Migration und Solidarität / Migration and Solidarity [1 ed.] 9783428558773, 9783428158775

Weltweit waren Ende 2018 knapp 71 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Problematik der Fluchtbewegungen trifft neben d

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Migration und Solidarität / Migration and Solidarity [1 ed.]
 9783428558773, 9783428158775

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S ozial e Ori enti er ung Band 28

Migration und Solidarität Migration and Solidarity Herausgegeben von Stefan Mückl

Duncker & Humblot · Berlin

Stefan Mückl (Hrsg.) Migration und Solidarität Migration and Solidarity

Sozia le Orientierung herausgegeben von

Anton Rauscher ∙ Stefan Mückl ∙ Arnd Uhle

Band 28

Migration und Solidarität Migration and Solidarity

Herausgegeben von Stefan Mückl

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-6917 ISBN 978-3-428-15877-5 (Print) ISBN 978-3-428-55877-3 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Weltweit waren Ende 2018 knapp 71 Millionen Menschen auf der Flucht – niemals zuvor hatte die UNO-Flüchtlingshilfe eine höhere Zahl ermittelt. Von diesen 71 Millionen Menschen sind 60 % (= 41,3 Millionen) sog. Binnenvertriebene (also Menschen, die in andere Regionen ihres Landes geflüchtet sind), während knapp 30 Millionen Menschen gänzlich ihre Heimat verlassen haben. Die einen hoffen, Schutz vor (Bürger-)Krieg oder Verfolgung (sei sie politischer, religiöser, ethnischer und sonstiger Art) zu finden – 3,5 Millionen Menschen suchen explizit Asyl in einem fremden Land. Andere sehen in ihrem eigenen Land keine Perspektive (mehr) für ihr Leben und wollen Armut, Hunger und Elend entkommen. Naturgemäß finden die meisten Flüchtlinge Aufnahme in den Nachbarländern – was diese wiederum vor beträchtliche Herausforderungen stellt. Doch auch Länder weitab der Hauptkonfliktherde der Welt – wie Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika – sind in erheblichem Ausmaß mit der Problematik der Fluchtbewegungen konfrontiert. Speziell die Flüchtlingskrise im Herbst 2015 hat die Zahlen in beiden Ländern auf neue Höchstzahlen ansteigen lassen. Vor diesem Hintergrund versteht sich das breite öffentliche Interesse an den damit verbundenen Fragenstellungen, wie: Grund und Grenzen der Aufnahme von Flüchtlingen, Differenzierung nach dem Motiv der Flucht, Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen, Auswirkungen der Aufnahme von Flüchtlingen im schutzgewährenden Staat. All diese tagesaktuell drängenden Fragestellungen verweisen indes noch auf eine tiefere Dimension der Problematik, welche ein zentrales Problem der katholischen Soziallehre berührt: Welchen Stellenwert gewinnt das Prinzip der Solidarität angesichts der Herausforderungen der weltweiten Migration? Lassen sich konkrete Handlungsmaximen daraus ableiten? Welche Reichweite kommt dem Prinzip im Zeitalter der Globalisierung zu, wie verhalten sich gegebenenfalls konkurrierende Solidaritätsanforderungen zueinander? Vor diesem Hintergrund widmete sich das 15. Deutsch-Amerikanische Kolloquium, das vom 23. bis 28. Juli 2018 im Bildungszentrum Kloster Banz stattfand, dem Rahmenthema „Migration und Solidarität“. Wie bei den früheren, seit 1990 im zweijährigen Turnus wechselweise in Deutschland und in den Vereinigten Staaten stattfindenden, Kolloquien trafen sich Vertreter verschiedener Fachdisziplinen, um das Rahmenthema aus interdisziplinärer Perspektive zu untersuchen und zu diskutieren. Neben grundsätzlichen Fragen kamen die historischen wie aktuellen Perspektiven von Migration, ihre Herausforderungen für das Handeln von Staat wie Kirche und schließlich ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft zur Sprache.

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Vorwort

Auch an dieser Stelle drängt es mich, herzlich zu danken: Herr Kollege William Frank (University of Dallas, Texas) hat in bewährter Weise die Teilnahme der englischsprachigen Teilnehmer koordiniert, Herr Kollege Michael Casey (Australian Catholic University, Sydney) besorgte zuverlässig die Durchsicht der englischsprachigen Beiträge. Die organisatorische Vorbereitung des 15. Deutsch-Amerikanischen Kolloquiums lag in den Händen von Herrn Kollegen Klaus Stüwe (Katholische Universität Eichstätt); dafür wie für die vorbereitenden Arbeiten an diesem Berichtsband sei ihm wie seinem Mitarbeiter, Herrn Sebastian Rajca M.A., vielmals gedankt. Besonders großzügig hat wiederum die Hanns-Seidel-Stiftung das Kolloquium gefördert, indem sie die Räumlichkeiten ihres Bildungszentrums in Kloster Banz zur Verfügung gestellt hat. Dafür gilt den Verantwortlichen ebenso herzlicher Dank wie dem Verlag Duncker&Humblot für die bewährt gute Zusammenarbeit bei der Herstellung dieses Berichtsbandes. Rom, im Januar 2020

Stefan Mückl

Inhaltsverzeichnis I. Grundlagen / Foundations Mark R. Amstutz Political Theory, Christianity, and Immigration: The Role of Cosmopolitanism and Communitarianism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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William A. Frank The Idea of Solidarity and the Predicament of Immigration . . . . . . . . . . . . . . . .

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Manfred Spieker Pflichten und Grenzen der Solidarität. Zur Rolle des Staates in der Migrationsethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Johannes Thomas Solidaritätsparadoxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Historische und aktuelle Perspektiven von Migration / Historical and Current Perspectives of Migration Jürgen Aretz Deutschland und die Migration – Ambivalente Erfahrungen und offene Fragen

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Andrew R. Arthur President Trump’s Travel Orders and National Security . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Michael A. Casey Migration and Solidarity: The Australian Experience . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Stefan Luft Warum sich Solidarität nicht erzwingen läßt. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem in der Flüchtlingskrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

III. Herausforderungen für das Handeln des Staates / Challenges for the State Christian Hillgruber Flüchtlingsschutz oder (Arbeits-)Migration. Über die Notwendigkeit und die Konsequenzen einer Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

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Inhaltsverzeichnis

Richard J. Dougherty Solidarity and the American Political Order: Migration and America . . . . . . . . 161 Lothar Häberle Hilfspflichten gegenüber Flüchtlingen. Anforderungen an die Eintrittsregelung des zur Hilfe verpflichteten Staates sowie Eckpunkte für eine konsistente Flüchtlingspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Matthew J. O’Brien Radical Islam and Resettlement Jihad: Immigration, National Security and Religious Freedom in the Age of Islamic Extremism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Susanne Schmid Zur Integration von Asylsuchenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

IV. Herausforderungen für das Handeln der Kirche / Challenges for the Church Stefan Mückl Herausforderungen der Migration für die Sendung der Kirche . . . . . . . . . . . . . . 227 John P. Hittinger Pope John Paul II on Immigration and the Right to Stay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Robert A. Dowd Believing and Belonging: Religion, National Identity, and the Integration of Migrants in Europe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Clemens Sedmak Begleitung. Migration und „Accompaniment“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

V. Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft / Impact on the Economy and Society Nicholas T. Pinchuk The Multinational Corporation, Immigration, Solidarity, and Spheres of Responsibility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Michael Eilfort „Nachhaltigkeit“ von ungesteuerter Zuwanderung – eine ökonomisch-fiskalische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Wolfgang Bergsdorf Migration und Demoskopie. Oder: Wie Populismus erzeugt wird . . . . . . . . . . . 329 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

I. Grundlagen / Foundations

Political Theory, Christianity, and Immigration: The Role of Cosmopolitanism and Communitarianism By Mark R. Amstutz Immigration policy has become one of the most salient but contentious issues in the contemporary international system. The issue is especially important in Europe and the United States. Some observers claim that Donald Trump’s electoral victory was due partly to his promise to halt unlawful migration. Recent survey data of EU countries suggest that citizens regard immigration as a most important public policy challenge, eclipsing unemployment and terrorism. In the United States, one of the major legislative concerns in recent years has been how to resolve the status of some eleven million irregular migrants. In Europe, the refugee crisis, precipitated by the Syrian civil war, has posed special political challenges to the European Union. Ordinarily, individual sovereign states are responsible for deciding how many refugees will be admitted, but this responsibility is made more challenging in the EU because of the free mobility among signatory states of the Schengen Accord; and also because of the Dublin Convention, which specifies that the country in which refugees arrive is responsible for registering them. These policies were upended in 2015, however, when Chancellor Angela Merkel announced that Germany would welcome an unlimited number of refugees. Although a humane gesture, this unilateral action led to increased political tensions within Germany and among EU member states. As of 2018, there are more than twenty million refugees – the largest number ever. A major reason for the explosion of people seeking safety in neighboring countries is the collapse of states. Syria alone is responsible for one fourth of the world’s refugees. In addition to domestic violence, globalization has also contributed to increased international migration by making cross-border movement easier and less costly. Smugglers have developed highly sophisticated technics in evading governmental border controls. Additionally, the cell phone has become the indispensable tool for making perilous journeys to distant lands. How should states respond to migrants who, in their quest for safety or for a better standard of living, bypass border controls or disregard the terms of their visa? How should developed democratic states respond to the plight of millions of refugees seeking security? Is immigration a basic right, or a privilege subject to the prerogatives of host states? More specifically, how should Christians conceive of immigration? Since addressing such questions presupposes beliefs about the nature and structure

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of the international community, it is important to illuminate the underlying assumptions about global society. In this essay I contrast two perspectives of world order – the communitarian worldview, which emphasizes the role of states and other political communities, and the cosmopolitan worldview, which emphasizes the moral cohesion of global society and gives precedence to individual rights. Since each perspective conceives the world in radically different ways, the implications for immigration policy are, not surprisingly, also radically distinct. A central claim of this essay is that the analysis of migration must be informed by the particular rules and institutions of states as well as by fundamental moral values that apply to all peoples and societies. Essentially, I shall argue that both communitarian and cosmopolitan perspectives are necessary to address migration concerns. The paper has three parts: first, I describe how scholars and public officials view the contemporary global system. I present three distinct dimensions of world order – the political, the legal, and the moral. All three elements are manifested in the rules, institutions, and structures of the existing global system. Second, I present key features of the communitarian and cosmopolitan approaches to the international community and show how each views international migration. Finally, I examine how a Christian worldview relates to the challenge of migration.

I. Different Perspectives of the International Community From a political perspective, the world is conceived as a global society of independent nation-states. This decentralized global system emerged in the mid-seventeenth century with the rise of sovereignty – the claim that government must have supreme power to control affairs within a state’s territorial boundaries. The decentralized character of the global order is expressed in the world’s constitution – the United Nations Charter – which acknowledges the fundamental role of member states in advancing global peace and prosperity. In particular, the Charter affirms the right of a state’s political autonomy and the corollary obligation of non-intervention in the internal affairs of other foreign states. Although sovereignty is not unlimited, it has remained the core principle of the contemporary nation-state. Politically, this means that a central government has the authority to regulate domestic affairs and to control goods and people entering the country’s territory. Since states have supreme authority over domestic affairs, they determine the policies and practices governing immigration. From a legal perspective, the world is similarly conceived as a global society of nation-states, each entitled to legal rights and responsibilities. The customs and rules that states have accepted as binding in their international relations comprise the large body of international law, covering such areas as diplomacy, the rights and duties of states, human rights, outer space, the global environment, refugees, and war. Typically, legal conventions are binding on states only when they formally accept

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them, either by ratifying treaties or by explicitly acknowledging their legitimacy. According to international law, people can emigrate from their homelands, but they do not have a right to immigrate to a foreign land. The International Covenant on Civil and Political Rights, for example, stipulates that people have a right to freedom of movement, including the right to move within their own country and to leave their homeland (article 12). There is no basic right, however, to enter a foreign country. Whether or not a person can visit, work, or live in a foreign land is determined by the government of the receiving state. The Covenant also recognizes the collective right of a people to pursue political self-determination (article 1). This right is important because it reinforces the decentralized, democratic structure of global society. From a moral perspective, the world is conceived as a coherent ethical community – a global society of persons who are equal and entitled to dignity and respect. The fundamental premise of the moral perspective is that people have inherent rights that cannot be qualified by government or by other persons. Since people are entitled to basic rights, discrimination on the basis of gender, ethnicity, economic status, religion, nationality or political belief is inadmissible and contrary to universal morality. Although this perspective emphasizes the rights of persons, it also provides a foundation for all ethical reasoning about the quest for peace and justice within and among states. This means that policies about political, economic and social relations within and among states is subject to a universal ethic rooted in the dignity of persons. Such political morality has been expressed in a variety of doctrines and traditions. The tradition of just war, for example, is rooted in the conception of a global morality that seeks to minimize human suffering even in time of war1. In the contemporary world, the language of human rights, expressed through multiple treaties and conventions, is arguably the principal pillar of the moral approach to international politics2. Each of these three perspectives contributes important insights about how to regard our contemporary world. The political view emphasizes the role of the state, the indispensable agent for securing and enhancing human rights. The legal perspective contributes to the pursuit of peace and justice in global society by providing international norms and rules that structure the behavior of states and non-state actors. Finally, the moral approach illuminates the fundamental values that contribute to the rights and responsibilities of persons, nations and transnational organizations. Although scholars and political leaders rely on these three perspectives in conceptualizing global society, some emphasize the political or legal dimensions while min1

The literature on just war is extensive. Two basic guides to this tradition are Michael Walzer, Just and Unjust Wars: A Moral Argument with Historical Illustrations, 5th ed., New York 2015; and James Turner Johnson, Just War Tradition and the Restraint of War: A Moral and Historical Inquiry, Princeton 1981. 2 See for example, R. J. Vincent, Human Rights and International Relations, Cambridge 1986; and Jack Donnelly, International Human Rights, Boulder 1993.

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imizing the moral. Others may rely chiefly on a moral conception of global order. The different ways of conceiving the international system has given rise to two distinct worldviews that profoundly affect how international migration is assessed. These two worldviews are communitarianism and cosmopolitanism. The first relies chiefly on a political and legal conception of the world. Cosmopolitanism, by contrast, views the world through the lens of global morality. II. Competing Worldviews 1. Communitarianism The communitarian sensibility is rooted in the belief that persons are social creatures who achieve their full humanity through communal relationships. Human flourishing is only possible in the context of communal relationships, such as families, neighborhoods, social clubs, churches, professional associations, and other similar communities. As social theorist Gertrude Himmelfarb has observed, persons do not come into the world as free-floating individuals but as persons with a particular identity. Such an identity is established, she claims, by the “givens of life” – such as parents, family, race, religion heritage, history, culture, tradition, and nationality3. In effect, no person can exist as an island. Communitarianism accepts the existing community of states as normative, believing that the quest for human dignity is best secured within and through each of the distinct political communities of the international system. While the communitarian approach recognizes that domestic order is a necessary condition for pursuing human dignity, it alone is not sufficient to ensure human rights. Sovereignty must be supplemented with political morality if peace and justice are to be advanced. This is why communitarians assume that defining the legal and moral obligations of states and non-state political actors is essential if peace and justice are to be advanced in global society. States can of course misuse power and impede domestic justice. But as noted earlier, the most effective means of securing human rights to date has been through strong, beneficent states. John Rawls is arguably the most influential American political theorist of the latter part of the twentieth century. His classic work, A Theory of Justice, sets forth a moral framework for pursuing social and political justice in domestic societies. The theory, however, neglects international relations altogether. To address this omission, Rawls wrote The Law of Peoples. In this book, Rawls seeks to uncover the principles that can advance a just international order based on “the political world as we see it”, using what he terms a perspective of “realistic utopia”4. His theory builds on the following premises. First, peoples, not states, are the key actors. Unlike conven3 Gertrude Himmelfarb, The Illusions of Cosmopolitanism, in: Joshua Cohen (ed.), For Love of Country: Debating the Limits of Patriotism, Boston 1996, p. 7. 4 John Rawls, The Law of Peoples, Cambridge MA 1999.

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tional international relations theories focused on the rights, duties, and interests of states, Rawls focuses on the institutions and moral character of societies. He does so in order to identify those political communities that are most effective in securing human rights. Second, a just international order is possible only among well-ordered societies. Such societies comprise two types of regimes: “liberal peoples” – constitutional, democratic regimes that protect human rights domestically and fulfill international responsibilities – and “decent hierarchical peoples” – non-democratic regimes that respect human rights and are non-aggressive in global society. Third, the international community is also comprised of societies that are not well-ordered and are therefore incapable of contributing to international peace and justice. Rawls’s communitarian perspective assumes that a peaceful and just world is best advanced through the right actions of member states. Political ethicist Michael Ignatieff has argued powerfully for the importance of sovereign states in promoting human rights and economic prosperity. He writes: “if we want individuals to face less oppression, violence, and fear in this world, we should wish for stronger sovereigns, not weaker ones. By stronger I mean more capable, more responsible, and more legitimate. If we want human rights to be anchored in the world, we cannot want their enforcement to depend on international institutions and NGOs. We want them anchored in the actual practice of sovereign states.”5

Thus, if the goal is to advance human rights and prosperity in the world, one needs to nourish nation-states that are strong and benevolent, effective and democratic. Providing economic resources to failed states is unlikely to foster humane regimes; and simply allowing people from poor, failing states to migrate to prosperous countries is also unlikely to promote the wellbeing of such societies, since the people most willing and able to migrate are not the ones who are most impoverished. According to communitarians, people have an inherent right to membership in a political community. Because human beings are only fully human in association with others, the longing to belong to a community is fundamental to personal identity. Article 15 of Universal Declaration of Human Rights expresses this basic truth by declaring that “everyone has the right to a nationality”. But people also have a right to freedom and, in particular, to freedom of movement. As a result, individuals have a right to leave their own homeland. The right of emigration, like the right to be a part of a nation, has become a central claim of contemporary international human rights law. This claim is stated in Article 13 of the Universal Declaration of Human Rights as follows: “Everyone has the right to leave any country, including his own”. The moral basis of the right of emigration is rooted in the voluntary character of democratic societies. Although individuals have the right to emigrate, they do not necessarily have the right to immigrate to a particular state. This is because governments, not international 5 Michael Ignatieff, The Return of Sovereignty, in: The New Republic, February 16, 2012, p. 28.

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organizations or migrants themselves, determine admission into sovereign countries. Even though people have a right to a nationality and to change their national affiliation, this claim does not entitle a person to reside in a country of his or her choice. As Brian Barry has noted, “It is a general characteristic of associations that people are free to leave them but not free to join them.”6 Thus, emigration and immigration are morally and legally asymmetrical. The moral asymmetry between exit and entry, departure and arrival, is illustrated in everyday social and economic life. For example, workers have a right to leave their place of employment but are not entitled to another job of their own choosing. Employers, not prospective employees, determine employment. Similarly, students may withdraw from colleges and universities at any time, but their desire to continue their studies at another academic institution depends wholly on their admittance to that institution. Michael Walzer, a leading communitarian, has set forth a powerful argument about the ethics of border regulation. He claims that regulating membership through admission and exclusion is essential in preserving “communities of character” – that is, “historically stable, ongoing associations of men and women with some special commitment to one another and some special sense of their common life”7. Walzer explains the necessity of regulating migration as follows: “The distinctiveness of cultures and groups depends upon closure and cannot be conceived as a stable feature of human life without it. If this distinctiveness is a value … then closure must be permitted somewhere. At some level of political organization something like the sovereign state must take shape and claim the authority to make its own admissions policy, to control and sometimes restrain the flow of immigrants.”8

Political theorist Stephen Macedo similarly claims also that political communities are morally important and that regulating borders is essential in protecting and advancing the wellbeing of their members, especially those who are disadvantaged socially and economically. Macedo writes that self-governing communities are morally important because they give rise to powerful bonds of mutual concern: “Citizens have powerful obligations of mutual concern and respect, and mutual justification, to one another because they are joined together – as constituent members of a sovereign people – in creating binding political institutions that determine patterns of opportunities and rewards for all.”9 Although he believes that migrants should be accorded dignity and respect, he believes that the needs of citizens who are poor and in need of assistance should take precedence over the wants and needs of migrants. More recently, philosopher David Miller has argued that giving preferential treatment to citizens 6 Brian Barry, The Quest for Consistency: A Skeptical View, in: Id./Robert E. Goodin (eds.), Free Movement: Ethical Issues in the Transnational Migration of People and of Money, University Park PA 1992, p. 284. 7 Michael Walzer, Spheres of Justice: A Defense of Pluralism and Equality, New York 1983, p. 62. 8 Walzer (Fn. 7), pp. 9 – 10. 9 Stephen Macedo, The Moral Dilemma of US Immigration Policy, in: Carol M. Swain (ed.), Debating Immigration, Cambridge 2007, p. 74.

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over strangers is most important in democratic societies. He calls this differential disposition “compatriot partiality”10. Economist Paul Collier claims that sustaining strong political communities is necessary in meeting human needs. Such communities can be sustained, however, only if migration is regulated in order to maintain social solidarity – or what he terms “mutual regard”11. Communal solidarity is important because it facilities two types of economic actions that are indispensable to successful societies – namely, financial transfers from rich people to those who are poor, and cooperation among community members in devising common policies and providing public goods. More importantly, mutual regard enables a society to nurture cooperation and trust, or what political scientist Robert Putnam calls “social capital”. Since trust and cooperation do not arise automatically, they must be created and sustained through deliberate policies that contribute to group solidarity. According to Collier, mass immigration can easily undermine such cohesion by impeding mutual regard. “Moderate migration”, he writes, “is liable to confer overall social benefits, whereas sustained rapid migration would risk substantial costs”12. 2. Cosmopolitanism The cosmopolitan paradigm – the other major alternative perspective – focuses on basic rights and the economic and social wellbeing of persons and assumes that global or cosmopolitan bonds should have precedence over state boundaries. The origins of cosmopolitanism date from the fourth century BC, when the Cynics coined the term, meaning “citizen of the world”. The Stoics subsequently developed the idea by emphasizing the fundamental equality of persons by virtue of human reason. Contemporary cosmopolitans envision the direct application of moral values to the international community, and regard the nation-state as an impediment to human rights and justice. They assume that peace and justice can best be advanced by stressing transnational bonds rooted in the equality of persons and the universality of human dignity. In advancing the cosmopolitan conception of world order, political theorist Martha Nussbaum argues that people should shift their allegiance from the nation to the international community, thereby nurturing a global society made up by “the humanity of all human beings”13. For many cosmopolitans, the suffering and injustice in the world is a direct product of self-interest and greed among states. War, famine, and human rights abuses are a direct by-product of the existing decentralized global order that facilitates and fosters competition and conflict among member states. Although some cosmopolitan 10 David Miller, Strangers in Our Midst: The Political Philosophy of Immigration, Cambridge MA 2016, p. 21. 11 Paul Collier, Exodus: How Migration Is Changing Our World, New York 2013, p. 61. 12 Ibid., p. 63. 13 Martha C. Nussbaum, Patriotism and Cosmopolitanism, in: Cohen (Fn. 3), p. 7.

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thinkers view local, national, and regional affinities as legitimate, they claim that the primary bonds are to global society. Indeed, when conflict arises between a commitment to a state and to the world, the latter allegiance must take precedence. Moreover, since state sovereignty is not morally significant in the cosmopolitan paradigm, international morality requires the subordination of state boundaries to human dignity. Because of its idealistic nature, the cosmopolitan perspective is defended and promoted primarily by political theorists, moral utopians, and religious leaders. One scholar who has championed this perspective is the leading ethicist Peter Singer. In One World he argues that globalization is resulting in a more interdependent global society. Since globalization is making state boundaries more porous and undermining state sovereignty, he suggests that the time is ripe for a new political morality that gives precedence to universal obligations over nationalistic interests. In his view, the rise of the “global village” demands a “new ethic” that can serve the interests of all persons14. The foundation of this new political morality is that people matter. In his view, state sovereignty is an outmoded concept that unnecessarily confines people’s interests and obligations. Building on the foundational premise that human beings are the “basic unit of concern for our ethical thinking”, Singer calls for an ethic of impartiality where political and national identity cease to be morally important. Whereas Rawls pursues justice through the existing global order of states, Singer seeks to promote an alternative global system where sovereignty is no longer ethically significant. He writes: “A global ethic should not stop at, or give great significance to, national boundaries. National sovereignty has no intrinsic moral weight. What weight national sovereignty does have comes from the role that an international principle requiring respect for national sovereignty plays, in normal circumstances, in promoting peaceful relationships between states.”15

Since territorial borders are not morally significant, how can peace, justice, and human rights be advanced? Although cosmopolitan scholars differ on what institutions are necessary to advance such aims, many theorists agree that transnational institutions and intergovernmental organizations must play a more important role than states. Indeed, the role of states in regulating migration must be dramatically curtailed, if not eliminated altogether. Since the state is an impediment to human dignity, justice must be advanced apart from the state. For cosmopolitans, the focus must be on people’s welfare, not the rights of states. Human rights claims must take precedence over state sovereignty. Political theorist Joseph Carens has developed the most comprehensive theory of “open borders”. In The Ethics of Immigration he declares that states do not have “a

14 Peter Singer, One World: The Ethics of Globalization, 2nd ed., New Haven CT 2002, p. 12. 15 Ibid., p. 148.

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fundamental moral right to control immigration”16. Further, he assumes that a world of open borders among distinct but relatively equal states would be a more just world – one in which the problem of unlawful migration would all but disappear. Although Carens focuses his analysis on human rights, he fails to explain how such rights can be advanced by undermining the state’s regulatory responsibilities over borders. A central element of Carens’ analysis is his theory of social membership. The theory suggests that peoples’ social interactions over time are the foundation of communal life. What matters, according to the theory, is not legality but social engagement. People develop a sense of belonging by participating in the social life of communities. Carens writes: “What matters most morally with respect to a person’s legal status and legal rights in a democratic political community is not ancestry or birthplace or culture or identity or values or actions or even the choices that individuals and communities make but simply the social membership that comes from residence over time.”17 Even though states may have a right to control admissions, if migrants manage to enter a country unlawfully, remain undetected, and develop communal associations, Carens believes that they ought to be allowed to stay. Governments can regulate borders, but if people can avoid government controls for a number of years, they should be allowed to remain, even though they entered the country unlawfully. In his view, the right to apprehend and deport unauthorized aliens “erodes with the passage of time”18. Thus, for him, time as a member of a community overcomes the legal obstacle created by the original offense. Building on his theory of social membership, Carens argues that unauthorized aliens who have established roots in a foreign land should be allowed to stay. This is especially the case for children who have been brought to a foreign country unlawfully by parents. Since social membership does not rest on legal permission but simply on the fact of participating in communal life, he does not regard unlawful border crossing as morally significant. What is important is the extent to which people establish a web of social ties with others. Although Carens thinks that states need to establish policies to address illegal migration, he is opposed to periodic amnesties or to giving relief to individuals based on humanitarian considerations. Instead, he thinks that states should legalize aliens after they have resided in a community for a fixed period of time. He thinks five to seven years should be sufficient to establish the claim of social membership19. The two global paradigms I have examined point to different ways of conceiving immigration. For the communitarian, states are the primary institutions for protecting human rights. Advancing basic rights, including freedom and equality, is only feasible within a strong state where the rule of law is institutionalized. This means 16

Joseph H. Carens, The Ethics of Immigration, New York 2013, p. 10 & Ch. 11. Ibid., p. 160. 18 Ibid., p. 150. 19 Ibid., p. 151.

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that laws, including those pertaining to immigration, must be enforced. The cosmopolitan approach, by contrast, regards the nation-state as an impediment to human rights and global justice. The “real world” is unjust because it helps to sustain egregious inequalities among states and impedes people from migrating freely from poor, fragile societies to developed states. Cosmopolitan advocates call for open borders in the belief that a more coherent, integrated global society will advance human rights, especially for peoples living in poor, oppressive states. Cosmopolitans rightly insist that people are more important morally than states, but this claim is meaningless if institutions are not available to secure and protect those rights. III. The Christian Faith and Immigration Can the Christian faith contribute to the public policy debates in Europe and the United States on international migration? What biblical norms and moral principles can churches illuminate and apply to the ongoing challenges posed by the surge of migrants seeking safety and a better standard of living? Christian churches and denominational associations in the United States have been actively engaged in the immigration policy debate in the past two decades. For the most part, Protestant, Roman Catholic, and Evangelical groups have championed the cause of an open, flexible and generous immigration policy – one that would be much more accommodating to the high demand for work and immigrant visas than currently allowed under existing statutes. To a significant degree, the claims advanced by U.S. church groups, especially Evangelicals, call for significant reforms in existing immigration policies, including the legalization of irregular aliens – the so-called “undocumented immigrants.” In Just Immigration, my book on this topic, I assess and critique the political engagement of churches for their limited theological and ethical analysis of a complex public policy issue20. Citizens of course have a right and responsibility to share their beliefs and convictions on issues such as migration. But when churches take up political issues they should do so chiefly by illuminating and applying biblical norms and theological principles to the issues being addressed. As I demonstrate in my book, most church groups have failed to do this. They have acted more as a political interest group than as a moral teacher, advancing specific policies rather than emphasizing the moral analysis of a complex, multi-dimensional problem. The ostensible goal of church policy advocates has been to make immigration policy more open and flexible. In particular, they have supported the legalization of irregular migrants and called for more refugee admissions. How can churches contribute to the moral analysis of immigration? What elements should be included in their moral teaching? In my view, a credible strategy of policy engagement should involve, at a minimum, the following three elements. 20 Mark R. Amstutz, Just Immigration: American Policy in Christian Perspective, Grand Rapids MI 2017.

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First, church groups and religious associations seeking to influence immigration policy should have an authoritative understanding of the policies and rules governing migration. This is a challenging task in the United States, especially because of size and complexity of immigration statutes, the diverse and at times conflicting judicial interpretations of such statutes in federal and state courts, and the disparate enforcement practices by federal, state, and local governmental agents. As a result, the American immigration system is not a coherent body of laws and policies but a set of ambiguous rules that are applied and interpreted inconsistently. Hiroshi Motomura, a legal scholar, has written a book titled Immigration Outside the Law that captures the indeterminate and inconclusive nature of U.S. immigration rules and practices21. Church leaders concerned with immigration policy should begin with an understanding of the rules and policies of the system, even when those rules are ambiguous and implemented inconsistently. It is impossible to make immigration more just without knowledge of how the system currently functions. Second, church leaders should illuminate and apply relevant biblical norms and fundamental moral principles relevant to migration issues. Scripture is not a manual for devising specific public policies. It does, however, provide basic principles that can help structure moral reasoning about international migration. Examples of such principles include: the dignity and equality of persons, hospitality to neighbors, social inclusion, compassion for those in need, and justice. Additionally, the church can incorporate widely accepted moral principles that have emerged from the careful application of natural law and theological principles to past temporal issues. The most developed body of Christian church teachings is the tradition of Catholic Social Thought. Some of its important principles include human dignity, the common good, social solidarity, and the preferential option for the poor. Thus, when confronting the challenges of how to address challenges of international migration, church leaders can define, explain and apply biblical principles and moral norms to help structure the moral analysis of this issue. The challenge is to carry out this task in a careful and systematic manner, without selecting only those norms that would support a particular desired policy. Third, church leaders should make explicit their view of world order. More specifically, they should seek to illuminate how their assumptions of global society inform their analysis of international migration. As noted earlier, the communitarian conception of the world assumes that nation-states can be, on balance, instruments of peace and justice and an effective way to secure human rights. The cosmopolitan worldview, by contrast, assumes that the fragmented world of nation-states tends to impede justice and human dignity. Both perspectives share similar concerns on human dignity, social solidarity, and freedom, but do so in different ways. For the communitarian, human dignity is best advanced through the sovereign state. Similarly, communitarians assume that the most effective way of protecting and advancing social solidarity is through the human communities in which people live – the 21

Hiroshi Motomura, Immigration Outside the Law, New York 2014.

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neighborhoods, towns, cities, and countries they inhabit. Finally, human freedom, including freedom of movement, is best protected within sovereign nation-states. For the cosmopolitan, however, human dignity is a universal value that should not be impaired by territorial borders. For them, people matter, not states. Additionally, since solidarity is rooted in the universality of human dignity, the most important social bonds are the universal ties that bind all persons into one transnational society. Finally, cosmopolitans believe that the freedom of movement must be unqualified. People should be able to go and live wherever they wish. Emigration and immigration are two sides of the same coin and should remain unabridged. Given its belief in the inherent dignity and equality of persons, the Christian faith would seem to endorse a cosmopolitan approach to world order. This has been the view of the Roman Catholic Church. When the doctrine of sovereignty emerged in the mid-seventeenth century, the Catholic church adamantly opposed the Peace of Westphalia – the 1648 accord that ended the destructive religious wars in Europe and marked the acceptance of the political independence of nation-states. For the Catholic Church, the rise of state sovereignty was not simply an affront to the Church’s temporal influence. It also challenged Western Christianity’s historic conception of a unitary global order, one that went back to Constantine and the fusion of religious and imperial authority in the fourth century. As a result, the Catholic Church continued to oppose the Westphalian system until the beginning of the twentieth century. In the contemporary era, the Catholic Church has come to terms with the nationstate, but has continued to emphasize the universality of human family and to defend the right of international migration. In 1985, for example, Pope John Paul II declared: “Every human being has the right to freedom of movement and of residence within the confines of his own country. When there are just reasons in favor of it, he must be permitted to migrate to other countries and to take up residence there. The fact that he is a citizen of a particular state does not deprive him of membership to the human family, nor of citizenship in the universal society, the common world-wide fellowship of men.”22

By contrast, the Protestant Church not only accepted the Westphalian order but welcomed the rise of the nation-state. Although the emergence of the state sovereignty led to the fracturing of global society, it brought about a number of positive developments. These include: 1) the development of greater accountability between rulers and citizens; 2) the acknowledgement that central government was responsible for the wellbeing and human rights of people living within a state’s territorial boundaries; and 3) the promotion of global peace and justice through cooperation and collaboration among sovereign states. Indeed, despite the fragmentation of the global system, one of the major contributions of the modern nation-state has been the improvement in human rights in many countries, especially those with liberal democratic governments. 22 John Paul II, Address to the New World Congress on the Pastoral Care of Immigrants, October 17, 1985.

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Although global cosmopolitanism provides important insights about the universality and equality of human dignity, it does not provide the institutions necessary for securing the liberty, prosperity and well-being desired by people. History shows that human rights depend in part on a legitimate government that makes and enforces just laws. Without a sovereign state, there is no government; and without government, no rule of law is possible. This is why the global universalism of cosmopolitanism must be supplemented with a communitarian perspective. One of the major shortcomings of church pronouncements on immigration is their neglect of the state. The disregard of the state is manifest in the 2003 pastoral letter, “Strangers No Longer”, prepared jointly by Mexican and U.S. bishops. While the bishops acknowledge that states have a right to control borders, the fundamental message of the letter is to celebrate the unity of the global family by encouraging and facilitating transnational bonds between the people of Mexico and the United States23. Evangelical initiatives have been similarly one-sided, rooted in cosmopolitan perspectives while de-emphasizing or neglecting the communitarian elements of rule of law, obedience to government authority, and balancing the rights of migrants and citizens24. Christians are called to render to Caesar the things that belong to Caesar, and to God the things that belong to God. In ascertaining how to carry out this responsibility when addressing immigration, believers will come to different judgments on how to best care for the needs and wants of migrants. Welcoming strangers and showing mercy and compassion for refugees and economic migrants is important. but it is also essential that government officials make and enforce just immigration rules that maximize justice for both citizens and migrants. Consequently, a Christian approach to migration should incorporate insights from both communitarian and cosmopolitan perspectives. Zusammenfassung Der Beitrag präsentiert die zentralen Aspekte des Kommunitarismus wie des Kosmopolitismus als der vorherrschenden Konzeptionen der globalen Gesellschaft und wendet sie auf das Thema der internationalen Migration an. Die kommunitaristische Sichtweise betrachtet die Nationalstaaten als die zentralen Akteure in der globalen Gesellschaft und geht davon aus, daß das Streben nach Menschenrechten und Wohlstand am besten durch souveräne Staaten verfolgt wird. Die kosmopolitische Perspektive hingegen stellt die Personen in den Vordergrund und räumt der staatlichen Souveränität weniger Bedeutung ein. Die Regulierung der Migration ist für den Kommunitarismus von Belang, nicht aber für den Kosmopolitismus. Ein christlicher Ansatz zur Migrationsfrage sollte sowohl Erkenntnisse aus der kosmopolitischen wie

23 Strangers No Longer: Together on the Journey of Hope, A Pastoral Letter Concerning Migration from the Catholic Bishops of Mexico and the United States, 2003. 24 See for example, Amstutz (Fn. 20), Ch. 7.

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auch aus der kommunitaristischen Perspektive einbeziehen und sich dabei von der Universalität der Menschenwürde und die Legitimität der sozialen Solidarität leiten lassen.

The Idea of Solidarity and the Predicament of Immigration By William A. Frank The first priority in serving one’s state would be the rectification of names Confucius1 History creates words in order that, in turn, they may create history. Józef Tischner2

Like the proverbial two-edged sword, the idea of solidarity cuts both ways. From one perspective, solidarity orients a community to look outward toward neglected, alienated, suffering individuals at, or beyond, the margins of one’s own community. As an ethical social principle, solidary typically calls on one’s community to welcome, integrate and assimilate the outsider into the community. It is the Good Samaritan principle played out at the community level. From another perspective, however, solidarity is a sociological concept that signifies the internal identity or unity of a community which constitutes a collection of persons as an integrated, functioning “we”. To foster such a lived sense of identity and belonging to one’s own community is an essential responsibility for the leaders of a community and its members alike. When it comes to contemporary polemics in North America and Europe over large scale immigration of people fleeing civil conflict, natural disaster, endemic crime and corruption, the idea of solidarity is often invoked as a call upon a community’s conscience on behalf of more open borders. Almost never is solidarity invoked as a principle on behalf of a less open immigration policy or practice. But why not? The point of this chapter is to offer a more expansive understanding of solidarity in the expectation of better understanding the predicaments of immigration that currently trouble the people and nations of Europe and North America. As a social, ethical principle, solidarity is a powerful idea that shows the essential truth at the core of each of the conflicting sides in the debate over immigration policy and practice. Let me anticipate one such predicament. Insofar as solidarity may be considered an ethical virtue, as it is often said to be, then we ought to imagine it as a disposition that lies within the mean along a continuum that verges toward socially destructive tendencies at either extreme of the continuum. At the extreme to the right, the homogenizing forces of solidarity can be twisted into a vicious intolerance. Perversion of 1 Confucius, Analects 13.2, in: Confucius: Analects, with Selections from Traditional Commentaries, trans. Edward Slingerland, Indianapolis/Cambridge 2003, pp. 138 – 39. 2 Józef Tischner, The Spirit of Solidarity, 2nd ed., San Francisco 1984, p. 1.

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solidarity’s disposition for social and cultural unity can lead to stigmatizing, persecuting, or otherwise alienating individuals or groups on the periphery of one’s community. In addition, under the sway of a heightened sense of being an “us”, and in the name of safeguarding its identity, a social solidary can betray its solidarity by refusing to entertain legitimate calls from the periphery. Its attitude toward the Ausländer can run from blind indifference to hatred and hostility. At the extreme to the left of the mean, a solidarity – be it a family, church or nation – can be plagued by a disposition of ill-considered confidence in the community’s expansive and inclusive capacities. For example, in contemporary political arguments in Europe and the United States over whether national borders should be more or less open or closed to the hard cases of immigration, the issue rests, in some part, on judgments as to a given nation’s expansive and inclusive capacities. In 2016, for instance, Sweden, a nation reputed for its openness to asylum seekers, announced that its capacity to integrate and assimilate was stretched to the limit and it would be tightening its borders. By contrast, in 2015 the German Chancellor, Angela Merkel announced a policy of open borders for refuges and asylum seekers, and in that year admitted almost one million immigrants. Many argued that Germany lacked the long term resources for integrating so many immigrants. Over-confidence in a community’s capacities may be a forgivable error. But it is no less an error than indifference to the plight of outsiders. Both extremes are sins against solidarity. The purpose of this essay is to discuss solidarity as an idea that calls attention to the legitimate conflicting commitments at work on both sides of the current immigration debates. It is a mistake and an impediment to social justice when it is reserved as a principle that would favor only the more open, progressive side of the debate. In what follows I shall not be discussing the concrete actualities of immigration affairs. Other chapters of this book will speak with authority to those issues. I only wish to offer a template that shows how concern for a people’s solidarity ought to serve as both an encouragement and a caution when faced with challenges of immigration. The following sections explore the idea of solidarity from two perspectives. The first section describes solidarity as a sociological category. It is then followed up in the second section with a brief sketch of the history that gave rise to the development of the sociological dimension of the idea. This look back to the past is important for appreciating the deep social and political importance of solidaristic identity and belonging. The third section considers solidarity as an ethical disposition of individuals who would extend the ties of solidarity to those who are in various ways suffering and without social or communal support. I call this the “personalist” dimension. The final section will illustrate how cognizance of solidarity’s two dimensions – the sociological and the personalist – deepens our appreciation of the inner dynamics at work when faced with some of the predicaments of immigration controversy.

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I. The Sociological Dimension Not all groups of people coalesce into a solidarity; for example, passengers on a train, shoppers at a mall, or a convention of stamp collectors. Just what distinguishes a social solidarity has been the object of study by sociology, political science, philosophy, history, and theological ethics. In what follows I have culled elements from a wide range of studies and fashioned them into a composite sketch or model of the structure and attributes of a social solidarity3. In a social solidarity the members of a group have a shared consciousness of their being unified. They think of themselves as a we. Each member has the sense that he has cast his lot together with the others. Each knows himself as belonging to the group. The members are unified in some common effort. Each member participates in the solidarity’s work, shares in its fruits, and bears its sufferings. As a group or society, a social solidarity has an organizational structure with “rules of the game”. Obedience to the rule of law is the one constant that allows of little if any variations in conformity. A solidarity carries its own weight of existence. Some refer to it as a “group-person”. One scholar insists that it has a “strong ontology” less than a natural substance, but not simply reducible to the collective sum of its members4. Solidary bonds have the flexibility to encompass within its membership 3

Roger Aubert, Catholic Social Teaching: An Historical Perspective, revised ed., ed. David A. Boileau, Milwaukee WI 2005; Graham Crow, Social Solidarities: Theories, Identities and Social Change, Buckingham/Philadelphia 2002; Émil Durkheim, The Division of Labor in Society, trans. W. D. Halls, New York 1984; Id., The Elementary Forms of the Religious Life, trans. Karen Fields, New York 1995; Samuel Gregg, Challenging the Modern World: Karol Wojtyła/John Paul II and the Development of Catholic Social Teaching, Lanham/Boulder/New York/Oxford 1999; Russell Hittinger, Love, Sustainability, and Solidarity: Philosophical and Theological Roots, in: Martin Schlag/Juan Andrés Mercado (eds.), Free Markets with Solidarity and Sustainability: Facing the Challenge, Washington 2016, pp. 19 – 31; Joseph Höffner, Christian Social Teaching, 2nd ed., trans. Stephen Wentworth-Arndt/Gerald Finan, Bratislava 1997; Thomas C. Kohler, The Notion of Solidarity and the Secret History of American Labor Law, Boston College Law, Legal Studies Research Paper, Research Paper 92 (April 2006); Ursula Nothelle-Wildfeuer, Sozialprinzipien der Katholischen Soziallehre, in: Anton Rauscher (ed.), Handbuch der Katholischen Soziallehre, Berlin 2008, pp. 143 – 163; Steiner Stjernø, Solidarity in Europe: The History of an Idea, Cambridge 2004; Id., The idea of solidarity in Europe, in: European Journal of Social Law 3 (2011), pp. 156 – 176; Heinrich Pesch, On Solidarist Economics: Excerpts from Lehrbuch der Nationalökonomie, trans. Rupert J. Ederer, Lanham/New York/Oxford 1998; Anton Rauscher, Grundlegung und Begriffsgeschichte des Solidaritätsprinzips, in: Id. (ed.), Die soziale Dimension menschlichen Lebens, St. Ottilen 1995, pp. 1 – 17; Thomas D. Williams, The World As It Could Be: Catholic Social Thought for a New Generation, 2011. No one of my sources would likely endorse the totality of my synthesis, but each will see something of their own work more or less represented in it. 4 Russell Hittinger, The Coherence of the Four Basic Principles of Catholic Social Principles: An Interpretation, in: Pursuing the Common Good: How Solidarity and Subsidiarity Can Work Together, Pontifical Academy of Social Sciences, Vatican City 2008, pp. 87 – 89. John Paul II posits the subjectivity of a society sufficient for it to count as a bearer of rights and responsibilities to the extent that a society can do harm or be harmed in the moral sense of the term. John Paul II, Encyclical Centesimus annus, 1st May 1991, no 13.

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a range of gifts and talents of variable strength and weakness. Equality of belonging comes with membership. Equality of contribution is not required. It should be evident that not all groups or associations constitute a solidarity. In some cases, people join with one another in order to realize personal interests simply by establishing relationships of mutual interdependence. For this sort of group identity it is enough that the members contract with one another, as it were, for utilitarian purposes. Of themselves utilitarian bonds fall short of solidaristic unity. By contrast, it is especially distinctive and essential to solidarities that the members experience their solidarity as something to be enjoyed as a good in itself5. They consider it something noble or honorable. They celebrate it with rituals, remembrances, ceremonies, distinctive dress or songs, and so forth. A solidary group can be small or large: a family, labor union, political party, nation-state, or a church. Some even speak as though the body of mankind were a subject of solidary unity. Especially important in the dynamics of solidarity is the notion of co-responsibility; it is a point often overlooked. Just as each member of the community benefits from or draws upon the community’s resources, each also contributes to the fund of common goods. It requires on the part of its members a formal love of the common good. People in solidarity with one another will desire for themselves those social and political conditions that allow for the flourishing of each human person encompassed by that country or community. Much solidarity talk overlooks the reality that although the idea predominantly reflects its attribute of inclusion, it also entails the corresponding attribute of exclusion. Even as a group of people constitutes itself as an “us”, it necessarily separates itself from a “them”. Experience shows that the cohesive unity of solidarities are more or less elastic with respect to their capacities for inclusion, integration, and assimilation. When applied to the realities of immigration, especially in the hard cases of refugees, asylum seekers, and unauthorized immigrants, assessing the elasticity of the solidarity of host community is of critical importance. Not every community has the economic and social resources or the political readiness for integrating immigrant populations without jeopardizing its own internal solidarity. When it comes to assimilation, the requirements of social solidarity can range between a tight homogeneity and an open diversity. Compare Japanese homogeneity with American diversity. A solidarity’s expectations can take either of two forms of assimilation. Irenic assimilation expects a high level of sameness in the cultural conformity of its members. Immigrants, for instance, would be expected to closely adhere to the social and cultural ways of the welcoming group. By contrast, in agonistic integration, the solidarity would integrate aliens who can be expected to continue a good measure of beliefs, norms and practices customary in their homeland. Insofar as assimilation allows for a wide latitude of diversity, the social solidarity re-

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Stjernø, Solidarity in Europe (Fn. 3), p. 17.

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flects a culture of freedom that is comfortable with competition for influence and hegemony among diverse ways of life. How much alien diversity can a solidarity’s essential identity tolerate is often a tough political decision. Whether intent on maintaining its own internal integrity or extending and enriching its identity by embracing outsiders, a solidarity is liable to two sorts of danger. As we illustrated in the introduction, a community’s concern for maintaining the solidity of its solidaristic unity can give way to the centripetal forces of intolerance to strangers and indifference to the desperate plight of fellow human beings. And from the opposite direction, ill-considered confidence in the expansive and inclusive capacities of community can over-tax a community’s material resources and underestimate the vitality of the internal social and communal bonds of trust and cooperation necessary for integrating and assimilating aliens into the host’s social fabric. Prudent estimation of the elasticity of a community’s solidarity ought to be an essential element in public discussions of immigration policy. II. Origins of the Idea of Solidarity Consideration of solidarity as a sociological category arose in the last half of the nineteenth century. This is not to say that the reality or phenomenon named by the word solidarity did not exist. Quite to the contrary. We can find the basic notion in Aristotle’s reflections on the integrity of political order which is perfected in what he would call citizen friendship. In fact, Aristotle considered the bond of civil friendship one of the great fruits of mankind’s characteristic rationality6. He wrote that “it is a peculiarity of humans, in contrast to other animals, to have perceptions of good and bad, just and unjust, and the like. Community in these things makes a household and a city”7. His point is that human society, extending from the family to the polity, consolidates around shared beliefs as to what is “good and bad and right and wrong”. Such speech gives people a common world, a world that is articulated in both its material and moral intelligibilities. Shared articulation of fundamental beliefs about basic values transforms a group of people into something more than the mere collection of individuals. No doubt we all have some experience of this social alchemy. Civic identity is more than a mere idea or feeling. It is a genuine mutual recognition which is experienced in a sense of “we” or “us” among members of the group. It is the object of piety, and for many a source of pride8. The life blood of all such shared sense

6 Aristotle, Nicomachean Ethics, 8.9; 1159b26 – 30; see Thomas C. Kohler, Structuring Subsidiarity, Grounding Solidarity, in: Anton Rauscher (ed.), Besinnung auf das Subsidiaritätsprinzip, Berlin 2015, p. 221 (224). 7 Aristotle, Politics, 1.2; 1253a13 – 17. The Politics of Aristotle, trans. Peter L. Phillips Simpson, Chapel Hill/London 1997, p. 11. 8 Consider how the identity of a family or a country is maintained and passed on in its memories, traditions and customs, and its rule of law. The identity is fostered in the practices of socialization and education. It is celebrated in local and national festivals, holidays, and

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of unity is affirmation of what is honorable and shameful, just and unjust, steadfast and fickle, noble and ignoble, trustworthy and false. What Aristotle expresses here is a social sensibility that despite undergoing myriad permutations and revisions endured through the Renaissance well in the seventeenth century. The French Revolution can serve as a convenient marking point for when things changed. As one scholar put it: “traditional feelings of togetherness and social bonds were torn apart in the process that gave birth” to modernity’s novus ordo saeculorum9. French revolutionary practice swept aside traditional institutions in which people had hitherto found their social identity and sense of belonging. Revolutionary movements of the eighteenth and early nineteenth centuries overturned pre-existent social orders and established new modern political orders. After the fervor the revolutionary conflicts, there seems to have set in a widespread felt absence of social bonds that united individuals into communities of belonging and participation grounded in the sort of conversation and celebration that Aristotle thought “made the household and the city”. Solidarity discourses arose in response to this felt absence. For the most part it was the early founders of sociology who, in the nineteenth century, introduced the idea of solidarity as a way to restore to theory and practice an ethical basis for social cohesion10. It is important to realize that these thinkers were not interested in restoring the old social order. The new sociologists had no nostalgia for the traditional social regime. But they did recognize the failed experiment of the new order of things that had no place in it for the cohesive bonding of values that transcended the mutual benefits of social contract theory. Let one example suffice. In his 1897 book, Suicide: A Study in Sociology, Émil Durkheim sought an explanation for the increase of suicide in modern society’s increasing failure to integrate its individual members. He believed that it was necessary for an individual person “to feel himself more solidary with a collective existence which precedes him in time, which survives him, and which encompasses him at all points”. Durkheim considered the disintegrating forces of individual egoism to be “the moral poverty” of our age11. The sociologist’s answer to the problem was the idea of solidarity. To regain sight of the golden thread of social cohesion and recapitulate it in a modern idiom was a great historical achievement of the new human science of sociology. public rituals. Countries typically recollect founding moments with its stories of signal persons, places, and events kept alive in its legends and history. 9 Stjernø, Solidarity in Europe (Fn. 3), p. 1. 10 Among the more prominent were Charles Fourier (1772 – 1838), Pierre Leroux (1797 – 1871), Auguste Comte (1798 – 1857), Émil Durkheim (1858 – 1917), Georg Simmel (1858 – 1918), and Max Weber (1864 – 1920). 11 Émil Durkheim, Suicide: A Study in Sociology, ed. G. Simpson, trans. John A. Spaulding/George Simpson, Glencoe, Illinois 1951, pp. 373 – 374, 390 – 391, cited in http://durk heim.uchicago.edu/Summaries/suicide.html (consulted: 2 January 2020); see Steven Lukes, Émil Durkheim: His Life and Works: A Historical and Critical Study, New York/London 1972, Ch. 6, pp. 191 – 225.

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III. The Personalist Dimension In this section I wish to complement the above sociological depiction of the structure and attributes of the solidary community by describing the personalist dimensions of the solidaristic mindset. The question here is how is the ethical virtue of solidarity manifested in interpersonal encounters? The philosopher Józef Tischner12, in his capacity as chaplain to the Polish Solidarity movement, developed in various addresses and sermons an insightful vision of what it means to live one’s life in the spirit of solidarity, particularly in stressful times. Tischner does not think that solidarity discourse should be confined to the formal structure of some definition or “ready-made theory”13. He considers solidarity to be an idea and not a concept. In his vocabulary, an idea is like a light illuminating what lies before us. It uncovers those intelligibilities that would otherwise remain in the dark. The idea of solidarity illuminates something of the mystery of what it means for us to be human persons. “Solidarity establishes specific, interpersonal bonds; one person joins with another to tend to the one who needs care. I am with you, you are with me; we are together – for him. We – for him”14. Finding oneself, together with others, and extending ourselves in solicitude “for the wounded stranger on the road” is a way of realizing that our community life is more extensive and rich than we might have imagined. We might say that “we,” in extending a hand to “him”, have brought both parties into a larger whole. Bonds of trust are the glue of the enlarged solidarity. These bonds support us as members of a community in entrusting our hopes to the care of one another15. He explains that: “to be in solidarity with a person means to rely on that person, and to rely on a person means to believe that there is something permanent in the person that does not fail”16. He means that there lies in each of us a moral solidity17 – something permanent and unfailing – that justifies our mutual reliance on one another. What is it in us that is permanent and unfailing? The simple answer is that it is what makes a person to be a person. In the experience of solidarity we realize our own freedom and dignity in recognizing other persons. It is not an altogether natural thing to recognize another human being as a per-

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Józef Tischner (1931 – 2000), a Polish priest and philosopher, served as chaplain to Solidarnos´c´, initially a trade union of shipyard workers, which grew into a massive Polish social movement. He was a powerful voice in the Polish opposition to the Communist domination of Poland. For some 30 years Józef Tischner was a colleague and collaborator with Bishop Karol Wojtyła/Pope John Paul II. 13 Tischner (Fn. 2), pp. 5 – 6. 14 Ibid., p. 9. 15 Ibid., pp. 67 – 69. 16 Ibid., p. 7. 17 Observing the common etymology of moral solidity and social solidarity enriches both terms. I am grateful to Chad Engelland for this observation.

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son of inestimable dignity. There is much in our personal make-up that can make such recognitions difficult. An act of solidarity is “a social form of love”. It is “a decision to cooperate in (another person’s) realization”; it is the response to the intrinsic dignity of a person on the periphery18. “To recognize a person means preeminently to restrain one’s own potentially unlimited urge for self-expansion. It means to resist the inclination to see the other only as a factor in one’s own life-project”19. It would require, as it were, that I remove myself from having to be the center of my world. By marginalizing myself, I would permit the other person to appear in himself as someone who is more than a problem, pleasure, or utility. The other person, in the presence of his need, begins to appear as “one of us”. It is important to note how in this primal moment of solidarity, my solicitude for the other person is rendered immediately, out of something analogous to friendship or brotherly love. It is not hard to imagine how in such moments of solidarity one might experience the deep satisfaction of being in communion with others. Tischner also describes solidarity as an “ethic of conscience”.20 He characterizes the moral conscience as the “knack for reading the road signs” along life’s path, the capacity that Benedict XVI called the “listening heart”21. He uses Jesus’s parable of the Good Samaritan as an exemplum of solidarity. Hearing the cry of some socially alienated, harmed, or neglected human being is the spur to solidaristic action. The initial moments of hearing a cry from the periphery and our own answering recognition is completed in the mutual response that aims at incorporating him into us22. One does not get behind solidarity’s recognition and impulse toward integration and assimilation of “him” with “us”. They are immediate and self-justifying. Robert Spaemann says something comparable with his koan-like remark that “when someone calls ‘Give me something eat! I am hungry!’ nobody will ask why she wants to be rid of … her hunger”23. The immediate response is obvious to a child-like mind. The question is not “Why feed a hungry woman?” It is obvious why … because she is hungry. The question, if there is one, is: “Why not to feed her?” Sorting out the good reasons why-not to from the rationalizations is ingredient in what Tischner calls solidarity’s ethic of conscience. 18 Rocco Buttiglione, Introduction to the Third Polish Edition of The Acting Person, in: Id., Karol Wojtyla: The Thought of the Man Who Became Pope, trans. Paolo Guietti/Francesca Murphy, Grand Rapids/Cambridge 1997, p. 363. 19 Robert Spaemann, Persons: The Difference between Someone and Something, trans. Oliver O’Donovan, Oxford 2006, p. 186. 20 Tischner (Fn. 2), p. 6. 21 Benedict XVI, The Listening Heart: Reflections on the Foundations of Law, Address to the German Bundestag, 22 September 2011. 22 Tischner (Fn. 2), p. 9. 23 Spaemann (Fn. 19), p. 46.

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The Samaritan moment goes to the heart of Tischner’s reflections on solidarity. It is also a preeminent concern in Catholic social teaching on the topic. It is not so predominant in all solidarity discourses. The sociologists’ more theoretical discussions are less concerned with forging bonds with persons suffering on the periphery. They focus instead on how is it that social relationships come to be solidary in character, and how this process can be reinforced for the common good24. Even in Christian theological and pastoral discourse when it trades in abstract moral principles and institutional solutions, solidarity talk sometimes seems more sociological, even political, than personalist. The personalist perspective is regulative when the primary concern is growing the network of interpersonal relationships that have the character of face-to-face encounters where one, as it were, calls the other by name. Engaging people in projects, programs, or policies, as important as these institutional programs may be, is not the first response to solidarity’s call of conscience. IV. Solidarity & Immigration: Five Predicaments At this point, I would like to direct the light of the idea of solidarity toward the issue of immigration. When I speak of immigration here, I especially have in mind the influx of immigrants fleeing persecution, natural disaster, poverty, or violence and civil disintegration in their homelands. I will refer to them as the “hard cases”. Many of them are, legally speaking, refugees and asylum seekers; others are unauthorized immigrants who have entered their host country illegally. Responding to the hard cases of immigration forces upon countries such as our own – the United States and Germany – questions as what kind of people we want to be, and what are the costs to society? In what follows, I present five predicaments that beset nations as well as immigrants. One. Migrants have a right to emigrate from their homeland, but they have no right to immigrate to any given country. It is an uncommon instance of a right without a corresponding duty. Nevertheless the idea of solidarity is often invoked in the hard cases as though it imposed an obligation upon the people of a destination country. If the nations of the world do have such an obligation, then I think it is best understood along the lines of Tischner’s call of conscience. How is such a summons of conscience to be heard by the people of a democratic polity? Calls from the pulpit and the moral exhortations of various agencies and interest groups on behalf of the immigrants often tend to undervalue the responsibilities of political and legal authorities for the solidaristic concerns of the citizens who will bear the significant social and economic burdens of receiving refugees into their midst. The political reality is that when, in the name of solidarity, a nation would open its border to an influx of immigrants that same principle of solidarity insists on fostering among the people as a whole the felt sense of “group loyalty and the sharing of resources and burdens”. A 24

Crow (Fn. 3), p. 3.

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simpler way to express the predicament is to say that too often the “we” who in the name of solidarity would open the borders is not the same “we” who would share the burdens of the integration and assimilation. Two. Emigration from a troubled homeland arguably deprives the country of the more able human resources necessary for hope in the homeland’s future. The departure of the more competent countrymen solidifies the suffering of many less able fellow countrymen. It will also weaken the prospects of success for international initiatives on behalf of integral human development in the troubled home country. It is, however, the same principle of solidarity that spurs international development aid that also motivates a destination country’s acceptance of immigrants. Three. Often enough, immigrants want admission to a given country for the sake of some good to be achieved. Yet their presence as immigrants will, to some extent, disrupt the desirable conditions of the country they wish to settle into. Politics if it is to be true to itself will measure solidarity’s call of conscience against the nation’s elasticity and its capacities for integration and assimilation. Care for the immigrant’s human dignity, a universally distributed principle, challenges the strength of a host community’s communal or internal solidarity. A country should be confident of its solidarity when it accepts immigrants. Four. Social and political debate over immigration policy and practices can arouse the antagonist spirits of political advocacy, overwhelming the ideal irenics of deliberation and education. Political debate will often enough devolve into polemical invective, questioning the ethical integrity or political intelligence of the opposing parties. It compromises the spirit of solidarity which should inform a people’s approach to immigrant people, and provide a basis for integration and assimilation. The polemic is poisonous. Five. Concern for justice and the rule of law can override a corresponding care for the human dignity and humane treatment of unauthorized immigrants. Its passion can shut down Benedict XVI’s “listening heart”. Alternatively, appellants for “the stranger among us” can seem to give little but lip service to concern for civil justice and rule of law. Either way, social justice is counter-poised to legal justice and the rule of law. Yet the social structure of solidarity requires both. It is too easy to say that the dictates of natural law or social justice should trump the requirements of legal justice and civil law. Or vice versa. The irony is that refugees, asylum seekers, and unauthorized immigrants are fleeing countries where rule of law and systems of legal justice have collapsed. These are also countries too often deaf to appeals to social justice or natural law. V. Concluding Note The idea of solidarity illuminates the personalist and communitarian values at issue in facing the hard cases of immigration. The problem is that this light does not often easily resolve the issue of what to do. The solidarity of a community is

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an elastic property that is open to a spirit of greater inclusivity as well as to the need to resist ill-advised expansion for the sake of civil comity or security. Responsible appeal to the solidarity of a community would build on assessments the people’s political will and their self-understanding of the social and economic burdens they will be expected to bear. In addition, moral leadership would, when needed, be capable of summoning citizens to the ideals they hold as a people. This would be, I suppose, something like the communitarian version of Tischner’s personalist call of conscience25. Zusammenfassung Nach einem Abriß über die Geschichte des Prinzips der Solidarität thematisiert der Beitrag den Grundsatz aus zwei Perspektiven. Zum einen wird es als soziologische Kategorie betrachtet. Sodann wird das Prinzip aus der personalistischen Perspektive erörtert, nämlich als eine ethische oder spirituelle Disposition des Herzens, die sich besonders der Menschen am Rande der Gesellschaft annimmt. Am Ende zeigt sich, wie das Prinzip der Solidarität im Hinblick auf die Herausforderungen der Migration (sowohl für die betroffenen Staaten wie für die Migranten) einerseits Ermutigung vermittelt, andererseits aber zur Vorsicht mahnt.

25 I am grateful to my colleague Prof. Dr. Chad Engelland and to Therese Chicherio Frank for criticisms and suggestions that have improved this essay.

Pflichten und Grenzen der Solidarität Zur Rolle des Staates in der Migrationsethik Von Manfred Spieker I. Der Herbst 2015 Herbst 2015, das sind nicht enden wollende Flüchtlingsströme, die über den Balkan nach Mitteleuropa ziehen, schlammige Camps in Griechenland, überfüllte Züge durch Mazedonien und Serbien nach Kroatien und Österreich, lange Fußmärsche über grüne Grenzen noch im nebligen November, Polizeisperren und Zäune an der ungarischen Grenze und „Welcome“-Transparente an bayerischen Bahnhöfen. Herbst 2015, das ist die Entscheidung von Angela Merkel am 4. September, die deutsch-österreichische Grenze zu öffnen und die Flüchtlinge ohne Kontrolle einreisen zu lassen, eine Entscheidung, die den Parlamentsvorbehalt ignorierte, der gebietet, daß Entscheidungen der Regierung, die das ganze Gemeinwesen betreffen, im Parlament entschieden werden1. Herbst 2015, das sind die Anstrengungen der Kommunen, der Pfarrgemeinden und freiwilliger Organisationen in Deutschland, Quartiere, Personal und finanzielle Mittel zur Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge bereitzustellen. Fast 1,5 Millionen Flüchtlinge strömten 2015 und 2016 nach Europa. Wo auch immer sie die Grenzen der EU erreichten, die meisten wollten nach Deutschland. 1,2 Millionen beantragten in Deutschland Asyl. Die meisten kamen aus Syrien und dem Irak. Jeweils Tausende aus Afghanistan, Pakistan, Nigeria, Eritrea, dem SüdSudan, dem Iran und nicht zur EU gehörenden Balkanstaaten. Syrer und Iraker flohen vor dem Terror des „Islamischen Staates“, Afghanen vor dem Terror der Taliban, Nigerianer vor dem Terror von Boko Haram, viele vor der Armut und der Perspektivlosigkeit in Afrika, in den Balkanländern Serbien, dem Kosovo, Albanien und Mazedonien, aber auch in den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens, in denen sie zumindest Sicherheit gefunden hatten. Daß die meisten nach Deutschland wollten, lag nicht nur an der offenen Grenze, sondern auch am weit ausgebauten rechtlichen und materiellen Schutzsystem für Flüchtlinge mit seinen Leistungen für Asylbe1 Dietrich Murswiek, Nationalstaatlichkeit, Staatsvolk und Einwanderung, in: Otto Depenheuer/Christoph Grabenwarter (Hrsg.), Der Staat in der Flüchtlingskrise. Zwischen gutem Willen und geltendem Recht, Paderborn 2017, S. 123 (136 f.). Vgl. auch Hans-Detlef Horn, Grenzschutz im Migrationsrecht. Es geht nicht nur um innere Sicherheit, in: ebd., S. 140 (150): „Grenzöffnung und Grenzkontrolle sind parlamentarisches, nicht exekutivisches Hausgut“.

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werber sowie an den in Deutschland bereits vorhandenen Diasporagemeinden, die Menschen der eigenen Nation oder Konfession anzogen. Rund 70 % der Flüchtlinge waren Muslime, rund 18 % Christen, 5 % Jesiden. Im Irak wurden die Christen fast vollständig vertrieben2. Zu dieser Völkerwanderung gehörten auch die überfüllten Boote afrikanischer Flüchtlinge, die das Mittelmeer überqueren wollten, um nach Italien zu gelangen. Viele der nicht selten seeuntauglichen Schiffe wurden auf offener See von den Schleppern im Stich gelassen, weil diese auf die Hilfsbereitschaft der Schiffe der italienischen Küstenwache, der Europäischen Grenzschutz-Agentur Frontex oder freiwilliger Hilfsagenturen spekulierten. Ungewollt wurden diese Schiffe zu einem Glied in der Schleuserkette. Für Tausende wurde das Mittelmeer zur tödlichen Falle. Das Foto von der Leiche des am 2. September 2015 in der Ägäis ertrunkenen dreijährigen syrischen Jungen an der türkischen Küste nahe Bodrum ging als Mahnruf um die Welt. Das Grenzregime der EU war der neuen Völkerwanderung nicht gewachsen3. Weder die Dublin III-Verordnung, nach der das EU-Land für ein Asylverfahren zuständig ist, das ein Asylbewerber zuerst betritt, hielt dem Ansturm stand, noch die Schengen-Regelung, nach der Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen den EUStaaten entfallen und nur noch die Außengrenzen kontrolliert werden sollten. Da der Schutz der Außengrenzen nicht funktionierte, war die Kontrolle der Binnengrenzen für mehrere EU-Staaten die logische Konsequenz. Die Bundesregierung brauchte lange, bis sie das Scheitern dieses Grenzregimes akzeptierte. Angela Merkel behauptete noch im Oktober 2015, daß die Grenzen nicht geschlossen werden könnten4, obwohl es Anfang September im Bundesinnenministerium fest vorbereitete Grenzschließungspläne gab5. Die ungeregelte Einwanderung in die EU stellte aber nicht nur das Grenzregime von Dublin III und Schengen, sondern den Zusammenhalt der EU selbst in Frage. Sie war ein wesentlicher Grund für die Entscheidung der Mehrheit der Briten am 23. Juni 2016, aus der EU auszutreten6, und für die Weigerung der mitteleuropäischen Staaten Polen, Ungarn, Slowakei und 2 Kirche in Not (Hrsg.), Christen in großer Bedrängnis. Diskriminierung und Unterdrückung, Dokumentation 2016, München 2016, S. 71 ff. 3 Michael Tetzlaff, Rechtspolitischer Kommentar: Zukunftsperspektiven der Rechtsentwicklung. Die Vorstellungen von Bundesregierung und Europäischer Kommission zur weiteren Ausgestaltung des Ausländer- und Asylrechts, in: Arnd Uhle (Hrsg.), Migration und Integration. Die Migrationskrise als Herausforderung des Rechts, Berlin 2017, S. 77. 4 In der Talkshow von Anne Will am 7. Oktober 2015. Ihr widersprach Rupert Scholz, Da liegt die Bundeskanzlerin falsch, Interview mit dem Tagesspiegel vom 15. Oktober 2015. Widerspruch auch von Otto Schily, in: Welt am Sonntag vom 30. Dezember 2017. 5 Minutiös ausgearbeitetes Protokoll der Grenzöffnung in: Die Zeit vom 18. August 2016. Vgl. dazu auch Robin Alexander, Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik: Report aus dem Inneren der Macht, München 2017. 6 Nach Anthony Glees verhielt sich Deutschland wie „ein nur noch von Gefühlen gelenkter ,Hippie-Staat‘. In Großbritannien herrsche der Eindruck, die Deutschen hätten den Verstand verloren“, zitiert in Walter Krämer, Dem Willkommensrausch folgt der Kater, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 21. September 2015, S. 18.

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Tschechien, die in Brüssel auf deutschen Druck hin beschlossene Umverteilung der Flüchtlinge zu akzeptieren. Sie sahen darin im Gegensatz zur EU-Kommission, zu den Regierungen der Ankunftsländer Italien, Griechenland, Malta und Spanien sowie vor allem zur Bundesregierung keine Pflicht europäischer Solidarität7. Die ungeregelte Einwanderung war zugleich Motor für die Ausbreitung nationalistischer und europafeindlicher politischer Parteien, die in zahlreichen Ländern in die Parlamente einzogen und in Italien auch schon an der Regierung beteiligt sind. II. Solidarität und Nächstenliebe Was gebietet die Solidarität angesichts der neuen Völkerwanderung? Ein Schuldbekenntnis, daß Europa mitverantwortlich sei für die Gewaltverhältnisse, die die Migration verursachen8, und daß es nun „eine historische Rechnung“ für die Ausbeutung seiner Kolonien bezahle9 ? Die Grenzen zu öffnen und jeden aufzunehmen, der einreisen will? Verteilungsquoten für die eingereisten Flüchtlinge zu akzeptieren? Schiffe ins Mittelmeer zu entsenden und die geretteten Flüchtlinge nach Europa zu bringen? Ist die Strategie der vier Imperative „Aufnehmen, Schützen, Fördern, Integrieren“, die die 20 Handlungsschwerpunkte des Heiligen Stuhls für die beiden Abkommen (Global Compacts) der Vereinten Nationen zu Flüchtlingen und Migranten und auch die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag 2018 sowie seine Rede in einem Caritas-Zentrum für gestrandete Migranten in Marokkos Hauptstadt Rabat am 30. März 2019 bestimmt haben10, ein Gebot der Solidarität, mithin eine logische Konsequenz der katholischen Soziallehre? Ist die Begrenzung der Einreise von Flüchtlingen in die EU und die Kontrolle der Migranten eine gegen das Solidaritätsprinzip verstoßende Abschottung der EU? Gibt die Bibel die Antwort vor, wie ein Pastoraltheologe suggerierte, der den ungarischen Bischof Laszlo Kiss-Rigo kritisierte, weil dieser in der Flüchtlingspolitik

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Die Quotenregelung war, so Jasper von Altenbockum, „seit ihrer Erfindung in Berlin ein Hemmschuh auf dem Weg zu einer neuen europäischen Asylpolitik (…). Die deutsche Linie war alles andere als kluge Politik: Deutschland feierte seine Willkommenskultur und verlangte von den Nachbarn eine Pflicht zur Aufnahme. Nur Griechenland, Italien und Spanien, die wichtigsten Ankunftsländer, konnten damit etwas anfangen, die restlichen EU-Mitglieder mußten sich vorkommen wie die Filialen großspuriger Menschheitsbeglückung. Drei Jahre lang hat sich in der EU deshalb nichts bewegt.“ (in: FAZ vom 19. Oktober 2018). 8 Marianne Heimbach-Steins, Europa und Migration. Sozialethische Denkanstöße, Köln 2016, S. 7. 9 Paul M. Zulehner, Entängstigt euch! Die Flüchtlinge und das christliche Abendland, Ostfildern 2016, S. 126 f. 10 S. https://migrants-refugees.va/wp-content/uploads/2019/03/20-Handlungsschwerpunktef%C3 %BCr-die-Global-Compacts.DE_.pdf (Zugriff: 2. Januar 2020); Franziskus, Menschen auf der Suche nach Frieden, Botschaft zum Weltfriedenstag 2018, in: L’Osservatore Romano (deutsch) vom 1. Dezember 2017, S. 8 f.; ders., Rede in einem Caritas-Zentrum für Migranten in Rabat am 30. März 2019, in: L’Osservatore Romano (deutsch) vom 5. April 2019, S. 8.

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nicht die Position von Papst Franziskus, sondern die des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban geteilt hatte?11 Was ist Solidarität? Solidarität ist ein Bewußtsein wechselseitigen VerbundenSeins und Verpflichtet-Seins. Der Begriff kommt vom lateinischen „solidare“ und meint verstärken, verdichten, fest zusammenfügen. In der politischen Philosophie und in der Sozialethik bringt der Begriff die Tatsache zum Ausdruck, daß die Menschen aufeinander angewiesen sind – nicht nur in Familie und Gemeinde, sondern auch in Gesellschaft, Staat und internationalen Beziehungen. Dieses Aufeinander-Angewiesen-Sein ist nicht allein negativ zu verstehen, als seien die Menschen nur deshalb aufeinander angewiesen, weil sie nur so ihre jeweiligen Schwächen und Defizite ausgleichen können. Die positive Perspektive: Sie sind auch aufeinander angewiesen, um ihre Anlagen und Fähigkeiten in die sozialen Beziehungen einzubringen und einander zu bereichern. Jeder Mensch ist nicht nur Mängelwesen12 oder Bettler, sondern auch Mäzen, auf Hilfe angewiesen, aber auch „für das Geschenk geschaffen“13. Solidarität ist wie die Subsidiarität eine zentrale Möglichkeitsbedingung des Gemeinwohls. Sie ist, schrieb Johannes Paul II. in seiner Enzyklika Sollicitudo rei socialis 1987, „nicht ein Gefühl vagen Mitleids oder oberflächlicher Rührung wegen der Leiden so vieler Menschen nah und fern“, sondern „im Gegenteil, … die feste und beständige Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl einzusetzen“14. Das Gemeinwohl ist die Gesamtheit der politischen und sozialen Möglichkeitsbedingungen der personalen Entfaltung des menschlichen Lebens. Solidarität ist nicht dasselbe wie Nächstenliebe. Sie ist „ihrer Tendenz nach utilitaristisch … Solidarität rechnet mit Solidarität, Nächstenliebe rechnet nicht“15. Alle Systeme der Kranken-, Unfall- und Altersversicherung im Sozialstaat der Bundesrepublik Deutschland dokumentieren diese „rechnende“ Solidarität. Solche Versicherungssysteme beschäftigen denn auch eher Mathematiker als Theologen oder Philosophen. Solidarität strebt deshalb nach Regelhaftigkeit und rechtlicher Verfassung. Auch rechtliche Regelungen der Migration oder „Solidaritätszuschläge“ in der Einkommens- und Körperschaftssteuer zur Bewältigung der Probleme der Wiedervereinigung Deutschlands beruhen auf dieser rechnenden Solidarität. Solidarität ist sowohl eine Tugend als auch ein Strukturprinzip staatlicher Ordnung. Sie ist die Fähigkeit und die Bereitschaft des Einzelnen, die Würde und die Rechte der Mitmenschen anzuerkennen und diese Anerkennung in der eigenen 11 Zulehner (Fn. 9), S. 99. – Auch im Streit um die Nachrüstung der NATO in den 1980er Jahren meinte Zulehner, seine pazifistische Position mit der Bibel begründen zu können, in: Kirche – Gottes Friedensbewegung auf Erden, München 1984, S. 25 ff. 12 So die berühmte Formulierung von Arnold Gehlen, Anthropologische Forschung. Zur Selbstbegegnung und Selbstentdeckung des Menschen, Reinbek 1961, S. 46 ff. 13 So Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in Veritate vom 29. Juni 2009, Nr. 34. 14 Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo rei socialis vom 30. Dezember 1987, Nr. 38. 15 So Josef Isensee, Solidarität – sozialethische Substanz eines Blankettbegriffs, in: ders. (Hrsg.), Solidarität in Knappheit. Zum Problem der Priorität, Berlin 1998, S. 103 f.

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Lebensführung und im Handeln zum Ausdruck zu bringen – auch gegenüber Flüchtlingen und Migranten sowie seitens der Migranten gegenüber der Gesellschaft des Aufnahmelandes16. Zugleich ist Solidarität ein Ordnungsprinzip in Gesellschaft und Staat, das der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit dient. Deshalb hat die Rechts- und Verfassungsordnung eines Staates Strukturen und Institutionen vorzusehen, die geeignet sind, Solidarität unabhängig von täglichen Willensentscheidungen des Bürgers zu realisieren. Nicht nur die Institutionen der Sozialversicherung, auch zahlreiche andere Institutionen von den Bildungseinrichtungen und der Schulpflicht über die Streitkräfte bis hin zu den Finanzämtern sind eine logische Konsequenz des Solidaritätsprinzips. Der Staat als der größte verfaßte Solidarverband ist selbst Ausdruck der Solidarität. Er wird konstituiert durch ein Volk, ein umgrenztes Territorium und eine Verfassung, der eine gemeinsame Idee von Freiheit, Gerechtigkeit und politischer Willensbildung zugrunde liegt, sowie durch eine entscheidungs- und durchsetzungsfähige Staatsgewalt. Der Staat ist ebenso Bedingung wie Ergebnis einer funktionierenden Rechts- und Verfassungsordnung. Die Flüchtlinge im Herbst 2015 flohen aus Staaten, die ihrer Ordnungsfunktion nicht gerecht wurden, in Staaten, deren Rechts- und Verfassungsordnung funktionierte und in der Lage war, ihnen Schutz zu bieten. „Flüchtlinge überwinden … nicht nur Grenzen, sie flüchten, wenn sie Schutz vor Verfolgung suchen, gerade auch hinter eine Grenze, weil nämlich nur eine territorial umgrenzte Herrschaft ein realistisches Schutzversprechen abgeben kann“17. Der weit verbreiteten Ansicht, „Grenzen, die nicht für alle Menschen durchlässig sind“, seien eigentlich überholt und jedenfalls „inhuman“, ist entgegenzuhalten, daß es einen Staat ohne Grenzen und ohne Grenzregime nicht geben kann und daß Rechtssicherheit nur von Institutionen gewährleistet werden kann, die für ein definiertes Gebiet zuständig sind18. Die Kontrolle der Staatsgrenzen ist deshalb eine conditio sine qua non, um die neue Völkerwanderung zu bewältigen. III. Kirchliche Stellungnahmen zur neuen Völkerwanderung In den kirchlichen Stellungnahmen zur neuen Völkerwanderung bleibt das Erfordernis einer Grenzkontrolle aber ein blinder Fleck. Sie ermangeln einer sozialethischen Perspektive, deren Fokus auf den institutionellen Möglichkeitsbedingungen einer Schutz bietenden Grenze und eines Grenzen sichernden demokratischen Rechtsstaates liegt19. Das gilt für die Leitsätze der Deutschen Bischofskon16 Josef Isensee, Was wir fordern dürfen, in: FAZ vom 4. Februar 2016, S. 8; Richard Schröder, Was wir Migranten schulden – und was nicht, in: FAZ vom 15. August 2016, S. 6. 17 Klaus F. Gärditz, Die Ordnungsfunktion der Staatsgrenze: Demokratizität, Liberalität und Territorialität im Kontext, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg, Fn. 1), S. 105 (108). 18 Schröder (Fn. 16). 19 Eine „religiös-gesinnungsethische Überhöhung der getroffenen Regierungsentscheidungen“ wirft Franz-Josef Bormann, Migration und terroristische Angriffe. Ein moraltheolo-

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ferenz zum Engagement für die Flüchtlinge ebenso wie für die Stellungnahmen von Papst Franziskus und die 20 Handlungsschwerpunkte, mit denen der Heilige Stuhl Einfluß auf die beiden UN-Abkommen über Flüchtlinge und Migranten nehmen wollte, die bei einer Konferenz der Staats- und Regierungschefs am 10. und 11. Dezember 2018 in Marokko beschlossen wurden. Es dominiert die moralische Perspektive, die Papst Franziskus in den erwähnten vier Imperativen zum Ausdruck brachte: „Aufnehmen, Schützen, Fördern, Integrieren“. „Aufnehmen“ gebiete, so Franziskus, „die Möglichkeiten zur legalen Einreise auszuweiten, Flüchtlinge und Migranten nicht an Orte zurückzuweisen, wo ihnen Verfolgung und Gewalt drohen“. „Schützen“ gebiete, „die unantastbare Würde all jener, die vor einer realen Gefahr fliehen und Asyl und Sicherheit suchen, anzuerkennen und zu wahren“. „Fördern“ gebiete „die Unterstützung bei der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung von Migranten und Flüchtlingen und … Zugang zu allen Stufen der Bildung“. „Integrieren“ gebiete, „den Flüchtlingen und Migranten zu ermöglichen, voll und ganz am Leben der Gesellschaft, die sie aufnimmt, teilzunehmen“20. Diese vier Imperative sind nicht falsch. Sie enthalten Pflichten, die sich aus dem Solidaritätsprinzip ergeben, um die neue Völkerwanderung zu bewältigen. Aber sie sind unvollständig. Sie ermangeln einer Reflexion auf das Subjekt, das in der Lage sein muß, aufzunehmen, zu schützen, zu fördern und zu integrieren. Dieses Subjekt ist zunächst einmal nicht die Zivilgesellschaft, sondern der Staat, im Falle der europäischen Zielländer der neuen Völkerwanderung der demokratische Rechtsstaat. Erst wenn seine Ordnungsfunktion und seine Stabilität gesichert sind, rückt die Zivilgesellschaft in den Blick. Erst dann können die vier Forderungen erhoben werden, Flüchtlinge aufzunehmen, zu schützen, zu fördern und zu integrieren. Die Ordnungsfunktion zu sichern bleibt eine staatliche und somit politische Aufgabe. Franziskus spricht zwar von der „Sorge um die nationale Sicherheit“, die mit der Wahrung der Menschenrechte „ins Gleichgewicht zu bringen“ sei21 und von den „Ressourcen, die stets begrenzt sind“22. Aber er vermeidet es zu fragen, ob sich daraus Konsequenzen für eine Relativierung der vier Imperative ergeben. Auch die 20 Handlungsschwerpunkte des Heiligen Stuhls vermeiden es, auf das Problem eines Widerspruchs zwischen der Sicherung der staatlichen Ordnungsfunktion und der Öffnung der Grenzen für alle Flüchtlinge und Migranten einzugehen. Sie erwähnen zwar das Recht jedes Staates, „seine Grenzen zu verwalten und zu kontrollieren“23, lassen aber offen, ob dies dazu führen kann, daß ein Staat auch Flüchtlinge und Migranten abweisen kann. Angesichts der 68,5 Millionen Mengischer Blick auf neue Sicherheitsprobleme, in: Die Neue Ordnung 72 (2018), S. 7, den Kirchenleitungen vor. 20 Franziskus, Botschaft zum Weltfriedenstag 2018 (Fn. 10), Nr. 4. In seiner Rede im Caritas-Zentrum für Migranten in Rabat am 30. März 2019 (Fn. 10) erläuterte Papst Franziskus erneut die vier Imperative. 21 Ebd. 22 Ebd., Nr. 1. 23 Migrants/Refugees (Fn. 10), Nr. 4.

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schen, die nach Angaben der Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen Ende 2017 auf der Flucht waren24, und eines Potenzials von 250 Millionen, die an Migration interessiert sind, ist die Frage nach der Relativierung dieser Imperative unvermeidbar. Auch wenn die Zahl des UN-Flüchtlingkommissars um die Flüchtlingsströme in Lateinamerika und Asien vermindert wird, verlangt die Frage angesichts der Millionen, die aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten in die EU drängen, eine Antwort. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat die Antwort ebenso nüchtern gegeben wie der grüne Oberbürgermeister von Tübingen Boris Palmer. Gauck sagte am 27. September 2015 in Mainz: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich“ und „unsere Aufnahmekapazität ist begrenzt“ und Palmer schrieb ein Buch mit dem Titel „Wir können nicht allen helfen. Ein Grüner über Integration und die Grenzen der Belastbarkeit“25. IV. Flüchtlinge und Migranten Welche Gründe sprachen gegen eine Öffnung der Grenze für die Völkerwanderung? Welche Gründe sprachen und sprechen auch weiterhin gegen das undifferenzierte Aufnehmen, Schützen, Fördern und Integrieren, mithin für die Kontrolle der Grenze und die Unterscheidung der Flüchtlinge? Der erste Grund: Die Notwendigkeit, zwischen Verfolgten, Kriegsflüchtlingen und Migranten zu differenzieren. Diese Differenzierung ist die Voraussetzung, um bei der Bewältigung der Völkerwanderung sowohl der Not der Flüchtlinge als auch dem Recht und der Pflicht jedes Staates auf Kontrolle seiner Grenzen, mithin dem Gemeinwohl des Einwanderungslandes gerecht zu werden. Davon aber wollten die 20 Handlungsschwerpunkte des Heiligen Stuhls nichts wissen. Sie forderten im Gegenteil, man solle sich „bei den Verhandlungen und bei der Ausarbeitung der Textentwürfe um eine größtmögliche Harmonie zwischen den beiden Global Compacts bemühen“, weil es oft schwierig sei, „eine klare Unterscheidung zwischen Migranten und Flüchtlingen zu treffen“26. Dem ist entgegenzuhalten: Die Schwierigkeiten, zwischen Flüchtlingen und Migranten zu unterscheiden, sind kein Grund, diese Unterscheidung zu unterlassen. Wer auf Grund seiner Volks- oder Stammeszugehörigkeit, seiner Rasse, seines Geschlechts oder seiner Religion verfolgt wird, hat das Recht auf Asyl, solange die Verfolgung anhält. Aus dem Recht auf Asyl kann aber kein Recht auf Familiennachzug abgeleitet werden. Ein solches Recht kennt weder Art. 16a GG noch die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Der Familiennachzug in Deutschland ist im Asylrecht und im Aufenthaltsgesetz geregelt, das einer Anpassung bedarf, wenn der Familiennachzug die Zahl der Flüchtlinge von 1,5 auf vier oder fünf Millionen vermehren würde. Die Forderung des Heiligen Stuhls nach einer Familienzusammenführung „einschließlich Großeltern, Geschwistern und 24 S. www.uno-fluechtlingshilfe.de/news/dramatische-entwicklung-setzt-sich-fort-685-mil lionen-menschen-auf-der-flucht-762 (Zugriff: 2. Januar 2020). 25 München 2017. 26 Migrants/Refugees (Fn. 10), Nr. 2.

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Enkelkindern“27 ist deshalb nicht nur unrealistisch, sie erschwert auch die Aufnahme von Flüchtlingen. Wer vor einem Krieg flieht, hat das Recht auf Schutz, solange der Krieg dauert, und die Pflicht zur Rückkehr, wenn der Krieg beendet ist. Diese Pflicht ist nicht abhängig vom Grad der Zerstörung bzw. des Wiederaufbaus des Herkunftslandes oder vom Grad der Integration in das Fluchtland. Bei den Kriegen auf dem Balkan nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens Anfang der 1990er Jahre war dies ein bewährter Grundsatz. Armut, wirtschaftliche Not oder die Auswirkungen von Krisen und Kriegen reichen „ebenso wenig für die erfolgreiche Berufung auf das Asylrecht aus wie die Flucht vor politischer Instabilität“28. Wer vor dem Krieg in Syrien und im Irak in ein Flüchtlingslager der Türkei, des Libanon oder Jordaniens geflohen ist, hat dort bereits Schutz gefunden. Wer aus einem solchen Flüchtlingslager weiterzieht nach Europa, „mutiert vom Bürgerkriegs- zum Wirtschaftsflüchtling“. Ihm ist kein Vorwurf zu machen. Sein Verhalten ist „rational und völlig legitim. Ebenso legitim ist es aber, daß potentielle Aufnahmestaaten Schutz vor Verfolgung und (Bürger-) Krieg suchende Flüchtlinge einerseits und Armuts- und Arbeitsmigranten andererseits unterschiedlich behandeln“, daß sie zum Beispiel nur zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilen, Sperrfirsten für Arbeitserlaubnisse vorgeben und keine Integration anstreben. Eine zeitliche und inhaltliche Beschränkung des Schutzes dient nicht nur dem Selbstschutz des Aufnahmelandes, sondern dem Schutz der Flüchtlinge selbst29. Die Forderung in den 20 Handlungsschwerpunkten des Heiligen Stuhls, Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen ein Recht auf freie Wahl ihres Wohnortes und ebenso ein Recht auf Arbeit zu gewähren30, ist weder realistisch noch durch die katholische Soziallehre gedeckt, die kein gegen einen Staat durchsetzbares Recht auf Arbeit kennt31. Diese Forderung schadet dem Schutz der Flüchtlinge. Jeder Staat der EU muß sich deshalb Rechenschaft darüber ablegen, wie er „in Zeiten des Kollapses von ,Schengen‘ und ,Dublin‘ seine Verantwortung wahrnehmen will. Nur dann kann er auch dauerhaft humanitären Ansprüchen genügen. Denn auch die Reichweite eines effektiven Flüchtlingsschutzes ist letztlich eine Funktion der staatlichen Potenz“32. Die Genfer Flüchtlingskonvention räumt 27

Migrants/Refugees (Fn. 10), Nr. 3 und 9. Arnd Uhle, Vorwort, in: ders. (Hrsg., Fn. 3), S. 6, unter Verweis auf BVerfGE (= Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, amtliche Sammlung) 80, 315 (333 ff.). 29 Christian Hillgruber, Flüchtlingsschutz oder (Arbeits-)Migration. Über die Notwendigkeit und die Konsequenzen einer Unterscheidung, in diesem Band, S. 147 ff.; Schröder (Fn. 16): Die Flüchtlinge im Herbst 2015 „kamen überwiegend aus Lagern in für sie sicheren Nachbarländern“. 30 Migrants/Refugees (Fn. 10), Nr. 8 31 Der Staat müßte im Falle der Gewährleistung eines solchen Rechts über Arbeitsplätze verfügen, mithin der freien Wirtschaft ein Ende machen. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus vom 1. Mai 1991, Nr. 48; Päpstlicher Rat Justitia et Pax, Kompendium der Soziallehre der Kirche, Rom/Freiburg 2004, Nr. 291. 32 Eckart Klein, Rechtliche Klarstellungen zur Flüchtlingskrise, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg., Fn. 1), S. 157 (166). 28

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weder ein subjektives Recht auf Migration noch einen Anspruch auf Einreise ein33. Eine universell verbürgte und unbegrenzte Schutzpflicht für alle Flüchtlinge würde, so Udo Di Fabio in seinem Gutachten zur Flüchtlingskrise vom 8. Januar 2016, „die Institution demokratischer Selbstbestimmung und letztlich auch das völkerrechtliche System sprengen, dessen Fähigkeit, den Frieden zu sichern, von territorial abgrenzbaren und handlungsfähigen Staaten abhängt“34. Winfried Kluth nennt in seinem Gutachten für den 72. Deutschen Juristentag 2018 in Leipzig die Begrenzung der Zuwanderung „eine unverzichtbare Bedingung für das Gelingen der Integration und die Gewährleistung einer dauerhaften Akzeptanz humanitären Schutzes in der Gesellschaft“. Es gebe weder im Verfassungsrecht noch im Völkerrecht eine Pflicht zu unbegrenzter Solidarität35. Der Schutz der Handlungsfähigkeit des Aufnahmestaates gebietet die Relativierung der vier Imperative „Aufnehmen, Schützen, Fördern und Integrieren“. Dies gilt aber nicht nur im Hinblick auf die Armuts- und Arbeitsmigranten, bei denen jeder Staat das Recht hat, zu fragen, ob sie Qualifikationen mitbringen, die auf dem Arbeitsmarkt gesucht werden und ob sie bereit und fähig sind, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren oder spezifische Schulungsprogramme erfolgreich zu durchlaufen, sondern auch im Hinblick auf Menschen, die Schutz vor Verfolgung und Krieg suchen. Auch bei ihnen muß der Aufnahmestaat „reale Kapazitäten wie praktische Folgen … in Rechnung stellen“, wenn er die Menschenwürde wirksam achten und schützen soll36. Kapazitätsprobleme der Aufnahmeländer durch in Brüssel beschlossene Umverteilungsquoten lösen zu wollen, scheitert nicht nur an der Weigerung der mitteleuropäischen Länder, Flüchtlinge aufzunehmen, sondern bereits am Willen der Flüchtlinge, die nicht nach Ungarn, Kroatien, Bulgarien oder Rumänien wollen, sondern nach Deutschland, Österreich, Schweden oder Großbritannien, und denen der Heilige Stuhl in seinen 20 Handlungsschwerpunkten die freie Wahl des Wohnortes einräumen will. Wer nach den praktischen Folgen der unkontrollierten Einwanderung von 1,5 Millionen Flüchtlingen fragt, hat eine Reihe weiterer Aspekte zu beachten: die Bereitschaft und die Fähigkeit der Flüchtlinge zur Integration, zur Beachtung der Verfassungs- und Rechtsordnung und der Landesbräuche. Er hat die Religion, die Kultur, die Gesundheit, das Alter und nicht zuletzt die persönliche Vita der Flüchtlinge zu beachten. Alle Aspekte hängen untereinander zusammen. Sie sind gemeinwohlrelevant und haben Folgen 33

Marcel Kau, Ein Recht auf Migration? Die Migrationskrise aus der Perspektive des Völkerrechts, in: Uhle (Hrsg., Fn. 3), S. 33. 34 Udo Di Fabio, Migrationskrise als föderales Verfassungsproblem, 2016, S. 118 (Rechtsgutachten im Auftrag des Freistaates Bayern, zugänglich unter: www.bayern.de/wpcontent/uploads/2016/01/Gutachten_Bay_DiFabio_formatiert.pdf, Zugriff: 2. Januar 2020). 35 Winfried Kluth, Gutachten D, Grundorientierungen und Instrumente der Migrationssteuerung, in: ders./Richard Giesen, Migration und ihre Folgen – Wie kann das Recht Zuwanderung und Integration in Gesellschaft, Arbeitsmarkt und Sozialordnung steuern?, Gutachten D/E zum 72. Deutschen Juristentag, München 2018, S. 59. 36 Josef Isensee, Menschenwürde: Rettungsinsel in der Flüchtlingsflut?, in: Depenheuer/ Grabenwarter (Hrsg., Fn. 1), S. 231 (244).

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für den Aufnahmestaat. Ein Land, das bei der Einreise auf jede Kontrolle verzichtet, schadet sich selbst und den Flüchtlingen. V. Bereitschaft und Fähigkeit zur Integration Wenn rund 70 % der Flüchtlinge Muslime sind, kann die Frage nach der Integrationsfähigkeit des Islam nicht mit Verweis auf den säkularen Staat, der alle Religionen gleich behandelt und die Religionsfreiheit achtet, abgetan werden. Gewiß sind Menschen in Lebensgefahr ungeachtet ihrer Religion oder Kultur zu schützen, solange die Gefahr anhält. Aber wenn die Lebensgefahr überstanden ist, ist die Prüfung der Integrationsfähigkeit und der Integrationsbereitschaft der Flüchtlinge notwendig. Hilfe in Lebensgefahr beinhaltet noch kein Bleiberecht. Daß die Integrationsfähigkeit und -bereitschaft von Muslimen ein Problem ist, ist seit der Anwerbung türkischer Gastarbeiter Anfang der 1960er Jahre bekannt. Rund 900.000 Menschen kamen bis zum Stopp der Anwerbung 1973 nach Deutschland. Die Annahme, sie würden das Land wieder verlassen, wenn ihre Arbeitskraft nicht mehr gebraucht und der Arbeitsvertrag beendet wird, hat sich als falsch erwiesen. Etwa 40 % sind geblieben. Viele haben sich integriert, viele haben sich aber auch in der zweiten und dritten Generation nicht integriert, sprechen nicht Deutsch und neigen dazu, Parallelgesellschaften zu bilden37. Dies steht in deutlichem Gegensatz zu den koreanischen Gastarbeitern, die um die gleiche Zeit angeworben wurden, sowie zu den vietnamesischen Flüchtlingen der 1970er Jahre, die auch nach dem Ende des Krieges nicht in ihre kommunistische Heimat zurückkehren konnten und sich sehr gut integriert haben. Je strenger der Islam interpretiert und gelebt wird, desto schwieriger wird die Integration. Die Scharia ist, ungeachtet mancher Behauptungen deutscher Muslimverbände, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Sie steht auch in den islamischen Menschenrechtserklärungen über den Menschenrechten. In der Kairoer Erklärung über die Menschenrechte im Islam von 1990, die in vielem den Menschenrechtserklärungen der Vereinten Nationen und des Europarates gleicht, heißt es in Art. 24: „Alle in dieser Erklärung aufgestellten Rechte und Freiheiten unterliegen der islamischen Scharia“, und in Art. 25: „Die islamische Scharia ist der einzige Bezugspunkt für die Erklärung oder Erläuterung eines jeden Artikels in dieser Erklärung“. Damit wird alles annulliert, was zuvor wortreich versprochen wurde. Im Gegensatz zu den Regierungen in mitteleuropäischen EU-Staaten tat sich die Bundesregierung schwer, dies anzuerkennen. Wer in der Migrationspolitik für kulturell differenzierte Zuwanderungsrechte eintritt, weil er die soziale Kohäsion der Gesellschaft und ihr Recht, den eigenen Lebensstil und die eigenen Bräuche zu pflegen, schützen will, wie der englische 37 Joachim Wagner, Die Macht der Moschee. Scheitert die Integration am Islam? Freiburg 2018.

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Ökonom Paul Collier38, verdient deshalb noch nicht den Vorwurf, der christlichen Sozialethik zu widersprechen39. Schon Thomas von Aquin hat die Frage nach der Aufnahme Fremder in das bürgerliche Gemeinwesen unter Verweis auf die „Politik“ des Aristoteles differenziert beantwortet und Schranken je nach kultureller Nähe und Gemeinwohlkompatibilität für legitim gehalten40. Auch die Frage, ob in der Nächstenliebe differenziert werden darf, hat er unter Verweis auf Augustinus bejaht: Die „nächsten Anverwandten“ seien mehr zu lieben als ferner Stehende41. Zu den praktischen Folgen der unkontrollierten Einwanderung gehörte auch das in der Politik lange ignorierte Problem der Fortsetzung der Spannungen zwischen Muslimen und Christen in den Flüchtlingslagern, genauer das Mobbing der Christen durch Muslime. Schließlich gehörten zu den Flüchtenden nicht nur Opfer der Kriege, sondern auch Täter. Ein besonderer Schutz der Christen in den Zentren wurde lange Zeit nicht für notwendig gehalten. Auch die Kölner Silvesternacht 2015 traf die Behörden und die Polizei unvorbereitet. Die Achtung der Rechtsordnung und der Bräuche des Aufnahmelandes durch die Flüchtlinge wurde erst spät als deren Solidaritätspflicht entdeckt. Das Verantwortungsbewußtsein der Migranten gegenüber der Gesellschaft ihres Gastlandes zu fördern, „indem sie lernen, deren Menschen und soziale Strukturen, Gesetze und Kulturen zu respektieren“, forderte auch Papst Franziskus in seiner Rede im Caritas-Zentrum für gestrandete Migranten in Rabat. Aber er relativierte seine Forderung sofort wieder, indem er behauptete, Integration bedeute „sich in einen Prozeß einzubringen, der sowohl das kulturelle Erbe der Gemeinschaft des Aufnahmelandes als auch das der Migranten zur Geltung bringt und so eine interkulturelle und offene Gesellschaft entstehen läßt“42. Die deutsche Grenzöffnung im Herbst 2015 entfaltete eine Sogwirkung auf die Menschen in den Kriegs- und Notstandsgebieten des Nahen und Mittleren Ostens und Afrikas. Die Bundesregierung hat die Völkerwanderung 2015, so Hans-Peter Schwarz, „wohlmeinend, aber völlig unüberlegt mit verschuldet“43. Peter Turkson, Kardinal aus Ghana, der das 2017 gegründete vatikanische Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen leitet, zu dem auch die ziemlich autonom agierende und von Papst Franziskus selbst geleitete Sektion für Migranten und Flüchtlinge gehört44, warnte im Juni 2018 vor der Politik der offenen Türen. Sie 38

Paul Collier, Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen, München 2014. So aber Arnd Küppers/Peter Schallenberg, Flucht, Migration, Integration. Versuch einer sozialethischen Einordnung, Köln 2016, S. 13. 40 Thomas von Aquin, Summa Theologica I-II, q. 105, a. 3. 41 Thomas von Aquin, Summa Theologica II-II, q. 26, a. 6. 42 Franziskus, Rede am 30. März 2019 in Rabat (Fn. 10). 43 Hans-Peter Schwarz, Die neue Völkerwanderung nach Europa. Über den Verlust politischer Kontrolle und moralischer Gewissheiten, München 2017, S. 90. 44 Papst Franziskus setzte für die Geschäftsführung zwei Untersekretäre ein, Fabio Baggio, einen italienischen Ordensmann und einen kanadischen Jesuiten, P. Michael Czerny SJ. Pater Czerny besuchte ich am 12. Dezember 2018 in seinem Büro, um mit ihm über meine Fragen 39

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würde die afrikanischen Staaten ihres wichtigsten Kapitals, nämlich ihrer Jugend berauben. Europa solle besser vor Ort helfen, um die Migration zu vermeiden. Robert Sarah, Kardinal aus Guinea und Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, mahnte im April 2019, die Massenmigration nicht mit der Bibel zu begründen. Sie sei eine neue Form der Sklaverei. Man solle vielmehr den Menschen helfen, sich in ihren eigenen Kulturen zu entfalten45. Die Sogwirkung der Grenzöffnung wurde verstärkt durch die Reaktion auf die verunglückten Flüchtlingsschiffe im Mittelmeer, die Bereitstellung von staatlichen und privaten Schiffen zur Rettung von Flüchtlingen und zum Transfer auf das europäische Festland. Diese Schiffe wurden unfreiwillig zu einem wichtigen Glied in der Schleuserkette46. Effektiver für die Bewältigung der neuen Völkerwanderung und die Bekämpfung der Schleuserbanden wären die Kontrolle der Flüchtlinge an der nordafrikanischen Küste, die Kontrolle der Küste selbst, der Transfer geretteter Flüchtlinge zurück in die Ausgangsländer, soweit sie nicht gescheiterte Staaten sind wie Libyen, die Unterstützung der UN-Nahrungsmittelhilfe für die Lager in der Türkei, im Libanon und in Jordanien und vor allem die von den afrikanischen Bischöfen geforderte Hilfe vor Ort, um die Migration einzudämmen. Auch die Regierungen der Herkunftsländer der Flüchtlinge sind an ihre Pflichten zu erinnern, ihre Bürger am Aufbau des Gemeinwohls zu beteiligen, um ihren Exodus zu vermeiden. Die Berücksichtigung der Entwicklungsinteressen der Herkunftsländer sollte deshalb, so Winfried Kluth in seinem Gutachten für den 72. Deutschen Juristentag 2018, bereits in die programmatischen Regelungen des § 1 Abs. 1 AufentG Eingang finden, weil nur eine „abwägende Steuerung der Migration nachhaltige Zustimmung in einer offenen demokratischen Gesellschaft (findet)“47. Von Abwägungen ist die Migrationsdebatte in Deutschland und nicht zuletzt in den Kirchen aber noch weit entfernt. Die politische Debatte wird als moralische Debatte geführt. Das erlaubt die Exkommunikation des Andersdenkenden. „Offene Grenzen als moralischer Imperativ – das ist freilich nur eine Art der Weigerung, sich auf eine politische Diskussion über die Herausforderung Migration einzulassen. Einwanderung als Apokalypse ist die andere, entgegengesetzte“48. In dem am 10. Dezember 2018 verabschiedeten Migrationspakt der Vereinten Nationen spiegelt sich diese Umdeutung einer politischen Frage in eine moralische in der Behauptung, Migration in der globalisierten Welt sei „eine Quelle des Wohlstands, der zu den vier päpstlichen Imperativen zu sprechen. In der Frage des Subjekts, an das sich die vier Imperative richten, wurden wir uns nicht einig. Während ich im Staat das primäre Subjekt sah, war P. Czerny der Meinung, das sei die Zivilgesellschaft. 45 Robert Kardinal Sarah, Migration is a new form of slavery, in: http://cisanewsafrica.com/ guinea-migration-is-a-new-form-of-slavery-cardinal-sarah-says (Zugriff: 2. Januar 2020). 46 Vgl. das Pro und Contra zur Rettung der Flüchtlinge aus Seenot durch private Schiffe von Caterina Lobenstein und Miriam Lau in: Die Zeit vom 12. Juli 2018. 47 Kluth (Fn. 35), S. 53. 48 Peter Graf Kielmansegg, Über Migration reden, in: FAZ vom 4. Februar 2019.

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Innovation und der nachhaltigen Entwicklung“49. Die Probleme der Migration für die Ankunfts- und noch mehr für die Herkunftsländer werden ausgeblendet. Darüber hinaus verpflichten sich die Staaten, ihren Bürgern die Vorteile und Herausforderungen der Migration zu vermitteln, „um irreführende Narrative, die zu einer negativen Wahrnehmung von Migranten führen, auszuräumen“50. Das gleicht einer Verpflichtung zur Indoktrination, zumal sich die Staaten auch noch dazu verpflichten, „Medienschaffende hinsichtlich Migrationsfragen und -begriffen“ aufzuklären und den Medien mit der „Einstellung der öffentlichen Finanzierung oder materiellen Unterstützung“ zu drohen, wenn sie die „Diskriminierung gegenüber Migranten“ fördern51. Die Völkerwanderung im Herbst 2015 hat Pflichten, aber auch Grenzen der Solidarität vor Augen geführt. Sie wurde zu einer Herausforderung nicht nur für die Politik und die Justiz, sondern auch für die Politikwissenschaft, das Staats- und Verfassungsrecht und die Sozialethik. Während in der Sozialethik aber institutionenethische Perspektiven immer noch rar sind, hat die neue Völkerwanderung in der Politikwissenschaft zu einer Wiederentdeckung der „Ordnungsfunktion und der Schutzpflicht des demokratisch legitimierten Staates“ und zur Besinnung auf das „Wohlergehen der Nation“ und die „Erhaltung der nationalen Lebensart“ geführt52. Staats- und Verfassungsrechtler fragen wieder nach der „Zivilisationsleistung des modernen Staates auch unter den Bedingungen menschenrechtlicher Universalität“53. Nach der bleibenden naturrechtlichen Funktion eines Staates zu fragen, ist angesichts des Massenzustroms an Flüchtlingen und Armuts- bzw. Arbeitsmigranten dringlich. Ebenso dringlich ist es, nach der Verantwortung der Flüchtlinge und Migranten für ihr Handeln nicht erst im Ankunftsland, sondern bereits im Herkunftsland und auf der Flucht zu fragen. In den Flüchtlingen vorwiegend Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse zu sehen, macht blind für diese Frage. Dringlich ist aber auch, daß Regierungen und Bürger der Ankunftsländer immer wieder neu fragen, welche Solidaritätspflichten sie sowohl gegenüber Flüchtlingen und Migranten als auch gegenüber der eigenen Gesellschaft haben. Summary The flows of refugees and migrants who crossed the German border uncontrolled in autumn 2015 plunged not only Germany but also the EU into serious conflicts. The tendency to turn the opening of the borders into a moral imperative was 49

Vereinte Nationen, Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration, Nr. 8. 50 Ebd., Nr. 10. 51 Ebd., Nr. 33. 52 Schwarz (Fn. 43), S. 201 ff. 53 Otto Depenheuer, Flüchtlingskrise als Ernstfall des menschenrechtlichen Universalismus, in: ders./Grabenwarter (Hrsg., Fn. 1), S. 18 (23).

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countered by the spread of anti-European parties, which fundamentally questioned not only the Schengen border regime but also the European unification of the past half century. The role of the state and a functioning border control were the blind spot in the debate. This also applies to the guidelines of the Catholic Church for the preparation of the UN Migration Pact 2018, which did not want to make a distinction between refugees from war and migrants from work or poverty. But this distinction is a central condition for effective refugee protection. The solidarity principle does not require open borders. On the contrary, it requires borders to be drawn and protected, since refugees do not only want to escape the borders of their failing states, but also to find protection behind secured borders.

