Möglichkeiten zur Verbesserung der Standortbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen durch Einführung von Genehmigungsfiktionen [1 ed.] 9783428527830, 9783428127832

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Möglichkeiten zur Verbesserung der Standortbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen durch Einführung von Genehmigungsfiktionen [1 ed.]
 9783428527830, 9783428127832

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Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 190

Möglichkeiten zur Verbesserung der Standortbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen durch Einführung von Genehmigungsfiktionen Von

Jan Ziekow

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JAN ZIEKOW

Möglichkeiten zur Verbesserung der Standortbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen durch Einführung von Genehmigungsfiktionen

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 190

Möglichkeiten zur Verbesserung der Standortbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen durch Einführung von Genehmigungsfiktionen

Von

Jan Ziekow

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0561-6271 ISBN 978-3-428-12783-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Untersuchung beruht auf Überlegungen, die ich im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz angestellt habe. Ansprechpartner im Ministerium war Herr Ministerialrat Klaus Stumpf, dem ich für seine Gesprächsbereitschaft danke. Die entwickelten Vorschläge sind zum Gegenstand eines Workshops mit Vertretern verschiedener Behörden, von Verbänden und von Wirtschaftsunternehmen gemacht worden. Unabhängig davon, ob es insoweit zu einer gesetzgeberischen Initiative kommen wird, wird die Studie hiermit zur wissenschaftlichen Diskussion gestellt. Herrn Wiss. Mitarbeiter Dr. Alfred Debus danke ich für Hilfe bei der Materialzusammenstellung und meiner Sekretärin, Frau Erika Kögel, für die druckfertige Formatierung des Manuskripts. Speyer, im Dezember 2007

Jan Ziekow

Inhaltsverzeichnis

I.

Gegenstand der Untersuchung ............................................................................15 1. Genehmigungsfiktion .........................................................................................15 2. Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor ........................18 a) Genehmigungen mit wirtschaftlichem Bezug ..............................................20 b) Spezifische Belastungen von KMU .............................................................20 3. Vorgehensweise ............................................................................................22

II.

Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben .......................................24 1. Verfassungsrecht ................................................................................................24 a) Genehmigungsfiktionen möglicherweise entgegenstehende oder ihren Einsatz begrenzende verfassungsrechtliche Anforderungen .......................24 aa) Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung?.............................25 bb) Unzulässige Lockerung der Gesetzesbindung der Exekutive?..............26 cc) Beachtung des Gebots der Rechtsklarheit .............................................26 dd) Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes ............................................27 ee) Vollständigkeit der Tatsachenermittlung...............................................28 ff) Der Einfluss grundrechtlicher Schutzpflichten ......................................29 gg) Grundrechtsschutz Drittbetroffener durch Verfahren .......................... 31 hh) Gewährung effektiven Rechtsschutzes ................................................ 33 ii) Beteiligung von öffentlichen Stellen ..................................................... 34 b) Förderung der Verwirklichung verfassungsrechtlicher Vorgaben durch Genehmigungsfiktionen? ...........................................................................35 c) Zusammenfassung und Folgerungen .......................................................... 38 2. Gemeinschaftsrecht ........................................................................................... 39

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen ............................................43 1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen ....................................43

8

Inhaltsverzeichnis a) Die Ausnahmebewilligung beim repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt ....................................................................................................44 b) Genehmigungen mit Abwägungsvorbehalt ..................................................44 c) Die Kontrollerlaubnis beim präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ..............................................................................................................46 aa) Durchführung des Genehmigungsverfahrens als Charakteristikum . ....47 bb) Besondere Ausprägungen .................................................................... 48 Į) Kontrollerlaubnisse mit Entscheidungsspielräumen .......................48 ȕ) Bezugspunkte der Genehmigungsentscheidung ..............................51 d) Verbot mit Verteilungsvorbehalt .................................................................53 2. Struktur von Genehmigungsverfahren ...............................................................55 a) Verfahrensgedanke ..................................................................................... 55 b) Verfahrensgrundsätze ................................................................................. 56 aa) Verfahrensermessen ............................................................................. 57 bb) Zügigkeit .............................................................................................. 58 cc) Untersuchungsgrundsatz ...................................................................... 59 dd) Verfahrensbeteiligungen .................................................................. ... 63 Į) Beteiligung des Antragstellers ........................................................63 ȕ) Einbeziehung Drittbetroffener ........................................................64 Ȗ) Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung .......................................66 į) Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange ................................68 ee) Weitere Verfahrensgrundsätze ............................................................. 69 3. Wirkung der Genehmigungsentscheidung ........................................................ 70

IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion .................................73 1. Begriff und Abgrenzungen ............................................................................... 73 2. Referenzbereiche ...............................................................................................74 a) Bundesrecht ................................................................................................ 74 b) Landesrecht .................................................................................................78 V.

Typologisierung der Genehmigungsfiktion .......................................................85 1. Anwendungsfelder ............................................................................................ 85 2. Voraussetzungen ............................................................................................... 85

Inhaltsverzeichnis

9

3. Verfahren ......................................................................................................... . 86 4. Wirkung .......................................................................................................... .. 88 a) Erteilungsfiktion ..........................................................................................89 b) Rechtmäßigkeitsfiktion ...............................................................................90 5. Anwendbare Regelungen ...................................................................................93 6. Potentiale von Genehmigungsfiktionen zur Beschleunigung von Verfahren .....95 VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten ..............................................97 1. Kriterien zur Eingrenzung für die Einführung von Genehmigungsfiktionen geeigneter Genehmigungsverfahren .................................................................97 2. Ausgestaltung von Fiktionsregelungen ............................................................ . 99 a) Fiktionsfähigkeit des Antrags, insbesondere Vollständigkeit der Unterlagen .......................................................................................................... 99 b) Länge und Verlängerung der behördlichen Entscheidungsfrist .................100 c) Beteiligung Drittbetroffener .......................................................................101 d) Verhinderung einer „Flucht in die Rücknahme“ ........................................102 e) Instrumente der Behörde nach Eintritt der Fiktionswirkung ......................102 f) Problem der „Flucht in die Ablehnung“ .....................................................103 g) Beteiligung der Öffentlichkeit und öffentlicher Stellen .............................103 h) Erteilung eines Fiktionszeugnisses an Antragsteller und Drittbetroffene ...........................................................................................................105 i) Haftungsregelung .......................................................................................106 VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen in das rheinland-pfälzische Genehmigungsrecht ...........................................................................................107 1. Bestand und Fiktionseignung landesrechtlicher Genehmigungsregelungen ..................................................................................................................107 2. Regelungsstandort ........................................................................................... 112 VIII. Zusammenfassung ............................................................................................. 117 Literaturverzeichnis .... .............................................................................................. 123

Abkürzungsverzeichnis ABlEG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

Abs.

Absatz

AEG

Allgemeines Eisenbahngesetz

Alt.

Alternative

A. M.

Anderer Meinung

AMG

Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz)

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BauGB

Baugesetzbuch

BauR

Baurecht (Zeitschrift)

BayGAPV

(Bayerische) Verordnung zur Untersuchung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

BayWaldG

Waldgesetz für Bayern

BB

Betriebsberater (Zeitschrift)

BBergG

Bundesberggesetz

BBG

Bundesbeamtengesetz

Bd.

Band

Begr.

Begründer

Beschl.

Beschluss

BetrSichV

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung)

BFStrG

Bundesfernstraßengesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BimsAbbauDVO RP

(Rheinland-pfälzische) Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen

BimsAbbauG RP

(Rheinland-pfälzisches) Landesgesetz über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen

11

Abkürzungsverzeichnis BImSchG

Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz)

BT-Drucks.

Drucksachen des Deutschen Bundestages

Buchholz

Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, begründet von K. Buchholz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

ders.

derselbe

DLRL

RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie)

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

DruckLV

Verordnung über Arbeiten in Druckluft

DSchG ST

Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt

DSchPflG RP

Landesgesetz zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmäler (Denkmalschutz- und -pflegegesetz)

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)

EG

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EnWG

Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuZW

Europäische (Zeitschrift)

f., ff.

folgende

Fußn.

Fußnote

GastG

Gaststättengesetz

GCP-V

Verordnung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen

GenTG

Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz)

GewArch

Gewerbearchiv (Zeitschrift)

Zeitschrift

für

Wirtschaftsrecht

12

Abkürzungsverzeichnis

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

GO LSA

Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt

GrdstVG

Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstückverkehrsgesetz)

GüKG

Güterkraftverkehrsgesetz

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz

HandwO

Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung)

HessBO

Hessische Bauordnung

HessNatG

Hessisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Hessisches Naturschutzgesetz)

HGB

Handelsgesetzbuch

HmbBauO

Hamburgische Bauordnung

Hrsg.

