius, der die Tierreiche im Anschluss von der wahren und göttlichen Herrschaft deutlich abgrenzt. 520 Schubert, Octavius, 336–347 macht hier den Vorschlag, dass bereits in Min. Oct. 18,7 (Kytzler 15) zur Ewigkeit übergeleitet wird, und ersetzt die Konjektur totam maiestatem (so Kytzler, Octavius, 56, aber auch bereits Waltzing) durch totam aeternitatem, wobei in der einzigen Handschrift P totam potestatem stand, und begründet dies ausführlich. 521 Mit einem gewissen Selbstwiderspruch im Vergleich zum Beginn der Rede. Gott erkennen und fühlen wir mit der Vernunft. Ebd. 17,2 (Kytzler 13): sermo et ratio, per quae deum adgnoscimus sentimus imitamur. 522 Ebd. 18,7f (Kytzler 15): Perpetuitas; non videri potest; nec conprehendi potest; nec aestimari infinitus inmensus. 523 Ebd. 18,10 (Kytzler 15): Nec nomen deo quaeras. 524 Ebd. 18,10 (Kytzler 15): Multitudo dirimenda est. 525 Ebd. 18,10 (Kytzler 15): Terrenus, carnalis et mortalis. Schubert, Octavius, 353 interpretiert dies so, dass hier pagane namensähnliche Titel bedacht werden und mit den Bestimmungen der Adjektive geschickt eine christliche Deutung derselben offen gehalten werde. Die Titel sind also nur dann für Minucius problematisch, wenn sie so gedeutet werden und richten sich gegen die traditionellen römischen Götter, insbesondere Jupiter.

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beim Sprecher Octavius nun auch die testimonia der Poeten und Philosophen in viel breiterem Ausmaß folgen.526 Damit soll eine Vollständigkeit im Hinblick auf eine geläufige Systematisierung der Zugangsweisen zu Gott und den Göttern, die theologia tripertita, suggeriert werden.527 Die Argumentation gipfelt in den Philosophen und dabei bei Plato, was eine Abwertung der Stelle zum testimonium der Seele bedeutet, die im Vergleich zur Philosophie deutlich kürzer ausgeführt wird und wohl als Klimax zu verstehen ist. Wenn man die Tendenz des Minucius betont, dass er seine Rhetorik auf ein gebildetes Publikum ausrichtet, kann es eigentlich nicht anders gemeint sein.528 Die Argumentation mit dem vulgus (einfachen Volk) lässt sich aber auch als Rhetorisierung der Stelle lesen: die anima kann nicht zu einer auctoritas werden, das vulgus dagegen schon, wenn diese auctoritas auch von niedriger Qualität ist. Zweitens entfremdet Minucius die Argumentation vollständig von aristotelischen Zusammenhängen und gibt ihnen ein Gepräge, wie es ihm von Cicero her bekannt war. Er lässt Octavius von einem consensus omnium (Gemeinsinn aller) sprechen, Caecilius aber an anderer Stelle die Denkform mit der Rede von einer firma consensio omnium gentium (sicherer Gemeinsinn aller Völker)529 auch auf die vielen Götter beziehen. Hier müsste er klären, wie der Befund, dass Gott und die Götter bei allen Völkern und in Aussprüchen des gemeinen Volks präsent sind, in einer Lehre von der menschlichen Erkenntnis zu interpretieren ist, was er aber weglässt, weshalb man auch nicht von einem stoischen Hintergrund

526 Schubert, Octavius, 353 sieht den Konsens insofern dreigeteilt, als er sich zuerst auf alle Menschen, dann auf die Poeten und dann auf die Philosophen beziehe. Pellegrino, Octavius, 144 lässt in seiner Zusammenfassung neben dem „linguaggio naturale del popolo“ und der „filosofi“ die Dichter weg. Vgl. zur theologia tripertita als antike Denkart einer funktionalen Differenzierung des Götterdenkens Lötscher, Varro, 198–205 und die dort angegebene Literatur. 527 Schubert, Octavius, 355–57 führt an, dass bereits bei Cicero diese drei Theologien durchschritten werden und dass Minucius keine Kenntnisse der theologia tripertita haben musste, die über den „geistigen Horizont von Ciceros Beweisführung“ hinausgehen. 528 Fürst, Rhetorik, 24 sieht Plato für Minucius als „Höhepunkt des paganen Monotheismus.“ Dagegen sprechen würde im Hinblick auf das einfache Volk eigentlich nur, dass diese Aussagen dem christlichen Gottesbild im Hinblick auf die Verehrung näher kommen. Von der rhetorischen Gesamtanlage des Dialogs ist die Deutung einer Klimax auf Plato hin zu bevorzugen. 529 Min. Oct. 8,1 (Kytzler 6). Aussagen des Caecilius werden normalerweise nicht positiv gewertet. In diesem Fall jedoch fungiert sie dem christlichen Sprecher als Grundlage, von der aus er seine dämonologische Umdeutung starten kann.

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sprechen kann.530 Er folgt dem Ratschlag Tertullians, den Beweis aus dem Konsens nicht für alles gelten zu lassen, geht aber darüber hinaus, wenn er auch die Unsterblichkeit der Seele überraschenderweise nicht in diesen Kontext stellt.531 Das Vorhaben einer Konsensargumentation ist per se uferlos und lässt sich nur über eine Vorlage lösen. Während Minucius für die Argumentation mit den Aussagen des Volkes Tertullians Vorlage benutzt hat, bezog er seine lange Liste von philosophischen Gotteslehren aus dem Dialog De natura deorum von Cicero.532 Eine Untersuchung der Stellen muss stets auf diesen Vorlagen gründen, um so die spezifischen Intentionen des Minucius genauer herauszukristallisieren. Einzig für die Argumentation mit den Poeten, die über ein anaphorisch eingesetztes audio (ich höre) mit dem Volk verknüpft werden,533 obwohl sie inhaltlich den Philosophen näherkommen, gilt dies nicht. Hier ist die Auswahl deswegen ausführlicher zu kommentieren. Mit seiner Entfremdung aus einer Argumentation im Kontext der divinatio hängt bei der Argumentation des Minucius zusammen, dass er die verschiedenen Schritte, die Tertullian ausführt, nicht behandeln muss, sondern direkt die Zitate anführen kann,534 um damit sowohl Namenlosigkeit Gottes in Bezug auf den vorhergehenden Abschnitt als auch Einzigkeit Gottes in Bezug auf den folgenden Abschnitt zu belegen, womit der Stelle eine Scharnierfunktion zukommt.535 Mit diesem Vorgehen kann er auch den bildungskritischen Charakter bei Tertullian umgehen, ja innerhalb seiner Klimax hin zur Philosophie geradezu ins Gegenteil verkehren. Die Rahmung der Aussprüche mit Verweis auf die Gebetspraxis der Leute, die die Hände zum Himmel erheben, übernimmt 530 Schubert, Octavius, 356 führt so dennoch einen Hintergrund an und bemüht sich mit Quispel um die Vorstellung einer mittelstoischen Theorie eines Ur-Monotheismus. Dies ist von der Verwendung des Arguments bei Minucius gerade nicht angesagt, sonst müsste er auch einen Ur-Polytheismus annehmen. Pellegrino, Octavius, 144 meint, dass der universale Konsens als stoische Vorstellung weite Verbreitung gefunden hatte. Die Stelle bei Cic. nat. deor. I 42f kann aber zeigen, dass es in dieser Vereinfachung auch epikureisch gedeutet werden konnte. 531 Hier entfernt sich Min. Oct. 34,6 (Kytzler 32) auch von Cic. Tusc. I 30. Er führt im Kontext der Lehre von der Metempsychose eine Polemik gegen die Lehre der Unsterblichkeit der Seele, da von Gott veranlasst gerade auch der Körper weiterlebe. 532 Cic. nat. I 25–42. Vgl. hierzu bereits Beutler, Philosophie und Fürst, Rhetorik. 533 So richtig Schubert, Octavius, 354. 534 Pellegrino, Octavius, 145 dazu: „rimane alla superficie“. 535 Schubert, Octavius, 354 erkennt richtig, dass die Namenlosigkeit betont wird und zunächst nicht auf die Einzigkeit eingegangen wird. Am Ende ist jedoch die una potestas im Zentrum.

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er hingegen von Tertullian. Die einzige Änderung besteht darin, dass er anstelle des Kapitols Jupiter nennt, was aber der Argumentation keine neue Richtung gibt.536 Die Ironie in Tertullians Aussage vom testimonium animae naturaliter christianae gibt Minucius insofern wieder, als er hier auf den Zynismus der Christenprozesse anspielt, die bei confessio (Geständnis) des Glaubens an den einen Gott andere Konsequenzen erwarten als die Leute, die hier einem naturalis sermo (natürliche Redeweise) folgen.537 Minucius kürzt die Stelle auch dadurch, dass er nur drei Aussprüche anführt. Eines der Zitate für den einen Gott wird ersetzt, all diejenigen, die bei Tertullian Gott als Richter bezeugen sollten, fallen weg. Die Dreizahl von Beispielen kommt bei Minucius auch sonst häufig aus stilistischen Gründen vor. Andererseits könnte man eine positivere Einschätzung derselben vermuten: Minucius scheint das Problem, ob die Aussagen tatsächlich so verbreitet waren, wie Tertullian vorgibt, zu verschärfen, wenn er diese Auswahl willkürlich verändert. Bei den beiden Beispielen, die er übernimmt, gibt es eine gewisse Grundlage in der heidnischen Literatur dafür, dass sie existieren konnten, auch wenn sie außerhalb der Texte Tertullians sonst nie direkt so anzutreffen sind.538 Größere Probleme gibt seine neue Ausführung deus verus est ([der eine] Gott ist der wahre) auf, mit dem er deus bonus (Gott [ist] gut) ersetzt. In einem nichtchristlichen Gebetskontext lässt sich diese Äußerung kaum vermuten.539 Der Ausdruck ist gerade bei Minucius monotheistisch im Sinne der Ablehnung der anderen Götter als Dämonen konnotiert.540 Es könnte sein, dass Minucius hier 536 Bereits Tertullian meinte mit dem Hinweis auf das Kapitol stellvertretend die JupiterVerehrung. Dies zeigt auch Tert. Scap. 4,6 (CChr. SL 2, 1131): In Iovis nomine Deo nostro testimonium reddidit. 537 Min. Oct. 18,11 (Kytzler 16). 538 Eine genauere Besprechung bei Schubert, Octavius, 355 mit Verweis auf Petr. Sat. 38,9. Das Problem aus rhetorischer Sicht besteht hier insbesondere darin, dass Minucius die Aussagen nicht nur zur Illustration, sondern als Beispielreihe anführt. Waszink, Seele, 305 nennt die Sätze in dieser Form zu Unrecht „Behauptungen, die sich ständig in der hellenistischen Populärphilosophie finden.“ 539 Für Pellegrino, Octavius, 144 klingen die Aussprüche aufgrund dieser Änderung „certo meno naturali“. Schubert, Octavius, 355 findet keine klare Bedeutung, möchte aber die Sprichwörtlichkeit als plausibel ansehen. 540 Obwohl der christliche Sprecher gegen die Vorstellung der verisimilia (Min. Oct. 5,1 (Kytzler 3)) vorgehen möchte und den Begriff der veritas betont, spielt der Begriff des verus deus nur einmal eine Rolle, bezeichnenderweise aber in der Abgrenzung gegenüber den Engeln und Dämonen in Auseinandersetzung mit Hostanes (Min. Oct. 26,11 (Kytzler 25)). Abgrenzend beschreibt er auch das Christentum als vera

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auf das Faktum setzt, dass die Existenz dieser Aussprüche im Gegensatz zu den Äußerungen der Dichter und Philosophen nicht überprüft werden konnte. Die Verarbeitung der letzten Äußerung kann dann noch zeigen, dass Minucius die Vorlage von Tertullian nicht immer sorgfältig verarbeitet oder möglicherweise sogar missversteht. Si deus dederit (würde Gott es doch geben) hatte bei Tertullian besonders gut in die Ausführungen zum Status der Seele gepasst. Minucius hingegen kann damit nur die Gebetshaltung des vulgus gegenüber dem einen höchsten Gott bestätigen. Minucius beginnt den zweiten Abschnitt seiner Argumentation mit dem consensus omnium (Gemeinsinn aller) und der nun folgenden auctoritas der anderen in Gestalt der Dichter erneut mit einem audio (ich höre), wobei der Anschluss hier eine neue Bedeutung erhält und keine Unüberprüfbarkeit der Aussagen begründen muss, sondern darauf hinweisen kann, dass die nun zitierten Texte für Gott von niemandem gelesen werden müssen, sondern als bekannt vorausgesetzt werden können.541 Die hier zitierten Äußerungen sind stark von philosophischen Gedanken durchdrungen und werfen die Frage auf, was denn das Eigene der Poeten im Hinblick auf die Götterwelt sei. Dies klärt er in Analogie zum Christentum mit dem Begriff des praedicare (verkünden).542 Die Funktion der Poeten wird also in Einklang mit bestimmten Verständnissen der theologia tripertita in der Popularisierung philosophischer Gedanken bestimmt. Die Problematik, die andere christliche Autoren hier betonen, wenn sie auf den Anthropomorphismus der Götter der Poeten eingehen, klingt in den

religio (Ebd. 1,5 (Kytzler 1)) und verweist auf das verum imperium (Ebd. 18,7 (Kytzler 15)) Gottes. 541 Ebd. 19,1f (Kytzler 16). Nicht weniger als fünf Anspielungen auf besonders bedeutende Texte griechisch-lateinischer Dichtkunst enthalten die beiden folgenden Sätze, die hier anhand der ältesten uns zugänglichen Stelle angeführt werden sollen: Hom. Il. I 544; Hom. Od. 18,136f; Verg. Aen. VI 724–729; Verg. georg. IV 219–227; Verg. Aen. I 742–746. Vgl. dazu Schubert, Octavius, 357–361. Ergänzungen bei: Pellegrino, Octavius, 146 f. 542 Die Frage, ob Minucius hier an ein Verständnis der Poeten als vates gedacht hat (Schubert, Octavius, 357) oder sogar bereits von einer christlichen Aneignung Vergils zu sprechen ist (Heck, poeta noster, 109–111), muss hier methodisch ausgeklammert werden. Apologetisch genügt es, in ihm eine zentrale auctoritas der anderen zu sehen. Hier geht es um die Frage, inwiefern es Minucius gelingt, das Christentum auch in diesem Punkt so nahe an der heidnischen Kultur wie nur möglich darzustellen.

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ausgewählten Zitaten nur wenig an, steht aber mit dem Gottesbegriff des pater in einem Widerspruch zur vorherigen Ablehnung der Namenlosigkeit Gottes.543 Eine monotheistische Rhetorik besteht darin, vor die geläufige Formel des pater divum et hominum (Vater der Himmlischen und der Menschen) ein unus (einziger) zu setzen, was suggeriert, dass nur ein Gott als Vater angesprochen wird. Tatsächlich wird der pater-Begriff in der heidnischen Literatur keineswegs exklusiv auf einen bestimmten Gott bezogen. Die Formel wird aber in genau dieser Form stets auf Jupiter bezogen, womit die Argumentation nur an die Grenze zur Verfälschung geht.544 Mit der gleichen Intention, das Christliche so nahe am Heidnischen wie nur möglich darzustellen, zitiert Minucius aus der Anchisesrede in der Aeneis545 zuerst die Worte principio caelum ac terras (am Anfang Himmel und Erden),546 die an Gen 1,1 erinnern, lässt dann aber die darauf folgenden astraltheologischen Ausführungen aus. Den stoisch-pantheistischen Charakter der Stellen kann Minucius für den Leser nicht umgehen, wenn er Gott als Ernährer und Beweger von Mensch und Tier anführt.547 Hier lässt er aber die Durchmischung des spiritus (Geist) mit dem Körper aus und fokussiert auf die Abstrakta, die er dann als christliche Entsprechung ausgeben kann. Vergil nenne Gott wie die Christen mens (Verstand) und spiritus. Einzig der Begriff ratio hat hier keinen direkten Bezug zu den vorher angeführten Dichterzitaten.548 543 Deswegen ist es falsch davon zu sprechen, dass es hier noch um die „namenlose Gottheit“ gehe, so Schubert, Octavius, 360. 544 Vgl. etwa Cic. nat. deor. II 64. Für andere patres der römischen Götterwelt vgl. etwa Gell. Noct. Att. V 12,5. Aufgrund dieses Problems füllt Laktanz die Argumentation mit einer Rhetorik für die Einzigkeit des Vaters auf (s.u. Kap. 4.2), Augustinus aber polemisiert mit der umgekehrten Intention damit, dass Jupiter in Saturn selbst einen Vater habe (s.u. Kap. 5,4). 545 Verg. Aen. VI 703–751, hier 724. 546 Sowohl Schubert, Octavius, 356 als auch Kytzler, Octavius, 58 übersetzen terras an den biblischen Schöpfungsbericht angleichend mit „Erde“ im Singular. 547 Min. Oct. 19,2 (Kytzler 16): spiritus intus alit et infusa mens agitat, inde hominum pecudumque genus als Zitat von Verg. Aen. VI 724. Es gelingt ihm, wenn man die stoisch konnotierte Lehre ausklammert. Freund, Institutiones, 235, meint deswegen, dass Minucius im Gegensatz zu Laktanz „der Rhetorik und der Theologie gerecht werde, indem er die eindeutig pantheistischen Äußerungen in seiner Paraphrase weglässt“. 548 Wahrscheinlich möchte er die drei Begriffe von Tert. apol. 17,1, die er in Oct. 18,7 wörtlich zitiert, hier aus stilistischen Gründen in ihrer Dreizahl erhalten, wobei ratio einen weiteren Aspekt des logos ausdrückt (so Georges, Apologeticum, 283), sich aber andererseits als Begriff Ciceros und Senecas für den logos anbietet (vgl. Braun, Deus Christianorum, 264f).

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Bei Weitem die längste Argumentation, über fünfmal so lang wie diejenige mit den Poeten, führt Minucius mit den testimonia der Philosophen. Nicht weniger als 21 Autoren bespricht er, um eine Bezeugung des einen Gottes als Übereinstimmung mit dem Christentum darzustellen. Sicher ist, dass hier eine Liste aus Ciceros Schrift De natura deorum als Vorlage diente, in der eine noch etwas längere Liste in den Mund des epikureischen Sprechers Velleius gelegt wird,549 in der mit wenigen Ausnahmen chronologisch 27 Autoren und ihr Gottesbild besprochen werden. Unsicher hingegen ist, ob Minucius eine weitere Quelle benutzt hat, wofür insbesondere Beutler aufgrund von Ähnlichkeiten mit dem Protreptikos des Clemens von Alexandrien argumentierte.550 Hier soll der Text einzig anhand der Vorlage bei Cicero besprochen werden, um rhetorische Umformungen genauer zu analysieren. Minucius nimmt mit der Wahl dieser Liste Probleme in Kauf: Sie beschreibt zwar (häufig unkorrekt) die monistischen Gottesbilder der genannten Philosophen, doch fokussiert sie mehr auf die konkrete Bestimmung Gottes als auf den Monismus. Da aber auch bereits der Text Ciceros eine Rhetorik enthält, muss zunächst auf diesen Text eingegangen werden, um dessen „Rhetorik“ im Hinblick auf die Einzigkeit Gottes genauer herauszustellen, indem er in die Tradition der Doxographie gestellt wird. Hier soll auch die Frage gestellt werden, inwiefern Ciceros Vorlage die Qualität der Argumentation des Minucius beeinflusste und wo er innerhalb seiner Argumentation mit seinem Anliegen zu weit geht oder auch hätte weitergehen können.

549 Cic. nat. deor. I 25–42. 550 Clem. prot. V 64–VI 68. Beutler, Philosophie, 73–82 vertritt die Ansicht, dass es eine griechische Quelle ist, die Ciceros Text zugrunde liegt. Vier Ähnlichkeiten sind zu erklären: Anaximenes und Diogenes von Apollonia sind bei beiden zusammengestellt. Theophrasts Gottesvorstellung wird auf die gleichen zwei Begriffe gekürzt. Beide fügen Epikur ein. Minucius ergänzt in 19,13 richtig, dass Xenophon Gott als unsichtbar beschreibt (negat videri), was von Cicero her nicht zu entwickeln wäre. Besprochen bei Becker, Octavius, 16–19 mit dem Fazit, dass eine gemeinsame griechische Quelle unwahrscheinlich sei. Die ersten drei Ähnlichkeiten kann man über Probleme erklären, die ein Apologet mit dem Text Ciceros oder ähnlichen Doxographien haben muss. Einzig Oct. 19,13 benötigt eine weitere Quelle. Gemäß Becker, Octavius, 19 könnte Minucius die Memorabilia tatsächlich gelesen oder aber einen Kommentar zu Ciceros Schrift benutzt haben. Wir können davon ausgehen, dass Minucius sämtliche Autoren, die er zitiert, in der Spätantike noch im Original lesen konnte, vgl. Zhmut, Tradition, 150. Schubert, Octavius, 365 meint hingegen: „Doxographische Kenntnisse, die über De natura deorum oder die philosophische Allgemeinbildung hinausgehen, sind nirgends nachzuweisen.“

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Seit den Studien von Hermann Diels551 wird mit dem Begriff „Doxographie“ in Abgrenzung zur Biographie, zu Sukzessionen der Philosophen und zu Literatur über die philosophischen Schulen eine Textgattung der antiken Philosophiegeschichtsschreibung bezeichnet, die sich in die Tradition der „Lehrmeinungen der Physiker“ des Theophrast stellt.552 Für die Fragestellung wichtig erscheint, dass die Tradition bereits bei Theophrast einer refutatio (Widerlegung) der früheren Physiker gleichkam, der dann die peripatetische Lehre gegenübergestellt wurde. Dies führte bei Philosophen, die die peripatetische Lehre selbst wieder verneinten, dazu, dass die Textgattung als Mittel eingesetzt wurde, die grundsätzliche Möglichkeit von Erkenntnis in den verschiedenen Fragen der antiken Physik, die Inhalt derselben sein konnten, zu leugnen oder aber eine andere Vorstellung als Ziel der Argumentation einzuführen. Die refutatio sollte bereits in dieser zweiten Tradition vollständig ausgeführt werden.553 Es ist unumstritten, dass der Text in Ciceros De natura deorum auf dem Hintergrund dieser Tradition zu verstehen ist. Die chronologisch geordnete Liste der Gottesvorstellungen endet mit Diogenes von Babylon im 2. Jh. v. Chr., und Velleius fügt die Bemerkung an, dass es sich um delirantium somnia (Träume von Wahnsinnigen) handle, denen dann die Lehre Epikurs entgegengesetzt wird. Die Beurteilung des Textes fällt in der Forschung sehr unterschiedlich aus. Spricht Gigon von einem „Prunkstück des sprachlichen wie des philosophischen Könnens Ciceros“, so möchte Wyss in der Liste eine sekundäre Überarbeitung eines epikureischen Exzerpts des Textes von Theophrast sehen, die keinen „Markstein“ in der Tradition der Doxographie darstellt.554 Soweit es uns bekannt ist, ist es zumindest der längste Text in der Tradition der Doxographie in der lateinischen Sprache. Neben viel kleineren Listen in anderen Werken Ciceros hatte vor Minucius bereits Tertullian eine kurze Zusammenstellung von Varro benutzt.555

551 Diels, Doxographi Graeci. 552 Vgl. Zhmut, Tradition, 150.154. 553 Vgl. ebd. 158. 554 Gigon, Wesen, 345 f. Er bestreitet, dass die Vorlage des Epikureers Philodem hilfreich zur Erklärung des Textes bei Cicero sei. Dagegen Wyss, Doxographie, 202. Fürst, Rhetorik, 25 stimmt der These von der Abhängigkeit von einer epikureischen Vorlage zu, wertet aber gleich wie Gigon. Von der Einschätzung des Textes bei Cicero hängt dann auch diejenige bei Minucius ab. Wyss, Doxographie, 205 beachtet Minucius, der „aus Cicero“ argumentiere, kaum. Gigon, Wesen, 346 hingegen sieht durchaus eigene Bearbeitungen etwa mit Anklängen an Aristot. met. XII 984a. 555 Tert. nat. II 2,14–20 (CChr. SL 1, 40).

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Aristoteles hatte in der Physik die Vorsokratiker in solche, die ein einziges Prinzip des Seienden annahmen, und solche, die von mehreren ausgingen, aufgeteilt,556 in der Metaphysik hingegen nach dem Typus der Ursachen unterschieden.557 Sein Interesse war ein systematisches: Die Vorsokratiker gaben ihm die Argumente und Vorstellungen, aus denen er sein System entwickelte. Die Thematik bei Cicero geht in die gleiche Richtung. Das Thema der Ausführungen bei Cicero ist die Frage, wie die Philosophen mit dem Begriff Gott (und doch einige Male auch mit dem Begriff der Götter) umgingen, wobei nicht nur die Werke behandelt werden, die im engen Sinne zur Physik gehören. Aus rhetorischer Sicht ist die Wahl der Liste aus Ciceros De natura deorum besonders einleuchtend, insofern der Dialog Octavius als Konstrukt insgesamt auf Ciceros Rhetorik in seinem Dialog über die Götter beruht. Der hohe Grad an Intertextualität ermöglicht aber noch eine zweite Interpretation. Für die Argumentation kann er die auctoritas Ciceros beanspruchen, und die Fehler in der Argumentation fallen nicht auf Minucius Felix, sondern auf den römischen Rhetoriker. Das Ziel bei den Philosophen wird von Minucius so bestimmt, dass er zeigen möchte, dass sie sermonibus variis (in verschiedenen Worten) zur gleichen Aussage wie Volk und Dichter kamen, ohne dass er das Ziel noch einmal nennt. Als Bestimmung wird hier meist die Einzigkeit Gottes ergänzt,558 weiter gehen möchten diejenigen, die von der Einheit Gottes sprechen.559 Tatsächlich zeigt

556 Aristot. phys. I 184b15–22. Allerdings argumentiert er hier gegen Monisten wie Parmenides oder Melissos von Samos, die bei Cicero und Minucius keine Rolle spielen. Als zweites nennt er auch die Naturphilosophen, die Luft und Wasser für die Archai hielten. In der Auseinandersetzung wendet er sich gegen monistische Erklärungen. Vgl. hierzu Grumach, Physik, 392–395. 557 Zhmut, Tradition, 158. Hier ist die Besprechung in die Gruppen Vorsokratiker, Eleaten und Plato unterteilt. In der Doxographie Ciceros nehmen die Eleaten keine eigene Position mehr ein. Bei Pythagoras werden die Prinzipien gänzlich anders bestimmt, sie werden als Zahlen gedeutet. 558 Beutler, Philosophie, 73 sieht es als „Stützung der Volksmeinung vom einen Gott“. Becker, Octavius, 10 spricht von Zeugen, „dass auch die Heiden nur einen Gott kennen“. Fürst, Rhetorik, 22 bestimmt das Ziel darin, dass er nachweisen möchte, „dass alle früheren Philosophen mit den Christen in der Überzeugung übereinstimmen, dass es nur einen einzigen Gott gibt“. 559 Schubert, Octavius, 357.63 spricht zunächst vom Beweis für die Einheit Gottes, dann aber vom Beweis für den Monotheismus und letztlich von einer monotheistischen Lehre vom Göttlichen. Pellegrino, Octavius, 144 spricht vom „argomento dell’unità di Dio“.

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dies ein Problem der Argumentation: Er gibt vor, den Monotheismus zu beweisen, tatsächlich geht es in der Vorlage zwar auch um die Anzahl der Prinzipien, aber ebenso um deren Bestimmung und wie sie sich zur Pluralität in der Welt verhalten. Nachdem also die Eingriffe des Minucius in die Liste nach Einzigkeit und Vielfalt in der Welt der mit Gott identifizierten Prinzipien kommentiert sind, muss auch diskutiert werden, inwiefern er sich mit den Bestimmungen derselben auseinandersetzt. Hilfe dazu bieten die zahlreichen Gegenüberstellungen mit dem Text bei Cicero.560 Die Analyse der Gesamtargumentation zeigt, dass all diejenigen Philosophen, die Entitäten im Plural als Götter bestimmten, schlicht gestrichen werden.561 Die Vermutung, dass der Leser die Vorlage genau kannte, wird hier zum Problem, denn so konnte er diese rhetorische Methode identifizieren. So ist es notwendig, dass Minucius am Ende seiner Argumentation zugibt, dass er nicht ganz alle Philosophen behandelt habe.562 Als solche, die viele Götter lehrten, werden Anaximander, Alkmaion von Kroton, Empedokles, der Sokrates des Xenophon, Xenokrates und Persaios behandelt.563 Zumindest betrifft die Liste also keine Gründer von Schulen. Bei Anaximander hat Minucius außerdem eine Veranlassung von Ciceros Vorlage her, da seine Götter tatsächlich sterblich sind und damit der Definition der Göttlichkeit widersprechen.564 Anders stellt sich der Sachverhalt hingegen bereits bei Alkmaion von Kroton, dem dies nur vorgeworfen wird. Ebenso wenig Anlass dazu besteht bei Empedokles, der die vier Elemente als Götter bestimmte. Er wird zwar kritisiert, dass diese ebenfalls vergänglich seien, doch diese Kritik bleibt bei Minucius nicht ohne Selbstwiderspruch, da sie 560 Beutler, Philosophie, 73–82 wollte fälschlicherweise über die Rhetorik des Minucius hinaus Erkenntnisse für Doxographien erschließen. Dagegen bereits Becker, Octavius, 10–19. Ohne tabellarische Darstellung und mit hauptsächlichem Interesse an Einzelstellen analysiert Pellegrino, Octavius, 145–156. Fürst, Rhetorik, 20–24 ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Am besten eignet sich deswegen die Liste bei Schubert, Octavius, 366f, bei der nur einige wenige Anmerkungen gemacht werden müssen (siehe unten). 561 Außerdem werden Agnostiker von der Liste gestrichen. Die Ausführungen zu Protagoras in Cic. nat. deor. I 29. In der Liste bei Schubert, Octavius, 366f fehlt Sokrates, der allerdings nicht als historische Person erscheint, sondern als Konstrukt bei Xenophon. Parmenides wird nicht als einer, der mehrere Götter lehrt, gestrichen, sein kranzförmiges Gebilde bezeichnet er mit dem Begriff deum. 562 Min. Oct. 20,1 (Kytzler 18): Exposui opiniones omnium ferme philosophorum. 563 Die Vorstellungen des letztgenannten werden allerdings in einem eigenen Teil Min. Oct. 21,2 besprochen. 564 Cic. nat. deor. I 25: Sed nos deum nisi sempiternum intellegere qui possumus?

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auch etwa Anaximenes treffen würde, den Minucius aber als positives Beispiel anführt.565 Der Sokrates des Xenophon wird gerade in Bezug auf die Anzahl der Götter als inkonsequent geschildert und widerspricht nicht nur dem Ansinnen des Minucius, diese Frage als Konsens darzustellen, sondern auch dem Vorhaben, die philosophischen Versuche in Plato kulminieren zu lassen, der bei Cicero paucioribus verbis eadem fere peccat (mit weniger Worten etwa gleich irrt).566 Xenokrates hingegen hat bei Cicero eine klare Vorstellung von acht Gestirngöttern. Das ist für Minucius ein klares Bekenntnis zu vielen Göttern. Von denjenigen, die laut Ciceros Liste von nur einem Gott geredet haben sollen, streicht Minucius keinen, da er das Interesse hat, so viele Denker wie möglich anzuführen. Die Hauptänderungen sind durch die neue Argumentationsrichtung gegeben, die Minucius der Doxographie geben möchte.567 Gleich wie bei Cicero endet die Liste mit einem Philosophen, der zur wahren Auffassung fortgeschritten sei, bei Minucius aber nicht Epikur, sondern Plato. Anders als Cicero und im Grunde gegen die doxographische Tradition benutzt er aber die vorhergehenden Denker nicht als Kontrastfolie, die der Kritik ausgeliefert werden, die nun platonisch durchgeführt werden müsste, sondern auch diese werden für das Ziel, die Einzigkeit Gottes zu beweisen, vereinnahmt.568 Vereinzelt finden sich christliche Kommentare, was die Stelle zu Plato am stärksten betrifft, die es als Erste zu analysieren gilt. Plato wird als Verfasser des Timaios-Dialogs genannt und sein Gottesbild gemäß diesem Dialog als parens mundi, artifex animae, caelestium terrenorumque fabricator (Schöpfer der Welt, der Seele, der Himmlischen und der Irdischen) bestimmt.569 Minucius zeigt über den gesamten Dialog ein gewisses Interesse, das jedoch nie über die damals geläufigen Topoi hinausgeht.570 Im Gegensatz dazu werden die anderen Autoren mit nur wenigen Ausnahmen im sonstigen 565 Ebd. I 29: Quattuor enim naturas, ex quibus omnia constare censet, divinas esse vult. 566 Ebd. I 31. 567 Stilistische Änderungen sollen hier nicht untersucht werden. Sie machen die Hauptsache der abweichenden Textstellen aus. Dazu ausführlich Schubert, Octavius, 363–388. 568 Becker, Octavius, 12 spricht davon, dass keine Abwertung stattfinde. Tatsächlich ist diese aber versteckt schon anzutreffen, wenn etwa die Stoiker als Ausleger von populären Mythen geschildert werden. Das ergibt sich aber erst im Verlauf der weiteren Argumentation klarer. 569 Den Vorwurf der Inkonsequenz im Vergleich mit den Nomoi bei Cic. nat. deor. I 30 lässt Minucius aus. 570 Direkt genannt wird Plato in Min. Oct.  19,14: Monotheismus (Kytzler, 17), ebd.  23,2: Dichtervertreibung (Kytzler 20), ebd.  26,12: Engel und Dämonen (Kytzler 25) und ebd. 34,4.6: Leben nach dem Tod (Kytzler 32).

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Werk nicht mehr genannt.571 Gewertet wird seine Gottesbestimmung sehr positiv, er habe fere (beinahe) das Gleiche wie die Christen gelehrt. Es wäre eine oratio caelestis (göttliche Rede),572 wenn keine Beifügung zur Überzeugung des Volkes gebraucht würde. Minucius schließt seine Ausführungen mit der Bestimmung des christlichen Gottes als parens omnium (Erzeuger von allem), den die Christen nie öffentlich predigten, wenn sie nicht danach gefragt würden, womit er 1 Petr 3,15 auf kreative Weise im Hinblick auf seine Argumentationsbedürfnisse deutet.573 Plato steht zwar an der Spitze philosophischer Bemühungen um den Gottesbegriff, doch er steht dort nach der zu untersuchenden Liste nicht allein. Bereits andere hätten insofern den deus verus erkannt – nur hier verwendet Minucius diesen christlichen Begriff – als sie seine Unerkennbarkeit feststellen mussten. Für diesen Befund nennt er Xenophon als Schüler des Sokrates, aber auch den Stoiker Ariston.574 Zumindest Xenophon ist einer derjenigen Denker, bei denen die Kenntnisse bei Minucius auf jeden Fall über die Vorlage bei Cicero hinausgehen.575 Die chronologische Reihenfolge der Philosophen nach Schulen ist damit nicht mehr gleich konsequent durchgeführt.576 571 Pythagoras und Epikur finden ebd. 24,2.4 (Kytzler 21) noch einmal Erwähnung im Kontext der Anthropologie. 572 Für eine ähnliche Charakterisierung platonischer Ontologie siehe Apul. apol. 49. Apuleius spricht von einer caelestis facundia. 573 1 Petr 3,15: Dominum autem Christum sanctificate in cordibus vestris parati semper ad satisfactionem omni poscenti vos rationem de ea quae in vobis est spe. 574 Min. Oct. 19,13 (Kytzler 17). Ariston wird neu Xenophon zugeordnet, bei Cicero steht er zwischen Zenon und Cleanthes. 575 Beutler, Philosophie, 78 nennt den Befund einen „der Hauptpunkte für die Verwandtschaft von Minucius Felix und Clemens gegenüber Cicero“. Cicero sei hier am ungenauesten. Dagegen bereits Becker, Octavius, 18. Laktanz zitiert den Text in ira 11,13. Vgl. Pellegrino, Octavius, 155. 576 Beutler, Philosophie, 76 spricht von einer klaren und einfachen historischen Ordnung nach Schulen, wobei er die Hervorhebung Platos und Xenophons als Gegenbeispiel angibt. Pellegrino, Octavius, 148 schließt daran an: „L’ordine è da principio identico, poi varia, rimanendo Minucio più fedele alle successione cronologica.“ Becker, Octavius, 18 hingegen sieht wenig Interesse an der Chronologie und verweist auf die Reduzierung der Zeitadverbien bei Minucius. Er gruppiere mehr inhaltlich. So auch Fürst, Rhetorik, 23. Er identifiziert vier Gruppen im Text: diejenigen, die den einen Gott lehrten, diejenigen mit schwankenden Ansichten, diejenigen, die die Unbegreiflichkeit Gottes feststellten und Plato. Schubert, Octavius, 356 sieht außer Plato im Großen keine Änderungen, nur einzelne neue Zuordnungen mit inhaltlichen Gründen.

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Gewichtig ist die Chronologie auf jeden Fall zu Beginn der Doxographie bei den Vorsokratikern. Etwas ausführlicher behandelt wird hier Thales, da Minucius für den ersten Denker die Behauptung bereithält, dass er irgendwie von göttlicher Offenbarung beeinflusst ist, wobei nur einem Kenner des biblischen Schöpfungsberichtes mit der Vorstellung eines göttlichen Geistes in Verbindung mit dem Wasser klar wird, dass dies als indirekte Beeinflussung zu verstehen ist. Ohne die Größe des Gedankens zu begründen, führt Minucius abrupt und ohne Vorbild bei Cicero an, dass sich so eine opinio (Ansicht) nur a deo traditum (von Gott anvertraut) ergeben konnte.577 Die Aussage, dass Thales die mens als gestaltendes göttliches Prinzip im Gegensatz zum passiven Prinzip des Wassers genannt habe, bereitet Kopfzerbrechen. Diese Aussage ist bei Aristoteles nicht zu finden und findet sich außerhalb der Tradition bei Cicero nur bei zwei weiteren Autoren.578 Selbst Cicero verneint den Gedanken in den Academica priora wieder.579 Da später noch einmal Anaxagoras als Entdecker der mens geschildert wird, ist die geläufigste These, dass sich hier ein Plagiatsvorwurf gegen diesen erhalten hat.580 An den weiteren Vorsokratikern hat Minucius kein besonderes Interesse. Von ihnen erscheint einzig Pythagoras im restlichen Werk im Kontext der Metempsychose, wo er ihm wie Plato die Verfälschung der Auferstehungslehre vorwirft.581 Sein Gottesbild erscheint hier wie bei Cicero und lässt sich mit dieser Lehre verknüpfen. Die beiden Autoren, an die Minucius mit seiner Rhetorik gegen die traditionellen Götter und den einen Gott der Philosophie gut anknüpfen

577 Min. Oct. 19,4 (Kytzler 16). Der erste Satz bei Minucius scheint einen neuen Fehler zu beinhalten: er gibt vor, die sieben sapientes zu übergehen, um dann jedoch Thales als ersten Naturforscher zu besprechen, der traditionell zu diesen gehört. Schubert, Octavius, 368f meint, Minucius habe das dennoch gewusst. Auch Aug. civ. VIII 2 (CChr. SL 47, 217f) differenziert hier. 578 Vgl. für die Nachweise Gigon, Wesen, 349. Ohne Geist bereits Aristot. met. XII 983b 20–21. Aug. civ. VIII 2 (CChr. SL 47, 217f) verneint dies vehement. Vgl. Schwab, Thales, 230–252. 579 Vgl. Cic. Luc. 118. 580 Dieser könnte von Demokrit stammen, vgl. Diog. Laert. Vita Phil. 9,34f; dazu Gigon, Wesen, 349. 581 Min. Oct. 34,6 (Kytzler 32). Zur Stelle in Min. Oct. 19,6 (Kytzler 16) bemerkt Pellegrino, Octavius, 151 in Bezug auf Cic. Tusc. V 13,38 und Cic. Cato M. 21,78, dass er sonst für eine göttliche Emanation bei Pythagoras nur von der menschlichen Seele spreche.

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könnte, Xenophanes und Antisthenes, werden nur ganz kurz genannt.582 Dass die Aussage des Gründers der kynischen Schule zum einen deus naturalis (natürlichen Gott) von Xenophanes beeinflusst sein könnte, kommt nicht zum Tragen, obwohl er ihn thematisch womöglich richtig umgruppiert.583 Die Gruppe wird jedoch durch den Nachfolger Platons Speusipp verwirrt, von dem keine Polytheismuskritik überliefert ist.584 Die beiden philosophischen Paare, bei denen es auch keinen Grund zu einer erweiterten Argumentation gibt, Anaximenes und Diogenes Apolloniates, mit der Luft als Gott und Anaxagoras und Pythagoras mit dem motus infinitae mentis (Bewegung des unendlichen Verstandes) bzw. des animus, werden falsch zueinander gruppiert, wozu man aber durch die kurzen Referate in Ciceros Vorlage veranlasst werden kann. Mit einem fragenden quid wird zu einer neuen Gruppe übergeleitet, von der der Hauptvertreter Epikur neu in die Liste eingefügt wird.585 Die Notwendigkeit dazu besteht durch die Änderung des Hauptzieles. Die Abhängigkeit Epikurs von Demokrit ist der erste Punkt gegen den angegriffenen Denker.586 Minucius schreibt allen die Wertung der natura als Gott zu.587 Er möchte argumentieren, dass Epikur nur dem Namen nach Polytheist war, da er dei otiosi aut nulli (müßige und nichtige Götter) kenne, dass er gleichzeitig aber als letzte Wirklichkeit wie Demokrit und Straton die Natur setzt. Von großer Wichtigkeit in Bezug auf die klassischen Argumente für ein Denken innerhalb der Annahme einer letzten Wirklichkeit wäre Aristoteles,588 für ein kohärentes monistisches System die Stoiker.589 Doch beide spielen bei Minucius eine sehr kleine Rolle. Die Ausführungen zu Aristoteles, Theophrast und Heraklid von Pontos sind drastisch gekürzt. Es bleiben nur kurze,

582 Vgl. zur Anschlussfähigkeit bei Xenophanes Frg. 11–34 (Diels/Kranz, 132–137), zu einer möglichen Argumentation mit Antisthenes: Gigon, Wesen, 360. Er ist nicht Vorsokratiker, sondern Schüler des Sokrates. 583 So Gigon, Wesen, 360. S.u. Kap. 4,4 zur gleichen Thematik bei Laktanz. Der Befund spricht hier für eine weitere Quelle des Minucius. 584 Ebd. 260: Bereits bei Cicero verwundert die Aussage. 585 Vgl. zur Formel quid oder quid quod bei Cicero mit der Funktion der Überleitung Pellegrino, Octavius, 144. 586 Cic. nat. deor. I 120. 587 Min. Oct. 19,8 (Kytzler 17). 588 Vgl. insbesondere das Argument, dass nur ein unbewegter Beweger existieren kann, in Aristot. met. XII 1076a. 589 Vgl. Pohlenz, Stoa, 96 mit dem Gedanken der Harmonisierung des einen Gottes mit den „sichtbaren Manifestationen des einen Urwesens als Götter“.

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widersprüchliche Bestimmungen des Gottes-Begriffs.590 Dies liegt insbesondere daran, dass die Peripatetiker bei Cicero aufgrund der verschiedenen Gottesbestimmungen getadelt werden konnten.591 Bei den Stoikern wird der Monismus aufgrund der Vorlage bei Cicero wenig betont. Besonders akzentuiert werden sowohl bei Zenon, Chrysipp und Diogenes aus Babylon die allegoristischen Deutungen der traditionellen Götter, die für Minucius gerade ein Problem waren.592 Sie werden zudem als multiformes (vielgestaltig) beschrieben.593 Ein systematisches Fazit zur Qualität der Argumentation kommt nicht um verschiedene Probleme, insbesondere in der Bestimmung der Gottesbilder, herum, wobei einige aus Ciceros Vorlage stammen, andere aber von Minucius selbst eingeführt werden. Einige Harmonisierungen wirken direkt komisch, etwa wenn Minucius die Ausführungen zur Bestimmung eines unendlichen und unermesslichen Gottes als Luft damit beschließt, dass dies ähnlich wie bei den Christen sei.594 Mit der einfachen Bestimmung Gottes als spiritus kann er andererseits viele Erklärungen zur Ähnlichkeit plausibel machen. Einige neue Gruppierungen sind inhaltlich falsch, andere richtig.595 Minucius schöpft die Chancen, mit der Einzigkeit Gottes bei den Philosophen zu argumentieren, bei Weitem nicht aus. Auch die Vollständigkeit ist nicht gewährleistet, obwohl zumindest die bekanntesten antiken Gründer von Philosophenschulen berücksichtigt werden. Möchte man die Qualität der Argumentation des Minucius aus rhetorischer Sicht optimistisch einschätzen, könnte man sagen, dass er keine Konkurrenz zu Plato entstehen lassen möchte. Mit der Entscheidung, Plato an den Schluss der Argumentation zu stellen, schließt er sich einer vorherrschenden Meinung seiner Zeit an. Seine Entscheidung dafür ist aber insofern inkohärent, als er keinerlei platonische Kritik an den vorhergehenden Denkern geltend macht. Auch sonst kann man berechtigte Zweifel äußern, ob Minucius Plato wirklich aus Gründen seines eigenen Denkens an die Spitze der Philosophie stellt.

590 Min. Oct. 19,9 (Kytzler 17). 591 Cic. nat. deor. I 33f. 592 S.o. Kap. 3,4 und s.u. 4,6. Auch bei Minucius lassen sich keine allgemeinen Besprechungen der Allegoresen finden. 593 Pluriformes bedeutet hier, dass sie verschiedene Meinungen haben. Vgl. Pellegrino, Octavius, 153. 594 Min. Oct. 19,5 (Kytzler 16): Horum quoque similis de divinitate consensio est. 595 So auch Fürst, Rhetorik, 32.

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3.4 Die Einzigkeit Gottes in der Systematik des Minucius: ein kurzes Kapitel Minucius bleibt seiner Argumentationsstrategie, das Christentum so harmonisch wie möglich in der römischen Kultur zu verorten auch dort treu, wo aufgrund der aufzuwerfenden systematischen Kontexte eine Klarstellung angebracht wäre. Das Eigene wird dabei so knapp geschildert, dass sich dem Leser Unterschiede gar nicht erst eröffnen. Um diesen Befund zu erklären, braucht es aber – gegen frühere Forschungen – keine Theorien von einer Arkandisziplin596 oder gar, dass es sich bei Minucius um einen Neubekehrten handelt.597 Zusätzlich zur Verortung dieses Vorgehens in der Gesamtstrategie hätte Minucius gerade beim Thema Christologie das Problem, dass er in innerchristliche Diskussionen hineinkommen würde, die den Argumentationszielen nicht einträglich wären, da sie eine unerwünschte Pluralität zeigten. Die äußerst kurzen Aussagen sollen auch für christliche Rezipienten unverfänglich bleiben. Dass er neuzeitlich dennoch als Ketzer angesehen wurde, kann höchstens zeigen, wie schwierig dieses Unterfangen war.598 Während Tertullian dem historischen Jesus als Christus ein eigenes Kapitel widmet,599 fehlt bei Minucius jegliche namentliche Erwähnung. Besonders überraschend ist dieser Befund da, wo er den Vorwurf widerlegt, dass die Christen einen sterblichen Verbrecher und sein Kreuz verehren würden. Er verweist einzig darauf, dass die Verehrung eines verstorbenen Menschen tatsächlich sinnlos wäre, weist den Vorwurf dann aber auf seine heidnischen Adressaten zurück.600 Die Begriffe Tertullians, die dieser für eine Bestimmung des Verhältnisses des Schöpfergottes zu Jesus Christus benutzt hatte, führt Minucius in der größtmöglichen Knappheit an. Da es sich um ein reines Zitat seines christlichen Vorgängers 596 So Mühl, Christologie, 78, der eine „Scheu vor etwas Unsagbarem“ konstatiert. Im Text findet sich der Begriff arcanum nicht. 597 Eine Argumentation, die vom Text zur Person des Autoren fortschreitet, findet bei Minucius aufgrund der spärlichen biographischen Überlieferungen schnell ihre Grenzen. 598 Siehe für die These eines Modalismus De Jong, Apologetiek, 79–105 bei Schubert, Octavius, 346. Siehe für die These eines Doketismus des Minucius Mühl, Christologie, 69 mit dem Verweis auf eine Auseinandersetzung zwischen Richard Kühn und Adolf von Harnack. Schubert, Octavius, 34 spricht nur von einer schwierigen dogmatischen Einordnung aufgrund der Kürze. 599 In Tert. apol. 17,1 (CChr. SL 1, 117) angedeutet und in Kap. 21 ausgeführt. Vergleiche zum Folgenden ebd. 21,10 (CChr. SL 1, 124). 600 Min. Oct. 29,2 (Kytzler 28).

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handelt, dessen Text seinem Publikum bekannt sein konnte, kann er sich auf der sicheren Seite wissen.601 Dass es sich um eine Christologie handelt, wird nur für einen christlichen Leser erkennbar. Den Begriff verbum (Wort) kann man mit dem Prolog des Johannesevangeliums, den Begriff virtus dei (Kraft Gottes) aber mit Röm 1,18 und 1 Kor 1,24 lesen.602 Für einen stoisch gebildeten Heiden hingegen sollen es schlicht verschiedene Begriffe für den Gott der Philosophie sein, die dem Problem entgehen können, dass die Verwendung verschiedener Begriffe bereits dazu diene, eine Vielfalt abzugrenzen.603 Führt Minucius hier die Begriffe des verbum, der ratio und der virtus ein,604 sind es an der Stelle, wo er die analoge Benennung durch den stoisch geprägten Dichter Vergil direkt nachweist, die Begriffe mens, ratio und spiritus.605 Selbst das Ausspielen verschiedener nichtchristlicher (meist philosophischer) Meinungen gegeneinander, das den Gesamtzusammenhang der Debatte zwischen dem Skeptiker Caecilius und dem Dogmatiker Octavius bestimmt,606 lässt er in diesem Kontext beiseite. Er unterstellt den Philosophen, dass sie alle den einen Gott nur unter verschiedenen Namen gelehrt hätten.607 Zwar sprechen Stoiker von den vielen Namen Gottes, und tatsächlich wird mit einem Begriff immer das Ganze ausgedrückt, doch damit kann keine Identität etwa mit platonischen Gottesbildern behauptet werden. Bei seinen Hinweisen auf das eigene christliche Gottesbild nimmt Minucius deutliche Anleihen bei den Stoikern, obwohl er Plato in seiner Liste als denjenigen nennt, der dem Christentum am nächsten gekommen ist. So nennt er Gott als numen praestantissimae mentis (Walten eines vorzüglichsten Verstandes),608 was gemeinstoisch erscheint und über Tertullian oder biblische Anleihen hinausgeht. Von der Immanenz Gottes möchte sich

601 Ebd. 17,6 (Kytzler 14). Er formuliert allerdings gegen Tertullian im Präsens, womit der Schöpfungsbegriff sich zumindest verändert, vgl. dazu Schubert, Octavius 346. Womöglich hat er ihn nicht richtig verstanden, so: Pellegrino, Octavius, 141. 602 Schubert, Octavius, 347. Der Begriff der Kraft Gottes wird hier genauso wie die Weisheit Gottes für Christus gebraucht. Damit ist die Stelle für eine Christologie wichtiger als Röm 1,20. 603 Min. Oct. 18,10 (Kytzler 15): Illic vocabulis opus est, cum per singulos propriis appellationum insignibus multitudo dirimenda est. 604 Ebd. 17,6 (Kytzler 14). 605 Ebd. 19,2 (Kytzler 16). 606 Caecilius verweist in Min. Oct. 4,4 (Kytzler 2f) auf die verschiedenen sectae, denen die beiden Disputanten in philosophischen Fragen angehörten. 607 Ebd. 20,1 (Kytzler 18). 608 Ebd. 17,4 (Kytzler 13).

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Minucius so wenig abgrenzen wie nur möglich. So nimmt er Bezug auf das Einwohnen Gottes in der Welt und in den Menschen.609 Die Konzepte der verschiedenen Philosophenschulen, die eine Rückführung der Vielfalt auf eine Einheit ermöglichen, werden ebenso harmonistisch beurteilt. Die Vorstellung eines Weltenbrandes610 wird zunächst allen Philosophenschulen als Gemeinsamkeit zugeschrieben, um sie dann christlich zu vereinnahmen und von einer veritas interpolata (verfälschte Wahrheit) zu sprechen. Tatsächlich findet für ihn aber keine Rückkehr zur Einheit statt, sondern in seiner eigentlichen Eschatologie611 ist es gerade der Mensch in seiner Eigenheit, der im Zentrum steht. Inwiefern das iudicium (Urteil) Gottes612 zu einer Einheit führt, wird nicht genauer ausgeführt. Weiteres zu einer eigenen christlichen Pluralität wird nicht erwähnt. Obwohl Minucius eine Dämonologie ausführlich entwickelt und diese von einer christlichen Systematik her auf der Angelologie beruht, spielen die Engel eine überraschend kleine Rolle. Sie werden noch nicht einmal als explizit christliche Vorstellung eingeführt, sondern auf Hostanes und Plato bezogen, womit sich Minucius einige Freiheiten beim Übersetzen gewährt.613 Die Bestimmung von Engeln durch Hostanes als ministri (Diener) und nuntii (Boten) kommentiert er in einer anderen Stelle alleine dadurch, dass Gott sie in dieser Funktion gar nicht benötigt.614 Es scheint nicht kühn, diesen Einwand auf sämtliche Funktionen der Engel zu beziehen. Benötigt werden sie bei Minucius nur apologetisch, um die Boshaftigkeit der heidnischen Götter zu untermauern. Eine Ironie ist also nicht zu übersehen, wenn Minucius Felix den Sprecher Caecilius vom christlichen Gott als deus unicus destitutus (einziger verlassener Gott)615 sprechen lässt. Wie die Argumentationsanalyse insbesondere in Bezug auf Pluralitätsdiskussionen zeigen kann, sieht Minucius dies nicht als Makel,

609 Ebd. 32,7 (Kytzler 31). Damit hat er zwar bei Paulus eine Grundlage, aber nicht in einem stoischen Sinn. 610 Ebd. 34,1 (Kytzler 32): incendium mundi. 611 Tatsächlich gibt es bei Minucius eine relativ ausführliche Eschatologie ebd. 34,12– 35,6. Die Exposition christlicher Lehre beschränkt sich nach Beaujeu „auf den Anfang und das Ende des apostolischen Glaubensbekenntnisses“. Nachweise sind zu finden bei Schubert, Octavius, 34. 612 Min. Oct. 34,12 (Kytzler 33). 613 Für diesen Begriff findet er in seinen Vorlagen keinen Anlass. S.u. Kap. 3.6. 614 Ebd. 33,1 (Kytzler 31). Die gleiche Meinung vertritt Sen. ep. 95,47. Vgl. Schubert, Octavius, 603. 615 Ebd. 10,3 (Kytzler 8).

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sondern als einen der Vorzüge des Christentums an, den er mit einer allzu ausführlichen eigenen Systematik nicht wieder gefährden möchte. Die Beschreibung der Vielfalt wird bei den anderen  – in einer gegenüber Tertullian leicht wohlgesinnteren Art – fortgeführt. Die Akzentsetzung in der Auseinandersetzung mit der traditionellen Götterwelt verschiebt sich von der Dämonologie stärker hin zum Euhemerismus.

3.5 Eine Denkform mit Wachstumspotential: Christlicher Euhemerismus bei Minucius Felix Wie bereits bei der Thematik der Einzigkeit Gottes gezeigt werden konnte, übernimmt Minucius auch beim Euhemerismus Argumente aus dem Apologeticum Tertullians, versucht diese gegenüber einem heidnisch gebildeten Publikum rhetorisch zu verbessern und lässt dabei Ansätze zu christlicher Systematik fast gänzlich weg, um sie durch Topoi aus einem stoisch geprägten Bildungskanon zu ersetzen, wobei er durchaus auch eigene Studien vorzuweisen hat. Dies kann man an der Argumentation mit der Vorstellung des Euhemerismus besonders gut zeigen. Die Thematik Euhemerismus erscheint gegenüber der Behandlung durch Tertullian leicht ausgeweitet616 und wird durch eine Vergegenwärtigung verschiedener als schändlich beschriebener Göttermythen und -kulte zweigeteilt.617 Im Gegensatz zu Tertullian steht der Topos, homines illos fuisse (dass jene Menschen waren), am Schluss als Fazit und nicht am Anfang als These.618 Die Themen bleiben im Gesamtaufbau die gleichen, Änderungen können aber im kleineren Kontext gezeigt werden. Gegenüber der Anklage Tertullians an die Adressaten im Stile einer forensischen Rede, dass sie das euhemeristische Argument vergessen hätten, führt der Sprecher Octavius bei Minucius erzählerisch Vorstellungen über die Entstehung der Götterverehrung aus, wobei der größte Unterschied in der Art der Argumentation auszumachen ist. Der konziliante Stil des Minucius, in dem die

616 Ebd. 20,5–21,3 (Kytzler 18): Einführung mit Nennung der auctoritates. Ebd. 23,9– 24,6 (Kytzler 21): Diskussion Jupiters und Gründe gegen die Vergöttlichung. Der Aufbau wird von Pellegrino, Octavius, 181 sehr negativ bewertet: „Non è il solo caso in cui Minucio si mostra incerto nella composizione, specialmente per non aver saputo fondere in un procedimento organico e chiaro elementi desunti da varie fonti.“ 617 Min. Oct. 22,5 (Kytzler 19f) harsch: ludibria et dedecora deorum. 618 Ebd. (Kytzler 21).

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Entstehung des Götterkultes mit durchaus positiven Intentionen wie derjenigen des praemium (Lohn) für den Verstorbenen und dem exemplum für die Nachfahren geschildert wird und in dem die maiores (Älteren) eher entschuldigend rudes (roh, ungebildet) genannt werden, lässt kaum mehr erahnen, dass aus christlicher Sicht619 hinter den Geschehnissen verborgene dämonische Kräfte wirksam waren. Das Problem, dass sich aus den hier zu lesenden Ausführungen ergibt, ist einzig und allein, dass es letztendlich keine Götterkulte waren, sondern die Einrichtung von Erinnerungsstätten für Menschen.620 Nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich ist der erste Abschnitt stark an Cicero angelehnt.621 Die auctoritates für die euhemeristische Argumentation finden sich bis auf eine alle in De natura deorum.622 Die wichtigste Quelle für die Argumentation hingegen, den Alexanderbrief, ergänzt Minucius aus eigenem Interesse. Dieser eignet sich für eine euhemeristische Argumentation aus vielen Gründen besonders gut. Die Erzählung ist als secretum gekennzeichnet, was die Quelle einzigartig erscheinen lässt. Da Alexander der Große die Sachverhalte nur metu potestatis (aus Furcht vor seiner Macht) erklärt wurden, entziehen sie sich jeglicher Überprüfung.623 Die Erwähnung von Serapis624 im Alexanderbrief gibt eine euhemeristische Erklärung gerade zu derjenigen Gottheit, die zum

619 Kap. 3.6 kann zeigen, dass dies auch die Sicht des Minucius ist. 620 Damit die negative Bewertung der Kulteinrichtungen dennoch gewährleitet ist, braucht es wohl tatsächlich den Einschub, in dem er die Kulte vergegenwärtigt. Gegen Pellegrino, Minucio, 181. Gehalten haben sich die Erzählungen nach Min. Oct. 23,8 (Kytzler 21) dann aufgrund der Bildungsinstitutionen. Vgl. Schubert, Octavius, 422. 621 Der zweite Teil übernimmt Argumente in erster Linie aus Tert. apol. 10. Der erste Teil jedoch speist sich insbesondere aus Cic. nat. deor. I 118. Allerdings können viele Topoi bei zahlreichen Schriftstellern gefunden werden. Vgl. dazu Pellegrino, Octavius, 160–183. Bei Tertullian erscheint die Thematik des ersten Abschnitts des Minucius in einer praeteritio: taceo quod ita rude adhuc homines agebant. 622 Euhemeros und Prodikos finden sich in Cic. nat. deor. I 118f, Persaios in Cic. nat. deor. I 38. Letzteren hatte Minucius in der Liste derjenigen, die den einen Gott bezeugen, ausgelassen. Vgl. auch Schubert, Octavius, 400. 623 Ein antiker Leser konnte selbstverständlich das Werk noch konsultieren. Für uns heute ist dies allerdings nicht mehr möglich. Vgl. zur Einordnung und für Literatur zum Brief Schubert, Octavius, 201f und Kytzler, Octavius, 148. Kühn, Octavius, 14 verweist auf Aug. civ. VIII 5 für ein weiteres christliches Zitat. Pellegrino, Minucio, 161 verweist neben vielen anderen zusätzlich auf Tert. cor. mil. 7. 624 Min. Oct. 21,3 macht den Bezug deutlich: tui Serapidis sive Osiridis tumulum.