Solidaritätsparadoxien1 Von Johannes Thomas I. Papst Franziskus: Paradoxe Forderungen und nur ausnahmsweise Einsicht in die Notwendigkeit staatlicher Verantwortungsethik In seinem „Dekalog der Solidarität“ vom September 2017 hat Papst Franziskus u. a. die Forderung nach Solidarität als Antwort auf die zerstörerischen Auswirkungen der Herrschaft des Geldes erhoben, als da sind Vertreibungen, schmerzhafte Emigrationen, Menschenhandel, Drogenhandel, Kriege usw. Alle diese Realitäten zu verändern, seien wir im Sinne der Solidarität aufgerufen2. Man müßte danach also gegen Kriege usw. vorgehen, die als Auswirkungen der Herrschaft des Geldes verstanden werden können. Für die Kriege und den Terror des IS etwa scheint das aber am wenigsten zuzutreffen, denn schließlich standen beim IS zumindest anfänglich eindeutig ideologische Motive im Vordergrund. Wenn aber islamisch motivierter Terror weitgehend die gleichen Auswirkungen hat wie laut Vatikan die Herrschaft des Geldes, ist es absurd, nur gegen die durchs Geld bedingten Kriege solidarisch vorgehen zu wollen. Noch deutlicher paradoxal ist die Botschaft von Papst Franziskus zum Thema „Migranten und Flüchtlinge: Männer und Frauen auf der Suche nach Frieden“ mit der er sein Verständnis von Solidarität mit Migranten und Flüchtlinge näher erläutert3. Darin erinnert er eingangs an die Erklärung seines Vorgängers Benedikt XVI., 1 Bei Forderungen nach Solidarität und verwandten Einstellungen oder Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Migrationspolitik treten Paradoxien u. a. in Gestalt von performativen Widersprüchen auf, d. h., es kommt häufig zu Widersprüchen zwischen Inhalt und Gelingensbedingungen der Sprechhandlung „Forderung“. Die zentrale Gelingensbedingung lautet, daß der jeweiligen Forderung überhaupt Folge geleistet werden kann. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, erscheint die Forderung als paradoxal. Widersprüche können auch zwischen dem Inhalt und den von den jeweiligen Aussagen implizierten, nicht manifestierten Aussagen auftreten. Werden diese Implikate explizit zur Sprache gebracht, kann möglicherweise zwischen diesen Aussagen und dem propositionalen Gehalt ein Widerspruch festgestellt werden. 2 S. die Zusammenfassung „Papa Francesco: decalogo della solidarietà“ unter www.setti mananews.it/chiesa/papa-francesco-decalogo-della-solidarieta/?print=pdf (Zugriff: 2. Januar 2020). 3 Botschaft des Heiligen Vaters zur Feier des Weltfriedenstages am 1. Januar 2018, zugänglich unter: http://w2.vatican.va/content/francesco/de/messages/peace/documents/papafrancesco_20171113_messaggio-51giornatamondiale-pace2018.html (Zugriff: 2. Januar 2020).

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der zum Umgang mit den damals 220 Millionen Migranten und 22,5 Millionen Flüchtlingen festgehalten habe, daß sie „Männer und Frauen sind, Kinder, Jugendliche und Alte, die einen Ort suchen, an dem sie in Frieden leben können“. Diesen Frieden müsse man ihnen schenken. Diese Forderung impliziert, daß alle Flüchtlinge Frieden suchen. Nun suchen aber, wie man weiß, beileibe nicht alle den Frieden, vor allem nicht Asylsuchende, die mit Terrorabsicht einreisen. Wenn aber die Forderung, Frieden zu schenken, alle Flüchtlinge und Migranten betrifft, dann auch die, die nicht den Frieden suchen. Damit wird sie paradoxal. Und der Heilige Vater fährt fort: „Im Geiste der Barmherzigkeit wollen wir alle umarmen, die vor Krieg oder Hunger fliehen oder die gezwungen sind, ihr Land wegen Diskriminierungen, Verfolgungen, Armut und Umweltschäden zu verlassen.“ Dann aber meint er auch, daß die Ressourcen der aufnehmenden Gesellschaft begrenzt seien, weshalb die Regierenden alle Maßnahmen zur Aufnahme und Integration „in den Grenzen des recht verstandenen Gemeinwohls“ ergreifen müßten. Sie haben nämlich „eine genau definierte Verantwortung gegenüber ihren eigenen Gesellschaften, deren gerechte Rechte und harmonische Entwicklung sie zu wahren haben …“ Man soll also alle „umarmen“ und aufnehmen, aber das soll nicht um den Preis einer Überforderung der aufnehmenden Gesellschaft geschehen. Damit aber konfrontiert uns der Heilige Vater mit einem aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften altbekannten Paradoxon: Das Ziel der Beseitigung von Knappheit zwecks Zukunftsvorsorge bedeutet, daß die Beseitigung von Knappheit etwa für Migranten angesichts begrenzter Ressourcen für andere, etwa die aufnehmende Gesellschaft, mehr Knappheit bedeutet. Das Haben der einen wird zum NichtHaben der anderen. Der Widerspruch ist nur aufhebbar, wenn man entweder das Problem der NichtHabenden in eine Zukunft verschiebt, in der auch sie mehr haben werden, oder indem man die Forderung nach Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen im Einzelfall zugunsten der Bedürfnisse der Einwanderungsgesellschaft suspendiert. Eben das tat Papst Franziskus bei seiner ökumenischen Reise nach Schweden im Oktober 2016, als er um Verständnis für deren Grenzschließung warb4. Diese Einsicht in die Notwendigkeit staatlicher Verantwortungsethik blieb allerdings eine auf die Schwedenreise begrenzte Ausnahme. Im Übrigen beließ es der Vatikan bei seinen rein gesinnungsethisch ausgerichteten 20 Handlungsschwerpunkten für den UNO-Migrationspakt, die von der Deutschen Bischofskonferenz zustimmend übernommen worden sind5. Die zentrale Forderung lautet: Migranten 4 Dokumentation der Reise mit Texten sämtlicher gehaltener Predigten und Ansprachen: http://w2.vatican.va/content/francesco/it/travels/2016/outside/documents/papa-francesco-sve zia-2016.html (Zugriff: 2. Januar 2020). 5 Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 16. März 2018: „Migranten und Flüchtlinge aufnehmen, schützen, fördern, integrieren“; zugänglich unter: https://dbk.de/

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und Flüchtlinge aufnehmen, schützen, fördern, integrieren. Eine diese Forderung mit Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit der Zielländer relativierende Betrachtung kommt nicht vor. Zwar sieht der Papst, daß jeder Staat nur über begrenzte Ressourcen verfügt und er die menschenrechtliche Bewertung mit der Sorge um die staatliche Sicherheit in ein Gleichgewicht bringen müsse, aber daraus zieht er keinerlei praktische Konsequenzen, welche den Absolutheitsanspruch seiner Forderungen relativieren könnten. So bewahrt man sich also im Vatikan, ähnlich wie in der Bundesregierung und den öffentlich-rechtlichen Medien das erhebende Gefühl moralischer Unanfechtbarkeit und Überlegenheit, ohne die Konsequenzen dieser wohlfeilen Haltung in der Realität in den Blick zu nehmen. Damit aber zerstört man auf Dauer die zentrale Gelingensbedingung solcher hehren Solidaritätsforderungen. Denn Solidarität ist schließlich ein Strukturprinzip staatlicher Ordnung, und die kann nur aufrechterhalten werden, wenn es dem Staat gelingt, seine Ordnungsprinzipien im Innern durchzusetzen und die Bewohner seines Territoriums nach außen hin zu schützen. Dazu braucht es kontrollierbare Grenzen, wie sie in kirchlichen Verlautbarungen nicht vorkommen und von der Bundeskanzlerin als heute nicht mehr möglich abgelehnt worden sind. Ein weiteres wird in den kirchlichen Verlautbarungen ignoriert: Die Aufforderung, Migranten und Flüchtlinge zu integrieren, ist blind gegenüber dem Problem mangelnder Integrationsbereitschaft der zu Integrierenden, wie weiter unten noch anhand des Themas „Islam“ genauer ausgeführt werden wird. An dieser Stelle sei aber bereits darauf hingewiesen, daß der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der niederbayerischen Gemeinde Abensberg, Uwe Brandl (CSU), große Zweifel am Integrationswillen von Flüchtlingen und anderen Migranten artikuliert hat: „Ich sehe in meiner kleinen Stadt, daß es nur einen verschwindend geringen Prozentsatz echter Integrationswilliger gibt. Der Großteil der Zugewanderten hat an unseren Angeboten kein Interesse.“6 Ein Großteil der Zugewanderten werde „auf Dauer in den sozialen Netzen“ bleiben. Und Brandl ist weder ein rechter Populist noch ein radikaler Systemkritiker, sondern Bürgermeister und Präsident derer, die ständig und am unmittelbarsten mit dem Verhalten realer Migranten konfrontiert sind. Eine schlichte Gesinnungsethik, wie sie Kirchen und Medien vertreten, verbietet sich für diejenigen, welche die praktische Integrationsarbeit in den Kommunen zu leisten versuchen, von selbst.

presse/aktuelles/meldung/fachgespraech-der-migrationskommission-der-deutschen-bischofskon ferenz-zu-den-globalen-pakten/detail (Zugriff: 2. Januar 2020). 6 www.welt.de/regionales/bayern/article188449923/Brandl-zweifelt-am-Integrationswillenvon-Fluechtlingen.html (Zugriff: 2. Januar 2020).

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II. Rückblick auf die Grenzöffnung durch die Regierung Merkel: paradoxale Aussagen und Forderungen Ein nicht zur Veröffentlichung vorgesehener Tweet aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 25. August hatte gelautet: „Dublin-Verfahren syrischer Staatsangehöriger werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns weitestgehend faktisch nicht weiter verfolgt“. Der Tweet verbreitete sich wie ein Lauffeuer, der syrische Dichter Lukman Derky feierte Kanzlerin Angela Merkel im Netz mit Liebesbotschaften, Syrer schlossen sich mit „Wir lieben Merkel“-Bildern an. Die Nachricht erreichte schließlich auch die Flüchtlinge in Ungarn – und die Behörden7. In den folgenden Wochen kamen Hunderttausende ins Land, etwa 70 % von ihnen unkontrolliert und unregistriert. Faktisch verlor der Staat die Kontrolle. Die rechtsradikale AfD, im Sommer politisch schon fast erledigt, fand enormen Zulauf, bei vielen Bürgern wuchs das Mißtrauen gegen die Institutionen, Merkels Umfragewerte sanken. In der Silvesternacht wurden Frauen in mehreren deutschen Städten von Migranten und Asylbewerbern sexuell belästigt, und in Ansbach und Würzburg verübten Flüchtlinge im Sommer 2016 zwei islamistisch motivierte Anschläge. 2016 führte der aus Tunesien stammende und den Behörden sattsam bekannte Anis Amri seinen mörderischen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin durch. In Köln, um nur ein weiteres Beispiel zu erwähnen, wurde 2018 ein als Flüchtling getarnter Tunesier verhaftet, der bereits das Gift besorgt hatte, mit dem er Hunderte hätte töten und verletzen können. Immerhin 20 Migranten wurden im letzten Jahr als Terroristen identifiziert. Die meisten Täter waren keine syrischen Kriegsflüchtlinge, sondern Migranten aus anderen Ländern, insbesondere aus Nordafrika. Denn die Aussetzung des Dublin-Abkommens durch den von der Regierung nicht korrigierten Tweet des Bamf war paradoxal. Die Aussetzung des Abkommens und die Öffnung der Grenze sollte zwar nur für Syrer gelten, aber da es keine Kontrolle und keine Registrierung der Grenzgänger gab, konnte jeder, gleich, ob er Syrer war oder nicht, die Grenze überschreiten. Und so haben sich auch alle möglichen anderen Leute auf den Weg ins gelobte Deutschland gemacht, denen man nicht unbedingt den Schutz der deutschen Gesellschafts- und Sozialordnung zukommen lassen wollte. Ich zitiere hier nur aus den Beobachtungen von Souad Mekhennet, einer in Deutschland geborenen muslimischen Journalistin (Mutter: schiitische Türkin, Vater: sunnitischer Marokkaner), die für ihre Interviews und Recherchen eine Fülle von Auszeichnungen in Deutschland und in den USA erhalten hat. Sie hat die Situation im Sommer 2015 an Wiener Bahnhöfen zusammen mit einem Kollegen von der „Washington Post“ beobachtet:

7 www.bild.de/politik/inland/twitter/kurznachricht-die-deutschland-zum-zufluchtsort-mach te-42642974.bild.html (Zugriff: 2. Januar 2020).

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„Ein ums andere Mal fiel mir auf, daß die meisten Flüchtlinge Männer waren. Viele sagten mir, sie kämen aus Damaskus, obwohl sie nicht den hellen olivfarbenen Teint hatten, wie er für Syrer typisch ist; vielmehr sahen sie mit ihrem gekräuselten Haar und der dunkleren Haut eher wie Nordafrikaner aus. Als ich fragte, aus welchem Stadtteil von Damaskus sie kämen, ließen sie mich einfach stehen. Ein österreichischer Sicherheitsbeamter erklärte mir, (…) Leute, die einfach behaupteten, Syrer zu sein, gelangten ohne weiteres über die Grenze. Es gab so viele von ihnen, daß sich die echten über die falschen Syrer zu beschweren begannen (…). Auch viele echte Syrer hatten häufig keine Papiere dabei…Von anderen, die sich ausweisen konnten, erfuhr ich, daß sie in jordanischen, türkischen und libanesischen Flüchtlingslagern gelebt und die Gelegenheit genutzt hatten, nach Europa zu gelangen – hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen. Außerdem wunderte ich mich, daß manche deutsche Politiker ein ums andere Mal in den Medien verbreiteten, bei den meisten Flüchtlingen handele es sich um Akademiker, Ärzte, Anwälte und Ingenieure: ,Sechsundachtzig Prozent der syrischen Flüchtlinge sind hochgebildet, haben einen Gymnasial- oder Universitätsabschluß‘, behauptete eine Studie, die der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge in Auftrag gegeben hatte. Ich konnte das nicht bestätigen. Die meisten Syrer, mit denen ich auf Wiener Bahnhöfen sprach, waren Bauern oder ungelernte Arbeiter. Sie sprachen ausschließlich Arabisch und waren, wenn überhaupt, kaum zur Schule gegangen. An sich war das kein Problem, doch Politiker und Medien erzählten eine ganz andere Geschichte, erweckten den Eindruck, daß durch den Flüchtlingszugang der Fachkräftemangel auf dem überalterten deutschen Arbeitsmarkt behoben, die Arbeitslosenzahlen reduziert und die Wirtschaft angekurbelt werden könnten. Ich begegnete auch Migranten, die unter dem IS gelebt hatten. Mein Kollege William Booth und ich unterhielten uns mit einem jungen Mann, der, wie er sagte, aus dem sogenannten Kalifat kam: ,Ich fand das Leben unter der Scharia super‘, erklärte er uns. Bill und ich wechselten einen Blick. Warum er dann geflohen sei, fragten wir. ,Weil man hier leichter Arbeit kriegt‘, erwiderte er und fügte hinzu, daß er nach wie vor in Kontakt mit seinen Freunden in der Heimat stand. Nach ein paar Tagen vor Ort war ich fest davon überzeugt, daß die Sicherheitsbehörden vor gigantischen Aufgaben standen (…); gleichzeitig hatten meine europäischen muslimischen Freunde und ich das Gefühl, daß Teile der muslimischen Gesellschaft in ihrem Glauben immer konservativer wurden, ihre Religiosität teils extremistische Züge annahm (…)“8.

Soweit zu den Paradoxien der Grenzöffnung für sogenannt syrische Kriegsflüchtlinge. Wie aber steht es um die Abwägung der Interessen von Migranten gegenüber denen der aufnehmenden Gesellschaft?

8 Souad Mekhennet, Nur wenn du allein kommst. Eine Reporterin hinter den Fronten des Dschihad, München 2017, S. 328 – 331.

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III. Christliche Gesinnungsethik prägt die Aussagen des deutschen Episkopats Der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, der erst nach der Grenzöffnung von ihr erfuhr, nannte Merkels Entscheidung aus der Nacht zum Samstag ein „völlig falsches Signal“. Und wetterte: „Wir können auf Dauer bei 28 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union nicht sämtliche Flüchtlinge aufnehmen, die aus allen Ländern dieser Welt kommen, liebe Freunde. Das hält auf Dauer keine Gesellschaft aus.“9 Als die Bundeskanzlerin im September die Grenzen für alle öffnen ließ, hat sie derlei Überlegungen jedoch überhaupt nicht angestellt und jedenfalls nicht publik gemacht. Dafür wurde sie von den Kirchen in Deutschland, welche insbesondere die Gesinnungsethik hochhalten, die Verantwortungsethik aber den Politikern überlassen10, aufs höchste gepriesen. Kardinal Reinhard Marx etwa meinte anläßlich der Verleihung des Eugen-Bolz-Preises an die Bundeskanzlerin, mit der Öffnung der Grenzen für Schutzsuchende habe sie „ein wichtiges Zeichen der Humanität gesetzt und in der Politik ein Beispiel christlicher Nächstenliebe gegeben“11. Auf die Idee, daß christliche Nächstenliebe nicht die Aufgabe einer Regierung sein kann, war er offenbar nicht gekommen. Eine Bewertung der möglichen Überforderung der aufnehmenden Gesellschaft, die, wie beim Beispiel Schweden, zur Schließung der Grenzen führt, muß dann offenbar als inhuman und unchristlich gelten. Dann aber wäre auch die Einstellung des Heiligen Vaters zur Berücksichtigung der begrenzten Möglichkeiten der aufnehmenden Bevölkerung als inhuman und unchristlich anzusehen. Das aber wäre offenbar absurd. Die Bewertung der Grenzöffnung durch Kardinal Marx wird so allerdings ihrerseits widersinnig12. IV. Belastungen Deutschlands durch die Migranten Die deutsche Regierung unter Angela Merkel hat im Vergleich zum Heiligen Vater lange gebraucht, bis sie ihr Dogma von den offenen Grenzen durch eine ähnliche Berücksichtigung der realen Gegebenheiten relativiert hat. Und das hat sie bis heute nicht mit letzter Konsequenz und Klarheit getan, wenngleich sie bei jeder Gelegenheit betont, daß die Entscheidung der Grenzöffnung 2015 zwar richtig war, daß es sich aber um eine Ausnahmesituation gehandelt habe, die sich nicht wie9 www.zeit.de/2016/35/grenzoeffnung-fluechtlinge-september-2015-wochenende-angelamerkel-ungarn-oesterreich/komplettansicht (Zugriff: 2. Januar 2020). 10 www.cicero.de/kultur/politik-und-glaube-willkommen-in-der-merkelkirche (Zugriff: 2. Januar 2020). 11 www.kirche-und-leben.de/artikel/kardinal-marx-lobt-angela-merkel-fuer-ihre-fluechtlings politik (Zugriff: 2. Januar 2020). 12 Hans Mathias Kepplinger/Marcus Maurer, Medien und Willkommenkultur, in: FAZ vom 14. September 2017.

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derholen dürfe13. Die Konsequenz aus dieser Einsicht, nämlich die Sperrung der Grenzen wie in Schweden, hat sie jedoch nicht gezogen. Stattdessen verweist sie auf die Notwendigkeit europäischer Lösungen, an denen die übrigen Europäer bis jetzt aber, und zwar seit Jahren, offenbar keinerlei Interesse haben, womit die Forderung mangels Gelingensbedingung widersinnig wird. Selbst Frankreich, das Merkels Pochen auf offene Grenzen nach außen hin unterstützt, findet, ganz im Widerspruch zu dieser offiziellen Linie, die Grenzschließung an der französischitalienischen Grenze und die Zurückweisung von insgesamt mehr als 80.000 Migranten (im Schnitt 1.000 pro Woche) ohne gültige Papiere an dieser Grenze vollkommen unproblematisch und bezeugt damit auch seinerseits den paradoxalen Charakter der Forderung nach offenen Grenzen. Im Übrigen weist auch Dänemark Migranten ohne gültige Papiere an der Grenze ab14. Wie sich der von der Großen Koalition ausgehandelte jüngste Asylkompromiß auswirkt, läßt sich derzeit ebenso wenig beurteilen wie die europäischen Bemühungen um Schutz vor Wirtschaftsflüchtlingen in deren Herkunftsregionen. Was sich jedoch beurteilen läßt, sind die Belastungen für Deutschland durch die Migration. Daß das Mehr-Haben für Migranten sich als Weniger- oder Nicht-Haben für die deutsche Einwanderungsgesellschaft konkretisiert, belegen zunächst schon die Kosten für den Bund, sind aber für Politik, Kirchen und Medien offenbar ein Tabuthema. Man verschleiert auch auf Bundesebene die Kosten zunächst dadurch, daß sie auf viele verschiedene Etats verteilt werden. Dennoch darf als gesichert gelten, daß die Kosten für Bund, Länder und Gemeinden, wie Entwicklungsminister Gerd Müller errechnet hat, sich mindestens auf 30 Milliarden Euro im Jahr belaufen. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kommt ebenso wie der Sachverständigenrat der Bundesregierung auf einen Betrag von mindestens 50 Milliarden Euro im Jahr. Andererseits sträubt sich Finanzminister Olaf Scholz z. B. gegen eine Erhöhung der Mütterrente, die Mehrkosten von 3,7 Milliarden Euro pro Jahr verursachen würde. Nach den Berechnungen des deutschen Entwicklungsministers kostet jeder Schutzsuchende in Deutschland im Monat 2.500 Euro, für einen unbegleiteten Minderjährigen steigen diese Kosten auf 5.000 Euro im Monat. Finanzwissenschaftler wie Bernd Raffelhüschen haben vorgerechnet, daß wegen des geringen Bildungsniveaus der Flüchtlinge jeder Flüchtling in seiner Lebenszeit per Saldo 450.000 Euro kostet. Bei zwei Millionen Zugewanderten bis 2018 summieren sich die Gesamtkosten also auf 900 Milliarden Euro. Bis jetzt sind nur 13 % der Migranten sozialversicherungspflichtig erwerbstätig, meist eben nur als Praktikanten

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 7. Juni 2018. www.bayernkurier.de/ausland/33540-voellig-normale-zurueckweisungen (Zugriff: 2. Januar 2020). 14

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oder Hilfskräfte. Ca. 60 % von ihnen verfügt über keinen Schulabschluß, und viele sind Analphabeten15. Inzwischen sind 1,6 Millionen Menschen aus Nicht-EU-Ländern Empfänger von Leistungen nach Hartz IV16, und von 600.000 anerkannten Flüchtlingen im erwerbsfähigen Alter gelten 415.000 nur deshalb nicht als „arbeitslos“, weil sie an Integrationskursen und Arbeitsmarktprogrammen teilnehmen. Diese Kosten engen die Finanzspielräume für die Einwanderungsgesellschaft erheblich ein. Hinzu kommt die Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates. Es fehlen laut Deutschem Richterbund jetzt schon mindestens 22.000 Beamte in Polizei und Justiz, und die Lage wird sich durch die anrollende Pensionierungswelle noch erheblich verschärfen. Allein die ständig ansteigende Flut der vielen hunderttausend Asylverfahren, die vor Verwaltungsgerichten gelandet sind, blockieren auf unabsehbar lange Zeit deren Arbeitsmöglichkeiten. Der Mangel an Polizisten wiederum schränkt die Möglichkeit der Tatverfolgung und der Aufklärung von Wohnungseinbrüchen so erheblich ein, daß die Fälle nur noch verwaltet, die Bürger aber nicht ausreichend geschützt werden können17. Für Beunruhigung müßte auch sorgen, daß schon jetzt in Deutschland die ärztliche und pflegerische Versorgung der Bevölkerung nicht durchgängig gewährleistet ist. Die eingeschränkten Dienstleistungen im Gesundheitsbereich muß sie dennoch mit zusätzlich eingewanderten Personen teilen. Schon jetzt fehlen laut Bundesregierung mehr als 25.000 Pflegekräfte sowie tausende Ärzte18. Auch im Bildungsbereich klafft bereits heute und auf absehbare Zeit eine Lücke an qualifiziertem Personal. Die Mangelsituation wird durch die Migration weiter verschärft. Bundesweit sind 120.000 Stellen für Erzieherinnen nicht besetzt, und bei Bund, Ländern und Gemeinden kann man 170.000 Stellen für Fachkräfte nicht besetzen. Im Zuge der Pensionierungswellen in den kommenden Jahren wird die Personal-Lücke auf etwa 700.000 Stellen ansteigen19. Ganz problematisch ist auch die Situation an den Schulen. In Syrien hatte ein Achtklässler vor dem Ausbruch des Krieges nicht einmal das Kompetenzniveau erreicht, das der untersten Stufe des Pisa-Tests entspricht, und etwa 65 % der syrischen Bevölkerung beherrschen die Grundrechenarten nicht. Die frühere SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles meinte am 10. September 2015 im Deutschen Bundestag, daß weniger als 10 % der Flüchtlinge rasch arbeits- und ausbildungsfähig 15 www.zeit.de/gesellschaft/2017-08/richterbund-personalmagel-justiz-polizei-rechtsstaat (Zugriff: 2. Januar 2020). 16 www.welt.de/politik/deutschland/article174862702/Fluechtlinge-1-6-Millionen-Hartz-IVEmpfaenger-aus-Nicht-EU-Staaten.html (Zugriff: 2. Januar 2020). 17 Nachw. s. Fn. 15. 18 www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/pflege/article/962674/bundesregierung-25000pflegekraefte-fehlen.html (Zugriff: 2. Januar 2020). 19 www.derwesten.de/politik/deutschland-fehlen-170-000-lehrer-erzieher-und-finanzbeam te-id10044629.html (Zugriff: 2. Januar 2020).

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seien. Deshalb waren alle Versuche, Flüchtlingskinder möglichst bald in Regelklassen und das gar an Gymnasien zu stecken, bald zum Scheitern verurteilt20. Die Probleme werden dadurch verschärft, daß jetzt schon laut Lehrerverband fast 40.000 Lehrer fehlen. Die Kultusministerkonferenz geht nach einer Mitteilung vom 11. Oktober 2018 davon aus, daß in den nächsten 10 Jahren 32.000 Lehrer pro Jahr neu eingestellt werden müssen, ohne daß erkennbar wäre, woher diese Lehrer kommen könnten. In den entsprechenden Studiengängen wird kaum Nachwuchs ausgebildet21. Besonders beunruhigend für die Lage an den Schulen ist zudem die von Politik und Kirchen totgeschwiegene Intoleranz junger Muslime, unter der deutsche Schüler zu leiden haben, wenn sie in der Minderheit sind. Die Intoleranz betrifft laut Lehrergewerkschaft deutsche Mitschüler, Andersgläubige und Mädchen. Auch weibliche Lehrpersonen und leistungsstarke Schüler sind verbalen oder tätlichen Angriffen ausgesetzt. An Berliner Gesamtschulen bitten deutsche Schüler längst darum, während den Pausen im Klassenraum bleiben zu dürfen. Lehrer, die die Behördenleitung mit solchen Problemen konfrontieren, werden nicht gehört oder als islamophobe Rassisten abgetan22. Eine Berliner Schulleiterin hat sich auch persönlich darüber beklagt, daß die muslimischen Schüler äußerst feindselig bis gewalttätig auf andere Glaubensüberzeugungen reagieren und auf jede Art von Kreuzsymbol, auch wenn es überhaupt keine religiöse Funktion hat. So haben muslimische Schüler sogar Koordinatenkreuze im Mathematikunterricht nicht akzeptieren wollen23. Solche Meldungen werden in der Regel in den Medien nicht weiter verbreitet. Eine Ausnahme macht hier nur die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Offenbar sind Politik und Medienmacher von einer heiligen Scheu gelähmt, wenn es um den Islam geht. Belege für solche Blindheit etwa auch seitens des deutschen Katholikentags habe ich bereits an anderer Stelle dokumentiert und besprochen24. Das will ich deshalb hier nicht wiederholen. Hier geht es jedenfalls um kulturelle und gesellschaftliche Kosten ungebremster Zuwanderung von Muslimen, die allenthalben tabuisiert, aber irgendwann auf die Einwanderungsgesellschaft durchschlagen werden. Einige Beispiele dafür wurden auch an dieser Stelle kurz angesprochen. Wenn man diese Thematik weiterhin zu unterschlagen versucht, werden sie aber, auch das ein Kollateralschaden der Migrationspolitik, durch rechtsextreme Parteien auf die Tagesordnung gesetzt. 20

FAZ vom 30. November 2017. Eingehend zur Problematik s. www.spiegel.de/thema/kultusministerkonferenz (Zugriff: 2. Januar 2020). 22 www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/integration/schule-und-integration-das-gift-dermuslimischen-intoleranz-1594843.html (Zugriff: 2. Januar 2020). 23 FAZ vom 18. Mai 2018. 24 Johannes Thomas, Migration und Islam, in: Klaus Stüwe (Hrsg.), Religion und Politik in der freiheitlichen Demokratie/Religion and Politics in Liberal Democracy, Berlin 2018, S. 272 – 287. 21

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Das bedeutet nicht, daß man das Prinzip der Asylgewährung sogleich opfern sollte, aber es zeigt die Notwendigkeit einer ernsthaften und realistischen Abwägung zwischen Hilfsgebot und Belastungen der Einwanderungsgesellschaft. V. Entlastung der Einwanderungsgesellschaft durch einen mit ihr solidarischen Islam? Zur Entlastung der Einwanderungsgesellschaft soll schließlich auch das Bemühen um einen liberalen und mit den Werten der deutschen Gesellschaft solidarischen Islam beitragen, das von liberalen bzw. säkularen Muslimen und Musliminnen unterstützt wird. Es hat zwar bislang nur wenige, aber teilweise engagierte Verfechter. Erwähnt sei an dieser Stelle Cemile Giousouf, bis September 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags und Integrationsbeauftragte der CDU/CSU Bundestagsfraktion. Sie meinte vor ein paar Jahren etwa: „Das moderne christliche Menschenbild hat nach Phasen furchtbarer Verirrungen aus dem Dialog mit dem Judentum neue Kraft und Tiefe gewonnen. Als deutsche Muslimin sehe ich vergleichbare Chancen der Zusammenarbeit für meine Religion“. Eine Grundlage für eine ähnliche Solidarität wie die der westlichen Wertegemeinschaft sieht sie in Vers 32 der Sure 5 des Korans angelegt, wo es heißt: „Wer ein menschliches Wesen tötet, ohne daß es einen Mord beging oder auf der Erde Unheil stiftete, so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält.“ Und Giousouf fährt fort: „Nicht nur die vergleichende Religionswissenschaft verweist hierbei auf Entsprechungen im jüdischen Talmud…, sondern auch der Koran selbst tut das, indem er den benannten Vers mit dem Vorsatz einleitet; dies habe Gott ,den Kindern Israels vorgeschrieben.‘“25 Abgesehen von der etwas fragwürdigen Herleitung der neuen „Tiefe und Kraft“ des „modernen christlichen Menschenbild(es)“ „aus dem Dialog mit dem Judentum“ ist dieser Versuch der Bestimmung eines Solidaritätskonzepts, das alle drei monotheistischen Religionen verbinden soll, der Intention nach aller Ehren wert. In ähnlicher Weise begründen zuweilen türkische Imame im deutschen Rundfunk (DLF) die Menschenfreundlichkeit des Islam. Diese Deutung aber funktioniert nur dann, wenn man, wie Giousouf, die entsprechende Koranstelle in sinnentstellender Weise verkürzt zitiert und im Übrigen deren traditionelle Deutung im Islam einfach unterschlägt. In der von der al-Azhar-Universität gebilligten Übersetzung lauten die entsprechenden Verse: 5:32 Deswegen schrieben wir den Kindern Israels vor, daß jeder, der einen Menschen tötet – es sei denn als Vergeltung für Mord oder Unheilstiftung auf Erden – gleichsam die ganze Menschheit tötet; und wer einem, den der Tod bedroht, zum Leben verhilft, der hat gleichsam der gesamten Menschheit zum Leben verholfen.

25 Cemile Giousouf, Christliches und islamisches Menschenbild. Warum ich als Muslimin der CDU angehöre, in: Die politische Meinung, 60. Jg., Nr. 531, März/April 2015, 58 – 64.

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Nach der an die „Kinder Israels“ gerichteten Vorschrift allgemein menschlicher Solidarität, die allerdings durch den Hinweis auf die „Vergeltung für Mord und Unheilstiftung“ eingeschränkt wird, spricht der koranische Text darüber, was den Muslimen befohlen wird. Diese Ausführungen sind von den vorhergehenden deutlich abgesetzt durch das einleitende „innama¯“ (jedoch, vielmehr, indessen). „Wir haben ihnen indessen unsere Gesandten mit den klaren Darlegungen geschickt, und viele unter ihnen haben trotzdem Maßloses auf Erden begangen. 5:33. Diejenigen, die gegen Gott und Seinen Gesandten kämpfen und auf Erden Unheil stiften, sollen wegen Mordes getötet, wegen Raubmordes gekreuzigt werden. Wegen Wegelagerei und Raub ohne Mord soll man ihnen Arm und Bein wechselseitig abschneiden, …“26

Das genau aber ist die Lehre, welche nahezu die gesamte „tafsir“-Tradition, also die islamische Exegese von den frühesten Exegeten wie al-Wahidi, Ibn Abbas, alJalalain oder al-Tabari bis zu heutigen Autoren wie Maulana Muhammad Ali aus dieser Koranstelle herauslesen. Laut dieser exegetischen Tradition waren mit den Unruhestiftern konkret feindliche Stämme oder Juden gemeint. Heute ist das aus Sicht des IS „der Westen“. Insofern eignet sich die zitierte Koranstelle in gar keiner Weise zur Begründung einer mit der westlichen Wertegemeinschaft kompatiblen menschenfreundlichen Einstellung. Auch in dem sogenannten Vertrag von Medina, der von Mohammed selbst diktiert worden sein soll, heißt es im Übrigen: „Die Solidarität und Loyalität der Mitglieder der Ummah der Muslime für den Islam bzw. füreinander steht vor der Solidarität und Loyalität gegenüber allen anderen gesellschaftlichen Verbänden (Familie, Sippe, Stamm, usw.)“27 Sie ist eine Solidarität für Muslime und mit Muslimen28. Das Bemühen von Cemile Giussouf, dem deutschen Leser einen Islam nahezubringen, der die gleichen Solidaritäts- und Humanitätsideale vertreten soll, wie sie „im Westen“ zumindest offiziell Geltung beanspruchen können, hat also zu einer paradoxalen Situation geführt. Gerade die Koranstelle, die solche Solidaritäts- und Humanitätsideale ausdrücken soll, erweist sich nach vollständiger Textlektüre und bei Berücksichtigung der exegetischen Tradition des Islam als Ausdruck eines mörderischen Kampfeswillens gegenüber allen Gruppierungen oder Nationen, in denen Vertreter der islamischen Gemeinschaft Unruhestifter und Gegner wittern. Auch Navid Kermani hat aus der zitierten Sure eine Begründung für einen „barmherzigen Islam“ herausgelesen. Er zitiert in seiner Ansprache bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer muslimischen Terrors im Januar 2015 eine Textstelle, die der von Cemile Gioussuf benutzten unmittelbar vorausgeht: „Vor allem 26

http://koransuren.com/koran/der_tisch_5.html (Zugriff: 2. Januar 2020). www.kalifat.org/inhalt-der-verfassung-des-islamischen-staates-von-medina_d1026.html (Zugriff: 2. Januar 2020). 28 Gerd-R. Puin, „Mit dem Islam hat das alles nichts zu tun“ – oder doch?, in: Imprimatur 47 (2014), Heft 6/7, zugänglich unter www.imprimatur-trier.de/2014/Imprimatur-2014-06_6. pdf (Zugriff: 2. Januar 2020). 27

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liegt es an uns, dem höchsten Gebot des Islams, der Barmherzigkeit, wieder Geltung zu verschaffen: ,Wahrlich, erhebst du auch deine Hand gegen mich, um mich totzuschlagen, so erhebe ich doch nicht meine Hand, um dich zu erschlagen‘ – das werden heute die meisten für die Bergpredigt halten, ist aber doch unser eigener Koran, Sure 5,28.“ Abgesehen davon, daß nur jemand dieses Zitat mit der Bergpredigt verwechseln kann, der sie gar nicht kennt, übergeht Kermani hier auch die schlichte Tatsache, daß es bei dem Koranzitat keineswegs um eine Verhaltensmaxime für Muslime geht. Vielmehr interpretiert der Koran hier das Buch Genesis, und zwar den Streit zwischen Kain und Abel. Man sieht also auch an diesem Beispiel, welche interpretatorischen Verrenkungen und paradoxale Erläuterungen liberale Muslime auf sich nehmen müssen, wenn sie dem Koran Aussagen entnehmen wollen, die einen mit Christen und Juden solidarischen Islam begründen sollen. Dabei könnten sie die mit den erwähnten koranischen Aussagen verbundenen Probleme leicht aus der Welt schaffen, wenn sie sich dazu durchringen könnten, den Koran nicht als wörtliche Mitteilung von Gott selbst zu verstehen, sondern ihn historisch zu relativieren und seine Verbindlichkeit für heutige Gesellschaften damit zu entkräften. Dazu würde auch gehören, daß die absolute Vorbildfunktion des Propheten Mohammed als Kriegsherr nach traditioneller Lesart ebenso auf den Prüfstand gestellt würde wie die Drohung mit der Todesstrafe für den Abfall vom Islam oder auch die Diskriminierung von Frauen ebenso wie die Polygamie. Dazu ist hierzulande aber seitens der Islamverbände gar nichts und selbst von den meisten liberalen Muslimen wenig zu hören. Die Bundesregierung berücksichtigt bei ihrer Migrationspolitik überhaupt nicht die Problematik kultureller Differenzen. Dabei dürfte ihr bekannt sein, daß mehr als fünfzig islamische Staaten in der Kairoer Erklärung über die Menschenrechte im Islam von 1990, die Scharia über die allgemeinen Menschenrechte gestellt haben. Da mit Abstand die meisten Asylsuchenden aus mehrheitlich islamischen Staaten kommen, müßte eigentlich bedacht werden, daß sie neben den weiter oben schon angesprochenen Problemen diese dem deutschen Grundgesetz widersprechenden Vorstellungen ganz selbstverständlich als geistiges Gepäck mitbringen. Der englische Ökonom Paul Collier tritt aus solchen und weiteren Gründen für das Recht auf eine kulturell differenzierte Zuwanderungspolitik ein. Und wie Manfred Spieker festhält, ist jemand, der „die soziale Kohäsion der Gesellschaft und ihr Recht schützen will, den eigenen Lebensstil und die eigenen Bräuche zu pflegen“, keineswegs der Vorwurf zu machen, er widerspreche der christlichen Sozialethik. Schon Thomas von Aquin habe die Aufnahme von Fremden je nach kultureller Nähe und Gemeinwohlkompatibilität für legitim gehalten29.

29 Manfred Spieker, Pflichten und Grenzen der Solidarität. Zur Rolle des Staates in der Migrationsethik, in diesem Band, S. 37 (46 f.).

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Die Bundesregierung und die überwältigen Mehrheit der deutschen Medienvertreter scheuen jedoch dergleichen verantwortungsethische Abwägungen wie der Teufel das Weihwasser. VI. Ausblick: Wunschbilder und neue Paradoxien Angela Merkel hat in einem Bericht vom 28./29. Juni 2018 immerhin eine Reihe kurzfristig zu ergreifender Maßnahmen zur Eindämmung der Migration vorgeschlagen30. Im Einzelnen fordert sie die Einrichtung von „Ankerzentren“, in denen Flüchtlinge und Migranten, die bereits in anderen EU-Ländern registriert worden sind, bis zu ihrer Rückführung untergebracht werden sollen. Ferner drängt sie auf beschleunigte Rechtsmittelverfahren bei Asylentscheidungen sowie auf die Durchsetzung geltenden Rechts, wozu auch das verstärkte Bemühen um Abschiebungen gehört. Die Schleierfahndung in Grenznähe soll verschärft und die Grenzpolizei in Bulgarien und Griechenland mit deutscher Unterstützung verstärkt werden. Auch soll der Mißbrauch von Schengen-Visa intensiver bekämpft werden. Schließlich sollen die europäischen Außengrenzen insgesamt besser geschützt werden. Mit diesen Maßnahmen will sie offenbar zur Entlastung der zunehmend überforderten deutschen Gesellschaft beitragen, auch wenn für den weiteren Migrationsdruck aus Afrika sowie aus dem Nahen und Mittleren Osten damit noch lange kein erfolgversprechendes Rezept vorgelegt worden ist. Selbst die Einrichtung von Ankerzentren, die verhindern sollen, daß jeder Migrant, der deutschen Boden betritt, faktisch ein Bleiberecht und damit seine wirtschaftliche Absicherung durch die Solidargemeinschaft gewinnt, sind bislang durch fast alle Bundesländer blockiert worden. Aber auch die Forderung nach beschleunigter Abschiebung nicht berechtigter Asylbewerber, ja, von Intensivtätern und zum Terror bereiter Asylsuchender ist nach allen bisherigen Erfahrungen in den meisten Fällen bloß ein zur Beruhigung des Publikums artikulierter frommer Wunsch. Statt aber die genannten Probleme endlich ernst zu nehmen, hat die deutsche Regierung, weitgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit, tatkräftig am Zustandekommen des UNO-Migrationspaktes mitgewirkt. Dabei hat sie, was zunächst vernünftig klingen mag, die Bekämpfung der Fluchtursachen als besonders wichtiges Thema verfolgt. Daß die Ursachen mit der Bevölkerungsexplosion in Afrika und in den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens zusammenhängen, haben deutsche Regierung und der Migrationspakt aber nicht einmal erwähnt. Die Forderung nach einer Bekämpfung der Fluchtursachen bei gleichzeitigem Ignorieren der Hauptursache ist aber offenkundig widersinnig. Ebenso widersinnig ist die Forderung an die Herkunftsländer, Fluchtursachen zu beseitigen, ohne die Bedingungen des Gelingens dieser Forderung zu thematisieren. Überhaupt widmet der Pakt der Verantwortung der Herkunftsländer für Migration kaum Aufmerksamkeit. 30 www.welt.de/politik/deutschland/article178515666/Angela-Merkel-So-will-sie-mehr-Ord nung-in-die-Migrationspolitik-bekommen.html (Zugriff: 2. Januar 2020).

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Sie werde aufgefordert etwas zu tun, aber gleichzeitig davor bewahrt, wirklich etwas tun zu müssen. Paradoxal ist daneben auch die angeblich für Deutschland vorteilhafte Forderung an die Adresse aller anderen Staaten, irreguläre Migration durch nationales, bilaterales und regionales Grenzmanagement zu verhindern. Wie soll solche Migration verhindert werden, wenn es gleichzeitig heißt, es dürfe niemand an der Grenze zurückgewiesen werden („Grundsatz der Nichtregression“)?31 Vollends widersinnig wird die deutsche Verteidigung des Migrationspaktes, wenn behauptet wird, daß der Pakt keine „rechtsändernde oder rechtssetzende“ Wirkung habe und zugleich die Erwartung formuliert wird, daß die anderen Staaten sich durch den Pakt in der Pflicht sehen und durch entsprechendes Verhalten Deutschland entlasten werden32. Was seitens der Regierung heruntergespielt wird, ist schon die Bedeutung der Überschrift dieses Paktes: Pakt für Migration. Damit ist gemeint: Die Förderung der Migration über nationale Grenzen hinweg, oder, gemäß der Formulierung des „Commitments“: „Wir verpflichten uns, Optionen und Wege für reguläre Migration anzupassen.“ Der Pakt hat zwar nicht die Form eines völkerrechtlichen Vertrags, sondern muß als etwas gesehen werden, das im angelsächsischen Raum als soft law bezeichnet wird, aber auch soft law entfaltet nicht nur eine politische Bindungskraft, sondern wird ohne Zweifel auch für deutsche Verwaltungsgerichte eine wegweisende Bedeutung haben. Auch das wird von der Regierung verschwiegen33. Die von der deutschen Regierung behauptete Unverbindlichkeit des Paktes steht ferner im Widerspruch zu den weiteren Regelungen, die auf eine permanente Kontrolle der Einhaltung des Paktes hinauslaufen. Alle vier Jahre soll es ein großes Migrationsforum geben und alle zwei Jahre ein regionales Kontrollsystem unter Beteiligung von NGOs, „um die Staaten zu drängen, die 23 Ziele des Migrationspaktes umzusetzen.“ Was das im Rahmen der UNO bedeutet und wie in diesem Rahmen politische Interessen etwa die Geltung der Menschenrechte beugen können, zeigt etwa die Tatsache, daß kürzlich 97 Staaten dafür gestimmt haben, daß Saudi-Arabien ein gutes Zeugnis vom Menschenrechtsrat der UNO bekommt, während zugleich die Ermordung des regierungskritischen Journalisten Jamal Kashoggi auf Veranlassung der saudischen Führung bekannt wurde, von den sattsam bekannten übrigen Menschenrechtsverletzungen in diesem Staate ganz zu schweigen. Zur übermäßigen Ausdehnung von einmal getroffenen Vereinbarungen seien folgende Beispiele erwähnt. Mit Berufung auf die Menschenrechtskonvention hat der Europäische Gerichtshof eine Rechtslage geschaffen, aufgrund derer illegale 31

„Wo liegen die Vorteile für Deutschland?“, in: FAZ vom 21. November 2018. „Unverbindlich“, in: FAZ vom 28. November 2018. 33 Christian Tomuschat, „Ein globales Rechts auf Migration?“, in: FAZ vom 8. November 2018. 32

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Flüchtlinge oft nicht in jene Länder zurückgeschickt werden konnten, über die sie gekommen waren, wobei sie zeitweise, und das war der Gipfel der Absurdität, nicht einmal mehr nach Griechenland und Ungarn zurückgeschickt werden durften. Überdehnt wurde auch die Genfer Flüchtlingskonvention. Sie wurde zusammen mit der EU-Gesetzgebung so weit ausgelegt, daß nunmehr faktisch 40.000 bis 50.000 illegale Migranten problemlos in die EU einreisen dürfen34. Dabei räumt die Flüchtlingskonvention weder ein subjektives Recht auf Migration noch einen Anspruch auf Einreise ein. Sie kennt auch nicht das in Deutschland fraglos anerkannte Recht auf Familienzusammenführung, das hierzulande sogar auf Großeltern und Enkelkinder ausgedehnt wird. Unterstützt wird die Verschleierung der Realität und das Festhalten an gesinnungsethischen Positionen durch die öffentlich-rechtlichen Medien. In deutlich mehr als 70 % aller Sendungen von ARD und ZDF, die dem Migrationsthema seit dem Herbst 2015 gewidmet waren, wurden Migranten fast ausschließlich positiv dargestellt35. Summary The Holy Father has made a paradoxical demand, when he claimed on the one hand that the European States are obliged to embrace every refugee, whereas, on the other hand, he attested the Swedish government that the closure of the Swedish frontiers was justified. But on the whole, all the declarations of the Vatican and of the German Bishop Conference and most of those made by the German government relating to the migration-waves were determined by ethics of conviction rather than by ethics of responsibility. The paradoxical German declarations that made possible the complete loss of control over the migrants in 2015 has had enormous financial and social consequences for the country in addition to the problems related to a kind of Islam at least partly incompatible with the German basic law. The UN-Migration-Pact with its paradoxical demands will put pressure on the target countries to facilitate migration (soft law).

34 Stephan Löwenstein (Andreas Khol zitierend), „Großer Druck durch weiche Gesetze“, in: FAZ vom 17. November 2018. 35 Reinhard Müller, „Die Lage richtig dargestellt“, in: FAZ vom 17. Januar 2017.

II. Historische und aktuelle Perspektiven von Migration / Historical and Current Perspectives of Migration

Deutschland und die Migration – Ambivalente Erfahrungen und offene Fragen Von Jürgen Aretz Die Migrationsfrage ist in der jüngeren deutschen Vergangenheit zu einem zentralen innenpolitischen Thema geworden. Ähnliches gilt für die meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). Die nationalen Debatten verlaufen meist kontrovers, oft konfrontativ. Das wirkt sich inzwischen auf die Beziehungen der europäischen Staaten untereinander aus und damit auf die Situation der EU insgesamt. Die Globalisierungsdiskussion und die Migrationsfrage haben wesentlich dazu beigetragen, daß es zu Veränderungen der Parteienlandschaft gekommen ist, die noch vor wenigen Jahren kaum denkbar gewesen wären. Das gilt etwa für die Niederlande, Frankreich, Italien oder Deutschland. Selbst Länder, die wie Schweden der Migrationsfrage traditionell offener gegenüberstehen, sind von diesen Entwicklungen nicht frei geblieben. Die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen verlaufen auf nationaler Ebene sehr unterschiedlich. So führten sie in Polen zu einer umfassenden Abschottungspolitik, die von der Bevölkerung mehrheitlich mitgetragen wird. In Großbritannien zeigte sich ein nachgerade bizarres Bild. Die Zuwanderung aus ehemaligen Kolonialgebieten in Afrika und Asien hatte man über Jahrzehnte akzeptiert. „The Polish Plumber“ aber, der im Zuge der EU-Freizügigkeit auf die Insel gekommen war, wurde plötzlich zum nationalen Problem. Im Vorfeld des BrexitVotums 2016 wurde die ohnehin emotionale Diskussion durch sachlich falsche Darstellungen der Brexit-Befürworter zusätzlich angeheizt. So könnte angesichts des knappen Ergebnisses tatsächlich die Migrationsfrage den Ausschlag dafür gegeben haben, daß der Brexit eine Mehrheit fand – wegen des polnischen Klempners und des Bildes, das sich auf dem Kontinent bot. Seit dem Herbst 2015 war durch die „Migrantenwelle“ besonders in Deutschland eine Situation entstanden, die den „Brexiteers“ zusätzliche Argumente für den EU-Austritt lieferte. Die Migration gehört freilich nicht nur „zur alltäglichen Realität in Europa“1. Sie hat vielmehr seit Jahrhunderten das Gesicht Europas mitgeprägt und seine Entwicklung nachhaltig beeinflußt. Augenfällig ist das in Bereichen wie der Kultur, der Wissenschaft und der Wirtschaft. Ohne Frage hat die historische Migration zu dem

1 Marianne Heimbach-Steins, Europa und Migration. Sozialethische Denkanstöße, Köln 2017, S. 6.

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Erfolg beigetragen, der heute das Bild Europas auf vielen Feldern prägt. Auch in Deutschland werden diese Zusammenhänge nicht immer gesehen. Unabhängig davon wurde die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland sei oder werden dürfe, noch zu Beginn der 1980er Jahre über Parteigrenzen hinweg übereinstimmend negativ beantwortet. Die Zahl der Ausländer nahm um 1980 in (West-)Deutschland innerhalb von drei Jahren um etwa 650.000 auf 4,63 Millionen zu. In der Bevölkerung wuchs die Sorge vor Überfremdung, wachsender Kriminalität, Wohnungsnot und Arbeitsplatzmangel2. Die SPD/FDP-Regierung Schmidt/Genscher faßte angesichts dieser Lage am 11. November 1981 einen förmlichen Kabinettsbeschluß, demzufolge „die Bundesrepublik Deutschland kein Einwanderungsland ist und auch nicht werden soll“, im Juli 1982 kam ein neues Asylverfahrensgesetz. Nach dem Regierungswechsel 1982 folgte die Regierung Kohl/Genscher (CDU/CSU/FDP) dieser Auffassung. Die Integration sollte befördert, zugleich aber der Zuzug von Ausländern begrenzt werden. Bundeskanzler Kohl sah Probleme vor allem bei türkischen Zuwanderern; viele von ihnen hielt er nicht für integrationswillig und integrationsfähig. „In diesem Jahrzehnt“, so Kohl im März 1983, müsse die Bundesrepublik „in der Frage der türkischen Gastarbeiter auf eine Halbierung kommen. Ich bin sicher, wer sich damit beschäftigt, wird das erkennen“3. Tatsächlich brachten Versuche, türkische Zuwanderer u. a. durch Prämien zur Rückkehr zu bewegen, nicht die beabsichtigten Ergebnisse. Heute ist eine solche Politik nicht mehr gewollt, und sie wäre sachlich noch weniger durchsetzbar als damals. Die SPD hatte 2013 eine neue Große Koalition davon abhängig gemacht, daß die doppelte Staatsbürgerschaft entscheidend erleichtert wurde. Bundeskanzlerin Merkel hat diese Forderung akzeptiert, die sie – wie ihre Partei, die CDU – zuvor aus prinzipiellen Erwägungen stets abgelehnt hatte. Hintergrund dieser grundsätzlichen Positionsveränderung war die in den 1990er Jahren neu entbrannte Diskussion der Frage, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei. Stärker noch als zuvor wurde sie vielfach zu einer „Art Kampf zwischen Gut und Böse“ stilisiert4. Kritiker und Befürworter der Einwanderungsthese gingen von unterschiedlichen Grundpositionen aus, und sie verfolgten Ziele, die sich ausschlossen. Die ersteren sorgten sich um die kulturelle Identität und die soziale Stabilität des Landes, die anderen, die sich zum Teil als „alternativ“ verstanden, erhoben den „Multikulturalismus“ zu einem zentralen politischen Programmpunkt. Soweit sie das nicht beabsichtigten, nahmen sie zumindest in Kauf, daß die politische, soziale, rechtliche und nicht zuletzt die kulturelle Ordnung der Bundesrepu2 Helmut Kohl, „Gelassenheit und Zuversicht“. Die Protokolle des CDU-Bundesvorstands 1980 – 1983, bearbeitet von Günter Buchstab, Düsseldorf 2018, S. XXVII ff. 3 Helmut Kohl, Berichte zur Lage 1982 – 1989. Der Kanzler und Parteivorsitzende im Bundesvorstand der CDU Deutschlands, bearbeitet von Günter Buchstab und Hans-Otto Kleinmann, Düsseldorf 2014, S. 75. 4 Yuval Noah Harari, „Wenn die Menschen sich weigern, nennt man das Demokratie“, in: Welt am Sonntag vom 21. Oktober 2018.

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blik in Frage gestellt wurde, wie sie seit 1949 entstanden und geprägt worden war. Diese Ordnung gründet auf einem breiten demokratischen Konsens, der die historischen Lehren gezogen hatte aus dem Scheitern der Weimarer Republik und den Schrecken des nationalsozialistischen Regimes. Mit ihrer erfahrbaren Freiheit und den umfassenden politischen und wirtschaftlichen Erfolgen übte sie eine hohe Anziehungskraft auf die Deutschen in der DDR aus und hat so entscheidend zu der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahre 1990 beigetragen. Die Wurzeln dieser Ordnung liegen in der mehr als tausendjährigen christlichen Tradition, den jüdischen Beiträgen zur Kultur und Wissenschaft in Deutschland und in der Aufklärung, die ihrerseits nicht verstanden werden kann ohne die Bezüge zum Christentum5. So konnte der zweite Demokratieversuch gelingen – in Verbindung mit einem erfolgreichen Wirtschaftssystem, der Sozialen Marktwirtschaft. Beides steht in einem nicht auflösbaren Zusammenhang. Von wesentlicher Bedeutung war die Christliche Soziallehre und ihre Umsetzung in der Praxis. Der Publizist Jan Roß beschrieb sie als eine Art „geheimer Staatsreligion“ der frühen Bundesrepublik. Die damals starken christlichen Sozialverbände bildeten, um einen Begriff ihrer weltanschaulich-politischen Gegner aufzugreifen, den „Transmissionsriemen“ in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Mit diesen historischen Grundlagen und ihrer anhaltenden Bedeutung für die Politik der Gegenwart wollte die multikulturalistische Idee brechen. Einer ihrer früheren Verfechter, Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, hat deren Scheitern offen eingeräumt. Man habe, so der grüne Politiker, „die multikulturelle Gesellschaft zu einem schönen Erlebnis verklärt“6. Von einer umfassenden Revision solcher Vorstellungen kann in wichtigen Teilen der deutschen Politik, der Gesellschaft und der Kirchen bis heute nicht die Rede sein. Sehr viel weitersichtig hatte sich der frühere sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt gezeigt. Er führte bereits 1992 aus, man könne Deutschland nicht zu einem Einwanderungsland machen, in dem mehrere Kulturen nebeneinander existierten. Das vertrage die Gesellschaft nicht; dann „entartet die Gesellschaft“7. Ein solcher Satz könnte heute nicht mehr formuliert werden, ohne daß der Urheber in die geistige Nähe des Nationalsozialismus gerückt würde. Die meisten derer, die in der jüngeren Debatte Deutschland nicht vorbehaltlos als Einwanderungsland sehen wollten, standen gleichwohl einer geregelten Einwanderung keineswegs ablehnend gegenüber. Auch ihnen war klar, daß die Herausforderungen des demografischen Wandels neue Antworten erfordern. Sie wandten sich vielmehr gegen eine unspezifische Einwanderung, im besonderen 5 Zu den heute noch wirksamen Prägungen Deutschlands durch das Christentum vgl. u. a. Thomas Petersen, Die Wandlungen des Christentums, in: Die Neue Ordnung 5/2016, S. 324 – 335. 6 Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 5. Juli 2018. 7 Helmut Schmidt, „Immer nur über Geld zu reden, ist oberflächlich“, in: Frankfurter Rundschau vom 12. September 1992.

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gegen Einwanderer, die den Grundwerten des Landes und seinen kulturellen Prägungen ohne Verständnis oder gar ablehnend begegnen und eine umfassende Integration nicht vollziehen können oder wollen. Eine grundsätzliche Ablehnung der Einwanderung hätte im Übrigen den Erfahrungen und dem Verlauf der deutschen Geschichte widersprochen. Deutschland ist über Jahrhunderte Einwanderungs- und auch Auswanderungsland gewesen. So sind zwischen 1841 und 1910, also im Zeitraum von gut zwei Generationen, mehr als fünf Millionen Deutsche nach Übersee ausgewandert. Die meisten gingen in die USA. Auf der anderen Seite sind allein im Jahr 2017 1,55 Millionen Menschen nach Deutschland ein- und 1,13 Millionen ausgewandert; die Nettozuwanderung betrug 416.000 Personen. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands im Herbst 1990 sind fast sieben Millionen Menschen mehr nach Deutschland zugezogen als weggegangen. I. Hugenotten, Polen und Heimatvertriebene – Beispiele erfolgreicher Integration Für die Diskussion der Migrationsfrage in Deutschland kann es hilfreich sein, auf frühere Einwanderungserfahrungen zu schauen. Sie zeigen durchaus umfassende Integrationserfolge und positive Wirkungen, die durch Migration in und für Deutschland eingetreten und zum Teil bis heute nachvollziehbar sind. Mit dem 17. Jahrhundert ging in Frankreich eine Phase relativer konfessioneller Toleranz zu Ende. Hunderttausende „Hugenotten“ verließen das Land, etwa 20.000 von ihnen flohen in das preußische Brandenburg. Diese Zahl entsprach damals annähernd der Bevölkerung von Berlin. Nach dem Willen des „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm sollten die „Refugiés“8 helfen, Brandenburg wieder aufzubauen; das Land war durch den Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) und Seuchen weithin zerstört und unterentwickelt. Die Neuankömmlinge verfügten über eine vergleichsweise hohe Bildung, meist gute berufliche Qualifikationen und eine vorbildliche Motivation, die ihre Begründung im calvinistischen Glauben fand. Im Unterschied zu seinen meist lutherischen Untertanen gehörte auch der Kurfürst und spätere König (seit 1701) der reformierten Richtung des Protestantismus an. Für ihn und den preußischen Hof stellten die konfessionellen und kulturellen Besonderheiten der Zuwanderer im Gegensatz zu den Einheimischen kein Problem dar. Ohnehin sprach man Französisch, das der Mode der Zeit folgend der deutschen Sprache vorgezogen wurde. Die einheimische Bevölkerung dagegen sah die Zu-

8 In Brandenburg und Berlin sprach man bis ins 19. Jahrhundert von den „Refugiés“, also Flüchtlingen. Erst dann setzte sich auch dort die Verwendung des Begriffs „Hugenotten“ durch.

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wanderer aus religiösen und kulturellen Gründen zunächst skeptisch9. Deren Leistungs- und Integrationsbereitschaft aber waren beispielhaft. Bereits zwei Generationen später war es ganz selbstverständlich, daß die große Mehrheit der Einwanderer-Nachfahren einheimische Partnerinnen bzw. Partner heirateten. Der Beitrag der Hugenotten zum Aufstieg und Erfolg Preußens ist nicht nur umfassend zu belegen; dieser Erfolg wäre ohne die Immigranten kaum möglich gewesen. Ein zweites Beispiel bietet der Industrialisierungsprozeß im Ruhrgebiet, der im 19. Jahrhundert zu einem schnell wachsenden Arbeitskräftebedarf führte. In der Folge und bis in das 20. Jahrhundert hinein zogen Hunderttausende Polen in die wichtigste deutsche Industrieregion; ihre meist agrarisch geprägte Heimat hatte ihnen keine Perspektive geboten. Bis heute erinnern in Ruhrgebietsstädten und darüber hinaus viele Familiennamen an diese Zuwanderer. Über mehrere Generationen wahrten sie ihre polnisch-katholische Identität. Noch in den 1930er Jahren sollten nach dem Willen der Bischöfe Priester, die in diesen Orten wirkten, Polnisch lernen, um ihren Gemeindemitgliedern die Beichte abzunehmen. Ihre Zugehörigkeit zum deutschen Staat stellten diese Menschen nicht in Frage. Sie erkannten früh, daß sie und ihre Kinder den sozialen und materiellen Aufstieg nur schaffen konnten, wenn sie sich aktiv integrieren würden. Wie weit diese Bereitschaft zur umfassenden Integration ging, mag eine Episode illustrieren. Im Jahre 1909 wurde in Dortmund aus einer katholischen Jugendgruppe heraus ein heute bekannter Fußballverein gegründet, und polnische Namen gehörten von Anfang an dazu. Der Verein nahm den Namen „Borussia“ an, also die latinisierte Form des Staatsnamens Preußen. Damit gab es auch auf Seiten der jungen Menschen mit polnischem Hintergrund kein Problem. Das dritte, historisch anders gelagerte Beispiel belegt den für die Nachkriegszeit Deutschlands bedeutendsten Integrationserfolg. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen mehr als 13 Millionen Flüchtlinge und Heimatvertriebene nach Mittel- und Westdeutschland. Sie stammten vor allem aus dem historischen Osten Deutschlands, der mit Billigung der Siegermächte von Polen annektiert worden war. Vertriebene kamen ebenso aus dem Sudetenland und anderen deutschen Siedlungsgebieten. Zwei Millionen Menschen, vor allem Frauen, Kinder und Alte, sind im Zuge dieses Prozesses ums Leben gekommen. Die oft traumatisierten Vertriebenen suchten Zuflucht in dem verbliebenen deutschen Staatsgebiet, wo sie keineswegs mit überwältigender Zustimmung aufgenommen wurden. Die Not war auch dort groß – Unterbringung und Versorgung waren oft völlig unzureichend, Arbeit gab es kaum. Soweit diese Menschen in den Westen Deutschlands und damit in die spätere Bundesrepublik gelangten, erhielten sie einen „Lastenausgleich“. Das war eine gewaltige und beispiellose Solidarleistung, die den Start der meist völlig mittellosen Heimatvertriebenen erleichterte; das verloren gegangene Eigentum ersetzte er 9 Die konfessionellen Unterschiede wurden später jedenfalls organisatorisch eingeebnet. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen verfügte 1817 für sein Herrschaftsgebiet, Lutheraner und Calvinisten in einer unierten Kirche zusammenzuschließen.

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nicht. Im Miteinander mußten vielfältige kulturelle und soziale Unterschiede überwunden werden. Und doch schafften Einheimische und Vertriebene gemeinsam den Wiederaufbau. Sie verwirklichten das, was als vermeintliches „Wirtschaftswunder“ in die Geschichte eingegangen ist. Ein Wunder war das nicht – vielmehr eine Aufbauleistung, die möglich wurde durch den enormen Fleiß der Arbeitnehmer und das mutige Handeln der Unternehmer. Grundlage für den gemeinsamen Erfolg war ein neues Wirtschaftssystem, in dem die Freiheit des Marktes mit sozialem Ausgleich verbunden wird (Alfred Müller-Armack). Dieses gegen große Widerstände eingeführte System wurde als „Soziale Marktwirtschaft“ ein über Deutschland hinausstrahlendes Symbol für den Aufstieg der Bundesrepublik schlechthin. Längst sind Einheimische, die Vertriebenen und ihre Nachkommen zu einer Einheit zusammengewachsen. Soziale, kulturelle oder politische Selbstabgrenzungen gegenüber der Mehrheit der Einheimischen hat es bei den Vertriebenen nicht gegeben. Ihre eher zurückhaltenden, manchmal berührenden Versuche, Erinnerungen an die verloren gegangene Heimat zu bewahren, kulturelles Wissen und Volkstraditionen zu erhalten, sind nachvollziehbar und angesichts des erlittenen Unrechts legitim. Vor allem wurden und werden diese Versuche niemandem aufgedrängt oder gar aufgezwungen. Die „Zuwanderungswellen“ von Hugenotten, polnischen Arbeitern und Heimatvertriebenen sind differenziert zu sehen. Eines aber verband diese Zuwanderer: Sie haben sich bewußt integriert und ihre Chancen wahrgenommen. Tatsächlich haben sie durch ihre Leistung dazu beigetragen, daß sich ihre neue Heimat erfolgreich weiterentwickeln konnte und Gewinn von der Zuwanderung hatte. II. Integrationsvoraussetzungen Dem könnte entgegengehalten werden, daß diese Zuwanderer allesamt europäischer Herkunft waren, mithin demselben Kulturkreis angehörten und überdies durch ihren christlichen Glauben weltanschaulich homogen gewesen seien. Das ist ein Argument, das nur vordergründig zur Relativierung aktueller Probleme in Deutschland beiträgt. Zum einen unterschätzt oder ignoriert dieser Einwand das religiöse Moment. Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hatten konfessionelle Unterschiede in Deutschland eine heute kaum mehr vorstellbare Bedeutung, die weit in das gesellschaftliche und politische Leben und selbst in die Wirtschaft reichte. Zum anderen belegen in der jüngsten Vergangenheit auch andere, nichtchristliche und nichteuropäische Zuwanderergruppen, daß erfolgreiche Integration möglich ist, so sie denn gewollt wird. Der niederländische Soziologe Ruud Koopmans, dessen Arbeiten nach Ansicht der „Neuen Zürcher Zeitung“ im deutschsprachigen Europa „fast schon totge-

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schwiegen werden“10, legt eine Definition des Begriffs „Integration“ vor, die in der Wissenschaft „unstrittig“ sei. Die „Lebensverhältnisse von Zuwanderern“ müßten sich „an die der Mehrheitsgesellschaft angleichen“, Arbeitslosenquote und Bildungsabschlüsse der Kinder vergleichbar und die Einkommen der Qualifikation entsprechend nicht niedriger sein. Aus seiner Sicht umfaßt eine gelungene Integration darüber hinaus aber auch soziale Aspekte: „Leben die Migranten in Parallelwelten oder werden sie Teil der aufnehmenden Gesellschaft?“11 Positive Beispiele liefern dafür die russischen Juden, denen seit Ende der 1980er Jahre die Einreise nach Deutschland ermöglicht wurde12. Bundeskanzler Helmut Kohl hatte daran persönlichen Anteil. Die meisten bewiesen allen spezifischen Herausforderungen und Schwierigkeiten zum Trotz einen starken Integrationswillen und nutzten entschlossen die gebotenen Chancen. Der Bildungserfolg und der folgende soziale Aufstieg sind beeindruckend. Ähnliches gilt für viele zugewanderte Vietnamesen13 oder Koreaner14, die zum großen Teil Buddhisten, Konfuzianer oder Agnostiker sind. Erfolgreiche Integration in das aus historischen Gründen christlich geprägte Deutschland ist also nicht an die praktische Bedingung gebunden, daß die Zuwanderer Christen sind. Eine ideologiefreie, realitätsnahe Betrachtung wird zu dem Ergebnis kommen, daß erfolgreiche Integration partielle Angleichung voraussetzt. Dazu gehören die uneingeschränkte Bereitschaft, die gesellschaftlichen und kulturellen Prägungen des aufnehmenden Landes zu akzeptieren, andere Religionen zu tolerieren und die 10 Martin Beglinger, Assimilation funktioniert, in: Neue Zürcher Zeitung vom 16. April 2016. 11 Ruud Koopmans, Wir brauchen strengere Regeln, in: Die Welt vom 8. Juli 2016. 12 Seit den späten 1980er Jahren und bis in die frühen 2000er Jahre kamen insgesamt etwa 200.000 Juden aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland. Nahezu die Hälfte schloß sich den jüdischen Gemeinden an. Das hat ganz wesentlich zur Wiederbelebung des jüdischen Lebens in Deutschland beigetragen, das als Folge des Holocaust nahezu vernichtet war. 13 In Deutschland leben heute annähernd 180.000 Vietnamesen bzw. Deutsche mit vietnamesischen Wurzeln. Ein Teil ist in den 1970er Jahren in die Bundesrepublik gekommen, überwiegend als Flüchtlinge und „Boat People“. Die DDR hatte zunächst Studenten und Akademiker, nach der Wiedervereinigung Vietnams unter sozialistischer Führung auch „Vertragsarbeiter“ in das Land geholt. Die „Vertragsarbeiter“ lebten im Unterschied zu den „Gastarbeitern“ der Bundesrepublik abgegrenzt von der einheimischen Bevölkerung. Nach Ablauf ihrer Verträge mußten sie zurückkehren. Diese Regelung blieb nach der Wiedervereinigung Deutschlands in Kraft. 14 Wie bei den Vietnamesen (s. Fn. 13) gab es auch bei den Koreanern eine „geteilte“ Aufnahmepolitik. In die Bundesrepublik kamen zunächst junge Südkoreaner, die sich in der Ausbildung befanden. In den 1960er Jahren wurden Bergarbeiter und Krankenschwestern als „Gastarbeiter“ angeworben. Im Vergleich zu jenen aus anderen Herkunftsländern verfügten sie über ein hohes Bildungsniveau. Wegen des damaligen repressiven Systems suchten auch Akademiker, Künstler und Intellektuelle Zuflucht in der Bundesrepublik. Die DDR nahm eine kleine Gruppe von Nordkoreanern auf, vor allem Studenten und Auszubildende. Heute leben in Deutschland etwa 35.000 Koreaner bzw. Deutsche mit koreanischem Hintergrund.

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Rechtsordnung zu respektieren. Wirtschaftliche Tätigkeit ist nur unter den Regeln des Aufnahmelandes möglich. Das Erlernen der neuen Sprache stellt eine erste und unumgängliche Notwendigkeit dar. Der israelische Historiker Yuval Noah Harari fordert, im Gegenzug zu der Aufnahme in das Gastland müssten Immigranten dessen zentrale Normen und Werte übernehmen, auch wenn das bedeute, eigene traditionelle Normen und Werte aufzugeben. Die ausreichende Integration werde sie mit der Zeit zu gleichberechtigten Angehörigen des Gastlandes machen, „sie“ würden zu „wir“15. Dem stehen kulturelle Besonderheiten nicht entgegen, deren Bewahrung ein von westlichen Werten getragenes Aufnahmeland seinen Zuwanderern zugestehen wird. Integration kann in einem freien und demokratischen Land nicht soziale und kulturelle Zwangsassimilation im Sinne einer uneingeschränkten Anpassung bedeuten. So wie die polnischen Immigranten ihren katholischen Glauben in einer oft nichtkatholischen Umgebung leben durften, muß muslimischen Zuwanderern die Religionsausübung in den Moscheegemeinden möglich sein. Die dort tätigen Imame werden aber – wie seinerzeit die katholischen Geistlichen der polnischen Gemeinden – die Integration in die Gesellschaft und die uneingeschränkte Zustimmung zum deutschen Staat nicht in Frage stellen dürfen, sondern sie werden sie im Gegenteil befördern müssen. Das aber ist in der derzeitigen Situation faktisch ausgeschlossen. Die von der türkischen Religionsbehörde auf Zeit entsandten und von ihr bezahlten Imame weisen „große Sozialisations- und Sprachdefizite“ auf. Sie wissen sehr wenig von der Mehrheitsgesellschaft, in der ihre Gemeindemitglieder und sie selbst leben, und „als türkische Staatsbeamte sind sie gegenüber dem Religionsattaché des zuständigen türkischen Konsulats weisungsgebunden“16 – mit den entsprechenden sozio-kulturellen und politischen Folgen. Die aktive Integration der Zuwanderer ist unverzichtbar, soll nicht der Zusammenhalt der aufnehmenden Gesellschaft und das Funktionieren ihres politischen Gemeinwesens in Frage gestellt werden. Das Recht auf kulturelle oder soziale Besonderheiten kann nämlich nicht dazu führen, daß eine zugewanderte Minderheit das Recht beansprucht, eine Parallelgesellschaft zu bilden. Ebenso wenig legitim ist der Versuch, der aufnehmenden Mehrheitsgesellschaft fremde Vorstellungen und Lebensweisen aufzuerlegen. So kann es nicht hingenommen werden, daß auf Verlangen muslimischer Schüler oder Eltern mit Unterstützung multikulturalistischer Ideologen Weihnachtsfeiern aus der Schulzeit verbannt und St. Martins-Umzüge zu „Lichterfesten“ verbogen werden. In vielen Schulen wird gefordert, für muslimische Schüler spezielle, für andere Zwecke gesperrte Räume einzurichten, damit sie dort ihre Gebete verrichten. Der Islam erlaubt es, vorgeschriebene Gebete zeitlich 15

s. Fn. 4. Andreas Jacobs/Janosch Lipowsky, Imame made in Europe? Ausbildung und Beschäftigung von islamischen Geistlichen in Deutschland und Frankreich in: Konrad-AdenauerStiftung (Hrsg.), Analysen und Argumente Nr. 346, März 2019, S. 3. – In Deutschland sind mehr als 2000 Imame tätig (2019), die zu 90 % aus dem Ausland stammen, vor allem der Türkei (Nachw. ebd.). 16

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zu verschieben, wenn die Umstände das erfordern. So geschieht es zum Beispiel vielfach in der Arbeitswelt muslimischer Länder. Tatsächlich geht es in dieser Frage an deutschen Schulen nicht wirklich um die freie Religionsausübung, sondern um demonstrative Machtproben, die eine bewußte Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft zum Ziel haben. Sollten katholische Schüler konsequenterweise einen eigenen Raum beanspruchen, um während der Schulzeit den „Engel des Herrn“ zu beten, wären ihnen Unverständnis und Ablehnung gewiß. Die Forderung nach Ausnahmerechten, die auch in wesentlich bedeutsameren Bereichen zu beobachten ist, richtet sich letztlich gegen elementare Grundsätze der bestehenden Rechtsordnung. Diese Grenze wird bereits vielfach überschritten – so bei dem Aufbau einer Paralleljustiz, wie es sie nicht nur in deutschen Großstädten längst gibt. In Deutschland und Teilen Europas wird von vielen Zuwanderern eine Grundforderung abgelehnt, deren Erfüllung in traditionellen Einwanderungsländern ganz selbstverständlich ist: Die aktive Integrationsbereitschaft als eine Bringschuld der Neuangekommenen. Manche Einheimische, die noch der vergangenen Multi-KultiIllusion – darauf zielt die Selbstkritik Kretschmanns – anhängen, unterstützen diese integrationsfeindliche Position. In den USA ziehen Zugewanderte als Zeichen der Solidarisierung und der Identifizierung mit der neuen Heimat ganz selbstverständlich das US-Sternenbanner vor ihren Wohnungen und Häusern auf. Hier ist das anders. Selbst in Deutschland geborene und aufgewachsene Nachfahren von Zuwanderern, die als Sportler in die Nationalmannschaft berufen wurden, singen die Nationalhymne nicht mit – offensichtlich paßt der von Harari formulierte „Wir“Gedanke nicht in ihre Vorstellungswelt. Ohne die Bereitschaft zur Integration aber wird es ein Miteinander von Einheimischen und Zugewanderten nicht geben, bestenfalls ein Nebeneinander. Davor hat Helmut Schmidt zu Recht gewarnt. Die fehlende Integrationsbereitschaft kann durch noch so intensive Bemühungen von Staat, Gesellschaft und Kirchen nicht kompensiert werden. Das wird durch die Erfahrungen überdeutlich, die Deutschland gerade in der jüngeren Vergangenheit gemacht hat. III. Südeuropäische „Gastarbeiter“ und türkische Arbeitsmigranten In der ersten Hochkonjunkturphase (West-)Deutschlands wurden seit den 1950er Jahren sogenannte „Gastarbeiter“ aus Staaten Südeuropas angeworben, die unter hoher Arbeitslosigkeit litten. Das Verfahren war durch Verträge zwischen der Bundesrepublik und den Herkunftsländern geregelt. Wie der damals geprägte Begriff bereits andeutet, erhielten die „Gastarbeiter“ befristete Verträge, nach deren Ablauf sie in ihre Heimat zurückkehren sollten. Vor diesem Hintergrund war die Integration kein Thema; man beschränkte sich auf eine spezifische Sozialarbeit. Eine große Zahl von Italienern, Griechen, Spaniern, Portugiesen und Menschen aus

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dem ehemaligen Jugoslawien sind mit zusätzlichen beruflichen Erfahrungen und Qualifikationen in ihre Heimat zurückgekehrt17. Manche konnten sich mit ihren Ersparnissen eine neue Existenz aufbauen oder den Traum von einem eigenen Haus verwirklichen. Andere sind in Deutschland geblieben und haben sich erfolgreich in die Gesellschaft integriert. Nicht wenige sind binationale Ehen eingegangen. So gibt es heute in der Bundesrepublik fast 900.000 Italiener oder Italienischstämmige; das entspricht mehr als 1 % der Bevölkerung. Nicht nur deutsche Interessen bzw. arbeitsmarktpolitische Gründe führten 1961 zu einem Anwerbeabkommen der Bundesrepublik mit der Türkei. Das stark unterentwickelte Land suchte seinerseits massive Unterstützung. Dazu gehörte dieser Vertrag ebenso wie das allerdings erfolglose Bemühen, Aufnahme in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zu finden, einer Vorstufe der späteren EU. Dennoch war der Westen in der Zeit des Kalten Krieges bemüht, dem türkischen NATO-Partner zu helfen – nicht zuletzt wegen seiner strategischen Bedeutung. Der Vertrag mit der Bundesrepublik ermöglichte es, daß mehr als 825.000 Arbeitnehmer, vor allem Männer, hierher kommen konnten. Ihre Überweisungen in die Heimat bedeuteten für die Türkei eine Entlastung, die sozial und volkswirtschaftlich unverzichtbar wurde. Die Wirtschaftskrise von 1973, ausgelöst u. a. durch die erste Ölkrise, veranlaßte die sozial-liberale Bundesregierung Brandt/Scheel zu einem Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer. Dem ursprünglich beabsichtigten „Rotationsprinzip“ wurde damit die Grundlage entzogen. Neue „Gastarbeiter“ wurden nicht mehr verpflichtet, die im Land befindlichen konnten in Deutschland bleiben oder in die Heimat zurückkehren. In weit höherem Maße als andere „Gastarbeiter“ entschieden sich türkische Arbeitnehmer für den Verbleib – und für den Familiennachzug, den die Bundesregierung wenig später erleichterte. Die Lebensumstände waren für die Angehörigen ungleich attraktiver als in der oft extrem rückständigen Heimat. So wurden aus den türkischen „Gastarbeitern“ Arbeitsmigranten, die auf Dauer blieben. Der Familiennachzug führte in Verbindung mit einer hohen Geburtenrate18 zu einem raschen Anwachsen der türkischen Bevölkerungsgruppe. Heute gibt es in der Bundesrepublik eine türkische bzw. türkischstämmige Gruppe von rund drei Millionen Menschen, das sind 3,6 % der Bevölkerung. Aktuelle amtliche Angaben darüber, wie viele von der Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft Gebrauch gemacht haben, liegen nicht vor. Nachdem aber der Zensus von 2011 bereits mehr 17

Der erste Anwerbevertrag wurde 1955 mit Italien geschlossen; es folgten Spanien und Griechenland (1960), später Portugal (1964) und Jugoslawien (1968). Die Verträge mit Marokko (1963) und Tunesien (1965) erlangten keine vergleichbare Bedeutung. 18 Zugewanderte Türkinnen haben in 45 % der Fälle drei oder mehr Kinder, andere Zuwanderinnen zu 24 %. Bei verheirateten Frauen ohne Migrationshintergrund liegt die Zahl der Kinder zwischen 0,6 im Falle höherer Qualifikation und 1,8 Kindern bei Frauen ohne beruflichen Abschluss. Vgl. Susanne Schmid/Martin Kohls, Generatives Verhalten und Migration. Eine Bestandsaufnahme des generativen Verhaltens von Migrantinnen in Deutschland, Forschungsbericht 10, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg 2011, S. 7.

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als 500.000 ergeben hatte, dürfte nach der geänderten Rechtslage eine Größenordnung von mehr als einer Million nicht unrealistisch sein. Türken und Türkischstämmige gehören in ihrer großen Mehrheit der sunnitischen Richtung des Islam an19. Inzwischen wächst in Deutschland bereits die vierte Generation dieser Zuwanderer heran. Das deutsche Bildungssystem, das eine Kostenbeteiligung in der Regel nicht kennt, hat Tausenden von ihnen Integration und sozialen Aufstieg ermöglicht. Sie sind erfolgreiche Handwerker, Geschäftsleute, Akademiker, Intellektuelle und Kulturschaffende. Säkulare Muslime sowie Angehörige nationaler und religiöser Minderheiten der Türkei sind unter ihnen besonders stark vertreten. Im Deutschen Bundestag finden wir sie – mit einer Ausnahme – in allen Fraktionen. Sie stehen für politisch unterschiedliche Positionen, aber sie verbindet die Zustimmung zu der demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik. Gleichwohl betreffen solche Aufstiegsbiografien nur eine Minderheit dieser Bevölkerungsgruppe20. Das hat vielfältige Gründe; ein erster ist die verbreitete Tendenz zur Selbstgettoisierung. Das vordergründig verständliche Verhalten ermöglicht ihnen ein Sozialleben, das sie von der Türkei kennen, wenn auch oft nur aus den Erzählungen der Eltern und Großeltern. Die notwendige Nachmodernisierung, die sie auf den sozialen, kulturellen und nicht zuletzt politisch-pluralistischen Stand des Aufnahmelandes bringen würde, unterbleibt aber. Junge Türken verhalten sich anders als seinerzeit junge Polen – sie schließen sich oft türkischen Sportvereinen an, mit türkischen Namen und türkischen Trainern. Die schulischen Leistungen der Kinder sind meist unterdurchschnittlich, vor allem, weil in den Familien nicht oder zu wenig Deutsch gesprochen wird. Selbst die im größten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen für Integration zuständige türkischstämmige Staatssekretärin Serap Güler verteidigte dieses Verhalten mit den Worten: „Mein Vater hatte tatsächlich den Anspruch, nie Deutsch zu lernen.“21 Für sie ist diese Zuwanderergeneration „Opfer“ deutscher Ignoranz gewesen. Die ebenfalls türkischstämmige deutsche Schauspielerin Sema zu Sayn-Wittgenstein erwiderte: „Noch deutlicher kann man den Unwillen zur Integration nicht beschreiben.“22 Güler steht mit ihrer subjektiven Wahrnehmung nicht allein. Im besonderen viele junge männliche Türken sehen sich bis heute in einer „Opferrolle“. Sie beklagen, ihnen werde der zustehende „Respekt“ verweigert – ein Respekt freilich, den sie 19 Nach Angaben des Bundesministeriums des Innern (2018) ist die Zahl der Muslime in Deutschland zwischen 2011 und 2015 um etwa 1,2 Millionen auf zwischen 4,4 und 4,7 Millionen gestiegen; das sind ca. 5,4 bis 5,7 % der Gesamtbevölkerung. Neben den Muslimen mit türkischem Migrationshintergrund stammen 17,1 % aus dem Nahen Osten (2008: 8,1 %). Weitere große Gruppen kommen aus dem Kosovo, Bosnien-Herzegowina und Albanien sowie aus Südostasien (8,2 %) und aus Nordafrika (5,8 %). 20 Vgl. dazu u. a. Sema zu Sayn-Wittgenstein, Was man ererbt von seinen Vätern, in: FAZ vom 9. Juli 2018. 21 Serap Güler, Im Namen des Vaters, in: FAZ vom 22. Juni 2018. 22 s. Fn. 20.

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nicht mit einer Lebensleistung begründen können, sondern aus ihrem männlichen Selbstverständnis ableiten. In diesem Sinne folgerichtig verweigern sie immer wieder den Respekt etwa gegenüber deutschen Lehrerinnen und Polizeibeamtinnen. Besserung ist nicht in Sicht: Die Bräute junger Türken werden noch vielfach aus dem Land der Vorfahren geholt. Mit westlicher Zivilisation sind sie kaum in Berührung gekommen, und die überkommenen archaischen Geschlechterrollen stellen sie in der Regel nicht in Frage. Ehen zwischen Türkischstämmigen und Deutschen sind in türkisch-traditionellen Kreisen unerwünscht und sehr selten. Offensichtlich waren Toleranz und Aufgeklärtheit bei Hugenotten und Brandenburgern bereits vor mehr als 200 Jahren höher entwickelt. Die Mehrheit gerade der männlichen Türken und Türkischstämmigen findet ihre Identität in einer Verbindung von nationalistischem „Türkentum“ und einem konservativ-traditionalistischen Islam. So sehen sie sich als „echte“ Türken. Dazu gehört ein von patriarchalisch-autoritärem Denken geprägtes Menschenbild, das sich allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz als zutiefst frauenfeindlich erweist. Dieses „Männerbild“ charakterisiert der Kriminologe Christian Pfeifer als bestimmt durch „gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen“. Die subjektiv so wahrgenommene Verweigerung des „Respekts“ gerät dann zu einer Bestätigung der „Opferrolle“, die konstitutiv ist für das Selbstverständnis vieler Türken in Deutschland. Wie Serap Güler unfreiwillig belegt, sehen sie sich als Folge der selbst gewählten Integrationsverweigerung durch „die“ Deutschen „diskriminiert“. Die türkischstämmige Soziologin Necla Kelek konstatiert in diesem Kontext, „Debatten um Burka, Kopftuch, Kinderehen, Ehrenmord, Parallelgesellschaft“ würden unter Muslimen in Deutschland „höchst selten geführt“23. Kelek wird bezeichnenderweise nicht nur von konservativen türkischen Kreisen angegriffen, sondern auch von einer bestimmten Gruppe deutscher Migrationsforscher – unabhängig davon, daß ihre Aussagen durch seriöse empirische Studien bestätigt werden24. Bei der letzten Wahl des türkischen Staatspräsidenten erhielt der neoosmanische Kandidat Erdogan unter den Auslandstürken in deutschen Großstädten bis zu 75 % der Stimmen. Das ist deutlich mehr als unter den Auslandstürken in Australien oder Kanada, Staaten, die im Unterschied zu Deutschland konkrete Erwartungen an ihre Einwanderer stellen. In der Türkei selbst lag das Ergebnis bei 52 %. Das Abstimmungsverhalten der „Deutsch-Türken“ korreliert mit den Ergebnissen einer repräsentativen Erhebung an der Universität Münster. Demnach haben für 47 % von ihnen religiöse Gebote Vorrang vor staatlichen Gesetzen. Ein Drittel wünscht sich die Rückkehr zu einer Gesellschaft, wie sie zu Zeiten des Propheten Mohammed bestand oder genauer: bestanden haben soll. Nahezu jeder fünfte Befragte ist den religiösen Fundamentalisten zuzuordnen; dazu gehört auch ein verbreiteter Anti23

Necla Kelek, in: FAZ vom 28. September 2016. Vgl. u. a. Detlef Pollack/Olaf Müller, Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh o. J. (2013); Marcel Leubecher, Ein Leben wie zu Zeiten Mohammeds – Türkischstämmige fühlen sich wohl in Deutschland, hätten es aber gern archaischer, in: Die Welt vom 17. Juni 2016. 24

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semitismus25. Gerade unter jungen Türken ist es zu einer „Re-Islamisierung“ gekommen, nicht zuletzt befördert durch die aus der Türkei entsandten Imame. Liberale Muslime, die etwa das gemeinsame Beten von Frauen und Männern in den Moscheen durchsetzen möchten, sehen sich massiven Anfeindungen ausgesetzt. Es kann nicht wirklich überraschen, daß das Reaktionen bei der deutschen Mehrheitsbevölkerung auslöst und sich auf ihre Einstellung gegenüber diesen Zuwanderern sowie das Zusammenleben auswirkt. Mehr als zwei Drittel der einheimischen Bevölkerung verbinden inzwischen mit dem Islam die Vorstellung von Fanatismus und Radikalität26. Hier von „Islamophobie“ zu sprechen, mag der verbreiteten „Political Correctness“ entsprechen. Hilfreich sind solche Unterstellungen nicht. Angemessen und notwendig ist es vielmehr, sich der Wirklichkeit nicht zu verweigern. Dazu gehört auch, völlig offen artikulierte politische Absichten ernst zu nehmen. Der von so vielen „Deutsch-Türken“ unterstützte Erdogan etwa macht aus seinen Zielen kein Hehl. Wiederholt hat er seinen Traum von einem muslimischen Europa öffentlich artikuliert und unmißverständlich Bezug genommen auf die Osmanen, die Europa erobern und islamisieren wollten. Der Kampf um Wien hatte in diesem Zusammenhang eine schicksalhafte Bedeutung für den Kontinent. Nach einem ersten Versuch 1529 belagerten die Osmanen 1683 die Stadt erneut. Auch mehr als 300 Jahre danach sind diese Erfahrungen weit über Wien hinaus noch „tief im kollektiven Gedächtnis verankert“27. Ausgerechnet dort stellte sich Erdogan vor Tausenden begeisterter Anhänger in eine geistige Traditionslinie mit den osmanischen Angreifern: „Wir sind alle die Enkel von Sultan Süleyman28 und die Enkel von Kara Mustafa“29. IV. Integrationsdefizite Hugenotten und Polen, die nach Deutschland gekommen sind, haben sich erfolgreich integriert. Staatliche oder gesellschaftliche Integrationsprogramme gab es damals nicht. Ihre Integration gelang, weil sie aktiv ihren Platz in der Mehrheitsgesellschaft suchten und offen waren für das Leben unter neuen Gegebenheiten. 25 Vgl. Jürgen Aretz, Staat, Gesellschaft und Religion in Deutschland, in: Klaus Stüwe (Hrsg.), Religion und Politik in der freiheitlichen Demokratie / Religion and Politics in Liberal Democracy, Berlin 2018, S. 141 (164). 26 Vgl. Thomas Petersen, Sorge und Hilfsbereitschaft. Die Einstellungen der Deutschen zur Flüchtlingskrise, in: Forschung und Lehre, 1/2016, S. 18 (21); Pollack/Müller (Fn. 24); Im Gespräch: Der Großimam der Azhar, Ahmad al Tayyeb, „Ich verstehe die Angst der Deutschen vor dem Islam“, in: FAZ vom 29. März 2016. 27 Zum folgenden: www.zeit.de/politik/ausland/2014 - 06/recep-tayyip-erdogan-wien (Zugriff: 2. Januar 2020); ferner Aretz (Fn. 25), S. 141 (161 – 168). 28 Süleyman II. („der Prächtige“, 1494 – 1566), Sultan des Osmanischen Reichs. 29 1634 – 1683; türkischer Oberbefehlshaber vor Wien und nach der Niederlage am Kahlenberg hingerichtet. Wien hatte seine Rettung einem polnisch-deutschen Heer unter König Jan III. Sobieski und Herzog Karl V. von Lothringen zu verdanken.

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Ungeachtet der kulturellen und religiösen Unterschiede haben sie sich von den Einheimischen nicht abgegrenzt, sondern nach einer relativ kurzen Zeit der Eingewöhnung das Miteinander gesucht. Eine solche Bilanz kann im Hinblick auf die Mehrheit der türkischen Zuwanderer nicht gezogen werden. Sicher gibt es viele Beispiele guter Nachbarschaft und menschlichen Miteinanders zwischen Zuwanderern und Einheimischen. Wir treffen den türkischstämmigen Mechaniker, der seinen Kunden in Bayern mit einem freundlichen „Grüß Gott“ begegnet – aber nicht nur in Großstädten ganze Straßenzüge, deren Bild sich kaum von türkischen Städten unterscheidet und in denen Mädchen bereits im Grundschulalter das Kopftuch tragen müssen. Die Nachfahren von Hugenotten und Polen verstehen sich keineswegs als Franzosen oder Polen, sondern als Deutsche französisch-hugenottischer oder polnischer Herkunft, soweit das überhaupt noch eine Rolle spielt. Anders verhält es sich mit zu vielen Menschen türkischer Herkunft. Selbst in der dritten Einwanderergeneration sehen sie sich nicht als Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund, sondern als Türken in Deutschland. Das ist in erster Linie Folge einer bewußten oder unbewußten Integrationsverweigerung. Fehler hat aber auch die aufnehmende Gesellschaft zu verantworten. Zu lange sind Illusionen genährt worden, es gebe die dauerhafte Möglichkeit eines sozio-kulturellen Nebeneinanders. Tatsächlich wurde hingenommen, daß sich ein türkisch-islamisches Leben in bewußter Distanz zu der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik entwickelt hat. Die Tatsache, daß wir in Deutschland längst Parallelgesellschaften haben, und die entsprechenden Folgen werden immer noch heruntergespielt. Bis heute wird versucht, Kritiker dieser Entwicklung gesellschaftlich, politisch, medial und nicht zuletzt wissenschaftlich zu marginalisieren. Die Suche nach Spuren ernsthafter und vor allem erfolgreicher Bemühungen, türkische Zuwanderer auf der weltanschaulich neutralen Grundlage des Verfassungspatriotismus für die Bundesrepublik zu gewinnen, verläuft meist vergeblich. Diese parteiübergreifenden Versäumnisse sind mitverantwortlich für die heutige Situation – und für schwer kalkulierbare soziale und politische Risiken. Die weithin ausgebliebene Integration der türkischstämmigen Menschen in Deutschland hat aber auch Gründe, deren Ursachen außerhalb der Bundesrepublik liegen. In der Türkei hat unter Erdogan eine reaktionäre politische und kulturelle Wende stattgefunden, die eine Abkehr von den Prinzipien und Idealen der türkischen Republik Mustafa Kemal Atatürks bedeutete. Die neoosmanische Politik verbindet sich mit traditionalistischen Vorstellungen des sunnitischen Islam30. Ein deutliches Beispiel ist die Frage des Kopftuchs, das jedenfalls durch den Koran nicht vorgeschrieben wird31. Bis 2011 gab es in der Türkei sogar noch ein förmli30 Vgl. Johannes Thomas, Asymmetrische Grenzen der Freiheit. Toleranzgrenzen innerhalb des Islam und seine Toleranzansprüche nach außen, in: Die Politische Meinung 491/ 2010, S. 13 (14). 31 Der Koran kennt kein förmliches Gebot, das Kopftuch zu tragen. Die heutigen Koranschulen vertreten in der „Kopftuchfrage“ unterschiedliche Auffassungen. Von einer allge-

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ches Verbot, mit dem Kopftuch etwa Schulen und Hochschulen zu betreten32. Inzwischen ist es vielfach ein demonstratives Symbol geworden, in Deutschland oft ein bewußtes Zeichen der Abgrenzung gegenüber der nichtmuslimischen Bevölkerungsmehrheit. An manchen Schulen wird im vorauseilenden Gehorsam bereits eine weitere Stufe der Frauendiskriminierung praktiziert: Nach der Hinnahme des Kopftuchs steht als nächste sozio-kulturelle Abgrenzungs- und Provokationsstufe die Akzeptanz des sogenannten „Burkini“ für den Schwimmunterricht der Mädchen an33. Die neoosmanisch-islamische Wende ist, wie auch dieses Beispiel zeigt, längst in die Bundesrepublik exportiert worden, in, wie Erdogan es sieht, „seine“ türkische Gemeinde. Das internationale Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten existiert für ihn nicht, wenn es seinen Zielen widerspricht. Die wiederum setzt er mit den türkischen Interessen gleich. Es gäbe – berechtigterweise – einen Aufschrei, würde sich eine deutsche Regierung in ähnlicher Weise im Hinblick auf die deutschstämmigen Minderheiten in Polen oder Belgien verhalten. Dabei darf sogar der feine Unterschied vernachlässigt werden, daß es in diesen Fällen nicht – wie bei Erdogans Zielgruppe – um Zuwanderer geht, sondern um Menschen deutscher Herkunft, die auf ehemals deutschem Staatsgebiet leben. In Deutschland ist lange kaum etwas unternommen worden, dem Treiben der türkischen Regierung entgegenzuwirken. Das ist auch deswegen kritisch zu sehen, weil darin eine Mißachtung der aufgeklärten und integrationswilligen Türken und Türkischstämmigen in Deutschland zum Ausdruck kommt. Sie lehnen Erdogan meist entschieden ab. Tausende sind ja gerade nach Deutschland gekommen, um

meinen muslimischen Verpflichtung kann also nicht die Rede sein. Es handelt sich dem Grundsatz nach um eine individuelle persönliche Entscheidung. Offensichtlich sind aber in der Praxis familiäre und soziale Zwänge entscheidend. 32 Hamed Abdel-Samad weist auf den Zusammenhang mit der übrigen islamischen Welt hin und stellt fest, daß vor 40 Jahren „kaum eine Frau in Kairo ein Kopftuch“ getragen habe. „Öffentliche sexuelle Belästigung gab es damals so gut wie nie. Heute ist kaum eine Frau unverschleiert und dennoch werden Frauen auf offener Straße bedrängt und begrapscht. Das gilt für den Iran, Afghanistan, Pakistan und genauso für die meisten anderen islamischen Länder, die auf der Top-Liste der sexuellen Belästigung stehen.“ Und: „Das hat auch mit dem Islam zu tun“. – Alle Zitate bei www.cicero.de/innenpolitik/zu-den-ereignissen-koeln-religionist-mitverantwortlich/60341 (Zugriff: 2. Januar 2020). 33 Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, meinte, sie könne sich „notfalls“ Schülerinnen in „Burkinis“ vorstellen. Diesem vermeintlichen Pragmatismus begegnete Sema zu Sayn-Wittgenstein: „Wir sollten Sexualfantasien alter Imame, die schamlos sogar kleine Mädchen als Objekt der Begierde in Erwägung ziehen, niemals akzeptieren.“ S. dazu „Mädchen müssen frei sein“, in: Die Welt vom 18. Juli 2018. – Zur rechtlichen Bewertung des Kopftuchverbots für Lehrerinnen an deutschen Schulen vgl. Christian Hillgruber, Das Verhältnis von Staat und Religion(sgemeinschaften) und seine Bedeutung für die öffentliche Wirksamkeit von Religion, in: Stüwe (Hrsg., Fn. 25), S. 187 (213 ff.).

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seiner Herrschaft zu entgehen, viele haben Asylanträge gestellt34. Es wird sich zeigen, ob die Selbstkritik eines Winfried Kretschmann und die realistische Sicht eines Helmut Schmidt wenigstens für die Zukunft zu den notwendigen Konsequenzen führen. Das würde allerdings auch mehr Anerkennung – und bisweilen Empathie – für die Türkischstämmigen erfordern, die allen Widrigkeiten und Bedrohungen zum Trotz heute als Bürger unter uns leben und sich zu diesem freiheitlichen Staat bekennen. Wer sie und andere in pejorativer Absicht als „NeoDeutsche“ abzuqualifizieren sucht und den „Bio-Deutschen“ dagegen stellt, will auch fast 75 Jahre „danach“ nicht verstehen, daß nicht die genetische Abstammung, sondern die gelebte Zustimmung zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik und ihren Grundlagen den deutschen Patrioten von heute ausmacht. V. Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte – der Asylkompromiß von 1992 Die Migration in die Bundesrepublik hatte seit Ende der 1950er Jahre ganz überwiegend ihren Grund darin, daß Menschen Arbeit suchten und daß es in diesem Teil Deutschlands einen Arbeitskräftemangel gab. Vergleichsweise gering war die Zahl der Menschen, die nicht der Arbeit wegen nach (West-)Deutschland kamen, sondern weil sie in ihrer Heimat politisch verfolgt wurden. Sie konnten sich auf das im Grundgesetz garantierte Recht auf Asyl berufen. Die zunächst als Provisorium gedachte Verfassung hatte das Asylrecht vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Verbrechen sehr offen formuliert: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“35 Einen Gesetzesvorbehalt gab es nicht. Ende der 1980er und in den frühen 1990er Jahren traten dramatische Ereignisse ein, die zu einer grundlegenden Veränderung der Weltordnung führte. Sie war auf der Konferenz von Jalta (Februar 1945) von den Siegermächten beschlossen worden und hatte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs jedenfalls in der westlichen Hemisphäre nahezu unverändert Bestand. Europa konnte seine bisherige Teilung in einen westlich-demokratischen und einen östlich-sozialistischen Block überwinden. Auch die Wiedervereinigung Deutschlands ist in diesem Kontext zu sehen. Die Sowjetunion zerfiel ebenso wie die „Kunststaaten“ Tschechoslowakei und Jugoslawien, die nach dem Ersten Weltkrieg unter Mißachtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker aus den Pariser Vorortverträgen hervorgegangen waren. Im früheren Jugoslawien brachen Kriege aus zwischen ehemaligen Teilrepubliken sowie ethnisch motivierte Bürgerkriege, denen Zehntausende Zivilisten zum Opfer fielen. Die Folge war eine Flüchtlingswelle, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg 34

Unter den Herkunftsländern der Asylbewerber in Deutschland lag die Türkei zwischen 2014 und Mitte 2018 mit an vorderer Stelle – noch vor dem Iran. Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). 35 Art. 16 GG (a.F.).

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in Europa nicht gegeben hatte. Im Jahr 1992 flüchteten etwa 700.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien in die EU-Staaten, davon fast 440.000 nach Deutschland. Viele von ihnen hatten hier persönliche bzw. familiäre Anknüpfungspunkte aus der „Gastarbeiter“-Zeit. Zusätzlich zu der Aufnahme dieser Menschen stand das kurz zuvor wiedervereinigte Deutschland vor der Herausforderung, Hunderttausende Übersiedler aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und dem früheren Ostblock aufzunehmen, darunter allein 1990 fast 400.000 „Rußlanddeutsche“, die jetzt problemlos ausreisen konnte36. Der Begriff „Rußlanddeutsche“ bedeutet keinen rechtlichen Status, bezeichnet vielmehr allgemein die Nachfahren deutscher Kolonisten, die in das zaristische Rußland ausgewandert waren. Sie haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Tatsächlich bilden sie die größte Zuwanderergruppe, die seit 1949 in die Bundesrepublik gekommen ist; ihre Gesamtzahl betrug bis 2014 etwa 2,4 Millionen. Da die Nachfahren statistisch nicht erfaßt werden, kann die Zahl der Menschen mit rußlanddeutschem Hintergrund nur geschätzt werden. Sie dürfte bei mindestens sechs Millionen liegen und ist damit mehr als doppelt so groß wie die türkischstämmige Bevölkerung. Bundeskanzler Kohl hatte der Bedeutung und den Interessen der Rußlanddeutschen Rechnung getragen, indem er für sie einen eigenen Beauftragten der Regierung ernannte37. Der Integrationswille der Rußlanddeutschen, so die „Neue Zürcher Zeitung“ noch 2010, sei „exemplarisch“38. Heute erfährt diese Gruppe durch die Bundesregierung keine besondere Beachtung mehr. Das hat Auswirkungen auf ihr Wahlverhalten und ihre Beeinflussung durch die Propaganda des Putin-Regimes. Neben den Rußlanddeutschen und dem wachsenden Familiennachzug von „Gastarbeitern“ bzw. Arbeitsmigranten stieg auch die Zahl der Asylbewerber, die vor allem aus Ex-Jugoslawien kamen. Der Zuzug überstieg in der Summe die Millionengrenze. Angesichts wachsender Arbeitslosigkeit und steigenden Wohnungsmangels empfanden Teile der Bevölkerung das als nicht mehr hinnehmbar. Eine 3/4-Mehrheit wollte, daß die Zahl der Asylsuchenden reduziert würde. Da nur 4 % der Asylsuchenden bzw. Asylbewerber anerkannt wurden, kam der Begriff „Asylmißbrauch“ auf. Die vielfach angeheizte Diskussion führte zu zahlreichen fremdenfeindlichen Straftaten und zu einer Stärkung rechtsextremer Parteien. Bei den Landtagswahlen 1992 zogen sie in zwei Parlamente ein – die „Republikaner“ (REP) in Baden-Württemberg und die „Deutsche Volksunion“ (DVU) in SchleswigHolstein. 36 Vgl. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (Hrsg.), Rußlanddeutsche in der Bundesrepublik. Zahlen, Rechtsgrundlage und Integrationsmaßnahmen, 2016. Umfassender zu der Zuspitzung der Zuwandererfrage vgl. Kohl (Fn. 2), S. XXVII-XXX. 37 Von 1988 bis zum Regierungswechsel 1998 übte diese Funktion Horst Waffenschmidt (1933 – 2002) aus, Parlamentarischer Staatssekretär bei dem Bundesminister des Innern (1982 – 1997). Waffenschmidt erwarb sich durch sein Engagement außergewöhnliche Anerkennung bei den Rußlanddeutschen. 38 In: Neue Zürcher Zeitung vom 30. Oktober 2010.

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Nach langen Diskussionen, die Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremisten bedeuteten, konnte Kohl schließlich eine Änderung des Grundgesetzes durchsetzen39. Wegen des notwendigen verfassungsändernden Quorums mußte auch die sozialdemokratische Opposition zustimmen, die das zunächst abgelehnt hatte. Die 1992 beschlossene Grundgesetz-Änderung trat 1993 in Kraft. Zu den Kernpunkten des „Asylkompromisses“ gehörten die Asylablehnung für Einreisende aus sicheren Drittstaaten – im Besonderen der EU – sowie aus sicheren Herkunftsländern. Für Kriegsflüchtlinge wurde ein besonderer Status geschaffen. Neue Regelungen reduzierten die Leistungen für Asylsuchende. VI. Die Entwicklung seit dem Herbst 2015 Die Zahl der Zuwanderer war Mitte der 90er Jahre zurückgegangen; gleichwohl gab es auch in den Folgejahren – mit einer Ausnahme – einen Zuwanderungsüberschuß. Seit 2007 war ein neuer Anstieg von Asylanträgen zu verzeichnen. Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Syrien spitzte sich die Situation 2015/16 dramatisch zu, auch, weil die westlichen Demokratien es unterlassen hatten, eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung in den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens sicherzustellen. Neben den Flüchtlingen aus Syrien kamen Menschen in großer Zahl vor allem aus dem Irak und Afghanistan. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) betrug die Gesamtzahl der 2015/ 16 gestellten Asylanträge mehr als 1,2 Millionen. Inzwischen sind die Antragszahlen deutlich zurückgegangen. Von den Asylanträgen, die zwischen 2014 und Mitte 2018 in der EU registriert wurden, entfielen mehr als 40 % auf Deutschland, in dem ungefähr 16 % der EU-Bevölkerung leben40. Die bis dahin unvorstellbaren Zahlen des Jahres 2015 wurden möglich durch eine Politik der offenen Grenzen. Bundeskanzlerin Merkel hat für diese Politik viel Lob erfahren, teilweise auch im Ausland. In Deutschland entwickelte sich eine „Willkommenskultur“ besonderer Art. „Refugies welcome“ stand auf Schildern von Privatinitiativen, und das war im Hinblick auf Bürgerkriegsflüchtlinge und unmittelbar Verfolgte sicher nachvollziehbar. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung war überwältigend. Im Rückblick wird allerdings zunehmend kritisch gefragt, ob die Regierung Merkel/Gabriel bei der unkontrollierten Zuwanderung hunderttausender Menschen die rechtlichen Rahmenbedingungen ausreichend be-

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Vgl. dazu Kohl (Fn. 3). Die entsprechenden Zahlen sind für Italien nahezu ausgeglichen, für Frankreich und im besonderen Großbritannien deutlich niedriger. Großbritannien stellte 13 % der EU-Bevölkerung, hat aber im genannten Zeitraum nur 4,2 % der Asylanträge zu verzeichnen. Deutlich höher als die deutschen Zahlen sind die für Schweden, in dem nur 2 % der EU-Bevölkerung leben, wo aber 7,6 % der Asylanträge gestellt wurden. 40

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achtet hat. Die These jedenfalls, die Sicherheitskräfte seien nicht in der Lage gewesen, die Grenze zu schließen, darf inzwischen als hinreichend widerlegt gelten41. In diesem Zusammenhang bestehen auch Zweifel, ob angemessen unterschieden wurde zwischen Verfolgten, Bürgerkriegsflüchtlingen und Migranten, die aus anderen Gründen nach Deutschland gekommen waren. Die Not und die Strapazen, die viele Migranten auf ihrem langen Weg etwa über die Balkanroute erfahren mußten, waren menschlich berührend, und Tausende in Deutschland haben darauf mit großer Hilfsbereitschaft reagiert. Aber das durch die Medienberichterstattung anschaulich gewordene Elend darf nicht von den Fragen ablenken, die in unserem Land auch hätten gestellt werden müssen. Zumindest ist nicht bekannt, daß die „Migrantenströme“ differenziert betrachtet sowie sachlich und politisch hinterfragt worden wären, so etwa, wie es möglich wurde, daß Zehntausende die Reise über mehrere Staaten praktisch unkontrolliert bis nach Deutschland zurücklegen konnten, welche Kräfte in den Transitländern bei der Organisation der Reisewege mitwirkten, und welche Rolle in diesem Zusammenhang dort staatliche Stellen spielten. Nachgerade mirakulös erscheint, daß auf den langen Migrationswegen in unzähligen Fällen – Sicherheitskräfte gehen von bis zu 80 % aus – die Ausweispapiere verloren gingen, die Mobiltelefone aber alle Fährnisse funktionsfähig überstanden. Die fehlenden Ausweispapiere haben zur Folge, daß sich bis heute zehntausende Migranten in Deutschland aufhalten, deren Identität nicht zweifelsfrei geklärt ist. Von manchen Politikern, Kommentatoren und Vertretern der Wirtschaft wurden die Ankommenden als Bereicherung bzw. Entlastung für den deutschen Arbeitsmarkt gesehen. Dabei fiel der Blick auf beruflich besonders Qualifizierte, auf Ärzte, Ingenieure und andere Akademiker. Sie wurden ganz selbstverständlich in den deutschen Arbeitsmarkt „eingerechnet“, obwohl ihr aufenthaltsrechtlicher Status die Rückkehr in die Heimat vorsieht, sobald die dortigen Verhältnisse das erlauben. Die sachlich wie moralisch gebotene Frage, ob nicht gerade diese Fachkräfte für den Wiederaufbau benötigt werden, kam gar nicht erst auf. Tatsächlich ist die berufliche Qualifikation der meisten Migranten eher unzureichend. Viele durchlaufen in Deutschland erstmals in ihrem Leben eine berufliche Ausbildung, und sie tun das großenteils sehr ernsthaft. Es gibt bemerkenswerte Erfolge, zu denen das Engagement der Ausbilder maßgeblich beiträgt. Die Mehrzahl der Migranten aber hat aufgrund fehlender Bildung und Ausbildung kaum Aussicht, in absehbarer Zeit Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu finden. Faktisch ist es zu einer umfassenden Migration in das deutsche Sozialsystem gekommen. Die längerfristigen Kosten werden bei jährlich 20 Milliarden Euro liegen; gegenzurechnen sind die Steuern und Sozialbeiträge, die arbeitende Flüchtlinge entrichten sowie das Wirtschaftswachstum, das durch sie in einigen Branchen entsteht42. 41

Vgl. dazu u. a. Helene Bubrowski, Der letzte Überlebende, in: FAZ vom 28. Februar 2019. 42 Vgl. Ralph Bollmann, Faktencheck zur Flüchtlingsdebatte, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) vom 8. Juli 2018.