Herausgeber

HS

Halbsatz

i. V. m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift)

JbUTR

Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts

JuS

Juristische Schulung (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung (Zeitschrift)

KMU

Kleine und Mittlere Unternehmen

KrW-/AbfG

Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz)

KWG

Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz)

LAbfWG RP

Landesabfallwirtschafts- und Altenlastengesetz (Rheinland-Pfalz)

LBauO BW

Landesbauordnung für Baden-Württemberg

LBauO MV

Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern

LBauO RP

Landesbauordnung Rheinland-Pfalz

LBauO SH

Landesbauordnung für das Land SchleswigHolstein

LEisenbG RP

(Rheinland-pfälzisches) Landesgesetz über Eisenbahnen und Bergbahnen (Landeseisenbahngesetz)

Abkürzungsverzeichnis

13

lit.

litera

LKV

Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift)

LNatSchG RP

(Rheinland-pfälzisches) Landesgesetz zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft

LStrG RP

Landesstraßengesetz (Rheinland-Pfalz)

LuftVG

Luftverkehrsgesetz

LVwVfG RP

Landesverwaltungsverfahrensgesetz (RheinlandPfalz)

LWaldG BW

Waldgesetz für Baden-Württemberg

LWG RP

Wassergesetz für das Land Rheinland-Pfalz

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

NatSchG LSA

Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt

Nds. GVBl.

Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt

Nds. ModKG

(Niedersächsisches) Gesetz zur Erprobung erweiterter Handlungsspielräume in Modellkommunen

NJ

Neue Justiz (Zeitschrift)

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift)

NordÖR

Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland (Zeitschrift)

Nr.

Nummer

NuR

Natur und Recht (Zeitschrift)

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift)

NVwZ-RR

NVwZ-Rechtsprechungs-Report

OLG

Oberlandesgericht

OVG

Oberverwaltungsgericht

PBefG

Personenbeförderungsgesetz

PflSchG

Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz)

Rdnr.

Randnummer

RL

Richtlinie

S.

Satz, Seite

SaarlDSchG

Saarländisches Denkmalschutzgesetz

SaarlNatSchG

Gesetz zum Schutz der Natur und Heimat im Saarland (Saarländisches Naturschutzgesetz)

SächsDSchG

Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen (Sächsisches Denkmalschutzgesetz)

14

Abkürzungsverzeichnis

SächsVBl.

Sächsische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

Slg.

Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz

SpielbkG RP

Spielbankgesetz (Rheinland-Pfalz)

TierSchG

Tierschutzgesetz

ThürNatG

Thüringer Gesetz für Natur und Landschaft

ThürVBl.

Thüringer Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

UGB-KomE

Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 1998

UPR

Umwelt- und Planungrecht (Zeitschrift)

UVPG

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung

VBlBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift)

Verw.

Die Verwaltung (Zeitschrift)

VerwArch

Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz (des Bundes)

4. BImSchV

Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen)

WaffG

Waffengesetz

WiVerw.

Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift)

ZAU

Zeitschrift für Angewandte Umweltforschung (Zeitschrift)

ZfBR

Zeitschrift für deutsches und internationales Bauund Vergaberecht (Zeitschrift)

ZfW

Zeitschrift für Wasserrecht (Zeitschrift)

ZG

Zeitschrift für Gesetzgebung (Zeitschrift)

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift)

ZUR

Zeitschrift für Umweltrecht (Zeitschrift)

I. Gegenstand der Untersuchung Der Fokus der folgenden Überlegungen richtet sich auf die Frage, ob und inwieweit sich die Bedingungen für Wirtschaftsunternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, durch Veränderung (oder besser: Ergänzung) der Struktur von Genehmigungsverfahren verbessern lassen. Dabei soll es nicht um ein Wiederaufgreifen der über längere Zeit intensiv geführten Diskussion über die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, sondern um das Problem gehen, inwieweit sich Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen durch die Einführung von Genehmigungsfiktionen in einem auf die Erteilung einer präventiv erforderlichen Genehmigung gerichteten Verfahren erzielen lassen. Um den Untersuchungsgegenstand überschaubar zu halten, ist die Analyse auf das Recht des Landes Rheinland-Pfalz beschränkt. 1. Genehmigungsfiktion Wenngleich er sich in einzelnen gesetzlichen Regelungen findet (vgl. nur § 61 Abs. 3 S. 5 HmbBauO), ist der Inhalt des für die vorliegende Untersuchung zentrale Begriffs der Genehmigungsfiktion klärungsbedürftig. Dem Wortsinne nach umfasst der Begriff alle Fälle, in denen eine sonst erforderliche Genehmigung nicht erteilt, sondern ihr Vorliegen fingiert wird. In Betracht kommen im Wesentlichen vier Konstellationen: x Ein privates Rechtssubjekt bedarf für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit grundsätzlich einer behördlichen Genehmigung. Für bestimmte Fallkonstellationen, die im Gesetz tatbestandlich umschrieben werden, gilt die Genehmigung von vornherein als erteilt. Prototypisch hierfür kann die Regelung des Nebentätigkeitsrechts der Bundesbeamten herangezogen werden: Nach § 65 Abs. 1 S. 1 BBG bedarf der Beamte zur Übernahme jeder Nebentätigkeit der vorherigen Genehmigung. Diese Genehmigung gilt für eine oder mehrere Nebentätigkeiten gegen Vergütung allgemein als erteilt, wenn die Nebenbeschäftigungen insgesamt geringen Umfang haben, außerhalb der Dienstzeit ausgeübt werden und kein gesetzlicher Versagungsgrund vorliegt. x Auch in der zweiten Konstellation bedarf der Bürger für eine bestimmte Tätigkeit der erforderlichen Genehmigung. Gesetzlich ist eine Entscheidungsfrist für die Behörde vorgesehen, innerhalb derer die Behörde die beantragte Genehmigung entweder erteilen oder versagen muss. Bleibt die Behörde untätig, so gilt die Genehmigung nach Fristablauf als erteilt. Als Beispiel kann insoweit § 66 Abs. 3 LBauO RP dienen, nach dessen Satz 1 über den Bauan-

16

I. Gegenstand der Untersuchung

trag in Abhängigkeit von der Art des betreffenden Vorhabens innerhalb einer Frist von einem Monat bzw. drei Monaten zu entscheiden ist. Ist nicht innerhalb dieser Frist über den Bauantrag entschieden worden, so gilt die Baugenehmigung als erteilt (§ 66 Abs. 3 S. 5 LBauO RP). x Weiterhin könnten unter den Begriff Genehmigungsfiktion Fälle gefasst werden, in denen die gegenüber dem Bürger nach außen tätig werdende Behörde im Innenverhältnis der Zustimmung einer anderen Behörde bedarf und die Erteilung dieser Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen fingiert wird. Beispiel ist § 36 BauGB, wonach über die Zulässigkeit bestimmter Vorhaben von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden wird (§ 36 Abs. 1 S. 1 BauGB), dieses Einvernehmen aber laut § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB als erteilt gilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird. x Der vierte Typus, der sich als Genehmigungsfiktion verstehen ließe, wirkt ausschließlich privatrechtlich, indem eine bestimmte Willenserklärung, die die Billigung einer Handlung oder Erklärung des Vertragspartners betrifft, unter festgelegten Voraussetzungen als abgegeben gilt. Hingewiesen werden kann insoweit auf § 377 HGB, wonach der Käufer beim Handelsgeschäft die Ware unverzüglich untersuchen und einen Mangel dem Verkäufer anzeigen muss (§ 377 Abs. 1 HGB). Ohne eine solche Anzeige gilt die Ware grundsätzlich als genehmigt (§ 377 Abs. 2 HGB). Mit Blick auf die Zielrichtung der Arbeit ist zunächst die letzte Fallgruppe als Untersuchungsgegenstand auszuscheiden. Die Fingierung von privatrechtlichen Willenserklärungen betrifft den Rechtsverkehr im Gleichordnungsverhältnis mehrerer Bürger bzw. Wirtschaftssubjekte untereinander, nicht aber die Ersetzung präventiv wirkender Genehmigungserfordernisse. In zivilrechtlicher Terminologie setzt die Genehmigung gerade nicht präventiv, also ex ante, sondern ex post an: Während die Einwilligung die vorherige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft bezeichnet (§ 183 BGB), ist unter der Genehmigung die nachträgliche Zustimmung zu verstehen (§ 184 Abs. 1 BGB). In der Perspektive des öffentlichen Rechts bezeichnet eine Genehmigung allgemein einen hoheitlichen Akt, ohne den eine bestimmte Handlung oder Maßnahme eines anderen Rechtssubjekts nicht vorgenommen werden darf oder wirksam wird. Wer ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben errichten, ändern oder abbrechen will, bedarf der vorherigen Erteilung einer Baugenehmigung (§ 61 LBauO RP). Ein Beamter, der eine Nebentätigkeit übernehmen will, muss eine vorherige Genehmigung einholen (§ 65 Abs. 1 BBG). Gemeindliche Satzungen bedürfen der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde, soweit dies – wie z. B. nach § 10 Abs. 2 BauGB – gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 6 Abs. 2 S. 1 GO LSA).