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Rahmenthema des Dialogs gehört. Letztlich kann Minucius mit dieser Neuerung gegenüber Cicero seine eigene Bildung in besonderer Weise unter Beweis stellen. Den zweiten Abschnitt leitet Minucius mit der Angabe von neuen auctoritates ein, die er nun nicht mehr von Cicero, sondern von Tertullian bezieht, wobei er einen Fehler seines Vorgängers eliminiert.625 Die Funktion der Argumentation mit Saturn ist die gleiche wie bei Tertullian, er steht als princeps (Fürst) des göttlichen Geschlechtes für sämtliche wichtige Götter.626 Als besonderen Bildungsnachweis fügt er die Etymologie von Latium von latere (sich versteckt halten) aus der Aeneis627 ein, die aufgrund des Verstecks von Saturn gewünscht wurde, wobei er die Intertextualität stark betont.628 Von Tertullian übernommen wurde das Argument der euhemeristischen Erzählung von Mutter und Vater des Saturn. Neue Aufschlüsse kann es nicht liefern, außer dass eine gewisse Wertung zuungunsten derjenigen geschieht, die als filii terrae (Erdensöhne) bezeichnet werden.629 Der Verweis auf das Grab Jupiters auf Kreta verweist wieder auf einen bei Cicero überlieferten Topos,630 wo allerdings das antrum Iovis (Höhle Jupiters) fehlt. Im letzten Abschnitt über die Unmöglichkeit der Vergöttlichung von Sterblichen fehlen bei Minucius sämtliche Formulierungen, die irgendwelche Anklänge an die christliche Systematik erkennen ließen. Damit fällt das aus der Sicht der Rhetorik des Monotheismus besonders wichtige Argument aus, dass ein allmächtiger Gott keine Hilfe braucht, ja die Vorstellung eines manceps divinitatis lässt Minucius vollends unerwähnt. Es sind drei andere Argumente, die Minucius aus der paganen Literatur bezieht, die nach einer kurzen Repetition der euhemeristischen Vorstellung mit den historischen Beispielen von Iuba und 625 Tertullian hat den Rhetor Cassius Severus mit dem Historiker Cassius verwechselt. Vgl. Waltzing, Commentaire, 118. Pellegrino, Octavius, 177 kommentiert den Befund im Hinblick auf die Prioritätsthese, die er aber verneint. Neben der These, dass Minucius hier ausgebessert hat, führt er auch die Möglichkeit eines unsorgfältigen Kopisten an oder die Streichung des cognomen als stilistische Angleichung. Der Verweis auf neue auctoritates ist tatsächlich etwas unschön, da nun unklar ist, welches denn die wichtigsten Autoritäten für die euhemeristische Argumentation sind. 626 Min. Oct. 23,9 und 24,1 (Kytzler 21). 627 Verg. Aen. VIII 353. 628 Er wählt die gleichen Schlüsselwörter wie Verg. ebd. VIII 322. 629 Diese werden bei Min. Oct. 23,12f (Kytzler 21) als ignobiles charakterisiert: Terrae enim vel Caeli filius, quod apud Italos esset ignotis parentibus, proditus, ut in hodiernum inopinato visos caelo missos, ignobiles et ignotos terrae filios nominamus. 630 Cic. nat. deor. III 21.

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von Proculus ausgeführt werden, die bereits die Willkür der Vergöttlichungen belegen können. Dann führt Minucius aus, dass Vergöttlichungen selbst bei den Vergöttlichten kritisch gesehen wurden. Dafür würde er in der nichtchristlichen Literatur tatsächlich Stellen finden, die aber bis heute umstritten sind.631 Die beiden anderen Argumente finden in der apologetischen Literatur eine stärkere Verbreitung. Dass einmal Entstandenes nicht unendlich sein kann, führt zwar in einem christlichen Kontext in Problematiken innerhalb der meisten Seelenlehren, ist aber vom nichtchristlichen Unendlichkeitsbegriff her nicht umstritten. Dass der Himmel überfüllt wäre, wenn die Götter sich trotz ihrer Unsterblichkeit vermehren würden, ist ebenfalls häufiger Topos, der hier mit verschiedenen Hinweisen, die die Vorstellung lächerlich machen sollen, ergänzt wird.632 Wenn man hier doch einigen Spott über die Götter und die Vorstellung der Vergöttlichung sehen kann, so entfernt er sich hier zwar darin von seinem heidnischen Publikum, jedoch so, dass er stets auf Positionen innerhalb der heidnischen Literatur zurückgreifen kann. Inwiefern dies auch bei einer Lehre von maligni spiriti (bösartigen Geistern), den Dämonen gelingen kann, wird nun zu zeigen sein.

3.6  Christliche Dämonologie ohne Polemik? Ein Versuch Obwohl gerade bei der Dämonologie, die eine Polemik gegen heidnische Kultur hervorruft, aufgrund der unterschiedlichen apologetischen Ansätze bei Tertullian und Minucius die größten Änderungen zu erwarten wären, orientiert sich

631 Er führt kein Beispiel dafür an. Es ließe sich ein Zitat Vespasians im Sterbebett anführen, das ihm Sueton in den Mund legt. Vgl. Suet. Vesp. 23,4: Vae puto Deus fio. Ist der Satz authentisch, hat man ihn dennoch nicht zur Kenntnis genommen. Gerade für Vespasian können zahlreiche Münzen gefunden werden, in denen er als divus bezeichnet wird. Tert. apol. 33,3f erwähnt die Größe des Kaisers, der eine Vergöttlichung ablehnt: maior est qui revocatur, ne se deum existimet. Vgl. dazu von Geisau, Octavius, 76. Pellegrino, Octavius, 182 führt auch Tert. nat. I 17,8 an. Wiederum harsch zur Komposition des Minucius: „anche qui M. abbia inserito, con scarsa abilità, un motivo che trovava molto efficace, ma che non seppe fondere nel contesto.“ Das Problem ergibt sich aber nur für den modernen Leser, dem antiken Rezipienten war alles aufgrund des gleichen Hintergrundes klar. 632 Min. Oct. 24,3 (Kytzler 21): nisi forte iam Iuppiter senuit et partus in Iunone defecit et Minerva canuit antequam peperit. An ideo cessavit ista gerneratio, quoniam nulla huiusmodi fabulis praebetur adsensio? Vgl. für Parallelstellen von Geisau, Octavius, 76 und Pellegrino, Octavius, 183.

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letzterer bezüglich des Aufbaus stark an seinem Vorgänger.633 Minucius führt kurz die Charakterisierung der Dämonen an634 und begründet ihre Existenz mit nichtchristlichen Zeugnissen.635 Erst dann gibt er ihr Wirken wieder,636 um letztlich christliche Exorzismen und das bereits aus Tertullian bekannte Eingeständnis der Dämonen zu nennen.637 Die eigentlich monotheistische Argumentation, dass der Gottesbegriff nicht auf untergeordnete Wesen angewandt werden darf, lässt Minucius weg. Noch klarer als Tertullian nennt er aber die Dämonen als Begründer der pravae religiones (falsche religiöse Verehrungen),638 indem sie a deo vero ad materias avocant (vom wahren Gott zur Materie wegrufen).639 Da er keinen darstellenden Teil der christlichen Lehre kennt und dem Sprecher Caecilius kein Angriff auf die christliche Dämonologie in den Mund gelegt wird, bettet Minucius die Vorstellungen in andere Thematiken ein. Er beginnt seine Ausführungen innerhalb des Vorhabens, die Notwendigkeit der divinatio für den römischen Staat zu widerlegen und sie als von bösen Geistern verursacht herabzusetzen. Am Ende seiner Argumentation mit den Dämonen geht er auch insofern zum Angriff über, als er auf die Ursprünge der fama (Gerüchte) gegen die Christen zu sprechen kommt, die er durch dämonischen Einfluss erklärt.640

633 Kühn, Octavius, 65 interpretiert die Dämonenlehre allerdings so, dass „selbst unser Apologet noch nicht ganz aus heidnischem Aberglauben heraus war“. Auch wenn der Kommentar mit falschen Prämissen zur Rhetorik und Systematik bei Minucius arbeitet, ist dies ein spannender Gedanke. Zu einer so ausführlichen Dämonologie kommen alle Apologeten nicht aus biblischen Gründen, sondern weil die heidnische Götterwelt darin Erklärung findet. Richtig wäre deswegen, dass „unser Apologet“ die gesellschaftlich akzeptierten Inkohärenzen und die Unmoral in der römischen Götterwelt für eine Rhetorik verwendet, in der die Entscheidung zum Christentum trotz aller Ähnlichkeiten, die Minucius in einem Vergleich zwischen Christentum und römischer Bildung herausstellt, unabdingbar erscheint. 634 Min. Oct. 26,8 (Kytzler 25). 635 Ebd. 26,9–12 (Kytzler 25). 636 Ebd. 27,1–4 (Kytzler 26). 637 Ebd. 27,5–7 (Kytzler 26). 638 Ebd. 26,8 (Kytzler 25): non desinunt (…) alienati a deo inductis pravis religionibus a deo segregare. 639 Ebd. 27,2 (Kytzler 26). 640 Ebd. 27,8 (Kytzler 26f). Die Begründung der fama durch Caecilius ist eine der Stellen, wo Minucius in Kauf nimmt, dass eine Widerlegung gar nicht vonnöten wäre, da sich die Argumentation selbst disqualifiziert. Die Rede von einer sagax fama ist bei Minucius einzigartig. Kühn, Octavius, 69 spricht bei der Dämonologie zurecht von einem Übergangsteil.

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Die Änderungen gegenüber Tertullian sind in Details zu suchen. Wie bereits die erste Thematik zeigen kann, führen sie stärker in rhetorische als systematische Einschätzungen durch Minucius. Die spiritus insinceri (unreine Geister) werden genauso wie bei Tertullian in ihrer Systematik durch apokryphe Schriften bestimmt,641 wenn die Herkunft ihrer Boshaftigkeit und der Verlust des vigor caelestis (himmlische Kraft) auf die terreni labes et cupiditates (irdische Makel und Begierden) zurückgeführt wird.642 Das überrascht, da ja Tertullian zugibt, dass seine Argumentation hier angegriffen wird.643 Das Geschehen wird aber aus rhetorischen Gründen näher an die Fragestellungen der mittelplatonischen Ontologie herangeführt, wenn ihre ursprüngliche Güte als simplicitas substantiae (Einfachheit ihres Wesens) beschrieben wird.644 Bei der Begründung der Dämonen fehlt gegenüber Tertullian auffällig die neben den Philosophen und Dichtern eigentlich wichtigste Quelle, das vulgus. Nachdem Minucius das Argument mit der anima naturaliter christiana im Abschnitt zur Einzigkeit Gottes im Aufbau degradiert hatte, fällt es hier ganz aus.645 Dies ist einerseits mit der Bevorzugung des Platonismus zu erklären, vor allem 641 Und zwar die Interpretation von Gen 6,1–4 in 1 Hen. Frenschkowski, Art. Magia, 912 meint, dass seit anfangs des dritten Jahrhunderts auch die Interpretation von Kainiten anstelle der Dämonen möglich war. Nach Van der Nat, Art. Geister, 720 verliert der Text Ende des 3. Jahrhunderts seine Autorität. Schneweis, Angels and demons, 93.102 meint, dass eine Kenntnis für Laktanz bereits unwahrscheinlich war. 642 Dass damit Sexualität als Ursache für den Fall der Engel angegeben wird, gerät in Verbindung mit der Bestimmung des Eros als Dämon im Zitat bei Plato, symp. 195e–196e. Vgl. dazu Schubert, Octavius, 508. Ob Minucius dies wirklich wollte, bleibt aber fraglich. Schubert, Octavius, 50 meint, dass er den sexuellen Aspekt nur leise andeute. 643 Tert. cult. fem. I 3,1 (CChr. SL 1, 346). Vgl. dazu Michl, Art. Engel, 53–60. 644 Vgl. von Geisau, Octavius, 85. Die Aufmerksamkeit der Kommentare bezieht sich stärker auf den Begriff der caelestis vigor, vgl. Pellegrino, Octavius, 200 f. 645 Damit befolgt er indirekt den Ratschlag in der Spätschrift Tert. res. mort. 3,1: Est quidem et de communibus sensibus sapere in dei rebus, sed in testimonium veri, non in adiutorium falsi, quod sit secundum divinam, non contra divinam dispositionem. Dass Minucius sich in der Chronologie des Werkes von Tertullian auskannte, ist zwar wahrscheinlich, es spielt aber hier keine Rolle. Er entwertet das Argument so weitreichend, dass es sogar eines der Hauptargumente des traditionalistischen Skeptikers Caecilius wird. Dazu Min. Oct. 6,1 (Kytzler 4) disciplina maiorum religiones traditas colere und ebd. 8,1 (Kytzler 6) firma consensio omnium gentium de dis inmortalibus. Schubert, Octavius, 496 sieht auch die Heilige Schrift unterdrückt. Allerdings hat diese Auslassung ganz andere Gründe, sie ist grundsätzlich nicht dazu geeignet, Heiden zu überzeugen.

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aber durch das Anliegen, das Christentum gegenüber einem gebildeten Publikum zu verteidigen und als attraktiv darzustellen. Eine Dreizahl erhält er in einem ersten Anlauf dennoch, da er Sokrates anführt, der dem Rat eines Dämonen gefolgt sei,646 wobei er die negative Charakterisierung hier noch auslässt.647 Da Minucius die Argumentation mit zwei Zitaten verlängert, gelingt es ihm dennoch, Plato das letzte Wort zu geben. In der abschließenden Liste steht er so auch wieder an der Spitze und ist von den Philosophen sogar getrennt aufgeführt.648 Er zitiert die wichtigste Stelle zur Thematik aus dem Symposion und deutet deren Erwähnung im Timaios an,649 reflektiert aber das Problem nicht, dass die Ausführungen einer christlichen Dämonologie nicht entsprechen.650 Geradezu in die andere Richtung geht die Argumentation im Symposion des Plato, wenn die Sprecherin Diotima einschärft, dass die Folgerung, dass etwas, was nicht gut sei, nicht darin bestehe, dass es schlecht sei. Es kann auch in der Mitte dazwischen angesiedelt werden. So ist es einseitig, wenn Minucius von einer Warnung vor dem Eros durch Plato spricht.651 Die Bestimmung dieses Mittleren als δαίμων μέγας (großer Dämon) kommt den Zielen des Minucius dann allerdings wieder entgegen.652 Den 646 Min. Oct. 26,9 (Kytzler 25): Socrates novit, qui ad nutum et arbitrium adsidentis sibi daemonis vel declinabat negotia vel petebat. Tertullian nennt den Dämonen spöttisch einen Verhinderer des Guten, s.o. Kap. 2.5. 647 Ebd. (Kytzler 25). 648 Ebd. 27,1 (Kytzler 26): Isti igitur inpuri spiritus, daemones, ut ostensum a magis, a philosophis et a Platone, sub statuis et imaginibus consecratis delitescunt. Schubert, Octavius, 502 sieht Plato hier nicht an der Spitze, sondern die Beispielserien seien „komplex verschlungen“. Plato erscheint aber auch ohne klare Klimax als prominenteste Figur der Argumentation, da von ihm die längsten Zitate eingeführt werden, die an letzter Stelle stehen und damit fortgeschritten im Hinblick auf ihre Kongruenz mit dem Christlichen dargestellt werden. 649 Min. Oct. 26,12 (Kytzler 25) spricht von der Schwierigkeit Platos, Gott zu finden, und bemerkt, dass er von den Dämonen ohne Schwierigkeit spreche. 650 Schubert, Octavius, 502 macht darauf aufmerksam, dass Minucius einen Freiraum gewähre, indem er erst bei den heidnischen Zeugnissen von Dämonen spreche, zuvor aber von Geistern. Min. Oct. 27,1 (Kytzler 26) setzt die beiden Begriffe aber klar identisch. Der Begriff spiritus eignet sich dazu besser, vom Wesen derselben zu schreiben. Gerade damit werden sie nahe zur Philosophie gesetzt. Vgl. etwa Karfíková, Polemik, 166. 651 Plato, symp. 202b: μὴ τοίνυν ἀνάγκαζε ὃ μὴ καλόν ἐστιν αἰσχρὸν εἶναι, μηδὲ ὃ μὴ ἀγαθόν, κακόν. Oct. 26,12 (Kytzler 25): monet etiam nos procupidinem amoris. Bei Apul. deo Socr. 16 ist der Eros zusammen mit dem Schlaf Beispiel für einen Dämonen praestantiore longe dignitate. 652 Plato, symp. 202d.

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Fehler bei Tertullian, dass Plato Engel kenne, übernimmt er ebenso,653 er hat dafür aber gerade in der Dämonologie des Symposion einen Anhaltspunkt, wenn diese als Hermeneuten der Götter ausgezeichnet werden.654 Minucius führt die magi im Vergleich zu Tertullian deutlich ausführlicher ein,655 die miracula (Wunder) durch die Dämonen bewirken und ihre Tätigkeit auch mit Worten begründen,656 wozu er als ersten den persischen Magier Hostanes anführt.657 Inwiefern das Zitat Platos mit demjenigen des Hostanes zusammenpasst, könnte durch eine wahrscheinliche Quelle geklärt werden. Die Verknüpfung von Platonismus und Verteidigung von Magie kann Minucius durch die Schriften von Apuleius vertraut gewesen sein.658 Minucius fasst hier zusammen, dass er zunächst den verus deus (wahren Gott) mit der merita maiestas (verdienten Hoheit) beschreibe,659 um dann zu den Dienern und Boten Gottes voranzuschreiten und letztlich auf die Dämonen als inimici humanitatis (Feinde der Menschheit) zu sprechen zu kommen. Zu überprüfen sind die Aussagen, die Minucius dem Magier in den Mund legt, nicht, da die wichtigste Quelle für das einzig namentlich erwähnte Werk, der wohl pseudepigraphische Oktateuch, wiederum Minucius Felix ist.660 In der erhaltenen Literatur in Bezug

653 So auch Pellegrino, Octavius, 204. 654 Plato, symp. 202e, wo sie auch als Urheber der divinatio beschrieben werden. 655 Tert. apol. 23,1 (CChr. SL 1, 130) kennt sie bereits, Tert. idol. 9,3 (CChr. SL 2, 1108) spricht von der magorum religio. 656 Die Kombination von Wort und Tat findet sich auch bei Diog. Laert. Vitae Phil. I 6–9. 657 Min. Oct. 26,8 (Kytzler 25): magi quoque non tantum sciunt daemonas sed etiam, quicquid miraculi ludunt, per daemonas faciunt. Die magi werden bei Tert. apol. 23,1 (CChr. SL 1, 130) nur im Teil über die actiones erwähnt. 658 Vgl. Apul. apol. 43,1: Platoni credam inter deos atque homines natura et loco medias quasdam divorum potestates intersitas easque divinationes cunctas et magorum miracula gubernare. Hostanes erwähnt Apuleius ebd. 27.90 namentlich und parallelisiert ihn mit Zoroaster. Dass sich Minucius bei seinen Plato-Zitaten an Apuleius orientiert, zeigt etwa, dass auch Apul. apol. 49 von einer himmlischen Rede bei Plato spricht, die dann bei Min. Oct. 19,14 (Kytzler 17) nur himmlisch wäre, wenn sie nicht durch admixtio civilis getrübt wäre. Apul. apol. 25 vergleicht die magi mit den sacerdotes in der lateinischen Sprache. Vgl. zur Besprechung, ob Minucius Plato im Original gelesen hat Schubert, Octavius, 506–508. 659 Kytzler, Octavius, 91. 660 Min. Oct. 26,11. Frenschkowski, Art. Magia, 932. Schriften waren von ihm nach heutigem Konsens keine überliefert, doch waren in der Kaiserzeit solche pseudepigraphischen Schriften bekannt, auf die sich Minucius berufen könnte.

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auf Hostanes in der Antike661 wird dieser stets als einer der Begründer persischer Magie zusammen mit Zoroaster und im Gefolge des persischen Eroberers Xerxes gesehen.662 Es ist anzunehmen, dass Minucius dem Text ebenso wie dem Symposion eine neue Tendenz gibt. Der Dualismus kommt hier zwar in Erwähnung derselben zum Tragen, doch verschweigt er, dass dieser so weit geht, dass auch die Dämonen bei Hostanes unter einem Fürsten stehen, der dem guten Gott nicht unterstellt ist.663 Die Beschreibung der actiones bei Minucius enthält ebenso eine Erklärung der heidnischen divinatio, Änderungen lassen sich aber stilistisch oder durch die Auslassung oder Auswahl neuer exempla feststellen.664 Zur Erklärung werden als Götter Saturn und Jupiter (Euhemerismus), insbesondere aber Serapis (als Gott des Caecilius) genannt, was als Anpassung an den eigenen Text erscheint.665 Das Argument des dämonischen Geständnisses übernimmt er von Tertullian, nicht ohne sie noch einmal in den Gegensatz zum deum verum et solum zu stellen, unter dessen Beschwörung (und nicht derjenigen der Christen) sie Zeugnis von der Wahrheit abgeben.666 Als Fazit zur dämonologischen Argumentation bei Minucius bleibt festzustellen, dass er einige problematische Argumente bei Tertullian übernimmt, die Fehler aber nicht vergrößert. Ganz im Gegenteil hat er mit der Profilierung des Platonismus gegenüber der Stoa die Vorteile auf seiner Seite.667 Der Aufbau und die Einordnung sind zwar unsystematischer als bei Tertullian, Minucius entgeht

661 Bei Cic. leg. alleg. II 26 werden die Magier als diejenigen erwähnt, die Xerxes dazu anstachelten, griechische Tempel in Brand zu setzen, da darin Götter eingeschlossen werden. 662 Etwa Apul. apol. 90. Allerdings sind es etwa bei Plin. nat. hist. XXVIII 1,6.6,69.19,256 und XXX 1,1 mehrere Personen, Ostanai. Er charakterisiert sie negativ. Vgl. dazu Pellegrino, Octavius, 203. 663 Von Geisau, Octavius, 86 betont, dass sowohl Ahuramazda als auch Ahriman Geister zur Verfügung standen. 664 Tert. apol. 23,1 (CChr. SL 1, 130) spricht von phantasmata Castorum et aquam cribro gestatam et navem cingulo promotam et barbam tactu inrufatam. Min. Oct. 27,4 (Kytzler 26) davon, ut Iuppiter ludos repeteret ex somnio, ut cum quis Castores viderentur, ut cingulum matronae navicula sequeretur. 665 So auch bereits Kühn, Octavius, 66. 666 Min. Oct. 27,5 (Kytzler 26). Zu weiteren Angaben zum Argument s.o. Kap. 2.5. 667 Mit der Einschätzung, dass die Stoiker keine Dämonen kennen, liegt Tertullian zwar falsch. Vgl. Zintzen, Art. Geister, 641. Andererseits ist der Begriff zumindest bei Seneca tatsächlich nicht vorhanden. Sen. ep. mor. 90,28 oder ira III 17,3 verwendet genii für eine römische Sicht auf Geister zwischen Göttern und den Menschen.

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aber gerade mit seiner problemorientierten Argumentation der Schwierigkeit, dass die Dämonologie nicht wie bei Tertullian als nahezu wichtigster Teil christlicher Systematik erscheint. Am besten kann man aber zeigen, wie Minucius Tertullians unzulängliche Rhetorik revidierte, innerhalb der Letzterer das Publikum mit biblischen Zitaten verfehlte, die heidnischen Autoren ohne Zitate beließ, mit seinen Ausfälligkeiten gegen das rhetorische Prinzip der urbanitas (feine städtische Ausdrucksweise) verstieß und mit seiner Fokussierung auf das vulgus in eine Art Selbstwiderspruch geriet, da er ein von ihm als bildungsfeindlich dargestelltes Christentum mit den Methoden der Bildung zu verteidigen suchte.668 Minucius hingegen gelingt es, die Dämonen inhaltlich gleich wie Tertullian zu bestimmen, aber innerhalb der sprachlichen Codes seines Publikums zu bleiben. Die Schwierigkeit seiner Argumentation liegt in der Spannung zwischen Form und Inhalt, die er im Vergleich zwischen heidnischer und christlicher Dämonologie nur verdecken kann.

668 Bereits Kühn, Octavius, 67.

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3.7 Zusammenfassung Minucius Felix transformiert die polemischen Argumentationen des Apologeticum in eine – zumindest oberflächlich – bildungsfreundliche Schrift zur Profilierung des Christentums. Dies gelingt ihm einerseits durch eine neue Wahl und Gewichtung der Argumente, andererseits aber durch eine neue Präsentation derselben in einem Dialog, wodurch die Wahl zwischen dem einen christlichen Gott und den vielen Göttern als innerrömische Diskussion erscheint. Die Erweisung des einen Gottes baut er anhand von Argumentationen für die providentia aus De natura deorum aus und ergänzt sie mit Argumenten für die Einzigkeit der Herrschaft aus De re publica, nicht ohne auch immer wieder den Erweis seiner Gelehrsamkeit anhand von Argumenten, die über Cicero hinausgehen, einzustreuen. Das kulturkritische Argument für die Existenz des einen Gottes aus der anima degradiert er innerhalb einer Klimax von Argumenten zu demjenigen des einfachen Volkes, das von demjenigen der Dichter und vor allem der Philosophen übertroffen wird. Dass die Reihe in Plato kulminiert, zeigt, dass Minucius diesen Philosophen als anerkanntesten bei seinem Publikum ansieht, wobei er selbst aufgrund seiner Vorlagen bei Tertullian und Cicero inhaltlich kaum je über stoische Argumentationen hinauskommt. Ohne Probleme kann Minucius auch die euhemeristischen Argumentationen Tertullians ausbauen. Größere Probleme bereitet ihm die Dämonologie, die er durch den Verweis auf den Glauben an dieselben bei den Magiern als überraschende Kulmination seiner Reihe für sein Publikum allenfalls interessant machen kann. Tiefgründige Argumentationen und eine zusammenhängende Systematik sucht man bei Minucius vergebens, doch sein rhetorisches Konzept ist in sich stimmig: Er schafft es, bei seinem Publikum das Christentum als eine der Zeit gemäße Religion darzustellen, die nicht etwa einen einsamen, verlassenen deus unicus verehrt, sondern denjenigen, den die höchsten Autoritäten der römischen Bildungskultur bezeugen.

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4. Christliche Apologetik mit dem Anspruch auf Vollständigkeit: Die Divinae institutiones des Laktanz 4.1 Die Divinae institutiones im (apologetischen) Gesamtwerk des Laktanz Von den zwölf Schriften, die Hieronymus Laktanz zuschreibt,669 sind die Divinae institutiones670 mit sieben Büchern das längste Werk. Bereits in seinem Frühwerk De opificio dei hatte er die Schrift angekündigt.671 Die Thematik „Einzigkeit Gottes“ wird nur in diesem apologetischen Hauptwerk umfassend dargestellt, wobei er sie in seinem späteren Werk De ira dei erklärt, dass sie bereits vollständig seien,672 was ihn allerdings nicht daran hindert, weitere argumenta, exempla und testimonia dafür anzuführen.673 Dass er selbst die Divinae institutiones als wichtig einschätzt, wird dadurch bestätigt, dass er sich zu einer kürzeren Fassung überreden lässt, obwohl er das Werk als nicht zu lang einstuft674 und dieses später überarbeitet und mit Stellen zur Entstehung des Bösen und Kaiseranreden sogar noch ergänzt.675 669 Eingerechnet sind hier auch die Briefkorpora an Probus, Severus und Demetrian, vgl. Hier. vir. ill. 80 (BPat 12, 187f). Dazu Heck/Wlosok II, 11 mit Übersetzung. 670 Der Begriff stammt ursprünglich vom Genre der Anfängerlektüre in der Jurisprudenz, womit er aber hier nichts zu tun hat. Vgl. Fàbrega, Art. Lactantius, 797. 671 Lact. op. 15,6 (CSEL 27, 51): erit nobis contra philosophos integra disputatio. Mit dieser Äußerung könnte er allerdings auch De ira dei gemeint haben, das sich einseitiger gegen die Philosophie richtet. 672 Vgl. Lact. ira 11,1 (CSEL 27, 94). Er nimmt dazu den Octavius von Minucius Felix noch einmal zur Hand. 673 So die Einteilung der Argumentationsformen in Lact. inst. III 30,9 (Heck/Wlosok 310). 674 Der Titel Epitome ist insofern irreführend, als er die Schrift zwar kürzt, aber auch ändert und ergänzt. Vgl. Heck, Epitome, 30–37 mit einer Darstellung, welche Bücher wie stark gekürzt wurden. 675 Leider gibt es von den Institutiones divinae noch keine vollständige deutsche Übersetzung und mit den Büchern V–VII (Winger, Humanität) und Buch VII (Freund, Vita beata) auch nur diejenigen, die zur Thematik am wenigsten beitragen. Hilfreich ist Monat, Institutions, von dem Bücher I, II, IV und V in die französische Sprache übertragen wurden und natürlich Heck, Epitome. Irreführend Bowen/Garnsey, institutes. Weitere wichtige Monographien zu den Institutiones divinae sind Walter,

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Wenn diese kurzen Stellen auch einige Probleme bereiten, sind zu den Divinae institutiones ansonsten zahlreiche Handschriften vorhanden, anhand deren wir einen sichereren Text bestimmen können als bei seinen Vorgängern.676 Das zeigt auch, dass das Werk nicht nur in der Länge, sondern auch in der Bedeutung in der Rezeption mit demjenigen des Tertullian und des Minucius kaum zu vergleichen ist.677 Die Adressaten, die Laktanz für sein Werk nennt, sind dennoch nicht vom Werk her zu bestimmen.678 Er gibt vor, sämtliche Kritiker des Christentums widerlegen zu wollen,679 wenn er den einen Gott als conditor et rector (Schöpfer und Lenker) bestätigt,680 was stets verbunden ist mit der Widerlegung der traditionellen Götter. Für die apologetische Tätigkeit gibt er drei Ziele an: die Bekehrung der Nichtchristen,681 die Bestärkung der Christen682 und letztlich auch einfach nur zu erfreuen,683 wodurch wiederum niemand als Adressat ausgeschlossen wird. Die zeitgenössische Rezeption ist für die Thematik des Monotheismus insofern von großer Faszination, als Konstantins Religionspolitik davon abhängig erklärt werden kann, da ihn Laktanz womöglich von einer henotheistischen Gesinnung hin zur Förderung des Christentum führen konnte, ja sogar sein Denken zur Grundlage der konstantinischen Religionspolitik wurde.684 Außer der Widmung an Konstantin kann die Erwähnung des Hieronymus Grundlage dafür

Wertvorstellungen und Wlosok, Gnosis. Eine umfangreiche, übersichtliche Literaturliste findet sich bei Freund, Vita beata. 676 Die aktuelle Edition findet sich bei Heck/Wlosok. Zur Manuskripttradition siehe auch Monat, institutions I, 21–24, der von über 150 Manuskripten schreibt. Hier findet sich auch die m.E. falsche Aussage, dass die zweite Edition durch Interpolation zustande kam. 677 Vgl. Fàbrega, Art. Lactantius, 821, der meint, dass die Rezeptionsgeschichte noch nicht geschrieben sei. 678 Hier. ep. 58 erwähnt nur kurz die affirmatio des eigenen christlichen Glaubens und die destructio der Meinungen der Gegner als Grundziele des Laktanz. 679 Lact. inst. V 4,2 (Heck/Wlosok 451). 680 Ebd. V 1,1 (Heck/Wlosok 435) als Einleitung zum Abschnitt zu den Zielen seines Werks. 681 Ebd. V 1,8 (Heck/Wlosok 437) verwendet das Wort traducere. Winger, Humanität, 127 sieht in diesen Stellen ein „neues Programm der Apologetik“ ausgedrückt, wobei er von einem allzu positiven Verhältnis des Laktanz zur Philosophie ausgeht. 682 Lact. inst. V 1,9 (Heck/Wlosok 437f). 683 Ebd. V 1,12 (Heck/Wlosok 438). Laktanz verwendet hier die erste Person Plural, da er sich wohl auf die Gemeinschaft der Christen bezieht. 684 Digeser, Debate, 146.

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sein, dass er die konstantinische Familie insofern kannte, als er in Gallien Lehrer (magister) des Crispus, eines später ermordeten Sohnes Konstantins, war.685 Dagegen spricht allerdings, dass die erste Version der Schrift, in der Konstantin noch nicht im Blickpunkt war, da sie zur Zeit der Verfolgung unter Diokletian entstand,686 sich am wenigsten in aktuellen Fragen gegenüber der späteren unterscheidet.687 Die überarbeitete Version wurde herausgegeben, als Konstantin bereits alleiniger Kaiser war.688 Außerdem kann bei der Thematik Euhemerismus gezeigt werden, dass das Verhältnis zwischen dem Denken Konstantins und demjenigen des Laktanz gerade nicht immer widerspruchsfrei war.689 Erst die Erwähnungen bei Augustinus690 und Hieronymus691 zeigen, dass die Bücher, nun aber innerhalb der christlichen Gemeinden selbst, als Ausdruck einer besonders großen Gelehrsamkeit gelesen wurden.692 Die Rhetorik des Laktanz kann am einfachsten im Hinblick auf die Philosophie entschlüsselt werden.693 Als eines der wichtigsten Motive, das Laktanz stets wiederholt, taucht hier die coniunctio sapientiae cum religione (Verbindung von Weisheit mit religiöser Verehrung) auf.694 Gegenüber den Philosophen möchte er hier auf die Verbundenheit der Lehre mit einer bestimmten, auch kultischen Praxis verweisen, gegenüber den Vertretern traditioneller Kulte auf 685 Hier. vir. ill. 80 (BPat 12, 187f). 686 Vgl. Lact. mort. pers. 11 (CSEL 27, 185) zu den Gründen der Verfolgung. 687 Vgl. dazu Lact. inst. V 2,2 f. (Heck/Wlosok 442). Die Stelle zielt auf zwei Personen, die die Verfolgung ausgelöst haben sollen. 688 Dies bezeugen die Anreden als Kaiser ebd. I 1,13 (Heck/Wlosok 4): Constantine imperator maxime, qui primus Romanorum principum. 689 S.u. Kap. 4.7. 690 Aug. doct. christ. II 61 (Simonetti, 162) und civ. XVIII 23 (CChr. SL 48, 614). 691 Hier. ep. 58,10 (CSEL 54, 539): Lactantius, quasi quidam fluvius eloquentiae Tullianae, utinam tam nostra adfirmare potuisset, quam facile aliena destruxit. Hier. ep. 70,5 (CSEL 54, 707): Septem libros adversus gentes Arnobius edidit totidemque discipulus eius Lactantius, qui de ira quoque et de opificio dei duo volumina condidit. 692 Hier. comm. meint, dass Laktanz von Cyprian zum Schreiben angeregt wurde und seinerseits Hilarius zum Schreiben anregte. 693 Zum biographischen Hintergrund der Rhetorik des Laktanz, der in Nikomedien lateinische Rhetorik unterrichtete, siehe Heck, Epitome, 11–20. 694 Die Motivik taucht häufig auf, etwa in Lact. inst. IV 1–4 (Heck/Wlosok 311–322). Die Thematik wird am klarsten ebd. III 7 (Heck/Wlosok 216–218) ausgeführt. Ebd. IV 2,4 (Heck/Wlosok 315) verweist Laktanz auf die Suche des Pythagoras und Platos bei fremden Völkern wie den Ägyptern, Magiern und Persern und meint damit einen Erweis gefunden zu haben, dass selbst diese die Wahrheit bei den religiones suchten.

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eine denkerische Fundierung. Allerdings findet eine tatsächliche Auseinandersetzung mit philosophischen Vorstellungen von Gott kaum statt,695 wenn er diese als nutzlos beschreibt oder ausführt,696 dass sie nicht zur Wahrheit führen kann,697 die es nur bei Gott gibt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass zwar zwei antichristliche Philosophen genannt werden, um einige Argumente ad personam ins Feld zu führen, diese aber im weiteren Verlauf des Werks keine Rolle spielen. Sie werden weniger aufgrund ihres Denkens, als vielmehr aufgrund ihrer Moral kritisiert.698 Im Gefolge Ciceros werden die Logik699 und die Physik abgewertet, einzig die Ethik bleibt und wird dabei – angepasst an die Adressaten – von Cicero wenig abweichend dargestellt.700 Man findet bei Laktanz weniger eine tatsächliche Auseinandersetzung mit realen Gegnern als eine Rhetorik für das Christentum. Innerhalb dieses Musters beurteilt Laktanz auch seine apologetischen Vorgänger und stellt sich in deren Nachfolge, insbesondere in diejenige des Minucius.701 Seine Darstellung des

695 So auch Fàbrega, Art. Lactantius, 805. 696 Der Argumentation gegenüber der Philosophie geschieht mit einem philosophischen Argument. Lact. inst. VII 7,1 (Heck/Wlosok 670): quam summam quia philosophi non comprehenderunt, nec veritatem comprehendere potuerunt. Freund, Vita beata, 315 sieht diese Aussage als Zusammenfassung seiner Auseinandersetzung mit der Philosophie, die Teile der Wahrheit durchaus erkannt hätten. 697 Lact. inst. I 1,1 (Heck/Wlosok 1). 698 Vgl. dazu bereits Tertullian bezüglich Sokrates in Kap. 4.1 und etwas positiver gegenüber Seneca und Pythagoras in Kap. 4.2. Es mag sein, dass einer der beiden Denker Porphyrius war, wie es Digeser, Debate, 140 postuliert. Dafür spricht tatsächlich die Behandlung des historischen Jesus, für die er von seinen apologetischen Vorgängern keine Veranlassung hatte. Andererseits ist dies für die gesamte Apologie kaum von Bedeutung, da der Aufbau dennoch eine Ausweitung der Argumentationen seiner Vorgänger darstellt. Die Darstellung des Christentums als universalis via zum Heil muss nicht von ihm veranlasst sein. Sie findet sich bereits bei Tertullian und hat etwa mit Joh 14,6 eine neutestamentliche Fundierung. 699 Dieser Bereich des Wissens ist für Lact. inst. III 13,3 (Heck/Wlosok 241) nichts für den Weisen, sondern nur für den grammaticus und den rhetor. 700 So auch Fàbrega, Art. Lactantius, 817. Dies mag zeigen, in welchem Bereich es einem christlichen Autoren am leichtesten fiel, die Vorzüge der eigenen Gemeinschaft für ein gebildetes Publikum zu zeigen. 701 Lact. inst. V 1,22–28 (Heck/Wlosok 440) bezeichnet Minucius als idoneus veritatis adsertor, allerdings habe er sich dieser Beschäftigung zu wenig hingegeben. Tertullian fällt demgegenüber völlig ab, sei zwar gebildet, formuliere aber schlecht und sei oft obscurus. Cyprian letztlich wird zwar als großer Rhetoriker gelobt, aber könne kein Vorbild sein, da er stets unter der Bedingung der Akzeptanz der Bibel argumentierte.

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eigenen Vorhabens, dass Minucius einfach um eine Klärung des Eigenen erweitert werden müsse, kann tatsächlich als Programm des Laktanz gelten. Dass dabei ohne biblische Anklänge zu argumentieren ist, führt ihn zu einem Vorwurf gegenüber Cyprian, er führt den Gedanken aber selbst weit weniger konsequent durch als Minucius.702 So erscheint bereits die praeteritio in der Einleitung zu den testimonia der Propheten für den einen Gott als eigentliche Argumentation, die alleine ohne Zitate auskommt.703 Laktanz verbindet die Argumentation mit einer Rhetorik gegen die Rhetorik. Bereits im Prolog wertet Laktanz die professio oratoria (rednerische Tätigkeit) ab, da sie nur wenigen nütze, die Lehre des pie et innocenter vivere (treu und unschuldig leben) hingegen allen.704 Laktanz schreibt insgesamt sieben Bücher gegen die Götter und ihren Kult und für das Christentum als wahren Weg der Gottesverehrung.705 Die Argumentation gegen die Götter und zur Begründung des einen Gottes ist wiederum leicht zu bestimmen, wobei bei ihm wie bei keinem anderen Autor auf häufige Wiederaufnahmen der Thematik innerhalb des Werks und in seinen restlichen Apologien zu achten ist. Im Hinblick auf die Themen der Auseinandersetzung findet gegenüber seinen Vorgängern eine deutliche Ausweitung statt. Neben der kleinen Rolle, die Gotteserweise aus der Physik spielen, tritt die große Wichtigkeit der divina testimonia hinzu, die bei ihm im Gegensatz zu seinen Vorgängern eine eigene Kategorie gegenüber den humana testimonia bilden und diesen

Inwiefern diese Wertschätzung des Cyprian ernsthaft als die persönliche Meinung des Laktanz angeführt wird oder doch seinem christlichen Publikum geschuldet ist, muss offen bleiben. Die Erwähnung der Verballhornung des Namens (Coprian) weist auf letzteres hin und ist ein beliebtes Mittel, eine unumstrittene Autorität etwas zu relativieren. Vgl. zur nominum fictio Quint. inst. VI 3,53. 702 Vgl. Lact. inst. V 4,4 (Heck/Wlosok 451f). Dazu Freund, Vita beata, 45. Heck, Klassiker, 167. 703 Lact. inst. I 4 (Heck/Wlosok 1f). Ebd. V 1,15 (Heck/Wlosok 439) führt aus, dass die Propheten die Gebildeten und Führer aufgrund ihrer einfachen Sprache nicht erreichen konnten. Das ist natürlich als Argument gleichsam für ihn als auch für das Christentum aufzufassen, nach der es für eine effektive Verbreitung nicht nur die Inhalte dieser Religion, sondern auch ihn selbst als geeigneten Verbreiter brauche. Diese Bemerkung macht er nicht, ohne dies als Vorwurf an die Gebildeten in den Raum zu stellen. 704 Ebd. I 1,8 (Heck/Wlosok 2f). 705 Bowen/Garnsey, Institutes, 5 sieht Laktanz von seinem Aufbau her als Vorläufer von De civitate dei. Tatsächlich trifft dies für die Bezeichnung der Schrift eher auf Augustins Frühwerk De vera religione zu, in dem der Titel des 4. Buches aufgenommen wird.

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gegenüber in allen Bereichen außerhalb der Ethik stärker gewichtet werden.706 Die Benennung Gottes als dominus et pater (Herr und Vater) tritt neu auf und bedarf der rhetorischen Analyse im Hinblick auf seinen Vergleich mit den irdischen Verhältnissen, mit der Laktanz ein Argument für den Monotheismus gewinnen möchte.707 Insbesondere betrifft dies eine ausführliche historische Darstellung der Geschichte der Welt und der Menschheit von der origo (dem Ursprung) im zweiten Buch mit einem Schwerpunkt auf der Dämonologie bis zum Ende mit einem Schwerpunkt auf der Unterscheidung von bonum (Gutem)708 und malum (Bösem)709 im siebten Buch. Doch auch der Euhemerismus wird deutlich breiter ausgeführt und auf seine Quellen zurückgeführt.

4.2 Der logische Erweis (der providentia) des einen Gottes aus den Werken Gottes Die Erkenntnis, dass der höchste Gott einer sei710 und dass seine potestas (Macht) und providentia die Welt geschaffen habe und erhalte, beschreibt Laktanz in seinem Werk De ira dei als zweiten Grad der Erkenntnis, der der ersten, der Ablehnung der Götterverehrung, folgt und selbst von der dritten Stufe, dem Christusglauben, übertroffen wird.711 Das Problem, das sich bei dieser Stufe 706 Zu den Gründen dafür s.u. Kap. 4.6. 707 S.u. Kap. 4.3. 708 Der gute spiritus führt ihn im vierten Buch in christologische Kontexte, wobei er den historischen Jesus nicht außer Acht lässt. 709 Den Ursprung des Bösen möchte Lact. inst. II 8–18 klären. Den Altersbeweis führt er zwar ebd. I 23 mit Verweis auf das verlorene Buch über die Geschichte von Theophilos an (Vgl. dazu Theoph. Autol. III 29,2f, und das Fragmentum Fuldense (CChr. SL 1, 119f)). Laktanz will ihn dann aber wie Tertullian nicht anführen, ut modus non excedat. 710 Lact. epit. 2,1 (Heck/Wlosok II, 2): Quoniam certum est esse providentiam, sequitur alia quaestio, utrumne deus unus an plures. In den Institutiones divinae bezieht sich die Frage auf die Ausübung der Vorsehung. 711 Vgl. Lact. ira 2,1–6 (CSEL 27, 69f). Dazu Walter, Wertvorstellungen, 258–264. Wenn man den Stufenvergleich in den Kontext der Bewertung philosophischer Positionen bei Laktanz stellt, fällt auf, dass das Konstrukt rhetorisch unzureichend bleibt. Er sieht eigentlich nur Epikur auf diesem Wege, da er den ersten Grad überwunden hat, dann aber stehen blieb und sämtliche Gottesvorstellung ausschalten wollte (Lact. inst. VII 3,24 – Heck/Wlosok 653f). Die Stoiker und Plato haben die zweite Stufe erreicht, ohne jedoch die erste je hinter sich gelassen zu haben (Ebd. IV 4,6 – Heck/Wlosok 321; ebd. V 14,13 – Heck/Wlosok 490). Da aber der Stufenvergleich sich besonders als Rhetorik im Hinblick auf Platoniker eignen würde,

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ergebe, bezieht sich nach Laktanz auf falsche Ansichten über Gott als illa maiestas (jene Majestät), die er bei den Philosophen vermutet.712 Dieses Stufenmodell findet sich im Aufbau der Divinae institutiones und auch der Epitome nicht nachgebildet, wo die angesprochene Thematik gleich zu Beginn behandelt wird.713 Laktanz gibt hier an, dass das Thema in der Einleitung nicht abschließend behandelt werden kann, wenn er die Notwendigkeit anführt, auf die Fürsorge Gottes für das ganze Schöpfungswerk immer wieder zu sprechen.714 In Bezug auf die Frage, ob sie existiert, geschieht dies an zwei Stellen: Im dritten Buch bespricht er die Philosophie Epikurs und seinen Hauptvorwurf, dass er die providentia geleugnet habe.715 Außerdem schreibt er im letzten Buch etwas überraschend, dass er zu dieser Thematik im ersten Buch genug gesagt habe, um dann jedoch neue exempla anzuführen.716 In den übrigen Büchern weist Laktanz tatsächlich immer wieder auf das Denken der providentia bezüglich verschiedener Fragen und Probleme hin.717 Ebenso verfährt Laktanz mit der Einzigkeits-Thematik in den Divinae institutiones und der Epitome.718 müsste sich Plato kohärent in dieses Konzept einschreiben lassen. Allenfalls könnte man behaupten, dass Laktanz Plato das Wissen um Verkehrtheit des Götterkultes zugesteht, ihm aber Inkohärenz vorwirft. Das dürfte einen Platoniker aber nicht überzeugen. 712 Sie würden figura und adfectus Gottes leugnen. Vgl. Lact. ira 2,5 (CSEL 27, 70). 713 Insbesondere Lact. inst. I 3 und 4 (Heck/Wlosok 8–14), aber auch Lact. epit. 2 (Heck/Wlosok II, 2–4). 714 Lact. inst. I 2,6 (Heck/Wlosok 8): De sollertia divinae providentiae per totum hoc opus quod suscepimus sparsim dicere nos necesse est. 715 Ebd. III 17 (Heck/Wlosok 258–267) bringt Laktanz keine neuen Argumente, wenn er von Ordnung und Disposition von allem spricht. Vgl. auch Lact. epit. 31 (Heck/ Wlosok II, 42–44) gegen Epikur, dazu Heck/Wlosok 89. 716 Lact. inst. VII 4,1 (Heck/Wlosok 654): Sed de providentia satis in primo libro diximus. Ebd. VII 3 (Heck/Wlosok 648–654) stellt er die Probleme bei den Stoikern ins Zentrum. Einem platonischen Transzendenz- ist das stoische Immanenzdenken entgegengesetzt. Vgl. Freund, Vita beata, 234. 717 So verweist Lact. inst. V 22,11 (Heck/Wlosok 522) den Leser auf Senecas Schrift Quare bonis viris multa mala accidant, cum sit providentia, um die Theodizee-Frage nicht philosophisch klären zu müssen. Probleme sieht er beim Verständnis der providentia ebd. II 8,8–71 (Heck/Wlosok 151–163), wenn sie gegen die creatio ex nihilo genutzt wird. So schließt er ebd. III 28 (Heck/Wlosok 300–304): natura enim, remota prouidentia et potestate diuina, prorsus nihil est. Auch im Kapitel zur Anthropologie spielt die providentia eine gewichtige Rolle. 718 Ebd. I 3 (Heck/Wlosok 8–13) und Lact. epit. 2 (Heck/Wlosok II, 2–4) enthalten dieses Thema.

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Es lässt sich gerade bei dieser Argumentation leicht zeigen, wie wenig sich Laktanz an Tertullian und wie sehr er sich an Minucius Felix orientiert. Die Erkenntnis Gottes aus der Seele klingt nur sehr schwach an. Wenn er die Äußerung des Wortes deus (Gott) anstelle des nomen proprium (Eigenname) Jupiter beim Schwören, Bitten und bei der Dankabstattung als cogente natura (durch den Zwang der Natur) veranlasst sieht und als eruptio (Ausbruch) der Wahrheit auffasst, nähert er sich der rhetorischen Figur des testimonium animae bei Tertullian, das er dann aber weit weniger ausführlich anführt und auch bereits hier verfremdet, wenn er den Heiden vorwirft, sich an diesen wahren Gott nur bei necessitas gravis (schwerer Notwendigkeit) zu erinnern.719 Im Verlauf der Argumentation lehnt er es dann auch ausdrücklich ab, sich bei einer so wichtigen Sache an den anderen (und ihren Fehlern) zu orientieren, sondern er schlägt vor, auf das eigene iudicium (Urteil) und die eigenen Sinne zu vertrauen. Hier kommt der Gotteserweis aus den opera (Werken) ins Spiel, den er weit ausführlicher bespricht.720 Mit Tertullian teilt Laktanz in diesem Kontext nur, dass die Erkenntnis Gottes dem Menschen als primärer Auftrag aufgegeben ist, ohne dessen Erfüllung er die Bestimmung seiner Existenz verfehlt.721 Doch gerade diesen Gedanken stellt er in ein Konzept von Rhetorik, das der des Minucius ähnlich erscheint. Als eine der wichtigsten Vorstellungen führt Laktanz stets die Argumentation mit dem status rectus (aufrechte Haltung) an. Mit Bezug auf Cicero möchte er diese Rhetorik insofern verschärfen, als dass 719 Lact. inst. II 1,7f (Heck/Wlosok 110): quod idem non faciunt in prosperis rebus. Die beiden anderen Themen versucht Laktanz so gut es geht auseinanderzuhalten. So verschiebt Lact. ebd. II 8,7 (Heck/Wlosok 151) die christologischen Ausführungen ins vierte Buch (Lact. inst. IV 13,5.8 (Heck/Wlosok 353f) nimmt die Thematik wieder auf), um zunächst lediglich vom spiritus malus zu sprechen, den er mit den heidnischen Göttern in Beziehung bringt. 720 Monat, Institutions II, 26f spricht deswegen in den Fußnoten zu Lact. inst. II 1,7– 13 (Heck/Wlosok 110f) von einer adaption polémique et rhétorique. Die Polemik richtet sich aber einzig auf die Heiden, Tertullian wollte das Argument, wie gezeigt werden konnte, in sehr ähnlicher Weise verwenden (s.o. Kap. 2.2). 721 Etwa in Lact. epit. 64,1 (Heck/Wlosok II, 105): factus est a deo mundus, ut homines nascerentur; nascuntur autem homines, ut deum parentem agnoscant, in quo est sapientia; agnoscunt, ut colant, in quo est iustitia; colunt, ut mercedem inmortalitatis accipiant; accipiunt inmortalitatem, ut in aeternum deo seruiant. In Lact. inst. VI 9,1 (Heck/Wlosok 560) klingt es ähnlich: caput huius legis primum est ipsum deum nosse, soli obtemperare, soli coli, so auch ebd. VII 6,1 (Heck/Wlosok 548f). All dies erinnert an Tert. apol. 17,3 (CChr. SL 1, 117).

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er die notitia dei (Kenntnis Gottes) nur dem Menschen zuspricht, wodurch es einzig bei ihm das summum bonum (höchste Gut) sei.722 Dies wird für ihn mit dem Gedanken, dass der Mensch corporaliter (vom Körper her) dazu aufgerufen wird, zum Himmel zu blicken, nur unterstützt. Laktanz braucht ein zusätzliches Argument, damit es nicht bei der (naturwissenschaftlichen) Betrachtung der Welt bleibt.723 Wiederum führt er dies so aus, dass er von der Bestimmung des Menschen spricht, die nicht darin liege, die facta (das Gemachte) anzuschauen, sondern in der contemplatio rerum omnium (Nachdenken über alle Dinge) den factor (Schöpfer) selbst zu erkennen.724 Dass dieser Gedanke aus rhetorischen Gründen angeführt wird, wird dadurch einsichtig, dass Laktanz vom ursprünglichen Argumentationsziel abweicht und glaubt, dass die ratio (Vernunft) der res caelestes (himmlischen Dinge) gerade nicht erkennbar sei. Deswegen kann aus dieser Anthropologie nur geschlussfolgert werden, dass es beim Bedürfnis, über die eigene Unkenntnis hinauszukommen, bleibt725 und der religio zu gehorchen sei.726 An all diese Gedanken erinnert Laktanz im Gesamtwerk häufig.727 Die Durchführung der Argumentation für die providentia ist zunächst knapp, da sich Laktanz vor ein allzu breites Problem gestellt sieht, das er zusätzlich als von homines arguti et eloquentes (scharfsinnigen und redegewandten Menschen) geklärt sieht und darauf verweist, wie einfach es wäre, hier copiose (wortreich)

722 Lact. inst. III 10,1.7 (Heck/Wlosok 230f). Vgl. Cic. leg. I 24. 723 Dieser steht Lact. inst. IV 13,5.8 (Heck/Wlosok 353f) durchaus kritisch gegenüber, weil die Werke Gottes so groß seien und für Menschen deswegen nicht erschließbar. Ebd. VII 2,5 (Heck/Wlosok 647) wendet er diesen Gedanken gegen die Philosophie. Bereits in seinem kryptochristlichen Werk De opificio dei war es ihm wichtig gewesen, verschiedene naturwissenschaftliche Fragestellungen als unklärbar zu kennzeichnen. Ein beeindruckendes Interesse an diesen lässt sich aber hier konstatieren. 724 Vgl. Lact. inst. III 9,13 (Heck/Wlosok 228) und zu dieser Stelle Loi, Lattanzio, 4. 725 Vgl. Freund, Vita beata, 269–273. Zu Recht verweist er auf den platonischen Hintergrund der Vorstellung, unterschlägt dann aber die Abweichungen bei Laktanz. 726 Vgl. Lact. inst. IV 1,5 (Heck/Wlosok 312). 727 Sehr viele wichtige Hinweise auf die Herkunft des Denkens finden sich bei Wlosok, Gnosis. Allerdings wird eine ungebrochene Linie zu Laktanz hin allzu optimistisch erstellt. Loi, Lattanzio, 10f kümmert sich auf diesen Spuren vor allem um den status rectus und die contemplatio dei im dritten Buch.

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zu argumentieren.728 Sie besteht in einer kurzen Geschichte des Atheismus729 und dann in einigen Argumenten gegen Epikur.730 Obwohl man die substantia (Wesen) Gottes nicht sehen könne,731 sei die Welt doch so eingerichtet, dass niemand glauben könne, dass es keinen Gott gibt. So könne man Gott an seiner vis (Kraft), seinem effectus (Wirkung) und seinen opera (Taten) erkennen.732 Beispiele, die dafür sprechen, werden als Asyndeton angeführt: magnitudo, motus, dispositio, constantia, utilitas, pulchritudo temperatio (Größe, Bewegung, Anordnung, Beständigkeit, Nützlichkeit, Schönheit, Mäßigkeit).733 In der Epitome wird er bereits im ersten Kapitel etwas ausführlicher und verweist auf die Ordnung der Erde und des Himmels und insbesondere auch darauf, dass alles einen Nutzen für den Menschen habe, womit er sein anthropozentrisches Weltbild bestätigen kann. Die Beispiele im siebten Buch des Hauptwerks gehen darüber aber weit hinaus, hier nützt er die Frage, die geradezu zu weiten Ausführungen rufen, auch aus. Der Beschreibung der Schönheit der Erde, der Elemente und weiterer Bereiche des Kosmos entspricht stilistisch eine besonders kunstvoll gestaltete Passage.734 Innerhalb der Vorstellung des Laktanz, dass Argumentation aus ratio, exempla und auctoritas bestehen soll, nehmen die logischen Gründe für die Einzigkeit Gottes den wichtigsten Platz ein. Diese finden sich in einem Kapitel, in dem seine Gegner, die ihm nicht zustimmen möchten, als imbecilles (Geisteskranke) und als solche, die keinen Verstand hätten, charakterisiert werden.735 Er gesteht

728 Lact. inst. I 3,1 (Heck/Wlosok 8): Et nobis utique facillimum est exsequi hanc partem quamlibet copiose; sed, quia multum inter philosophos agitata res est et providentiam tollentibus satis responsum videtur ab hominibus argutis et eloquentibus (…) omittamus in praesenti hanc quaestionem. Als einen dieser Menschen führt er Cicero an. 729 Die Beispiele Protagoras und Diagoras findet er bei Cic. nat. deor. I 2, wobei noch Theodoros von Kyrene zu ergänzen wäre. Die Liste wird in Cic. nat. deor. I 63 mit neuer Argumentationsrichtung wiederholt. 730 Lact. inst. VII 3 (Heck/Wlosok 653) enthält ein Fazit zu Epikur: qui eos delirasse non putat, ipse delirat. 731 Ebd. VII 9,2 (Heck/Wlosok 675f) vergleicht Laktanz sie mit ventus, odor, vox. 732 Wenn Laktanz von miracula spricht, beschreibt er diese als „göttliche Rhetorik“ (argumenta et exempla). Ebd. VII 9,2 (Heck/Wlosok 675f). 733 Vielleicht darin möchte Monat, Institutions I, 45 eine Behandlung, die mehr von der rhetorischen Tradition geprägt sei, erkennen: „Lactance lui donne un tour plus oratoire“. 734 Vgl. dazu Freund, Vita beata, 247. 735 Lact. inst. I 3,1.3 (Heck/Wlosok 8f): nemo, qui quidem sapiat rationemque secum putet, non unum esse intellegat. (…) necesse est imbecillos esse.

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eine Schwierigkeit ein, wenn er ausführt, dass man Gott aufgrund seiner Größe nicht erkennen könne.736 Hier definiert Laktanz Gott so, dass eine Vielzahl gar nicht vorkommen kann. Wenn es mehrere gäbe, hätten die einzelnen weniger an Kraft. Dies aber würde wiederum der Definition von Gott widersprechen.737 Dann führt er zwei Gegenargumente gegen die Einzigkeit der providentia an, um diese zu widerlegen. Ohne die Quellen zu nennen, verweist er auf die Vielfalt der Geschehnisse, deren Rückführung auf eine Entität er aufgrund derselben infrage stellt. Das Argument widerlegt er, indem er auf die noch größere Schwierigkeit der Schöpfung verweist, die er aber auch bei seinen Gegnern auf einen einzigen zurückgeführt sieht.738 Die Argumentation bleibt hier sehr kurz, bezieht sich aber korrekt auf das System der Stoiker. Auf diese Kontexte verweist er dann, wenn er den rector eximius (ausgezeichneten Lenker) anführt, der auch bei ihnen nur einer sei. Die weiteren Götter wären dann nämlich nur satellites ac ministri (Begleiter und Diener)739 und dürften den Gottesnamen nicht beanspruchen. Er kommt dabei wieder zurück auf seine Definition und führt aus, dass deus das nomen summae potestatis (Name für die höchste Macht) sei.740 Das Überzeugende am Argument liegt in Bezug auf die Stoiker darin, dass für Unterschiedliches das gleiche Wort, für das höhere im Singular, für das tiefere im Plural, verwendet wird. Diese Hauptargumentation mit der Gottesdefinition versucht er mit exempla zu bestätigen, die ihm entweder von Minucius vertraut waren oder in der stoischen Kritik der traditionellen Götter selbst eine prominente Rolle spielen. Am einfachsten wird die Diskussion stets über die Theorie von der Monarchie geführt, wo er leicht darauf verweisen kann, dass auch hier nur einer als rex potentissimus (mächtigster König) bezeichnet wird.741 Bei Laktanz, der diese Texte in der Zeit der Tetrarchie und die Divinae institutiones zur Zeit des Diokletian schreibt, fällt besonders auf, wie wenig er sich auf aktuelle Verhältnisse bezieht oder, als alternative Interpretation, ein kritisches Argument gegen die momentane Herrschaftssituation gewinnt, wovon aber nicht ausgegangen werden sollte.742 736 Ebd. I 3,14 (Heck/Wlosok 10f): tantum in eo sit istarum rerum, quantum nec cogitari nec dici potest. 737 Vgl. ebd. I 3,4.7.9 (Heck/Wlosok 9). 738 Ebd. I 3,12f (Heck/Wlosok 10). 739 Ebd. I 3,22 (Heck/Wlosok 12f). 740 Ebd. I 3,23 (Heck/Wlosok 13). 741 Ebd. I 3,5 (Heck/Wlosok 9). 742 Der Begriff rex wird einerseits auf Jupiter bezogen, andererseits aber auch auf Herrscher. Allerdings ist in der römischen Geschichtsschreibung vom Königtum als etwas

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Beim nächsten exemplum handelt es sich dann auch um eine Auseinandersetzung mit einem literarischen Phänomen, wenn er der Vorstellung entgegentreten möchte, dass die Kräfte statt in einem auch verteilt auf viele sein könnten. Hier verweist er auf Homer und den Topos des Kampfes der Götter untereinander, um den Grund dafür darin anzuführen, dass dies direkt daraus folgt, dass verschiedene Willensrichtungen gegeben sind.743 Rhetorisch zeigen kann er dies für den Leser am besten anhand des Beispiels der Organisation des Militärs mit der einen Heeresleitung.744 Als wichtigsten Teil seiner Argumentation in Bezug auf den stoischen Leser kann man aber den Vergleich mit der menschlichen Seele ausmachen, der als Letztes ausgeführt wird: Genauso wie wir die Leitung unseres Körpers durch die eine Seele als eine einzige wahrnehmen, muss es auch die Leitung eines einzelnen in der Welt geben. Was hier nur als exemplum analog zur Monarchie, zum Heer und zur Götterwelt angeführt wird, hat einen weitaus größeren Eigenwert und wäre richtig ausgeführt dem testimonium animae in einem stoischen Sinne nahe. Doch Laktanz geht auf diese Diskussionen nicht ein, womöglich deswegen, weil das Problem für den christlichen Leser hier wäre, dass der Vergleich im traditionellen Sinn eine Identifikation von Gott mit der Weltseele suggeriert.745 In Bezug auf diese Argumentation ist sowohl die relevante Stelle in der Epitome als auch in De ira dei eine Überarbeitung, die nur in einem Punkt – der Rhetorik mit Gott als pater et dominus (Vater und Herr) – neue Schwerpunkte setzt, sonst aber einfach die Rhetorik verbessert. In der Epitome ergänzt Laktanz die exempla, indem er sowohl das Bienen- als auch das Rinderargument746 hinzufügt, das Überwundenem die Rede. Bei ihm gibt es eine Verteidigung des Begriffs mit der wahren Herrschaft des Jupiters gegen die allgemeine Meinung, vgl. dazu Buchheit, Gewalttäter, 339 in Bezug auf Cic. re publ. I 50 und III 23, wo Scipio zu Sparta bzw. zu Rom in der Königszeit spricht. Auch wenn der Begriff eine allgemeinere Bedeutung haben konnte, scheint er für die Caesares oder Augusti der Tetrarchie keine Verwendung gefunden zu haben. Vgl. OLD II, 1819f mit vielen weiteren Zeugnissen. Schubert, Octavius, 342 spricht von einem Argument, das für irdische Monarchien generell gerne verwendet wurde. 743 Vgl. Lact. inst. I 3,17 (Heck/Wlosok 11). Cic. nat. deor. II 28,70 und dazu Monat, Institutions I, 52 f. 744 Vgl. Lact. inst. I 3,18 (Heck/Wlosok 11). 745 S.u. Kap. 4.3. 746 Lact. epit. 2,4 (Heck/Wlosok II, 3) spricht vom Problem der vielen reges in examine apum und von den vielen duces in armento. Dies ist gegenüber Minucius, der vom rex unus apibus und dem rector unus in armentis spricht, nur leicht variiert und bringt keine inhaltlichen Probleme.