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Humanitäre Hilfe für Menschen in Not ist nicht nur eine christliche Selbstverständlichkeit, sie ist in den westlichen Demokratien auch eine staatliche Pflicht. Ebenso selbstverständlich ist es, zu unterscheiden zwischen Verfolgten und Kriegsflüchtlingen auf der einen und jenen Zuwanderern auf der anderen Seite, die aus menschlich verständlichen Gründen kommen, aber nicht, weil ihr Leben oder ihre Freiheit gefährdet ist. Es gibt ein Recht auf Asyl, aber es gibt kein Recht auf Einwanderung. Zu den Defiziten der politischen wie der gesellschaftlichen Diskussion der letzten Jahre gehört es, daß diese Klarstellung unterblieben ist und die notwendigen Konsequenzen nicht gezogen wurden. Die meisten Menschen, die 2015/16 eingereist sind, verfügen inzwischen über eine Aufenthaltsberechtigung bzw. Duldung. Von den 2015 gekommenen 890.000 Migranten sind das zwei Drittel. Nur eine Minderheit ist in absehbarer Zeit ausreisepflichtig. Aber selbst das besagt nicht viel. Im Jahr 2018 hätten 236.000 Personen Deutschland verlassen müssen, ohne daß sie dieser Pflicht nachgekommen sind43. Viele Ausreisepflichtige haben ihre Ausreise verhindert, indem sie ihre Pässe vernichtet haben. Wirksame Sanktionsmöglichkeiten gibt es nicht. Den 2018 tatsächlich abgeschobenen 28.000 Personen stehen 31.000 Fälle gegenüber, in denen die Rückführung nicht vollzogen werden konnte, meist, weil die Betroffenen „abtauchten“. Auch in diesen Fällen ist eine Sanktionierung nach der geltenden Rechtslage praktisch nicht möglich. Sicherheitskreise in Baden-Württemberg schätzen überdies, daß mindestens ein Drittel der Abgeschobenen wieder einreist. Ähnlich wird das in der „Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung“ gesehen. Offizielle Statistiken gibt es nicht44. In der Silvesternacht 2015 wurden in Köln hunderte deutscher Frauen Opfer von sexuellen Übergriffen; die Zahl der Strafanzeigen liegt bei 600. Die Vorgänge gerieten zu einem „Symbol“ für den „Kontrollverlust“, der die Lage kennzeichnete45. Tagelang verschwiegen einige Medien, darunter auch öffentlich-rechtliche, den Täterkreis und seine Herkunft. Als durchsickerte, daß es sich vor allem um Asylbewerber und Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und Nordafrika handelte, erfuhr die „Willkommenskultur“ erste Risse. Die Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung änderte sich nachhaltig, als in der Folge diesem Personenkreis immer wieder schwere Straftaten zugeordnet werden mußten. Rechte Populisten sahen in den Kölner Vorgängen eine Bestätigung ihrer These, daß „die“ Medien einseitig und manipulativ berichten würden.

43 Bericht des Bundesministers des Innern vor der Bundespressekonferenz am 14. Februar 2019; s. dazu auch Helene Bubrowski, Seehofers Stellschrauben bei der Abschiebung, in: FAZ vom 15. Februar 2019. 44 Marcel Leubecher, Jeder dritte Abgeschobene reist wieder nach Deutschland ein, in: Welt am Sonntag vom 17. Februar 2019. 45 Arnd Küppers, Zuwanderung und sozialer Frieden, in: Marianne Heimbach-Steins (Hrsg.), Zerreißprobe Flüchtlingsintegration, Freiburg i.Br. 2017, S. 83 (84).

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Ohne Frage gibt es sachlich unzutreffende und moralisch unzulässige Versuche, bestimmte Gruppen unter Generalverdacht zu stellen. Sie können aber nicht dadurch bekämpft werden, daß Fakten beschönigt oder Nachrichten unterdrückt werden. Es geht nicht um „die“ Asylbewerber, Flüchtlinge oder Fremde allgemein. Wir müssen aber auch die Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß Personen mit diesem Hintergrund häufiger als Straftäter in Erscheinung treten als Einheimische. Dort, wo Zahlen erhoben und veröffentlicht werden, übersteigt der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen ihren entsprechenden Anteil an der Wohnbevölkerung signifikant. In Baden-Württemberg werden Syrer weit mehr als doppelt so oft auffällig als es ihrem Bevölkerungsanteil entsprechen würde, Afghanen viermal, Marokkaner gar achtmal. Diese Statistik schließt Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht, das Asylgesetz oder EU-Freizügigkeitsregelungen nicht ein46. Zu den im Zweifelsfall „politisch unkorrekten“, aber leider sachlich korrekten Zahlen gehört auch, daß zum Beispiel in Hessen der Anteil muslimischer Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten bei 27,5 % liegt; im Jugendvollzug sind es 46,0 %47. Dagegen beträgt der muslimische Anteil an der hessischen Wohnbevölkerung 7 %. Die Tatsache, daß die Clan-Kriminalität in deutschen Großstädten wie Berlin ganz überwiegend von muslimischen Großfamilien mit Migrationshintergrund zu verantworten ist, hat bisher nicht zu nachvollziehbaren und wirksamen rechtlichen und politischen Konsequenzen geführt. Im Dezember 2016 wurden bei einem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt zwölf Menschen getötet und 45 verletzt. Es war nicht der erste Mordanschlag, den ein islamistischer Attentäter mit Migrationshintergrund in Deutschland verübt hatte, aber der bis dahin folgenschwerste. Eine Vielzahl von geplanten Anschlägen hatten die Sicherheitsorgane verhindern können. Konkrete islamistische Bedrohungen führten dazu, daß zahlreiche Versammlungen, Feste, Umzüge und Sportereignisse abgesagt werden mußten48, darunter – kurz vor Spielbeginn – ein Fußball-Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden. Der Besuch von Weihnachtsmärkten und vergleichbaren Veranstaltungen ist heute meist nur nach umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen möglich. Der islamistische Terror hat damit ein Ziel bereits erreicht: Das früher in Deutschland als „normal“ empfundene Leben ist in manchen Bereichen kaum mehr möglich. An die Stelle von Unbeschwertheit sind bei vielen Menschen Ungewißheit 46

Polizeiliche Kriminalitätsstatistik des Landes Baden-Württemberg 2017; s. für die Einzelheiten: Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration (Hrsg.), Sicherheitsbericht des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart 2017 (zugänglich unter https://im.baden-wuerttem berg.de/fileadmin/redaktion/m-im/intern/dateien/publikationen/20180321_Sicherheitsbericht_ 2017_Online.pdf; Zugriff: 29. September 2019). 47 Mitteilung des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 1. April 2019 an den Verfasser, vgl. auch Gregor Mayntz, Immer mehr ausländische Häftlinge, in: General-Anzeiger vom 4. Februar 2019. 48 So ein Karnevalsumzug in Braunschweig, zu dem 250.000 Zuschauer erwartet wurden, oder eines der wichtigsten deutschen Radrennen in Frankfurt/M.

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und Angst getreten49 – abgesehen davon, daß niemand nach den enormen Kosten fragt, die durch die veränderte Sicherheitslage bundesweit verursacht werden. Nachgerade lächerlich muten in Deutschland verbreitete Beschwichtigungs- und Rechtfertigungsversuche an, der islamistische Terror habe nichts mit dem Islam zu tun. Der jüdische Publizist Hendryk Broder spitzt zu, das Einzige, worauf es ankomme sei, daß „so gut wie alle, die sich in die Luft gesprengt haben und dabei andere mitgenommen haben, es mit dem Ruf ,Allahu akbar!‘ taten. Oder fällt Ihnen einer ein, der ,Gelobt sei Jesus Christus!‘ oder ,Baruch ha’Schem!‘ gerufen hat, während er die Leine zog?“50 Vor dem Hintergrund des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte gibt es einen umfassenden Konsens, daß allen Erscheinungsformen des Antisemitismus sofort und mit großer Konsequenz begegnet werden muß. Um so bedrückender ist die Tatsache, daß der Zustrom hunderttausender Migranten aus dem Nahen Osten auch zu einer Zuwanderung in den Antisemitismus geführt hat. Jüdische Mitbürger sehen sich vielfältigen Beleidigungen und Bedrohungen durch muslimische Zuwanderer ausgesetzt. Das beginnt bereits in den Schulen – „Jude“ ist vielerorts in Deutschland wieder zu einem Schimpfwort geworden. Stärker noch als in der Vergangenheit müssen jüdische Einrichtungen unter Polizeischutz gestellt werden51. Der französische Philosoph Alain Finkielkraut ist überzeugt, daß der Antisemitismus in Europa „ein Randproblem wäre, wenn unsere Gesellschaften nicht gegen ihren Willen in multikulturelle Gesellschaften umgeformt worden wären“52. Eine ganz neue Dimension hat die Migration dadurch gewonnen, daß zehntausende Afrikaner nach Deutschland und Europa gekommen sind bzw. gelangen wollen. Die Bilder von Menschen, die in völlig ungeeigneten Booten den Weg über das Mittelmeer suchen, sind erschütternd. Nahezu täglich sind Tote zu beklagen. Kriminelle Schleuser haben diesen Migranten von einer problemlosen Überfahrt erzählt, von goldenen Zukunftsaussichten in Europa. Für den Traum von einem besseren Leben haben sie Summen aufbringen müssen, für die oft ganze Familien zusammengelegt haben. Europa steht hier vor einer moralischen und politischen Herausforderung, wie es sie in dieser Form noch nicht gegeben hat. Für jeden Christen, für jeden verantwortungsbewußten Menschen ist es selbstverständlich, daß wir jenen helfen, die sich in Seenot oder in anderer existenzieller Gefahr befinden. Bisher fehlen aber wirkungsvolle Maßnahmen, um zu verhindern, daß nicht jeder gerettete Migrant das lukrative Geschäftsmodell der kriminellen Schlepper neu bestätigt. 49 Mehr als 50 % der Bürger zeigen sich „beunruhigt“, daß sie Opfer eines Terroranschlags werden könnten; so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Bundeskriminalamt in Auftrag gegeben hat. Vgl. Helene Bubrowski, Ein schmaler Grat, in: FAZ vom 8. April 2019. 50 Hendryk Broder, Was hat das mit dem Islam zu tun?, in: Die Welt vom 21. Juli 2016. 51 Justus Bender, Nichts gegen Juden, aber …, in: FAZ vom 14. Dezember 2017. 52 Alain Finkielkraut, „Wir schaffen das!“ war Unsinn, in: Die Welt vom 20. Februar 2019.

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Wir müssen davon ausgehen, daß Millionen junger Afrikaner über das Mittelmeer kommen möchten, weil sie zu Hause keine Perspektive für sich sehen53. Unter ihnen sind auch solche, die auf Grund ihrer Qualifikation dringend für den Aufbau ihrer Heimatländer benötigt würden54. Für ihre Perspektivlosigkeit sind in erster Linie Versäumnisse und Mißstände in den Herkunftsländern verantwortlich. Aber ebenso richtig ist, daß ökonomische und speziell handelspolitische Egoismen der Industrienationen die Verbesserung der Lage in vielen afrikanischen Staaten behindern. Diese Behinderungen und Benachteiligungen halten bis heute an, auch durch die EU. Längst macht sich die Volksrepublik China die Situation vieler afrikanischer Staaten zunutze und setzt ihre geopolitischen Interessen auch auf dem afrikanischen Kontinent durch. Diese Politik hat teilweise zu neokolonialen Verhältnissen geführt. Eine umfassende Gegenstrategie der westlichen Staaten, die den afrikanischen wie den eigenen Interessen dienen würde, ist nicht zu erkennen. Der Versuch, den „Zug nach Norden“ durch Abkommen mit den Herkunfts- und den Transitländern aufzuhalten, wird nur sehr bedingt erfolgreich sein. Solche „politischen“ Mauern, die von den europäischen Staaten mit finanziellen Zuwendungen vergolten werden, können das Problem nicht dem Grunde nach lösen. Das gilt in derselben Weise für den Versuch, mit physischen Mauern der Migrationsherausforderung in anderen Teilen der Welt zu begegnen. VII. Die bisherige Migrationspolitik und notwendige Folgerungen Migration ist für Europa und Deutschland längst nicht mehr in erster Linie eine Frage individueller Zuwanderung. Vielmehr geht es um eine Massenbewegung, mit der qualitativ neue Herausforderungen für die Zielländer verbunden sind. Die öffentliche Diskussion in Deutschland vermittelt bisweilen den Eindruck, daß diese Dimension von wichtigen Teilen der politischen Klasse und der veröffentlichten Meinung immer noch nicht erkannt oder gar ignoriert wird. Die ehemalige USPräsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ist gewiß unverdächtig, „rechte“ Positionen zu vertreten. Sie mahnt zur Besonnenheit; Europa habe in der Migrationsfrage seinen Teil geleistet. Diese Frage sei geeignet, das Gemeinwesen weiter in Aufruhr zu versetzen und habe bereits zur Wahl von Donald Trump und dem Brexit beigetragen55.

53 Vgl. Susanne Schmid (unter Mitarbeit von Kevin Borchers), Vor den Toren Europas? Das Potenzial der Migration aus Afrika. Forschungsbericht 7, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg 2010. 54 Paul Collier, Es ist tragisch, junge Afrikaner zur Migration zu verleiten, in: FAZ vom 3. August 2018. 55 Hillary Clinton, „Europa muß die Migration begrenzen“ (dpa-Meldung vom 23. November 2018); vgl. Arnd Küppers/Peter Schallenberg, Flucht, Migration, Integration. Versuch einer sozialethischen Einordnung, Köln 2016, S. 13, unter Bezug auf Paul Collier und Robert Putnam.

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Die deutsche Nachkriegsgeschichte zeigt, daß die Migrationsproblematik schon zweimal zu einem der beherrschenden innenpolitischen Themen wurde und verzögerte Reaktionen „der“ Politik zu besorgniserregenden Entwicklungen beigetragen haben. Das gilt für die Krise um 1980, als die Regierung Schmidt/Genscher in der öffentlichen Wahrnehmung nicht entschlossen genug auf die Zuwanderung reagierte. Die hierdurch veränderte Stimmung dürfte ein Faktor gewesen sein, der den Regierungswechsel 1982 beschleunigt hat. Nach 1990 kam es zu einer neuen „Zuwanderungskrise“, der die Regierung Kohl/Genscher lange nicht in der beabsichtigten Weise begegnen konnte, weil Teile des liberalen Lagers und die oppositionelle SPD eine von der Bundesregierung für notwendig erachtete Änderung des Grundgesetzes aufhielten. Beide Krisen führten jeweils zu einem vorübergehenden Erstarken rechtsextremer Parteien, die in den folgenden Jahren durch positive Entwicklungen auf anderen politischen Feldern zurückgedrängt werden konnten. Im Unterschied dazu haben die Reaktionen auf die Flüchtlingskrise 2015 offen gelegt, daß das Vertrauen der Bevölkerung in die traditionellen Parteien nachhaltig, möglicherweise grundlegend erschüttert ist56. Nutznießer war die rechtspopulistische AfD, die nach einem fast spektakulären Niedergang zur Jahresmitte 2015 bereits politisch tot gesagt wurde. Dann kamen die Bilder von dem unkontrollierten Zugang Hunderttausender und die Probleme, die sich bei der Aufnahme in den Städten und Gemeinden sowie durch das Verhalten einer Minderheit von Zuwanderern ergaben. Diese Bilder haben ebenso zum Aufstieg der AfD beigetragen wie der folgende politische Umgang mit der Asyl- und Migrationsproblematik. Der AfD ist in kurzer Zeit der Einzug in den Deutschen Bundestag und alle Landesparlamente gelungen. Vergleichbares hatte es in der Geschichte der Bundesrepublik zuvor nicht gegeben. Im Rückblick erweist sich die Notwendigkeit, im Zusammenhang mit der Migrationsdebatte im besonderen zwei Positionen zu hinterfragen. Die These „Wir schaffen das“ war sicher zutreffend im Hinblick auf die caritative Versorgung von hunderttausenden Migranten. Sie ließ aber außer Acht, daß die Migranten langfristig oder gar dauerhaft bleiben könnten. Daraus ergeben sich Folgen, die weit in soziale, kulturelle und politische Belange reichen und die für die Zukunft schwer berechenbar sind. Selbst die finanziellen Konsequenzen wurden nicht seriös in Betracht gezogen, schon gar nicht im Hinblick darauf, daß sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen künftig weniger günstig entwickeln könnten. Zuwanderung in erheblichem Umfang, so der Politikwissenschaftler Peter Graf Kielmansegg, sei geeignet, „Demokratien in Konflikte“ zu stürzen, „derer der demokratische politische Prozeß nicht mehr Herr wird“57. Die zweite Position betraf die Diskussion über Obergrenzen. Bundeskanzlerin Merkel vertrat die Auffassung, das Asyl für politisch Verfolgte kenne ebenso wenig eine Obergrenze wie das Asyl für Bürgerkriegsflüchtlinge. Die Diskussion wäre 56 57

Renate Köcher, Vertrauensverlust und Polarisierung, in: FAZ vom 15. Juni 2016. Peter Graf Kielmansegg, Über Migration reden, in: FAZ vom 4. Februar 2019.

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weniger konfrontativ verlaufen, wenn gleichzeitig die konsequente Unterscheidung dieser beiden Gruppen von der Gruppe der Arbeitsmigranten vollzogen worden wäre. So sah sich Angela Merkel dem Vorwurf der Gesinnungsethik gegenüber. In der Tat hätte eine durchdachte verantwortungsethische Position den Hinweis enthalten müssen, daß der Staat an sich ein „endliches und begrenzt leistungsfähiges System ist“58. Der Beifall, den die Bundeskanzlerin aus den Kirchen und von Theologen erhielt, zeigt, daß auch dort die Kenntnis der eigenen Grundlagen nicht mehr Allgemeingut ist. Schon die Kirchenlehrer Augustinus und Thomas von Aquin sahen das Gebot der unbedingten Nächstenliebe im Zusammenhang mit dem menschenmöglichen Maß59. Dieses Maß wird nicht allein bestimmt durch materielle Möglichkeiten, sondern auch durch die Zumutbarkeit für die Ordnung des Gemeinwesens. Der evangelische Theologe und sozialdemokratische Politiker Richard Schröder schreibt, „barmherzig zu sein, ist gelegentlich einfacher als gerecht zu sein“; der Ausdruck „,Willkommenskultur‘ war und ist irreführend“60. Eine verantwortungsbewußte Haltung zu der Migrationsthematik setzt voraus, daß in der Gesellschaft wie der Politik konsequent unterschieden wird zwischen der Asylproblematik und der Arbeitsmigration. Den Asylbewerbern wird ein zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht gewährt werden. Selbst Otto Schily, SPD-Politiker und früherer Bundesminister des Innern (1998 – 2005), kommt aber zu dem Ergebnis, daß das deutsche Asylsystem „de facto ein Einwanderungsgesetz“ sei, „nur ohne jede Steuerung“61. Die Diskussion über die Arbeitsmigration wird ehrlicherweise zu dem – manche menschlich irritierenden – Ergebnis kommen müssen, daß sie nicht in erster Linie von den Interessen der Migranten abhängen kann, sondern denen des Aufnahmelandes genügen muß. Dieser Teil der Migrationsthematik ist zu trennen von der Frage, wie Deutschland mit den Zuwanderern umgeht bzw. umgehen muß, die bereits lange hier leben. Eine Feststellung aus dem Jahr 2003, die Diskussion in Deutschland vermeide „die prinzipielle Standortbestimmung“ und begnüge sich damit, „konkret erkannte Probleme zu bewältigen“62, könnte heute, eine halbe Generation und mehrere Regierungs- bzw. Kabinettswechsel später, immer noch so formuliert werden. Auch in diesem Zusammenhang gilt es, von utopischen oder ideologischen Positionen Ab58 Karl-Heinz Nusser, Menschenrechte, Flüchtlinge und Migration. Zwischen Gesinnungsund Verantwortungsethik, in: Die Neue Ordnung 6/2017, S. 429. 59 Dazu im Rahmen einer rechtlichen Einordnung Otto Depenheuer, Einwanderung und Integration als verfassungsrechtliche Problem, in: Anton Rauscher (Hrsg.), Immigration und Integration. Eine Herausforderung für Kirche, Gesellschaft und Politik in Deutschland und den USA, Berlin 2003, S. 71 (86). 60 Richard Schröder, Was wir Migranten schulden – und was nicht, in: FAZ vom 15. August 2016. 61 Otto Schily, „Wir sollten uns nicht scheuen, sie zu töten“’. Ex-Innenminister über den IS, in: Stern, Nr. 38 vom 14. September 2016, S. 108 – 112. 62 Vgl. Depenheuer (Fn. 59), S. 71.

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schied zu nehmen, die den Zusammenhalt des Gemeinwesens gefährden. Sie begünstigen im besonderen, aber nicht ausschließlich weit rechts stehende Kräfte, wie politische Entwicklungen in den östlichen Ländern der Bundesrepublik zeigen. Dazu gehört ein angemessener Umgang mit den Muslimen in diesem Land. Ein Teil von ihnen hat gezeigt, daß sie integrationswillig und integrationsfähig sind. Die Mehrheit aber steht dem Staat, in den sie aus eigenem Antrieb eingewandert sind und der ihnen und ihren Kindern vielfältige Möglichkeiten für ein gutes Leben bietet, distanziert bis ablehnend gegenüber. Es ist nicht nur ein Recht, sondern die Pflicht „der“ Politik, auch im Interesse der demokratischen Mehrheit festzuhalten und umzusetzen, „was wir Migranten schulden – und was nicht“63. Eine „Inventur der Argumente“64 würde zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Die Probleme könnten offen benannt und ein Weg gefunden werden, den Einheimischen die Sorge um die Identität ihrer Heimat zu nehmen und den Zuwanderern die Möglichkeit bieten, die Heimat der Mehrheitsgesellschaft trotz unterschiedlicher Herkunft als die ihre zu anzunehmen. Denen, die das nicht wollen, sollten wir offen und nachdrücklich die Ausreise dorthin empfehlen, wo sie ihnen genehmere Lebensumstände sehen. Das sind wir in der Tat ihnen und unserem eigenen Gemeinwesen schuldig. Summary Immigration is not a new phenomenon in Germany. The country has experienced repeated benefits in its history through immigration. One example are the Huguenot migrants, who decisively contributed to the rise of Prussia. The immigration of South-European “guest workers” in the second half of the 20th century brought quite a positive experience for the Federal Republic. In contrast to this Germany is exposed to problems with a large part of Turkish migrant workers who do not want to integrate, but have formed a parallel society. This means in many ways a contradiction to the social, democratic and constitutional principles of Germany. The way of thinking and acting of these immigrants is characterised by a conservative Islam, politically supported by the neo-Ottoman Turkish President Erdogan. Due to a de facto opening of boarders, more than one million migrants came to Germany in 2015/16, especially from the Middle East and Afghanistan. They were received with great helpfulness. In the meantime, we see many problems in everyday life. German politics has no concept for the immigration question. It limits itself to the solution of practical problems. Right-wing populist forces are profiting from this political deficit; the traditional democratic parties are weakened. The parallels 63 Schröder (Fn. 60); Ahmad Mansour/Cem Özdemir, Integration. Was wir von Einwanderern verlangen wollen, in: FAS vom 28. August 2016. 64 Schröder (Fn. 60).

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to other European countries are obvious. Here, too, the migration issue has contributed to a worrying weakening of the democratic camp and decisions such as Brexit.

President Trump’s Travel Orders and National Security By Andrew R. Arthur Between January 27 and September 24, 2017, President Donald J. Trump issued two Executive Orders (EOs) and one Presidential Proclamation restricting the entry of certain foreign nationals to the United States. While those actions were deemed “travel bans”, this is a misnomer, as each only applied to certain nationals from identified countries. Each of those actions was criticized extensively in the press, and subject to injunctions by numerous courts. As the ultimate Supreme Court decision upholding the president’s authority to issue the eventual Presidential Proclamation revealed, however, the president was well within the rights of his office to act to limit the entry of those foreign nationals into the United States in the interests of the national security. I. Background By sheer numbers, the United States is the most generous country in the world as it relates to immigration. For example, in 2017, 1,127,167 persons became lawful permanent residents (LPRs)1, “the status of having been lawfully accorded the privilege of residing permanently in the United States as an immigrant in accordance with the immigration laws”2. Approximately 10,500 refugees were admitted in the first two quarters of FY 2018, and 163,000 immigrants became naturalized citizens during that period, as well.3 In addition, there were 46 million admissions of nonimmigrants, that is, foreign nationals “who seek … temporary entry to the United States for a specific purpose”4, during the first quarter of 2018 alone5.

1 Department of Homeland Security, Annual Flow Report, Lawful Permanent Residents, August 2018. 2 Section 101(a)(20) of the Immigration and Nationality Act (INA). 3 Department of Homeland Security, Legal Immigration and Adjustment of Status Report Fiscal Year 2018, Quarter 2, August 2018. 4 U.S. Citizenship and Immigration Services, Glossary, Nonimmigrant, March 2018, www. uscis.gov/tools/glossary/nonimmigrant (consulted: 2 January 2020). 5 Department of Homeland Security, Legal Immigration and Adjustment of Status Report 2018 (Fn. 3).

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Although there were concerns about a terrorist attack from abroad on the United States for decades, those concerns were heightened in the aftermath of the first World Trade Center bombing on February 6, 1993, in which six were killed and more than 1,000 injured6. Each of the terrorists who participated in that attack was an alien who exploited the immigration system to remain in the United States7. Those fears continued to rise after terrorists thereafter struck American interests abroad when bombs exploded at the U.S. embassies in Nairobi, Kenya and Dar es Salaam, Tanzania almost simultaneously on August 7, 19988. As my colleague, Steven A. Camarota has noted: “Some 20 al Qaeda members are thought to have taken part in the bombings. At least three of those involved in the bombings were naturalized American citizens who lived and worked for Osama bin Laden’s al Qaeda organization while in the United States. In addition, Essam al Ridi, who is also a naturalized American citizen, testified against several individuals involved in the plot. He also admitted to having worked for bin Laden while in the United States, including purchasing and personally delivering a jet plane to the al Qaeda leader. The plane was to be used for transporting missiles from Afghanistan to the Sudan.”9

Concerns were later raised about a terrorist attack in the United States during New Year’s celebrations on December 31, 1999 to January 1, 2000. Such an attack was narrowly averted when Ahmed Ressam – a 34-year-old Algerian – was arrested at Port Angeles, Washington on December 14, 1999, “attempting to enter the U.S. with components used to manufacture improvised explosive devices”10. As the Federal Bureau of Investigation explained: “Ressam subsequently admitted that he planned to bomb Los Angeles International Airport on the eve of the Millennium 2000 celebrations.”11 Of course, terrorists would again strike the United States on September 11, 2001, when: “19 men trained by al-Qaeda carried out a coordinated terrorist attack on the United States that had been planned for years. The attackers simultaneously hijacked four large passenger aircraft with the intention of crashing them into major landmarks in the United States, inflicting as much death and destruction as possible. Three of the planes struck their targets; the fourth crashed into a field in Pennsylvania. In a single day, these deliberate acts of mass murder killed nearly 3.000 human beings from 57 countries. More than 400 of the dead were first responders, including New York City firefighters, police officers, and EMTs.”12 6

CNN, 1993 World Trade Center Bombing Fast Facts, February 10, 2019. Steven A. Camarota, The Open Door, How Militant Islamic Terrorists Entered and Remained in the United States, 1993 – 2001, Center for Immigration Studies, May 1, 2002. 8 CNN 1998 US Embassies in Africa Bombings Fast Facts, July 31, 2018. 9 Camarota (Fn. 7). 10 Federal Bureau of Investigation, Millennium Plot/Ahmed Ressam, n.d., www.fbi.gov/ history/famous-cases/millennium-plot-ahmed-ressam (consulted: 2 January 2020). 11 Ibid. 12 Alan Taylor, 9/11: The Day of the Attacks, in: The Atlantic, September 8, 2011. 7

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In response to those attacks, the U.S. government undertook a series of steps to address the threat of foreign terrorism to the United States. This included the passage of the USA Patriot Act13, which, among other things, facilitated the sharing among government agencies of intelligence and law-enforcement information. In addition, Congress passed the Homeland Security Act of 200214, which consolidated many agencies with a national-security or law-enforcement mission within a new federal cabinet-level department. For years afterwards, fears of alien terrorism began to recede in the United States, with only sporadic exceptions. Concerns about the terrorist exploitation of our immigration system were again heightened, however, following terror attacks15 in Paris, France in November 2015 that left 130 people dead. Press reports stated that “(a)t least one Syrian refugee who had recently entered Europe was among the … terrorists who carried out” that attack16. This event was of particular concern in the United States, however, because French nationals are able to gain entry into the United States under the so-called visa waiver program (VWP)17. As the State Department explains: “The Visa Waiver Program (VWP) enables most citizens or nationals of participating countries to travel to the United States for tourism or business for stays of 90 days or less without obtaining a visa. Travelers must have a valid Electronic System for Travel Authorization (ESTA) approval prior to travel and meet all requirements.”18

The possibility that potential terrorists might be able to use this truncated system to be admitted to the United States raised significant concerns of possible terrorist intrusions to carry out similar attacks against American domestic institutions. Those concerns were again heightened less than three weeks after that attack, when in early December 2015, Syed Rizwan Farook and his wife, Tashfeen Malik, killed 14 people attending a holiday party in San Bernardino, California19. The fact that Malik had been born in Pakistan, moved to Saudi Arabia, and entered the United States on a fiancée visa20 raised new fears about the vulnerability of our immigration system. Those fears were further exacerbated by then-President Barack

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USA Patriot Act, Pub. L. 107 – 56, October 26, 2001. Homeland Security Act of 2002, Pub. L. 107 – 296, November 25, 2002. 15 BBC, Paris attacks: What happened on the night, December 9, 2015. 16 Yaron Steinbuch, A “refuge” in killers’ ranks: Terrorist linked to Syrian refugee route, in: New York Post, November 15, 2015. 17 Section 217 of the Immigration and Nationality Act (INA), 8 U.S.C. §1187. 18 Department of State, Visa Waiver Program, n.d., https://travel.state.gov/content/travel/ en/us-visas/tourism-visit/visa-waiver-program.html (consulted: 2 January 2020). 19 Los Angeles Times, San Bernardino shooting updates, December 9, 2015. 20 Pat St. Claire/Greg Botelho/Ralph Ellis, San Bernardino shooter Tashfeen Malik: Who was she?, CNN, December 8, 2015. 14

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Obama’s assertion that Malik had entered the United States under the VWP21, of which he had ordered a review22. These concerns about exploitation of the VWP by European nationals led to passage of the Visa Waiver Program Improvement and Terrorist Travel Prevention Act of 201523, passed as part of the Consolidated Appropriations Act of 2016. That act barred nationals of Iran, Iraq, Sudan, and Syria24, as well as individuals who had travelled to those countries or Libya, Somalia, or Yemen25, from accessing the VWP. It was against this backdrop on December 7, 2015 that then-candidate Donald Trump issued a statement calling for “a total and complete shutdown of Muslims entering the United States until our country’s representatives can figure out what is going on”26. Trump again alluded to the Paris and San Bernardino attacks in a March 9, 2016 exchange with Anderson Cooper, in which he stated: “I think Islam hates us. There is something – there is something there that is a tremendous hatred there. There’s a tremendous hatred. We have to get to the bottom of it. There’s an unbelievable hatred of us. … And we can’t allow people coming into this country who have this hatred of the United States.”27 (emphasis added).

On this, the president was not as eloquent or precise in his use of language as one would hope. In context, however, the president’s language reflects more frustration with the United States government’s inability to differentiate between bona fide travelers to the United States and terrorists seeking to do harm, than animus toward Muslims. His statements on this issue became more refined as time went on. Candidate Trump began using facially neutral language, at times, to describe the need to screen travelers from majority-Muslim countries coming to the United States. Following mass shootings at an Orlando nightclub committed by a man who had “pledged allegiance to ISIS” and who was the son of an Afghan immigrant in June 201628, for ex21

Jenny Stanton, How Obama misspoke about San Bernardino suspect’s visa: President incorrectly suggested Tashfeen Malik had entered the country without a visa, in: Daily Mail, December 7, 2015. 22 Ibid. 23 Consolidated Appropriations Act, 2016, div. O, tit. II, Pub. L. 114 – 113 (2015). 24 Department of Homeland Security, United States Begins Implementation of Changes to the Visa Waiver Program, January 21, 2016, www.dhs.gov/news/2016/01/21/united-states-be gins-implementation-changes-visa-waiver-program (consulted: 2 January 2020). 25 Department of Homeland Security, DHS Announces Further Travel Restrictions for the Visa Waiver Program, February 8, 2016, www.dhs.gov/news/2016/02/18/dhs-announces-furt her-travel-restrictions-visa-waiver-program (consulted: 2 January 2020). 26 Tessa Berenson, Donald Trump Calls For “Complete Shutdown” of Muslim Entry to U.S., Time, December 7, 2015. 27 CNN, Transcript, Anderson Cooper 3608, March 9, 2016. 28 Ralph Ellis/Ashley Fantz/Faith Karimi/Eliott C. McLaughlin, Orlando shooting: 49 killed, shooter pledged ISIS allegiance, CNN, June 13, 2016.

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ample, Trump gave a speech promising to “suspend immigration from areas of the world where there’s a proven history of terrorism against the United States, Europe or our allies until we fully understand how to end these threats”29. II. Rationale Behind the Trump Travel Orders The idea that travel restrictions or additional vetting should be applied to nationals of certain countries that are in conflict, or are failed states, predated the Trump administration. For example, Obama Administration officials had made clear that the vetting of visa applicants is only as good as the information available to those doing the vetting. As former FBI Director James Comey testified in connection with the screening of Syrian refugees on October 21, 2015: “We can only query against that which we have collected. And so if someone has not made a ripple in the pond in Syria on a way that would get their identity or their interests reflected in our databases, we can query our databases until the cows come home but nothing will show up because we have no record of that person. … You can only query what you have collected. And with respect to Iraqi refugees, we had far more in our databases because of our country’s work there for a decade. (The vetting of Syrian refugees) is a different situation.”30

Those officials also made clear the nature of the danger posed by terrorist aliens seeking entry into the United States. For example, as then-Director of National Intelligence (DNI) James Clapper stated in September 2015: “As (Syrian refugees) descend on Europe, one of the obvious issues that we worry about, and in turn as we bring refugees into this country, is exactly what’s their background? We don’t obviously put it past the likes of ISIL to infiltrate operatives among these refugees. That is a huge concern of ours.”31

It was in this context that President Trump attempted to assess the danger posed by, and limit the entry of, certain foreign nationals into the United States, at least temporarily until more thorough vetting could be completed. III. The Trump Travel Orders, and Resulting Litigation On January 27, 2017, President Trump issued Executive Order 13,769 (EO-1) captioned “Protecting the Nation from Foreign Terrorist Entry into the United States”32. EO-1 suspended the entry into the United States of nationals of Iraq, Syria, Iran, 29 Christine Wang, Trump: If elected, I’ll ban immigration from areas with terrorism ties, CNBC, June 13, 2016. 30 House Committee on Homeland Security, Nation’s Top Security Officials Concerns on Refugee Vetting, November 19, 2015. 31 Ibid. 32 EO 13, 769, Protecting the Nation from Foreign Terrorist Entry into the United States (2017).

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Sudan, Libya, Yemen, and Somalia for 90 days33. This suspension was intended to allow the Department of Homeland Security (DHS), in conjunction with the Department of State (DOS) and the DNI, to determine what information was needed: “from any country to adjudicate any visa, admission, or other benefit under the (Immigration and Nationality Act) in order to determine that the individual seeking the benefit is who the individual claims to be and is not a security or public-safety threat.”34

It also suspended the U.S. Refugee Admissions Program (USRAP)35 for 120 days to allow DOS and DHS, in consultation with the DNI, to review the USRAP process “to determine what additional procedures should be taken to ensure that those approved for refugee admission do not pose a threat to the security and welfare of the United States”36, and suspended the admission of Syrian refugees “until such time as (the president has) determined that sufficient changes have been made to the USRAP to ensure that admission of Syrian refugees is consistent with the national interest”37 On February 3, 2017, a federal district court judge in the Western District of Washington issued a temporary restraining order (TRO), which effectively prevented enforcement of the EO-1 suspensions pending a final decision in on their legality38. On March 16, 2017, the White House issued a second Executive Order (EO 13,780) also captioned “Protecting the Nation from Foreign Terrorist Entry into the United States” (EO-2)39. Subsection 2(c) of EO-2 suspended the entry of nationals from Iran, Libya, Somalia, Sudan, Syria, and Yemen for 90 days, subject to a number of limitations, waivers, and exceptions40. Security and vetting concerns related to those six countries, which supported those suspensions, were set forth in section 1 of EO-241. Section 2(a) of EO-2 required DHS, in conjunction with DOS and the DNI, to: 33

Ibid., § 3(c). Ibid., § 3(a). 35 U.S. Citizenship and Immigration Services, Refugees, October 24, 2017, www.uscis.gov/ humanitarian/refugees-asylum/refugees (consulted: 2 January 2019). “You must receive a referral to the U.S. Refugee Admissions Program (USRAP) for consideration as a refugee. … If you receive a referral, you will receive help filling out your application and then be interviewed abroad by a USCIS officer who will determine whether you are eligible for refugee resettlement.” 36 EO 13,769, Protecting the Nation from Foreign Terrorist Entry into the United States (2017), at § 5(a). 37 Ibid., § 5(c). 38 Washington v. Trump, Case No. C17 – 0141JLR, Temporary Restraining Order (W.D. Wash. February 3, 2017). 39 Exec. Order No. 13,780 Protecting the Nation from Foreign Terrorist Entry into the United States (2017). 40 Ibid., § 2(c). 41 Ibid., § 1(e) cl. I-vi. 34

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“conduct a worldwide review to identify whether, and if so what, additional information will be needed from each foreign country to adjudicate an application by a national of that country for a visa, admission, or other benefit under the INA (adjudications) in order to determine that the individual is not a security or public-safety threat”42

DHS was required to submit a report on the results of that review within 20 days of the effective date of that order43. Unlike EO-1, EO-2 applied only to foreign nationals outside the United States without a visa44. Like EO-1, EO-2 suspended USRAP for 120 days to allow DOS, in conjunction with DHS and DNI to: “review the USRAP application and adjudication processes to determine what additional procedures should be used to ensure that individuals seeking admission as refugees do not pose a threat to the security and welfare of the United States, and shall implement such additional procedures”45

Thereafter, on May 25, 2017, the U.S. Court of Appeals for the Fourth Circuit issued a decision in International Refugee Assistance Project (IRAP) v. Trump46, temporarily blocking the 90-day suspension in section 2(c) of EO-2. The plaintiffs there asserted that the national security purpose in EO-2 “was given in bad faith … as a pretext for what really is an anti-Muslim religious purpose”47. The Fourth Circuit agreed, finding: “Plaintiffs point to ample evidence that national security is not the true reason for EO-2, including, among other things, then-candidate Trump’s numerous campaign statements expressing animus towards the Islamic faith (including the statements cited above); his proposal to ban Muslims from entering the United States; his subsequent explanation that he would effectuate this ban by targeting ‘territories’ instead of Muslims directly; the issuance of EO-1, which targeted certain majority-Muslim nations and included a preference for religious minorities; an advisor’s statement that the President had asked him to find a way to ban Muslims in a legal way; and the issuance of EO-2, which resembles EO-1 and which President Trump and his advisors described as having the same policy goals as EO-1. Plaintiffs also point to the comparably weak evidence that EO-2 is meant to address national security interests, including the exclusion of national security agencies from the decisionmaking process, the post hoc nature of the national security rationale, and evidence from DHS that EO-2 would not operate to diminish the threat of potential terrorist activity.”48

Based on this, the court then concluded:

42

Ibid., § 2(a). Ibid., § 2(b). 44 Ibid., § 3. 45 Ibid., § 6(a). 46 International Refugee Assistance Project v. Trump, 857 F. 3d 554 (4th Cir. 2017). 47 Ibid., at 591. 48 Ibid., at 591 – 592. 43

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“Plaintiffs have more than plausibly alleged that EO-2’s stated national security interest was provided in bad faith, as a pretext for its religious purpose. And having concluded that the ‘facially legitimate’ reason proffered by the government is not ‘bona fide,’ we no longer defer to that reason and instead may ‘look behind’ EO-2.”49

“Looking behind” EO-2, the court found, meant applying the so-called Lemon test to determine whether EO-2 violates the Establishment Clause50. In this context, the “Establishment Clause” refers to the first provision in the First Amendment to the U.S. Constitution, which states: “Congress shall make no law respecting an establishment of religion”51 “This clause not only forbids the government from establishing an official religion, but also prohibits government actions that unduly favor one religion over another.”52 The Lemon test was set forth by the Supreme Court in its decision in Lemon v. Kurtzman53. As the Heritage Foundation states: “The Lemon test requires courts to consider whether the law in question has (1) a secular purpose, (2) a primary effect that neither advances nor inhibits religion, and (3) does not create excessive entanglement with religion.”54 After again reviewing statements of candidate Trump, President Trump, and the president’s spokesman and advisors, the Fourth Circuit found “that the reasonable observer would likely conclude that EO-2’s primary purpose is to exclude persons from the United States on the basis of their religious beliefs”55, and therefore concluded “EO-2 likely fails Lemon’s purpose prong in violation of the Establishment Clause”56. Having reached this conclusion, the Fourth Circuit found: “Plaintiffs are likely to succeed on the merits of their Establishment Clause claim.”57 In this decision, the Fourth Circuit improperly applied Supreme Court precedent from a 1972 decision called Kleindienst v. Mandel58, as the dissent noted59. In Mandel, the Supreme Court held:

49

Ibid., at 592. Ibid. 51 Constitution of the United States, First Amendment. 52 Legal Information Institute, Establishment Clause, www.law.cornell.edu/wex/establish ment_clause (consulted: 2 January 2020). 53 Lemon v. Kurtzman, 403 U.S. 602 (1971). 54 John Baker, The Heritage Guide to the Constitution, Establishment of Religion, www. heritage.org/constitution/#!/amendments/1/essays/138/establishment-of-religion(consulted: 2 January 2020). 55 International Refugee Assistance Project v. Trump 2017 (Fn. 46), at 594. 56 Ibid., at 601. 57 Ibid. 58 Kleindienst v. Mandel, 408 U.S. 753 (1972). 59 International Refugee Assistance Project v. Trump 2017 (Fn. 46), at 639, per Niemayer, J. (dissenting). 50

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“plenary congressional power to make policies and rules for exclusion of aliens has long been firmly established. … We hold that when the Executive exercises this power negatively on the basis of a facially legitimate and bona fide reason, the courts will neither look behind the exercise of that discretion, nor test it by balancing its justification against the First Amendment interests of those who seek personal communication with the applicant.60” (emphasis added).

Although that case involved First Amendment free speech rights, the Supreme Court did not limit the scope of that decision to only that clause of the First Amendment. Contrary to the Fourth Circuit’s holding, a review of EO-2 reveals that it was both facially legitimate and facially bona fide. The clauses in subsection 1(e) of that executive order stated, with respect to each of the six affected countries “why their nationals continue to present heightened risks to the security of the United States”61. For example, with respect to Iran, EO-2 states: “Iran has been designated as a state sponsor of terrorism since 1984 and continues to support various terrorist groups, including Hizballah, Hamas, and terrorist groups in Iraq. Iran has also been linked to support for al-Qa’ida and has permitted al-Qa’ida to transport funds and fighters through Iran to Syria and South Asia. Iran does not cooperate with the United States in counterterrorism efforts.”62

Subsequently, on September 24, 2017, President Trump issued Presidential Proclamation No. 9645, “Enhancing Vetting Capabilities and Processes for Detecting Attempted Entry into the United States By Terrorists or Other Public-Safety Threats” (the Proclamation)63. That proclamation, which succeeded EO-2, indefinitely suspended the entry of some or all immigrants and/or nonimmigrants from eight countries: Chad, Iran, Libya, North Korea, Somalia, Syria, Venezuela, and Yemen64. These restrictions apply only to nationals of those countries who are outside of the United States and who did not then have a valid travel document65. Those designations resulted from the report required by EO-2. That report established a “baseline” for the types of information that were required to determine whether a foreign national should be allowed to enter the United States. The baseline consisted of three categories of criteria relevant to the ability of the United States “to confirm the identity of individuals seeking entry … and … assess whether they are a security or public-safety threat”66. 60

Kleindienst v. Mandel (Fn. 58). EO 13,780 (Fn. 39), § 1(e). 62 Ibid., cl. i. 63 Proclamation no. 9645, Enhancing Vetting Capabilities and Processes for Detecting Attempted Entry into the United States By Terrorists or Other Public-Safety Threats (2017). 64 Ibid. 65 Ibid., § 3. 66 Ibid., § 1(c). 61

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The first category is “identity-management information”, which “focuses on the integrity of documents required for travel to the United States”67; that is the travel documents such as passports presented by foreign nationals for entry into the United States. Its basic purpose is to determine whether applicants for immigration benefits are who they claim to be. The second category is “national security and public-safety information”68. This category focuses on the country in question, and in particular whether that country provides criminal and terrorist information to the United States about individuals seeking entry upon U.S. government request, and whether it provides exemplars of travel documents. Again, the ability of the United States to screen a foreign national seeking entry is only as good as the information that is available to the U.S. government officer making that determination, as former FBI Director Comey alluded to above. Most, if not all, of that information will be in the possession of the foreign national’s home government, and if that government is not forthcoming with such information, the U.S. officer will not be able to make an accurate determination of the potential danger that the foreign national poses to the United States. The third category is “national security and public-safety risk assessment”69. This category is broader, and focuses on “whether the country is a known or potential terrorist safe haven” and whether it accepts its returned nationals. Again, nationals of countries in which terrorist movements are active, or which provide haven to such terrorists, are more likely to, themselves, have a terrorist intent in entering the United States. This category is directly relevant to that point. In summary, the information that the Proclamation focuses on is essential to the integrity of the U.S. immigration system. Simply put, to grant a visa to an individual, the United States must be able to identify who that person is and whether he or she specifically poses a national security risk, as well as whether the home country of that individual has interests inimical of hostile to the United States, and also will accept its nationals if they are deported, such that the U.S. government will be able to remove them from its territory. Following its review, DHS determined that the eight countries in question were “inadequate” as related to one or more of these three factors, such that there were reasons to restrict the ability of their nationals to enter the United States.70 The Proclamation states that in the judgment of the president, these restrictions were needed to “prevent the entry of those foreign nationals about whom the United States Government lacks sufficient information”; to “elicit improved identity-management and

67

Ibid., cl. i. Ibid., cl. ii. 69 Ibid., cl. iii. 70 Ibid., § 1(g). 68

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information-sharing protocols and practices from foreign governments”; and “to advance foreign policy, national security, and counterterrorism objectives”71. Three lawsuits were filed against by different groups in federal court in Maryland to block that proclamation. The plaintiffs asserted that the Proclamation and EO-2, among other things, violated the Establishment Clause of the First Amendment to the U.S. constitution, described above72. On October 17, 2017, that court granted the motion “in substantial part, entering a nationwide preliminary injunction enjoining the enforcement of” the Proclamation to nationals of Chad, Iran, Libya, Somalia, Syria, and Yemen who have “a credible claim of a bona fide relationship with a person or entity in the United States”73. The court concluded that the plaintiffs in that case were likely to succeed on their argument that the Proclamation violated the INA and the Establishment Clause74. The government directly appealed that decision to the Court of Appeals for the Fourth Circuit75. Again, a majority of that court determined that the proffered reason for the Proclamation (“to protect [United States] citizens from terrorist attacks and other public-safety threats” and “to encourage foreign governments to improve their information-sharing and identity-management protocols and practices and to regularly share identity and threat information with our immigration screening and vetting systems”) was not “bona fide”, but was rather “a pretext for an anti-Muslim religious purpose”76. To support this determination, the court referenced “the words of the President”, as well as his “issuance of EO-1 and EO-2, addressed only to majority-Muslim nations”. Most exceptionally, the court relied upon the very “issuance of (the Proclamation), which not only closely tracks EO-1 and EO-2, but which President Trump and his advisors described as having the same goal as EO-1 and EO-2”77. Unlike its earlier decision, the Fourth Circuit court focused solely on the president’s post-inauguration statements”78. Such a basis would, in essence, have prevented the president from issuing any travel order, having issued travel orders that the court struck down in the past, effectively leaving the United States unprotected from the dangers described in the Proclamation. The court specifically rejected the government’s arguments that “substantive differences” between the Proclamation and its predecessors “reflect(ed) the elimination 71

Ibid., § 1(h)(i). International Refugee Assistance Project v. Trump, 883 F.3d 233, at 254 (4th Cir. 2018). 73 Ibid., at 359. 74 Ibid. 75 Ibid., at 233. 76 Ibid., at 264. 77 Ibid. 78 Ibid., at 266 – 268. 72

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of any anti-Muslim bias”79. First, it dismissed the addition of North Korea and Venezuela to the list of countries facing restrictions as “an attempt to ‘cast off’ the ‘unmistakable’ religious objective” of the first two executive orders80. Most significantly, however, it dismissed the “review” on which the Proclamation was premised, finding: “the criteria allegedly used in the review to identify problematic countries lie at odds with a list of countries actually included in” the Proclamation81. The court referenced only two of those countries in the footnote supporting this proposition. Specifically, it noted that Somalia “satisfied ‘the information-sharing requirements of the baseline’”, but that nonetheless Somali nationals were subject to entry restrictions82. It also noted that although “many countries regularly fail to receive deportees from the United States”, only Iranian citizens were subject to entry restrictions on this account83. Again, in making these findings, the court violated the Supreme Court’s decision in Mandel. In so doing, the court underscored the dangers inherent in failing to follow that Supreme Court precedent, for the reasons explained below. By their nature, federal courts deal only with the limited information that they are provided by the parties, and do not have access to the broader scope of national-security information on which the U.S. Congress, but more importantly the executive branch, render their decisions. That is why it is important for courts to look only to whether an exclusionary decision is valid and bona fide on its face. Going beyond the four corners of such a decision takes the court outside of its areas of expertise and knowledge, and therefore gives it free rein to substitute its limited judgment for that of the executive based on imperfect information. The two examples offered by the court for rejecting the importance of the review process that led up to the Proclamation are indicative of this. In essence, it “cherrypicked” the facts that supported its decision while ignoring the ones that did not. For example, while the court focused on information-sharing between the United States and Somalia, it ignored the findings in the Proclamation related to that country’s “identity-management deficiencies”, and the “persistent terrorist threat (that) emanates from Somalia’s territory”, which the Proclamation described in-depth84. Similarly, while the court noted that Iran fails to accept its deported nationals, it ignores the rest of the significant findings in the Proclamation related to that country:

79

Ibid., at 268. Ibid. 81 Ibid., at 269. 82 Ibid., at n. 17. 83 Ibid. 84 Proclamation no. 9645 (Fn. 63), § 2(h)(i). 80

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“Iran regularly fails to cooperate with the United States Government in identifying security risks, … is the source of significant terrorist threats, and … (DOS) has also designated Iran as a state sponsor of terrorism.”85

These are not minor points, nor ones subject to serious dispute. The Fourth Circuit court simply chose to ignore them, and erred significantly in doing so. The majority in that case also failed to defer to the authority of the U.S. political branches (and in particular the executive) as it relates to the exclusion of aliens, a fact the dissent discussed in great length86. Quoting the U.S. Supreme Court’s 1950 decision in United States ex rel. Knauff v. Shaughnessy87, the dissent noted: “The exclusion of aliens is a fundamental act of sovereignty. The right to do so stems not alone from legislative power but is inherent in the executive power to control the foreign affairs of the nation. When Congress prescribes a procedure concerning the admissibility of aliens, it is not dealing alone with a legislative power. It is implementing an inherent executive power. Thus, the decision to admit or exclude an alien may be lawfully placed with the President, who may delegate the carrying out of this function to a responsible executive officer. … The action of the executive officer under such authority is final and conclusive.”88 (emphasis added).

Put another way, the president was at the height of his executive power when he issued the Proclamation, and the majority erred in analyzing the president’s exercise of that authority. Finally, the dissent acknowledged the politically charged nature of EO-1, EO-2, and the Proclamation, and the dangers posed by the judicial branch’s interference with decisions that are inherently within the scope of the executive: “The public debate over the Administration’s foreign policy and, in particular, its immigration policy, is indeed intense and thereby seductively tempts courts to effect a politically preferred result when confronted with such issues. But public respect for Article III courts calls for heightened discipline and sharpened focus on only the applicable legal principles to avoid substituting judicial judgment for that of elected representatives. It appears that the temptation may have blinded some Article III courts, including the district court and perhaps the majority of this court, to these obligations, risking erosion of the public’s trust and respect, as well as our long-established constitutional structure.”89

85

Ibid., § 2(b)(i). International Refugee Assistance Project v. Trump 2018 (Fn. 72), at 360 per Niemayer (dissenting). 87 United States ex rel. Knauff v. Shaughnessy, 338 U.S. 537, at 542 – 543 (1950). 88 International Refugee Assistance Project v. Trump 2018 (Fn. 72), at 360 per Niemayer, J. (dissenting). 89 Ibid., at 376 – 377. 86

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IV. Supreme Court’s Affirmation of the President’s Authority to Issue the Proclamation On June 26, 2018, the Supreme Court issued a decision in Trump v. Hawaii90, reviewing a decision of the Ninth Circuit that (like IRAP) enjoined in part the Proclamation. While the Ninth Circuit’s decision was based on its conclusion that the INA did not give the president the authority to issue the Proclamation, which the Supreme Court expressly rejected91, the Court also in an unusual move considered whether the Proclamation unconstitutionally violated the Establishment Clause92. The Supreme Court began by noting that the heart of the plaintiffs’ argument on this point was “a series of statements by the president and his advisors casting doubt on the official objective of” the Proclamation93. It found that the issue before the Court was not whether to “denounce th(os)e statements”, but instead to consider “the significance of those statements in reviewing a Presidential directive” that was neutral on its face, because it did not refer to religion94. In its analysis, the Supreme Court underscored the judiciary’s traditional deference to the political branches (Congress and the president) when their actions relate to the exclusion of foreign nationals from entering the United States, particularly where national security concerns were involved, recognizing the authority of those branches as it relates to foreign policy and political and economic considerations95. It admitted (citing Mandel) that it could, nonetheless, consider such actions in a circumscribed manner when they allegedly burdened the constitutional rights of U.S. citizens96. The court acknowledged, however, its marked “lack of competence” in “collecting evidence and drawing inferences” on national security questions, which I described above97. For purposes of its review, the Supreme Court assumed that it could “look behind the face of” the Proclamation “to the extent of applying rational basis review”, which in this context allowed the Court to examine “whether the entry policy is plausibly related to the Government’s stated objective to protect the country and improve vetting processes”98. The Court found that it could consider the president’s statements, but had to uphold the policy if it could be “reasonably understood to result from a justification independent of unconstitutional grounds”99 (emphasis added). 90

Trump v. Hawaii, 138 S. Ct. 2392 (2018). Ibid., at 2415. 92 Ibid., at 2415 – 2416. 93 Ibid., at 2417. 94 Ibid., at 2418. 95 Ibid., at 2418 – 2419. 96 Ibid., at 2419. 97 Ibid. 98 Ibid., at 2420. 99 Ibid. 91

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The Supreme Court noted that policies were rarely struck down under rationalbasis scrutiny given the fact that it is a deferential standard of review, and then only when “the laws at issue lack any purpose other than ‘bare … desire to harm a politically unpopular group’”100. It concluded that because there was “persuasive evidence that the entry suspension has a legitimate grounding in national security concerns, quite apart from any religious hostility”, the Court had to accept that justification101. Specifically, the court held that the Proclamation was premised on the legitimate purpose of preventing the “entry of nationals who cannot be adequately vetted and inducing other nations to improve their practices”, without that proclamation referencing religion102. Moreover, the Court noted, the Proclamation “reflects the results of a worldwide review process undertaken by multiple Cabinet officials and their agencies”103. Again, the thorough and unbiased nature of that review made clear that the conclusions in the Proclamation were premised on objective facts, not subjective biases. And again, those facts were the same ones that Candidate Trump unartfully referenced on the campaign trail. With respect to religion, the court concluded that the fact that five of the seven countries listed in the Proclamation had Muslim-majority populations “alone does not support an inference of religious hostility”, because only eight percent of the world’s Muslim population is covered by the Proclamation, and that the Proclamation “is limited to countries that were previously designated by Congress or prior administrations as posing national security risks”104. This is a significant point, which was ignored or rejected by the lower courts. Had the Proclamation been a “Muslim ban,” as its detractors asserted, it would have been an exceptionally ineffective one. Rather, again, it was a well thought-out, objectively based determination premised on real-world threats to the United States and its institutions that narrowly addressed those threats. V. Conclusion Since well before September 11, the U.S. government has been alert to the dangers posed by alien terrorism. Terrorist attacks in the United States and Europe in recent years, coupled with the destabilization of certain countries in the Middle East, have heightened concerns that foreign nationals will seek to exploit vulnerabilities within our visa and refugee processing systems to enter and do harm to the people and institutions of the United States. 100

Ibid. Ibid. at 2421. 102 Ibid. 103 Ibid. 104 Ibid. 101

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In an opinion piece published in the New York Times six years to the day before September 11th, civil-rights icon Barbara Jordan, then-chairman of the Commission on Immigration Reform (who had been appointed to that position by President Bill Clinton), wrote: “The United States has united immigrants and their descendants around a commitment to democratic ideals and constitutional principles. People from an extraordinary range of ethnic and religious backgrounds have embraced these ideals.”105

She referred to this process as “Americanization,” and in the two decades since, the vast majority of immigrants to the United States have embraced this concept. Unfortunately, a handful of immigrants to our country have used their access to our society and its institutions in an attempt to harm the American people. During his campaign for president of the United States, Donald Trump expressed concerns about the vulnerabilities that those individuals exploited, or others could potentially exploit, often in overly simplistic and broadly general terms. Since becoming president, Mr. Trump has issued a series of orders to tighten the United States’ visa-issuance and refugee-processing systems in order to address these concerns, but his statements on the campaign trail and as president have been used subsequently by those seeking to block those orders. Despite the deference traditionally shown to the executive branch in reviewing actions relating to the exclusion of aliens from the United States, certain courts have attempted to enjoin or narrow those orders, often based on novel and contradictory theories. In so doing, lower-court judges have erroneously substituted their limited national-security expertise for that of the executive branch. It is important to note that unlike in many other countries, judges in the United States are selected based on their skills and abilities in private practice or in government service (as well as their judicial and political philosophies), and not because they have either trained to be judges or necessarily because of any background that they may have as it relates to assessing national security risks. When judges substitute their limited expertise on matters of the national security, and especially when they do so based on the limited record before them, their decisions not only undermine the logic and effectiveness of their orders, but they also threaten to undercut the respect of at least some portion of the American public for the impartiality of the judicial branch. Such impartiality is crucial to the U.S. system of justice, because only when the American people believe that their judges are acting impartially will they accept those judges’ decisions, and in particular decisions that they believe were wrong. Put another way, only when the spectator believes that the referee is impartial will the spectator accept bad calls as part of the game, rather than as a biased attempt to influence the outcome of the game. 105

Barbara Jordan, The Americanization Ideal, in: New York Times, September 11, 1995.

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The Supreme Court’s decision went a long way to restore the deference due to the political branches on this issue. Only when that deference is paid can the voters accurately determine whether the decisions of the political branches represent their will, or whether the representatives in those political branches should be replaced through the electoral process. More fundamentally, however, the protection of its citizens is the primary responsibility of any government. Having undertaken a worldwide review of whether, and if so what, additional information would be needed from each foreign country to assess adequately whether its nationals seeking to enter the United States pose a security or safety threat, the executive branch should be given the opportunity to implement the results of that review. The Supreme Court gave the Trump administration back that authority. Zusammenfassung Zwischen dem 27. Januar und dem 24. September 2017 erließ Präsident Donald Trump zwei Executive Orders und eine Presidential Proclamation, welche die Einreise bestimmter Ausländer in die Vereinigten Staaten beschränken. Jede dieser Maßnahmen stieß auf vehemente Kritik in der Öffentlichkeit und wurde von zahlreichen Gerichten im Wege einstweiliger Anordnungen ausgesetzt. Demgegenüber bekräftigte die endgültige Entscheidung des Supreme Court die Befugnis des Präsidenten zum Erlaß einer Presidential Proclamation sowie seine Kompetenz, die Einreise bestimmter Ausländer aus Gründen der nationalen Sicherheit zu begrenzen. Der Beitrag zeichnet den gescheiterten Versuch der unteren Gerichte nach, die gesetzlichen Befugnisse des Präsidenten zu beschränken. Während der Verfahren drohte das Vertrauen der amerikanischen Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit der Justiz durch die Vorgehensweise der unteren Gerichte Schaden zu nehmen.

Migration and Solidarity: The Australian Experience By Michael A. Casey1 The proportion of Australia’s population born overseas is one of the highest in the OECD. In 2013, 28 per cent of Australia’s population was born overseas, compared to just over 13 per cent for the United States and just under 13 per cent for Germany2. The Australian census in 2016 saw this percentage rise to 28.5 per cent, or 6.9 million people out of a total population of 23.4 million. This was the highest proportion recorded since 1894, when the population was approximately 3.4 million. A further 21 per cent of Australians have at least one parent who was born overseas, meaning that in 2016 almost half the population was first or second generation Australian3. This is the product of a sophisticated migration program which has settled 7.5 million people since 19454, when the total Australian population was just under 7.4 million5. In contrast, from Federation in 1901 to the beginning of the Second World War, the number of migrants settled in the country totaled approximately 700,0006. An immigration act was one of the first laws passed by the new Commonwealth parliament in 1901, but its purpose was to prevent Asian immigration. The Immigration Restriction Act was “the legislative basis for the White Australia policy”. Edmund Barton, the first prime minister, had promised to enact this policy during the election campaign for the first parliament, and “the results of the election pushed

1

I am indebted to two of my colleagues at Australian Catholic University for their assistance in preparing this paper. Ashley Midalia, Director of Government, Policy and Strategy, very generously shared a number of important insights with me from his previous experience of working at senior levels of government in the area of immigration; and Samantha Dunnicliff, Policy Researcher at the PM Glynn Institute, provided invaluable assistance in gathering statistical information and other materials. 2 OECD (2018), Foreign-born population (indicator). doi: 10.1787/5a368e1b-en. 3 Andrew Markus, Mapping Social Cohesion: The Scanlon Foundation Surveys 2017, Caulfield East 2017, pp. 1 & 15. 4 Janet Phillips/Joanne Simon-Davies, Migration to Australia: a quick guide to the statistics, Australian Parliamentary Library Research Paper Series 2016 – 17, January 18, 2017, p. 1. 5 Australian Bureau of Statistics, Australian Historical Population Statistics, 2014, Cat.no. 3105.0. 65.001, Table 1.2 “by sex, states and territories”, 30 June, 1901 onwards. 6 Janet Phillips/Michael Klapdor/Joanne Simon-Davies, Migration to Australia since federation: a guide to the statistics, Australian Parliamentary Library Background Note, October 29, 2010, p. 3.

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[him] to honour that promise”7. During the debate on this legislation in the parliament, Alfred Deakin, the Attorney-General and Deputy Prime Minister, claimed that in the discussions leading up to Federation, “no motive power operated more universally” to dissolve the divisions between the six colonies than “the desire that we should be one people and remain one people without the admixture of other races”. John Hirst has argued that this claim is “totally misleading.” Immigration was in fact not an important issue at any of the conferences and conventions prior to Federation. Control of immigration was not among the arguments advanced for why the colonies should federate, nor did it figure in the referendum campaigns, despite the many other “extravagant claims and extravagant fears [which] were peddled”. The reason for this was that Asian immigration had already been prohibited when each of the colonies had “passed more or less uniform laws” against it in 18888. Jeremy Sammut has argued that in fact it was these uniform colonial laws of 1888 which “effectively enshrined White Australia as a cherished part of Australian democracy”9. Chinese laborers had begun arriving in the colony of New South Wales after the end of convict transportation in 1840, and nearly 100,000 arrived in Australia during the second half of the nineteenth century10. Their numbers increased when gold was discovered in Victoria and New South Wales in the 1850s. On the goldfields they were often subjected to hostility and violence, most notoriously at Lambing Flat in New South Wales in 1861, but both before and after this time there were outbreaks of hostility and violence towards them as laborers and merchants. Colonial governments responded to this by introducing restrictions on Chinese immigration at various times. In response to street protests at the arrival of Chinese laborers in the 1888, an inter-colonial conference was held which produced the stricter and uniform laws of that year and imposed “a near prohibition on the entry of the Chinese”11. Sammut identifies three important factors which brought the matter to this conclusion. Firstly, the colonial governments were naturally anxious to ensure peace and order and to prevent outbreaks of mob violence. A particular concern in this case was that the anti-Chinese riots on the goldfields “had disgraced the Australian colonies”, and colonial leaders did not want anything like them repeated12. Secondly, there was manhood suffrage in the Australian colonies by the 1850s, which meant that politicians wanted to attract and retain the votes of working men13. The democratisation of politics meant that liberal politicians had to pay close attention to the demands and 7

John Hirst, Australian History in Seven Questions, Carlton 2016, pp. 112 & 115. Ibid., pp. 113 – 114. 9 Jeremy Sammut, The Long Demise of the White Australia Policy, Quadrant, no. 421 (vol. XLIX, no. 11), p. 36. 10 Stuart Macintyre, A Concise History of Australia, Melbourne 2016, p. 106. 11 Sammut (Fn. 9), p. 36. 12 Ibid., p. 39. 13 Ibid., p. 36. 8

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concerns of ordinary people, including those about immigration and foreign laborers. Thirdly, the arguments made by the leaders of colonial society for excluding Chinese and other “alien” migrants typically revolved around their having a different – that is, supposedly lower – level of civilizational development to that of British Australia. This meant they would be “unable to adapt to the standards of a common Australian citizenship”, and so posed a threat to the advanced democratic achievement of the country. However this ethnocentric argument also carried with it another, “implicit but largely unspoken belief”, informed by the experience of anti-Chinese hostility and violence: that Australian society had to be protected “from the race prejudice of white Australians”14. Asian migrants were seen as a threat to egalitarianism and social peace; however, the real danger arose not from them, but from the Australians who did not want to live with them. Given this history, even before Federation and the formal enactment of the White Australia policy, the critical question (as Sammut observes) is: how did Australia subsequently become one of the most successful multi-racial societies in the world?15 Australia commenced nationhood not only with a restrictive immigration policy, but with a franchise law in 1902 which gave the vote to women but denied it to Indigenous Australians and people of Asian, African and Pacific Islands heritage16. A century later, in 2001 – 02, Australia welcomed over 121,000 migrants, with almost 19,000 from Africa and the Middle-East, approximately 25,000 from Britain and Europe, and more than 50,000 from Asia – including 11,452 Chinese17. What brought about the amazing changes in the racial attitudes of Australians in the middle of twentieth century to make this transformation possible? The answer to this question is in effect a case study on how the sense of solidarity can be expanded, and the conditions which need to be observed to keep it open. As the Australian experience shows, the effort required to achieve this is difficult. It requires negotiating political realities in a way that is both principled and pragmatic, with results that are often imperfect, and avoiding complacency about the gains achieved. It was a more narrowly drawn sense of solidarity at the time of Federation, too narrowly drawn for us today, but it was undoubtedly a sense of solidarity. We need to recall some of the extraordinary social and economic achievements of the Australian colonies over the second half of the nineteenth century. In addition to the early democratisation of politics, wages and conditions for working people were relatively high, trade unions developed and quickly grew in importance, and there were far more opportunities both for economic advancement and for being

14 15

p. 6. 16

Ibid., p. 39. Jeremy Sammut, The History Wars Matter, CIS Occasional Paper 159, Sydney 2017,

Macintyre (Fn. 10), p. 153. Department of Immigration and Border Protection, Historical Migration Statistics (September 2016), Table 2.1 Permanent additions, 1996 – 97 to 2007 – 08. 17

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treated fairly and equally than there were in Britain18. It was no utopia and there was conflict. Indigenous Australians were being relentlessly dispossessed of their lands, and with this came bloodshed and discrimination. In addition to the hostility towards non-British immigrants like the Chinese, there was conflict between unions and employers, and religious and ethnic tensions between Catholics and Protestants, and between the English, the Scots and the Irish. It was a society which was growing and changing quickly, and uncertainty about what the future might hold was also generated by developments such as the long drought and the economic depression of the 1890s. The effort to ensure that what had been achieved in this context could be maintained was a form of solidarity. So workers and unions favored restrictions on immigration to keep demand for labor, and therefore wages, high19. The fear of “colored” labor (whether Chinese or from the Pacific Islands) was that it would undercut wages and working conditions, and establish forms of “servile” work in Australia, undermining the idea of the dignity of labor which increasingly confident workers had established for themselves as a way of defining their role and status in the new society20. This led to strong support for racial exclusion among working people and the unions21. It also explains the support for White Australia from the colonial Labor parties prior to Federation and by the federal Labor party when it was established soon after22. However, as Sammut argues, focusing only on the racism this entailed obscures other developments. At the same time, important assumptions about work, justice and egalitarianism were being laid down very deeply in the character of Australia society which would ultimately help to overcome the prejudices with which they initially developed23. There was also a concern for social cohesion and social peace, which are two critical considerations of solidarity and two essential responsibilities of politics. During the debate on the 1901 immigration legislation, Deakin argued that “the unity of Australia is nothing, if that does not imply a united race”, which meant a people “inspired by the same ideas” and “possessing the same general cast of character”24. The first generation of federal politicians was convinced that “a multi-racial country would inevitably lead to racial strife”25. Their awareness of the prejudice among their constituents towards the non-British, combined with the experience of the United States and the British colonies in South Africa, seemed to demonstrate “that racial mixing was impossible because racial antagonism and the evils of a segregated society were 18

Hirst (Fn. 7), pp. 82 – 84. Ibid., p. 81. 20 Sammut (Fn. 9), pp. 45 – 46. 21 Geoffrey Blainey, A Shorter History of Australia, North Sydney 2014, p. 132. 22 Macintyre (Fn. 10), p. 146. 23 Sammut (Fn. 9), p. 46. 24 Macintyre (Fn. 10), p. 146. 25 Sammut (Fn. 15), p. 8. 19

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inevitable”26. At the same time, however, Australians were developing a way of moderating and defusing religious and ethnic tensions between the three peoples from Britain which would later prove to be an indispensable foundation for a multi-racial society. Hirst observes that unlike the United States, Australia “was not a Protestant country to which Catholics were added” later on. In Australia, English, Scots and Irish lived among one another from the beginning. There were no ethnic enclaves, and while the enmities between these peoples and their different faiths had not disappeared, “the desire to control old-world differences was much stronger than the wish to continue them”27. There was a significant separation between Catholics and Protestants when Catholics opted to maintain and extend their own system of schools after government support for all religious schools was withdrawn in the 1870s, and some employers, including larger firms and government departments would only employ either Protestants or Catholics. “But in most workplaces people of the two faiths mixed together” and “there was no residential segregation”28. The history of sectarianism in Australia is one of “conflict, accommodation, and at the local level, peace”, and even when sectarian feelings intensified over issues such as conscription in the First World War or during the Labor party splits, Belfast or Beirut were never in prospect. The commitment to “containing old-world disputes or overcoming them was very strong”, and it led Australians to develop “a way of being good neighbors despite their differences, which were not argued about but set aside”. Hirst’s conclusion is that this was “good preparation for interacting with migrants peacefully”29. When the first parliament passed the Immigration Restriction Act, Chinese immigration had already been prohibited for some years. The immediate political issue was that campaigning on the promise of enacting this legislation helped the Protectionist party secure Labor’s support for its program and a minority government30. However, another important current of thought and feeling converged with racial unity in the idea of White Australia. As Geoffrey Blainey has put it concisely, “the whole nation felt embarrassed by its convict past”31. It was the country’s “birth stain”, as a newly-appointed governor of New South Wales described it in 189932. The response to this “trauma” was to develop the idea of a new country, unblemished by “the old-world ills of caste, inequality and class prejudice”33 ; “young and free” as the words of the national anthem still remind us today. 26

Sammut (Fn. 9), p. 39. Hirst (Fn. 7), pp. 144 – 145. 28 Ibid., pp. 147 – 148. 29 Ibid., pp. 148 – 150. 30 Sammut (Fn. 9), p. 39. 31 Blainey (Fn. 21), p. 67. 32 Hirst (Fn. 7), p. 130. 33 Ibid., pp. 129 – 130. 27

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This idealization revolved around a number of central claims. Australia as an island continent was seen as “set apart in its own realm”, and therefore ready for nationhood. Australians saw themselves as proudly part of British civilisation, but also as superior to the British in some respects because they had extended British freedoms to more people, unrestricted by barriers of inherited privilege. The violence against Aborigines in the course of European settlement was put to one side or forgotten to claim that no blood had been spilt in war or civil strife to establish a unified and peaceful country34. All these claims came together in late nineteenth century depictions of Australia in poetry and pictures as “a young virginal girl, absolutely pure”. Hirst argues that the emphasis on purity and “whiteness” was not at first conceived solely in racial terms and in fact developed before concerns about Asian immigration. It was an assertion that “the convict stain had been washed away” by the country’s democratic achievement. White Australia was a slogan which “carried all the hopes for the young nation: pure, progressive, enlightened”35. The restriction of immigration was seen as part of the idea of Australia as progressive and enlightened and democratic, but there were other important measures as well. There was free trade between the new states of the Commonwealth, but tariffs were imposed to develop Australian manufacturing and protect it – and with it, jobs – from being undercut by imports. The conflict between employers and unions over wages, particularly apparent in the 1890s, was moderated by a Commonwealth Arbitration Court, established in 1904. A famous decision of this court in 1907 set out the principles underlying a fair and reasonable wage, based on the costs of a married male worker supporting a family. The intention was to determine wages by independent arbitration rather than bargaining, and to base them “not on profits or productivity but human need”36. This was another element of a narrowly drawn solidarity which would make it possible to expand solidarity later in the twentieth century. Even at the time, this system had the effect of reassuring workers and unions that wages would not be undercut by immigrants (mainly from Britain during this period) willing to work at lower rates, because Arbitration prescribed the level of wages that were to be paid regardless of who held the job. This would become even more important in securing the support of the labor movement for the migration program after the Second World War37. Also put in place soon after Federation, and continued more or less since, was the practice of government regulating levels of immigration according to economic conditions, increasing the intake during times of prosperity and reducing it at times of high unemployment38. It is the racial dimension of whiteness that came to predominate, however, and to be seen as the precondition for the pursuit of the progressive and enlightened aspects 34

Ibid., pp. 99 – 100. Ibid., pp. 130 – 131. 36 Macintyre (Fn. 10), pp. 154 – 155. 37 Hirst (Fn. 7), p. 158. 38 Macintyre (Fn. 10), p. 154. 35

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of this vision of the country. The White Australia policy was promoted in earnest and often with arrogance and contempt, but not always with consistency. After the Immigration Restriction Act became law, those who had arrived from Asia, not only from China but also from Japan, India and Afghanistan, were allowed to stay, but most of the Pacific Islanders working in the sugar fields in Queensland were repatriated39, with some exceptions being made for those who had married locally or had lived in Australia for many years or owned land40. Prior to Federation, the British Colonial Office had persuaded the colonies to apply “an ostensibly non-discriminatory” language dictation test to prospective immigrants, and this approach also applied under the new federal law. The language tested, however, was not necessarily English, but any European language the government official processing the immigrants chose41. This condition of entry was later described colloquially as a test in Gaelic, indicating that the intention behind it was commonly understood for what it was. It was not an extensive test: merely a few sentences of no more than fifty words. If they were written down correctly, the immigrant could land, and in the first year of the new legislation “eight Japanese, six Hindus and four Assyrians” were among those who passed the test, but 459 Chinese failed and were refused entry42. Australia’s commitment to the White Australia policy ran very deep and it was felt internationally. Hirst recounts the role of William Morris Hughes, the Australian Prime Minister from 1915 until 1923, in adamantly defending the policy against any international agreement which might weaken it. Japan was an ally of Britain in the First World War, and when Hughes was in London in 1916 the Japanese ambassador asked him to relax Australia’s immigration restrictions. Hughes would not agree to this, although he was prepared to discuss improved trade with Japan43. At the Versailles conference at the end of the war “Hughes badgered the whole British Empire delegation to support him in protecting White Australia”, which helped to defeat a proposal from the Japanese to include a declaration of racial equality in the founding documents of the League of Nations44. Fear of Japan as an expansionary power in Australia’s region was certainly part of this refusal to countenance any dilution of the White Australia policy, which highlights the link between the idea of racial unity with a fear of invasion. The policy saw a steady decline in the proportion of Australians born overseas, which fell to just ten per cent of the population at the end of the Second World War, when the Japanese threat had finally be vanquished. The closeness of the struggle, however, had done nothing to dispel anxiety about a small population holding a large continent. 39

Ibid., p. 147. Blainey (Fn. 21), p. 153. 41 Macintyre (Fn. 10), p. 142. 42 Blainey (Fn. 21), p. 151. 43 Hirst (Fn. 7), p. 180. 44 Ibid., pp. 182 – 183. 40

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Fear of Japanese invasion was very intense during the war. The northern city of Darwin was bombed, Japanese submarines entered Sydney harbor, and the Japanese advance had only been turned back at the battles of Coral Sea and Midway north of the country in May 1942. The post-war immigration program was directly informed by this experience. The Labor Prime Minister Ben Chifley appointed Arthur Calwell as Australia’s first minister for immigration in July 1945, and in early August he made a speech in Parliament setting out the details of the country’s first major immigration program since the 1920s. “If Australians have learned one lesson from the Pacific War”, Calwell said in his opening remarks, “it is surely that we cannot continue to hold our island continent for ourselves and our descendants unless we greatly increase our numbers”45. From being at least a potential threat, immigration had become a matter of survival. The immigration program was part of a range of nation-building initiatives which the Labor government set in train at the end of the Second World War, and Calwell anchored it in control and assent. Government would control the flow of immigrants, ensuring that numbers were set against the capacity of the economy to provide “continuous employment” and the capacity of society to provide “proper housing and social amenities to help [migrants] to fit themselves quickly into the Australian way of life”46. Assent was critical for the success of the immigration program, and it involved both the immigrants and the people who received them. Calwell made it clear that Australia would welcome immigrants “determined to become good Australians by adoption”. He also emphasized that Australians must change their attitudes to immigrants. They must welcome newcomers and help them “to become assimilated” to avoid immigrants “segregating themselves and forming foreign communities”47. He pointed to the example of Australian-born children of foreign-born parents who had fought in the war to defend the country. For Calwell, they stood both as an assurance to the local population of how quickly immigrants come to “regard themselves as Australians”, and as a pledge to immigrants of “equal citizen rights”48. Above all, the program could only succeed in its aims if it had “behind it the support and the goodwill of the Australian people”49. This has remained a fundamental principle of Australian immigration policy since Calwell’s speech in 1945. Calwell understood this to mean preserving the White Australia policy while extending immigration to non-British Europeans. He reassured the public by promising that for every migrant from the continent there would be ten from Britain, but it was the refugees and displaced people of Europe who made up the largest pool of prospective 45 House of Representatives Official Hansard (no. 31 1945), August 2, 1945, p. 4911. On Calwell’s speech and its continuing importance for Australian immigration policy, see James Button, Angels or Arrogant Gods: Dutton, immigration and the triumph of border protection, The Monthly, February 2018 (Issue 141), pp. 25 – 26. 46 Hansard, August 2, 1945, p. 4911. 47 Ibid., pp. 4912 & 4914. 48 Ibid., p. 4914. 49 Ibid., p. 4911.

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migrants for Calwell’s program. After a brief period to begin recovering from the war and redirecting the economy to peacetime production, the program commenced in 1947, and in the decade “from 1948 to 1957, three people were to come from continental Europe for every one from the British Isles”50. Although countries were not meant to discriminate in accepting displaced persons, Calwell directed that preference should be given to fair-skinned people from central and eastern Europe51. 170,000 people from these regions were settled in Australia over the next four years52 (out of a total of more than 530,000 immigrants for the years 1947 – 5153). The conservative government of Robert Menzies which succeeded the Chifley government in 1949 continued the immigration program Calwell established, extending it first to southern and south-eastern Europe,54 and then discreetly in the mid 1950s to non-European immigrants55. Calwell subsequently went on to lead the Labor Party but was never prime minister. In John Hirst’s assessment, however, by his contribution in launching the great post-war migration program, and in setting the conditions for its success, “he made himself a man of more consequence in Australian history than most of its prime ministers”56. That program “was the start of a profound change in the composition and culture of Australia”57. For the period 1945 – 59, half a million migrants came from Britain and Ireland, but over 600,000 came from five countries in Europe, including over 400,000 from Australia’s former enemies, Germany and Italy. German immigration to Australia in this period totaled just under 194,000, and Germans were the largest group of immigrants in 1949 – 50, at just under 64,000 (compared to 52,000 from Britain and Ireland). In the same period, almost 92,000 immigrants were received from Asia58. From the end of the 1950s to the mid 1970s, 1.7 million people immigrated to Australia from Europe, over 925,000 from Britain and Ireland. Another 592,000 came from Germany, Greece, Italy, the Netherlands and Yugoslavia. 161,000 came from Asia, including 50,000 from Lebanon and Turkey, and just over 29,000 from India59. During the 20 years from 1975 – 76 to 1994 – 95, European immigration declined significantly, from 1.7 million to just under 653,000. Immigration from Britain and 50

Blainey (Fn. 21), p. 225. Hirst (Fn. 7), p. 156. 52 Macintyre (Fn. 10), p. 207. 53 Historical Migration Statistics, Table 1.1. Permanent and long-term arrivals October 1945 to June 1959. 54 Hirst (Fn. 7), p. 157; Macintyre (Fn. 10), p. 207. 55 Sammut (Fn. 9), p. 42. 56 Hirst (Fn. 7), p. 157. 57 Blainey (Fn. 21), p. 225. 58 Historical Migration Statistics, Table 1.1. Permanent and long-term arrivals October 1945 to June 1959. 59 Ibid., Table 1.2. Settler arrivals January 1959 to June 1975. 51

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Ireland declined from 925,000 to approximately 377,000. Asian immigration reached 649,000, with 158,000 from Vietnam, 146,000 from China, Hong Kong and Taiwan, and 181,000 from Cambodia, Indonesia, Malaysia and the Philippines. Just under 116,000 immigrants were also settled from the Middle East, particularly from Lebanon and Turkey60. The trends apparent in these figures continued into the new millennium. Total European immigration from 1996 – 97 to 2007 – 08 was 370,000. From 2008 – 09 to 2014 – 15 it was 283,000. Immigrants from Britain and Ireland accounted for the largest part of these numbers in both periods. Asian immigration reached 685,000 in the first of these periods, and 797,000 in the second. Chinese and Indian immigrants were a large part of these totals. Immigration from the Middle-East and Africa exceeded 200,000 in each of these periods61. In 1975, almost sixty years after Hughes badgered the British Empire delegation at Versailles to defeat Japan’s proposal for a declaration of racial equality in the League of Nations’ founding documents, Australia ratified the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination. In this, we can see that it took time for Australian attitudes to change. That they had changed was evident at least by the early 1970s. In 1971 Gough Whitlam led the Labor Party to adopt a policy for immigration with no racial discrimination and a larger intake of non-European migrants. Whitlam took this policy to the 1972 election, which he won, and in 1973 both parties in the parliament voted the end of the White Australia policy62. A number of factors had made this change possible: prolonged economic prosperity and low unemployment after the Second World War; a system of wage setting which off-set the fear of cheap immigrant labor undermining conditions; the Australian habit of setting differences aside and treating people equally, in social interaction as well as with opportunities – the ethos of the fair go; and the experience of living and working with new migrants, rather than living and working apart. Government policy also played a crucial role. From the beginning, the post-war migrants were “new Australians”. This offered them the prospect of full acceptance and equal rights and conveyed a message to the Australian-born that the newcomers were part of “us”. The policy was one of assimilation, now criticized, but which also served as a message to the Australian-born that the mixing of races would not be a cause of division and hostility, that racial differences could be overcome, even to the point where they did not really matter63. Government engaged local communities in the task of welcoming and helping to settle immigrants though Good Neighbor programs. Government also convinced the population that immigration was a necessity, firstly for survival, later and through to today, to develop and grow the country. Most importantly, government assured the public that the immigration program was con60

Ibid., Table 1.3. Settler arrivals, 1975 – 76 to 1994 – 95. Ibid., Table 2.1. Permanent additions 1996 – 97 to 2007 – 08 & Table 2.2. Permanent additions – revised overseas arrivals and departure statistics 2008 – 09 to 2014 – 15. 62 Sammut (Fn. 9), p. 43. 63 Ibid., p. 44. 61

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trolled, even when the numbers were large. While public attitudes to immigration have shown “considerable volatility” over the last thirty years, since 2000 most surveys have shown majority support. One study attributes this to four factors: low levels of unemployment, the absence of political controversy over immigration; an acceptance that immigration is in Australia’s best interests; and confidence that the government can control the borders and be trusted to manage immigration64. Unauthorized boat arrivals are the key variable affecting this confidence, which largely explains the hardline policy leaders on both sides of politics take on this issue. The success of Australia’s immigration program should not be taken to imply that the problems associated with large-scale immigration have not arisen in Australia, or have always been easily resolved. Beginning in the late 1970s and continuing into the 1990s, there were periods when the increasing number of immigrants from Asian countries became a highly charged issue. Especially since 2001 there have been concerns raised about immigration from Muslim countries, and most recently immigration from African countries has become a particular focus, following a series of dramatic crimes in Victoria committed by gangs of young people of African ancestry. Concerns about successive waves of immigrants, going back to Irish convicts and Chinese laborers, usually revolve around similar sorts of issues, varying with different times: competition for jobs in periods of high unemployment or economic downturn; striking cultural and religious differences; the concentration of newcomers in particular districts in the cities and the way this changes the character of local areas; the extent to which newcomers rely on financial support from government welfare programs after their arrival; intermittent focus on the involvement of a minority of newcomers in crime or gangs; and proficiency in English (for groups from non-English speaking countries) and the level of integration with the wider community more generally. One of the most important indicators of Australia’s success historically in addressing these sorts of concerns, and a key marker of the degree of integration in particular, is the level of intermarriage between people of different ancestries. Australia has high levels of intermarriage. A study undertaken in 2009, based on data from the 2006 census, found that, “by the third generation, the majority of Australians of non-English-speaking backgrounds have partnered with persons of different ethnic origins, and that of these, the majority had partnered with persons of Australian or Anglo-Celtic ancestry”65. The study noted a lower level of intermarriage between some groups from Asia and the Middle East at the second generation, but by the third generation their levels of intermarriage were the same as other groups, which ranged from 58 to 97 per cent across men and women from different backgrounds66. More recent migrant groups from south and east Asia, Africa and other parts of the Middle East 64

Markus (Fn. 3), pp. 46 – 51. Siew-Ean Khoo/Bob Birrell/Genevieve Heard, Intermarriage by Birthplace and Ancestry in Australia, People and Place 17 (2009), p. 15 (27). 66 Ibid., pp. 22 – 25. 65

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were not included, because at the time of the study they had not extended to a third generation and the profile of the second generation was not then at marriageable age. Ten years have elapsed since this study, and there have been two further censuses over this time. In the years ahead, we will be able to know whether the high level of intermarriage found in earlier migrant groups is also reflected in these newer groups67. Intermarriage provides a clear indication of how easily people from different ethnic backgrounds can mix together, and in Australia it is often associated with social mobility as well. It also provides a strong indication of the level of acceptance of the idea that everyone is an Australian regardless of whence they come; a non-racial, non-ethnic idea of nationality and citizenship. As this paper has discussed, racism has certainly been an important part of Australia’s history. It has had devastating consequences for Indigenous Australians in particular. The post-war need for immigration, however, made it possible – and necessary – to develop a different, more open, idea of nationhood. This brought about a gradual eradication of racialist thinking from the mainstream of politics and public policy. Attitudes to immigration reflect how far this massive shift in thinking has gone within the general population, compared to attitudes at the time of Federation. In recent years the Scanlon surveys have been measuring levels of support for rejecting prospective immigrants simply on the basis of their race, ethnicity or religion. Measured by levels of “strong agreement” with this proposition, attitudes which might be so described as racist are held by a minority of the population: between 7 and 11 per cent. “Strong disagreement” with a discriminatory approach to immigration ranges between 43 and 49 per cent. Australia is not “a racist nation”68, although the racial intolerance and hatred of a segment of the population continues to be problem, and a strongly anti-immigration minor party (which attracted 4.3 per cent of the vote at the 2016 federal election) is represented in the Senate. Immigration is currently an issue of debate in Australia primarily in the context of population growth and the impact this has had, particularly in the major cities, on infrastructure (including public transport, roads and traffic, and government services), overcrowding, house prices and overdevelopment. These problems have led to discussions about reducing the size of the annual immigration intake69. Issues that arise today in other countries around immigration also arise in Australia. The concentration of different migrant groups in certain suburbs continues an historic pattern of immigrant settlement. The 2016 census showed a number suburbs (with more than 15,000 people) in Sydney and Melbourne where the proportion of the population 67

Ibid., p. 27. Andrew Markus, Mapping Social Cohesion: The Scanlon Foundation Surveys 2018, Caulfield East 2018, pp. 56 – 57 & 76 – 77. Measured annually over the four year period between 2015 and 2018, total agreement with a discriminatory approach to immigration (combining “strong agreement” and “agreement”), ranged from 15 to 29 per cent, while total disagreement (combining “strong disagreement” and “disagreement”) ranged from 71 to 81 per cent. See Tables 29 & 30, p. 57. 69 Ibid., pp. 40 – 41. 68

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born overseas ranged between 63 and 74 per cent, and the proportion adhering to a non-Christian religion (Islam, Buddhism or Hinduism) ranged from 17 to 57 per cent70. The ethnic and religious diversity of Australia’s immigration intake must be kept in mind in considering these figures: these are concentrations of a number of different ethnic or religious groups in different areas. Whether such concentrations of population become “enclaves” (as this term has come to be used in describing the situation in some European countries) will depend on the extent to which the patterns of social and geographic mobility which gradually dispersed earlier concentrations of migrant groups also apply to the younger generations of the newer arrivals. Australia does not exist in isolation from the world, of course, and this also gives rise to problems related to different migrant communities. Australians have been killed and injured by terrorist attacks at home and abroad, and authorities have prevented a number of attacks planned by some individuals among Muslim immigrants. Australian citizens have been among those who travelled to Syria and Iraq to fight with Islamic State. As China exerts greater influence in our region, there are reports of pressure being brought to bear in different ways on Chinese students and the Chinese community in Australia to fall into line. These sorts of problems, however, do not seem to directly impact the attitudes of Australians towards immigration and immigrants. In many ways they underscore the necessity for Australia to ensure that immigrants who have sought a life for themselves and their families free from the violence, oppression and poverty that blight other places in the world, can enjoy peace, safety and freedom in our country, and participate fully in all the opportunities it offers its people. Despite the challenges that large-scale immigration inevitably entails, and in spite of the legacy of racialist thinking that shaped attitudes to immigration at the time of Federation, the Australian experience of immigration demonstrates how the idea which a country has of itself, along with its sense of solidarity, can be grown and extended in transformative ways. It is a work of politics and culture, with political leaders making the case, persuading, and working carefully to carry people with them; and with the community drawing on its better traditions to choose a different direction. It involves difficult, practical political tasks, such as working to keep levels of unemployment low, addressing issues that threaten to make immigration politically controversial, building the conviction that immigration makes the country stronger, and maintaining public confidence in the capacity of government to control the country’s borders and manage immigration. It is a continuing process, not a task that can be finalized and put out of mind; one which inevitably involves far from perfect outcomes and difficulty and tension to some greater or lesser degree. In all this, the Australian story is an instance – a happier one, one with some significant measure of success – of the never-ending task of building up the common good and navigating the human condition.

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Markus (Fn. 3), Table 12, p. 22.

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Zusammenfassung Australien begann seine Nationwerdung mit einer restriktiven Einwanderungspolitik (1901), mit einem Wahlgesetz, das zwar Frauen, nicht aber Ureinwohnern sowie Einwohnern mit asiatischen, afrikanischen und pazifischen Wurzeln das allgemeine Wahlrecht gab (1902). Dahinter stand die tiefsitzende Überzeugung, daß die auf Rasse gegründeten Ideen von Identität und Nation unerläßlich waren, um einen Grad an Demokratisierung, Wohlstand und Freiheit in einer egalitären Gesellschaft zu erhalten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich allmählich die australische Politik wie die öffentliche Meinung, rassistische Denkmuster wichen zunehmend der allgemeinen Akzeptanz einer Vorstellung von Nation und Bürgerschaft, die sich nicht auf Rasse oder Ethnie gründete. So wurde Australien zu einer der erfolgreichsten rassenübergreifenden Gesellschaften der Welt. Diese ganze Entwicklung ist ein Musterbeispiel für die Ausbreitung solidarischen Gemeinsinns wie für die insoweit notwendigen Rahmenbedingungen. Die australische Erfahrung lehrt, wie schwierig der Weg gewesen ist, erforderte er doch einen sowohl prinzipientreuen wie pragmatischen Umgang mit den politischen Realitäten, ebenso wie das Hinnehmen von oft unvollkommenen Ergebnissen und das Vermeiden von Selbstzufriedenheit über erreichte Erfolge. Trotz aller unvermeidlichen Herausforderungen einer massiven Einwanderung und unbeschadet mancher rassistischer Denkmuster aus der Zeit der Nationwerdung belegt die australische Erfahrung mit Einwanderung, wie das Selbstverständnis eines Landes und sein solidarischer Gemeinsinn sich auf transformative Weise weiterentwickeln lassen.

Warum sich Solidarität nicht erzwingen läßt Das Gemeinsame Europäische Asylsystem in der Flüchtlingskrise Von Stefan Luft I. Verteilung innerhalb der Europäischen Union Innerhalb der Europäischen Union (EU) wurden seit den 1990er Jahren die meisten Anträge auf Asyl in den wirtschaftsstarken europäischen Kernstaaten gestellt und nicht in den Staaten mit Außengrenzen. Die Verteilung von Asylbewerbern war innerhalb der EU (EG) stets ungleich. Bereits zu Beginn der 1990er Jahre wurden die meisten Anträge in Deutschland gestellt. Mit dem Anstieg des Flüchtlingszuzugs aus Syrien seit 2011 ist Deutschland mit mehr als 600.000 syrischen Flüchtlingen das größte Aufnahmeland für Syrer außerhalb der Region und unter allen Industriestaaten. Im Jahr 2015 – dem Jahr der jüngsten „Flüchtlingskrise“ wurden in den 28 Mitgliedstaaten der EU rund 1,3 Millionen Asylanträge gestellt1. Hauptzielstaat in der EU war im Jahr 2015 Deutschland mit 35 % aller Anträge. 72 % aller Anträge wurden in fünf von 28 Mitgliedstaaten gestellt: Deutschland, Ungarn, Schweden, Österreich und Italien. Die Verteilung von Asylbewerbern kann anhand verschiedener Kriterien gemessen werden: anhand der absoluten Zahlen pro Land, der Zahlen bezogen auf die Einwohnerzahl, der Wirtschaftskraft oder anhand einer Reihe weiterer Faktoren, die hinzugezogen werden können. Bezogen auf die Bevölkerungszahl der Zielländer liegt der europäische Durchschnitt bei 1,3 pro tausend Einwohner. Schweden mit 8,4 Antragstellern auf 1.000 Einwohner und Ungarn mit 4,3 nehmen die Spitzenplätze ein. Deutschland liegt mit 2,5 Antragstellern auf Platz 7. Elf der 28 EUStaaten haben überdurchschnittlich viele Asylbewerber aufgenommen. Weit unter dem Durchschnitt liegen (und hätten damit mehr aufnehmen müssen, wenn es eine Verteilung nach Einwohnerzahl gäbe) alle südost- und osteuropäischen Länder sowie Frankreich und Großbritannien. Gleichzeitig gilt, daß in den zurückliegenden Jahrzehnten die meisten Asylanträge nicht in den Staaten mit EUAußengrenzen gestellt werden, sondern in den wirtschaftlich starken Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich, Schweden, Großbritannien und Belgien. 1 Eurostat: Asyl in den EU-Mitgliedstaaten: Rekordzahl von über 1,2 Millionen registrierten erstmaligen Asylbewerbern im Jahr 2015. Pressemitteilung 44/2016 – 4. März 2016.

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Die Staaten mit Außengrenzen des Schengen-Raums sind naturgemäß besonderen Belastungen ausgesetzt, weil die allermeisten Flüchtlinge und irregulären Migranten über sie einreisen. Ansonsten ist eine Einreise nur über Flughäfen möglich. Von den irregulären Grenzübertritten nach Europa im Jahr 2015 – insgesamt rund 1,8 Millionen2 – erfolgten mehr als eine Million auf dem Seeweg. Rund 60 % gelangten über Griechenland und Italien in die Europäische Union. So erreichten Griechenland im Jahr 2015 rund mehr als 900.000 Migranten – 93 % davon über das Mittelmeer. II. Gründe für die Verteilung innerhalb der Europäischen Union Für die Verteilung innerhalb der EU ist eine Reihe von Gründen maßgeblich. Dazu gehören das Dublin-Verfahren, die unterschiedlichen Verfahrensstandards in den Mitgliedsstaaten, die innerhalb der EU stark ausgeprägten sozialen und ökonomischen Ungleichheiten, die Politiken der Mitgliedsstaaten und die Prioritäten der Fluchtmigranten selbst sowie die Dynamik von Kettenwanderungsprozessen. Sie sind in ganz unterschiedlicher Weise politischer Regulierung zugänglich. 1. Dublin-Verfahren Den rechtlichen Rahmen für die besondere Belastung von Staaten mit SchengenAußengrenzen bildet das „Dublin-System“3. Im dort festgelegten Verfahren geht es um die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist. Es handelt sich ausdrücklich nicht um einen Mechanismus zur „gerechten“ Verteilung von Antragstellern unter den Dublin-Vertragsstaaten. Das Prinzip des Dublin-Verfahrens besteht darin, daß nicht dem Asylbewerber ein Recht auf die Auswahl eines bestimmten europäischen Asylstaates zugestanden wird, sondern die Vertragsstaaten festlegen, wo das Verfahren betrieben werden soll. Sie haben dazu Regeln entwickelt, nach denen jeweils ein Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Wird ein Asylsuchender anerkannt, muß er sich fünf Jahre in diesem Mitgliedsstaat aufhalten, bevor die Freizügigkeitsregeln greifen. Ein Auswahlrecht eines Flüchtlings besteht nur, soweit er Einfluß auf die Wahl des Ersteinreisestaats nimmt (oder nehmen kann). Seit Juli 2013 gilt die Dublin-IIIVerordnung. Staaten, in denen diese Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist, sind alle Mitgliedstaaten der EU sowie Norwegen, Island, die Schweiz und seit Dezember 2012 Liechtenstein. 2

Frontex (2016): Risk Analysis for 2016. Warschau, S. 6. Tendenziell werden die Zugänge eher überschätzt, weil eine Person mehrfach eine Grenze (an verschiedenen Stellen) überschreiten oder auf der Migrationsroute mehrfach verschiedene Grenzen passieren kann. 3 Christian Filzwieser/Andrea Sprung, Dublin III-Verordnung. Das Europäische Asylzuständigkeitssystem. Wien/Graz 2014; Stefan Luft, Die Flüchtlingskrise. Ursachen, Konflikte, Folgen, München 2016, S. 69 ff.

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Im Dublin-Verfahren wird geklärt, welcher Staat den Asylantrag prüfen muß. Es soll sichergestellt werden, daß - die Staatengemeinschaft und nicht der Asylantragsteller darüber entscheidet, wo sein Antrag geprüft wird und somit Weiterwanderungen größeren Stils vermieden werden; - tatsächlich jeder Antrag innerhalb der Vertragsstaaten geprüft und eine refugee in orbit-Situation vermieden wird, in der sich kein Mitgliedsstaat mehr für zuständig hält; - Asylbewerber nur in einem Staat und nicht in mehreren Staaten (gleichzeitig oder nacheinander) Anträge stellen (asylum shopping). Kriterium für die Zuständigkeit ist die Ersteinreise, also die Verantwortung für Einreise und Aufenthalt – das gilt sowohl bei einer illegalen Einreise als auch beim Vorhandensein eines Einreisevisums oder eines Aufenthaltstitels. Die Zuständigkeit endet ein Jahr nach dem illegalen Grenzübertritt. Kann die Zuständigkeit nach diesen Kriterien nicht festgestellt werden und hat sich der Antragsteller fünf Monate in einem Mitgliedstaat aufgehalten, so ist dieser Staat für das Verfahren zuständig. Ist ein solcher Aufenthalt nicht feststellbar, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aktuell aufhält, zuständig. Halten sich Familienangehörige in einem Vertragsstaat auf, denen der Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zugesprochen wurde, so muß dieser Staat das Verfahren durchführen, um dem Grundsatz der Familieneinheit zu entsprechen. Die Abschaffung der Binnengrenzen im Schengen-Raum und die (ungleiche) Verteilung von Verantwortlichkeiten für die Sicherung der Außengrenzen standen von Beginn an in einem direkten Zusammenhang. Die Ausweitung des SchengenRaums auf Mitgliedstaaten außerhalb eines „Kerneuropas“ wurde mit der Bereitschaft der Peripherie-Staaten erkauft, erhebliche Beiträge zur Grenzsicherung zu leisten. Die Staaten der europäischen Peripherie haben vom Wegfall der Binnengrenzen und den damit einhergehenden gestiegenen Mobilitätschancen ihrer Bürger am stärksten profitiert – ein Grund, warum sie diesem System zugestimmt haben4. Um der Mehrfachantragstellung in unterschiedlichen Ländern der EU vorzubeugen, wurde EURODAC (= European Dactylosocopy) als computergestütztes Vergleichssystem für Fingerabdrücke entwickelt. Von jedem Asylbewerber, jeder Person, die illegal die Grenze überschreitet, sowie von aufgegriffenen, illegal aufhältigen Personen ab einem Alter von 14 Jahren sollen seitdem Fingerabdrücke genommen werden. Damit können die Behörden feststellen, ob diese Personen bereits in einem anderen Mitgliedstaat (oder mehreren Mitgliedsstaaten) Asylanträge gestellt haben (möglicherweise unter anderen Namen) und damit in die Zuständigkeit dieses Landes fallen. 4 Eiko Thielemann/Carolyn Armstrong, Understanding European asylum cooperation under the Schengen/Dublin system: a public goods framework, in: European Security 22 (2013), S. 148 (159 ff.).

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Deutschland profitiert vom Dublin-Verfahren. Seit 2007 stellt die Bundesrepublik Deutschland mehr Übernahmeersuchen, als sie von anderen Mitgliedstaaten erhält. In den zurückliegenden Jahren stellten Deutschland, die Schweiz, Österreich und Frankreich die meisten Übernahmegesuche, Griechenland, Italien und Polen waren in den meisten Fällen die Adressaten. Im Jahr 2015 stellte Deutschland viermal so viele Übernahmegesuche an Mitgliedstaaten, wie es von anderen Mitgliedstaaten erhielt (44.892 zu 11.785). Die meisten Ersuchen erfolgten gegenüber Ungarn (14.587), Italien (9.231), Bulgarien (4.744), Polen (3.784) und Spanien (2.064)5. Bei 10 % der Asylbewerber in Deutschland wurde im Jahr 2015 die Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates festgestellt, tatsächlich wurde aber nur in 8 % dieser Fälle tatsächlich in den zuständigen Mitgliedsstaat überstellt – das entspricht weniger als 1 % aller Asylerstanträge (!). Die Ineffizienz dieses Verfahrens hat damit im Jahr 2015 einen weiteren Tiefpunkt erreicht. a) Kritik Das Dublin-Verfahren gehört zu den zentralen Kritikpunkten der europäischen Migrationspolitik. Im Mittelpunkt stehen dabei die ungleichen Schutzstandards in den Mitgliedsstaaten, die Anreize, die Abwehr von Migranten möglichst wirkungsvoll zu gestalten, und menschenrechtliche Aspekte. Das Dublin-System setzt voraus, daß die rechtlichen Standards in den Mitgliedstaaten vergleichbar sind und die Lebensbedingungen Mindeststandards genügen. Materielle Maßstäbe und Verfahrensbestimmungen wurden allerdings lange Zeit nicht harmonisiert. Das Asylrecht bleibt in den Mitgliedstaaten verankert, sie sind es, die Asyl gewähren. Die mangelnde materielle Rechtsangleichung vor der Klärung des Verteilungsprozesses sei ein „Geburtsfehler“ des Dublin-Systems gewesen, provoziere die Weiterwanderung und verfehle damit das Ziel einer gerechten Verantwortungsaufteilung, kritisieren Flüchtlingsgruppen6. Von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen wird der Wegfall des Kriteriums „Ersteinreise“ gefordert und die freie Wahl durch die Asylbewerber. Allerdings setzt dies die weitgehende Vereinheitlichung rechtlicher Standards, der Verfahren und der Sozialleistungen voraus, sollen die Disparitäten der Lastenverteilung nicht ausufern und damit die Akzeptanz des Gesamtthemas gefährdet werden. Selbst wenn dies erreicht werden sollte – was nicht zu erwarten ist – bliebe völlig offen, wie sich die individuellen Entscheidungen auf das Ergebnis der Ver5

BAMF (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen. Asyl, Nürnberg 2016, S. 25. Deutscher Anwaltverein/Arbeiterwohlfahrt/Diakonie/Pro Asyl et al. (Hrsg.), Memorandum Flüchtlingsaufnahme in der Europäischen Union: Für ein gerechtes und solidarisches System der Verantwortung, Frankfurt a.M. 2013; Reinhard Marx, Ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) noch reformfähig? in: Zeitschrift für Ausländerrecht 2012, S. 188 – 194. 6

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teilung auswirken. Befürworter schlagen deshalb für die besonders belasteten Staaten Ausgleichzahlungen vor. Die Aufnahme von Flüchtlingen ist allerdings nicht in erster Linie eine Frage der Kosten, sondern eine Frage der politischen Akzeptanz. Inzwischen muß das Dublin-Verfahren als gescheitert gelten. Das hat mehrere Gründe: Die langwierigen und inzwischen mit Rechtsschutzgarantien ausgestatteten Verfahren sind nur noch im Ausnahmefall realisiert worden. Das liegt auch daran, daß über die Hälfte der Betroffenen untertaucht, nachdem ihnen die geplante Überstellung angekündigt wurde. Nachdem 2011 – 2017 bereits Griechenland aus dem Verfahren herausgefallen war, überführt die Bundesrepublik Deutschland seit Mai 2017 keine Personen mehr zurück nach Ungarn7. Mitgliedsstaaten mit „blauen Grenzen“ sind nachweislich ihrer Verpflichtung, ankommende Flüchtlinge einem Screening-Verfahren zu unterziehen und sie mit Hilfe des Fingerabdruckidentifizierungssystem EURODAC zu registrieren, nicht nachgekommen. Sie wären dann für die Verfahren zuständig gewesen. Stattdessen haben sie die Flüchtlinge „durchgewunken“ und ihnen damit die Weiterreise in das gewünschte Zielland ermöglicht8. Das zeigen die großen Unterschiede zwischen der Zahl der Ankommenden und der Zahl der Asylanträge. Der Grundsatz, daß die Staatengemeinschaft und nicht der einzelne Flüchtling entscheidet, in welchem Dublin-Staat das Asylverfahren durchgeführt wird, ist somit gegenstandslos geworden. Ein weiterer Grund für das Scheitern des Dublin-Systems besteht darin, daß es nicht gelungen ist, die Standards hinsichtlich der Verfahren zur Schutzgewährung aber auch hinsichtlich des sozialen Niveaus der Versorgung von Flüchtlingen zu vereinheitlichen. Das wiederum kann nicht verwundern, denn die sozio-ökonomischen Disparitäten haben innerhalb der EU stark zugenommen – sowohl durch die Beitrittsrunden 2004, 2007 und 2015 (vorwiegend mittel- und osteuropäische Staaten) als auch durch die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise (Spanien, Griechenland, Portugal). Insbesondere den postsozialistischen Transformationsstaaten fehlt die Erfahrung im Umgang mit größeren Flüchtlingsbewegungen. Sie haben dementsprechend keine vergleichbaren Institutionen für die Verfahren zum Flüchtlingsschutz aufgebaut, wie Deutschland und andere Mitgliedsstaaten. Sie tun sich deshalb schwer, über die Zustimmung zu Quotenregelungen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gegenüber der Bevölkerung die Aufnahme größerer Flüchtlingsgruppen zu rechtfertigen. Schließlich: Das dichte Regelwerk aus Richtlinien und Verordnungen der EU wurde und wird in den Mitgliedsstaaten 7 Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat/Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Migrationsbericht der Bundesregierung 2016/2017, Berlin/Nürnberg 2019, S. 134 f. 8 Unter Einwanderungsländern: Deutschland im internationalen Vergleich. Jahresgutachten 2015 des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Migration und Integration, Berlin 2015, S. 68 ff. (zugänglich unter www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2015/07/SVR_JG_ 2015_WEB.pdf; Zugriff: 2. Januar 2020).