1. Genehmigungsfiktion

17

Hiervon zu unterscheiden sind die verschiedenen Formen der Mitentscheidung1: Bei unter Abweichung von Festsetzungen des Bebauungsplans oder im unbeplanten Bereich beabsichtigen Vorhaben bedarf die Erteilung der Baugenehmigung des Einvernehmens der Gemeinde (§ 36 Abs. 1 BauGB). Ohne die Zustimmung der Luftfahrtbehörden darf innerhalb des Bauschutzbereichs eines Flughafens keine Baugenehmigung erteilt werden (§ 12 Abs. 2 LuftVG). Entsprechendes gilt für Baugenehmigungen für bauliche Anlagen in bestimmtem Abstand längs der Bundesfernstraßen; hier ist die Zustimmung der obersten Landesstraßenbehörde erforderlich (§ 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BFStrG). Anders als die Genehmigung zielen diese Mitentscheidungsbefugnisse nicht auf eine präventive Kontrolle zur Ermöglichung einer Entscheidung, ob bestimmte Voraussetzungen vorliegen, sondern der verbindlichen Zurgeltungbringung bestimmter Gesichtspunkte in einem Verfahren durch eine hierfür zuständige Stelle. Unter einer Genehmigung wird daher im Einklang mit dem gängigen verwaltungsrechtlichen Sprachgebrauch jede außenwirksame Gestattung verstanden, die eingeholt werden muss, damit ein bestimmtes Verhalten erlaubtermaßen an den Tag gelegt werden darf. Die Erteilung der Genehmigung „entsperrt“ gleichsam das sonst verbotene Verhalten. Gleichbedeutend werden die Begriffe „Erlaubnis“, „Zulassung“ oder „Bewilligung“ verwendet. Unter Zugrundelegung dieses Begriffsverständnisses ist als Genehmigungsfiktion die oben geschilderte Konstellation zu verstehen, dass eine beantragte Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Genehmigungsbehörde den Antrag nicht innerhalb einer bestimmten Frist beschieden hat. In diesem Sinne wird der Begriff „Genehmigungsfiktion“ auch in der wissenschaftlichen Literatur gebraucht.2 Nicht hierunter fallen Regelungen, die von vornherein für bestimmte Sachverhalte statuieren, dass eine allgemein erforderliche Genehmigung als erteilt gilt. In diesen Fällen handelt es sich der Sache nach nicht um Genehmigungsfiktionen, sondern um Genehmigungsfreistellungen. Ebenso wenig als Genehmigungsfiktionen einzuordnen sind die Konstellationen, in denen die gegenüber dem Bürger nach außen tätig werdende Behörde im Innenverhältnis des Einvernehmens bzw. der Zustimmung einer anderen Behörde bedarf und die Erteilung dieses Einvernehmens unter bestimmten Voraussetzungen fingiert wird. Denn hier wird nicht die Genehmigung fingiert, sondern die positive Ausübung der jeweiligen Mitentscheidungsbefugnis. Gleich___________ 1 Thorsten Siegel, Die Verfahrensbeteiligung von Behörden und anderen Trägern öffentlicher Belange. Eine Analyse der rechtlichen Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung der Beschleunigungsgesetzgebung, Berlin 2001, S. 91 ff. 2 Vgl. nur Johannes Caspar, Der fiktive Verwaltungsakt – Zur Systematisierung eines aktuellen verwaltungsrechtlichen Instituts, AöR 125 (2000), S. 131 (133); Monika Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, Berlin 1998, S. 281; Hanswerner Müller, Über den fiktiven Verwaltungsakt, DÖV 1966, S. 704.

I. Gegenstand der Untersuchung

18

wohl ist diese Fallgruppe für die vorliegend behandelte Fragestellung insofern von Relevanz, als sich die Einführung von Genehmigungsfiktionen damit auseinandersetzen muss, inwieweit Mitentscheidungsbefugnisse anderer Träger öffentlicher Belange durch Genehmigungsfiktionen ersetzbar sind. 2. Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor a) Genehmigungen mit wirtschaftlichem Bezug Voraussetzung für die Erstellung eines Konzepts der Einführung von Genehmigungsfiktionen als Instrument zur Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor ist die Abgrenzung des Kreises von Genehmigungen, die einen entsprechenden wirtschaftlichen Bezug aufweisen. Insoweit könnte in Erwägung gezogen werden, sich an gesetzlichen Regelungen, die die Erteilung wirtschaftsbezogener Genehmigungen zum Gegenstand haben, zu orientieren. § 71a VwVfG betrifft Verwaltungsverfahren, die die Erteilung einer Genehmigung zum Ziel haben, die der Durchführung von Vorhaben im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung des Antragstellers dient. Durch das Kriterium des im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung liegenden Vorhabens sollen zunächst Genehmigungen ausgeschlossen werden, die einen Bezug ausschließlich zur privaten Lebensführung des Antragstellers aufweisen.3 Im Übrigen ist der Begriff der wirtschaftlichen Unternehmung weit zu verstehen und nicht etwa auf Vorhaben zu beschränken, die volkswirtschaftlich relevant sind oder Arbeitsplätze schaffen. Ausschlaggebend ist allein der ökonomische Bezug, also die Führung einer Organisationseinheit nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen. Die Ausrichtung auf eine Gewinnerzielung macht die Unternehmung zur wirtschaftlichen, zu der deshalb auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie freiberufliche Tätigkeiten zählen.4 Die Zuordnung kann u. a. dann problematisch sein, wenn ein Vorhaben sowohl erwerbswirtschaftlichen Zwecken als auch der privaten Lebensführung dient. Im Zweifel ist dann zu ermitteln, in welchem der Bereiche der Schwerpunkt des Vorhabens liegt.5 Schließlich muss zwischen der wirtschaftlichen Unternehmung und dem Gegenstand der Genehmigung eine Beziehung der Unmittelbarkeit in dem Sinne bestehen, dass die Genehmigung entweder die Führung einer bereits bestehenden ___________ 3

BT-Drucks. 13/3995 S. 8. Caspar David Hermanns, Das GenBeschlG und die Fachplanungsgesetze, in: Stüer (Hrsg.), Verfahrensbeschleunigung, Osnabrück 1997, S. 144 (152); Henning Jäde, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren nach dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz, UPR 1996, S. 361 (364). 5 Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. München 2005, § 71a Rdnr. 10a. 4

2. Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor

19

wirtschaftlichen Unternehmung fördert oder die Zulässigkeit dieser Unternehmung eröffnet. Nicht notwendig ist hingegen, dass die Genehmigung für das Vorhaben zwingend erforderlich ist.6 Die EG-Dienstleistungs-Richtlinie (DLRL)7, die die breitflächige Einführung von Genehmigungsfiktionen vorgibt (II.2.), gilt für Dienstleistungen, d. h. selbständige Tätigkeiten, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden (Art. 4 Nr. 1 DLRL). Da die Leistung in der Regel gegen Entgelt erbracht werden muss, hindert die gelegentliche unentgeltliche Erbringung nicht die Qualifizierung als Dienstleistung. „Gegen Entgelt“ heißt, dass das Entgelt die wirtschaftliche Gegenleistung für die fragliche Leistung sein muss.8 Dabei muss der Leistende nicht beabsichtigen, mit der Leistung einen Gewinn zu erzielen; es ist nicht einmal erforderlich, dass die Gegenleistung zu einer Deckung der Kosten der Leistung führt.9 Von Bedeutung ist die in den Erwägungsgründen (Erwägungsgrund 9) vorgenommene Einschränkung, dass sich die Dienstleistungsrichtlinie nicht auf solche Anforderungen bezieht, die wie die Einholung von Baugenehmigungen, die Einhaltung von Straßenverkehrsvorschriften u. ä. keinen spezifischen wirtschaftlichen Bezug aufweisen, „sondern von Dienstleistungserbringern im Zuge der Ausübung ihrer Wirtschaftstätigkeit genauso beachtet werden müssen wie von Privatpersonen“. Ein Vergleich der beiden Zugänge zur Frage der wirtschaftsbezogenen Genehmigungen zeigt Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Eindeutig ist zunächst, dass Genehmigungen, die allein der privaten Sphäre des Antragstellers zuzuordnen sind, vorliegend keinen geeigneten Untersuchungsgegenstand darstellen. Hinsichtlich der weiteren Merkmale ist die von § 71a VwVfG in Bezug genommene Wirtschaftlichkeit der Unternehmung von der für die Dienstleistungs-Richtlinie maßgebenden Entgeltlichkeit zu unterscheiden. Da bereits die §§ 71a ff. VwVfG auf die Schaffung von Verfahrenserleichterungen für wirtschaftliche Unternehmen abzielen, ist eine Anlehnung an die dort verwendete Abgrenzung sinnvoll. In die Betrachtung einzubeziehen sind daher nur solche Genehmigungsregelungen, die Personen oder Unternehmen betreffen, die mit Gewinnerzielungsabsicht tätig sind. Anders als nach der DienstleistungsRichtlinie wird man dabei auch solche Regelungen berücksichtigen müssen, die für ein Unternehmen ebenso wie für Privatpersonen gelten. Beispiel ist die Notwendigkeit, vor der Errichtung oder Nutzungsänderung einer baulichen An___________ 6 Jan Ziekow, Zügige Verwaltungsverfahren, in: ders. (Hrsg.), Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, 1998, S. 51 (83). 7 RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dez. 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABlEG Nr. L 376/36 v. 27. 12. 2006. 8 Siehe EuGH, Slg. 1988, 5365 Rdnr. 17 – Humbel; 1993, I-6447 Rdnr. 15 – Wirth. 9 Dazu EuGH, Slg. 1988, 5365 Rdnr. 19 – Humbel; 1993, I-6447 Rdnr. 15 – Wirth; 2001, I-5473 Rdnr. 50 ff. – Smits und Peerbooms.