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mittlere Element im Vergleich zu Minucius aber weglässt. Zu einer schöneren Textgestaltung gelangt er durch Einfügung eines Zitates aus dem vierten Buch der Georgica.747 Genauso verfährt er in De ira dei, wo der grex (Herde) mit dem armentum (Großvieh) zusammengefasst und zusätzlich das Problem mit vielen Herren im Haus und vielen Steuerleuten auf dem Schiff angeführt wird. Hier wird eine Klimax gebildet, die dann zur Unmöglichkeit von vielen Sonnen und letztlich zu den vielen animae (Seelen) im einen Körper voranschreitet und zusammenfasst: adeo in unitatem natura universa consentit (die gesamte Natur stimmt in der Einheit überein).748 Dass Laktanz Gott als pater et dominus (Vater und Herr) definiert, gibt ihm die Gelegenheit, eine Rhetorik zu entfalten, mit der er dem römischen Rechtsverständnis entgegenkommen kann. In der Epitome geschieht dies von Anfang an, in den Divinae institutiones erst im vierten Buch.749 Die formelhafte Verwendung war im lateinischsprachigen Christentum bereits geläufig750 und konnte leicht biblisch gestützt werden, sodass auch ein vorgefundener kirchlicher Sprachgebrauch wahrscheinlich scheint.751 Die Rhetorik insbesondere im Hinblick auf römische Rechtsvorstellungen ist bei Laktanz aber neu. So führt er die Analogie zwischen dem pater familias (Familienpatriarch) und Gott als Vater und Herr an.752 Bereits secundum naturam (nach der Natur)

747 Verg. georg. IV 48: regibus incessit magno discordia motu. 748 Lact. ira 11,4 (CSEL 27, 95). Hier führt er danach Vergil als Zeugen für die Einzigkeit Gottes an. 749 Lact. epit. 2,1 (Heck/Wlosok II, 2). Bereits bei den divina testimonia in Lact. inst. I 6 (Heck/Wlosok 21–28), dann aber v.a. im vierten Buch. Für eine vollständige Wiedergabe der Stelle, siehe Wlosok, Gnosis. Wenn man Laktanz als besonders römischen Apologeten verstehen möchte, ist diese Thematik für ihn attraktiv. Dass Lact. epit. 33 (Heck/Wlosok II, 45–47) gegen Plato insbesondere sein Verständnis von gemeinsamen Besitz aller in der Politeia vorwirft, geht auch auf dieses Konto. 750 Bereits Tertullian hält den Gedanken genauso wie Laktanz durch, verwendet aber die Bezeichnung weniger formelhaft. Tert. adv. Marc. II 13,5 definiert Gott als perfectus, insofern er sowohl pater durch seine clementia als auch Herr durch seine disciplina sei. Er gibt den gleichen Sachverhalt zu Beginn aber nicht mit pater, sondern mit conditor universitatis wieder. 751 Vgl. Wlosok, Gnosis, 1. 752 Vgl. Lact. inst. IV 3,15 (Heck/Wlosok 318). In De ira dei wird der Gedanke des dominus diskutiert, in Lact. epit. 54,4 (Heck/Wlosok II, 82) kommt dazu wenig Neues, die Argumentation wird aber mit historischen Ausführungen verbunden.

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könnte es unter Voraussetzung dieser Definition nur einen Vater geben.753 Rhetorisch interessanter wird aber die Vorstellung des einen Herrn, die er als vom römischen Recht gestützt sehen kann.754 Hier muss sich Laktanz nicht auf ein biblisches Argument stützen,755 sondern kann als ratio iuris civilis (Vernunftgrund aus dem Zivilrecht) anführen, dass jeder Sklave und jedes Kind nur einem pater (Vater) zu dienen hat.756 Von großem rhetorischem Geschick dürfte auch der Verweis auf die Einzigkeit des matrimonium (Ehe) sein, das ansonsten adulterium (Ehebruch) genannt wird.757 Laktanz kennt auch noch zahlreiche andere Formulierungen, die der Einzigkeit Gottes Nachdruck verschaffen. Der deus verus (wahrer Gott) existiert auch im Vokabular des Laktanz gegen die Dämonen, die sich nur zu solchen machen.758 Der Begriff deus vivus (lebendiger Gott) findet insbesondere in der Auseinandersetzung mit der euhemeristischen Vorstellung von der Entstehung der Kulttraditionen vergöttlichter Herrscher seinen Platz.759 Diese sollen ausgeführt werden, nachdem die Rhetorik mit den auctoritates analysiert worden ist, die gegenüber sämtlichen Vergleichstexten die größte Rolle einnimmt.

4.3 Dichter und Philosophen und ihre testimonia für den einen Gott Von Laktanz sind in den Divinae institutiones, der Epitome und in De ira dei drei Texte überliefert, in denen er für die Einzigkeit Gottes mit der auctoritas der Dichter und Philosophen argumentiert, wobei die Listen im Laufe der Zeit

753 Lact. inst. IV 3,19 (Heck/Wlosok 319) nennt den Sachverhalt eine naturae necessitas. 754 Vgl. ebd. IV 3,19 (Heck/Wlosok 319). Er nennt keine Quelle, weil diese Rechtslage seinen Zeitgenossen vollends bekannt war. 755 Orig. Cels. VIII 3 argumentiert hier mit Mt 6,24; Lk 16,13. Lact. inst. IV 3,19–22 (Heck/Wlosok 319f) spricht vom gleichen Sachverhalt, ohne jedoch das Bibelzitat anzufügen: Ergo contra rationem contraque naturam sunt religiones multorum deorum, siquidem nec patres multi possunt esse nec domini, deos autem et patres et dominos nuncupari necesse est. Teneri ergo veritas non potest, ubi homo idem multis patribus dominisque subiectus est, ubi animus in multa dispersus huc atque illuc divagatur, nec habere ullam firmitatem religio potest, quando certo et stabili domicilio caret. 756 Lact. inst. IV 3,15 (Heck/Wlosok 318). 757 Ebd. IV 3,22 (Heck/Wlosok 319f). 758 S.u. Kap. 4.8. 759 S.u. Kap. 4.7. Vgl. Lact. inst. VII 26,11 (Heck/Wlosok 731f).

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immer kürzer wurden.760 Zweifellos benutzte er den Text von Minucius als Vorlage, verzichtete aber im Gegensatz zu diesem auf eine eigene Wertung der Autoren.761 Die Dichter und Philosophen werden nach ihrer Geltung als Autorität bei den anderen beurteilt. Die Höherwertung der Philosophie bei seinen Adressaten, da sie investigatores veritatis (Erforscher der Wahrheit) seien und nicht von res comenticii (erfundene Dinge) redeten,762 wird nicht ohne ironischen Unterton angeführt. In den Divinae institutiones gehören beide nämlich in erster Linie zu einer Gruppe von Autoren, die häufig gegen die Christen verwendet werden.763 Eine Bewertung der beiden Gruppen  – etwa als Rhetorik, die die unterschiedliche Beurteilung bei den Adressaten nach der theologia tripertita berücksichtigt  – lässt sich bei Laktanz nicht erkennen. Im fünften Buch der Divinae institutiones führt er die davon abweichende Theorie an, dass die Poeten den Philosophen zeitlich vorangegangen sind und vor dem Zeitalter der Philosophie als die Weisen galten.764 Dass Dichter die Einzigkeit Gottes erkennen konnten, begründet Laktanz mit der vis veritatis (Kraft der Wahrheit)765 und an anderer Stelle mit dem Gedanken, dass sie von natura und ratio geleitet wurden.766 Er schwächt für diesen Argumentationskontext den Befund ab, dass sie eigentlich vor allem von den vielen Göttern schrieben, und vermerkt, dass sie doch oft die eine mens und den einen spiritus kennen, der regiert und zusammenhält.767 Im Gegensatz zur philosophischen Doxographie hat Laktanz für den größten Teil der Argumentation mit den Poeten keine Vorlage bei Minucius, von dem er nur Vergil übernehmen kann und dieselben Stellen diskutiert.768 Bei Laktanz

760 Lact. inst. I 5,3–28 (Heck/Wlosok 15–21). Lact. ira 11,5.11–16 (CSEL 27, 95–98). Lact. epit. 3f (Heck/Wlosok II, 4–6). Gemäß seiner Theorie von Rhetorik genügt ein Einzelbeispiel nicht, wenn innerhalb einer Gruppe verschiedene Meinungen zu erwarten sind. Vgl. Lact. ira 23,1 (CSEL 27, 125) und dazu Schubert, Minucius, 810. 761 Diese wird bei Minucius streng genommen auch nur dem Sprecher in den Mund gelegt. Interessant ist, dass Laktanz in De ira dei Plato schließlich auch der Argumentation voranstellt. Vgl. Heck, Epitome, 56. 762 Lact. inst. I 5,15 (Heck/Wlosok 18). 763 S.o. Kap. 4.1 und dazu Heck, Epitome, 56. 764 Vgl. Lact. inst. V 5,1 (Heck/Wlosok 435–441). 765 Ebd. I 5,2 (Heck/Wlosok 441–445). 766 Ebd. I 5,7 (Heck/Wlosok 15f). Im Vergleich zur anima naturaliter christiana ist die ratio auf jeden Fall eine Abweichung von Tertullian. 767 Ebd. I 5,3 (Heck/Wlosok 15). 768 In Lact. ira 11,5f (CSEL 27, 95).

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werden aber insgesamt fünf Autoren diskutiert, Orpheus, Homer, Hesiod, Ovid und Vergil. Am längsten ist die Argumentation mit Orpheus, was bereits die Vorliebe des Laktanz für die divina testimonia zeigt. Er bringt ihn aufgrund der Argonautensage mit den Göttern in Verbindung und nennt ihn vetustissimus poetarum (ältester der Dichter), wobei er die Verbindung zwischen der mythischen Gestalt Orpheus und den orphischen Schriften nicht hinterfragt.769 Die vier kurzen Referate können nicht auf ihre Richtigkeit kontrolliert werden, da sie nur bei Laktanz überliefert sind.770 Der Begriff πρωτογόνος (erstentstandener) kann als häufig verwendetes Gottesattribut im Kontext orphischer Schriften belegt werden.771 Laktanz macht auf die Probleme, dass eine Geburt bei Gott überhaupt problematisch erscheint, nicht aufmerksam und nennt nur den positiven Aspekt, dass vor ihm nichts war.772 Beim zweiten Zitat, in dem Gott als φάνης (mögliche Übersetzung: erscheinender) beschrieben wird, sind wir einzig auf die Erklärung des Laktanz angewiesen, der den Begriff zur Beschreibung Gottes als primus ex infinito (erster aus dem Unermesslichen) übersetzen möchte.773 In einem längeren Zitat kann er die beiden Begriffe dann gemeinsam belegen, allerdings mit dem Problem, dass Gott auch als υἱός ἀερòς (Sohn der Luft) erscheint. Die Erklärung des Laktanz dafür, dass Orpheus Herkunft und Natur nicht fassen konnte, erscheint als Ausflucht.774 Das letzte Zitat beschreibt dann nicht mehr Gott selbst, sondern dessen Begründung eines habitaculum für die vielen Götter.775 Diese Aussage könnte Laktanz zwar mit seiner Angelologie verbinden, hier verweist sie aber nur auf eine potestas praestantissima (vorzüglichste Macht) in den Schriften der Orphiten, die nicht zwingend omnipotens (allmächtig) sein muss.

769 Lact. inst. I 5,4 (Heck/Wlosok 15). 770 In die Fragmentsammlung von Kern haben folgende Stellen Aufnahme gefunden: Ebd. I 5,4; I 5,6; I 5,13; I 13,11 (Heck/Wlosok 15.17.59) = Frg. 73 (p. 131); frg. 89 (p. 160); frg. 90 (p. 160f); frg. 139 (p. 186). Generell gibt es keinen Anlass, an den Zitaten des Laktanz zu zweifeln. Die Vereinnahmungen geschehen nicht durch falsches Zitieren, sondern durch eine neue Tendenz, die ihnen in der Kontextualisierung gegeben wird. 771 Vgl. z.B. Orph. frg. 86f Kern. 772 Lact. inst. I 5,4 (Heck/Wlosok 15). 773 Ebd. I 5,4 (Heck/Wlosok 15). Liddl-Scott bringt den Begriff φάνης mit dem orphischen System in Beziehung. Inwiefern er mit dem Wortstamm wirklich zusammenhängt, lässt sich nicht mehr klären. So Monat, institutions I, 61–63. 774 Ebd. I 5,5 (Heck/Wlosok 15). 775 Ebd. I 5,7 (Heck/Wlosok 15f).

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Dass die griechischen Poeten angeführt werden, überrascht insofern, als er bei ihnen gar keine Aussagen zu einem Schöpfergott finden konnte. Er erklärt es damit, dass Homer vor allem von Menschen schrieb776 und Hesiod fälschlicherweise das Chaos zum Prinzip erklärte, ohne an einen für Laktanz logisch erforderlichen Schöpfergott zu denken.777 Möglich wäre, dass er eine Vorlage bei Theophilos gefunden hat, der diesen Befund bei den griechischen Poeten feststellte.778 Aus rhetorischer Sicht kann er damit umso besser seine eigene Bildung unter Beweis stellen und für sein römisches Publikum die Römer vor den Griechen auszeichnen.779 Die beiden lateinischen Dichter führt er anhand von zwei langen (Vergil) bzw. kurzen (Ovid) Zitaten als Zeugen des einen Gottes an. Die beiden Vergil-Stellen aus der Aeneis und den Georgica geben ein stoisch immanentes Gottesbild wieder. Seine Bestimmung als mens und spiritus möchte Laktanz jedoch gutheißen, sodass er non longe afuit a veritate (nicht weit von der Wahrheit entfernt war).780 Dass er ihn als primus nostrorum (erster von unseren) auszeichnet, bedeutet nicht, dass er ihn als christlichen Poeten ansieht, sondern dass er sich selbst in der römischen Kultur verortet.781 Die Probleme mit den Stellen aus christlicher Sicht lässt er bei Vergil genauso weg wie bei Ovid. Bei diesem reißt er nur die Begriffe deus, fabricator mundi (Schöpfer der Welt) und opifex rerum (Erschaffer der Dinge) aus ihrem Kontext in der Erzählung von der Entstehung der Welt (aus dem Chaos) in den Metamorphosen.782 Das Vorgehen des Laktanz bei der Argumentation für den einen Gott als Schöpfer und Lenker mit der auctoritas der Philosophen ist leicht ausfindig zu 776 Ebd. I 5,8 (Heck/Wlosok 16): humana conscripsit. 777 Ebd. I 5,8–10 (Heck/Wlosok 16): Das Fazit klingt sehr polemisch: horret veritatem, er schreckte vor der Wahrheit zurück. 778 Theoph. Autol. II 5f. Allerdings diskutiert er bei Hom. Il. XIV 201 eine Kosmologie. Die (falsche) Beurteilung der stoischen Philosophen gegenüber den platonischen bei Theophilos übernimmt Laktanz nicht. 779 Vgl. Heck, Epitome, 56. Edwards, Apologetics, 197–227 nimmt diese antigriechische Rhetorik bei Laktanz in den Fokus. 780 Lact. inst. I 5,11 (Heck/Wlosok 16f). Vgl. zu dieser Thematik Heck, poeta noster, 104, der zeigen will, „dass Vergil vom poeta vester, dem Dichter der heidnischen Römer, zum poeta noster, zum Dichter auch der christlichen sich als Römer fühlenden Römer wurde.“ Aus rhetorischer Sicht ist vor allem der Befund hervorzuheben, dass er hier die griechischen Dichter als durch die römischen übertroffen darstellen möchte, was Heck, poeta noster, 119 analysiert. 781 Monat, Institutions I, 64. 782 Vgl. Ovid, met. I 57.79. Er lässt insbesondere den Chaos-Begriff weg.

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machen: Er kürzt die Liste von Minucius, schreibt sie um und setzt der Argumentation ein neues Ziel. Dass er bei seiner Überarbeitung auch auf die Originalquelle bei Cicero zurückgreift, ist für einzelne Stellen plausibel, insbesondere aber aufgrund seiner großen Cicero-Kenntnis sehr wahrscheinlich. Aufgrund der Länge der Vorlage bleiben die Ergänzungen jedoch nur sporadisch. Laktanz definiert ein ähnliches Ziel wie Minucius Felix. Er behauptet nicht, dass alle Philosophen den einen Gott bekannten, will aber zeigen, dass die Männer von höchstem ingenium (Talent) dies taten.783 Epikur und Demokrit finden in dieser Liste keine Erwähnung mehr. In De ira dei verwendet er die Liste noch einmal, gibt ihr aber ein neues Hauptziel. Obwohl die Philosophen nämlich den Schöpfer erkannten, hätten sie aufgrund des Mangels an Gottesfurcht die religio (gemeint: religiöse Praxis) vergessen. Die Bemerkung des Laktanz, dass die Männer die Wahrheit beinahe gehabt hätten, wenn sie die Gewohnheit, die mit schlechten Meinungen übertüncht wurde, nicht wieder geraubt hätte, ist unter rhetorischen Gesichtspunkten zu betrachten.784 Sie steht in einem Kontrast zum Prolog des Werks, wo er die Wahrheitssuche derselben Männer als unerfüllt bezeichnet, da die Wahrheit ein arcanum dei (Geheimnis Gottes) sei. Diese Haltung scheint das Verständnis des Laktanz von Anfang der Niederschrift an besser wiederzugeben. Wirklich konsequent durchgeführt erscheint der Gedanke, wie noch zu zeigen sein wird, in einer kohärenten Geschichtsschreibung, in der die divina testimonia die höchste Wertung erfahren, erst in der Epitome. Anklänge daran lassen sich bereits in den Divinae institutiones finden. Die Argumentation beinhaltet für den aufmerksamen nichtchristlichen Leser das Problem, dass ihm mit der Zeit auffallen müsste, dass Laktanz von seiner Identifikationsthese später wieder abweicht, einem christlichen Leser dürfte sie von Anfang an schleierhaft gewesen sein. Dass die providentia eine ist, hätte noch Zustimmung gefunden, die darauf genannten Begriffe für Gott kommen aber nur teilweise dem trinitarischen christlichen Gott bei Laktanz nahe785 und widersprechen dem spezifisch christlichen Weltverständnis geradezu, wenn er etwa den Aether nennt.786 Das Einzige, was stets zu einer Identifizierungsthese verleiten könnte, ist hier wie bei Minucius nur der Singular, in welchem das Wort steht. 783 Vgl. dazu Min. Oct. 20,1 (Kytzler 18): Exposui opiniones omnium ferme philosophorum. Anders Lact. inst. I 5,28 (Heck/Wlosok 21). 784 Ebd. I 5,28 (Heck/Wlosok 21). 785 Laktanz verwendet zunächst ebenfalls die Begriffe divina lex, mens, ratio ebd. I 5,12. 786 Natura und Aether sind wohl die Begriffe, an denen man diese Diskrepanz am besten zeigen kann. Natürlich lehnt Laktanz eine Vergöttlichung der Schöpfung ab. Doch

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Laktanz gibt der Argumentation aber auch neue Nebenziele, die bei den einzelnen Autoren zu zeigen sind. So lässt er für Thales, den er nicht wie Minucius als ersten Philosophen, sondern zutreffender als einen der sieben Weisen bezeichnet, die Erklärung aus, dass er eine Offenbarung von Gott empfangen habe. Erst später wird seine neue Auffassung sichtbar: Zwischen der Philosophie und den geoffenbarten hebräischen kanonischen Texten des Judentums gab es vor der Zeit des Christentums keine Kontakte,787 einige wenige erstaunlich richtige Auffassungen bei den Philosophen gehen aber auf Hermes Trismegistos zurück.788 Was in seiner frühen Schrift schon latent vorhanden ist, führt er in der Epitome und De ira dei aus, indem er Hermes in die Liste der Philosophen einführt.789 Nachdem er dies festgestellt hat, bietet sich ihm ein schmaler Pfad, auch Beeinflussungen von Einzelnen im Verlauf der Philosophiegeschichte zu diskutieren. Diesen Beweis tritt Laktanz mit einer Aussage aus der hermetischen Schrift „An seinen Sohn Tat“ an. Der bekannte Ausspruch, dass die Erkenntnis Gottes schwer sei, dass man seine Erkenntnis aber unmöglich ausdrücken könne, erinnert den Leser natürlich an den Timaios-Dialog.790 Inwiefern Laktanz tatsächlich Raum für Offenbarungen außerhalb der jüdisch-christlichen Gemeinschaft lassen möchte, kann hinter der Argumentationsstrategie nicht festgestellt werden. Aus rhetorischer Sicht kann er aber das Bedürfnis des Menschen nach Offenbarung untermauern, das bei ihm ja den Weg zu einer christlichen Argumentation ebnen soll. Laktanz vermerkt in den beiden späteren, stark gekürzten Versionen, dass die Argumentation schnell zu lang werden würde.791 Bereits in der Hauptversion streicht er von den ursprünglich 23 Vertretern deren 13, fügt aber mit Cicero und

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auch die fatalis necessitas widerspricht seinem nicht immer ganz kohärent vorgetragenen Freiheitsdenken. So auch nicht Plato und Pythagoras ebd. IV 2,4 (Heck/Wlosok 315). Die Sibyllen werden überraschenderweise nie zur Erklärung herangezogen, obwohl verschiedene Philosophen und Gelehrte sie ja gemäß Lact. inst. I 6 (Heck/Wlosok 21–28) gerade erwähnten. Hermes ist nach epit. 4,4 (Heck/Wlosok II, 6) und ira 11,12 (CSEL 27, 97) allen Philosophen vorangegangen. Lact. inst. VII 1,6 (Heck/Wlosok 642). Die Stelle dürfte in den hermetischen Schriften von Tim. 28c beeinflusst sein. Da Laktanz das höhere Alter der hermetischen Schriften bei seinen Adressaten voraussetzt, kann er aber in die andere Richtung argumentieren. Lact. ira 11,15 (CSEL 27, 97f): longum est enim singulorum sententias exsequi. Lact. epit. 4,3 (Heck/Wlosok II, 5f): Longum est recensere, quae de summon deo (…) praedicaverint.

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Seneca zum Schluss noch einmal zwei hinzu. Außer bei Epikur, den Laktanz gemeinsam mit Demokrit als Leugner der providentia streicht,792 liegen die Gründe für die Auslassung von Philosophen vor allem bei deren Bedeutungslosigkeit. Gesondert behandelt werden Gründer von Schulen.793 Hauptsächlich sind es zwei Philosophen-Gruppen, die Stoa und die platonische Akademie, die Laktanz beachtet und aus deren Werken er anhand verschiedener Vertreter Stellen bespricht. Stets kurz bleiben Aristoteles und der Peripatos.794 Für beide Gruppen führt er zusätzlich und ohne Vorbild bei Minucius einen römischen Vertreter als Repräsentanten an, was die Rhetorik im Hinblick auf seine lateinischen Adressaten verbessert. Er hebt aber auch die bevorzugte Behandlung Platos im Vergleich mit der Stoa, die er in Rom durch Seneca repräsentiert sieht, auf, was seinen Positionen im Gesamt der Argumentation durchaus entspricht.795 Ansonsten werden sie aufgrund ihrer Stimmigkeit für die Argumentation für den einen Gott angeführt oder wegen der sonstigen Bedeutung in der Rhetorik des Laktanz.796 Insgesamt erwähnt Laktanz Plato 41-mal. Die Ausführungen in der zu besprechenden Stelle in den Divinae institutiones sind äußerst knapp ausgefallen. Er habe die göttliche Monarchie verteidigt und die Welt als Werk Gottes beschrieben, den er denn auch nicht fälschlicherweise als Aether, Vernunft oder Natur beschrieb, sondern einfach „Gott“ nannte.797 Aus diesen Aussagen könnte man schließen, dass er ihn über die Stoiker stellt. Die positive Wertung bleibt aber rhetorisch: als sapientissimus philosophorum (weisester der Philosophen) beschreiben ihn nach den Angaben des Laktanz andere.798 In verschiedenen Stellen erhalten die zutreffenden Punkte in Platos Gottesbild Erklärungen durch divina testimonia. Seine Lehre vom primus et secundus deus (erster und zweiter 792 Lact. inst. I 2,2 (Heck/Wlosok 6f). 793 Lact. ira 10,49 (CSEL 27, 94) nennt er Plato, Sokrates, Pythagoras, Zenon und Aris­ toteles principes maximarum sectarum. 794 Lact. inst. I 5,22 (Heck/Wlosok 19f) nennt Aristoteles zunächst als Einzelphilosophen. In der Epitome fehlt er. 795 Allerdings sieht es in Lact. ira 11,5 (CSEL 27, 95) wieder nach einer Höherwertung Platos aus. 796 Vgl. dazu die Ausführungen unten. 797 Lact. inst. I 5,23 (Heck/Wlosok 20). Vgl. Freund, Vita beata, 209 zu Kommentaren des Laktanz zur Gotteslehre Platos. Wichtig für ein generelles Verständnis ist Lact. inst. VII 3–11 (Heck/Wlosok 648–684), wo vieles in einem neuen Licht erscheint. Ebd. VII 26,8 (Heck/Wlosok 730) wird zwar gegenüber den Propheten die Philosophie als inanis erklärt. Die Philosophen bleiben aber von den veri profani abgegrenzt. 798 Ebd. I 5,23 (Heck/Wlosok 20).

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Gott) sieht er von Hermes Trismegistos beeinflusst.799 Den Gedanken der humana forma (menschliche Gestalt) als εἰκών (Bild) Gottes will er auf die Sibyllen zurückführen.800 Insgesamt hat Laktanz wohl aufgrund dieser Rückführungsargumentation eher die Absicht, positive christliche Bewertungen Platos zu relativieren. Er habe zwar vis et potestas (Kraft und Macht) gesehen,801 aber es stehe bei ihm nichts vom cultus debitus (geschuldeten Kult).802 Diesen Gedanken bei Plato führt er aber nicht nur zurück auf seine Quellen, sondern auch weiter in die römische Welt zu Cicero. Ganz im Gegensatz ist bei Cicero zu erwarten, dass ihn die Adressaten der Schriften des Laktanz im Original gelesen haben. Er wird als Platoniker beschrieben. Diese Aussage ist aber gerade im Hinblick auf die drei angeführten Stellen problematisch: Kann er mit einer Stelle aus Leges803 und De natura deorum804 noch Gott als supremus (höchster) und rex mundi (König der Welt) belegen, so hat er doch schon das Problem, dass er damit im zweiten Fall den stoischen und nicht etwa akademischen Sprecher Balbus zitiert.805 Deutlicher wird dieses Problem bei der Bestimmung Gottes als mens soluta et libera (ungebundener und freier Verstand).806 Die Argumentation mit Plato und Cicero bleibt also an dieser Stelle ungenügend, da er den stoischen Gott für platonisch ausgibt.807

799 Lact. epit. 37,4 (Heck/Wlosok II, 52). Gemäß Heck, Epitome, 96 ist die Stelle bei Plato nicht feststellbar. Vgl. für die Nachweise weiterer Stellen Walter, Wertvorstellungen, 62–65. 800 Lact. inst. II 4,26 (Heck/Wlosok 128). 801 Ebd. IV 4,6 (Heck/Wlosok 321) mit Bezug auf Röm 1,18. 802 Ebd. IV 14,13 (Heck/Wlosok 362). Er zitiert auch weiteres zum Schöpfergott in Tim. 29e, wo er als neidlos und gut beschrieben wird, vermerkt dann aber, dass dies gar nichts darüber aussagen kann, weshalb die Welt entstanden sei. Er vermisst wohl eine konkrete Bestimmung für alle konkreten Schöpfungen wie die Menschen. Diese sind aber bei Plato nur zweiten Grades vom Schöpfergott hervorgebracht. Lact. epit. 63,1 (Heck/Wlosok II, 103). 803 Cic. leg. I 22. 804 Cic. nat. deor. II 77. 805 Dieser ist der Vertreter der Stoiker, tatsächlich könnte die Stelle aber auch einem Platoniker in den Mund gelegt werden, insofern er nicht, wie es Ciceros Meinung in diesem Werk entsprechen würde, der skeptischen Richtung angehört. 806 Lact. inst. I 5,26 (Heck/Wlosok 20f). 807 Hier. ep. 70,5 (CSEL 54, 707) meint, dass Laktanz eine Epitome für Cicero sei: quos si legere volueris, dialogorum Ciceronis in eis epitomen reperies. Tatsächlich benutzt Laktanz viele seiner Texte, Autorität ist er ihm aber nur in rhetorischer Hinsicht. Vgl. dazu auch Bryce, Library, 19–22.

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Es ist auf seine ursprüngliche Liste bei Cicero zurückzuführen, dass die Argumentation mit den Stoikern einfacher zu leisten ist, da sich Laktanz nur an diese halten muss, um korrekte Aussagen zu formulieren. Schwieriger wird es bei der Identifikation ihrer Positionen mit der christlichen. Im Einzelnen bieten die Aussagen, die er bis auf den neu eingeführten Seneca nur gekürzt und stilistisch verändert, wenig neuen Interpretationsbedarf. Im sonstigen Werk interessieren Laktanz insbesondere Zenon mit seinem Logos-Gedanken808 und Chrysipp wegen seiner Ausführungen zur Notwendigkeit des Bösen.809 Etwas häufiger zitiert Laktanz Seneca. Er charakterisiert ihn als acerrimus Stoicus (scharfsinnigster Stoiker)810 und homo acutus (geistreicher Mensch).811 Das erste Zitat812 passt deswegen gut, da es auf die Gottesattribute iudex (Richter) und rector orbis terrarum (Lenker des Erdkreises) anspielt. Dass die Argumentation bei Seneca jedoch so weitergeht, dass auf die Verehrung der numina (Wirkkräfte) des einen Gottes hingewiesen wird, wird zum Problem. Die Aussage wird einzig durch häufige Erwähnungen der Ablehnung des falschen Götterkults durch Seneca ausgeglichen.813 Das zweite Zitat führt mit den ministri (Diener) Gottes weiter in den Kontext der Pluralität, die Laktanz in seinen Ausführungen zum eigenen Glaubensgut ebenfalls mit dieser Begrifflichkeit ausführt.814 Er löst den Anspruch, die Übereinstimmungen mit dem Gottesbild Senecas später zu zeigen, nie ein.815 Das Verhältnis des Laktanz zum stoischen

808 Er erwähnt den Gründer der Stoa insgesamt 21-mal in seinem Werk, insbesondere aber im dritten Buch der Institutiones divinae, wo er vor allem auf ethische Fragen eingeht, die mit der Einzigkeitsthematik nur lose gekoppelt sind. Sauer, Argumentation, 136 hingegen: „Die Erkenntnis Gottes geht bei ihm mit Selbsterkenntnis und moralischer Besserung einher.“ 809 Insgesamt 9-mal erwähnt Laktanz den stoischen Denker. Lact. epit. 24,4.6 (Heck/ Wlosok II, 31) nennt die Quelle seines Interesses, das Werk über die Vorsehung. 810 Lact. inst. I 5,26 (Heck/Wlosok 20f). Die beiden Zitate betreffen Fragmente aus den Exhortationes, vgl. dazu Lausberg, Untersuchungen. 811 Ebd. I 7,13 (Heck/Wlosok 31f). 812 Ebd. I 5,26 (Heck/Wlosok 20f) = Sen. mort. (Frg. 26 Haase). Dazu Lausberg, Untersuchungen, 155–160. 813 Ebd. I  16,10 (Heck/Wlosok 71); II  2,14 (Heck/Wlosok 115); II  4,14 (Heck/ Wlosok 125) für positive Anleihen bei der Widerlegung des Götterkults. 814 Ebd. I 5,27 (Heck/Wlosok 21) = Sen. Exh. (Frg. 16 Haase). Dazu Lausberg, Untersuchungen, 95–101. S.u. Kap. 4,6. 815 Lact. inst. I 5,28 (Heck/Wlosok 21): et quam multa alia de deo nostris similia locutus est. que nun differo, quod aliis locis opportuniora sunt. Tatsächlich zitiert er

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Gottesbild ist spätestens im siebten Kapitel ablehnend, wenn er sich gegen die Immanenz wendet.816 Letztlich wählt Laktanz fünf weitere vorsokratische Philosophen aus, deren Gottesbild er bezüglich Einzigkeit mit dem christlichen identifiziert. Nachsokratisch ist nur Aristoteles, bei dem er den gleichzeitig genannten Vorwurf, dass er sich unschlüssig war, rhetorisch noch verstärkt: Dass er mit sich selber uneinig war,817 ergänzt er repugnantia sibi et dicat et sentiat (er widerspricht sich in Worten und Ansichten).818 Die Aussage zu Gott als una mens (ein Verstand) wirkt dann reichlich stoisiert, was auf die Vorlage zurückgeht.819 Gleiches gilt für Pythagoras, dessen Gott als animus (Seele) über alle Teile des Alls verstreut Leben spendet.820 Laktanz führt ihn deswegen an, weil er ihm als erster Philosoph gilt.821 Er verändert die Version bei Minucius nur vom Vokabular her. Aus dem Begriff intentus animus (durchziehender Geist) wird in der ersten Version ein diffusus animus (sich ausbreitender Geist), in De ira dei werden die Wörter noch einmal neu kombiniert und mit diffusus et intentus (sich ausbreitend und durchziehend) wiedergegeben.822 Die Aussage des Anaxagoras zu Gott bringt den Gedanken der Selbstbewegung zum Ausdruck. Dass Laktanz diese zitiert, hängt wohl eher damit zusammen, dass er eine seiner Hauptdenkfiguren, die Rhetorik mit dem status

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Seneca mit 21 Stellen überraschend selten und ab dem dritten Buch praktisch nur noch widerlegend. Ebd. VII 3,1–11 (Heck/Wlosok 648–684) ist ein Kommentar zur Anchisesrede im sechsten Buch der Aeneis gleichwie die besprochene Stelle ebd. I 5,11 (Heck/ Wlosok 16f). Allerdings lehnt er das Gottesbild nun ab. Vgl. dazu Freund, Laktanz, 235. Lact. inst. I 5,22 (Heck/Wlosok 19): Secum ipse disseat. Ebd. I 5,22 (Heck/Wlosok 19f). Dennoch als Fragment aufgenommen bei Rose frg. 26. Lact. inst. I 5,17 (Heck/Wlosok 18). Der Autor scheint für christliche Zwecke generell nicht leicht verwendbar, er gilt in der Antike als „Naturphilosoph schlechthin“, Rechenauer, Anaxagoras, 740. Von seiner Ethik ist nur dieser eine Satz von der Schau des Himmels überliefert, vgl. Rechenauer, Anaxagoras, 781, dafür mehrmals. Lact. epit. 31,7 (Heck/Wlosok II, 43): primus est philosophus nominatus. Lact. inst. III 3,6 (Heck/Wlosok 207). Hier erscheint er als Erfinder des Begriffs Philosophie. Insgesamt wird Pythagoras nur achtmal erwähnt. Lact. ira 11,14 (CSEL 27, 97). Außerdem werden die Tiere genauer bestimmt als solche, die geboren werden. Lact. inst. I 5,17 (Heck/Wlosok 18): animalia, quae nascuntur. Dies scheint die Möglichkeit einer creatio spontanea bei kleineren Tieren offenzulassen, womit diese als unbeseelt beschrieben werden können.

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rectus (aufrechter Gang), von ihm herleitet,823 diese aber modifiziert.824 Thales bleibt der Argumentation nur deswegen erhalten, weil er als Erster der Liste bei seinen Vorgängern nicht unterschlagen werden darf.825 Am spannendsten für die Argumentation bleibt schließlich Antisthenes, den er nur in diesem Kontext anführt.826 Dieser grenzt die vielen populares dei (volkstümlichen Götter) vom einen deus naturalis ab, ein Gedanke, der Laktanz natürlich sehr gelegen kommt, entspricht es doch seiner Art des Umgangs mit dem Gottesbegriff. Die Bestimmung des deus naturalis bei Laktanz als artifex summae totius (Schöpfer von der gesamten Summe) findet sich nur bei ihm und nur in den Divinae institutiones, nicht aber in De ira dei, wo er hingegen die populares dei (Volksgötter) noch auf die gentes et urbes (Völker und Städte) zurückführt und die Quelle des Zitats, den Physikos des Antisthenes, nennt.827 Zur systematischen Argumentation bei Laktanz ist abschließend zu sagen, dass er die Probleme bei Minucius stets übernimmt. Seine Bevorzugung der divina testimonia lässt ihn als Fideisten erscheinen. Einzig die erweiterte Argumentation mit Antisthenes stellt eine Verbesserung dar. Ob jedoch seine rhetorischen Änderungen positiv zu werten sind, ist aus heutiger Sicht kaum mehr zu klären. Das Publikum müsste dann ein Interesse an einer Darstellung haben, in der sich die römische Kultur gegenüber der griechischen behauptet und in der das Philosophieren über Gott als vergebliche Betätigung aufgeführt wird, die sich von ihren Ergebnissen her an divina testimonia zu messen habe.

823 Gegen die Meinung, dass er sie von Plato herleitet, spricht ebd. III  9,4 (Heck/ Wlosok 227). 824 Ebd. VI 1,2 (Heck/Wlosok 527f): Man soll gerade nicht bei der Betrachtung des Himmels und der Sonne stehen bleiben. 825 Ebd. I 5,16 (Heck/Wlosok 18). 826 Ebd. I 5,18 (Heck/Wlosok 18f). 827 Lact. ira 11,14 (CSEL 27, 97). Antisthenes von Athen, 450–370 v. Chr. war Schüler des Sokrates und möglicherweise Begründer der kynischen Schule, wobei sein Verhältnis zu Diogenes schon in der Antike umstritten war. Seine Kritik an der Gesellschaft und Politik Athens bezogen sich bei ihm auch auf den Götterglauben, vgl. Niehus-Pröbsting, Art. Antisthenes, 52 f. Sein Werk ist nur fragmentarisch erhalten. Zur Politik vgl. Frg. 34–48 Luck, 46–48. Das erwähnte Frg. 95 Luck findet sich bei Philod. Piet. 7a, 3–8 = G179. Bei Laktanz sind aber mit der Rückführung der populares dei auf die gentes et urbes weitere Einzelheiten überliefert, die allerdings auch eine stilistische Erweiterung des Laktanz sein könnten.

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4.4  Divina testimonia als Schwerpunkt der Argumentation bei Laktanz Für die Einzigkeit Gottes möchte Laktanz als Letztes die divina testimonia anführen, den Hermes Trismegistos, die Sibyllen und einige Orakel des Apollo. Damit wählt er aus der Sicht heutiger Wissenschaft sehr unterschiedliche Texte. Neben den spätantiken hermetischen Schriften, die mit einem Offenbarungsanspruch philosophische Weisheiten zu verbreiten versuchen, sind die Sibyllen im Sinne, wie sie Laktanz gebraucht, ältere Texte, die allerdings zum größten Teil in einem jüdisch-hellenistischen Kontext gefälscht wurden. Mit den ApolloOrakeln zitiert er letztlich Texte, die tatsächlich aus einem heidnischen Kontext stammen.828 Aus der Sicht der Zeit ergibt es zunächst bei Laktanz aufgrund seiner Systematik Sinn, dass er die divina testimonia in seiner Klimax als Letztes anführt. Der Gedanke, dass es nur bei Gott, nicht aber bei den Menschen Wissen gibt, bestimmt das gesamte apologetische Werk.829 Interessanter ist aber, dass Laktanz diesen Gedanken offensichtlich auch bei seinem Publikum als akzeptiert ansieht oder sein Publikum zumindest zu deren Akzeptanz führen möchte.830 Einen anderen Grund für das Anführen der drei nun zu untersuchenden Quellen gibt es nämlich nicht. Alle drei erweisen sich im Verlaufe der Argumentation des Laktanz als falsche Quellen. Es gilt deswegen, zunächst seine Bewertung im Verlaufe des Werkes nachzuzeichnen, um dann die Aussagen auf die Fragestellung hin zu analysieren, inwiefern sie tatsächlich etwas zur Einzigkeit Gottes aussagen. Bei nicht wenigen Bestimmungen Gottes, die in den Kontext der Einzigkeit Gottes verweisen, setzt Laktanz diese Verknüpfung bei seinen Lesern voraus.

828 Ogilvie, Library, 28 meint, dass die Einschätzung des Alters dieser Schriften durch Laktanz von Naivität zeuge. Bei Hermes Trismegistos spricht er gar von einem „blind faith“. Dass man die Äußerungen des Laktanz auf ihre Rhetorik hinterfragen muss, wird zu zeigen sein. Ansonsten ist man gezwungen, von einer Meinungsänderung zu sprechen, die Ogilvie nicht bemerkt. 829 Vgl. Lact. ira 1,4 (CSEL 27, 68): mens hominis tenebroso corporis domicilio circumsaepta longe a veri perspectione submota est et hoc differt ab humanitate divinitas, quod humanitatis est ignoratio, divinitatis scientia. Diesen Gedanken nimmt er im epilogus (insbesondere ebd. 22,4 (CSEL 27, 123)) wieder auf und führt ebenfalls noch einige divina testimonia für den Zorn Gottes ein. 830 Lact. inst. I 6,17 (Heck/Wlosok 28): Cum defendamus causam veritatis apud eos qui aberrantes a veritate falsis religionibus serviunt, quod genus probationis adversus eos magis adhibere debemus quam ut eos deorum suorum testimoniis revincamus?

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Bei Hermes Trismegistos erfolgt die Abstufung als göttliches Orakel aufgrund der euhemeristischen Interpretation, die Laktanz in Anlehnung an Cicero anführt.831 Aufgrund dieser Erklärung bestimmt Laktanz die Texte nicht als göttlich, aufgrund des Alters und wohl des Charakters der Schriften aber als dem Göttlichen ähnlich.832 In seinen späteren Schriften wird Hermes nicht mehr den divina testimonia, sondern den Philosophen zugeordnet.833 Die Betonung der vetustas (des Alters) ebnet diesen Weg bereits in den Divinae institutiones, hier bleibt das Verhältnis zur Philosophie aber noch unklar.834 Der kurze Satz aus den hermetischen Schriften, mit dem Laktanz die Einzigkeit Gottes belegen möchte, betrifft diese nur in Bezug auf die Akklamation Heis Theos (ein Gott) im strengen Sinn. Die Erforschung dieses häufigen Ausrufs ergibt, dass damit außerhalb des jüdischen und christlichen Kontextes keine monotheistische Ausschließlichkeit gemeint sein muss.835 Doch mit dem Hinweis auf die Namenlosigkeit dieses einen Gottes kann Laktanz des weiteren noch zeigen, dass nicht ein bestimmter Gott des heidnischen Kultes gemeint ist. Die Verknüpfung zwischen Einzigkeit und Namenlosigkeit kann er aus dem Octavius des Minucius heranziehen, der diese Argumentation ohne Verweis auf die Hermetik anführt.836 Nicht nur aus der Sicht der heutigen Forschung, sondern auch für den zeitgenössischen Leser ist allerdings hier nicht an den christlichen 831 Die kurze Stelle dazu in Cic. nat. deor. III 45 bietet viel Interpretationsstoff. Sie sagt aber letztlich über das Verhältnis Ciceros zur Hermetik wenig aus. Für Laktanz ist die Vorgehensweise, den Hermes Trismegistos über Cicero zu begründen, deswegen attraktiv, weil sie ihm die Kritik zu übergehen ermöglicht, dass die hermetischen Schriften erst kürzlich entstanden sind. Außerdem ist Cicero für ihn als Rhetoriker eine entscheidende Autorität. Analog dazu begründet er auch die Sibyllen in Anlehnung an Varro. 832 Lact. inst. I 6,1 (Heck/Wlosok 21): prius unum proferam, quod est simile divino et ob nimiam vetustatem et quod is quem nominabo ex hominibus in deos relatus est. 833 Vgl. Lact. epit. 4,4 (Heck/Wlosok II, 6). 834 Vgl. Lact. inst. II 12,4–6 (Heck/Wlosok 178); epit. 37,4 (Heck/Wlosok II, 52), wo er als Quelle für Empedokles oder Plato in Erwägung gezogen wird. Gemäß Löw, Hermes Trismegistos, 110 bleibt das Verhältnis für Laktanz aber stets unklar. 835 Vgl. dazu etwa Fürst, Hermeneutik, 5–24. Εἷς muss im nichtchristlichen Kontext nicht mit einzig, sondern mit einzigartig übersetzt werden. 836 Min. Oct. 18,10 (Kytzler 15): Nec nomen Deo quaeras. Deus nomen est. Illic vocabulis opus est, cum per singulos propriis appellationum insignibus multitudo dirimenda est. Deo, qui solus est, Dei vocabulum totum est. Lact. inst. I 6,5 (Heck/Wlosok 22f) formuliert anders: Deo igitur nomen est, quia solus est, nec opus est proprio vocabulo, nisi cum discrimen exigit multitudo, ut unam quamque personam sua nota et appellation designes. Deo autem, quia semper unus est, proprium nomen est Deus.

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Gott, sondern an den Gott der Philosophie oder genauer der platonischen Ontologie gedacht. Das Zitat dieses Gedankens ist aber deswegen auch für den christlichen Leser attraktiv, weil er für diesen die Interpretation von Ex 3,14 in der Septuaginta ins Gedächtnis ruft.837 Die Bezeichnung Gottes als pater et dominus (Vater und Herr) führt er hier zunächst nur an, weil es eine Gottesbezeichnung sei, die der christlichen nahekomme.838 Diese Argumentation füllt Laktanz später im Hinblick auf die Einzigkeit Gottes auf, indem er die beiden Begriffe definiert, worauf hier bereits der Begriff der maiestas (Hoheit) hinweist. Überraschenderweise hat auch Minucius diese Bestimmung im gleichen Kontext genannt und danach die beiden Begriffe wieder als irdisch und fleischlich verworfen.839 Die wahrscheinlichste Erklärung für diesen Befund scheint darin zu bestehen, dass sich Laktanz nicht an hermetischen Vorgaben, sondern an Minucius orientiert hat. Darauf verweist auch sein Zitat in lateinischer Sprache, das für den Autor aus einer griechischen Gegend untypisch ist. Nicht nur in den hermetischen Schriften, sondern in vielen antiken Texten spielen die beiden Begriffe für Gott eine wichtige Rolle.840 Laktanz fasst die Apollo-Orakel und die Sibyllen als eine Art Schriften mit dem Anspruch auf göttliche Offenbarung zusammen, wenn er von responsa et carmina sacra (heilige Antworten und Lieder) spricht.841 Dass er sie als certiora (sicherer) bezeichnet, begründet er noch einmal von Neuem damit, dass Irren menschlich sei.842 Bereits diese gemeinsame Nennung der Sibyllen und der Apollo-Orakel ist der Rhetorik des Laktanz geschuldet. Die genannten Apollo-Orakel gelten bei seinen nichtchristlichen Adressaten tatsächlich als inspiriert, während die angeführten Sibyllinischen Orakel im Verdacht stehen, christliche Fälschungen zu sein.843 837 Dazu Löw, Hermes Trismegistos, 113. 838 Vgl. dazu Lact. inst. IV 3,14–18. Wlosok, Laktanz und die philosophische Gnosis, 232–24, spricht von einem Leitmotiv. Allerdings weicht Laktanz in seiner späteren Ausführung stark von hermetischen Kontexten ab und geht weiter zu einer christologisch-trinitarischen Auseinandersetzung. 839 S.o. Kap. 3.2. 840 Vgl. zu pater et dominus in der Hermetik: Löw, Hermes Trismegistos, 132. Insbesondere der Begriff pater spielt hier, aber allgemein antik, eine große Rolle. 841 Lact. inst. I 6,6 (Heck/Wlosok 23). 842 Ebd. I 6,6 (Heck/Wlosok 23): Nam fortasse hii contra quos agimus nec poetis putent esse credendum tamquam vana fingentibus nec philosophis, quod errare potuerint, quia et ipsi homines fuerint. 843 Ebd. IV 15,26 (Heck/Wlosok 370): ficta et conposita a nostris. Er verteidigt mit dem Verweis auf die Erwähnung bei Cicero und Varro die Entstehung in vorchristlicher

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Umso wichtiger ist es für Laktanz, die Originalität derselben über vorchristliche Autoren zu sichern, was er zunächst mit Varro und Fenestella, im vierten Buch dann auch noch mit Cicero tun möchte, ohne es zu unterlassen, auf alii veteres (andere von den Alten) hinzuweisen, die er allerdings nur in De ira dei nennt.844 Die Rhetorik, wie man diese Sibyllen in die Tradition der griechisch-römischen Literatur einführen kann, bewegt sich hier auf einer spezifisch römischen Schiene. Er verweist auf Erzählungen zu den sibyllinischen Büchern in Bezug auf den römischen Staat in der lateinischen Literatur. Nur die cumäische könne man nicht zitieren, da sie öffentlich nicht zugänglich sei.845 Danach verweist er auf die anderen neun,846 indem er Varros Liste vollständig zitiert847 und mit der Feststellung abschließt, dass sie heute nicht mehr unterschieden werden könnten außer der einen erythräischen.848 Sie gilt Laktanz als celebrior (berühmter) und nobilior

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Zeit. Für die Zitate im Kontext Monotheismus, die Laktanz anführt, kann die Einschätzung des Alters richtig sein, jedoch hatten die beiden römischen Autoren andere Texte gemeint. Die häufige Zitierung Varros bei Laktanz deutet nicht auf eine besondere Wertschätzung seines Denkens. Er ist einzig doctissimus, nicht acutus. Dies ebd. I 5,26 (Heck/ Wlosok 20f); ebd. I 7,13 (Heck/Wlosok 31f); ebd. II 8,23 (Heck/Wlosok 154). Zeno ist Stoicorum magister epit. 33,6. Cicero wird inst. I 17,3 (Heck/Wlosok 73) als Romanae philosophiae princeps bezeichnet und ebd. III 14,7 (Heck/Wlosok 246) als summus philosophus. Plato wird nach Laktanz von allen als Weisester beurteilt, ebd. I 5,23 (Heck/Wlosok 20). Vgl. dazu auch Fàbrega, Art. Lactantius, 807 f. Lact. inst. I 6,13 (Heck/Wlosok 26). Die Argumentation wird hier außerordentlich langatmig. Verständlicherweise kürzt Lact. epit. 5 (Heck/Wlosok II, 6f) diese Argumentation, allerdings so, dass nur deren Charakterisierung angeführt und die Zitate ausgelassen werden. In De ira dei fehlt die Sibyllenargumentation für die Einzigkeit Gottes, doch sie wird im 23. Kapitel angeführt, um den Zorn Gottes zu begründen. Lact. inst. I 6,7–14 (Heck/Wlosok 23–26), siehe Varro, Ant. res div. I, frg. 56 a–c Cardauns. Vgl. dazu Ogilvie, Library, 32. Laktanz zitiert für diese erythräische Sibylle stets aus dem dritten Buch. Er dürfte eine Ausgabe benutzt haben, die uns heute nicht mehr vorliegt. Das heutige dritte Buch ist jüdischen Ursprungs und zweifellos das älteste. Erstmals zitiert wird es bei Theophil. Autol. II 31, was uns einen terminus ante quam gibt. Hinweise auf Geschehnisse aus dem Jahr 25 v. Chr. ergäben einen terminus a quo, der von Vertretern einer früheren Datierung, die von einigen ursprünglich echten Orakeln aus der Alexanderzeit ausgehen, durch eine Interpolationsthese umgangen wird. In der erhaltenen Version wird der Noah-Mythos betont, nicht aber bei derjenigen des Laktanz aufgrund seiner Zuschreibung als erythräische Sibylle. Vgl. dazu Gauger, Sibyllinische Orakel, 437–451.

(bekannter). Diese nun kann tatsächlich nicht als christliche Fälschung angesehen werden. Nur ein sachkundiger Zeitgenosse dürfte das Buch als jüdische Sammlung von Pseudo-Orakeln identifizieren können.849 Gerade die Stellen, die Laktanz anführt, sind stark von der hellenistischen Philosophie geprägt. Mit der Geschichte von der Befragung der erythräischen Sibylle nach der Wiedererrichtung des Kapitols,850 womit erneut zwei verschiedene Traditionen miteinander verknüpft werden, schließt Laktanz seine Betrachtungen und leitet von der Einschätzung derselben zur inhaltlichen Argumentation weiter, die deutlich kürzer ausfällt und einzelne Zitate der erythräischen Sibylle kombiniert.851 Die erste Aussage, die Laktanz anführt, scheint die Funktion zu haben, die Zitate der Sibylle mit derjenigen des Hermes über die Eingangsformel Heis Theos zu verknüpfen. Sie führt für eine (scheinbare) jüdisch-christliche Vereinnahmung aber weiter, da dieser eine Gott nun zunächst auch als allein Herrschender geschildert wird. Er ist ὑπερμέγεθος (übergroß) und ἀγέννητος (unentstanden).852 Gegenüber den hermetischen Schriften, die eine ewige Existenz der Welt suggerieren könnten, wird hier Gott mit deutlichen Anklängen an die Erzählungen der Genesis als Schöpfer des Himmels und der Erde geschildert. Mit nun eindeutigem Abweichen von einer heidnischen Tradition begründet er als Drittes die Alleinverehrung Gottes. Diese Stelle war in der christlichen Tradition bereits bekannt. Aufgrund der Begründung für den Alleinverehrungsanspruch, dass nur er ewig sei, kritisiert Theophilos dieselbe und argumentiert,

849 Die Interpolationsvorwürfe gegen die Christen begegnen uns bei Celsus, vgl. Orig. Cels. VII 53. Die Antwort ebd. VII 55 bezieht sich auf den fehlenden Nachweis solcher Interpolationsvorwürfe bei Celsus, die er mit älteren, reineren Handschriften hätte belegen müssen. Ebd. V 61 verteidigt Origenes aber Christen, die sich auf die Sibyllen beziehen, nicht. 850 Nach Fenestella, frg. 19 Cornell (vol. II, 954f). Lact. ira 22,5f (CSEL 27, 123f) kürzt den Bericht. Der Kommentar von Cornell geht insbesondere der Fragestellung nach, ob Laktanz Fenestella im Original gelesen hat oder Varro kürzte und führt weiteres zur historischen Erforschung der Geschehnisse an, vgl. Cornell, vol. III, 582 f. 851 Hier für die Zitate 1–3 aus dem sogenannten Prolog zu den Sibyllinischen Orakeln, das vierte Zitat stammt letztlich aus dem achten Buch. Aug. civ. XVIII 23 (CChr. SL 48, 613) bestätigt die erythräische Sibylle als Quelle: eodem tempore nonnulli Sibyllam Erythraeam vaticinatam ferunt. Sibyllas autem Varro prodit plures fuisse, non unam. Haec sane Erythraea Sibylla quaedam de Christo manifesta conscripsit. 852 Laktanz verortet das Zitat am Anfang der erythräischen Sibylle. Gauger, Sibyllinische Orakel, 489 spricht von „echt jüdischem Geiste“, führt dann aber eine Diskussion an, nach der die Stelle zu Beginn des zweiten Buches zu verorten wäre.

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dass es sich dabei vor allem um Rhetorik gegen die sterblichen Menschen handle, die gegenüber Gott abgewertet werden.853 Laktanz hingegen betont in seiner Erklärung dazu, dass alle Dinge in eo sunt (in ihm sind), womit er möglicherweise die Möglichkeit der Auferstehung dennoch in dieser Stelle ausgedrückt sieht.854 Die letzte Stelle führt Laktanz offensichtlich vor allem zur Bestätigung des Vorhergehenden an. Es wird explizit gesagt, dass es sich um eine andere Sibylle handle. So muss er sich nicht auf eine einzelne Sibylle stützen, sondern er kann die Vorstellungen als allgemein verbreitet ausgeben. Die neue Textstelle gibt den Monotheismus in einer Art wieder, wie er bei Deuterojesaja formuliert ist. Dabei wird die Existenz anderer Götter strikt abgelehnt.855 Zum Abschluss der Argumentation mit den divina testimonia nimmt er noch einmal kurz den Begriff des Unentstandenseins für Hermes und des Ungezeugtseins und Ungeschaffenseins für die Sibyllen auf, um sie auch noch mit den Aussagen Senecas zu verbinden. Das könnte als Alternative für Leser gemeint sein, die mit den divina testimonia wenig anfangen können. Allerdings ist es auch die einzige Stelle in diesem Kapitel, die ein lateinisches Zitat bieten kann: deus ipse se fecit (Gott hat sich selbst gemacht).856 Den ersten beiden testimonia divina, die Laktanz anführt, dürfte ein christlicher Leser recht emotionslos gegenübergestanden sein, wenn er denn nicht besondere Anleihen bei der Hermetik nahm oder zu den Verehrern der Sibyllen gehörte. Bei den Sibyllen kann man zeigen, wie Laktanz die Rhetorik im siebten Buch auflöst, wenn er sie letztlich als von den Dämonen getragen beschreibt Hermes Trismegistos bleibt positiv konnotiert.857 Ganz anders verhält es sich bei der dritten Quelle, die von Anfang an äußerst negativ konnotiert war, was nicht nur bei den Lesern zu erwarten, sondern insbesondere auch bei Laktanz selbst der Fall ist. Es sind die Orakel des Apollom, die nach seiner Schrift De mortibus

853 Vgl. Theoph. Autol. II 36,1: ὀνειδίζει τὸ τῶν ἀνθρώπων γένος. 854 Lact. inst. I 6,16 (Heck/Wlosok 27f). 855 Vgl. Jes. 43,10f, wo Gott als einziger Erlöser geschildert, aber auch Jes 45,6f, wo von der Erschaffung von Licht und Finsternis gesprochen wird. 856 Lact. inst. I 7,13 (Heck/Wlosok 31f) = Sen. Exh. (frg. 15 Haase). Die Stelle gibt ein interessantes Rätsel auf. Die Begriffe, die er hier anführt, zitiert er zuvor nicht alle. Tatsächlich wären sie aber bei vollständigem Zitieren der jeweiligen Stellen vorhanden. Vermutlich ist dieser Befund so zu erklären, dass die Stelle in der Texttradition verloren ging, oder aber Laktanz hatte vergessen, was genau er angeführt hatte. Vgl. Monat, institutions I, 90 f. Bei Theophilos ist die Stelle vollständig. 857 Vgl. Lact. VII 18,1 (Heck/Wlosok 706), aber auch ebd. VII 23,4 (Heck/Wlosok 720f). Dazu Schubert, Octavius, 810.