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unterschiedlich ausgelegt, in nationales Recht umgesetzt und angewandt. Das Ergebnis sind zum einen weit auseinanderdriftende Anerkennungsquoten (auch für Flüchtlinge aus denselben Herkunftsregionen) und damit sehr unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten, tatsächlich Schutz – und damit Aufenthaltsrechte – zugesprochen zu bekommen. Ein wesentliches Ziel der Entwicklung eines „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) ist damit verfehlt worden: ein „gleiches Schutzniveau zu erreichen sowie ein hohes Maß an Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.“9 Dies wäre eine wichtige Voraussetzung für eine faire Lastenteilung. b) Prioritäten der Fluchtmigranten Verschiedene Faktoren wirken sich auf die Wahl des Zielstaats aus. Zu jenen, die für alle Migranten gelten, gehören die politische und wirtschaftliche Stabilität (Arbeitsmarkt) und der Ruf des Ziellandes. So gilt die Bundesrepublik Deutschland als eine der bedeutendsten Wirtschaftsmächte weltweit, als die dominierende Kraft in der Europäischen Union und als offenes, liberales Land. Hinzu kommt die Existenz von Diaspora-Gemeinden in Deutschland und somit Netzwerken (vor allem aufgrund von Kettenmigration). Darauf hat die deutsche Aufnahmepolitik bezogen auf Syrien bewußt abgestellt – das Vorhandensein von Verwandten in Deutschland war und ist ein zentrales Auswahlkriterium der humanitären Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern. Die Integration sollte damit erleichtert und die finanziellen Risiken (Krankenversicherung etc.) auf die Verwandten übertragen werden. Die Beschleunigung von Prozessen der Kettenwanderung (Pioniere wandern voraus und ziehen Landsleute nach) war hier offensichtlich eine unbeabsichtigte Nebenfolge. Kettenmigration ist ein sich selbst verstärkender, dynamischer Prozeß – der Zuzug von Syrern nach Deutschland läßt dies wieder einmal deutlich hervortreten. Weitere Aspekte können historische Bezüge (Kolonialvergangenheit) und Kenntnisse der Sprache des Ziellandes sein. Zu jenen, die spezifisch für Flüchtlinge gelten, gehören: der Zufall, die geographische Lage (die Erreichbarkeit), der Einfluß von Schleusern, die Aufnahmestandards (Unterbringung, Zugang zu Gesundheitsversorgung), wahrgenommene Anerkennungswahrscheinlichkeiten sowie die staatliche Unterstützung während des Verfahrens. Können sich Flüchtlinge frei im Zielland bewegen oder müssen sie in Lagern leben? Hinzu kommen die Dauer der Asylverfahren und damit die Dauer des Bezugs von Leistungen. Welche Leistungen werden gewährt – Sachleistungen oder Bargeld? Gibt es Berichte über oder von 9 Europäische Kommission (Hrsg.), MEMO/07/229. Grünbuch über das künftige Gemeinsame Europäische Asylsystem vom 6. Juni 2007. Das Grünbuch ist zugänglich unter https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2007:0301:FIN:DE.PDF (Zugriff: 2. Januar 2020).

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Personen, die nach erfolglosem Asylantrag vom Zielstaat zurückgeführt wurden? Wie wird die Chance, auch ohne Bleiberecht bleiben zu können, eingeschätzt? Welchen Restriktionen unterliegt der Nachzug von Familienangehörigen nach einer möglichen Anerkennung als Flüchtling? Der Zugang zum Arbeitsmarkt, die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Stärke und damit der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes, das politische Klima (Dominanz ablehnender Strömungen oder „Willkommenskultur“) sind weitere Gesichtspunkte. Schließlich: Gerüchte – sie werden regelmäßig in die Welt gesetzt und beeinflussen Wanderungs- und Zielstaatsentscheidungen10. Über den Einfluß der einzelnen Anziehungsfaktoren, die von potenziellen Zielländern ausgehen, lassen sich keine empirisch unterlegten Aussagen machen. Eine simple Kosten-Nutzen-Analyse reicht jedenfalls zur Erklärung nicht aus. III. Die politische Auseinandersetzung um Lastenverteilung und Solidarität: Akteure und Konfliktlinien Die Mitgliedstaaten – insbesondere jene der letzten Erweiterungsrunden – haben sehr unterschiedliche Voraussetzungen, um mit Asylzuwanderung umzugehen. Eine Lastenteilung (oder: Verantwortungsteilung), wie sie auch im Vertrag über die Arbeitsweise der EU ausdrücklich als Ziel verankert ist (Art. 80), wird immer wieder gefordert, ist allerdings bislang nicht erreicht worden. Daher sind die Mitgliedstaaten versucht, Asylbewerber zu verdrängen – durch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen oder durch restriktive Politik. Im Sommer 2015 setzte die Bundesregierung das Dublin-Verfahren kurzfristig bezogen auf Syrer aus, was als Signal einer hohen Aufnahmebereitschaft durch die Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen wurde. Inzwischen hat die Bundeskanzlerin das Dublin Verfahren als „obsolet“ bezeichnet: „Seien wir ehrlich: Das Dublin-Verfahren in seiner jetzigen Form ist in der Praxis obsolet. Es war in der Tat gut gemeint; ohne Zweifel. Doch unter dem Strich hat es sich angesichts der Herausforderungen an unseren Außengrenzen als nicht tragfähig erwiesen.“11 Daß ausgerechnet die deutsche Regierung, die sich viele Jahre als harte Verfechterin dieser Prinzipien erwies, diese nun verabschiedet, entbehrt nicht einer gewissen Ironie der jüngeren Migrationsgeschichte. Grundsätzlich gibt es drei Optionen, eine solidarischere Teilung der Lasten zu erreichen: Angleichung von Normen und Verfahren des Flüchtlingsschutzes, Ausgleichszahlungen sowie die Verteilung von Schutzsuchenden. 10 S. die vom „Deutschlandfunk“ am 19. Juli 2016 ausgestrahlte Sendung „Flüchtlinge in Deutschland: Gelockt von falschen Versprechungen“, zugänglich unter www.deutschlandfunk. de/fluechtlinge-in-deutschland-gelockt-von-falschen.724.de.html?dram:article_id=360598 (Zugriff: 2. Januar 2020). 11 Rede der Bundeskanzlerin Merkel am 7. Oktober 2015 vor dem Europäischen Parlament, s. www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-merkel-am-7-ok tober-2015-vor-dem-europaeischen-parlament-475792 (Zugriff: 2. Januar 2020).

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1. Angleichung von Normen und Verfahren Inzwischen ist auf eine fast zwanzigjährige dynamische Politikentwicklung zu Asyl und Migration in der Europäischen Union zurückzublicken und ein vor wenigen Jahren – im Sommer 2013 – verabschiedetes Gemeinsames Europäisches Asylsystem vorzuweisen. Unter gleichen Bedingungen und zu gleichen Maßstäben sollten EU-weit Asyl und Flüchtlingsschutz gewährt werden. Das dichte Regelwerk aus Richtlinien und Verordnungen der EU, aus dem das GEAS besteht, wurde und wird allerdings in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt, in nationales Recht umgesetzt und angewandt. Die Schutzquoten – also der Anteil der positiven Entscheidungen an allen Entscheidungen in der ersten Instanz – gehen infolgedessen zwischen den Mitgliedstaaten der EU sehr weit auseinander. Das gilt auch für die Entscheidungsquoten zu einzelnen Herkunftsländern („Schutzlotterie“)12. Höchste und niedrigste Anerkennungsquoten Herkunftsland Pakistan im Jahr 2016 Europäische Union: 17,4 % Irland: 2,2 % Griechenland: 2,3 % Deutschland: 4,2 % Österreich: 4,1 % Schweden: 17,1 % Belgien: 16,2 % Italien: 36,9 % Spanien: 45,0 %

Höchste und niedrigste Anerkennungsquoten Herkunftsland Afghanistan im Jahr 2016 Europäische Union: 56,8 % Bulgarien: 1,7 % Ungarn: 6,3 % Rumänien: 23,1 % Irland: 47,1 % Deutschland: 60,1 % Frankreich: 82,5 % Italien: 97,0 %

Damit beläuft sich die Differenz zwischen dem Mitgliedstaat mit der niedrigsten und der höchsten Schutzquote im Falle Pakistans auf 45 Prozentpunkte, im Falle von Afghanistan sogar auf 95,3 Prozentpunkte. 12 Bernd Parusel/Jan Schneider, Reforming the Common European Asylum System. Responsibility-sharing and the harmonisation of asylum outcomes, Stockholm 2017, S. 89 ff.

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Die EU-Kommission hat im Jahr 2016 Vorschläge für eine dritte Stufe des GEAS unterbreitet13. Sie sehen einschneidende Maßnahmen zur rechtlichen Vereinheitlichung (Asylverfahren und Anerkennungsvoraussetzungen) vor. So soll das Instrument der Verordnungen stärker genutzt werden. Sie gelten unmittelbar in den Mitgliedstaaten, wohingegen Richtlinien erst in staatliches Recht umgesetzt werden müssen und dabei umfangreichere Spielräume bestehen. Einer der Gründe für die offensichtlichen Diskrepanzen zwischen den Mitgliedsstaaten liegt zudem darin begründet, daß die Agentur, die zu einer Angleichung der Verwaltungspraxis und damit im Ergebnis auch zu einer Lastenteilung beitragen soll, über Jahre ein Schattendasein führte. Das 2010 gegründete Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office – EASO) sollte zu den wichtigsten Instrumenten gehören, mit denen vor allem die Mitgliedstaaten mit Außengrenzen und hohem Migrantenaufkommen unterstützt werden. Seine Aufgabe besteht darin, „zu der Umsetzung des GEAS beizutragen, indem es als unabhängiges Fachzentrum für Asylfragen Unterstützung leistet und die praktische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ermöglicht, koordiniert und fördert“14. Mit einem Budget von 15,7 Millionen Euro und 86 Mitarbeitern im Jahr 2015 dokumentierte die EU aber, daß sie kein ernsthaftes Interesse daran hatte, auf diesem Gebiet wirkliche Fortschritte zu erzielen. Im Juni 2017 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat darauf, das EASO zur Europäischen Asylagentur (European Union Agency for Asylum, EUAA) fortzuentwickeln. Das Personal beläuft sich im Jahr 2017 auf mehr als 150 Mitarbeiter, für das Jahr 2018 ist der Haushalt auf 92 Millionen Euro veranschlagt. Bis zum Jahr 2020 soll das Personal auf 500 Mitarbeiter aufgestockt werden15. Zudem wurden die Kompetenzen stark erweitert – sowohl hinsichtlich einer einheitlicheren Anwendung des europäischen Asylrechts als auch mit Blick auf die Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Der Druck auf die Mitgliedstaaten, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, wird sich dementsprechend erhöhen. Die Entscheidungshoheit über die Gewährung von Flüchtlingsschutz verbleibt allerdings bei den Mitgliedstaaten. a) Finanzieller Ausgleich Mit Hilfe von gemeinsamen Fonds werden für betroffene Mitgliedstaaten finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das „Rahmenprogramm für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme“ umfaßt 13

COM(2016) 197 final. Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen: Jahresbericht 2012 über die Asylsituation in der Europäischen Union, Malta 2013, S. 5. 15 Jan Schneider/Anna-Lucia Graff, EASO reloaded: Kann die neue Asylagentur der EU ein einheitliches Schutzsystem aufbauen? Sachverständigenrat für Migration und Integration, Berlin 2018, S. 3. 14

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- den Außengrenzenfonds (zum Integrierten Grenzmanagement), - den Europäischen Flüchtlingsfonds (zur Asylpolitik und zur Neuansiedlung), - den Europäischen Integrationsfonds (zur Partizipation von Drittstaatsangehörigen) sowie - den Europäischen Rückkehrfonds (zur Rückkehr von Drittstaatsangehörigen). Der Europäische Rückkehrfonds wurde für die Zeit von 2008 bis 2013 mit insgesamt 676 Millionen Euro angelegt. Die Mittel sollen die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung des „Rückkehrmanagements“ unterstützen. Der Europäische Außengrenzenfonds wurde mit einer Gesamtsumme von 1,82 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2007 bis 2013 ausgestattet. Im Jahr 2013 haben sich die Mitgliedstaaten auf einen „Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds“ (AMIF) verständigt (mit einem Budget von 3,14 Milliarden Euro und einer Laufzeit von 2014 bis 2020). Er deckt die Felder des bisherigen Rückkehr-, Flüchtlings- und Integrationsfonds ab. Die Umverteilungseffekte bleiben allerdings unterhalb der tatsächlichen Kosten, die Staaten mit hohem Flüchtlingszugang entstehen. Die EU-Kommission hat bei ihren Vorschlägen an den Zuständigkeitsregelungen weitgehend festgehalten: „Das Dublin-System ist einer der Eckpfeiler des Besitzstands der EU im Bereich Asyl, und seine Ziele sind weiterhin gültig.“16 Ziel sei es, ein „tragfähiges, faires System zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaats einzuführen, das EURODAC-System zu stärken, größere Konvergenz im Asylsystem herzustellen, Sekundärmigration zu verhindern und ein erweitertes Mandat für das EASO festzulegen.“17 Sollten einzelne Mitgliedstaaten überlastet sein, soll ein Überlauf- und Verteilungsmechanismus greifen. Mitgliedstaaten, die sich weigern, an einem solchen Verfahren nach Quoten teilzunehmen, sollen 250.000 Euro pro Flüchtling an das Land zahlen, das den Flüchtling dann übernimmt. b) Umverteilung von Fluchtmigranten Die Europäische Kommission und das Parlament haben die Kompetenz, den zunehmenden Disparitäten entgegenzuwirken. Kommission, Parlament und Europäischer Rat kamen in Zeiten der Eurokrise, der Finanzkrise und der Griechenlandkrise allerdings nicht ihrer Pflicht nach, die Fehlentwicklungen durch das Dublin-System zu korrigieren. Die Kommission hatte immerhin 2008 bei der Reform 16 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), COM(2016) 270 final vom 4. Mai 2016, S. 9 (zugänglich unter https://ec.europa.eu/transparen cy/regdoc/rep/1/2016/DE/COM-2016 – 270-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF; Zugriff: 2. Januar 2020). 17 Ebd., S. 2.

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des Dublin-Systems entsprechende Vorschläge zur Umverteilung im Falle von Überlastungen gemacht, war damit aber gescheitert. Rechtzeitige Entscheidungen hätten einer Eskalation der Migrationskrise vorbeugen können. Dazu hätten gehören können: die Unterstützung der Erstaufnahmeländer durch einen rechtzeitigen und nachhaltigen Ausbau der Infrastruktur in den Erstaufnahmeländern; die Zahlung angemessener Beiträge zur sachgerechten Ausstattung der Hilfsprogramme der Vereinten Nationen sowie die rechtzeitige Realisierung von Neuansiedlungsprogrammen (resettlement); ein rechtzeitiges Eingeständnis, daß das Dublin-System funktional so defizitär war, daß nachhaltige ergänzende und korrigierende Eingriffe unverzichtbar waren. Dazu hätten – spätestens 2014 – Maßnahmen gehört, die die vorwiegend betroffenen Mitgliedsstaaten deutlich entlastet hätten – sowohl bei der Bewältigung des Zustroms als auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen. In den vergangenen Jahren sind mehrere Vorschläge gemacht worden, wie Aufnahmequoten für die EU-Mitgliedstaaten entwickelt werden könnten. Auch die Kommission hat in Folge der starken Zuwanderung im Jahr 2015 einen Vorschlag für eine auf Quoten basierende Verteilung gemacht. Er soll die Grundlage für einen zu beschließenden verbindlichen, automatischen Verteilmechanismus sein. Den Kriterien zugrunde liegen die Bevölkerungszahl, die Zahl der bereits aufgenommenen Flüchtlinge und Migranten, die Arbeitslosenquote und das Bruttoinlandsprodukt. Automatische Umverteilung nach festen Quoten setzt allerdings voraus, daß die Aufnahmebedingungen sowie die Verfahren zur Gewährung von Flüchtlingsschutz weitgehend vereinheitlicht sind. Davon ist die Europäische Union noch sehr weit entfernt. So wäre es unfair gegenüber Schutzsuchenden, sie zwangsweise einem Mitgliedstaat zuzuweisen, in dem die Schutzquoten für ihr Herkunftsland besonders niedrig sind18. Umverteilung setzt also Angleichung von Recht und Verfahren voraus. Hinzu kommen die unterschiedlichen sozialen Standards der Unterbringung und Versorgung, die sich am Leistungsniveau des jeweiligen Landes orientieren – und damit zwangsläufig große Unterschiede aufweisen. Ähnliches gilt für den Zugang zum Arbeitsmarkt oder zum Schulsystem. Quoten, die eingeführt werden ohne die Verhältnisse wesentlich stärker zu vereinheitlichen, verstärken das Problem der Weiterwanderung. Im Jahr 2015 war der Dublin-Grundsatz, wonach das Land des Erstzugangs ständig ist, abgelöst worden durch die freie Wahl, wie es Flüchtlingsunterstützer schon seit langem gefordert hatten. Eingetreten ist das, was prognostiziert worden war: Extreme Disparitäten bei der Verteilung und ein Wettlauf etlicher Mitgliedstaaten um die schlechtesten Bedingungen, damit man von dem Flüchtlingszustrom möglichst wenig abbekommt. Migranten werden sich kaum daran hindern lassen, jene Staaten als Zielstaaten zu wählen, bei denen sie sich die größten Chancen versprechen. Unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker und vor dem Hintergrund des immer größer werdenden Zustroms räumte die Kommission in ihrer Europäischen 18

Parusel/Schneider (Fn. 12), S. 36 ff.

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Migrationsagenda im Mai 2015 ein, daß „die gemeinsame europäische Politik in diesem Bereich den Erfordernissen nicht gerecht wird“.19 Ende September 2015 entschieden die EU-Innenminister mehrheitlich, 160.000 Flüchtlinge unter den Mitgliedsstaaten umzuverteilen – gegen die Stimmen Tschechiens, Ungarns und der Slowakei; Finnland enthielt sich. Ungarn und die Slowakei klagten vor dem Europäischen Gerichtshof gegen diesen Beschluß, wurden aber abgewiesen20. Insbesondere die mittel- und osteuropäischen neuen Mitgliedstaaten sind nicht bereit, sich einem Quotensystem zu unterwerfen. Die Gründe dafür sind vielfältig: zum einen liegt es in der Natur der Sache, daß die Größenordnungen, auf die sich die Quoten beziehen, unbekannt bleiben. Die nicht abgestimmte Entscheidung der deutschen Bundesregierung aus dem Jahr 2015, mehr als eine Million Fluchtmigranten in das Land zu lassen und danach auf eine Verteilung unter den Mitgliedstaaten zu drängen, wurde hier als Warnung verstanden. Hinzu kommt, daß die deutsche Bundeskanzlerin mehrfach zu verstehen gegeben hat, daß mit ihr ein grundlegender Kurswechsel dieser Frage nicht zu erreichen ist. Die Feststellung des Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, im Dezember 2017, die Debatte um verpflichtende Quoten spalte die Mitgliedstaaten und sei es deshalb ineffektiv, ist sicher zutreffend21.

IV. Warum ist es so schwer, in Sachen Migration zu staatenübergreifender Zusammenarbeit, zur Delegation von Kompetenzen auf transnationale Ebenen zu kommen? Seit Jahrzehnten scheitern alle Versuche, in der Flüchtlingspolitik innerhalb der Europäischen Union zu einer solidarischen Verantwortungs- und Lastenteilung zu kommen. Bereits die einmalige Verteilung von 160.000 Flüchtlingen, wie sie die Europäische Kommission vorgeschlagen und der Sonderrat der Innenminister im September 2015 mit Mehrheit beschlossen hatte, ließ sich innerhalb von zwei Jahren nur zu einem Fünftel realisieren. Die Einrichtung eines verpflichtenden Mechanismus für alle Mitgliedsstaaten wird auf absehbare Zeit nicht zu verwirklichen sein. Eine Realisierung wird sich aller Voraussicht nach auf eine „Koalition der Willigen“ beschränken. 19 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen, Die Europäische Migrationsagenda, COM(2015) 240 final vom 13. Mai 2015, S. 1 (zugänglich unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52015DC 0240&from=EN; Zugriff: 2. Januar 2020). 20 EuGH, Urteil vom 6. September 2017, Rs. C-643/15 – Slowakei/Rat. 21 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat, Beitrag der Kommission zu der Aussprache der EU-Führungsspitzen über das weitere Vorgehen in Bezug auf die externe und die interne Dimension der Migrationspolitik, COM(2017) 820 final vom 7. Dezember 2017 (zugänglich unter https://ec.europa.eu/transpa rency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017 – 820-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, Zugriff: 2. Januar 2020).

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In anderen Politikfeldern – wie der Verteidigungs- oder der Klimapolitik – herrscht ein weitreichender Konsens, daß die Aufgaben nicht mehr einzelstaatlich, sondern nur noch in solidarischen Staatenbünden (wie der NATO) verwirklicht werden können22. Für die Flüchtlingspolitik scheint dies nicht zu gelten. Das Zusammenlegen von Ressourcen und die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die Ebene von Bündnissen ist im Feld der militärischen Sicherheit weitgehend unumstritten – durch die Kooperation und die verpflichtende Solidarität im „Bündnisfall“ erzielen die beteiligten Staaten Sicherheitsgewinne, die sie alleine nicht erzielen würden. Von einer Kooperation in der Flüchtlingspolitik erwarten sich die Staaten keine vergleichbaren Effekte. Ein Anreiz, die Steuerungsfähigkeit an transnationale Institutionen abzugeben und Verteilungsverfahren zuzustimmen, die sich automatisch in Gang setzen und denen man dann ausgeliefert ist, erscheint in Zeiten größerer Bevölkerungsbewegungen kaum mehr gegeben. Dies gilt auch dann, wenn in Rechnung gestellt wird, daß durch kollektives Handeln Spannungen und Chaos ebenso verhindert werden können wie Überlastungen einzelner Staaten. Für Staaten ist die Aufnahme von Flüchtlingen – anders als die Öffnung für Waren oder Kapital – von besonderer Brisanz: Flüchtlinge sind immer wieder als Bedrohung wahrgenommen worden, sozial und wirtschaftlich, kulturell und unter Aspekten der inneren Sicherheit – zuletzt von den USA, die sich nach den Anschlägen von Paris weigerten, syrische Flüchtlinge wie geplant aufzunehmen. Die Erfahrungen mit der tatsächlich praktizierten Verantwortungs- und Lastenteilung nach dem Zweiten Weltkrieg oder im Umgang mit den Vietnam-Flüchtlingen (boat people) zeigen, daß in der Flüchtlingspolitik ad-hoc-Entscheidungen dominieren. Zudem muß eine gemeinsame Verantwortung für die Ursachen des Flüchtlingsaufkommens erkennbar sein und die Aufnahme von Flüchtlingen den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Interessen potenzieller Aufnahmestaaten entsprechen. Druck, der von einer Vormacht (wie in den 1970er Jahren den USA) ausgeübt wird, ist ebenfalls einer Realisierung von Verantwortungsteilung förderlich. Im Falle Europas fehlen zu Beginn des 21. Jahrhunderts diese Voraussetzungen – die Mitgliedsstaaten gewähren Asyl (nicht die Union), und auch der schwächste Mitgliedstaat kann seine Grenzen schließen, ohne daß er dafür nachhaltig unter Druck gesetzt werden könnte. Solidarität zwischen Staaten läßt sich nicht erzwingen. Insbesondere die mittel- und osteuropäischen Staaten sehen keine Mitverantwortung für die Flüchtlingskrise. Die Destabilisierung des Nahen und Mittleren Osten geht in erster Linie auf die militärischen Interventionen der USA zurück – und – das sollte nicht vergessen werden – auf die von US-Außenminister Colin Powell in der UNO vorgetragene Lüge der Bush-Administration über irakische Massenvernichtungswaffen. Die mangelnde Bereitschaft zahlreicher EU-Mitgliedsstaaten, sich an der Aufnahme von Fluchtmigranten zu beteiligen, wird gewöhnlich mit überkommenem 22 Astri Suhrke, Burden-sharing during Refugee Emergencies. The Logic of Collective versus National Action, in: Journal of Refugee Studies 11 (1998), S. 396 – 415.

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Nationalismus und Ressentiments erklärt. Tatsächlich verbirgt sich hier das allgemeine Unvermögen, die geistige Situation der Zeit, die Verschiebungen im gesellschaftlichen Gefüge vor allem der mittel- und osteuropäischen Staaten erfassen können. Die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 spaltet die EU wie kein anderes Thema. Der Vorwurf mangelnder Solidarität greift nicht. Die tief verunsicherten postsozialistischen Transformationsgesellschaften sehen Solidaritätspflichten unter nationalen, ethnischen und religiösen Bezügen. Der kosmopolitische „Humanitarismus“ erscheint ihnen als Bedrohung und als Überforderung. In 14 Parlamenten der Mitgliedsstaaten der EU sind rechte Parteien mit über 10 % vertreten, in sechs Staaten mit über 20 %. Der bulgarische Sozialwissenschaftler Ivan Krastev führt dies unter anderem auf die mangelnde Bereitschaft zur öffentlichen Debatte zurück: „Die Unfähigkeit und die mangelnde Bereitschaft liberaler Eliten, die Migration und deren Folgen dem Gegenstand der Diskussion und der politischen Auseinandersetzung zu machen, wie auch die Behauptung, die gegenwärtige Politik sei für alle Beteiligten von Vorteil (eine WIN-WIN-Situation), haben dazu geführt, daß der Liberalismus in den Augen vieler Menschen zum Synonym für Heuchelei geworden ist. Diese Revolte gegen die Heuchelei der liberalen Elite hat die politische Landschaft Europas radikal verändert.“23

Ivan Krastev nennt noch andere, spezifische Gründe: „Letztlich jedoch ist es das in Mitteleuropa tief verwurzelte Mißtrauen gegenüber dem kosmopolitischen Denken, das Ost und West voneinander trennt. Osteuropa hat keine Kolonialgeschichte, so daß es dort keine Schuldgefühle gibt, aber auch kein gemeinsames Schicksal, wie es oft mit kolonialen Bewegung verbunden ist. Die aktuellen Ressentiments gegen den Kosmopolitismus, die in mancherlei Hinsicht an die antikosmopolitischen Kampagnen im stalinistischen Europa erinnern, zeigen sich deutlich in der wachsenden Bereitschaft der Wähler, heimatorientierte Politiker zu unterstützen, die sich nicht für die Welt interessieren, keine Fremdsprachen sprechen, kein Interesse an fremden Kulturen haben und Besuche in Brüssel meiden. Der (frühere) polnische Außenminister Withold Waszczykowski spricht für viele, wenn er seinem Unmut über dem Liberalismus nach Art der EU Ausdruck verleiht, der geprägt sei durch ,eine neue Vermischung der Kulturen und Rassen, eine Welt aus Radfahren und Vegetarier, die nur erneuerbare Energien nutzen und alle Anzeichen religiösen Glaubens bekämpfen‘. Er meint: ,was die Polen am meisten bewegt, ist Tradition, ist Geschichtsbewußtsein, Liebe zum eigenen Land, ein normales Familienleben zwischen Männern und Frauen.‘“24 Wie verhält es sich mit den immer wieder zitierten europäischen Werten? Wenn es infolge der als unumkehrbar und unvermeidlich erklärten Globalisierung zu Massenentlassungen, zu De-Industrialisierung kommt, zu Massenauswanderung von Fachkräften, zu Massenarmut und dann womöglich noch zur Masseneinwanderung fremder Ethnien aus anderen Kulturkreisen? Und wenn dann die verblie23 24

Ivan Krastev, Europadämmerung. Ein Essay. Berlin 2017, S. 32. Ebd., S. 67.

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benen Abgehängten die in den Augen der Globalisten falsche Parteien wählen? Was ist dann mit dem Volkswillen, von dem angeblich alle Gewalt ausgeht? Das Beharren darauf, daß es sich um eine moralische Pflicht handele, Flüchtlinge aus anderen Kontinenten aufzunehmen, führt nicht weiter – im Gegenteil: Es wird als Arroganz tugendhafter, sich moralisch überlegen wähnender deutscher Politik und Politiker verstanden. Es vertieft die Spaltung. Eine verpflichtende Quote wird trotz des Beharrens der deutschen Bundesregierung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht beschlossen werden. Faktisch ist sie vom Verhandlungstisch. Jene Mitgliedsstaaten, die seit 2015 die meisten Asylanträge zu verzeichnen haben und deshalb den Status quo verändern wollen, sind auf das Entgegenkommen der anderen angewiesen. Jene, die kein Interesse an Quoten und damit an einer Veränderung haben, müssen sich einfach nicht bewegen. Sie sind somit in einer wesentlich komfortableren Situation. Die Verhandlungen zur Reform des GEAS zwischen Kommission, Parlament und Rat sind im Frühjahr 2019 – kurz vor den Europawahlen – festgefahren25. Sollte sich der Migrationsdruck auf die EU erneut stark erhöhen, wäre eine Rückkehr zu einzelstaatlichen Grenzkontrollen denkbar. Ein Rückfall auf ein „Mini-Schengen“ europäischer Kernstaaten würde allerdings die humane Bewältigung eines hohen Flüchtlingszugangs unmöglich machen, die Union endgültig spalten und deren Ende in ihrer gegenwärtigen Verfassung bedeuten. Hinzu kommt: Immer mehr europäische Regierungen stehen unter dem Druck rechtspopulistischer und rechtsradikaler Parteien. In Frankreich und Großbritannien, Deutschland, Polen, Ungarn, Dänemark und Griechenland finden sie von Wahl zu Wahl mehr Zuspruch. „Reiche“ Staaten, zu denen viele europäische Kernstaaten ohne Zweifel gehören, haben eine besondere Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen weltweit. Ihr können sie gerecht werden durch Aufnahme von Flüchtlingen (auf individuelle Weise durch die Prüfung von Asylanträgen oder kollektiv durch Umsiedlung von Gruppen). Zusätzlich können (und ethisch betrachtet: müssen) sie am Schutz von Flüchtlingen mitwirken durch Beteiligung an Friedensmissionen und durch Abgabe eines Teils ihres Wohlstandes in Form finanzieller Unterstützung humanitärer Organisationen und von Erstaufnahmestaaten. Hier haben etliche Staaten und die EU erheblichen Nachholbedarf. Bringen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nicht die Kraft auf, in der Migrationspolitik grundlegend umzusteuern, werden sie bei erneutem Massenzustrom ähnlich hilflos dastehen wie in den zurückliegenden Jahren – mit allen Konsequenzen für die politische und soziale Stabilität.

25 Rat der Europäischen Union: Vermerk vom 26. Februar 2019, 6600/19 (zugänglich unter www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVI/EU/05/60/EU_56086/imfname_10883509.pdf; Zugriff: 2. Januar 2020).

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Summary The influx of migrants towards Europe is not evenly distributed across individual member states. The refugee crisis in 2015 showed this very clearly. Underlying this are various mechanisms and deficits of the Common European Asylum System. Special attention needs to be paid to the “Dublin procedure” which assigns responsibilities of the member states for asylum procedures. It is politically debated and inefficient in its effectiveness, therefore talked about as a failure. Different recognition rates and standards of reception conditions and priorities of migrants also belong to the reasons. In spite of the development of the Common European Asylum System since more than 20 years a substantial harmonization was not achieved. The chance to achieve an agreement between the EU-Member states is not very high. Mandatory quotas will not be realized within the European Union.

III. Herausforderungen für das Handeln des Staates / Challenges for the State

Flüchtlingsschutz oder (Arbeits-)Migration Über die Notwendigkeit und die Konsequenzen einer Unterscheidung* Von Christian Hillgruber I. Die Ausgangslage „Jeder, der zu uns kommt, hat einen Grund zu fliehen“, hat die Bundeskanzlerin auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise erklärt. Das ist richtig. Aber die Gründe, warum Menschen fliehen, sind doch recht unterschiedlich, und es gilt sie auseinanderzuhalten, weil sie – auch rechtlich – unterschiedliches Gewicht haben und unterschiedliche Antworten verlangen. Die meisten der 2015/16 nach Deutschland eingereisten und gegenwärtig noch immer einreisenden Drittstaatsangehörigen sind – abgesehen davon, daß sie sich aufgrund ihrer Einreise über sichere Drittstaaten nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a GG berufen können – mangels individueller Verfolgung aus schutzrelevanten Gründen auch keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (§ 3 AsylG), sondern allenfalls – mit Blick auf eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts – sog. subsidiär Schutzberechtigte (§ 4 AsylG), ausnahmsweise – bei drohender Folter oder sonstiger unmenschlicher Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK oder individueller konkreter Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) – nicht abschiebbar, im Übrigen schlicht Armuts- oder Arbeitsmigranten. Der Genfer Flüchtlingsstatus und der subsidiäre Schutz, zu denen dann noch die erwähnten Fälle der Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) hinzutreten, sind auseinanderzuhalten, weil sie zumindest teilweise unterschiedliche, d. h. unterschiedlich weitreichende Rechtsfolgen in Sachen Aufenthaltsrecht, Familiennachzug sowie Zugang zum Arbeitsmarkt und hinsichtlich des Bezugs von Sozialleistungen nach sich ziehen. Daß in Syrien gegenwärtig Bürgerkrieg herrscht, ist unstrittig1. Aber deswegen muß dies nicht das bestimmende Motiv für alle sein, die von dort nach Europa * Der Beitrag fußt auf der gleichnamigen Abhandlung in: Otto Depenheuer/Christoph Grabenwarter (Hrsg.), Der Staat in der Flüchtlingskrise. Zwischen gutem Willen und geltendem Recht, 2016, S. 185 – 196, ist aber erheblich ausgebaut worden. 1 Eine andere Frage, ist, ob es nicht auch dort befriedete Zonen gibt, in denen man sicher ist.

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geflohen sind und noch immer fliehen. Viele, wahrscheinlich die meisten, fliehen vor Armut und Perspektivlosigkeit in ihren Heimatländern. Schutz vor den Gefahren des syrischen Bürgerkriegs besteht bereits in den Auffanglagern in Jordanien und im Libanon, so unkomfortabel diese auch sein mögen. Wer sich von dort aus weiter auf den Weg nach Deutschland macht und dabei viele weitere bürgerkriegsfreie und insofern sichere Drittstaaten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union durchquert, sucht nicht mehr Schutz vor den Gefahren eines Bürgerkrieges, dem er schon entkommen ist, sondern will nach Deutschland einwandern, um hier ein neues Leben zu beginnen, d. h. er mutiert vom Bürgerkriegs- zum Wirtschaftsflüchtling. Mit dieser Feststellung ist kein Vorwurf an die Flüchtlinge verbunden. Aus ihrer Sicht ist ein solches Verhalten rational und völlig legitim. Ebenso legitim ist es aber, daß potentielle Aufnahmestaaten Schutz vor Verfolgung oder (Bürger-)Krieg suchende Flüchtlinge einerseits und Armuts- und Arbeitsmigranten andererseits unterschiedlich behandeln. II. Flüchtlingsschutz und Arbeitsmigration: verschiedene Aufenthaltszwecke, verschiedene Aufenthaltstitel Flüchtlingsschutz und Arbeitsmigration sind schon deshalb auseinanderzuhalten, weil sie je eigenen rechtlichen Regeln folgen: Es gibt kein Menschenrecht auf Arbeitsmigration, wohl aber eine völkerrechtliche Staatenpflicht zum Schutz vor politischer oder sonstiger individueller Verfolgung, europarechtlich (nicht: völkerrechtlich!) zudem eine Pflicht zum Schutz vor individueller Leibes- und Lebensgefahr aufgrund (Bürger-)Krieges. Über das Ob und Wie einer Zulassung von Arbeitsmigration entscheidet jeder Staat nach seinen eigenen Interessen, d. h. nach egoistisch ausgeübtem Ermessen; die – altruistische – Gewährung von Asyl und Flüchtlingsschutz dient dagegen dem menschenrechtlichen Schutz verfolgter Individuen oder gefährdeter Gruppen. Alle Staaten entscheiden über die Zulassung von Arbeitsmigration nach anderen Kriterien als über die Gewährung von Schutz vor politischer Verfolgung, nämlich nicht nach humanitären, sondern nach eigennützigen, und haben insofern ihren eigenen wirtschaftlichen Vorteil, nicht den der potentiellen Zuwanderer im Sinn, es sei denn dieser deckt sich mit Ersterem. Während Arbeitsmigration auf einen Daueraufenthalt im Zielstaat mit dortiger Beschäftigung angelegt ist, haben Asyl und Flüchtlingsaufnahme eigentlich nur die Funktion temporären Schutzes: Der Aufnahmestaat will und soll den Verfolgten oder vor (Bürger-)Krieg Geflüchteten genau so lange zu seinem Schutz beherbergen wie nötig, auch wenn die Länge dieser Zeitspanne ex ante nicht absehbar ist2. 2

Mehr kann auch menschenrechtlich nicht eingefordert werden; zu dem aus Art. 3 EMRK folgenden Verbot der Rückführung in ein Land, in dem Flüchtlingsschutz nicht garantiert, sondern Flüchtlingen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder die Rückführung in ihre Heimatländer, in denen sie verfolgt wurden, droht, s. Europäischer Gerichtshof (Große Kammer), Urteil vom 23. Februar 2012, BNr. 27765/09 – Hirsi Jamaa u. a./Italien.

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Diesen unterschiedlichen Zwecken entsprechend müssen an sich auch die rechtlichen Regelungsregimes von Flüchtlingsschutz und Arbeitsmigration je eigen und konsequent ausgestaltet sein: Flüchtlingsschutz sollte von vornherein zeitlich begrenzt sein, jede Verfestigung des Aufenthaltsstatus nach Möglichkeit vermieden werden und jedenfalls ein regelhafter Übergang vom Status eines Konventionsoder Bürgerkriegsflüchtlings zum Status eines Arbeitsmigranten ausgeschlossen sein. Dies bedeutet konkret: Es sollten nur zeitlich befristete, ggf., d. h. bei andauernder Schutzbedürftigkeit, zu verlängernde Aufenthaltserlaubnisse zum ausschließlichen Zweck des Schutzes vor Verfolgung oder vor (Bürger-)Kriegsgefahren erteilt werden, die bei Fristende ablaufen bzw. bei Wegfall des jeweiligen Schutzgrundes3 zwingend zu widerrufen sind; eine daraus folgende Ausreisepflicht ist, soweit notwendig, konsequent durch zwangsweise Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland durchzusetzen4. Es erfolgt kein sofortiger Familiennachzug; es gibt keine sofortige Arbeitserlaubnis. Daß der Staat dann zunächst die Alimentation der Flüchtlinge übernehmen muß, ist unvermeidlich; aber das soll ja auch kein Dauerzustand sein. Kurzum: Es findet gerade keine Vollintegration statt! Dieses politisch gegenwärtig für nur vorübergehend bleibeberechtigte Flüchtlinge ausgegebene Ziel ist zweckwidrig und daher verfehlt. Die allein zweckentsprechende zeitliche und inhaltliche Begrenzung des Aufenthaltsrechts aufgrund von Verfolgung oder aus Gründen des Schutzes vor (Bürger-)Kriegsgefahren aufgenommener Flüchtlinge muß grundsätzlich auch dann konsequent durchgehalten werden, wenn der Aufenthalt des Flüchtlings wegen des Fortbestehens des ihn rechtfertigenden Grundes länger andauert. Es bleibt dessen ungeachtet bei der Befristung des Aufenthaltsrechts, das ausläuft, wenn die Schutzbedürftigkeit wegfällt. Was den Zugang zum Arbeitsmarkt angeht, sollte jedenfalls eine hinreichend lange Sperrfrist festgelegt werden, die es a priori ausschließt, daß in ex ante planbarer Weise der Flüchtlingsstatus zweckwidrig zur Arbeitsmigration genutzt werden kann; die Abhängigkeit des Flüchtlings von staatlichen Leistungen muß dafür hingenommen werden. Die Sperrfrist sollte fünf Jahre nicht unterschreiten. Eine danach erteilte Arbeitserlaubnis ist zudem unter den Vorbehalt der Beendigung der Aufenthaltsberechtigung wegen späteren Fort3 Hier bestehen Unterschiede, weswegen es eben nicht gleichgültig ist, ob eine Anerkennung als Konventionsflüchtling oder nur als subsidiär Schutzberechtigter erfolgt ist. Bezogen auf Syrien: Denjenigen, die vom Assad-Regime verfolgt werden, kann der Rechtsstatus erst dann wieder entzogen werden, wenn es zu einem Regimewechsel kommt oder das Regime „vom Saulus zum Paulus“ wird. Wer dagegen „nur“ vor den Lebensgefahren geflohen ist, die vom syrischen Bürgerkrieg ausgehen, könnte schon dann als nicht mehr schutzbedürftig angesehen und zurückgeschickt werden, wenn die Waffen schweigen. Sollte das Assad-Regime im Bürgerkrieg (mit fremder Hilfe) obsiegen, bedeutete dies für die Bürgerkriegsflüchtlinge eine prinzipielle Rückkehrpflicht, für die verfolgten Regimegegner dagegen gerade ein Andauern der Verfolgungsgefahr. 4 Zu den Problemen faktischer und rechtlicher Abschiebungshindernisse s. nur Bernhard Kempen, Abschiebung, in: Otto Depenheuer/Christoph Grabenwarter (Hrsg.), Der Staat in der Flüchtlingskrise. Zwischen gutem Willen und geltendem Recht, 2016, S. 216 – 228.

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falls des Schutzbedürfnisses als Flüchtling zu stellen; eine ihrerseits als Begründung einer unbefristeten Aufenthaltsberechtigung herhaltende Dauerbeschäftigung ist damit ausgeschlossen. Gleiches müßte für den Familiennachzug gelten; zwar sollten auch Bürgerkriegsflüchtlinge nicht dauerhaft von ihren Familien isoliert leben müssen; aber auch der Familiennachzug darf erst nach einer längeren Wartezeit ermöglicht werden; und die Aufenthaltsberechtigung nachgezogener Familienangehöriger muß strikt akzessorisch zum Aufenthaltsrecht des Flüchtlings ausgestaltet sein, das über kurz oder lang mit dem Wegfall seines Schutzbedürfnisses endet. Ein Übergang zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht sollte allenfalls und erst erfolgen, wenn auch nach einem Jahrzehnt5 keinerlei realistische und zumutbare Rückkehrperspektive mehr besteht. Die grundsätzlich geltende zeitliche und inhaltliche Beschränkung des zu gewährenden Flüchtlingsschutzes dient nicht nur dem Selbstschutz des Aufnahmestaates vor Überforderung durch eine allzu große Zahl von bei ihm Aufnahme suchenden Menschen, sondern auch und gerade dem Flüchtlingsschutz selbst; sie erst ermöglicht, immer wieder aufs Neue, aktuell Verfolgten oder durch (Bürger-) Krieg in ihrem Leben bedrohten Menschen effektiven Schutz angedeihen zu lassen; wer als temporär Schutzbedürftiger auch dann noch ein Aufenthaltsrecht beansprucht, wenn sein Schutzbedürfnis entfallen ist, verhält sich unsolidarisch gegenüber denjenigen, die nun schutzbedürftig geworden sind und jetzt ihrerseits vorübergehend aufgenommen werden sollten, aber aus Gründen tatsächlich begrenzter Aufnahmekapazität nur aufgenommen werden können, wenn diejenigen, die keines Schutzes mehr bedürfen, den Platz räumen6. Ein konsequent zweckentsprechend ausgestalteter Aufenthalt aus Gründen des Flüchtlingsschutzes vermittelt danach im Regelfall keine Perspektive auf die Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts und auf (dauerhaften) Zugang zum Arbeitsmarkt. Beides kann auf diese Weise nicht erreicht werden. Erst dieser prinzipielle Ausschluss eines jeden Flüchtlings von jeder realistischen Aussicht auf Daueraufenthalt und dauerhafte Beschäftigung eröffnet die Möglichkeit zu geordneter und – nach den Interessen und Bedürfnissen des Aufnahmelandes – gesteu5

Die Zehnjahresfrist orientiert sich daran, daß ein in Deutschland geborenes Kind eines hier aufgenommenen Flüchtlings nach dem ius soli die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, wenn er oder sie selbst oder der andere Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt (§ 4 Abs. 3 StAG), und der Flüchtling selbst, soweit er seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 StAG auf Antrag einzubürgern ist, d. h. zu diesem Zeitpunkt als voll integriert gilt. 6 Die politisch angestrebte Kontingentlösung ist als Lastenteilungsregelung innerhalb der Europäischen Union sinnvoll, kann aber nicht verhindern, daß mehr Flüchtlinge, als kontingentierte Aufnahmeplätze zur Verfügung stehen, um den Schutz nachsuchen, der ihnen – Schutzbedürftigkeit vorausgesetzt – zu gewähren ist, wenn auch – angesichts der es umgebenden sicheren Drittstaaten – nicht notwendig in Deutschland. Nicht der völkerrechtlich geschuldete Flüchtlingsschutz, wohl aber die im Ermessen der Staaten liegende Zulassung von Arbeitsmigration läßt sich sinnvoll kontingentieren.

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erter Arbeitsmigration, die nicht unter Hinweis auf eine Schutzbedürftigkeit als Flüchtling eingefordert werden kann, sondern um die man sich lediglich – von seinem Heimatland aus – bewerben kann. III. Die gegenwärtige Rechtlage beim Flüchtlingsschutz 1. Rasche Verfestigung des Aufenthaltsstatus trotz Möglichkeit von Widerruf und Rücknahme Das gegenwärtig geltende europäische und deutsche Recht folgt einer anderen Logik, der Logik rascher Vollintegration. Zwar ist auch danach die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die Gewährung subsidiären Schutzes an sich zeitlich begrenzt (vgl. Art. 11 bzw. Art. 16 der sog. Qualifikationsrichtlinie) und bei Wegfall der Voraussetzungen zu widerrufen. Aber der aufenthaltsrechtliche Status verfestigt sich sehr schnell: So wird Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zuerkannt worden ist, die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt, was bereits „grundsätzlich auf einen Daueraufenthalt abzielt“7. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG wird dagegen die Aufenthaltserlaubnis zunächst nur für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre (§ 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ist die Kriegs- oder Bürgerkriegssituation, die den Schutz begründet hat, entfallen, so ist eine Verlängerung zwingend ausgeschlossen (§ 26 Abs. 2 AufenthG). Das geltende Europarecht sieht aber zugleich vor, daß die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (insbesondere der Sicherung des Lebensunterhalts durch feste und regelmäßige Einkünfte) bereits nach fünf Jahren ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts in ihrem Hoheitsgebiet die – grundsätzlich dauerhafte und nur noch unter besonderen Voraussetzungen entziehbare – Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten verleihen8. Nach deutschem Recht, das insoweit die europäischen Vorgaben (über)erfüllt, ist Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in der Regel schon nach fünfjährigem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Wenn die deutsche Sprache beherrscht wird (Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) und der Lebensunterhalt weit überwie7

Kay Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 643. S. Art. 4 Abs. 1, 5 und 6, Art. 8 Abs. 1 und 9 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (sog. Daueraufenthaltsrichtlinie), Amtsblatt EU vom 23. 1. 2004, L 16/ 44, geändert durch Richtlinie 2011/51/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2011 zur Änderung der Richtlinie 2003/109/EG des Rates zur Erweiterung ihres Anwendungsbereichs auf Personen, die internationalen Schutz genießen, Amtsblatt EU vom 19. 5. 2011, L 132/1. 8

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gend gesichert ist, ist die Niederlassungserlaubnis sogar bereits nach dreijährigem Besitz der Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (§ 26 Abs. 3 AufenthG). Dabei wird die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens angerechnet. Daher könnten im Herbst 2015 in Deutschland angekommene Flüchtlinge ggf. noch 2018, spätestens Ende 2020 eine unbefristete Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) und damit ein Daueraufenthaltsrecht erhalten. Wer eine Niederlassungserlaubnis hat, genießt einen verstärkten Ausweisungsschutz (s. §§ 53 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und kann seinen zu langfristigem Aufenthalt berechtigenden Rechtsstatus im Wesentlichen nur noch bei unredlichem Erwerb verlieren. Durch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis wird folglich die Perspektive für eine dauerhafte Lebensplanung im Bundesgebiet vermittelt. Zwar kann und muß die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen (§ 73 Abs. 1 AsylG). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn er als Staatenloser in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Gewährung des subsidiären Schutzes ist zu widerrufen, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maß verändert haben, daß ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist (§ 73b Abs. 1 AsylG). Außerdem schreibt das Gesetz zwingend die Rücknahme der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mit Rückwirkung vor, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch aus anderen Gründen nicht anerkannt werden könnte (§ 73 Abs. 2 AsylG). Gleiches gilt für die Gewährung des subsidiären Schutzes (§ 73b Abs. 3 AsylG). Gemäß § 73 Abs. 2a AsylG hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) spätestens drei Jahre nach der Unanfechtbarkeit der genannten Entscheidungen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme vorliegen. Auch wenn kein Widerruf oder keine Rücknahme erfolgt und die Niederlassungserlaubnis erteilt wird, bleiben Widerruf und Rücknahme nach § 73 Abs. 2a Satz 5 AsylG möglich. Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Vorschrift liegt diese Entscheidung dann aber im Ermessen des Bundesamts; das bedeutet, daß bei der Entscheidung das private Interesse der ausländischen Staatsangehörigen am Bestand der begünstigenden Entscheidung einerseits mit dem öffentlichen Interesse an deren Aufhebung andererseits abzuwägen ist9.

9 Aber Widerrufs- und Rücknahmeverfahren werden kaum einmal eingeleitet. Es fehlt insoweit schlicht am politischen Willen zur Durchsetzung des geltenden Rechts; hinzu kommt die Überlastung des BAMF.

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Schließlich haben Flüchtlinge, die sich seit acht Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhalten, einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn sie verfassungstreu sind, ein unbefristetes Aufenthaltsrecht (Niederlassungserlaubnis) besitzen, den Lebensunterhalt für sich und ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen selbst bestreiten können, strafrechtlich unbescholten sind, über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen (§ 10 StAG), so daß sie sich voraussichtlich in die deutschen Lebensverhältnisse einfügen werden. Mit der Einbürgerung ist die sich sukzessiv innerhalb weniger Jahre vollziehende Vollintegration abgeschlossen. 2. Familiennachzug Wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, kann bei Ehegatten, Lebenspartnern und minderjährigen Kindern auf Antrag ebenfalls eine Flüchtlingsanerkennung erfolgen, ohne daß geprüft werden müsste, ob den Familienangehörigen selbst Verfolgung droht (Internationaler Schutz für Familienangehörige, § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 – 3 AsylG). Die Aufenthaltserlaubnis wird zum Zweck der Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet erteilt und ggf. verlängert. Das Aufenthaltsrecht nachziehender Familienangehöriger ist daher ebenso wie das Aufenthaltsrecht hier geborener Kinder in seinem Bestand vom Aufenthaltsrecht des im Bundesgebiet bereits lebenden Ausländers abhängig, d. h. akzessorisch10. Die Aufenthaltserlaubnis gilt daher auch nur für den Zeitraum, für den der sog. Stammberechtigte, also derjenige, zu dem nachgezogen wird, über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt (§ 27 Abs. 4 Satz 1 AufenthG). Auch Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten konnten seit 2013 einen entsprechenden Schutzstatus erhalten (§ 26 Abs. 5 AsylG). Diese Regelung wurde während der akuten Flüchtlingskrise 2016 suspendiert. Gegenwärtig besteht kein Rechtsanspruch auf Familiennachzug zu lediglich subsidiär Schutzberechtigten, sondern nur die Möglichkeit, zahlenmäßig begrenzt (maximal 1.000 monatlich) nach Ermessen, Ehegatten oder minderjährigen ledigen Kindern Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen (s. die Übergangsregelung des § 104 Abs. 13 AufenthG). Die Zulassung von Familiennachzug führt, so verständlich sie bei einem noch nicht absehbaren Ende der Verfolgungssituation oder eines subsidiären Schutzbedürfnisses auch sein mag, zu einer jedenfalls faktischen Verfestigung des Aufenthalts im Inland und schwächt die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland.

10 Für die Erwerbstätigkeit von nachgezogenen Familienangehörigen besteht jedoch nach § 27 Abs. 5 AufenthG freier Zugang zum Arbeitsmarkt.

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3. Erwerbstätigkeit: Gleitender Übergang zur Arbeitsmigration Ungeachtet der zunächst nur befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis ist Konventionsflüchtlingen wie subsidiär Schutzberechtigten unmittelbar nach Zuerkennung der Schutzberechtigung die Aufnahme einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach den allgemein geltenden Vorschriften zu gestatten11. Die Aufenthaltserlaubnis, die einem Asylberechtigten, einem Konventionsflüchtling oder einem nach Unionsrecht subsidiär Schutzberechtigten erteilt wird, berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 25 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Nach § 27 Abs. 5 AufenthG steht auch allen (nachgezogenen) Familienangehörigen von im Bundesgebiet wohnhaften Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, ein unbeschränkter Arbeitsmarktzugang zu12. Asylbewerber haben mittlerweile schon nach Ablauf von drei Monaten ab Antragstellung in Deutschland Zugang zum Arbeitsmarkt. Diese sofortige Öffnung des Arbeitsmarktes hat unzweifelhaft Vorteile. Sie vermittelt dem Flüchtling Teilhabe und stärkt sein Selbstwertgefühl; zugleich entlastet sie die staatliche Gemeinschaft von der Notwendigkeit finanzieller Unterstützung des Flüchtlings13. Sie hat aber eben auch einen ganz entscheidenden Nachteil: Sie bietet eine Möglichkeit dafür, unter Berufung auf Schutzbedürftigkeit vor (Bürger-)Kriegsgefahren das eigentlich verfolgte Ziel einer Einwanderung zu erreichen. Der vorgebliche Flüchtlingsschutz wird so zu einem Etikettenschwindel für Arbeitsmigration, im ungünstigeren Fall, bei Unvermittelbarkeit in den Arbeitsmarkt, für eine Einwanderung in das – aus der ökonomischen Perspektive der Flüchtlinge komfortable – deutsche Sozialsystem14. Läßt man – wie gegenwärtig – 11

S. Art. 26 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie). Auch die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 strebt ausweislich ihrer Kapitel III (Erwerbstätigkeit) und IV (Wohlfahrt) die rasche Eingliederung anerkannter Flüchtlinge in das Arbeitsleben und das Sozialsystem des Aufnahmestaates, die sogar in einer zu erleichternden Einbürgerung (Art. 34) ihren Abschluß finden soll. 12 S. dazu Hailbronner (Fn. 7), Rn. 672. 13 Das ist der entscheidende Grund, warum die Genfer Flüchtlingskonvention in den Art. 17 ff. bestimmt, daß anerkannten Flüchtlingen eine möglichst günstige Behandlung hinsichtlich der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zuteilwerden soll. 14 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.), Arbeitsmarkt kompakt Mai 2018 Fluchtmigration, abrufbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/ Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikationen/Fluchtmigration.pdf (Zugriff: 2. Januar 2020), S. 8 f.; 12: „Im Mai 2018 waren in Deutschland 487.000 arbeitsuchende Geflüchtete registriert, darunter waren 180.000 arbeitslos. Das waren 8 Prozent aller Arbeitslosen.“; „Die arbeitslosen Geflüchteten sind überwiegend jung und männlich. Sie kommen häufig für Jobs in Frage, in denen Sprachkenntnisse nicht die wichtigste Rolle bei der Berufsausübung spielen. So waren im Mai 2018 rund 23.000 der geflüchteten Arbeitslosen auf der Suche nach

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zu, daß aus Flüchtlingsschutz ungesteuerte Einwanderung wird, so muß dies, dazu gehört nicht viel Phantasie, das an sich berechtigte Anliegen des Flüchtlingsschutzes nachhaltig delegitimieren. Das gilt erst recht für Armutsmigranten, die Sozialleistungen beziehen. Nach § 7 Abs. 1 SGB (= Sozialgesetzbuch) II sind alle Personen zwischen 15 und 65 Jahren, die erwerbsfähig und hilfsbedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, berechtigt, die sog. Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II) als Leistung zu beziehen. Erfaßt sind damit auch Asylberechtigte, Konventionsflüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, wenn ihnen nur aufgrund ihres Aufenthaltstitels die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist, was, wie gesehen, durchgängig der Fall ist. Wer von diesen Personengruppen individuell nicht erwerbsfähig ist, bezieht Sozialhilfe nach § 23 SGB XII15. In Zahlen: Im Februar 2018 waren 4.260.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II in den Jobcentern registriert. Bei 14 % oder 595.000 handelte es sich dabei um Geflüchtete. Zudem gab es in dieser Personengruppe schätzungsweise 289.000 nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte16. IV. Reformbedarf: Abkoppelung des Flüchtlingsschutzes von der Arbeitsmigration Um zu vermeiden, daß unter Berufung auf eine vorgebliche oder tatsächliche Schutzbedürftigkeit als Flüchtling eine Einwanderung stattfindet, die die nationale Solidargemeinschaft überstrapaziert, müssen internationaler Schutz und (Arbeits-) Migration wieder strikt voneinander getrennt werden. Unter den Bedingungen eines lediglich zeitlich befristeten und auch inhaltlich auf seine Schutzfunktion begrenzten Aufenthalts als Flüchtling werden nur solche Menschen diesen Status anstreben, die auf ihn zwingend angewiesen sind. Die von vornherein einen dauerhaften Aufenthalt und die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Zielstaat anstreeiner Arbeitsstelle in der Reinigung, gut 20.000 in der Logistik, 15.000 als Küchenhelfer und knapp 10.000 suchten eine Beschäftigung im Verkauf.“; „Wenn die Arbeitslosigkeit beendet werden kann, finden Arbeitslose aus den Hauptherkunftsländern der Geflüchteten zu fast einem Drittel eine Anstellung in der Arbeitnehmerüberlassung, gefolgt von Beschäftigungsverhältnissen in Unternehmen, die wirtschaftliche Dienstleistungen erbringen, und dem Gastgewerbe.“ Mit 25,8 Prozent ist die Beschäftigungsquote von Beschäftigten aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern vergleichsweise gering. Zum Vergleich: Für alle Ausländer lag die Beschäftigungsquote im März 2018 bei 48,1 %, für Deutsche sogar bei 68,1 %. 15 Ausgeschlossen ist ein Anspruch auf Hilfsleistungen nach dem SGB XII, wenn der Ausländer eingereist ist, um Sozialhilfe zu beziehen, § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII, was voraussetzt, daß die Absicht des Sozialhilfebezugs das eindeutig überwiegende Motiv für die Einreise in das Bundesgebiet darstellt, was aus den Umständen des Einzelfalls, wie etwa völlig unsubstantiierten Verfolgungsbehauptungen rückgeschlossen werden können muß. 16 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.), Arbeitsmarkt kompakt Mai 2018 Fluchtmigration, abrufbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/ Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikationen/Fluchtmigration.pdf (Fn. 14), S. 11.

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benden Migranten werden dagegen davon Abstand nehmen, weil sie ihr Ziel auf diese Weise in absehbarer Zeit nicht erreichen können. Wenn durch eine klare Trennung von Flüchtlingsschutz und Arbeitsmigration unmißverständlich, d. h. in einer die Entstehung eines Vertrauens auf den Fortbestand der Gewährungen trotz Wegfalls ihrer Voraussetzungen kategorisch ausschließenden Weise kommuniziert wird, daß vor-übergehender Schutz vor dem Unbill eines Bürgerkrieges keinen Daueraufenthalt und keine (dauerhafte) Arbeitserlaubnis verschafft und für die Zeit der Schutzbedürftigkeit als Sozialleistung nur ein Anspruch auf das durch Sachleistungen gewährte Existenzminimum besteht, werden diejenigen, und das sind die meisten, denen es um ein Bleiberecht, dauerhafte Beschäftigung oder den Bezug von für sie auskömmlichen sozialen Geldleistungen geht, d. h. Arbeits- und Armutsmigranten, diesen Weg nicht beschreiten. Über die Zulassung von Arbeitsmigration muß nach anderen Maßstäben entschieden werden. Maßgeblich sind insoweit die Bedürfnisse und Anforderungen des Aufnahmelandes. Hier hat Deutschland wohl tatsächlich einen Nachholbedarf, der aber nicht durch unregulierten Zuzug von Flüchtlingen befriedigt werden kann. Deutschland braucht bestimmte qualifizierte Arbeitskräfte, die integrationsfähig und -willig sind. Unter den Flüchtlingen mögen auch solche sein17; doch regiert hier das reine Zufallsprinzip. Mit zielgerichteter Migrationspolitik hat dies nichts gemein. V. Zukunftsperspektive I: Deutschland – ein Haus mit zwei Eingangstüren Deutschland sollte ein offenes Land bleiben, offen für Flüchtlinge, denen solange wie nötig Schutz gewährt wird, und auch offen für integrierbare Arbeitsmigranten, die es nach eigenem Bedarf und selbst gesetzten Aufnahmekriterien auswählt. Aber die Aufnahme von Flüchtlingen als humanitärer Akt ist eben doch das eine, die kontingentierte und eigennützige Zulassung von Arbeitsmigration etwas ganz anderes18. Bildlich gesprochen: Das Haus Deutschland sollte nicht hermetisch abgeriegelt sein, sondern Eingangstüren haben. Aber die eine Eingangstür hat letztlich Drehtürcharakter; durch sie können Flüchtlinge eintreten und sich im Falle festgestellter Schutzbedürftigkeit vorübergehend in Deutschland aufhalten, um nach Wegfall 17

Die diesbezüglichen Feststellungen der Bundesagentur für Arbeit (Arbeitsmarkt kompakt Mai 2018 Fluchtmigration, s. Fn. 14, S. 6) sind aber eher ernüchternd: „Geflüchtete verlassen ihr Heimatland häufig ohne Berufsausbildung bzw. ohne nachweisende Ausbildungszertifikate. (…) das durchschnittliche Bildungsniveau von mehr als der Hälfte der Geflüchteten (ist) als vergleichsweise gering einzustufen ist. Rund 30 Prozent der Befragten weisen ein mittleres Bildungsniveau auf und 13 Prozent der Geflüchteten verfügen über ein höheres Bildungsniveau. 18 Ebenso Walter Leisner, Asyl: Ja, Einwanderung: Ja – Doch rechtlich klar geordnet – getrennt!, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2015, S. 1653 f.

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dieses Aufenthaltsgrundes Deutschland durch dieselbe Tür wieder in Richtung Heimat zu verlassen. Durch die andere Eingangstür erhalten Arbeitsmigranten Zutritt, sofern sie den diesbezüglichen Vorstellungen und Erwartungen Deutschlands entsprechen. Wer durch diese Tür Einlaß gefunden hat, kann, wenn er will, dauerhaft in Deutschland verbleiben und hier einer Arbeit nachgehen. Diese Tür hat allerdings keinen Türgriff, mit dem man die Tür von außen öffnen und nach eigenem Gutdünken das Haus betreten könnte; diese zweite Tür kann nur von innen geöffnet werden. Man kann sich aber darum bewerben, in die Hausgemeinschaft aufgenommen zu werden. Dafür hat diese Tür einen Briefschlitz, in den die Bewerbungsunterlangen eingeworfen werden können. Wenn sich der Wunsch des Bewerbers nach Arbeitsmigration mit dem Wunsch Deutschlands nach qualifizierten Arbeitskräften deckt, der arbeitswillige Zuwanderer einer der von Deutschland Gesuchten ist, dann, und nur dann, öffnet Deutschland für ihn die zweite Tür. So hält es jedes Einwanderungsland, und wenn Deutschland sich anders verhielte, verstieße es gegen seine eigenen Interessen und wiederholte die Fehler der Vergangenheit. VI. Zukunftsperspektive II: Kontingentierter Flüchtlingsschutz auf freiwilliger Basis – begrenzte Humanität ohne Rechtspflicht Gegen die hier gemachten Vorschläge einer strikten Trennung von Flüchtlingsschutz und Arbeitsmigration könnte eingewendet werden, sie seien entweder unrealistisch und impraktikabel oder nur zu unvertretbar hohen menschenrechtlichen Kosten durchführbar19. Entweder müßten Flüchtlinge möglicherweise jahrelang unter quarantäneartigen Bedingungen, die sie von der aufnehmenden Gesellschaft isolieren, gehalten werden, was unmenschlich, vielleicht sogar menschenrechtswidrig sei, oder aber inzwischen eingetretene Bindungen der Flüchtlinge an den Aufenthaltsstaat schlechthin ignoriert werden, was tatsächlich und auch rechtlich unmöglich sei. Der Faktor Zeit lasse sich schlicht nicht ausschalten, sondern entfalte unvermeidlich und unumgänglich seine normative Kraft des Faktischen. Durch aufgenommene Erwerbstätigkeit, familiäre Bindungen, schulische Bildung und Erziehung von Kindern, gesellschaftliche Kontakte und andere Integrationsmomente geschaffene Affinitäten könnten bei der Entscheidung über die Beendigung oder Fortsetzung des Aufenthalts im Aufnahmestaat nach Wegfall der ursprünglichen Fluchtgründe und eines darauf gestützten Aufenthaltstitels nicht ausgeblendet werden und unberücksichtigt bleiben. Der Zeitablauf und das zwischenzeitlich Geschehene begründe ein eigenes, neues (Bleibe-)Recht. Je länger die Flucht zu19

So in Entgegnung auf meine Ausführungen (Fn. *) pointiert Andreas Funke, Das Flüchtlingsrecht zwischen Menschenrecht, Hilfspflicht und Verantwortung, in: Juristenzeitung (JZ) 2017, S. 533 (542): „Die Trennungsthese ignoriert das Prinzip der Verwurzelung (…). Je länger jemand hier ist, aus welchen Gründen auch immer, desto mehr Teilhabe muß möglich sein“.

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rückliege, um so unzumutbarer aus der Sicht des ehemaligen Flüchtlings, der im Aufnahmestaat Wurzeln geschlagen habe, aber auch objektiv sinnwidrig erscheine ein Zwang zur Rückkehr: Bei einem den Umständen entsprechend erfolgreichen Verlauf der Integration könne es gegebenenfalls gerade auch im (einwanderungspolitischen und bevölkerungspolitischen) öffentlichen Interesse des Aufnahmestaates liegen, den Ausländer – seine Integrationsleistungen nutzend – im Land zu halten. Wenn indes Flüchtlingsschutz ab einer gewissen Zeit unweigerlich in Migration mutiert, kann und wird es keine Rechtspflicht der Staaten zur Aufnahme aller schutzbedürftigen Flüchtlinge und noch viel weniger korrespondierende individuelle Rechtsansprüche mehr geben20, wie es gegenwärtig dem Selbstverständnis der Europäischen Union entspricht, die eine in verschiedenen Rechtsakten konkretisierte gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, entwickelt hat, in deren Rahmen „jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll“ (Art. 78 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU). Die Gewährung von weitreichenden Individualansprüchen, die befriedigt werden müssen, lassen, wenn sie massenhaft geltend gemacht werden, keinen Raum mehr für freiwillige humanitäre Großzügigkeit, etwa zur Bereitschaft eines Staates zur dauerhaften Neuansiedlung besonders verletzlicher Flüchtlinge. Staaten, die realistischerweise damit rechnen müssen, daß auch Flüchtlinge über kurz oder lang zu Einwanderern werden, werden eine Gesamthöchstzahl jährlich aus freien Stücken aufzunehmender Migranten festlegen, die sich aus Arbeitsmigranten und Schutzbedürftigen zusammensetzen. Der Anteil der dem eigenen Nutzen der Aufnahmeländer zu dienen bestimmten Arbeitsmigranten dürfte dabei deutlich höher liegen als der Anteil der aus Gründen der Humanität aufgenommenen Menschen. Es wird folglich nur noch Kontingentflüchtlinge geben, die nach vorheriger Feststellung ihrer Identität, Prüfung ihres Schutzbegehrens und möglicher Ausschlußgründe sowie einer umfassenden Sicherheitskontrolle Aufnahme finden. Dafür plädiert etwa der frühere Bundesinnenminister Otto Schily: „Das Asyl- und Zuwanderungssystem muß im nationalen und europäischen Rahmen grundlegend reformiert werden. Für die Aufnahme von Flüchtlingen muß das Freiwilligkeitsprinzip gelten, das heißt, jeder Staat entscheidet in eigener Verantwortung, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang er Hilfsbedürftige in seinem Land aufnehmen kann und will. Dabei sollten die Staaten eine aktive Flüchtlingspolitik betreiben und in geeigneter Weise die Aufnahme von Flücht20

Auch Funke, ebd., S. 542, konzediert grundsätzlich (wenn auch in den Folgerungen nicht so weitgehend, wie dies hier angenommen wird): „Wenn der Schutz von Flüchtlingen zur dauerhaften Einwanderung führen kann, dann muß es möglich sein, den Schutzumfang – in diesem Fall wohl vor allem den Status, aber auch die Statusfolgen – auch mit Blick auf diesen Umstand zu gestalten.“

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lingskontingenten anbieten. Für den Zuzug von Arbeitssuchenden müssen die Bedingungen viel flexibler gestaltet werden. Generell müssen scharfe Sicherheitsüberprüfungen bei der Einreise von Migranten eingehalten werden.“21 Fällt die Rechtspflicht zur Aufnahme weg, dann dürften aufnehmende Staaten bei der Auswahl der aufzunehmenden Flüchtlinge auch nach Kriterien kultureller Kompatibilität und damit verbundenen höheren Integrationschancen entscheiden. Zu einer proaktiven Aufnahme von Flüchtlingen werden sich Staaten aber nur bereitfinden, wenn die unkontrollierte Zuwanderung durch einen unbegrenzten Zuzug von Flüchtlingen, die sich einfach selbst den Weg bahnen, gleichzeitig gestoppt wird. Der Übergang zu einem solchen System freiwilliger, aber von vornherein begrenzter Humanität sollte um so leichter fallen, als das gegenwärtige Versprechen, alle Schutzsuchenden, sofern sie nur schutzbedürftig sind, aufzunehmen, angesichts der schieren Zahl derjenigen, die darauf Anspruch erheben könnten, gar nicht erfüllt werden könnte, wenn es von den vielen Berechtigten mehr oder minder gleichzeitig geltend gemacht würde22. Es gibt aber so etwas wie ein Gebot normativer Ehrlichkeit. Flüchtlingsschutz ist ein wichtiges humanitäres Anliegen der Staatengemeinschaft. Es kann aber keinen absoluten Vorrang vor elementaren Staateninteressen beanspruchen23. Auch wenn Staaten humanitäre Ziele verfolgen, kommen spätestens bei der Festlegung der zur Zielverwirklichung zu übernehmenden Verpflichtungen auch die durchaus legitimen Eigeninteressen der Staaten ins Spiel. Man sollte – auch als Staat und Staatengemeinschaft – nichts versprechen, was man im Ernstfall gar nicht einlösen will oder kann. Andernfalls diskreditiert und destabilisiert man das Recht. Unrealistisches Recht kann auf Dauer keinen Bestand haben. Wer Unmögliches zu leisten sich vornimmt, wird nichts zum Guten wenden, sondern notwendig scheitern. Es ist daher ehrlicher und vorzugswürdiger, die Grenzen der Fähigkeit und Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen offenzulegen und zu deklarieren. Die Festlegung einer maximalen jährlichen Obergrenze sollte daher für Europa und seine Mitgliedstaaten nicht länger tabu sein. Sie bildet vielmehr in Zeiten eines Massenzustroms die richtige Mitte zwischen unsolidari21

Bild-Interview mit dem Ex-Innenminister vom 10. Juni 2018, abrufbar unter: www.bild. de/politik/inland/politik-inland/fordert-untersuchungsausschuss-55960788.bild.html (Zugriff: 2. Januar 2019). 22 Daß viele derjenigen, die den Flüchtlingsstatus für sich reklamieren, ihn tatsächlich nicht beanspruchen können, weil sie nicht befürchten müssen, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden, ändert nichts an einer möglichen Überforderung durch einen Massenzustrom, weil und soweit jedes einzelne Begehren zunächst auf seine Validität geprüft werden muß und gegen eine Ablehnung gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann. 23 So auch Kay Hailbronner/Daniel Thym, Die Flüchtlingskrise als Problem europäischer Rechtsintegration, in: JZ 2016, S. 753 (754).

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scher Verweigerung auch zumutbarer Hilfeleistung und maßloser Hilfsbereitschaft, die zu praktischer Selbstüberforderung führen muß. Summary While the states are obliged under international law to protect against political or other individual persecution, and under European law to protect against individual bodily harm and danger to life due to (civil) war, they decide whether and how to admit labor migration based on their own interests. Accordingly, the legal regulatory regimes for refugee protection and labor migration should each follow their own rules and procedures respectively. In any case, a regular transition from one status to the other should be excluded. The current state of refugee law, on the other hand, pursues the goal of rapid full integration of refugees and, thus, proves to be a pull factor.

Solidarity and the American Political Order: Migration and America By Richard J. Dougherty The issue of migration and immigration has been a subject of much discussion – and some heat – for many decades in the United States, but came forcefully to the forefront of political debate again following the presidential election of 2016. A significant plank of candidate Donald Trump’s election campaign was the enforcement of American immigration laws, including especially the building of a border wall with Mexico and addressing a decades-long growth in illegal immigration1. The aftermath of the first two years of the Trump Administration’s efforts at addressing immigration, including both the 2017 travel ban and the 2018 border enforcement struggle led to much tension between and among Catholics, including Catholic bishops2. Many Catholic opponents of the Administration’s immigration policy relied in part on their understanding of the Church’s teaching in this area, in particular the conception of the principle of solidarity. This essay will address the presentation of the principle of solidarity as laid out in foundational texts in the tradition of Catholic social doctrine, including especially papal encyclicals, the Catechism of the Catholic Church3, and the Compendium of the Social Doctrine of the Church4. We will then turn our attention to the way in which American law and policy has treated the question of migration or immigration over time, focusing in part on more recent developments in America that have brought the issue of migration and immigration to center stage. I. The Church’s Teaching on Solidarity Surprisingly, the principle of solidarity has not received anywhere near the amount of attention given to what is often considered its sibling characteristic, the principle of subsidiarity. Examination of many important discussions of the principles of Catholic social doctrine throughout the twentieth century suggest that focus 1 See, for example, David D. Sussman, Immigration, Trump, and Agenda-Setting in the 2016 Election, The Fletcher Forum of World Affairs, 41 (2017), pp. 75 – 98. 2 See Michelle Boorstein, Catholic bishops call Trump’s asylum rules ‘immoral,’ with one suggesting ‘canonical penalties’ for those involved, in: Washington Post, June 13, 2018. 3 Catechism of the Catholic Church, 2nd ed., New York, 1997. 4 Pontifical Council for Justice and Peace, Compendium of the Social Doctrine of the Church, Washington DC 2004.

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has been given to the concept of solidarity only relatively recently. That is not to say that the principle itself is new, or that there was no consideration of the idea before recent times, but the singular focus on fleshing out the meaning and significance of the idea is something of recent vintage. For example, there is no reference to the principle of solidarity in the index to documents of the Second Vatican Council5; there is no mention of it in a number of works devoted to papal encyclicals over the past century; and even in a number of works devoted to reflections on the public life of Catholics there is little to no mention of solidarity6. The relative neglect of solidarity, at least in the American context, may in a peculiar way be attributed in part to the connection between the Solidarity union movement in Poland and anti-communism. Many thought of solidarity in terms of its political or social manifestation in the struggle against communism, in particular as embodied in Poland7. That does not suggest that people did not take solidarity seriously, only that the tendency was to think of it as a political or economic movement important in its own right, not primarily as linked to a key element of Catholic social doctrine8. Further, when solidarity was a public topic in the United States, it was often connected with political and social movements in Latin America, and often seen to be not especially connected to Catholic theological issues but instead to advocacy of social changes. Pope John Paul II, not surprisingly, discusses the principle of solidarity at some length in his 1987 encyclical Sollicitudo Rei Socialis9. There, commemorating the twentieth anniversary of Pope Paul VI’s Populorum Progressio10, John Paul summarizes the significance of the principle of solidarity in this way: solidarity “is not a feeling of vague compassion or shallow distress at the misfortunes of so many people, both near and far. On the contrary, it is a firm and persevering determination to commit oneself to the common good; that is to say to the good of all and of each individual, because we are all really responsible for all.”11 While John Paul relies here on Paul VI’s teaching, the articulation of the principle of solidarity extends back much further in the encyclical tradition, at least back to Pope Leo XIII and Rerum Novarum, Indeed, one might suggest that the principle arguably goes back to the ul5 See Roger Charles, The Social Teaching of Vatican II: Its Origin and Development, San Francisco 1982, which also contains no reference to solidarity in the index. 6 A UK Catholic Social Teaching website notes the relative novelty of the term itself, in its failure “to sprout adjectival or adverbial wings”. See www.catholicsocialteaching.org.uk/the mes/solidarity/resources/origins-concept-solidarity (consulted: 2 January 2020). 7 I speak as someone proudly noting that I have had an article on property published in Polish: Richard J. Dougherty, Katolicyzm i ekonomia: Augustyn i Tomasz z Akwinu o posiadaniu dóbr, Pienia˛dze i Wie˛ z´ 22 (2004). 8 To be sure, the leaders of the Solidarnos´c´ movement saw their cause as tied up with Catholic teaching, certainly at least in the oppostion to atheistic communism. 9 John Paul II, Encyclical Sollicitudo rei socialis, 30 December 1987. 10 Paul VI, Encyclical Populorum Progressio, 26 March 1967. 11 John Paul II (Fn. 10), no 38.

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timate source of the tradition of Catholic social doctrine, the Bible and the life of Christ12. Perhaps the best place to begin getting an orientation on the development of the principle of solidarity is with the first explicit papal use of the term, found in Pope Pius XII’s 1939 encyclical, Summi Pontificatus13. Pope Pius’s employment of the term has been attributed to his time spent in Bavaria, and his familiarity with the work of both Heinrich Pesch and Oswald von Nell-Breuning14. Pesch particularly had applied the principle of solidarity to social and economic questions, in his multi-volume Lehrbuch der Nationalökonomie15. In Summi Pontificatus Pope Pius calls attention to the dangers found in the rejection of religious teaching, and the resultant negative consequences for society: Among the many errors which derive from the poisoned source of religious and moral agnosticism … two in particular … render almost impossible or at least precarious and uncertain, the peaceful intercourse of peoples. The first of these pernicious errors, widespread today, is the forgetfulness of that law of human solidarity and charity which is dictated and imposed by our common origin and by the equality of rational nature in all men … and by the redeeming Sacrifice offered by Jesus Christ on the Altar of the Cross to His Heavenly Father on behalf of sinful mankind16.

Pope Pius focuses here on the unity of the human race, in particular as that unity is grounded in a common origin and the salvific sacrifice of Christ17. The concern for “human solidarity” is explicitly connected, as it is in earlier passages in the encyclical, with charity and the common bond of the human family18. The Catechism of the Catholic Church describes solidarity as including the concepts of friendship or “social charity”, and indicates that it is “manifested in the first place by the distribution of goods and remuneration for work”19. Though it is not de12 One can see this in the very text that populates the encyclical tradition, replete as they commonly are with scriptural references. 13 Pius XII, Encyclical Summi Pontificatus, 20 October 1939. 14 Gerald J. Beyer, The Meaning of Solidarity in Catholic Social Teaching, in: Political Theology 15 (2014), p. 7 (13). 15 On the influence of Pesch, see Rupert J. Ederer, Heinrich Pesch, Solidarity, and Social Encyclicals, in: Review of Social Economy 49 (1991), pp. 596 – 610. Ederer translated and published Pesch’s work in 10 volumes in 2000 – 2002. Beyer cites Anton Rauscher, noting that it was Pesch who introduced the term “factual solidarity”; Beyer (Fn. 15), p. 9, referencing Anton Rauscher, Zródla idei solidarnos´ci, in: Wladyslaw Zuziak (ed.), Idea solidarnos´ci dzisiaj, Krakow 2001, pp. 18 – 25. 16 Pius XII (Fn. 13), no. 34 – 35. 17 It is worth considering here that Pius XII notes the connection between the rejection of natural law and Catholic teaching and what he calls the “poisoned source of religious and moral agnosticism.” Similar comments can be found throughout the encyclical tradition; see for example, Leo XIII, Encyclical Immortale Dei, 1 November 1885, no. 23 ff. 18 See, for example, Pius XII (Fn. 13), no. 11 – 12 & 15. 19 Catechism (Fn. 3), no. 1939 – 1940.

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veloped here, the reference to the distribution of goods seems to refer to the established principle in Catholic social doctrine of the right to acquire and hold property, connected as that is to the legitimate claim to be compensated for one’s work20. The Catechism importantly notes that the solution to socio-economic problems requires solidarity, understood not simply as class unity or class consciousness, but a transcendence of partiality – for example, between employers and employees and between nations21. Solidarity’s kinship with the principle of subsidiarity is noted in numerous documents and letters, as they are often mentioned together, but perhaps the clearest statement of the distinction between the two can be found in Pope Benedict XVI’s 2009 encyclical, Caritas in Veritate: “The principle of subsidiarity must remain closely linked to the principle of solidarity and vice versa, since the former without the latter gives way to social privatism, while the latter without the former gives way to paternalist social assistance that is demeaning to those in need.”22 In the absence of its connection with solidarity, Benedict suggests, subsidiarity can deteriorate into a category of simple anti-statism or anti-corporatism, and neglect the rationale for subsidiarity itself, which is in large part the development of individual virtue in cooperation with others. At the same time, solidarity must be linked with the development of virtue, and not consist in replacing responsibility for one’s flourishing, or even sustenance, in the hands of some third party, including the state itself. As Benedict puts it: “solidarity is first and foremost a sense of responsibility on the part of everyone with regard to everyone, and it cannot therefore be merely delegated to the State. While in the past it was possible to argue that justice had to come first and gratuitousness could follow afterwards, as a complement, today it is clear that without gratuitousness, there can be no justice in the first place.”23 This important connection between justice and solidarity, one might say between justice and charity, is seen in the way that Pope Benedict addresses the goals of economic life (echoing, in one sense, the account of acquisition one finds in Aristotle’s Politics24): “charity in truth, in this case, requires that shape and structure be given to those types of economic initiative which, without rejecting profit, aim at a higher goal than the mere logic of the exchange of equivalents, of profit as an end in itself.”25 20

This seems to be confirmed by the analysis in the Compendium (Fn. 4), no. 282 – 283, which discusses private ownership of property and its relationship to labor and the common good: labor on the part of acquisition and the common good as the destiny of property. 21 Catechism (Fn. 3), no. 1941. 22 Benedict XVI, Encyclical Caritas in Veritate, 29 June 2009, no. 58. 23 Ibid., no. 38. 24 See for example, the discussion in Aristotle, Politics, Book I, Chs. 8 – 9, on acquisition: there is no limit to the act of acquiring, so it must be governed by some other art, which is household management. I thank John Hittinger for noting that there is a natural limit to acquisition in Aristotle, as for Aristotle there is a natural limit to every human action. 25 Benedict XVI (Fn. 23), no. 38.

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Somewhat strikingly, Benedict concludes his analysis by returning to the fundamental principle that stands behind the teaching on solidarity, its connection to the development of virtue and friendship with God: “The greatest service to development, then, is a Christian humanism that enkindles charity and takes its lead from truth, accepting both as a lasting gift from God. Openness to God makes us open towards our brothers and sisters and towards an understanding of life as a joyful task to be accomplished in a Spirit of Solidarity.”26 One cannot help but notice the connection Pope Benedict again emphasizes between charity and truth, including the recognition of the dependence of both upon a providential God27. As we turn to reflect on the American political order, it may be useful to consider how the relationship between the social and economic sphere and moral and religious matters was seen early on in the development of the understanding of solidarity. James Cardinal Gibbons, writing in 1919 in the “Pastoral Letter” of the American hierarchy, makes the following point, reflecting on the teaching of Pope Leo XIII and then Pope Benedict XV: “‘It is the opinion of some,’ says Pope Leo XIII, ‘and the error is already very common, that the social question is merely an economic one, whereas in point of fact, it is first of all a moral and religious matter, and for that reason its settlement is to be sought mainly in the moral law and the pronouncements of religion.’[28] These words are as pertinent and their teaching as necessary today as they were nineteen years ago. Their meaning, substantially, has been reaffirmed by Pope Benedict XV in his recent statement that ‘without justice and charity there will be no social progress.’ The fact that men are striving for what they consider to be their rights puts their dispute on a moral basis; and wherever justice may lie, whichever of the opposing claims may have the better foundation, it is justice that all demand.”29

As Gibbons notes, justice itself is a moral virtue, and thus the fulfillment of its demands requires moral judgment and prudential action, and that judgment cannot be properly made in the absence of the fundamental orientation toward charity. True social progress, Gibbons is noting, following the papal lead, cannot be achieved in the absence of justice, and justice has a substantial meaning and content30. 26 Ibid., no. 78. The reference to Christian humanism includes a citation from Paul VI (Fn. 11), no. 42. 27 As this discussion began with a reference to Paul VI’s Populorum Progressio, it is worth noting how Benedict’s Caritas in Veritate both praises the encyclical and, at the same time, appears to provide a corrective of some of its approach and content. Benedict notes, for example, that a fuller understanding of Populorum Progressio requires reading it in conjunction with Paul VI’s own Humanae Vitae (1968) and Evangelii Nuntiandi (1975). Benedict also notes the potential globalization dangers that might emerge from international bureaucracies (no. 47) and syncretism (no. 55). 28 Internal reference here is to Leo XIII, Apostolic Letter Graves de communi, 1901. 29 James Gibbons, The Hierarchy of the United States Pastoral Letter of 1919, September 26, 1919. 30 I develop this point at greater length in Richard J. Dougherty, Justice, Charity, and the Political Order: Assessing the Encyclical Tradition, in: Martin Schlag/Juan Andrés Mercado

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In our consideration of the question of immigration and migration in the American context, it is worth noting that in the texts we have cited above there is little or nothing said about the relationship between solidarity and freedom of movement across international borders. The Catechism, for example, says very little about immigration or migration at all. Indeed, more importantly, the early discussions of solidarity in papal documents focus not on social issues but on the unity of believers in and through the person of Christ. The importance of that fact suggests that the application of the principle of solidarity is going to be largely left to the realm of prudential judgment, but we can see briefly how the application emerges. Pope John XXIII’s Pacem in Terris, issued in 1963, addresses the question of migration squarely: “And among man’s personal rights we must include his right to enter a country in which he hopes to be able to provide more fittingly for himself and his dependents.” Though states have a duty to accommodate such migrants, the document does not establish an unqualified right to migrate, as there is due recognition of the judgment that states might make about their capacity to bear such migration: “It is therefore the duty of State officials to accept such immigrants and – so far as the good of their own community, rightly understood, permits – to further the aims of those who may wish to become members of a new society.”31 What constitutes the acceptable criteria that states might use, though? In a document issued by the Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People, Fr. Michael Blume has argued that there are three criteria that states must be guided by when they consider restrictions on migration: that they discover the real truth about the circumstances of the migrants; that they not be guided simply by self-interest (such as maintaining an elevated or exploitative standard of living); and that they take seriously the universal destination of goods32. These teachings on migration trace their origins to a variety of earlier papal messages, for example for the World Day of Migrants and Refugees (traced back to 1914), but the connection between migration and solidarity has really emerged in a significant manner over the past half century or so. Of particular importance in that development is Pope Pius XII’s 1952 Apostolic Constitution Exsul Familia Nazarathana, which is updated by Pope Paul VI in his 1969 Apostolic Letter, Pastoralis Migratorum Cura33. The Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People and the Pontifical Council “Cor Unum” published a notable treat-

(eds.), Free Markets with Solidarity and Sustainability: Facing the Challenge, Washington DC 2016, pp. 135 – 154. 31 John XXIII, Encyclical Pacem in Terris, 11 April 1963, no. 106. 32 Michael A. Blume, Migration and the Social Doctrine of the Church, December, 2002. 33 A helpful collection of passages from Church documents on immigration, put together by the Catholic Legal Immigration Network, can be found at: www.archindy.org/psm/docu ments/Modern-Catholic-Social-Teaching-on-Immigration-Notable-Quotes.pdf (consulted: 2 January 2020).

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ment of the issue in 1992, titled “Refugees: A Challenge to Solidarity”34. Significant statements by the American bishops touching on the question of migration can be found in the USCCB’s 2003 “Strangers no Longer Together on the Journey of Hope”, and in a host of statements made concerning proposals for immigration reform35. II. Migration and Immigration in American Law Knowledge of American immigration law and policy is often greater among immigrants and potential immigrants for the same reason that American criminal law is best known among criminals, and American constitutional principles are often better known among naturalized citizens than natural-born citizens. Those who are affected or potentially affected by such laws have more incentive to familiarize themselves with the law. Immigration in America was generally left untouched by law for quite some time. Many during the colonial period and through the better half of the nineteenth century took for granted the idea of a routine increase in the American population, an increase that would certainly be significantly augmented by new immigrant populations36. That is not to say that immigration was always uncontroversial, or that the inclusion of new populations was always welcome. Indeed, one of the arguments raised against the Louisiana Purchase in 1803 was that the newly-acquired territories were populated by a whole host of ethnicities and nationalities that would have to be somehow incorporated into the American ethos37. By the time of the American Civil War there were more critical voices raised concerning immigration, largely focused on Asian immigration. Some states began to place restrictive policies on the immigration process (such as requiring a health or safety requirement, sometimes related to the capacity to work), but such laws were routinely challenged in court. In 1875 the Supreme Court ruled that control

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The document was updated in 2013 and retitled Welcoming Christ in Refugees and Displaced Persons, www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/corunum/documents/rc_ pc_corunum_doc_25061992_refugees_en.html (consulted: 2 January 2020). 35 The collection of documents from the USCCB on immigration can be found at www. usccb.org/issues-and-action/human-life-and-dignity/immigration/index.cfm (consulted: 2 January 2020). 36 At the American founding the presumption among most was that the population would continue to increase with each coming census; see for example, Federalist Papers, #55. 37 See for example, the comments by Fisher Ames on the collection of peoples incorporated into the United States as a result of the purchase: “as to principles, the otters would as soon obey and give them effect, as the Gallo-Hispano-Indian omnium gatherum of savages and adventurers, whose pure morals are expected to sustain and glorify our republic” (Letter to Thomas Dwight, October 31, 1803, emphasis in original, in: William B. Allen [ed.], Works of Fisher Ames, Indianapolis, II: pp. 1468 – 1469).

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over immigration is a national issue, and thus states were more limited in the restrictions they could place on immigration38. There is, in fact, a legitimate question as to whether the original Constitution gives such power to the general government. There is no specific reference to such a power, for instance, in the United States Constitution; but one may argue that in the absence of such a centralized power individual outlier states might possess incalculable control over questions of immigration into all states, given the “Full Faith and Credit” clause of Article IV, Section 1 of the Constitution39. Congress is clearly empowered by Article I, Section 8 of the Constitution to “establish an uniform Rule of Naturalization”, but that does not necessarily extend to regulating all forms of immigration40. Still, since 1875 that question has been treated as settled by law. In 1882 Congress passed an Immigration Act, the first significant exercise of national power over immigration, and in the same year passed the Chinese Exclusion Act, which effectively curtailed Chinese immigration for decades, and led to the deportation of many resident Chinese nationals. The following decades saw a series of similar acts, many of them directed at restricting Chinese immigration. During and after both world wars in the twentieth century, much suspicion of foreigners and immigrants can be found reflected in similar regulations, with the result being a significant reduction in immigration numbers, as can be seen in the discussion below. One especially important development here was the introduction of a quota system for legal immigration. A 1924 act included a quota equal to two per cent of the nationality of foreign-born population, but the base figure to be used was taken from the 1890 census. This was thought by many to be intentionally restrictive on immigrants from southern and eastern Europe, many of whom had arrived after the 1890 census41. In 1952 Congress passed the Immigration and Nationality Act42, which attempted to streamline immigration policy. This is by and large the Act that still governs American immigration law, and it is on the basis of this law that most enforcement policies

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See Chy Lung v. Freeman, 92 U.S. 275 (1876). Some more limited regulatory powers were left with the states. 39 United States Constitution, Article IV, Section 1: “Full Faith and Credit shall be given in each State to the public Acts, Records, and judicial Proceedings of every other State”. 40 Indeed, in 1790 the first Congress passed a Naturalization Act, establishing the rules for naturalization. Among the rules was the provision that all minor children of a naturalized citizen would be naturalized as well. 41 See for example, Peter Shrag, Not Fit for Our Society: Immigration and Nativism in American Society, Berkeley 2010. Shrag suggests that the development of extensive social programs in the New Deal and Great Society may, ironically, contribute to the contemporary fear of increased immigration (pp. 14 – 15). 42 The McCarren-Walter Act (183 Stat 66).

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have been made, as it grants significant authority to the President on how to implement the very general standards established by Congress43. In 1986 the passage of the Immigration Reform and Control Act (IRCA) was thought by many to have dealt with the question of immigration for the foreseeable future44. In a compromise measure, the law at one and the same time sought to strengthen border control and safety and bring into the legal system 2.7 million immigrants who had entered or remained in the country unlawfully45. The law offered some increased protection for those who sought to become citizens and others who were seeking permanent legal residence in the United States (but not citizenship). The creation of the Department of Homeland Security after the September, 2001, attacks on the United States led to a disbanding of the older Immigration and Naturalization Service, and the creation of three new federal agencies operating under the Department. The three agencies are the Customs and Border Protection (CBP), the Immigration and Customs Enforcement (ICE), and the United States Citizenship and Immigration Services (USCIS). The impetus behind restructuring the INS was to separate the different, and sometimes competing functions that it was called upon to undertake. The CBP focuses on prevention, in particular the interdiction of drugs and terrorists. ICE enforces the laws governing border control, customs, and immigration, and USCIS oversees lawful immigration and naturalization processes46. In 2018 the United States Supreme Court upheld the “travel ban” that was put in place by the Trump Administration in September of 2017 (the third travel ban the Administration put forth)47. The Court, in the case of Trump v. Hawaii48, held that the President is well within his statutory authority to introduce the ban, which limited entrance of travelers from a series of countries which the Administration identified as having insufficient vetting procedures. In the view of the Court, the binding Congressional statute “grants the President broad discretion to suspend the entry of aliens into the United States. The President lawfully exercised that discretion based on his find43

This is the law that was at stake in the recent Supreme Court decision on the President Trump “travel ban,” and the law at the heart of a host of additional important Court rulings, such as Immigration and Naturalization Service v. Chadha, 462 U.S. 919 (1983). 44 See for example, Robert Pear, President Signs Landmark Bill on Immigration, New York Times, November 7, 1986. 45 See for example, the materials collected at the Center for Immigration Studies website (https://cis.org/IRCA-1986). 46 Information available at the USCIS website: www.uscis.gov/history-and-genealogy/ourhistory/agency-history/post-911 (consulted: 2 January 2020). 47 Proclamation no. 9645, Enhancing Vetting Capabilities and Processes for Detecting Attempted Entry Into the United States by Terrorists or Other Public-Safety Threats, September 24, 2017. The ban placed a variety of different travel restrictions on people exiting the countries of North Korea, Syria, Iran, Yemen, Libya, Somalia and Venezuela. Since the first travel ban was introduced in January 2017, three countries have been removed from the list – Chad, Iraq, and Sudan. 48 Trump v. Hawaii, 585 U.S. ___ (2018). The opinion was handed down on June 26, 2018.

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ings … that entry of the covered aliens would be detrimental to the national interest”49. The Court also notes that numerous elements of the ban testify to its reasonableness, including the availability of waivers and the fact that countries can be removed from the list upon review of their security measures50. That Court ruling was handed down at precisely the time the Administration was dealing with a different immigration crisis, this one precipitated by its own policy of separating families taken into custody at the American border. The Administration initially argued that it was simply enforcing the law as passed by Congress, but on June 20, 2018, the President issued a memorandum stopping the practice, or at least altering the manner in which claims were going to be adjudicated51. III. Current State of Immigration in America As was noted above, from the point of view of Catholic social doctrine the approach to addressing the question of migration and immigration must be understood as a prudential one. Beyond ensuring that people are treated humanely, as persons made in the image and likeness of God, Catholic teaching recognizes that states can legitimately be guided by “the good of their own community, rightly understood”, in applying principles such as Solidarity to migration policies52. Making prudential judgements, though, depends upon an assessment of the facts available to policy-makers, and thus a quick examination of the state of American immigration might be helpful. According to the Migration Policy Institute, in 1850, when data was first collected, there were 2.2 million immigrants, about 10 per cent of the country’s population. “Between 1860 and 1920, the immigrant share of the overall population fluctuated between 13 per cent and almost 15 per cent, peaking at 14.8 per cent in 1890.”53 As the result of a variety of factors noted above, including the restrictive immigration laws that were passed and the world wars of the first half of the twentieth century, by 1970 there were only 9 million foreign-born residents, amounting to less than 5 per cent of the US population. By 2010 those numbers had grown to 43 million foreign born res-

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Ibid., Slip opinion, 585 U.S. 10 (2018). Ibid., at pp. 36 – 37. 51 Memorandum available at: www.whitehouse.gov/presidential-actions/affording-congressopportunity-address-family-separation/?utm_source=twitter&utm_medium=social&utm_cam paign=wh (consulted: 2 January 2020). Much has been written about the separation policy, with some claiming that the family separation was a deliberate attempt by the Administration to deter immigrants from crossing the border. See for example, The Cruelty of Breaking up Immigrant Families, Editorial, in: New York Times, May 17, 2018. 52 John XXIII (Fn. 31), no. 106. 53 Migration Policy Institute FAQs, www.migrationpolicy.org/article/frequently-requestedstatistics-immigrants-and-immigration-united-states (consulted: 2 January 2020). 50

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idents, or 13.5 per cent of the total population54. In 2016, 1.49 million foreign-born people moved to the United States. There are over 40 million foreign-born residents in America, which is about 13 per cent of the population according to the 2010 census. Roughly 30 per cent of such residents are from Mexico, but in the late 2000 s that percentage was surpassed on an annual basis by India and China55. In 2016 over 750.000 people became naturalized citizens, bringing the total over the past decade to 7.4 million people56. There are over 21 million naturalized citizens in America. The percentage of foreign-born population that became naturalized citizens was at 64 per cent in 1970, but dropped to 40 per cent by 2000. By far the main countries of origin for immigrants who become naturalized citizens are in Asia – Vietnam, the Philippines, India and China top the list. Immigrants from these countries are also far more likely (ranging from 60 to 100 per cent) to have a high school degree or higher. As one would guess, median incomes for such immigrants are much higher, and they are far more likely to be employed in management, business and science positions rather than in the service industry. None of this, of course, tells us exactly what policies ought to be promoted or pursued by the federal government, but the absence of such information will make prudent action significantly more challenging. Many factors would have to be considered, including at least the needs of persecuted migrants, the economic situation of one’s own workers, the vitality of public assistance programs, and health and safety concerns. All of these questions suggest that there might be a range of reasonable policies that could legitimately be pursued, with justice and charity. IV. Conclusion The term solidarity is first introduced in the Catechism of the Catholic Church in section 344, in the commentary on the reference in the Creed to God as the “Creator of heaven and earth”. After noting the existence and role of angels, the Catechism refers to the existence of the visible world and God’s intentions for creation. Here the hierarchy of creatures is invoked57, but not at the expense of the unity of creation: 54

Ibid. The average age of immigrants is 44 years, compared to 36 years for US-born residents; the difference is largely accounted for by the fact that a large number of immigrant children are actually born in the United States, and thus do not fall in the category of immigrants. 55 These statistics are taken from the United States Census Bureau, following the 2010 census, www.census.gov/newsroom/pdf/cspan_fb_slides.pdf (consulted: 2 January 2020). 56 The figures cited in this paragraph are taken from the United States Citizen and Immigration Services, www.uscis.gov/news/fact-sheets/naturalization-fact-sheet (consulted: 2 January 2020). 57 Catechism (Fn. 3), no. 342. This section recognizes the hierarchy of creatures “expressed by the order of the six days [of creation], from the less perfect to the more perfect”. Reference

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“There is a solidarity among all creatures arising from the fact that all have the same Creator and are all ordered to his glory.”58 The Catechism subsequently cites Pius XII’s Summi Pontificatus on the unity of the human race, noting that “‘this law of human solidarity and charity’, without excluding the rich variety of persons, cultures, and peoples, assures us that all men are truly brethren”59. The Catechism includes also a reflection on the meaning of solidarity in the context of the discussion of the Creed and the Church’s teaching on the communion of the saints. In section 953, under the heading “Communion in charity”, we find the following: “In the sanctorum communio, ‘None of us lives to himself, and none of us dies to himself.’[60] ‘If one member suffers, all suffer together; if one member is honored, all rejoice together. Now you are the body of Christ and individually members of it.’[61] ‘Charity does not insist on its own way.’[62] In this solidarity with all men, living or dead, which is founded on the communion of saints, the least of our acts done in charity redounds to the profit of all. Every sin harms this communion.”63

The critical point being made here is that solidarity, like so many of the other critical principles that serve as the grounding points for Catholic social doctrine, is ultimately in the service of a higher end, and that is the salvation of souls64. Indeed, in this passage the attention to that fundamental truth is acknowledged as the touchstone of the teaching. It is likely for this reason that Pope Leo XIII, in his 1891 encyclical Rerum novarum, in the context of noting the importance of secondary associations within the political order, focuses attention on the brotherhood of man and especially the importance of religious confraternities, societies, and orders – all of which engage in the promotion of human friendship for the ultimate sake of fostering friendship with God65. As we think about the relationship between solidarity and its application to migration, it is imperative to keep that principle in mind66. is also made to Luke 12:6 – 7 and Matthew 12:12 as evidence of the heightened value of human beings. 58 Catechism (Fn. 3), no. 344. 59 Ibid., no. 361. Internal citation is to Pius XII (Fn. 14), no. 3. 60 Romans 14:7. 61 1 Corinthians 12:26 – 27. 62 1 Corinthians 13:5; cf. 10:24 “Let no man seek his own, but that which is another’s”. 63 Catechism (Fn. 3), no. 953. 64 As Meghan J. Clarke puts it, though solidarity “is treated as the fundamental social virtue” in the Compendium, “it is worth noting that this is the proximate end in so far as the ultimate end of solidarity would be the Kingdom of God”. Meghan J. Clarke, Anatomy of a Social Virtue: Solidarity and Corresponding Vices, in: Political Theology 15 (2014), p. 26 (30), note 19. See the summary comment in the Compendium (Fn. 4), no. 196, noting that the “unsurpassed apex of the perspective indicated here is the life of Jesus of Nazareth”. 65 Leo XIII, Encyclical Rerum Novarum, 15 May 1891, no. 49 – 55. 66 A very fine study of the early usage of solidarity in the encyclical tradition and the transformation of it to apply specifically and primarily to political and economic issues can be

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Zusammenfassung Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt in der Darstellung der Genese und Entwicklung des Prinzips der Solidarität in der katholischen Soziallehre sowie in der aktuellen Anwendung des Grundsatzes auf die Frage von Migration und Einwanderung. Der ursprüngliche Zugriff von Solidarität, insbesondere in der Tradition der päpstlichen Sozialenzykliken, nimmt primär die Einheit der Gläubigen in und durch die Person Christi in den Blick. Erst später wird das Solidaritätsprinzip allgemein auf Fragen der sozialen Gerechtigkeit nach heutigem Verständnis angewendet, darunter auch die Problematik der Migration. Am Ende der Ausführungen steht ein Überblick über die Geschichte der Einwanderungspolitik in den Vereinigten Staaten, einschließlich eines kurzen Blicks auf die aktuelle Situation der Einwanderung. Letztlich betrifft die Behandlung des Themas „Migration und Einwanderung“ in hohem Maße die Tugend der politischen Klugheit.

found in Uzochukwu Jude Njoku, Re-thinking Solidarity as a Principle of Catholic Social Teaching: Going Beyond Gaudium et spes and the Social Encyclicals of John Paul II, in: Political Theology 9 (2008), pp. 525 – 544. The conclusions Njoku draws from his perceptive analysis of papal texts – the “going beyond” of the title – are not as convincing.

Hilfspflichten gegenüber Flüchtlingen Anforderungen an die Eintrittsregelung des zur Hilfe verpflichteten Staates sowie Eckpunkte für eine konsistente Flüchtlingspolitik Von Lothar Häberle I. Anmerkungen zur deutschen Flüchtlingskrise 2015/16 Als im Herbst 2015 und Frühjahr 2016 die Flüchtlingszahlen die MillionenMarke zu erreichten drohten, fragten sich viele in Deutschland, ob sie wirklich alle Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak, Afghanistan, Pakistan, dem nördlichen Afrika und dem West-Balkan in Deutschland aufzunehmen hätten. Trotz der beeindruckenden Willkommenskultur fand das „Wir schaffen das!“ der deutschen Kanzlerin auch in Deutschland nicht überall gläubige Zustimmung, noch weniger galt das für das „Durchwinken“ von Flüchtlingen ab dem 5. September 2015. Mehr als fünf Monate hielt der Zustand unkontrollierten Einflutens von Flüchtlingen an, bis letztlich der damalige österreichische Außenminister Sebastian Kurz die Schließung der Balkanroute gegen den Willen der deutschen Bundeskanzlerin durchgesetzt und organisiert hatte1. In diesen Monaten waren neben notleidenden Flüchtlingen auch Wirtschaftsmigranten2 gekommen, darüber hinaus auch, wie heute bekannt, IS-Sympathisanten bis hin zu aktiven IS-Attentätern. Ein Ereignis vor dem legendären SeptemberDatum, also noch aus relativ ruhigen Zeiten, läßt erahnen, was da geschehen ist: Im Juni 2015 vor und während des G 7-Gipfels im oberbayrischen Elmau hatte die Bundespolizei ausnahmsweise bewilligt bekommen, für einige Tage mobile Grenzkontrollen nach Österreich hin einzuführen. Deren Ergebnis: 13.800 Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht, 1.200 Fahndungserfolge, 151 Vollstreckungen offener Haftbefehle und 1.030 Zurückweisungen von international bekannten „Aktivisten“. Die Zahlen sprechen für sich. Der Chef der Bundespolizei kommentierte das lapidar mit: „Wir haben nur einmal kurz das Licht angeknipst“3 – um nicht zu sagen: Wir haben gezeigt, daß die Zustände an den offenen Staatsgrenzen (bei nicht hinrei1 Vgl. Robin Alexander, Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik, München 2018, S. 229 ff., 273 ff. 2 Letztere werden hier nicht behandelt. Zur Differenzierung Christian Hillgruber, Flüchtlingsschutz oder Arbeitsmigration, in: Otto Depenheuer/Christoph Grabenwarter (Hrsg.), Der Staat in der Flüchtlingskrise, Paderborn 2016, S. 185. 3 Alexander (Fn. 1), S. 14. 2

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chend kontrollierten Außengrenzen des „Schengen“-Raums) völlig unhaltbar sind. Das blieben sie, denn im zweimonatigen Zeitraum vom 14. September bis 17. November 2015 hat allein die bayrische Polizei gut 30.000 unerlaubt eingereiste Migranten und 63 Schleuser aufgegriffen4. Durch außerordentlichen Einsatz vieler auf kommunaler und Bezirks-Ebene und tausender Freiwilliger in ganz Deutschland5 konnte diese Flüchtlings-Flut kanalisiert werden, gelang angesichts der zwischendurch chaotischen Zustände die Erstversorgung der Geflohenen doch insgesamt gut. Gleichwohl sank die Akzeptanz der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ab Oktober/November 2015 aufgrund der zunehmend lauter gestellten Frage: Wann und wie werden die rechtlichen Defizite6 beseitigt? Denn selbst wenn man die Lage Anfang September 2015 als „quasi im rechtfertigenden Notstand zu Gunsten einer menschenwürdigen Behandlung von Flüchtlingen“ als notwendig angesehen hätte, wäre damit „allenfalls eine punktuelle, auf wenige Tage beschränkte einstweilige Maßnahme zu rechtfertigen“, aber keine längere „Außerachtlassung des geltenden Rechts“7. Wird unser Gemeinwesen nicht nur vorübergehend, sondern vielleicht sogar dauerhaft aufgrund der Vielzahl von Hilfesuchenden überfordert? Hilfspflichten gegenüber Flüchtlingen kann nur erfüllen, wer selbst über die dazu nötige Kraft und Macht verfügt. Hat er sie verbraucht, kann er nicht mehr helfen. Das alte römische Rechtsprinzip ultra posse nemo obligatur gilt auch heute noch. Hier ist der kritische Punkt des zur Hilfe verpflichteten Staates erreicht, von dem aus sich die Fragen ergeben, die im folgenden behandelt werden sollen: Ist die Hilfspflicht eines Staates unbegrenzt? Welche Bedeutung kommt der Akzeptanz der Bevölkerung eines solchen Staates zu? Welche Grenzen dürfen oder müssen offen sein oder wie soll eine vernünftige Eintrittsregelung in den „Schengen“-Raum und deren Kontrolle aussehen? Wie läßt sich schließlich eine konsistente Flüchtlingspolitik bewerkstelligen? Dabei ist sowohl von der politischen Philosophie als auch vom Staatsrecht, nicht zuletzt in dessen internationalen Bezügen, Hilfestellung zu erwarten.