20

I. Gegenstand der Untersuchung

lage eine Baugenehmigung einzuholen. Diese Anforderung würde zwar für eine wirtschaftliche Betätigung in gleicher Weise wie für Private gelten, jedoch ist eine Differenzierung danach, ob die Errichtung oder Nutzungsänderung für die Zwecke einer wirtschaftlichen Betätigung erfolgt, ohne weiteres möglich. Es könnte daher eine Erleichterung für den wirtschaftlichen Sektor geschaffen werden, ohne dass diese Vergünstigung notwendigerweise auf die Sphäre privater Lebensgestaltung erstreckt werden müsste. In die Untersuchung einzubeziehen sind daher alle Genehmigungsregelungen, die zumindest auch wirtschaftliches Handeln betreffen können, sofern der wirtschaftliche Sektor einer gesonderten Regelung zugeführt werden könnte. b) Spezifische Belastungen von KMU Wenngleich die Abgrenzung des Kreises derjenigen Unternehmen, die als „kleine und mittlere Unternehmen“ (KMU) eingeordnet werden, in Abhängigkeit vom Regelungskontext im Detail durchaus differiert, haben sich gewisse Standards herausgebildet, die eine Zuordnung ermöglichen. Als Grenze der Beschäftigtenzahl, unterhalb derer ein Unternehmen als KMU eingeordnet werden kann, wird meist ein Durchschnitt von 250 Arbeitskräften angegeben.10 Hinzu kommt eine Grenze für den durchschnittlichen Jahresumsatz zwischen 2011 und 5012 Millionen Euro. Für den Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass KMU durch jedwede Form staatlicher Regulierung im Verhältnis stärker belastet werden als größere Unternehmen.13 In notwendig verkürzender Zusammenfassung liegt der Grund hierfür zum einen darin, dass die Transaktionskosten für die Implementierung des durch die Regulierung Geforderten einen höheren Anteil an den Kosten des Unternehmens ausmachen als bei Großunternehmen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Belastung der KMU insoweit etwa zehnmal höher ist als bei Großunternehmen.14 Dies gilt für die mit dem Standard-Kosten-Modell ___________ 10 So Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom 6. 5. 2003 betr. die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. Nr. L 124/36 vom 20. 5. 2003; § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des niedersächsischen Gesetzes zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen vom 30. 4. 1978 (Nds. GVBl. S. 377). 11 § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 des niedersächsischen Gesetzes zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (Fußn. 10). 12 Empfehlung der Kommission (Fußn. 10). 13 Eingehend hierzu Klaus-Heiner Röhl, Mittelstandspolitik, Köln 2005, S. 12 ff. 14 Ernst Pfister, Dritte Beratung über Gesetz zum Bürokratieabbau am 11. 3. 2005 im Deutschen Bundestag, Plenarprotokoll 15/164, S. 15403. Vgl. Röhl, (Fußn. 13), S. 14, wonach die Bürokratiekosten je Beschäftigten pro Jahr bei Unternehmen mit 1 bis 9 Be-

2. Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor

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erfassten sog. Bürokratiekosten15 ebenso wie für die mit der Beantragung einer Genehmigung verbundenen Kosten. Die relativ höheren Kosten gefährden die Rentabilität des Unternehmens daher schneller als bei Großunternehmen. Zum anderen werden KMU auch über den Zwang, eine Genehmigung beantragen zu müssen, hinaus spezifisch durch die Ausgestaltung von Genehmigungsverfahren belastet. Betrifft das Genehmigungserfordernis die erstmalige Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit, so sind KMU und Großunternehmen zwar insoweit gleich betroffen als der Geschäftsbetrieb nicht aufgenommen werden kann, bevor die Genehmigung erteilt worden sind. Jedoch sind die Eigenkapitaldecke und die Möglichkeiten zur Fremdkapitalaufnahme für KMU typischerweise niedriger, so dass die „Durststrecke“ eines länger dauernden Genehmigungsverfahrens für ein Großunternehmen in der Regel leichter zu überstehen ist. Bezieht sich das Genehmigungserfordernis auf Erlaubnisse, die das Unternehmen für Modalitäten der Ausübung der Geschäftstätigkeit benötigt, so können Großunternehmen eher als KMU die Zeit bis zur Erteilung der Genehmigung – auch durch eine sonstige Diversifizierung ihrer Geschäftstätigkeit – überbrücken. Die spezifische Belastung von KMU besteht also erstens in der zeitlichen Dauer des Genehmigungsverfahrens als solcher. Zweitens werden KMU besonders durch eine Unsicherheit über den Entscheidungszeitpunkt betroffen. Eine mangelnde Rechtssicherheit in dieser Frage führt dazu, dass auf der erhofften Genehmigungserteilung beruhende Investitionsvorhaben und Unternehmensstrategien schwerer planbar sind. Zu Recht erkennt die Dienstleistungsrichtlinie hierin eine abschreckende Wirkung gerade gegenüber KMU, die Genehmigung überhaupt zu beantragen.16 Zwar verpflichtet § 71c Abs. 3 VwVfG die Genehmigungsbehörde bereits de lege lata dazu, dem Antragsteller mitzuteilen, mit welcher Verfahrensdauer zu rechnen ist. Jedoch handelt es sich dabei nur um eine Prognose, deren Unrichtigkeit Konsequenzen allenfalls auf der Ebene des Amtshaftungsrechts zeitigt.17 Diese Überlegungen machen deutlich, worin Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor, insbesondere KMU, durch Änderungen des geltenden Genehmigungsrechts bestehen können. Die weitestgehende Lösung mit dem höchsten Entlastungsgrad bestünde in einer vollständigen Deregulierung, vor al___________ schäftigten 4361 Euro und bei Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten 354 Euro betragen. 15 Dazu Henning Kreibohm/Gerhard Klippstein, Administrative Belastungen und das niederländische Standard Cost Model – eine Chance für Deutschland, in: Merk (Hrsg.), Fachbeitrag Wirtschaft – Bürokratieabbau und Bürokratiekostenmessung in der Bundesrepublik Deutschland – Strategien und Modelle unter besonderer Berücksichtigung ausländischer Erfahrungen, Bielefeld 2005, S. 25 ff.; Anke Rösener/Claus Precht/Wulf Damkowski, Bürokratiekosten messen – aber wie?, Berlin 2007, S. 35 ff. 16 Erwägungsgrund 43 DLRL (Fußn. 7). 17 Jan Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, Stuttgart 2006, § 71c Rdnr. 17 f.