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persecutorum den Kaiser Diokletian darin bestätigen, die Verfolgung gegen die Christen einzuleiten.858 So überrascht es, dass Apollo an dieser Stelle in einem positiven Kontext erscheint, was nur mit rhetorischen Gründen erklärt werden kann. Laktanz führt ihn als heiligsten und aussagekräftigsten für die Heiden an.859 Eine gewisse Ironie ist allerdings bereits hier nicht mehr zu verkennen, wenn er ausführt, dass er aufgrund der amoenitas Asiae (Lieblichkeit Asiens) von Delphi nach Kolophon migriert sei.860 Womöglich gibt es für zwei verschiedene Adressatenkreise auch verschiedene Interpretationen. Für einen heidnischen Leser ist die Ironie gar nicht erkennbar, ihm müsste nämlich bekannt sein, dass der Verweis auf die Wanderlust der Götter ein Topos der christlichen Literatur gegen die Götter ist.861 Für einen gebildeten Heiden ist der Begriff amoenitas eher eine klassisch ciceronische Formulierung für die Schönheit von Orten, als der Delphi als zentraler und wichtigster Ort der Orakel erscheint.862 Inhaltlich geht es zunächst gar nicht um die Einzigkeit, sondern darum, quis aut quid esset deus (wer oder was Gott sei).863 Laktanz kommentiert nur die Anfangsverse und darin drei Begriffe, während er die anderen unbeachtet lässt. Die Kommentare geben von einem sehr geringen Wohlwollen Apollo gegenüber Ausdruck. Was sie mit der Einzigkeit zu tun haben, erschließt sich einem nur über die Kommentare zu den anderen Testimonien. Das ἀμήτορα (mutterlos) des Orakels sei unvollständig, Hermes hätte aus Vollständigkeit auch ein ἀπάτορα (vaterlos) eingefügt. Der Vergleich des αὐτοφυὴς (selbst gezeugt) mit den Aussagen der Sibyllen fällt insofern nicht positiv aus,864 als sich die Aussage

858 Vgl. Lact. mort. pers. 11,7 (CSEL 27, 186). 859 Lact. inst. I 7,1 (Heck/Wlosok 28). Apollo enim, quem praeter ceteros divinum maximeque fatidicum existimant. 860 Er zitiert zunächst ein Apollo-Orakel aus Klaros bei Kolophon, dann zwei aus Didyma bei Milet. Vgl. dazu jüngst Hoffmann/Vultaggio/Neuber, Art. Orakel, 206–350. 861 Etwa Tert. apol. 10,10 (CChr. SL 1, 107): proinde Saturno repentino ubique caelitem contigit dici. 862 Vgl. etwa Cic. nat. deor. III 100: amoenitates orarum ac litorum. Vgl. Min. Oct. 2,3 (Kytzler 1): placuit Ostiam petere, amoenissimam civitatem. 863 Dies war die Frage, die offensichtlich von einem Bewohner Kolophons an das Orakel herangetragen wurde. Die Antwort erlange einige Berühmtheit und ist für Oenoanda inschriftlich belegt. Vgl. hierzu zuerst Robert, Un oracle. Da in diesem Heiligtum ebenfalls eine „heis theos“–Inschrift gefunden wurde, spielt sie eine Rolle in der These von Hypsistariern, vgl. dazu Mitchell, Cult, 81–148. 864 Lact. inst. I 7,13 (Heck/Wlosok 31f).

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gegen die Götter der Mythologie selbst richte, da sie ja in eine Genealogie eingefügt werden.865 Besonders aber nimmt er die Aussage zum Anlass zur Polemik, dass Apollo von sich selbst sage, dass er zu den ἄγγελοι (Engel) Gottes gehöre und damit ein μικρὰ θεοῦ μερὶς (kleiner Teil von Gott) sei. Laktanz leitet kurz über in eine christliche Angelologie866 und bestimmt die Engel als Wesen, die nach dem Willen Gottes leben und deswegen nicht verehrt werden möchten. Bereits damit kann er Apollo für einen christlichen Leser diskreditieren, da er ja selbst Verehrung verlangte. Das Zeugnis Apollos erweist er für den heidnischen Leser dadurch als mendacium (Lüge), dass der Gott der Weissagung die Aussage selbst widerlegt habe. Laktanz zeigt anhand von anderen Apollo-Orakeln, dass er nicht als Engel, sondern als Dämon angesprochen werden wollte.867 Schließlich wird aber noch ein Orakel erwähnt, nach dem die Dämonen der Zucht Gottes unterworfen seien.868 Die Rhetorik funktioniert hier so, dass der Adressat vor die Wahl gestellt wird, zumindest ein Orakel des Apollo als unglaubwürdig anzuerkennen oder aber ihn als Dämon anzusehen, der Gottes Zucht unterworfen ist. Mit einem Verweis auf eine ausführlichere Angelologie und Dämonologie im zweiten Buch beendet Laktanz diese Argumentation.869 Ebenso wie Minucius leitet er nach der Begründung der Einzigkeit Gottes zur Argumentation gegen den Polytheismus über.870 Um den Kontrast zu verdeutlichen, führt er noch einmal die Hoheit Gottes bei Plato an, um dieser die Vorstellungen der Götterverehrer gegenüberzustellen.

865 Ebd. I 7,2 (Heck/Wlosok 28f). 866 Anlass dazu bietet ihm Seneca mit der Vorstellung der ministri Dei. 867 Wiederum liegt hier die Rhetorik darin, dass verschiedene Bedeutungen des Dämonenbegriffs unreflektiert nebeneinander stehen. 868 Ebd. I 7,9f (Heck/Wlosok 30f). Dieses Orakel, es scheint aufgrund des negativen Dämonenbegriffs neuplatonisch beeinflusst (dazu Ogilvie, Library, 22), dürfte er aus einer Entgegnung auf Porphyrius entnommen haben (Pricoco bei Freund, Vita beata, 271). Dessen Schriften selbst kennt er nicht oder nur sehr oberflächlich. 869 Ebd. I 7,11 (Heck/Wlosok 31). 870 Ebd. I 8,1–3 (Heck/Wlosok 32). Zunächst führt er allerdings eine Polemik gegen einzelne Götter, die im politischen Tagesgeschäft eine Rolle spielen.

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4.5 Die eigene Pluralität und eine erweiterte Auseinandersetzung mit Argumentationen bei den vielen Göttern Es sind die gleichen Themen wie bei Tertullian und Minucius Felix, die es auch bei Laktanz zu untersuchen gilt, wenn man nach dem Verhältnis zwischen der Einzigkeit Gottes und der Pluralität des Seienden sucht und nach der rhetorischen Ausarbeitung fragt. In der Ausführung bewegt er sich aber schon bei der Engelsthematik, insbesondere aber in Bezug auf Jesus als Sohn Gottes, auf eigenen Wegen. Als weitere Argumentation diskutiert Laktanz auch den historischen Jesus und sein Wirken im Kontext des Monotheismus, was in der lateinischen Apologetik einzigartig bleibt. Die Engel und Dämonen spielen bereits beim Abschluss der Einzigkeitsargumentation eine Rolle, wo Laktanz darauf hinweist, dass auch Seneca in den Exhortationes sagte, genuisse regni sui ministros deum (dass Gott Statthalter seines Reiches geschaffen habe). Sogleich folgt bei Laktanz eine Richtigstellung, dass diese ministri nicht dei, sondern angeli genannt werden müssten. Arnobius der Ältere, der von den lateinischen Apologeten Laktanz zeitlich am nächsten stand,871 kennt keine derart scharfe Trennung und identifiziert die Engel mit den Göttern der Platoniker.872 Bei Laktanz findet die Diskussion allerdings gegenüber einem stoischen und nicht wie bei Arnobius gegenüber platonischen Philosophen statt, die keine Identifikation mit Gott als seinen partes dachten. Dass seine Definition der Engel, die im zweiten Buch im Zusammenhang seiner Dämonologie folgt, nicht völlig fern von platonischen Götterbildern ist, reflektiert Laktanz nicht. Es trifft auf jeden Fall zu für den Unsterblichkeitsgedanken, wobei die Seligkeit der Engel nicht erwähnt wird. Die weiteren Aussagen des Laktanz, dass sie es nicht ertragen, als Götter bezeichnet zu werden und sie alles einzig auf Befehl Gottes tun, führen in ein spezifisch christliches Verständnis, wobei es ihm darum geht, sie mit der Einzigkeit Gottes in Einklang zu bringen.873

871 Er war wohl zu einer Zeit sein Rhetoriklehrer, als beide noch nicht christlich waren. Es ist nicht davon auszugehen, dass Laktanz seine Apologie Adversus nationes gelesen hat. 872 Arn. nat. II 35f (CSEL 4, 76) mit Bezug auf Plato, Tim. 41ab. Vgl. Simmons, Arnobius, 176. 873 Vgl. Lact. inst. II 16,6: angeli, cum sint immortales, dici se deos aut patiuntur aut volunt: quorum unum solumque officium est servire nutibus Dei nec omnino quicquam nisi iussu facere. Die Glückseligkeit, die etwa bei Augustinus stets angeführt wird, vgl. insbesondere Aug. civ. IX 23 (CChr. SL 47, 269–271) mit einigen christlichen

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Eine Rhetorik im Hinblick auf die Gegner des Laktanz findet bereits bei der ersten Erwähnung der Engel statt: Si eos multitudo delectat, non duodecim dicimus, aut trecentos sexaginta quinque (ut Orpheus), sed innumerabiles esse arguimus errores eorum in diversum, qui tam paucos putant (Wenn ihnen die Vielzahl gefällt, wir sagen nicht zwölf oder 30 oder 365 [Wie Orpheus], sondern wir überführen sie auf der Gegenseite unzählbarer Fehler, wenn sie sie für so wenige halten).874 Die rhetorische Argumentation funktioniert hier in zwei Schritten. Zunächst charakterisiert er seine Gegner als solche, die dadurch, dass sie von mehreren Wesen als Göttern sprechen, die Vielzahl lieben. Nachdem, was er über die Einzigkeit Gottes gesagt hat, will er sie damit als solche kennzeichnen, deren denkerische Leistung an kein Ziel gekommen ist und auch nicht kommen wird, da sie sich an falschen Idealen orientieren. Des Weiteren sagt er dann aber auch, dass selbst unter der Prämisse einer positiven Wertung der Vielzahl die Christen dennoch die besseren Denker sind, da sie nicht wie die Heiden von einer Zwölfzahl (gemeint sind wohl die römischen Di consentes)875 oder anderen Bestimmungen ausgehen, – die Aufzählung kann eine Willkür zeigen – sondern, dass von einer Unzählbarkeit zu reden ist. Laktanz hat ein apologetisches Interesse, wenn er in seinem Werk die Engel insbesondere im Kontext der Frage nach Mono- und Polytheismus oder als Voraussetzung für eine Dämonologie bespricht.876 Zu untersuchen ist die Thematik aber auch im Kontext seiner christologischen Bestimmungen, wenn er vom heiligen und unvergänglichen Geist spricht und den Sohn Gottes zunächst nur dadurch von den Engeln als Anteilhaber dieses Geistes abgrenzt, dass er als Einziger der Anrufung durch göttlichen Namen würdig sei und primogenitus (erstgezeugter) sei.877 Die bereits zu dieser Zeit geläufige Abgrenzung mit dem Begriff

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Abgrenzungen, lässt er aus. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, aber in Übereinstimmung mit Augustinus benutzt er den Begriff angelus nie für die Dämonen. Vgl. dazu Schneweis, Angels and demons, 7; Walter, Wertvorstellungen, 239. Lact. inst. I 7,7 (Heck/Wlosok 29f). Varro, res rust. I 1,4 ruft die dei consentes an, da sie maxime agricolarum duces sunt. In den Antiquitates rerum divinarum (frg. 228 Cardauns) ist die wichtigste Göttergruppierung aber diejenige der dei selecti ac praecipui. Vgl. dazu Baier, Varro, 48. Schneweis, Angels and demons, 3 meint, dass Laktanz die Engelthematik „only in relation to that main purpose (to convince the pagans of the unicity of God)“ in seine Schriften bringe. Er meint damit vor allem, dass keine Bibelstellen mit Blick auf die Engel und bestimmte Engelfiguren besprochen werden, etwa Lk 1,26–38. Lact. inst. IV 6,1f (Heck/Wlosok 325): Deus (…) sanctum et incorruptibilem spiritum genuit, quem filium nuncuparet. Et quamuis alios postea innumerabiles creavisset, quos angelos dicimus, hunc tamen solum primogenitum divini nominis appellatione

der Zeugung (Sohn) von demjenigen der Schöpfung (Engel) führt er nirgendwo deutlich aus. Ganz im Gegensatz dazu setzt er den spiritus malus (böser Geist), den diabolus, nur aufgrund seiner Ausrichtung in einen Gegensatz zum Sohn, beide sind letztlich spiritus Dei (Gottes Geist). Während der diabolus (Teufel) als princeps daemonum (Fürst der Dämonen) bezeichnet wird, ist der Sohn princeps angelorum (Fürst der Engel).878 Dies führt in eine Denkart, in der die Wirklichkeit dualistisch wahrgenommen wird.879 Den Widerspruch, dass Gott eine gute Welt geschaffen hat, aber auch für den bösen Geist verantwortlich ist, möchte er so auflösen, dass dieser aus freiem Willen vom Guten abfiel, ohne die Probleme zu reflektieren, die bei der Rückfrage nach der Schöpfung eines inkonstanten Willens wieder auftauchen.880 Die breite Verwendung des Begriffs spiritus wird insbesondere auch in der Behandlung des historischen Jesus deutlich. Nachdem der gute Geist in der Geschichte bereits durch die Propheten wirksam war, wird er es insbesondere in Jesus Christus.881 Analog insbesondere zu Noah,882 der zur Zeit der großen malitia (Boshaftigkeit) zur Besserung der Menschheit auftritt, kommt auch der historische Jesus als dux magnus (großer Führer)883 zur Besserung der Tugendhaftigkeit der Menschen, aber aufgrund der Entstehung eines Götter verehrenden Heidentums nach der Sintflut wie die Propheten auch zu dem Zweck, gegen den cultus deorum (Götterkult) zu predigen, und zwar ausdrücklich auch bei den Juden.884

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dignatus est, patria scilicet virtute ac maiestate pollentem. Monat, Institutions II, 113: „Lactance distingue parfois mal le Christ des anges.“ Lact. inst. IV 14,17 (Heck/Wlosok 363). Vgl. dazu Freund, Vita beata, 349. Das Problem häretischer Christologien bespricht Lact. inst. IV  30 (Heck/Wlosok 431–434). Die deutlichsten Stellen hierzu finden sich in Lact. inst. II 8,1–9. Die dualistischen Zusätze sind wohl eine spätere retractatio durch Laktanz selbst. So auch Monat, Institutions II, 107. Das Gerüst für die Ausführungen – eine Parallelisierung eines spiritus malus und eines spiritus bonus – ist in allen Texten grundgelegt. Sie findet sich auch etwa in Lact. inst. II 14,3: Sic eos diabolus ex angelis Dei suos fecit satellites ac ministros, vor allem aber auch im nicht redigierten Text oben genannter Stelle. S.u. Kap. 4.7 zur Frage, inwiefern er auf dem Boden eines Monismus bleibt. Vgl. ebd. IV 29,15 (Heck/Wlosok 431). Vgl. ebd. II 2,5 (Heck/Wlosok 114). Vgl. ebd. II 2,5 (Heck/Wlosok 114). Vgl. ebd. IV 14,17 (Heck/Wlosok 363): Deus enim cum videret malitiam et falsorum deorum cultus per orbem terrae ita invaluisse ut iam nomen eius ex hominum memoria fuisset sublatum – siquidem Iudaei quoque, quibus solis arcanum Dei creditum fuerat, relicto Deo vivo ad colenda figmenta irretiti daemonum fraudibus aberrassent nec

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Man könnte dagegen einwenden, dass von einer Götterverehrung bei den Juden in den Evangelien nichts geschrieben steht und dass sich Jesus nicht an die Heiden wandte. Doch Laktanz hat einen sehr weiten Begriff des cultus Deorum, der nicht nur eine äußerliche Praxis meint, sondern in erster Linie das Verwirklichen der iustitia (Gerechtigkeit).885 Außerdem sieht er im Jesusereignis den göttlichen Plan der Ausweitung der Verehrung des einen Gottes auf die Nichtjuden verwirklicht. Dies kann man daran erkennen, dass er die Suche Platos nach der Wahrheit bei den religiones aller Völker außer dem jüdischen so kommentiert, dass zu dieser Zeit eine solche Ausweitung noch nicht vorgesehen war.886 Somit gelingt es ihm wiederum rhetorisch geschickt, ein Bild der Geschichte zu erzeugen, das sowohl heidnische als auch biblische Erzählmotive aufgreifen kann.887 Man kann demnach zeigen, dass Laktanz durchaus eine profunde Kenntnis des Neuen Testaments auf der Suche nach der Relevanz des Monotheismus zuzutrauen ist. Dies zeigt sich auch in der Behauptung, dass Jesus für sich selber nie Göttlichkeit beanspruchte.888 Zum Gottesbegriff für Jesus kam es nach Laktanz erst nach seinem Tod, als klar war, dass zwischen seinem Willen und demjenigen Gottes keine Differenz bestand.889 Dieser Wille bestand für Laktanz aber gerade wieder darin, den einen Gott zu verkünden und die Menschen zu lehren, dass nur dieser zu verehren sei. Somit gelingt es ihm, aus einem Problem, dem Vorwurf

increpiti per prophetas reverti ad Deum vellent – filium suum principem angelorum legavit ad homines, ut eos converteret ab inpiis et vanis cultibus ad cognoscendum et colendum Deum verum, item ut eorum mentes a stultitia ad sapientiam, ab iniquitate ad iustitiae opera traduceret. 885 Vgl. Lact. epit. 51,1 (Heck/Wlosok II, 75). 886 Vgl. Lact. inst. IV 2,4 (Heck/Wlosok 315). 887 Das Geschichtsbild eignet sich gegenüber einem heidnischen Publikum, das die Vorstellung einer Dekadenz in der Geschichte gewohnt ist, gut. Vgl. Schubert, Art. Laktanz, 809. In inst. II 13,4–13 wird die Noahgeschichte mit den griechisch-römischen Göttermythen in Einklang gebracht. Im fünften Buch führt Laktanz dieses in milleniaristische Vorstellungen, betont aber auch, dass iustitia in terra in der Zeit Saturns und Jupiters nicht möglich war. Vgl. Lact. inst. V 8,4 (Heck/Wlosok 462). 888 Vgl. ebd. IV 14,18 (Heck/Wlosok 364): docuit enim quod unus Deus sit eumque solum coli oportere, nec umquam se ipse Deum dixit, quia non servasset fidem, si missus ut deos tolleret et unum adsereret, induceret alium praeter unum. 889 Ebd. IV 14,20 (Heck/Wlosok 364): Propterea quia tam fidelis extitit, quia sibi nihil prorsus adsumpsit, ut mandata mittentis impleret, et sacerdotis perpetui dignitatem et regis summi honorem et iudicis potestatem et Dei nomen accepit. Für Laktanz ist die Willenseinheit neben der Wesenseinheit und der Treuebindung wichtiges Kriterium, um den Monotheismus trotz des Sohnes zu bewahren.

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eines Ditheismus an die Christen, ein positives Argument zu konstruieren. Letztlich führt er an, dass die Juden und Philosophen gerade deswegen keine richtigen Gottgläubigen sind, weil der Wille Gottes nur an demjenigen des Sohnes zu erkennen ist, womit er sogar zu einer retorsio (Umkehr) voranschreitet.890 Ansonsten führt Laktanz die Diskussion um die Einzigkeit Gottes im Kontext der Christologie auf denselben Wegen wie Tertullian und Minucius Felix.891 Er sieht im Logos-Begriff, den er für den höchsten Gott bei den Stoikern (als Seele Jupiters) nachweist,892 den bestmöglichen, der durch die lateinischen Wörter sermo und verbum nur unzureichend wiedergegeben werden kann.893 Als Eigenheit des Laktanz ist einzig festzustellen, dass er seiner Vorliebe für divina testimonia Ausdruck verleiht, indem er die stoischen Aussagen als durch Hermes Trismegistos übertroffen darstellt.894 Die wortreichste Besprechung von negativ gewerteter Pluralität befindet sich auch bei Laktanz in der Besprechung der heidnischen Götterwelt. Er lässt dabei keinen der religionsphilosophischen Erklärungsversuche außer Acht, wie sie bei Plutarch systematisch besprochen werden.895 Den höchsten Versuch der Mythendeutung nach Plutarch, die Allegorie, bespricht er allerdings nie allgemein, sondern anhand von Widerlegungen, die sich auf stoische Autoren beziehen. Dabei geht er meist so vor, dass er eine Deutung aus De natura deorum anführt, um aus dem gleichen Werk die Gegenargumente anzufügen, und die christliche Haltung zur Frage nur nennt. Gegenüber der Allegorese des Zeus-Namens als Lebensspender fügt er an, dass nur der eine wahre Gott als Lebensspender angesehen werden kann.896 Der Vergöttlichung der Gestirne durch die Stoiker nach

890 Lact. epit. 44,2 (Heck/Wlosok II, 65). 891 Vgl. Tert. apol. 21,10 (CChr. SL 1, 122f). Min. Oct. 19,1 (Kytzler 16). 892 Lact. inst. IV 9,1 (Heck/Wlosok 336). 893 Ebd. IV 8,9 (Heck/Wlosok 334). 894 Ebd. IV 9,4 (Heck/Wlosok 337). 895 Vgl. Plut. Is. 22–44. Er führt hierbei die typischen Vertreter des Hellenismus an: den Euhemerismus, die Dämonenlehre, aber insbesondere die allegorische Mythendeutung. Hierbei zieht er den naturalistischen Deutungen eine „höhere und allgemeinere Ebene“ der philosophischen Kosmologie vor. 896 Lact. inst. I 11,24 (Heck/Wlosok 45f) nennt die Allegorese eine Tätigkeit der Dichter. Die Deutung des Zeusnamens gibt Laktanz ebd. I 11,16f (Heck/Wlosok 43f) und ebd. I 17f (Heck/Wlosok 72–81). Diese allegorische Besprechung hat Laktanz in der Epitome nicht wieder aufgenommen. Ebd. I 12,1–4 führt Laktanz eine stoische Allegorie des Himmels als erstes Prinzip an. Ebd. I 13,1 (Heck/Wlosok 57) erteilt er ihr eine Absage, wenn man damit die Geschichte von Uranus und

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der Argumentation des Balbus stellt er die Schöpfung derselben aus christlicher Sicht entgegen.897 Schwieriger wird seine Argumentation gegenüber dem Traditionalismus Ciceros in Bezug auf den Götterkult des römischen Staates.898 Die Position ist deswegen schwieriger anzugreifen, da sie die Wahrheitsfrage gerade außer Acht lässt. Laktanz geht den Weg, dem Traditionalismus einen Rationalismus entgegenzusetzen.899 Das geht durchaus konform mit dem apologetischen Ansatz, dasjenige am Christentum zu betonen, wofür man auf den Konsens der Philosophen setzen kann.900 Auch in der Einzelbesprechung der Götter sieht man eine Widerlegung des Staatskultes seiner Zeit, wobei er keine Vollständigkeit anstrebt, sondern gerade diejenigen treffen möchte, die eine besondere Rolle spielen. So wendet er sich insbesondere gegen Herkules.901 Die Unattraktivität des Götterkults sieht er darin bestätigt, dass es zur Stützung derselben sogar zu Verfolgungen von Menschen kommen musste, die sich dessen enthielten.902 Damit kann er zeigen, dass der Glaube an die Götter bereits unter den Römern umstritten war. Diesen Befund erklärt er insbesondere über die beiden Hauptzugänge zu den Göttern in der römischen Oberschicht, dem Euhemerismus und der Dämonenlehre, die er mit dem christlichen Glaubensgut in Verbindung bringt.

Saturn erklären will: vanae sunt istae rationes philosophorum, quid superest (…) id est hominem ab homine abscisum. 897 Vgl. ebd. II 5,8. Die Besprechung dauert an bis ebd. II 5,42 (Heck/Wlosok 131–138). Es lassen sich Argumente finden wie dasjenige, dass ein Teil nicht mit dem gleichen Namen bezeichnet werden sollte wie das Ganze, weil man sonst auch die Glieder des Menschen als Mensch bezeichnen müsste, oder dass die Sterne keinen freien Willen haben, da sie stets in derselben Bahn voranschreiten. Gerade bei letzterem Argument sieht man, dass er das Argument nur übernimmt, da es von seiner Angelologie nicht abzugrenzen wäre. 898 Varro und die theologia tripertita lässt Laktanz als einziger lateinischer Apologet unbeachtet. Seine Vorliebe für Cicero lässt ihm hier auch keinen Raum. 899 Was er bei genauer Analyse der Gewichtung von ratio und auctoritas aber nicht tut. 900 Ansonsten müsste er sich als Christ des vierten Jahrhunderts der Frage stellen, inwiefern er sich mit dem Bekenntnis zum Christentum nicht auch in eine Tradition stellt. 901 Lact. inst. I 9,1 (Heck/Wlosok 34). epit. 7,2 (Heck/Wlosok II, 8). Heck, Epitome, 59 deutet dies als Angriff auf die Dynastie Maximians. 902 Vgl. Lact. inst. V 23 (Heck/Wlosok 525f) und bereits ebd. V 20,12 –15 (Heck/ Wlosok 517) gegen den Vorwurf der laesa religio.

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4.6 Fortschreibungen des euhemeristischen Arguments bei Laktanz Die euhemeristische Argumentation gegen die traditionelle Götterwelt hat bei Laktanz eine für christliche Autoren lateinischer Sprache unübertroffene Bedeutung.903 Das zeigt sich an der Länge seiner Argumentation in allen Fassungen der Divinae institutiones.904 Die Vorstellungen werden im Verlauf des Werkes in Verknüpfung mit einem weiteren Hauptthema, dem Minderung der Gerechtigkeit und des Monotheismus in der Geschichte, wiederholt.905 Das zeigt aber auch das aufwendige Vorgehen, das Laktanz für diese Argumentation wählt. Er geht den Weg des Rückgriffs auf die Primärquelle des Euhemeros, die ihm in der Übersetzung des Ennius vorliegt.906 Zusätzlich zitiert er aber auch die Autoren, die

903 Er beginnt mit dieser Argumentation gleich nach der Rhetorik mit der Einzigkeit Gottes, ebd. I 8,8 (Heck/Wlosok 33f), und greift sie immer wieder auf. Auch im zweiten Buch (ebd. II 1–13) erklärt er die Kultinstitutionen stets euhemeristisch. 904 Der Auftakt zu den euhemeristischen Erläuterungen bietet ebd. I 8,4 (Heck/Wlosok 33): apparet Herculem Apollinem Liberum Mercurium Iovemque ipsum cum ceteris homines fuisse, quoniam sunt ex duobus sexibus nati. Erst ebd. I 20,1 (Heck/Wlosok 82) mit dem Übergang zu den Göttern, die vom römischen Senat eingeführt wurden, endet die Hauptargumentation. Die Argumentation in Lact. epit. 6–14 ist nur deswegen gekürzt, weil die Handschriften hier unvollständig sind. Vgl. dazu Heck, Epitome, 39. Diese Lücke ist im Codex Taurinensis, der 1711 in einer Turiner Bibliothek gefunden wurde, die einzige. Alle anderen Handschriften enthalten nur das Ende der Epitome. 905 Siehe etwa Lact. inst. V 1,5–10 (Heck/Wlosok 528–530). Vgl. auch ebd. VII 26,11 (Heck/Wlosok 730–732). 906 Laut Dochhorn, Religion, 289 finden wir die meisten Ennius-Fragmente bei Laktanz.

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Tertullian und Minucius gemeinsam sind, und fügt je ein Zitat von ihnen ein.907 Wo immer es ihm gelingt, verknüpft er die Aussagen mit den Werken Ciceros.908 Mit einem rhetorischen Kunstgriff gelingt es ihm, nicht nur die Ausführungen der Historiker, sondern auch die Göttermythen der Poeten in die euhemeristischen Erzählungen einzubeziehen.909 Er verweist auf die poetica licentia (Dichterfreiheit), um Unglaubwürdiges in ihren Berichten zu erklären, ja er nennt die Änderungen der historischen Wahrheit sogar eine Verbesserung der ursprünglichen Ereignisse. Die Poeten hätten das Leben von Menschen ausgeschmückt und sie dabei zu Göttern gemacht.910 Laktanz lässt es nicht aus, auch Geschichten zurückzuübersetzen und, von ihrer (scheinbaren) Beschönigung befreit, als noch unmoralischer darzustellen.911 Erst ganz zum Schluss der Argumentation löst er dieses Dichterverständnis wieder auf, wenn er situativ vom mendacium poetarum (Lüge der Propheten) spricht, die auch für seine rhetorische Theorie von Belang ist. Die Poeten haben bei ihren Erzählungen auch häufig auf die öffentliche Meinung geachtet und nicht nur auf die Wahrheit.912 907 Euhemeros und Ennius werden in Lact. inst. I 11,33f (Heck/Wlosok 47f) eingeführt. Der Hinweis auf das Jupitergrab ist in ebd. I 11,48 (Heck/Wlosok 51) aber wieder auf Cicero zurückgeführt: Cicero de natura deorum natura cum tres Ioves a theologis enumerari diceret, ait tertium fuisse Cretensem Saturni filium, cuius in illa insula sepulcrum ostenditur. Ebd. I 11,33 (Heck/Wlosok 47f) verweist Laktanz aber auch auf die tituli et inscriptiones bei Euhemeros. Diodorus, Thalus, Nepos und Cassius finden ebd. I 13,9 (Heck/Wlosok 59) eine einzige Erwähnung, wobei er bei den richtigen Autoren des Minucius bleibt. Es fehlen die Sonderautoren des Minucius, wozu auch der Alexanderbrief gehört. Lact. epit. 19 (Heck/Wlosok II, 20) ergänzt Didymos. 908 Lact. inst. I 15,16 (Heck/Wlosok 66) führt ihn als Philosophen ein: Marcus Tullius, qui non tantum perfectus orator, sed etiam philosophus fuit, siquidem solus extitit Platonis imitator, in eo libro quo se ipse de morte filiae consolatus est, non dubitavit dicere deos qui publice colerentur homines fuisse. Meistens bezieht sich Laktanz auf De natura deorum. Zahlreiche Nachweise bei Heck, Divinarum Institutionum. Sie umfassen im ersten Teil nat. deor. I 118 f. II 62–66. III 53. 909 Lact. inst. I 8,8 (Heck/Wlosok 33f) werden bereits Historiker und Dichter genannt. Siehe auch ebd. V 5,1 (Heck/Wlosok 453). 910 Vgl. Lact. inst. I 11,17 (Heck/Wlosok 44). Lact. epit. 11,2 (Heck/Wlosok II, 12) spricht für dieses Vorgehen von einem praetegere quasi velamine aliquo versicolore und von einer commutatio cum ratione. 911 Vgl. etwa die Danaë-Umschreibung in den Kontext der Prostitution in Lact. epit. 11,2 (Heck/Wlosok II, 12). 912 Lact. inst. I 19,5 (Heck/Wlosok 82): metuebant enim malum, si contra publicam persuasionem faterentur quod erat verum.

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Die Götterfiguren, die er mit diesem Vorgehen besprechen kann, sind zahlreich. Besonders erklärungsbedürftig sind die eingangs besprochenen und euhemeristisch erklärten Gestalten Herkules und Aeskulap, die wohl von der politischen Situation her zu deuten sind.913 Die Auswahl Jupiters trifft die Dynastie Diokletians,914 hat dann aber zwei weitere Funktionen in der Argumentation. Laktanz vermerkt seine Bedeutung im Staatskult, wenn er das caput religionum publicarum (Zentrum der Staatsreligion), seinen Tempel auf dem Kapitol, als inane monumentum (leeres Monument) erweisen will.915 Nach dem Geschichtsbild des Laktanz wurde außerdem unter seiner Herrschaft Götterkult eingeführt, womit auch die malitia (Boshaftigkeiten) in die Welt kam, da damit der wahre Gott immer mehr in Vergessenheit geriet.916 Erst hier kommt auch Saturn, den Tertullian und Minucius als Stellvertreter für alle Götter besprechen, in die Diskussion. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern geht Laktanz nicht (nur) von rudes maiores (ungebildeten Vorfahren) aus, sondern er führt den prominenten Mythos der aurea aetas (Goldenes Zeitalter) ein.917 Die Vorteile dieser Theorie aus rhetorischer Sicht sind zahlreich. Wenn der Götterkult in einer bestimmten historischen Zeit eingeführt wurde, ist die logische Folgerung, dass die Zeit zuvor diesen nicht kannte. Wenn Laktanz den Kult als eine der schlimmsten Einrichtungen in der Geschichte der Menschheit schildern möchte, ist die Darstellung der vorhergehenden Zeit folgerichtig besser.

913 Ebd. I 9 (Heck/Wlosok 34–37); epit. 7 (Heck/Wlosok II, 8f). Lact. inst. I 10 (Heck/Wlosok 37–40); epit. 8 (Heck/Wlosok II, 9f). Die beste Erklärung dafür gibt Heck, Epitome, 59. Laktanz habe wie in De mortibus persecutorum die Dynastie des Maximian treffen, bzw. eine Gottheit, die bei den Stoikern großes Ansehen genießt, ins Lächerliche ziehen wollen. Bei Herkules ergibt sich für ihn des weiteren die Möglichkeit, diesen als Inbegriff eines griechischen Athletenkults zu besprechen, ehe er die problematischere Argumentation gegen den römischen Kaiserkult führt. 914 Vgl. dazu Heck, Epitome, 59. 915 Lact. inst. I 11,49 (Heck/Wlosok 51). 916 Ebd. V 5,3 (Heck/Wlosok 453). Vgl. dazu Winger, Humanität, 136. 917 Ebd. I 8,8 (Heck/Wlosok 33f) nennt die Menschen der Zeit auch inperiti et insipientes. Vgl. Pellegrino, Minucio fonte, 176 f. Buchheit, Gewalttäter, 338–342, hier 338 beschreibt die Intention des Laktanz als Diskreditierung des Diocletianus Iovius. Lact. inst. I 5,2 (Heck/Wlosok 14) nennt die Theorie als eine von „ihnen“: Saturni temporibus, quae illi vocant aurea. Inwiefern es ein solches Zeitalter geben kann, wenn es, wie Laktanz ebd. V 7,4 (Heck/Wlosok 460) betont, das Böse stets braucht, damit überhaupt Gutes existieren kann, sei dahingestellt. Ebd. V 5,3 (Heck/ Wlosok 453) betont wohl aus rhetorischen Gründen, dass die Erzählung für wahr zu halten, pro vero habendum, sei.

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Er verbindet es mit der These, dass der Kult des einen Gottes damals bereits existierte, und spricht somit von einem Urmonotheismus.918 Die Theorie eignet sich aber auch dazu, die jetzige Zeit zu kritisieren, und der Nachweis derselben Theorie bei zahlreichen römischen Autoren erlaubt es ihm, dies als Konsens und nicht als christlichen Sonderweg darzustellen.919 Den christlichen Sonderweg führt er in Bezug auf die historischen Erzählungen nur in Details aus, nachdem er gewisse biblische Parallelen in der Geschichtsschreibung parallelisiert hat. Laktanz führt die biblische Geschichte des Ursprungs der Menschheit an und kann die christlichen Erzählungen als überlegen profilieren, wenn er etwa die Priorität Noahs gegenüber Uranus, Saturn und Pater Liber betont.920 Die systematischen Korrekturen sind einschneidender: Fälschlicherweise wünschten sich die Heiden eine neue aurea aetas ohne Abschaffung des Götterkultes. Vos autem manente cultu deorum iustitiam desideratis in terra, quod fieri nullo pacto potest (Ihr aber wünscht Gerechtigkeit bei bleibendem Götterkult, was durchaus nicht geschehen kann).921 Er grenzt einen Henotheismus klar von einem Monotheismus ab: Dicet aliquis et huic summo, qui fecit omnia, et illis qui partim profuerunt, suam venerationem esse tribuendam. primum nec factum est umquam, ut qui hos coluit, etiam deum coluerit, neque fieri potest, quoniam si honos idem tribuitur aliis, ipse omnino non colitur, cuius religio est illum esse unum ac solum deum credere (Es könnte aber jemand sagen, dass sowohl dieser eine, der alles gemacht hat, und auch jene, die für Teilbereiche nützlich geworden sind, zu verehren seien. Dies kann nicht geschehen, da dieser überhaupt gar nicht verehrt wird, wenn den anderen Opfer zu Teil werden, da seine Verehrung darin besteht, dass geglaubt wird, dass er allein einziger Gott ist).922 918 Ebd. V 5,3 (Heck/Wlosok 453): Quod quidem non pro poetica fictione habendum est. Saturno enim regnante nondum deorum cultibus institutis nec adhuc illa gente ad divinitatis opinionem consecrata deus utique colebatur. Ebenso Lact. epit. 20,1 (Heck/Wlosok II, 22). 919 Lact. inst. V 9,1 (Heck/Wlosok 465): Nonnumquam tamen sentiunt se malos esse et veterum saeculorum statum laudant et de suis moribus meritisque coniectant abesse iustitiam. 920 Ebd. II 13,4 (Heck/Wlosok 183) handelt von Pater Liber. Dieser gilt in der griechisch-römischen Mythologie als Erfinder des Weinbaus. Mit Verweis auf Gen 9,20 behauptet Laktanz, dass Noah bereits als Weinbauer tätig war. Eine solche Synthese lag Laktanz in der Sibyllenliteratur vor. 921 Ebd. V 8,4 (Heck/Wlosok 462). 922 Ebd. I  19,1f (Heck/Wlosok 81). Neben dieser biblischen Argumentation sieht Laktanz den Götterkult als universa mala, ohne den Zusammenhang über Beispiele hinaus zu begründen.

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Aufgrund der großen Bedeutung des euhemeristischen Arguments ist es sicher kein Zufall, dass sich Laktanz gerade hier als bester Apologet, noch besser als Minucius, erweisen möchte. So kritisiert er die Deutung Saturns als filius caeli (Himmelssohn) aufgrund der Unkenntnis über seine Eltern, die er bei seinen Vorgängern findet, wobei er in den Divinae institutiones direkt auf Minucius verweist und gerade nicht auf eine sekundäre Quelle, wie man es vermuten könnte.923 Einen gewichtigen systematischen Grund hat er dafür allerdings nicht, er kann damit nur seine bessere Quellenkenntnis zeigen. Seine neue Interpretation lautet so, dass die Eltern des Saturn tatsächlich Uranos und Gaia hießen. Deren Namen wurden dann aber einzig als Erinnerung an dieselben zur Beschreibung von Himmel und Erde umfunktioniert, die zuvor anders hießen.924 Für diesen Vorgang nennt Laktanz weitere Beispiele von Benennungen von Flüssen und Bergen aus prominenten römischen Dichtungen, etwa diejenige des Aventin bei Ovid.925 Die Kritik an Minucius erscheint hier harmlos, aber auch wenig interessant.926 Die systematischen Widerlegungen einer Vergöttlichung nach dem Tod unterscheiden sich von seinen Vorgängern am stärksten, was einen historischen Grund haben könnte. Die Divinae institutiones sind in der zweiten Ausgabe mit Kaiser Konstantin einem Mann gewidmet, von dem die Forschung zeigen kann, dass er das Christentum zwar gefördert hat, ohne jedoch vom Staatskult Abschied zu nehmen. So wurde auch ihm nach seinem Tod die Bezeichnung divus

923 S.o. Kap. 2.4. Ebd. I 11,55 (Heck/Wlosok 52f) gibt die Stelle bei Min. Oct. 23,12 (Kytzler 21) frei, aber inhaltlich korrekt wieder. Es fehlt etwa die Erwähnung, dass die Söhne der Erde ignobiles waren. Dennoch scheint es, dass Laktanz diese kennt, wenn Lact. inst. I 13,9 (Heck/Wlosok 59) Varro ergänzt, auf den die Vorstellungen zurückgehen. Wie gezeigt wurde, kann die Liste selbst aber nicht von Varro stammen. Lact. epit. 14,2f (Heck/Wlosok II, 15) verneint die Deutung, gibt dann aber Hermes Trismegistos als Zeuge dafür an. 924 Ein Vorteil in dieser Argumentation aus rhetorischer Sicht konnte nicht erkannt werden. Allenfalls sieht er darin die Vorstellung einer creatio spontanea des Menschen suggeriert, die aber in der Quelle bei Tertullian und Minucius jedenfalls nicht auftaucht. Der Meinung, dass Menschen aus Schlamm entstehen können, ist Demokrit, sie hat sich in der Antike aber nicht allgemein durchgesetzt. Vgl. dazu Monat, Institutions II, 320. 925 Vgl. Lact. inst. I 11,55 (Heck/Wlosok 52f) mit Bezug auf Ovid, met. XIV 620. Lact. inst. I 11,61 (Heck/Wlosok 53f) nennt als weitere Quelle für die UranosArgumentation den Hermes Trismegistos. 926 Ebd. I 13,14 (Heck/Wlosok 60).

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(Göttlicher) zuteil.927 Dennoch wagt Laktanz eine vorsichtigere Kritik des traditionellen Apotheose-Verständnisses, die er vorbereitend auf den griechischen Herkules und die Athletenverehrung bezieht.928 Dann aber bezieht er sich insbesondere auch auf bellicosi duces (kriegerische Führer), wobei er sie insofern als unmoralische Menschen in den Blick nimmt, als sie durch ihre Kriegstreiberei Leben zerstörten.929 Er nennt ihre Verbrechen exercitus ducere, aliena vastare, delere urbes, oppida excindere, liberos populos aut trucidare aut subicere servituti (ein Heer führen, Fremdes verwüsten, Städte zerstören, Festungen schleifen, freie Völker abschlachten oder in Knechtschaft abführen). Auch hier endet Laktanz mit einer rhetorischen Frage: Wer würde bei diesen Aufnahmebedingungen noch zu den Göttern erhoben, wenn die Menschen in Eintracht lebten?930 Wenn man die Anrede an Konstantin ernst nimmt, könnte man hier durchaus eine Aufforderung an diesen herauslesen, Kriegszüge zu unterlassen und die wahre Glückseligkeit bei Gott, die er im siebten Buch ausführt, anzustreben.931 Sein Fazit, dass die Vergöttlichten dafür gar nicht infrage kamen, da sie keine homines probi (rechtschaffene Menschen) waren, bezieht sich wieder auf die traditionellen Götter, umfasst aber aufgrund des vorher Gesagten auch kriegerische Führer. Trotz dieser Gelegenheit des Aufrufs zu friedlicher Herrschaft, die ihm die euhemeristische Argumentation bietet, trotz der breiten Bildung, die er anhand der Argumentation zeigen kann, und trotz der dadurch ermöglichten Bildung eines rednerischen Ethos als rationalistischer Deuter der traditionellen Göttererzählungen932 muss die Frage auch gestellt werden, wieviel Laktanz mit dieser breiten Argumentation für das Christliche wirklich gewinnt. Der letzte zu behandelnde Autor, Augustinus, gibt ihm insofern nicht Recht, als er weitgehend auf solche Gedanken verzichtet.933 Gegenüber Minucius hat Laktanz zwar den 927 CIL 11, 6218 = D 706. Zu verschiedenen Diskussionen um seine Divinisierung und Konsekrierung, Clauss, Kaiser und Gott, 196–206.535. 928 Lact. inst. I 18,3–6 (Heck/Wlosok 77f): Sein Spott, dass man auch hätte wilde Tiere vergöttlichen können, wenn man ihn nur aufgrund seiner corporalis fortitudo zu den Göttern erhob, könnte schärfer nicht sein. 929 Vgl. ebd. I 18,8 (Heck/Wlosok 78). 930 Vgl. ebd. I 18,13 (Heck/Wlosok 79). 931 Vgl. ebd. VII. Für eine kürzere Argumentation für die Rückführung der munera der Ceres und des Liber auf Gott, siehe ebd. I 18,20 (Heck/Wlosok 80). 932 Dieser Punkt ist nach Lact. epit. 13,1 (Heck/Wlosok II, 14) wichtig: ad historiam veniamus, quae simul et rerum fide et temporum nititur vetustate. 933 Er hätte die Möglichkeit gehabt, sich ebenfalls als besserer Apologet zu profilieren, da in der Argumentation des Laktanz in den Details einige Fehler vorzufinden sind. Lact. inst. I 6,12 (Heck/Wlosok 25) macht die achte Sibylle des Katalogs in

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Vorzug, dass er eine Verknüpfung zwischen Einführung des Götterkultes und den Übeltaten der Menschen herzustellen versucht, aber nach der Theorie bleibt die Gefahr einer allzu positiven Bewertung der römischen Geschichte. Wie seine Vorgänger argumentiert Laktanz gegen diese Gefahr mit der Vorstellung von Dämonen, die hinter den traditionellen Göttern stehen.

4.7 Fortschreibungen der Dämonologie bei Laktanz Zur Argumentation mit den Dämonen934 stellen sich bei Laktanz zwei grundsätzliche Fragen. Einerseits ist zu untersuchen, inwiefern er sich überhaupt noch um eine apologetische Argumentation bemüht oder einfach eine Erklärung der heidnischen Kultur auf biblischer Grundlage gibt, die sich an die frühere Apologetik nur anlehnt. Zur Monotheismus-Thematik stellt sich bei ihm andererseits wie bei keinem anderen Autor die Frage, inwiefern er überhaupt innerhalb eines monistischen Systems bleibt oder die Dämonen und der Teufel in einem dualistischen System begreift. In einem recht langen Kapitel, das sich sowohl in den Divinae Insitutiones als auch leicht gekürzt in der Epitome findet,935 arbeitet Laktanz zu den Dämonen in erster Linie historisch, wobei der Fall der Engel geklärt werden soll, der erst nach dem Fall des Menschen stattfand.936 Wie der Euhemerismus und die Kritik an der Verehrung lebloser Bilder ist auch die Argumentation mit den Dämonen in eine antitraditionalistische Rhetorik eingebettet, nach der man sich nicht an den maiores und ihren fallaciae (Täuschungen) orientieren soll, sondern an der Vernunft.937

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Marmessus anstelle von Marpessus ansäßig. Monat, institutions I, 79 meint, dass der Fehler nicht auf einen Kopisten zurückgehe. Lact. inst. I 17,6 (Heck/Wlosok 74) übernimmt von Min. Oct. 22,1 (Kytzler 19) die Vorstellung, dass Isis ihren Sohn verloren habe. Im traditionellen Mythos, der bei Plut. Is. am vollständigsten überliefert ist, stirbt aber ihr Gatte Osiris. Vgl. Monat, Institutions I, 175. Bei Laktanz gibt es im Gegensatz zu Tertullian und Minucius nun keine bösen Engel mehr, sondern nur noch gute. Vgl. Schneweis, Angels and demons, 7. Als lateinischen Begriff dafür verwendet er genii. Lact. inst. II 14,12 (Heck/Wlosok 187). Ebd. II 14,1–17,12 (Heck/Wlosok 185–198). Lact. epit. 22–24 (Heck/Wlosok II, 26–32). Monat, Institutions II, 186 spricht von einer Inspiration durch griechische Apologeten, durch Vermittlung von Tertullian und vor allem Minucius Felix. Dagegen argumentiert Aug. civ. XI 13 (CChr. SL 48, 333–335) in Bezug auf Joh 8,44 und 1 Joh 3,8, wo er Laktanz ebenso trifft, wenn er gegen die Vorstellung einer Schöpfung des Teufels als bösen Geistes ankämpft. Lact. epit. 22,1 (Heck/Wlosok II, 26). Kürzer ist das Argument in Lact. inst. V 19,3 (Heck/Wlosok 507). Lact. inst. II 17,6–11 (Heck/Wlosok 196–198) fasst

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Umso erstaunlicher ist es, dass er zwar auctoritates für vernünftige Argumentationen anführt, aber gleichzeitig diese nicht beansprucht, sondern nur kommentiert. Im Vergleich zu den auctoritates bei Minucius Felix sind nur wenige Neuerungen festzustellen.938 Das erste und letzte Wort hat bei Laktanz Hermes Trismegistos, allerdings mit sehr kurzen Begriffen, die nicht mit der von Tertullian verwendeten Bedeutung des Begriffs der Dämonen gleichzusetzen ist.939 Das erste Zitat bezieht sich auf den Führer innerhalb der Gruppe, wenn der daimoniarchen (Dämonenfürst) genannt wird,940 der zweite auf die Masse von ihnen, ἀγγέλοι πονηρόι (böse Engel).941 Bei den Poeten (namentlich Hesiod), den Philosophen (namentlich Plato und Sokrates) und den Magiern (der Name entfällt) sieht es zunächst so aus, dass er nur die Argumentation des Minucius auffüllen möchte, ohne seine Erwähnungen zu wiederholen. So zitiert er aus Hesiod, streicht aber gerade diejenigen Zitate, die Minucius anführt.942 Bei der genaueren Analyse entsteht der Eindruck, dass er sie gar nicht als auctoritates für die Existenz derselben anführen möchte, da sie insgesamt einen anderen Dämonenbegriff haben, sondern dass es ihm darum geht, den Wahrheitsgehalt der biblischen Offenbarungen zu stützen, wenn er richtige Meinungen zu den Dämonen bei den heidnischen Autoren durch diese Berichte erklärt. So nehmen die grammatici das Wissen der Dämonen wahr, das aufgrund ihrer ursprünglichen Existenz, die in den biblischen Schriften beschrieben wird,943 bestätigt werden

938

939 940 941 942 943

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die Argumente des Abschnittes zur Dämonologie noch einmal zusammen. Gegen den Totenkult nennt er die Hinwendung zum Lebendigen, da dem einen Gott omnis anima subiecta sei. Gegen den Kult der Materie erwähnt er die status-rectus-Rhetorik. Die Dämonen hingegen würden nur Dunkelheit über die Menschen bringen, damit sie nicht nach dem wahren Gott fragten. Auch bei ihm ist die Darstellung der beiden Kategorien der daemones caelestes et terreni eindeutig durch 1 Hen bestimmt, wobei er die daemones terreni nie Riesen nennt. Vgl. Schneweis, angels and demons, 87 f. Minucius ist auch hier eindeutig Vorlage des Laktanz, obwohl er dies nicht vermerkt. Die Unterschiede bestehen darin, dass Laktanz den Hostanes nicht benennt, dafür die Einleitung mit den grammatici beginnt und die ansonsten aus Plato, Krat. 398b bekannte Etymologie wiedergibt. Vgl. dazu die Anmerkungen zu Tertullian in Kap. 2.5. Lact. inst. II 14,6 (Heck/Wlosok 186). Vgl. Löw, Hermes Trismegistos, 162–164 für diese Figur in der Hermetik, die für Laktanz natürlich der Vorstellung des Teufels nahekommt. Ebd. II 15,3 (Heck/Wlosok 188). Hes. erg. 122f. Diese wird durch die Geschwindigkeit ergänzt, dank der sie Nachrichten aus himmlischen Sphären erhaschen können.

kann, gelangen aber zu einer letztlich doch irreführenden Definition, da sie dieses tatsächlich vorhandene Wissen überschätzten. Die Poeten wussten von der custodia (Bewachung), was auf ihren ursprünglichen Auftrag verweist, die Menschen vor dem Bösen zu beschützen. Diesen hätten die Dämonen zwar aufgegeben, möchten aber nach wie vor als custodes gesehen werden,944 weil sie damit ihren eigenen Kult fördern möchten.945 Systematische Gedanken bei Plato, Sokrates oder den Magiern,946 die er ebenfalls erwähnt, vermag er keine zu vereinnahmen. Er geht weiter zur römischen Geschichte, wo er die schlechten Geister nachweisen möchte.947 Das spannendste Argument ist hier dasjenige, dass sich die Dämonen einen höchsten König, Jupiter, ausgedacht hätten. Damit hätten sie Wahres und Falsches gemischt. Laktanz führt aus, dass das Wahre im Zugeständnis eines höchsten Gottes liege, das Falsche aber in der Benennung desselben, da er ja keinen Namen brauche.948 Dies alles könnten aber die Heiden nicht wissen, da die Dämonologie der Vernunft verschlossen sei.949 Sie kennen weder condicio (Lage) noch origo (Ursprung) noch nomina (Namen) noch ratio (Grund) der Dämonen.950 Dank der vorhergehenden Argumentation glaubt er aber zusammenfassend auch bezüglich der vielen Götter dazu auffordern zu können, doch den eigenen Verstand zu benutzen und nicht fremden Irrtümern zu folgen.951 Im vierten Buch verweist Laktanz im Kontext der Rolle Jesu Christi bei der Bekämpfung von Dämonen noch einmal auf die testimonia poetarum ac

944 Lact. inst. II 14,1 (Heck/Wlosok 185): misit angelos ad tutelam cultumque generis humani. Lact. inst. II 14,8 (Heck/Wlosok 187): Quod idcirco dictum est quoniam custodes eos humano generi Deus miserat. 945 Vgl. auch Lact. epit. 23,1 (Heck/Wlosok II, 28). Obwohl Laktanz ansonsten nicht von bösen Engeln spricht, korrigiert er dieses Zitat des Hermes Trismegistos nicht. 946 Lact. inst. II 16,11 (Heck/Wlosok 192f). Dass er die Magier überhaupt aufnimmt, verweist am stärksten auf Minucius. Tatsächlich hätte er eine riesige Auswahl an weiteren Phänomenen, die er hier als von Dämonen verursacht anführen könnte. 947 Ebd. II 16,11–20 (Heck/Wlosok 192–195) behandelt die Rolle Junos beim Verlust der Schlacht apud Cannas in einer breiten Argumentation und schließt, dass ja dieselben Dämonen in früheren Zeiten auch Menschenopfer forderten. 948 Ebd. II 16,5f (Heck/Wlosok 191): Nam Deus, ut in principio docui, neque nomine, cum solus sit, eget. 949 Ebd. II 15,1 (Heck/Wlosok 188) nennt die ratio obscura. 950 Ebd. V 19,2 (Heck/Wlosok 507). Laktanz deutet damit umgekehrt an, dass die Christen all dies wüssten, ohne etwa Namen anzuführen. 951 Ebd. V 19,3 (Heck/Wlosok 507): ad iudicia maiorum confugiant.

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prophetarum für die Existenz derselben.952 Er sieht hier die Notwendigkeit, den Götterbegriff von ihnen fernzuhalten, da die Unterscheidung zwischen Göttern und Dämonen trotz seinen Ausführungen eine Argumentation für den Götterkult möglich machen könnte. Hier widerlegt er die Götterverehrung damit, dass die Götter im Gegensatz zu Jesus Christus gegenüber dem Phänomen der Besessenheit machtlos seien.953 Der logische Schluss, dass wirkmächtige Geister, die sich als Götter ausgeben möchten, eigentlich Dämonen sein müssen, ist im Hinblick auf mittelplatonische Dämonologie richtig, da nur Dämonen wirkmächtig sein können.954 So kann man sagen, dass der apologetische Zugang zur Dämonologie, der ansonsten einer christlichen Erklärung der heidnischen Kultur weicht, hier am deutlichsten wird, da er Aussagen aus der heidnischen Literatur gegeneinander ausspielt. Der Abschnitt zur Dämonologie ist eingebettet in die Thematik der Entstehung des Bösen, von der Laktanz ein zusammenhängendes historisches955 und systematisches956 Bild entwickeln möchte. Im dazu gehörigen Kapitel sind die sogenannten dualistischen Zusätze der späteren Version der Divinae institutiones eingearbeitet.957 Der Teufel wird hier als princeps über die bösen Geister beschrieben, wobei Jesus Christus parallel dazu princeps angelorum ist. Die Dämonen nehmen für ihn als satellites ac ministri (Wächter und Diener) die gleiche Funktion ein wie die Engel für Gott. Der zweite Geist wird in der ersten Version als einer geschildert, in dem der göttliche Charakter non permansit (nicht blieb), in der zweiten aber, in dem der göttliche Charakter non permaneret (nicht bleiben würde).958 Einen häufigen Grund für eine solche Darstellung, das 952 Ebd. IV 27,10 (Heck/Wlosok 421). 953 Ebd. IV 27,12 (Heck/Wlosok 422): Iubeat utriuslibet sacerdos dei sui nomine ut nocens ille spiritus excedat ex homine: nullo id pacto fieri potest. 954 Ebd. IV 27,16 (Heck/Wlosok 423). Hat Apuleius dieses Problem zu wenig reflektiert? Karfíková, Polemik, 187 kann ihn zumindest nicht verteidigen. Das einzige Argument, das sie anführt, besteht darin, dass Apuleius den Schluss, dass „alle religiösen Riten nur an die Dämonen, nicht an die unaffizierbaren Götter adressiert werden können“ eine Folgerung sei, die „Apuleius selbst nicht zieht oder nicht zu ziehen wagt.“ 955 Insbesondere Lact. inst. II 8 (Heck/Wlosok 147–163) in Bezug auf den guten und den schlechten spiritus. 956 Insbesondere Lact. epit. 24 (Heck/Wlosok II, 30–32). Dazu auch bereits Lact. inst. II 17,1–5 (Heck/Wlosok 195f). Vgl. dazu Heck, Epitome, 78. 957 Vgl. dazu Wlosok, Gnosis mit den allgemein anerkannten Theorien dazu. 958 Lact. inst. II 8,6 (Heck/Wlosok 149f). Schneweis, angels and demons, 94 untersucht hier nur die erste Version. Die zweite Version ist mit der Freiheit des Satans

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Prädikat des Allwissens für Gott, gibt er hier nicht an, sondern er kommt zur Aussage deus fecit in principio bonum et malum (Gott machte am Anfang das Gute und das Schlechte).959 Auch die Epitome enthält einen Zusatz zur Fragestellung, der vielleicht die Änderung besser erklären kann.960 Hier geht er der stoischen These nach, dass etwas Gutes ohne das Böse nicht sein kann, und kommt zum Ergebnis, dass Gott mit seiner perfecta patientia (vollkommene Geduld) einen Wettkampf einrichtet und zulässt,961 um die Siegreichen mit dem Kranz der Unsterblichen auszuzeichnen.962 Hier erscheinen die Dämonen als Teil eines göttlichen Plans und übernehmen die Rolle, fallaciae einzurichten, um die Menschen zu prüfen.963 Die Auflösung der Frage kann für ihn deswegen nur endzeitlich geschildert werden. In diesen Kampf, der aufgrund seiner Theorie eigentlich gar nicht zu gewinnen ist, greifen die Christen dank exorzistischer Fähigkeiten ein.964 Heck möchte hier von einem „Dualismus mit monistischer Überdachung“ sprechen.965 Das entspricht sicher der Intention des Laktanz. Inwiefern der Dualismus aber nicht auf die „Überdachung“ zurückfällt, ist durch diese Benennung nicht geklärt.966

4.8 Zusammenfassung Laktanz kennt die Apologien seiner beiden Vorgänger und entscheidet sich für diejenige des Minucius als Vorlage. Dessen Text schätzt er einzig als zu kurz ein und so weitet er diesen zu sieben Büchern aus, wobei er im zweiten Teil den christlichen Glauben gegenüber römischen Gebildeten rechtfertigen möchte.

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nicht mehr zu verbinden. Lact. inst. VII 5,27 (Heck/Wlosok 664): sublato igitur malo etiam bonum tolli necesse est. Lact. inst. II 12,16 (Heck/Wlosok 180). Lact. epit. 24, 4–9 (CSEL 19, 697f). Dazu Heck, Epitome, 78. Auch Lact. ira 13,14 (CSEL 27, 102). Lact. inst. II 17, 3 (Heck/Wlosok 196). Lact. epit. 24,11 (Heck/Wlosok II, 32). Lact. inst. II 14,11–15 (Heck/Wlosok 187f). Auch ebd. II 17,1 (Heck/Wlosok 195). Vgl. dazu wiederum ebd. IV 27 (Heck/Wlosok 419–424) für eine Diskussion der Dämonen innerhalb der Christologie. Heck, Epitome, 36. Laktanz antwortet einzig mit der stoischen These, dass die Existenz des Bösen nicht Gott anzurechnen ist, da die Tugend ohne das Böse nicht existieren könnte. Vgl. Freund, Vita beata, 289–293. Damit steht aber doch Gott unter einem Gesetz, das göttlicher ist als er selbst.

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Ohne die alten Argumente und Vorstellungen grundlegend zu ändern, sucht Laktanz überall nach zusätzlichen Wegen der Argumentation und stellt die Argumentation unter übergreifende Konzepte. So möchte er das Christentum bezüglich der Einzigkeit Gottes nicht nur als der Wahrheit entsprechend profilieren, sondern spricht auch von der Verknüpfung der sapientia mit einer religio, um gerade dem monotheistischen Kult der Christen eine Bedeutung zu verleihen. Das Argument für die Existenz des einen Gottes aus der anima bei Tertullian klingt bei Laktanz nur kurz an, während er die gesamte Argumentation des Minucius für die providentia und ihre Einzigkeit ausführt. Er ergänzt diese etwa mit dem philosophischen Argument, dass der menschliche Körper ja ebenso von der einen anima gelenkt werde oder mit dem juristischen Argument, dass Gott als pater von allem keine weiteren Väter zugesellt werden können. Die verschiedenen Autoritäten für den einen Gott, die Minucius aus De natura deorum übernahm, sind gekürzt, nur bei wenigen Philosophen wie Antisthenes wesentlich verbessert und enden dem Publikum entsprechend mit römischen Autoren (Cicero und Seneca). Doch sie bilden nicht den Abschluss der Klimax in Bezug auf das Gottesdenken, das für Laktanz der Wahrheit entsprechend nur in Offenbarungen zu suchen ist. So schließt er ohne die unterschiedliche Nähe derselben zum Christentum zu besprechen die Argumentation mit den divina testimonia bei Hermes Trismegistos, den Sibyllen und den Apollo-Orakeln. Die Argumentation gegen die vielen Götter weitet er aus, indem er auf die Euhemeros-Übersetzung des Ennius zurückgreift und die Geschichten über die Götter insofern rhetorisch geschickt auswertet, als die Dichter ihre ungerechten Taten noch entschärft hätten und somit auf schlimmere Umstände bei der Entstehung des Götterkultes zu schließen sei. Mit der Übernahme der Vorstellung der aurea aetas und dem Zerfall des ursprünglichen Gutseins in der Zeit der Einführung des Götterkultes, zeigt er ein feines Gespür für das Geschichtsbild seiner Adressaten und mit der besonderen Betonung des Jupiter und des Herkules kann er gezielt auf den Staatskult vom Standpunkt der römischen Tetrarchie seit Diokletian Bezug nehmen. So gelingt es ihm, das Christentum als attraktive Religion darstellen, während der Staatskult, den der traditionalistische Römer Cicero nicht abschaffen wollte, durch Verfolgungen Andersdenkender gestützt werden muss. In beträchtliche Probleme gerät Laktanz, den christlichen Glauben gleichzeitig aus griechisch-römischen Quellen und dennoch im Einzelnen und konsensfähig im Hinblick auf die christliche Gemeinschaft darzustellen. Bei der Dämonologie kommt er nicht über eine schmale Grundlage, die er von Minucius beziehen 180

kann, hinaus und führt dann aus, dass die christlichen Schriften zu origo und ratio der Dämonen noch Weiteres zu bieten haben. Die Gewichtung der Dämonologie als grundlegenden Bestandteil des christlichen Glaubens führt ihn zur dualistischen Auffassung, dass Gott zwei Geister geschaffen habe, von denen einer abfiel, wobei der Teufel als abgefallener, schlechter Geist zum princeps daemonum wurde, dem Jesus Christus als guter Geist und princeps angelorum gegenübergestellt wird. Das Problem einer derartigen Verzerrung umgeht erst Augustinus, der die Zweiteilung des Laktanz zwar übernimmt, aber den christlichen Glauben im zweiten Teil auch bei der Auswahl auf biblischer Grundlage darstellt, um die Vereinbarkeit mit der Philosophie in einem zweiten Schritt zu prüfen.