4 Udo Di Fabio, Migrationskrise als föderales Verfassungsproblem, 2016, S. 19 (Rechtsgutachten im Auftrag des Freistaates Bayern, zugänglich unter: www.bayern.de/wp-content/up loads/2016/01/Gutachten_Bay_DiFabio_formatiert.pdf, Zugriff: 2. Januar 2020). 5 Einzelheiten in Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Engagement in der Flüchtlingshilfe. Ergebnisbericht einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach, 2017, S. 8 (zugänglich unter: www.bmfsfj.de/blob/122010/d35ec9b f4a940ea49283485db4625aaf/engagement-in-der-fluechlingshilfe-data.pdf; Zugriff: 2. Januar 2020). 6 Vgl. nur Di Fabio (Fn. 4), S. 52. 7 Ebd., S. 91 f. Vor diesem Hintergrund beleuchtet Di Fabio auch die Bund-Länder-Beziehungen, die sich durch verschränkte Kompetenzräume und Abhängigkeit der Länder vom Bundesverhalten auszeichnen (vgl. ebd., S. 53 ff., 62).

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II. Die Ordnungsfunktion jeder Staatsgrenze Im Völkerrecht und im Staatsorganisationsrecht besteht der Staat klassisch aus folgenden drei Elementen: Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt. Dabei handelt es sich beim Staatsgebiet um den umgrenzten Teil der Erdoberfläche, auf den sich die Staatsgewalt räumlich erstreckt und begrenzt. Zum Staatsvolk zählen jene Personen, die durch Staatsangehörigkeit dauerhaft mit dem Staat verbunden sind, auf die sich die Staatsgewalt in personeller Hinsicht erstreckt. Flüchtlinge zählen erst einmal nicht dazu: Ihnen kommt zwar ein Menschenrecht auf Auswanderung aus ihrem bisherigen Heimatstaat zu, aber keines auf Einwanderung in einen konkreten, von ihnen erwählten Staat8. „Der Staat hat also die Gebietshoheit und die Personalhoheit. Dies umschließt auch die Kontrolle darüber, wer sich auf dem Staatsgebiet aufhält. Anläßlich der Flüchtlingskrise 2015 war es umstritten, ob die Bundesregierung eine verfassungsrechtliche Pflicht verletzt hatte, eine effektive Kontrolle über die Einreise in das Staatsgebiet auszuüben“9. Historisch hatte sich der Staat über Jahrhunderte hinweg von der Personal- zur Gebietskörperschaft gewandelt. Auch beim modernen Staat stellt das Territorium den primären Anknüpfungspunkt dar, in dem die Staatsgewalt ihre spezifische Tätigkeit entfaltet10. Für jedes Territorium konstitutiv sind die es einfassenden und von den Nachbarn trennenden Grenzen. Denn: „Ohne Grenzen ist hierarchische, geordnete Herrschaft nicht möglich. Die stetige Territorialisierung von Herrschaft bildete daher nicht zuletzt einen wesentlichen Modernisierungsschub, der überhaupt erst die Entstehung von stabilen Gemeinwesen ermöglicht hat“11. In der Diktion des Bundesverfassungsgerichts: „Die Staatsgrenze ist als Hindernis der freien Bewegung nach der allgemeinen Rechtsordnung vorgegeben. Jeder Staat ist berechtigt, den freien Zutritt zu seinem Gebiet zu begrenzen und für Ausländer die Kriterien festzulegen, die zum Zutritt auf das Staatsgebiet berechtigen.“12

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Vgl. Eckart Klein, Rechtliche Klarstellungen zur Flüchtlingskrise, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg., Fn. 2), S. 157 (159 ff.); Marcel Kau, Ein Recht auf Migration? Die Migrationskrise aus der Perspektive des Völkerrechts, in: Arnd Uhle (Hrsg.), Migration und Integration. Die Migrationskrise als Herausforderung des Rechts, Berlin 2017, S. 19 (29 f.). 9 Christoph Degenhart, Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht, Heidelberg 322016, Rn. 3; vgl. auch Bernhard Kempen/Christian Hillgruber, Völkerrecht, München 2007, § 4 Rn. 2 – 12; ausführlicher Josef Isensee, Staat und Verfassung, in: ders./Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (HStR) II, Heidelberg 32004, § 15 Rn. 24, 49 ff.; Florian Becker, Gebiets- und Personalhoheit des Staates, in: HStR XI, Heidelberg 32013, § 230 Rn. 1 ff. 10 Degenhart (Fn. 9), Rn. 6. 11 Klaus Ferdinand Gärditz, Die Ordnungsfunktion der Staatsgrenze, in: Depenheuer/ Grabenwarter (Hrsg., Fn. 2), S. 105 (107). Vgl. auch Wolfgang Graf Vitzthum, Staatsgebiet, in: HStR II (Fn. 9), 3. Aufl. 2004, § 18 Rn. 8. 12 BVerfGE (= Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, amtliche Sammlung) 94, 166 (198 f.).

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In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Staat vom alltäglichen Leben13 wenig, denn Einfamilienhäuser oder Wohnungen mit permanent offenen Türen gibt es nirgendwo. Ein Zufall ist dies nicht. III. Stark kosmopolitische Forderungen nach völlig offenen Staatsgrenzen Warum sollten dann Staatsgrenzen permanent offen und unkontrolliert sein? In der politischen Philosophie werden gelegentlich stark kosmopolitische Forderungen erhoben, die für dauerhaft völlig offene Staatsgrenzen streiten: Obwohl doch eigentlich alle Menschen auf der Welt gleiche Rechte hätten14, erscheine es, als wären die Bürger eines reichen Staates in Europa und Nordamerika in den mit Privilegien versehenen Adelsstand hineingeboren. „So, wie das feudale Geburtsrecht Privilegien verleiht, so gewähren die gegenwärtigen sozialen Strukturen nicht nur Vorteile auf Grundlage der Geburt, sondern zementieren diese Vorteile auch durch rechtliche Beschränkungen der Mobilität.“15 Joseph Carens hält weder diese Vorteile noch die 13 Ein eindringliches Alltagsbeispiel in Julian Nida-Rümelin, Über Grenzen denken. Eine Ethik der Migration, Hamburg 2017, S. 157 ff. 14 Kern des (moralischen) starken Kosmopolitismus ist die „Überzeugung vom gleichen Wert aller menschlichen Wesen“, so David Miller (Fremde in unserer Mitte. Politische Philosophie der Einwanderung, Frankfurt 2017, S. 40). Wie weit trägt diese allgemeine Äußerung, die erst einmal ja nur Diskriminierung ausschließt? „Der stärksten Interpretation zufolge“ besagt dieser Kosmopolitismus, daß „die grundlegenden Pflichten, die wir unseren Mitmenschen gegenüber haben, stets die gleichen sind, ganz unabhängig von der Beziehung, in der wir zu ihnen stehen. (…) Jede Form von Parteilichkeit, wozu natürlich auch eine besondere Sorge um die eigenen Landsleute gehört, verstößt dieser Lesart zufolge gegen den kosmopolitischen Grundsatz des gleichen moralischen Werts.“ Mehr noch: Diese Version des Kosmopolitismus schließt auch aus, Familienmitgliedern, Freunden und Kollegen mehr Zeit und Mittel zukommen zu lassen als anderen Menschen (ebd., S. 41). Diese Position ist nicht plausibel, ihr fehlt die anthropologische Grundlage, denn jeder Mensch unterscheidet aus vielen guten Gründen zwischen Familie, Freunden und Fremden, also entsprechend der unterschiedlichen „Nähe“. Eine schwache Version des Kosmopolitismus hingegen berücksichtigt Fremde nur, wenn sie in Not (mithin ihre Menschenrechte akut gefährdet) sind. Er sinkt „zu einem allgemeinen Humanitarismus herab, der abgesehen von verabscheuungswürdigen Ideologien, die manche menschlichen Leben als wertlos erachten“, keine differenzierten Kriterien gibt „über unsere Pflichten gegenüber den Menschen außerhalb unserer eigenen Gemeinschaft“ (ebd., S. 43). Die Schwächen beider Versionen lassen nach einer mittleren Version des Kosmopolitismus suchen – siehe dazu ebd., S. 44 ff. sowie hier unter V., hier gemäßigt kosmopolitistisch genannt, weil sie nur begrenzt diesen Ausführungen Millers folgt. 15 Joseph H. Carens, Ein Plädoyer für offene Grenzen, in: Frank Dietrich (Hrsg.), Ethik der Migration. Philosophische Schlüsseltexte, Frankfurt 2017, S. 166 (168). Vgl. auch dens., Fremde und Bürger. Weshalb Grenzen offen sein sollten, in: Andreas Cassee/Anna Goppel (Hrsg.), Migration und Ethik, Münster 22014, S. 23. Neben Carens vertreten kosmopolitische Positionen – die im einzelnen in Argumentation und Nachdrücklichkeit der Position unterschiedlich ausfallen, was näher zu entfalten hier unterbleiben muß – u. a. auch Peter Singer, Die drinnen und die draußen, S. 60, Arash Abizadeh, Demokratietheoretische Argumente gegen die staatliche Grenzhoheit, S. 98, Sarah Fine, Assoziationsfreiheit ist nicht die Lösung, S. 148 (alle im vorgenannten, von Dietrich hrsg. Sammelband); ferner Andreas Cassee, Das

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Mobilitätsbeschränkung für gerechtfertigt, sondern versteht grenzüberschreitende Freizügigkeit – mithin offene Grenzen – als ein grundlegendes Menschenrecht, weil sie „eine bedeutende menschliche Freiheit darstellt“16. Könnten nicht alle in einem bestimmten Staat aufgenommen werden, sollten die Armen – hier wäre hinzuzufügen: und die Flüchtlinge – prioritär behandelt werden. Er selbst räumt ein, daß „viele grundlegende Rechte (…) nur dann vollständig geachtet werden können, wenn die meisten Menschen nicht danach trachten, zur selben Zeit von ihnen Gebrauch zu machen“17, denn nicht alle können etwas Bestimmtes zur selben Zeit tun, etwa in ein und denselben Staat einwandern, ohne dadurch diesen zu überfordern. Damit jedoch ist die theoretisch glatte Konzeption – gleiche Menschenwürde überall, gleiche Menschenrechte überall, vollständige Freizügigkeit bei offenen Grenzen überall – durch die Hintertür von der Lebenswirklichkeit wieder eingeholt worden. Denn den Armen und Flüchtlingen Priorität einzuräumen bedeutet, daß an irgendwelchen Grenzen kontrolliert werden muß, ob es sich bei den ankommenden Flüchtlingen wirklich um derartig Arme und Flüchtlinge handelt, daß ihnen und nicht anderen Priorität eingeräumt zu werden hat. Ohne Kontrollen, ggf. sogar Zurückweisungen, geht das in der Praxis nicht. Ungleichheiten im internationalen Maßstab lassen sich mit dem Mittel offener Grenzen nur zu sehr hohen Kosten18 verringern oder eindämmen (sicher nicht ganz beseitigen). Besonders ausgeprägt sind Ungleichheiten bei den Notleidendsten von allen, bei den Flüchtlingen, hier definiert als „Migranten, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen“19 (aufgrund von persönlicher Verfolgung, Krieg, Bürgerkrieg, Bandenkrieg, Vertreibung wie nach dem Zweiten Weltkrieg etc.). Danach kommen dann erst die Armutsmigranten, am Ende der Skala Wirtschaftsmigranten. IV. Bilanzen der von Flucht betroffenen Gruppen Ein Blick auf die Bilanzen der von jeder Flucht betroffenen Gruppen verdeutlicht deren Kosten und „Nutzen“: zuerst für die Flüchtlinge selbst, dann für die in deren Heimatländern Zurückgelassenen und zuletzt für die Menschen im Aufnahmeland.

Recht zu bleiben, in: ders./Goppel (Hrsg.), Migration und Ethik, S. 211, ders., Globale Bewegungsfreiheit. Ein philosophisches Plädoyer für offene Grenzen, Frankfurt 2016, Seyla Benhabib, Kosmopolitismus ohne Illusionen, Frankfurt 2016, S. 123 ff. 16 Carens (Fn. 15), S. 166 (208). 17 Ebd., S. 166 (209). 18 „Kosten“ ist hier im weiten Sinne zu verstehen, also unter Einschluß familiärer, sozialer, kultureller Nachteile, die durch eine Migration entstehen (können). 19 Nida-Rümelin (Fn. 13), S. 96 (Hervorhebung durch den Verf.). Zur Genfer Flüchtlingskonvention s. nur Stefan Luft, Die Flüchtlingskrise. Ursachen, Konflikte, Folgen, München 2016, S. 21 f.

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1. Flüchtlinge: Kosten- und „Nutzen“-Bilanz a) Als Flüchtlinge nach Europa kommen nur Menschen infrage, die physisch überhaupt in der Lage sind, eine anstrengende und gefahrvolle Fluchtroute durchstehen zu können. Für alle anderen ist eine Flucht aus dem Mittleren Osten oder (Nord-)Afrika gar nicht möglich. Zudem müssen Flüchtlinge über die notwendigen Finanzmittel verfügen, um Schlepper o. ä. bezahlen zu können20. Damit handelt es sich bei Flüchtlingen meist um eher jüngere sowie risikofreudige Menschen mit unternehmerischem Elan. In ihrem Aufnahmeland unmittelbar nach ihrer Ankunft sind die Sozialkosten für die Flüchtlinge aufgrund ihrer Unterbringung in Asylunterkünften (Gemeinschaftsschlafsäle für 50 oder mehr Personen, etc.) bei anfänglichem Arbeitsverbot und der Unsicherheit über das Asylverfahren hoch. Zudem müssen sie bei Null beginnen: meist ohne ihre Familie, sicher ohne Freunde und ihr bisheriges soziales Umfeld; sie müssen die neue Sprache erlernen, sich kulturell und in einem anderen Rechtssystem einfinden (ggf. unterstützt durch Integrationskurse), etc. Auch das bedeutet, daß die Kosten für diese Menschen hoch sind. b) Der „Nutzen“ für echte Flüchtlinge selbst besteht zuerst einmal darin, Schutz gefunden zu haben und der Not in Form persönlicher Verfolgung oder Bürgerkrieg etc. entkommen zu sein. Da echte Not gewendet wurde, war die Flucht not-wendig im engsten Sinne. Das hätten die Flüchtlinge 2015 in vielen anderen Ländern auch erlangt haben können, aber warum wollten so viele gerade nach Deutschland? Im Konkreten mögen 2015 dafür ausschlaggebend gewesen sein die im internationalen Vergleich hohen Sozialleistungen, auf die in Deutschland auch Flüchtlinge ein Anrecht haben21, die gute Arbeitsplatz- und Wirtschaftssituation22, ab September dann die unkontrollierten Grenzen vieler „Schengen“-Staaten (incl. Deutschland) sowie wohl auch die „Willkommenskultur“. Es gab (und gibt) also erhebliche „Pull-Faktoren“, die 2015/16 Flüchtlinge gezielt nach Deutschland gezogen haben. c) Die Gesamtbilanz für die Flüchtlinge selbst verdeutlicht einerseits die hohen Kosten, denen auf der anderen Bilanzseite neben dem notwendigen Überleben einige Deutschland-spezifische Anziehungspunkte, die es in anderen Ländern zu 20

Vgl. Luft (Fn. 19), S. 15. Sie werden grundsätzlich territorial nach Einwohnerstatus, nicht nach Staatsangehörigkeit gewährt und sollen das Existenzminimum abdecken, dazu Gärditz (Fn. 11), S. 105 (112), vgl. auch BVerfGE 111, 160; 111, 176 (185 f.); 132, 144; sowie Wolfgang Rüfner, Daseinsvorsorge und soziale Sicherheit, in: HStR IV, Heidelberg 32006, § 96 Rn. 124 ff., 131 ff. 22 Zudem besteht derzeit die Chance auf einen „Spurwechsel“ vom Asylsystem ins System der Erwerbs- bzw. Wirtschaftsmigration, denn für (vorerst) geduldete Asylbewerber existiert die Möglichkeit, selbst bei rechtskräftig abgelehntem Asylantrag einen unbefristeten Aufenthaltstitel zu erlangen. Ende 2017 gelang das mehr als 250.000 Menschen in Deutschland, s. den Artikel „Spurwechsel“ für Asylbewerber gibt es längst, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 18. August 2018, S. 18. 21

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diesem Zeitpunkt so nicht gab, gegenüber stehen. Für Flüchtlinge in Deutschland erscheinen beide Bilanzseiten einigermaßen ausgeglichen; ob das in anderen Staaten auch so gilt, hängt ab von der Größe der Lebensgefahr, der die Person durch Flucht entkommen ist, denn die Deutschland-spezifischen Sonderfaktoren entfallen ja dort. 2. Bilanz für die in den Heimatländern Zurückgebliebenen a) Da als Flüchtlinge nur solche Personen infrage kommen, die hinreichend risikofreudig und vor allem physisch stark genug sind für die anstrengende Flucht, fehlen sie in ihrem Heimatland. Sollten sie darüber hinaus dort, auf einem der wenigen Studienplätze in diesen Ländern, ein Studium absolviert haben, ist der Verlust besonders schmerzlich, dementsprechend sind die sozialen, aber auch die wirtschaftlichen Kosten für die Zurückgebliebenen hoch. Denn gerade diese Menschen wären für den Aufbau oder Wiederaufbau ihres Herkunftslandes in Zukunft wichtig (was einen zumindest vorübergehenden Brain-Drain in ihren Herkunftsländern bewirkt23). b) Der „Nutzen“ für die Zurückgebliebenen ist darin zu sehen, daß der Flüchtling jetzt erst einmal sein Leben gerettet und dadurch die Chance auf spätere Rückkehr und somit Hilfe beim Aufbau oder Wiederaufbau seiner Heimat bewahrt hat. Das aber setzt zwingend die Rückkehr der Flüchtlinge nach Fortfall der Schutzgründe voraus. c) Die Gesamtbilanz erscheint eher negativ. 3. Die Bevölkerung im Aufnahmeland: Kosten- und „Nutzen“-Bilanz a) Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kosten im Zielstaat sind sehr heterogen. Wie die Menschen im Aufnahmeland auf die Flüchtlinge reagieren werden, hängt nicht zuletzt von deren Zahl und deren Anteil an der Bevölkerung des neuen Landes ab. Neben den logistischen Schwierigkeiten, die entstehen, wenn eine große Flüchtlingszahl in kurzer Zeit kommt – die deutsche Flüchtlingskrise 2015/16 hat das deutlich vor Augen geführt –, kann ein hoher Bevölkerungsanteil von eingeströmten Flüchtlingen als einschneidendes Ereignis von der bisherigen Landesbevölkerung wahrgenommen werden, was bei Teilen von ihnen zu Abwehrreaktionen führt. Diese dürfte umso heftiger und nachhaltiger sein, je weniger das religiöse und kulturelle Profil der Flüchtlinge dem der bisherigen Bevölkerung des Aufnahmelandes entspricht. Kamen aufgrund der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem deutsche Flüchtlinge christlichen Bekenntnisses, waren es 2015/16 vor 23 S. hierzu verschiedene Aspekte bei Gilian Brock, Brain-Drain – welche Verantwortung tragen Emigranten?, in: Dietrich (Hrsg., Fn. 15), S. 212 sowie Michael Blake, Das Recht zu gehen, in: ebd., S. 232.

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allem Muslime aus dem Mittleren Osten – das stellt einen markanten Unterschied dar, der in breiten Bevölkerungskreisen auch zur Sorge vor „Überfremdung“ und latenter, z. T. auch offener „Islamophobie“ geführt hat sowie zum Erstarken rechtspopulistischer sowie nationalistischer Parteien und Bewegungen. Unabhängig vom religiösen und kulturellen Profil der Flüchtlinge ist die Sorge vor „Überfremdung“ auch demokratietheoretisch begründet: Durch jede Einwanderung, sofern sie mit einem unbegrenzten Aufenthaltsrecht und der Vergabe der Staatsbürgerschaft verbunden ist, verändert sich die wahlberechtigte einheimische Bevölkerung, denn aus Flüchtlingen bzw. Migranten werden neue Bürger24, was natürlich deren Zahl erhöht, zugleich das politische Gewicht bei Abstimmungen der bisherigen Bürger senkt. Damit jedoch wird das Selbstbestimmungsrecht – „das Recht einer demokratischen Öffentlichkeit darauf, eine ganze Palette an politischen Beschlußfassungen innerhalb der von den Menschenrechten definierten Grenzen (zu) tätigen“25 – der bisherigen einheimischen Bevölkerung berührt und ggf. unterlaufen. Um das kanalisieren oder auch verhindern zu können, ist eine Einwanderungskontrolle, die ohne Grenzzugangskontrolle nicht zu gewährleisten sein dürfte, ein entscheidender Hebel in der Hand des Demos26. Abschiebungen bzw. Ausweisungen gestalten sich äußerst schwierig27. Hier seien sie nur erwähnt, weil sie der Bevölkerung des Aufnahmelandes das Gefühl vermitteln können, daß die Verwaltung den Flüchtlingszuzug doch irgendwie in den Griff bekommen kann, weil nicht jeder, der es bis nach Deutschland geschafft hat, auch automatisch bleiben wird, wenn er es will. In einem Konkurrenzverhältnis zu Flüchtlingen stehen in der aufnehmenden Bevölkerung die unteren sozioökonomischen Milieus bzgl. Wohnraum, Arbeitsplätzen, Schulen (Anteil nicht-muttersprachlicher Kinder) etc. Es ist mithin nicht unbedingt Ausdruck von Rassismus, entspricht vielmehr der sehr ungleichen Lastenverteilung in der aufnehmenden Gesellschaft, wenn der Widerstand gegen eine Politik offener Grenzen in diesen Schichten besonders stark und heftig ist28. Nicht unerwähnt bleiben sollten auch die erheblichen Finanzmittel aus den öffentlichen Haushalten, die für Flüchtlinge aufzuwenden sind: u. a. für Unterkünfte, für Sozialhilfe, für die personelle Aufstockung der Asylbewilligungsbehörden (um Asylverfahren soweit möglich zu beschleunigen bei Gewährleistung rechtsstaatlicher Standards). b) Sind damit einige der wichtigsten Kostenkategorien umrissen, stellt sich die Frage nach dem „Nutzen“. Er ist bei Flüchtlingen, die ja aus Not (persönlicher 24 Daniel Thym, Vom „Fremdenrecht“ über die „Denizenship“ zur „Bürgerschaft“, in: Der Staat 57 (2018), S. 77 (77 ff., 114 ff.). 25 Miller (Fn. 14), S. 100. 26 Vgl. ebd., S. 100 ff. 27 S. unter VI. 1. 28 Nida-Rümelin (Fn. 13), S. 150 ff., auch S. 101.

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Verfolgung, Bürgerkrieg etc.) ihr Land verlassen müssen, in eine humanitäre Bilanz einzustellen. Zudem kommen reiche Aufnahmeländer damit ihrer Verpflichtung nach, Hilfesuchenden auch Hilfe anzubieten, ohne nach wirtschaftlichem Nutzen zu fragen. Den wird es auch in dem Maße, in dem nach Schutzbedürftigkeit und Arbeitsmigration – die hier nicht zu behandeln ist – unterschieden wird29, kaum geben. Denn in diesem Maße hat der Flüchtling keine Aussicht auf Daueraufenthalt im Aufnahmeland. Das bedeutet für dieses, so die Rechtslage, daß es von Arbeitskraft und Qualifikation der Flüchtlinge bestenfalls für den überschaubaren Zeitraum von 3 Jahren profitieren kann, in dem Asylberechtigte oder mit dem Flüchtlingsschutz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention versehene Menschen einen Aufenthaltstitel erhalten, oder gar nur für ein Jahr (bei Verlängerungsmöglichkeit um zwei weitere Jahre) für solche mit international subsidiärem Schutz30. c) Die Gesamtbilanz weist auf der Kostenseite verschiedene gravierende Positionen aus, auf der Nutzenseite im Wesentlichen „nur“ die Erfüllung der humanitären Hilfspflicht. Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinen. V. Ein gemäßigt kosmopolitischer Ansatz mit abgestufter Verantwortung Eine derartige humanitäre Hilfspflicht ist jedoch insofern zwingend, als man sie nicht vollständig abweisen kann. Sie läßt sich auch durch einen gemäßigt kosmopolitischen Ansatz31 gut begründen: Auch wenn sie keiner Verpflichtung zu unkontrollierten offenen Grenzen unterliegen, haben die reichen Staaten doch eine zumindest moralische Verantwortung für das, was um sie herum in der Welt passiert. Oft wird aus der moralischen dann auch eine rechtliche Pflicht zur Hilfe. Aber diese moralische, ggf. auch rechtliche Verantwortung ist nicht unbegrenzt, sie unterliegt vielmehr der Abwägung mit anderen kollidierenden Pflichten. Gerade in dieser Abwägung liegt der Unterschied zwischen dem gemäßigten Ansatz hier und dem oben skizzierten stark kosmopolitischen32. Gerade in diesem Kontext gilt es jetzt den Begriff der Verantwortung zu beleuchten. Verantwortung zu haben setzt einen bestehenden Ermessensspielraum voraus, den man in eigener Kompetenz auszufüllen hat und bei dem man für das 29

Hillgruber (Fn. 2), S. 185 (191 ff.). Kurzer guter Überblick bei Luft (Fn. 19), S. 92 f. – Daß die tatsächliche Lage der rechtlichen oft nicht entspricht („Spurwechsel“ selbst bei rechtskräftig abgelehnten Asylbewerbern), wurde oben in Fn. 22 illustriert. 31 Begrifflichkeit nur hier, der Sache nach vgl. Nida-Rümelin (Fn. 13), S. 75 ff., 106 und öfter sowie Miller (Fn. 14), S. 44 ff., 234 f., zudem hier in Fn. 14. 32 S. unter III. 30

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Resultat seiner Handlungen rechenschaftspflichtig ist33. Dabei ist immer zu fragen: Wer hat wofür Verantwortung? Was ist Gegenstand unserer sittlichen Verantwortung, wenn wir handeln oder eine bestimmte Handlung unterlassen34 ? Verantwortung hat man nicht für jedermann auf der Welt, sondern sie ergibt sich aus sittlichen Verhältnissen (Ehe, Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, zwischen Arzt und Patient, Lehrern und Schülern, etc.). Verantwortung ist letztlich gestufte Verantwortung35. Verantwortung – gerade auch eine kollektive politische Verantwortung36 – wächst mit der Macht. Was die Welt als Ganzes betrifft, gibt es auch für Staaten jenseits einer Grenze nur die negative Verantwortung, durch Unterlassen Schädigungen zu verhindern (etwa im Bereich des Klimaschutzes), und zwar vor allem durch gesetzliche Rahmenbedingungen37. Eine positive Verantwortung jedoch reicht nicht so weit. Bereits 1982 führte Spaemann aus: „Daß man sich allerdings mit der Übernahme von Verantwortung auch übernehmen kann, zeigt das deutsche Asylrecht. Die Zahl der Menschen auf der Welt, die aufgrund echter Gefahr für Leib und Leben dieses Recht in Anspruch nehmen könnten, ist so groß, daß dies den Zusammenbruch unseres Staatswesens zur Folge haben könnte, wenn auch nur ein erheblicher Prozentsatz von ihnen dies täte.“38 Ein durch Überlastung zusammengebrochener failed state nützt niemandem, auch keinem Flüchtling39. Der Beitrag von Entwicklungshilfe und -politik – durch Finanztransfers, Hilfe zur Selbsthilfe, Marktzugangsöffnung und darüber hinaus – erscheint wichtig nicht zuletzt zur Verminderung der Fluchtursachen, soweit diese sozioökonomischer Natur sind40. Er reicht jedoch im bisherigen Umfang nicht aus – das umso mehr, da Millionen Menschen auf der Flucht sind. Wie kann diesen Flüchtlingen geholfen werden? Angesichts knapper Ressourcen bei allen (auch „reichen“) Staaten läßt sich Flüchtlingen nur durch geordnete Asylverfahren und abgestuften Schutz, der am einzelnen Schutzsuchenden Maß nimmt, helfen. Offene unkontrollierte Grenzen jedoch sind dafür weder notwendig noch hilfreich.

33 Robert Spaemann, Verantwortung als ethischer Grundbegriff, in: ders., Grenzen. Zur ethischen Dimension des Handelns, Stuttgart 22002, S. 212 (214). 34 Ders., Wer hat wofür Verantwortung? Kritische Überlegungen zur Unterscheidung von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik, in: ebd., S. 218 (222). 35 Vgl. ebd., S. 218 (226 f.). 36 Zur kollektiven politischen Verantwortung vgl. Nida-Rümelin (Fn. 13), S. 60 f. 37 Vgl. Spaemann (Fn. 34), S. 218 (229). 38 Ebd., S. 218 (230). 39 Vgl. Gärditz (Fn. 11), S. 105 (114). 40 Aus guten Gründen gegen Armutsmigration: Nida-Rümelin (Fn. 13), S. 102 ff., 110.

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VI. Exkurs: Abschiebungen – rechtliche und faktische Probleme Als unverzichtbares Element einer wirkungsvollen konsistenten Flüchtlingspolitik sollen Abschiebungen kurz – als Exkurs – beleuchtet werden, um deren Möglichkeiten und Grenzen richtig einordnen zu können. 1. Das refoulment-Verbot in der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte Bekanntlich sind Abschiebungen nicht leicht durchzusetzen, denn: „In westlichen Gesellschaften haben Zuwanderer, die einmal deren Territorium erreicht haben, große Chancen, dauerhaft oder zumindest über längere Zeiträume bleiben zu können – auch wenn sie keinen legalen Status zugesprochen bekommen.“41 Das hängt mit dem refoulment-Verbot zusammen und hat in den letzten Jahrzehnten zu einer sehr umfangreichen Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht und vor allem den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geführt42: a) Sowohl nach Art. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch nach Art. 16a Abs. 1 GG ist deren Schutzbereich eröffnet, sobald sich ein asylsuchender Flüchtling an deutschen oder europäischen Grenzen befindet oder auf Schiffen der deutschen oder der italienischen Marine. Die Abweisung an der Staatsgrenze stellt bereits einen Eingriff in den Schutzbereich der Norm dar43. b) Der Schutz gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen, also ein Ausweisungsschutz, kann aufgrund von Verletzungen bestehen, die dem Flüchtling im Zielstaat, in den er abgeschoben werden soll, drohen. Zentrale Norm ist hierbei Art. 3 EMRK als Ausdruck des Schutzes der Menschenwürde. Dieser verbietet Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen, und zwar nicht nur durch staatliche, sondern auch durch nicht-staatliche Akteure. Dabei sind an den Beweis einer realen Gefahr einer Verletzung gemäß Art. 3 hohe Anforderungen zu stellen: Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR muß ein tatsächliches, konkretes Risiko bestehen, welches anhand stichhaltiger Gründe belegbar sein muß44. Selbst die Abschiebung in einen anderen Konventionsstaat kann zurecht angefochten werden bei menschenunwürdigen Haft- und Lebensbedingungen – bei Griechenland war das der Fall45. 41

Luft (Fn. 19), S. 98. Ausführlich zu beidem Andreas Zimmermann/Björn Elberling, Ausweisungsschutz, in: Oliver Dörr u. a. (Hrsg.), EMRK/GG. Konkordanzkommentar, Tübingen 22013, Kap. 27. 43 Ebd., Rn. 14 – 16; vgl. auch Matthias Lehnert/Nora Markard, Mittelmeerroulette – Das Hirsi-Urteil des EGMR und die europäische Grenzschutzpolitik auf See, in: Zeitschrift für Ausländerrecht 2012, S. 194. 44 Zimmermann/Elberling (Fn. 42), Rn. 7, 26 ff., 36 ff. 45 Ebd., Rn. 50. 42

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c) Viel und kritisch diskutiert wurde, weshalb es so schwer sei, Straftäter und selbst Terroristen abzuschieben. Hat sich die Rechtsprechung des EGMR vielleicht als doch etwas einseitig erwiesen mit ihrer „extensive(n) Auslegung von Art. 3 EMRK“46 ? Denn immerhin: Auch wenn er „wegen der Abwägungsfeindlichkeit von Art. 3 EMRK“ in der Rechtsprechung des EGMR „üblicherweise keine Erwähnung findet“, sieht „der 1984 eingefügte Art. 1 Abs. 2 des Protokoll Nr. 7 zur EMRK bei der Ausweisung von ,rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates‘ aufhältigen Personen sogar einen ordre public-Vorbehalt vor“, nämlich dann, wenn eine Ausweisung „im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erfolgt“47. Jedoch dürfte es auch mit diesem ordre public-Vorbehalt nicht möglich sein, selbst Terroristen in einen Staat abzuschieben, in dem Folter oder menschenunwürdige Haft- oder Lebensbedingungen drohen. d) Für eine Aufenthaltsbeendigung wegen Straftaten kommt es auf die Verhältnismäßigkeit an, etwa die Schwere der Straftat, das Alter des Täters zur Tatzeit, oder eine Prognose darüber, ob der Täter in Zukunft erneut schwere Straftaten begehen wird48. e) Daneben besteht ein Ausweisungsschutz wegen drohender Verletzung durch die Ausweisung selbst, vor allem des durch Art. 8 EMRK geschützten Familienund Privatlebens. Zusammenlebende Familien dürfen prinzipiell nicht auseinander gerissen werden. Ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK kommt dann in Betracht, wenn der Eingriff in das Familien- oder Privatleben nicht durch die Verfolgung eines legitimen Ziels gerechtfertigt oder wenn er unverhältnismäßig ist49. Da Fragen der Einwanderungspolitik grundsätzlich in den Gestaltungsbereich der Konventionsstaaten fallen, räumt der EGMR diesen einen erheblichen Beurteilungsspielraum ein, auch wenn sich deren Einzelmaßnahmen an Art. 8 EMRK messen lassen müssen50. 2. Zur Rechtspraxis Soweit soll hier die Skizze einer rechtlichen Bewertung durch BVerfG und EGMR genügen. Die Rechtspraxis arbeitet in erster Linie mit dem Asylgesetz, in dem sowohl die völkerrechtlichen (Genfer Flüchtlingskonvention) als auch die eu-

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Kau (Fn. 8), S. 19 (49), und weiter: „Der europäische Grund- und Menschenrechtsschutz nach der EMRK ist weiter entwickelt als jeder andere regionale oder universelle Menschenrechtsschutz.“ (ebd., S. 19 [44]). 47 Ebd., S. 19 (48). 48 Zimmermann/Elberling (Fn. 42), Rn. 138 f. 49 Ebd., Rn. 100, 135 ff. 50 Ebd., Rn. 118, 126.

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roparechtlichen Präformationen (vor allem durch die EU-Richtlinien 2011/95 und 2013/32) ihren Niederschlag gefunden haben51. Politisch betrachtet sind in den letzten Jahren in Deutschland die Bemühungen erhöht worden, bei Abschiebungen bzw. Ausweisungen erfolgreicher zu operieren52 – aus mehreren Gründen53: „Erstens soll das politische Abschreckungssignal in die Herkunftsstaaten ausgesendet werden, daß nicht jeder Ankömmling dauerhaft in Deutschland bleiben können wird, zweitens soll in den verschiedenen aufnehmenden Sozialsystemen Platz geschaffen werden für neu hinzukommende Flüchtlinge, und drittens soll der eigenen Bevölkerung vermittelt werden, daß der Flüchtlingszuzug administrierbar sei. Vielleicht aber, und das wäre ein zusätzliches und nicht das schlechteste Motiv, soll mit der vermehrten Abschiebung eine Hinwendung zum geltenden Recht vollzogen werden“. Vollzugsdefizite54, wie sie in diesem Bereich schon seit Jahren bestehen, sind für den Rechtsstaat immer problematisch. VII. Eckpunkte für eine konsistente Flüchtlingspolitik Wie jede Verantwortung zeigt sich auch die der reichen Staaten abgestuft – deren Verantwortung gilt zuerst einmal ihren Staatsbürgern, dann erst Schutz suchenden Menschen, mithin Flüchtlingen. Für die Hilfspflicht dieser Staaten ergibt sich, daß sie zwar zwingend, aber nicht unbegrenzt ist55. Rechtspolitisch gewendet: Was bedeutet das für die Ausgestaltung der Flüchtlingspolitik? 1. Differenzierte Behandlung von Flüchtlingen und von Wirtschaftsmigranten Nur Flüchtlinge gemäß Art. 16a Abs. 1 GG bzw. der Genfer Flüchtlingskonvention oder Menschen mit subsidiärem Schutz sollten eine Aufenthaltserlaubnis, allerdings nur eine zeitlich begrenzte erhalten. Arbeits- und Wirtschaftsmigranten wären nach anderen Kriterien zu behandelt – hier ist der deutsche Gesetzgeber gefordert, der inzwischen Überlegungen zur Wirtschaftsmigration vorgestellt hat. Nur durch eine solche klare Unterscheidung läßt sich vermeiden, daß wegen Überlastung der deutschen bzw. europäischen Sozialsysteme irgendwann einmal keine Kapazitäten verfügbar sind für Menschen, die wirklich auf Schutz angewiesen sind. 51

Vgl. Kay Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1266 ff. Damit soll nicht der Eindruck erweckt werden, als seien diesen Bemühungen bisher schon größere Erfolge beschieden. 53 Zum folgenden Bernhard Kempen, Abschiebung, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg., Fn. 2), S. 216 (217, auch 227). 54 Eindrucksvolle Beispiele bei Luft (Fn. 19), S. 98 ff. 55 Vgl. auch Miller (Fn. 14), S. 234 f. 52

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Gleichwohl erscheint es unvermeidlich, auch anerkannten Flüchtlingen die Aufnahme von Erwerbstätigkeit zu gestatten, weil diese dem Flüchtling Teilhabe an der Arbeitswelt vermittelt und sein Selbstwertgefühl stärkt56. Mehr noch: Ohne Arbeit drohten viele – um so mehr Flüchtlinge in ihrer menschlich und kulturell labilen Lage – ihr inneres Gleichgewicht zu verlieren, was nicht selten Aggressivität und ein Abrutschen in illegales Handeln nach sich ziehen dürfte. Um die gerade geforderte unterschiedliche Behandlung zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten nicht obsolet werden zu lassen, wäre allerdings unmißverständlich zu kommunizieren, daß Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis mit dem Wegfall des Schutzgrundes ebenfalls entfallen und der Flüchtling in seine Heimat zurückzukehren hat57, ggf. per Abschiebung. Sollte er für sich wegen seines beruflichen Profils die Chance sehen, als Wirtschaftsmigrant eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis bekommen zu können, müßte er sich von seiner Heimat aus darum gezielt bewerben und dann ggf. wieder einreisen. 2. Wirkungsvolle Kontrolle der „Schengen“-Außengrenzen Die Ordnungsfunktion von Staatsgrenzen erfordert eine wirkungsvolle (Staats-) Eintrittskontrolle58. Einen Kontrollverlust wie in Deutschland in den Monaten nach dem 5. September 2015 kann sich kein Staat leisten. Nun sollte die Staatseintrittskontrolle ja gerade durch das „Schengen“-System abgeschafft werden; die derzeitigen Grenzkontrollen in Deutschland sind zeitlich befristete Ausnahmen. Jedoch wird „Schengen“ in seine frühere Funktionsfähigkeit nur wieder zurückfinden, wenn die Außengrenzen dieses Raumes wirkungsvoll kontrolliert werden. Hierzu müßte z. B. die EU-Grenzschutzagentur Frontex59 personell deutlich aufgestockt, technisch verbessert und von den Zuständigkeiten her erweitert werden. Zudem müßte Frontex mit den zur Sicherung der Außengrenzen verpflichteten Staaten wie etwa Spanien, Italien oder Griechenland gut und eng zusammenarbeiten, was neben dem hierzu auf allen Seiten nötigen politischen Willen auch einer Eingewöhnung vor Ort bedarf.

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So zurecht Hillgruber, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg., Fn. 2), S. 185 (191). Vgl. ebd., S. 185 (192). 58 Vgl. auch Kay Hailbronner/Daniel Thym, Grenzenloses Asylrecht? Die Flüchtlingskrise als Problem europäischer Rechtsintegration, in: Juristenzeitung 2016, S. 753 (755). 59 Hierzu Luft (Fn. 19), S. 55 ff. 57

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3. Verteilung der Asylverfahren auf alle EU-Staaten bereits an den Außengrenzen An den Außengrenzen60 sollte bereits eine Aufteilung der Asylsuchenden in drei Kategorien erfolgen: - sichere Drittstaaten: unmittelbare Zurückweisung; - sichere Herkunftsstaaten: Verfahrensprüfung vor Gestattung der Einreise (dazu müßte es Auffangzentren an den Außengrenzen geben); - sonstige Asylsuchende: bereits an den Außengrenzen Registrierung und datenmäßige Erfassung der Asylbewerber bei anschließend direkter Verteilung zur Durchführung des Asylverfahrens auf alle EU-Mitgliedstaaten gemäß einem Schlüssel. Das würde insgesamt eine entscheidende Änderung der Dublin-IIIVerordnung erfordern: Die bisherige Überlastung von Staaten mit Außengrenzen würde beendet, prinzipiell alle Staaten hätten sich an den Asylverfahren zu beteiligen. Das Asylverfahren würde zweistufig durchgeführt: - an den „Schengen“-Außengrenzen nur eine Registrierung und direkte Verteilung der Asylsuchenden unter den EU-Staaten: Dazu wären keine großen Flüchtlingslager nötig, sondern nur an den neuralgischen Punkten der Außengrenzen befindliche EU-Büros zur Registrierung und Verteilung auf die jeweiligen Staaten; der dazu benötigte Verteilungsschlüssel müßte vorher natürlich auf politischer Ebene nach möglichst objektiven Kriterien ausgehandelt sein; - mit dem Asylverfahren selbst und der Betreuung der Asylsuchenden wären alle EU-Staaten (zumindest alle, die daran teilzunehmen bereit sind) belastet – durch dieses burden sharing würden die bisher überlasteten Staaten mit Außengrenzen wie Griechenland, Italien und auch Spanien gerechtfertigterweise deutlich entlastet. Sollte sich ein Staat weigern daran teilzunehmen, müßte er einen finanziellen Ausgleich an die Staaten leisten, die seinen Anteil zu übernehmen bereit sind – hierbei handelte es sich nicht um eine Strafzahlung, sondern um eine Lastverteilung, die der Gerechtigkeit Rechnung trägt. 4. Effektive Verhinderung von Sekundärmigration Selbst eine gute Kontrolle der „Schengen“-Außengrenzen wird ein anderes Phänomen nicht verhindern: daß sich Flüchtlinge innerhalb des „Schengen“-Raumes in genau den Staaten niederzulassen suchen, die ihnen aufgrund der Arbeitsplatzsituation oder des Niveaus an Sozialleistungen am interessantesten erscheinen. 60 Kay Hailbronner, Eine Krise des Rechts? Die Migrationskrise aus der Perspektive des europäischen und des nationalen Rechts, in: Uhle (Hrsg., Fn. 8), S. 57 (74).

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Eine derartige irreguläre Weiterwanderung oder Sekundärmigration führte zur heute schon anzutreffenden Konzentration von Flüchtlingen in wenigen Staaten, vor allem in Deutschland und Schweden. Das jedoch wird auch von der EU zu verhindern gesucht: „Die Dublin-III-VO geht als Grundprinzip davon aus, daß ein Asylbewerber kein Recht darauf hat, sein Asylland frei zu wählen. Vielmehr sind objektive Kriterien für die Zuständigkeitsfestlegung maßgebend (Art. 7 ff. DublinIII-VO).“61 Wie läßt sich dieses Grundprinzip innerhalb des Schengen-Raums – also bei offenen Staatsgrenzen – durchsetzen? Indem jede irreguläre Sekundärmigration sowohl mit dem Ausschluß des Zugangs zum Asylverfahren62 als auch mit dem Ausschluß vom sozialen Leistungssystem sanktioniert wird. Irregulär weiterwandernde Asylsuchende sind ggf. in Abschiebehaft zu nehmen und an die entsprechende Behörde im zuständigen EU-Staat weiterzuleiten, also baldmöglichst abzuschieben63. 5. Politische Implikationen Die Vorteile dieses Konzepts, mit dem die EU-Staaten ihrer – begrenzten – Hilfspflicht für Flüchtlinge nachkommen, sollten dessen politische Durchsetzbarkeit ermöglichen. Zusammenfassend seien sie noch einmal genannt: - Die klare Trennung zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten verhindert, daß der Asylbewerberstatus als Hintertür illegaler Einwanderung genutzt wird. - Eine wirkungsvolle Kontrolle der Außengrenzen zu Land und zu Wasser ist eine notwendige Voraussetzung dafür, daß das „Schengen“-System wieder funktionsfähig wird. - Das zweistufige Asylverfahren – direkt an den Außengrenzen Registrierung und Verteilung der Asylsuchenden auf die EU-Staaten, anschließend dort dann Betreuung der Flüchtlinge und Durchführung des Asylverfahrens – ermöglicht die Verteilung auf prinzipiell alle EU-Staaten (von denen sich mitwirkungsunwillige Staaten „freikaufen“ können). - Sekundärmigration – die illegale Weiterwanderung – innerhalb des „Schengen“Raumes unter Ausnutzung der offenen Staatsgrenzen ist entschieden zu sanktionieren durch sofortige Streichung der Sozialleistungen, Stopp des Asylverfahrens und ggf. baldmöglichste Abschiebung in den zuständigen EU-Staat. Nur so lassen sich unterschiedliche Sozialleistungsniveaus aufrechterhalten.

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Ebd., S. 57 (62). Dieser Vorschlag Hailbronners (ebd., S. 57 [74]) ist jedoch insofern einzuschränken, als das Refoulment-Verbot von Abschiebungen zu beachten ist (s. o. unter VI. 1.). 63 Ebd., S. 57 (74). 62

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Bei einem Minimum an politischer Kooperationsbereitschaft seitens aller EUStaaten – zudem angesichts der Möglichkeit, sich von unliebsamen Verpflichtungen „freikaufen“ zu können – dürfte ein derartiges Konzept durchaus Chancen auf Realisierung haben. Summary Instead of strongly cosmopolitan demands for open state borders, a moderately cosmopolitan approach seems appropriate, recognizing auxiliary obligations to refugees in principle, but allowing state borders to be controlled. For a consistent refugee policy is to demand: a) procedural separation of refugees and economic migrants, b) significant improvement of the protection of the “Schengen” external borders, c) already registering on borders asylum seekers and willing to cooperate for the asylum procedure among the EU Member States (the other states would have to pay them financial compensation), d) effectively prevent secondary migration movements within the “Schengen” area.

Radical Islam and Resettlement Jihad: Immigration, National Security and Religious Freedom in the Age of Islamic Extremism By Matthew J. O’Brien1 Were Islam to become the dominant cultural influence in the West, many of the beliefs that have led to unprecedented levels of freedom and prosperity in occidental societies would inevitably be abandoned. Accordingly, it is sheer folly to believe that the West can survive while it continues to import large numbers of Muslims, raised in a cultural climate antithetical to the Judeo-Christian tradition, even as it refuses to demand that they assimilate. The West must, once again, begin insisting that newcomers adapt to its societal norms, rather than attempting to accommodate ideologies that conflict with the traditions upon which the Western world was constructed. Otherwise, what we now know as the West will be overtaken and transformed by migrants who desire the stability and freedom built by the West, but who refuse to accept that representative government and liberty are the result of a Judeo-Christian mindset. This essay will discuss the threat that Islam poses to the West. It will analyze the key factors that have allowed the threat to flourish. It will conclude by suggesting several corrective measures the West can take to ensure that its ideas and institutions are not sacrificed to the false gods of “political correctness” and “multiculturalism”. I. The Once and Future Immigration Crisis In 2015, Europe experienced its largest migration crisis since the end of World War II, finding itself overrun by asylum seekers fleeing Islamic-majority countries2. The response to this crisis caused significant political discord within European electorates3. Nevertheless, despite European voters’ concerns about accepting unprece1 The author would like to thank Spencer Raley, Researcher-Staff Writer, and Casey Ryan, Junior Researcher, at the Federation for American Immigration Reform for their assistance in editing and proofreading this article. 2 Europe is facing the worst refugee crisis since World War II – and there’s no end in sight, Business Insider, August 28, 2015; Patrick Kingsley, 10 Truths About Europe’s Migrant Crisis, in: The Guardian, August 11, 2015. 3 Catherine Bosley, Immigration Tops Swiss Election Agenda on EU Migrant Crisis, in: Bloomberg News, October 14, 2015; Bertrand Benoit/Nicholas Winning, Germany Feels

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dented numbers of migrants from a culture drastically different than that of the West, the forces of political correctness prevailed and the twenty-eight member states of the European Union, Norway and Switzerland received 1.3 million asylum applications in 20154. The United States, “under increasing pressure to demonstrate that (it was) joining European nations in the effort to resettle Syrian refugees”, initially agreed to accept at least 10,000 people for resettlement in America5. In addition, the U.S. planned to increase the number of worldwide refugees it would accept each year from a cap of 70,000 to a goal of at least 100,000, in order to accommodate a larger share of the refugees besieging Europe6. Because of the unique security challenges posed by this group, national security experts counseled caution7. But they were ignored and the United States continued admitting citizens from Muslim-majority countries, despite the significant threat of infiltration by Islamic terror groups. Europe’s dilemma did not begin in 2015. The more recent “Migration Crisis” admissions followed decades of rising Muslim immigration, driven by everything from the alleged need for “guest workers” to atonement for “colonial oppression”8. The resultant demographic shift has been profound: the number of mosques in traditionally Christian France rose from one in 1974, to over 1,700 at present9. The United States began admitting small numbers of Muslim immigrants with the passage of the Immigration and Nationality Act of 1965, which changed the U.S. immigration system in order to admit more migrants from non-Western countries10. FolBacklash for Welcoming Migrants, in: Wall Street Journal, September 6, 2015; Tony Patterson, Refugee crisis: Nearly half of Germans Say Angela Merkel’s “welcome” Policy Is Wrong, in: The Independent, October 11, 2015; Paul Taylor, Migration Crisis Tears at EU’s Cohesion and Tarnishes its Image, in: Reuters, September 6, 2015. 4 Phillip Connor, Number of Refugees to Europe Surges to Record 1.3 Million in 2015. Recent wave accounts for about one-in-ten asylum applications since 1985, August 2016 (see www.pewresearch.org/global/2016/08/02/number-of-refugees-to-europe-surges-to-record-1-3million-in-2015, consulted: 2 January 2020). 5 Gardiner Harris, David E. Sanger/David M. Herszenhorn, Obama Increases Number of Syrian Refugees for U.S. Resettlement to 10,000, in: New York Times, September 10, 2015. 6 Michael R. Gordon/Alison Smale/Rick Lyman, U.S. Will Accept More Refugees as Crisis Grows, in: New York Times, September 20, 2015. 7 Evan Perez, Intelligence gaps pose challenge for Syrian refugee screening, in: CNN, October 8, 2015; Carol Brown, DHS admits we have no screening process for “Syrian refugees”, in: American Thinker, October 8, 2015. 8 Randall Hansen, Migration to Europe Since 1945: Its History and Its Lessons, in: Political Quarterly 74 (2004), p. 25; Ulbe Bosma/Gijs Kessler/Leo Lucassen, Migration and Membership Regimes in Global and Historical Perspective: An Introduction, in: Id. (eds.), Migration and Membership Regimes in Global and Historical Perspective, Leiden 2013, pp. 1 – 20. 9 John Ankerberg/John Weldon/Dillon Burroughs, The Facts on Islam, Eugene OR 2008, p.13. 10 Daniel Pipes/Khalid Durán, Muslim Immigrants in the United States, August 2002 (see https://cis.org/sites/cis.org/files/articles/2002/back802.pdf, consulted: 2 January 2020).

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lowing a typical pattern, as U.S. involvement in the Middle East increased, it began admitting ever-larger numbers of Muslim immigrants11. Even after it was subject to a devastating attack by Islamic terrorists on September 11, 2001, the United States still admitted at least two million citizens from Muslim-majority countries12. The net result of the West welcoming millions of people from a culture that has declared itself at war with Judeo-Christian civilization can only be described as a bacchanalia of Muslims behaving badly – at least, by Judeo-Christian standards. To cite just a few examples: - On October 27, 2005, French police responded to reports of a break in at a construction site in the Parisian banlieue of Clichy-Sous-Bois. Shortly thereafter, two Muslim teenagers died after coming into contact with high-voltage electrical equipment in a transformer substation. Their friends claimed they were being chased by police officers investigating the building site break-in. In response, the residents of Clichy-Sous-Bois rioted. The unrest eventually spread to approximately 274 other French cities, resulted in three deaths, the injury of roughly 126 police officers and firefighters, and E200 million in property damage13. Virtually all of the residents of Clichy-Sous-Bois are Muslim migrants and their Frenchborn children14. The standard explanation for the uprising was failed attempts to integrate Muslim migrants, or some variation thereof15. Only overtly pro-Jewish commentators were willing to consider a politico-religious dimension to the insurrection – which constituted a complete loss of civil control over vast amounts of French territory16. - In 2010, four Christian missionaries in Dearborn, Michigan were arrested and charged with “breach of the peace”, after their proselytizing on public streets offended nearby Muslims. It is a settled matter that religious proselytizing is protect11 Steven A. Camarota, Immigrants from the Middle East. A Profile of the Foreign-born Population from Pakistan to Morocco, August 2002 (see https://cis.org/sites/cis.org/files/ar ticles/2002/back902.pdf, consulted: 2 January 2020). 12 Caroline May, Since 9/11 U.S. Has Accepted Over 2 Million Migrants From Majority Muslim Nations, in: Breitbart News, November 16, 2015. 13 “France riots. Understanding the violence”, see www.cbc.ca/news2/background/paris_ riots (consulted: 2 January 2020). 14 Peter Sahlins, Civil Unrest in the French Suburbs, November 2005 (see http://riotsfrance. ssrc.org, consulted: 2 January 2020). 15 Jonathan Laurence/Justin Vaïsse, Understanding Urban Riots in France, in: Brookings, December 1, 2005 (see www.brookings.edu/articles/understanding-urban-riots-in-france, consulted: 29 September 2019); Laurent Mucchielli, A Review of the Most Important Riot in the History of French Contemporary Society, in: Journal of Ethnic and Migration Studies 35 (2009), p. 731. 16 Manfred Gerstenfeld, The Autumn 2005 Riots in France – Part I; Id., The Autumn 2005 Riots in France – Part II, see www.manfredgerstenfeld.com/autumn-2005-riots-france-part and www.manfredgerstenfeld.com/autumn-2005-riots-france-part (consulted: 2 January 2020); Eric Zemmour, Le suicide français – Ces quarantes années qui ont défait la France, New York 2014, pp. 495 – 503.

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ed under the Constitution of the United States and a jury subsequently acquitted all four missionaries17. However, Dearborn is home to the largest Muslim population in the United States. The non-profit Thomas More Law Center, which filed a civil rights complaint on behalf of the missionaries, stated that, “Muslims dominate the political and law enforcement process in Dearborn. It seems that police were more interested in placating the Mayor and Muslims than obeying our Constitution”18. - According to a police document leaked to Germany’s Süddeutsche Zeitung, on the evening of December 31, 2015, during New Years’ eve celebrations in Cologne, approximately 1,200 German women were sexually assaulted by nearly 2,000 men, virtually all of whom were Muslim migrants19. The foregoing list could extend for pages and similar incidents could be found in nearly all the countries of the West that have accepted Muslim migrants. Such occurrences have become so numerous that it is no longer possible to write them off as isolated incidents perpetrated by “bad apples”. Yet, the most shocking aspect to all of these incidents is the timid response of Western leaders. II. In the West, But Not of the West Many Westerners, notes philosopher Roger Scruton, are confused by Muslims “who migrate in order to enjoy the benefits of a secular jurisdiction” but then insist that their new home implement Islamic moral and legal norms20. Most Westerners believe it is axiomatic that the newcomer will adapt to the ways of his new homeland. But, as Douglas Murray observed in The Strange Death of Europe, many Muslims refuse to assimilate and the places they settle often come to resemble their countries of origin in everything but their location21. This has proven particularly true where adherents of Islam congregate in large groups. While not unique to Muslim migrants, anti-assimilationism is a result of Islamic modes of thought. According to Brookings Institution scholar Shadi Hamid – a Muslim himself:

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Lovell v. City of Griffin, 303 U.S. 444 (1938). “Sharia in the USA: Christians Jailed for Preaching to Muslims – Dearborn, MI. Official Sued to End Their Imposition of Sharia Law”, see www.thomasmore.org/press-releases/shariathe-usa-christians-jailed-preaching-muslims-dearborn-mi-officials-sued-2 (consulted: 2 January 2020). 19 “Cologne attackers were of migrant origin”, see www.bbc.com/news/world-europe35280386 (consulted: 2 January 2020); Rick Noack, Leaked document says 2,000 men allegedly assaulted 1,200 German women on New Year’s Eve, in: Washington Post, July 11, 2016. 20 Robert R. Reilly, The Closing of the Muslim Mind: How Intellectual Suicide Created the Modern Islamist Crisis, Wilmington DE 2011, pp. ix-x. 21 Douglas Murray, The Strange Death of Europe: Immigration, Identity, Islam, London 2017, p. 2. 18

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“There is, in fact, something uniquely ‘uncompromising’ about Islam, at least compared to other faiths. This is not a value judgment but rather a descriptive statement about what Islam is today (rather than what it could or should be). Many Muslims take pride in this very fact. It is this unwillingness to compromise in the face of secularizing pressures, they would say, that makes Islam both vibrant and distinctive. Indeed, Islam has proven remarkably resistant to the persistent attempts to relegate it to the private sphere.”22

In another article, published in the Los Angeles Times, Hamid concedes what is so unique and uncompromising about Islam. He writes: “Unlike Jesus, who was a dissident, Muhammad was both prophet and politician. And more than just any politician, he was a state-builder as well as a head of state. Not only were the religious and political functions intertwined in the person of Muhammad, they were meant to be intertwined. To argue for the separation of religion from politics, then, is to argue against the model of the very man Muslims most admire and seek to emulate.”23

A few paragraphs later, Hamid reinforces his point: “Islam seems, at least by Western standards, unusually assertive and uncompromising. Critics might see it as full-blown aggressiveness. But Muslims often point to these qualities as evidence of Islam’s vitality and relevance in a supposedly secular age. To put it a bit differently, this is why many Muslims like being Muslim.”24

Hamid frankly admits that the separation of church and state are anathema to the Islamic worldview, that Islam is a supremacist ideology, and that it is an unapologetically aggressive one. Though his bluntness is unique, he is far from the only Muslim who holds this view. III. The Islamic Vision of How the Universe Is Ordered Differs Drastically from That of the West In his influential 1993 essay, “The Clash of Civilizations”, American scholar Samuel P. Huntington theorized that conflict in the post-Cold War era would occur primarily between different civilizations. He stated: “The people of different civilizations have different views on the relations between God and man, the individual and the group, the citizen and the state, parents and children, husband and wife, as well as differing views of the relative importance of rights and responsibilities, liberty and authority, equality and hierarchy. These differences are the product of centuries. They will not soon disappear.”25

22 Shadi Hamid, The Major Roadblock to Muslim Assimilation in Europe, in: The Atlantic, August 18, 2011. 23 Shadi Hamid, From Burkinis to the Koran: Why Islam isn’t like other faiths, in: Los Angeles Times, September 9, 2018. 24 Ibid. 25 Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations? in: Foreign Affairs 72 (1993), p. 22 (25).

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Huntington’s work owes much to German-American scholar Adda Bozeman. Dr. Bozeman defined culture and civilization as interchangeable terms meaning, “those values, norms, institutions, and modes of thinking to which successive generations in a given society have attached primary importance”26. According to both Huntington and Bozeman, the current conflict between the West and the Muslim world is the direct result of civilizational friction. The limited scope of this essay does not permit a lengthy discussion of Western civilization’s development. Nor does it permit a full treatment of how Western moral and political philosophy differ from that of the Muslim world. One can, however, establish that the respective lines of philosophical reasoning that gave birth to the Judeo-Christian and Islamic traditions are utterly antithetical to each other. The driving force behind Judeo-Christian society has been the attempt to reconcile faith and reason. Leading Christian theologians, such as Augustine and Aquinas, celebrated reason as the means to gain greater insight into divine intentions27. The primacy assigned to reason, and the related notion of free will, led to the Christian belief that the good life is best achieved when there is a “division between secular and spiritual authorities, the one chiefly responsible for order and justice, the other chiefly responsible for faith and morals”28. That division is further reinforced by the belief that, “because of the transcendent moral worth of each person in the eyes of God no government can demand complete submission of body and soul, for governments are not God”29. The very term Islam, on the other hand, literally means “submission to the will of God”. American scholar Robert Reilly argues that, despite forays into Hellenistic philosophy by Muslim scholars like Averroes, a conflict developed in Islam between the Mu’tazalite rationalists and the Ash’arite antirationalists30. The Ash’arite faction prevailed, and Islam settled on a conception of God as “pure will and power – unbound by anything, including His own word”31. Therefore, according to the Islam, “Nothing is right or wrong in and of itself; it is right or wrong only according to what God says.”32 In the end, argues Reilly, this created an epistemology within

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Adda B. Bozeman, Civilizations Under Stress: Reflections on Cultural Borrowing and Survival, in: Virginia Quarterly Review 51 (1975), pp. 1 – 18. 27 Rodney Stark, The Victory of Reason: How Christianity Led to Freedom, Capitalism, and Western Success, 2005, pp. 3 – 33. 28 Harold Berman, The Religious Foundations of Western Law, in: Catholic University Law Review 24 (1975), p. 490 (500). 29 John P. East, The Political Relevance of St. Augustine, in: The Imaginative Conservative, July 24, 2016. 30 Robert R. Reilly, ISIS the Irrational, see https://isi.org/intercollegiate-review/isis-the-irra tional (consulted: 2 January 2019). 31 Ibid. 32 Ibid.

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which democracy cannot develop, for “if man cannot apprehend right and wrong through his reason, the moral foundation for man-made law is fatally subverted”33. Furthermore, as Bozeman noted, this restrictive view of the nature of revelation meant “no tradition of public constitutional law could evolve, since it was generally understood that ‘the Law, which is the constitution of the Community, cannot be other than the Will of God, revealed through the prophet’”34. Islam comingles the political and spiritual realms, casting politics as the handmaiden of religion, and viewing Muslim scripture as constitutional documents that regulate all spheres within Islamic society35. Indeed, Abdul Ala Maududi, the renowned Islamic theologian and politician from Pakistan, wrote in The Islamic Way of Life that, “the chief characteristic of Islam is that it makes no distinction between the spiritual and the secular in life”36. Thus, in Islam, both the temporal and spiritual order have been ordained by divine edict, and the function of law is to enforce God’s edicts, not to regulate the society of man. Roger Scruton describes the distinction as follows: “Traditional Islamic society … sees law as a system of commands and recommendations laid down by God. These edicts cannot be amended, though their application in particular cases may involve jurisprudential argument. Law, as Islam understands it, is a demand for our obedience, and its author is God. This is the opposite of the concept of law that we in the West have inherited.”37

The Western approach, on the other hand, conceives of a temporal order that emerges from the nature of the world established by the creator: “Law for us is a guarantee of our freedoms. It is made not by God, but by man, following the instinct for justice that is inherent in the human condition. It is not a system of divine commands, but rather the residue of human agreements.”38 The conception of God as logos allowed the West to develop the notion of a civic law distinct from divine ordinance. This, in turn, allowed Western governments to emphasize the primacy of secular citizenship, which maximizes individual liberty by allowing citizens from many different faith backgrounds to work together in the civic space. Scruton summarizes this process as follows:

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Reilly (Fn. 20), p. 130. Adda B. Bozeman, Politics and Culture in International History: From the Ancient Near East to the opening of the Modern Age, 2nd ed., New York 1994, p. 363. 35 Mary R. Habeck, Knowing the Enemy: Jihadist Ideology and the War on Terror, New Haven 2007, pp. 42 – 43; Farhad Khosrokhavar, Inside Jihadism: Understanding Jihadi Movements Worldwide, Boulder CO 2009, p. 31. 36 Sayyid Abdul A’la Maududi, The Islamic Way of Life, 1950 (see https://ia801304.us. archive.org/29/items/MaulanaMaududiIslamicWayOfLife/Maulana_Maududi_Islamic_way_ of_Life.pdf, consulted: 2 January 2020). 37 Roger Scruton, Islam and the West: Lines of Demarcation, in: Azure no. 35 (Winter 5769/2009). 38 Ibid. 34

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“… citizenship and secular law go hand in hand. We are all participants in the process of lawmaking; hence we can view each other as free citizens, whose rights must be respected and whose private lives are our own concern. This has made possible the privatization of religion in Western societies and the development of political orders in which the duties of the citizen take precedence over religious scruples.”39

But, as Huntington asserted, these “Western ideas of individualism, liberalism, constitutionalism, human rights, equality, liberty, the rule of law, democracy, free markets, the separation of church and state, often have little resonance in Islamic, Confucian, Japanese, Hindu, Buddhist or Orthodox cultures”40. That lack of resonance means that the immigrant from Yemen finds himself at a disadvantage when he immigrates to the United States. A Frenchman may need to learn English, but his social customs and basic notions about the relationship between the sexes, the mutual obligations shared by citizens and the state, and the divide between religion and politics need not change. The Yemeni will need to learn English but also to adjust his epistemology. This becomes significant when displaced Muslim migrants arrive suddenly in the West in large groups, access a Balkanized Muslim expatriate community, and continue to live as if they were still in an Islamic country. IV. Resettlement Jihad When assessing the threat presented by Islamic mass migration, Western political leaders tend to focus on “radical Islamic terror groups”, but the more significant concern should be the silent invasion in which the West has become complicit through its irrational immigration policies. American author Robert Spencer has called this “stealth jihad”. Jihad has historically referred to the religious obligation imposed on faithful Muslims to dominate unbelievers. Throughout Islamic history, that domination has typically taken the form of armed conquest. Professor Darío Fernández-Morera provides an extensive discussion of the nature of jihad in The Myth of the Andalusian Paradise, concluding that its primary meaning has always been religiously mandated war against infidels41. Ibn Warraq, Dr. Mark A. Gabriel and Dr. Wafa Sultan – all former Muslims who consciously abandoned Islam in favor of Western philosophy – have also remarked that mainstream Islamic scholars consistently reference jihad as an obligation to make war on infidels until they convert to Islam or are destroyed42. 39

Ibid. Huntington (Fn. 25), p. 40. 41 Darío Fernández-Morera, The Myth of the Andalusian Paradise, Wilmington DE 2016, pp. 22 – 35. 42 Ibn Warraq, Why I Am Not a Muslim, New York 2010, pp. 217 – 218; Brigitte Gabriel, Islam and Terrorism, 2015, pp. 33 – 41; Wafa Sultan, A God Who Hates: The Courageous Woman Who Inflamed the Muslim World Speaks Out Against the Evils of Islam, New York 2011, pp. 203 – 233. 40

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Spencer argues that, “terror attacks involving bombings and shootings are not the sum total of terrorist aspirations, but are just one component of a larger initiative”43. In his views, jihad should be viewed as a call to civilizational supremacy that can take many forms well short of armed conflict, one of them being silent invasion through mass migration. For instance, in its 1991 “Explanatory Memorandum on the General Strategic Goal for the Group in North America”, the Muslim Brotherhood flatly stated: “The process of (Muslim) settlement (in North America) is a ‘Civilization-Jihadist Process’ with all the word means. The Ikhwan (Brotherhood) must understand that their work in America is a kind of grand Jihad in eliminating and deastroying the Western civilization from within and ‘sabotaging’ its miserable house by their hands and the hands of the believers so that it is eliminated and God’s religion is made victorious over all other religions.”44

Most Western politicians and academics have drawn a distinction between “radical Islamists” and “mainstream Muslims,” claiming that the concept of jihad as violent conflict is held only by extremists45. However, a more realistic assessment suggests that there are three groups of traditionalist Muslims – Jihadists, Islamists and Conservative Muslims – who differ mainly on whether violence is mandated in waging jihad46. All three of these groups stand in direct opposition to Westernized, nontraditional Muslims, who are considered lapsed by their co-religionists47. While not every Muslim in the West belongs to a radical jihadist organization, groups like the Muslim Brotherhood do tend to establish the political agenda for the bulk of observant non-Westernized Muslims. Resettlement jihad is the official policy of many Islamic organizations, based on a doctrine called Hijrah, which is central to Muslim theology. V. Jihad by Migration The most significant event in the history of Islam is the Hijrah, Mohammed’s emigration from Mecca to Medina. It marks the beginning of the Islamic calendar and carries great symbolic significance for Muslims. According to Sam Solomon and E. Al Maqdisi, authors of Modern Day Trojan Horse: The Islamic Doctrine of Immigration: “… Hijrah changed the status of Islam as a religion and of the Muslims as a 43

Robert Spencer, Stealth Jihad: How Radical Islam Is Subverting America without Guns or bombs, Washington DC 2008, pp. 4 – 5. 44 “The Muslim Brotherhood’s Strategic Plan For America”, see https://clarionproject.org/ muslim_brotherhood_explanatory_memorandum (consulted: 2 January 2020). 45 John L. Esposito, Unholy War: Terror in the Name of Islam, Oxford 2003, pp. 26 – 71; Karen Armstrong, Fields of Blood: Religion and the History of Violence, New York 2015, pp. 202 – 233 & 366 – 393. 46 Alex P. Schmid, Moderate Muslims and Islamist Terrorism: Between Denial and Resistance, International Center for Counter-Terrorism, in: The Hague 8 (2017/9), pp. 6 – 8. 47 Ibid., p. 8.

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community, transforming them from being a weak people to a powerful political entity, from being scattered groups of loyal individuals into a consolidated army, a united community and ultimately into a powerful socio-religious political state.” Since Islamic thought and practice are driven by an obligation to emulate the prophet Mohammed, Hijra developed into one of the most important mechanisms for spreading Islam as a way of life and a political system48. Mainstream Islamic scholars have been consistent in holding that migration to non-Muslim lands in order to propagate Islam is an acceptable way of meeting the obligation to perform Jihad49. The concept of Hijra is supported by the related notion that, “Islam is not a culture, a religion, or a tradition, but rather an alternative type of nationality which claims jurisdiction over all aspects of human activities.”50 This worldwide union, established by divine edict, is referred to as the Umma, and loyalty to it supersedes loyalty to the Western-style territorial nation state51. Islamic studies scholar Manzooruddin Ahmed calls the Umma “one of the key political concepts of the Quran”52. Accordingly, many Muslim migrants see the Western nation-state as a temporary entity, while the Umma is eternal and universal, and, therefore, feel no need to learn the lingua franca, adopt local social customs or participate in the civic life of the states to which they migrate53. This worldview allows Muslim countries seeking political advantage abroad, and Jihadist terror groups seeking the overthrow of Western governments, to weaponize culture. VI. Religious Freedom One of the ways Jihadist organizations have weaponized Judeo-Christian culture is by exploiting Western notions of religious freedom. Although Western culture has become increasingly more secularized, the free exercise of religion is a significant feature of most Western democracies. Religious freedom is largely an artifact of the sectarian strife that followed the Protestant Reformation and it serves as the basis of secular nationalism54. In fact, some scholars refer to the “two tolerations” 48 Sam Solomon/E. Al Maqdisi, Modern Day Trojan Horse: Al-Hijra, the Islamic Doctrine of Immigration, accepting Freedom or imposing Islam?, Afton VA 2009. pp. 3 &14. 49 Dale Eickelman/James P. Piscatori, Muslim Travellers: Pilgrimage, Migration, and the Religious Imagination, London 1990, pp. 42 – 43. 50 Uriya Shavit, Should Muslims Integrate into the West? in: Middle East Quarterly, 14 (2007/4), p. 13 (21). 51 “What Does Islam Teach About Muslims and Loyalty to a Non-Muslim-Government”, see www.thereligionofpeace.com/pages/quran/loyalty-to-non-muslim-government.aspx (consulted: 2 January 2020). 52 Manzooruddin Ahmed, Umma: The Idea of a Universal Community, in: Islamic Studies 14 (1975), p. 27. 53 Shavit (Fn. 50), p. 20. 54 Daniel Philpott, Religious Freedom and the undoing of the Westphalian State, in: Michigan Journal of International Law 25 (2004), pp. 981 – 998.

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or “minimal boundaries of freedom of action that must somehow be crafted for political institutions vis-à-vis religious authorities, and for religious individuals and groups vis-à-vis political institutions”, as a precursor for the effective functioning of both church and state55. However, many Islamic institutions throughout the West have insisted on a “single toleration”, as it were, demanding that they remain free of any form of state regulation, even as they propose that the state implement civil laws based on Islamic religious precepts. Accordingly, a number of Western mosques and Islamic advocacy organizations have been able to spread Jihadist terror doctrine and aid Muslim terrorists, while remaining virtually free of any surveillance by law enforcement and intelligence agencies. VII. Islam and Communism Despite its protection in the West as a religion, Islamic belief functions more like communist political ideology than what most Westerners would consider a religion. Scholars from diverse academic backgrounds, including Bernard Lewis and Bertrand Russell, have repeatedly noted the similarities between Islam and communism56 Islam may appear to be the diametric opposite of communism, which is a secular ideology overtly hostile to religion57. However, both philosophies are similar in their core principles. They are totalitarian ideologies, requiring what Strausz-Hupé et al. described in Protracted Conflict as the subordination of all societal aspirations to considerations of power58. Both philosophies also comingle the political and spiritual realms. Communism appropriates the spiritual impulse in the name of politics. In Bolshevism: An Introduction to Soviet Communism, Waldemar Gurian suggests that communism must be seen as a social, political, and secular religion, demanding absolute dominance over every realm of life, spiritual as well as secular59. Similarly, classical Islam co-opts politics in the name of religion, viewing Muslim scripture as constitutional documents that regulate the political and economic spheres, as well as the spiritual60. 55 Alfred C. Stepan, Religion, Democracy and the “Twin Tolerations”, in: Journal of Democracy 11 (2000/4), p. 37. 56 Bernard Lewis, Communism and Islam, in: International Affairs 30 (1954/1), p. 1; Bertrand Russell, The Theory and Practice of Bolshevism, London 1920, pp. 5 & 114 – 115. 57 Michael W. S. Ryan, What Al Qaeda learned from Mao, in: The Boston Globe, September 22, 2013, see www.bostonglobe.com/ideas/2013/09/21/what-qaeda-learned-from-mao/ E7Ga91ZVktjgiyWC90nJ6M/story.html (consulted: 2 January 2020). 58 Robert Strausz-Hupe/William R. Kintner/James E. Dougherty/Alvin Cottrell, Protracted Conflict: a challenging study of communist strategy, New York 1963. 59 Waldemar Gurian, Bolshevism: An Introduction to Soviet Communism, Notre Dame IN 1952, p. 5. 60 Habeck (Fn. 35), pp. 42 – 43; Khosrokhavar (Fn. 35), p. 31.

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More significantly, both communism and Islam are predicated upon the notion that the capitalist, Western world exists in a state of political and spiritual error that only they may correct. This notion was explored in depth by Jules Monnerot, who referred to communism as the twentieth century Islam, in his 1953 book Sociology and Psychology of Communism61. Throughout the Cold War, the nations of the West clearly saw Soviet efforts to undermine Western institutions as an existential threat. In fact, Western governments regularly excluded migrants who were deemed dangerous due to the dominant ideology in their nation of origin62. The Cold War was nothing if not a muscular defense of the Western world from the external pressures exerted by communism. Given the readily apparent similarities between communist and Islamic ideology, why has the West become so resistant to standing up for its principles? VIII. The West Is Committing Suicide The West is suffering from a malady that is simple to diagnose but nearly impossible to cure: self-loathing. Everything Western is bad. Everything foreign is good, because it is not Western. What is the source of this flawed thinking? Approximately fifty years ago, National Review founding editor James Burnham published The Suicide of the West, an analysis of Judeo-Christian civilization’s attempts to destroy itself63. According to Burnham, the emergence of an abstract, rationalist view of the world, led to the belief that “human nature is changing and plastic” and therefore perfectible64. As such, the only obstacles to the solution of social problems are “superstition, authority, custom and tradition”65. Burnham labeled this school of thought liberalism (distinct from classical liberalism). Modern liberalism is “a system of belief based on what ought to be instead of what is and has been”, which produces guilt because, “(t)he real world never satisfies liberalism’s notion of the good society”66. The tendencies of liberalism run directly contrary to the natural law tradition on which Western civilization rests. That tradition holds that there is an inherent order to the world, ordained by nature or nature’s God, and that mankind can discern that order through what Russell Kirk termed, “the half61

Jules Monnerot, Sociology and Psychology of Communism, Boston 1976, pp. 9 – 24, 39 & 133 – 164. 62 James R. Edwards, Keeping Extremists Out. The History of Ideological Exclusion, see https://cis.org/Keeping-Extremists-Out (consulted: 2 January 2020); Klaus Bade, Migration in European History, Cambridge 2008, pp. 217 – 276. 63 James Burnham, Suicide of the West: an essay on the meaning and destiny of Liberalism (1964), New York 2014, p. 60. 64 Ibid. 65 Ibid. 66 Francis P. Sempa, If Destruction Be Our Lot, in: Claremont Review of Books, Summer 2014, p. 1 (2).

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intuitive knowledge that allows men to meet the problems of life without logic-chopping”67. Thus, as it constantly strives to re-order the world, liberalism has only one constant: “… principles, customs, and religion are obstacles to human progress, not evidence of human nature’s essence and limitations”68. The resultant chain of logic is that anything traditional (for example, Western culture) is terminally flawed. However, anything that opposes the traditional (for example, Islam), or is seen a victim of the established, must be a sign of progress toward Utopia, deserving of protection from criticism. IX. The Muslim Population in the West Due to legal restrictions aimed at preventing the persecution of any religious group, most Western nations do not collect demographic statistics on particular religious denominations. As such, it is notoriously difficult to obtain accurate information regarding the size of Muslim populations in the West. According to the Pew Research Center, Muslims constitute roughly one percent of the population of the U.S. and just under five percent of Europe’s population69. However, both of those populations are growing and are expected to continue growing, even without additional immigration70. Despite the fact that they still constitute a relatively small portion of the populations in both the United States and Europe, Muslims have reached a critical mass in certain areas. Based on current patterns of migration and births, researchers at the Catholic University of Louvain recently concluded that Belgium could become a Muslim majority country as early as 203071. And Charles Gavé, an economist at the Institut des Libertés, has projected a Muslim majority in France within the next 40 years72.

67 Russell Kirk, The Conservative Mind: From Burke to Eliot (1953), Washington DC 2001, p. 42. 68 Sempa (Fn. 66), p. 1. 69 Besheer Mohamed, A new estimate of the U.S. Muslim population, see www.pewres earch.org/fact-tank/2016/01/06/a-new-estimate-of-the-u-s-muslim-population; Conrad Hackett, 5 facts about the Muslim population in Europe, see www.pewresearch.org/fact-tank/2017/11/ 29/5-facts-about-the-muslim-population-in-europe (both consulted: 2 January 2020). 70 Mohamed (Fn. 69). 71 Felice Dassetto, L’Iris et le croissant: Bruxelles et l’Islam au défi de la co-inclusion, Louvain-la-Neuve 2011. 72 Rowan Scarborough, New World Order: Muslims to be majority in Europe within two generations, in: The Washington Times, September 26, 2017, see www.washingtontimes.com/ news/2017/sep/26/muslim-majority-in-france-projected-in-40-years (consulted: 2 January 2020; Charles Gavé, La Peste Blanche, September 4, 2017, see www.institutdeslibertes.org/lapeste-blanche (consulted: 2 January 2020).

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X. Conclusion The time for the West to save itself is now, while the Muslim populations residing there are still small relative to the majority. But what must be done? First, the nations of the West must begin scaling back their disastrous immigration policies. Assimilation works only when immigration occurs in waves punctuated by lulls that allow for acculturation. Peter Brimelow, the author of Alien Nation, one of the most insightful books ever written on American immigration, refers to this phenomenon as “the refreshing role of the pause”73. Without these pauses, the West is only adding fuel to the fire of its own demise. Many of the West’s immigration policies seem to be an attempt to atone for the perceived sins of colonialism or to redress economic inequality between the advanced, industrial democracies and the developing world. These are spurious bases for making policy decisions. They also ignore the fact that Islam was spread through conquest, obliterating many ancient cultures as it expanded, and the fact that much of the developing world enjoyed a better standard of life under Western colonial rule it presently enjoys as a group of independent nations74. Unless the false paradigm of cultural oppressors and victims is abolished, the West will simply continue importing people who resist assimilation even as they demand taxpayerfunded benefits as a form of restitution for “Imperialism”. Finally, the nations of the West must regain a sense of the exceptionalism of Western culture. If the West hopes to save itself from eradication it must once again learn to celebrate its achievements. Immigrants cannot be expected to assimilate into Western cultures if the citizens of the West appear to believe that their own civilization is not worth saving. Even in the absence of any formal plan for bloodless conquest by migration, one civilization may overtake another by simply attaining a majority. As Edward J. Erler of the Claremont Institute has observed, “A radical change in the character of the citizens of the United States would be tantamount to a regime change just as surely as a revolution in its political principles”75. Erler’s observation, however, is universally applicable. The continued importation of Muslims into the West, without a plan for cultural assimilation, will inevitably result in a fundamental transformation of the values upon which Western society was built.

73

Peter Brimelow, Alien Nation, New York 1995, p. 211. Warraq (Fn. 42), pp. 34 – 66; Bruce Gilley, The Case for Colonialism, in: Third World Quarterly 38 (2017/9), pp. 1 &16. 75 Edward J. Erler/Thomas G. West, The Founders on Citizenship and Immigration: Principles and Challenges in America, Lanham MD 2007, p. 20. 74

Radical Islam and Resettlement Jihad

207

Zusammenfassung Die jüdisch-christliche Welt befindet sich in einem Überlebenskampf gegen einen seinem Wesen nach expansionistischen Islam, der in seiner Grundphilosophie dem Westen diametral entgegengesetzt ist. Diese Unterscheidung im Verständnis der Welt hat es muslimischen Ländern gestattet, im Ausland politische Vorteile zu suchen, sowie dschihadistischen Terrorgruppen, den Sturz westlicher Regierungen anzustreben. Es geht um eine Auseinandersetzung von Kulturen, wobei die muslimische Massenmigration zu einer zivilisatorischen Bedrohung gerät. Ergebnis dessen ist eine existentielle Krise der westlichen Nationen, solange sie nicht bereit sind, ihre unbedachte Einwanderungspolitik aufzugeben und statt dessen die jüdisch-christliche Zivilisation zu verteidigen.

Zur Integration von Asylsuchenden Von Susanne Schmid I. Die Gesamtstrategie „Flucht, Migration und Integration“ der Hanns-Seidel-Stiftung Anfang 2016 waren weltweit über 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Schwere humanitäre Krisen und die Kluft zwischen Arm und Reich haben fast 2 Millionen Menschen den Weg nach Europa suchen lassen. Angekommen sind sie vor allem in Deutschland, nämlich nahezu 750.000 Flüchtlinge und Asylsuchende im Jahre 2015. Die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit der Flüchtlingskrise hat die Europäische Union an den Rand einer Zerreißprobe geführt. Aber auch die Gesellschaft in Deutschland selbst ist gespalten und beunruhigt. Die Bürger verlangen nach sachlichen Analysen und politischen Konsequenzen mit Augenmaß. 1. Entwicklung der Asylanträge in Deutschland seit 1985 Seit 1985 stellten fast 5,3 Millionen Menschen in Deutschland einen Asylantrag. Nach dem starken Anstieg der Asylanträge im Jahr 2015 und insbesondere 2016 mit bis zu 745.545 Anträgen, kam es 2017 zu einem Rückgang der Asylzahlen um 70 % auf 222.683 Asylanträge. Im Jahr 2018 waren die Zahlen weiter rückläufig. Es wurden 161.931 Asylerstanträge und 23.922 Folgeanträge gestellt, was in Summe 185.853 Asylanträge ergibt (Abbildung 1). Die drei häufigsten Herkunftsländer der Asylerstantragsteller waren 2018: Syrien (44.167), Irak (16.333) und Iran (10.857). Diese drei Länder machten 44 % aller gestellten Erstanträge aus. 2016 belegte Syrien (266.250) ebenfalls den ersten Rang bei den Erstanträgen, jedoch gefolgt von Afghanistan (127.012) und dem Irak (96.116). Fast 68 % der Erstanträge entfielen 2016 auf diese drei Herkunftsländer. 2018 wurden insgesamt 216.873 Entscheidungen über Asylanträge getroffen, dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Herkunftsländer bei 35 % (75.971 positive Entscheidungen). Zwei Jahre zuvor betrug die Gesamtschutzquote noch über 62 % (433.920 positive Entscheidungen von 695.733)1.

1 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Minas. Atlas über Migration, Integration und Asyl, Nürnberg 2018; BAMF, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Nürnberg 2018; BAMF, Asylgeschäftsstatistik für den Monat Dezember 2016. Nürnberg 2016.

210

Susanne Schmid

Abbildung 1: Entwicklung der jährlichen Asylantragszahlen in Deutschland seit 1985. Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, eigene Darstellung.

2. Erarbeitung der stiftungsübergreifenden Gesamtstrategie Seit ihrer Gründung am 11. April 1967 betreibt die Hanns-Seidel-Stiftung politische Bildungsarbeit mit dem Ziel – wie es in der Satzung heißt – die „demokratische und staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes auf christlicher Grundlage“ zu fördern. Der Stiftungsauftrag lautet: „Im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung“. Zum Auftrag der Stiftung gehört es, in den unterschiedlichsten Bereichen Grundlagenarbeit zu leisten und Zukunftsperspektiven auszuloten. Um zu einer besseren Bewältigung der internationalen Flüchtlingskrise beizutragen, hat die Hanns-Seidel-Stiftung Ende 2015 eine „Gesamtstrategie Flucht, Migration und Integration“ entwickelt. In mehreren abteilungsübergreifenden Workshops haben die Akademie für Politik und Zeitgeschehen, das Institut für Politische Bildung, das Institut für Internationale Zusammenarbeit und die Stabstellen in München, Berlin und Brüssel fünf Ziele formuliert und verschiedene Maßnahmen zur deren Erreichung erarbeitet. Die Ziele bezogen sich auf die Situation in den Herkunfts- und Transitländern sowie auf die Lage in den Aufnahmeländern der Migration: Ziel 1: Informations- und Wissenserhöhung bezüglich Flucht und Migration im In- und Ausland Ziel 2: Beseitigung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern Ziel 3: Verbesserung der Lebensumstände von Geflüchteten Ziel 4: Verbesserung der Integration im In- und Ausland

Zur Integration von Asylsuchenden

211

Ziel 5: Verbesserung der bi- und multilateralen Zusammenarbeit in Europa und der Welt. In Deutschland lag der Fokus auf einer verbesserten Integration von Geflüchteten (Ziele 4) und flankierend dazu auf einer Erhöhung von sachlichen Informationen und Wissen über das Thema Flucht und Migration (Ziel 1). Anhand von Abbildung 2 lassen sich die strategischen Überlegungen zur Verbesserung der Integration in Deutschland veranschaulichen. Sowohl Zugewanderte als auch die Aufnahmegesellschaft müssen einander offen gegenüberstehen und aufeinander zugehen, damit Integration gelingen kann. Diesen Prozeß hat die Stiftung mit unterschiedliche Maßnahmen wie Begegnungen und Informationsveranstaltungen, unterstützt.

Abbildung 2: Ausschnitt aus dem Wirkungsmodell zur „Verbesserung der Integration in Deutschland“ (Ziel 4). Quelle: Hanns-Seidel-Stiftung.

3. Umsetzung der Gesamtstrategie „Flucht, Migration und Integration“ und wichtigste Ergebnisse Um sich den hochkomplexen, dynamischen Phänomenen Migration, Flucht und Integration stellen zu können, ist ein multiperspektivischer, interdisziplinärer und offener Diskurs unabdingbar. Basierend auf der Gesamtstrategie hat die Hanns-

212

Susanne Schmid

Seidel-Stiftung seit 2015 in Expertenrunden, Fachtagungen, Workshops, Interviews, Fortbildungen, Publikationen, Forschungsstudien, Themendossiers und Entwicklungsprojekten im In- und Ausland folgende Fragestellungen bearbeitet: Wie kann man Fluchtursachen nachhaltig verringern? Was kann Entwicklungspolitik hierbei leisten? Wie können irreguläre Migration, Menschenschmuggel und Frauenhandel bekämpft werden? Wie kann die Situation in den Nachbarländern der EU stabilisiert werden? Wie soll eine gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik aussehen? Wie kann gesteuerte Zuwanderung und erfolgreiche Integration in Deutschland gelingen? Wer sind die Asylsuchenden, die 2015 nach Bayern kamen? Wie steht es um die Schaffung adäquater Infrastrukturen und bedarfsgerechter Unterstützungsangebote für anerkannte Asylbewerber? Wie kann man Asylsuchenden deutsche Kultur und Lebensart vermitteln? Wie fördert man interkulturelles Verständnis und interreligiösen Dialog? Wie kann Demokratieerziehung gelingen? Wie kann man Parallelgesellschaften und Radikalisierungen frühzeitig erkennen und eindämmen? Wie kann man Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe unterstützen? a) Zentrale Erkenntnisse aus den Expertenrunden Die weltweiten Wanderungs- und Fluchtbewegungen haben eine neue geopolitische Dimension angenommen: sowohl die Zahl der Migranten wie die eingeschlagenen Wege haben sich vervielfacht. Es ist davon auszugehen, daß sich die globale Migrations- und Fluchtproblematik vorerst nicht entschärfen wird, denn in Zukunft dürfte es nicht weniger, sondern mehr Ursachen und Möglichkeiten für transnationale Migration geben. Davon wird auch die EU betroffen sein, sowohl wegen ihrer wirtschaftlichen und wohlfahrtsstaatlichen Attraktivität, als auch aufgrund der sozio-demographischen Diskrepanz gegenüber ihrer südlichen und östlichen Nachbarregion. Migration in die EU wird zunehmen und sich dabei v. a. an den bisherigen Zielorten und Niederlassungsmustern orientieren. Für diese Annahme sprechen die historischen Bindungen zwischen Herkunfts- und Zielländern und das Anwachsen von Diasporas in einzelnen EU-Staaten. Vor diesem Hintergrund versuchen immer mehr EU-Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, im Bereich Migration neue, vielschichtige Wege zu gehen: Migrations-, Integrations- und Asylpolitik werden auf allen politischen Ebenen zunehmend als Querschnittsaufgaben verstanden. Es laufen Bemühungen, verschiedene Ressorts mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Verfahrensformen – von Justiz und Innerem über Außen- und Entwicklungspolitik bis hin zu Arbeitsmarkt-, Sozialund Bildungspolitik – aufeinander abzustimmen. Auch wächst ein Konsens in Fragen von Migrationssteuerung, Asylstandardisierung und Integrationsförderung. Eine erfolgreiche Migrationssteuerung ist nur durch umfassende Kooperationen und Partnerschaften zwischen Herkunfts- und Zielländern möglich. Auch bedarf es einer Verbesserung der operativen Zusammenarbeit in den Bereichen Migration, Asyl und Grenzschutz wie auch der wirksamen Verknüpfung von Migrations- und

Zur Integration von Asylsuchenden

213

Entwicklungspolitik. Denn den Migrationsursachen begegnen kann man nur mit Maßnahmen auf ihrer jeweiligen Ebene: Vorrangige soziale und demographierelevante Maßnahmen zur Minderung der Abwanderung wären Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungsbereich, ökonomisch unabdingbar sind nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Im politischen Bereich wäre die Förderung von Demokratie, Frieden und Sicherheit ausschlaggebend, umweltrelevant sind der Erhalt von Biodiversität und Rohstoffsicherheit. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, in der Abwanderungsregion bessere Existenzbedingungen und Zukunftsperspektiven zu schaffen und dadurch das Migrationspotenzial zu reduzieren. Dazu bedarf es jedoch politischer Beruhigung und Stabilität, einer mittelständischen Wirtschaft und aufnahmefähiger Arbeitsmärkte. Auch müssen die Maßnahmen für eine aussichtsreiche demographische, wirtschaftliche, politische und ökologische Entwicklung der jeweiligen Abwanderungsregion schnell und dauerhaft implementiert werden und effektiv sein, um das Migrationspotenzial nachhaltig zu senken. Wirtschaftliche Direktinvestitionen werden nur dann getätigt, wenn politische Stabilität und Rechtsstaatlichkeit vorhanden sind. Nur so entsteht für die dortige Jugend eine existentielle Alternative zur Abwanderung. Die EU kann die aktuelle Flüchtlingskrise nur gemeinsam bewältigen – in geteilter Verantwortung und Solidarität. Hierfür bedarf es der Umsetzung bereits bestehender Regelungen, der Schaffung menschenwürdiger Aufnahmebedingungen in allen EU-Mitgliedstaaten, der gerechten Verteilung einreisender Asylsuchender innerhalb der EU, einer harmonisierten europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik und der wirksamen Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel. Der anhaltende Migrationsdruck und die demographische Entwicklung in der EU werden die Dringlichkeit einer gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik weiter verstärken. Eine solche Politik muss der außen- und entwicklungspolitischen Dimension des Themas ebenso gerecht werden, wie einen Ausgleich zwischen Zuwanderungsdruck und Zuwanderungsbedarf finden. Dies kann nur gelingen, wenn sie auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene als politische Querschnittsaufgabe angegangen wird. – Aktuell bedarf es der Schaffung adäquater Infrastrukturen und bedarfsgerechter Unterstützungsangebote für schutzbedürftige Asylbewerber, aber auch der Beschleunigung von Asylverfahren und der konsequenten Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Man kann Fluchtbewegungen großen Ausmaßes nur gerecht werden, indem man die Fluchtursachen in den Herkunftsländern nachhaltig bekämpft und für die Nachbarländer von Krisenregionen Hilfen bereitstellt. Die Stiftungsmitarbeiter engagieren sich daher aktiv in der Eindämmung von Fluchtursachen in Herkunftsländern und der Bekämpfung von Menschenschmuggel und Frauenhandel. Auf regionaler, nationaler wie internationaler Ebene veranstalten sie Expertenrunden mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft um über themenbezogene Handlungsoptionen zu diskutieren und Lösungsansätze zu erarbeiten. Auch informieren sie die Bevölkerung über aktuelle politische Ent-

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Susanne Schmid

wicklungen in den Herkunfts-, Transit und Zielländern von Asylsuchenden und schulen Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit. b) Publikationen für haupt- und ehrenamtliche Helfer sowie Asylsuchende Daß Deutschland 2015 die Unterbringung und Versorgung von etwa 900.000 Geflüchteten zeitnah bewältigen konnte, ist auch der großen Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung zu verdanken. Ehrenamtliche Helfer sind nach wie vor eine tragende Säule im System. Sowohl die Publikation „Engagiert für Flüchtlinge: ein Ratgeber für Ehrenamtliche“ als auch das Glossar „Asyl – Flucht – Migration“ wollen den Integrationsprozeß flankierend begleiten. Sie sind ein konkreter Beitrag der HannsSeidel-Stiftung, um Aufklärung zu leisten und bei Fragen und Problemen innerhalb der ehrenamtlichen Arbeit Unterstützung anzubieten. Explizit an Asylsuchende wendet sich die Broschüre „Refugee Guide: Eine Orientierungshilfe für das Leben in Deutschland“. Sie ist in leichtem Deutsch, Englisch, Arabisch, Pashto, Tigrinya und Urdu erschienen. An Asylsuchende wie Ehrenamtliche richtet sich die Publikation „Ich zeige Dir meine Stadt: Wie wir in Deutschland leben“. Hierin wird einem „Fremden“ bei einem virtuellen Stadtrundgang veranschaulicht: wie wir uns in unserer Kultur bewegen, welche Rechte und Pflichten der Einzelne hat, welche Bedeutung die unterschiedlichsten Ämter haben, wie sich das soziale Zusammenleben bei uns gestaltet und auch worauf man in Deutschland besonders achten sollte. Von den Stipendiaten der Stiftung wurden Erklärfilme zur Visualisierung der Publikation erstellt. Das Angebot der Hanns-Seidel-Stiftung richtet sich an Asylsuchende sowie an haupt- und ehrenamtliche Helfer. Es soll unterstützen, aufklären und Hilfestellung bei Problemen und Alltagsfragen, die das Leben in Deutschland betreffen, leisten. Damit setzt die Stiftung ihr langfristig angelegtes Engagement, den Integrationsprozeß von Asylsuchenden mit Bleibeperspektive nachhaltig zu begleiten und zu fördern, fort. II. Pilotstudie: Asylsuchende in Bayern. Eine qualitative und quantitative Studie Vor dem Hintergrund der Gesamtstrategie wurde von der Hanns-Seidel-Stiftung Ende 2015 eine Pilotstudie2 über Asylsuchende in Bayern in Auftrag gegebenen. Hierfür hat ein Forscherteam um Prof. Dr. Sonja Haug von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg Asylsuchende, die 2015 und 2016 nach 2 Da das Projekt den Charakter einer Pilotstudie aufweist, kann keine Repräsentativität für ganz Bayern gewährleistet werden.

Zur Integration von Asylsuchenden

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Bayern kamen, zu ihren Migrationserfahrungen, Einstellungen, Werten und Zukunftsplänen befragt. Neben Informationen zu Bildung und Berufserfahrung wurden auch Fragen zu Geschlechterrollen und Religiosität beantwortet3. Die Studie sollte Aufschluß geben, wer die Geflüchteten sind und was man bei der Integration verbessern kann. Interviewt wurden im Sommer 2016 Asylsuchende aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und dem Irak, die 2015/2016 in den Freistaat gekommen sind. Die befragten Frauen kamen aus Syrien und dem Irak. Die Pilotstudie wurde in Nürnberg und im Landkreis Ebersberg in den Sprachen Arabisch, Kurdisch, Paschtu, Farsi und Tigrinya durchgeführt. Das Forschungsprojekt basiert auf drei Teilstudien, die gemeinsam mit dem Projekt-Team der Hanns-Seidel-Stiftung erarbeitet wurden: (a) Im Rahmen einer standardisierten Befragung beantworteten rund 750 Asylsuchende Fragen zu Themen wie Familie, Bildung und Berufserfahrung sowie zu ihren Migrationserfahrungen, Einstellungen, Werten und Zukunftserwartungen. (b) In leitfadengestützten persönlich-mündlichen Interviews wurden 12 weitere Asylbewerber tiefergehend zu ihrer Migrationsbiographie, ihren Werten und Zielen befragt. (c) Zusätzlich wurde in einer qualitativen Teilstudie die Perspektive von 12 Experten, die mit der Verteilung, Unterbringung, Versorgung und Integration von Asylsuchenden betraut sind, erfaßt. 1. Sozio-demographische Unterschiede der Befragten nach Herkunft und Geschlecht Vorrangiges Ergebnis der Studie war, daß es „die Asylsuchenden“ nicht gibt. Es zeigten sich deutliche Unterschiede nach Nationalität, Schichtzugehörigkeit, Geschlecht, Alter und Familienstand sowie bezüglich Religiosität und Einstellungsmustern4. Ein Vergleich sozio-demographischer Merkmale männlicher Befragter führte zu folgenden Erkenntnissen: Die befragten Afghanen und z. T. auch die eritreischen Männer stellen in der Erhebung eine Sondergruppe dar: Sie sind im Vergleich zu den Syrern und Irakern jünger, meist ledig, kinderlos, weniger gebildet, religiöser und leben alleine in Deutschland. So sind die befragten Afghanen durchschnittlich 3 Sonja Haug/Edda Currle/Susanne Lochner/Dominik Huber/Amelie Altenbuchner, Asylsuchende in Bayern. Eine quantitative und qualitative Studie, München 2017 (zugänglich unter: www.hss.de/download/publications/Asylsuchende_in_Bayern.pdf; Zugriff: 2. Januar 2020). 4 Passagen aus Kapitel II wurden bereits veröffentlicht in Paula Bodensteiner/Susanne Schmid, Asylsuchende in Bayern und ihre Integration. Erkenntnisse einer Pilotstudie der OTH-Regensburg im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung, München 2017.

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erst 23 Jahre alt, die Eritreer 27 Jahre, die syrischen und irakischen Männer bereits 30 Jahre (Tabelle 1). Ledig sind 86 % der Afghanen, jedoch nur 47 % der Syrer, was mit dem Alter korreliert. 94 % der befragten Afghanen und 98 % der Eritreer leben alleine in Deutschland. Bei den irakischen und syrischen Männern ist es nur rund die Hälfte, weil sie im Familienverbund eingereist sind. Tabelle 1 Sozio-demographische Merkmale der befragten Männer Afghanen

Eritreer

Iraker

Syrer

Durchschnittsalter

23 Jahre

27 Jahre

30 Jahre

30 Jahre

Verheiratet

7,8 %

32,3 %

33,2 %

48,0 %

Ledig

86,3 %

62,9 %

62,1 %

47,1 %

Keine Kinder

91,7 %

71,0 %

69,7 %

57,9 %

Allein in Deutschland

94,1 %

98,4 %

62,2 %

52,0 %

Nie Schule besucht

17,3 %

3,2 %

4,3 %

3,6 %

Studienabschluss

6,3 %

3,5 %

11,8 %

14,0 %

Durchschn. Berufserfahrung

6,4 Jahre

4,4 Jahre

7,6 Jahre

8,2 Jahre

Keine Berufserfahrung

15,7 %

36,7 %

17,6 %

20,3 %

Nie Kontakt zu Deutschen

6,1 %

13,1 %

24,3 %

24,6 %

Muslim

90,4 %

24,2 %

76,5 %

95,8 %

Christ

3,8 %

75,8 %

3,6 %

1,0 %

Beten täglich

82,7 %

85,5 %

35,0 %

33,0 %

Beten nie

5,8 %

3,0 %

41,1 %

40,2 %

Quelle: Haug et al. 2017, eigene Darstellung.

Auch im Bildungsniveau und bei der Berufserfahrung bestehen erhebliche Unterschiede: So haben 17 % der Afghanen nie eine Schule besucht, bei den Irakern, Syrern und Eritreern hingegen nur maximal 4 %. Über einen Studienabschluß verfügen 14 % der Syrer, 12 % der Iraker, 6 % der Afghanen und 3,5 % der Eritreer (Tabelle 1). Keinerlei Berufserfahrung vorweisen können 37 % der Eritreer, 20 % der Syrer, 18 % der Iraker und 16 % der Afghanen (Tabelle 1). Die höchste Berufstätigenquote weisen – trotz ihres jungen Alters – Afghanen mit 84 % auf. Bei Männern aus Syrien, Irak und Eritrea liegt dieser Anteil bei etwa 65 %. Die genannten Berufe können hauptsächlich dem Dienstleistungssektor zugeordnet werden, in Eritrea und Afghanistan auch der Landwirtschaft. Ein Viertel der bislang berufstätigen Afghanen hat im Baugewerbe gearbeitet, während bei Männern aus Eritrea der Nationaldienst eine wichtige Rolle spielt. Die größten Unterschiede zeigen sich jedoch beim Geschlechtervergleich: Anders als die Männer, sind die befragten Frauen zumeist im Familienverbund nach Deutschland gekommen. 79 % der befragten Syrerinnen und 73 % der Irakerinnen sind verheiratet, ihr Durchschnittsalter liegt bei 32 Jahren.

Zur Integration von Asylsuchenden

217

Betrachtet man das niedrigste Bildungsniveau, zeigen sich enorme Geschlechterunterschiede: 19 % der Irakerinnen und 11 % der Syrerinnen haben nie eine Schule besucht, wohingegen es bei den Männern nur 4 % sind. Wenn es um den Studienabschluß geht, zeigen jedoch Frauen und Männer gleiche Werte: 14 % der Syrerinnen und 12 % der Irakerinnen haben ein Studium absolviert. Eine Analyse der Arbeitsmarktbeteiligung ergibt, daß 74 % der befragten Irakerinnen und 60 % der Syrerinnen noch nie gearbeitet haben. Frauen ohne Berufserfahrung sind durchschnittlich 31 Jahre alt, Männer 23 Jahre.

Abbildung 3: Gründe für die Wahl Deutschlands als Zielland. Quelle: Haug et al. 2017, S. 39. Anmerkung: Mehrfachangaben waren möglich.

Als Hauptgründe für die Wahl Deutschlands als Zielland haben die befragten Männer und Frauen Frieden, politische Stabilität und die freie Religionsausübung benannt. Weitere Pull-Faktoren waren das deutsche Bildungssystem sowie die soziale und medizinische Versorgung in Deutschland (Abbildung 3). 2. Definition und Operationalisierung von Integration Integration wird laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge definiert als ein langfristiger Prozeß, dessen Ziel es ist, „alle Menschen, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben, in die Gesellschaft einzubeziehen. Zugewanderten soll eine umfassende und gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Berei-

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chen ermöglicht werden. Sie stehen dafür in der Pflicht, Deutsch zu lernen sowie die Verfassung und die Gesetze zu kennen, zu respektieren und zu befolgen.“5 Man unterscheidet vier Dimensionen der Integration: kulturelle, strukturelle, soziale und identifikative Integration (vgl. Tabelle 2). Den Integrationsdimensionen sind Indikatoren zugeordnete, die es erlauben, Integrationsverläufe zu messen. Tabelle 2 veranschaulicht diese Zusammenhänge. Tabelle 2 Integrationsindikatoren und Dimensionen der Integration Indikatoren der Integration

Dimension der Integration

Sprachkenntnis

Kulturelle Integration

Kenntnis der Aufnahmegesellschaft Arbeitsmarktbeteiligung

Strukturelle Integration

Teilnahme am Bildungs- und Qualifikationssystem Bildungsniveau Ethnischer Hintergrund des Partners

Soziale Integration

Informeller Kontakt zu Einheimischen Keine (ethnisch) segregierte Wohngegend Mitgliedschaft in Vereinen und Organisationen Einbürgerung

Identifikative Integration

Zugehörigkeitsgefühl, Identifikationsbereitschaft mit Aufnahmeland Einverständnis mit Werten und Auffassungen des Aufnahmelandes Selbsteinschätzung der Zugehörigkeit Quelle: Eigene Darstellung.

3. Unterschiede der Befragten im Bereich kultureller und sozialer Integration „Deutsch lernen“ ist das wichtigste Ziel der Asylsuchenden und zwar unabhängig von Geschlecht, Alter, Familienstand oder Bildung – gefolgt von Arbeit, Wohnung und deutschen Freunden (Abbildung 4). Zum Zeitpunkt der Befragung nahmen bereits 75 % der afghanischen Männer und über 55 % der befragten Iraker, Syrer und Eritreer an einem Deutschkurs teil. Bei den Frauen hingegen haben nur 39 % der Irakerinnen und 31 % der Syrerinnen einen Deutschkurs besucht. Syrische Frauen haben trotz höherer Schulbildung seltener an Integrationskursen teilgenommen und weisen somit vergleichsweise ge5 Online-Definition des BAMF: www.bamf.de/DE/Service/ServiceCenter/Glossar/_func tions/glossar.html?nn=282918&cms_lv3=294894&cms_lv2=282958 (Zugriff: 2. Januar 2020).

Zur Integration von Asylsuchenden

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Abbildung 4: Zukunftspläne nach Herkunftsland. Quelle: Haug et al. 2017, S. 86. Anmerkung: Mehrfachangaben waren möglich.

ringe Deutschkenntnisse auf. Bei den meisten Befragten waren trotz hoher Ambitionen erst sehr geringe Deutschkenntnisse vorhanden. Über persönliche Kontakte können die in Deutschland gelebten Normen, Werte und Gepflogenheiten nachhaltig vermittelt werden. Keinen Kontakt zu Deutschen haben nach eigenen Angaben etwa 25 % der befragten Männer aus Syrien und dem Irak, bei den Eritreern sind es 13 % und bei den Afghanen 6 % Prozent (Tabelle 1). Bei den Frauen zeigen sich höhere Werte: 47 % der Irakerinnen und 38 % der Syrerinnen verbringen nie Zeit mit Deutschen. Mit Personen aus dem eigenen Herkunftsland haben 66 % der Frauen und 82 % der Männer täglich Kontakt. Eine Analyse von Religionszugehörigkeit und Religiosität zeigt, daß die überwiegende Mehrheit der befragten Syrer (96 %), Afghanen (90 %) und Iraker (77 %) Muslime sind (Tabelle 1). Die Eritreer gehören zu drei Vierteln der Gruppe der orthodoxen Christen an. Die befragten Muslime aus Afghanistan weisen eine hohe Frömmigkeit auf, wohingegen dies nur für etwa die Hälfte der Muslime aus Syrien und dem Irak gilt. Etwa 80 % der christlichen Asylsuchenden praktizieren ihre Religion im Alltag. Vor allem für jüngere Befragte aus Eritrea, aber auch aus Afghanistan, ist nach eigenen Angaben die Befolgung religiöser Gebote wichtiger als staatliche Gesetze. Die Befunde zeigen, daß über 21 % der Syrer und Iraker, 38 % der Afghanen und 79 % der Eritreer der Befolgung religiöser Gebote höchste Priorität einräumen. Die befragten Experten berichteten von religiös begründeten Konflikten zwischen Angehörigen verschiedener Herkunftsgruppen in Gemeinschaftsunterkünften sowie von offenen antisemitischen oder rassistischen Äußerungen. Antisemitische Einstellungen werden auch in der quantitativen Befragung offensichtlich. Über die

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Susanne Schmid

Hälfte der muslimischen Befragten weisen deutliche Tendenzen zu antisemitischen Einstellungsmustern auf. Sie sind der Meinung, daß Juden auf der Welt zu viel Einfluß haben. Hierbei zeigt sich die Religionszugehörigkeit als der entscheidende Faktor, der antisemitische Meinungen erklärt. Antisemitismus ist in allen Altersgruppen und Bildungsschichten der muslimischen Asylsuchenden verankert. Begründet wird dies in den Einzelinterviews mit der Erziehung in den Herkunftsländern. 4. Ergebnisse und Schlußfolgerungen „Gelungene Integration bedeutet, sich einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen. Sie bedeutet die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses, wie man in der Gesellschaft zusammenlebt. Zuwanderung kann deshalb nur als wechselseitiger Prozeß gelingen. Sie setzt die Aufnahmebereitschaft der Mehrheitsgesellschaft voraus – wie auch die Bereitschaft der Zugewanderten, die Regeln des Aufnahmelands zu respektieren und sich um die eigene Integration zu bemühen“6, so die Definition des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Um Integrationsprozesse gezielt unterstützen zu können, muß man mögliche Problemfelder im Vorfeld ausmachen und benennen. Ein Ergebnis der Studie legt nahe, sich besonders um die Vielzahl der jungen, alleinstehenden Männer der unterschiedlichen Kulturkreise anzunehmen. Bei ihnen scheint die Gefahr einer ungünstigen Beeinflussung jeglicher Hinsicht am Größten zu sein. Dies gilt insbesondere für Befragte, die die Befolgung religiöser Gebote wichtiger als staatliche Gesetze bewerten. Um diskriminierendem Verhalten oder Gewalt gegenüber Andersgläubigen, anderen Ethnien oder gegenüber Frauen entgegenzusteuern, bedarf es präventiver und repressiver Maßnahmen. Ein besonderes Augenmerk muß dem Umgang mit Frauen gelten, denn die befragten Experten sehen Hinweise auf ein Frauenbild, das mit der westlich-liberal geprägten Vorstellung nicht konform ist. Ein Indiz für arrangierte Ehen ist beispielsweise die Aussage von 23 % der befragten Eritreer, daß Frauen ihren Ehepartner nicht selbst auswählen dürfen. Ein weiteres Studienergebnis ist, daß die Befragten bisher kaum freundschaftlichen Kontakt zu Deutschen haben, was mit der Sprachbarriere begründet wird. Dies ist ein gravierendes Manko, denn nur über vertrauensvolle persönliche Kontakte können die in Deutschland gelebten Normen, Werte und Gepflogenheiten nachhaltig vermittelt werden. Gerade im Familienverbund Eingereiste verbringen am seltensten Zeit mit Deutschen. Hier gilt es der Bildung von Parallelgesellschaften frühzeitig entgegenzuwirken.