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I. Gegenstand der Untersuchung

lem der Aufhebung von Genehmigungserfordernissen, mit einer korrespondierenden Verdichtung der repressiven Kontrolle durch die Behörden. Will man diesen Weg nicht weiterverfolgen, so können rechtliche Erleichterungen nur an der Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens ansetzen. Die Festsetzung verbindlicher Entscheidungsfristen ist ein insoweit in Betracht kommendes Instrument, wobei sowohl die Fristbestimmung im Gesetz selbst als auch durch die Genehmigungsbehörde in Betracht kommt. Allerdings würde eine solche Setzung von Entscheidungsfristen ohne eine zusätzliche Sanktionierung der Fristüberschreitung dem Antragsteller nur wenig Vorteile bringen. Die Erhebung einer Untätigkeitsklage ist ihm bereits nach geltendem Recht (§ 75 VwGO) möglich. Deren Entlastungseffekt ist jedoch gerade für kleine und mittlere Unternehmen beschränkt, tritt doch zur Dauer des Genehmigungs- dann auch noch die Länge des Gerichtsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss hinzu. Der Zeitpunkt, zu dem ein rechtskräftiges obsiegendes Urteil vorliegen könnte, ist für den Antragsteller – auch in Anbetracht der Voraussetzungen des § 75 VwGO18 – zum Zeitpunkt der Antragstellung kaum kalkulierbar. Für die Planbarkeit unternehmerischen Verhaltens ist dieser Weg wenig attraktiv. Ein Weg, sowohl die Dauer des Genehmigungsverfahrens zu verkürzen als auch Berechenbarkeit für die Unternehmen zu schaffen, ist möglicherweise die Einführung von Genehmigungsfiktionen. Hier steht für den Antragsteller von vornherein fest, wann er die Genehmigung – und sei es in fingierter Form – in Händen hält oder der Antrag abgelehnt wird. Ob sich durch die Einführung von Genehmigungsfiktionen tatsächlich Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor, insbesondere KMU ergeben, hängt allerdings maßgeblich von der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung ab. Genehmigungsfiktionen können nicht a priori als geeignetes Mittel zur Verbesserung der Bedingungen für Unternehmen angesehen werden. Hinzuweisen ist schließlich noch auf die Möglichkeit, Genehmigungsverfahren durch Änderungen auf den Ebenen der Behördenorganisation und der Geschäftsprozesse zu beschleunigen.19 3. Vorgehensweise Die Beantwortung der Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen Genehmigungsfiktionen ein Instrument zur Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, ___________ 18 Siehe Michael Brenner, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, Baden-Baden 2006, § 75 Rdnr. 24 ff. 19 Dazu etwa aus jüngerer Zeit Jan Ziekow/Martin-Peter Oertel/Alexander Windoffer, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Empfehlungen zur Optimierung von Organisation und Verfahren am Beispiel des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart 2004.

3. Vorgehensweise

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sein können, bedarf einer gründlichen Abschichtung der relevanten Problemebenen. Den Rahmen setzen zunächst die Vorgaben des Verfassungs- und Gemeinschaftsrechts (unten II.). Sie legen die Voraussetzungen fest, unter denen Genehmigungsfiktionen zulässiger Weise durch Gesetzesänderungen implementiert werden können oder – umgekehrt – ggf. sogar eingeführt werden müssen. Nur innerhalb dieses Rahmens können sich die folgenden Überlegungen bewegen. Zu beachten ist weiterhin, dass sich möglicherweise nicht alle Genehmigungserfordernisse in gleicher Weise für die Einführung von Genehmigungsfiktionen eignen. Gründe können sowohl im Typus der jeweiligen Genehmigung als auch in einer Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens, die bestimmten Gesichtspunkten besonders Rechnung tragen soll, liegen. Daher sind die Bedeutung unterschiedlicher Formen von Genehmigungserfordernissen und die Struktur von Genehmigungsverfahren näher zu untersuchen (unten III.). Im Anschluss an die oben (I.2.a) vorgenommen Überlegungen ist anschließend der Begriff der Genehmigungsfiktion zu definieren und gegenüber anderen Instrumenten abzugrenzen. Für das Verständnis der Struktur und Wirkungsweise des Instituts der Genehmigungsfiktion unverzichtbar ist die Erarbeitung von Referenzbereichen, in denen Genehmigungsfiktionen bereits etabliert sind (unten IV.). Deren Analyse kann wichtige Wegzeigungen für die Erschließung weiterer möglicher Einsatzfelder des Instituts bieten. Die genannte Analyse stellt gleichzeitig den Ausgangsbefund für eine Typologisierung der Genehmigungsfiktion (unten V.) zur Verfügung. Ohne eine Untersuchung der Voraussetzungen und Wirkungen von Genehmigungsfiktionen, des anwendbaren Regelungsregimes, der Rechtsschutzmöglichkeiten sowie des sich aus der Zusammenschau dieser Elemente ergebenden Beschleunigungspotentials sind Vorschläge zur Einführung von Genehmigungsfiktionen in weiteren Bereichen nicht möglich. In einem nächsten Schritt wird anschließend das Augenmerk auf identifizierte Regelungsprobleme gerichtet werden (unten VI.). Hierbei geht es um Einzelfragen der Ausgestaltung von Genehmigungsfiktionen, welche der Funktionsoptimierung des Instituts dienen. Die durch diese Bearbeitungsschritte gewonnenen Erkenntnisse werden schließlich für die Bewertung der Potentiale der Einfügung von Genehmigungsfiktionen in das rheinland-pfälzische Genehmigungsrecht fruchtbar gemacht (unten VII.).

II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Der Rahmen, innerhalb dessen sich alle Überlegungen zu einem verstärkten Einsatz des Instruments der Genehmigungsfiktion bewegen müssen, wird durch das Verfassungs- und das europäische Gemeinschaftsrecht gezogen. Nur Regelungen, die sich innerhalb dieses Rahmens halten, dürfen zulässigerweise getroffen werden. Dabei sind sowohl solche verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, die der Verwendung von Genehmigungsfiktionen ggf. generell entgegenstehen oder bestimmte Anforderungen an die Ausgestaltung von Fiktionsregelungen stellen, als auch solche Gesichtspunkte zu ermitteln, die für die Einführung von Genehmigungsfiktionen sprechen oder sie sogar fordern. 1. Verfassungsrecht Mit Blick auf die Fragestellung, inwieweit Genehmigungsfiktionen als Mittel zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren eingesetzt werden können, ist zunächst auf Gesichtspunkte einzugehen, die gegen eine verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Genehmigungsfiktionen eingewandt werden (II.1.a). Anschließend werden aus dem Verfassungsrecht ableitbare Anforderungen untersucht, zu deren Verwirklichung der Einsatz des Instruments der Genehmigungsfiktion unter Umständen beitragen könnte (II.1.b). Sich hieraus ggf. ergebenden Folgerungen soll dann zusammenfassend nachgegangen werden (II.1.c). a) Genehmigungsfiktionen möglicherweise entgegenstehende oder ihren Einsatz begrenzende verfassungsrechtliche Anforderungen Entscheidend für eine Verbreiterung der Einsatzgebiete von Genehmigungsfiktionen ist die Feststellung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes dieses Instruments. So findet sich in der Literatur die Auffassung, aus verfassungsrechtlicher Perspektive sei dem Gesetzgeber die Einführung von Genehmigungsfiktionen nur in Annexbereichen gestattet.20 Sofern sich grundsätzliche Bedenken überwinden lassen sollten, sind für im weiteren Verlauf der vorliegenden Untersuchung anzustellende Überlegungen vor allem die auch auf die Ausgestaltung von Fiktionsregelungen ausstrahlenden verfassungsrechtlichen Anforderungen von Bedeutung. ___________ 20

Caspar (Fußn. 2), S. 150.

1. Verfassungsrecht

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aa) Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung? Bedenken gegen Genehmigungsfiktionen sollen nach zuweilen vertretener Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung obwalten. Da die Behörden faktisch die Möglichkeit erhielten, von Kontrollen abzusehen und gleichwohl Genehmigungswirkungen zu erzeugen, würde der Gesetzesvollzug in das Belieben der Behörden gestellt.21 Insoweit ist zunächst zu unterscheiden: Wird ein Genehmigungsantrag gestellt und führt die Genehmigungsbehörde das Genehmigungsverfahren ordnungsgemäß durch, verzichtet dann aber auf den Erlass einer Genehmigung, weil deren Wirkungen nach der Fiktionsregelung ohnehin eintreten, so kann von vornherein keine Rede davon sein, dass der Gesetzesvollzug in das Belieben der Behörde gestellt würde. Selbst wenn die Durchführung eines vollständigen Genehmigungsverfahrens unterbleibt, wird man kaum davon sprechen können, dass der Gesetzesvollzug in das Belieben der Verwaltung gestellt würde. Ebenso wenig wie die einer Behörde faktisch zur Verfügung stehende Möglichkeit, ohne Prüfung eines Genehmigungsantrags einen (rechtswidrigen) Genehmigungsbescheid zu erlassen, sie aus ihrer in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Gesetzesbindung entlässt, ist dies beim Eintritt der Wirkung einer Genehmigungsfiktion der Fall. Auch in umgekehrter Richtung verstoßen Genehmigungsfiktionen nicht gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Dadurch, dass der Gesetzgeber die Fiktion einer Genehmigung nach Ablauf einer Entscheidungsfrist anordnet und damit eine sonst durch die Verwaltung zu treffende Entscheidung ersetzt, greift er nicht in einen durch das Grundgesetz ausschließlich der Verwaltung vorbehaltenen Entscheidungsbereich ein. Der Gesetzesvollzug beschreibt keinen Aufgabenbereich, der durch das Grundgesetz der Autonomie der Exekutive vorbehalten worden wäre. Vielmehr ist der der Verwaltung zur Verfügung stehende Handlungsspielraum durch die gesetzgeberischen Entscheidungen begrenzt.22 Da die Statuierung einer Genehmigungsfiktion der Exekutive die Möglichkeit lässt, innerhalb der vorgesehenen Entscheidungsfrist selbst zu entscheiden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die der Verwaltung durch das Grundgesetz zugewiesene Funktion durch eine solche Entscheidung des Gesetzgebers beeinträchtigt wird.