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5. Zwischen Rhetorik und Philosophie: Augustins Argumentation mit der Einzigkeit Gottes in De civitate dei 5.1  De civitate dei als apologetischer Text und als Text über (frühere) Apologien Die Frage, inwiefern es sich bei Augustins De civitate dei um eine Apologie handelt, stellt sich gegenüber den vorhergehenden Texten neu, da Augustinus mit seinen Argumentationen einen weit weniger deutlichen Bezug zu seinen Vorgängern herstellt als dies bei Minucius Felix und Laktanz der Fall war. Tertullian beachtet Augustinus nur am Rande und nur anhand seiner Schrift Ad nationes.967 Die Argumentation mit der Einzigkeit Gottes dürfte er bei diesem Autor zwar akzeptiert haben,968 doch bei seinem materialistischen Gottesbild wundert er sich, dass es nicht als ketzerisch verurteilt wurde.969 Minucius Felix beachtet Augustinus in seinem gesamten Werk nie namentlich. Der Bezug auf Laktanz, von dem er für sein früheres Werk De vera religione in Aufbau und Titel beeinflusst war, ist auch bei De civitate dei stärker.970 Es ist wohl kein Zufall, dass er ihm im Gegensatz zum zuvor genannten afrikanischen Theologen einzig Unvollständigkeit vorwirft.971 Genauso war bereits Laktanz selbst in der Bewertung der apologetischen Schriften von Tertullian und Minucius Felix vorgegangen.972 Die

967 Vgl. Aug. civ. VII 1 (CChr. SL 47, 185): Qua in re non dico quod facetius ait Tertullianus fortasse quam verius: Si dii eliguntur ut bulbi, utique ceteri reprobi iudicantur. Die Stelle bezieht sich auf Tert. nat. II 9 (CChr. SL 1, 55–57). 968 Vgl. dazu Aug. bapt. VII 30f (CSEL 51, 353). Die Argumentation von Bischof Saturninus von Thugga verweist auf Tert. adv. Marc. I 7 (CChr. SL 1, 447–449). Eine Abhängigkeit kann allerdings nur implizit festgestellt werden. Vgl. dazu Van Nuffelen, Categorization, 451–463. 969 Vgl. Aug. haer. 86 (CChr. SL 46, 338): Tertullianus ergo, sicut scripta eius indicant, animam dicit immortalem quidem, sed eam corpus esse contendit: neque hanc tantum, sed ipsum etiam Deum. Nec tamen hinc haereticus dicitur factus. 970 Vgl. O’Daly, City, 39–52, hier 51. Er bespricht auch noch die Schriften des Arnobius für diese These. 971 Vgl. Aug. civ. XVIII 23 (CChr. SL 48, 614f). Zur Argumentation mit den Sibyllen s.o. Kap. 4.2. Hinzuweisen ist hier auch auf die Anmerkungen, die Augustinus gegenüber den scriptores zur richtigen Abschrift macht. 972 Vgl. Lact. inst. V 1,22–28 (Heck/Wlosok 440f) und s.o. Kap. 3.1.

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konkreten Lösungen sind bei Augustinus aber weit von denjenigen des Laktanz entfernt, er dürfte sie möglicherweise aus einer rhetorisch motivierten Rücksicht auf das Ansehen des früheren Autors nicht als Kritik formuliert haben. Stellt man infrage, inwiefern De civitate dei als apologetische Schrift zu behandeln ist, muss man insbesondere die konkreten Argumente im Text in Bezug darauf analysieren, inwiefern sie eine Widerlegung von Angriffen und eine Überzeugung zum Christentum bieten können.973 Es lohnt sich aber auch, einen Blick in die Briefe, Schriften und Stellen in De civitate dei selber zu werfen, wo Erklärungen und Anmerkungen zum Werk geboten werden. Zum Charakter der Schrift führt Augustinus im speziell sorgfältig komponierten ersten Satz der praefatio (Vorwort) aus, dass es eine defensio (Verteidigung) der civitas dei (Bürgerschaft Gottes)974 gegen diejenigen sei, die dem Begründer derselben ihre Götter vorziehen würden. Im ersten Buch erscheinen diese Gegner noch als historische, aber nie genauer bestimmte Personen,975 die als Flüchtlinge aus dem 410 durch die Goten unter Alarich eroberten Rom nach Afrika kommen und nun das seit kurzem im Römischen Reich etablierte System der Verehrung des christlichen Gottes und der Unterlassung des Kults der vielen traditionellen Götter infrage stellen. Diese Gegnerschaft verliert sich im Verlauf der Argumentation, während derer über zehn Jahre verstrichen sind,976 immer mehr in ein reines Konstrukt.977 Einzig am Ende des fünften Buches werden noch einmal „einige Leute“ genannt, die eine Art „Gegenschrift“ vorbereiten würden.978 Augustinus differenziert sein Konstrukt im Rückblick auf den ersten Teil seiner Schrift in Brief 184A.979 Im Grunde gebe es tatsächlich zwei Gruppen, die 973 Siehe dazu die zusammenfassenden Diskussionen bei Kahlos, Continuity und insbesondere Jacobsen, Apologetics, 5–22. Der Autor betont die Unterschiedlichkeit der Textgattungen, deren sich die sogenannten Apologeten bedienen. 974 Zum Begriff civitas dei s.u. Kap. 5.2. 975 Augustinus beschreibt sie nur als „viele, die jetzt die christlichen Zeiten schmähen und die Leiden, die jener Stadt widerfuhren, Christus zuschreiben“ (Üb. Thimme 4, Aug. civ. I 1 (CChr. SL 47,1)). 976 Vgl. zur Entstehung der 22 Bücher O’Daly, City, 27–38. 977 Genauso wie der historische Adressat des Textes, Marcellinus, immer mehr in den Hintergrund tritt, was allerdings auch mit seinem unerwarteten Tod vor der Veröffentlichung der ersten drei Bücher zu tun hat. Vgl. dazu ebd. 32–37. 978 Üb. Thimme 279 (Aug. civ. V 26 (CChr. SL 47, 163)): audivi quosdam nescio quam aduersus eos [tres priores libros] responsionem scribendo praeparare. 979 Wohl ungefähr 418, vgl. O’Daly, City, 35. Augustinus befindet sich nach eigenen Angaben am Ende des Buches 14.

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es in De civitate dei zu bekämpfen gelte: diejenigen, die die superstitiones (abergläubische Praktiken) für wahr hielten, und die anderen, die sich keiner religio verpflichtet fühlten.980 Aus diesem Befund ist herauszulesen, dass Augustinus gegenüber Gegnern diskutiert, an die die Argumentation entweder nur sehr wenig anknüpft981 oder die gänzlich als idealtypische, gebildete pagani oder gentiles konstruiert werden.982 Augustinus führt aber auch aus, dass er von ihnen keine schriftlichen Zeugnisse besitze,983 und bespricht ihre Position deswegen über ihre vermuteten Autoritäten.984 Damit ist nun aber nicht der apologetische Charakter von De civitate dei infrage gestellt.985 Das Bedürfnis für Apologetik muss aber nicht nur in eventuellen Angriffen gesucht werden, sondern in den christlichen Gemeinden selbst,986 die

980 Vgl. Aug. ep. 184A,5 (CSEL 44, 735). 981 Mögliche Argumente der Gegner werden insbesondere in den ersten Büchern besprochen. Das erste Buch könnte am ehesten noch als rhetorische Gelegenheitsschrift gelten, bietet aber gerade deswegen für diese Untersuchung nur in den Randkapiteln Stoff. Vgl. dazu Jacoby, Philologischer Kommentar. 982 Besonders gut herausgearbeitet bei Tornau, Rhetorik, 112–126. 983 Aug. civ. V 26 (CChr. SL 47, 163): deinde ad me perlatum est, quod iam scripserint, sed tempus quaerant, quo sine periculo possint edere. Vgl. hierzu Kahlos, Grenzgestalten, 166 f. 984 Ein nach Augustins Definition paganer Gegner wäre aus früheren Zeiten etwa Maximus von Madaura, und insbesondere die Argumentation gegenüber Varro könnte man als verspätete Antwort auf dessen Verteidigung der Verehrung der traditionellen Götter interpretieren. Aug. ep. 16. 17 (CSEL 34/1, 37–44). Hierzu immer noch am aufschlussreichsten Beyerhaus, Philosophische Voraussetzungen, 6–44. 985 Musste man früher begründen, dass die Schrift sich nicht nur an Heiden richtete, Van Oort, Jerusalem and Babylon, 349, sollte die neue Diskussion nicht zum anderen Extrem führen. Richtig, aber ziemlich banal ist die Feststellung, dass De civitate dei sich nicht an die Gruppe richten kann, die darin als Gegner konstruiert wird. Seltsamerweise gibt es mittlerweile das Argument, dass die bedeutend aggressiver geschriebenen Texte von Tertullian sich mehr an pagane Adressaten richteten als De civitate dei. Van Oort, Jerusalem and Babylon, 361 nennt Tertullian nicht, sondern etwa Clemens und Laktanz. Immer damit verknüpft ist auch die Protreptik. Vgl. Aug. civ. I 1 (CChr. SL 47, 4), wo er ohne biblische und vernünftige Begründung behauptet, dass viele noch zu idonei cives werden würden. 986 Aug. ep 1A* ad Firmum (CSEL 88, 7–9) an Firmus ordnet zumindest die Verbreitung auch in Karthago selbst an. Besonders aufschlussreich zum Verständnis als Bestärkung sind Stellen wie Aug. civ. I 36 (CChr. SL 47, 34): ut (…) asseramus civitatem dei veramque pietatem et dei cultum. Zitiert in Van Oort, De civitate Dei, 361.

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von den Ereignissen 410 genauso überwältigt waren.987 Die Argumente sollen Interpretationsmöglichkeiten für gebildete Christen bei der gegenwärtigen Lage des Römischen Reiches aufzeigen. Dass Augustinus konkrete Fragen aus den Gemeinden mit aufnahm, zeigen Vergleiche etwa mit De excidio urbis Romae oder die Bemerkung, dass er mit der Herausgabe des vierzehnten Buches Antworten auf verschiedene quaestiones liefern könne.988 Man könnte den Grund für das Verfassen dieses so umfangreichen Werks auch in der Rezeption suchen, in der es die Erinnerung an die früheren Apologien immer mehr verdrängt hat.989 Vom Text her ist die Eigenständigkeit in Bezug auf Gottesbild und Verhältnis zwischen heidnischer Bildungskultur und Christentum so groß, dass De civitate dei als Text interpretiert werden kann, der in diesen Punkten bei bestehendem Bedürfnis nach apologetischen Argumentationen einen Rückfall in Argumentationsstrukturen zu Zeiten Tertullians und des Minucius verhindern sollte.990 Im Vergleich zum umfangreichen Gesamtwerk Augustins steht De civitate dei unerwartet einsam da.991 Dies zeigt noch einmal, dass er damit auf die historischen Ereignisse reagiert. Die Abfassung zu dieser schon späten Zeit wäre ohne diese Veranlassung umso verwunderlicher, als er seine Beschäftigung mit heidnischen Autoren wohl mehr aus praktischen Gründen als aus ideologischen aufgrund seiner Tätigkeit als Bischof weitgehend ausgesetzt hatte.992 Dennoch

987 Fiedrowicz, Apologie, 130–144 für die These eines Wiedererwachens von Verteidigungen des Kultes der traditionellen Götter. Zu diskutieren wären Texte wie die Saturnalia des Macrobius, das Gedicht De reditu suo von Rutilius oder die Darstellung in der Neuen Geschichte des Zosimus. 988 Aug. ep. 184A,5 (CSEL 44, 735). 989 S.o. Kap. 2.1 und 3.1 für die Situation der Überlieferung des Apologeticum und des Octavius. 990 O’Daly, City, 39 spricht von anderen Fragestellungen, die das nachkonstantinische Christentum zu bewältigen hatte. Gerade bei metaphysischen Argumentationen um den einen Gott, die weniger zeitgebunden zu diskutieren sind, scheint mir diese Vorstellung aber wenig hilfreich. Eine neue Ausgangslage ergibt sich allerdings durch die Dogmen der Konzilien. 991 Durchgehend apologetische Texte gibt es von Augustinus keine längeren (etwa Sermo Dolbeau 26), oder die Texte sind nicht vollständig apologetisch (etwa Teile aus De consensu evangelistarum I oder De doctrina christiana II). 992 Zur These, dass sich Augustinus speziell für die Abfassung dieses Werks eine Bibliothek vorbereitete, vgl. Hagendahl, Classics, 705–708. Er zeigt dabei, dass 92% der Beschäftigung Augustins mit Varro und 80% der Beschäftigung mit dem Timaios in De civitate dei zu finden sind.

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finden sich in verschiedenen Werken immer wieder ähnlich oder gleich strukturierte Argumente, die insbesondere bei größerer Ausführlichkeit ebenfalls herangezogen werden müssen. Welche dies sind, unterscheidet sich für die verschiedenen Teile des Werks erheblich. Augustinus selbst beschreibt den Aufbau stets gleich. Als Grundstruktur nennt er einen zehn Bücher umfassenden apologetischen und einen zwölf Bücher umfassenden verteidigend darstellenden Teil993 und gibt zu, diese eigenen Vorgaben aus praktischen Gründen nicht einhalten zu können.994 Genauer beschreibt er die Struktur, wenn er von möglichen Fassungen in codices spricht und ausführt, dass die Verteidigung gegen die Notwendigkeit der traditionellen Götterverehrung für das Wohl des irdischen Staates oder für das Wohl nach dem Tod in jeweils fünf Büchern und der verteidigenden Darstellung der civitas dei in ihrer Entstehung, ihrem Fortgang und ihrem Ende in jeweils vier Büchern zu fassen sind.995 Für die Fragestellung nach der Argumentation mit der Einzigkeit Gottes gibt das schon gewisse Anhaltspunkte dafür, wo die zentralen Stellen zu suchen sind. Hilfreich ist demgegenüber aber auch noch eine weitere Unterteilung in eine Argumentation gegenüber den Platonikern, die im achten Buch beginnt und mit dem Beginn des elften Buches ihren Charakter ändert, da es nun Fragen betrifft, bei der die Platoniker für Augustinus nur bedingt als Autoritäten zitiert werden können. Dennoch gehört auch die Entstehung der civitas dei, verknüpft mit der philosophischen Frage nach den principia (Anfänge und Ursprünge) des Seienden, fundamental zur Fragestellung nach der Argumentation mit der Einzigkeit Gottes und der Möglichkeit der Adaption reiner Vernunftargumentationen im Kontext platonischer Philosophie. Um eine Auswahl an Vergleichstexten aus dem Gesamtwerk Augustins bestimmen zu können, muss zunächst ausgeführt werden, welche Themen aus der Vielfalt in der Argumentation in De civitate dei zu berücksichtigen sind. Nachdem die Behandlung der Einzigkeit Gottes in den Kontext des Gesamtthemas der civitates gestellt wurde, soll es um die Rhetorik im Hinblick auf die Notwendigkeit der Verehrung der traditionellen Götter für den römischen Staat in Auseinandersetzung mit Varro gehen und dabei um die Frage, welche Rolle die Einzigkeit Gottes spielt. Die neue Positionierung gegenüber den Platonikern soll in einem eigenen Kapitel besprochen werden. In einem ersten Hauptkapitel soll 993 Rein katechetisch wird der Text nie, auch wenn die Lehre von den civitates in diesem Kontext eine große Rolle spielt. Gegen Van Oort, De civitate dei, 361. Er zieht für seine Argumentation insbesondere De catechizandis rudibus heran. 994 So auch in Aug. retr. II 43 (CChr. SL 57, 125). 995 Vgl. Aug. ep. 1A* ad Firmum (CSEL 88, 7). Vgl. O’Daly, City, 67–73.

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es um die Abgrenzung und Identifizierung von platonischen Göttervorstellungen innerhalb einer christlichen Angelologie und Dämonologie gehen, in einem zweiten Hauptkapitel um die Einzigkeit Gottes im Kontext der Entstehung der Welt, die Augustinus mit platonischen Vorstellungen von den unveränderlichen Prinzipien des Seienden verknüpft, wobei darauf zu achten ist, inwiefern die Argumentationen mit denjenigen seiner Vorgänger noch zu vergleichen sind. Im 19. Buch gibt Augustinus eine kurze Zusammenfassung seiner Argumentation über Gott und die Götter, die abschließend kommentiert werden soll. Einen apologetischen Text, in dem Augustinus dieselben Ziele verfolgt wie in De civitate dei, gibt es nicht. Sein einziger eindeutig apologetischer Text, ep. 102 an Deogratias, ist eine Gelegenheitsschrift, in der er Einwände gegen das Christentum etwa von Porphyrius widerlegen möchte.996 Für die Thematik der civitates bietet sich am meisten ein Vergleich mit der Musterunterweisung in De catechizandis rudibus an, obwohl das Motiv auch in anderen Schriften wie De excidio urbis Romae997 häufig mitschwingt. Das Konzept wird dabei nicht genauer ausgearbeitet. Staatsphilosophische Werke in Auseinandersetzung mit Platos Politeia und vor allem Ciceros De re publica finden sich ansonsten keine. Einzelne Argumente gegen die Verehrung der traditionellen römischen Götter finden sich in Augustins Werk überall, konzentriert erscheinen sie insbesondere in Sermo Dolbeau 26.998 Augustins Einschätzung von Varro als einem Stoiker würde für diesen Teil auch einen Vergleich etwa mit den antimanichäischen Schriften nahelegen, denen er ähnliche Problematiken bezüglich des Gottesbildes vorwirft. Zur Einschätzung Platos und der Platoniker ist De doctrina christiana mit der Revision in den Retractationes zu beachten, zu philosophiehistorischen Fragestellungen aus dem Frühwerk insbesondere Contra Academicos. Die genauere apologetische Argumentation gegenüber den Platonikern und dem TimaiosDialog im Besonderen muss in einem Vergleich mit De vera religione enden, für die Spezialfrage der Dämonologie ist die kurze Schrift De divinatione daemonum

996 Vgl. Aug. ep. 102 ad Deogratias = Quaestiones expositae contra paganos. Die Schrift überschneidet sich von den Themen her mit De civitate dei überraschend selten. 997 Vgl. dazu Van Oort, De civitate dei, 348. 998 Francois Dolbeau stellt Bezüge zu verschiedenen Stellen in der Argumentation gegen Varro in De civitate dei fest, etwa zu Aug. civ. VIII 27. X 19. X 29. Vgl. die Fußnoten der Edition in Dolbeau, Sermons, 366–417 und Drobner, Predigten, 107–318. Vgl. dazu auch Tornau, Rhetorik, 113: „Damit soll nicht gesagt sein, daß es zu Augustins Zeit und in seinem Umfeld kein gebildetes Heidentum mehr gab – die neue Predigt s. Dolbeau 26, die im Aufbau wie in den Einzelaussagen auffallende Ähnlichkeit mit civ. 6–10 hat, beweist das Gegenteil.“

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von Bedeutung. Ab dem elften Buch, aber bereits zuvor, spielen Kommentare zu biblischen Schriften eine wichtige Rolle, thematisch vor allem Kommentare zur Genesis,999 argumentationstechnisch aber auch zu den Psalmen. Andere Ziele verfolgt Augustinus in De trinitate, die Thematik überschneidet sich aber unübersehbar mit dem elften Buch. Ansonsten werden immer wieder einzelne Argumente aus verschiedenen Schriften berücksichtigt, die sich mit dem CAG 2 ermitteln ließen oder die in der Sekundärliteratur (insbesondere zur Monotheismus-Thematik) besonders diskussionswürdig erscheinen.

5.2  Das Hauptthema der civitates und die Einzigkeit Gottes Im Gegensatz zu den antipaganen Gelegenheitsschriften, in denen Augustinus verschiedene miteinander nur lose verknüpfte Fragen abhandelt, stellt er sein längstes Werk unter ein Hauptthema, die civitas dei.1000 Diese civitas wird von Augustinus als Gemeinschaft, die dem einen Gott zugehörig und von den vielen Göttern abgewendet ist, beschrieben. Der civitas dei steht diejenige des Teufels (civitas diaboli) gegenüber, bei der die Zuwendung diametral entgegengesetzt erscheint. Gegenüber den Thesen von Jan Assmann ist hier zu besprechen, inwiefern dieses Konzept dazu führen muss, das Christentum Augustins im Hinblick auf den einen und die vielen Götter als „Gegenreligion“ zu charakterisieren. Zunächst könnte man das Konzept als rhetorisch veranlasst charakterisieren. Gegenüber den tatsächlichen Geschehnissen in Rom im Jahre 410 beinhaltet die Konzeption einer solchen Bürgerschaft die Rhetorik, die christliche Gemeinschaft von den Geschehnissen dieser Zeit als nicht gefährdet zu beschreiben und damit seinen Gegnern das Argument von Anfang an strittig zu machen, dass das Christentum aufgrund der prekären Lage des Römischen Reiches in einen Argumentationsnotstand geraten ist.1001 Die negativen Auswirkungen der 999 Vgl. De Genesi ad litteram oder Confessiones XI–XIII, insbesondere für die Dämonologie und Angelologie aber die Enarrationes in Psalmos. 1000 Aug. civ. I 1 (CChr. SL 47, 3), wo er sie als gloriosissima auszeichnet. 1001 Wie viel die civitas mit dem Staat zu tun hat, wird zu diskutieren sein. Die traditionelle Übersetzung mit „Gottesstaat“ ist konsequent etwa im Hinblick auf die gleiche Übersetzung der Politeia („Der Staat“) bei Plato oder von De re publica („Vom Staat“) bei Cicero und die Tradition solcher Texte, in die sich Augustinus teilweise durchaus stellt. Als am besten geeignetes Wort erscheint mir aber „Bürgerschaft“. Das höchste Gut der civitas ist nicht der Friede, sondern das ewige Leben als fruitio dei. Vgl. dazu Thraede, Gottesstaat, 75. Am ausführlichsten Van Oort, Jerusalem and Babylon, 93–163. Kürzer ders. Antithetical Cities, 157–170. Sehr knapp O’Daly, City, 23 f. 273 f. Für die Rhetorik des Konstrukts Kahlos, Debate, 48–51.

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Geschehnisse, die Enttäuschung des Wunsches vieler Römer nach territorialer Größe, charakterisiert er nicht als negativ, schlecht ist ganz im Gegenteil der Wunsch nach Herrschaft selber, der Ausdruck einer schlechten Moral der Römer ist.1002 Dass es Augustinus mit der Vorstellung der civitas dei aber nicht um eine Gelegenheitsrhetorik geht, sondern um ein wichtiges Konzept, zeigt die große Häufigkeit in De civitate dei, aber auch, dass er es in anderen Schriften ausführt. Im gleichen Sinn erwähnte er die beiden civitates bereits in De catechizandis rudibus, einer Schrift, die vor den Geschehnissen 410 zu datieren ist. Auch in dieser Schrift nennt er zwei Gruppen von Personen: die einen, die ihre eigene Ehre suchen, und die anderen, die die Ehre Gottes anstreben.1003 Die Zugehörigkeit zur civitas dei wird also moralisch bestimmt als secundum Deum vivere eique placere (gottgemäß leben und ihm gefallen). Diesen Faden spinnt er in De civitate dei bereits im ersten Buch aus, wo er zwischen den superbi (Hochmütigen)1004 und den humiles (Demütigen) unterscheidet. Diese ethische Unterscheidung als Grundkoordinate der beiden civitates wird ausführlich am Ende des vierzehnten Buches durchgeführt. Hier unterscheidet Augustinus zwischen amor dei (Gottesliebe) und amor sui (Selbstliebe). Von den Begriffen her führt Augustinus eine Morallehre an, die eine Übereinstimmung zwischen Bibel und römischen Autoren suggeriert, etwa wenn er auf die Anchisesrede in Vergils Aeneis verweist. Hier sollen die Unterworfenen als humiles geschont werden, die superbi aber bekämpft. Augustinus interpretiert dies dann aber weiter so, dass der römische Staat als civitas terrena – hier ist die Gleichsetzung explizit – selbst von der libido dominandi (Lust zur Herrschaft) geleitet war und keineswegs vom gottgemäßen Leben.1005 Die Frage, inwiefern Augustinus für das Konzept der civitas dei biblische Anleihen nehmen kann oder inwiefern sich auch tatsächlich Abgrenzungen zum Identitätsgewinn einer partikularen Gruppe gewinnen lassen, wird in der Auseinandersetzung mit Assmanns Thesen durch Bibelwissenschaftler festzustellen 1002 Wichtig für diese Thematik ist das vierte Buch, das bereits zur Auseinandersetzung mit Cicero und Varro gehört. Aug. civ. IV 2 (CChr. SL 47, 148): unde nunc mihi video esse dicendum, et magis de incrementis imperii Romani. 1003 Aug. cat. rud. 31 (CChr. SL 46, 156): Duae itaque civitates, una iniquorum, altera sanctorum, ab initio generis humani usque in finem saeculi perducuntur, nun permixtae corporibus, sed voluntatibus separatae, in die iudicii vero etiam corpore separandae. 1004 Die superbitas ist für Augustinus zumindest in De civitate dei die hauptsächliche Untugend, von der die anderen abgeleitet sind. S.u. Kap. 5.5. 1005 Vgl. Verg. Aen. VI 853, bei Aug. civ. I 1 (CChrSL 47, 4).

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sein. Hier gilt es nur festzustellen, dass Augustinus für die Vorstellung von einer Dichotomie diametral entgegengesetzt gewerteter Gemeinschaften Stellen aus dem Alten und Neuen Testament angibt. Er findet die Gegenüberstellung von Jerusalem und Babylon bzw. Rom als Gegner und er kann auch für die Vorstellung eines spiritalis Hierusalem (geistiges Jerusalem) auf die Heiligen Schriften verweisen.1006 Von der Argumentation her muss aber eine andere Spur weiterverfolgt werden. Die Motivation für die Verwendung des Konzepts in De civitate dei ist bei Augustinus in erster Linie geschichtsapologetisch: Sie will dem Vorwurf (etwa auch von Porphyrius) Rechnung tragen, der die christliche Vorstellung von Gott als ungerecht anklagte, da erst mit Jesus Christus Erlösung für die Menschen möglich wurde.1007 Einerseits antwortet Augustinus darauf mit der Vorstellung des peccatum originale (Ursprungssünde), nach der die Verdammnis als gerechter Normalfall postuliert wird. Doch  – so Augustinus weiter  – die Gnade der Erlösung fand historisch bereits vor Jesus Christus statt, weil es schon in dieser Zeit Mitglieder der civitas dei gab. Als deren Prototyp gilt ihm Abraham. Hier wird die Verknüpfung des Konzepts mit der Einzigkeit Gottes klar: „Von ihm stammte das Volk ab, welches einmal den einen, wahren Gott, der Himmel und Erde schuf, verehren sollte, während die anderen Völker Götzenbilder und Dämonen untertan waren.“1008 Doch Augustinus schließt weiter an, dass allein Kenntnis und Verehrung des einen Gottes nicht ausreiche, um particeps gratiae (Teilhaber an der Gnade) zu sein.1009 Die Wahrheit, die historisch durch Jesus Christus in die Welt gekommen ist, kann auch jemandem, der vor dieser Zeit gelebt hat, im Geist offenbart werden.1010 Den gerechten Befund, dass auch Menschen außerhalb des Volkes Israel dazu auserwählt waren, sieht Augustinus sogar nach sicheren biblischen Quellen

1006 Etwa in Aug. en. Ps. 64,1f oder ebd. 136. Ebd. 137 kommt die confusio Babyloni in den Blick. Eine Sammlung von übersetzten Texten aus den Enarrationes in Psalmos bietet Fiedrowicz, Psalmendeutung. 1007 Vgl. Aug. ep. 102 an Deogratias. 1008 Üb. Wermelinger 66. Aug. cat. rud. 33 (CChr. SL 46, 157): Ex illo natus est populus, a quo unus deus verus coleretur, qui fecit caelum et terram; cum ceterae gentes simulacris et daemoniis servirent. 1009 Aug. civ. XVIII 47 (CChr. SL 47, 330). 1010 Vgl. Aug. cat. rud. 33 (CChr. SL 46, 157f): Erant ibi autem pauci futuram requiem cogitantes et caelestem patriam requirentes, quibus prophetando revelabatur futura humilitas dei, regis et domini nostri Iesu Christi, ut per eam fidem ab omni superbia et tumore sanarentur.

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als gewährleistet an. Das sichere Beispiel, das Augustinus anführt, ist Hiob: ut ex hoc uno sciremus etiam per alias gentes esse potuisse, qui secundum Deum vixerunt eique placuerunt, pertinentes ad spiritalem Hierusalem (damit wir durch diesen einen wissen, dass auch die anderen Völker zum geistigen Jerusalem gehören konnten, wenn sie nach Gott gelebt und ihm gefallen haben).1011 Dies entspricht zwar nicht der frühjüdischen Interpretation Hiobs, die in ihm einen individuellen Repräsentanten für das spätere Volk sah,1012 ist wohl aber genauso wie diese Interpretation dem Septuaginta-Zusatz in Ijob 42,17b geschuldet, der Hiob mit dem Edomiterkönig Jobab aus Gen 36,31–35 identifiziert.1013 Ein weiteres Beispiel sind – für einen römischen Adressaten verständlicher – Offenbarungen von Christus außerhalb der Bibel, etwa diejenigen bei den Sibyllen.1014 Diese jedoch deklariert er als für die Prophezeiung nicht notwendig und als nichtbiblische Schriften auch unsicher.1015 Innerhalb des Konzepts Augustins, dass der Empfang von Offenbarung notwendig für die Erlösung sei, wird auch klar, wer nicht zur civitas dei gehören kann: die Philosophen. Bei den Platonikern wird dies nicht völlig deutlich,1016

1011 Aug. civ. XVIII 47 (CChrSL 48, 331). 1012 Vgl. Heckl, Hiob, 476 f. 1013 Vgl. Reed, Jobab, 53 f. Augustinus scheint aber den Verweis auf Genesis nicht zu bemerken und beklagt die fehlenden Angaben zu seiner zeitlichen Einordnung in den Büchern der Chronik, wohl 1 Chr 1,44. Folgerichtig stellt er ihn aber nicht nur als edomitischen König, sondern auch als dritten nach Israel (Jakob) dar, vgl. Aug. civ. XVIII 47 (CChrSL 48, 330f). Vgl. auch Schwemer, Vitae Prophetarum, 65. 1014 Aug. civ. XVIII 23 (CChr. SL 48, 285–288). In Aug. serm. Dolb. 26,38 (Dolbeau 395) ist ein weiteres Beispiel Melchisedech. Die Erklärung dafür scheint dem späten Denken und dem Erlösungsverständnis Augustins zu widersprechen: Nemo venit ad Patrem nisi per me, accomodans eis humilitatem suam, ut perseverantes in humilitate purgari per eum, qui est mediator humilis, mererentur. So auch Drobner, Sermones, 268, der die Stelle mit dem pelagianischen Streit in Verbindung bringt und die Predigt auf jeden Fall vor 411 datieren möchte. 1015 Aug. civ. XVIII 47 (CChr. SL 48, 646): Ideo nihil est firmius ad convincendos quoslibet alienos, si de hac re contenderint, nostrosque faciendos, si recte sapuerint, quam ut divina praedicta de Christo ea proferantur, qua in Iudaeorum codicibus scripta sunt. Vgl. zur innerchristlichen Kritik an den Sibyllen: Orig. Cels. V 61. Dieser Kritik gibt Augustinus hiermit aber fälschlicherweise nicht Recht. 1016 Vgl. Fuhrer, Platoniker, 87–108, insb. 105–108. S.u. Kap. 5.6 dieser Arbeit zur Aussage: „Unmissverständlich zeigt sich Augustins ablehnende Haltung gegenüber den Platonikern (einschließlich Platons) allerdings erst im zweiten Teil der Schrift.“ Der Satz scheint eine gestufte Argumentation zu implizieren.

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Varro nennt Augustinus aber explizit als einen, um dessen Seele es ihm leidtue.1017 Insofern ist der Frage nachzugehen, wieso Augustinus die Philosophen überhaupt für seine Kapitel, die es im Folgenden zu untersuchen gilt, rezipiert. Er bespricht die Philosophen, wobei er hier noch nicht zwischen Platonikern und Stoikern unterscheidet, als solche, die keiner religio wirklich verbunden sind1018 und deswegen als Zeugnis dafür gelten können, was alles ohne Offenbarung von Gott und der Welt gewusst werden kann. Verschiedene Meinungen unter den Philosophen führen Augustinus nicht dazu, wahrscheinlichere Lösungen zu diskutieren, sondern die Fragen biblisch zu lösen.1019 Im Hinblick auf sein christliches Publikum ist stark zu gewichten, dass Augustinus die civitas auch ganz klar abgrenzt von der Kirche. Die wahre civitas dei 1017 Aug. civ. VII 5 (CChr. SL 47, 281) meint dazu: te multum dolemus, weil seine anima doch gelehrt und geistreich war. An dieser Stelle ersetzt das ingeniosa der anima das sonstige doctissimus et acutissimus, das er auf Varro bezogen stets anführt. Dank Augustinus ist die positive Bewertung in Cic. acad. I 26 überliefert. Vgl. dazu Clark, Varro, 188. Sie findet sich in Aug. civ. VI 2 (CChrSL 47, 246f). Weitere Proben zu Varro bei Cicero wären auch Brut. 60f: Varro noster diligentissimus investigator antiquitatis; Brut. 205; Phil. II 103–106; fam. IX 2,5. Viele weitere aus der römischen Literatur etwa bei Sen. dial. XII 8,2, Gellius und Quintilian wären aufzufinden. Das Zitat ergänzt Augustinus mit einer ironischen Bemerkung gegen den Skeptizismus Ciceros, wenn er sine ulla dubitatione hinzufügt. 1018 Varro verteidigt bei Augustinus zwar die Verehrung der traditionellen Götter, aber für den Staat, nicht für sich selber. Augustins Seneca ist da schon mutiger und schreibt in De superstitione von der anteilnahmslosen Teilnahme am Staatskult. Vgl. Aug. civ. VI 10 (CChr. SL 47, 267): Adfuit enim scribenti, viventi defuit oder ebd. VI 10 (CCh. SL 47, 269): Ait enim: „Quae omnia sapiens servabit tamquam legibus iussa, non tamquam diis grata.“). Auch die Platoniker bei Augustinus postulieren für sich keine Notwendigkeit der Verehrung von Göttern, jedoch als Hilfe beim Aufstieg der Seele für philosophisch Ungebildete, ebd. X 9 (CChr. SL 47, 415): Nam et Porphyrius quandam quasi purgationem animae per theurgian, cunctanter tamen et pudibunda quodam modo disputatione promittit; reversionem vero ad Deum hanc artem preastare cuiquam negat; ut videos eum inter vitium sacrilegae curiositatis et philosophiae professionem sententiis alternantibus fluctuare. 1019 Immer wieder spielt er sie gegeneinander aus. So etwa ebd. XXII 26–28 (CChr. SL 48, 622): Quapropter Plato et Porphyrius, vel potius quicumque illos diligunt et adhuc vivunt, si nobis consentiunt etiam sanctas animas ad copora redituras, sicut ait Plato, nec tamen ad mala ulla redituras, sicut ait Plato, nec tamen ad mala ulla redituras, sicut ait Porphyrius, ut ex his fiat consequens, quod fides praedicat Christiana, talia corpora recepturas, in quibus sine ullo malo in aeternum feliciter vivant, adsumant etiam hoc de Varrone, ut ad eadem corpora redeant, in quibus antea fuerunt, et apud eos tota quaestio de carnis in aeternum resurrectione solvetur.

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ist durch ihre Moral in Ausrichtung am Willen Gottes zu bestimmen und etwa die Taufe nur Symbol für etwas, was sich im Innern des Menschen dauerhaft vollziehen soll.1020 Augustinus erwähnt, dass dies nicht zwangsläufig geschieht, wenn er von Christen berichtet, die wieder vom Glauben abfallen oder lieber ins Theater als in die Kirche gehen.1021 Diese wahre civitas dei wird für Augustinus erst am Ende der Zeiten die Stabilität erlangen, die sie jetzt bei den Engeln schon besitzt, und ist damit noch peregrinans (pilgernd).1022 All diese Punkte können deutlich zeigen, dass das Konzept der civitates keineswegs dazu geeignet ist, eine bestimmte Gruppe von Menschen selbstgerecht von anderen abzugrenzen. Es sind bestimmte Haltungen, die voneinander unterschieden werden. Das zeigt letztlich auch die Weiterführung der Rhetorik, die Augustinus im Hinblick auf die Geschehnisse im Jahr 410 anführt. An diesen möchte Augustinus zeigen, was das entscheidende Kriterium für die Zugehörigkeit zur civitas dei ist. Selbst das Übel, das den Römerinnen und Römern zweifellos widerfuhr,1023 bedarf einer positiven Interpretation, da es nicht außerhalb des Willens Gottes geschehen sein kann. Stets dienen negative Ereignisse als Ermahnung, nach dem Willen Gottes und nicht nach dem eigenen zu handeln.1024 Auch bei diesen Vorstellungen gilt es wieder, die Abgrenzungen gegenüber früheren apologetischen Texten zu diskutieren. Gerade zur Vorstellung der civitas dei gibt es die Meinung, es gebe „every reason to believe, that Augustine

1020 Die Kirche als äußerliche Institution sieht Augustinus durch die politischen Ereignisse gar nicht als gefährdet an. Er betont, dass die erobernden Goten ebenfalls Christen waren und die Apostelkirchen und Märtyrerorte verschont wurden. Die Ausbreitung des Christentums und damit die Erfüllung der Verheißung aus Gen 22,18 sieht er durch die politischen Ereignisse nicht infrage gestellt; er zitiert den Text und meint, dass die inimici nominis Christi einsehen müssten, dass diese eingetreten sei: ebd. I 1 (CChrSL 47, 3). Zur Interpretation von ebd. XIX 22 s.u. Kap. 5.6. 1021 Dass er gerade dieses Beispiel erwähnt, zeigt, dass die Vorstellung auch katechetischen Charakter hat. Aug. cat. rud. 33 (CChr. SL 46, 158) nennt diese die fleischlich Gesinnten innerhalb Israels, aber auch innerhalb der Kirche. Diese paulinische Vorstellung arbeitet er im vierzehnten Buch aus. Vgl. etwa Aug. civ. XIV 1 (CChr. SL 48, 414), wo er die einen Menschen, die secundum carnem, und die anderen, die secundum spiritum lebten, voneinander unterscheidet. 1022 Ebd. I 1 (CChr. SL 47, 3). Aug. ench. 17,64 (CChr. SL 46, 83 f.) betont aber das Mittel der Taufe gegen das peccatum originale, das dank Sündenablass auch nicht mehr gefährdet sei. Dieses Taufverständnis, das die Heilsgewissheit bereits im Diesseits ansiedelt, ist in De civitate dei nicht anzutreffen. 1023 Aug. ep. 184A,5 (CSEL 44, 735). 1024 S.u. Kap. 5.6 für eine ausführlichere Behandlung.

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learned extensively from predecessors like Tertullian, Cyprian and Tyconius.“1025 Wenn die Kirche bei Tertullian als Gemeinschaft der Geretteten beschrieben wird,1026 hat dies nur auf den ersten Blick eine vergleichbare Funktion. Er beschreibt die Kirche als ein eigenes corpus (Körperschaft),1027 deren Abgrenzung von der restlichen Welt kaum stark genug sein kann.1028 Solchen Abgrenzungsargumentationen wirft Augustinus Maßlosigkeit vor und beschreibt die civitas dei zwar als eigene Gemeinschaft derjenigen, die ihren Willen an demjenigen Gottes ausrichten würden, aber trotzdem versuchten, auch die anderen von dieser Haltung zu überzeugen.1029

5.3  Gott, die Götter und der Staat Das Hauptthema der großen apologetischen Schrift ist die civitas dei als eschatologische Vorstellung und nicht der Staat. Dieser wird zwar nicht mit der civitas diaboli gleichgesetzt, das vorkonstantinische Rom gerät aber als Förderer und Organisator von Dämonenkult in der Argumentation immer wieder in die Nähe dieser Gemeinschaft.1030 Augustins Theologie impliziert aber ein bestimmtes Verhältnis zwischen Staat und Religion und wurde über Jahrhunderte in 1025 Vgl. Van Oort, Jerusalem and Babylon, 300. 1026 In den Worten von Tert. idol. 13,3 (CChr. SL 2, 1113): Si cum saeculo gaudemus, verendum est, ne cum saeculo et lugeamus. Gerade der Begriff des saeculum zeigt dann aber wieder, wie sehr sich die beiden Denker doch unterscheiden, wenn auch tatsächlich eine Auseinandersetzung stattfindet. Van Oort meint zwar mit Recht, dass Augustinus den römischen Staat nicht als neutral ansieht, Staatlichkeit an sich aber ist ein Gut dieser Welt, das sich im römischen Staat zu einem gewissen Teil auch positiv verwirklichte, vgl. Van Oort, Source, 152. 1027 Vgl. Tert. apol. 39,1, zitiert bei Van Oort, Sources, 299. Dagegen könnte man einwenden, dass Aug. en. Ps. 98,4 tatsächlich die civitas dei mit der Kirche identifiziert. Vgl. Lepelley, Art. civitas dei, 965. Doch auch hier ist die Kirche als Liebende Gottes (und der Mitmenschen) gemeint, nicht die Gemeinschaft der Getauften, vgl. En. in Ps. 98,4. 1028 Vgl. Tert. idol. 10,7 (CChr. SL 1, 1109f), wo einzig das Schülersein mit dem Christentum noch als vereinbar erscheint. 1029 Eigentlich modus exceditur, Aug. bapt. VII 16,31 (CSEL 51, 353). 1030 Augustinus ringt um eine Beurteilung des römischen Staates. Einerseits sieht er die neutestamentlich-frühchristliche Tradition, die eine negative Bewertung vor allem einzelner Kaiser (Apk 17) aufweist, vgl. etwa civ. XIX 21 (CChr. SL 48, 687–689). Augustus beurteilt er trotz des Topos des augusteischen Friedens negativ, ebd. III 30 (CChr. SL 47, 142): Nam et ipse Augustus cum multis gessit bella civilia et in eis etiam multi clarissimi viri perierunt, inter quos et Cicero. Andererseits rezipiert Augustinus

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verschiedenster Weise als Korrektur des antiken Staatsdenkens interpretiert.1031 Auch Erik Peterson beschäftigte sich in seinem Werk mit dieser Fragestellung. Bei seiner These, dass es „nur auf dem Boden des Judentums und Heidentums so etwas wie eine politische Theologie geben“ könne,1032 spielt zwar Augustinus im Vergleich zu den Kappadokiern eine recht kleine Rolle, doch stellt Peterson seine Ausführungen unter „dessen [Augustins] Gebet“1033 und bringt Augustinus insofern in die Nähe der anti-arianischen Argumentationen, als Augustins Ausführungen als friedenstheoretische Ausarbeitung des Trinitätsdogmas auf den Staat hin beschrieben werden.1034 Es gilt deswegen zu interpretieren, was Augustinus in De civitate dei an Überlegungen zum Staat und inwiefern diese Ausführungen etwas mit Einzigkeit und Trinität Gottes zu tun haben überhaupt bieten will, um schließlich Petersons Thesen zu prüfen. Unumstritten dürfte sein, dass Augustinus bei der Behandlung des römischen Staates die Destruktion von traditionslegitimierenden Argumentationen im Hinblick auf die vielen Götter des Staatskultes in den Vordergrund stellt. Er sieht sich vor die Aufgabe gestellt, die frühere Größe Roms zu erklären – die rein weltliche und dadurch nur scheinbare Tugend der Strebsamkeit nach gloria bringt auch weltlichen Erfolg  – und Gründe für den momentanen Niedergang vom Christentum fernzuhalten. Die Polemik ist gegenüber seinen Vorgängern im Hinblick auf die Art der Besprechung verändert, indem er sich besonders den Schriften einzelner Autoren widmet und weniger Aufwand betreibt, eine Gegnerschaft zu konstruieren. Dadurch hat Augustinus andere Schwerpunkte. Zum Argument der vielen Götter als Dämonen und dem euhemeristischen Argument, auf das er nach eigenen Angaben keinen großen Wert legt,1035 kommt eine ebd. V 24–26 (CChr. SL 47, 160–163) Positionen, die für die römische Tradition ausschlaggebend waren. 1031 Zu Aspekten der Rezeptionsgeschichte siehe Drecoll, Handbuch, 558–645, leider fehlt darin die politische Philosophie gänzlich. Vgl. zur Rezeption etwa Sloan, De civitate dei, 255–260. Genaueres findet sich zu einzelnen Aspekten in den Bänden II und III, insbesondere Vanderjagt, Political Thought, 1562–1569 mit einem Schwerpunkt auf dem apolitischen Moment von De civitate dei. 1032 Peterson, Monotheismus (siehe Nichtweiß, Theologische Traktate, 59). 1033 Ebd. 24. 1034 Ebd. 58. Hier zitiert Peterson auch Aug. civ. III 30. Eine intensive Beschäftigung mit den Kappadokiern scheint auf direktem Weg nicht stattfinden, vgl. etwa Van Oort, Babylon, 283 f. O’Daly, City, 261–264 diskutiert die Kappadokier unter den jüdischen und christlichen Quellen und Einflüssen nicht. 1035 Magis eos homines fuisse credibile est, meint Augustinus zu den Di electi Varros, führt Euhemerus und Ennius an und möchte nicht dabei verweilen, quia plurima

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differenziertere Beurteilung von Göttern wie Virtus und Honos. Doch, schränkt Augustinus ein, sie hielten „für Götter, was nur göttliche Gaben sind“.1036 Auch alles Positive an den Göttern wird dem einen Gott als prudentius compendium (klügere Abkürzung) zugewiesen,1037 Verteidiger des Götterkultes werden als multitudinem amantes (Liebhaber der Vielfalt) charakterisiert.1038 Traditionelle Thesen zur Staatstheorie und insbesondere zum Untergang von Staaten findet er in Ciceros De re publica, der diese Thesen im Hinblick auf den griechischen Staat verkündet hatte. Gegenüber dem ersten Punkt aus Ciceros Argumentation,1039 der Vernachlässigung der Landwirtschaft, glaubt er eine einfache Widerlegung zu kennen, wenn er auf das jüdische Volk verweist, das (vor dem Untergang des Staates) die verschiedenen äußeren Güter1040 auch ohne die Verehrung der vielen Götter, etwa Äpfel ohne Pomona hatte.1041 Komplexer verhält es sich mit dem Kriegsdienst, dessen Legitimität aus christlicher Sicht er wohlweislich nicht diskutiert, wo er aber auch auf das Wirken des einen Gottes verweist, der dem jüdischen Volk vor der Diaspora1042 genügend territoriale Größe verlieh. Die Göttin Victoria reduziert er auf einen Begriff, und als Wort sei dieser auch nur eine accidentia und keine substantia, habe also keine eigene Bedeutung, ohne sich auf ein anderes Wort zu beziehen.1043

posuerunt, qui contra huius modi errores ante nos vel Graeco sermone vel Latino scripserunt. Aug. civ. VII 27 (CChr. SL 47, 309). 1036 Ebd. V 12 (CChr. SL 47, 214, Üb. Thimme 248): hoc insitum habuisse Romanos etiam deorum apud illos aedes indicant, quas coniunctissimas constituerunt, virtutis et honoris, pro diis habentes quae dantur adeo. All dies erstrebten aber für Augustinus „die Braven unter ihnen“ nur zum Zweck der eigenen gloria. Im Hintergrund steht stets Röm 1,18–25. 1037 Ebd. IV 11 (CChr. SL 47, 161). 1038 Ebd. IV 8 (CChr. SL 47, 155). 1039 Cic. re publ. II 4. 1040 Aug. civ. XIX 1–3 übernimmt von Varro die Unterscheidung zwischen äußeren Gütern, körperlichen Gütern und inneren Gütern. Gegen die Stoiker und mit Varro behauptet er eine Wichtigkeit dieser Güter im saeculum. Vgl. zur Diskussion der Position, die auf Antiochos von Askalon zurückgeht, mit Blick auf Ciceros Schrift de finibus 5: Irwin, Degrees of happiness, 151–172. 1041 Aug. civ. IV 34 (CChr. SL 47, 189). 1042 Die Diaspora interpretiert er mit vielen christlichen Autoren als Abweichen vom Weg der Väter (durch magices artes und idololatria), aber auch als Strafe für die Tötung Jesu Christi (et postremo Christo occidento), vgl. bereits Tert. apol. 21,3–6 (CChr. SL 1, 123): qualem Iudaei iudicaverunt. 1043 Vgl. dazu auch Lötscher, Varro, 209 f.

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Dennoch besteht bei Augustinus ein Interesse am bellum iustum (gerechten Krieg), da ungerechte Gegner im saeculum (Menschenalter) durchaus entstehen könnten.1044 Der Friede als äußeres Gut wird denn in seinem berühmten neunzehnten Buch als Voraussetzung auch für die Christen angesehen. Für den Staat an sich entwickelt Augustinus, wie Otfried Höffe richtig festgestellt hat, das Kriterium des gemeinsamen Strebens nach geliebten Gütern als konstitutiv, wobei er den irdischen Frieden als bestes Gut des irdischen Staates angibt.1045 Da der irdische Frieden jedoch in dieser Welt nicht gefunden werden könne, beschreibt er die Tugendwerke einzig als Möglichkeit zur Bewährung zum ewigen Frieden.1046 Kann es bei diesen pessimistischen Vorstellungen so etwas geben wie ein Konzept, wie der Friede am besten gefördert wird? Ein christliches Modell des Staates gibt es für Augustinus nicht, auch nicht im Sinne des Alten Testaments, wobei wohl Mt 22,21, insbesondere aber Röm 13,1–7 im Hintergrund stehen. Richtig ist, dass Augustinus ein positivistisches Verständnis entwirft:1047 Die Christen sollen aufnehmen, was sie vorfinden, auch wenn dies sehr unterschiedliche Verhältnisse sind.1048 Jedoch bricht er dieses Prinzip gerade im Hinblick auf die Einzigkeit Gottes wieder auf. Das Kaisertum ist für ihn als richtige römische Staatsform durch Gott legitimiert, nicht aber die Gesetze, die einen Kaiserkult vorsehen oder den Götterkult einfordern. In diesem Licht erscheint die positive Beurteilung der Zerstörung von Tempeln, die sonst nicht in dieses Bild passt.1049 Aufgrund der christlichen Ablehnung dieses Staatskultes ist sein Urteil, dass das vorkonstantinische Rom kein richtiger Staat

1044 Aug. civ. XIX 7 (CChr. SL 48, 366f). 1045 Höffe, Staatstheorie, 274 in Bezug auf Aug. civ. XIX 24. 1046 Ebd. XIX 10 (CChr. SL 48, 370). 1047 So richtig Höffe, Staatstheorie, 259–287. 1048 Aug. civ. XIX 17 (CChr. SL 48, 385): Haec ergo caelestis civitas dum peregrinatur in terra, ex omnibus gentibus cives evocat atque in omnibus linguis peregrinam colligit societatem, non curans quidquid in moribus legibus institutisque diversum est, quibus pax terrena vel conquiritur vel tenetur, nihil eorum rescindens vel destruens, immo etiam servans ac sequens, quod licet diversum in diversis nationibus, ad unum tamen eundemque finem terrenae pacis intenditur, si religionem, qua unus summus et verus Deus colendus docetur, non impedit. Einzig die Verehrung des einen Gottes, worunter Augustinus natürlich sehr viel fasst, darf durch den Kaiser nicht verhindert werden. 1049 Vgl. ebd. V 26 (CChr. SL 47, 240). Zum Lob des Theodosius: Simulacra gentilium ubique evertenda praecepit, satis intellegens nec terrena munera in daemoniorum, sed in Dei veri esse posita potestate. Zur Frage, ob Theodosius überhaupt Tempel zerstört hat, vgl. Wiemer, Für die Tempel, 161.

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war, wenn die Gerechtigkeit als Kriterium zur Beurteilung angewandt würde, schnell gemacht.1050 Auch gegen die (stoische) Vorstellung der Gemeinschaft des princeps mit den Göttern argumentiert Augustinus relativ ausführlich.1051 In Bezug auf den Staat stellt aber Augustinus dann wieder traditionell den Kaiser in den Vordergrund, der insbesondere in der Funktion als Ordnungsstifter in den Blick gerät. Augustinus beginnt seine Vorstellungen vom kleinsten Organismus, die Ordnung des Menschen soll als Machtausübung des vernünftigen Teiles der Seele verstanden werden. Dann schreitet er vom Mikro- zum Makrokosmos voran und führt zum pater familias aus, dass er die Familie zur Verehrung Gottes anleiten soll.1052 Mit Blick auf den Herrscherspiegel im fünften Buch dürfte dies auch das Ideal des Herrschers sein, der in der moralischen Beurteilung in exakt dieselben Kategorien fällt (superbia und der Gegensatz der humilitas),1053 gleichzeitig aber den traditionellen Staat weiterregieren soll. Petersons positive Beurteilung Augustins im Hinblick auf die Dekonstruktion einer Reichstheologie ist durchaus gerechtfertigt. Der wahre Frieden wurde gemäß Augustinus im Römischen Reich unter Augustus nicht verwirklicht und er wird sich auch in einem christlichen Römischen Reich nicht verwirklichen, da die civitas dei und der ihr zugehörige wahre Frieden eschatologische Vorstellungen bleiben. Das ist ein starkes Argument gegen totalitäre Vorstellungen, die das Heil auf Erden verwirklichen wollen. Das Selbstverständnis der Kirche wird den neuen Umständen nicht angepasst, ja die Beziehungen zwischen civitas dei und dem Staat werden kaum diskutiert.1054 Das einzig klar Christliche am Staat bei Augustinus scheint die Destruktion von paganen religiösen Traditionen zu sein. 1050 Aug. civ. XIX 21 (CChr. SL 48, 389): secundum definitiones, quibus apud Ciceronem utitur Scipio in libris de re publica, numquam rem publicam fuisse Romanam. Später stellt sich heraus, dass es den Staat in diesem Sinne auch gar nicht gibt. 1051 Vgl. ebd. XIX 9 (CChr. SL 48, 369). 1052 Vgl. ebd. XIX 13 (CChr. SL 48, 376): Augustinus definiert nachfolgend die pax corporis, die pax animae inrationalis, die pax animae rationalis, dann die pax zwischen corpus und anima, die pax zwischen den homines mortales und Gott, die pax hominum, die pax domus, die pax civitatis, die pax caelestis civitatis und letzten Endes die pax omnium rerum. Vgl. dazu Geerlings, Friedenslehre, 228–231. Die sogenannte Friedenstafel ist „hierarchisch aufsteigend“ angeordnet, aber nicht nach ihrer Wertigkeit. 1053 Vgl. Aug. civ. V 26 (CChr. SL 47, 240). 1054 Ebd. XIX 17 (CChr. SL 48, 685): Haec ergo caelestis civitas dum peregrinatur in terra, ex omnibus gentibus cives evocat atque in omnibus linguis peregrinam colligit societatem, non curans quidquid in moribus legibus institutisque diversum est, quibus

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Ebenso positiv zu vermerken ist, dass Augustinus mit einer Art der Argumentation bricht, die sich bei Minucius Felix vorfand. Dessen Argument für die Einzigkeit eines Herrschers im Himmel über die wohlgeordneten Verhältnisse auf Erden1055 widerspricht Augustins Verständnis der Ideenlehre.1056 Herrschaft des Staates und Herrschaft Gottes haben in diesem Sinne nichts miteinander zu tun. Gleichzeitig müssen aber auch zwei Probleme mit Petersons Thesen genannt werden. Weder die Trinität noch die Theologie der Kappadokier oder gar der Konflikt mit den Arianern geraten beim augustinischen Friedensbegriff irgendwie in den Blick. Worum es wirklich geht, ist in systematischer Hinsicht eine Widerlegung des Porphyrius.1057 Seine Kritik an Staatsideologien ist nicht davon abhängig, ob Gott trinitarisch verfasst ist. Das zeigt auch ein Blick in die Divinae institutiones des Laktanz. Obwohl seine Argumentation mit Gott genauso wie diejenige bei Tertullian der Kritik Petersons verfallen würde, gibt es gerade in seinem Werk eine Kritik am Imperialismus.1058

pax terrena vel conquiritur vel tenetur, nihil eorum rescindens vel destruens, immo etiam servans ac sequens, quod licet diversum in diversis nationibus, ad unum tamen eundemque finem terrenae pacis intenditur, si religionem, qua unus summus et verus deus colendus docetur, non impedit. 1055 S.o. Kap. 2.1 für Min. Oct. 18,5. 1056 Er entschärft die privatistische Tendenz daran nur mit dem Gedanken, dass die Nächstenliebe immer eine Rolle spielen müsse. Aug. civ. XIX 19 (CChr. SL 48, 387f): In otio non iners vacatio delectare debet, sed aut inquisitio aut inventio veritatis, ut in ea quisque proficiat et quod invenerit ne alteri invideat. 1057 Vgl. ebd. X 26 (CChr. SL 47, 442f). Hier verwirft Augustinus das Konzept des Porphyrius, der den Staatskult als hilfreich für die Reinigung der Seelen der nicht philosophischen Menschen zu interpretieren versucht. Er hatte aufgrund dieses Konzepts die Christen angeklagt, dass sie den Staatskult verleugnen, selbst aber in ihren Schriften ähnliche Opferauffassungen auffinden würden. Bochet, Scripture, 25. Einen Aufstieg zum Guten gibt es auch bei Aug. ver. rel. 49 (CChr. SL 32, 218f), die hier vertretenen Auffassungen konnten aber über 30 Jahre später von Julian von Aeclanum gegen Augustinus verwendet werden (vgl. Lössl, Religion, 159). 1058 Die Imperialismus-Kritik findet sich insbesondere in Lact. inst. VI  6 (Heck/ Wlosok 548–555, hier 553). Mit dem Gottesgedanken verknüpft ist die Kritik über den Gedanken des Universalismus. Ein scheinbarer Nutzen für den eigenen Staat durch einen Krieg bedeutet einen Schaden für den anderen und bewirkt dadurch eine Aufspaltung des Menschengeschlechts: Commoda praeterea patriai prima putare sublata hominum discordia nihil est omnino. Quae sunt enim patriae commoda nisi alterius civitatis aut gentis incommoda, id est fines propagare aliis violenter ereptos, augere imperium, vectigalia facere maiora? Quae omnia non utique virtutes, sed virtutum

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Außerdem sollte gefragt werden, inwiefern die Dekonstruktion des Gerechtigkeitsbegriffs für die Staatstheorie zu scharf ist. Außer dem Gesetz in Bezug auf den Götterkult werden keine Verbesserungen diskutiert. So müssen auch die problematischen Punkte bei Augustins Entscheidungsfindung im Hinblick auf den Staat in Betracht gezogen werden. Dass Augustinus kein kohärentes Konzept von Staat und Religion hatte, zeigt seine Reaktion im Hinblick auf die Donatisten. Hier interpretiert er Lk 14,23 so, dass bereits christlich getaufte Bürger des römischen Staates mit Gewalt zum Verbleiben in der Kirche gezwungen werden sollen.1059

5.4  Gegen die Verteidigung der vielen Götter bei Varro Die Argumentation gegen die Verehrung vieler Götter im römischen Staat ist das Hauptziel der staatstheoretischen Auseinandersetzung im Hinblick auf Gott und die Götter. Die Art und Weise, diese Ziele zu verfolgen, ist die Besprechung und Widerlegung der Schriften zu den Göttern des römischen Staates, die der römische Universalgelehrte Marcus Terentius Varro hinterlassen hat. Insbesondere das vierte, das sechste und das siebte Buch von De civitate dei beinhalten eine Auseinandersetzung mit dem Werk Varros.1060 Mit dem kurzen Logistoricus Varros, dem Curio de cultu deorum, vor allem aber den umfassenden Antiquitates rerum divinarum, in dem den römischen Staatsgöttern drei Bücher gewidmet sind, sind es gerade einmal zwei Schriften.1061 Diese Art der Argumentation ist Augustins Vorgehen geschuldet, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht verschiedene, auch nur mündlich zugängliche Argumente zusammenträgt, sondern sich auf die Besprechung konkreter Texte beschränkt. Da er sich für dieses Vorgehen entscheidet, überrascht seine

sunt eversiones. S.u. Kap. 5.6 für eine ähnliche Argumentation im ersten Buch von De civitate dei. 1059 Vgl. Chelius, Art. compelle intrare, 1084 f. 1060 Die erste ausführliche Erwähnung Varros findet sich in Aug. civ. III 4 (CChr. SL 47, 67), wo er als vir doctissimus eorum eingeführt wird. Die Begründung seiner auctoritas gibt Aug. ebd. VI 2 (CChr. SL 47, 167). 1061 Vom Logistoricus sind nur fünf sichere Fragmente überliefert: Cardauns, Logistoricus, 2–6, wobei nur eines bei Augustinus nicht erwähnt wird. Dem steht eine Überfülle an Einzelvorstellungen aus den Antiquitates gegenüber, die nicht nur bei christlichen Autoren gefunden werden. Die dedicatio an Julius Caesar ist aber nur bei ihnen zu finden. Cardauns, Antiquitates, 14.