6 Online-Definition des Begriffs „Integration“ durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Integration/integrati on_node.html (Zugriff: 2. Januar 2020).

Zur Integration von Asylsuchenden

221

Ein weiteres Integrationspotenzial besteht bei Frauen aller Altersstufen und bei Müttern. Ihnen müssen die Möglichkeiten zur Selbstbestimmung dargelegt werden. Auch müssen sie Unterstützung insbesondere bei Erziehungs- und Gleichstellungsfragen erhalten und spezielle Bildungsangebote aufgezeigt bekommen. Unsere Ergebnisse zeigten, daß Frauen signifikant weniger außerfamiliäre Kontakte haben und auch seltener als Männer die Sprachkurse besuchen. Hier gilt es gegenzusteuern. Im Bereich Bildung und Arbeitsmarkt konnte die Studie aufzeigen, daß männliche Befragte aus Syrien und dem Irak gemessen an der Dauer der formalen Schulbildung die am höchsten gebildete Gruppe darstellen und Afghanen die am geringsten gebildete. Bei den befragten Frauen haben die Irakerinnen am seltensten die Schule besucht und verfügen über die geringste Berufserfahrung. Junge Eritreer sind besonders häufig aufgrund der Flucht vor dem Nationaldienst vor Beendigung ihrer Schullaufbahn eingereist. Die Einzelbiographien zeigen, daß ein Abbruch der Schulbildung bei ihnen eher die Regel als die Ausnahme ist. Entsprechend des jüngeren Einreisealters planen am häufigsten Befragte aus Afghanistan oder Eritrea eine Berufsausbildung oder ein Studium. Junge syrische Männer haben nach eigenen Aussagen eine hohe Studienorientierung (Abb. 4). Befragte, die bereits längere Zeit berufstätig waren, sind kaum bereit, eine berufliche Qualifikation zu erwerben. Ein geringes Schulbildungsniveau kommt erschwerend hinzu. Nach Aussagen der Experten herrscht weitestgehend Unkenntnis über die Anforderungen und Qualitätsstandards des deutschen Berufsausbildungssystems und demzufolge eine verbreitete Fehleinschätzung der eigenen Möglichkeiten. Die qualitativen Interviews mit den Asylsuchenden zeigen, daß häufig grundlegende Kenntnisse zu Ausbildungszeiten und Verdienstmöglichkeiten in Deutschland fehlen. Insgesamt stellen sich die Befragten eine Integration in den Arbeitsmarkt einfacher und schneller vor, als dies aus Expertensicht und aus Sicht der Bildungs- und Arbeitsmarktforschung möglich sein wird. Hier gilt es aufzuklären. Tabelle 3 veranschaulicht die Handlungsoptionen, die sich im Bereich kultureller, struktureller und sozialer Integration basierend auf den Studienergebnissen ableiten lassen: Tabelle 3 Handlungsempfehlungen für gelungene Integration Handlungsempfehlungen Kulturelle Integration

– Sprache ist der Schlüssel zur Integration: Spracherwerb alltagsnah und kulturvermittelnd gestalten. – Gelebte Integration baucht Vorbilder: Moscheevereine und Migrantenselbstorganisationen bei der Integration besser einbinden. – Kulturelle Integration fördern, aber auch einfordern. – Werte und Normen zuerst in der Muttersprache vermitteln und erst bei ausreichenden Sprachkenntnissen auf Deutsch.

222

Susanne Schmid Tabelle 3 (Fortsetzung)

Handlungsempfehlungen Strukturelle Integration

Soziale Integration

Integration von Frauen und Familien

– Mehrsprachige Informationen über das deutsche Bildungsund Berufssystem anbieten. – Sprachliche, schulische und nicht-schulische Bildungsangebote weiter ausbauen. – Ausbildung und Weiterqualifikation für eine bessere Arbeitsmarktintegration ermöglichen. – Demokratieerziehung und politische Bildung fördern und vertieft in die Lehrpläne einbringen – hier auch auf die Ausbildung des Lehrpersonals achten. – Für Neuzuwanderer frühzeitig Beschäftigungsmöglichkeiten durch Sprach- und Integrationskurse etc. schaffen. – Regelmäßige Kontakte zu (gleichaltrigen) Deutschen im Alltag ermöglichen. – Junge männliche Asylsuchende im Umgang mit Frauen schulen. – Segregation und Parallelgesellschaften vorbeugen. – Islamische und orthodoxe Gemeinden bei der Betreuung, Integration und Radikalisierungsprävention von Asylsuchenden in die Pflicht nehmen. – Radikalisierungstendenzen entgegenwirken; Antisemitismus, Diskriminierung, Rassismus und Frauenfeindlichkeit unterbinden. – Kurse zur Wertebildung in Familien anbieten (Elternbildung). – Gezielt Kurse für Frauen einrichten. – Emanzipation und Gleichberechtigung fördern. – Mehr Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft ermöglichen.

Quelle: Eigene Darstellung.

III. Stiftungsarbeit heute Die Frage nach einem verantwortungsvollen Umgang mit Flucht und Migration bleibt auch heute in Bayern, in Deutschland, im gesamten Europa bestehen. Eine schnelle Lösung kann es nicht geben. Gefragt sind eine ehrliche Analyse und eine Politik mit Augenmaß, die nicht spaltet, sondern eint. Dazu hat sich die HannsSeidel-Stiftung zum Ziel gesetzt, weiterhin mit unterschiedlichsten Projekten - über Flucht und Migration sachlich aufzuklären und politische Entscheidungsträger, verantwortliche Institutionen sowie die Bürger einzubinden, - die Fluchtursachen in den betreffenden Ländern zu analysieren und an deren Beseitigung zu arbeiten,

Zur Integration von Asylsuchenden

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- die Integration als Prozeß zu begreifen und diesen langfristig in Bayern, Deutschland und Europa zu unterstützen sowie - die wichtige Arbeit der Ehrenamtlichen im Blick zu behalten und ihnen Unterstützung zu geben. Der Fokus der Stiftungsarbeit liegt aktuell v. a. auf einer Versachlichung der Flüchtlingsdebatte und der nachhaltigen Integrationsförderung von Asylsuchenden mit Bleibeperspektive in Deutschland. Weitere Themen sind Fluchtursachenbekämpfung, Migrationssteuerung und Radikalisierungsprävention. Summary In 2015, the Hanns-Seidel-Foundation developed an overall strategy “Flight, Migration and Integration“. In Germany, the focus was on encouraging the integration of asylum seekers und on disseminating more information and knowledge about flight and migration. Therefore, in 2016, a quantitative and qualitative pilot study on asylum seekers in Bavaria has been conducted by a research team of OTHRegensburg. Asylum seekers from Syria, Afghanistan, Eritrea and Iraq, who arrived in Bavaria in 2015, were asked about their migration experience, attitudes, values and future plans.

IV. Herausforderungen für das Handeln der Kirche / Challenges for the Church

Herausforderungen der Migration für die Sendung der Kirche Von Stefan Mückl Die Migrationsbewegungen der letzten Jahre, vermehrt seit dem Herbst 2015, stellen nicht nur den Staat, sondern auch die Kirche und ihre Sendung vor neue Herausforderungen. Seit 2015 stellten rund 1,5 Millionen Menschen, zumeist aus dem Nahen und Mittleren Osten (zu einem geringeren Teil aus Afrika) einen Asylantrag. Allein ein Drittel davon stammt aus Syrien, die übrigen Hauptherkunftsländer sind Afghanistan, der Irak und Iran sowie Nigeria, Eritrea und Somalia1. Etwa drei Viertel der Asylsuchenden sind Muslime; die zweitgrößte Gruppe bilden mit etwa 13 – 14 % die Christen. Allerdings ist diese Kategorisierung wenig trennscharf, einmal, weil sie (notwendigerweise) allein an der formalen Religionszugehörigkeit anknüpft, zum anderen, weil sie wichtige Binnendifferenzierungen nicht abbildet. So rechnen die Statistiken auch die Ahmadiyya dem Islam zu (was zwar deren Selbstverständnis entspricht, nicht aber ihrer Einschätzung durch die Hauptströmungen des Islam). Unter dem Begriff „Christen“ werden ohne weitere Unterscheidung Angehörige der Orientalischen Kirchen, der Alt-Orientalischen Kirchen, der mit der Kirche von Rom verbundenen („unierten“) Kirchen sowie weiterer christlicher Denominationen geführt2. Angesichts der so nur schemenhaft skizzierten tatsächlichen Situation hat die Kirche ihre Sendung zu erfüllen, entsprechend den immer gültigen Maßstäben, die sich aus ihrem Glauben und ihrer Disziplin ergeben, freilich stets auch bezogen auf die konkret gegebenen Umstände. Die Herausforderungen für die kirchliche Sendung betreffen – allgemein wie aktuell – sämtliche ihrer Grundvollzüge: die Aufgabe, vom Evangelium Zeugnis zu geben (Martyria), das Gedächtnis von Leiden, Sterben und Auferstehung Christi in Kult und Anbetung zu feiern (Leiturgia) sowie, die Liebe Christi im Dienst am Notleidenden als konkrete Nächstenliebe erfahrbar zu machen (Diakonia). Alle drei Grundvollzüge sind aufeinander bezogen und ergänzen sich wechselseitig3. In welcher Weise sie angesichts der gegenwärtigen 1 Umfangreiches statistisches Material findet sich unter www.bpb.de/node/265707 (Zugriff: 2. Januar 2020). 2 Instruktive Bestandsaufnahme bei Cornelia Horn, Migration orientalischer Christen aus dem Nahen Osten und Nordafrika als Faktor einer sich ändernden religiösen und kirchlichen Landschaft in Deutschland, in: Zeitschrift für Ausländerrecht (ZAR) 2018, S. 144 ff. 3 s. nur aus dem jüngeren päpstlichen Lehramt: Benedikt XVI. Enzyklika Deus caritas est, 25. Dezember 2005, in: Acta Apostolicae Sedis (AAS) 98 (2006), S. 218 ff., Nr. 25.

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Migrationsbewegungen in Deutschland relevant werden, ist Gegenstand der folgenden Überlegungen. I. Diakonische Tätigkeit der Kirche Als in Theorie und Praxis weitgehend unproblematisch erweist sich – jedenfalls im überlieferten Sinn – die diakonische Tätigkeit der Kirche. Ihr engagierter Einsatz zugunsten von Flüchtlingen und Fremden ist in Umfang wie Intensität beeindruckend. Die Hilfsangebote wie -leistungen der Einrichtungen der verfaßten Caritas, die unzähligen persönlichen Initiativen von Gläubigen wie auch das dezidierte Eintreten hoher kirchlicher Repräsentanten für die Belange von Flüchtlingen erfahren in Staat und Gesellschaft in hohem Maße Zustimmung und Wertschätzung. Gerade auch diejenigen Kreise, welche gemeinhin kirchliches Handeln mindestens kritisch zu begleiten pflegen, zeigen sich von Haltung wie Handeln der Kirche gegenüber Flüchtlingen beeindruckt, zumal ihr diakonisches Wirken ohne Ansehung der Person erfolgt. Im Mittelpunkt steht der hilfebedürftige Mensch, unbeschadet seiner Herkunft und Religion. An diesem Punkt treffen sich biblisches und allgemein philanthropisches Credo. Indes: So sehr im äußeren Tätigwerden der barmherzige Samariter demjenigen zu gleichen scheint, dem „alle Menschen Brüder (werden)“, liegt doch ein zentraler Unterschied in der dem Handeln zugrundeliegenden Motivation. Caritas als Grundvollzug kirchlichen Lebens folgt dem Leitbild des „um meines Namens willen“, weil in dem Hilfsbedürftigen Christus selbst gesehen wird4. Gleichermaßen bringt die Caritas die Liebe Christi zu den Notleidenden, Bedrückten und Bedrängten und ist darum Bezeugung des Evangeliums in zutiefst praktischer Weise. Deshalb wiederum verlangt das geltende kanonische Recht5 von den im karitativen Dienst Tätigen, daß sie die katholische Identität der entsprechenden karitativen Werke teilen oder jedenfalls respektieren6. Wer zudem im pastoralen karitativen Dienst tätig ist, bedarf nicht nur der selbstverständlichen beruflichen Kompetenz, sondern muß vielmehr „auch ein Beispiel christlicher Lebensführung geben und eine Herzensbildung aufweisen, durch die ein in der tätigen Nächstenliebe wirkender Glaube zum Ausdruck kommt.“7 Karitatives Wirken der Kirche beschränkt sich also nicht einfach darauf, „Gutes zu tun“, sondern es läßt die Triebkraft der Tätigkeit erkennen – in ihrer Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirche ebenso wie im persönlichen Handeln der Bediensteten. Es geht also, bei selbstverständlicher Wahrung der religiösen Über4

Vgl. Mt 25,31 – 46. Erstmalige umfassende universalkirchliche Regelung durch Benedikt XVI., Motu proprio Intima Ecclesiae natura vom 11. November 2012, in: AAS 104 (2012), S. 996 ff. 6 Art. 7 § 1 des Motu proprio Intima Ecclesiae natura. 7 Art. 7 § 2 des Motu proprio Intima Ecclesiae natura. 5

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zeugungen anders- oder nichtgläubiger Hilfsbedürftiger, um die Erkennbarkeit der kirchlichen Sendung der konkreten Einrichtung. II. Zeugnis der Kirche für die Botschaft des Evangeliums Die Kirche als die von Gott „herausgerufene“8 Gemeinschaft der Gläubigen ist dazu berufen, die ihr anvertraute „gute Nachricht“ nicht für sich zu behalten, sondern sie weiterzugeben und für sie Zeugnis abzulegen. Den Missionsbefehl des Auferstandenen9 versucht die Kirche auf vielerlei Weise umzusetzen, nach der Systematik des geltenden kanonischen Rechts durch den Dienst am Wort Gottes, die Missionstätigkeit der Kirche, die katholische Erziehung sowie die sozialen Kommunikationsmittel10. Speziell der Missionstätigkeit der Kirche – vielfach auch als „(Neu-)Evangelisierung“ bezeichnet – hat das kirchliche Lehramt in den vergangenen Jahrzehnten besondere Aufmerksamkeit zugewandt. Dafür stehen die programmatischen Schreiben der letzten Päpste, von Paul VI.11 über Johannes Paul II.12 bis hin zu Franziskus13. Doch auch die Deutsche Bischofskonferenz hat sich seit der Jahrtausendwende des Themas angenommen, so in den Erklärungen „,Zeit zur Aussaat‘. Missionarisch Kirche sein“ (2000)14 und „Missionarisch Kirche sein. Offene Kirchen – Brennende Kerzen – Deutende Worte“ (2003)15. Besonders konkret wird der Missionsauftrag Christi („macht alle Völker zu meinen Jüngern“) in der Verkündigung des Evangeliums gegenüber Nichtgetauften. Mündet das Zeugnis der Kirche und des einzelnen Christen in dem Wunsch des Nichtgetauften, den Glauben an Christus anzunehmen und sich taufen zu lassen, nimmt sich die Kirche dieser Menschen in besonderer Weise an und führt sie in einem längeren Zeitraum der Unterweisung in das christliche Leben in einem umfassenden Sinne ein. Zu diesem Zweck hatte die Liturgie-Konstitution des II. Va-

8 Das spätlateinische Lehnwort ecclesia leitet sich vom Griechischen 1jjkgs_a her und bedeutet wörtlich „die Herausgerufene“. 9 Mt 28,19 – 20. 10 Die Einzelheiten finden sich im III. Buch („Verkündigungsdienst der Kirche“) des CIC/ 1983 (cc. 747 – 834). 11 Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi über die Evangelisierung in der Welt von heute, 8. Dezember 1975, in: AAS 68 (1976), S. 5 ff. 12 Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio über die fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrags, 7. Dezember 1990, in: AAS 83 (1991), S. 249 ff. 13 Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute, 24. November 2013, in: AAS 105 (2013), S. 1019 ff. 14 Veröffentlicht vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz als Heft 68 der Schriftenreihe „Die Deutschen Bischöfe“, Bonn 2000. 15 Veröffentlicht vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz als Heft 72 der Schriftenreihe „Die Deutschen Bischöfe“, Bonn 2003.

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tikanischen Konzils16 auf die Wiederherstellung des frühchristlichen Instituts des Katechumenats17 gedrungen, dessen nähere Ausgestaltung Sache der einzelnen Bischofskonferenzen ist. Die Deutsche Bischofskonferenz hat dafür 1975 eine (primär liturgisch akzentuierte) Grundordnung vorgelegt, die 2001 in einer überarbeiteten Fassung neu herausgegeben wurde18. Aus dem gleichen Jahr stammt eine Arbeitshilfe der Bischofskonferenz zum Themenkreis Erwachsenentaufe und Katechumenat19. Jüngeren Datums sind – auf Ebene der Bischofskonferenz wie einzelner Diözesen – Orientierungen zur Frage der Begleitung von Taufbewerbern, die als Flüchtlinge in Deutschland leben (zumal muslimischer Provenienz)20. Blickt man auf die statistischen Daten – seit 20 Jahren bewegt sich die jährliche Zahl von Erwachsenentaufen auf einem stabil niedrigen Niveau21, wobei in ca. 5 % der Fälle ein muslimischer Hintergrund besteht22 –, versteht man die Einschätzung des damaligen Vorsitzenden der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz bei der Präsentation der Erklärung „Zeit zur Aussaat“: „Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt etwas. Es ist nicht das Geld. Es sind auch nicht die Gläubigen. Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt die Überzeugung, neue Christen gewinnen zu können.“23 Davon nicht gänzlich unberührt erscheinen auch die erwähnten kirchenamtlichen Dokumente zur Frage der Taufe von (muslimischen) Flüchtlingen. So werden nicht nur weder von der kirchlichen Tradition

16 II. Vatikanisches Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium über die Heilige Liturgie, 4. Dezember 1963, in: AAS 56 (1964), S. 97 ff., Nr. 64. 17 Dazu aus (pastoral)theologischer Sicht Franz-Peter Tebartz-van Elst, Handbuch der Erwachsenentaufe. Liturgie und Verkündigung im Katechumenat, Münster 2002; kirchenrechtliche Grundorientierung bei Christoph Ohly, Der Dienst am Wort Gottes. Eine rechtssystematische Studie zur Gestalt von Predigt und Katechese im Kanonischen Recht, St. Ottilien 2008, S. 756 ff. 18 Liturgische Institute Deutschlands, Österreichs und der Schweiz (Hrsg.), Die Feier der Eingliederung Erwachsener in die Kirche, 2 Bände, Trier 2001. 19 Sekretariat der Bischofskonferenz (Hrsg.), Arbeitshilfe „Erwachsenentaufe als pastorale Chance – Impulse zur Gestaltung des Katechumenats“, Schriftenreihe „Arbeitshilfen“, Heft 160, Bonn 2001. 20 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Christus aus Liebe verkünden. Zur Begleitung von Taufbewerbern mit muslimischem Hintergrund, Schriftenreihe „Arbeitshilfen“, Heft 236, Bonn 2009; Bistum Speyer (Hrsg.), Handreichung zum Umgang mit dem Taufwunsch von Geflüchteten, Speyer 2016; Bistum Aachen (Hrsg.), „Wenn Flüchtlinge nach der Taufe fragen“. Handreichung zum Umgang mit dem Konversionswunsch von geflüchteten Menschen, Aachen 2016; ferner: Zum Umgang mit Taufbegehren von Asylsuchenden. Eine Handreichung für Kirchengemeinden, herausgegeben vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche (EKD) und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), Hannover 2013. 21 Die Zahlen stagnieren um die 3400 Erwachsenentaufen; für die Einzelheiten s. Sekretariat der DBK (Hrsg.), Katholische Kirche. Zahlen und Fakten 2017/18, Bonn 2018, S. 44. 22 Sekretariat der DBK (Hrsg.), Arbeitshilfe „Christus aus Liebe verkünden“ (Fn. 20), S. 18, 20. 23 Sekretariat der DBK (Hrsg.), Erklärung „Zeit zur Aussaat“ (Fn. 14), S. 35.

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noch von ihrer Rechtsordnung verlangte Kriterien zusätzlich postuliert24. Mit Nachdruck betonen die Autoren dieser Dokumente, man wolle „auf gar keinen Fall missionieren oder abwerben“25. III. Kultische und liturgische Dimension des kirchlichen Lebens Betrifft die karitative Tätigkeit der Kirche alle Flüchtlinge unbeschadet ihrer Religion, und die missionarische Dimension primär die Nichtgetauften, liegt die Relevanz von Kultus und Liturgie im Hinblick auf Flüchtlinge bei denjenigen christlichen Glaubens. Nur ein vergleichsweise geringer Teil der christlichen Flüchtlinge gehört der lateinischen Kirche an, die überwiegende Mehrheit hingegen den Orientalischen, Altorientalischen sowie katholischen Ostkirchen. Speziell für die Katholische Kirche stellen sich bei dieser Sachlage nicht geringe Herausforderungen. Die Gläubigen der mit der römischen Kirche verbundenen Kirchen bilden zumeist nur kleine Gruppen, die sich im Aufnahmeland kaum an bestimmten Orten konzentrieren. Üblicherweise verbleiben ihrer Priester – motiviert aus einer beeindruckenden Bekennerhaltung und seelsorgerlichen Gesinnung – in den Verfolgungsländern. So ist den hierzulande zusätzlich zerstreuten katholisch-orientalischen Gläubigen die Pflege ihrer angestammten, ehrwürdigen Liturgie nur schwer möglich. Ihnen droht – bedingt durch die Umstände – eine weitere Phase der „Zwangs-Latinisierung“, welche für diese Kirchen eine stets präsente Sorge ist. Zwar ließe sich dieser Gefahr – jedenfalls im Grundansatz – durch die Schaffung eigener Strukturen für die katholisch-orientalischen Gläubigen begegnen (vergleichbar etwa der nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Sonderseelsorge für die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge26). Doch schon praktisch dürfte sich dies angesichts der geringen Zahl der Gläubigen einer jeder der katholischen Ostkirchen sowie angesichts des Mangels an verfügbaren Priestern nur schwer realisieren lassen. Noch mehr ins Gewicht fällt wohl die Scheu, durch derartige Strukturen den in den Herkunftsländern verbliebenen Christen einen zusätzlichen Anreiz zur Flucht zu schaffen, was nach Lage der Dinge ein Erlöschen der christlichen Präsenz in weiten Teilen des Vorderen und Mittleren Orient nach 2000 Jahren zur Folge hätte.

24 Der Arbeitshilfe „Christus aus Liebe verkünden“ (Fn. 20), S. 63, zufolge „sollten“ die Taufbewerber volljährig sein. Für das universale Kirchenrecht ist jede Taufe ab dem 7. Lebensjahr eine Erwachsenentaufe; davon abweichend erfaßt die Deutsche Bischofskonferenz erst Taufen ab dem 14. Lebensjahr unter dieser Kategorie. 25 So die Handreichung des Bistums Aachen (Fn. 20), S. 4. 26 Dazu Sabine Voßkamp, Katholische Kirche und Vertriebene in Westdeutschland. Integration, Identität und ostpolitischer Diskurs 1945 bis 1972, Stuttgart 2007.

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IV. Ausgewählte Problemlagen 1. Religiöse Verfolgung als Asyltatbestand Ein beträchtlicher Teil der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge begehrt Asyl aufgrund religiöser Verfolgung im Herkunftsland. Zumeist handelt es sich um Christen, ebenso aber auch um muslimische „Dissenter“. Speziell im Hinblick auf die verfolgten Christen rechnet es zur Sendung der Kirche, sich dieser Menschen anzunehmen und ihnen Hilfe zuteil werden zu lassen, damit sie in Deutschland Schutz und Sicherheit finden. In diesem Sinne rechnen Beratung und Unterstützung von Flüchtlingen in einem Asylverfahren zur karitativen Tätigkeit der Kirche. Unbeschadet des scheinbar restriktiven Wortlauts von Art. 16a Abs. 1 GG („Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“) war zu keinem Zeitpunkt streitig, daß auch religiöse Verfolgung einen asylbegründenden Tatbestand darstellt27. Allerdings hatte die deutsche Rechtsprechung seit einer Entscheidung des BVerfG im Jahr 198728 strenge Kriterien angelegt und nur die Verletzung des sog. „religiösen Existenzminimum“ als asylrelevant anerkannt. Eine solche sollte erst dann vorliegen, wenn die gemeinsame Ausübung des Glaubens auch abseits der Öffentlichkeit und ausschließlich im Kreis Gleichgesinnter nicht mehr gefahrlos möglich ist29. Diese seit jeher nicht unzweifelhafte Rechtsprechung ist jedenfalls seit der sog. Anerkennungsrichtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 200430 durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben überholt. Das Ziel dieser Richtlinie bestand darin, in Anlehnung an die Genfer Flüchtlingskonvention von 195131 Mindestnormen für die Bestimmung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft festzulegen sowie gemeinsame Kriterien für die Anerkennung von Asylbewerbern als Flüchtlinge festzulegen32. Die Definition der Verfolgungsgründe in Art. 10 Abs. 1 dieser Richtlinie (sowie der 2011 an ihre Stelle getretenen Qualifikationsrichtlinie33) ent27

In weiter historischer Perspektive Christian Heckel, Religiöse Verfolgung – Vom Augsburger Religionsfrieden zur Qualifikationsrichtlinie, in: Georg Jochum/Wolfgang Fritzemeyer (Hrsg.), Grenzüberschreitendes Recht. Festschrift für Kay Hailbronner, Heidelberg 2013, S. 91 ff. 28 Grundlegend BVerfGE (= Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, amtliche Sammlung) 76, 143 (158 ff.) – Amadiyya. 29 So noch BVerwGE (= Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, amtliche Sammlung) 120, 16 (19 f.). 30 RL 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (Anerkennungsrichtlinie) vom 29. April 2004, in: Amtsblatt EG Nr. L 304 v. 30. 9. 2004, S. 12 ff. 31 United Nations Treaty Series, Band 189 (1954), S. 150, Nr. 2545. 32 RL 2004/83/EG, Erwägungsgründe 16 und 17. 33 RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit

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hält die explizite Klarstellung, daß der Begriff der Religion „die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft“ umfaßt, „die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind“. Die auch nach Inkrafttreten der EU-Richtlinie von 2004 tendenziell retardierende Verwaltungspraxis wurde erst mit dem bahnbrechenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom September 201234 obsolet, welches die Differenzierung zwischen der Verletzung eines (asylbegründenden) „Kernbereichs“ und der (unerheblichen) Beeinträchtigung der religiösen Betätigung in der Öffentlichkeit für mit der Definition des Religionsbegriffs unvereinbar erklärte35. Daraufhin hat das BVerwG, auf dessen Vorlage der EuGH entschieden hatte, seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben36. Zudem war zwischenzeitlich der Gesetzgeber aktiv geworden und hatte in Umsetzung der EU-Richtlinie von 2004 das Asylgesetz neugefaßt37. Nunmehr entspricht auch im deutschen Recht der Verfolgungsgrund der Religion (§ 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG) den Vorgaben des Unionsrechts. Die Sendung der Kirche kann sich indes nicht allein auf die Hilfestellung in konkreten Verfahren beschränken, so wichtig sie auch ist. Ebenso wesentlich ist die Schaffung von Öffentlichkeit für die Schicksale religiöser Verfolgung – die so erst ein „Gesicht“ erhalten –, sei es im Kreise der Gläubigen, sei es bei den im politischen Bereich Verantwortlichen38. Oberstes Ziel sollte dabei stets sein, in den Herkunftsländern der Flüchtlinge auf die Einhaltung der bestehenden menschenrechtlichen Gewährleistungen zu dringen und so den Fluchtursachen wirksam zu begegnen. 2. Konversion von Flüchtlingen und deren Bewertung durch staatliche Stellen Nichtchristliche Flüchtlinge kommen in Deutschland notwendigerweise mit dem Christentum in Kontakt, sei es durch die allgemein historisch-kulturelle Prägung des Landes, sei es durch die Begegnung mit Christen, nicht zuletzt denjenigen, die sich in der karitativen Arbeit für Flüchtlinge engagieren. Manche christliche subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 13. Dezember 2011, in: Amtsblatt EG Nr. L 337 vom 20. 12. 2011, S. 9 ff. 34 EuGH, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2012, S. 1612 ff., Tz. 62 f. 35 Näher Christian Heckel, Migration aus religiösen Gründen. Vom Anfang und Ende des „religiösen Existenzminimums“, in: ZAR 2014, S. 157 ff. 36 BVerwGE 146, 67 ff., Tz. 24. 37 Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008, Bundesgesetzblatt I S. 1798 ff. 38 Inspirationen bei Winfried Kluth, Christliche Flüchtlinge: Sozial- und rechtswissenschaftliche Aspekte eines vernachlässigten Themenfeldes, in: ZAR 2018, S. 141 ff.

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Gruppen, zumeist freikirchlich-evangelikaler Provenienz, suchen ihrerseits aktiv den Kontakt zu Flüchtlingen, besuchen Aufnahmeeinrichtungen, informieren über den christlichen Glauben und weisen auf den Weg zur Konversion hin. In den vergangenen Jahren haben sich so einige Tausend Flüchtlinge in den unterschiedlichsten christlichen Denominationen taufen lassen, die allermeisten von ihnen stammen wohl aus dem Iran. Genaue Daten stehen freilich nicht zur Verfügung. Daher wird man von einer gewissen Dunkelziffer ausgehen müssen; nicht wenige konvertierte Flüchtlinge werden den Umstand ihrer Taufe mit Rücksicht auf Reaktionen ihres familiären und gesellschaftlichen Umfelds oder aus Furcht vor Repressalien staatlicher bzw. religiöser Instanzen ihres Herkunftslandes diskret behandeln. Bei der Konversion von Flüchtlingen, die im Sakrament der Taufe ihren sichtbaren Ausdruck findet, sind zwei Ebenen zu unterscheiden: einmal die nach innerkirchlichen Maßstäben zu beurteilende Frage der Glaubensverkündigung, seelsorgerlichen Begleitung und Taufvorbereitung von Flüchtlingen, zum anderen die Frage, welche rechtlichen Wertungen die staatliche Rechtsordnung daran knüpft. a) Mission und Verkündigung als Aufgabe kirchlicher Sendung Jeder Mensch hat, so lehrt das II. Vatikanische Konzil die Pflicht wie das Recht, die Wahrheit im Bereich der Religion zu suchen39. Er hat das Recht, Christus und die Kirche kennenzulernen wie diese ihrerseits den Missionsbefehl des Auferstandenen in ihrem Verkündigungsdienst umzusetzen hat. Die Annahme des Glaubens setzt die Verkündigung durch Gesandte voraus40, diese Verkündigung besteht zunächst in einem „ehrlichen Dialog“ der Gesandten mittels „das Zeugnis ihres Lebens und ihres Wortes“41. Ob die Verkündigung dann tatsächlich in die Annahme des Glaubens mündet, hat allein der Nichtgläubige nach seinem Gewissen zu entscheiden: Ad fidem nullus est cogendus – diesen Grundsatz hat das kanonische Recht von seinen Anfängen bis heute betont42. Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch im Hinblick von Flüchtlingen, zumal solche muslimischen Hintergrunds. Im rechten Sinne verstandene Mission43 und interreligiöser Dialog sind keine Gegensätze, sondern einander ergänzende Prinzipien kirchlichen Wirkens, deren Ziel und Methode nicht durchweg parallel laufen. Vor diesem Hintergrund erstaunt, daß die 2016 von der Deutschen Bischofskonfe39 II. Vatikanisches Konzil, Erklärung Dignitatis humanae über die Religionsfreiheit, 7. Dezember 1965, in: AAS 58 (1966), S. 929 ff., Nr. 3. 40 Röm 10,14 – 15. 41 c. 787 § 1 CIC/1983. 42 So bereits Gratian (Decretum, pars II, c. 23 q. 5, c. 33), später c. 1351 CIC/1917 sowie c. 748 § 2 CIC/1983. 43 Davon abzugrenzen ist ein unlauterer Proselytismus, welcher sich entweder unlauterer Mittel bei der Verkündigung bedient oder aber sich mit unlauteren Motiven bei der Annahme des Glaubens zufrieden gibt.

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renz veröffentlichten „Leitsätze des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge“44 unter den insgesamt zwölf „Themenfeldern des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge“ zwar den „interreligiösen und interkulturellen Dialog“ benennt45, nicht aber die Glaubensverkündigung46. Auch die sonstigen diözesanen und überdiözesanen Dokumente47 erwecken nicht zwingend den Eindruck, daß die kirchliche Hierarchie in ihr eine nennenswerte pastorale Priorität erblickt48. So nimmt es kaum Wunder, daß es im Bereich der katholischen Diözesen wie der evangelischen Landeskirchen allenfalls in Ansätzen eine geordnete und koordinierte Glaubensverkündigung für nichtchristliche Flüchtlinge gibt. Die Hauptarbeit verrichten hier einzelne Gläubige sowie Vereine, deren Zielsetzungen exakt dem entsprechen, was genuin kirchliche Sendung ist49. In jedem Fall sind die allgemeinen kirchlichen Bestimmungen im Hinblick auf Verkündigung und Katechumenat einzuhalten: Die Begleitung auf einem geistlichen Weg (der eine wirklich innere Bekehrung beinhaltet), die beständige Läuterung der Absicht (um glaubensfremde Motivlagen einer Taufe auszuschließen) sowie die gebotene Zeit (welche erst das vertiefte Kennenlernen der christlichen Botschaft und das Einüben des christlichen Lebens ermöglicht). Als Richtwert für die Dauer des Katechumenats gilt der Zeitraum eines Jahres, die lateinische Kirche im Nahen Osten verlangt sogar drei Jahre. b) Rechtliche Wertung von Konversion und Taufe durch die staatliche Rechtsordnung Erfolgen Konversion und Taufe erst im Aufnahmeland – vielfach, aber nicht notwendigerweise, in einem laufenden Asylverfahren – wertet dies der Gesetzgeber 44 Hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz als Heft 282 der Schriftreihe „Arbeitshilfen“, Bonn 2016. 45 Ebd., S. 18. 46 Unter dem Stichwort „Seelsorge“ geraten „Menschen anderer Konfessionen und Religionen“ allein unter dem Aspekt in den Blick, daß man ihnen „auf der Basis einer vertieften Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben … mit neuer Offenheit“ entgegentreten könne (ebd., S. 11). 47 Nachw. Fn. 20. 48 Indiziell: Als Ansprechpartner werden in den genannten Dokumenten keine spezifisch ausgebildeten Ansprechpartner genannt, sondern allein Verantwortliche für Erwachsenentaufe und Katechumenat, Flüchtlingsarbeit und theologische Grundsatzfragen. Mehrere Diözesen sowie Landeskirchen haben zwar Islambeauftragte bestellt (deren Aufgabe primär im Bereich des interreligiösen Dialogs liegt), nicht aber – soweit ersichtlich – Ansprechpartner oder gar Koordinatoren für die Glaubensverkündigung unter nichtchristlichen Flüchtlingen. 49 Beispielhaft sei der überkonfessionelle Verein „Elijah 21. Jesus 4 Refugees“ genannt (www.elijah21.org). Seine Ziele sind: 1. Verkündigung des Evangeliums unter Flüchtlingen; 2. Verbindung und Netzwerkaufbau durch Befähigung und Unterstützung von Gemeinden, um selbst in der Verkündigung unter Flüchtlingen aktiv zu werden; 3. Erfahrungsaustausch; 4. Ermutigung durch Zeugnisse.

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als einen sog. subjektiven Nachfluchtgrund, den er in § 28 AsylG unter Mißbrauchsverdacht gestellt hat50. Gleichwohl ist auch in dieser Konstellation die Zuerkennung von Asyl (oder wenigstens die Einräumung von Abschiebeschutz) möglich. Allerdings nehmen die Gerichte dann eine intensive Prüfung der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit eines Glaubenswechsels vor51. Anknüpfungspunkt ist und bleibt in Fällen der Konversion eine beachtliche Gefahr von Verfolgungshandlungen im Herkunftsland aufgrund der religiösen Überzeugung, zumal dann, wenn dort der Glaubenswechsel aufgrund staatlicher Anordnung oder Duldung als straf- oder gar todeswürdiges Delikt („Apostasie“) sanktioniert wird52. Daher muß zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, daß der Flüchtling aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung sowie lebensgeschichtlich nachvollziehbar – und nicht nur aus asyltaktischen Gründen – den christlichen Glauben angenommen hat. Der Umstand der nach dem kanonischen Recht gültig erfolgten Taufe allein reicht dafür ebenso wenig aus wie die Bescheinigung eines kirchlichen Amtsträgers53. Auch der Umstand, daß ein Flüchtling über ein gewisses religiöses Grundwissen verfügt, genügt per se nicht, um einen religiösen Einstellungswandel zu belegen, wiewohl es die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels indizieren kann. Entscheidend ist vielmehr, daß der Glaubenswechsel die religiöse Identität des Flüchtlings nunmehr in einer Weise prägt, daß es für ihn unzumutbar ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren und dort auf das Recht der freien Religionsausübung zu verzichten, nur um Verfolgsmaßnahmen zu entgehen. Eine solche „religiöse Identität“ stellt eine innere Tatsache dar, die sich nur aus den Angaben des Flüchtlings selbst (daher die Unergiebigkeit der Bescheinigung Dritter) sowie aus Rückschlüssen von äußeren Anhaltspunkten auf seine innere Einstellung gewinnen läßt54.

50 Kritisch dazu Benjamin Karras, Mißbrauch des Flüchtlingsrechts? Subjektive Nachfluchtgründe am Beispiel der religiösen Konversion, Tübingen 2017. 51 Dazu monographisch Benjamin Pernak, Richter als „Religionswächter“? Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit eines Glaubenswechsels. Asylverfahren von Konvertiten in Deutschland und Großbritannien im Vergleich, Berlin 2018. 52 Dabei kommt es nicht entscheidend auf die bloße Gesetzeslage, sondern auf die tatsächliche Verfolgungspraxis an. Umgekehrt kann die Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren – wie Familien- oder Stammesangehörigen – ausgehen, sofern diese vom Staat nicht unterbunden wird. 53 Klarstellung durch BVerwG, in: NVwZ 2015, S. 1648, Tz. 9 ff., in Bekräftigung der ganz überwiegenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Einzige Ausnahme: Verwaltungsgericht (VG) Schwerin, Urteil vom 13. 2. 2013 – 3 A 1877/10 As –, demzufolge eine entsprechende Bescheinigung jedenfalls einer als Körperschaft des Öffentlichen Rechts verfaßten Religionsgemeinschaft nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung geschützt und folglich für die staatlichen Verwaltungsbehörden und -gerichte bindend sei – eine Rechtsauffassung, die Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 8. 8. 2013 – 14 ZB 13.30199 –, Tz. 10 knapp als „abwegig“ bezeichnete. 54 BVerwGE 146, 67, Tz. 31; BVerwG, in: NVwZ 2015, S. 1648, Tz. 14.

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In diesem Rahmen gewinnen Umstände wie Vertrautheit mit den wesentlichen Grundzügen des angenommenen Glaubens, dessen wahrnehmbare und öffentliche Ausübung sowie die eigene Glaubensverkündigung Bedeutung. Wer seinen Glauben unter den Bedingungen einer weitgefaßten Religionsfreiheit nicht lebt, wird dies – so die dahinter stehende Überlegung – in einer angenommenen Verfolgungssituation auch nicht tun. Maßgeblich ist stets die Überzeugung der erkennendes Gerichts, welches die vorgetragenen Erklärungen des Flüchtlings im Wege des Freibeweises zu würdigen hat. Fixe Beweisregeln existieren gerade nicht, weder in Gestalt von kirchenamtlichen Bescheinigungen noch in Form einer Glaubensprüfung. In Kenntnis dieser festgefügten Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis55 empfiehlt es sich für die Kirche, ihre bestehenden Bestimmungen hinsichtlich Katechumenat und Taufe sorgsam einzuhalten und ihre darauf gestützte Vorgehensweise zu dokumentieren. Wenn Taufspender und Täufling sich erstmals bei der Taufe begegnen, die zumal bereits wenige Wochen nach Herstellung des Erstkontakts gespendet wird, wird dem staatlichen Rechtsanwender der Anfangsverdacht einer nur vorgeschobenen Konversion kaum verübelt werden können. Umgekehrt läge ein sinnvoller Ausdruck kirchlichen Beistands auch darin, den Flüchtling im behördlichen Anhörungs- wie ggf. im späteren gerichtlichen Verfahren zu begleiten – nicht zuletzt, um offenbar weiterhin bestehenden Insuffizienzen bei der Übersetzungstätigkeit religiös un- oder andersmusikalischer Dolmetscher begegnen zu können56. 3. Gewährung von Kirchenasyl Als letzter Ausweg nach der Ablehnung eines Asylantrags – ob aus Gründen religiöser oder sonstiger Verfolgung – und der Feststellung der Ausreisepflicht erscheint nicht wenigen Flüchtlingen die Inanspruchnahme des sog. „Kirchenasyl“. Die Zahlen sind seit 2014 sprunghaft angestiegen und betreffen mehrere Hundert Personen (in der Spitze knapp 2000 Personen)57. Kirchliche Stellen berufen sich zur Rechtfertigung auf eine „christlich-humanitäre Tradition“, welche helfen solle, „Zeit zu gewinnen, um staatliches Handeln nochmals zu überprüfen“58. Speziell im evangelischen Bereich wird „Kirchenasyl“ auch gewährt, um Überstellungen im

55

Konzise Zusammenfassung: Uwe-Dietmar Berlit, Aktuelle Rechtsprechung zum Flüchtlingsrecht, in: NVwZ-Extra 4/2017, S. 1 (15 f.). 56 Skurrile Beispiele bei Victor Pfaff, Konversion und Asylverfahren am Beispiel Iran, in: Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Fachtagung zur Bedeutung von Taufe und Konversion im Asylverfahren. Dokumentation, Hannover 2012, S. 6 (7). 57 Zahlenmaterial einsehbar unter www.kirchenasyl.de/aktuelles, verantwortet von dem „Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.“ (Zugriff: 2. Januar 2020). 58 So die Wiedergabe der Stellungnahme der beiden in Baden-Württemberg belegenen katholischen Diözesen, s. Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/1922, S. 3.

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Rahmen der Dublin III-Verordnung59 abzuwenden60. Mittlerweile betrifft der ganz überwiegende Teil von „Kirchenasyl“ die sog. „Dublin-Fälle“61, in denen es also nicht um die Abwendung einer konkreten Gefährdungssituation durch die Abschiebung in den Herkunftsstaat, sondern um die Sicherstellung eines Asylverfahrens in Deutschland geht. Um die Rechtfertigung des „Kirchenasyl“ im demokratischen Rechtsstaat als „christlich-humanitäre Tradition“ verstehen und einordnen zu können, lohnt ein kurzer Blick auf dessen historische Entwicklung62 : Asyl ist ein ursprünglich religiös-sakrales Institut. Es beruht auf dem Gedanken der Heiligkeit eines bestimmten Ortes und schützt diejenigen, die sich dorthin geflüchtet haben. So berichtet das AT von sechs Asylstädten63 unter Leitung der Leviten. In ihnen sollten diejenigen, die einen anderen unvorsätzlich getötet hatten, zum Schutz vor der Blutfehde der Angehörigen und zum Zweck eines geordneten Gerichtsverfahrens Aufnahme finden. Ziel war damit die Zurückdrängung privater Rache. Ähnliches galt für das „Kirchenasyl“ der Spätantike, dessen Grundvoraussetzung die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion und dessen Umfeld die Wirren der Völkerwanderungszeit waren. Der Bischof verwendet sich in Form einer intercessio für den geflüchteten Straftäter, der freilich der kirchlichen Bußdisziplin unterworfen und dessen weltliche Strafe nicht aufgehoben, sondern nur gemildert wird. Diese Stoßrichtung einer Humanisierung der Strafrechtspflege setzt sich auch im Mittelalter fort, wobei das Asylprivileg nicht nur geistlichen, sondern auch weltlichen Territorien vom Landesherrn verliehen wurde. All diesen geschichtlichen Erscheinungsformen ist zweierlei gemeinsam: Der Zweck der Zurückdrängung der Privatfehde und der Umstand, daß die Kirche als anerkannte Ordnungsmacht Frieden zu stiften vermochte. Nicht von ungefähr wird das „Kirchenasyl“ in dem Augenblick obsolet, als eine andere Ordnungsmacht die Bühne der Weltge59 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, in: Amtsblatt EG L 180/ 31 vom 29. 6. 2013, S. 31 ff. Demnach ist ein Asylverfahren grundsätzlich in dem EU-Mitgliedsstaat durchzuführen, in den der Asylsuchende als erstes eingereist ist. In dieses ist er zur Durchführung des Asylverfahrens zu überstellen, wenn er zwischenzeitlich in einen anderen Mitgliedsstaat weitergereist ist. 60 Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/1922, S. 3. 61 s. die Zahlen auf der in Fn. 56 genannten Homepage. 62 Standardwerk zur historischen Entwicklung: Pierre Timbal Duclaux de Martin, Le droit d’Asile, Paris 1939; aus neuerer Zeit Markus Babo, Kirchenasyl – Kirchenhikesie. Zur Relevanz eines historischen Modells im Hinblick auf das Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Münster 2001; Christian Traulsen, Das sakrale Asyl in der Alten Welt. Zur Schutzfunktion des Heiligen von König Salomo bis zum Codex Theodosianus, Tübingen 2004. 63 Vgl. dazu René Dausner, Asylstädte – Flucht und Migration als theologische Herausforderung, in: Stimmen der Zeit 244 (9/2016), S. 579 ff.

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schichte betritt: Der moderne Staat als Friedensgarant und Inhaber des Gewaltmonopols. Dieser Entwicklung der Zurückdrängung des „Kirchenasyl“ ab dem 16. Jahrhundert – in Preußen etwa 1794 durch das Allgemeine Landrecht – stellt sich die Kirche noch über drei Jahrhunderte entgegen, zuletzt im Codex Iuris Canonici von 191764. Erst der geltende CIC von 1983 beendet die Existenz des „Kirchenasyls“ – das Institut wird mit keiner Silbe mehr erwähnt, die Kirche nimmt es also nicht mehr für sich in Anspruch. Dieser Befund ist im Grunde unstreitig: Ein Rechtsinstitut „Kirchenasyl“ wird in der geltenden staatlichen Rechtsordnung nicht anerkannt65. Gleichwohl hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit den Bevollmächtigten der evangelischen und katholischen Kirche im Februar 2015 eine Absprache getroffen, welche Mechanismen der Koordination vorsieht, sofern die Kirche „bei in individuellen Ausnahmefällen begründbaren und belegbaren individuellen Härten“ als „ultima ratio“ sich zur Gewährleistung von „Kirchenasyl“ berechtigt sieht. Obgleich dies den Staat nicht daran hindert, das bestehende Recht – konkret: die Vollstreckung der Ausreisepflicht – durchzusetzen, verzichtet er bewußt darauf66. Diese im Grunde politische Entscheidung, das „Kirchenasyl“ entgegen der Rechtslage hinzunehmen, führt die Gerichte dazu, dieses als ein „faktisches Vollzugshindernis“ zu qualifizieren67. Das hindert nach der Rechtsprechung zwar nicht die Einstellung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz68, wohl aber die strafrechtliche Verfolgung wegen aufenthaltsrechtlicher Delikte69. Seit gut 20 Jahren unternehmen es einige Stimmen, das „Kirchenasyl“ mit einer anderen Konstruktion als derjenigen des institutionellen Rechts zu begründen70. Das Vehikel dafür bilden die Grundrechte: Die Aufnahme eines Flüchtlings soll als Glaubens- oder Gewissensakt grundrechtlichen Schutz genießen, sei es seitens des einzelnen Gläubigen, sei es der aufnehmenden Gemeinschaft. Diese Sichtweise beruft sich auf die Rechtsprechung des BVerfG, derzufolge nicht nur das Haben und Bekennen eines Glaubens, sondern auch das karitative Handeln geschützt sind71. 64 c. 1179 bestimmte: „Ecclesia iure asyli gaudet ita ut rei, qui ad illam confugerint, inde non sint extrahendi nisi necessitas urgeat, sine assensu Ordinarii, vel saltem rectoris ecclesiae.“ 65 Aus der Rechtspraxis zuletzt Oberlandesgericht (OLG) München, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, S. 3041, Tz. 37. 66 VG München, Urteil vom 23. 12. 2016 – M 1 K 15.50681 –. 67 VG Bayreuth, Urteil vom 13. 11. 2017 – B 3 K 17.50037 –, Tz. 34; zuletzt OLG München, in: NJW 2018, S. 3041, Tz. 41. 68 Sozialgericht Lüneburg, Urteil vom 22. 2. 2018 – S 26 AY 26/17 –, Tz. 24. 69 OLG München, in: NJW 2018, S. 3041. 70 Jörg Winter, „Kirchenasyl“ als Herausforderung für Staat und Kirche, in: Kirche und Recht 1995, S. 37 ff.; Dieter Just, Kirchenasyl – eine Anfrage an den Rechtsstaat, in: ZAR 1999, S. 74 ff. 71 Grundlegend BVerfGE 24, 236.

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Mehr noch: Dem Gläubigen soll verbürgt sein, sein gesamtes Leben an den von ihm bekannten Glaubenssätzen auszurichten72 und dies selbst dann noch, wenn diese Glaubenssätze von denen der Religionsgemeinschaft abweichen73. Auf das „Kirchenasyl“ übertragen, hieße das: Der brüderliche Beistand zugunsten des Nächsten, die Aufnahme des verfolgten Bruders in Christus wäre die Befolgung eines Glaubenssatzes in Verfolgung karitativen Handelns. Daß die Kirche einen solchen Glaubenssatz des „Kirchenasyls“ nicht vertritt und stattdessen betont, selbstverständlich gälte sie kein Sonderrecht, wäre unschädlich: Geschützt ist ja die individuelle Glaubensüberzeugung. Nun erkennen auch die Befürworter des „Kirchenasyls“ an, daß dieses nicht ohne Einschränkungen bestehen kann. Solche können sich ihrer Meinung nach aus dem Asylgewährleistungsmonopol des Staates sowie der Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung im allgemeinen ergeben. Der erste Belang soll aber schon deswegen nicht greifen, weil „Kirchenasyl“ das grundsätzliche Asylmonopol des Staates nicht in Frage stellen wolle – es gehe nur um Hilfe im Einzelfall. Die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung sei hingegen kein absoluter Wert – er müsse jeweils im Einzelfall gegen die für die Gewährung von „Kirchenasyl“ sprechenden Belange abgewogen werden. Auf dieser Schiene gelangt man in der Regel zur Zulässigkeit des „Kirchenasyls“: Die Rechtsordnung wird wohl kaum zugrunde gehen, wenn ein einzelner Asylbewerber entgegen der Rechtslage nicht abgeschoben wird. Eine solche Argumentation verkennt indes drei wesentliche Gesichtspunkte: Im modernen Verfassungsstaat ist die Gewährung von Asyl ausschließlich Sache des Staates. Was aber in der alleinigen Kompetenz des Staates liegt, ist eo ipso dem Zugriff anderer Rechtsgenossen entzogen – seien es Institutionen wie Kirchen, seien es Grundrechtsträger. Rechtsdogmatisch gesprochen sind die erwähnten Belange „Asylgewährleistungsmonopol“ und „Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung“ Schutzbereichsbegrenzungen, nicht aber Abwägungsmaterial. Der moderne Verfassungsstaat schöpft seine Legitimität aus dem Gewaltmonopol, nur und ausschließlich er kann hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Wie er sie wahrnimmt, entscheidet der Souverän, das Volk: In demokratischer Entscheidung, durch demokratisch legitimierte Entscheidungsträger, kontrolliert durch unabhängige Gerichte. Wer mit seiner Position unterliegt, hat dies im Rechtsstaat hinzunehmen. Metajuristische Floskeln wie „Widerstandsrecht“ oder „ziviler Ungehorsam“ führen nicht weiter und verkennen letztlich die kulturelle und rechtsethische Errungenschaften des modernen Verfassungsstaates. Der Anspruch, dem „besseren Recht zum Durchbruch verhelfen“ zu wollen, ist zudem undemokratisch, da die Mehrheitsentscheidung ignorierend, und – bei Licht besehen – elitär. Zum zweiten erscheint das Vorliegen eines Glaubens- oder Gewissensakts keineswegs unproblematisch. „Gewissen“ ist nach einer Definition des BVerfG jede 72 73

BVerfGE 32, 98. BVerfGE 33, 23.

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ernstlich an Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer konkreten Situation als für sich unbedingt verpflichtend erfährt, so daß er gegen sie nicht verstoßen könnte, ohne in ernste Gewissensnot zu geraten74. Letzteres gilt mutatis mutandis auch für den Glauben. Praktisch heißt das: Nicht alles, wofür sich ein Bibelzitat finden läßt (und hier ist das Reservoir bekanntlich nahezu unerschöpflich), ist Glaube. Glaube ist abzugrenzen von der Überzeugung und der Meinung – mag sie auch religiös beeinflußt oder motiviert sein. Vielmehr muß der Einzelne aufgrund eines Glaubenssatzes sich so sehr zum Handeln motiviert sehen, daß er andernfalls in ernste Glaubensnot geriete. Hierfür unterliegt er einer Darlegungslast. Ein weiteres kommt hinzu: Die erwähnte verfassungsgerichtliche Judikatur geht von einem zweipoligen Verhältnis Bürger – Staat aus. Darum geht es hier nicht: „Kirchenasyl“ spielt sich üblicherweise im „Dreieck“ zwischen Staat, Asylbewerber und Bürger ab. Ob in dieser Konstellation der Bürger unter Berufung auf seine Grundrechte dem Staat ein bestimmtes Verhalten gegenüber dem Asylbewerber – nämlich: ihn nicht abzuschieben – durchsetzen kann, wird sich schwerlich begründen lassen. Ein letztes: Eine Glaubensentscheidung – sie einmal entgegen dem gerade Gesagten unterstellt – muß sich daraufhin befragen lassen, auf welchen tatsächlichen Annahmen sie beruht. Steht eigentlich wirklich fest, ob das Objekt „kirchenasyl“gewährender Fürsorge tatsächlich verfolgt ist? Immerhin haben die zuständigen Behörden, an Recht und Gesetz gebunden, den Fall geprüft, unabhängige Gerichte haben die Behördenentscheidung bestätigt, zusätzliche Mechanismen wie Härtefallverfahren und Einschaltung der parlamentarischen Petitionsausschüsse haben keine abweichende Beurteilung vorgenommen. Gewiß können auch Behörden und Gerichte irren, ebenso aber auch (wohl mit tendenziell höherer Wahrscheinlichkeit) Privatpersonen bzw. Organisationen. Auf dieser unbestreitbaren Erkenntnis stellt sich die Frage nach dem „Quis iudicabit?“ – wessen Erkenntnisse sind entscheidend? Die Antwort ist im Rechtsstaat eindeutig: Maßgebend kann nur das im Verwaltungsverfahren Vorgebrachte sein. Das schließt nicht aus, privat oder privatorganisatorisch erlangtes Wissen zu berücksichtigen. Nicht hinnehmbar ist es hingegen, eine – womöglich gerichtlich bestätigte – Verwaltungsentscheidung unter Hinweis auf eigene, angeblich bessere Erkenntnisse anzuzweifeln und mit der Formel „Gewissen statt Formalien“ zu denunzieren.

V. Resümee Die Kirche hat vor den Herausforderungen der aktuellen Migrations- und Flüchtlingsbewegungen ein bemerkenswertes Panorama von Initiativen und Hilfsangeboten entfaltet. Im Schwerpunkt stehen dabei Maßnahmen, die dem Bereich der karitativen Tätigkeit zuzuordnen sind. Gerade hier bewegen sich, jedenfalls was die äußere Seite des Handelns betrifft, kirchliche Akteure auf einem Terrain, das 74

BVerfGE 12, 45.

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sowohl staatliche Aufgaben wie das zivilgesellschaftliche Engagement Privater berührt. Für die Sendung der Kirche ist es bei dieser Sachlage entscheidend, das proprium und specificum ihres Handelns deutlich und erkennbar werden zu lassen. Dies kann um so eher gelingen, als auch die weiteren Grundvollzüge kirchlicher Sendung verstärkt in den Blick genommen werden. So sehr die Kirche als in der Welt stehende Gemeinschaft die Menschenwürde der Schwachen und Hilfesuchenden einzufordern und zu verteidigen hat, liegt doch der unaufgebbare Kern ihrer Sendung in der Sorge um die salus animarum, wie sie einer glaub-haften und glaub-würdigen Verkündigung ihren Ausdruck findet. Summary The refugee and migration movements of the past years present new challenges to the entire work of the Church, whether in diaconia (reception and care), in liturgy and cult (pastoral care for non-Catholic and non-Latin Christians) or in proclamation (mission, catechumenate and baptism). Special attention is given to special problems such as the relevance of religious persecution in asylum procedures, the conversion of refugees and their legal evaluation by the state, and the granting of “church asylum” by church groups.

Pope John Paul II on Immigration and the Right to Stay By John P. Hittinger Discourse concerning immigration in the United States is degraded by slogans and frayed from extreme partisanship. The partisan speeches usually just pass each other by – with one side talking about securing the borders and building a wall and the other side about having a welcoming attitude and providing amnesty for a small group of immigrants brought to the United States as children. There is very little conversation about the 11 million or more immigrants who have not entered legally but many of whom now live, work, worship and raise families in the country. One side just calls them criminals and wishes them deported. The other side seeks to abolish the U.S. Immigration Customs and Enforcement team. The debate about borders stir up deeper issues about national security and national identity, but the fate of the 11 million evokes a strange silence – and yet it is perhaps more solvable and there may in fact be more consensus available. Public opinion seems to be a duality – on the one hand a large number of Americans do react negatively concerning the term amnesty if it means a blanket granting of legal recognition with no screening or no demands for efforts to become assimilated. On the other hand large number of Americans are honestly aware that there are many illegal immigrants who have settled in the United States, and that they are hard-working and would be fine citizens1. So there is a political challenge for citizens to break out from extreme party positions to find a reasonable solution. In light of some philosophical arguments concerning the unauthorized immigrants, I wish to turn to the writings and speeches of Pope John Paul II to discover some greater light and assistance for this difficult issue. I. Status questionis: Do Unauthorized Immigrants Have a Right to Stay? The fact of many millions of unauthorized immigrants living and working in the United States poses many challenges to policy makers, law enforcers, courts, employers, and to practically every citizen who may benefit, or be harmed, by their presence. The ethical issues surrounding the status of immigrants extend into debates about political issues concerning the status of the nation state, the nature of its identity 1 I have benefitted from conversations with fellow citizens who have served in governmental posts including an immigration judge and former Congressional staff members, among them a Senate Judiciary Committee staff member.

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and the scope of its sovereignty2. Many of the arguments begin with pragmatic and utilitarian concerns about the consequences of various responses to the presence of unauthorized immigrants but such arguments eventually point to issues concerning purported rights and duties of the immigrant and/or the nation-state. The utility debate considers the consequences of granting amnesty, or ignoring the problem, or making some effort to enforce and deport. Granting amnesty or ignoring the problem both could easily encourage more unauthorized immigration and raise fears of job displacement for citizens and the increased financial burdens of social benefits; a stricter policy may lessen these outcomes. Positively, amnesty could lead to more engagement in society, legal clarification, and increased tax revenue. But the present “do next-to-nothing” policy allows employers access to cheap labor and allows the unauthorized immigrant to earn income to send back to family members in their country of origin and to make their hard-scrabble way through a life in the shadows. On the other hand, a fully mobilized policy of enforcement with the goal of deportation of all unauthorized immigrants would be exceedingly costly. It would be disruptive across many sectors of American life, not the least of which would be the effects on the many millions of families and communities torn asunder by the massive police raids and detentions. Most Americans would not wish to see such a spectacle, reminiscent of the police states that we have confronted or fought over the last century. Hence, there is duality in American public opinion – neither blanket amnesty nor mass deportation are acceptable solutions. We must turn to the principles underlying these dual concerns. What are the rights and obligations on the side of the immigrant and on the side of the host society? How do we sort out the conflicting claims of rights and duties, rights and wrongs? Adam Hosein provides a useful taxonomy of six argument types: the humanitarian, the contractual, from a contribution to society, the prevention of a two caste society, the bond arising from affiliation with others, and rights derived from the autonomy of the person3. For this paper, I will focus on a very clear and effective amalgam of these arguments to establish “the right to stay” by Joseph Carens4. Carens’ short but powerful piece should awaken people from their dogmatic slumber favoring the “do next to nothing policy”. Given these many unauthorized immigrants with no feasible path to regularize their status and who are vulnerable to deportation, do we expel them or accept them? That is the only honest question. Carens proposes argues a clear answer: at a certain point in time they should be given an 2 A good sampling of arguments may be found in these books: Joseph Carens, The Ethics of Immigration, Oxford 2013; Hiroshi Motomura, Immigration Outside the Law, Oxford 2014; Alex Sager, The Ethics and Politics of Immigration: Core Issues and Emerging Trends, New York 2016. See also Mark R. Amstutz, Just Immigration: American Policy in Christian Perspective, Grand Rapids MI 2017, and José H. Gomez, Immigration and the Next America: Renewing the Soul of Our Nation, Huntington Indiana 2013. 3 Adam Hosein, Arguments for Regularization, in: Sager (Fn. 2), pp. 159 – 179. 4 Joseph Carens, Immigrants and the Right to Stay, Cambridge Massachusetts 2010. In this book Carens writes The Case for Amnesty, pp. 5 – 51 and six responses follow.

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opportunity to apply for residency. He proposes five to seven years as the appropriate amount of time to open such an avenue for regularizing the status of an unauthorized immigrant. At first, one may respond as did Jean Elshtain, that the sheer passage of time seems to be not sufficient. To which Caren answers that time is the most important consideration because so much occurs in the span of a concrete human life within five to seven years. In this designated length of time, many unauthorized immigrants did not engage in criminal activities but rather worked hard, lived an honest life, perhaps married a citizen and became a parent – surely those features are more relevant than their status of “illegality”. Carens remarks, “at some point the threshold is crossed and they acquire a moral claim to have their actual social membership legally recognized”. The crux of the argument is that social membership does not depend upon official permission. I would call this the anti-totalitarian principle. The human person does not depend upon the government for his right to life, liberty and the pursuit of happiness. As Carens puts it: “people who live and work and raise their families in a society become members whatever the legal status.” T. Alexander Aleinikoff reminds the reader that most countries have some avenue for permitting unauthorized migrants to remain when the harm to them, their family and community outweigh the harm of the illegal entry. The United States has such an avenue through the so-called cancellation of removal option by which immigration judges exercise their discretion to cancel deportation orders of those who have lived in the United States for 10 years or more. Aleinikoff rolls this principle into a very nice statement of overall utility and proportionality. He says that although general legalization may be costly in terms of incentives of illegal entry and increasing social cost, “on balance the costs are likely to be outweighed by the benefits of protecting against exploitation and promoting integration into American society”5. Pope John Paul II makes a case for the right to stay in way very similar to Carens and Aleinikoff, and he couches the arguments in terms of the dignity of the person and fundamental rights pertaining to work and family. II. Pope John Paul II on Immigration As a man from a distant country, Poland, Karol Wojtyla knew first-hand the plight of the immigrant. During the 120 years of the political partition of Poland, many Poles went into exile and sought new places to live so that they could freely work, raise their families and practice their religion. In 1855 Father Leopold Moczygemba led a group from upper Silesia to Texas. They landed on Galveston Island and proceeded to a spot on the San Antonio River in Karnes County where they founded Panna Maria6. Thousands and thousands of Polish people emigrated to the United States in the next century. Cardinal Archbishop Wojtyła made a number of pastoral 5

T. Alexander Aleinikoff, Response to Carens, in: Carens (Fn. 4), p. 10. T. Lindsay Baker, The First Polish Americans: Silesian Settlements in Texas, College Station Texas 1979. 6

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trips to the United States to visit these communities. Once he became Pope, John Paul II made 104 international trips, visiting 129 countries and 876 cities. He met many people who were displaced by strife, war and economic failures. He was aware of the great and urgent problems surrounding refugees and immigration. He was a great advocate for immigrant populations and he was always a champion of human rights. John Paul II often spoke and wrote explicitly on the problem of immigration – to commemorate world immigration day, to address diplomats and representatives of various world organizations such as the United Nations, and as a part of his social encyclicals and apostolic exhortations7. Throughout these writings he deploys his core philosophy and theology concerning the dignity of the person and the rights that flow from that dignity; he discusses the complex meaning of work, the vital role of the family in society, the primacy of culture, and the role of the legal and political order in recognizing and protecting the rights of the human person. In these writings he seeks to overcome negligence and to form and rouse conscience: “An expert in humanity, the Church fulfills her task by enlightening consciences with her teaching and witness, and by encouraging appropriate initiatives to ensure that immigrants find the right place within individual societies.”8 On the special challenge of undocumented or unauthorized immigrants he said: “Migration is assuming the features of a social emergency, above all because of the increase in illegal migrants which, despite the current restrictions, it seems impossible to halt. Illegal immigration has always existed: it has frequently been tolerated because it promotes a reserve of personnel to draw on as legal migrants gradually move up the social ladder and find stable employment. Today the phenomenon of illegal migrants has assumed considerable proportions, both because the supply of foreign labor is becoming excessive in comparison to the needs of the economy, which already has difficulty in absorbing its domestic workers, and because of the spread of forced migration.”9

But this social emergency contains within it a great opportunity both for social development and mutual enrichment.

7

Key passages may be found in collections made by the Catholic Legal Immigration Network, Inc. such as Modern Catholic Social Teaching on Immigration: Notable Quotes and Papal Messages for the World Day of Migrants and Refugees, https://cliniclegal.org/category/ issues/catholic-social-teaching. See also John Paul II/Andre´ Dupuy, Pope John Paul II and the challenges of papal diplomacy: anthology 1978 – 2003, Vatican City 2004, pp. 351 – 358. Also useful is James Parry Eyster, Pope John Paul II and Immigration Law and Policy, Ave Maria Law Review 2017, pp. 85 – 105 and Michael A. Scaperlanda, Immigration law: a Catholic Christian perspective on immigration justice, in: Id. (ed.), Recovering self-evident truths: Catholic perspectives on American law, Washington, DC 2007. 8 John Paul II, Message for 1998 World Day of Migrants and Refugees, November 9 1997, in: Modern Catholic Social Teaching on Immigration (Fn. 7), pp. 56 – 58. 9 John Paul II, The Church and Undocumented Workers: Message for 1996 World Day of Immigration, July 25, 1995, §§ 1–2, in: Modern Catholic Social Teaching on Immigration (Fn. 7), p. 62. See also John Paul II, Address to Governor General of Canada, September 19. 1984, in: John Paul II/Dupuy (Fn. 7), p. 351.

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III. Basic Principles of John Paul II’s Argument 1. The Primacy of the Person “It is necessary to restate that, for migrants or refugees as for all other human beings, rights are not based primarily on juridical membership in a determined community, but, prior to that, on the dignity of the person.”10 This guiding truth must be restated and always appropriated because the problem of immigration is easily reducible to crowd control, political power, and economics alone without a due consideration for the dignity of the person. In his first encyclical, Redeemer of Man, Pope John Paul II proclaimed, “man is the way of the Church”. The dignity of the person shines through the created nature of the human person as a knowing and willing being; this dignity is restored and enhanced through redemption of Jesus Christ. John Paul II set forth a series of three important axioms: (i) the priority of ethics over technology, (ii) the primacy of the person over things, and (iii) the superiority of spirit over matter.11 The second axiom, the priority of the person over things is the center point of his personalist philosophy. In “The Person: Subject and Community,” written in 1976, Cardinal Wojtyła explained his distinctive approach to philosophy: “the subjectivity of the human person is a problem of paramount philosophical importance today”. It is connected to the appreciation of human dignity. “The problem of the subjectivity of the person – particularly in relation to human community – imposes itself today as one of the central ideological issues that lie at the very basis of human praxis, morality (and thus also ethics), culture, civilization, and politics. Philosophy comes into play here in its essential function: philosophy as an expression of basic understandings and ultimate justifications. The need for such understandings and justifications always accompanies humankind in its sojourn on earth, but this need becomes especially intense in certain moments of history, namely, in moments of great crisis and confrontation.”12

Cardinal Wojtyła spoke about the crisis in terms of the confrontation with a materialistic interpretation of life, having at its disposal such powerful means of indoctrination and social and cultural control. His turn to phenomenology was motivated by his desire to enrich the truth of Thomistic philosophy so as to offer the best defense of the “irreducible” in man and to highlight the dignity of the person13. It would make 10 John Paul II, Speech to the International Catholic Migration Commission, July 5, 1990, in: Modern Catholic Social Teaching on Immigration (Fn. 7), p. 14. “The function of law is to give each person his due, what is owed to him in justice. … international law is founded on values. The dignity of the person, or guaranteeing the rights of nations, for example, are moral principles before they are juridical norms.” Address to the Diplomatic Corps, January 13, 1997 in: John Paul II/Dupuy (Fn. 7), p. 358. 11 John P. Hittinger, Ethos, Person and Spirit: Principles of Social and Cultural Renewal, in: Człowiek w Kulturze: Pismo Pos´wie˛ cone Filozofii i Kulturze 26 (2016), pp. 161 – 172. 12 Karol Wojtyła, Person and Community, New York 1993, p. 220. 13 Ibid., pp. 210 – 213.

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sense, then, that the plight of the immigrant would draw his special concern. Thus he explained to the Ambassador of Australia that, “no individual should be seen merely as the object of assistance. Every human being is the subject of real rights and duties.”14 2. On Inalienable Rights as Prior to State Power and Judicial Claim Fundamental human rights flow from the dignity of the person; they are inalienable; they exist prior to state power and judicial recognition. “Human rights are inscribed in the very nature of the person and reflect the objective and inviolable demands of universal moral law. They are not conferred by society or the state. They precede laws and agreements, while determining their value and correctness.”15 This aspect of rights as prior to state power, as not conferred by the state, we can more easily see in the courageous stand against tyranny and unjust laws, especially in the case of totalitarian oppression of the human person under nazism and communism. For some reason, it is harder to recognize fundamental rights in the case of the immigrants in western liberal society. Outside the confines of the juridical order of the state, the person is often lost in the shuffle through neglect or deliberate exclusion. Fittingly, John Paul II said that human rights are an “interest” which transcends16. Therefore the nationstate, by simply ignoring those seeking to immigrate or those who have immigrated and possess no documents, does not strip the immigrant of human rights. The undocumented immigrant is not simply some object to be discarded like waste, nor an invisible energy or entity, but a concrete person to be reckoned with in honest fairness. As mentioned above with respect to Carens’ argument for a “right to stay”, the crux of the matter rests upon the dignity of the person as antecedent to “official permission” or legal recognition. It is a totalitarian temptation to act as if the state or a majority body actually confers basic human rights upon the individual. Such a notion is contrary to the principles of the Declaration of Independence17. John Paul II was keenly aware of the tragedy and outrage of the oppression of the human person under totalitarian rule, but also very much attuned to the human dignity of the migrant and others often unwanted or neglected by the citizens of western liberal democracies. John Paul II combined this notion of the centrality of the dignity of the person with the dynamic reality of human rights that flow forth from that dignity. The various

14 John Paul II, Address to the Ambassador of Australia, January 1, 1994, in: John Paul II/ Dupuy (Fn. 7), p. 351. 15 John Paul II, Address to the Ambassador of Nepal, May 18, 2001, in: John Paul II/Dupuy (Fn. 7), p. 117. 16 John Paul II, Address to the Diplomatic Corps, January 16, 1993, in: John Paul II/Dupuy (Fn. 7), p. 108. 17 Thomas G. West, The Political Thought of the American Founding: Natural Rights, Public Policy, and the Moral Conditions of Freedom, Cambridge 2017, pp. 19 – 42.

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aspects of human nature and the complexity of the conditions for fulfilling one’s nature requires that the one principle of dignity be appreciated across many dimensions: “we desire never to lose sight of the fact that what is at stake is man in the fullness of his vocation. It is always a question of enabling the human person to expand and develop everything that counts for him: his very life respected and protected; his health; his capacity to earn his bread through labor, while at the same time finding fulfillment in family life; the preservation of this cultural heritage and the possibility to develop his knowledge and communicate with other groups; the absence of obstacles set to his free movement toward travel; his freedom of conscience; his freedom to adhere to a faith conviction and to practice his religion and community. These comments will suffice to situate my position: man is one; there is no such thing as the decision in seemingly specialized technical domains which would not have its effect on citizens, workers, families, or the youth or the elderly, the sick or the handicapped, in short on man in the concrete who has the right to see his dignity safeguarded in all circumstances.”18

Here we can refer to Cardinal Ratzinger’s appreciation for John Paul II’s style of thinking: it is “a way of thinking in dialogue with the concrete, founded on the great tradition, but always in search of confirmation in present reality. It is a form of thought that springs from an artist’s gaze and, at the same time, it is guided by a pastor’s care. … This comprehension of man beginning not from abstractions and theoretical principles, but seeking to grasp his reality with love, was – and remains – decisive for the Pope’s thought.”19

John Paul II’s thought may assist us to come to a clearer recognition of such rights so that we may find a balanced and equitable response to the problem of immigration. IV. Why There Is a Right to Emigrate According to John Paul II, the right to emigrate emerges from four fundamental human rights: 1. the right to Life; 2. the right to Work; 3. the right to establish, support and raise a Family; and 4. the right to freedom of Religion and conscience. The subjective motivation of the immigrant may vary from person to person with an emphasis upon one or the other of these rights; but in the light of integral humanism all of these rights mutually support one another. 1. Life and Safety. Life or safety is the motive that drives many of those who are forced to migrate because of war, violence and abuse. To seek a place of safety where their life and the lives of their family are protected is indeed part of human nature and a fundamental right that must be respected. 2. Work. This is perhaps the most relevant aspect in voluntary migration – people seek to work to earn a livelihood for themselves and their families. They seek to im18 John Paul II, Address to the International Diplomatic Academy, November 3, 1989, in: John Paul II/Dupuy (Fn. 7), p. 108. 19 Josef Ratzinger, John Paul II: My Beloved Predecessor, Boston 2007, pp. 8 – 9.

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prove their lot because of the fundamental imbalance and inequality in development of the world economy. Work is especially a point for special consideration of human dignity. The dignity of work derives from man’s call to cultivate the earth and it is a positive human good despite the toil and sweat. “It is not only good in the sense that it is useful or something to enjoy; it is also good as being something worthy as corresponding to man’s dignity, that expresses this dignity and increases it. Work is a good thing for man – a good thing for his humanity – because through work man not only transforms nature, adapting it to his own needs, but he also achieves fulfillment as a human being and indeed, in a sense, becomes ‘more a human being’.”20

Near the conclusion of the encyclical on work Pope John Paul II speaks about “work and the emigration question”. He says, “Man has the right to leave his native land for various motives – and also the right to return – in order to seek better conditions of life in another country.”21 He acknowledges that this is a loss for the country and people whom he leaves behind and he will also note that the loss of cultural and historical identity is a result of emigration. It may be a necessary evil. The important moral challenge concerns the dignity of the worker. “The most important thing is that the person working away from his native land, whether as a permanent emigrant or as a seasonal worker, should not be placed at a disadvantage in comparison with the other workers in that society in the matter of working rights. Emigration in search of work must in no way become an opportunity for financial or social exploitation.” 3. Family. The right to maintain a family is closely connected with work. “Work constitutes a foundation for the formation of family life, which is a natural right and something that man is called to. These two spheres of values – one linked to work and the other consequent on the family nature of human life – must be properly united and must properly permeate each other. In a way, work is a condition for making it possible to found a family, since the family requires the means of subsistence which man normally gains through work.”22

Following the right to life and the right to work, the right to establish and support a family makes the right to immigrate very concrete and substantial. In his Apostolic Letter, The Church in America, he called upon the Church to be vigilant in fighting unjust restrictions on the natural right of individual persons to move freely, and also to defend the rights of immigrants and their families23. 4. Religion and conscience. This right is paramount. “The apex is the exercise of the right and duty to seek God, to know him and to live in accordance with that knowledge. … total recognition must be given to the rights of the human

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John Paul II, Encyclical Laborem exercens, 14 September 1981, no. 9. Ibid., no. 23. 22 Ibid., no. 10. 23 John Paul II, Apostolic Exhortation Ecclesia in America, 22 January 1999, no. 65. 21

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conscience, which is bound only to the truth, both natural and revealed. The recognition of these rights represents the primary foundation of every authentically free political order.”24

The threat to this fundamental and central right of the human person continues to stimulate emigration. John Paul II was concerned with the continual influence of totalitarian ideology as well as with the new forms of religious fundamentalism which “covertly, or even openly, deny to citizens of faiths other than that of the majority the full exercise of their civil and religious rights, preventing them from taking part in the cultural process, and restricting both the Church’s right to preach the Gospel and the rights of those who hear this preaching to accept it and to be converted to Christ.”25

Many immigrants flee oppression looking for freedom to worship and to escape coercion of conscience. John Paul II pointed out for the Church in America that many of those from Latin American countries who move to northern America often “bring with them a cultural and religious heritage which is rich in Christian elements”26. These are four weighty reasons for acknowledging, respecting and promoting the right to emigrate. The right to emigrate requires that each country acknowledge the concrete person and be cognizant of their dignity and dynamic rights, and set their policies in a reasonable and orderly way. It does not entail open borders nor the denial of national integrity and sovereignty. But it does weigh more heavily, if not decisively, in the case of the undocumented immigrant who has over time has lived, worked, and established a family in the midst of the uncertainty of his or her status as unauthorized. We now must consider the balancing rights and obligations in the emigration-immigration equation. V. On Reciprocal Obligations The first obligation of the host country is to listen to the narratives and stories of those seeking to immigrate27. Considerations of their plight and their reasons for their journey are a way to acknowledge the personhood of the other. The fundamental attitudes toward the immigrant and those seeking entry to a host country are easily distorted and manipulated. John Paul II warns against the poisons of racism, xenopho-

24

John Paul II, Encyclical Centesimus annus, 1st May 1991, no. 29. Ibid. 26 John Paul II (Fn. 23), no. 65. – John P. Hittinger, “On the Right of Conscience” in Art and Reality, in: Andrzej Maryniarczyk et al (eds.), Polskie Towarzystwo Tomasza z Akwinu, Lublin 2014, pp. 423 – 434. 27 John Paul II, Intercultural Integration: Message for 2005 World Day of Migrants and Refugees, 24 November 2004, in: Modern Catholic Social Teaching on Immigration (Fn. 7), pp. 34 – 35; and Message for 1998 World Day of Migrants and Refugees, 9 November 1997, in: Id., pp. 56 – 58. 25

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bia, and exaggerated nationalism28. He sought to enlighten public opinion about the tragedy and poverty surrounding the people who seek to immigrate and to prevent the rise of racism and xenophobia29. Listening to the other should contribute to the deepening of the virtue of solidarity. “Often, solidarity does not come easily. It requires training and a turning away from attitudes of closure, which in many societies today have become more subtle and penetrating.”30 As he reminded us in Sollicitudo rei socialis, solidarity is not “a feeling of vague compassion or shallow distress at the misfortunes of so many people, both near and far”31. The moral awareness of interdependence and mutual responsibility must become a moral and social attitude. Solidarity is a virtue, “a firm and persevering determination to commit oneself to the common good; that is to say to the good of all and of each individual, because we are all really responsible for all”. Józef Tischner remarked that the founding of Solidarnos´c´ in Poland was a “huge forest planted by awakened consciences”32. This fundamental attitude leading to the virtue of solidarity requires conversion and on-going conversion. “Being ever more deeply rooted in Christ, Christians must struggle to overcome any tendency to turn in on themselves, and learn to discern in people of other cultures the handiwork of God”. John Paul II may be right to suggest “only genuine evangelical love will be strong enough to help communities pass from mere tolerance of others to real respect for their differences. Only Christ’s redeeming grace can make us victorious in the daily challenge of turning from egoism to altruism, from fear to openness, from rejection to solidarity”33. The host country is not obligated to receive every request for immigration nor to maintain an open border. John Paul II respects not only the rule of law, but also the significance of culture and the maintenance of an orderly life within each nation. Not every immigrant is ready or willing to begin a process of assimilation. Not every immigrant is seeking the positive motivations mentioned above such as life and safety, work, and freedom of religion. But there must be a constant effort to care for those who are seeking admission or who are in the country, and to respect fundamental rights such as subsistence, health, and family integrity. Certainly the exploitation of their labor or any abuse of their condition is prohibited by a respect for basic human rights. John Paul II argues that if a bid to enter is denied, then the host country should provide assistance to people to return to their country of origin, or provide assistance with their continuing search for new country. If accepted, a path for assimilation must be set out. John Paul II does not explicitly mention citizenship as the goal 28 John Paul II, For a Commitment to Overcome All Racism, Xenophobia, and Exaggerated Nationalism: Message for 2003 World Day of Migrants and Refugees, 24 October 2002, in: Modern Catholic Social Teaching on Immigration (Fn. 7), pp. 38 – 39. 29 John Paul II, in: Modern Catholic Social Teaching on Immigration (Fn. 7), passim. 30 John Paul II (Fn. 28), pp. 38 – 39. 31 John Paul II, Encyclical Sollicitudo rei socialis, 30 December 1987, no. 38. 32 John P. Hittinger, The Revolution of Conscience in Centesimus Annus, in: Philosophy and Canon Law 3 (2017), pp. 49 – 67. 33 John Paul II (Fn. 28), pp. 38 – 39.

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of such a path, but political participation is one of the rights of the human person. But more certainly the acquisition of language comes first and appreciation of the laws and culture of the host country. It is interesting to note that John Paul II expresses concern for the loss of cultural roots among immigrants. There are two extremes to be avoided: complete uniform assimilation with the loss of cultural identity, and the marginalization of the immigrant into their own insular community. The corresponding duties or obligations of the immigrant are clear and straightforward, however demanding. John Paul II explains that solidarity is a virtue of reciprocity that must be at work in all sectors of society. “The exercise of solidarity within each society is valid when its members recognize one another as persons. Those who are more influential, because they have a greater share of goods and common services, should feel responsible for the weaker and be ready to share with them all they possess. Those who are weaker, for their part, in the same spirit of solidarity, should not adopt a purely passive attitude or one that is destructive of the social fabric, but, while claiming their legitimate rights, should do what they can for the good of all.”34

In such a spirit of solidarity the immigrant must learn the culture and laws of the host country. They must actively respect the culture and be law-abiding. But at the same time John Paul II encourages them to preserve their own cultural treasures and retain their cultural roots to the degree they can in a new society and in a new setting. Obviously it cannot be like it was in the old country, which many immigrant groups have tried to re-create at different times. Adaption is the only realistic path to take if one is to avoid a ghetto mentality and isolation from the mainstream of the host country. John Paul II assigns the task of dialogue to the immigrant. By their willingness to enter into cultural exchange and dialogue about culture and religion much is done to serve a positive reciprocity in the cause of peace. Dialogue requires that one understands better one’s own heritage and presents its positive features. The virtue of industriousness is important in the context of work, which is very often the reason for emigration. In Laborem exercens John Paul II connects the worth of arduous work in its subjective dimension of fulfilling personal dignity to industriousness: “without this consideration it is impossible to understand the meaning of the virtue of industriousness, and more particularly it is impossible to understand why industriousness should be a virtue: for virtue, as a moral habit, is something whereby man becomes good as man. … All this pleads in favor of the moral obligation to link industriousness as a virtue with the social order of work, which will enable man to become, in work, ‘more a human being’ and not be degraded by it not only because of the wearing out of his physical strength but especially through damage to the dignity and subjectivity that are proper to him.”35

The virtue of industriousness extends through the education provided by the family. The family after all lives by the principle of free giving. 34 35

John Paul II (Fn. 31), no. 39. John Paul II (Fn. 20), no. 9.

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“Work and industriousness also influence the whole process of education in the family, for the very reason that everyone ‘becomes a human being’ through, among other things, work, and becoming a human being is precisely the main purpose of the whole process of education. … the family is simultaneously a community made possible by work and the first school of work, within the home, for every person.”36

Through work and the industriousness of the immigrant, a ready connection is made to the society and nation – the third sphere of values that emerges from a consideration of the subject of work. The society and nation “is not only the great ‘educator’ of every man, even though an indirect one (because each individual absorbs within the family the contents and values that go to make up the culture of a given nation); it is also a great historical and social incarnation of the work of all generations. All of this brings it about that man combines his deepest human identity with membership of a nation, and intends his work also to increase the common good developed together with his compatriots.”37

The reciprocal obligations in solidarity of immigrant and host country turn on work and family; but since the immigrant is the weaker party and the more vulnerable one, the call to exercise mercy falls most directly upon the people of host country. The distinctive role of Christian community in immigration and the call for international cooperation for peace and economic development, both favorite themes of John Paul II in his writing on immigration, are topics that requires greater explication and lie beyond the scope of this paper. VI. On the Right to Stay of the Undocumented Immigrant Many undocumented immigrants are adrift in a new world without legal status and with nowhere to turn for help, even though they have in many cases become integrated into the community, learning the language, exercising industriousness at work, and even raising families. So John Paul II states that it is important “to help illegal migrants to complete the necessary administrative papers to obtain a residence permit. This kind of effort should be made especially on behalf of those who, after a long stay, are so deeply rooted in the local society that returning to their country of origin would be tantamount to a form of reverse emigration, with serious consequences particularly for the children.”38 The undocumented are often trapped between families of origin and their new family in the host country, or sometimes even separated from their new family. This situation cuts deeply at the heart of human dignity and Christian vocation. The undocumented workers are easily and quite often exploited at the workplace, paid sub-par wages, with no security or health care. In his encyclical on work John Paul II explicitly comments on the immigrant in the work place:

36

John Paul II (Fn. 20), no. 10. Ibid. 38 John Paul II, The Church and Undocumented Workers (Fn. 9), pp. 62–64.

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“the most important thing is that the person working away from his native land, whether as a permanent emigrant or as a seasonal worker, should not be placed at a disadvantage in comparison with the other workers in that society in the matter of working rights. Emigration in search of work must in no way become an opportunity for financial or social exploitation. As regards the work relationship, the same criteria should be applied to immigrant workers as to all other workers in the society concerned. The value of work should be measured by the same standard and not according to the difference in nationality, religion or race. For even greater reason the situation of constraint in which the emigrant may find himself should not be exploited.”39

The undocumented worker is most disadvantaged in work. Solidarity and justice would lead a nation to place top priority in consideration of the situation of the undocumented worker. Obviously the longer time one works in the host society, the opportunities for greater involvement and connection are actualized. Similar to Joseph Carens, John Paul II thinks that at some point in time the undocumented immigrant should be given recognition. The families of the undocumented are also precarious. If the chief breadwinner or primary care giver may be exploited or deported, there is an insecurity and fear that pervades the entire family. The society has benefited from the exploited work of the undocumented worker. Many sectors of work in western societies are highly dependent upon undocumented workers (construction, farming, restaurants), and benefit from them. Surely not every citizen has directly entered into a contract with or knowingly benefited from their exploited work, but it would very implausible to claim that the majority of Americans do not know how widespread is the use of undocumented workers in the sectors mentioned. If one participates in the benefits and if one does not speak up about the abuse, then the members of the host society have given a form of tacit consent to undocumented immigrants who have lived and worked in a given society for a certain length of time. These undocumented workers should be given legal recognition and protection under certain conditions for a constructive and orderly assimilation to be specified by the law. I think his focus on the importance of work in the life and existence of the human person, in the framework of the fundamental rights derived from equal human dignity, has provided John Paul II with a way to strengthen the argument for the right to stay. Carens has made the argument that over time – five to seven years – undocumented immigrants can establish their membership in the society through work and marriage. The reality of this social fact and its moral weight is not created by the state nor does it depend upon state recognition to exist. Its moral weight clearly outweighs the illegality of entry and even the potential incentive of others to enter illegally. Some may dispute whether the weight of social membership does outweigh the potential increase in unauthorized entry, because the real or imagined relaxation of immigration restrictions in the United States is usually followed by a surge of il-

39

John Paul II (Fn. 20), no. 23.

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legal migration40. The argument made by Pope John Paul II rests squarely upon the dignity and rights of the human person, and a prima facie case at the very least for the right to stay follows from it. Nevertheless, I think that by bringing into view the added feature of the inevitable exploitation of the undocumented worker, his account forces the question of whether to deport the unauthorized or whether to let him or her stay. The policy of “do next-to-nothing” conveniently allows exploitation to continue. To knowingly tolerate the exploitation of others, and to cynically ignore the aspirations for freedom of many millions of people within our own towns and cities, contradicts our appeal to the aspirations for freedom and self-improvement in our defense of democracy around the world. This condition of exploitation is inconsistent with the character of our country and its respect for free labor and equal regard. Pope John Paul II recommends that society help in completing the process for these undocumented migrants, who have over time become members of our society, to obtain official recognition. The cost, paperwork and legal hurdles are formidable. He recommends that a great effort be made to assist these migrants to complete the necessary administrative papers to obtain a residence permit. Surprisingly, the United States does not need to develop a new lengthy and complex set of legislative measures to accomplish this recommended goal. This recommendation can be implemented by improving and expanding that which our country has already established for just such a purpose. Congress could address the situation of the illegal immigrant population through the modification and expansion of the “Cancellation of Removal” (CoR) provisions in the Immigration and Nationality Act41. CoR, which has existed in immigration law since 1940, allows immigration judges to exercise their discretion to cancel removal orders against illegal immigrants who: have resided in the United States for ten years or more, are of good moral character, have not been convicted of a serious crime and do not present a security risk. It is now made more complicated than necessary by the addition in 1996 of the provision that the unauthorized immigrant must prove that his or her removal would cause exceptional and extremely unusual hardship to a spouse, parent, or child who is a U.S. citizen or lawful permanent resident. Those who are granted CoR may obtain lawful permanent resident status and are eligible for citizenship within five years. Currently, fewer than 6,000 people each year can receive CoR relief. A simple set of reforms with a serious commitment of resources and personnel could unjam the backups and move our country to a greater regard for the humanity of those immigrants who live and work with us. These reforms include encouraging illegal immigrants to affirmatively apply for CoR (meaning, they can apply for it even if they are not presently in removal proceedings); increasing the number who can obtain it; and eliminating the absurd “exceptional and 40

Amanda Sakuma, Ronald Reagan amnesty haunts immigration action, MSNBC, August 3 2014, www.msnbc.com/msnbc/reagan-amnesty-haunts-immigration-action (consulted: 2 January 2020). 41 Immigration and Nationality Act, § 240(A)(b)(1), 8 U.S.C. § 1229b(b)(1). I wish to thank a congressional staff member and an immigration judge for explaining this system to me.

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extremely unusual hardship” requirement, which miserably fails to recognize the evident value of spouses and parents; require seven years of continuous residence instead of ten. Such an expansion of the process would also require a large expansion of the number of immigration judges at the Department of Justice (DOJ) to hear CoR cases, but DOJ already needs many more adjudicators, given the huge backlogs that exist in our immigration courts. The large body of administrative case law interpreting CoR and its predecessors would assist immigration judges in addressing modifications to CoR. In my estimation, the case made by Pope John Paul II for a fair treatment of the undocumented immigrant could provide some much needed lift to our weary and fruitless debates about immigration, and wise guidance for our broken system. Zusammenfassung Der Beitrag untersucht die Grundsätze, die Papst Johannes Paul II. in seiner Sorge um die Anerkennung der Menschenwürde fruchtbar macht, wenn es um die Bewältigung der großen Probleme der Ein- und Auswanderung geht. Zu den wichtigsten dieser Prinzipien gehören der Primat der Person, die unveräußerlichen Menschenrechte, das Recht auf Auswanderung aus Gründen der persönlichen Sicherheit, der Arbeit, der Familienzusammenführung sowie der Religionsfreiheit, aber auch das Bedürfnis, die gesellschaftliche Zugehörigkeit gegenüber dem Phänomen der ungeregelten Einwanderung zu regulieren. Die Position von Johannes Paul II. vermag praktischen Nutzen zu stiften, indem sie unseren lust- und fruchtlosen Diskussionen über Einwanderung den dringend nötigen Auftrieb verleiht und unserem gescheiterten System Handlungsmaximen der Klugheit vermittelt.

Believing and Belonging: Religion, National Identity, and the Integration of Migrants in Europe By Robert A. Dowd1 Arguably the most fundamental matter pertaining to states and nations concerns eligibility for “belonging”. Who “belongs” and what is required to belong? When one becomes a citizen one has the legal right to belong in a state and the responsibilities that accompany that right. However, it is possible for one to be a citizen without being accepted by many other citizens as fully part of the nation2. Just as every state has legal requirements for citizenship, every nation has cultural “requirements” for belonging. The ease with which migrants may be integrated or come to belong depends in large part on the openness or restrictiveness of these cultural requirements. As we consider the challenges posed by immigration and growing ethnic, racial, and religious diversity, cultural requirements for “belonging” may be even more crucial than legal requirements in affecting the prospects for social cohesion, peace, and security. Concerns about migration have given rise to a wave of anti-immigrant nativist nationalism in parts of Europe and North America. This nationalism emphasizes ethnicity, race, and religion as criteria to distinguish those who truly “belong” to the nation from those who do not. If the cultural requirements for belonging depend on these criteria rather than on accepting civic norms or a civic code, it is difficult for many migrants or their sons and daughters to belong. If migrants or their descendants, who may be citizens, think that it is ultimately impossible for them to fully belong to the nation, they may be more vulnerable to extremist groups that do provide them with a sense of belonging3.

1 The author wishes to thank the participants of the German-American Colloquium, as well as Gian Carlo Blangiardo, Università di Milano-Bicocca, Maurizio Ambrosini, Università degli Studi di Milano, Beppe Follini, Università di Trento, Ilaria Schnyder von Wartenesee, University of Notre Dame, and Clemens Sedmak, University of Notre Dame, for their guidance and comments on this project. 2 Jean Beaman, Citizen and Outsider: Children of North African Immigrants in France, Berkeley/Los Angeles 2017; R.M. Dancygier/D. Laitin, Immigration into Europe: economic discrimination, violence, and public policy, in: Annual Review of Political Science 17 (2014), pp. 43 – 64. 3 Mieke Malipaard/Mayke Verkuytenl, National Disidentification and Minority Identity: A Study Among Muslims in Western Europe, in: Self and Identity 17 (2018/1), pp. 75 – 91.

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With heightened concerns about religious extremism in Europe and North America, there is reason to think that religious identity is once again becoming an important cultural marker for national belonging. While many Europeans and Americans may not insist that belonging to their nation requires belonging to their religion or adopting specific religious beliefs, they may be of the view that adhering to certain religions makes it impossible to ever fully belong to their nation4. Just as many American Protestants once thought it impossible for Catholics to be “good” Americans because of the nature of Catholicism5, there is evidence to indicate that today many Europeans and Americans, including those who are not religious, doubt that Muslims can be “true” Europeans or Americans because of the nature of Islam6. The question this essay asks is: do European Christians who strongly identify with their religion espouse national identities that are any more or less open to welcoming Muslim migrants into their national communities than European Christians who do not identify as strongly with their religion and those not religious at all? While Christian religious identity and belief may inspire people to feel a sense of solidarity with, and obligation to welcome into their national community, those fleeing war, persecution and poverty, this sense of solidarity and obligation may be confined to fellow Christians. On the other hand, it may transcend religious identity. The world’s great religions, including Christianity, teach the importance of welcoming the stranger and responsibility towards those in need regardless of their religious identity. Thus, it is conceivable that Christian religious institutions and beliefs inspire people to adopt a religiously inclusive national identity and welcome migrants (“strangers”) of different religious identities, including Muslims, to be a part of their nation7. While recent studies suggest that strong Christian religious identity in many predominantly or Christian-heritage countries of Europe is associated with religiously exclusive national identities and skepticism about the willingness (or ability) of religiously observant Muslims to integrate8, we find evidence to suggest that reality 4 Marc Helbling et al., Attitudes Toward National Identity, Immigration, and Refugees in Germany, London 2017; Stefano Allievi, Reactive Identities and Islamophobia: Muslim Minorities and the Challenge of Religious Pluralism in Europe, in: Philosophy and Social Criticism 38 (2012), pp. 379 – 387. 5 John McGreevy, Catholicism and American Freedom, New York 2003. 6 Pew Research Center, Being Christian in Western Europe, New York 2018. It is important to note that Islam too can and has been used to exclude non-Muslims from fully belonging to national communities in predominantly Muslim societies. See Daniel Philpott, Religious Freedom in Islam: The Fate of a Universal Human Right in the Muslim World Today, Oxford/ New York, 2019. 7 For example, Pope Francis has encouraged countries, particularly those in North America and Europe, to welcome, accompany, and integrate migrants into their national communities regardless of the religious, ethnic, and/or racial backgrounds of the migrants. 8 Claire Adida/David Laitin/Marie-Anne Valfort, Why Muslim Integration Fails in Christian-Heritage Societies, Cambridge MA 2016; Kirk Bansak/Jens Hainmueller/Dominik Hangartner, How Economic, Humanitarian, and Religious Concerns Shape European Attitudes Toward Asylum Seekers, in: Science 354 (2016), pp. 217 – 222; Pew Research Center (Fn. 6).

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may be more complex. Based on a survey and in-depth interviews with Italian Catholics and non-Catholics conducted between April and May 2018 in the Milan metropolitan area, we find that strong Catholic religious identity tends to be associated with religiously inclusive national identity. We find that the most powerful predictor of religiously exclusive national identity is support for political parties on the right of the political spectrum; parties that most religiously observant Catholics in our sample rejected. Controlling for gender, age, education, religious importance, religious attendance, and frequency of prayer, we find Catholics who identified most strongly with their religion tended to be more optimistic about the ability and willingness of non-Catholic and non-Christian migrants to integrate into Italian society. They tended to disagree that religiously devout migrants, especially Muslims, pose a threat to Italian or European values. This essay proceeds as follows. After briefly reviewing recent studies, we describe our own research. We go on to present the results. Finally, we discuss our findings and questions for further research elsewhere in Europe, particularly in Germany. I. Recent Studies on Religion, National Identity, and Attitudes Toward Migrants9 Although religious identity may be narrowly tied to national identity and serve to make such identity rather exclusive, religious identity and belief may inspire people to feel a sense of obligation to welcome others to their nation. Of course, this sense of obligation and spirit of welcome may be confined to co-religionists (for example, Christians feeling obligated to welcome persecuted Christians or those Christians fleeing poverty). Adida et al. found French citizens more accepting of Senegalese migrants who were Christians than Senegalese migrants of the same ethnic group and socio-economic class who were Muslims10. Further, Bansak et al. found citizens across 15 European countries much more accepting of Christian asylum seekers than of Muslim asylum seekers11. In its survey of citizens of 15 European countries conducted in 2017 and early 2018, the Pew Research Centre found a link between strong Christian identity and religiously exclusive national identity12. Practicing Christians in most European countries where Christianity had been or continues to be the dominant religion tended to hold more ethno-nationalist sentiments and stronger anti-immigrant attitudes, than non-practicing Christians and those who do not identify with any religion. There is

9 This is not an exhaustive literature review, but one that focuses on some studies thought to be especially relevant for the current research. 10 Adida et al. (Fn. 8). 11 Bansak et al. (Fn. 8). 12 Pew Research Center (Fn. 6).

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some evidence to suggest that this was the case especially among Catholics in predominantly Catholic countries of southern and east-central Europe13. The Pew Center study – which involved more than 24,000 telephone interviews with randomly selected adults, including nearly 12,000 non-practicing Christians – also found Christian identity in Western Europe to be associated with negative attitudes toward migrants and religious minorities. On balance, self-identified Christians – whether they were practicing (that is, attending religious services) or not – were more likely than those who did not identify with any religion to express negative views of immigrants, especially Muslims immigrants. The study found that Christians not attending church were less likely than church-attending Christians to have a strong sense of ethnic national identity. Still, the results show that even non-practicing Christians were more likely than the non-religious respondents to say that their culture is superior to others and that it is necessary to have the “country’s ancestry” to share the national identity (for example, one must have a Spanish family background to be truly Spanish). In the United Kingdom, 45 per cent of church-attending Christians said Islam is fundamentally incompatible with British values and culture, as did roughly the same share of non-practicing Christians (47 per cent). Among religiously unaffiliated adults, fewer (30 per cent) said Islam is fundamentally incompatible with their country’s values. There was a similar pattern across the region on whether there should be restrictions on Muslim women’s dress, with Christians more likely than “nones” to say Muslim women should not be allowed to wear any religious clothing. Further, the Pew study found that across all fifteen countries Catholics were more likely than Protestants to hold negative views toward Muslim migrants. Catholics were more likely than Protestants to say they would not be willing to accept Muslims as family members, that women in their countries should not be allowed to wear any religious clothing, and to agree with the statement, “Due to the number of Muslims here I feel like a stranger in my own country”14. Nonetheless there are studies to suggest there is a great deal of variation across countries in the extent to which religion is used as a marker of national belonging. Although conducted well before the current “migration crisis,” Kunovich found that religion was more salient for national identity among Christians in eastern and southern European countries than in central and western European countries15. The more recent study conducted by the Pew Centre reports similar results, finding religion much less important for national identity among respondents in northern and western European countries than in eastern European countries. 13

Ibid. Ibid. According to Pew, Muslims now make up an estimated 4.9 per cent of the population of the European Union (plus Norway and Switzerland) and somewhat higher shares in some of Western Europe’s most populous countries, such as France (an estimated 8.8 per cent), the UK (6.3 per cent) and Germany (6.1 per cent). These figures are projected to continue to increase in coming decades, even if there is no more immigration to Europe. 15 Robert M. Kunovich, An Exploration of the Salience of Christianity for National Identity in Europe, in: Sociological Perspectives 49 (2006), pp. 435 – 460. 14

Believing and Belonging

263

Yet, it is important to recognize that people may believe their religious identity is important for their national identity in ways that are not religiously exclusive. For example, people may believe in the importance of Christianity for national identity and culture but define Christian culture as one that is open and inclusive of people regardless of their religious affiliation. A recent study that focuses on Italy provides some evidence of this way of linking Christianity and national identity or national culture. Dixon et al. found that Italians who identified most strongly as Catholics tended to espouse a relatively open national identity as compared to Catholics who identified less strongly as Catholics and those who did not identify as Catholics at all16. In fact, they identify a segment of the Italian citizenry as “Catholic Humanitarians” who tended to justify their openness to migrants and their commitment to a religiously inclusive Italian national identity based on their Christian faith and their understanding of what it means to be Catholic. These respondents tended to see a national identity founded on Christian or Catholic principles to be a more humane and inclusive national identity than that promoted by the country’s far-right political parties. While all the studies cited here offer important insights, we are left with more questions than answers. If there is variation in the extent to which people adopt religiously exclusive national identities, what explains that variation? Why do some people appeal to their religion to justify excluding people of different religions from their national communities while others do so to justify including them? II. Research Question and Methods In this essay, we report preliminary results of a mass survey of, and in-depth interviews with, native-born Italian citizens in the Milan metropolitan area17. The question is, are those for whom Catholic religious identity is most important and who attend religious services most frequently any more or less likely to espouse a religiously exclusive Italian national identity than those for whom Catholic religious identity is less important and who attend religious services less frequently, if at all? We selected Italy because it is a front-line country in the recent migration/refugee crisis with thousands of migrants washing up on its vast coastline. Further, it is a pre16

Tim Dixon/Stephen Hawkins/Laurence Heijbroek/Miram Juan-Torres/François Xavier Demoures, Attitudes Towards National Identity, Immigration, and Refugees in Italy, London 2018. 17 While this essay focuses on results with respect to the specific questions stated here, it is worth noting that it is part of a larger study that ultimately includes a mass survey of and indepth interviews with migrants as well as Italian citizens in the Milan area. The larger study concerns the ways in which Europeans’ religious identities, among other factors, affect their attitudes concerning migrants and their views about what would be required for their “integration” as well as the ways in which migrants’ religious identities affect their attitudes toward European societies and their views about what would be required for their “integration.”

264

Robert A. Dowd

dominantly Christian country in which one expression of Christianity, Roman Catholicism predominates. We conducted the study in the Milan area because Milan has a relatively large percentage of migrants and is home base to the most anti-immigration of political parties, the Lega Nord or Northern League (now calling itself Lega as it seeks to broaden its appeal beyond the north.). Thus, we could not help but wonder whether and how strong Catholic identity is related to attitudes toward migrants, discrimination against non-Christian migrants, especially Muslims, and concerns about national identity and values. The research included two phases, a survey phase and an in-depth interview phase. We randomly surveyed 612 and purposively surveyed 390 Italian citizens. The purposive sample was drawn in order to ensure representation of Italian citizens who were religious and non-religious. In the survey we sought to achieve a sample that reflects the composition of Italian citizens in the Milan area. We used statistical weights to correct for over and under sampling of certain groups. We conducted in-depth interviews with sixty survey participants who agreed to be re-contacted, and ensured that the sample was stratified with regard to gender, age, and strength of Catholic identity or religiosity. The survey and in-depth interviews were undertaken in partnership with Ipsos, a global market and opinion research specialist. Survey respondents answered questions related to their demographic characteristics, including gender, age, geography, educational level, income, religious identity, religious importance, religious attendance, and frequency of prayer. We constructed the survey instrument based on interviews with individuals working with migrants and with Italian citizens in the Milan area and a review of other survey instruments used for previous research on attitudes toward migrants in Europe. We then tested the survey instrument on randomly selected Italian citizens before finalizing it. The final version of the instrument includes thirty-five questions and took an average of fortytwo minutes to administer. III. Results We begin our examination of results by comparing sample means and frequencies for respondents who identified themselves as Catholics when asked for their religious affiliation, if they were religiously affiliated at all. We compare means and frequencies for Catholics who reported attending Mass weekly or more (N=271), attending occasionally (N=406), and attending rarely if ever (N=143). Besides gender, age, and educational attainment, we are interested in comparing sample means for key dependent variables of interest. These are: (a) whether, knowing nothing else about two migrants, they prefer a Christian or Muslim migrant be admitted to Italy; (b) a poor migrant willing to work hard or a highly skilled/well-educated migrant; and (c) a poor Christian migrant willing to work hard or a highly skilled/welleducated Muslim migrant. Further, we are interested in comparing sample means for whether: (d) respondents think migrants make the country more diverse and this is a

Believing and Belonging

265

good thing; (e) Italians must be willing to accept change and cultural diversity to promote the integration of migrants; and (f) migrants, particularly Muslims, who identify very strongly with their religion, pose a threat to Italian or European values. Finally, we are interested in comparing sample means for the three groups with respect to what is necessary to “be Italian”. We want to know whether they think: (g) being born in Italy; (h) speaking Italian; (i) supporting democracy and human rights; (j) accepting and abiding by laws; or (k) being Catholic, is most important in order to “be Italian”. As we might expect, we find those self-identified Catholics who said they attended church at least weekly tended to be slightly “more female” and on average a few years older than those who said they attended church less than once per week (see Table 1). Differences in educational attainment were negligible across the three groups (that is, most members of each group have graduated from high school and many have attended at least some university). When it comes to preferences to admit a Christian or Muslim migrant, knowing nothing else about them, we might be surprised to find little difference across the three groups. In fact, those Catholics who said they attended religious services at least once per week were on average slightly less biased toward the Christian migrant (3.83) than those who said they attend religious rarely or not at all (4.0). Further, Catholics who said they attend church more often tended to be slightly more sympathetic to a poor, unskilled, and uneducated migrant than toward a wealthy, skilled, and educated migrant than Catholics who attended less frequently or not at all18. If we add religious identity to what we know concerning the wealth, educational background, and skills of the migrants seeking admission, we find support for the skilled migrant dropped among all groups. When respondents were told that the unskilled and educated migrant is a Christian and the skilled and highly educated migrant is a Muslim, support for the highly skilled person dropped by .36 among Catholics who attended services at least weekly, by .48 among Catholics who attended occasionally, and .47 among Catholics who rarely if ever attended. Thus, all groups discriminated against Muslim migrants, but Catholics in our sample who attended church most often did so the least. Table 1 Descriptive Statistics: Means and Frequencies (Standard Deviation) Catholic High AttendRange ance (N=271) Male Age

20 – 91

39 % 58.9

Catholic Moderate Attendance (N=406)

Catholic Low/No Attendance (N=143)

41.6 % 56.3

50.9 % 57.5

18 This is interesting since many studies conducted in other countries have found a preference for more highly educated and skilled migrants over poor migrants. Italy may be rather exceptional in its sympathy for poor migrants in this regard. More study is necessary.