___________ 21

Caspar (Fußn. 2), S. 149. Jachmann (Fußn. 2), S. 874 ff.; Martin Oldiges, Der fiktive Verwaltungsakt. Bemerkungen auch zu § 15 Abs. 2 BImSchG, JbUTR 2000, S. 41 (47). 22

II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

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bb) Unzulässige Lockerung der Gesetzesbindung der Exekutive? Weiterhin wird die Auffassung vertreten, dass Genehmigungsfiktionen zu einer Lockerung der durch Art. 20 Abs. 3 GG geforderten Gesetzesbindung der Exekutive führten. Es sei nicht überprüfbar, ob der Eintritt der Genehmigungswirkung auf einem bewussten Untätigbleiben der Genehmigungsbehörde nach vollständiger Überprüfung des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen oder auf einem Vollzugsdefizit im Sinne eines behördlichen Versäumnisses beruhe.23 Hierzu ist bereits oben im Zusammenhang der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz Stellung genommen worden. Eine Relativierung der Gesetzesbindung der Verwaltung findet nicht statt. Im Kern geht es vielmehr um die Tangierung von drei anderen verfassungsrechtlichen Postulaten, nämlich des verfahrensrechtlichen Schutzes der Rechte Drittbetroffener, der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG sowie der Beachtung des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Untersuchungsgrundsatzes. Im Übrigen kommt es vor allem darauf an, dass die festgesetzte Entscheidungsfrist der Genehmigungsbehörde eine gründliche Prüfung ermöglicht und im Einzelfall auftretenden Schwierigkeiten mit einer Fristverlängerung begegnet werden kann.24 cc) Beachtung des Gebots der Rechtsklarheit Zu überprüfen ist auch, ob die Figur der Genehmigungsfiktion dem ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip fließenden Gebot der Rechtsklarheit entspricht. Dieses Gebot verlangt, dass ohne unzumutbare Schwierigkeiten Gewissheit über den Bestand rechtswirksamer Staatsakte erlangt werden kann.25 Aus diesem Grunde werden Verwaltungsakte gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG erst mit der Bekanntgabe und nur mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam. An einer solchen Bekanntgabe fehlt es bei fingierten Genehmigungen gerade. Dabei kann die notwendige Verlautbarung nicht schon darin gesehen werden, dass die Rechtsnorm, die den Eintritt der Fiktionswirkung anordnet, ihrerseits verkündet worden ist, wirkt doch auch die fingierte Genehmigung konkret-individuell und ist deshalb vom abstrakt-generellen Regelungsprogramm der Rechtsnorm zu unterscheiden.26 ___________ 23

Caspar (Fußn. 2), S. 149. Jachmann (Fußn. 2), S. 884 f. 25 Bernd Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, München 2006, Art. 20 VII Rdnr. 51; Michael Sachs, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, 3. Aufl. München 2003, Art. 20 Rdnr. 123; Helmuth Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. 2, 2. Aufl. Tübingen 2006, Art. 20 (Rechtsstaat) Rdnr. 141. 26 Jachmann (Fußn. 2), S. 862 f. 24

1. Verfassungsrecht

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Allerdings fordert das Rechtsstaatsprinzip nicht mehr, als dass die von dem staatlichen Akt Betroffenen auf zumutbare Weise Kenntnis vom Inhalt des Aktes erlangen können.27 Notwendig ist insbesondere, dass der Betroffene Veranlassung erhält, sich mit der Existenz des ihn betreffenden staatlichen Aktes zu befassen und ihr nachzugehen. Für den die Genehmigung Beantragenden besteht diese Anstoßwirkung schon darin, dass er den Antrag gestellt hat und sich über den Eintritt einer möglicherweise statuierten Genehmigungsfiktion informieren muss. Mit Blick auf den Genehmigungsadressaten ist mithin dem Gebot der Rechtsklarheit bei der Genehmigungsfiktion ohne weiteres genügt.28 Eine zusätzliche Verlautbarung gegenüber eventuellen Drittbetroffenen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich. Auch ein Verwaltungsakt bedarf nicht der Bekanntgabe gegenüber jedem Drittbetroffenen, um im Sinne des § 43 Abs. 1 VwVfG Wirksamkeit zu erlangen. In diesem Fall fehlt es nur an der Wirksamkeit gegenüber dem Drittbetroffenen.29 Insoweit ist die Situation bei der fingierten Genehmigung keine andere.30 dd) Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes Ebenso wenig lassen sich aus dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Bestimmtheitsgrundsatz durchgreifende Bedenken gegenüber dem Institut der Genehmigungsfiktion formulieren. Zwar sind die Anforderungen an die Bestimmtheit von Einzelakten strenger als die an die Bestimmtheit von Normen.31 Jedoch wird auch insoweit nur gefordert, dass die Adressaten des Aktes dessen Inhalt mit einer Sicherheit erkennen können, die es ihnen ermöglicht, ihr Verhalten danach einzurichten.32 Für eine fingierte Genehmigung ist die erforderliche Bestimmtheit daher gegeben, wenn die Fiktionswirkung sich auf einen Antrag bezieht, der seinerseits den Bestimmtheitsanforderungen genügt.33 Der Antrag muss so gefasst sein, dass er mit diesem Inhalt in eine den Anforderungen des § 37 VwVfG genügende Genehmigung übernommen werden könnte. Eine Regelung einer Genehmigungsfiktion, die sich mit geringeren Anforderungen an den Antrag begnügen würde, wäre verfassungsrechtlich unzulässig. ___________ 27 BVerfGE 65, S. 283 (291); Grzeszick (Fußn. 25), Art. 20 VII Rdnr. 53; Hartmut Maurer, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Heidelberg Feb. 2007, Art. 82 Rdnr. 90. 28 Jachmann (Fußn. 2), S. 867. 29 Ziekow (Fußn. 17), § 43 Rdnr. 11 m.w.N. 30 Jachmann (Fußn. 2), S. 868 f. 31 Grzeszick (Fußn. 25), Art. 20 VII Rdnr. 68. 32 BVerfGE 56, S. 1 (12); 62, S. 169 (183); 78, S. 205 (212); 83, S. 130 (145); 84, S. 133 (149); 87, S. 234 (263); 110, S. 33 (53); Sachs (Fußn. 25), Art. 20 Rdnr. 126; Schulze-Fielitz, (Fußn. 25), Art. 20 (Rechtsstaat) Rdnr. 129. 33 Jachmann (Fußn. 2), S. 871.

II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

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ee) Vollständigkeit der Tatsachenermittlung Das Rechtsstaatsprinzip, vor allem der darin enthaltene Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, macht die nicht an den Vortrag der Beteiligten gebundene Sachverhaltsaufklärung durch Amtsermittlung im öffentlichen Interesse notwendig.34 Grundlage des Untersuchungsgrundsatzes ist im Wesentlichen die dem Schutz betroffener Grundrechte und der Gesetzesbindung der Verwaltung verpflichtete Gewähr der sachlichen Richtigkeit des Verwaltungshandelns durch Verwaltungsverfahren.35 Daneben dient die Amtsermittlung zugleich dem Rechtsschutz der Beteiligten.36 Diese Grundsätze schließen einen Automatismus aus, der auf die Einreichung eines Genehmigungsantrags ohne weitere Kautelen den Eintritt einer Genehmigungsfiktion folgen ließe. Auch bei Einführung des Instruments einer Genehmigungsfiktion muss die Behörde ihrer Letztverantwortung für die Sachverhaltsermittlung gerecht werden können. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Letztverantwortung und nicht um eine Pflicht, in jedem Fall eine vollumfängliche Sachverhaltsermittlung selbst durchzuführen. Schon § 26 Abs. 2 VwVfG macht deutlich, dass die Verfahrensbeteiligten eng in die Rekonstruktion des Sachverhalts eingebunden sind. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen wird auch genügt, wenn die Behörde dem Antragsteller aufgibt, die für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Unterlagen vollständig vorzulegen und sich in nachvollziehender Amtsermittlung damit begnügt, die Unterlagen auf ihre Plausibilität zu überprüfen und zumindest stichprobenartige Kontrollermittlungen durchzuführen.37 Für den Fragenkreis der Einführung von Genehmigungsfiktionen betrifft dies das Problem der Fiktionsfähigkeit des Antrags (dazu V.2.). Zwar kann das Maß an Sachverhaltsrichtigkeit bei der nachvollziehenden Amtsermittlung hinter dem bei einer vollständigen Ausermittlung durch die Behörde Erzielbaren zurück bleiben. Jedoch wird der verfassungsrechtlich relevante Bereich erst tangiert, wenn Plausibilitäts- und Stichprobenprüfung unterbleiben.38 Weiterhin fordert der Untersuchungsgrundsatz, dass die Entscheidungsfristen, innerhalb derer die Genehmigungsbehörde über die Erteilung oder Versagung der Genehmigung zu entscheiden hat, eine dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand angemessene Länge aufweisen. Es muss für die Genehmi___________ 34