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Wahl nicht.1062 Es handelt sich um das wichtigste Werk zum römischen Staatskult und den Göttern, das auch eine gewisse Rechtfertigung, wenn auch nicht uneingeschränkt und in kleiner Gewichtung im Vergleich zur Fülle des Materials, beinhaltet. Das Werk ist zwar bei Weitem keine Apologie des römischen Staatskultes, aber doch ein Text, der die Wahrheitsfrage in Bezug auf die Götter des Staates stellt. Dass Augustinus nicht immer deutlich macht, dass es sich bei seinen Ausführungen um eine Besprechung der Texte Varros handelt, ist als rhetorische Strategie anzusehen. Viele Aussagen werden auf eine unbestimmte Gruppe von Leuten, die Augustinus als illi oder isti einführt, zurückgeführt.1063 Ein gutes Beispiel für diese Art der Rhetorik findet sich dort, wo er seine Gegnerschaft als multitudinem amantes1064 bezeichnet, wobei er einige zweifellos unwichtige Götter anführt, die er aus Varros antiquarischen Schriften bezieht, aber den Widersachern als Argument für den Erfolg des römischen Staates unterstellt.1065 Im Vergleich zu seinen Vorgängern hat er mit diesem Vorgehen andere Schwerpunkte. In weiten Teilen widerlegt er die naturalistisch-allegorischen Rechtfertigungen Varros im Einzelnen und mit einem besonderen Augenmerk auf die di electi (auserwählte Götter) im 16. Buch, ohne auf die Möglichkeit von Allegorien im Besonderen einzugehen, da er eine solche wohl bei Varro gar nicht oder nur innerhalb seines Konzepts der theologia tripertita findet. Er beschreibt Varros Vorgehen als fabulas sarciare (Geschichten zusammenflicken)1066 und schließt im siebten Buch, dass man die Geschichten lieber auf homines mortui (tote Menschen) und daemones pessimi (bösartige Dämonen) beziehe.1067 Von diesen beiden Erklärungen nimmt die Dämonologie einen weitaus größeren Rahmen ein. Dämonologische Vorstellungen werden einleitend bereits zu

1062 Verschiedene weitere Gründe dazu bei Cameron, Last Pagan, 614f, der diesen Grund ebenfalls anführt, aber bezweifelt, ob zeitgenössische Heiden den Text wirklich lasen. 1063 Jocelyn, On editing, 109 stellt grundsätzlich richtig fest: „Statements like … hunc Varro credit … should be kept distinct from all the others, Romani audent/ volunt.“ Dennoch sind m.E. auch letztgenannte Aussagen daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht ebenso auf Varro zurückzuführen sind. 1064 Aug. civ. IV 8 (CChr. SL 47, 155). 1065 Als rhetorische Strategie interpretiert bei Kahlos, Refuting and Reclaiming, 167– 179, 169. 1066 Aug. ciu IV 10 (CChr. SL 47 106): quaerunt quem ad modum sarciant fabulas, nec inveniunt. 1067 Ebd. VII 28 (CChr. SL 47, 211): Referant haec potius ad homines mortuos et ad daemones pessimos, et nulla quaestio remanebit.

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Beginn des vierten Buches eingeführt1068 und finden sich häufig dann, wenn eine Unmoral bei den Göttern erkannt wurde, was Augustinus an zahllosen Beispielen ausführt. Der Euhemerismus hingegen erscheint in der Auseinandersetzung mit Varro nur als Abschluss der Auseinandersetzung mit den di electi, von denen die euhemeristischen Deutungen ja größtenteils auch zeugen, ehe er zu den Göttern der Mysterien übergeht.1069 Für die di electi bezeichnet er das euhemeristische Argument als credibilior ratio (glaubwürdigerer Grund), um dann aber die Dämonen bei der Verbreitung der Verehrung sofort wieder anzuführen.1070 Ausgeführt wird Euhemerus auch deswegen nicht, weil, wie Augustinus angibt, bereits viele zuvor sowohl in griechischer als auch lateinischer Sprache die Schriften des Euhemerus, die Ennius übersetzte, in der Bekämpfung der errores (Irrtümer) einsetzten.1071 Ebenfalls gemeinsam mit seinen Vorgängern, insbesondere mit Tertullian, aber in deutlich ausführlicherem Ausmaß, bespricht Augustinus die theologia tripertita, die er auf Varro zurückführt. Gemäß diesem Konzept stellte Varro die römischen Götter des Staates zwischen diejenigen der Dichter und die naturphilosophischen Erklärungen der Philosophen. Von der Argumentationsstrategie ergibt dies bei Varro deswegen Sinn, da er dadurch naturphilosophische Erklärungen mit dem Staatskult verknüpfen kann und Probleme mit den verschiedenen Funktionen der Theologien eindämmen kann. Augustinus hingegen möchte mit einer dem diametral entgegengesetzten Argumentationsstrategie die Zusammengehörigkeit von theologia poetica und theologia civilis zeigen. Das Material gibt ihm immer wieder die Möglichkeit, auf Erzählungen einzugehen, in denen (insbesondere sexuelle) Verirrungen der Götter dargestellt werden, um

1068 Ebd. IV 1 (CChr. SL 47, 98): demonstrandum fuit et simul docendum deos falsos, quos vel palam colebant vel occulte adhuc colunt, eos esse inmundissimos spiritus et malignissimos ac fallacissimos daemones. 1069 Ebd. VII 19–26 (CChr. SL 47, 201–209). 1070 Ebd. VII 18 (CChr. SL 47, 200): De quibus credibilior redditur ratio, cum perhibentur homines fuisse et unicuique eorum ab his, qui eos adulando deos esse voluerunt, ex eius ingenio moribus, actibus casibus sacra et sollemnia constituta atque haec paulatim per animas hominum daemonibus similes et ludicrarum rerum avidas inrependo longe lateque vulgata, ornantibus ea mendaciis poetarum et ad ea fallacibus spiritibus seducentibus. 1071 Ebd. VII 27 (CChr. SL 47, 309). Das kann auch zeigen, dass Augustinus nicht nur seine lateinischen, sondern auch seine griechischen Vorgänger dem Namen nach kannte.

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diese mit ihrem Kult in Verbindung zu bringen.1072 Dies liegt gerade daran, dass Varro Götter für die theologia civilis auswählte und beschrieb, deren Geschichten mit der seminatio (Besamung) als natürlichem und kosmischem Zyklus1073 in Verbindung stehen.1074 Zu den di electi meint Augustinus, dass man bei ihnen kaum einen Gott findet, den „nicht ein besonders hässlicher Schandfleck“ kennzeichnet.1075 Die Rhetorik des Textes geht so weit, dass er von der „Prostitution der Seele“ bei den vielen Göttern spricht.1076 Auf Varros Ausführungen zur theologia naturalis kommt Augustinus nur an einigen wenigen Stellen zu sprechen. Dies kann daran liegen, dass Varro dazu tatsächlich nur wenig in seinem Vorwort zum 16. Buch der Antiquitates geschrieben hat.1077 So ist es schwierig, das Grundkonzept Varros zu rekonstruieren. Um überhaupt etwas dazu sagen zu können, bietet sich ein Vergleich mit den Aussagen des Stoikers Balbus bei Cicero an. Dies rechtfertigt sich dadurch, dass Cicero Varro in den Academica posteriora zum Sprecher für Antiochos von Askalon macht. Laut Cicero wäre Antiochos, si perpauca mutavisset, germanissimus Stoicus (hätte er nur ein paar Kleinigkeiten in seiner Lehre geändert, ein echter Stoiker) gewesen.1078 Dass er dies in den Academica auf Logik und Ethik 1072 Dass er dies will, zeigen auch seine Beispiele in Kapitel 25 und 26, wo er unabhängig von Varro aus Porphyrius oder aus eigenen Erfahrungen zitiert. Ebd. VII 25f (CChr. SL 47, 306–308). 1073 Vgl. Van Nuffelen, Divine Antiquities, 162–188, 167. Er argumentiert dafür, dass man Varros Allegorien von diesem Begriff her zu interpretieren habe, ebd. 165: „Semen, thus, is a key theme in Varro’s allegory.“ 1074 Das Wort semen spielt bei Augustinus eine wichtige Rolle. Vgl. etwa Gen. ad litt. IV 10 (CSEL 28/1, 465), wo er von der Schöpfung des semen caeli et terrae durch Gott spricht. Vgl. hierzu Clark, Augustine’s Varro, 181–201, 193. 1075 Aug. civ. VII 4 (CChr. SL 47, 279; Üb. Thimme 324). Einzig bei Janus finde sich keine schändliche Geschichte, dafür sei sein Kult schändlich. Ebd. VII 25f (CChr. SL 47, 306–308). 1076 Ebd. IV 8 (CChr. SL 47, 155). Vgl. ebd. VII 22 (CChr. SL 47, 300): anima prostituta. Clark, Augustine’s Varro, 194, meint, dass das Bild aus 1 Kor 6,12–20 stamme. Dort ist aber nicht von der „Prostitution der Seele“ bei den Göttern die Rede, sondern von der Prostitution als Sünde. Die Rede von der Prostitution der Seele hat Augustinus dennoch nicht erfunden. Vgl. etwa NHC II/6 ExAn p. 127 f. 1077 Vgl. Aug. civ. VII 5 (CChr. SL 47, 281). 1078 Cic. acad. II 132; Übersetzung: Gigon, Gespräche, 253. Augustinus kannte als Leser dieser Schrift die Diskussion und nannte Antiochos in acad. III 41 (CChr. SL 29, 59) einen faeneus Platonicus; dazu Fuhrer, Contra Academicos, 440; als „Strohkopf “ interpretiert bei Fladerer, Antiochos von Askalon, XVI. Zur Forschungsdiskussion siehe unten.

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bezieht, muss nicht bedeuten, dass er es bei der Physik nicht genauso sah. Er wiederholt die Ansicht in De natura deorum und lässt den Akademiker Cotta mit dieser Aussage die Meinung begründen, dass es in der Debatte keinen Peripatetiker brauche, wenn ein Stoiker anwesend sei.1079 Das Hauptinteresse Augustins bezüglich Gott und den Göttern ist auch in den Teilen zur theologia naturalis die Forderung nach Alleinverehrung des christlichen Gottes. Bei der aus diesem Ziel resultierenden Polemik gegen die Polylatrie dient ihm der Verweis auf den Eingottglauben Varros aus zwei Gründen zu seinen Zielen: Einerseits verhilft ihm die Feststellung eines solchen an den meisten Stellen dazu, die Position der von ihm als pagane Autoritäten eingeführten Autoren als unklug oder inkonsequent darzustellen,1080 da sie in ihrer religiösen Praxis doch die vielen Götter verehrt hätten. Andererseits setzt er sich dabei implizit mit früheren apologetischen Schriften auseinander, in denen der theoretische Ein-Gott-Glaube als Konsens unter den nichtchristlichen Philosophen dargestellt wurde.1081 Dass es einen solchen gibt, bestreitet Augustinus: So wendet er sich beispielsweise gegen die Auffassung, dass Thales neben dem Wasser als Urstoff noch den einen göttlichen Geist erwähnt habe.1082 Die früheren lateinischen Apologeten schrieben hier aus Ciceros Werk De natura deorum ab,1083 während Augustinus sich möglicherweise auf den Lucullus bezog.1084 Im Grunde stellt Augustinus wohl zutreffend fest, dass Varro die theologia civilis aufgrund der Unsicherheit philosophischer Überlegungen von der theologia

1079 Cic. nat. deor. I 16. 1080 Gegenüber Varro spricht Aug. civ. IV 11 (CChr. SL 47, 161) vom prudentius compendium. Gegenüber den Platonikern differenziert er zwischen der Meinung, dass sie multos deos colendos … putaverunt oder dass sie multos deos colendos putari voluerunt: ebd. X 1 (CChr. SL 47, 401). Bei Varro kann Aug. ebd. VI 10 (CChr. SL 47, 267) im Gegensatz zu Seneca und einigen Platonikern keine philosophische Distanzierung vom Staatskult feststellen. 1081 Vgl. Min. Oct. 19,3–20,1 (Kytzler 16); Lact. inst. I 5,15–28 (Heck/Wlosok 18–20). 1082 Vgl. Aug. civ. VIII 2 (CChr. SL 47, 322). Natürlich muss dies nicht zwangsläufig als Korrektur der früheren Apologeten interpretiert werden. Auch Tert. adv. Marc. I 13,3 (CChr. SL 1, 454) nennt nur das Wasser. Über den Gottesbegriff des Thales ist nach Jaeger, Theologie, 228 „offensichtlich alles reine Mutmaßung“. 1083 Vgl. Cic. nat. deor. I 25. 1084 Vgl. Cic. Luc. 118. Bei Augustinus kann aber durchaus auch weiteres Material, insbesondere neuplatonisches, eingeflossen sein. Vgl. Fuhrer, Contra Academicos, 403 f. Augustinus zitiert De natura deorum laut Hagendahl, Classics, 693 im Gegensatz zum Lucullus selten direkt.

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naturalis trennt.1085 Die Vorstellung, dass es in der Frage nach den Göttern eine Trennung zwischen der Betrachtung derselben in „öffentlicher Versammlung“ und in „vertrautem Kreise“ geben muss, findet sich auch bei Cicero als Aussage des Priesters, aber akademischen Skeptikers Cotta.1086 Im Detail, insbesondere bei der Auswahl der di selecti, bleibt bei Varro aber vieles unklar. Dass diese Götter mit der Entstehung der Welt (seminatio) verknüpft werden, scheint bei der Häufigkeit des Wortfeldes in den relevanten Abschnitten evident, doch es stellt sich die Frage, ob bei Varro nicht auch noch ein zweites Auswahlkriterium, dasjenige nach der Wichtigkeit im Staatskult, existiert. Diese Frage stellt bereits Augustinus,1087 konzentriert sich dann aber darauf, die Inkohärenzen der Auswahl und der einzelnen Götter darzustellen. Augustinus führt den Ein-Gott-Glauben Varros in zwei Richtungen aus. Eindeutig auf den Römer bezieht er nur die Vorstellung von der Weltseele und von ihren Teilen, die gleichzeitig auch die Welt insgesamt sei: Dicit ergo idem Varro adhuc de naturali theologia praeloquens deum se arbitrari esse animam mundi, quem Graeci vocant κόσμον, et hunc ipsum mundum esse deum; sed sicut hominem sapientem, cum sit ex corpore et animo, cum sit ex animo et corpore. Hic videtur quoquo modo unum confiteri Deum; sed ut plures etiam introducat, adiungit mundum dividi in duas partes, caelum et terram. (Varro erklärt also, und zwar schon in seinem Vorwort, wo er von der natürlichen Theologie spricht, seiner Meinung nach sei Gott die Seele der Welt, die die Griechen Kosmos nennen, und diese Welt selber sei Gott. Aber wie der vernünftige Mensch, obschon aus Leib und Seele bestehend, doch nur im Hinblick auf die Seele vernünftig genannt werde, nenne man auch die Welt, obschon sie ebenfalls aus Seele und Leib bestehe, im Hinblick auf ihre Seele Gott. Hier scheint er sich immerhin zu einem einigen Gott zu bekennen. Doch um nun auch von mehreren reden zu können, fügt er hinzu, die Welt zerfalle in zwei Teile, Himmel und Erde.)1088 Zur Überprüfung, ob Varro in den Antiquitates dies tatsächlich geschrieben haben kann, lässt sich aus dessen Werk nur De lingua Latina heranziehen, wo er einerseits innerhalb einer ähnlichen Terminologie argumentiert, entgegen der 1085 Vgl. Aug. civ. VI 5 (CChr. SL 47, 254). 1086 Cic. nat. deor. I 61: Quaeritur primum in ea quaestione, quae est de natura deorum, sitne dei necne sint. ‚Difficile est negare.‘ Credo si in contione quaeratur, sed in huius modi sermone et in consessu familiari facillimum. Für ähnliche Ansichten vgl. Leonhardt, Ciceros Kritik, 69. 1087 Vgl. Aug. civ. VII 2 (CChr. SL 47, 274). 1088 Üb. Thimme 327. Ebd. VII 6 (CChr. SL 47, 281f). Vgl. Varro, ant. rer. div. (frg. 226, Cardauns 96f).

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Stelle oben allerdings zuerst dualistisch caelum et terra (Himmel und Erde) als principes dei (erste Götter) anführt, die er unter anderem mit Jupiter und Juno identifiziert. Jupiter wird dann aber näher als derjenige beschrieben, der Samen empfange und aussende, und damit an den Ursprung des Prozesses gestellt.1089 Augustinus gesteht Varro zu, dass seine Ausführungen monistisch gemeint sind, wenn er seine Aussage zitiert, dass auch der Mensch als Ganzes nur im Hinblick auf seine Seele vernünftig genannt wird.1090 Doch dem römischen Universalgelehrten geht es auch in De lingua Latina nicht um die Einzigkeit Gottes, sondern um die vielen Götter, die er aus den Elementen als Prinzipien des Seienden herleitet.1091 Den Gedanken, dass die Elemente letztlich auf einen Grundstoff zurückgeführt werden können, finden wir bei ihm nicht durchgeführt. Die Funktionen der Götter deutet er als Ergebnisse verschiedener Betrachtungsweisen: So spricht er von Jupiter (Ennius zitierend) auch als demjenigen, den die Griechen Aer (die Luft) nennen.1092 Zu solchen Vorstellungen gibt es bei Cicero eher in der Rede des Velleius Anklänge. Diesem geht es aber gerade darum, die Stoiker (stellvertretend für diese: Kleanthes) als widersprüchlich darzustellen. Der Angriff ähnelt demjenigen Augustins und der Feststellung widersprüchlicher Funktionen der Götter.1093 Kleanthes sage, „die Welt selbst sei eine Gottheit, dann gibt er diesen Namen dem Geist und der Seele der gesamten Natur, und ein andermal meint er, der am äußersten Rande des Alls befindliche und dieses am höchsten Ende von allen Seiten umschließende und als Letztes alles umhüllende und umfassende feurige Stoff, der sogenannte Äther, sei mit der größten Gewissheit als Gott zu bezeichnen.“1094 Dies zeigt, wie die epikureische und akademische Kritik an den Stoikern auch von Augustinus verwendet werden konnte. Dagegen, dass man Varros Götterlehre überhaupt als stoisch rekonstruieren könne, wird insbesondere die Erwähnung von drei Prinzipien in der

1089 Vgl. Varro, ling. lat. V 65 (LCL 333, 62). 1090 Vgl. Aug. civ. VII 10 (CChr. SL 47, 286). 1091 So auch Blank, Varro, 272: „Varro divided the world, all of which was god, into sky and earth in order to introduce a multiplicity of gods, and that seems a reasonable interpretation of Varro’s desire to account for the gods of state religion within a natural theology.“ 1092 Vgl. Varro, ling. lat. V 65 (LCL 333, 62). Dazu Van Nuffelen, Rethinking, 33. 1093 Aug. civ. VII 8 (CChr. SL 47, 282f). 1094 Cic. nat. deor. I 37 (Üb. Gerlach/Bayer 47. 49). In seiner Studie zur stoischen Theologie meint Meijer, Stoic Theology, 69–72, dass Kleanthes eher nicht vom Kosmos als Gott geredet habe; sein Interesse gelte der Sonne.

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Interpretation der samothrakischen Götter (bzw. der Penaten und der kapitolinischen Trias) angeführt, in der die Ideen genannt werden.1095 Allerdings zeigt die Polemik Augustins gerade, dass die Ideen nicht als eigene Entitäten gedeutet werden, sondern als rationes seminales, die in der Welt enthalten sind. Augustinus kann diese Vorstellung einfach kritisieren und sieht sich mit dem biblischen Schöpfungsgedanken konform.1096 Dem Gedanken, dass Gott nicht die Weltseele selbst ist, sondern Schöpfer aller Seelen, entspricht die Trennung des Einen von der Weltseele im Neuplatonismus.1097 Diese Kritik könnte Augustinus an jeder stoischen Götterlehre anbringen – und er tut dies ganz kurz in seiner Liste von Philosophien, die der platonischen das Feld räumen sollen1098 –, doch Varro eignet sich am besten für die rhetorische Polemik. An einigen Stellen führt Augustinus allerdings die stoische Götterlehre aus, ohne auf Varro Bezug zu nehmen.1099 Am ausführlichsten differenziert Augustinus die Vorstellungen im siebten Buch von De ciuitate dei: Sed quid de hoc Iove plura, ad quem fortasse ceteri referendi sunt, ut inanis remaneat deorum opinio plurimorum, cum hic ipse sint omnes, sive quando partes eius vel potestates existimantur, sive cum vis animae, quam putant per cuncta diffusam, ex partibus molis huius, in quas visibilis mundus iste consurgit, et multiplici administratione naturae quasi plurium deorum nomina accepit? (Doch ich will nicht länger bei diesem Jupiter verweilen, auf den vielleicht alle übrigen Götter zurückzuführen

1095 Nicht im Logistoricus frg. 1 (Cardauns 12), aber in ant. rer. div. frg. 205f (Cardauns 89f): Er verweist auf die Minerva-Allegorese des Diogenes von Babylon in Cic. nat. deor. I 41; vgl. Cardauns, Antiquitates, 221. Vgl. zur Trias Jupiter, Juno und Minerva auch Arn. nat. III 40 (CSEL 4, 138). 1096 Es bleibt eine umstrittene Forschungsfrage, inwiefern die Philosophie von Antiochos (und damit diejenige von Varro) platonisierende Elemente enthält. Neben Aug. civ. VII 28 (CChr. SL 47, 311), spielte insbesondere Cic. acad. I 30f eine wichtige Rolle für diese These. Vgl. Theiler, Vorbereitung des Neuplatonismus, 19; dagegen zuletzt Boys-Stones, Antiochos’ metaphysics, 228, der die Ideen bei Varro als „stoische mentale Konzepte“ versteht. Ebenfalls gegen Theilers Theorie, aber innerhalb einer anderen Interpretation, ist auch Sedley, ebd. 3, der meint, dass die Stoiker für Antiochos in der Metaphysik „dwarfs on the shoulders of the Platonist giants“ seien. Blank, Varro and Antiochos, 271, erörtert die Möglichkeit, dass Varro seine Ansichten schlicht geändert hat. 1097 Vgl. Drecoll, Handbuch, 72–84. 1098 Vgl. Aug. civ. VIII 2 (CChr. SL 47, 322f). 1099 Ob es sich hier um Fragmente oder um spätantike Anwendungen Varros handelt, ist nach wie vor umstritten. Ich folge hier Cardauns, der auch diese Stellen in seine Fragmentsammlung aufgenommen hat.

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sind, sodass die Annahme mehrerer Götter sich als leerer Wahn herausstellt. Wir hörten ja schon: Sie alle sind der eine – sei es, dass man sie für seine Teile oder Kräfte hält, sei es dass die Seelenmacht, die, wie man annimmt, das All durchströmt, nach den Massenteilen, aus denen diese sichtbare Welt zusammengesetzt ist, und den mannigfachen Wirkweisen der Natur die Namen mehrerer Götter empfangen hat.)1100 Eine der hier angesprochenen Differenzierungen besprach Augustinus bereits im vierten Buch. Für die Vorstellung, dass jegliche Seele Teil der Weltseele sei, findet Augustinus nur Spott. Er führt aus, dass dann ein Teil Gottes getötet würde, wenn wir ein Lebewesen töten, oder, falls man es auf vernunftbegabte Wesen beschränkt, ein Teil Gottes geschlagen würde, „wenn man einem Knaben Schläge gibt“.1101 Die zweite und dritte Differenzierung, dass die vielen (Götter) die potestates (an anderer Stelle die virtutes) Gottes seien,1102 die ihre Namen durch die verschiedenen Wirkweisen der Natur empfangen hätten, erscheint in De natura deorum, wo Balbus die Entstehung von Götterlehren erklärt, vereint.1103 Die Größe des Nutzens habe diejenigen zu Göttern erhoben, die Nutzen aller Art erzeugten, und mit den eben genannten Namen werde die Bedeutung bezeichnet, die jedem Gott innewohne.1104 Da die Kraft verschiedener Begriffe so groß gewesen sei, dass nur ein Gott eine jede lenken konnte, habe eben der Begriff selbst den Namen eines Gottes erhalten. Als Beispiele nennt er fides, mens, virtus, honos, ops, salus, concordia, victoria (Treue, Verstand, Tugend, Ehrhaftigkeit, Stärke, Gesundheit, Eintracht, Sieg), denen allesamt ein Tempel geweiht worden sei. Bei Cicero konnte Augustinus ebenfalls die Kritik der Vorstellung durch Cotta antreffen, der die Auswahl als willkürlich darstellt und anführt, dass man ansonsten sämtliche Götter der Völker aufnehmen müsste.1105 Analog dazu diskutiert Augustinus, zunächst ohne eine Quelle dafür anzugeben,1106 warum nicht Victoria anstelle von Jupiter verehrt wurde, und kommt zur gleichen Kritik:

1100 Aug. civ. VII 13 (CChr. SL 47, 290; Üb. Thimme 336). Vgl. Varro, ant. rer. div. (frg. 27, Cardauns 26), dazu Serv. in Aen. III 638; in georg. I 5. 1101 Aug. civ. IV 12f (CChr. SL 47, 162f; Üb. Thimme 188). 1102 Dazu meint Aug. civ. IV 11 (CChr. SL 47, 161): quod quale sit, non interdum quaero. Diese Aussage wiederholt er ebd. VI 6 (CChr. SL 47, 255–257); VII 6 (CChr. SL 47, 281f). Vgl. dazu Clark, Augustine’s Varro, 196. 1103 Cic. nat. deor. II 61. 1104 Ebd. II 62. 1105 Ebd. III 45. 1106 Aug. civ. IV 14 (CChr. SL 47, 164).

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Wenn Victoria eine Göttin ist, warum nicht auch noch Triumphus? Er schließt daran die christliche Vorstellung an, dass Gott nicht die Victoria schicke, die nulla substantia sei, sondern seine Engel.1107 Hier verlässt Augustinus für kurze Zeit die antipagane Auseinandersetzung und führt eine Diskussion über richtige und falsche Tugenden, wobei er die felicitas (Glück) als praemium virtutis (Belohnung für die Tugend) durch Gott verliehen darstellen möchte.1108 Augustinus verwendet Varros Werk nicht in erster Linie zur Auseinandersetzung mit der theologia naturalis, sondern mit der theologia civilis. Als Fazit zur theologia civilis schreibt er, dass „alles, was etwa in den Tempeln Ehrbares vor sich ging, durch Verbindung mit den Unsauberkeiten der Bühne besudelt“1109 wurde. Zuvor merkt er an, dass die theologia civilis sich „hauptsächlich mit der Natur der Körper“1110 beschäftigt, wie Varros Deutungsversuche zeigen, und deswegen zu Recht von der theologia naturalis abgesondert wird. Neben der Betonung des verführerischen und dämonischen Charakters derselben schließt er an, dass die Völker sich darin „irdischer Freude“ hingeben.1111 Der Eingottglaube Varros kommt in Bezug auf den Staatskult dann zur Sprache, wenn Augustinus auf die Bedeutung Jupiters eingeht. Er schreibt seinen Gegnern die Aussage zu, dass der Erfolg der römischen res publica insbesondere Jupiters Leistung war. Diese Aussage stützt er mit Argumenten, die er selbst aus dem Fundus von möglichen Gegnern konstruiert: Erstens „wollen sie“, dass er König der Götter und Göttinnen sei,1112 zweitens sei das Zepter auf dem Kapitol ein Zeuge dafür, und drittens bestätige dies Vergils Zitat Iuppiter omnia plena (von Jupiter ist alles erfüllt). Als letztes führt er Varros Gleichsetzung Jupiters mit dem jüdischen Gott an,1113 um schließlich ohne Bezug auf die eingangs gestellte Frage Varros Aussage, dass die Einführung von Kultbildern den Irrtum 1107 Ebd. IV 17 (CChr. SL 47, 166). 1108 Ebd. IV 21 (CChr. SL 47, 172). 1109 Ebd. VIII 5 (CChr. SL 47, 327; Üb. Thimme 379). Siehe unten zur Diskussion der Aussage, dass es dennoch „Ehrbares“ gibt. 1110 Ebd. VII 5 (CChr. SL 47, 281). Dies ist anthropologisch und nicht erkenntnistheoretisch gemeint. Zwar macht Aug. ebd. VIII 5 (CChr. SL 47, 327) den Stoikern den Vorwurf, dass ihre Gotteserkenntnis auf die „Sinne des Fleisches“ beschränkt sei, er bezieht sich aber nicht auf die theologia civilis, die ja nicht durch die Philosophen begründet wurde. 1111 Üb. Thimme 378. 1112 Beispielsweise Cic. nat. deor. II 64. 1113 Es ging Varro aber nicht um den Monotheismus, sondern nur um die bilderlose Verehrung; so richtig Clark, Augustine’s Varro, 188. Irreführend meint van Kooten, 633–651, bei Varro werde eine „pure, monotheistic era of 170 years“ präsentiert.

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vermehrte und die Furcht zerstörte, anzufügen.1114 Die gleichen Gedanken brachte Augustinus bereits in De consensu evangelistarum mit Varros Identifikation Jupiters mit dem Gott der Hebräer in Verbindung. Was Augustinus an Varros Aussagen positiv bewertet, wird aber auch hier als geistige Beeinflussung charakterisiert. Vorwürfe zur konkreten Verwirklichung fehlen dabei nicht. In De civitate dei stellt er Varro als einen dar, der, wenn er überhaupt je platonisch argumentiert habe, von dieser Philosophie wieder abgefallen sei.1115 Im früheren Text macht Augustinus diesen Vorwurf auch Vergil, wenn er richtigerweise vom spiritus als göttlicher Kraft spreche, dann aber stoisch argumentiere.1116 So ist es nur noch gerade die Einzigkeit Gottes, die eine Gemeinsamkeit mit dem eigenen christlichen Bekenntnis darstellt, auch wenn Varro bei einem falschen stoischen Gottesbild endet. Ein gewisses Verdienst gesteht Augustinus dem römischen Gelehrten nur in seinem Willen zu, nach Wissen zu streben. Als Varro den jüdischen Gott erkannte, geschah dies nach Augustinus auch deswegen, weil ein so gelehrter Mann den jüdischen Gott nicht als nichtig oder schwach einschätzen konnte.1117 Als er ihn aber mit Jupiter gleichsetzte, „wusste er nicht, was er sagt“. Hinter dem Nichtwissen über das eigene Tun steht bei Augustinus ein Konzept, das selbst das Streben nach Gelehrsamkeit nicht als Eigenverdienst, sondern als Handeln des unbegrenzt machtvollen christlichen Gottes ausweisen möchte. Auch die „spöttischen Bemerkungen, die Männer dieser Art in ihren Schriften über die vielen Götter gemacht haben“, seien „mehr als ein Bekenntnis“ zu deuten, „zu dem sie durch den geheimen Willen Gottes getrieben wurden, als ein Versuch, von ihrer Meinung zu überzeugen.“1118 In den Büchern I bis VII lassen sich für die Vermittlung 1114 Aug. civ. IV 9 (CChr. SL 47, 156f). Cardauns führt einzig das Vergilzitat nicht auf Varro zurück, ant. rer. div. (frg. 14, Cardauns 21): „Der Hinweis auf das Kapitol ist wohl kein Zusatz Augustins, sondern gehört zur Begründung. Diesem Heiligtum gilt auch sonst Varros besonderes Interesse.“ Aug. civ. XII 26 (CChr. SL 47, 551–553) führt dieses Zitat mit Bezug auf die platonische Ideenlehre an. 1115 Ebd. VIII 5 (CChr. SL 47, 181). 1116 Im früheren Text – Aug. cons. ev. I 31 (CSEL 43, 29) – brachte er die platonische Sicht mit Jer 23,24 in Einklang: caelum et terram ego impleo. Die bilderlose Verehrung wird hier allerdings nicht erwähnt. Bei Varro geht diese möglicherweise auf Poseidonios zurück: Cardauns, Antiquitates, 146. Jer 23,24 zitiert Aug. conf. I 2 (CChr. SL 27, 2) ebenso und führt die Aussage im Folgenden aus. 1117 Aug. civ. XIX 22 (CChr. SL 48, 392). Aug. cons. ev. I 30 (CSEL 43, 28) schreibt, Varro sei illius summitate deterritus. 1118 Aug. civ. IV 31 (CChr. SL 47, 187). Aug. cons. ev. I 23 (CSEL 43, 22) nimmt auf Lk 4,41 Bezug.

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zwischen der Einzigkeit Gottes und dem Verhältnis zur Pluralität des Seienden kaum Anleihen feststellen, die über das Maß philosophiekritischer und damit an der Destruktion konkreter philosophischer Lehren interessierten Autoren wie Tertullian hinausgehen. Während Cicero als Skeptiker in theologischen Fragen keine Autorität genießen könne,1119 habe Varro als Dogmatiker zwar die Einzigkeit Gottes erkannt,1120 diesen aber als materielle Größe, die Weltseele, falsch bestimmt und verfalle deswegen der Kritik in Röm 1,18–25 sowohl in Bezug darauf, dass er die Verehrung der vielen Götter noch argumentativ befördert habe,1121 als auch, weil seine materielle Größe selbst nur ein Geschöpf sein kann.

5.5 Philosophiegeschichte: Die Argumentation für die Platoniker Augustinus begibt sich mit seiner Ablehnung des Gottes von Varro im Vergleich zu seinen Vorgängern in die argumentativ schwierige Situation, dass Varro und die Stoiker den einen Gott gar nicht erkannten, sondern nur ein (für Augustinus wohl auch noch fiktives)1122 Geschöpf der anima mundi. Augustinus müsste, um apologetisch anschlussfähig zu bleiben, nachweisen, dass auch der deus verus 1119 Aug. civ. IV 30 (CChr. SL 47, 123): Sed iste Academicus, qui omnia esse contendit incerta, indignus est qui habeat ullam in his rebus autoritatem. Der Satz bezieht sich in diesem Kontext auf Vorzeichen, doch Augustinus führt seinen ansonsten wichtigsten Gewährsmann auch in anderen theologischen Fragen nicht an. 1120 Augustinus übernimmt für die Besprechung von Cicero und Varro in theologischen Fragen die stark stilisierte Darstellung aus den Academica posteriora, die er ebd. VII 17 (CChr. SL 47, 295) selbst wieder infrage stellt und Varro Inkonsequenz vorwirft. Nicht einmal zu den Di electi könne er sichere Aussagen machen, obwohl er als Dogmatiker gilt. Varro zitiert hier das Diktum des Xenophanes vom Wissen, das göttlicher Natur sei (p. 17 bei Diels-Kranz, Vorsokratiker 137, der Varro hier nicht anführt. 1121 Wie Laktanz und allenfalls von ihm abhängig zitiert Augustinus die dedicatio ad Caesarem aus dem Vorwort zum Gesamtwerk. Es gilt als common sense, dass dies auch tatsächlich in Varros Sinn war. Eine einzelne Stimme dagegen wäre: Jocelyn, On editing, 148–205. 1122 Vgl. Aug. lib arb. III (CSEL 74, 89–154). Er spricht hier stets von geschaffenen Seelen im Plural. Die Abgrenzung gegenüber dem Traduzianismus bezieht sich aber vor allem auf die Körperlichkeit der Seele, vgl. Brachtendorf, De libero arbitrio, 42–44. Das Konzept der unveränderlichen, präexistenten Weltseele bei Plato verwirft er vollends, vgl. etwa Aug. civ. VIII 5 (CChr. SL 47, 329): Sed dicunt: Copore mutatur animae natura, nam per se ipsa incommutabilis est. Poterant isti dicere: Corpore aliquo vulneratur caro, nam per se ipsa invulnerabilis est.

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offenbarungsunabhängig erkannt werden kann, und es liegt nahe, dass er genau dies in den darauf folgenden Büchern tun möchte. Im achten Buch setzt Augustinus dazu neu ein: Quicumque igitur philosophi de deo summo et vero ista senserunt, quod et rerum creatarum sit effector et lumen cognoscendarum et bonum agendarum, quod ab illo nobis sit et principium naturae et veritas doctrinae et felicitas vitae (Alle Philosophen also, die vom höchsten und wahren Gott urteilten, dass er Schöpfer der Welt, Licht der Erkenntnis und Ziel allen Handelns sei, dass wir bei ihm den Ursprung der Natur, die Wahrheit der Lehre sowie das Glück des Lebens zu suchen haben)1123 seien den anderen vorzuziehen. Für ihn sind es insbesondere die Platoniker. Doch was für einen Status soll der Platonismus in der darauffolgenden Argumentation haben? Stützt er sich auf eine platonische Basis für eine philosophische Gotteslehre,1124 oder soll über ihr Werk einzig eine biblische Folie zur Feststellung von Kongruenzen gelegt werden? Augustinus möchte die Frage nach dem Verhältnis zwischen Christentum und Philosophie wiederum anhand von Stellen in den Briefen des Paulus klären.1125 Dieser Interpretation gilt es im Folgenden nachzugehen, um eine möglichst genaue Verhältnisbestimmung herauszuarbeiten. Augustinus führt die Diskussion zunächst anhand von Kol 2,8:1126 Βλέπετε μή τις ὑμᾶς ἔσται ὁ συλαγωγῶν διὰ τῆς φιλοσοφίας καὶ κενῆς ἀπάτης κατὰ τὴν παράδοσιν τῶν ἀνθρώπων, κατὰ τὰ στοιχεῖα τοῦ κόσμου καὶ οὐ κατὰ Χριστόν·1127 (Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen). Zur Entschärfung der Passage gibt es verschiedene Strategien bei christlichen Autoren. Die Notwendigkeit dazu ist sofort gegeben, wenn sich ein Autor auf eine apologetische Argumentation, die Überzeugung herbeiführen will, überhaupt einlässt. Strategien, die wiederum mit christlicher Zustimmung rechnen

1123 Üb. Thimme 388 f. Aug. civ. VIII 9 (CChr. SL 47, 225f): sive Platonici accomodatius nuncupentur, sive quodlibet aliud sectae suae nomen inponant (…) eos omnes ceteris anteponimus eosque nobis propinquiores fatemur. 1124 So sieht es in Aug. doct. christ. II 60 (Simonetti 162) aus: de uno deo vero nonnulla vera inveniuntur. Vgl. Madec, Verus philosophus, 557. 1125 Selbstverständlich behauptet Augustinus, wie auch alle anderen Autoren ab dem 2. Jahrhundert, auch für die in der heutigen Exegese Deuteropaulinen genannten Briefe die Autorschaft von Paulus. Vgl. zur Unterscheidung etwa Schnelle, Paulus, 151 f. 1126 Aug. civ. VIII 10 (CChr. SL 47, 226). 1127 Der Text folgt Aland, NT graece, 526.

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können, sind die Arbeit mit dem Text,1128 die Argumentation über den Autor, indem die Aussage im Hinblick auf andere Stellen in paulinischen Briefen oder bei der Paulusdarstellung in der Apostelgeschichte relativiert wird, oder die Argumentation mit dem Konsens der biblischen Schriften, die sich dann insbesondere auf das Johannesevangelium beziehen. Bei Augustinus lassen sich alle diese Argumentationen in irgendeinem Kontext feststellen. In seiner frühen Schrift De ordine argumentiert Augustinus einzig dafür, dass die Philosophen dieser Welt von dieser Kritik betroffen seien, und nennt eine Philosophie einer anderen Welt, die paucorum sanorum intellectus (der Verstand weniger Kluger) betrachte.1129 Augustinus führt hier die Platoniker zwar nicht an, legt die Vorstellung einer intelligiblen Welt aber insofern nahe, als er die Vorstellung eines Reiches von einer anderen Welt nach Joh 18,36 angibt. In den Retractationes ergänzt er diese Identifizierung mit der platonischen Philosophie und identifiziert somit die johanneische Vorstellung mit derjenigen der Platoniker.1130 Seinem Bibelverständnis, nach dem Unterschiede zwischen den verschiedenen Texten des Neuen Testaments zu harmonisieren seien, widersprach diese Lösung auch in den Zeiten der Entstehung von De civitate dei nicht.1131 Paulus war ihm aber wohl zu einem so wichtigen Autor geworden, dass er für die Problematik auch eine paulinische Lösung finden wollte.1132 So zitiert er zunächst die Stelle, die für eine apologetische Argumentation mit Gott von zentraler Bedeutung ist, Röm 1,18–25, um zu beweisen, dass Paulus meine, ne omnes tales sunt (dass nicht alle [gemeint sind die Philosophen] so sind).1133 Doch die eigentlich apologetische Stelle entnimmt Augustinus nicht den Paulusbriefen, sondern der Rede auf dem Areopag nach Lukas. Er betont, dass es eine Rede an die Athener war und dass sie nur von wenigen verstanden werde, wenn er die Gleichsetzung

1128 Die Übersetzung ins Lateinische ist hier der erste Schritt. Insbesondere aber bietet es sich an, dass er in den größeren Kontext des gesamten Briefes gestellt wird. Den Satz nicht vollständig wiederzugeben scheint dann hingegen nur gegenüber einem unkundigen Publikum zu funktionieren. 1129 Aug. ord. I 32 (CSEL 63, 144). Vgl. dazu Fuhrer, Platoniker, 99. 1130 Aug. retr. I 3,2 (CChr. SL 57, 12). 1131 Erst beim Abschluss von De civitate dei wurde De doctrina christiana vollständig herausgegeben. Vgl. Lettieri, De doctrina Christiana, 377. Der letzte Teil, der um 427 herum abgefasst wurde, umfasst zwar nur III 36–IV 64. In den Retractationes nimmt Augustinus aber keine wesentlichen Aussagen des ersten Buches zurück. 1132 Vgl. hierzu etwa Ruhstorfer, Platoniker und Paulus, 284–341. 1133 Aug. civ. VIII 9 (CChr. SL 47, 335).

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der Stelle aus den Phainomena des Aratus1134 mit der Aussage über das Verhältnis zwischen Gott und der menschlichen Realität, dass wir „in ihm leben, weben, sind“, anführt.1135 Den größten Teil der Argumentation macht aber die Interpretation der Stelle im Kolosserbrief selbst aus. Dass er ἀπάτη (durch Philosophie und falsche Lehren) mit seductio (Versuchung) statt fallacia übersetzt, scheint nicht von der Argumentation bestimmt, sondern auf eine andere und nicht weniger treffende Übersetzung zurückzugehen. Dass er aber den Satzteil secundum traditionem hominum (nach Überlieferung der Menschen), den er etwa in einer seiner Predigten ebenfalls zitiert,1136 auslässt, ist schon eher von den Argumentationszielen bedingt, da eine Tradition der Platoniker von Augustinus postuliert wird.1137 Doch Augustinus eliminiert nicht nur diese Stelle, er setzt den Satz auch in größere Zusammenhänge. Mit der Gleichsetzung der stoischen Weltseele mit dem platonischen νοῦς kann er erstere Philosophie als solche bestimmen, die über ein bestimmtes physikalisches Prinzip nie hinauskam. Nun argumentiert er wiederum mit dem Kolosserbrief, in dem die Fokussierung auf das Überirdische eingefordert wird.1138 Der Gottesbegriff der Platoniker fällt für ihn in diese Kategorie. Die Beantwortung der Frage, ob die Bestimmung des Platonismus als philosophische Tradition, die die überirdische Welt ins Zentrum ihres Denkens stellt, zutrifft, ist schwierig. Selbst wenn man nur den Timaios beachtet, welchen Augustinus am häufigsten zitiert,1139 muss die Antwort differenziert ausfallen. Augustinus gibt der Grundsatz recht, dass Plato einen Gegensatz zwischen unveränderlicher Episteme, mit der zu beschäftigen sich lohnt, und einer veränderlichen Doxa, die notwendige Folge von Betrachtungen von veränderlichen

1134 „Wir sind seines Geschlechts“, Phainomena I, vgl. zum von Augustinus bestrittenen stoischen Hintergrund: Pohlenz, Stoa, 169, aber auch 404. Dagegen Courcelle, Recherches, 131 auf Plotin, Enn. VI 9 bezogen und Jerwell, Apostelgeschichte, 449 auf Plato, Tim. 37C bezogen. 1135 Apg 17,28. Augustinus bezeichnet den Satz eindeutig als paulinisch, fügt dann aber das eigentliche Zitat nicht mehr hinzu. 1136 Vgl. Aug. serm. Dolb. 26,10 (Dolbeau 374). 1137 Vgl. zu „Wahl von Daten und deren Anpassung im Sinne der Argumentation“: Perelman/Olbrechts-Tyteca, Neue Rhetorik I, 161–199. 1138 Kol 2,8. 1139 Aug. civ. VIII 11 (CChr. SL 47, 228) nennt das Buch ein liber de mundi constitutione. Nach Kutschera ist der Timaios in der Antike das meistgelesene und am häufigsten kommentierte Werk der Antike (Kutschera, Platon III, 85).

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Dingen ist, anführt.1140 Theoria wird folgerichtig von den Platonikern aus Augustins Zeiten der Erforschung der Natur vorangestellt. Ein Denken vom Schöpfergott her, im Timaios dem Demiurgen, ist bei den Platonikern, die Augustinus bespricht, nicht postulierbar.1141 Das platonische Gotteskonzept ist gerade deswegen in der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln, da es das Ergebnis langer Studien ist, die durchaus mit der Betrachtung des Wahrnehmbaren beginnen.1142 Dazu kommt die Frage, inwiefern der Demiurg den Neuplatonikern als höchstes Prinzip gilt. Bei allen neuplatonischen Philosophen wird die Welt nicht als geworden, sondern als ewig angesehen, da der Demiurg sonst nur potentiell Schöpfer wäre.1143 Doch Augustinus konstruiert eine Gruppe von Platonikern – Apuleius, Plotin, Porphyrius und Iamblich –, die er insofern als Platoniker sieht, als sie die Schriften Platos interpretiert haben, von denen er nur den Timaios zitiert. Tatsächlich ist darunter (aus heutiger Sicht) mit Apuleius ein Mittelplatoniker, der den Demiurgen als höchstes Prinzip ansieht. Diesen müsste Augustinus nun als richtigen Interpreten des Dialogs aufbauen, was er aber nicht tut. Demgegenüber bezieht er seine Argumentation insbesondere beim Thema Schöpfung direkt auf Plato und entwickelt eine Theorie zum Verhältnis zum Christentum analog zu seinen Vorgängern. Die Möglichkeiten von Erklärungen, weshalb Plato von christlicher Seite vereinnahmt werden kann, sind vielzählig. Augustinus sieht Plato im Gegensatz zu anderen christlichen Denkern nicht als inspiriert an. In allen Phasen seines Lebens löst er das Problem historisch. Behauptete er in seinen frühen Schriften noch die Kenntnis von Jeremia,1144 sieht er später als Resultat von neuen 1140 Plato, Tim. 29c. Vgl. hierzu Kutschera, Platon III, 42–45. 1141 Dazu mehr in Kap. 5.6. 1142 Plato, Tim. 28c. Vgl. Kutschera, Platon III, 48. 1143 Vgl. dazu Köckert, Christliche Kosmologie, 194. 1144 Aug. doct. christ. II 43 (Simonetti 138): longe ante humanum aduentum domini Platonem fuisse negari non potest! nonne memoratus episcopus [Ambrosius], considerata historia gentium, cum reperisset Platonem Hieremiae temporibus profectum fuisse in Aegyptum, ubi propheta ille tunc erat, probabilius esse ostendit quod Plato potius nostris litteris per Hieremiam fuerit imbutus, ut illa posset docere uel scribere quae iure laudantur? ante litteras enim gentis Hebraeorum, in qua unius dei cultus eminuit, ex qua secundum carnem uenit dominus noster, ne ipse quidem Pythagoras fuit, a cuius posteris Platonem theologiam didicisse isti adserunt. Die Berechnungen von Augustinus erinnern an die Bestimmungen zum Verhältnis von Numa und Pythagoras bei Cic. re publ. II 15. Er führt aus, dass Numa bedeutend früher als Pythagoras war. Darüber habe „unter denen, die den Zeitangaben besonders sorgfältig nachgespürt haben, nie der geringste Zweifel bestanden.“ (Üb. Albrecht

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Berechnungen1145 nur noch Stellen aus der Genesis und mündliche Überlieferung, die Plato wahrnahm. Von hier aus konstruiert Augustinus dann eben doch eine traditio secundum hominem, die zur Zeit des Paulus nur verborgen blieb und erst zu Plotins Zeiten wieder richtig aufblühte.1146 Die Römer – und hierzu dürfte er insbesondere Varro und Cicero zählen  – seien von der Trefflichkeit oder ihrem Ruhm aber bereits damals angezogen worden.1147 Wozu diese voraussetzungsreiche Theorie? Offensichtlich, weil sich hier die Traditionen in christlichen Argumentationen für Augustinus in einem schwer auflösbaren Sinn widersprechen. Einerseits argumentiert er in einer afrikanischen, philosophiekritischen Tradition.1148 Gerade für das christliche Gottesbild seiner Zeit kommt er aber nicht umhin, philosophische Argumentationen zu berücksichtigen. Ein kohärentes Konzept, das ein bestimmtes Verhältnis für alle Sachlagen liefern würde, kommt dabei nicht zustande.1149 Die weiteren Untersuchungen müssen dem Rechnung tragen, und sind deswegen in kleinen Schritten durchzuführen, sodass klar wird, worum es Augustinus bei seinen Argumentationen wirklich geht. Diese Auseinandersetzung mit der platonischen Ontologie in der grundsätzlichen Frage nach der Vermittlung von Einheit und Vielfalt und deren Kongruenz oder Inkongruenz mit den eigenen, christlichen Glaubensinhalten werden nun in den folgenden beiden Hauptkapiteln analysiert. Augustinus diskutiert die platonische Ontologie in ihrer Vereinbarkeit von Einheit und Vielfalt in Hinsicht auf zwei Themenbereiche. In einem langen Teil diskutiert er christliche 117). Er endet mit dem Fazit: Ac tamen facile patior non esse non transmarinis nec inportatis artibus eruditos, sed genuinis domesticisque virtutibus. Der Altersbeweis war offensichtlich nicht nur für eine junge Religionsgemeinschaft, sondern auch für einen jungen Staatskult wichtig. 1145 Aug. civ. VIII 11 (CChr. SL 47, 337): Se diligenter supputata temporum ratio, quae chronica historia continetur, Platonem indicat a tempore, quo prophetavit Hieremias, centum ferme annos postea natum fuisse. Hier revidiert er seine frühere Meinung, dass die beiden Zeitgenossen gewesen seien: doctr. chr. II 43 (CChr. SL 32, 63). Aug. retr. II 4,2 (CChr. SL 57, 93) schreibt, dass er sich bezüglich einer Schrift des Ambrosius geirrt habe. Angaben dazu bei Fuhrer, Platoniker, 91. 1146 Vgl. dazu Aug. acad. III 17,37–20,43. Fuhrer, Gegen die Akademiker, 403–478. Dass es eine Geheimlehre der Akademiker und eine Arkandisziplin gab, findet sich nach Fuhrer auch bei anderen Autoren. 1147 Aug. civ. VIII 10 (CChr. SL 47, 336). 1148 Vgl. insbesondere Tert. apol. 46–50. 1149 Gegen Madec, Verus philosophus, 555. 562, der genau dies als Unterschied zwischen Ambrosius und Augustinus sieht.

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Angelologie und Dämonologie im Kontext platonischer Philosophie. Hier ist von den Stellen im neunten Buch in De civitate dei ausgehen, die Michael Frede ins Zentrum seiner Betrachtungen gestellt hatte. Diese sind in den Kontext der Argumentation in den Büchern VIII–X zu stellen.1150 Argumentationen in der Tradition der testimonia für den einen Gott finden sich im elften Buch, allerdings in Bezug auf einen explizit trinitarisch konzipierten Gott.

5.5.1 Relativierung der Wichtigkeit: Die These von der controversia verborum Es wurde immer wieder festgestellt, dass Augustinus trotz des apologetischen Charakters von De civitate dei keine antichristlichen Schriften paganer Autoren – also insbesondere von Celsus, Porphyrius und Julian – diskutiert.1151 Dass ihm zumindest die neueren bekannt waren, zeigt die Charakterisierung des Porphyrius als acerrimus inimicus der Christen,1152 wohingegen die Benennung Julians als apostata nur zeigt,1153 dass er von dessen Abfall vom Christentum wusste.1154 Als Hauptgrund ist seine fehlende Sprachkompetenz im Griechischen zu vermerken. Doch auch rhetorische Gründe mögen eine Rolle gespielt haben: Augustinus dürfte sich nicht veranlasst gesehen haben, diese Schriften wieder ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Andererseits widerspricht die Stilisierung des Platonikers Porphyrius als dem Christentum diametral gegenübergestellter Denker seinem Vorhaben, die philosophische Reflexion über das, was das eigene Christliche seiner Ansicht nach ausmacht, voranzutreiben. In der Frage um das Verhältnis zwischen dem Einen (Gott) und der Vielfalt der Wirklichkeit ist dies besonders auffällig am Ende des neunten Buches zu beobachten.1155 Hier referiert Augustinus die These, dass es sich bei der Frage nach der Unterscheidung zwischen den Göttern der Platoniker und der Engel der Christen um eine controversia verborum handle, insofern das Kriterium erfüllt sei, dass diese Entitäten

1150 Aug. civ. IX 23 (CChr. SL 47, 269–271). 1151 Da er mit Porphyrius eine intensive Auseinandersetzung führt, müsste er zumindest dieses Werk besprechen. Clark, Porphyry and the city of God, 395–406 kommt deswegen zur Vermutung, dass Porphyrius gar keine Schrift „Contra Christianos“ geschrieben habe. 1152 Aug. civ. XIX 22 (CChr. SL 48, 690). 1153 Aug. civ. V 51 (CChr. SL 47, 157) und en. Ps. 124,7 (CChr. SL 40, 1841). 1154 Apostata wird auf Augustinus zurückgehend zum bis heute häufig verwendeten Attribut Kaiser Julians. Vgl. dazu Aug. c. ep. Parm. I 19 (CSEL 51, 41). 1155 Aug. civ. IX 23.

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von Gott erschaffen und nicht durch sich selbst, sondern durch Anteilhabe am einen höchsten Gott glückselig seien. Diese These überrascht dann, wenn man sie in den Kontext der antiken Kritik des Christentums stellt. Handelt es sich bei den Quaestiones bei Makarios Magnes tatsächlich um Anfragen von Porphyrius an das Christentum, dann ist dies genau der Vorwurf des Porphyrius: „Wenn ihr nun wirklich sagt, dass Engel Gott zur Seite stehen und leidensunfähige, unsterbliche und in ihrer Natur unvergängliche Wesen sind, die wir Götter nennen, weil sie der Gottheit nahekommen, was bedeutet da das Streiten um die Bezeichnung? Oder geht es nur darum, einen Unterschied in der Benennung anzuführen?“1156 Bereits die Antwort von Makarios Magnes war allerdings in Bezug auf den Namen, nicht aber in Bezug auf das Wesen zustimmend: „Es grollt ihn aber nicht, dass viele Götter und Herren genannt werden, wenn es ja nur auf Grund der Nähe zu ihm und auf Grund der Nachbarschaft zu seinem göttlichen Prinzip geschieht.“1157 Und nicht nur bei Makarios Magnes, auch bei Arnobius ist eine ähnliche Position zu sehen.1158 Wie weit geht Augustinus in dieser Frage? Michael Fredes Auffassung ist hier, dass die Christen sich im Hinblick auf die Hellenen als einzige, im Hinblick auf die Juden aber als einzig wahre Monotheisten ausgeben möchten, was er mit einer Stelle aus dem Werk De homoousio recipiendo zeigen möchte.1159 Frede sieht diese Darstellung aber als reine Rhetorik, da die paganen Philosophen, vor allem die Platoniker, im gleichen Sinn Monotheisten seien wie die Christen.1160 Dies belegt er insofern im Hinblick auf diese Stelle, da Augustinus hier diese These genauso vertrete, allerdings dann meine, dass die Heiden einfach die falschen Götter hätten, seien es entweder reine Fiktionen oder nicht göttliche Entitäten. Ganz kurz erwähnt Frede hier Augustins Rezeption von Ps 96, in dem er die Götter der Heiden mit Dämonen identifiziert, ohne dies genauer durchzuführen. Am Ende wundert er sich nur, dass sie trotz dieses Eingeständnisses so sehr auf ihrem Monotheismus in Abgrenzung zu Heiden und Juden insistierten, und verweist auch bei Augustinus auf das Bedürfnis nach Abgrenzung, wenn dieser in den Retractationes die Definition von Paganismus als Verehrung von Kultbildern

1156 Mak. Magn. apokr. IV 21,1. Übersetzung nach Volp 397). Becker, Porphyrios, 429 meint, dass die Argumente Porph. Christ. „nicht mit Sicherheit zugewiesen werden” können. 1157 Vgl. ebd. IV 26 (Üb. Volp 419). 1158 Arn. nat. II 35f (CSEL 4, 76f). 1159 Frede, Monotheism, 41. 1160 Ebd. 67.

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angibt. „It thus seems all the more puzzling, why the Christians insisted on their monotheism as a distinguishing mark.“1161 Nun gibt es bei Augustinus in De civitate dei tatsächlich die These, dass in der Frage, ob man von Göttern im Plural sprechen könne, zwischen den meliores Platonicorum (besseren der Platoniker) und den Christen identische Vorstellungen bestehen würden.1162 Diese Identitätsthese besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Augustinus meint, dass die besseren der Platoniker ebenfalls nur solche Entitäten als Götter bezeichneten, die ihre Göttlichkeit und Glückseligkeit (beatitudo) nicht von sich aus, sondern als Gaben vom einen Gott verliehen bekommen hätten. Dazu verweist er auf den Timaios. Dass man auch als Christ von Göttern im Plural sprechen darf, begründet Augustinus mit verschiedenen Stellen aus den Psalmen (Ps 82. 96. 135), die er im Neuen Testament (1 Kor 8,5f; Joh 10,34) bestätigt sieht. Er führt aus, dass hier zunächst keine Engel gemeint seien, sondern – im Hinblick auf Ps 96 – Dämonen oder – im Hinblick auf Ps 82 – Menschen. Nur mit einem Argument a minore ad maius kann er in einem letzten Schritt die Möglichkeit einer christlichen Anwendung des Begriffs Engel auf die Götter sicherstellen. Diese definiert er dementsprechend als ewige, glückselige Wesen, die als unveränderliche Mitglieder der civitas dei den Dämonen gegenübergestellt sind. Als entscheidenden Punkt möchte er dann im zehnten Buch herausstellen, dass die Engel dem Menschen wohlgesinnt sind und ihn deswegen nicht von der Verehrung des Monolatrie fordernden einen Gottes abziehen wollen.1163 Einiges an dieser Stellungnahme überrascht. Zunächst ist es die Schwierigkeit Augustins, Engel in der Bibel zu finden, die als Götter bezeichnet werden. Aufgrund der Abweichung von früheren Autoren, die ebenfalls platonisches Gedankengut aufnahmen, muss hier die Verankerung Augustins in diesen Traditionen oder in derjenigen der afrikanischen Autoren diskutiert werden und die Art der Bibelarbeit Augustins infrage gestellt werden. Dann gibt es die These, dass die meliores Platonicorum die Götter als von Gott abhängige und durch ihn glückselige Wesen beschreiben, zu diskutieren. Was für eine Gruppe wird hier konstruiert und inwiefern kann Augustinus hier zurecht eine Kongruenz feststellen? Letztlich gilt es aufgrund dessen festzustellen, wo Augustinus bei diesen 1161 Ebd. 67. 1162 Aug. civ. IX 23 (CChr. SL 47, 398). 1163 Eine besondere Rhetorik der Angst findet sich in Aug. civ. XIX 23 (CChr. SL 48, 393–399), wo er Porphyrius wiederholt darauf hinweist – und damit natürlich seine Adressaten meint –, dass er den einen von ihm erkannten Gott fürchten müsste, da sich in Ex 22,19 dessen Aussage – sacrificans diis eradicabitur – finden lasse.

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Platonikern Anhaltspunkte sieht, um die christliche Kompatibilität zwischen dem einen Gott und der Vielfalt der Wirklichkeit innerhalb einer kohärenten Dämonologie und Angelologie nach platonischem Muster auszuführen, und wo die Unterschiede liegen.