266

Education Prefer Christian Migrant Prefer Educated Migrant Prefer Educated Muslim Migrant Europeans/Italians Must Change Migrants Make Country Stronger Migrants/Muslims Threaten Values

Robert A. Dowd Table 1 (Continued) 1 – 6 3.07 3.03 (1.22) (1.87) 1 – 5 3.83 3.85 (0.829) (0.84) 1 – 5 2.54 2.64 (1.27) (1.27) 1 – 5 2.20 2.16 (1.17) (1.14) 1 – 5 3.39 3.31 (1.25) (1.27) 1 – 5 3.12 3.07 (1.16) (1.19) 1 – 5 3.24 3.30 (1.25) (1.39)

3.12 (1.25) 4.0 (1.0) 2.65 (1.42) 2.28 (1.32) 2.81 (1.41) 3.09 (1.28) 3.27 (1.37)

Catholics who attended church most frequently were also on average slightly more likely to agree that Italians or Europeans must accept change if migrants are to be fully integrated. Further, they were slightly more likely to agree that migrants make their country stronger and that the diversity they bring is mostly a good thing. There is little difference across the groups when it comes to whether they agreed migrants, particularly Muslims, who take their religion seriously pose a threat to Italian or European values. On average most members of all three groups neither agreed nor disagreed. Yet, interestingly, Catholics who attending church services most frequently tended to disagree more strongly with this statement (“Religious migrants, particularly Muslims, pose a threat to Italian/European values.”) than those attending less frequently. Perhaps the most interesting variables for our purposes concern what it means to “be Italian”. We find little difference between sample means for Catholics who said they attended church at least once per week and those who said they attended church less frequently. On average, members of all three groups were likely to say that “Accepting and abiding by Italian laws” was the most important characteristic for someone to be considered Italian, followed by support for democracy and basic human rights. Being born in Italy showed the lowest level of support for all groups, indicating that a large majority of Catholics, regardless of religious attendance, hold the view that one need not be born in Italy to be a “real Italian”. Being Catholic also received little support, though it received slightly more support among the Catholics attending church most frequently than among those attending less frequently. Finally, speaking Italian received little support. As important as people might think speaking Italian is for the integration of migrants, a clear majority of respondents in each group seems to think it takes more than speaking Italian to “be Italian”. Because the rising popularity of “right-wing/nationalist” political parties that have promoted anti-immigrant sentiments, we also consider whether and how members of the three groups distributed their support in the most recent (2018) election.

Believing and Belonging

267

As indicated in Figure 1, the center-left Democratic Party, with its relatively receptive positions on immigration, enjoyed the most support among members of all three groups, and the support for that party was much higher (33.4 per cent) among Catholics who attended church weekly or more as compared to those who attended rarely if at all (23.8 per cent). Just to complicate matters, the second most popular party was the Lega Nord (referred to from this point on as Lega), known for its anti-immigration policy positions. Lega enjoyed slightly more support among Catholics who said they attend weekly or more than among Catholics who said they attend less frequently.

Fig. 1: Religious Attendance and Party Support 2018 in Milan Area. Note: The figure displays the percentage of respondents who said they supported the party in question.

The biggest difference between the groups regarding political parties concerns the level of support for the Five Star Movement. Five Star is the anti-establishment party that is difficult to define ideologically. It appears not to have a clear stand as a party on immigration, but it does include several politicians who played the anti-immigration card in the 2018 election campaign. To a much lesser degree, there are also differences across the groups in levels of support for Fratelli d’Italia, a neo-fascist party that clearly espouses a closed ethnic-based national identity and anti-immigration message. Support for these two parties was much greater among the Catholics attending church rarely if at all (17.6 per cent for Five Star and 5.0 per cent for Fratelli) than among Catholics attending weekly or more (6.7 per cent for Five Star and less than 1 percent for Fratelli). In sum, sample means and frequencies suggest a more complex reality than one might conclude based on the findings of studies cited above, which show strong Christian identity to be linked with doubts about Muslims’ ability or willingness to integrate. Further, the means and frequencies suggest a picture closer to that por-

268

Robert A. Dowd

trayed by Dixon et al.19, which found a link between strong Catholic identity in Italy and a religiously inclusive national identity. Yet, the picture is complicated. While Catholics who attended church weekly or more threw most of their support (33.4 per cent) to the most immigrant-friendly of the parties, the Democratic Party (DP), the second most popular party among Catholics who attended weekly was the strongly anti-immigration Lega (24.3 percent). Among the Catholics who attended church less frequently, we find less support for the DP and more support for Five Star, with its very ambiguous position on migration, and Fratelli, with a very anti-immigration position. We would like to know what happens when we control for other factors that may explain respondents’ attitudes and party preferences. In the tables that follow, we find the results of binary logistical regression with a focus on odds multipliers for variables that are substantively and statistically significant. Substantive significance is defined here as an odds multiplier that is at least +1.5 or -1.520. Statistical significance is defined as a p-value of .001 or less. In Table 2, we find the results regarding preference for a Christian migrant over a Muslim migrant, for an educated and skilled migrant over a poor and un-educated migrant, and well-educated and skilled Muslim migrant over a poor and uneducated Christian migrant. We also find results for whether respondents think religious migrants, particularly Muslims, pose a threat to Italian or European values and whether migrants in general are good for the country because the diversity migrants bring makes their country stronger. Besides gender, age, and education, we control for whether the respondent is unemployed, which political party he or she supported in the 2018 election, and whether the respondent has had any personal interaction (that is, conversations) with a migrant. We assess whether Catholic identity is correlated with any of these dependent variables of interest while controlling for importance religion is in one’s life, frequency of religious attendance, frequency of prayer at home or work or somewhere outside of religious services, age, gender, education, and personal interaction with migrants. We find that Catholic identity is positively associated with preference for a Christian over a Muslim migrant. Knowing nothing else about the migrants but their religious identities, a respondent who identified as Catholic was almost twice as likely as one who did not to have expressed preference for a Christian migrant over a Muslim migrant. Yet, compared to being Catholic, support for the center-right Forza Italia (also referred to here as Forza) and far-right Lega was much more positively associated with preference for the Christian migrant. A respondent who supported Forza was 5.7 times more likely to have expressed preference for a Christian over a Muslim migrant, and a respondent who supported Lega was 2.7 times as likely to have done

19

Dixon et al (Fn. 16). An odds multiplier of 1 indicates no substantive relationship between the variables in question. 20

Believing and Belonging

269

Table 2 Correlates of Select Attitudes Toward Migrants: Logistical Regression/Odds Multipliers

Male Age Education Catholic Religious Importance Religious Attendance Prayer Interaction Migrants Democratic Party Five Star Forza Italia Fratelli d’Italia Lega Nord

Prefer Prefer Prefer Educated Agree Christian Educated Muslim Migrants Migrant Migrant Migrant Make Country Stronger

Agree Religious Migrants/Muslims Threaten Values

+2.0 ____ ____ +1.9 ____

____ ____ ____ -1.9 ____

+1.6 ____ ____ ____ -1.5

+1.5 ____ ____ ____ ____

____ ____ ____ -2.4 ____

____

____

____

____

____

____ ____

____ ____

____ +1.8

____ ____

____ -1.7

+1.3

____

+2.4

+2.5

____

____ +5.7 +1.7

____ ____ +1.7

+1.6 ____ +1.6

-1.6 -3.3 ____

+1.5 +9.2 +2.0

+2.7

+1.5

____

-2.0

+4.2

Note: Only odds multipliers for coefficients that are substantively and statistically significant are included in the above table.

the same. While support for all other political parties is also associated with preference for the Christian, the association is not nearly as powerful. Of the other variables, only being male is worth noting. A male was more than twice as likely than a female to have expressed preference for the migrant who is Christian. We also seek to assess the factors that affect the extent to which religious identity of the migrants shapes preferences by adding another piece of information to the attributes of the migrants, namely skills or educational background. In order to assess the difference that the religious identity of the migrant makes, we compare respondents’ preferences when they were not told the religious identities of the migrants with when they were told the religious identities of the migrants. First, we asked whether respondents would prefer a poor, uneducated, and unskilled migrant be admitted or a wealthier, educated, and skilled migrant. We compare how respondents answered that question when they were told that the wealthy, educated, and skilled migrant was a Muslim and the poor, uneducated, and unskilled migrant was a Christian. Without knowing the religious identity of the migrants, we find a self-identified Catholic was almost two times more likely than one who did not identify as Catholic to have expressed preference for the poor, uneducated, and unskilled migrant, while being

270

Robert A. Dowd

male and having expressed support for Fratelli, Lega, and Forza was associated with support for the educated and skilled migrant. When we added religious identities of the migrants to what we told respondents about the migrants, we find that the Catholic identity is no longer associated with preference for one migrant or the other. This is puzzling. Given Catholic identity was associated with preference for the Christian over the Muslim migrant when nothing else was known about the migrants, we would expect the preference for the poor, uneducated, and unskilled migrant to only increase when respondents who identified as Catholics learned that this migrant was a Christian and the wealthy, educated, and skilled migrant was a Muslim21. We do find religious importance was associated with a preference for the uneducated and unskilled Christian over the educated and skilled migrant. Personal interaction with migrants was associated with preference for the educated and skilled migrant who is a Muslim. Support for the Democratic Party is also strongly associated with preference for the educated and skilled Muslim over the uneducated and unskilled Christian. Yet, we also find preference for the educated and skilled migrant, despite the Muslim identity of the migrant, among those who supported the most right wing of the political parties in our survey, Lega and Fratelli. We find no association between any of the religious variables, including Catholic identity, and whether respondents agreed that migrants and the diversity they bring makes their country stronger. Instead, we find those who supported the Democratic Party were those most likely to have agreed that migrants and the diversity they bring make Italy stronger. Those who supported Forza Italia and Lega were much less likely to have agreed with this statement. Perhaps one of the most interesting findings in Table 2 pertains to whether respondents agreed that migrants who take their religion very seriously, especially Muslims, pose a threat to Italian or European values. We find Catholic identity to be negatively associated with agreement. Controlling for religious importance, attendance, and frequency of prayer, respondents who identified as Catholics were more than two times less likely than those who did not identify as Catholics to agree that religiously devout migrants, particularly Muslims, pose a threat to Italian or European values. Rather than Catholic identity, support for right and far-right parties, particularly Forza and Lega, was most strongly associated with agreement. Those who supported Forza were more than nine times more likely than those who did not support Forza to agree that religious migrants, particularly Muslims, pose a threat to Italian values, and those who supported Lega were more than four times more likely than those who did not support Lega to agree with the statement.

21

There is a possibility that this finding is the result of some combination of the Hawthorne Effect and social desirability bias. In other words, respondents may have discerned that we were trying to assess whether they would discriminate against a Muslim migrant and, therefore, answered that they had no preference since they did not want to appear to be biased against Muslims.

Believing and Belonging

271

In Table 3 we focus on the characteristics considered most important for “being Italian”. We seek to better understand and explain the variation in the extent to which respondents think being born in Italy, being Catholic, speaking Italian, abiding by laws, or supporting democracy and human rights is the most important characteristic for one to be considered an Italian. Few of the variables in our model are significantly associated with whether a respondent agreed that being born in Italy is most important for one to be considered Italian. However, being Catholic and having supported Lega and Fratelli, were most positively associated with agreement. Having supported Fratelli was strongly associated with agreement that speaking Italian is the most important characteristic for one to be considered an Italian. Self-identified Catholics, males, and supporters of the Democratic Party were much less likely to have said they consider speaking the language the most important characteristic in order for one to “be Italian”. Interestingly, those who supported Fratelli were more likely to agree that abiding by laws is the important characteristic in order to be an Italian, with supporters of Five Star much less likely to agree with the same statement. We find that support for the Democratic Party is the variable most positively associated with agreement that support for democracy and human rights as the most important characteristic needed to be a “real Italian”. Those who supported the Democratic Party were more than three times more likely than those did not do so to agree that support for democracy and human rights is the most important trait for person to be an Italian. Supporters of Lega were three times less likely than those were not supporters of Lega to agree that such support is the most important characteristic. We find Catholic identity was not associated with agreement or disagreement with the statement. However, religious importance is negatively associated with the statement. Those who said religion was very or extremely important in their lives were two times less likely to agree that support for democracy and human rights is the most important trait for a person to have to “be Italian” than those who did not say religion was very or extremely important. On the other hand, respondents who attended religious services more frequently (at least weekly) were slightly more likely to agree with the statement than those attending religious services rarely or not at all. Perhaps the most interesting results concern whether a respondent agreed that being Catholic is the most important trait for one to be considered an Italian. This gets at the question of religiously exclusive or inclusive national identity most directly. Here we find support for Fratelli, Five Star, and Forza to have had the most powerful and positive association with a religiously exclusive national identity. A respondent who supported Fratelli was more than eight times as likely as one who did not support Fratelli to agree it is important to be Catholic in order to be a true Italian. A respondent who supported Five Star was more than five times more likely than one who did not support Five Star to have agreed with the same statement. Interestingly, a supporter of Lega was only slightly more likely to agree with the statement than a respondent who did not support Lega. The only religious variable to show a positive association with this religiously exclusive view of national identity was fre-

272

Robert A. Dowd Table 3 Correlates of What is Necessary to be an Italian: Logistical Regression/Odds Multipliers

Male Age Education Catholic Religious Importance Religious Attendance Prayer Democratic Party Five Star Forza Italia Fratelli d’Italia Lega Nord

Born in Italy

Catholic Speak Italian

Abide By Laws

Support Democracy

+1.5 ____ ____ ____ ____

____ ____ ____ ____ ____

-2.0 ____ ____ -9.5 ____

____ ____ ____ ____ ____

-1.5 ____ ____ ____ -2.1

____

____

____

____

____

____ ____ ____ ____ +2.4 +1.8

+2.2 ____ +5.2 +3.5 +8.0 +1.5

____ -1.9 ____ ____ ____ -1.6

____ ____ ____ ____ ____ ____

____ ____ -3.2 ____ ____ -2.6

Note: Only odds multipliers for coefficients that are substantively and statistically significant are displayed.

quency of prayer, with Italians who indicated they prayed several times per week or daily outside of religious services to have been twice as likely to agree it is important to be Catholic in order to be a true Italian. The strong association between support for certain political parties and the degree to which respondents agreed that it is important to be Catholic to be “an Italian” raises the question: what explains support for these and other political parties? Since we find support for Fratelli, Five Star, and Forza so powerfully linked to agreement that Catholic identity is necessary for one to be Italian, we might expect strong Catholic religious identity to be positively associated with support Fratelli, Five Star, Forza when we control for other relevant factors. As shown in Table 4, results show that self-identified Catholics were not more supportive of Fratelli, Five Star, and Lega than those who did not identify as Catholics. In fact, we find quite the opposite. A respondent who did not identify as Catholic was 2.7 times more likely to have supported Five Star and twice as likely to have supported Fratelli than a self-identified Catholic. Rather than Catholic identity, unemployment is the variable most strongly associated with support for Fratelli. Those who were unemployed were more than three times as likely as those who were not unemployed (largely those with jobs or students not yet on the job market) to have said he or she supported Fratelli. Unemployment is also positively associated with support for Five Star, but the association is much less significant. When we control for other factors, the results indicate no significant association between Catholic

Believing and Belonging

273

identity and support for any of the other political parties22. While religious importance is positively associated with support for Forza, all other religious variables either have a negative or no association at all with support for political parties. Table 4 Correlates of Support for Political Parties: Logistical Regression/Odds Multipliers Fratelli Lega Forza Five DP Star Male Age Education Catholic Religious Importance Religious Attendance Prayer Unemployment Interaction with Migrants

-1.8 ____ ____ -2.0 ____

____ ____ ____ ____ ____

-2.0 ____ ____ ____ +1.8

____ -1.6 ____ -2.7 ____

___ +1.9 ____ ____ ____

-2.0

____ ____ ____ ____

____ +3.2 ____

___ ____ -1.7 ____ -2.8 -2.1 +1.6 ____ ____ ____ +1.7 ____

In order to gain greater insight and explanation for these results, we conducted indepth interviews with sixty of the survey respondents who agreed to be re-contacted and interviewed.23 The results of these interviews reveal the complexity of any relationship between Catholic religious identity and a national identity that is more or less open to migrants of different religious traditions, particularly Muslims. They do suggest, however, there is segment of the population that Dixon et al. call “Catholic Humanitarians”24. Many of the most religiously observant Catholics we interviewed expressed views that showed them to be generally more open and inclusive than many of the less observant Catholics and those not religious at all. However, the most religiously observant Catholics expressed greater concern about the loss of Italian Catholic culture and identity than less observant Catholics and those not religious at all.

22 This is true even for the Democratic Party, which received the most support among Catholics who attend religious services weekly. See frequencies in Table 1. 23 It is important to recognize that more than sixty respondents agreed to be re-contacted. However, in order to mitigate the possibility that some category of respondents might be disproportionately represented among the volunteers for in-depth interviews, we randomly selected sixty respondents who vary in terms of their Catholic identity, religiosity, gender, age, and educational attainment. 24 Dixon et al. (Fn. 16).

274

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Nearly two thirds of the most religiously observant Catholic respondents who agreed to in-depth interviews and said they attended religious services at least once a week (19 out of 29), indicated they think it is important for Italians to be open to the cultural diversity that immigration brings. We found this sentiment especially among younger religiously observant Catholics, but also among those older. For example, one seventy-four year old Catholic woman who attends religious services weekly said: “I think it may be more difficult for a Muslim migrant [to integrate] since he or she comes from a deeply different culture, but religion is not the problematic factor. It is more a question of different ways of life that need to merge.”25 A fortyfive year old male Catholic who attends Mass weekly also recognized the difficult task of integration, but went on to say: “Since Italy is a Christian country that is founded on Christian values, helping others, including migrants, is an integral part of our culture.”26 Among the least religiously observant Catholics and those who did not identify with any religion at all, we find only about one-third (7 out of 21) expressed explicit support for the diversity that immigration brings. They generally expressed more concern with religious fundamentalism than the most observant Catholics and suggested they were afraid that Italy’s national culture of tolerance would be weakened by an influx of religiously devout migrants, especially Muslims. For example, one thirty-five year old male respondent, who said he was not religious, noted: “If Muslims become a majority of the population in some parts of our country, I think we have a real problem. Many of them are not tolerant.”27 Another fifty two-year old non-religious female said: “The attack in France on the magazine people [that is, Charlie Hebdo] and others scares me. I do not want that kind of religion in Italy. If we let too many of them [Muslims] come, I am afraid of religious fundamentalism.”28 Several religiously observant Catholics also expressed concerns about religious fundamentalism among migrants. However, many of them were most concerned about how far-right politicians may exploit the violent acts of a few religious extremists to stoke fears of all Muslim migrants in order to further their own political interests. For example, a forty-two year old Catholic female who attends religious services weekly, noted: “Belonging to one religion rather than another should not be grounds for discrimination. On the other hand it is evident that, since Italy is a strictly Christian country, there can be distrust towards Muslim migrants, especially because of fundamentalism and the acts of violence we have all witnessed. However, this is a generalization that is wrong and should be avoided.”29

Another religiously observant Catholic male, twenty-eight years old, said: 25

Interview conducted in Milan November 15, 2018. Interview conducted in Milan November 10, 2018. 27 Interview conducted in Milan December 2, 2018. 28 Ibid. 29 Interview conducted in Milan November 20, 2018. 26

Believing and Belonging

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“Sometimes I interact with migrants who are Muslims. I remember one of them. Talking with him was useful because, when you talk directly to a person, the problem is no longer vague and abstract but you have it in front of you concretely. This meeting helped me to get rid of some stereotypes I got from social media. These kinds of interactions help you to understand that dialogue is built only if both parties strive to move in each other’s direction.”30

We found some Catholics actively working with migrants to promote their acceptance and integration. For example, one forty-two year old Catholic female who attends church several times a month talked of her encounters with migrants: “I have interacted with migrants on many occasions. For example, I recently met an Eritrean migrant found dying in front of a church. He was helped and now he feels part of a community. He is learning the [Italian] language and going to school. On the occasion of the census I interacted with migrants living on the street. Interviewing them was like entering their world of loneliness and fear and it was terrible to realize that living on the street for them was better than going back to their country. All this has led me to look upon them with humanity and charity. We ourselves have been migrants. Now it is up to us to help welcome others. Ignorance generates fear.”31

Despite the rather open attitudes, many of the most religiously observant Catholics expressed concerns that Italian cultural identity and traditional Christian values have been eroding. Several respondents said they believe that, if Italy’s Catholic culture is to be maintained, there must be limits to immigration, with a preference given to refugees. Most respondents stopped short of saying that there should be limits on Muslim immigrants or refugees in order to maintain Catholic culture. Instead, they expressed concern with the pace of migration overall and the ability of Italian society to effectively welcome and integrate so many migrants all at once. A twenty-eight year old Catholic woman who attends church weekly said, “If we welcome everyone indiscriminately but can not guarantee a decent life [for them], hospitality doesn’t make any sense.”32 Another observant Catholic, a forty-five year old male echoed this view: “Migration must be better controlled in order to guarantee for everyone a decent life. So far, in my judgment, the management of migration has been poor. Reception without limits is dangerous, useless, and does not create true integration.”33 IV. Conclusion While this is only the first cut at a body of data that is confined spatially and temporally, we find evidence to suggest that any relationship between strong Christian religious identity and national identity in Europe is more complex than some studies

30

Interview conducted in Milan November 22, 2018. Interview conducted in Milan December 2, 2018. 32 Interview conducted in Milan December 2, 2018. 33 Interview conducted in Milan December 2, 2018. 31

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have indicated34. Based on analysis of quantitative and qualitative data, we find that strong Catholic identity was not necessarily associated with religiously exclusive national identity, heightened fears about Muslim migrants, or greater pessimism about the ability and willingness of non-Christian migrants to integrate. Instead, support for far-right and center-right parties like Fratelli d’Italia, Lega, and Forza Italia are most powerfully associated with religiously exclusive national identity. Controlling for other relevant factors, we find Catholics who identified strongly with their religion did not support these parties. We find evidence of what Rogers Brubaker has called “reactive religious identity”35. Where there is reactive religious identity we find those who are not religiously observant, at least according to customary indicators like attendance of religious services and frequency of prayer, emphasizing religious identity as an important or necessary criteria for national inclusion or exclusion. Where people have adopted a reactive religious identity, they use religion more as a cultural marker for political purposes than as a way to connect with the transcendent. While there have been observers who have studied reactive Muslim religious identity36, reactive Christian religious identity, particularly in Europe, has received less attention until recently37. Oliver Roy writes that, “If the Christian identity of Europe has become an issue, it is precisely because Christianity as faith and practices faded away in favor of a cultural marker which is more and more turning into a neo-

34 These recent studies – Adida et al. (Fn. 8); Bansak et al. (Fn. 8); Pew Research Centre (Fn. 6) – suggest strong Christian religious identity in predominantly Christian or Christian Heritage Societies of Europe is generally associated with national identity that is religiously and ethnically exclusive. 35 Rogers Brubaker, The Politics of National Identity: A New Christianist Secularism in Europe, October 11, 2016, https://tif.ssrc.org/2016/10/ 11/a-new-christianist-secularism-in-eu rope (consulted: 2 January 2020). 36 Many of those who have researched this topic extensively have found that Muslims who join religious extremist groups are not recruited from among the most religiously observant Muslims (Mark Juergensmeyer, Terror in the Mind of God: The Global Rise of Religious Violence, Berkeley/Los Angeles 2000; Oliver Roy, Jihad and Death: The Global Appeal of Islamic State Oxford, 2017; Mustafa Akyol, Islam Without Extremes: A Muslim Case for Liberty. New York 2016). Instead, it has been noted that many become religiously observant only after joining extremist groups. It has been argued that their strong Islamic identity, which leaves little or no room for those who believe differently than they do, whether they are Christians or fellow Muslims, is a reaction to frustration with their state in life and a perceived loss of identity, purpose, or meaning (Juergensmeyer, ibid.). An enemy is created and the enemy is perceived to be unbelievers and those who believe differently. 37 Juergensmeyer (Fn. 36) has written on reactive religious identity among Christians in the United States. Besides the work of Roy (Fn. 36) and Brubaker (Fn. 35) mentioned here, for recent work on reactive religious identity in Europe see: Allievi (Fn. 4); Meenakshi Parameshwaran/Matthew Bennett, Reactive Christianity in Britain? Religious Diversity, Social Cohesion, and Identity Formation, in: Anne-Laure Zwilling (ed.), Proceedings of the EUREL Conference “Religion and Territory” 25 – 26 October 2012, Manchester 2013; Malipaard/ Verkuyten (Fn. 3).

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ethnic marker (‘true’ Europeans versus ‘migrants’).”38 Brubaker refers to it as “Christianist secularism.” According to Brubaker, there is a preoccupation with Islam that leads many Europeans to implicitly or explicitly to identify themselves in opposition to Islam. “If they are Muslims, then we must in some sense be Christians,” writes Brubaker of those who adopt a reactive Christian identity39. Those who have adopted a reactive religious identity may reject the core doctrines of the religious group and the teaching authority of those who lead the religious community they claim to champion40. This is particularly when and where such religious leaders promote religiously, ethnically, and racially .inclusive national identities, as several prominent Christian religious leaders have done41. Brubaker notes that in this sense religion is “culturalized”42. The culturalization of religion is nothing new in Europe or elsewhere. Wherever and whenever we find the culturalization of religion, it suits the interests of nationalists-populists very well. In many cases nationalist-populist politicians (and today their allies in social media), not religious leaders, are the creators and purveyors of religious culturalization43. Reactive religious identity presents a major challenge for religious leaders and for politicians who prioritize social cohesion over their own short-term political interests. This is because reactive religious identity, even if adopted by a small but vocal minority, may sour inter-religious relations and impede the integration of migrants who adhere to the religions considered to be the “wrong religions”. In this sense, reactive religious identity impedes social cohesion and weakens the thread that weaves together the fabric of a society that is becoming more religiously, ethnically, and racially diverse. The adoption of reactive religious identity among members of the ethnic, racial, and religious majority is likely to be followed by the adoption of reactive religious identity among members of the ethnic, racial, and religious minority. In this sense, reactive religious identity on the part of the long-dominant ethnic, racial, and religious majority leads to a self-fulfilling prophecy. Those thought to be incapable or unwilling to integrate by virtue of their religious identity in fact

38 Oliver Roy, Secularism and Islam: The Theological Predicament, in: The International Spectator 48 (2013), pp. 18 – 19. 39 Brubaker (Fn. 35), p. 2. 40 Allievi (Fn. 4). 41 Here, Pope Francis and Archbishop of Canterbury, Justin Welby, among others, come to mind. 42 Brubaker (Fn. 35), p. 3. 43 Some have argued that the 2018 order given by the Bavarian Governor, Markus Söder, to place crosses at the entrance to every governmental building, represents an example of the culturalization of religion. Among those who expressed this point of view and denounced the move were some of Bavaria’s Catholic bishops, including Cardinal Reinhard Marx, Archbishop of Munich and Freising. See Catholic News Service, Bavarian Bishops Respond to Push for More Public Crosses, May 1, 2018.

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become incapable or unwilling to integrate44. We might call this the reactive-identity spiral that will severely damage the national integrity and peacefulness of any country. As we consider expanding this research agenda to other locations in Italy, elsewhere in Europe, including Germany, and North America, several questions come to mind. Are we likely to find reactive religious identity to be any more or less prevalent in Germany than in Italy or other countries? If so, why and, if not, why not? One might expect to find a great deal of variation across and within countries. What might explain that variation? In which regions of Germany or the United States might we find those seeking to culturalization religion doing so with greater success? Will we always and everywhere find the culturalization of religion and religiously excusive national identity more common among the less religiously observant than among those who the most religiously observant? The results reported here suggest that unemployment may be a factor as it is strongly associated with support for the parties, like Fratelli and Lega, that have attempted to culturalize religion. A factor that has received less systematic examination is religious education. All else being equal, there is reason to think a lack of religious education may explain why culturalized religion gains traction. As parts of Europe and North America have become more secular and areligious, a large segment of the population lacks basic religious education about Christianity and other religions, including Islam. Just as those with a poor appreciation for the entire Koran and the many different hadiths may be especially vulnerable to those who seek to instrumentalize Islam for political purposes, those who do not know Christian or Catholic teaching may be especially susceptible to those who seek to instrumentalize Christian or Catholic identity for political purposes. Future research might fruitfully explore whether those with more religious education or a certain kind of religious education are less likely to adopt reactive religious identity. Zusammenfassung Veranlaßt durch infolge der Migration resultierenden Ängste verstehen nicht wenige Europäer die christliche Identität als kulturelle Voraussetzung für die nationale Zugehörigkeit. Sind sie selbst aber auch diejenigen Europäer, die ihre Religion am meisten praktizieren? Auf der Grundlage einer Massenumfrage und eingehender Einzel-Interviews in der Region um Mailand läßt sich festhalten, daß regelmäßig praktizierende Katholiken in der Religion weniger ein Merkmal für nationale Identität erblicken als andere Befragte. So legen die Ergebnisse nahe, daß die Religion für politische Zwecke instrumentalisiert wurde. Der Beitrag regt an, bei künftigen Forschungen Erklärungsmodelle zu entwickeln, inwieweit derartige Instrumentalisie44 Malipaard/Verkuyten (Fn. 3) refer to this as “national disidentification” on the part of the minority and find evidence of it among Muslims in Western Europe.

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rungen verfangen und auszuloten, wie sie im Interesse der Förderung eines größeren sozialen Zusammenhalts abgemildert werden können.

Begleitung. Migration und „Accompaniment“ Von Clemens Sedmak Unter nichteuropäischen Migranten, die nach Europa kommen, ist Armut weit verbreitet und persistent1. Risikofaktoren inkludieren Sprachbarrieren, niedrige Bildungsniveaus, soziale Diskriminierung, geringe Teilhabe am Arbeitsmarkt, gesundheitliche Herausforderungen, ungünstige Wohnverhältnisse, herausfordernde Familienkonstellationen und prekären Rechtsstatus. Der dänische Sozialanthropologe Hans Lucht beschreibt die Situation von westafrikanischen Migranten nach Neapel, die dort von Taglöhnerarbeit an Baustellen abhängig sind, ausgebeutet werden und in einem Kontext leben, für den gilt: „there’s no law“2. In einer berührenden Studie über einen Migranten aus Ghana, den es nach Athen verschlagen hat, beschreibt Lucht eine Situation absoluter Armut inmitten Europas3. Kelly ist ein illegaler, also nicht-dokumentierter Migrant ohne Einkommen, ohne Arbeit, am untersten Ende der ökonomischen Leiter. Er hat sein Dorf verlassen, weil er nach geltenden kulturellen Standards „erwachsen“ sein wollte – das bedeutet, imstande zu sein, eine Familie zu gründen und erhalten zu können. In seinem Heimatdorf konnte er zwar überleben, sich aber keine Existenz aufbauen, die als Basis für eine Familie reichen würde. Nun ist er von diesem Ziel weiter entfernt denn je, lebt mit acht anderen Migranten in einer Zweizimmerwohnung im Keller, immer in Sorge vor behördlichem Zugriff. Sein Leben in Athen ist deutlich schlechter als sein Leben in Ghana, sowohl was materielle Standards betrifft, als auch was sozialen Status angeht. Er hat keine europäischen Begleiter gefunden, die ihm Brücken in die Kultur hätten bauen können. Migration kann in diesen Situationen zu absoluter Armut (wie auch in den Tod und in die Verzweiflung) führen, wenn nicht entsprechende Begleitung erfahren wird. Diesem Begriff will ich in diesem Beitrag nachgehen.

1

Orsolya Lelkes, Poverty Among Migrants, Wien 2007. Hans Lucht, Darkness before Daybreak. African Migrants Living on the Margins in Southern Italy Today, Berkeley 2011, S. 35. 3 Hans Lucht, Necropolis. African migrants in Greece experience profound injustice, in: Harvard Divinity Bulletin 41 (2013), zugänglich unter: https://bulletin.hds.harvard.edu/articles/ summerautumn2013/necropolis (Zugriff: 29. September 2019). 2

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I. Begleitung Begleitung kann man sich so vorstellen, daß ein vertrauenswürdiger, lebenserfahrener Freund Mitverantwortung im Zurücklegen eines Weges übernimmt; Odysseus etwa überläßt Haushalt und Erziehung seines Sohnes Telemachus seinem Vertrauten „Mentor“; in der hebräischen Bibel ist es im Buch Tobit der erwachsene Raphael, der den Weg kennt, und deswegen die Reisebegleitung des jungen Tobias übernehmen kann. Gerade das Buch Tobit ist ein gutes Beispiel für Begleitung, wird doch hier eine Notwendigkeit für Begleitung identifiziert, diese durch Expertise und Erfahrung gerechtfertigt und führt doch diese Begleitung zu Vermögen, das dem Begleiteten (Tobias) aus der Armut hilft. Begleitung ist vermögensbildend, führt in die Freiheit, selbstbestimmt leben zu können. Damit muß ein Mentor nicht nur Fähigkeitseigenschaften, sondern auch Charaktereigenschaften aufweisen. Damit ist ein Mentor eine Person, die über die mens verfügt, um beraten und raten zu können. Hier zeigt sich bereits eine Herausforderung für den Begleitungsbegriff, die Frage nach Reziprozität und Symmetrie, die Frage nach Macht und Abhängigkeit. Wenn mentoring qualitativ hochwertig gestaltet wird, das heißt, wenn verläßliche, unterstützende und generative Beziehungen aufgebaut werden, die die Einzigartigkeit eines Menschen berücksichtigen, sind die positive Effekte unleugbar: Junge Menschen, die von Mentoren begleitet waren, setzten sich nach einer Studie höhere Ziele und hatten größere Schulerfolge zu verbuchen; Jugendliche, die zu Risikogruppen gehörten und durch mentoring begleitet wurden, waren dieser Studie zufolge eher in produktive Tätigkeiten involviert4. Soziale Inklusion und mentoring sind positiv korreliert, wohl auch wegen der Brückenbau-Funktion des Mentors, die das Sozialkapital der Mentees vergrößert5. Mentoring wurde als wichtige kulturelle Technik für Migranten identifiziert6. Entscheidend sind Stabilität und Kongruenz zwischen Mentor und Mentee. Freilich stoßen wir auch im Falle des mentoring auf das „Matthäusprinzip“ („wer hat, dem wird gegeben…“): Junge Menschen mit vielen Ressourcen haben eher eine mentoring-Struktur als Jugendliche, die über wenige Ressourcen und ungünstige Ausgangsbedingungen verfügen. Dies wird uns bei den ethischen Aspekten von Begleitung noch beschäftigen. Der Begriff der engagierten und persönlichen („dichten“) Begleitung kann mit dem englischen Wort accompaniment wiedergegeben werden. Die ersten Überlegungen zu accompaniment finden sich in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, die dadurch Elitismus entgegentreten und die Handlungsmacht von ar4 Mary Bruce/John Bridgeland, The Mentoring Effect: Young People’s Perspectives on the Outcomes and Availability of Mentoring, Washington 2014. 5 Lance D. Erickson/Steve McDonald/Glen H. Elder Jr., Informal Mentors and Education, in: Sociology of Education 82 (2009), S. 344 – 367. 6 Jonas Månsson/Lennart Delander, Mentoring as a way of integrating refugees into the labour market – Evidence from a Swedish Pilot Scheme, in: Economic Analysis and Policy 56 (2017), S. 51 – 59.

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mutsbetroffenen Menschen ernst nehmen wollte. Roberto Goizueta hat eine LatinoTheologie von accompaniment vorgestellt7. Danach fand der Begriff Einzug in die Seelsorge und die Spiritualitätsforschung. John Sherrington beispielsweise diskutiert die Rolle von accompaniment in der Pastoral für demenzkranke Menschen8. Er betont die Bedeutung von echter Präsenz, von face-to-face-Begegnungen im Begleitungsprozeß sowie die Einladung, die Gaben der anderen Person und die andere Person als Gabe zu sehen. Mittlerweile ist der Diskurs über accompaniment in vielen Kontexten zu finden, in der Pflege, in der Beratung und Therapie, in der Friedens- und Entwicklungsarbeit und auch in der Arbeit mit Migranten9. Mireille Rosello hat in einer Auseinandersetzung mit Rachid Boudjedras 1975 erschienem Roman Topographie idéale bemerkt, daß „Integration“ ein Begriff ist, der in subtiler Weise unsichtbare Gewalt ausübe und Migranten dazu zwinge, sich neu zu orientieren. Begleitung als accompaniment eröffne dagegen neue Möglichkeiten der Reziprozität10. Begleitung als accompaniment thematisiert, was Jill Stauffer „ethical loneliness“ genannt hat, einen moralisch problematischen Mangel an Begleitung, eine Erfahrung, nicht gesehen und nicht gehört zu werden11. Begleitung ist keine „Strategie“ und auch keine „Technik“, sondern bedeutet eine Form des Mit-Seins über den Schutz einer professionellen Rolle hinaus, mit der entsprechenden Verwundbarkeit12. Kim Marie Lamberty hat accompaniment entsprechend als Spiritualität beschrieben, als die persönlich-spirituelle Weise, Solidarität zu leben13. Paul Farmer hat seine Hilfsorganization „Partners in Health“ auf das Prinzip von accompaniment aufgebaut und diese Idee im Gespräch mit der Befreiungstheologie, vor allem mit Gustavo Gutiérrez, entwickelt14. Accompani7

Roberto Goizueta, Caminemos con Jesús: Toward a Hispanic/Latino theology of accompaniment, Maryknoll 1995. 8 John Sherrington, The Journey of Accompaniment, in: Studies in Christian Ethics 29 (2016), S. 294 – 300. 9 Pflege und Therapie: Mary Watkins, Psychosocial Accompaniment, in: Journal of Social and Political Psychology 3 (2015), S. 324 – 341; Friedensarbeit: Etienne Roy Grégoire/Karen Hamilton, International accompaniment, reflexivity and the intelligibility of power in postconflict Guatemala, in: Journal of Genocide Research 18 (2016), S. 189 – 205; Entwicklungsarbeit: Kim Lamberty, The art of accompaniment, in: Missiology 43 (2015), S. 324 – 338. 10 Mireille Rosello, Disorientation and Accompaniment: Paris, the Metro and the Migrant, in: Culture, Theory and Critique 57 (2016), S. 77 – 91. 11 Jill Stauffer, Ethical Loneliness. The Injustice of Not Being Heard, New York 2015. 12 Linda Crockett, The Deepest Wound. Lincoln (NE) 2001, S. 79, hat bemerkt: “accompaniment goes beyond solidarity in that everyone who enters into it risks suffering the pain of those who would accompany … We enter into the world of the one who suffers with no assurance that we can change or fix anything”. 13 Kim Lamberty, Toward a Spirituality of Accompaniment in Solidarity Partnerships, in: Missiology 40 (2012), S. 181 – 193. 14 Paul Farmer/Gustavo Gutiérrez, In the Company of the Poor, Maryknoll, 2013; vgl. Mary Clark Moschella, Caring for Joy: Narrative Theology and Practice, Leiden 2016, S. 197 – 200.

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ment hat mehr mit einem „being with“ als mit einem „working for“ zu tun15. Accompaniment bedeutet im Kern: Weg und Brot teilen. Das ist eine tiefe und dichte Form der Begleitung. Kelly, der von Hans Lucht beschriebene Migrant aus Ghana, der in Athen gestrandet ist, hat diese Art von Begleitung nicht erfahren. Seine Interaktion mit Europa war vor allem durch Interaktionen mit Behörden, also institutionalisierte Beziehungen gekennzeichnet. Auch hier deutet sich eine Implikation des „Matthäusprinzips“ („wer nicht hat, dem wird auch das, was er hat, genommen werden“) an: Kelly hat durch den Mangel an Begleitung eine Schutzlosigkeit erfahren, die seine Lebenssicherheit deutlich reduziert hat. II. Begleitungsbedarf Jeder Mensch ist auf Begleitung angewiesen, der Begleitungsbedarf ist jedoch unterschiedlich, ändert sich im Lauf des Lebens eines Menschen (von erhöhtem Bedarf in der Kindheit zu reduziertem Begleitungsbedarf im Erwachsenenalter, wieder hin zu gesteigertem Begleitungsbedarf im Alter) und ist von Gruppe zu Gruppe verschieden. Sozio-ökonomische Sicherheit und kulturelle Integration reduzieren den Begleitungsbedarf. Migranten, die nach Europa kommen, sind oftmals extrem verwundbar, vor allem, wenn sie über geringe Bildung verfügen und gesundheitliche Probleme haben. Verwundbarkeit bedeutet, Risiken ausgesetzt zu sein, ohne sich hinreichend absichern zu können. Verwundbarkeit ist eine Situation, in der das, was für eine Person bedeutsam ist, beschädigt oder zerstört werden kann. Migranten sind verwundbar in Bezug auf willkürliche Behandlung durch Behörden, in Bezug auf auf Ausbeutung, auf die Erfahrung von Gewalt; sie verfügen vielfach nicht über Ernährungssicherheit, Einkommenssicherheit, sichere Gesundheitsversorgung. Aufgrund ihrer erhöhten Verwundbarkeit sind Migranten auf „dichte Begleitung“ angewiesen, auf intensive, extensive, lang andauernde und verläßliche Begleitung. Diese Form von Begleitung ist gerade dann entscheidend, wenn wir es mit Menschen zu tun haben, die traumatisierte Biographien aufweisen und sich (in) der Kultur, in der sie sich befinden, fremd fühlen. Dichte Begleitung zielt darauf ab, Menschen so zu begleiten, daß sie auf diese Begleitung weniger und weniger angewiesen sind, weil sie sich entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten und (innere wie äußere) Ressourcen angeeignet haben, wie das erwähnte Buch Tobit vor Augen führt16. Dennoch ist Begleitung als echte persönliche Begegnung nicht eine Problemlösungsstrategie, die ein Problem zum Verschwinden bringt (so wie das Problem eines tropfenden Wasserhahns nach der Reparatur verschwunden ist), sondern 15 Mary Watkins, Psychosocial Accompaniment, in: Journal of Social and Political Psychology 3 (2015), S. 324 – 341. 16 Vgl. Vanessa Kerry/Agnes Binagwaho/Jonathan Weigel/Paul Farmer, From Aid to Accompaniment: Rules of the Road for Development Assistance, in: Garrett W. Brown/Gavin Yamey/Sarah Wamala (Hrsg.), The Handbook of Global Health Policy, Oxford 2014, Kap. 26.

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eine Form des Miteinanders, die identitätsvergewissernd ist. Dichte Begleitung stärkt die Lebenssicherheit von Menschen. Das Ziel von Begleitung von Migranten besteht darin, diesen einen Weg hin zu „beitragenden Handlungssubjekten“ zu ermöglichen, hin zum Ziel, nicht nur an der Gesellschaft teilhaben, sondern diese auch prägen und gestalten zu können, zum Gemeinwohl beitragen zu können. Diese Idee, daß jeder in einer bestimmten Kultur beheimatete Mensch zu dieser Kultur auch beitragen kann, ist eine Grundforderung der beitragenden (kontributiven) Gerechtigkeit. Das ist ein langer und mühsamer Weg. Die Transformation von Menschen, die ohne kulturelle Kenntnisse und Besitztümer, ohne ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital nach Europa kommen, in beitragende Handlungssubjekte („contributive agents“) steht vor großen Herausforderungen. Es sind wenigstens vier Bereiche mit entsprechenden Herausforderungen, die für den erhöhten Begleitungsbedarf geltend gemacht werden können: (1.) psychische Gesundheit, (2.) kulturelle Kompetenz inklusive Sprachkompetenz, (3.) Fähigkeitsadaptation, (4.) diskriminierende Praktiken. 1. Psychische Gesundheitsprobleme Solche ergeben sich aus „carry-over effects“ von traumatisierenden Erfahrungen, die sich tief in die Biographie eingraben, wobei diese Erfahrungen oftmals auch ausschlaggebend für den Leidensdruck sind, der in die Flucht führt. Dazu kommt, daß die Flucht selbst vielfach traumatisierend wirkt. Ein Beispiel: „Ali is a Hazara Afghan … His journey began in 1995. One of eight siblings, he left Afghanistan when he was ten, ready to face the risks of a perilous and expensive journey, rather than the certainty of coerced Taliban recruitment. One leaves, he explains, not only because one suffers, but because of seeing others suffering.“17 Nicht nur Flucht vor Bürgerkrieg und Gewalt, sondern auch ökonomisch bedingte Migration stellen Belastungen für das System psychischer Gesundheit dar. So ist es nicht verwunderlich, daß Migranten mit schweren psychischen Lasten ankommen18. Diese Belastungen wirken wie ein Rucksack, mit dem nur schwer der Berg der Integration erklommen werden kann. Akkulturationsbezogene Stressoren, wirtschaftliche Unsicherheit, ethnische Diskriminierung und hybride Identität und

17 Maurizio Albahari, Crimes of Peace. Mediterranean Migrations at the World’s Deadliest Border, Philadelphia 2015, S. 6. 18 Ceren Acarturk et al., EMDR for Syrian refugees with posttraumatic stress disorder symptoms: results of a pilot randomized controlled trial, in: European Journal of Psychotraumatology 6,10 (2015), S. 1; vgl. Sofie Bäärnhielm/Kees Laban/Meryam Schouler-Ocak, Mental health for refugees, asylum seekers and displaced persons: A call for a humanitarian agenda, in: Transcultural Psychiatry 54 (2017), S. 565 – 574.

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Loyalitäten zwischen Herkunftsland und Aufnahmeland tragen zu weiteren Belastungen bei19. Das bedeutet erhöhten Begleitungsbedarf. 2. Kulturelle Kompetenz Ein zweiter Bereich, in dem sich erhöhter Begleitbedarf zeigt, ist die kulturelle Kompetenz, vor allem auch die Frage nach Sprachaneignung; da Kultur, um mit Edward Hall zu sprechen, auch „verborgene Dimension“ und „stumme Sprache“ ist, bedarf es kundiger Wegbegleiter, die die Signale einer Kultur zu deuten helfen. Die Rolle von Körper und Körpergrenzen, die Rolle von Nacktheit und Scham, das Verhältnis der Geschlechter sind nur einige Beispiele für Aspekte, die hochsensibel für kulturelle Codes sind. Sprache ist eine Grunddimension von Teilhabe; Sprachaneignung wiederum geschieht am ehesten und einfachsten nicht in konstruierten Lernsituationen, sondern implizit und partizipativ – hier tut sich ein Paradox auf: Sprachaneignung, die Partizipation ermöglichen soll, wird am ehesten durch Partizipation ermöglicht, durch Wege impliziten Lernens. 3. Fähigkeitsadaption Ein weiteres Hindernis besteht darin, daß vielfach erworbene Fähigkeiten (Schneiderhandwerk, Schusterhandwerk beispielsweise) im Aufnahmeland nicht gebraucht werden können; vielfach sind professionelle Profile (Krankenschwester, Architekt) an neue Kontexte anzupassen, was in den meisten Fällen zu einer Beschäftigung unter dem ursprünglichen Fähigkeitsniveau führt. „Deskilling“ führt wiederum zu weiteren psychischen Belastungen20. „Brainwaste“ ist frustrierend. Wie so oft kommt auch hier ein „gender-bias“ hinzu, es ist schwieriger für Frauen, ihre Handlungsmacht gemäß ihrem Fähigkeitsportfolio zu gestalten21. Es bedarf dichter Begleitung, um die Interessen, Fähigkeiten, Begabungen und Neigungen eines Menschen gut verstehen zu können. Es braucht nicht eigens erwähnt zu werden, daß „deskilling“ auch mit dem Verlust von Sprachkompetenz einher gehen kann, wenn man in sprachlich wenig anspruchsvollen Tätigkeitsfeldern landet („delanguaging“ durch „deskilling“)22.

19

Usha George et al., Immigrant Mental Health, a Public Health Issue, in: International Journal of Environmental Research and Public Health 12 (2015), S. 13624 – 13648. 20 Sheila V. Siar, From Highly Skilled to Low Skilled: Revisiting the Deskilling of Migrant Labor, Manila 2013. 21 International Organization for Migration (ed.), Crushed Hopes. Underemployment and deskilling among skilled migrant women, Geneva: IOM 2012. 22 Maria Rosa Garrido/Eva Codó, Deskilling and delanguaging African migrants in Barcelona: Pathways of labour market incorporation and the value of „global“ English, in: Globalisation, Societies and Education 15 (2017), S. 29 – 49.

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4. Diskriminierende Praktiken Eine gewaltige Hürde sind schließlich diskriminierende Praktiken im Aufnahmeland, die das herrschende politische Klima beschleunigt, indem es die Beweislast einseitig und eindeutig auf die Migranten schiebt (sie müssen beweisen, daß sie zum Gemeinwohl beitragen können und wollen). Diskriminierende Praktiken sind am Arbeitsmarkt ebenso festzustellen wie am Wohnungsmarkt23. Hier sind auch Eintrittsstellen für Demütigung zu konstatieren. Rassismus ist real, auch auf der Ebene von Institutionen24. Angesichts dieser diskriminierungsbedingten Hürden bedarf es besonderen sozialen Kapitals, wie es dichte Begleitung erarbeiten und vermitteln kann. Nun stellt sich die Frage: Ist diese Form von Begleitung zu leisten? Vor welchen Herausforderungen steht sie? Was sind ihre Grenzen? III. Ein Begleitungsmodell: Humanitärer Korridor Innovative Zugänge zu Fragen von Migrationsmanagement sind hoch im Kurs. Ein solcher Zugang ist die Idee eines humanitären Korridors. Sie ist der Versuch einer humanen Antwort auf die Herausforderung von internationaler Migration mit

23 Zur „hiring discrimination“ vgl. Marianne Bertrand/Sendhil Mullainathan, Are Emily and Greg More Employable than Laskisha and Jamal? A Field Experiment on Labor Market Discrimination, in: American Economic Review 94 (2004), S. 991 – 1013; Magnus Carlsson/ Dan-Olof Rooth, Evidence of Ethnic Discrimination in the Swedish Labor Market Using Experimental Data, in: Labour Economics 14 (2007), S. 716 – 729; Leo Kaas/Christian Manger, Ethnic Discrimination in Germany’s Labour Market. A Field Experiment, in: German Economic Review 13 (2012), S. 1 – 20; Philip Oreopoulos, Why Do Skilled Immigrants Struggle in the Labor Market? A Field Experiment with Thirteen Thousand Resumes, in: American Economic Journal: Economic Policy 3 (2011), S. 148 – 171. In puncto Immobiliendiskriminierung s. Jan Ondrich/Stephen Ross/John Yinger, Now You See It. Now You Don’t: Why do Real Estate Agents Withhold Available Houses from Black Customers?, in: Review of Economics and Statistics 85 (2003), S. 854 – 873; Ben Gidley/Hiranthi Jayaweera, An Evidence Base on Migration and Integration in London, Oxford 2010; Tito Boeri, Immigration, Housing Discrimination and Employment, in: The Economic Journal 125 (2015), S. F82–F114. 24 Vgl. Simon Warren, Migration, race and education: evidence-based policy or institutional racism?, in: Race Ethnicity and Education 10 (2007), S. 367 – 385; Gary Craig, Migration and integration. A local and experiential perspective, University of Birmingham: Institute for Research into Superdiversity (IRIS). Working Paper Series no 7/2015; Ali Soylu/Tom A. Buchanan, Ethnic and Racial Discrimination against Immigrants, in: Journal of Business and Economics 4 (2013), S. 848 – 858. Es konnte gezeigt werden, daß anonyme Bewerbungen Arbeitsmarktdiskriminierung wirksam reduzieren: Olof Aslund/Oskar Nordström Skans, Do Anonymous Job Application Procedures Level the Playing Field?, in: Industrial and Labor Relations Review 65 (2012), S. 82 – 107; Annabelle Krause/Ulf Rinne/Klaus F. Zimmermann, Anonymisierte Bewerbungsverfahren. Expertise in Koopertation mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bonn 2010.

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ihren tödlichen Risiken25. Ein humanitärer Korridor bietet einen legalen Weg in ein Land an, der dann auch zu positivem Asylantrag führen kann. Im Januar 2017 hat die Regierung Italiens ein Abkommen mit der Katholischen Bischofskonferenz und drei Nichtregierungsorganisationen (Caritas Italia, Migrantes und Sant’Egidio) abgeschlossen, das 500 Flüchtlingen aus Eritrea, dem Südsudan und Somalia, die sich in äthiopischen Flüchtlingslagern aufhalten, die sichere und legale Einreise nach Italien ermöglicht. Im Laufe eines Jahres sollen die entsprechenden Visen für diese verwundbaren Menschen, die bereits in Äthiopien auf ihre Zukunft vorbereitet werden, bereitgestellt werden. Dabei verfolgt die hauptverantwortliche Caritas Italien einen Weg der persönlichen und engagierten Begleitung durch Gastfamilien und Gastpfarren; die Flüchtlinge werden in zwei Dutzend Diözesen aufgeteilt. Kleine Einheiten begleiten kleine Einheiten. Zweifelsohne stellt der Zugang der dichten Begleitung eine wünschenswerte Alternative dar. Puggioni hat betont, daß Flüchtlinge in Italien oft allein gelassen werden, es gibt im Allgemeinen wenig Unterstützung und zu wenig angemessene Unterkünfte. Viele Flüchtlinge leben in absoluter Armut26. Sie kämpfen um die Erfahrung von Zugehörigkeit und Strukturen eines Zuhauses27. In Formen dichter Begleitung werden Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Identität explizit berücksichtigt. Dadurch ergibt sich ein menschlich bedeutsames, aber auch sozial spannendes Experiment von Zusammenleben und Integration. Letztere kann im Rahmen von Dimensionenmodellen gefasst werden: GarcésMascarñas und Penninx beziehen sich auf drei Hauptdimensionen von Integration: rechtlich-politische, sozio-ökonomische und kulturell-religiöse28. Typische Indikatoren, um den Integrationsgrad festzustellen, sind Sprachkompetenz, Bildung, Arbeitsmarktstatus und Einkommen sowie gesellschaftliche (kulturelle, soziale, politische) Teilhabe. Empirische Studien haben die Bedeutung von Humankapital – ein unschönes Wort! – hervorgehoben, also Aspekte wie Bildung, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Arbeitserfahrung, sowie Alter und Aufenthaltsdauer29. Auch hier kommt immer wieder das Matthäusprinzip zum Tragen, was eine „Option für die Armen“, die besonders verwundbaren Gruppen besondere Aufmerksamkeit schenkt, als ge25 Pedro Gois/Giulia Falchi, The Third Way. Humanitarian Corridors in Peacetime as a (Local) Civil Society Response to a EU’s Common Failure, in: Revista Interdisciplinar da Mobilidade Humana 25 (2017), S. 59 – 75. 26 Raffaela Puggioni, Refugees’ Encampment in Italy in: dies., Rethinking International Protection. The Sovereign, the State, the Refugee, London 2017, S. 159 – 207. 27 Paolo Baccagni, Migration and the Search for Home. Mapping Domestic Space in Migrants’ Everyday Lives, London 2017. 28 Blanca Garcés-Mascarñas/Rinus Penninx (Hrsg.), Integration Processes and Policies in Europe. Context, Levels and Actors, New York 2015, S. 14 – 19. 29 Barry R. Chiswick/Paul W. Miller, A Model of Destination-Language Acquisition: Application to Male Immigrants in Canada, in: Demography 38 (2001), S. 391 – 409; Maurice Crul/Hans Vermeulen, The future of the second generation: The integration of migrant youth in six European countries, in: International Migration Review 37 (2003), S. 965 – 986.

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boten erscheinen läßt. Fokkema und De Haas haben gezeigt, daß Migranten, die gut ausgebildet sind und die Migrationserfahrung vergleichsweise in jungem Alter machen, höhere Niveaus von Integration erreichen30. Adaptationsfähigkeit – gefördert durch Bildung und Jugendlichkeit in ihrer Anpassungsbereitschaft – erweist sich als Schlüsselfaktor. Fokkema und De Hass haben auch ausgewiesen, daß ein Migrant, der nicht nur aus ökonomischen Gründen flieht, sondern auch „existentiellere“ Motivationen hat, höhere Integrationswahrscheinlichkeit aufweist. Hier sind also nicht nur „Fähigkeiten“, sondern auch „Einstellungen“ beteiligt. Neben den strukturell-institutionellen Rahmenbedingungen und der sozialen Situation ist also auch die „innere Situation“ (die „epistemische Situation“) von Migranten von Bedeutung. Das Ford Family Programm des Kellogg Instituts der University of Notre Dame hat die Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung der Integrationsbemühungen übernommen. Was kann dieser Weg personalisierter Begleitung leisten? Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden im ersten Jahr nach der Ankunft in Italien sämtliche „Einheiten“ (Familien) von Flüchtlingen wie auch andere „stake holders“ (Sozialarbeiter, freiwillige Helfer) interviewt. Ohne den Eindruck von „tiefen Ergebnissen“ erwecken zu wollen oder zu können, kann ich darauf hinweisen, daß sich in „erster Sichtung“ vier neuralgische Punkte herauskristallisiert haben: (1.) Erwartungen, (2.) psychische Gesundheit, (3.) die Erfahrung von Diskriminierung, (4.) die Bedeutung von Schulen als ingrative Institutionen. Erstens treffen wir auf die die Herausforderung von Erwartungen. Erwartungen und Ambitionen mit ihrem entsprechenden Frustrationspotential sind in der Migrationsforschung nicht unbekannt31. Das „expectation management“ ist ein emotional stark besetztes Thema. Die verschiedenen „stake holders“ bringen unterschiedliche und divergierende Erwartungen in den Integrationsprozeß ein. Die Erwartungen, die delikat und frustrationsanfällig sind, sind vielfältig, umfassen Aspekte wie Essen und Religionsausübung ebenso wie Geld, Arbeitsplatz, Zeithoheit. Ein Faktor in erwartungsbedingten Frustrationen ist Ignoranz (mangelndes Wissen über die kulturellen Hintergründe der aufzunehmenden Flüchtlinge auf der einen Seite, mangelndes Wissen über das Sozialsystem und die italienische Kultur auf Seiten der Flüchtlinge). Mitunter führt die Ausbildung eines Anspruchsdenkens zu Frustration. Wenn ein Migrant, der einen Sohn in den Niederlanden, die erste Frau in Israel und die zweite Frau in den USA hat, darüber nachdenkt, was denn für ihn die beste Option ist, so entstehen Herausforderungen für das Erwartungsmanagement32. Ein Caritas-Mitarbeiter hat diese Herausforderung des Anspruchsden30 Etwa Tineke Fokkema/Hein de Haas, Pre- and Post-Migration Determinants of SocioCultural Integration of African Immigrants in Italy and Spain, in: International Migration 53 (2011), S. 3 – 26. 31 Vgl. Anja van Heelsum, Aspirations and frustrations: experiences of recent refugees in the Netherlands, in: Ethnic and Racial Studies, 40 (2017), S. 2137 – 2150. 32 „Per esempio se io lavoro con gli italiani, quanto pagano all’ora? In Italia mi sembra 8 euro something. In America lo so io, perchè c’è la seconda wife in America, per un’ora

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kens auf folgende Weise zum Ausdruck gebracht: „A volte emerge la criticità che, arrivati in Italia, i migranti hanno atteggiamenti di ‘pretesa’: mi hai portato qui e perciò mi devi aiutare. Questa pretesa qua con i corridoi umanitari viene spostata dal fatto che hanno degli obblighi, anche se rimane latente.“ Anspruchsdenken auf Seiten der Flüchtlinge steht im Konflikt mit Erwartungen von Dankbarkeit, die sich bei Freiwilligen findet. Die Freiwilligen übersehen zudem häufig die Opportunitätskosten der Flüchtlinge, die Wertvolles zurücklassen mußten (Vermögenswerte, kulturelle Zugehörigkeit, sozialen Status, Kontakte). Dieser Konflikt aufgrund unterschiedlicher Erwartungen wird durch die Kommunikation innerhalb der Kohorte verschärft: Die Teilnehmenden am Programm des Humanitären Korridors kommunizieren miteinander, auch wenn sie über ganz Italien verteilt wurden. So wissen sie um die unterschiedliche finanzielle Unterstützung (jede Diözese regelt dies anders) wie auch um die Unterschiede in der verfügbaren Infrastruktur Bescheid. Wieder gilt: Die Arbeit in kleinen lokalen Kontexten mit entsprechendem Freiraum zur lokalen Gestaltung ist nicht mit einer einheitlichen Standardisierung vereinbar. Auch das kann zu Frustrationen führen. Ein weiterer Konfliktpunkt in den Erwartungen sind Langfristigkeit versus Kurzfristigkeit – für die Freiwilligen, die sich am Humanitären Korridor beteiligen, gilt es, die Flüchtlinge langfristig in Italien zu integrieren; für manche Flüchtlinge ist Italien nur ein Transitland, das sie möglichst schnell verlassen wollen, wie oben angedeutet. Frustrierte Erwartungen in diesem Bereich können die Motivation für Freiwillige, sich für Flüchtlinge zu engagieren, nachhaltig dämpfen. Eine besondere Herausforderung stellen zweitens Fragen der psychischen Gesundheit dar. Viele Flüchtlinge sind traumatisiert – im Herkunftsland oder auf der Flucht nach Äthiopien oder im Flüchtlingslager in Äthiopien. Für viele ist die Umstellung auf den fremden Kontext Italien mit kulturellen und sprachlichen Barrieren quasi-traumatisierend. Dazu kommt die Stressoren „Selbstbild“ und „Familienverantwortung“, also der Druck, mit der Diskrepanz zwischen übernommener Rolle (Familienverantwortung, Rollenmodell) und auferlegtem Status (Asylbewerber in Abhängigkeit) zurechtzukommen. Die richtige und präzise Diagnose wie auch die angemessene psychiatrische und therapeutische Begleitung stellen, vor allem im ländlichen Raum, eine große Herausforderung dar. Dezentralisierung, wie sie das Modell des Humanitären Korridors verfolgt, geht mit dem Preis ungleicher Infrastruktur einher. Drittens stoßen wir auf die Erfahrung von Diskriminierung im Land, etwa wenn es um Arbeitsmöglichkeiten geht; selbst wenn die unmittelbare Gastfamilie bzw. Gastgemeinschaft unterstützend ist, kann sie am Makroumfeld der Politik und am Meso-Umfeld der lokalen Bedingungen wenig ändern (ein Caritas-Mitarbeiter: „Le attivazioni sociali che facciamo sono per facilitare l’inserimento lavorativo, che 10 dollari, anche di più. In italia per trovare lavoro troppo difficile perchè prima fai il volontario per cercare lavoro. Questo è troppo difficile. Mio figlio mi dice: ,papà, perchè non vieni in Olanda? In Olanda è meglio perchè c’è una famiglia, pagano per un bambino 300 euro.‘“ (Interview mit einem Teilnehmer am Programm des Humanitären Korridors).

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sarebbe sempre difficile perché le aziende non accettano di avere a lavorare stranieri“). Die Erfahrung von Diskriminierung wird auch durch das politische MakroKlima geprägt, das sich zunehmend gegen Migration wendet. Viertens stellt sich die Schule als Chance dar, gerade für „die nächste Generation“, was die Ergebnisse von Studien, daß Integration mit geringerem Alter besser gelingen kann, bestätigt (ein Caritas-Mitarbeiter: „La bambina è a scuola già da tempo si arrabbia quando non può andare, ha già amici, sta imparando l’italiano velocemente, è molto intelligente e determinata, che da adulta si potrà inserire bene. Vuole giocare a basket, studia molto, non ha problemi e non li ha avuti dall’inizio. La scuola è stata molto accogliente, ma due volontarie dei corsi di italiano nostri sono due insegnanti nella sua scuola. L’arrivo era preparato, con striscioni.“). Allerdings kann auch die Schule eine Quelle von Frustration sein, wenn Abschlüsse und Diplome nicht anerkannt werden oder eine altersgemäße Einstufung aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oder Bildungsvoraussetzungen nicht möglich ist. Dazu kommt, daß sich Kinder (vor allem auch durch Schulen) schneller integrieren, was „Familien von zwei Geschwindigkeiten“ schafft (die Kinder kommen schneller an als die Eltern) und damit auch die etablierten Autoritätsstrukturen (Hierarchie innerhalb der Familie) herausfordert. Alle Faktoren haben mit einer Leitkategorie zu tun, der Frage nach Identität. Identität wird im Integrationsprozeß und der Migrationsdynamik neu verhandelt. Der Begriff der Integration schillert zwischen Akkulturation, Assimilation, Hybridisierung, Diversität und Mestizaje. Die Begleitung von Menschen als reziproke Beziehung mindert die Risiken der „Absorbierung“ und unterstützt Flüchtlinge in einer Selbstwahrnehmung als handelnde und gestaltende Subjekte. Handelnde Subjekte mit robuster Identität sind freilich weniger anpassungsfähig. Im Rahmen des Humanitären Korridors konnte etwa beobachtet werden, daß fest verankerte nationale Identität als wichtiger Resilienzfaktor angesehen werden kann33. Dieser Faktor kann aber auch frustrierend wirken, wenn der Nationalismus integrationshemmend wirkt und zu „divided loyalties“ führt. Wenn man mit Blick auf die Gegenwartsphilosophie vier Identitätstheorien unterscheidet, zwei nach außen hin orientierte Theorien (Identität durch Anerkennung: Axel Honneth, Identität durch Zugehörigkeit: Avishai Margalit) und zwei nach innen orientierte Theorien (Identität durch starke Sorge: Harry Frankfurt, Identität durch Fähigkeit zur Lebensnarration: Paul Ricoeur), so sind Migranten in allen vier Aspekten besonders verwundbar. Begleitung ist hier ein Schlüssel zur Identitätsarbeit, weil sich das Gespräch in besonderer Weise zur Aushandlung von Identität eignet und weil sich in der Begegnung identitätsstiftende Bindungen aufbauen können. 33

Aus einem Interview mit einem Caritas-Mitarbeiter: „Ci sono differenze su base nazionale, perché gli aspetti culturali vengono fuori, perché ad esempio i gambiani secondo me hanno una forte identità e questo li aiuta nel fattore resilienza e adattamento, nei momenti più critici chi ha un’identità forte reagisce in modo più forte, mentre i nigeriani sono più deboli come identità di solito e quindi più fragili.“

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IV. Dichte Begleitung und ethische Fragen Migranten sind zweifelsohne in besonderer Weise auf Begleitung angewiesen. Begleitung ist ressourcenintensiv, was nach einer entsprechenden Begründung verlangt. Wir sind gesellschaftlich so gebaut, daß wir die Allokation von Ressourcen hin zu einer besonderen Gruppe in besonderer Weise als rechenschaftspflichtig ansehen. Das ist bereits bei besonderen Bevölkerungsgruppen innerhalb eines Landes schwierig (man denke an Subventionen für die Landwirtschaft); das wird noch herausfordernder, wenn es um Rechtfertigungen von geleistetem Aufwand („Privilegien“?) für Nichtstaatsbürger geht. Eine Rechtfertigung für die Begleitungsarbeit kann eine religiöse sein (etwa die Endzeitrede in Mt 25), eine pragmatische (ungleich höhere Kosten und Risiken, wenn Begleitung nicht angeboten wird), eine humanitäre (Verweis auf die Würde von Menschen). In Zeiten humanitärer Krisen und globaler Ungleichheit bei gleichzeitiger Notwendigkeit, eine globale Schicksalsgemeinschaft anzuerkennen, kann man auch den Vorschlag machen, die Beweislastkonstellation zu verändern – diejenigen, die sich gegen eine Aufnahme von Migranten aussprechen, haben die Beweislast zu tragen, nicht diejenigen, die entsprechend offen sind. Das soll nicht heißen, daß es keine guten Gründe für die kluge Beschränkung und das kluge Management von Migration gibt34, aber die Diskursdynamik verändert sich, wenn die Beweislasterbringung anders verteilt ist. Angesichts der global ungleichen Verteilung von Lebenschancen scheint es mit Blick auf die Anerkennung der Würde des Menschen, der ein Recht auf menschenwürdiges Leben hat, geboten zu sein, die Beweislasten im geschilderten Sinne zu verteilen. Das soll die Herausforderungen keineswegs klein reden: Die Arbeit mit dem Humanitären Korridor zeigt einige Herausforderungen, die sich aus Verständnis und Praxis von Begleitung ergeben. Wir stoßen auf ungleiche Tiefen von Begleitung, die als „over-accompaniment“ bzw. „under-accompaniment“ wahrgenommen werden. Dichte Begleitung, die den Flüchtlingen wenig Raum zur Selbstbestimmung läßt und die Erwartung von „Lebensgemeinschaften“ artikuliert, ist ein „Zuviel“. Dünne Begleitung, die sich auf professionelle Interaktionen im Rahmen von klar definierten Rollen beschränkt, ist ein „Zuwenig“. Drei Schlüssel haben sich in Bezug auf gelingende Begleitung herausgebildet: Erstens eine Hermeneutik, die auf Prinzipien wohlwollender Interpretation beruht und von einem Grundwohlwollen ausgeht, das Spielraum für Lernen und Fehler läßt; zweitens das Zugestehen von Freiräumen, die selbstbestimmtes Leben in möglichst extensiver Form zulassen und ermutigen – Begleitung gelingt nicht, wenn eine Flüchtlingsfamilie mit einer Gastfamilie unter einem Dach wohnt und diese die Erwartung hat, daß sich eine einheitliche Hauskultur herausbildet. Eine Familie will auch in einem neuen Kontext als Einheit mit kulturellen Eigenarten und Schutzzonen funktionieren können. Das ist eine Frage der Freiräume. Drittens Infrastruktur: Damit Begleitung gelingen 34 Vgl. Clemens Sedmak, Drei Sätze und zwei Fische. Nachdenken über Notreisende, in: Zeitschrift für Praktische Philosophie 2 (2015), S. 361 – 376.

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kann, ist sie auf entsprechende Infrastruktur angewiesen, auf Regelmäßigkeit, institutionelle Unterstützung und Ressourcen. Wenn diese Schlüssel gegeben sind, kann Begleitung gelingen. Sie wird dann tatsächlich zur Lernerfahrung für alle Beteiligten, die ihre Komfortzonen verlassen. Das ist zunächst ein großer Schritt, wie Roberto Goizueta bemerkt hat: „As a society, we are happy to help and serve the poor, as long as we don’t have to walk with them where they walk, that is, as long as we minister to them from our safe enclosures.“35 Jenny Erpenbeck hat in ihrem preisgekrönten Roman „Gehen Ging Gegangen“ auf die Kosten von Begleitung – aber auch auf die transformativen Effekte von Begleitung – aufmerksam gemacht. Dieser Roman ist geradezu ein Lehrstück für die epistemische und soziale Transformation, die accompaniment mit sich bringen kann. Wenn man sich tatsächlich auf einen Weg mit einem anderen Menschen einläßt, dem man in starker Sorge zugetan ist, tun sich innere Weiten auf, wie sie nur das schenken kann, was Harry Frankfurt mit dem Begriff robust concern angedeutet hat: Liebe. Meine Mutter begleitet seit Jahren als Freiwillige, die mit einer Nichtregierungsorganisation zusammenarbeitet, eine Familie aus Afghanistan. Jede Woche besucht sie die Familie mindestens zweimal, hilft bei Behördenwegen, bei Schulproblemen, beim Deutschlernen. Sie wird als Teil der Familie betrachtet, die Besuche sind keine Arbeitsbesuche mehr, sondern längst schon Freundschaftsbesuche. Meine Mutter gibt reale Präsenz, anders kann man es wohl nicht ausdrücken; sie gibt keine professionelle Rolle, sondern „sich selbst“. Das ist dichte Begleitung, verläßlich, dauerhaft, aufwendig mit großem Engagement (intensiv) und in viele Kontexte hineinreichend (extensiv). Meine Mutter lebt und leidet mit der Familie mit, hat erfahren, wie viel anspruchsvoller das Lebensmanagement nach dem positiven Asylbescheid geworden ist und wie klein die Schritte hinein in selbstständiges und gestaltendes Leben sind. Der Weg ist lang, die Schritte sind klein, immer wieder gibt es Rückschläge (wie berufliche Enttäuschungen, gesundheitliche Probleme, Beziehungsbelastungen). Meine Mutter erfährt ihr Begleitungstun nicht als einseitig, sondern sieht sich auch beschenkt und bereichert, was ein ethisch bedeutsamer Aspekt von Begleitung ist. Accompaniment funktioniert nicht für „large scale immigration“. Hier müssen anderen Wege beschritten werden. Accompaniment als Übernahme starker Sorge ist jedenfalls Einladung zum Wachstum. Dieses Wachstum kann in einer Konsumgesellschaft oder Fun-Gesellschaft, die mitunter Dynamiken einer gewissen Infantilisierung in sich birgt, not-wendend sein.

35 Zitiert nach Jonathan L. Weigel (Hrsg.), To Repair the World. Paul Farmer Speaks to the Next Generation, Berkely 2013, S. 240.

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Summary The levels of poverty among non-European migrants in European countries are in many instances high and persistent. Risk factors include linguistic barriers, lower levels of education, social discrimination, lower labor market participation, health challenges, and a precarious legal status. Because of these factors migrants are more often than not extremely vulnerable. Vulnerability means an exposure to risk without the ability to cope. Because of their vulnerability migrants are in dire need of “thick accompaniment”, i. e. intense and reliable accompaniment, especially migrants with a precarious legal status, low educational levels, and traumatic biographies. The article discusses the concept of accompaniment in connection to migration and presents findings from a particular approach to migration, a Humanitarian Corridor, set up through Caritas Italy and the Italian government. Chances, limits and challenges of accompaniment are identified. Special attention is given to challenges such as expectation management and questions of identity.

V. Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft / Impact on the Economy and Society

The Multinational Corporation, Immigration, Solidarity, and Spheres of Responsibility By Nicholas T. Pinchuk I. Overview The axis of immigration, solidarity and responsibility has been an issue throughout the ages and the current day is no exception. This is because the very existence of social organisms, a country, a corporation, or a political alliance continuously engages the question of appropriate size and the associated characteristics of internal health, collective value, external influence, and ongoing sustainability. There are many reasons a collective organism may wish to add to its membership by immigration, that is, broadly speaking, absorbing people from the outside. It could simply be seeking to increase or maintain its scale position relative to other collective entities, or it could be trying to maintain or expand its power base for economic or military reasons. For example, the birth rate, the organic growth, in many developed countries is relatively low. At some point these entities will require immigration to support their continuing position in the tableau of the world’s nations. A country may also seek to balance its aging demographics so that its society may function properly from school age to retirement. Japan, for example, has an aging population in the extreme. So far, its receptivity to growing its citizenship by receiving foreign born individuals has been quite limited. Immigration may eventually be necessary, however, to support the building Japanese retiree population. In a similar manner, an organization or a nation may also seek to diversify by adding a particular skill or social strata that will strengthen its overall society. Brazil added skilled middle-class immigrants in the beginning of the twentieth century to augment its economic growth. Finally, a country may accept migrants as members to provide a safer or more prosperous environment to a particularly needy group following a humanitarian imperative. In none of these cases, however, can the immigration activity be allowed to diminish or destabilize the solidarity of the collective. That is, it must be managed to provide a positive not a diminishment for the whole. With regard to immigration and expansion, or any other collective policy, there is also a moral dimension rooted in the broad strokes of natural law, accepted by all based on shared humanity. Any policy must have elements of this shared wisdom if it is to be embraced by the broad collective. Natural law has a commonality that all recognize for its righteousness and, therefore, it regularly generates a broad support. This dimension is especially important in forming immigration policy where action often requires short term sacrifice by the existing population. For example,

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the current difficulties in the Middle East have resulted in large numbers of people who are suffering due to their environment. The developed countries of the world do have a moral obligation to assist by accepting immigrants and providing refuge. The deprived people of the world, however, are legion, larger than can be accepted into other countries without diluting and, perhaps greatly altering, their cultures. There is, therefore, a necessary corollary in balancing immigration and solidarity and that is finding the appropriate sphere of responsibility – the slice of humanity for which any one entity can be responsible. For the purpose of exploring that particular question, we will use the communitarian definition of solidarity which as Mark Amstutz observes “applies to shared well-being within a neighborhood, a city or a country”1. In sum, there are many questions that arise out of the effort to balance immigration, solidarity and responsibility. We will attempt to answer some of them as we move forward in this paper.

II. Corporations and Countries – A Surprising Similarity A multinational corporation in many ways is like any other commercial organism. Solidarity is an essential aspect of its existence as its principal function is to enlist people in actions which will create value, for themselves and for society, beyond that which they could generate as individuals. As many eminent persons have said: “the common good – remains common – because only together is it possible to attain it”2. Like other entities, a corporation is confronted with the need to expand. As it competes with others, increasing commercial scale and breadth and growing depth of capability, are essential. The expansion, however, must be balanced with the potential near term or long term dilution and diminishment that the growth may visit on the entity’s existing membership and mechanism. There is a continual conflict in achieving that balance. Finally, the issue of expansion, even in a corporation, often takes on a kind of practical moral dimension. From time to time a corporation will also need to consider an acquisition beyond its first order of self-interest as described in its expansion strategy. In those actions, like all other collectives, the commercial entity must determine the appropriate range beyond which it will not extend itself. In this paper, we will examine the approaches taken by multinational corporations in confronting the challenges of expanding effectively. The corporations and the situations explored will vary greatly, demonstrating various solutions based on the basic nature of the entity, the environment encountered, and the judgments and choices made by the leadership. From the success and difficulties highlighted in the examples, we will construct a theoretical framework that appears effective in the commercial orb. It may seem ill-advised to use multinational corporations as a guide to developing policy for other collectives. I believe, however, it is an effective way to ob1 2

Mark R. Amstutz, Just Immigration, Grand Rapids MI 2017, p. 145. Russell Hittinger, Love, Sustainability and Solidarity, Washington DC 2016, p. 30.

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serve and conclude regarding issues that confront all collective organisms including, sovereign nations, international alliances such as the European Union, or even religions such as the Catholic Church. The issues of expansion and solidarity are engaged by corporations on a regular basis. There are, therefore, ample examples of multinationals dealing with those challenges as they seek to grow in pursuit of survival. Further, a business provides a very useful laboratory in which to observe the effect of growth policies because the time constraints of corporate life are often much shorter than those in other collective organizations. In other words, a decade is a very significant period for a corporation, perhaps equivalent to a century for a church or a state. Corporate actions, therefore, are quite observable in the present time while national policy may be difficult to evaluate except through the lens of considerable history. Finally, issues in multinational environments tend to be less emotional than those encountered elsewhere. It is more comfortable and less-charged to speak of an acquisition or merger than it is to discuss the acceptance of people from different cultures as immigrants to an established society. It is, therefore, much easier to objectively assess the strengths and weaknesses of corporate action. In effect, multinationals confront regularly the issues surrounding immigration and solidarity as they execute mergers and acquisitions. The results play out at a relatively fast pace, and the issues, though not completely without emotion, do not carry the same sensitivity that exists in other collective organisms. In this discussion, we will use corporations as our guide in developing an effective expansion policy and then test that framework against the actions of several sovereign nations, determining its effectiveness in broader applications. The pages that follow are a discussion of what I see as the relevant considerations regarding immigration, solidarity, and spheres of responsibility. My perspective is based on my experience as an executive in various real world situations and as a direct participant in the effort to expand multinational corporations in pursuit of collective strength and survivability. In so doing, I have tried to describe the events that I have witnessed and related episodes passed on to me by credible sources. I have mixed these anecdotes with analyses of the various situations and outcomes and have set forth the conclusions I have drawn. There are, of course, alternate views of the implications. I can only offer my own interpretation in the hope that they are both persuasive and helpful. III. The Lessons of Real Corporate Experience To begin our analysis, we will look at a few prominent commercial entities as they have jousted with the imperatives and issues associated with expansion. In so doing, applying a kind of case method of learning, we will attempt to summon useful conclusions regarding the ways to balance the imperatives of immigration and solidarity in the environment of the twenty-first century.

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American Motors during the middle of the twentieth century was one of the smallest of the major U.S. auto manufacturers. It had reached its size through mergers and acquisitions consolidating a number of even smaller business. The corporation did have some fairly well known vehicle brands, including Hudson, Nash, Rambler, and Jeep. It was, however, significantly smaller than its rivals, General Motors, Ford, and Chrysler – and, because of its lower share of market, it had substantial difficulty in generating significant customer preference. Larger companies had a much more effective platform for convincing the public that their particular innovation was the wave of the future or for making their new styling cues the popular preference of the day. In that situation, American Motors clearly understood that it needed growth in order to survive. It tried to expand organically by capturing more customers. It gambled on radically different designs, hoping to gain share and size by striking a unique resonance with the public. By contrast, the larger companies had the power of size and could maintain prominence without taking such design risks. Some of the gambles paid off, adding market share to the American operation. Many of the risks failed, however, leading to lost share and making the size disadvantage even more critical. The corporation did try to expand into electrical appliances using its acquired Kelvinator brand. The appliance activity, however, offered little in the way of scale benefits for the core automotive business; that is, it provided only a small amount of solidarity assistance to the existing core. Regarding expansion by automotive acquisitions, there simply were no likely candidates of sufficient size to make the difference needed. As a result, American Motors failed to expand and the disadvantages of its smaller scale continued to press on its competitiveness. Eventually the corporation was absorbed into its competitors and its disappearance brought great disadvantage to its people. Many of the employees in its headquarters lost their jobs quickly. Workers in some plants, like Kenosha, Wisconsin, did hold their positions for a time, but those facilities were eventually closed bringing economic deprivation to the people and to the associated communities. American Motors is the poster for the importance of commercial growth. The corporation failed its constituencies because it was unable to expand and match its competitors. General Electric (GE) was a successful corporation built on the rise of electric products, eventually establishing strong operations in electric power generation, lighting, and electrical appliances. The corporation considered the famed inventor Thomas Edison among its founders and, following that commercial DNA, it prospered for decades expanding along the electric-based corridors of its founding. In the early eighties, GE, with new CEO Jack Welch, embarked on a new growth strategy under the simple guideline that it would expand more widely. It specified only that the new companies had to be either number one or number two in their particular industry. In effect, the similarity shared between the existing business of GE and the new additions was simply that they were strong commercially. Under this approach, GE ventured far afield from the original commonality of electricity-based products, adding businesses in far ranging areas such as oil and gas, medicine, chemicals, banking, real estate, and motion pictures. It greatly diluted the value of the experience and

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capabilities that could be shared across its operations. For conglomerates with such diverse businesses, it is always a question as to whether the corporation as a whole, that is, the businesses taken together, are more valuable than the sum of the operations valued individually, when they are freed from the restrictions and costs associated with being a part of the corporate collective. GE did recognize that simply being industry leaders might not create enough shared value. Accordingly, the corporation established a management training center in Crotonville, NY with the purpose of sharing experiences and building a superior management team shaped by specialized GE seminars. This construct was accepted by the investment community while the CEO was in place. He was a persuasive and committed spokesman and the frequent merger and acquisition activity combined with the expansion of GE’s banking portfolio tended to dominate the corporation’s trajectory, perhaps drawing attention away from the relatively tepid performance of the core business. In time, however, another, less persuasive, CEO rose to lead the organization. At the same time, the banking crisis of 2009 removed the credit-based driver that had so benefited the GE performance. In that environment, investors started to recognize that the GE expansion had been achieved on a relatively shaky basis. The acquisitions had not strengthened the core electric-based business. The organization had expanded, but it had not supported the interests of solidarity. In other words, high market share and customized management training did not create much collective value. The dilution of adding disparate business operations without much commonality was disabling. The overall GE Corporation, indeed, might be less valuable than the sum of its individual parts. As a result, the value of GE shares embarked on a downward trajectory, driving a need to dismantle the once prospering company. As final confirmation, GE shares were dropped from the Dow Jones listing after having been a founding member of that index in 1896. Expansion without benefit to the existing corporate whole had led to substantial weakening. The United Technologies Corporation (UTC) is another conglomerate built on the base of a similar long standing tradition. The corporate roots of UTC reach back to the United Aircraft and Transport Company founded in 1929. The entity included what is now United Airlines, Boeing, the Pratt and Whitney jet engine manufacturer and Sikorsky Helicopter. In the 1930 s, anti-trust interests drove a breakup with United Airlines and Boeing becoming independent companies and with Pratt and Whitney and Sikorsky remaining together under the original United Aircraft name. The Corporation prospered through the following decades building its aviation-related business along the way. In the early seventies, a new CEO, Harry Gray, brought a broader vision for growth to the organization. Changing the name to United Technologies, he led the corporation beyond its aviation roots to other industrial sectors. UTC went on an aggressive expansion drive, acquiring Otis Elevators, Carrier Air Conditioners, and Essex Electrical and Automotive wiring. The strategy was to expand by adding companies with strong technology bases that potentially could be passed across operational boundaries strengthening the corporation’s various businesses and the en-

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tity as a whole. The strategy, however, was flawed. The expansion into the industrial sector created two distinct cultures within the corporation which had little in common. The aviation businesses had high-cost, low-volume products that were sold to a few big customers. On the other hand, the industrial side had relatively moderate-cost products, produced in larger volumes and sold to large customer bases. In effect, UTC became an entity inhabited by two very different groups whose axiomatic thinking was quite incompatible. The concept of sharing technology across the operations was, in theory, attractive. In the end, however, the science associated with the low-volume aviation side of the corporation was too high-cost to be used in a cost competitive industrial environment, and little collective value was created. Investors questioned whether value could ever be created by combining such different groups. UTC did attempt to drive commonality by pursuing a truly multinational approach across the corporation, expanding to other geographies, but not imposing a completely American nature on its operations in the various countries. It followed through on this approach by populating its senior management with various nationalities ensuring that the interests and the perspectives of the associated countries were represented in the councils of the corporation. UTC assiduously endeavored to utilize the capabilities of their people from foreign subsidiaries or from operations they had added through expansion, integrating them quite visibly into the organization, celebrating their contribution, and emphasizing the opportunities that were available to the newcomers and the distant divisions within the greater corporation. In fact, as evidence of this phenomenon, the prior Chief Executive of the corporation was from the Canadian operation and the current Chief Financial Officer and the present CEO are both from operations added through acquisitions. This approach worked effectively to convince UTC employees in places like France, China, and Brazil that there was value in being a part of the corporate network. In effect, UTC had grown using the clear and articulated strategy of acquiring entities that were technology leaders. It had also insisted that the added divisions adopt a common culture marked by internationalism and by shared technology. In the end, however, the original growth strategy did not consider the company’s roots sufficiently. Its growth was achieved not by driving solidarity and adding value to its existing aviation base, rather it was accomplished by creating two different businesses with little in common and limited scale. Growth by acquiring operations in areas which have such axiomatic differences did not nurture solidarity, and created only limited benefit for the existing core aviation business. While being successful in internationalism, the conglomerate was never able to enforce the shared technology vision which had been the primary underpinning of the original drive into the industrial sectors. For a while, the weight of the acquisition growth and the internationalization drove performance and masked that there are two very different – separate entities within the UTC boundaries. Eventually, however, investors began questioning the value of the aviation and industrial combination. Now, there is a significant drive to divide the corporation into pieces and the split is now underway. In effect, UTC is returning to the breakup days of the 1930s and

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creating substantial turbulence in expectations for the individual businesses and perhaps significant uncertainty for its employees. The Snap-on Corporation is a multinational enterprise that has expanded scale and strength and built the prosperity of its constituents over time. The organization has been enlisted from its very founding in the common effort to make work easier for serious professionals that perform critical tasks. That is where the penalty for failure is high. The corporation’s growth has created the economies of scale necessary to be competitive as rivals have expanded. The Snap-on expansion is, and has been, marked by the guiding principal of its founding. Expansions and additions along this axis of criticality clearly add benefit to the existing corporate whole, in products, in technology, and in access to particular customers, many aspects of which can be shared across major elements of the multinational. For example, the recent acquisition of the Car-O-Liner collision repair business gives several operations within the corporation more to offer to vehicle repair shops – a customer segment for almost 70 per cent of the existing Snap-on operation. The acquisition matches the overall Snapon strategy. Car-O-Liner products enable critical tasks, an essential characteristic that the newcomer shares with the Snap-on core. Acquiring and integrating Car-O-Liner required substantial time and resources that were dilutive to the corporation in the near term. However, the existing Snap-on population recognized the overall longterm benefit of such acquisitions made according to the well-accepted strategy and therefore fully supported the expansion. The Corporation consistently follows its declared growth strategy with commitment and rigor, ensuring that the benefits of expansions clearly accrue to the ongoing associates and to the operation of the overall organization. As a result, the Snap-on team is broadly convinced that the growth strategy is the proper path. Snap-on also has a clear understanding of the common characteristics that define its operations and create collective amplification and value. For example, the corporation, as previously mentioned, is rooted in serving serious professionals who are performing the most critical of tasks. This professional standard imposes a clear culture on the organization. An acquisition must come with it or adopt it quickly on a priority basis after joining the collective. Snap-on businesses do not sell to amateurs or “do-it-yourself” customers. Snap-on also defines itself regarding its mechanism for creating improvement, focusing on selective processes regarding employee safety, product quality, customer connection, product innovation, and rapid continuous improvement. The efforts of each operation are expected to be aligned along those corridors. The Corporation names this approach Snap-on Value Creation and each business within the collective, including acquisitions, are required to follow that template. Finally, in common behaviors relating to natural law, all employees are required to display integrity, respect and truth. They also are expected to listen well and act as a team. These requirements – clear and simple – are posted everywhere. Snap-on has a sharp view of what is required to be a part of its collective and it enforces those common requirements with conviction.

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To emphasize the importance of commonality, the gains of any operation, including the acquired businesses – achieved with professional working men and women – are prominently highlighted in corporate publications and colloquia. In addition, the progress that locations make in the areas of safety, quality, customer connection, innovation and rapid continuous improvement are given regular and ample praise. In effect, Snap-on spends considerable energy celebrating the elements of its commonality across businesses. It consistently highlights the characteristics which create the collective power of the corporation. Further, Snap-on works to integrate its new operations by ensuring that newcomers are incorporated into the corporate management structure. Several of the highest placed executives in the Corporation entered the collective through acquisitions. Further, the compensation for employees in the new businesses is based on both the particular operation’s performance and on the results of the total corporation. These norms serve to reinforce that individual businesses, even newly added operations, have a strong interest in the success of the overall collective. Regarding growth, the Corporation recognizes that beyond its announced corridors of growth, it would also consider acquisition in special spheres of strategic responsibility. For example, if a particular industry such as tire balancers was being consolidated, creating production scale economies for competitors, Snap-on might be required to match that expansion even if the properties of the potential area of acquisition do not fully fit the general growth strategy. Alternatively, the multinational might see the need to add a particular capability, such as battery assembly, to secure strategic access to a particular component or technology, even if that direction does not match its preferred expansion axis. Snap-on will, therefore, protect its spheres of responsibility by venturing outside its standard expansion guidelines if the situation warrants. The multinational, however, does have a guide regarding the limits on what resources and what focus it can expend on such defensive acquisitions. By their nature, they are not coherent with the corporation’s overall strategy. Although the organization will participate, it would not expend time or funds that would, in any significant way, restrict its actions in its core. In effect, such actions would be viewed as minor tweaks to the corporation’s overall trajectory. Any proposal to dedicate greater resources in a peripheral area is not considered. In effect, Snap-on will venture outside its core growth strategy to defend its sphere of responsibility, but it has clear constraints on how far it will venture in those efforts. As a result of its approach, Snap-on has been able to grow and expand effectively over the years. It has been able to remain competitive in size, creating sufficient scale to be effective. At the same time, it has been able to integrate acquired operations and direct the growth of its existing businesses to continually strengthen its collective whole in strategic position, in marketing power, and in financial performance. It is generally quite clear that the expanded Snap-on businesses are more valuable as part of the multinational whole than they would be if operating individually. As a result, the corporation has prospered. Over the years, stockholders have gained, em-

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ployees have prospered, customers have been enabled, retirees have found security, and Snap-on’s communities have benefited. IV. A Framework for Guiding Expansion in a Corporate Environment We have reviewed various real life examples from a range of multinational corporations. In those considerations, across a number of different environments, we do see a requirement that multinationals expand in order to stay competitive and it is further demonstrated that such growth is more effective if it follows a particular framework. From the analysis, there appears to be five elements that comprise a successful expansion policy. These are: conviction on growth strategy, required commonality, celebration of shared character, clear constraints, and effective and moral leadership. Each are important components in a collective which takes full advantage of the power growth and, thereby, sustains continuing benefit to all of its constituents. V. Conviction on Growth Strategy – Consent of the Enlisted As stated before, a corporation is a group of individuals, operations, and businesses that have come together and enlisted in the collective to achieve a value for themselves and others that they could not create independently. In that context, any expansion strategy must be seen to generate benefit for the existing core organization. GE, for example, did not establish that conviction across its operations. It subsequently had difficulty maintaining investor confidence and its constituents saw reduced benefit and more job uncertainty. UTC did create endorsement of its growth strategy by focusing on acquisitions of organizations that possessed leading technologies and could add strength to its existing operations. It worked for a time, maintaining investor confidence in UTC longer than for its principal competitor, GE. In the end, however, the added technologies were not successfully integrated and GE lost conviction on the projected value. A final data point is American Motors. The automaker did establish a broad conviction that growth was essential for its forward trajectory. American, however, was never able to develop or execute a specific strategy to drive the needed expansion. In the end, the corporation failed to remain competitive, and no longer exists. VI. Required Commonality – the Power Amplifier of Collectives Perhaps the most crucial element of the expansion framework is the common behavior which is required of all elements of a collective including the additions. It is

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quite difficult to develop a set of common requirements that will create amplified value, and more difficult yet to maintain the agreement of the collective on the appropriate shared behaviors. Further, it is often very challenging to consistently raise the political will to enforce the requirements across a population even if it has the support of the corporate majority. Despite the challenges associated with creating and requiring commonality, it is an essential element of collective success. Without it, there is no value in size or in growth. The difficulty of contriving an effective commonality can be seen in GE where the idea of being a market leader and attending the corporate training programs were the targeted shared behaviors. These, however, did not create the amplification necessary to make membership in the GE conglomerate a value driver. The required behaviors, even if adopted broadly, were not sufficient to summon real collective power and the trajectory of GE confirms that assertion. UTC did have a clean and appealing growth strategy, rooted in shared technology. However, the collective could never create the required common behavior that was necessary to make that strategy fully effective. In fact, probably the most challenging aspect of establishing and extending commonality, as seen in UTC, is summoning the political will at the center of the organization to enforce the required behaviors across the enterprise. There is a kind of commercial entropy that tends to drive apart businesses that operate in varying sectors, serve dissimilar customer bases, or occupy different geographies. Individuals and businesses prefer to preserve as many degrees of freedom as possible. It is human nature that applies to all organizations including corporations. This can be seen clearly for the case of UTC in its attempt to drive a sharing of technology. Maintaining market leadership is best served by tailoring product development and/or underlying technology particularly for an operation’s specific customer base. Sharing technology across divisions is much more efficient, but it does represent a trade-off between that efficiency and superior customer fit. UTC never developed sufficient belief in technical commonality to overcome the organizational opposition, and require real sharing. The collective value of the corporation has been limited as a result. Snap-on is an example where required behavior has been achieved. The focus on professionals and on critical tasks is the common denominator that defines the Snapon business and is embraced across the corporation. In addition, the areas of Snap-on Value Creation, safety, quality, customer understanding, and rapid continuous improvement are the processes which drive improvement day after day at all Snapon locations. Finally, Snap-on people share common behaviors based on natural law, respect, integrity, teamwork and truth. The corporation has been able to enforce these requirements because of the broad belief that those characteristics raise Snapon collective strength and will bring amplified power to the corporate whole. The approach has worked for Snap-on. A focus on the importance of the commonality permeates the corporation and any new acquisitions adopt the required behaviors relatively quickly after joining the organization. The success of the collective in terms of growth, profitability and stability is testimony to the importance of those required behaviors in the guidance of expansion.

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VII. A Celebration of the Community – Declaring Who You Are A third element of a successful expansion framework appears to be a celebration of collective culture. This serves to re-enforce with the people of the corporation what they have in common and the importance of those characteristics in maintaining the continuity and prosperity of the enterprise. GE and UTC spend very little effort in highlighting those commonalities across the organization. Further, what little attention is actually paid to that collective concept is diluted and generally obscured by the blizzard of other initiatives, programs, announcements and guidelines that are communicated on an almost daily basis. On the other hand, Snap-on celebrates its commonality with substantial energy. When the corporation describes itself publicly, internally or externally, it characterizes its collective as serving the people of work, that is, professionals performing critical tasks. The Snap-on code declaring the commercial and moral aspects of commonality inhabit every room and every presentation. As a result, the importance of Snap-on common behavior is at the top of mind across the corporation. In another dimension of celebrating community, the corporation’s management team is drawn from across the enterprise. Executives from the center and the periphery, from the founding businesses to the acquired operations, from the U.S. to Europe to Asia, occupy the top chairs and influence global policy and strategy. In effect, the people of Snap-on are reminded of what they have in common by the oral and written rhetoric of the organization and they are reminded that they have an interest in overall corporate success when they see the opportunities they have to advance in the management structure. It all appears to work well and provide evidence that celebration of community is important in executing corporate expansion with success. VIII. A Clear Limit – Practical Solidarity There is also the need to manage additions to the whole that do not fit within the endorsed growth strategy. A collective organization will often feel responsible for a broader space than its declared area of interest. This presents the need to strike a balance between a more cosmopolitan perspective on solidarity in which a corporation may see a strategic responsibility to intervene in shaping a particular sector or technology that is outside of its direct focus but might have an oblique impact on its competitive position. An example of this kind of action can be seen in GE’s attempted acquisition of Honeywell in 2000. There was little overlap in the various operations, there were few synergies, and the deal was somewhat outside the GE acquisition imperative. GE, however, did make the move to block a proposed acquisition of Honeywell by UTC – a combination which offered game-changing advantages for the GE rival. Acquiring Honeywell would have made UTC a much more dangerous competitor. GE, therefore, moved to intercede. In the end, the GE-Honeywell combination was blocked by anti-trust concerns within the European Union. But, in this instance,

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GE departed from its usual expansion strategy of acquiring sector market leaders to uncharacteristically attempt the addition of Honeywell, a conglomerate which was not necessarily a leader across its businesses. It took that step to defensively block a competitive shift in market share. Another example is Snap-on’s 1997 acquisition of Bahco Tools in Northern Europe. Like Honeywell in the GE situation, Bahco was outside Snap-on’s acquisition focus. Much of its business was in the trades, that is, carpenters, electricians, and plumbers. It was a customer base that does not regularly perform the critical tasks that are the focus of Snap-on expansion. Snap-on made the Bahco acquisition to add presence in the European market, matching the then recent actions of one of its primary competitors, Stanley, which had, just months before, significantly added to its own European presence. In both the GE and Snap-on actions, the corporations saw a need to pursue an oblique interest that would not necessarily benefit their core in the short run. They pursued those acquisitions to meet their responsibility to stay competitive, even if it required action outside their declared strategic direction. For corporations, however, all such actions must necessarily be bounded by limits beyond which an enterprise will not go in pursuit of goals peripheral to its core focus. To venture beyond those limits would be to impose a burden on the existing operations that could not be managed and would threaten the viability of the collective. In the cases of GE-Honeywell and Snap-on-Bahco, both initiatives were within the corporations’ respective limits. GE has enormous resources, and Honeywell was well inside those boundaries. Bahco’s $550 million price, however, clearly was at the edge of Snap-on’s capacities. Had that number risen to over $700 million, it’s likely that it would have exceeded the tool maker’s defined limit for such a venture and the deal would not have occurred. In effect, any collective that would respond to responsibilities or considerations beyond their principal focus has to have a clear understanding of its limits in such endeavors. Otherwise, it can damage its core and even the viability of its enterprise. In fact, most effective corporations have a clear view of such limits. IX. A Moral and Committed Leadership – The Constant Beacon Conventional wisdom would seem to make leadership so fundamental that it would not be included as part of a strategic framework. In the effort to grow, however, committed leadership does play a unique and essential role. GE demonstrated clearly the crucial role of leadership as it changed CEOs. The new leader did not exhibit the same conviction or commitment to the expansion strategy. This shortfall reduced organizational confidence and, perhaps, accelerated the conglomerate’s decline resulting in greater recognition by both internal and external constituents of the inherent flaws in GE’s expansion strategy and fundamental structure.

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It is inevitable, as a collective grows by addition or acquisition, that questions and doubts will arise in the interstices of the organization. Conviction, commonality, celebration and constraint will minimize this turbulence, but even when the collective is broadly enlisted there can still be pockets of very vocal concern. When Snap-on acquired the software company, ProQuest, some in the multinational believed it was a dangerous departure from the core hardware business. The CEO at the time, Jack Michaels, was widely respected for his business judgment and for his character, reliably practicing the corporation’s collective moral values of truth, respect, integrity and teamwork. He was consistent in voicing his commitment to the corporation’s strategy of focusing on professionalism and criticality. In effect, he was a great example of what Snap-on expected all its people to have in common. As a result, he was able to exercise the moral leadership necessary to enlist even the doubters in supporting the acquisition. His endorsement of the ProQuest action convinced the existing parts of the collective that the acquisition would be in their interest, making the corporate whole stronger. Committed and moral leadership is an enabling part of the framework so that consensus can be created even if the value of expansion is doubted by some parts of the collective. X. Testing and Confirming the Framework by Considering Nations An effective method to confirm the validity of the growth framework developed from observing corporations is to test its usefulness in describing the expansion approaches and results for other collective entities, such as sovereign nations. Countries, of course, are social organisms that also bring groups and people together to create value, and as such, have many similarities to multinational corporations. For this study, we have chosen to reflect on France and the U.S., two large established democracies; on India, a relatively new republic evolving its society and its economy; and on Singapore, a small Asian democracy. By considering a range of countries, we hope to disprove, revise, or confirm our hypothetical corporate-derived framework of conviction, commonality, celebration, constraint, and leadership. India is a nation that has little commonality across its geography, a situation that greatly compromises its ambitions for progress. At first glance, India appears to be a country of enormous power and even greater potential. It has a population of almost 1.3 billion people, the second largest in the world. By most assessments, it has an extraordinary number of quite capable people, many who approach the brilliant. Countries and corporations all over the world count ethnic Indians among their intellectual leaders and these only represent a small fraction when compared to the number of extraordinary people who inhabit the subcontinent. The nation has a gigantic economy with a GDP of about $2.7 trillion, ranking sixth in the world. There is, however, something amiss in India. Despite all these strengths, the country’s GDP per capita only ranks in the range of 150th in the world – below countries like Angola and Laos which possess substantially fewer strengths.

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India’s weakness is deeply rooted in a self-defeating diversity that resists any commonality. This condition blocks attempts to create the collective scale and power that one would expect from a nation of such pre-eminent size. In effect, India is a dizzying patchwork of separate jurisdictions that have little basis for cooperation. The variation dates back to its founding. India never existed in its current boundaries except under the strict and, perhaps repressive, regency of the British. It is not surprising then that the country does struggle to make collective progress. Across the boundaries of India there are dozens of different dialects and at least six distinct alphabets. It is a patchwork of different people bound together under one flag, but with very little shared behavior. For example, the people of Tamil Nadu in the Southeast eat different foods, wear different wardrobes, worship different gods, speak vastly different dialects, and write in a different alphabet than their countrymen in the Northwest province of the Punjab. This raises a very legitimate question, that is, with such differences, why are both groups considered Indian? In fact, Jawaharlal Nehru, the first president of the nation, struggled in finding any palpable characteristics that bound his people together. Reportedly, he saw that the only thing the various people, villages, and provinces had in common was proximity to a large number of the poor. Therefore, he saw the embrace of socialism and the associated imperative for income redistribution as an effort to link the country together around the single commonality of broad deprivation. In the end, it did not work and the nation appears to be as much of a patchwork today as it was in Nehru’s time. Another element of Indian culture that resists the summoning of collective progress is the basic philosophy rooted in its drive for independence. The movement for the country’s freedom was led by Mohandas Gandhi – a committed and moral man who sacrificed much for his people. For all his very admirable qualities, however, Gandhi sowed the seeds of difficulties going forward. He had a devotion to the minorities, saying that he did not care about the 51 per cent majority. Instead, he wanted to give strong voice to the interest of small groups. He wrote that the principal political unit for the country should be the village and the individual interests of that micro entity must be preserved. There are over 70,000 villages in India making finding a practical national consensus among that galaxy of interests almost impossible. Finally, Gandhi’s primary tactic in pressuring the British to exit was civil disobedience – non-violent disobedience – but disruptive disobedience none-the-less. The combination of these conditions is quite dilutive to India’s efforts to create collective benefit. Any action proposed by the federal government tends to be challenged and often marginalized by the myriad of local interests. There can be no conviction on how to move forward when there is no common interest. Further, if the leadership, committed and moral, does manage to enlist major parts of the country, the opposition feels quite within its rights to resist, using the civil disobedience that has been imprinted as an almost saintly virtue on the philosophy of Indians ever since the struggle for independence. In our study, India serves as a kind of null thesis. It demonstrates vividly that a patchwork does not function effectively. It has great difficulty translating growth

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into collective value. India does have a relatively strong growth rate, but it has difficulty using that expansion to generate advantage for its people. This weakness proceeds from the fact that it has little of our proposed framework for guiding growth. It does not have a uniform conviction on forward strategy. It has few shared behaviors. In addition, it lacks the political will to require the commonality necessary to leverage its size. Paraphrasing what has been often articulated by Indians themselves: India is the country of the future and it will always be so. I fear that this may be true if the nation does not find commonality and does not melt the patchwork into a more cohesive whole. France is a national collective which has had particular difficulties with immigration in recent times. The nation is growing, but at a relatively slow rate. On the other hand, it has been fairly modest in accepting immigrants, having encountered problems with particular populations that have appeared to have resisted integration into the French national collective. Since the revolution, the country has espoused a common philosophy of “Liberté, Egalité, Fraternité.” The fundamental elements of this declaration, however, represent some challenges to the building and the exercise of collective strength. As the nation’s individuals are at liberty to pursue their own interests and to build advantage over their neighbors, they inevitably create inequality. So, in some ways, the core elements of the French national identity “Liberté” and “Egalité” can, in some circumstances, be in conflict. Therefore, it is particularly difficult to create French conviction on immigration policy or any other issue. Compounding that contradiction is “Fraternité”. This concept appears to have been handed down from the revolution when French citizens manned the barricades. At first glance, it could be interpreted as an expression of solidarity – guiding policy to maximize the common welfare. By my observation, however, “Fraternité” has, in a practical manner, meant bonding together with other like-minded countrymen to figuratively and physically push an agenda, no matter how narrow the issue. The result is that, in France, it seems that a portion of the country either has just settled a strike, is now on strike, or is about to launch a strike. In effect, the French people of the twentyfirst century are at the ready to rush the barricades of modern society, following in the footsteps of their republic-founding predecessors. Consequently, the basic ethos of the French republic is not one that can easily be translated into a commonly accepted policy on immigration. Because of the predilection for protest and the atomistic character of the various interests for which citizens are always prepared to assert their right to protest, it is quite difficult to adopt an approach to growth that will serve solidarity and be seen to uniformly benefit the existing citizenry. As a consequence, the basis and strategy for welcoming migrants has never been broadly developed in France. Beyond the issue of immigration strategy, the country has vacillated greatly over the years regarding the required behaviors or commonalities that qualify newcomers for French citizenship. In fact, until the mid-eighties, France focused primarily on ensuring that immigrants had access to basic needs, in effect pursuing an active welfare approach to integrating the migrants. They did not place much effort in driving common be-

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havior upon which integration into French society could be based. Inclusion into the French whole was directed at ensuring minimum economic levels. In the late eighties and early nineties, the focus shifted to political integration emphasizing the discharge of the obligations of a citizen as the principal commonality, but allowing almost complete cultural autonomy. As Adrian Favell stated: “The political socialization and obligations of the French citizen are the essential condition for incorporation”3. These approaches did not work particularly well. Neither constituted a practical basis for establishing a commonality that can be the underpinning of an effective collective and neither concept received universal endorsement from the core French population. As a result of having neither conviction on immigration strategy, nor clearly required a set of common behaviors that would signify inclusion as a proper French citizen, the country has struggled with immigration. Even though its migrant population is not as large as in some other countries, France has particular difficulty with its presence. For example, an Iman in a section of Lyon that is populated with large numbers of newcomers from the Middle East informed the mayor of that city that he was not welcome in the neighborhood because that area was now Islamic territory and was following Islamic law. Further, Muslim residents in a number of areas across France have resisted sending their children to school on Fridays because it is a Muslim holy day. These and other incidents demonstrate the distraction and dilution of collective power that occurs when a country fails to integrate its immigrants. For centuries, the United States was the prototype for national growth. It is, after all, a nation of immigrants. Everyone except the descendants of Native-American Indians trace their ancestry back to newcomers. Even today, there are about 45 million people resident in the U.S. who were not born in the country. This far exceeds the immigration population of any other country in the world. Over time, the growth process has been quite effective. People came to America – “melted in” – and became essential members of U.S. society contributing much from generation to generation. The nation was a self-described melting pot into which individuals would enter as foreigners and emerge as Americans. Firstly, this approach was based on a broadly accepted concept that immigrants advanced the collective strengths of the country. There were frontiers to extend, wilderness to be tamed, resources to be tapped, and a destiny to be fulfilled. There were, of course, conflicts from place to place and from time to time, especially in the crowded cities where competition for space and well-being was more intense. There was opposition to the Irish in New York City and to the Chinese in the West. Over time, however, moral and dedicated leaders and a general recognition that immigration was beneficial to most of the core population guided society past those periodic episodes. America, after all, broadly displays the phrase E Pluribus Unum – “From Many; One”. This can be referring to the states forming the Union, but it also reflects many people from many origins becoming one nation. There was, of course, great injustice with blacks in the south but this, while a 3

Adrian Favell, Philosophies of Integration, New York 1998, p. 304.