Ziekow (Fußn. 6), S. 71. Wilfried Berg, Zur Untersuchungsmaxime im Verwaltungsverfahren, Verw. 1976, S. 161 (165); Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 24 Rdnr. 3. 36 VG Potsdam, 21.3.2003 – 14 K 4539/99. 37 Jens-Peter Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, Berlin 1991, S. 126 ff.; ders., Kooperative Verwaltungsverfahren, VerwArch 87 (1996), S. 38 (55 f.). 38 Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 24 Rdnr. 10d. 35

1. Verfassungsrecht

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gungsbehörde tatsächlich die Möglichkeit bestehen, das gesamte entscheidungsrelevante Datenmaterial zu ermitteln.39 Insoweit sind für die Genehmigung von Vorhaben, die einen hohen Komplexitätsgrad aufweisen oder für die die Möglichkeit nahe liegt, dass zahlreiche Drittbetroffenheiten zu ermitteln und zu bewerten sind, – ggf. deutlich – längere Entscheidungsfristen vorzusehen als für die Entscheidung über einfacher gelagerte Genehmigungsanträge. Was der Untersuchungsgrundsatz fordert, ist insoweit abhängig von der zu bewältigenden materiellen Entscheidungssituation. Diese kann es auch fordern, dass eine vollständige Amtsermittlung in jedem Fall unverzichtbar ist, beispielsweise bei einem hohen Risikopotential des genehmigungsbedürftigen Vorhabens oder der Notwendigkeit, zahlreiche divergierende Interessen zu ermitteln und zu einem Ausgleich zu bringen. Schon aus diesem Grunde ist es kaum vorstellbar, den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses durch eine „Planfeststellungsfiktion“ zu ersetzen. ff) Der Einfluss grundrechtlicher Schutzpflichten Darüber hinaus wird aus den grundrechtlichen Schutzpflichten des Staates teilweise abgeleitet, dass bei Verfahren, deren Ergebnis Individualrechtsgüter betrifft, die notwendige Genehmigung nicht durch das schlichte Unterlassen einer behördlichen Entscheidung ersetzt werden könne.40 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kategorie der grundrechtlichen Schutzpflicht wie die des Grundrechtsschutzes durch Verfahren zwar aus der Bedeutung der Grundrechte als objektiven Wertentscheidungen41 abgeleitet wird, jedoch von der verfahrensrechtlichen Wirkung verschieden ist. Zusammenfassend wird unter einer Schutzpflicht die Pflicht des Staates zum Schutz des in einem Grundrecht genannten Rechtsguts vor Eingriffen von anderer Seite als der deutschen Staatsgewalt, insbesondere durch Private, verstanden.42 Grundrechtstheoretisch verankert ist die Schutzpflicht in der durch Art. 1 ___________ 39

Jachmann (Fußn. 2), S. 885. Caspar (Fußn. 2), S. 150. 41 Dazu BVerfGE 7, S. 198 (205); 49, S. 89 (141 f.); 73, S. 261 (269); 96, S. 56 (64); Hans D. Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 8. Aufl. München 2006, Vorb. vor Art. 1 Rdnr. 3. 42 BVerfGE 39, S. 1 (41); 46, S. 160 (164); 49, S. 89 (140 f.); 53, S. 30 (57); 56, S. 54 (73); 88, S. 203 (251); Robert Alexy, Theorie der Grundrechte, Baden-Baden 1985, S. 410; Christian Calliess, Schutzpflichten, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II: Grundrechte in Deutschland: Allgemeine Lehren I, Heidelberg 2006, § 44 Rdnr. 4; Johannes Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, Berlin 1992, S. 102 f.; Georg Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit. Schutzpflicht und Schutzanspruch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Heidelberg 1987, S. 226 ff.; Josef Isensee, Das Grundrecht auf Si40

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II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

Abs. 1 S. 2 GG ausgesprochenen Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen zu schützen. Normstrukturell kann sich diese Verpflichtung nur auf Gefährdungen beziehen, die der Menschenwürde aus dem außerhalb der Grundrechtsbindung des Art. 1 Abs. 3 GG stehenden Bereich drohen.43 Schutzpflichtfähig sind alle Freiheitsrechte44, wobei das zur Auslösung der Schutzpflicht erforderliche Niveau der von einem Dritten ausgehenden Grundrechtsgefährdung in Abhängigkeit von der Art des geschützten Rechtsguts, der Spezifika seiner Beschränkungsmöglichkeiten und der Intensität der drohenden Gefahr zu bestimmen ist45. Als prototypisch für ein Grundrecht mit niedriger Aktivierungsschwelle kann das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) gelten, das wegen der regelmäßigen Irreversibilität seiner Beeinträchtigung eines früh einsetzenden Schutzes bedarf.46 Zu erfüllen ist die Schutzpflicht grundsätzlich vom Gesetzgeber.47 Art und Umfang des Schutzes sind verfassungsrechtlich nicht im Einzelnen determiniert, sondern stehen in der Bestimmung des Gesetzgebers: „Die Verfassung gibt den Schutz als Ziel vor, nicht aber seine Ausgestaltung im einzelnen.“48 Entscheidend ist allein, dass der Schutz als solcher wirksam ist; insoweit gilt das sog. Untermaßverbot.49 Ein zentrales Element zur Erfüllung einer grundrechtlichen Schutzpflicht ist die Statuierung eines Genehmigungsvorbehalts durch den Gesetzgeber. Das Genehmigungsverfahren bietet die Möglichkeit, eventuelle Be___________ cherheit. Zu den Schutzpflichten des freiheitlichen Verfassungsstaates, Berlin/New York 1983, S. 34 f.; Bernd Jeand’Heur, Verfassungsrechtliche Schutzgebote zum Wohl des Kindes und staatliche Interventionspflichten aus der Garantienorm des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG, Berlin 1993, S. 90; Hans H. Klein, Die grundrechtliche Schutzpflicht, DVBl. 1994, S. 489 (490); Eckart Klein, Grundrechtliche Schutzpflicht des Staates, NJW 1989, S. 1633 (1636); Alexandra Pietrzak, Die Schutzpflicht im verfassungsrechtlichen Kontext, JuS 1994, S. 748. Siehe aus der Literatur auch – teilweise mit kritischen Ansätzen – Liv Jaeckel, Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht, Baden-Baden 2001; Peter Szczekalla, Die sogenannten grundrechtlichen Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht, Berlin 2002; Peter Unruh, Zur Dogmatik der grundrechtlichen Schutzpflichten, Berlin 1996. 43 Jan Ziekow, Über Freizügigkeit und Aufenthalt. Paradigmatische Überlegungen zum grundrechtlichen Freiheitsschutz in historischer und verfassungsrechtlicher Perspektive, Tübingen 1997, S. 387. 44 Calliess (Fußn. 42), Rdnr. 23; Dietlein (Fußn. 42), S. 81 ff. 45 Calliess (Fußn. 42), Rdnr. 25. 46 Dietlein (Fußn. 42), S. 72; Isensee (Fußn. 42), S. 38. 47 Calliess (Fußn. 42), Rdnr. 26; Isensee (Fußn. 42), S. 42. 48 BVerfGE 88, S. 203 (254). 49 BVerfGE 88, S. 203 (254). Zur Figur des Untermaßverbotes Johannes Dietlein, Das Untermaßverbot, ZG 1995, S. 131 ff.; Karl-Eberhard Hain, Der Gesetzgeber in der Klemme zwischen Übermaß- und Untermaßverbot?, DVBl. 1993, S. 982 ff.; Detlef Merten, Grundrechtliche Schutzpflichten und Untermaßverbot, in: Stern/Grupp (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Joachim Burmeister, Heidelberg 2005, S. 227 (240 ff.).