5.5.2  Interpretation der eigenen Texte: Polytheismus in den Psalmen Zur Exegese Augustins gilt es zu konstatieren, dass er im Kontext der Möglichkeit einer christlichen Rede von Göttern (im Plural) offensichtlich nur Zitate aus den Psalmen rezipiert. Wie bereits zu zeigen war, wären verschiedene weitere Texte von Bedeutung.1164 Der Schwerpunkt auf dem Psalter ist übers ganze Werk Augustins gesehen keine Besonderheit, sind doch über die Hälfte aller Bibelzitate aus diesen Texten.1165 Doch auch bei den Psalmen diskutiert er nicht alle, was bereits das vorhergehend dargestellte Resultat zeigt: Die Passagen, in denen die Götter in der Septuaginta zweifellos mit Engeln übersetzt wurden, beachtet er nicht.1166 Ganz im Gegenteil: Er interpretiert den (falschen) Befund sogar damit, dass sie deswegen nicht als Götter bezeichnet würden, damit niemand auf die Idee komme, Engel zu verehren.1167 Es scheint, dass er vom hebräischen Text der Psalmen nur über Hieronymus erfährt. Die Diskussion erscheint bei Augustinus nur dann, wenn er eine Reflexion dazu bei Hieronymus findet. Im Hinblick auf die Rezeption der Psalmen ergibt sich für die Fragestellung, an was für frühere Argumentationen er hier Bezug nimmt und welche Hauptprämissen ihn bei seinen Resultaten leiten. Dass die Psalmen, die er rezipiert, eine breite Auslegungsgeschichte hatten, steht völlig außer Frage.1168 Letztlich sind es aber nicht nur biblische Texte, die eine Fokussierung auf diese Stellen ausgemacht

1164 So insbesondere das sogenannte Moselied in Dtn 32, insbesondere 32,8f. Vgl. dazu Zenger, HThKAT Psalmen 50–100, 481. Zur Problematik der Datierung siehe: Schmidt, Art. Monotheismus II, 241. Hartenstein, Götter in den Psalmen, 84 f. Die Passagen zu einem exklusiven Monotheismus wie etwa Jes 45,7, die eine Rede von vielen Göttern zu verunmöglichen scheint, diskutiert Augustinus einzig im Kontext von Apostasie. 1165 Eine statistische Auswertung mit dem CAG ergab einen Wert von circa 59 Prozent aller Zitate aus dem Alten Testament für die Psalmen bei fast 20000 Zitaten für alle Schriften Augustins. Diese absolute Zahl ist auch im Vergleich zu den Büchern des Neuen Testaments der höchste Wert für ein einzelnes Buch. 1166 Vgl. Schenker, Götter und Engel, 185. Er nennt drei Psalmen: Ps 8,6; 96,7; 137,1. 1167 Vgl. Aug. en. Ps. 135 (CChr. SL 40, 1957–1963). 1168 S.o. Kap. 1.4. Vgl. zur ausschließlichen Zitierung von anerkannten Schriften im Urchristentum mit einer Tendenz zur Septuaginta: Hahn, Einleitung, 44–51.

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haben, sondern ebenso Diskussionen um den platonischen Timaios.1169 Dass die dazu relevante Stelle von jeher, insbesondere aber bei den Neuplatonikern, umstritten war, hat kürzlich Filip Karfik gezeigt.1170 Die Ähnlichkeiten zu Ps 82 müssen einem platonisch-christlichen Denker der Spätantike, wie zu zeigen sein wird, aufgefallen sein.

5.5.2.1  Psalm 96 in der Argumentation Augustins Ps 96,5 ist nicht nur für Augustinus eine Schlüsselstelle für die Interpretation der Götter im Plural für die meisten Stellen im Alten Testament. Vielmehr ist es ein Topos in der apologetischen Literatur sämtlicher Autoren. Dies belegt die Häufigkeit der Zitate der Aussage, dass die Götter der Völker Dämonen seien. Bei Augustinus findet sich diese Häufigkeit insbesondere in apologetischen Schriften, in Fragen von Bibelauslegung argumentiert Augustinus in einem anderen Sinn. In den Erläuterungen zu Psalm 96 steht dazu nichts. In den Erläuterungen zu den Psalmen versucht er die Aussage aus dem vorausgehenden Vers zu erklären, dass Gott größer sei als alle Götter, und meint, dass dies nicht schwierig sei, da ja selbst die Christen höherwertig einzustufen seien als die Dämonen. Deswegen sieht er den Sinn des Textes im zweiten Teil in Ps 96,5, wo er eine Verknüpfung der Dämonen mit ihrer himmlischen Sphäre ausmachen möchte.1171 Für eine apologetische Argumentation ist der Gedanke aufgrund der mittelplatonischen Kosmologie etwa bei Apuleius attraktiv, nach der die eine Klasse der Dämonen in luftigen Sphären wohnt und einen luftigen Körper besitzt. Aus biblischen Gründen möchte Augustinus hier die Wertigkeit der Wesen nach ihrer (Un)Körperlichkeit nicht übernehmen. Spannend ist, dass er im nicht zu datierenden Kommentar zu Psalm 135 die Meinung zitiert, dass im hebräischen Text gar nicht Dämonen gemeint sind.1172 Diese Bemerkung, die er ausdrücklich als mündlichen Beitrag von einem Außenstehenden deutet, dürfte wohl von Hieronymus stammen. Gegen ihn, der gegen Ende seines Lebens den Text der Septuaginta immer kritischer betrachtete, betont er die Tätigkeit des Heiligen Geistes bei der Übersetzung durch 72 jüdische weise Gelehrte. Der Text der Septuaginta dürfe durch Leute, die den hebräischen Text untersuchten, nicht ersetzt, sondern nur erklärt werden. Er

1169 Die Thematik von Göttern im Plural, neben dem einen Demiurgen, wird insbesondere in Plato, Tim. 40de aufgenommen. 1170 Vgl. Karfik, Theologie, 145f als Zusammenfassung seiner Ergebnisse. 1171 Vgl. Aug. en. Ps. 135,1 (CChr. SL 40, 1957f). 1172 Vgl. ebd. 135,1 (CChr. SL 40, 1957f).

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nennt die Arbeit des Hieronymus in De civitate dei explizit „wissenschaftlich hochstehend“ und führt aus, dass die Septuaginta wie der hebräische Text eine allegorische Auslegung bieten könne.1173 Dass die Übersetzung der Septuaginta tatsächlich Aktualisierungen beinhaltet, ist gerade im Hinblick auf Dämonologien und Angelologien eine wichtige Feststellung. Augustins These, dass die Übersetzung des hebräischen ‫אֱלִילִים‬ – lateinisch am ehesten simulacra – durch daimonia den Sinn insofern erklären wollte, als die Dämonen in den heidnischen Kultbildern präsent sind, erscheint allerdings als freie Assoziation.1174 Zu sehr scheint er die Stelle hier für seine Auffassung der Gefährlichkeit von paganen Kulten deuten zu wollen, der er in einer kurzen Schrift deutlichen Ausdruck verliehen hat.1175 Wohl zurecht weist er aber auf die Interpretation der Dämonen bei Paulus hin,1176 der meint, dass die Götzen zwar eigentlich nichts seien,1177 die Teilnahme an Kultmahlen als Gemeinschaft mit den Dämonen aber ausgeschlossen werden müsse.1178 Für Augustinus sind die meisten in der Bibel erwähnten Götter nach Ps 96 Dämonen. Er sieht die Aussage, dass Gott terribilis (furchtbar) über den Dämonen sei, insbesondere in den synoptischen Evangelien bestätigt, die verschiedentlich von Exorzismen Jesu berichten. Eine Zusammenfassung der neutestamentlichen Stellen zur Thematik findet sich im 194. Brief,1179 in De civitate dei zitiert er nur die Dämonen aus Mk 1,24 der Vulgata, die durch die Frage Venisti perdere nos? (Bist du gekommen, um uns zu zerstören?) ihr Schicksal zu erfahren suchen.1180

1173 Aug. civ. XVIII 43 (CChr. SL 48, 321). Hieronymus gilt ihm als homo doctissimus et omnium trium linguarum peritus, seine Arbeit sei labor verax. Die Verteidigung der Septuaginta aus christlicher Sicht fällt umso heftiger aus: tamen ecclesiae Christi tot hominum auctoritati ab Eleazaro tunc pontifice ad hoc tantum opus electorum neminem iudicant praeferendum. Vgl. dazu Hennings, Briefwechsel, 212. 1174 So in Aug. en. Ps. 135,3 (CChr. SL 40, 1958f). 1175 Vgl. Augustins Werk De divinatione daemonum. Es umfasst 14 kurze Kapitel (CSEL 41, 599–618). 1176 Aug. en. Ps. 135,3 (CChr. SL 40, 1159). 1177 Vgl. 1 Kor 8,4. 1178 Vgl. 1 Kor 10,20. Mit der gleichen Stellenauswahl wie Augustinus und diese Untersuchung auch Woyke, Bekenntnis, 87, der diesen Befund innerhalb der soziologischen Kategorie der boundary markers interpretiert. 1179 Aug. ep. 194 (CSEL 57, 185): Jak 2,19. Mk 1,24. Lk 4,41. Mk 3,12. Lk 4,34. 1180 Aug. civ. IX 23 (CChr. SL 47, 398).

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5.5.2.2  Psalm 82 in der Interpretation Augustins Dass Augustinus nicht alle Erwähnungen von Göttern im Plural als Dämonen interpretiert, kann seine Auslegung von Psalm 82 zeigen. Im Gegensatz zu seiner Behandlung von Ps 96,5 bezieht er sich bei der Auslegung von Ps 82 nicht nur auf einen hebräischen Text, sondern sogar auf verschiedene hebräische Textversionen, und zwar so, dass er verschiedene Übersetzungen des hebräischen ֙‫הָֽאֱלֹהִים‬ ‫( בְּנֵ֤י‬Söhne Gottes) in seine Systematik übertragen kann: die richtige Übersetzung der Septuaginta, die es mit υἱοὶ θεοῦ (Söhne Gottes) wiedergibt, aber auch diejenige von Aquila, der von den υἱοὶ θεῶν (Söhne der Götter) spricht.1181 Dieser erstaunliche Befund und die Tatsache, dass Augustinus selbst bei Aquila von der Wirkung des Heiligen Geistes spricht, gibt Anlass, die Interpretation dieses Textes in die Tradition der christlichen Autoren zu stellen. Der Text hatte aufgrund der Legitimierung der Gottessohnschaft Jesu in Joh 10,34 von Anfang an eine wichtige Funktion bei christlichen Autoren. Wenn man von der Unterstellung Tertullians absieht, dass Markion die Stelle für die Argumentation missbraucht, dass der Begriff Gottes biblisch nicht automatisch mit einer positiven Wertigkeit gekoppelt ist,1182 erscheint eine Interpretation in Argumentationen außerhalb des christlichen Kanons erstmals bei Irenäus von Lyon.1183 Dieser spricht in seiner adoptianistischen Christologie von der Gottessohnschaft durch adoptio bzw. von der gratia adoptionis (Gnade der Annahme).1184 Genau diese Auffassung übernimmt Augustinus  – aber nicht für seine Christologie, sondern für seine Auffassung von der Vergöttlichung des

1181 Vgl. zu Aquila, Symmachus und Theodotion ebd. XVIII 43 (CChr. SL 48, 638f) Aug. civ. XV 23 (CChr. SL 48, 491): Aquila autem, quem interpretem Iudaei ceteris anteponunt, non angelos dei, nec filios dei, sed filios deorum interpretatus est. Utrumque autem verum est. nam et filii dei erant, sub quo patre suorum patrum etiam fratres erant; et filii deorum, quoniam diis geniti erant, cum quibus et ipsi dii erant iuxta illud Psalmi: ego dixi: dii estis et filii excelsi omnes. 1182 Gegen Markions Auffassung führt Tert. adv. Marc. I 7 (CChr. SL 1, 447–449) aus, dass der böse Schöpfergott bei Markion der einzig sichere sei und der eigentliche Gott zu einem deus incertus werde. So kann er ebd. I 3 im Sinne der stoischen Philosophie kohärent von einer licentia poetica sprechen. Augustinus bespricht im apologetischen Teil keine Di incerti bei Varro, kommt dann aber darauf zurück, wenn er seinen Iuppiter Lycaeus bespricht. 1183 So Meijering, Tertullian contra Marcion, 23. 1184 Vgl. Iren. adv. haer. IV 1,1.

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Menschen durch den deus deificator (götterschaffender Gott).1185 Er verknüpft sie mit der Aussage des scheidenden oder richtenden Gottes anhand einer Erklärung des Wortes discernere (unterscheiden). Die Menschen werden von Gott nach ihrer Lebensausrichtung nach ihrem eigenen Willen oder dem Willen Gottes geschieden. Diese Erwähnung möchte Augustinus mit Gen 6,1–4 in Verbindung bringen. Die Göttersöhne zeugten nicht mehr Kinder für Gott, sondern für sich selber.1186 In diesem Kontext grenzt sich Augustinus von zwei weiteren frühchristlichen Möglichkeiten der Interpretation dieser Geschichte ab. Einerseits betrifft dies die Rezeption von Philo, der Mose hier von Engeln sprechen lässt und die Engel mit den Dämonen der Philosophen identifizieren möchte, wobei er die Notwendigkeit dieser Wesen behauptet.1187 Stärker noch wendet sich Augustinus aber gegen Tertullian, der die Stelle im Kontext des nicht kanonisierten Henochbuches interpretiert hat und damit Stellen in den Paulusbriefen zu erklären glaubte.1188

1185 Vgl. Aug. serm. Dolb. 6,6. (Dolbeau 462): non ergo expauescat cor vestrum, quia deus stetit in synagoga deorum, in medio autem deos discernere [Ps 81,1]. discernens enim in medio, dicit quaedam praecepta; quae praecepta qui contemnunt, nolunt esse quod ille dixit ut simus. et imputabunt sibi nonnulli: quare discernat, si omnes dii sunt? Quare enim discernat, si omnes dii sunt? nisi quia sunt qui audiunt, sunt qui contemnunt. sunt enim qui gratias agunt, sunt qui ingrati sunt gratiae et discernuntur, sed ab illo qui nouit discernere. nemo velit discernere qui fit, discernat ille qui fecit; de operibus suis factor iudicet, qui non potest errare, cum iudicat. sed dando spiritum suum facit et homines iudicare, non per seipsos, non a seipsis, non natura sua, non merito suo, sed gratia illius et dono illius. 1186 Tatsächlich sind es in beiden Texten die Göttersöhne und die kanaanäische Vorstellung der Götterversammlung unter der Leitung Els, die zum Ausdruck kommt. Vgl. Zenger, HThKAT Psalmen 50–100, 481. 1187 Philo, gig. 6f. Vgl. für eine Interpretation in dieser Tradition Orig. Contra Cels. IV 55. Die Aussage, dass Jesus „nicht einzig als Engel die Menschen besucht habe“ (Üb. Barthold 981), ist dann wieder im Sinn Augustins, der die adoptianistische Christologie Justins ja verwirft. 1188 Vgl. etwa 1 Kor 9. Der erste Korintherbrief spielt in den Streitschriften an (oder gegen) die Frauen bei Tertullian eine wichtige Rolle, denen er den Fall der Engel, aber auch den Fall der Männer anlastet. Vgl. Tert. cult. I 2f. Augustinus will die Schönheit des Körpers als Ursache für den bösen Willen unbedingt fernhalten, vgl. civ. XII 8. Die Interpretation von Ez 28, die innerhalb des Kanons auf einen dämonischen Ursprung von Schmuck verweisen könnte, bespricht er zwar nirgendwo ausführlich (er zitiert die Stelle auch in Gen. ad litt. XI 25,32), ist aber dennoch eine mögliche Erklärung. Allerdings zitiert er sie insbesondere gegen die Auffassung, dass es gar keinen Fall der Engel, hier des Teufels, gab (vgl. ders. civ. XI 15).

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Gegenüber Philo und den Platonikern möchte er das Gutsein der Körper als göttliche Schöpfung betonen, die in einer platonischen Tradition in Auslegung der ἀνάγκη auf das Körperliche eingeschränkt wurde.1189 Durch die Ausführungen Tertullians sieht er aber seine Ablehnung der Möglichkeit eines Falls von Engeln in den Zeiten noch nach dem Sündenfall gefährdet. Dies würde für Augustinus die Heilssicherheit der Engel, die er dann mit den erlösten Menschen gleichsetzt, gefährden. So sind für ihn in Gen 6,2.4 weder Engel noch Dämonen und deren hybriden Kinder gemeint, sondern die Nachfahren Sets als Mitglieder der civitas dei, die sich mit den Töchtern Kains einlassen und so zu vorsintflutlichen Mitgliedern der terrena civitas wurden.1190 Auf den ersten Blick trägt also Gen 6 nichts weiter zur Dämonologie oder Angelologie Augustins bei, als dass die Lüsternheit ein wichtiges Kriterium in seiner Kritik der paganen Götter bleiben soll. So reintegriert er dennoch das „unzüchtige Treiben“ als charakteristisch für die Dämonen, begründet dies nun aber nicht mehr biblisch, sondern mit privaten Berichten und literarischen Zeugnissen aus der paganen Welt. Dieses Vorgehen lässt sich aus der Sicht Augustins kohärent so begründen, dass die Heiden ja aufgrund ihres riskanten Verhaltens mehr Kontakte zu den Dämonen aufweisen können, und so reagiert er mit dem Aufruf, eine solche Welt zu verlassen („Fliehet hinweg aus Babylons Mitte“), wenn er die Manipulation der Gedanken durch die Dämonen insofern bespricht, als Menschen nach Varros Bericht das Gefühl hätten, durch Jupiter Lycaeus in Wölfe verwandelt zu werden.1191 Für das Verhältnis zwischen Vielfalt und Einheit gewinnt Augustinus aus Ps 82 und 96 Folgendes: Die Dämonen sind als gefallene Engel mit der Schöpfung der Himmel (als meist mit luftigem Körper verstandene Wesen) auch dort angesiedelt. Während die Engel ewig glückselig sind, bleiben die Dämonen auf ewig verdammt und aufgrund ihrer Körperlichkeit auch ewig existent. Diese Auffassung verknüpft er mit den Dämonologien bei den Synoptikern, aber nicht im Henochbuch, das er als apokryph größtenteils verwirft.1192 Seine Konzentration auf die Rezeption gerade dieser zwei Psalmen liegt in deren Rezeption im Neuen Testament begründet. Eine weitere Komponente kommt mit der Aussage in

1189 Vgl. Plato, Tim. 47e. 1190 Vgl. Aug. civ. XV 23 (CChr. SL 47, 398). 1191 Ebd. XVIII 17 (CChr. SL 48, 276f). 1192 Ebd. XV 23 (CChr. SL 48, 107–112): Da 1 Hen 6 in Jud 1,14 zitiert wird, enthält es für Augustinus aber dennoch einige inspirierte Stellen. Da es nie ins Lateinische übersetzt wurde, dürfte Augustinus das Buch nicht aus erster Hand kennen.

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Tim.  41ab hinzu, die auch in nichtchristlich-platonischer Deutung umstritten war.1193

5.5.3 Die Identifizierung der christlichen Vorstellungen mit den platonischen im Timaios Musste beim ersten Teil seiner Identitätsthese ein Mangel an Diskussion vieler Texte festgestellt werden, der eine genaue Analyse erschwert, so gesteht Augustinus eine Ungenauigkeit für den zweiten Teil der These selber zu. Er diskutiert hier nur sein eigenes Verständnis des platonischen Timaios und behauptet, dass dieses identisch sei mit den besseren der Platoniker (sententia meliorum Platonicorum). Wie zu zeigen sein wird, knüpft er nur an sehr wenige Punkte an, aufgrund derer er eine Gleichsetzung der platonischen Götter und der Engel einführen möchte. Deswegen gilt es zu diskutieren, welche Rolle sie in der platonischen Timaios-Interpretation spielten, um dann auf die Abgrenzungen zu sprechen zu kommen, die biblisch begründet sind. Letztlich gilt es, die Funktion der von Augustinus abgelehnten Ansichten in platonischen Systemen zu analysieren, um Augustins Lösungen zu diesen Fragen zu besprechen. Wo auch immer die genauen Wurzeln für die Parallelisierung von Ps 82,6 und Tim.  41ab bei Augustinus liegen mögen,1194 die Parallele dürfte einem platonisch-christlichen Denker sofort auffallen: Es ist der Schöpfergott, der sich in einer Rede an niedrigere, von ihm geschaffene Entitäten wendet. Auch die Formulierung θεοὶ θεῶν erinnert an das deus deorum, so wie Hieronymus θεοὶ θεοῦ in der Vulgata nicht ganz falsch übersetzt hatte.1195 Wie J.-M. Counet meinte, analysiert Augustinus als einziger christlich-antiker Autor die Rhetorik des Textes als Trost an die „Götter“, jedoch nicht in De civitate dei, sondern in Sermo 241,8.1196 Bezüglich des zweiten Teiles der Ähnlichkeiten gibt es die These, dass Augustinus die Formulierung dii deorum gar nicht kennen konnte, da er stets die Übersetzung Ciceros zitiert und dessen stoisierende Interpretation teilt.1197 Dagegen spricht aber, dass er diese Form in einer kurzen Anmerkung bespricht und verwirft: non tamen dicti sunt dii deorum.1198 Diese Formulierung 1193 Vgl. dazu etwa Karfik, Theologie, 85–148. 1194 Aug. ciu. IX 23 (CChr. SL 47, 269f). 1195 Orig. Cels. VI diskutiert dieselbe Stelle, parallelisiert die Aussagen aber nur im Gedanken der Interpretation menschlicher Niederschriften von göttlichen Worten. Auf die Götter im Plural kommt er gar nicht zu sprechen. 1196 Counet, Speech Act, 81. 1197 Yudin, A Stoic Conversion, 127. 1198 Aug. civ. IX 23 (CChr. SL 47, 398–400).

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kann er nicht aus Ciceros Übersetzung kennen, da dieser die Stelle paraphrasiert wiedergibt.1199 Wahrscheinlich lässt sich der Befund mit einem traditionellen Muster im Kontext der Diskussion um die Platonici libri lösen. Augustinus kennt Diskussionen zu Texten, die er nie gelesen hat, so die griechische Originalversion. Dass er diese nicht bespricht, dürfte an den viel diskutierten mangelhaften Griechischkenntnissen liegen. Bei einer philologischen Analyse hätte er nämlich mit Recht den Genitiv auch partitiv auflösen und von Erzengeln sprechen können. Seine Interpretation des θεοὶ θεῶν als Genitivus originis ist wohl richtig,1200 aber aus der Sicht nichtchristlicher Interpretationen nicht zwingend.1201 Doch geht es ihm offensichtlich gar nicht darum, die Götter Platos mit den Engeln zu identifizieren. Er bemerkt wiederum wohl richtig, dass Plato die Gestirne meint, die als „Sichtkugeln oder flache Scheiben von Seelen belebt“ sein sollen.1202 Die traditionellen Götter der Mythologie sind diesen in einem hierarchischen Sinn nachgeordnet. Aber auch die Gestirne selbst haben mit der intelligiblen Welt und dem νοῦς nur untergeordnet etwas zu tun.1203 Wenn also Augustinus die Engel gar nicht mit den Göttern identifiziert, worum geht es ihm dann? Hierzu genügt ein Blick auf die Stellen, wo Augustinus Tim. 41ab ausführlicher zitiert.1204 Immer geht es um die Diskussion im Kontext von 1 Kor 15 und die Thematik der leiblichen Auferstehung sowie den Gedanken der creatio ex nihilo. So reduziert er die platonische Götterlehre auf die Aussagen, diese ewig-glückseligen Geschöpfe des einen Gottes seien verknüpft mit der biblischen Aussage, dass sie sein werden „wie die Engel im Himmel“ (Mk 12,25). Da auch die platonischen Götter, auch wenn fälschlicherweise die Sterne gemeint seien, einen Körper, aber aufgrund der Wohlgeordnetheit einen ewigen, hätten, gebe es auch aus platonischer Sicht keinen Grund gegen die Möglichkeit eines ewigen Körpers.1205 Genau dasselbe gilt für Augustinus ja auch für die

1199 So richtig, aber mit den falschen Konsequenzen, Yudin, A Stoic Conversion, 129. 1200 Vgl. etwa Cic. Tim. 40a: Vos, qui deorum satu orti estis, adtendite! Dazu Karfik, Theologie, 105. 1201 Vgl. Karfik, Theologie, 145 f. 1202 Aug. civ. XII 16 (CChr. SL 48, 370–373). 1203 So auch Karfik, Theologie, 116–118. Karfik bringt auch noch die unsichtbaren Götter ins Spiel, die den augustinischen Engeln wohl am ehesten entsprechen würden. 1204 Aug. civ. XII 25–27 (CChr. SL 47, 551–553). Ebd. XIII 16–18 (CChr. SL 47, 574–581). Ebd. XXII 26 (CChr. SL 48, 618–620). Daneben spielt es eine Rolle in Sermones 241 und 242 (PL 38, 1039–1047), vgl. Counet, 80. 1205 Aug. civ. XXII 26 (CChr. SL 47, 552).

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Seele (anima), die im jetzigen Zustand zwar unkörperlich, aber eben auch veränderlich sei.1206 Die Fragestellung soll sich nun darauf richten, wozu Plato die Götter in Tim. 41ab und im Umfeld dieser Stelle sonst noch einführt, inwiefern dies Augustinus als falsch ansieht und was für alternative Vorschläge er bieten möchte. Der Grundgedanke bei Plato liegt im Gutsein einer letzten Wirklichkeit, die sich in der Erfahrung aber nicht vollständig zeigt (nur Abbildcharakter hat), was mit verschiedenen zusätzlichen Gedanken erklärt werden muss. Gott selber hat die Welt, weil er gut war, neidlos geschaffen.1207 So gibt es nichts, was der letzten Wirklichkeit gegenübergestellt und unvergänglich wäre. Dass dennoch Böses zustande kommt, sieht er im Misslingen des Versuchs des νοῦς begründet, die ἀνάγκη zu überzeugen Unvernunft ist Ursprung des Bösen. Dass die ἀνάγκη überhaupt existiert, liegt nicht an der mangelhaften demiurgischen Erfahrung an sich, sondern an der Ausgangslage, nach der eine Art prima materia (erster Grundstoff)1208 zur Ausgestaltung des Kosmos benutzt werden musste. Damit keine Sinnlosigkeiten vorkommen, muss diese vollständig beseelt sein und alle Materie ohne Überreste in sich aufnehmen. Nun kommen die Götter in zweier Hinsicht ins Spiel. Einerseits füllen sie ansonsten unbeseelte Räume auf.1209 Insbesondere werden sie aber gebraucht, um evidenterweise nicht perfekt gestaltete Körper zu erklären wie etwa den menschlichen. So werden sie als Demiurgen eingeführt, die aber nur vergängliche Körper schaffen können.1210 Etwas in den Hintergrund, aber immer noch präsent, tritt das religionsphilosophische Argument bei Plato, das die traditionellen Götter in ein System integrieren möchte.1211 Versuche, die traditionellen Götter in kosmologischen Argumentationen zu fassen, beachtet Augustinus, insbesondere diejenigen von Cicero1212 in den

1206 Siehe Brachtendorf, De libero arbitrio, 41–44, hier 44: „Die Lehre von der Immaterialität der Seele muss zum Kernbestand der Philosophie Augustins gerechnet werden. In De civitate dei liegt die Betonung allerdings weniger auf der Unkörperlichkeit der Seele, als vielmehr auf der Veränderlichkeit, die das gnadenhafte Eingreifen Gottes notwendig macht. 1207 Plato, Tim 29de. 1208 So eine mögliche, aristotelisierende Interpretation der platonischen χώρα. 1209 So auch Philo, gig. 6. Womöglich gegen Kreise der Sadduzäer gerichtet, siehe Apg 23,8. 1210 Vgl. Plato, Tim. 39e–40d. 1211 Vgl. ebd. 40e–41a. Dazu Karfik, Theologie, 144. 1212 Aug. civ. VIII 5 (CChr. SL 47, 221f).

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Tusculanen und diejenigen von Varros zwanzig Di electi,1213 versucht sie aber auf umständlichste Weise zu widerlegen. Diejenige von Cicero werden indirekt durch die Besprechung des Skeptizismus abgehandelt, diejenige von Varro anhand von zahlreichen Einzelbeispielen. Obwohl sich Augustinus gegen die übermäßige Betonung auf der Interpretation von Wörtern wendet,1214 wehrt er sich vehement gegen die Gleichsetzung des einen Schöpfergottes mit Jupiter. Bei einer nicht-biblischen Begründung dafür scheint er zwischen zwei Alternativen hin- und herzuschwanken. Einerseits wäre der Name mit unmoralischen Mythen und deren Assoziationen verknüpft. Im siebten Buch diskutiert er zunächst einige harmlose Beinamen Jupiters, um dann auch denjenigen des Iuppiter Pecunia zu kritisieren.1215 Andererseits scheint man aus Augustins Sicht tatsächlich Erfahrungen mit Dämonen in Jupiters Namen gesammelt zu haben. Die Besprechung des varronischen deus incertus Iuppiter (oder Pan) lycaeus führt Augustinus zum Argument, dass man bei solchen dämonischen Täuschungen dieser Welt entfliehen soll, auch wenn man als Christ dem Bericht nicht unbedingt trauen müsse.1216 Vieles im Hinblick auf die (scheinbare) Identifizierung der heidnischen Götter mit den christlichen Engeln bei Augustinus bleibt unklar, insbesondere, mit welchen Quellen er im Hinblick auf die Interpretation der relevanten Stellen gearbeitet hat. Dies erschwert eine genaue Analyse der Argumentation aufgrund seiner Quellen und verunmöglicht es, die eigentliche Argumentationsrichtung im Hinblick auf christliche Kreise zu erkennen. Wie bei seinen Vorgängern sind auch bei Augustinus in der Bibel meist die Dämonen in der Nähe des Götterbegriffs zu sehen und nicht die Engel. Tatsächlich findet im Hinblick auf Ps 82 aber eine Identifizierung der Engel mit den platonischen Göttern statt. Aufgrund des Fortschreitens der Argumentation kann man aber einerseits sagen, dass diese nicht auf Augustinus selbst zurückzuführen ist, und andererseits, dass die Aussage für ihn nur einen geringen systematischen Stellenwert hat, wenn er mit der damit korrelierenden Stelle aus dem Timaios ein Argument für die Möglichkeit ewiger Körper selbst aus platonischer Sicht feststellt. So bleibt es für ihn möglich, von Wesen als Göttern zu sprechen, wann immer klar ist, dass sie 1213 Vgl. dazu Aug. ciu. VII. Die Deutungen Varros, die Augustinus das Material liefern, kommen aus dem sechzehnten und letzten Buch der Antiquitates rerum divinarum. Cardauns, Antiquitates Kommentar, 128. 1214 Vor allem gegen stoische Deutungen von Götternamen. Zur Sprachphilosophie des Hieronymus, vgl. Schulz-Flügel, Hieronymus, 43. 1215 Aug. civ. VII 11f (CChr. SL 47, 288f). 1216 Vgl. ebd. XVIII 17 (CChr. SL 48, 276f).

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ihre Glückseligkeit nicht von sich selber, sondern von Gott erhalten hätten. Mit dieser Definition lassen sich diese Wesen wiederum nicht von Menschen abgrenzen, die von Gott erlöst worden sind. Anderen Funktionen der platonischen Götter, insbesondere aber der Schöpfertätigkeit, erteilt Augustinus eine Absage.

5.6 Zeugnisse für die Existenz Gottes bei Augustinus im Vergleich zu den testimonia seiner Vorgänger Augustinus zitiert Röm 1,18–25 häufig: Allein in De civitate dei führt er Gedanken dazu an sieben verschiedenen Stellen an, wobei ihm das Pauluszitat insbesondere für das Verhältnis zwischen Christentum und Platonismus1217 und den Ausführungen zur Herrschaft der Sünde1218 wichtig erscheint.1219 Es zeigt sich jedoch, dass er die Möglichkeit der Gotteserkenntnis bei den Heiden zwar behauptet, sich jedoch noch nicht einmal bei Plato entscheiden kann, ob ihm diese aufgrund der Sichtbarkeit von virtus et divinitas (Kraft und Göttlichkeit) des Urhebers in der Welt gelang oder weil er von den biblischen Schriften beeinflusst war.1220 Für Augustins Denken scheint somit der zweite Teil der Paulusstelle, mit der er die Verstrickung der Menschheit in die Sünde behaupten möchte, wichtiger.1221 Der Frage, wie die Erkenntnis des einen Gottes als Schöpfer begründet werden kann, stellt sich Augustinus auf eine andere Weise als den vorhergehenden Apologeten. Er sieht sich nicht dazu veranlasst, den Konsens der Völker, die Philosophen oder göttliche Zeugnisse der Heiden als höchste Autoritäten einzuführen, weil das Christliche unverhüllt zur Grundlage der Bewertung gemacht wird. 1217 Vgl. Aug. civ. VIII 10 (CChr. SL 47, 226); VIII 12 (CChr. SL 47, 229); VIII 23 (CChr. SL 47, 241); X 1 (CChr. SL 47, 272). 1218 Vgl. ebd. XIV 28 (CChr. SL 48,451f). 1219 Nur ganz kurz zitiert Aug. ebd. IV 29 (CChr. SL 47, 123) die Stelle, wobei er hier nur den Vorwurf der falschen Verehrung im Kontext des römischen Staatskultes behandelt. Aug. trin. XV 3 (CChr. SL 50A, 462) und Aug. conf. VIII 2 (CChr. SL 27, 114) erkennt außerdem die Ähnlichkeiten der Stelle in Röm 1,18–25 im Vergleich zu Weish 13,1–5 und führt diese deswegen gemeinsam an. 1220 Vgl. Aug. civ. VIII 12 (CChr. SL 47, 229). Sein Bild von Gott als Schöpfer, höchstem Gut und Licht der Erkenntnis erscheint ihm als richtig, d.h. er hat in dieser Hinsicht wirklich Gott erkannt. 1221 So insbesondere auch ebd. XIV 28 (CChr. SL 48, 451f). Aber auch Hermes Trismegistus wird als einer beschrieben, der Gott erkannte, aber ihn nicht gebührend verehrte. Ebd. X 1 (CChr. SL 47, 271f) werden die Platoniker für ihre Götterverehrung ebenso gescholten.

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Es ist deswegen die scriptura canonica (kanonische Schrift), die er als eminentissimae auctoritatis (von besonders hervorragender Autorität) in allen Fragen, in denen wir Offenbarung benötigen, beschreibt.1222 So kommt er zur Aussage, dass der Glaube an Gott als den Schöpfer am besten damit begründet wird, dass Gott dies in der Schrift selbst so mitgeteilt hat.1223 Es bleibt jedoch nicht bei dieser Argumentform. Augustinus geht im Verlaufe seiner Argumentation dennoch direkt auf den Erweis Gottes aus dem Kosmos und indirekt auf den Erweis Gottes aus der Seele ein. So lässt er im Verlauf der Argumentation einmal biblische Argumentationen1224 weg und führt den Gedanken an, dass die Welt selbst proclamat (verkündet), dass sie geschaffen ist und in ihrer eigenen Größe und Schönheit auf den unfassbar großen und schönen Gott zurückverweist. In einer ambivalenten Rhetorik begründet Augustinus dies dadurch, dass man ordinatissima mutabilitas et mobilitas (eine höchst geordnete Veränderlichkeit und Beweglichkeit) und pulcherrima species visibilium omnium (eine überaus schöne Gestalt alles Sichtbaren) vorfinde.1225 Gerade im Gegensatz zu den früheren Apologeten stellt er die Veränderlichkeit an den Anfang der Ausführungen, womit er an vielen Stellen begründet, dass mit dem in der Welt vorfindlichen gerade keine ewig gültigen Argumente gefunden werden können. Dies ist nach platonischer Erkenntnistheorie die Problematik, dass in der Welt prima species oder species intellegibilia (die Urform)1226 nicht zu finden sei, sondern nur unvollkommene Abbilder. Die Betrachtung der Welt kann also keinen Aufschluss geben über die unveränderlichen Entitäten.1227 Ob dies nur auf die Einzelheiten der Welt zutrifft oder auf die Welt und ihre Ordnung und Schönheit insgesamt, bespricht Augustinus hier zunächst nicht. Später wird er diese wiederum biblisch begründen, wenn er auf Weish 11,20 und auf den verwandten Gedanken verweist, dass Gott die Welt „nach Maß, Zahl 1222 Ebd. XI 3 (CChr. SL 48, 322f). 1223 Ebd. XI 3 (CChr. SL 48, 322f). 1224 Genauer die voces propheticas. 1225 Ebd. XI 4 (CChr. SL 48, 324). Hier ist inhaltlich auf jeden Fall ein Elativ und nicht ein Superlativ gemeint. Thimme übersetzt es, wohl aufgrund der Häufigkeit solcher Formen bei Augustinus, überhaupt nicht gesteigert. 1226 Dazu Aug. div. quaest. 46,2 (CChr. SL 44A, 71): Ideas igitur latine possumus vel formas vel species dicere, ut verbum e verbo transferre videamur. Si autem rationes eas vocemus, ab interpretandi quidem proprietate discedimus; rationes enim graece logoi appellantur, non ideae. 1227 Vgl. Aug. civ. VIII 6 (CChr. SL 47, 422–424). Dies führt ihn in paradoxe Formulierungen wie diese, dass wir die Welt nur erkennen können, weil sie existiert, diese wiederum aber nur existieren kann, weil Gott sie denkt.

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und Gewicht geordnet“ habe.1228 Außerdem möchte er gerade das Schlechte – hier anhand der Beispiele ignis, frigus aut fera bestia (der Glut, der Kälte oder der wilden Tiere) innerhalb einer Schönheit des Ganzen begründen, wenn er auf die Schönheit der opposita (Gegensätze) verweist.1229 Augustinus würde diese Argumentation nicht als philosophischen Beweis ansehen, was man daran sieht, dass er nur einmal in seinem ganzen Werk überhaupt von einer absoluten Erkenntnis spricht, gegen die auch ein Skeptiker keine Einwände haben kann. Diese führt in die Richtung der Erkenntnis aus der Seele. Hier gilt es aber zunächst, seine Ablehnung der tertullianischen Argumentationsweise zu betrachten.1230 Für Augustinus stellen sich bei Tertullians argumentativem Ansatz zwei Probleme, die er ausführlich bespricht, ohne sich direkt auf ihn zu beziehen. Einerseits besteht die Problematik, dass Tertullians testimonium animae auf der Vorstellung von einem sensus communis und damit einer stoischen Erkenntnislehre gründet.1231 Für Augustinus sind die Stoiker bezüglich der Erkenntnislehre aber die Hauptgegner in De civitate dei. So kritisiert er ihr Denken, dass der Geist von den körperlichen Sinnen alle Begriffe der Dinge aufnehme.1232 Er möchte sich den Platonikern anschließen, wenn er das Wahre in den unkörperlichen Gedanken und in nicht in den Körpern selbst verortet. Im Gegensatz zu den Platonikern kann dann aber auch von der Seele her keine sichere Erkenntnis ihre Basis finden, da diese ebenfalls veränderlich ist.1233

1228 Weish 11,20. Aug. civ. XI 30 (CChr. SL 47, 224): Omnia in mensura et numero et pondere disposuisti. 1229 Zur Rhetoriktheorie und den opposita, vgl. Jacoby, Philologischer Kommentar, 114. Aug. civ. XI 18 (CChr. SL 48, 337) spricht von den opposita als ornamenta elocutionis. Deren Bestehen ist für Augustinus aber nicht notwendig, d.h. ohne Abfall von Gott hätte es sie auch nicht gegeben. 1230 Aus Tert. apol. 17,1–6 (CChr. SL 1, 117). S.o. Kap. 2.2. 1231 Vgl. dazu Tert. res. car. 3,1.6 (CChr. SL 2, 924f). 1232 Aug. civ. VIII 7 (CChr. SL 47, 224): a corporis sensibus (…) asseverantes animum concipere notiones. Hier werden zunächst auch die Epikureer genannt. 1233 Die Veränderlichkeit der menschlichen Seele ist ein Grundbestandteil der augustinischen Seelenlehre, vgl. O’Daly, Art. Anima, 317. Letztendlich ist die Grundmotivation zu dieser Aussage bei Augustinus dadurch bedingt, dass er einzig Gott die Ewigkeit zusprechen will. Hatte Tertullian gegen Hermogenes (als Hauptziel der Argumentation des ganzen Buches) die Unveränderlichkeit der Materie geleugnet, tut Augustinus dies auch in Bezug auf die Seele, Aug. civ. XI 23 (CChr. SL 47, 271), ja sogar der Zahlen. Ebd. XII 19 (CChr. SL 48, 375): Eos quippe infinitos esse,

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Andererseits versuchte Tertullian Gott in einem stoischen Kontext zu erweisen, Augustinus aber sieht die stoische Metaphysik als Denken, das nicht über die Weltseele hinauskam. Diese jedoch existiert nach seiner Lehre von der Seele1234 gar nicht, kommt aber auf jeden Fall nicht über den Status eines Geschöpfes hinaus.1235 Dass dieser Gott bei Tertullian und den Stoikern auch noch als materiell aufgefasst wurde, müsste sogar noch diese Aussage relativieren: Es war nicht einmal die platonische Weltseele. Dennoch kommt Augustinus über eine reine Kritik an dieser Stelle in Tertullians Œuvre hinaus. Augustinus sieht die Seele, auch wenn sie veränderlich ist, als das eigentliche Ebenbild Gottes im Menschen an.1236 Sie ist der erlösungsfähige Teil, der nicht neu geschaffen, sondern nur auf die Unveränderlichkeit Gottes hin ausgerichtet werden muss,1237 um dann ewig glückselig bleiben zu können.1238 Sein Projekt in De civitate dei ist es deswegen dennoch, für die noch genauer zu umreißende Trinität1239 aus dem intimum (Innersten) des Menschen zu argumentieren, wobei die Einkehr ins Innere hier gegen die sinnliche Betrachtung des Äußeren steht, womit auch der Kosmos gemeint ist. Dass die sogenannte „Wendung ins Innere“1240 ein Hauptanliegen Augustins ist, zeigt die certissimum est. (…) Itane numeros propter infinitatem nescit omnes deus, et usque ad quandam summam numerorum scientia Dei pervenit, ceteros ignorat. 1234 Die Frage stellt sich nur, wenn bei Augustinus überhaupt eine kohärente Seelenlehre existiert, vgl. dazu Fürst, Briefwechsel, 60–71. Dann auch Brachtendorf, De libero arbitrio, 41–44. 1235 S.o. Kap. 5.4 zur Polemik gegen Varros Metaphysik und Lötscher, Varro, 205–210. 1236 Vgl. Aug. civ. XI 4 (CChr. SL 48, 323–325): Die Seele sei Gott am ehesten verwandt. 1237 Vgl. dazu die Friedenstafel in Aug. civ. XIX 13 (CChr. SL 48, 678–680). Die tranquillitas als Friede aller Dinge ist hier auf der höchsten Ebene angesiedelt, der Friede der unvernünftigen und vernünftigen Seele und der Friede zwischen Leib und Seele ist dafür aber Voraussetzung. Vgl. Geerlings, Friedenslehre, 228 f. 1238 Aug. civ. XI 4 (CChr. SL 47, 222). Das gegenwärtige Elend der Seele können die Platoniker nicht erklären. Die Behauptung, dass die Wandlungen der Seele körperlich bedingt seien (corpore mutatur animae natura), zieht er ins Lächerliche, wenn er analog anführt, dass das Fleisch nur körperlich bedingt verletzt werden könne (corpore vulneratur caro). 1239 Ebd. XI 25 (CChr. SL 48, 344f) führt diese spezifische Schöpfungstrinität noch einmal anhand des Vergleiches mit einem menschlichen Künstler aus. 1240 Diesen Gedanken enthält etwa Aug. ver. rel. 72 (CChr. SL 32, 234): Noli foras ire, in te ipsum redi; in interiore homine habitat veritas, et si tuam naturam mutabilem inveneris, transcende et te ipsum. Dazu Fischer, Lehrer des Abendlandes, 21f mit der richtigen Feststellung, dass dies eine Anregung vom Neuplatonismus her sei, wobei aber bei Augustinus im Innern das Ziel selbst nicht hervortrete, sondern nur die Einsicht,

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breite Streuung des Gedankens und dass er diesem Grundgedanken ein eigenes Werk gewidmet hat, dessen Anfang berühmt geworden ist. In einem fiktiven Dialog gibt Augustinus seinem Dialogpartner, der ratio, auf die Frage nach seinem Erkenntnisbestreben die Antwort: deum et animam scire cupio (Gott und die Seele will er kennen). Auf die Nachfrage, ob er nichts anderes zu erkennen wünscht, folgt die Bestätigung: nihil omnino (überhaupt nichts).1241 Dieses Denken ist die Grundlage für die Argumentation, die als Gotteserweis aus der Seele interpretiert werden kann. Augustinus hat die Behauptung dieser absoluten Erkenntnis nicht erst in seinem Spätwerk entwickelt, sondern es findet sich bereits in kürzerer Fassung in De libero arbitrio und in De vera religione.1242 Zur nun zu analysierenden positiven Argumentation1243 ist zu vermerken, dass Augustinus einen trinitarischen Gott erweisen will, aber nur in seiner zuvor festgestellten Darstellung Gottes als Schöpfer, Licht der Erkenntnis und höchstes Gut. Wie bereits zu zeigen war, sind damit nicht alle Facetten seiner Trinitätslehre erfasst.1244 Dieser Befund kann durchaus auch zum Schluss führen, dass Augustinus das Argument nicht selber gefunden, sondern aus platonischen Quellen übernommen hat1245 oder dass es mit der Trinitätslehre nicht unlöslich verbunden ist.1246 In diesem Kontext soll es aber als eine Art natürliche dass die Übersteigerung des Eigenen notwendig ist. Gedanken wie bei Apuleius, der seine Schrift De deo Socratis mit einem Aufruf zur Philosophie als Pflege des eigenen Daimonions enden lässt, sind grundlegend für die platonische Position, Augustinus bespricht sie aber nicht positiv. Aug. civ. X 27 (CChr. SL 47, 301–303). 1241 Aug. sol. I 7 (CSEL 89, 11f). 1242 Aug. lib. arb. II 7 (CSEL 74, 42): Quomodo manifestum est deum esse als einleitende Fragestellung. Dazu Horn, Cogito, 103. 1243 Sie befindet sich in Aug. civ. XI 25–28 (CChr. SL 48, 344–349) 1244 Im Schöpfungsbericht findet Aug. ebd. XI 23 (CChr. SL 48, 341–343) den trinitarischen Gott vor, deus, per verbum, quia bona est. Er sieht sich in dieser Thematik besonders durch die Glaubensnorm, die certa regula, bestimmt. Es sei nicht erlaubt, von tres principia oder principales substantiae zu sprechen, um durch die licentia verborum nicht auch noch eine impia opinio zu erzeugen. In diesem Kontext verweist er stets auf die Sabellianer, die keine subsistentia personarum angenommen hätten. Sie werden in De civitate dei zweimal erwähnt, ebd. X 24 (CChr. SL 47, 297) und ebd. XI 10 (CChr. SL 48, 330), außerdem Aug. haer. 41 (CChr. SL 46, 309) Hier setzt er sie mit den Noëtianern bei Epiphanius von Salamis ineins. Subsistentia personarum wird auch in Aug. trin. VII 9f als selbstständiges Sein der drei Personen verwendet. 1245 Horn, Cogito, 115. 1246 Horn, Cogito, 112: „Der trinitätstheologische Kontext ist dem Augustinischen Cogito also nicht wesentlich.“ Das wird hier im Hinblick auf andere natürliche Triaden in anderen Werken behauptet.

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Trinitätstheologie in Auseinandersetzung mit dem Skeptizismus analysiert werden.1247 Das begründet sich auf Augustins Aussage, dass wir in uns ein imago Dei, hoc est illius summae trinitatis (Abbild Gottes als jener höchsten Dreieinigkeit) vorfinden würden.1248 Er möchte zeigen, dass wir sind, dass wir wissen, dass wir sind und dies unser Sein und Wissen lieben und dass wir in diesen Punkten nicht durch irgendein Gaukelspiel durch Traumbilder oder Einbildungen getäuscht werden können, also ein wahres Wissen darum besitzen. Dies führt er so aus, dass er die Gegenannahme, dass ich mich über mein Sein täusche, für unmöglich erklärt. Si enim fallor sum (Wenn ich mich täusche, dann bin ich ja).1249 Dadurch ist der Satz, dass nichts sicher gesagt werden kann, ebenfalls widerlegt.1250 Als Zwischenglied setzt Augustinus nun die Behauptung, dass wir dieses Sein und dieses Wissen, das noch in sehr endlichem Rahmen gedacht wird, auch wollen. Die zweite Aussage begründet Augustinus wenig, er vermerkt nur, dass es niemanden gibt, der getäuscht werden wolle und führt die besondere Stellung des Menschen im Hinblick auf das Erkenntnisvermögen aus. Den Fall des Suizids hingegen bespricht Augustinus kurz und stellt die These auf, dass nur das Übel, das übergroß geworden ist, weggenommen werden will. Dies war nun die erkenntnistheoretische Basis zum eigentlichen Gottesbeweis. Dieses wenige, was wir wissen, und der bescheidene Rahmen, innerhalb dessen wir sicher existieren, ist für Augustinus stets Veranlassung, zu mehr zu streben und dieses Streben zu bejahen. Augustinus findet auch ein Beispiel dafür, dass wir dies tun, bei den Platonikern und der gesamten Philosophie und ihrer Dreiteilung der Suche nach der Wahrheit in Physik, Logik und Ethik. Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen konnten, sieht er diese Dreiteilung nicht als eine Erfindung der Menschen, sondern als eine göttliche Einrichtung an. Erst jetzt kommt der trinitarische Gott ins Spiel. All dieses Streben findet nur einen Sinn, wenn Existenz und Wissen auch in einer unveränderlichen Form

1247 Die Trinitäts-Thematik greift Aug. civ. XI 10 (CChr. SL 48, 330–332) erstmals auf und führt sie erst ebd. XI 23f (CChr. SL 48, 341–343) weiter, ebd. XI 25–28 (CChr. SL 48, 344–349) zu den zu analysierenden Ausführungen voranzuschreiten. 1248 Ebd. XI 26 (CChr. SL 48, 345–346). 1249 Hessen, Gottesbeweis, 16 nennt dies „die unmittelbare Gewissheit des Selbstbewußtseins“. 1250 Dieses Argument findet sich bei Augustinus häufig, etwa Aug. lib. arb. II 7 (CSEL 74, 42f); trin. X 13 –16 (CChr. SL 50, 326–329); ebd. XV 12,21 (CChr. SL 50A, 490–493); vera rel. 73 (CChr. SL 32, 234f): Omnis ergo qui utrum sit veritas dubitat, in se ipso habet verum unde non dubitet.

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existieren. Dies finden wir bei Gott Vater und im Logos Gottes.1251 In De libero arbitrio wird diese Argumentation von Augustinus als Gottesbeweis ausgezeichnet, was er in De civitate Dei unterlässt.1252 Insofern passen diese Kapitel in die Thematik der Entfernung der Menschen von Gott und ihrer Rückkehr im zweiten Teil von De civitate Dei. Im Zustand der Gottesnähe, so Augustinus, wird es keinen Tod, keinen Irrtum und kein Hindernis des Liebens mehr geben.1253 Obwohl er diesen Weg natürlich christlich fassen möchte, als Rückkehr zum christlichen Schöpfergott und dem Logos, der sich in Jesus Christus inkarnierte als höchstem Gut, das es als Einziges zu „genießen“ gilt,1254 bleibt er gerade an dieser Stelle einzig auf der Basis des platonischen Denkens und führt es auch nicht davon weg.1255 Eine Analyse der Stelle konnte zeigen, dass es um die natürliche Begründung für eine Trinität geht, die Augustinus als mit den Neuplatonikern kongruent ansieht. Unter den vielen Trinitätserweisen ragt dieses als Wichtigstes hervor und ist argumentativ sehr viel höher zu werten als die ständige Wiederholung von Triaden1256 oder gar das rein rhetorisch wirksame Argument der Heilsamkeit des dreifaltigen Gottes durch den ähnlichen Klang des lateinischen Wortes salus (Heil) und des punischen Zahlwortes für drei (schalosch).1257 Dass sich Augustinus hier auf eine Argumentation gegenüber den Skeptikern einlässt, bedeutet aber nicht, dass er sich selbst tatsächlich als Skeptiker versteht.1258 Nach

1251 Vgl. Aug. civ. XI 25 (CChr. SL 48, 344f). 1252 Vgl. Aug. lib. arb. II 5 (CSEL 74, 39–41). Vgl. dazu Hessen, Gottesbeweis, 27. 1253 Vgl. Aug. civ. XI 28 (CChr. SL 48, 347–349). 1254 Vgl. zu diesem Begriff Chadwick, Art. Uti/Frui, 70–75. 1255 Eine Begründung für Jesus Christus als dem wahren Mittler bietet er an verschiedenen Stellen, u.a. in Aug. civ. IX 15 (CChr. SL 47, 262): quaerendus est medius, qui non solum homo, verum etiam deus sit, ut homines ex mortali miseria ad beatam immortalitatem huius medii beata mortalitas interveniendo perducat. Dennoch will Aug. ebd. IX 17 (CChr. SL 47, 266) keine Trinitätslehre im Hinblick auf Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu Christi ausführen: mediator dei et hominum, homo Christus Iesus, de cuius divinitate, qua patri est semper aequalis et humanitate, qua nobis factus est similis, non hic locus est ut competenter pro nostra facultate dicamus. 1256 Vgl. dazu Drecoll, Handbuch, 450–456. 1257 Augustinus führt das Argument selbst als Rhetorik gegenüber der einfachen Landbevölkerung durch einen gewissen Pater Valerius ein. Vgl. auch Aug. ep. Rm. inch. 13 (CSEL 84, 161f). Dazu bereits Drecoll, Handbuch, 448. 1258 Der Begriff dubitatio wird bei Augustinus auch spöttisch gebraucht, etwa bei der Einschätzung des Skeptikers Cicero gegenüber Varro, Aug. civ. VI 2 (CChr. SL 47, 167). Der Satz ist kommentarlos in die Fragment-Sammlung eingegangen: Cic. acad.

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Augustinus sollen wir uns bei Fragen, die nicht biblisch zu klären sind oder nicht zur Metaphysik gehören, durchaus auch auf unsere Sinne verlassen. So erweist sich der Kontext hier als von der Apologie bestimmt.1259

5.7 Zusammenfassende Sicht zum einen Gott bei Augustinus zwischen platonischer Philosophie und Bibel Sed responderi potest: quis iste deus est aut unde dignus probatur, cui deberent obtemperare Romani, ut nullum deorum praeter ipsum colerent sacrificiis? magnae caecitatis est, adhuc quaerere, quis iste sit deus. ipse est deus, cuius prophetae praedixerunt ista quae cernimus. ipse est deus, a quo responsum accepit Abraham: in semine tuo benedicentur omnes gentes [Gn 22,18]. quod in Christo fieri, qui secundum carnem de illo semine exortus est, idem ipsi qui remanserunt huius nominis inimici, uelint nolintue, cognoscunt. ipse est deus, cuius diuinus spiritus per eos locutus est, quorum praedicta atque completa per ecclesiam, quam uidemus toto orbe diffusam, in libris superioribus posui. ipse est deus, quem Varro doctissimus Romanorum Iouem putat, quamuis nesciens quid loquatur; quod tamen ideo commemorandum putaui, quoniam uir tantae scientiae nec nullum istum deum potuit existimare nec uilem. hunc enim eum esse credidit, quem summum putauit deum. postremo ipse est deus, quem doctissimus philosophorum, quamuis christianorum acerrimus inimicus, etiam per eorum oracula, quos deos putat, deum magnum Porphyrius confitetur.1260 (Doch nun kann man erwidern: Wer ist denn dieser Gott, und wie kann man die Behauptung begründen, er allein verdiene es, dass ihm die Römer hätten gehorchen, und keinen andern Gott außer ihm mit Opfern verehren sollen? Nun, es wäre ein Beweis großer Blindheit, wollte man noch fragen, wer dieser Gott sei. Der Gott ist es, dessen Propheten vorhergesagt haben, was wir jetzt mit unsern Augen sehen. Der Gott ist es, der Abraham die Antwort gab: „In deinem Samen sollen alle Völker gesegnet werden;“ und daß dies Wort in Christus sich erfüllt, der nach dem Fleisch aus Abrahams Samen hervorgegangen ist, müssen wohl oder übel selbst die einsehen, die Feinde seines Namens geblieben sind. Der Gott ist es, dessen göttlicher Geist durch den Mund (frg. 22 Mueller), scheint mir aber tatsächlich eine Ergänzung Augustins. Vgl. zur Thematik Skeptizismus bei Augustinus: Brachtendorf, De libero arbitrio, 271–276 mit Verweis auf De trinitate XV 12,21. Vgl. dazu auch Hessen, Gottesbeweis 18, der die Wahrheiten der Mathematik bei Augustinus bespricht. 1259 Augustinus hat bei dieser Thematik einen gewissen Hang zur Dämonologie. Vgl. Horn, Cogito, 116. 1260 Aug. civ. XIX 22 (CChr. SL 48, 690).

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der Männer gesprochen hat, deren Weissagungen durch die Kirche in Erfüllung gingen, die sich vor unsern Augen über den ganzen Erdkreis ausgebreitet hat, wie ich das schon in den vorigen Büchern darlegte. Der Gott ist es, den Varro, der gelehrteste Römer, für Jupiter hält, obwohl er nicht weiß, was er damit sagt. Ich wollte das doch darum erwähnen, weil wir daraus ersehen, daß ein Mann von so umfassendem Wissen diesen Gott weder leugnen noch für unbedeutend halten konnte. Denn seiner Meinung nach war er der höchste Gott. Dieser Gott ist es endlich, den Porphyrius, der gelehrteste der Philosophen, wenn auch erbittertster Gegner der Christen, auf Grund sogar der Orakelsprüche seiner vermeintlichen Götter als den großen Gott bekennen mußte.)1261 Mit diesem Kapitel fasst Augustinus seine Argumentation mit dem einen Gott kurz zusammen und leitet inmitten der Argumentation zum Staat noch einmal über zur Besprechung der Schrift Philosophia ex oraculis von Porphyrius.1262 Die fünf Teile der Argumentation bieten eine Basis, um die zentralen Punkte zu sammeln. In weiten Teilen ist De civitate dei eine rhetorische Schrift gegen den römischen Götterkult. Diesem wird der Kult des einen Gottes gegenübergestellt. Dabei wird einem blutigen, rein äußerlichen Kult der Heiden ein reiner, innerlicher Kult der Christen gegenübergestellt: „Ihm schlachten wir blutige Opfer, wenn wir bis aufs Blut für seine Wahrheit kämpfen; zu ihm lassen wir lieblichen Weihrauchduft aufsteigen, wenn wir vor seinem Angesicht in frommer und heiliger Liebe entbrennen.“1263 Die Rhetorik lässt sich an dieser Stelle besonders gut erkennen, da zunächst eine rhetorische Frage aufgeworfen wird, die dann aber sogleich als caecitas (Blindheit) verworfen wird, um zu vier Feststellungen zur Thematik überzuleiten. In weiten Teilen ist De civitate dei geschichtsapologetisch. Der eine Gott wurde nicht neu von den Christen verkündet, sondern der Glaube an ihn verwirklichte sich seit der Schöpfung in der Tradition des jüdischen Volkes. Mit dem Verweis auf Abraham und die Genealogie Jesu nach dem Matthäus-Evangelium1264 wird 1261 Üb. Thimme 569 f. 1262 Vgl. Addey, Oracles, 149–165, hier 162f zu den Unterschieden zwischen den Orakeln und Augustinus in Bezug auf den Monotheismus. Diese spielt für die Hauptlinie der Argumentation keine bedeutsame Rolle und ist eine weitere Ausführung der augustinischen Dämonologie. 1263 Übersetzung Thimme 269. Aug. civ. X 3 (CChr. SL 47, 275): ei cruentas vicitmas caedimus, quando usque ad sanguinem pro eius veritate certamus; eum suavissimo adolemus incenso, cum in eius conspectu pio sanctoque amore flagramus. 1264 Mt 1,1–17.

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die Herkunft Jesu secundum carnem auf das jüdische Volk zurückgeführt. Mit dem Verweis auf Gen 22,181265 schwingt ein christlicher Triumphalismus mit – nolens volens müssten alle die Ausbreitung des Christentums anerkennen  –, der in einem Spannungsverhältnis zur zeitgenössischen Betrachtung nach 410 steht. Dieser Einschnitt war zwar zur Zeit der Abfassung des 19. Buches wieder in weite Ferne gerückt, doch hatte sich die Lage in keiner Weise verbessert.1266 Es sind aber eben omnes gentes (alle Völker), die für Augustinus zum einen Gott gerufen werden. Auch wenn Kriege für Augustinus meist Ausdruck einer verfehlten Moral der Menschen sind, konstatiert Augustinus, der die Achtung des Kirchenasyls durch die christlichen Goten anspricht,1267 keine moralische Überlegenheit der Römer. Im Gegensatz zu Tertullian1268 entwickelt Augustinus in De civitate dei keine Theorie der Prophetie, die von einem Zutun der Menschen ausgeht. Die Argumentation mit den Propheten spielt nur insofern eine Rolle, als ihre Weissagungen als durch die Kirche erfüllt angeführt werden.1269 Nun wird aber nicht der höchste Gott der Völker,1270 sondern der Gott der Philosophen mit dem einen christlichen Gott identifiziert, wenn Augustinus auf Varro und auf Porphyrius Bezug nimmt. Ersterer wird zwar als doctissimus (gelehrtester) eingeführt, und stets belässt es Augustinus bei dieser Charakterisierung, die er auf Cicero und weitere bedeutende auctoritates der römischen Bildungskultur zurückführt,1271 gleichwohl schwingt in der Beurteilung des Universalgelehrten eine Ironie mit.1272 Es ist das Streben nach gloria, das Varro als Römer zu dieser Erkenntnis kommen ließ,1273 nicht die Bemühung um der Sache willen. Eine wirkliche Gotteserkenntnis ist ihm nach Augustinus so auch nicht gelungen. Er hat ihn zwar mit Jupiter insofern richtig gleichgesetzt, als er damit in seinen eigenen Kategorien 1265 Ein Verweis auf Gen 22,18 kommt bei Augustinus in über 80 Stellen vor, wie das CAG 2 anzeigt. 1266 Vgl. hierzu O’Daly, City, 27–33. 1267 Aug. civ. I 4 (CChr. SL 47, 46f) 1268 Tert. apol. 18,1–3 (CChr. SL 1, 118). 1269 Vgl. dazu insbesondere Buch XVIII von De civitate dei. 1270 Etwa im Anschluss an Röm 3,29f. S.u. Kap. 1.1. 1271 Vgl. Aug. civ. VI 2 (CChr. SL 48, 167). 1272 Dies ist in der Übersetzung von O homo acutissime! mit dem Wort „Übergescheiter“ (Üb. Thimme 325) in Aug. civ. VII 5 (CChr. SL 47, 190) richtig ausgedrückt. 1273 Ebd. VIII 9 (CChr. SL 47, 336): Et Latini permoti earum vel excellentia vel gloria, ipsas libentius didicerunt atque in nostrum eloquium transferendo nobiliores clarioresque fecerunt. Insofern ist Varro ein typischer Römer (hier: Lateiner). Vgl. dazu Tornau, Hidden curriculum, 316–337.