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great evil, concerns primarily a population that had been in place since before the founding of the republic and was not strictly an immigration/growth issue. The U.S. had another element of the expansion framework that perhaps was the strongest factor in its immigration success: required commonalties. These are rooted in the essence of what it has meant, and means today, to be an American. The national commonality is not based on a uniform origin or ethnicity – America’s core is from everywhere. It is not based on a particular religion –all forms of worship can be found across the population. The definition of an American is not even tied to a particular geography – the American map has changed many times over the years. Americans are who they are because, first and foremost, they have common beliefs. Some of these are set forth in the nation’s Declaration of Independence. “We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal.” These are beliefs that author the public and private behaviors and philosophies that mark Americans. There were also more pragmatic and palpable requirements such as speaking the common language, reverence for the flag, and willingness to serve in the armed forces. Confirming this concept, President Theodore Roosevelt said: “Americanism is a question of spirit, conviction, and purpose, not of creed or birthplace.”4 Beyond these commonalities, newcomers were free to maintain the cultural identities that tied them to their places of origin. In addition, the U.S. took great care to celebrate the power of melting and highlighted the elements of commonality. Every American child can easily recite the common beliefs, such as those from the Declaration of Independence. The unifying code, E Pluribus Unum, is displayed ubiquitously on the nation’s currency. On any day, not just holidays, American flags are voluntarily displayed outside a significant portion of the private homes across the country –perhaps the most ubiquitous display of national patriotism anywhere on the planet. The nation directs considerable energy to celebrate these commonalities which mark individuals, regardless of origin or religion, as American citizens. The country also developed an effective and clear constraint to limit its immigration. At first, when it was expanding westward taming the frontier, almost all immigrants were welcomed. Later, as that expansion abated and the geography became populated, practical and reasonably well-accepted limits that were derived from common beliefs which, in turn, had their underpinnings in the universal truths of natural law, were clearly established. There were quotas set by region, for certain needed professions, and for humanitarian cases, for example, those seeking some type of asylum or fleeing great deprivation. These constraints were clear and accepted, in part because they were based in logic, as well as natural law and its fundamental morality. They quite effectively balanced solidarity and the responsibility of the nation to help the less fortunate among humanity. Finally, the whole system was guided forward by individuals who could exercise moral leadership by virtue of their own behavior and could speak the language of common belief to lead the nation’s expansion on a pragmatic and consistent path. 4

Jon Meacham, The Soul of America, New York 2018, p. 85.

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In recent years, however, this efficacious framework has been eroding and immigration has become a more challenging issue. The U.S. still has the highest net immigration in the world and is among the leading countries in per capita immigration. The process has, nonetheless, become more controversial. The nation still holds conviction regarding the overall role of immigration in fueling national energy and providing a force for economic growth and scale. However, the consensus around the required behavior and the essential commonality for citizenship has become weaker. At the heart of this appears to be a rise in a culture of autonomy, that is, a shift away from an emphasis on collective or community commonality to rising prominence of individual behaviors and moral views. This can be seen in the retired U.S. Supreme Court Justice Anthony Kennedy’s “mystery of life” passage, opining that: “At the heart of liberty is the right to define one’s own concept of existence, of meaning, of the universe, and of the mystery of human life.” There is no consideration in this approach regarding the behaviors, ideas, and beliefs that are shared as markers of belonging to the national community and being an American citizen. In this construct the mechanism of America as a melting pot comes under attack. In fact, the publicly-funded University of California recently published an official memo charging its faculty and administration to avoid micro-aggressions, such as characterizing America as a melting pot expecting minorities to assimilate into a common national culture. In effect, this trend to autonomy tends to transforme the immigration process from an expander of collective scale and additive economic strength into a force for dilution and diminishment. The history of the U.S. has been one in which its expansion by adding diverse peoples had been guided by an “Angel in the Whirlwind” of random diversity coupled with a powerful requirement for commonality. America has traditionally welcomed diversity but it has found its strength.in the celebration of its commonalities. Rising autonomy, however, has transformed that scale producing phenomena into a kind of social corollary of the second law of thermodynamics, that is, entropy or disorder increases inexorably. Today, it is common in America to hear a call for the need to celebrate diversity or the differences among various individuals as opposed to the idea of highlighting the shared beliefs and behaviors that have been the strengths of the national collective woven from migrants of many origins. Contemporary Americans are now facing the significant challenges of reconciling autonomy with immigration. Welcoming migrants no longer appears to clearly align with interests of the core. To exacerbate the situation, immigration has become a political issue with some groups attempting to build a ruling majority out of the emerging patchwork of varying ethnic groups, appealing to their sense of difference rather than their commonality as Americans. Finally, to further compound this situation, there has been an absence of moral leadership in the country. The rise of autonomy is difficult to resist. In fact, many have observed over the years that the “first tyranny of liberty is the tyranny of individual desires.” The nation today is being challenged and it does appear to lack the final piece of our expansion framework – that is, moral and committed leadership – and it takes such leadership to keep a collective from grav-

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itating toward disorder. There are uncertain times for American growth and it appears that the restoration of immigration to the force for collective advancement and humanitarian responsibility that it has been in the nation’s past will require the rediscovery of commonality and the associated rise of moral citizen leadership. The republic of Singapore has often been described as a Confucian democracy. And, so it is. It is a small country – an island with a multi-racial population of just over 5 million. Before World War II, it had been a British colony and was relatively poor. In fact, just after the war, a British Foreign Secretary described it as the “world’s worst slum.” It became fully independent in 1965 as a democracy and, under the leadership of the charismatic Lee Kuan Yew, it rose to become a gleaming example of a new technology and economic prosperity. Although still relatively small, its growth has been relatively high compared to other developed countries. This expansion has been driven by an effective immigration policy which has increased the population despite having one of the world’s lower fertility and organic growth rates. The Singapore expansion is marked by an effective balance between solidarity and immigration. The country does have clear and widespread conviction regarding its immigration strategy. It accepts migrants that will strengthen the technical and economic capabilities of the island. Having come so far in enriching its society despite having limited space and almost no natural resources, the citizenry has a uniform and relentless commitment to focus on its economic improvement. Growth and immigration is a clear and accepted part of that national consensus. Further, Singapore, having been built through multiracial immigration and having a very small population, recognizes the need for making the most of its collective scale by promoting commonality across its various ethnic groups. The country, therefore, has a very clear set of required behaviors that are necessary to be a full-fledged member of the Singapore society. Because of its size and its goal to rise quickly, the nation has emphasized the efficiency inherent in a compliance culture. The government enacts policies that most citizens realize will benefit the collective and the people are expected to follow those rules. For example, some years ago the government famously banned chewing gum because discarded gum had been interfering with the operation of the city’s subway system. The nation complied with the edict and, with relatively little angst, gave up gum. In Singapore, the government has a confident view of the shared behavior of the citizenry that is necessary to move the nation forward, and it has the ample political will to enforce compliance with those requirements. As stated before, Singapore is multiracial, having large populations of Chinese, Malay, and Indian origins. The country allows each of those, and any other groups, to maintain their cultural identity as long as they comply with the required commonality. The Muslim Malays can wear head scarfs and follow the Islamic traditions, but they do not chew gum. More than that, should a section of the country declare it was following Islamic law instead of Singapore law, the government would disenfranchise the people involved without hesitation or philosophical conflict. In short, Sin-

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gaporeans must participate in the common behaviors that give rise to collective scale; beyond that they can maintain their cultural traditions as individuals. The nation is a society which clearly prioritizes the right of the community over the rights of the individual, making the very most of its small population in its drive for greater prosperity. In addition, Singapore celebrates its commonality. Its national motto “One Nation, One People” is displayed all over the island. The national anthem is “Majulah Singapura” – “Forward Singapore” – reinforcing the common ethos of economic advancement. Government leaders continuously remind Singaporeans that they need to work together in moving the economy forward and in continuing to raise the individual and collective prosperity of the citizenry. Further, the country has a clear view of the limits that constrain its immigration activity. Singapore has conviction that, because of its size, it cannot afford to accept any meaningful migration for humanitarian reasons. The nation does contribute financial aid to help others, but it will not grant easy access to citizenship for reasons other than those based on support for its economic expansion strategy. Finally, it might be postulated that as per capita income grows and the population becomes more prosperous, Singapore society, like America, might move toward a culture of autonomy, eroding its communitarian ideals. Singapore, however, has generally avoided this trend, at least for now. The principal reason for this continuity, is that Singapore has been enabled by moral and committed leadership. Lee Kuan Yew and, after him, his son, Lee Hsien Loong, have displayed admirable moral character, reliable judgment in difficult situations, an unfailing commitment to the welfare of the Singaporean people, and full confidence in the path of commonality they have charted. The quality and consistency of that leadership has been an extraordinary asset for consistency and for advancement. In summary, Singapore displays all the aspects of our expansion framework: conviction, commonality, celebration, constraint, and leadership. As a result, it has expanded by immigration without conflict and the citizens are prosperous, fulfilled and generally happy.

XI. Conclusion Collective social organisms of all stripes, countries, societies, alliances and corporations have an almost inexorable need to grow and expand. The corporate cases lead us to propose that an effective framework for guiding growth balanced with solidarity can be expressed in five elements. These are conviction, commonality, celebration, constraint and leadership. To test the validity of the framework, we reviewed it against the policies and the associated effectiveness for a variety of nations. France lacks strategic conviction, India is a patchwork without commonality, Singapore has all the elements firmly entrenched and it is prospering. The U.S. had the full framework but it is eroding and difficulties are following. Social organisms, countries, communities, religions, and corporations, must grow to maintain vibrancy, relevance, and sustainability. The drive for expansion is inevi-

The Multinational Corporation and Spheres of Responsibility

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table and with it comes the challenge of balancing the mechanism of that expansion: that is, immigration/ acquisition/conversion, with solidarity. Based on our observations of corporate cases, it appears that the essential framework for guiding the expansion is comprised of conviction, commonality, celebration, constraint, and leadership. Further, it appears that the successes and the difficulties that countries encounter in growing by immigration, do indeed confirm that the framework set forth in this paper does, in fact, reliably leads to collective scale, power, and sustainability for those social organisms that employ it with consistency. Zusammenfassung Wachstum ist für alle Unternehmen unerläßlich, und diese Expansion kann verschiedene Formen annehmen, einschließlich Einwanderung, Übernahme oder Umwandlung, je nach Art des Kollektivs. Eine Studie über reale Beispiele von Unternehmen fördert die Gewinnung eines Rahmens, um ein solches Wachstum im Einklang mit den Verantwortlichkeiten der Solidarität zu steuern. Der Rahmen beinhaltet: Überzeugung von einer Wachstumsstrategie; Definition und Umsetzung gemeinsamer Interessen; klare Begrenzung des Umfangs sowie eine verbindliche ethische Führung. Überprüft man die Politik verschiedener Länder, darunter Indien, Frankreich, die USA und Singapur, anhand dieses Ansatzes, zeigt sich, daß der Rahmen genau dann zum Erfolg führt, wenn er nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Nationalstaaten angewandt wird. Im Ergebnis vermag daher der genannte Fünf-Punkte-Rahmen als wirksamer Leitfaden für die Bewältigung der Herausforderungen des Wachstums zwischen verschiedenen Arten von Kollektiven zu dienen.

„Nachhaltigkeit“ von ungesteuerter Zuwanderung – eine ökonomisch-fiskalische Perspektive Von Michael Eilfort I. Einleitung Spätestens seit dem Herbst des Jahres 2015, als sich hunderttausende Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland und Europa befanden, hat das Thema Migration in der öffentlichen Diskussion erheblich an Bedeutung gewonnen und das politische Geschehen in Deutschland – zumindest für einige Zeit – dominiert. Nicht immer wurde und wird die zuweilen emotional geführte Debatte der Komplexität und Vielschichtigkeit der Themen Flucht und Migration gerecht. Ein Grund mag darin liegen, daß mit Zuwanderung ganz unterschiedliche Befürchtungen, aber auch Hoffnungen verbunden werden können. Schon in einer rein ökonomischen Perspektive sind die Effekte von Zuwanderung, sofern nicht genau spezifiziert wird, wer eigentlich zuwandert, alles andere als eindeutig. Während beispielsweise junge und gut ausgebildete Zuwanderer – gerade in einer alternden Gesellschaft wie in Deutschland – einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten und aus Sicht der einheimischen Bevölkerung ohne Frage einen echten ökonomischen Gewinn darstellen könnten, bewirkt eine Zuwanderung, die primär in die die sozialen Sicherungssysteme erfolgt, das genaue Gegenteil und verschärft die – demographiebedingt – langfristige Überforderung der umlagefinanzierten Sozialversicherungssysteme nur noch weiter. Ohne Frage ist eine Steuerung von Fluchtmigration nach ökonomischen Kriterien, also eine gezielte Auswahl der Zuwanderer nach ihrer ökonomischen „Leistungsfähigkeit“, kaum mit humanitären und verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar. Um so wichtiger ist daher ein unvoreingenommener und realitätsnaher Blick auf die zu erwartenden langfristigen Auswirkungen von ungesteuerter Zuwanderung im Zielland der Flüchtlinge, um problematischen Entwicklungen wirksam entgegentreten und Chancen und Potentiale nutzen zu können. Vor diesem Hintergrund wirft der vorliegende Beitrag nicht nur einen Blick auf die langfristigen fiskalischen Kosten, die durch ungesteuerte Zuwanderung entstehen können, sondern identifiziert auch Maßnahmen, um diese so gering wie möglich zu halten.

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II. Fluchtmigration nach Deutschland – Herausforderungen bleiben bestehen Im Vergleich zu den Jahren 2015 und 2016 hat sich die Flüchtlingssituation in Deutschland inzwischen wieder deutlich entspannt – sowohl bezüglich der Zahl der Neuankömmlinge als auch der Einhaltung grundlegender Standards bei der Erfassung und Registrierung der Flüchtlinge. Während im Jahr 2015 rund 890.000 Asylsuchende nach Deutschland kamen und dadurch – zeitlich etwas verzögert – auch die Zahl der Asylerstanträge mit 441.899 im Jahr 2015 und 722.370 im Jahr 2016 ein bislang nicht gekanntes Niveaus erreichte, fallen die Zahlen für 2017 deutlich niedriger aus und liegen nur noch geringfügig über dem Niveau um die Jahrtausendwende1. Für das Jahr 2018 weist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 161.931 Asylerstanträge aus2. Der sprunghafte Anstieg der ungesteuerten Fluchtmigration nach Deutschland spiegelt sich auch nachdrücklich in der deutschen Gesamtwanderungsbilanz wider. Sowohl die Bruttozuwanderung als auch der Wanderungssaldo weisen für das Jahr 2015 markante Rekordniveaus auf (vgl. Abbildung 1). Unabhängig von der sogenannten „Flüchtlingswelle“ der Jahre 2015 und 2016 zeigt die deutsche Migrationsbilanz der zurückliegenden Dekade einen Anstieg der Migrationsbewegungen an, der nicht zuletzt auf zunehmende innereuropäische Divergenzen in der Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen ist. Während die Situation in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit durch eine erfreulich positive Beschäftigungsentwicklung bis hin zu einem virulenter werdenden Fachkräftemangel, aber auch einen gut ausgebauten Sozialstaat charakterisiert ist, kam es in anderen Teilen Europas infolge der Auswirkungen der Finanz- und Schuldenkrise zu rezessiven Tendenzen, die mit wirtschaftlicher Stagnation, Massenarbeitslosigkeit und auch einem zunehmenden Sozialabbau einhergingen. Dementsprechend kann es nicht verwundern, daß Deutschland für potentielle ausländische Zuwanderer an Attraktivität gewann. Der Rückgang an Flüchtlingen gegenüber 2015 sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß ein Großteil der eigentlichen Herausforderungen weiter vor uns liegt. Zum einen ist keineswegs gewiß, daß die Flüchtlingsbewegung der Jahre 1 Vgl. die Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 30. 09. 2016, „890.000 Asylsuchende im Jahr 2015“, mit der auch erste Schätzungen von bis zu 1,1 Mio. schutzsuchenden Neuankömmlingen im EASY-System (Erstverteilung der Asylbegehrenden) in 2015 nach unten korrigiert wurden. Da die deutschen Asylbehörden aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Flüchtlingszahlen gleichwohl zunächst nicht in der Lage gewesen waren, zeitnah für alle ankommenden Asylsuchenden ein reguläres Asylverfahren mit einem förmlichen Asylantrag einzuleiten, zeigt die Entwicklung der Asylanträge in den Jahren 2015 und 2016 ein zeitlich verzögertes Bild der tatsächlichen Flüchtlingsströme nach Deutschland. 2 Vgl. BAMF (Hrsg.), Aktuelle Zahlen zu Asyl, Ausgabe März 2019, Nürnberg 2019. Mit diesem Niveau ist nach Lage der Dinge auch im Jahr 2019 zu rechnen, wenn man die Asylbewerber im ersten Quartal auf das Gesamtjahr hochrechnet. So registrierte das BAMF in den Monaten Januar bis März 39.948 Erstanträge auf Asyl.

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Abbildung 1: Migration nach Deutschland im Zeitablauf (1950 – 2018). Anmerkung: Fortzüge sind als negative Werte dargestellt. Bis 1990 früheres Bundesgebiet. Quelle: Statistisches Bundesamt.

2015/16 nach Deutschland und Europa ein einmaliges Phänomen bleiben wird. Die darauf folgende Normalisierung dürfte keine größeren geopolitischen Erschütterungen aushalten, zumal in vielen Herkunftsländern trotz mancherlei Bemühungen und auch Unterstützung durch Entwicklungspolitik als Armutsmigrationsprävention noch keine ausreichenden Verbesserungen bei den Fluchtursachen festzustellen sind. Zum anderen müssen die nach Deutschland gekommenen und kommenden Flüchtlinge, die einen anerkannten Schutzstatus erhalten, möglichst schnell in unsere Gesellschaft und insbesondere den Arbeitsmarkt integriert werden. Ihre Chancen auf eine sichere Rückkehr in die jeweiligen Heimatländer sind – realistisch betrachtet – auf absehbare Zeit jedenfalls gering. Es liegt daher auch in unserem eigenen Interesse, wenn sie zügig befähigt werden, eigenverantwortlich für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Qualifikationsniveaus der Flüchtlinge sehr heterogen, im Vergleich zu deutschen und europäischen Standards tendenziell aber eher unterdurchschnittlich sind und die Mehrheit unter ihnen nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt3. Je 3

Vgl. z. B. Herbert Brücker/Johannes Croisier/Yuliya Kosyakova/Hannes Körger/Giuseppe Pietrantuono/Nina Rother/Jürgen Schupp, Zweite Welle der IAB-BAMF-SOEP-Befragung: Geflüchtete machen Fortschritte bei Sprache und Beschäftigung, IAB-Kurzbericht 3/ 2019, Nürnberg 2019; Herbert Brücker/Paul Schewe/Steffen Sirries, Eine vorläufige Bilanz der Fluchtmigration nach Deutschland, IAB, Aktuelle Berichte, Nr. 19, Nürnberg 2016; sowie

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präziser die Daten über Bildung und Qualifikation der seit 2015 nach Deutschland Gekommenen erfaßt werden, desto deutlicher wird, welcher weiteren gemeinsamen Anstrengungen von Politik, Verwaltung, Unternehmen und der Flüchtlinge selbst es bedarf, um die notwendigen Integrationsvoraussetzungen – insbesondere Sprachkompetenzen und berufliche Qualifikationen – zu schaffen. III. Fiskalische Auswirkungen der Flüchtlingsmigration nach Deutschland Wie wichtig eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern ist – egal, ob es sich um Flüchtlinge oder sonstige Migranten handelt –, zeigen Projektionsrechnungen zu den langfristigen fiskalischen Effekten von Zuwanderung auf Basis der Generationenbilanz4. Die Generationenbilanz ist ein umfassendes Rechenwerk zur Analyse der Tragfähigkeit und zur langfristigen Projektion der öffentlichen Finanzen, das weiter reicht als die traditionelle – auf Lasten der Vergangenheit (explizite Schulden) und das jeweilige Haushaltsjahr bezogene – Betrachtung öffentlicher Haushalte. Berücksichtigt werden dabei insbesondere die zukünftige demographische Entwicklung und ihre Folgen5. So lassen sich die heute noch nicht direkt sichtbaren impliziten Schulden des Staates ermitteln. Diese resultieren daraus, daß – bei Fortbestehen des gesetzlichen Status quo – die in der Zukunft liegenden Staatsausgaben nicht (vollständig) durch zukünftige staatliche Einnahmen gedeckt sind und/oder der Staat Zusagen gibt (z. B. für Beamtenpensionen, Leistungsversprechen der Sozialversicherungen), ohne entsprechende Rückstellungen zu bilden. Die Summe aus expliziten und impliziten Schulden ergibt die sogenannte Nachhaltigkeitslücke, die einen Indikator für die tatsächliche Staatsverschuldung darstellt. Vergleicht man die in Abbildung 2 dargestellten altersspezifischen Nettozahlungsprofile6 von bereits in Deutschland lebenden Ausländern und Deutschen, erhält man erste Hinweise darauf, daß Migration fiskalisch keineswegs vorteilhaft für eine Gesellschaft sein muß. So verlaufen die Zahlungsprofile von Ausländern und Elisabeth Liebau/Zerrin Salikutluk, Viele Geflüchtete brachten Berufserfahrung mit, aber nur ein Teil einen Berufsabschluß, DIW Wochenbericht 35/2016, S. 732 – 740. 4 Vgl. Lewe Christoph Bahnsen/Gerrit Manthei/Bernd Raffelhüschen, Ehrbarer Staat? Die Generationenbilanz – Zur fiskalischen Dividende der Zuwanderung, Argumente zu Marktwirtschaft und Politik, Nr. 135, Stiftung Marktwirtschaft, Berlin 2016, für eine detaillierte Darstellung der Annahmen und Ergebnisse der Projektionsrechnungen. 5 Neben einer aktualisierten Bevölkerungsprojektion in Anlehnung an die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes – nach einer Übergangsfrist mit deutlich höherer Zuwanderung wird vom Jahr 2021 an ein langfristiger Wanderungssaldo von 150.000 Personen unterstellt – gehen darüber hinaus auch Annahmen zu den fiskal- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in die Berechnungen ein, vgl. für Details Bahnsen/Manthei/Raffelhüschen (Fn. 4). 6 Nettozahlungsprofile stellen – im betrachteten Jahr 2014 – für alle Altersgruppen den Saldo aus sämtlichen Zahlungen an den Staat und den vom Staat empfangenen Leistungen dar.

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Deutschen zwar grundsätzlich ähnlich. Allerdings leisten ausländische Bürger (durchgezogene graue Linie) während der Erwerbsphase im Durchschnitt deutlich niedrigere Zahlungen in Form von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an den Staat. Im Alter nähern sich die empfangenen staatlichen (Netto-)Leistungen hingegen an. Die niedrigeren Nettozahlungen ausländischer Bürger während der Erwerbsphase dürften dabei hauptsächlich auf Qualifikationsdivergenzen sowie auf Integrationsdefizite und die daraus resultierenden schlechteren Arbeitsmarktchancen zurückzuführen sein. Vereinfacht gesprochen: Diejenigen, die – in der Abbildung im Jahr 2014 – in Deutschland leben, aber nicht über einen deutschen Paß verfügen, üben insgesamt weniger gut bezahlte Berufe aus bzw. bekleiden weniger gut dotierte Positionen. Sie führen im Durchschnitt weniger Steuern und Sozialbeiträge ab als ihre deutschen Altersgenossen. Auf der Auszahlungsseite haben sie dann auf der einen Seite zwar auch etwas niedrigere Rente zu erwarten, nehmen aber tendenziell die steuerfinanzierte Grundsicherung stärker in Anspruch. In der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, deren Leistungen unabhängig von früheren Beitragszahlungen sind, ist hingegen grundsätzlich mit ähnlich hohen Ausgaben zu rechnen, da sich die entsprechenden Lebensrisiken nicht unterscheiden. Zu beachten ist, daß die in Abbildung 2 wiedergegebenen Nettozahlungsprofile die Situation der im Jahr 2014 in Deutschland lebenden Deutschen und Ausländer – und damit zu einem starken Teil auch EU-Ausländer – darstellen. Die 2015 gekommenen Asylsuchenden sind hier noch nicht erfasst. Es liegt aber nahe, daß die Schere aus fiskalischer Sicht (weniger Einzahlungen, insgesamt ähnlich hohe Auszahlungen) weiter auseinandergeht. Ein 30-jähriger syrischer Flüchtling beispielsweise benötigt selbst bei guter Qualifikation Zeit, um deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Auch in diesem sich positiv abhebenden Fall besteht nur eine begrenzte Aussicht, daß er lange genug in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen wird, um später eine auskömmliche Rente zu erhalten und nicht in die Grundsicherung im Alter zu fallen. Für den eher größeren Teil der weniger Qualifizierten trifft dies noch stärker zu. 1. Basisszenario fiskalischer Lasten Berechnungen der Stiftung Marktwirtschaft zu den langfristigen fiskalischen Folgekosten der Flüchtlingskrise aus dem Frühjahr 2016 zeigen eine dauerhafte jährliche Belastung von rund 15 Milliarden Euro durch die Flüchtlingswelle. Dabei wurde zum einen unterstellt, daß neu ankommende Zuwanderer im Durchschnitt etwa 6 Jahre benötigen, bis sie wie bereits in Deutschland lebende Ausländer in den Arbeitsmarkt integriert sind und das durchgezogene graue Nettozahlungsprofil in Abbildung 2 erreichen. Zum anderen wurde angenommen, daß – zusätzlich zur ohnehin üblicherweise stattfindenden Zuwanderung – insgesamt 2,42 Millionen Flüchtlinge bis zum Jahr 2020 nach Deutschland kommen: 2015: 690.000, 2016: 575.000, 2017: 460.000, 2018: 345.000, 2019: 230.000, 2020:115.000. Zu beachten

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Abbildung 2: Altersspezifische Nettozahlungsprofile von Deutschen und Ausländern im Jahr 2014. Anmerkung: Die in der Grafik abgebildeten Nettozahlungsprofile stellen dar, was der durchschnittliche Angehörige der jeweiligen Altersgruppe dem Staat/allen Bürgern im Jahr 2014 per saldo zahlt (insb. Steuern und Sozialbeiträge) bzw. was er kostet (u. a. staatliche Bildungsund Gesundheitsausgaben, Renten und Sozialleistungen sowie Inanspruchnahme öffentlicher Güter). Dies ist eine rein fiskalische Betrachtung, zudem lassen die Durchschnittswerte keine Rückschlüsse auf Einzelfälle zu. Quelle: Bahnsen/Manthei/Raffelhüschen (s. Fn. 4).

ist, daß die fiskalischen Lasten in erster Linie nicht aus den kurzfristigen Sonderkosten für Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge sowie für organisatorisch-administrative Belange resultieren, sondern aus den zu erwartenden langfristigen Folgewirkungen in den Sozialsystemen sowie im Steuersystem. Die unterstellte Zahl von 2,4 Millionen Flüchtlingen bis 2020 mag aus aktueller Sicht etwas zu hoch gegriffen sein7. Aber auch heruntergebrochen auf 1 Million zusätzliche Flüchtlinge ergibt sich eine beträchtliche dauerhafte fiskalische Belastung von jährlich rund 6,3 Milliarden Euro. 2. Szenario bei deutlich langsamerer Arbeitsmarktintegration Eine längere durchschnittliche Integrationsdauer als 6 Jahre, bis Zuwanderer das durchgezogene graue Nettozahlungsprofil in Abbildung 2 erreichen, erhöhte die fiskalischen Lasten deutlich. Zumindest für zuwandernde Flüchtlinge muß eine 7 Brücker/Croisier/Kosyakova/Körger/Pietrantuono/Rother/Schupp (Fn. 3), S. 1, zufolge leben Anfang 2019 rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland, deren Aufenthaltsstatus auf einen Fluchtgrund verweist, wobei die meisten dieser Menschen in den Jahren seit 2015 zugezogen seien.

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Integrationsdauer von 6 Jahren aber als eher optimistische Annahme gelten. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, daß es in Deutschland etwa 14 Jahre dauert, bis sich die Beschäftigungsquote von Flüchtlingen an die anderer Zuwanderer angleicht. Ein ähnlicher Befund trifft auch auf die Höhe der Arbeitseinkommen zu8. Unterstellt man, daß die Integration der 2,4 Millionen Flüchtlinge bis 2020 und späterer Zuwanderer in den Arbeitsmarkt im Durchschnitt nicht 6, sondern 12 Jahre dauert, kämen auf Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen in Deutschland – also auf Steuer- und Beitragszahler – Lasten von jährlich rund 22 Milliarden Euro zu. Bezogen auf 1 Million Flüchtlinge wären das knapp 9,2 Milliarden Euro. 3. Szenario bei scheiternder Integration der zweiten Generation Bei den bislang aufgeführten Zahlen wurde unterstellt, daß die Nachkommen der Zuwanderer Nettozahlungsprofile wie deutsche Inländer (gestrichelte schwarze Linie in Abbildung 2) aufweisen. Sollte hingegen eine „vollständige“ Integration der zweiten und nachfolgender Generationen in dem Sinn mißlingen, daß auch für die Nachkommen der Zuwanderer dauerhaft das durchgezogene graue und nicht das gestrichelte schwarze Nettozahlungsprofil relevant ist, entstünden – unter der Annahme, daß die Arbeitsmarktintegration der Neuankömmlinge im Durchschnitt innerhalb von 6 Jahren erfolgt – dadurch jährliche Lasten in Höhe von rund 30 Milliarden Euro bzw. 12,5 Milliarden Euro je 1 Million Flüchtlinge. IV. Schlußfolgerungen Ungesteuerte Zuwanderung führt nicht zu einer ökonomischen und fiskalischen Rendite. Die Vorstellung, daß die Flüchtlingsmigration nach Deutschland eine positive Dividende generiert, ist unrealistisch. Die Aufnahme von Flüchtlingen wird die öffentlichen Haushalte in Deutschland langfristig fordern. Deutschland ist ein wohlhabendes Land und in besonderer Weise humanitären Werten und verfassungsrechtlichen Grundprinzipien verpflichtet. Ökonomisch-fiskalische Erwägungen dürfen nicht die einzig maßgeblichen Entscheidungskriterien für die Aufnahme schutzbedürftiger Flüchtlinge sein. Daraus resultierende finanzielle Belastungen sollten allerdings nicht unter den Teppich gekehrt, sondern der Öffentlichkeit transparent kommuniziert werden. Je schneller und besser eine Integration der Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft gelingt, umso niedriger fallen die fiskalischen Folgekosten aus. Voraussetzung dafür sind vor allem Sprachkenntnisse und

8 Vgl. Brücker/Schewe/Sirries (Fn. 3). Datenbasis sind dabei die IAB-SOEP-Migrationsstichprobe sowie die Integrierten Erwerbsbiografien des IAB.

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ausreichende berufliche Qualifikationen9. Der Fokus muß primär auf den tatsächlichen Kenntnissen und Fähigkeiten der Flüchtlinge bzw. Migranten und weniger auf – ggf. ohnehin fehlenden – Zertifikaten oder Abschlüssen liegen. Bürokratische und regulative Hürden, die den Flüchtlingen mit Bleibeperspektive den Arbeitsmarktzugang erschweren oder die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes insgesamt beeinträchtigen (Mindestlohn, Vorrangprüfung etc.) sollten vermieden bzw. auf ein Minimum begrenzt werden. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, daß die Aufnahme und Registrierung von schutzsuchenden Flüchtlingen – bereits an der Landesgrenze – nach rechtsstaatlichen Prinzipien und ordentlichen Verwaltungsverfahren abläuft. Zudem müssen Asylverfahren unter Einhaltung aller notwendigen rechtsstaatlichen Standards zügig durchgeführt und entschieden werden: Sowohl Flüchtlinge als auch potentielle Arbeitgeber haben erst nach Abschluß eines Asylverfahrens Gewißheit, ob eine längerfristige Bleibe- und damit auch Beschäftigungsperspektive besteht10. Zur zügigen Abwicklung der Asylverfahren gehört auch, daß abgelehnte, nicht schutzberechtigte Asylbewerber konsequent abgeschoben werden und in ihre Heimatländer zurückkehren müssen. Damit wird einerseits die Erhaltung gesellschaftlicher Akzeptanz für Zuwanderung befördert und dem Eindruck von „Sozialkonkurrenz“ entgegengewirkt. Darüber hinaus ist die Durchsetzung von Ausreiseverpflichtungen auch deshalb wichtig, weil eine – grundsätzlich anzustrebende – schnelle Arbeitsmarktintegration sowie vor allem auch vergleichsweise großzügige soziale Sicherungssysteme in Deutschland sonst massive Sogeffekte auslösen können. Der hohe Zustrom von Flüchtlingen sollte nicht zu Lasten gesteuerter und primär an den Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichteter Zuwanderung gehen. Angesichts einer schnell alternden Bevölkerung braucht Deutschland qualifizierte, junge Zuwanderer, um den drohenden Fachkräftemangel abzumildern und die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen, insbesondere der sozialen Sicherungssysteme zu verbessern. Zwar verfügt Deutschland im Grundsatz bereits über ein im internationalen Vergleich modernes und zuwanderungsfreundliches Regelwerk für eine gesteuerte „Arbeitsmarktmigration“11. Gleichwohl könnte eine Zusammenführung 9 So auch die einhellige Meinung renommierter Experten auf einer Fachtagung der Stiftung Marktwirtschaft im Februar 2018, vgl. Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Flüchtlinge integrieren – Migration besser steuern: Chancen und Herausforderungen der Zuwanderung für Deutschland, Tagungsbericht zum Expertengespräch der Stiftung Marktwirtschaft am 23. Februar 2018 auf Gut Kaden, Berlin 2019. 10 Vgl. dazu Hanna Brenzel/Yuliya Kosyakova, Längere Asylverfahren verzögern Integration und Spracherwerb, IAB-Kurzbericht 6/2019, Nürnberg 2019, die anhand empirischer Untersuchungen u. a. zeigen, daß eine Verlängerung des Asylverfahrens um sechs Monate die Übergangsrate in die erste Erwerbstätigkeit um 11 % verlängert. Eine Anerkennung des Asylantrags beschleunige den Übergang in die erste Erwerbstätigkeit hingegen um knapp 30 %. 11 So auch der Tenor in: Stiftung Marktwirtschaft (Fn. 9).

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der bestehenden, teilweise unübersichtlichen und in ihrer Anwendung mit unnötiger Bürokratie einhergehenden Regelungen in einem klar strukturierten Einwanderungsgesetz dazu beitragen, die deutschen Zuwanderungsregelungen transparenter, übersichtlicher und nicht zuletzt im Ausland bekannter zu machen, und so die Position Deutschlands im internationalen „Wettbewerb um die besten Köpfe“ verbessern. Ungesteuerte muß die Ausnahme im Notfall bleiben, gesteuerte Zuwanderung sollte die Regel bzw. noch besser geregelt werden. Summary In recent years Germany was confronted with an unprecedented refugee crisis, when hundreds of thousands of asylum seeking people arrived at its borders. This has led to an intense and controversial discussion on the potential fiscal effects of largely uncontrolled migration to Germany. In principle, in an ageing society immigration can have significant positive economic effects. However, things are a lot less clear when immigrants are accepted solely on the causes of flight, rather than their labour market qualifications. This paper will argue that immigration which is unrelated to the economic needs of the receiving society entails large long-term fiscal costs and will worsen fiscal sustainability.

Migration und Demoskopie Oder: Wie Populismus erzeugt wird Von Wolfgang Bergsdorf Nicht wenige Zeitgenossen glauben, daß wir in chaotischen Zeiten leben. Nach der Implosion der kommunistischen Strukturen und der Überwindung der bipolaren Ordnung haben wir nicht das Ende der Geschichte erlebt, sondern das einer Welt, in der eine Ordnung nicht mehr erkennbar ist. Erkennbar hingegen sind Trends der internationalen Unordnung von Syrien bis zur Ostukraine, vom Jemen bis zu den gescheiterten Staaten Zentral- und Ostafrikas. Hinzu kommen psychologisch ebenso belastende erratische Momente des Terrorismus, die die Überlegenheit des westlichen Lebensmodells infrage stellen. Freiheit und Wohlstand sind in diesem Modell auf Stabilität und Vertrauen, Zusammenarbeit und Sicherheit angewiesen. Allein die überlange Zeit, die 2017/2018 Deutschland benötigte, um eine handlungsfähige Regierung zustande zu bringen, ist ein unüberhörbares Warnsignal, daß nunmehr die Zeiten der Vergangenheit angehören, in denen politische Stabilität selbstverständlich vom politischen System Deutschlands produziert wurde. Bisher waren es die beiden Volksparteien, die Garanten für politische Stabilität waren, unabhängig davon, ob sie in der Regierung oder in der Opposition oder miteinander koalierten. In der letzten Wahlperiode sind die Volksparteien zahlenmäßig auf das Niveau der ersten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages zurückgeworfen worden. Daß die großen Verlierer der letzten Bundestagswahl dennoch eine Regierung miteinander bilden müssen, ist einer persönlichen Entscheidung des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner zu verdanken. Er ließ nach wochenlangen Verhandlungen eine Regierungsalternative aus CDU/CSU, Grünen und FDP – die sogenannte Jamaika-Koalition – platzen. Er zwang die beiden geschrumpften Volksparteien in einem mittlerweile auf sechs Fraktionen angewachsenen Parlament zur erneuten Zusammenarbeit, wohl in der nicht ganz aussichtslosen Hoffnung, daß die Volksparteien in der Regierung den Prozeß der Schrumpfung fortsetzen. Seit der letzten Bundestagswahl hat auch Deutschland ein Vielparteienparlament mit beachtlichen populistischen Potenzialen auf der rechten und der linken Seite des Bundestages. Das ist eine Entwicklung, die anderswo schon seit Längerem zu beobachten ist. In Frankreich und Italien wurde das Parteiensystem gründlich umgepflügt, im Südosten und im Osten der Europäischen Union sind parteipolitische Konfigurationen am Werke, die – wie in Griechenland und Italien – rechts- und linksradikale Elemente miteinander verschmelzen, oder aber – wie in Ungarn,

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Polen, Rumänien oder der Slowakei – die Prinzipien der Gewaltenteilung neu interpretieren und dabei das Rechtsstaaatsprinzip infragestellen. Dann mußten die Europäer erleben, daß eines der wichtigsten EU-Mitglieder aus der Gemeinschaft ausscheren will, also den Brexit Großbritanniens und auch noch die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, der noch viel stärker als sein Vorgänger Barack Obama die Weltverantwortung seines Landes durch die Parole „America First“ ersetzt. Nach der Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens und den Ausstieg aus der Nuklearvereinbarung mit dem Iran durch die Vereinigten Staaten müssen die Europäer lernen, wie sie mit einer Administration in Washington umgehen, die Verträge und Vereinbarungen nur dann einhält, wenn sie dem USPräsidenten als nützlich erscheinen. Die Europäer werden so gezwungen, nicht länger auf die transatlantische Partnerschaft zu setzen. Aus der bipolaren Ordnung ist längst eine multipolare Welt geworden, mit vielen regionalen Kraftzentren, die nach Dominanz streben. Alle diese politischen Turbulenzen der letzten Jahre brechen sich im Prisma eines Themas, nämlich der Migration. Die Migranten aus Mexiko haben den USWahlkampf zu Trumps Gunsten ebenso mitentschieden wie die Migranten aus Osteuropa, dem Nahen Osten und aus Afrika sämtliche Wahlkämpfe in den Ländern der Europäischen Union mit beeinflußt haben. Man kann die Prognose wagen, daß der Zustrom der Migranten in der nächsten Zeit nicht nachlassen wird. Denn die Quellen der Motivation für Migration werden wohl kaum versiegen: Kriege und Bürgerkriege, politische, kulturelle und religiöse Verfolgung und auch der Wunsch, die eigenen Lebensbedingungen zu optimieren, befeuern die Migration. Die Flucht vor militärischer Gewalt und Vertreibung nach militärischer Gewalt sind zweifellos die wirkungsmächtigsten Antriebskräfte zur Migranten, gefolgt von politischer und religiöser Diskriminierung. Aus Migranten werden so Flüchtlinge, die Antrag auf Asyl stellen können. Schließlich bringt Armut, Klimawandel und demografischer Druck Menschen dazu, sich auf den Weg zu einem besseren Leben zu machen. Solange mithilfe eines Smartphones Menschen in Afrika und Asien Kenntnisse von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und sozialen Wohltaten hierzulande erlangen können, wird sich der Zustrom von Migranten nicht verringern. Die Weltflüchtlingshilfe schätzt, daß im Augenblick siebzig Millionen Menschen in Asien, Südamerika und Afrika auf der Flucht sind, um ihren objektiven oder subjektiven Elend zu entkommen. Wann immer irgendwo auf unserem Globus ein Konflikt mit Waffengewalt ausgetragen werden könnte, erzeugt er als erstes einen Flüchtlingsstrom. Das gleiche gilt für die systemische Diskriminierung von Minderheiten, die ins Ausland ausweichen, um der Verfolgung zu entkommen. Die größte Quelle der Migration ist jedoch die Armut. Mit ihr tun sich jedoch die Zielländer am schwersten, weil hier die Voraussetzungen für die Anerkennung der Schutzbedürftigkeit im Rahmen eines Asylverfahrens entfallen. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 soll nach einer Entscheidung der UN-Vollversammlung von 2016 ergänzt werden durch einen Global Compact on

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Refugees. Er wurde unter der Federführung des UN-Flüchtlingskommissars erarbeitet und wurde im Herbst 2018 verabschiedet. Dieser Globale Flüchtlingspakt soll den neuen Tatsachen Rechnung tragen, daß die Zahl der Flüchtlinge weiter steigt, daß die Fluchtursachen zunehmen, daß die fluchtauslösenden Konflikte länger dauern und damit auch die Dauer der Flucht. Es geht nicht mehr um befristete Notstände, sondern um fortdauernde Katastrophen, die die großen Migrationsbevölkerungen eine „neue Normalität“ werden lassen1. Obwohl dieser Flüchtlingspakt keine rechtliche Verbindlichkeit hat, haben einige Länder wie die Vereinigten Staaten, aber auch EU-Mitglieder wie Ungarn, Österreich und andere Länder ihn nicht unterzeichnet. Das große Thema Migration hat die deutsche Nachkriegspolitik schon immer stark beschäftigt. In den ersten Jahrzehnten mußten zwölf Millionen Vertriebene und Binnenflüchtlinge, vor allem aus den ehemaligen Ostgebieten und später auch aus der DDR, aufgenommen und integriert werden. Das gelang nicht ohne bis heute andauernde Nachwirkungen, obwohl es sich um Angehörige der gleichen Nation handelte. In den 1980er Jahren kamen dann noch mehr als zwei Million Rußlanddeutsche und Deutschstämmige aus Osteuropa hinzu. Das hat im Nachkriegsdeutschland dazu geführt, das Thema Migration auch sprachlich auszudifferenzieren. Im Gegensatz zum internationalen Sprachgebrauch, der sich auf die englische Bezeichnung refugees geeinigt hat, unterscheidet das Bundesvertriebenengesetz zwischen Flüchtlingen, Vertriebenen, Umsiedlern, Aussiedlern und Spätaussiedlern. Bei dieser Gesetzgebung von 1953 und ihrer Revision von 1971 ging es um die unterschiedlichen Motive zur Migration und um finanzielle Hilfen zur möglichst schnellen Integration in die Aufnahmegesellschaft. In den Hochzeiten des Wirtschaftswunders mit seinem unersättlichen Bedarf an Arbeitskräften lockte die jeweilige Bundesregierung Hunderttausende von Menschen aus Italien, Spanien und später aus der Türkei nach Deutschland. All dies geschah in der Annahme, daß die als Gastarbeiter bezeichneten Arbeitskräfte nach einiger Zeit in ihre Herkunftsländer zurückkehren würden. Viele taten dies auch, aber eine Mehrheit blieb und sorgte dafür, daß Deutschland heute eine Bevölkerung mit einem merklichen Migrationshintergrund besitzt. Dieser wurde weiter erhöht durch den Zustrom von Flüchtlingen seit den 1990er und den 2000er Jahren, die nach den Balkan-Kriegen, dem Scheitern des Arabischen Frühlings und dem Ausbruch von Bürgerkriegen ihr Heil in der Flucht nach Deutschland suchten. Vorher stellten z. B. im Jahr 1992 eine halbe Million Menschen aus Jugoslawien und Rumänien einen Asylantrag, die Anerkennungsquote lag bei 4 %. Deshalb wurde nach einem harten Ringen im Mai 1993 ein Asylkompromiß von Deutschen Bundestag beschlossen: Wer aus einem als sicher eingestuften Staat nach Deutschland einreist, kann hier nicht mehr Asyl beantragen. Auch wurde das Prinzip sicherer Herkunftsländer eingeführt, wenn dort generell 1

Süddeutsche Zeitung vom 5. April 2018.

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keine Verfolgung zu befürchten ist. Auch schon damals strebten zwei Drittel aller Migranten nach Deutschland. Heute unterscheidet sich Deutschland im Blick auf Migration nicht von seinen nördlichen, westlichen und südlichen Nachbarn, wohl aber vom Osten. Die frühere Demarkationslinie zwischen Ost und West, die mitten durch Deutschland und Europa verlieft, markiert noch heute eine Grenze zwischen zuzugswilligen und zuzugsunwilligen Ländern. Die Bevölkerungsanteile mit Migrationshintergrund sind in den ehemaligen Ländern des sowjetischen Imperiums außerordentlich gering. Das gilt auch für Ostdeutschland. Diese Abwehrhaltung gegenüber Immigration ist eines der wichtigsten Felder des Konfliktes innerhalb der Europäischen Union, aber auch in Deutschland. Und dann kam der Sommer 2015, in dem die Migrationszahlen in Deutschland von Monat zu Monat stiegen. Dies läßt sich an der Statistik der Asylanträge gut verfolgen2. Wurden im Mai 2015 26.000 Anträge gestellte, waren es im Juni mit 36.000 Anträgen schon 10.000 mehr. Juli und August folgten mit jeweils 37.000. Der September brachte 43.000 Anträge, der Oktober nochmals 12.000 mehr, nämlich 55.000. Die Spitze der Anträge wurden mit 58.000 im November erreicht. Der Dezember folgte mit 10.000 weniger, also 48.000. Hauptherkunftsländer waren drei muslimische Länder, nämlich Syrien, Afghanistan und der Irak. Man muß sich klarmachen, daß somit jeden Monat überwiegend muslimische Asylbewerber in der Größenordnung einer mittleren Stadt bei der Bundesbehörde für Migration anmeldeten. Insgesamt kamen 2015/16 1,5 Millionen Flüchtlinge nach Europa, von denen 1,2 Millionen Asyl beantragten. Daß dieser Zustrom von der öffentlichen Meinung aufmerksam beobachtet wurde, ist klar. Dafür sorgten vor allem zwei Faktoren. Der erste ist der, daß die Kanzlerin in dieser hochemotionalen Situation die Migranten willkommen hieß und den Deutschen versicherte, „daß wir das schon schaffen werden“3. In der Tat haben sich Tausende von Bürgern ehrenamtlich als Flüchtlingshelfer engagiert. Es wurde Tausende von Unterkünften bereitgestellt und Sprachunterricht erteilt. Dieses ehrenamtliche Engagement hat die professionellen Hilfen für Neuankömmlinge ergänzt. Allerdings setzt auch dieses Engagement voraus, daß die von der Kanzlerin intonierte Willkommenskultur von allen politischen Kräften mit Ausnahme der CSU im Parlament geteilt wurde. Alle Feuilletons, alle Kirchen, alle Verbände haben diese Flüchtlingspolitik mitgetragen. Damit entsteht Ende des Jahres 2015 der Eindruck, als ob die Politik mit breiter Unterstützung der Medien und die Zivilgesellschaft in einen „Taumel der Willkommenskultur“ gefallen sei4. 2

Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 11. Februar 2017. Zur angeblich einsamen Entscheidung der Bundeskanzlerin vgl. Robin Alexander, Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik, München 2017. 4 Michael Haller, Die „Flüchtlingskrise“ in den Medien. Tagesaktueller Journalismus zwischen Meinung und Information. Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung, Frankfurt/M. 2017 (zugänglich unter www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissen 3

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Hans Mathias Kepplinger5 hat die Nachrichtengebung von ARD, ZDF und RTL in diesem Zeitraum untersucht und fand heraus, daß dort die Vor- und Nachteile der Zuwanderung im Verhältnis von 3:1 präsentiert wurden. Noch deutlicher wurde die migrationsfreundliche Einstellung der Medienschaffenden in den Talk-Shows, die sich in der Hochzeit der Zuwanderung sehr oft mit dieser Thematik beschäftigt haben. Zuwanderung wurde dort als moralisches und ökonomisches Gebot fundiert. Vor allen der undifferenzierte Sprachgebrauch von Flüchtlingen und die präsentierten Bilder sollten den Zuschauer für Migration einnehmen. Wenn man die Meinungsforschung befragt6, zeigt sich ein vollständig anderes Bild. Man kann den Oktober 2015 als Scheitelzeitpunkt identifizieren, an dem in der Bevölkerung die Stimmung gegenüber der Migration umgekippt ist – also schon einige Zeit vor der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte, als zum ersten Mal das Unbehagen über die sexuelle Belästigung durch nordafrikanische Asylbewerber öffentlich thematisiert wurde. Die Zahl der repräsentativ Befragten, die in der Zuwanderung eher Vorteile sehen, sank im Oktober um zehn Punkte innerhalb eines Monats auf 35 Prozentpunkte. Dementsprechend stieg die Zahl der Befragten, die in der Zuwanderung eher Nachteile sehen, um elf Prozentpunkte auf 44 %. Auch bei dieser Frage ist zu erkennen, daß im Osten Deutschlands die Skepsis gegenüber Migration deutlich größer ist. Interessant ist die Beurteilung der Folgen der Zuwanderung durch die Parteianhänger. Eher Vorteile sehen die Grünen-Anhänger mit 58 zu 24 %, die FDP-Sympathisanten mit 53 zu 36 %. Auch die SPD-Anhänger sehen mit 42 zu 33 % mehr Vor- als Nachteile. Das gleiche gilt auch für die Wähler der LINKEN, bei denen die Vorteile und Nachteile mit 42 zu 41 % einander die Waage halten. Das Gleiche gilt für die Anhänger der Unionsparteien mit 40 zu 39 %. Sehr eindeutig hingegen ist das Ergebnis der AfD-Sympathisanten: Nur 1 % sehen Vorteile, dagegen stehen 93 % auf der Antwortvorgabe Nachteile. Vier Wochen später ist das Bild ähnlich. Bei den Grünen und der SPD steigt die Meinung noch ein wenig, daß die Zuwanderung Vorteile bringe. Nur bei der CDU/CSU gibt es nun eine deutliche Mehrheit mit 37 zu 42 %, die eher Nachteile als Vorteile sehen. Daß das Thema Migration Sprengkraft besitzt, zeigen auch andere Zahlen, wie zum Beispiel die Antwort auf die sogenannte Sonntagsfrage. Von Oktober auf November 2015 hat die CDU/CSU in vier Wochen drei Prozentpunkte verloren und die AfD ist um zwei Prozentpunkte auf 9 % angestiegen. In Ostdeutschland sackte die CDU noch stärker. Entsprechend stieg auch die AfD auf 12 %. Geradezu alarmierend muß auf die Kanzlerin die Analyse der Wählerwanderung gewirkt haben, die im Dezember 2015 veröffentlicht wurde und verdeutlicht, wohin schaftsportal/03_Publikationen/AH93_Fluechtingskrise_Haller_2017_07_20.pdf; Zugriff: 2. Ja nuar 2020). 5 Hans Mathias Kepplinger, Die Mediatisierung der Migrationspolitik und Angela Merkels Entscheidungspraxis, Wiesbaden 2018. 6 Zahlenangaben nach Infratest/dimap.

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die Wähler von der Bundestagswahl 2013 mittlerweile gewandert sind. Danach waren fast eine Million Wähler der Unionsparteien zur AfD übergewechselt, aber auch jeweils 250.000 der Linken und 250.000 der SPD-Wähler. Von den Grünen und der FDP waren seit 2013 jeweils 50.000 zur AfD abgewandert. Im November 2015 hat die Hälfte der Bevölkerung „Angst, daß zu viele Flüchtlinge zu uns kommen“. Je höher die formale Bildung und das Einkommen, desto geringer war die Angst. Je geringer Bildung und Einkommen, desto größer wird die Angst. Aussagekräftig sind die Antworten auf die einzelnen abgefragten Sorgen: Mit 87 % an erster Stelle steht die Sorge, das rechte Parteien durch die Zuwanderung Zulauf gewinnen, gefolgt von der Sorge einer weiteren Verschuldung der öffentlichen Haushalte (79 %). Sorge um zu hohe Kosten für Unterbringung und Versorgung haben 78 % der Bevölkerung. Ebenso groß ist die Sorge vor wachsendem Einfluß des Islam. Die Zunahme von Straftaten befürchten 76 %, um wachsende Terrorgefahr sorgen sich 75 %. Sorge um die Bedrohung des Wohlstandes haben 53 %, und die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt befürchten 49 %. Dieser Sorgenkatalog der Bevölkerung angesichts der Zuwanderung war alles andere als Chimäre. Die für Migranten zur Verfügung gestellten zusätzlichen Milliarden empfanden vor allem die geringer Verdienenden als Affront. Der Bund hat 2015 hierfür 43 Milliarden Euro aufgebracht. Bis Ende dieses Jahres werden weitere 80 Milliarden als Folgekosten für die insgesamt 1,5 Millionen Asylbewerber entstehen. Zum Vergleich: Für die weltweit 70 Millionen Menschen auf der Flucht stehen dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen gerade einmal 7 Milliarden Euro zur Verfügung. Insofern ist es nicht verwunderlich, daß immer wieder die Geldleistungen für Migranten kritisiert werden. Vor allen anderen werden sich die geringer Verdienenden auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche, aber auch in der Schule der Konkurrenz der Zuwanderer stellen müssen. Warum in der Schule die Migration oft scheitert, wird von vielen Experten mit unterschiedlichen kulturellen Standards in Verbindung gebracht. Vor allen moslemische Schüler sind autoritätsfixiert und orientieren sich an Rangordnungen7. Im Februar 2016 wurden die Bewertungen der verschiedenen Fluchtgründe abgefragt. Hier zeigt sich eine bemerkenswerte Stabilität der Akzeptanz, Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen, für die die Asylgesetzgebung geschaffen wurde. Im Verlauf des ganzen kritischen Jahres 2015, aber auch 2016 haben 94 % der Befragten diesen Fluchtgrund akzeptiert. Auch bei der Frage, ob man politisch und religiös Verfolgte aufnehmen sollen, gibt es eine bemerkenswerte Stabilität. Die Bereitschaft sank im Jahresverlauf 2015 von 82 nur auf 72 %. Dramatischer ist die Antwort auf die F rage, ob man Flüchtlinge aufnehmen solle, die in ihrer Heimat keine Arbeit und kein Auskommen finden. Hier war der Ausgangswert im Januar 2015 41 % der Befragten, die dies bejahten. Er sank bis im Februar 2016 auf 25 %.

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Vgl. Ingrid Freimuth, Lehrer über dem Limit, München 2018.

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Lassen Sie uns noch einen Moment lang bei dem Scheitelzeitpunkt der Migrationskrise, also dem Herbst 2015 verweilen, um ihn dieses Mal mit dem demoskopischen Material des Instituts für Demoskopie Allensbach auszuleuchten8. Daß die Bundesregierung die mit der Flüchtlingskrise entstandenen Probleme in den Griff bekommt, glaubten im November 2015 gerade einmal 12 %. 48 % hatten weniger Zutrauen zu der Bundesregierung, 33 % hatten kein Vertrauen in die Fähigkeit der Bundesregierung, mit den Problemen fertig zu werden. Konsequenterweise zeigte sich damals auch mit nur 22 % der Befragten mit der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin einverstanden, was angesichts der hohen Popularität von Angela Merkel ein bemerkenswert niedriger Wert war, der Alarmsignale hätte auslösen sollen. 53 % der Bevölkerung machten sich zum gleichen Zeitpunkt große Sorgen um die weitere Entwicklung der Fluchtsituation. Dieser Wert reduzierte sich kontinuierlich bis zum Frühjahr des Wahljahres 2017 auf 26 %. Das zeigte, daß die Nervosität der Bevölkerung vom Herbst 2015 einer zunehmenden Gelassenheit gewichen war. Dem entsprechen auch die Antworten auf die seit 1984 gestellte Frage, ob „in Deutschland heute zu viele Ausländer leben oder nicht zu viele“. Damals, 1984, urteilten 79 %: zu viele Ausländer. Dieser Wert sank kontinuierlich auf 49 % im Frühjahr 2017. Das war auch der Zeitraum, in dem sich der Eindruck der Deutschen, die Regierung habe die Kontrolle über die Flüchtlingssituation verloren, verringert hatte. Die deutlich sinkenden Zuwandererzahlen haben dann auch die Zustimmungswerte zur Politik der Kanzlerin wieder ansteigen lassen. Allerdings gab es in der allerletzten Umfrage vor dem Bundestagswahltermin 2017 einen Hinweis, daß sich der Anteil derjenigen, die große Sorgen um die Flüchtlingssituation hatten, innerhalb eines Monats von 32 auf 43 % angestiegen ist. Unabhängig von der Nachrichtenlage der Medien hat sich die gesellschaftliche Diskussion in der letzten Phase des Wahlkampfes auf das Thema Migration konzentriert. Dementsprechend fiel das Wahlergebnis aus: Die Unionsparteien und die Sozialdemokraten verloren kräftig, behielten jedoch zusammen gerade noch die Regierungsmehrheit, FDP, Linke und Grüne mußten sich abhängen lassen von der AfD, die 12,6 % der Stimmen erreichte. Seitdem ist viel Wasser die Spree heruntergeflossen und die Demoskopie hat ihre Wasserstandsmeldungen auf dem Feld der Migration entsprechend dem abnehmenden Zahlendruck normalisiert. Aber man darf nicht übersehen: Diese Problematik ist von so elementarer Bedeutung, daß die kollektive Gemütsverfassung nicht von der Demoskopie, also von den Stimmungen des Tages abgebildet werden kann. Die disruptive Heftigkeit, die diesem Thema innewohnt, kann jederzeit evoziert und stets für unliebsame Überraschungen sorgen. Ein weiterer Kontrollverlust wie 2015 könnte die Fundamente der deutschen Demokratie ins Wanken bringen, zu denen die Sicherheitsgarantie gehört. Es ist diese dramatische Veränderung der kollektiven Gemütsverfassung seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015, die einer 8

Zahlenangaben nach Institut für Demoskopie Allensbach.

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neuen, fremdenfeindlichen Partei namens Alternative für Deutschland ihre Entfaltungsmöglichkeiten bot. Sie startete vor zwölf Jahren, als die Bundesregierung unter dem Beifall aller damals im Bundestag vertretenen Parteien, der Wirtschaftsverbände und der Medien die sogenannte „Rettungspolitik“ betrieb, also dem eigentlich bankrotten Griechenland immer wieder Milliarden Kredite einräumte. Die Partei begann als Gruppierung von wirtschaftlich Interessierten und Ökonomieprofessoren. Als die Mobilisierungskraft dieses Themas verblasste, bot sich der Zustrom der Migranten als neues, noch sehr viel breitenwirksameres Mobilisierungsthema an. Die Partei tauschte ihre Führung komplett aus und feierte mit dem Thema Migration bei den Wahlen einen Erfolg nach dem anderen. Im September 2017 ist also die AfD mit 94 Abgeordneten in das Berliner Reichstagsgebäude eingezogen9. Wie in vielen anderen Parlamenten der EU-Staaten repräsentiert diese neue Partei jene politischen Kräfte, die die Nation wieder stärker in Stellung bringen wollen, die von internationaler Zusammenarbeit wenig halten und von der Europäischen Union schon einmal gar nichts. Sie sind fremdenfeindlich und lehnen die Armutsmigration vollständig ab. Allerdings reicht die bloße Präsenz rechtspopulistischer Gruppierungen in Parlamenten aus, um die Regierungen zum Überdenken ihrer jeweiligen Flüchtlingspolitik zu zwingen. Das gilt auch für Deutschland. Ebenso wie in Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Finnland ist die neue Flüchtlingspolitik restriktiver geworden: Die Bereitschaft wurde größer, den Mißbrauch der Asylgesetzgebung stärker zu ahnden, den Prozeß der Asylgewährung zu beschleunigen und bei erfolglosen Asylverfahren die Abschiebung durchzusetzen und endlich ein Einwanderungsgesetz ins Auge zu fassen. Natürlich geschieht das alles mit Blick auf die nächste Bundestagswahl mit der Absicht, den Rechtspopulisten Verluste beizubringen und die dorthin übergelaufenen Wähler zurückzugewinnen. Ob diese Strategie erfolgreich sein wird, ist ungewiß. Nun sind einige Bemerkungen zum Begriff des Populismus notwendig, dessen Frequenz in den letzten Jahren deutlich gesteigert wurde. Alle reden über Populismus und meinen damit ein negativ konnotiertes Unterfangen, dessen Vereinbarkeit mit der demokratischen Tradition, wie wir sie seit 70 Jahren erleben, kollidiert. Die politische Wissenschaft hat sich dieses Themas seit 25 Jahren intensiver angenommen. Anders als im politischen Sprachgebrauch, in dem Populismus ein Kampfbegriff ist, um eine konkurrierende oder gegnerische Politik zu diskreditieren, betont die politische Wissenschaft die Ambivalenz des Begriffes. Populisten sehen sich als Repräsentanten des „wahren, einfachen Volkes“, als Anwälte derer, die nicht gehört werden, deren Bedürfnisse von den Regierenden systematisch ignoriert werden. Populisten verleihen dem Volk ihre Stimme gegen die Mächtigen, 9 Die direkt gewählte Abgeordnete Petry schloß sich von Anfang nicht der AfD-Fraktion im Bundestag an; zwei weitere Abgeordnete verließen sie später wieder. Demnach umfaßt die Fraktion aktuell 91 Abgeordnete.

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gegen die Regierenden, gegen die Elite. Populisten haben ein klares Feindbild. Sie malen alles in Schwarz-Weiß und negieren die Komplexität des politischen Prozesses. Ihre Lösungsvorschläge für jedwedes politische Problem sind einfach. Wird ein Problem nicht gelöst, ist dies dem Unwillen oder der Böswilligkeit der politischen Kaste anzulasten. Populismus erscheint so als antipluralistisch. Es gibt aber auch eine andere Lesart des Populismus. Erfolgreiche populistische Bewegungen sind immer auch ein unüberhörbarer Hinweis an die Regierenden, bestimmte Teile der Bevölkerung und ihre Themen vernachlässigt zu haben. Aus dieser Sicht kann Populismus als nicht besonders sympathischer, aber als dennoch notwendiger Anstoß zur demokratischen Selbstkorrektur begriffen werden. So erscheint Populismus nicht als eine spezifische Organisationsform, nicht als in einem bestimmten Milieu wurzelnde Bewegung, sondern als Gestus des Aufbegehrens im Namen des Volkes gegen „die da oben“. Wer einen Begriff wie Populismus benutzt, setzt damit unausgesprochen eine bestimmte Vorstellung von Demokratie voraus. Sie kann entweder eindimensional sein, indem Demokratie schlicht als Volksherrschaft verstanden wird. Sie kann aber auch mehrdimensional sein. Mehrere „normative Prämissen stehen nicht im Verhältnis prästabilisierter Harmonie zueinander. Komplexe Demokratiekonzepte, so kann man es auch formulieren, institutionalisieren Differenz“10. Der Idee der Volksherrschaft wird die Idee ihrer Einhegung, ihrer Verrechtlichung gegenübergestellt. Der Volksherrschaft werden die thematischen und zeitlichen Grenzen ihrer Gewalt inkorporiert. Der Populismus hingegen kennt nur das eindimensionale Demokratiekonzept. Deshalb läßt sich Populismus auch deuten als Protest gegen die komplexe politische Realität. Man kann das als pathologisches Element im demokratischen System verstehen, es läßt sich nicht herausschneiden. Wer sich den Grundprinzipien unserer Verfassung verpflichtet weiß und durch sie seine ethischen Impulse bezieht, darf sich nicht mit der Ausgrenzung und Diffamierung des Populismus begnügen, sondern muß seine Quellen austrocknen. Er muß auch selbstkritische einräumen, daß es auch einen alltäglichen Populismus gibt, an dem sich die etablierten Parteien beteiligen. Dieser alltägliche Populismus manifestiert sich vor allem im Beschweigen zentraler politischer Fragen, wie der demografischen Herausforderung, der Explosion der Staatsschulden, die Vergemeinschaftung der europäischen Schulden und der Bewältigung der Migrationsströme. Beschweigen und Ignorieren von drängenden Themen bereiten so den Nährboden populistischer Bewegungen, wenn die etablierten Parteien diese Alarmglocken überhören. In diesen Monaten erleben wir alle die Schwierigkeiten mit dem Großthema Globalisierung. Deren wirtschaftliche Dimension hat eine jahrhundertealte Tradition. Ihre gesellschaftliche Dimension ist relativ neu. Der Wegfall politischer 10 Peter Graf Kielmansegg, Populismus ohne Grenzen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 13. Februar 2017.

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Grenzen wird nicht von allen Menschen als Chance zur Mobilität betrachtet oder genutzt, sondern sie wird auch als Zerstörung von Sicherheit und Vertrautheit wahrgenommen. Die mit der Entgrenzung verbundenen Vorgänge entziehen sich zumeist dem ethischen Beurteilungsmechanismus zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik Max Webers wie auch den damit zugleich aufgerufenen Nahund Fernwirkungen. Es fällt auf, daß in der öffentlichen Diskussion offene Grenzen ebenso als ethisches Erfordernis wahrgenommen werden wir als ethisches Verbot. Unterschiedliche und gegensätzliche Betrachtungsweisen sind in einer Demokratie ein Beweis für die Offenheit des Kommunikationsprozesses. Wenn eine Position von der Mehrheitsmeinung vollständig ins Abseits gedrängt wird, so widerspricht dies einer anthropologischen Konstante. Ihr zufolge fühlt sich der Mensch nur in sicheren Grenzen wohl, weil er mit der Wirklichkeit vertraut ist. Der deutsch-irische Schriftsteller Hugo Hamilton hat die Ambivalenz von Globalisierung und lokaler Verankerung auf die schöne Formel gebracht: „Global betrübt, lokal vergnügt“. Es ist üblich geworden, von Rechtspopulismus zu sprechen. Damit werden zutreffender Weise politische Phänomene wie die Wahren Finnen, der Vlaams Belaang, die Freiheitspartei von Geert Wilders, die FPÖ von Heinz-Christian Strache, der Front National von Marine Le Pen und vielen anderen Parteien in Europa, aber eben auch die AfD gekennzeichnet. Alle diese Parteien beherrschen die Prinzipien der Schwarz-Weiß-Malerei, mißtrauen den etablierten Parteien, auch wenn sie nichts sehnlicher wünschen als selbst etabliert zu sein. Sie lieben einfache Lösungen politischer Probleme und hassen die Komplexität der Politik. Sie halten wenig von transnationaler Kooperation und setzen vor allem auf die schöpferische Kraft der Nation. Nimmt man diese Elemente der Populismusdefinition ernst, dann muß auffallen, daß Populismus nicht nur auf der rechten Seite des politischen Spektrums beheimatet ist, sondern auch auf der anderen, der linken Seite. Auch hier gibt es Parteien wie die griechische Syriza und die spanische Podemos, die die Realität in schwärzesten Farben malen, dagegen ihre Versprechungen in den hellsten Farbtönen leuchten lassen. Auch sie wollen erst zu nationalen Kraftressourcen zurückkehren und beantworten alle Fragen nach der Finanzierung ihrer wohlfahrtsstaatlichen Phantasieprojekte im Regelfall mit einer Reichensteuer, die alle Illusionen hinter sich läßt, aber ein weit verbreitetes Gefühl des Neides nährt. Die ehrlichste Antwort ist hier noch Schweigen. Wenn der Linken in Deutschland Populismus zugeschrieben wird, so ist das keine Diffamierung, sondern Ergebnis eines methodischen Vergleichs zwischen den Strategien linker und rechter Populisten. Natürlich gibt es zwischen linken und rechten Populisten auch inhaltliche Unterschiede. Sie führen auch zu unterschiedlichen Akzeptanzwerten. Aber für eine Analyse des Phänomens ist es wichtig, die Gemeinsamkeiten in Augenschein zu nehmen, denn auch beim linksgerichteten Populismus findet sich die aggressive Aversion gegen etablierte Parteien, gegen Leistungseliten und gegen andersmeinenden Sachverstand. Vor allem in einer scharfen Gegnerschaft zum Freihandel vereinigen sich Populisten von rechts und links. In der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung des TV-

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Komikers Beppe Grillo kann man eine Mesalliance von Rechts- und Linkspopulismus erkennen. Seine Parole: „Alle Politiker werden nach Hause geschickt, Italien tritt aus dem Euro aus und alles wird gut“. Es wäre für den politischen Diskurs gut, wenn die Einseitigkeit der Populismusbetrachtung überwunden würde. Man kann dann auch besser dem alltäglichen Populismus der etablierten Parteien zu Leibe rücken. Wenn auch Die Linke als klassischer Prototyp einer populistischen Partei behandelt würde und ihre utopischen Phantasmagorien nicht mehr unter alltäglichen Populismus abgeheftet werden könnten. In einem interessanten Aufsatz hat kürzlich Philip Manow herausgearbeitet, daß im Norden Europas Populisten tendenziell rechts orientiert sind, während sie im Süden eher links denken. Er analysiert dies als Folge der unterschiedlichen Verletzbarkeit der jeweiligen politischen Ökonomien durch die Globalisierung. Offensichtlich gebe es eine Korrelation zwischen Exportwirtschaft und Populismus. Je stärker der Export, desto eher entsteht rechter Populismus, je schwächer der Außenhandel, desto linker der Populismus. Je umfassender der Sozialstaat ausgebaut ist, desto eher bekommt der Populismus eine rechte Tendenz, je schwächer er ist, desto stärker gerät der linke Populismus ins linke Fahrwasser11. Ein weiteres Einfallstor der Irrationalität in die Politik ist das weite Feld der Kommunikation. Wie in einem Brennglas hat sich die gegenwärtige Krise der Kommunikation in „postfaktisch“ als dem Unwort des Jahres 2016 gespiegelt. Seit 1991 wird das „Unwort des Jahres“ gekürt, um Markierungen im permanenten Strom des Sprachwandels zu setzen. „Postfaktisch“ heißt, daß es jenseits der Fakten noch Behauptungen gibt, die die Beurteilung politischer Sachverhalte prägen. Natürlich gab es auch schon früher haltlose Behauptungen, Täuschungen und offene Lügen in der politischen Kommunikation. Aber die Strukturen und Methoden der deliberativen Demokratie haben immer wieder dafür gesorgt, daß die Maßstäbe der politischen Urteilskraft nicht dauerhaft verrückt wurden. In der Kampagne, die zum Brexit führte, konnte man erstmals staunend beobachten, wie öffentliche Falschaussagen, zum Beispiel über den wöchentlichen Millionenzahlungen an die Europäische Union, nicht korrigiert werden konnten. Sie sollten nach dem Brexit in den nationalen Gesundheitsdienst fließen. Am Tag nach der Volksabstimmung nahm der Londoner Ex-Bürgermeister Johnson diese Behauptung zurück und wurde dann mit dem Amt des Außenministers belohnt. Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf bescherte dem Beobachter dann weitere Beispiele für die neue Rolle, die Donald Trump der Lüge beimaß. Es begann mit der Behauptung im Wahlkampf, daß Präsident Obama illegal ins Amt gelangt sei, weil er nicht in den USA geboren worden sei. Seine Kommunikation als Präsident begann Trump mit der Behauptung, seine Amtseinführung habe mehr Menschen angelockt als die seines Vorgängers Obama. Jedermann konnte sich anhand der damaligen Fernsehbilder davon überzeugen, daß diese 11 Philip Manow, Links und rechts. Zwei Spielarten des Populismus, in: FAZ vom 29. Januar 2018.

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Behauptung falsch war. Als Trumps Pressesprecherin bei einer Falschaussage erwischt wurde, erfand sie die schöne Formel von „alternativen Fakten“. Mittlerweile hat sich die internationale Öffentlichkeit an die Tweets des amerikanischen Präsidenten mit ihren krassen Schwarz-Weiß-Zeichnungen gewöhnt und ist überrascht, wenn er einmal auf das permanente Selbstlob verzichtet. Die freiheitliche Demokratie hat mehr Feinde als Freunde. Ihre Feinde fürchten vor allem die Freiheits- und Rechtsstaatsprinzipien, die ihre Machtstrukturen gefährden könnten. Die Demokratien werden nicht nur von dem islamistischen Terror und seinen „analogen“ Attentätern bedroht, sondern auch von den digitalen Möglichkeiten der Desinformation, Manipulation und Subversion. Der Brexit und die Präsidentschaftswahl in den USA haben eindringlich gezeigt, wie Manipulation und Lügen Wahlergebnisse beeinflussen können. Putin im Kreml, Trump im Weißen Haus und Erdogan in seinem Palast in Ankara werden die Europäische Union in die Zange nehmen. Alle drei sind am Erfolg dieses Kooperationsmodells nicht interessiert. Deshalb ist es enorm wichtig, daß Wahlen gegen jeden Manipulationsversuch von außen abgesichert werden, damit die Legitimität der demokratischen Entscheidungsfindung nicht erodiert. Bundespräsident Joachim Gauck hat nicht zufällig seine Sorge um die liberale Demokratie in das Zentrum der letzten großen Rede seiner Amtszeit gerückt. Wir müssen davon ausgehen, daß in den kommenden Jahren Desinformationen, halbierte Wahrheiten und erfundene Behauptungen (Fake News) die öffentliche Debatte beeinflussen12. Die Migrantenflut hat Deutschland auf der Liste für solche Desinformations-Kampagnen empfänglichen Ländern von einem ursprünglich mittleren Platz ganz nach vorne geschoben. Gezielte Falschinformationen, denen nicht entgegengetreten wird, zerstören das Vertrauen in die Institutionen der Demokratie. Gefühlte Unsicherheit in unüberschaubaren politischen Situationen und perzipierte Bedrohung von außen verstärken die Flucht in das Verschwörungsdenken. Wer sich verunsichert fühlt, sucht Bestätigung der eigenen Ansicht und vermeidet jede Information, die die eigene Meinung in Frage gestellt. Verschwörungstheoretiker kapseln sich in eigenen Kommunikationsraum ein, um sich nicht durch gegenläufige Signale verunsichern zu lassen. Die liberale Demokratie, so wie wir sie in den letzten sieben Jahrzehnten kennen- und schätzen gelernt haben, wird in Europa einem Härtetest unterzogen werden. Um diesen Test zu bestehen, müssen wir unser Verständnis von und für die Medien steigern, also eine substanzielle Medienkompetenz erwerben. Dazu gehört erstens die Fähigkeit, Medien als Instrumente der individuellen und sozialen Kommunikation wahrzunehmen und zu nutzen. Medien dienen dem gegenseitigen Austausch und sind dialogischer Natur. Kein Medium transportiert Sinn an sich, sondern stiftet Sinn im Prozeß der Kommunikation und erhält seinen Sinn aus diesem Prozeß zurück. Zweitens benötigen wir die Fähigkeit, Medien als Schnittstellen zu begreifen. Medien schaffen Zugänge zu Vergangenem und Gegenwärti12

Thomas Grundmann, Die Wahrheit über Fake News, in: FAZ vom 21. Juni 2017.

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gem, zu realen wie virtuellen Welten. Sie vermitteln zwischen Nahwelt und globalem Bereich und stellen die Verbindungen zwischen ihnen her. Medien bauen Brücken von der Wirklichkeit zum eigenen Ich und vom eigenen Ich zu anderen Personen. Deshalb haben sie eine Schlüsselfunktion im Aufbau einer toleranten und humanen Gesellschaft, in der man sich darüber verständigt, in welcher Realität der Mensch zu sich selbst kommt. Drittens ist die Fähigkeit notwendig, zu erkennen, daß Medien Ausdrucksphänomene sind und jedes Medium als Versuch einer Wirklichkeitserschließung und Wirklichkeitsdeutung verstanden und in seinem Verhältnis zu individuellen Lebensgestaltungen und kollektiven Deutungsmustern bestimmt werden kann. Medien- und Kommunikationskompetenz besitzt derjenige, der Medien in ihren ästhetischen, inhaltlichen und ethischen Dimensionen beurteilen kann. Das ist natürlich ein anspruchsvolles Programm. Seine Implementierung wird nur selten vollständig gelingen, aber angestrebt werden sollte es schon, damit wir uns gegen die alltäglichen Angriffe auf unser Erkenntnisvermögen wehren können. Summary In this essay the attempt was made to point out that the democratic system would be in trouble, if a topic relevant to the population was marginalized in public communication. Next the framework conditions will be explained, which give the subject “migration” an additional brisance. Then, before the focus will be placed on the communication of this subject, the definition of the migration problematic, as well as the historic dimension will be discussed. When the number of migrants decreased, the public criticism of the migration policy also experienced a loss of asperity. But, simultaneously, the pressure of the problem remained static. As a result, the right-wing populist AfD achieved a two-fold result at the Federal election. Subsequent to this, more general reflections are made on the genesis of populism, which is not limited to the right or left of the political spectrum. Finally, it will be examined how liberal democracy can successfully take measures against the challenges of populism.

Autorenverzeichnis Amstutz, Mark R., Ph.D., Professor of Political Science, Emeritus, Wheaton College (IL), USA. Professor Amstutz has written numerous articles and books on international relations, specializing on the ethical dimensions of global politics. His recent books include: Evangelicals and Foreign Policy, International Ethics: Concepts, Theories, and Cases in Global Politics (5th ed.), and Just Immigration: American Policy in Christian Perspective. Aretz, Jürgen, Dr. phil., M.A., Historiker, Staatssekretär a.D., zuletzt Generalbevollmächtigter der Thüringer Aufbaubank in Brüssel. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, im Besonderen die Zeit des Nationalsozialismus und der Nachkriegsgeschichte. Arthur, Andrew R., J.D., Resident Fellow in Law and Policy for the Center for Immigration Studies, a Washington, DC-based research institute that examines the impact of immigration on American society. Previous positions include: 1999: Assistant General Counsel and Acting Chief of the INS National Security Law Division, where he supervised attorneys handling cases involving espionage, terrorism, and persecutors; 2001 – 2005: Counsel on the U. S. House Judiciary Committee, where he performed oversight of immigration issues; 2009-Immigration Judge at the York Immigration Court in Pennsylvania. After 8 years on the Court, Arthur served as Staff Director of the National Security Subcommittee at House Oversight and Government Reform, from which he retired in 2016. Bergsdorf, Wolfgang, Professor für Politische Wissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Ministerialdirektor a.D., Präsident der Universität Erfurt a.D., Präsident der Görres Gesellschaft a.D. Interessen- und Publikationsschwerpunkte: Politische Kommunikation, Politische Kultur, Kulturpolitik, Massenmedien, Meinungsforschung und Parlamentarische Demokratie. Casey, Michael, Dr., Director of the PM Glynn Institute, the public policy institute of Australian Catholic University, Sydney, Australia, main research areas: religion, politics and culture. Dougherty, Richard, Ph.D., Department Chairman and Graduate Director of the Politics program, University of Dallas, USA. Dr. Dougherty’s research interests are largely in the field of medieval political philosophy, Catholic political thought, and the American presidency. Dowd, Robert A., Associate Professor of Political Science, Director of the Ford Program in Human Development Studies and Solidarity, University of Notre Dame, Indiana (USA). Eilfort, Michael, Dr. rer. pol., Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, Honorarprofessor am Institut für Politikwissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Politische Systeme Deutschland / USA / Frankreich, Wahlforschung, Demokratie / Nachhaltigkeit. Frank, William A., Ph.D., Professor of Philosophy, University of Dallas, USA. Among Professor Frank’s special interests and competencies he counts the history of medieval philosophy,

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Autorenverzeichnis

Duns Scotus, the philosophy of education, and contemporary Catholic philosophy and social teaching. Häberle, Lothar, Dr. rer. pol., Lindenthal-Institut, Köln (Mitglied des Leitungsteams). Wissenschaftliche Schwerpunkte: Religionsfreiheit, Meinungs- und Medienfreiheiten, Toleranz, Religionsverfassungsrecht, Staats- und Verfassungsrecht, Migration, spezielle Fragen der politischen Philosophie. Hillgruber, Christian, Professor Dr. iur., Direktor des Instituts für Kirchenrecht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Deutsches Verfassungsrecht, Völkerrecht, institutionelles Europarecht, Rechts- und Staatsphilosophie sowie deutsches Staatskirchenrecht. Hittinger, John, Dr., Professor of Philosophy at University of St. Thomas at Houston, holds the Rudman Chair in Philosophy. He has published four books. Hittinger founded the Pope John Paul II Forum for the Church in the Modern World in 2009. He has published articles and presented papers on a variety of topics including John Locke, Jacques Maritain, military ethics, liberal education, political philosophy and the thought of John Paul II. Luft, Stefan, Dr. phil., Privatdozent am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bremen. Seine Schwerpunkte sind Regierungslehre und Politikfeldanalyse. Seine Interessen gelten dabei in erster Linie der Migrations- und der Integrationspolitik. Mückl, Stefan, Professor Dr. iur. Dr. iur. can., Professor für Kirchenrecht, insbesondere Verkündigungs- und Staatskirchenrecht, Fakultät für Kanonisches Recht, Päpstliche Universität Santa Croce, Rom. O’Brien, Matthew J., J.D., M.A., Director of Research, Federation for American Immigration Reform. Mr. O’Brien is an expert on U.S. immigration law and policy. Over the past two decades, he has held a variety of positions focusing on immigration issues, both in government and in the private sector. Pinchuk, Nicholas T., Chairman and Chief Executive Officer of Snap-on Incorporated. Mr. Pinchuk has spent decades in leadership positions for a number of multinational corporations, and lived in Asia for more than 11 years. Among his special interests is the comparative study of national cultures and philosophies. Schmid, Susanne, Dr. phil., Referatsleiterin für gesellschaftliche Entwicklung, Migration und Integration an der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung in München. Leiterin des Arbeitskreises Migration, Integration und Weltbevölkerung der Deutschen Gesellschaft für Demografie (DGD). Wissenschaftliche Schwerpunkte: Migration, Integration, Demographie. Sedmak, Clemens, Professor of Social Ethics in the Keough School of Global Affairs. He also is a concurrent professor at Notre Dame Center for Social Concerns. He recently published The Capacity to be Displaced: Resilience, Mission, and Inner Strength (Brill, 2017). Spieker, Manfred, Professor em., Dr. phil., Universität Osnabrück, Lehrstuhl für Christliche Sozialwissenschaften. Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichte in Freiburg, Berlin und München. Promotion bei Prof. Dr. Hans Maier an der Universität München 1973. Habilitation für das Fach Politische Wissenschaft an der Universität Köln 1982. Consultor des Päpstlichen Rates Justitia et Pax von 2012 bis 2017.

Autorenverzeichnis

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Thomas, Johannes, Professor em., Dr., Universität Paderborn. Wissenschaftlicher Schwerpunkt: Islamisches Spanien.

Personenverzeichnis Abdel-Samad, Hamed 83 Abizadeh, Arash 178 Acarturk, Ceren 285 Adida, Claire 260 f., 276 Ahmed, Manzooruddin 202 Akyol, Mustafa 276 Albahari, Maurizio 285 Aleinikoff, T. Alexander 245 Alexander, Robin 38, 175, 332 al-Jalalain 61 Allen, William B. 167 Allievi, Stefano 260, 276 f. Al Maqdisi, E. 201 f. al Ridi, Essam 98 al-Tabari 61 Altenbockum, Jasper von 39 Altenbuchner, Amelie 215 al-Wahidi 61 Amri, Anis 54 Amstutz, Mark R. 11 ff., 244, 298 Ankerberg, John 194 Aretz, Jürgen 69 ff. Aristoteles 29 f., 47, 164 Armstrong, Carolyn 131 Armstrong, Karen 201 Arthur, Andrew R. 97 ff. Aslund, Olof 287 Aubert, Roger 27 Augustinus 47, 93, 198 Averroes 198 Bäärnhielm, Sofie 285 Babo, Markus 238 Baccagni, Paolo 288 Bade, Klaus 204 Baggio, Fabio 47 Bahnsen, Lewe Christoph 322, 324 Baker, John 104 Baker, T. Lindsay 245 Bansak, Kirk 260 f., 276 Barry, Brian 16

Barton, Edmund 115 Beaman, Jean 259 Becker, Florian 177 Beglinger, Martin 75 Bender, Justus 90 Benedikt XV. (Papst) 165 Benedikt XVI. (Papst)/Joseph Ratzinger 32, 34, 40, 51, 164 f., 227 f., 249 Benhabib, Seyla 179 Bennett, Matthew 276 Benoit, Bertrand 193 Berenson, Tessa 100 Bergsdorf, Wolfgang 329 ff. Berlit, Uwe-Dietmar 237 Berman, Harold 198 Bertrand, Marianne 287 Beyer, Gerald J. 163 Binagwaho, Agnes 284 bin Laden, Osama 98 Birrell, Bob 125 Blainey, Geoffrey 118 f., 121, 123 Blake, Michael 181 Blume, Michael 166 Bodensteiner, Paula 215 Boeri, Tito 287 Bollmann, Ralph 87 Bolz, Eugen 56 Boorstein, Michelle 161 Booth, William 55 Borchers, Kevin 91 Bormann, Franz-Josef 41 Bosley, Catherine 193 Bosma, Ulbe 194 Botelho, Greg 99 Boudjedras, Rachid 283 Bozeman, Adda B. 198 f. Brandl, Uwe 53 Brandt, Willy 78 Brenzel, Hanna 326 Bridgeland, John 282 Brimelow, Peter 206

348

Personenverzeichnis

Brock, Gilian 181 Broder, Hendryk 90 Brown, Carol 194 Brown, Garrett W. 284 Brubaker, Rogers 276 f. Bruce, Mary 282 Brücker, Herbert 321, 324 f. Bubrowski, Helene 87 f., 90 Buchanan, Tom A. 287 Buchstab, Günter 70 Burnham, James 204 Burroughs, Dillon 194 Bush, George 142 Buttiglione, Rocco 32 Button, James 122 Calwell, Arthur 122 f. Camarota, Steven A. 98, 195 Carens, Joseph H. 18 f., 178 f., 244 f., 248, 255 Carlsson, Magnus 287 Cassee, Andreas 178 Chifley, Ben 122 f. Chiswick, Barry R. 288 Clapper, James 101 Clark Moschella, Mary 283 Clarke, Meghan J. 172 Clinton, Bill 112 Clinton, Hillary 91 Codó, Eva 286 Cohen, Joshua 14, 17 Collier, Paul 17, 47, 62, 91 Comey, James 101, 106 Comte, Auguste 30 Connor, Phillip 194 Cooper, Anderson 100 Cottrell, Alvin 203 Craig, Gary 287 Crockett, Linda 283 Croisier, Johannes 321, 324 Crow, Graham 27, 33 Crul, Maurice 288 Currle, Edda 215 Czerny, P. Michael SJ 47 f. Dancygier, R.M. 259 Dassetto, Felice 205 Dausner, René 238

Deakin, Alfred 116, 118 Degenhart, Christoph 177 De Haas, Hein 289 Delander, Lennart 282 Demoures, François Xavier 263 Depenheuer, Otto 37, 41, 44 f., 49, 93, 147, 149, 175, 177, 187 f. Derky, Lukman 54 Dietrich, Frank 178, 181 Di Fabio, Udo 45, 176 Dixon, Tim 263, 268, 273 Dörr, Oliver 185 Donnelly, Jack 13 Dougherty, James E. 203 Dougherty, Richard J. 161 ff. Dupuy, André 246 ff. Durán, Khalid 194 Durkheim, Émil 27, 30 Dwight, Thomas 167 East, John P. 198 Ederer, Rupert J. 27, 163 Edison, Thomas 300 Edwards, James R. 204 Eickelman, Dale 202 Elberling, Björn 185 f. Elder Jr., Glen H. 282 Ellis, Ralph 99 f. Elshtain, Jean 245 Engelland, Chad 31, 35 Erdogan, Recep Tayyip 80 ff., 94, 340 Erickson, Lance D. 282 Erler, Edward J. 206 Erpenbeck, Jenny 293 Esposito, John L. 201 Eyster, James Parry 246 Falchi, Giulia 288 Fantz, Ashley 100 Farmer, Paul 283 Farook, Syed Rizwan 99 Favell, Adrian 312 Fernández-Morera, Darío 200 Filzwieser, Christian 130 Fine, Sarah 178 Finkielkraut, Alain 90 Fokkema, Tineke 289 Fourier, Charles 30

Personenverzeichnis Frank, Therese 35 Frank, William 25 ff. Frankfurt, Harry 291, 293 Franziskus (Papst) 39 f., 42, 47, 51 f., 229 Freimut, Ingrid 334 Friedrich Wilhelm (Kurfürst) 72 Friedrich Wilhelm III. (König) 73 Fritzemeyer, Wolfgang 232 Gabriel, Brigitte 200 Gabriel, Mark A. 200 Gabriel, Siegmar 86 Gärditz, Klaus Ferdinand 41, 177, 180, 184 Gandhi, Mohandas 310 Garcés-Mascarñas, Blanca 288 Garrido, Maria Rosa 286 Gauck, Joachim 43, 340 Gavé, Charles 205 Gehlen, Arnold 40 Genscher, Hans-Dietrich 70, 92 George, Usha 286 Gerstenfeld, Manfred 195 Gibbons, James 165 Gidley, Ben 287 Giesen, Richard 45 Giffey, Franziska 83 Giousouf, Cemile 60 Glees, Anthony 38 Gois, Pedro 288 Goizueta, Roberto 283, 293 Gomez, José H. 244 Goodin, Robert E. 16 Goppel, Anna 178 f. Gordon, Michael R. 194 Grabenwarter, Christoph 37, 41, 44 f., 49, 147, 149, 175, 177, 187 f. Graff, Anna-Lucia 137 Gratian 234 Gray, Harry 301 Gregg, Samuel 27 Grégoire, Etienne Roy 283 Grillo, Beppe 338 Grundmann, Thomas 340 Güler, Serap 79 f. Gurian, Waldemar 203 Gutiérrez, Gustavo 283

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Habeck, Mary R. 199, 203 Hailbronner, Kay 151, 154, 159, 187 ff., 232 Hainmueller, Jens 260 Hall, Edward 286 Haller, Michael 332 Hamid, Shadi 196 Hamilton, Hugo 338 Hamilton, Karen 283 Hangartner, Dominik 260 Hansen, Randall 194 Harari Yuval Noah 70, 76 f. Harris, Gardiner 194 Haug, Sonja 214 ff. Hawkins, Stephen 263 Heard, Genevieve 125 Heckel, Christian 232 f. Heijbroek, Laurence 263 Heimbach-Steins, Marianne 39, 69, 88 Helbling, Marc 260 Herszenhorn, David M. 194 Hillgruber, Christian 44, 83, 147 ff., 175, 177, 183, 188 Himmelfarb, Gertrude 14 Hirst, John 116, 118 ff., 133 Hittinger, John 164, 243 ff. Hittinger, Russell 27, 298 Höffner, Joseph 27 Honneth, Axel 291 Horn, Cornelia 227 Horn, Hans-Detlef 37 Hosein, Adam 244 Huber, Dominik 215 Hughes, William Morris 121, 124 Huntington, Samuel P. 197 f., 200 Ibn Abbas 61 Ignatieff, Michael 15 Isensee, Josef 40 f., 45, 177 Jacobs, Andreas 76 Jan III. Sobieski (König) 81 Jayaweera, Hiranthi 287 Jochum, Georg 232 Johannes Paul II. (Papst)/Karol Wojtyła 22, 27, 31, 40, 44, 162, 173, 229, 243 ff., 257 Johnson, Boris 339 Johnson, James Turner 13 Jordan, Barbara 112

350

Personenverzeichnis

Juan-Torres, Miram 263 Juergensmeyer, Mark 276 Juncker, Jean-Claude 140 Just, Dieter 239

Kaas, Leo 287 Karimi, Faith 100 Karl V. (Herzog) 81 Karras, Benjamin 236 Kashoggi, Jamal 64 Kau, Marcel 45, 177, 186 Kelek, Necla 80 Kemal, Mustafa (Atatürk) 81 f. Kempen, Bernhard 149, 177, 187 Kennedy, Anthony 314 Kepplinger, Hans Mathias 56, 333 Kermani, Navid 61 f. Kerry, Vanessa 284 Kessler, Gijs 194 Khol, Andreas 65 Khoo, Siew-Ean 125 Khosrokhavar, Farhad 199, 203 Kielmansegg, Peter Graf 48, 92, 337 Kingsley, Patrick 193 Kintner, William R. 203 Kirchhof, Paul 177 Kirk, Russell 204 f. Kiss-Rigo, Laszlo 39 Klapdor, Michael 115 Klein, Eckart 44, 177 Kleinmann, Hans-Otto 70 Kluth, Winfried 45, 48, 233 Köcher, Renate 92 Körger, Hannes 321, 324 Kohl, Helmut 70, 75, 85 f., 92 Kohler, Thomas C. 27, 29 Kohls, Martin 78 Konfucius 25 Koopmans, Ruud 74 f. Kosyakova, Yuliya 321, 324, 326 Krämer, Walter 38 Krastev, Ivan 142 Krause, Annabelle 287 Kretschmann, Winfried 71, 77, 84 Küppers, Arnd 47, 88, 91 Kunovich, Robert M. 262 Kurz, Sebastian 175

Laban, Kees 285 Laitin, David 259 f. Lamberty, Kim 283 Lau, Miriam 48 Laurence, Jonathan 193 Lee Hsien Loong 316 Lee Kuan Yew 315 f. Leisner, Walter 156 Lehnert, Matthias 185 Lelkes, Orsolya 281 Leo XIII. (Papst) 162 f., 165, 172 Le Pen, Marine 338 Leroux, Pierre 30 Leubecher, Marcel 80, 88 Lewis, Bernard 203 Liebau, Elisabeth 322 Lindner, Christian 329 Lipowsky, Janosch 76 Lobenstein, Caterina 48 Lochner, Susanne 215 Löwenstein, Stephan 65 Lucassen, Leo 194 Lucht, Hans 281, 284 Luft, Stefan 129 ff., 179 f., 183, 185, 187 f. Lukes, Steven 30 Lyman, Rick 194 Macedo, Stephen 16 Macintyre, Stuart 116 ff., 120 f., 123 Malik, Tashfeen 99 f. Malipaard, Mieke 259, 276, 278 Manger, Christian 287 Manow, Philip 339 Mansour, Ahmad 94 Månsson, Jonas 282 Manthei, Gerrit 322, 324 Margalit, Avishai 291 Markard, Nora 185 Markus, Andrew 115, 125 ff. Marx, Reinhard (Jurist) 132 Marx, Reinhard (Kardinal) 56, 277 Maryniarczyk, Andrzej 251 Maududi, Abdul Ala 199 Maulana Muhammed Ali 61 Maurer, Marcus 56 May, Caroline 195 Mayntz, Gregor 89 McDonald, Steve 282

Personenverzeichnis McGreevy, John 260 McLaughlin, Eliott C. 100 Meacham, Jon 313 Mekhennet, Souad 54 Menzies, Robert 123 Mercado, Juan Andrés 27, 165 Merkel, Angela 11, 26, 37 f., 54, 56, 63, 86, 92 f., 135, 175, 332, 335 Michaels, Jack 309 Miller, David 16 f., 178, 182 f., 187, Miller, Paul W. 288 Moczygemba, Leopold 245 Monnerot, Jules 204 Motomura, Hiroshi 21, 244 Mucchielli, Laurent 195 Mückl, Stefan 227 ff. Müller, Gerd 57 Müller, Olaf 80 f. Müller, Reinhard 65 Müller-Armack, Alfred 74 Mullainathan, Sendhil 287 Murray, Douglas 196 Murswiek, Dietrich 37 Nahles, Andreas 58 Nehru, Jawaharlal 310 Nell-Breuning, Oswald von 163 Nida-Rümelin, Julian 178 f., 182 f., 184 Njoku, Uzochukwu Jude 173 Noack, Rick 196 Nothelle-Wildfreuer, Ursula 27 Nussbaum, Martha C. 17 Nusser, Karl-Heinz 93 Obama, Barack 100 f., 194, 330, 339 Özdemir, Cem 94 Ohly, Christoph 230 Ondrich, Jan 287 Orban, Victor 40 Oreopoulos, Philip 287 Palmer, Boris 43 Parameshwaran, Meenakshi 276 Parusel, Bernd 136, 139 Patterson, Tony 194 Paul VI. (Papst) 162, 165 f., 229 Pear, Robert 169 Penninx, Rinus 288

Perez, Evan 194 Pernak, Benjamin 236 Pesch, Heinrich 27, 163 Petersen, Thomas 71, 81 Pfaff, Viktor 237 Pfeifer, Christian 80 Phillips, Janet 115 Philpott, Daniel 202, 260 Pietrantuono, Giuseppe 321, 324 Pipes, Daniel 194 Piscatori, James P. 202 Pius XII. (Papst) 163, 166, 172 Pollack, Detlef 80 f. Powell, Colin 142 Puggioni, Raffaela 288 Puin, Gerd-R. 61 Putin, Wladimir 85, 340 Putnam, Robert 17, 91 Raffelhüschen, Bernd 57, 322, 324 Rauscher, Anton 27, 29, 93, 163 Rawls, John 14 f., 18 Reilly, Robert R. 196, 198 f. Ressam, Ahmed 98 Ricoeur, Paul 291 Rinne, Ulf 287 Roosevelt, Theodore 313 Rooth, Dan-Olof 287 Rosello, Mireille 283 Roß, Jan 71 Ross, Stephen 287 Rother, Nina 321, 324 Roy, Oliver 276 f. Rüfner, Wolfgang 180 Russell, Bertrand 203 Ryan, Michael W. S. 203 Sager, Alex 244 Sahlins, Peter 195 Sakuma, Amanda 256 Salikutluk, Zerrin 322 Sammut, Jeremy 116 ff., 123 f. Sanger, David E. 194 Sarah, Robert 48 Sayn-Wittgenstein, Sema zu 79, 83 Scaperlanda, Michael A. 246 Schallenberg, Peter 47, 91 Scheel, Walter 78

351

352 Schewe, Paul 321, 325 Schily, Otto 38, 93, 158 Schlag, Martin 27, 165 Schmid, Alex P. 201 Schmid, Susanne 78, 91, 209 ff. Schmidt, Helmut 70 f., 77, 84, 92 Schneider, Jan 136 f., 139 Scholz, Olaf 57 Scholz, Rupert 38 Schouler-Ocak, Meryam 285 Schröder, Richard 41, 44, 93 f. Schupp, Jürgen 321, 324 Schwarz, Hans-Peter 47, 49 Scruton, Roger 196, 199 Seehofer, Horst 56 Sempa, Francis P. 204 f. Shavit, Uriya 202 Sherrington, John 283 Shrag, Peter 168 Siar, Sheila V. 286 Simmel, Georg 30 Simon-Davis, Joanne 115 Singer, Peter 18, 178 Sirries, Steffen 321, 325 Skans, Oskar Nordström 287 Smale, Alison 194 Söder, Markus 277 Solomon, Sam 201 f. Soylu, Ali 287 Spaemann, Robert 32, 184 Spencer, Robert 200 f. Spieker, Manfred 37 ff., 62 Sprung, Andrea 130 Stanton, Jenny 100 Stark, Rodney 198 Stauffer, Jill 283 St. Claire, Pat 99 Steinbuch, Yaron 99 Stepan, Alfred C. 203 Stjernø, Steiner 27 Strache, Heinz-Christian 338 Strausz-Hupe, Robert 293 Stüwe, Klaus 59, 81, 83 Süleymann II. (Sultan) 81 Suhrke, Astri 141 Sultan, Wafa 200 Sussman, David D. 161 Swain, Carol M. 16

Personenverzeichnis Taylor, Alan 98 Taylor, Paul 194 Tebatz-van Elst, Franz-Peter 230 Tetzlaff, Michael 38 Thielemann, Eiko 131 Thomas von Aquin 47, 62, 93, 198 Thomas, Johannes 51 ff., 82 Thym, Daniel 159, 182, 188 Timbal Duclaux de Martin, Pierre 238 Tischner, Józef 25, 31 f., 252 Tomuschat, Christian 64 Traulsen, Christian 238 Trump, Donald 91, 97, 100 ff., 107 ff., 161, 169, 330, 339 f. Turkson, Peter 47 Tusk, Donald 140 Uhle, Arnd 38, 44 f., 177, 189 Vaïsse, Justin 195 Valfort, Marie-Anne 260 Van Heelsum, Anja 289 Verkuytenl, Mayke 259 Vermeulen, Hans 288 Vincent, R. J. 13 Vitzthum, Wolfgang Graf 177 Voßkamp, Sabine 231 Waffenschmidt, Horst 85 Wagner, Joachim 46 Walzer, Michael 13, 16 Wamala, Sarah 284 Wang, Christine 101 Warraq, Ibn 200, 206 Warren, Simon 287 Waszczykowski, Withold 287 Watkins, Mary 283 f. Weber, Max 30, 338 Weigel, Jonathan L. 284, 293 Welby, Justin 277 Weldon, John 194 West, Thomas G. 206, 248 Whitlam, Gough 124 Wilders, Geert 338 Will, Anne 38 Williams, Thomas D. 27 Winning, Nicholas 193 Winter, Jörg 239

Personenverzeichnis Yamey, Gavin 284 Yinger, John 287 Zemmour, Eric 195 Zimmermann, Andreas 185 f.

Zimmermann, Klaus F. 287 Zulehner, Paul M. 39 f. Zuziak, Wladyslaw 163 Zwilling, Anne-Laure 276

353

Sachwortverzeichnis Abschiebung 63, 88, 149, 185 ff., 190, 238, 336 Antisemitismus 90, 219, 222 Anwerbeabkommen 46, 78 Anwerbestopp 46, 78 Asyl – Asylgesetz 89, 186, 233 – Asylmißbrauch 63, 85, 236, 336 – Asylverfahren 38, 58, 130, 133 f., 137, 180, 182, 184, 189 f., 213, 232, 235 ff., 320, 326, 336 – Recht auf Asyl 43, 84, 88 – Verteilung innerhalb der EU 189 – wegen religiöser Verfolgung 205, 232 f., 236 f., 330 Aufenthaltsrecht 87, 89, 93, 147, 149 f., 153 175, 182 Ausweisung 186 f. – Ausweisungsschutz 185 f. Balkanroute 37, 87, 175 Begleitung von Flüchtlingen 281 ff. Brexit 69, 91, 330, 339 f. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 54, 78, 84, 86, 91, 132 f., 152, 209 f., 217, 239, 320 f. Demoskopie 176, 329 ff. „Deskilling“ 286 Diakonie 132, 227 f. Diskriminierung 13, 38, 49, 62, 118, 121, 124, 178, 222, 264, 274, 281, 285, 287, 289 ff., 330 Dublin III-Verordnung 11, 38, 44, 54, 130 ff., 189 f., 237 f. Einbürgerung 153 f., 218 Einwanderung 38 f., 48, 71 f., 154 f., 155 f., 178 ff., 190 – Deutschland als Einwanderungsland? 70 f., 157

– Einwanderungsgesetzgebung 21, 115 f., 118 f., 121, 167 ff., 194 f. – illegale 11, 19, 64 f., 131, 161, 190, 243, 245 f., 254 ff., 281 – Kontrolle 12, 16, 39, 45, 47, 122, 159, 167 f., 188 – Recht auf Einwanderung? 13, 15 f., 33, 45, 65, 88, 148, 177 Erwerbstätigkeit 153, 154 f., 157, 188, 326 EU-Richtlinien – 2003/109 151 – 2004/83 232 – 2011/51 151 – 2011/95 151, 154, 187, 232 – 2013/32 187 Familiennachzug 43, 78, 85, 147, 149 f., 153 Flüchtlingskrise 2015 11, 26, 37 ff., 45, 92, 129 ff., 147 ff., 175 ff., 181, 194, 209, 262 f., 319 f., 323, 332, 335 – fiskalische Auswirkungen 57 f., 87, 138, 322 ff., 334 – Medienberichterstattung 57, 59, 65, 87 ff., 332, 335 f., 340 f. Fluchtursachen 213, 321, 330 f. – Verminderung 63, 184, 210, 212 f., 222 f., 233 Folter 147, 185 f. Frontex (Grenzschutzagentur) 38, 130, 188 Gastarbeiter 46, 70, 75, 77 f., 85, 194, 331 Genfer Flüchtlingskonvention 43 f., 64, 131, 147, 154, 179, 183, 186 f., 232, 330 Globalisierung 11, 18, 69, 165, 143, 212, 292, 337 ff. Heiliger Krieg 193 ff. Heimatvertriebene 73 f., 179, 181, 231, 330 f. Hugenotten 72 ff., 80 ff.

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Sachwortverzeichnis

Integration 209 ff., 217 ff., 283, 288, 321 – Integrationsbereitschaft 46, 53, 73, 77, 94, 156 – Integrationsfähigkeit 46, 70, 94, 156 – Integrationsförderung 212, 214, 223 – Vollintegration 149, 151, 153 Interreligiöser Dialog 212, 234 f. „Islamischer Staat“ 51, 127, 175, 276 „Islamophobie“ 59, 81, 181, 260 Kanonisches Recht 161, 228 f., 234, 236, 239, 252 Katechismus der Katholischen Kirche 161, 163 f., 166, 171 f. Katechumenat 230, 235, 237 „Kirchenasyl“ 237 ff. Kommunitarismus 11 ff., 298, 316 Kompendium der Soziallehre der Kirche 44 Konversion von Flüchtlingen 233 ff. – als Ausfluß kirchlicher Verkündigung 229 ff., 234 f. – Bewertung durch staatliche Rechtsordnung 233, 235 ff. Kosmopolitismus 12, 17 ff., 178 ff. Kriminalität 70, 89, 125, 334 Kyniker 17 Liturgie 227, 231 f., 242 Menschenhandel 51, 213 Menschenwürde 13 ff., 24, 31 ff., 45, 179, 185, 241, 245 f., 247 ff., 257 Migration – Arbeitsmigration 84, 93, 120, 123, 148 ff., 154 ff., 183 – Wirtschaftsmigration 179 f., 187 f. Missionstätigkeit der Kirche 195 f., 229, 234, 283 Multikulturalismus 70 f., 76 f., 90, 117 f., 193, 315 Nächstenliebe 39 f., 47, 56, 93, 163 ff., 171 f., 227 f., 275 Parallelgesellschaft 46, 76, 80, 82, 212, 220, 222 Populismus 329, 336 ff.

Recht auf Arbeit 44 Recht auf Auswanderung 13, 15, 33, 177, 250 f., 257 Recht auf Familiennachzug 43, 65 Refoulment 185, 190 Religionsfreiheit 46, 193 ff., 234, 237, 239 ff. – Befolgung religiöser Gebote 80, 219 f. – Religionsausübung 76 f., 202, 217, 236, 289 – religiöses Existenzminimum 232 Rußlanddeutsche 85, 331 Scharia 46, 55, 62, 196 Schengen 11, 38, 44, 50, 63, 130 f., 143, 176, 180, 188 ff. Schlepper 11, 38, 48, 90, 176, 180, 213 Schutzsystem für Flüchtlinge 37, 137 Segregation 118 f., 122, 218, 222 Solidarität 17, 21 f., 25 ff., 115 ff., 161 ff., 251 ff., 260, 297 ff. Souveränität der Staaten 12, 14, 18, 22, 109, 251 Soziale Marktwirtschaft 71, 74 Soziallehre der Kirche 21, 27, 39, 44, 71, 161 ff., 173 Sozialleistungen 132, 147, 155, 180, 189 f. Sozialsysteme 87, 154, 187, 289, 319, 324, 326 „Spurwechsel“ von Asyl zu Migration 148 ff., 155 f., 180, 183, 187 f. Staatsgrenzen 177 ff. – offene Grenzen 17 ff., 26, 48, 57, 178 ff., 184, 190, 338 – Ordnungsfunktion 41 f., 177, 188 Stoiker 17 Subsidiarität 27, 29, 40, 161, 164 Taufe 229 ff., 234 ff. Terrorismus 11, 52, 98 ff., 127, 169, 195, 201, 203, 329 Umverteilungsquoten für Flüchtlinge 39, 139 f. Unabhängigkeitserklärung (USA) 248, 313 UN-Abkommen über Flüchtlinge und Migranten 39, 42, 48 f., 52, 63 f., 330 f. UN-Flüchtlingskommissar 55, 331 UN-Menschenrechtserklärung (1948) 15

Sachwortverzeichnis UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte 13 Vertreibung 179, 181, 330

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Wiederaufbau des Herkunftslandes 87, 181 „Willkommenskultur“ 39, 86, 88, 93, 135, 175, 180, 332