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dessen Stärke anerkannte, doch mit dieser Gleichsetzung hat er das Ziel dennoch wieder deutlich verfehlt. Der Hauptgott des römischen Staatskultes erscheint bei Augustinus in dämonologischen Kontexten.1274 Gegenüber den Platonikern, die er hier anhand von Porphyrius als dem doctissimus philosophorum einführt, bräuchte Augustinus nun eine kohärente Argumentation. Er spricht hier allerdings nur Offenbarungen durch maligni spiritus an, die Porphyrius rezipiert habe und die ihn den jüdisch-christlichen Gott als deus magnus1275 erkennen ließ. Man kann diesen Befund auf zwei verschiedene Arten deuten und muss nicht so weit gehen und annehmen, dass Augustinus hier eine „dialogische Stufung der Argumentation“1276 vornimmt: Vom Kontext her gesehen geht es Augustinus hier nicht um eine mögliche natürliche Theologie, sondern um die Identifikation des höchsten Gottes mit dem jüdisch-christlichen Gott. Insofern ist es stimmig, dass die Theologie des Porphyrius keine positivere Beurteilung erfährt, ja eigentlich sogar hinter Varro zurückbleibt. Andererseits standen Augustinus wie bei anderen Fragen auch hier unterschiedliche Wege der Argumentation aus der christlichen Tradition zur Verfügung, bei denen Augustinus in De civitate dei einmal auf diese, einmal auf jene Bezug nahm. Haben die platonischen Philosophen wirklich eine natürliche Erkenntnis Gottes? Augustinus kann auf diese Fragen im Verhältnis von Christentum und der griechisch-römischen Kultur und Philosophie zumindest in seinen Spätschriften keine Antwort (mehr) liefern.1277

1274 Vgl. zur Bedeutung der kapitolinischen Trias Gall, Aspekte römischer Religiosität, 69–92, hier 76. Augustinus verweist in civ. IX 1 (CChr. SL 47, 249) in rhetorischer Absicht darauf, dass selbst Homer Zeus als Dämon bezeichnete. Natürlich trifft er damit nicht die Intention Homers. 1275 Vgl. dazu Addey, Oracles, 152–162, allerdings mit den falschen Konsequenzen für die Begriffe Polytheismus, Monotheismus, Henotheismus. 1276 So Tornau, Rhetorik, 126–133. 414. Ebenfalls bei Fuhrer, Platoniker, 107: „Unmißverständlich zeigt sich Augustins ablehnende Haltung gegenüber den Platonikern (einschließlich Platons) allerdings erst im zweiten Teil der Schrift.“ Tatsächlich hat die negativere Bewertung mit dem Aufbau des Werks zu tun: Die Schöpfung innerhalb der Frage der Entstehung der civitates ist für Augustinus ein biblisches Thema. In der antipaganen Auseinandersetzung greift er viel stärker auf philosophische Argumente zurück, obwohl in den alttestamentlichen Schriften dazu einiges zu finden wäre. Dazu: Müller, Glauben II, 323–339. 1277 Das Wesentliche scheint bei Capelle, Art. Augustinus, 982f bereits 1930 formuliert: „Einer tatsächlich ungewöhnlichen Erkenntnis und einer Begabung für Spekulation stehen verschiedene Hindernisse zur Ausformulierung einer kohärenten Sicht der Dinge gegenüber.“

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6.  Zusammenfassung und Fazit Die Analyse der Argumentation um den einen Gott und die vielen Götter in den lateinischen Apologien hat gezeigt, dass im Begriff der „Rhetorik“ ein geeigneter Schlüssel zum Verständnis der Texte liegt. Die Apologeten argumentieren in der Tradition der antiken Theorie von der Redekunst, um das Publikum davon zu überzeugen oder darin zu bestärken, dass die Christen gerade im Hinblick auf die Einzigkeit Gottes und ihrem Verhältnis zur Pluralität in der nur scheinbaren Götterwelt über die richtige Haltung und Meinung verfügten. So ist insbesondere bei den frühen Apologien von Tertullian, Minucius Felix, aber teilweise auch Laktanz zu beobachten, dass biblische Vorstellungen selten explizit angesprochen werden und nur als Hintergrund vermutet werden können. Die Argumente, Beispiele und Autoritäten werden aus der nichtchristlichen Literatur herangezogen, um den genannten Sachverhalt zu bestätigen und andere Meinungen zu widerlegen. Angelegt ist diese Form des Argumentierens bereits bei Tertullian, der Quellen aus Nützlichkeitsgründen in Bezug aufs Publikum heranzieht. Die Systematik kommt hier nur insofern ins Spiel, als das zu Verteidigende (der eine Gott) und das Anzugreifende (die vielen Götter, die nach Verehrung verlangen) von der christlichen Lehre her vorgegeben werden. Häufig wird geschlossen, dass mit der Auswahl der zitierten Autoritäten für die Einzigkeit Gottes, der Philosophen, der Dichter, der Historiker und der heidnischen Orakel, eine positive Wertung derselben einhergeht, da Person und Werk miteinander verknüpft werden.1278 Tatsächlich wollen die Apologeten aber, wie gezeigt wurde, nicht in jedem Fall eine Wertschätzung damit ausdrücken. Die Auswahl der Autoren geschieht nach der Bewertung bei den Nichtchristen. Obwohl etwa jeder Autor einen besten Philosophen in irgendeiner Form nennt – am eindeutigsten ist hier Minucius mit seiner Bewertung Platos – wird diese Wertung in der weiteren Argumentation nicht durchgehalten und muss

1278 So auch bei Perelman, Neue Rhetorik II, 414–438 zu den Koexistenzverbindungen und insbesondere dem Autoritätsargument. Mit dem Beispiel der divina testimonia kann man zeigen, dass die frühen Apologeten dieser Ansicht nicht zwangsläufig widersprechen möchten. Sie sehen als wahren Urheber einiger richtiger Aussagen der Dämonen letztlich Gott an. Richtige Aussagen würden von den Dämonen zu falschen Zwecken instrumentalisiert.

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so wiederum auf die Rhetorik zurückgeführt werden.1279 Geradezu widersinnig wäre es etwa, wollte man Laktanz eine positive Wertung der Apollo-Orakel unterstellen, mit denen er für die Einzigkeit Gottes argumentiert. Dies muss nicht nur für die Autoritäten gelten, sondern kann sich auch auf die Argumente beziehen. Die Argumentation für den einen Gott ist übergreifend bei allen Apologeten in unterschiedlicher Gewichtung durch zwei testimonia aus der philosophischen Tradition bestimmt, die Argumentation für einen einzigen Gott aus den Werken und aus dem Zeugnis der Seele. Stellenweise unterscheiden sich die Argumentationen nur in Details und Gewichtungen voneinander und können anhand dieser feinen Unterschiede als Kommentare der vorhergehenden Apologie gelesen und verglichen werden. Am deutlichsten ist die Fortschreibung bei der Transformation des Gedankens des Zeugnisses für Gott durch die anima bei Tertullian zu zeigen, die Minucius zu einer Autoritätsargumentation umformt, die in den Philosophen und Plato kulminiert. Obwohl Laktanz fast sämtliche Bestandteile des Minucius übernimmt, könnte man seine Ergänzungen als Kompromiss zwischen den beiden lesen, da seine divina testimonia letzten Endes zwar als Autoritäten eingeführt werden, aber wieder in den Kontext der divinatio verweisen, der bei Tertullian den Hintergrund bot. Die Argumentationen bedingen nicht nur die Einzigkeit, sondern auch ein bestimmtes Gottesbild als Schöpfer, allenfalls aber auch als Lenker (so akzentuiert bei Minucius) und Erleuchter (so bei Tertullian zumindest angelegt). Man muss in diesem Fall aber nicht so weit gehen, dass die Argumente genauso wie die Autoritäten keine Akzeptanz finden, genauere Erkenntnisse dazu kann man aber auch etwa beim Analogie-Argument mit der irdischen Monarchie nicht aus den Apologien herauslesen. Dass bei Tertullian die Einzigkeit Gottes durchaus als Gemeinsamkeit mit dem nichtchristlichen Umfeld gesehen wird, kann die antihäretische Argumentation zeigen. In den Apologien wird das konkrete Gottesbild der nichtchristlichen Autoren auf Gemeinsamkeiten ausgeleuchtet, die dann aber nicht in philosophischer Diskussion entwickelt werden. In Bezug auf die vielen Götter werden drei nichtchristliche Traditionen, der Euhemerismus, die Dämonenlehre und der allegorische Zugang, in unterschiedlicher Gewichtung genutzt. Die Abweichungen sind hier z.T. als Ergänzung zum jeweiligen Vorgänger zu verstehen. Viele Geschichten über die Dämonen und Könige haben insbesondere das Aufzeigen der eigenen Bildung zum Ziel. Die

1279 Am ehesten wäre Tertullians Seneca als tatsächliche Autorität zu nennen. Tertullian hat aber im Apologeticum ohne Zweifel nicht das Ziel, den Philosophen letzten Endes positiv zu werten.

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Betonung des euhemeristischen Zugangs geht mit einer freundlicheren Rhetorik einher, während die Dämonenlehre stets mit Polemik verbunden ist. In der lateinischen Apologetik steht aber der Euhemerismus nie alleine, sondern wird stets dämonologisch weitergeführt und sehr knapp damit verbunden. Im Hinblick auf die systematische Fundierung der Argumentation ist festzustellen, dass der Euhemerismus gar nicht, die Dämonologie aber nur mit einzelnen Bibelstellen begründet werden kann. Es überrascht deswegen nicht, dass bei genauerer Analyse das umstrittene Henoch-Buch bei allen frühen Autoren Grundlage der dämonologischen Ausführungen ist, das weit mehr Details zum genauen Verständnis der Welt der Dämonen zu liefern verspricht. Ein Problem, das mit der Argumentation um Existenz und Wesen der vielen Götter einhergeht, wird bei den frühen Apologeten wenig reflektiert: Auch wenn im Bezug zur Nichtexistenz der Götter im Hinblick auf verschiedene Kreise ein gewisser Konsens festgestellt werden kann, so führte dieser nur in Einzelfällen zur Ablehnung des Staatskultes. Erst Augustinus kommt genauer auf die dreigeteilte Theologie zu sprechen, um diese zu widerlegen, nennt Seneca in Abgrenzung von Varro als positives Beispiel im Hinblick auf die Verwerfung des Staatskultes und widerlegt in längeren Ausführungen den Traditionalismus eines Cicero, der jegliche Wahrheitsfrage in Bezug auf die vielen Götter verneint. Im Vergleich zu den früheren Apologien lässt sich bei Augustins Apologie De civitate dei eine geänderte Ausgangslage feststellen, die zu einer grundsätzlich neuen Bestimmung von Rhetorik und Systematik auch im Hinblick auf die Argumentation um den einen Gott und die vielen Götter führt, wobei auch verschiedene Gemeinsamkeiten festzustellen sind oder dass wie innerhalb der frühen Apologetik nur die Akzente neu gesetzt werden. Bereits bei Laktanz bahnte sich die neue Darstellungsweise insofern an, als er mit einem größeren christlichen Selbstbewusstsein eine längere Darstellung des Eigenen insbesondere im zweiten Teil seiner Apologie anschließt, biblische Argumentationen nicht mehr weglässt und Gemeinsamkeiten beim Gottesbild etwa mit den Stoikern mit einer neuen Blickrichtung anders bewertet, ohne sich dabei selbst zu widersprechen. Bei Laktanz verlief die vergleichbare Argumentation im ersten Teil aber noch ähnlich wie bei Tertullian und Minucius Felix. Bei Augustinus jedoch ist bei der Argumentation mit dem einen Gott von Anfang die Frage nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden gestellt, wobei er zum Ergebnis kommt, dass die Platoniker einen unkörperlichen Gott als Schöpfer und Erhalter von allem, Licht der Erkenntnis und höchstes Gut richtig erkannt hätten. Das Problem bei dieser Feststellung bleibt, dass er zu keiner Erklärung dafür voranschreitet, ob es nämlich eine natürliche Erkenntnis Gottes 245

bei diesen Philosophen gab oder aber ob Plato von prophetischen Quellen beeinflusst war. Nur dann wäre ein Urteil über die Möglichkeit einer natürlichen Theologie gegeben. Beim trinitarischen Gottesbeweis aus dem Innersten des Menschen scheint so eine natürliche Theologie dann jedoch durchgeführt. Ähnlich sieht der Sachverhalt bei der Argumentation um die vielen Götter aus, wo Augustinus mit dem biblischen Vorbild eine Begründung für die Polemik angibt und diese auf den Pfaden der Interpretation der Götter als Dämonen fortführt und ausweitet. Hier ist die Kontinuität mit den früheren Apologien wieder groß, da er die gleichen Geschichten aus der römischen Literatur, wenn auch zum Teil auf eine neue Weise, kommentiert. Angesichts des neuen Selbstverständnisses verwundert es nicht, dass Augustinus die euhemeristische Deutung der Götter weniger stark betont. Die Bibelarbeit, die Augustinus in Bezug auf die Identität der platonischen Götter mit den Engeln leistet, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, da dazu die Umstände aufgrund der Quellenlage nicht zu erschließen sind. Sicher jedoch ist die Hauptfunktion der Identitätserklärung bei der Behauptung des Gutseins von Körpern zu suchen, die so platonisch gestützt werden soll, während andere Aspekte der platonischen Götter abgelehnt werden. Eine abschließende Debatte, ob im Begriff der Konstantinischen Wende sinnvollerweise ein Schlüssel zu den Änderungen zwischen den frühen Apologien über diejenige des Laktanz zu De civitate dei Augustins liegt, kann hier nicht gegeben werden, da die Textgrundlage dafür zu klein ist, die Argumentation in den Texten letztlich ein Konstrukt bleibt, in denen es um die Auseinandersetzung mit kanonischen Quellen der römischen Literatur geht und nicht in erster Linie um eine Aktualität, und weil gerade Augustinus für seine Zeit wenig repräsentativ erscheint. Unumstritten ist, dass es sich in der historischen Situation Augustins um eine neue Ausgangslage handelt, die die frühen Apologeten kaum für möglich gehalten hätten und die eine systematische Auseinandersetzung mit dem Staat vonseiten des Christentums erforderte. Nicht nur die Behauptung, dass der Untergang Roms 410 durch die Vernachlässigung der Götter geschehen ist, sondern auch offensive Momente bringen Augustinus im Kontext seiner Staatstheorie in die Thematik der vielen römischen Götter hinein. Augustinus möchte, bei vielen Unklarheiten in seiner Argumentation, auf jeden Fall feststellen, dass der römische Staat ungerecht war, da er die vielen Götter zu verehren vorschrieb. Inwiefern es richtig ist, deren Verehrung zu verbieten, erörtert Augustinus nicht. Aufgrund der positiven Bewertung des Kaisers Theodosius als Zerstörer von Kultplätzen erweist sich Augustinus aber als Gegner der Kultfreiheit, die Tertullian fürs Christentum gefordert hatte.

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Den Begriff der Gerechtigkeit und damit auch den einen Gott möchte Augustinus von der irdischen civitas fernhalten. Doch nicht nur der Staat, auch die Mitglieder der Kirche sind bei Augustinus nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit gerecht, wenn er von denjenigen schreibt, die zwar zur Kirche, nicht aber zur civitas dei gehören. So wiederholt er in De civitate dei auch nicht seine Äußerung in der Kontroverse um die Donatisten, dass ein Zwang zum wahren Christentum für bereits Konvertierte zu befürworten ist, da der staatliche Zwang gerade nicht zur wahren religio führt. So ist die These, dass der Gedanke der Einzigkeit Gottes zu Gewalt führen konnte, in Bezug auf De civitate dei differenziert zu betrachten und kann für die frühen Apologien nicht zutreffen. Zu vermuten ist vielmehr, dass die Argumentation überhaupt nicht mit der Argumentation gegen die Existenz der Götter im Sinne eines Euhemerismus in Beziehung zu sehen ist, sondern nur mit der Argumentation für die Existenz der Götter im Sinne einer Dämonenlehre. Erst dann ist ja ein gewaltsamer Übergriff rhetorisch zu begründen, wenn eine Gegenwelt dargestellt wird. Jan Assmann hat einen Teil seiner Thesen selbst korrigiert. Mit dieser Untersuchung konnte bestätigt werden, dass der Begriff der Gegenreligion, wenn er überhaupt verwendet werden sollte, auf keinen Fall auf die Funktion des Monotheismus für das Christentum angewendet werden kann. Er hat in den apologetischen Texten gerade die gegenteilige Bedeutung, eine Brücke zwischen heidnischem Denken und dem Christentum zu erstellen. So verwundert es, dass Assmann den Begriff dennoch in seiner neuesten Publikation wieder aufgenommen hat, um nun zwischen einem Monotheismus der Treue und einem Monotheismus der Wahrheit zu unterscheiden, um über den MonotheismusBegriff aber die staatlich eingeforderte Monolatrie so eng wie möglich mit der philosophischen Behauptung, dass es nur einen Gott gibt, zu verbinden. Für die untersuchten apologetischen Texte ist die These, dass der Monotheismus der Wahrheit, der hier festgestellt wurde, von einem Monotheismus der Treue als cantus firmus überstimmt werde, eine Vermischung von Argumentationszielen und Inhalten der Argumentation.1280 Bereits bei Augustinus lässt sich die Frage stellen, inwiefern er sich aufgrund seines systematischen Zugangs auf eine in der vorherigen Apologetik angelegte Rezeption in die Irre führen lässt. Wenn seine Argumentation um Vereinbarkeit von Gottesbeweisen und Gottesbild sehr differenziert erscheint, so ist dies bei der Rezeption der Argumentation mit den Sibyllen bei Laktanz anders zu beurteilen, da er ihm eine positive Wertung derselben unterstellt und fortführen möchte,

1280 Assmann, Exodus, 113.

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was einerseits daran liegen kann, dass für einen Denker der Weltgeschichte die starre Trennung von jüdischer und heidnischer Welt schwer zu begründen ist, andererseits aber auch daran, dass die Argumentation mit den Sibyllen eine prägende Rezeption erfahren hat. Gegenüber dieser partiell falschen Bewertung erscheint in der neueren wissenschaftlichen Literatur eine Ausweitung derselben, wenn Michael Frede eine vollständige Übereinstimmung der Christen und Heiden im Hinblick auf den Monotheismus feststellen möchte. In den freundlichen Teilen ihrer Apologien wollen insbesondere die frühen christlichen Autoren zwar diesen Eindruck erzeugen, wobei sie dabei, was genau mit dem Christlichen übereinstimmt, in einem engen Rahmen bleiben. Bei Augustinus ist diese Rhetorik dann nur noch wenig vorhanden, er schreitet aber zu einer ähnlichen Argumentation mit den Platonikern über Engel und Götter voran, mit der er über die früheren Apologeten hinausgeht. Auch hier ist die Argumentation aber insofern eingegrenzt, als die Engel als ewig und glückselig beschrieben werden. Vergleicht man diesen Befund mit der christlichen Systematik der Zeit, ist es bei Weitem nicht das Einzige, was die Autoren über Gott und die Engel auszusagen haben. Andere Funktionen der vielen Götter bei Plato wie schöpferische Tätigkeiten werden von Augustinus verneint. Es ist nicht möglich, für eine richtige Sicht der Argumentationen in den Apologien einfach auf die Schriften Erik Petersons zu verweisen. In politischer Hinsicht kann er zwar darauf hinweisen, dass der Gott der christlichen Platoniker insofern nicht politisch vereinnahmt werden konnte, als ein traditionelles Argument, dasjenige der Analogie zwischen der Lehre vom Staat und der Lehre von Gott, entfallen musste. Die Auffassung, dass der eine Gott der Christen nichts mit demjenigen der Philosophen zu tun hat, ist trotz der Rhetorik, die in vielen Stellen zu diesem Thema präsent ist, nicht nur im Hinblick auf Augustins Werk zu radikal. Die Übereinstimmungen dessen, was es zu verteidigen gilt, werden durchaus von der christlichen Systematik vorgegeben. Einzig die Argumente, Beispiele und Autoritäten, die allerdings von der Menge her einen großen Teil der immer breiter werdenden Argumentation ausmachen, werden von außen herangetragen. Wäre dies nicht der Fall, hätte die Rhetorik in den lateinischen Apologien nicht funktioniert.

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Quellen- und Literaturverzeichnis Die Abkürzungen der biblischen Schriften entsprechen den Loccumer Richtlinien. Abkürzungen für antike Autoren und Werke werden unten stehend angeführt. Sie richten sich für gewöhnlich nach dem Thesaurus Linguae Latinae. Index librorum scriptorum inscriptionum ex quibus exempla afferuntur, Leipzig 5 1990 und nach Geoffrey W. H. Lampe (Hg.), A Patristic Greek Lexicon, Oxford u.a. 1961. Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Abkürzungen für Lexika, Zeitschriften und Reihen folgen, sofern der Titel dort aufgeführt wird, dem System des Abkürzungsverzeichnisses der Theologischen Realenzyklopädie (TRE), zusammengestellt von Siegfried Schwertner, Berlin/New York 21994. BKV Bibliothek der Kirchenväter, Kempten-München BPat Biblioteca patristica, Florenz CChr. SL Corpus Christianorum. Series Latina, Turnhout CIL Corpus inscriptionum Latinarum, Berlin CSEL Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum, Wien FC Fontes christiani, Freiburg/Br. u.a. HNT Handbuch zum Neuen Testament, Tübingen HThKAT Herders Theologischer Kommentar zum AT, Freiburg/Br. KEK Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament, begr. v. H. A. W. Meyer, Göttingen OLD Oxford Latin Dictionary, ed. P. G. W. Glare, Oxford 1982 ThesLL Thesaurus linguae Latinae, Leipzig-München

Antike Quellen Ambrosius [Ambr.] ep. Epistularum libri I–IV, ed. O. Faller 1968 (CSEL 82). Klein, Richard: Der Streit um den Victoriaaltar. Die dritte Relatio des Symmachus und die Briefe 17, 18 und 57 des Bischofs Ambrosius von Mailand. Einführung, Text und Erläuterungen, Texte zur Forschung 7, Darmstadt 1972. Antisthenes Luck, Georg: Die Weisheit der Hunde. Texte der antiken Kyniker in deutscher Übersetzung und Erläuterungen, Stuttgart 1996, 35–75. 249

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nom. Nomoi  – Eigler, Gunther (hg.)/Schleiermacher, Friedrich (üb.): Platon: Werke in acht Bänden, Band 3, 119–148. Phaid. Phaidon – Eigler, Gunther (hg.)/Schleiermacher, Friedrich (üb.): Platon: Werke in acht Bänden, Band 3, 1–207. Phaidr. Phaidros – Eigler, Gunther (hg.)/Schleiermacher, Friedrich (üb.): Platon: Werke in acht Bänden, Band 5, 1–194. pol. Politeia – Eigler, Gunther (hg.)/Schleiermacher, Friedrich (üb.): Platon: Werke in acht Bänden, Band 4. symp. Symposion  – Eigler, Gunther (hg.)/Schleiermacher, Friedrich (üb.): Platon: Werke in acht Bänden, Band 3, 209–394. Tim. Timaios – Eigler, Gunther (hg.)/Müller, Hieronymus (üb.): Platon: Werke in acht Bänden, Band 7, 1–210. Kutschera, Franz von: Platons Philosophie. Gesamtausgabe in drei Bänden, Band 3, Paderborn 2002, 39–86. Plinius der Ältere [Plin.] nat. Naturalis historia – König, Roderich (hg. und üb.): Gaius Plinius Secundus: Historia naturalis, Naturkunde, 37 Bücher, lateinisch-deutsch, Sammlung Tusculum, München 1979. Plotin [Plotin] Enn. Enneaden – Tornau, Christian (üb.): Plotin, Ausgewählte Schriften, Reclam Universal-Bibliothek, Stuttgart 2001. Plutarch [Plut.] Is. De Iside et Osiride – Görgemanns, Herwig (hg. und üb.): Plutarchus: Drei religionsphilosophische Schriften, griechisch-deutsch, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 2003, 136–276. def. orac. De defectu oraculorum – Babbitt, Frank Cole (hg. und üb.): Plutarchus: Moralia in sixteen volumes, Band 5, 348–502. Porphyrios [Porph.] Christ. Contra Christianos  – Becker, Matthias (hg. und üb.): Porphyrios, ‹Contra Christianos›, Neue Sammlung der Fragmente, Testimonien und Dubia mit Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen, Texte und Kommentare 52, Berlin 2016. Quintilian [Quint.] inst. Institutio Oratoria – Rahn, Helmut (hg. und üb.): Marcus Fabius Quintilianus: Ausbildung des Redners, 2 Bände, Darmstadt 1995. 258

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Register 1. Bibel a.  Altes Testament Genesis (Gen) 1 40 1,10 57 2,7 53,57 6,1–4  41, 125, 225 6,2–4 226 9,20 172 22,18  194, 240 36,31–35 192 Exodus (Ex) 3,14 157 22,19  24, 37–39, 83, 220 Deuteronomium (Dtn) 6,4 38–39 6,4f 37 13,7–18 39 32 38 32,8f 221 32,16 40 32,39 40 Numeri (Num) 22,22 80 2 Samuel (2 Sam) 22,29 40 1 Könige (1 Kön) 22,19 38 1 Chronik (1 Chr) 1,44 192 16,26  38, 40, 78 Ijob 1f 38

42,17b 192 Psalmen (Ps) 8,6 221 18,29 40 29,1–10 38 82  37–39, 89, 220–230 82,1 39,225 82,6  38, 227 82,7 39 89,6–8 38 96  25, 78, 219f, 222f 96,5  38, 40, 224 96,7 221 135  220, 222 137,1 221 Jesaja (Jes) 6,1–3 38 40–55 40 43,10f 160 45,6f 160 45,7  37, 39, 221 Jeremia (Jer) 23,24 221 Ezechiel (Ez) 28 225 Daniel (Dan) 7,10 88 Weisheit (Weish) 11,20 232 13  38, 41 13,1 41 13,1–5  96, 231 277

b.  Neues Testament b. Neues Testament Matthäus (Mt) 1,1–17 239 6,24 144 22,21 198 Markus (Mk) 1,24 223 3,12 223 12,25 228 12,29 38f Lukas (Lk) 1,26–38 164 4,34 223 4,41  211, 233 14,23 201 16,13 144 20,27 40 Johannes (Joh) 8,44 175 10,30f 39 10,32 38 10,34  220, 224 14,6 134 18,36 214 Apostelgeschichte (Apg) 14,17 52 17,16–34 42 17,18 79 17,24–27 52 17,28  55, 215 23,8  40, 229 Römerbrief (Röm) 1,18  118, 151 1,18–25  38, 41, 96, 197, 212, 214, 231 1,19 41 1,20  42, 52, 55, 118

278

3,29 41 3,29f  11, 240 13,1–7 198 13,1f 101 1 Korintherbrief (1 Kor) 1,24 118 6,12–20 204 8,4 223 8,5 40 8,5f  38, 220 9 225 10,19f  38, 78 10,20  41, 223 10,22 40 15 228 Galater (Gal) 4,8 40 Kolosserbrief (Kol) 2,8  213, 215 2,18 40 Jakobusbrief (Jak) 2,19 223 1 Petrusbrief (1 Petr) 3,15 113 1 Johannes (1 Joh) 3,8 175 Judasbrief (Jud) 1,14  38, 41, 226

c. Apokryphen 1 Henoch (1 Hen)  47, 76, 78, 125, 176 6  38, 226 Exegesis de Anima (ExAn)  204

2.  Antike Autoren und Werke Ambrosius Epistulae 17 25 18 25 57 25 Apuleius Apologia 25 127 27 127 43,1 127 49  113, 127 90 128 De deo Socratis 4 82 5 82 11 81 16 126 21–24 80 Aristoteles Metaphysik XII 983b 20–21  114 XII 984a  109 XII 1076a  54, 99, 115 Physik I 184b15–22  110 Rhetorik I 1356b  31 III 1419a  97 Topik I 104b  31 I 105a5–7  30, 43 Arnobius Adversus nationes I 33  23 I 35–65  23 II 2  23

II 35f  163, 219 III 40  208 IV 12  23 IV 29  23 IV 33  23 V 34  42 V 35f  24 VII 2  23 VII 34  23 Augustinus Confessiones I 2  211 I 27  34 IV 2,2  27 Contra Academicos III 17,37–20,43  217 III 41  204 Contra Epistulam Parmeniani I 19  218 De baptismo VII 16,31  195 VII 30f  183 De catechizandis rudibus 31 190 33  191, 194 De civitate dei I 1  21, 27, 184f, 189f, 194 I 4  240 I 36  185 III 4  201 III 30  18, 196 IV 1  205 IV 2  190 IV 8  197, 202, 204 IV 9  211 IV 10  202 IV 11  70, 197, 205, 209 279

IV 12f  209 IV 14  209 IV 17  210 IV 21  210 IV 29  231 IV 30  212 IV 31  60, 212 IV 34  197 V 12  197 V 24–26  196 V 26  198f, 219 V 51  218 VI–X 188 VI 2  29, 193, 201, 237, 240 VI 5  206 VI 6  209 VI 10  193, 205 VII 230 VII 1  46, 183 VII 2  197 VII 4  204 VII 5  193, 204, 210, 240 VII 6  206, 209 VII 8  207 VII 10  207 VII 11f  230 VII 13  209 VII 17  212 VII 18  203 VII 19–26  203 VII 22  204 VII 25f  204 VII 27  197, 203 VII 28  202, 208 VIII 2  114, 205, 208 VIII 5  121, 210–212, 229 VIII 6  232 VIII 7  233 VIII 9  213f, 240 VIII 10  213, 217 VIII 11  215, 217 VIII 12  231 280

VIII 23  231 IX 1  241 IX 23  163, 218, 220, 223, 227 X 1  205, 231 X 3  239 X 9  193 X 16  81 X 24  198 X 26  200 X 27  235 XI 3  232 XI 4  232, 234 XI 10  235 XI 15  225 XI 18  233 XI 23  233, 235 XI 23f  236 XI 25  234, 237 XI 25–28  235f XI 26  236 XI 30  233 XII 8  225 XII 16  228 XII 19  233 XII 25–27  228 XII 26  211 XIII 16–18  228 XIV 1  194 XIV 28  231 XV 23  38, 224, 226 XVIII 240 XVIII 5  76 XVIII 17  226, 230 XVIII 23  133, 159, 183, 192 XVIII 38  41 XVIII 43  223f XVIII 47  191f XIX 1–3  197 XIX 7  198 XIX 9  199 XIX 10  198 XIX 13  199, 234

XIX 17  198f XIX 19  200 XIX 21  195, 199 XIX 22  194, 211, 218, 238 XIX 23  220 XIX 24  198 XXII 11  81 XXII 26  228 XXII 26–28  193

De vera religione 45,84 18 49 200 72 234 73 236

De consensu evangelistarum I 9  41 I 23  211 I 30  211 I 31  211

Enarrationes in Psalmos 45,10 18 64,1 191 98,4 195 124,7 218 135 221 135,1 222 135,3 223 136f 191

De diversis quaestionibus 46,2 232

Enchiridion de fide 17,64 194

De doctrina christiana II 43  216f II 60  213 II 61  92, 133

Epistulae 1A* ad Firmum  185, 187 16f 185 102 ad Deogratias  188, 191 184A,5  184–186, 194 194 223

De Genesi ad litteram IV 10  204 XI 25,32  225 De haeresibus 41 235 86 183 De libero arbitrio II 7  235 III 212 De ordine I 32  214 De trinitate VII 9f  235 X 13–16  236 XV 3  231 XV 12,21  236, 238

Epistulae ad Romanos inchoata 13 237 Retractationes I 3,2  214 II 4,2  217 II 43  187 Sermones 241f 227f Sermones Dolbeau 6,6 225 26  186, 188 26,10 215 26,38 192 Soliloquia I 7  235 281

Cicero Academici libri I 26  193 I 30f  208 II 38  56 II 132  204 Ad familiares I 9,23  29 IX 2,5  193 Brutus 60f 193 205 193 De divinatione I 63f  58 De inventione I 6  30 I 50  31 De legibus I 22  151 I 24  139 II 26  128 De natura deorum I 2  140 I 16  205 I 25  111, 205 I 25–42  104, 108 I 29  111 I 30  112 I 31  112 I 33f  116 I 36–39  86 I 37  207 I 38  121 I 42f  104 I 61  206 I 63  140 I 100  96 I 118  121 282

I 118f  121 I 120  115 II 4  96 II 4f  54 II 5  53 II 13  54 II 13f  97 II 15  56 II 16  97 II 28,70  142 II 39–41  86 II 61  209 II 62  209 II 64  107, 210 II 73–167  96 II 77  151 II 115  96 II 147  96 III 21  122 III 45  156, 209 III 100  161 De officiis I 153  30 De oratore II 99–306  33 II 209  31 II 236f  33 II 289  33 III 104–108  33 III 104–125  33 III 107–110  32 III 213–227  33 De re publica I 53–74  60 II 4  197 II 15  216 VI 25  99 Laelius 23 27

Lucullus 118  114, 205 Orationes Philippica II 103–106  193 Orator 10,33 27 14,16 33 19,64 33 33,118 30 74 31 Partitiones oratoriae 62 30 96 31 Timaeus 40a 228 Tusculanae disputationes I 30  104 Clemens Protreptikos V 64–VI 68  108 Commodian Instructiones 1,3 79 Cyprian Ad Demetrianum 1–3 23 Ad Donatum 1 91 8 91 Diogenes Laertius Vitae Philosophorum I 6–9  127 Dion Olympische Rede 12,27–43 54

Eusebius Historia ecclesiastica II 2,4  46 II 25,4  46 III 33,5  46 V 5,5  46 Firmicus Maternus De errore profanarum religionum 5,1 24 13,2 76 17,1 24 28,10f 24 28,7 24 Mathesis I 10,14  24 II 30,5  24 V 2–6  24 Flavius Josephus Contra Apionem I 128–286  76 Fronto Epistula ad Verum 2,6 100 Gellius Noctes Atticae V 12,5  107 Herodot Historien III 82–87  99 Hesiod Theogonie I 137f  73 Werke und Tage 122f 176 Hieronymus Chronicon 327 23 283

De viris illustribus 58 92 80  23, 131, 133 Epistulae 58 132 58,10 133 70,3–5 19 70,5  46, 133, 151 Homer Ilias II 204  99 XIV 201  147 Irenäus Adversus haereses IV 1,1  224 IV 33,2  69 Justin 1 Apologie 44,9f 85 2 Apologie 4,3–6 78 8,1–3 85 10,1–3 85 13,3 85 Laktanz De ira dei 1,4 155 2,1–6 136 2,5 137 10,49 150 11,1 131 11,4 143 11,5 150 11,5f 145 11,5–16 145 11,12 149 11,13 113 11,14 153f 11,15 149 284

13,14 179 22,4 155 22,5f 159 23,1 145 De mortibus persecutorum 11 139 11,7 161 De opificio dei 15,6 131 20,3 26 Epitome 2 37 2,1  136, 143 2,4 142 3f 145 4,3 149 4,4  149, 156 5 158 6–14 169 7 171 7,2 168 8 171 11,2 170 13,1 174 14,2f 173 19 170 20,1 172 22,1 175 22–24 175 23,1 177 24 178 24,4–6 152 24,4–9 179 24,11 179 31 137 31,7 153 33 143 33,6 158 37,4  151, 156 44,2 167

51,1 166 54,4 143 63,1 151 64,1 138 Institutiones divinae I 1,1  134 I 1,8  135 I 1,13  133 I 2,2  150 I 2,6  137 I 3  137 I 3,1  140 I 3,1–3  140 I 3,4–9  141 I 3,12f  141 I 3,14  141 I 3,17  142 I 3,18  143 I 3,22  141 I 3,23  141 I 3,5  141 I 3f  137 I 4  135 I 5  15 I 5,2  145, 171 I 5,3  145 I 5,3–28  145 I 5,4  146 I 5,5  146 I 5,7  145f I 5,8  147 I 5,8–10  147 I 5,11  147, 153 I 5,12  148 I 5,15  145 I 5,15–28  205 I 5,16  154 I 5,17  154 I 5,18  154 I 5,22  150, 153 I 5,23  150, 158

I 5,26  151f, 158 I 5,27  152 I 5,28  148, 152 I 6  143, 149 I 6,1  156 I 6,5  156 I 6,6  157 I 6,12  174 I 6,13  158 I 6,16  160 I 6,17  155 I 7  16 I 7,1  160 I 7,2  162 I 7,7  164 I 7,9f  162 I 7,11  162 I 7,13  152, 158, 160f I 8,1–3  162 I 8,4  169 I 8,8  169–171 I 9  171 I 9,1  168 I 10  171 I 11,16f  167 I 11,17  170 I 11,24  167 I 11,33  170 I 11,33f  170 I 11,48  170 I 11,49  171 I 11,55  173 I 11,61  173 I 13,1  167 I 13,9  170, 173 I 13,14  173 I 15,16  170 I 16,10  152 I 17f  167 I 17,3  158 I 17,6  175 I 18,3–6  174 285

I 18,8  174 I 18,13  174 I 18,20  174 I 19,1f  172 I 19,5  170 I 20,1  169 I 23  136 II 1–13  169 II 1,7f  138 II 1,7–13  138 II 2,5  165 II 2,14  152 II 4,14  152 II 4,26  151 II 5,8  168 II 5,42  168 II 8  178 II 8–18  136 II 8,1–9  165 II 8,6  178 II 8,7  138 II 8,8–71  137 II 8,23  158 II 12,4–6  156 II 12,16  179 II 13,4  172 II 13,4–13  166 II 14,1  177 II 14,1–17,12  175 II 14,3  165 II 14,6  176 II 14,8  177 II 14,11–15  179 II 14,12  175 II 15,1  177 II 15,3  176 II 16,5f  177 II 16,6  163 II 16,11  177 II 16,11–20  177 II 17,1  179 II 17,1–5  178 286

II 17,3  179 II 17,6–11  175 III 3,6  153 III 7  133 III 9,4  154 III 9,13  139 III 10,1–7  139 III 13,3  134 III 14,7  158 III 17  137 III 28  137 III 30,9  195 IV 1–4  133 IV 1,5  139 IV 2,4  133, 149, 166 IV 3,14–18  157 IV 3,15  143 IV 3,19  144 IV 3,19–22  144 IV 3,22  144 IV 4,6  136, 151 IV 6,1f  164 IV 8,9  167 IV 9,1  167 IV 9,4  167 IV 13,5–8  138f IV 14,13  151 IV 14,17  165 IV 14,18  166 IV 14,20  166 IV 15,26  157 IV 27  179 IV 27,10  178 IV 27,12  178 IV 27,16  178 IV 29,15  165 IV 30  165 V 1,1  132 V 1,5–10  169 V 1,8  132 V 1,9  132 V 1,12  132

V 1,15  135 V 1,22–28  134, 183 V 2,1–17  20 V 2,2  27 V 2,2f  133 V 4,2  132 V 4,4  135 V 5,1  145, 170 V 5,3  171 V 7,4  171 V 8,4  166, 172 V 9,1  167 V 14,13  136 V 19,2  177 V 19,3  175, 177 V 20,12–15  168 V 22,11  137 V 23  168 VI 1,2  154 VI 6  200 VI 9,1  138 VII 174 VII 1,6  149 VII 2,5  139 VII 3  137, 140 VII 3–11  150 VII 3,1–11  153 VII 3,24  136 VII 4,1  137 VII 5,27  179 VII 6,1  138 VII 7,1  134 VII 9,2  140 VII 18,1  160 VII 23,4  160 VII 26,11  144, 169 VII 26,8  150 Makarios Magnes Apokritikos IV 21,1  219 IV 26  219

Minucius Felix Octavius praefatio 27 1,5 106 2,3  93, 161 2,4 93 4,4 118 5,4f 95 6,1 125 8,1 125 9,6  21, 91 10,3  94f, 119 14,4 28 17,1 95 17,2  94, 102 17,4 118 17,6 118 18,3 95 18,4  95, 97 18,5 200 18,7  95, 102, 106 18,7f 102 18,10  102, 118, 156 18,11 105 19,1 167 19,1f 106 19,2  107, 118 19,3–20,1 205 19,4 114 19,5 116 19,6 114 19,8 115 19,9 116 19,13  108, 113 19,14  112, 127 20,1  148, 111, 118 20,5–21,3 120 21,2 111 21,3 121 22,1 175 22,5 120 23,2 112 287

23,8 121 23,9–24,1 122 23,9–24,6 120 23,12 173 23,12f 122 24,2–4 113 24,3 123 26,1–4 100 26,7 100 26,8  124, 127 26,9 126 26,9–12 124 26,11  127, 144 26,12  112, 126 27,1 126 27,1–4 124 27,2 124 27,4 128 27,5 128 27,5–7 124 27,8 124 29,2 117 31,2 21 32,3f 97 32,4 95 32,7 119 33,1 119 34,1 119 34,4–6 112 34,6  104, 114 34,12 119 34,12–35,6 119 36,8 96 38,5 93

VII 53  159 VII 55  159 VIII 3  144 VIII 55  79

Oracula Sibyllina III 110  48, 76

Symposion 195e–196e 125 202b 126 202d 126 202e 127

Origenes Contra Celsum IV 55  225 V 61  159, 192 VI 227 288

Ovid Metamorphosen I 57–79  147 XIV 620  79 Philo De gigantibus 6 229 6f 225 Legum allegoriae III 32,97  56 Plato Gorgias 523a–526d 62 Kratylos 398b 176 Nomoi 966d 52f Phaidon 107d–114c 62 118a 64 Phaidros 246a 74 246e 59 Politeia 614b–621b 62

Timaios 28c  65, 149, 216

29c 216 29de 229 29e 151 39e–40d 229 40de 222 40e–41a 229 41a 59 41ab 163 47e 226 55cd 54 70a 52 71a–e 53 Plinius Naturalis historia XXXV 160  66 Plutarch De defectu oraculorum 17 79 De Iside et Osiride 22–44  32, 167 25 79 Quintilian Institutio oratoria II 13,12f  31 III 5,6  30 III 5,15  30 V 10,5  31 V 10,5f  31 V 10,14  30 V 10,53  30 V 12,2  32 VI 3,53  135 X 1,105  29 Seneca Ad Marciam 19,4 62 Apocolocyntosis 8,1 53

De clementia I 19  101 I 19,4  101 De ira III 17,3  128 Dialogi XII 8,2  193 Epistulae morales 90,28 128 117,6 53 Naturales quaestiones II 45,1f  86 Sententiae Episcoporum 52 69 Sextus Empiricus Adversus Mathematicos IX 20  53 Simplicius In Aristotelis de caelo I 9  52 Sueton Vespasian 23,4 123 Symmachus Relationes 3,8 25 Tertullian Ad nationes I 9,1  75 I 10,17  76 I 17,8  123 II 1,8  71 II 2,7  65 II 2,8  55 II 2,14–20  109 II 8,9  76 289

II 8,10  76 II 9  183 II 9,6  70 II 9,10  73 II 12  73 II 12,26  71 II 12,35  76 Ad Scapulam 2,1 63 3,1–5 48 4,6 105 Adversus Hermogenem 4,1f 67 5,3 89 7,3 63 8,1–3 68 10,1 68 18 87 25 57 44 87 45 85 Adversus Marcionem I 1,3  68 I 2,1  68 I 3  224 I 3,1  67 I 5  65 I 5,1  69 I 7  183, 224 I 7,2  89 I 7,7  68 I 9,2  68 I 10  59f I 10,3  60 I 10,4  55 I 13,3  205 II 9–12  53 II 13,5  143 IV 25,3  55 IV 39,18  57 290

Adversus Praxean 2 87 2,1–3,2 51 3 18 3,1 89 3,2  61, 98, 100 3,3 88 3,4 88 3,5 89 3,6 88 5,3 84 7,8 66 9,1 87 19 87 Apologeticum 1–10 49 1–16 47 1,1 20 5,1–8 61 10 121 10f 50 10–16 49 10,2 71 10,4 71 10,6 71 10,7 71 10,7f 73 10,8 73 10,10  73, 161 11,2 75 11,3 67 11,6 74 11,9 74 11,11 74 11,15 46 11,16 74 13,9 51 14,7 46 17,1  85, 107, 117 17,1–3  50f, 56 17,1–6  62f, 233

17,2f 60 17,3 138 17,4 49 17,4–6 50 17,4f 56 17,5 58 17,6  52, 65 17–23  49, 77 17–24 73 18,1–3 240 18,2 66 18,7f 21 19 68 19,1 38 19,6 76 19,10 77 21 63 21,1 47 21,2 47 21,3–6 197 21,10  84, 117, 167 21,11 87 21,13 84 21,29f 93 21,31 77 22f 50 22,1  46, 78 22,1–3 78 22,2 78 22,3  80, 88 22,4–23,1 78 22,6–8 88 22,8 88 22,12 81 23,1  81, 127f 23,1–9 88 23,2 82 23,2–8 78 23,6 83 23,12 84 23,16 83 24–27 49

24,3  18, 59, 67, 98 24,4 61 24,10 61 24,13 62 25,7–9 86 25,10f 73 27,4 88 28–45 49 29,1 88 32,2–34,4 61 33,3f 123 34,1 51 35,12 88 39,1 195 39,10 51 40,5 76 44–50 66 46–50  49, 75, 217 46,1 28 46,5  46, 51, 64, 83 46,9 60 46,10 46 47,5 65 47,7 55 47,9 51 De anima 1 46 20,1 66 23,5 66 28,2 65 37,1 88 41,1 57 41,2–4 56 45–49 57 46,12 58 De corona militis 7 121 11,4f 63 De cultu feminarum I 1,1–3,1  41 291

I 2f  225 I 3,1  47, 125 De idololatria 9,3  72, 127 10 27 10,4 36 10,7 195 13,3 195 19,2 50 20,4 78 De monogamia 4,2 65 De oratione 5,3 57 De praescriptione haereticorum 13,1–6 51 De resurrectione carnis 2,8 55 3 59 3,1  58, 125 3,1–6 58 3,3 59 14,3 89 De spectaculis 2,4 56 6,4 72 De testimonio animae 1,1  26, 46 1,3 47 1,7 82 3,1 79

292

3,2 80 De virginibus velandis 1,3 51 Scorpiace 4,1 83 Theophilos Ad Autolycum I 4–6  94 II 5f  147 II 8  83 II 31  158 II 36,1  160 III 29,2f  136 Varro De lingua latina V 66 V 10  60 V 57  76 V 65  207 V 68  24 Res Rusticae I 1,4  164 Vergil Aeneis VI 724  106f VI 853  190 VIII 43  69 VIII 322  122 VIII 353  122 Georgica IV 48  143

3.  Moderne Autoren Addey  239, 241 Ahn 11 Aland  11, 27 Albertz 38 Albrecht  60, 216 Amossy 20 Arweiler 30f Assmann  11–14, 247 Athanassiadi 15f Baier  71, 76, 164 Baltes 80 Bardy  23, 92 Barthold 225 Bauer 93 Bayer 207 Becker  45, 47–49, 64, 66, 72, 77, 85, 87, 91f, 95f, 110–113, 219 Bendlin 36 Berges 40 Bernard 80–82 Bernays 53 Beutler  98, 100f, 104, 108, 110f, 113 Beyerhaus 185 Blank 207f Blumenberg  53, 97 Bochet 200 Bowen  131, 135 Boys–Stones 208 Brachtendorf  212, 229, 234, 238 Braun  47, 63, 84f, 87, 107 Brox 52 Bryce 151 Buchheit  142, 171 Burkert  32, 37 Cameron 202 Cancik 42 Capelle  32, 241 Cardauns  70, 76, 158, 154, 201, 206, 208f, 211, 230 Chadwick 237 Chelius 201

Clark  18, 193, 204, 209f, 218 Clauss 174 Colpe 36 Cornell 159 Counet 227 Courcelle 215 De Jong  117 Dessau 35 Diels 109 Digeser  132, 134 Dochhorn  70, 73, 169 Dohmen 39 Dolbeau 184 Drecoll  27, 196, 208, 237 Drobner  188, 192 Eckert  27, 45 Edwards  16f, 19, 21, 24f, 46, 147 Elliger 54 Erler 64 Fàbrega  131f, 134, 158 Feeney 64 Feldman 74 Fiedrowicz  19–23, 25, 186, 191 Fischer 234 Fladerer  36, 204 Flashar  52f, 58 Fowden 14 Frede  15, 26, 64, 69, 219 Frédouille  45, 47 Frenschkowski  125, 127 Freund  107, 131f, 134f, 137, 139f, 150, 153, 162, 165, 179 Fuhrer  192, 204f, 210, 214, 217, 241 Fuhrmann  29f, 33 Fürst  14, 22, 91f, 103f, 109–111, 113, 116, 156, 234 Gall 241 Gauger  48, 158f Geerlings  199, 234 Geffcken 28 Gemeinhardt  20, 27 293

Georges  27f, 45–49, 51f, 55, 64f, 67, 71–74, 78f, 85f, 107 Gerlach 207 Gibbon 14 Gigon  109, 114f, 204 Gnilka 42 Golden 35 Greschat  67, 69 Gross 34 Grumach 110 Hagendahl  186, 205 Hahn, F.  42, 221 Hargis 20 Hartenstein  38, 40, 221 Heck  15, 20, 27, 48, 91, 106, 131–179, 183, 200, 205 Heckl 192 Heinze  27, 45, 52, 74 Hennings 223 Hessen 236–238 Höffe 198 Hoffmann 161 Horn  235, 238 Irwin 197 Jacobsen  19, 21f, 184 Jacoby  185, 233 Jaeger 205 Jervell  40, 42, 215 Jocelyn  202, 212 Kahlos  14, 18, 33, 36, 184f, 189, 202 Karfik  59, 222, 227–229 Karfíková  79, 126, 178 Käsemann 41 Kienpointner  28, 30, 35 Kinzig 45 Klauck  39, 41 Klein  25, 31 Knape 31 Köckert 216 Kopperschmidt 35 Krapinger  29, 97 294

Kratz 18 Kühn  35, 92, 98, 101, 117, 119, 121, 124, 128f Kutschera 215f Kytzler  21, 28, 52, 91–97, 100–107, 11–122, 124–128, 148, 156, 161, 167, 173, 175, 205 Lang 39 Lausberg, H.  34, 55, 98 Lausberg, M.  152 Leonhardt 206 Lepelley 195 Lettieri 214 Lindemann 40f Löfstedt 72 Loi 139 Lortz  45, 72, 77 Lössl 200 Lötscher  103, 197, 234 Löw  156f, 176 Luck 154 Lütcke 31 Madec  213, 217 Markschies 14 Marrou 33 Meijer  54, 207 Meijering 224 Michl 125 Mitchell  14, 16, 18, 161 Moingt  66, 84, 86–88 Monat  131f, 138, 140, 142, 146f, 160, 165, 173, 175 Mühl  35, 117 Müller, K.  98, 241 Müller, K.H.  21 Nichtweiß 196 Niehus–Pröbsting 154 O’Daly  183f, 186f, 189, 196 Ogilvie  155, 158, 162, 233, 240 Olbrechts–Tyteca 215 Otto 39 Palmer 18

Pellegrino  73, 92, 96f, 99–101, 103–106, 110f, 113–116, 118, 120–123, 125, 127f, 171 Perelman  31f, 34–36, 59, 69, 72, 80, 215, 243 Peterson  17f, 196 Pilotta 35 Pohlenz  53, 115, 215 Price  19, 45, 47, 72 Quispel 52 Rapp  31, 43 Rebillard 57 Rechenauer 153 Reed 192 Ring 31 Rives 22 Robert 161 Rose 153 Ruhstorfer 214 Rüpke 72 Sauer 152 Schaper 41 Schenker 221 Schieder 18 Schindler 17 Schmetz  31, 35 Schmidt 221 Schnelle 213 Schneweis  125, 164, 175f, 178 Schubert  20f, 27, 70, 78f, 91–94, 98–108, 110–114, 117–119, 121, 125–127, 142, 145, 160, 166 Schulz–Flügel 230 Schwab 114 Schwemer 192 Sedley 208 Sehlmeyer 73 Seidl 93 Sider  27, 45, 49 Sieben  61, 85 Siegert 36 Simmons 163 Sloan 196

Springer 25 Stolz 38f Theiler 208 Thimme  184, 197, 204, 206, 209f, 213, 232, 239f Thonhauser 11f Thraede  54, 70, 74, 189 Tibiletti 52 Tornau  27–29, 185, 188, 240f Traub 14 Tyen 39 Van der Nat  125 Van Kooten  210 Van Nuffelen  14, 16, 18, 64, 183, 204, 207 Van Oort  185, 187–189, 195f Vanderjagt 196 Vermander 100 Villani  52, 59 Volp 219 Von Geisau  92, 96, 98, 123, 125, 128 Vössing 27 Wallraff 17 Walter  131, 136, 151, 164 Waltzing  45, 52, 55f, 75, 85, 94, 96f, 99–102, 122 Waszink  53, 56f, 65, 80, 82, 88, 105 Werbick 14 Wermelinger 191 West 16 Wiemer 198 Winger  131f, 171 Wlosok  15, 19f, 27, 91, 131–179, 183, 200, 205 Woyke 223 Wyss 109 Yudin 227f Zeller 59 Zenger  38, 41, 221, 225 Zhmut 108–110 Ziegler 24 Zintzen  41, 78–80, 128 Zucker 70 295

4.  Namen und Sachen Abgrenzung  35f, 48, 92f, 134f, 183f Allegorese  32, 167f Antike Rhetorik  26–34 –– Auctoritas  31f, 59f, 102–116, 144–162 –– Exemplum  31, 98–102, 141–143 –– Ratio  30f, 140f Apologetik  18–25, 45–51, 91–94, 131–136, 183–189 Aristotelische Philosophie  29–31, 43, 54, 58, 97–99, 109f Bibelexegese  37–48, 221–227 Dämonologie  32, 40f, 77–83, 123– 129, 175–181, 202f, 222f Dualismus  80f, 126f, 165, 175–179 Engel  40, 78, 82, 88f, 119, 162–165, 178, 210, 219–231 Euhemerismus  32, 70–76, 120–122, 169–175, 202f Gewalt  11–14, 83, 201, 247 Gotteslehre –– Allmacht 67f –– Ewigkeit  67, 159f, 228f –– Körperlichkeit  65f, 85–87, 183, 206–212

296

–– Schöpfung  62, 66–70, 84f, 114, 214–216, 226, 235 –– Trinität  84–89, 117–119, 165–167, 200, 235–238 –– Universalismus  11, 41f Häresievorwurf  66–70, 183 Hermetik  156–161, 167, 176f, 231 Monarchie  60f, 88, 98–101, 141–143, 198–200 Nouvelle Rhétorique  31–35, Siehe Perelman Platonische Philosophie  52–54, 59f, 62, 65–67, 78f, 88, 98, 112f, 125–127, 150f, 207, 212–230 Pythagoräische Philosophie  65f, 114f Seelenlehre  52–61, 80, 102f, 138, 142f, 206–209, 212, 215, 228f, 232–235 Sibyllen  76f, 151, 155–161, 192, 247f Stoische Philosophie  53–55, 58, 70, 115f, 152f Theologia tripertita  70f, 79f, 102f, 106f, 145, 168, 202–206

Patrologia Beiträge zum Studium der Kirchenväter Herausgegeben von Andreas Spira †, Hubertus R. Drobner und Christoph Klock Band

1 Henriette M. Meissner: Rhetorik und Theologie. Der Dialog Gregors von Nyssa De anima et resurrectione. 1991.

Band

2 Gregor von Nyssa: Contra Eunomium I 1 - 146. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Jürgen-André Röder. 1993.

Band

3 Albert Viciano: Retórica, Filosofía y Gramática en el Aduersus nationes de Arnobio de Sica. 1993.

Band

4 Helmut Seng: Untersuchungen zum Vokabular und zur Metrik in den Hymnen des Synesios. 1996.

Band

5 Giampietro Dal Toso: La nozione di proairesis in Gregorio di Nissa. Analisi semioticolinguistica e prospettive antropologiche. 1998.

Band

6 Gregor von Nazianz: De humana natura (c. 1,2,14). Text, Übersetzung, Kommentar von Kristijan Domiter. 1999.

Band

7 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo, Predigten zum Buch Genesis (Sermones 1-5). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2000.

Band

8 Jochen Rexer: Die Festtheologie Gregors von Nyssa. Ein Beispiel der reichskirchlichen Heortologie. 2002.

Band

9 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu Kirch- und Bischofsweihe (Sermones 336-340/A). Einleitung, revidierter Mauriner-Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2003.

Band 10 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu den Büchern Exodus, Könige und Job (Sermones 6-12). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2003. Band 11 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum Weihnachtsfest (Sermones 184-196). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2003. Band 12 Igor Pochoshajew: Die Seele bei Plato, Plotin, Porphyr und Gregor von Nyssa. 2004. Band 13 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum Buch der Sprüche und Jesus Sirach (Sermones 35-41). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2004. Band 14 Daniel J. Jones: Christus Sacerdos in the Preaching of St. Augustine. Christ and Christian Identity. 2004. Band 15 Manuel Mira: Ideal ascético y antropología antiarriana en las homilías de Basilio Magno. 2004. Band 16 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum österlichen Triduum (Sermones 218–229/D). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2006. Band 17 Andreas Spira: Kleine Schriften zu Antike und Christentum. Menschenbild – Rhetorik – Gregor von Nyssa. Herausgegeben von Hubertus R. Drobner. 2007. Band 18 Hans Feichtinger: Die Gegenwart Christi in der Kirche bei Leo dem Großen. 2007. Band 19 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum Markusevangelium (Sermones 94/A-97). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2007. Band 20 Igor Pochoshajew: Gregory of Nyssa, De Beatitudinibus IV, Ad Ablabium and Adversus Macedonianos. English and German Translations and Studies. With the collaboration of David J. McCollough and Oliver Erckens. 2008.

Band 21 Notker Baumann: Die Demut als Grundlage aller Tugenden bei Augustinus. 2009. Band 22 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu Neujahr und Epiphanie (Sermones 196/A-204/A). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2010. Band 23 Andrea Bizzozero: Il misterio pasquale di Gesù Cristo e l'esistenza credente nei Sermones di Agostino. 2010. Band 24 Hans-Bernd Krismanek: Das Briefkorpus Kyrills von Alexandrien als Quelle des antiken Mönchtums. Kirchenpolitik, Christologie und Pastoral. 2010. Band 25 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo – Sermones ad populum. Überlieferung und Bestand – Bibliographie – Indices: Supplement 2000-2010. 2010. Band 26 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zur Apostelgeschichte (Sermones 148-150). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2012. Band 27 Robert Walz: Vorbereitung auf das Martyrium bei Cyprian von Karthago. Eine Studie zu Ad Fortunatum. 2013. Band 28 Hubertus R. Drobner: Neu identifizierte Textzeugen zu den Predigten Augustins. 2013. Band 29 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu den alttestamentlichen Propheten (Sermones 42-50). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2013. Band 30 Éliane Poirot: Saint Antoine le Grand dans l’Orient chrétien. Dossier littéraire, hagiographique, liturgique, iconographique en langue française. 2014. Band 31 Juan Antonio Gaytán Luna: Fin del mundo y destino final del hombre. La exégesis escatológica de I ad Corinthios 7,31, y 15,50, en la literatura cristiana antigua. 2014. Band 32 Andrea Bizzozero: Una catechesi sulla risurrezione dei morti. Analisi dei sermoni 361 e 362 di Agostino di Ippona. 2014. Band 33 Mauricio Saavedra Monroy: The Church of Smyrna. History and Theology of a Primitive Christian Community. 2015. Band 34 Gabriele Spira: Paradies und Sündenfall. Stoffe und Motive der Genesis 3-Rezeption von Tertullian bis Ambrosius. 2015. Band 35 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu den Psalmen I (Sermones 1321) und Predigten zu den Psalmen II (Sermones 22-34). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2016. Band 36 Hans Feichtinger: Bild und Bildung bei Augustinus. 2017. Band 37 Giorgio Mazzanti (ed.): Basilio di Cesarea – Omelie sui Salmi e altre omelie esegetiche. Introduzione, commento e revisione. Traduzione e indici di Simona Giani. 2017. Band 38 Peter Lötscher: Monotheismus zwischen Rhetorik und Philosophie bei Tertullian, Minucius Felix, Laktanz und Augustinus. 2018. www.peterlang.com