1. Verfassungsrecht

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troffenheiten von Grundrechten Dritter durch die Ausnutzung der beantragten Genehmigung zu ermitteln und ihrem Schutz bei der Genehmigungserteilung Rechnung zu tragen. Gewährleistet das Genehmigungsverfahren dieses, so steht das Untermaßverbot nicht entgegen. Anders kann es sich in der Tat verhalten, wenn an die Stelle einer behördlichen Genehmigung ein behördliches Unterlassen tritt. Allerdings kann dies nicht in der Weise verallgemeinert werden, dass in allen Fällen, in denen durch das fragliche Vorhaben eines Privaten grundrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter beeinträchtigt werden können, zwingend präventiv ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss. Vielmehr kann es zur Erfüllung der Schutzpflicht ausreichen, die Behörde in einem Anzeigeverfahren über das Vorhaben zu informieren und dieser dadurch Gelegenheit zu einem zum Schutz privater Rechtsgüter ggf. erforderlichen repressiven Einschreiten zu geben. Entsprechend obwalten auch gegenüber der Einführung von Genehmigungsfiktionen keine grundsätzlichen Bedenken, erhält doch die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit zur präventiven Prüfung. Von einer Ersetzung einer behördlichen Genehmigung durch ein bloßes Untätigbleiben der Verwaltung kann daher keine Rede sein. Allerdings können die Wertigkeit der durch den Gegenstand der Genehmigung unter Umständen beeinträchtigten Rechtsgüter bzw. die Intensität der drohenden Beeinträchtigungen die ausnahmslose Durchführung eines präventiven Genehmigungsverfahrens fordern. In solchen Fällen würde die Einführung einer Genehmigungsfiktion dem durch die grundrechtliche Schutzpflicht geforderten Standard nicht gerecht. Zu denken ist vor allem an Konstellationen, in denen von der genehmigungsbedürftigen Tätigkeit oder Anlage Gefahren für Leib und Leben Dritter ausgehen können. Unterhalb dieser Schwelle hängt es von den genannten Parametern ab, wie die – zulässige – Genehmigungsfiktion unter dem Gesichtspunkt der grundrechtlichen Schutzpflicht auszugestalten ist. So kann es notwendig sein, der Behörde Instrumente zur Verfügung zu stellen, um auch nach Eintritt der Fiktionswirkung auf Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Positionen Dritter reagieren zu können. In Betracht kommen insoweit etwa die nachträgliche Hinzufügung von Nebenbestimmungen oder die Aufhebung der fingierten Genehmigung.50 gg) Grundrechtsschutz Drittbetroffener durch Verfahren Dass sich aus den Grundrechten Konsequenzen für die Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren ergeben, darf als gesichert bezeichnet werden.51 Aus den ___________ 50

Insoweit zutreffend Daniel Spitzhorn, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Fingierte Genehmigungen, ZRP 2002, S. 196 (198). 51 Siehe aus der Diskussion nur Daniel Bergner, Grundrechtsschutz durch Verfahren – Eine rechtsvergleichende Untersuchung des deutschen und britischen Verwaltungsver-

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II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

einzelnen Grundrechten folgt eine objektiv-rechtliche Pflicht des Gesetzgebers zu einer effektiven Grundrechtsschutz gewährleistenden Bereitstellung einer Verfahrensgestaltung.52 Dabei hängen das Ob und die Reichweite der grundrechtlich geforderten Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens zum einen von Art und Intensität des Grundrechtseingriffs, zum anderen davon ab, inwieweit der Grundrechtsschutz durch die nachträgliche Kontrolle der Gerichte gewährleistet ist.53 Ein solcher Rechtsschutz durch Verwaltungsverfahren ist in erster Linie dann geboten, wenn die gerichtliche Kontrolle aufgrund von Ermessensund Beurteilungsspielräumen der Verwaltung beschränkt ist.54 Dies bedeutet allerdings nicht, dass in den Fällen, in denen eine solche Beschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte nicht besteht, das Verwaltungsverfahren von grundrechtlichen Anforderungen frei ist. Insbesondere dann, wenn Dritte durch die verfahrensabschließende Entscheidung in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können, ist es grundrechtlich geboten, ihnen im Verwaltungsverfahren die zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlichen Informationen zu gewähren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu der zu findenden Entscheidung zu geben.55 Die Einführung von Genehmigungsfiktionen darf nicht dazu führen, dass das grundrechtliche Schutzniveau unterschritten wird. Auch aus diesem Grund – und wegen des aus dem Rechtsstaatsprinzip fließenden Abwägungsgebots56 – können Planungsentscheidungen, insbesondere ___________ fahrensrechts, München 1998; Herbert Bethge, Grundrechtsverwirklichung und Grundrechtssicherung durch Organisation und Verfahren, NJW 1982, S. 1 ff.; Willi Blümel, Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: ders. (Hrsg.), Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, Berlin 1982, S. 23 ff.; Klaus-Peter Dolde, Grundrechtsschutz durch einfaches Verfahrensrecht?, NVwZ 1982, S. 65 ff.; Helmut Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien, Baden-Baden 1981; Dieter Grimm, Verfahrensfehler als Grundrechtsverstöße, NVwZ 1985, S. 865 ff.; Jürgen Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, Berlin 1984; Peter-Michael Huber, Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren als Kompetenzproblem in der Gewaltenteilung und im Bundesstaat, München 1988, S. 5 ff.; Wolfgang Kahl, Grundrechtsschutz durch Verfahren in Deutschland und in der EU, VerwArch 95 (2004), S. 1 ff.; Fritz Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, in: Müller/Rhinow u.a. (Hrsg.), Staatsorganisation und Staatsfunktionen im Wandel. Festschrift für Kurt Eichenberger zum 60. Geb., Basel/Frankfurt a.M. 1982, S. 183 ff.; Eberhard Schmidt-Aßmann, Grundrechte als Organisations- und Verfahrensgarantien, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, Heidelberg 2006, § 45. 52 BVerfGE 53, S. 30 (65 f.); 73, S. 280 (296); 84, S. 59 (72); BVerfG NJW-RR 1998, S. 1001 (1002); NJW 2007, S. 753 (755). 53 BVerfGE 84, S. 34 (46). 54 Hermann Pünder, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. Berlin 2006, § 12 Rdnr. 12. 55 Zusammenfassend Pünder (Fußn. 54), § 12 Rdnr. 13 m.w.N. 56 Grzeszick (Fußn. 25), Art. 20 VII, Rdnr. 107, 117 f.; Klaus Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 2. Aufl. München 1984, § 20 IV 7 e Ȗ (S. 866 f.);

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Planfeststellungen, die einen realen Ausgleich der konfligierenden Positionen erfordern, nicht durch Genehmigungsfiktionen ersetzt werden.57 Entsprechendes gilt, wenn durch die Ausnutzung der Genehmigung Gefahren für besonders wichtige Rechtsgüter der Drittbetroffenen, insbesondere deren Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, drohen und das Genehmigungserfordernis gerade dazu dient, dieses Gefahrenpotential bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Unterhalb dieser Ebene setzt der Gedanke des Grundrechtsschutzes durch Verfahren Grenzen für den Umgang mit Drittbetroffenheiten in Verfahren, für die eine Genehmigungsfiktion vorgesehen werden soll. Ausgangspunkt ist das bereits genannte Gebot, den Drittbetroffenen die zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlichen Informationen zu gewähren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu der zu findenden Entscheidung zu geben. Ist dies der Fall, d. h. ist den (potentiellen) Drittbetroffenen ein Anstoß zur Geltendmachung ihrer rechtlich geschützten Positionen in dem Genehmigungsverfahren gegeben worden und hatten die Drittbetroffenen eine – auch in zeitlicher Hinsicht – angemessene Möglichkeit zur Einbringung ihrer Belange, so ist den grundrechtlichen Anforderungen in der Regel genügt und die Einführung einer Genehmigungsfiktion zulässig.58 Nutzen die Drittbetroffenen diese Möglichkeit nicht, d. h. erheben sie in einer ihnen gesetzten Frist keine Einwendungen, so können sie mit diesen Einwendungen auch materiell präkludiert werden.59 Anderes muss aber gelten, wenn die Drittbetroffenen ihre rechtlich geschützten Positionen in das Verfahren eingebracht haben. In dieser Konstellation kann die Genehmigungsfiktion zu keinem Rechtsverlust der Drittbetroffenen führen. hh) Gewährung effektiven Rechtsschutzes Von der dem Problemkreis grundrechtlich geforderter Verfahrensstandards zuzuordnenden Frage der äquivalenten Grundrechtssicherung durch nachträgli___________ Reinhold Zippelius/Thomas Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Aufl. München 2005, § 12 III 6 (S. 110 ff.). 57 Jachmann (Fußn. 2), S. 904 ff. 58 Jachmann (Fußn. 2), S. 899. 59 Jachmann (Fußn. 2), S. 899. Zur materiellen Präklusion Drittbetroffener Matthias Niedzwicki, Präklusionsvorschriften des öffentlichen Rechts im Spannungsfeld zwischen Verfahrensbeschleunigung, Einzelfallgerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Zur Vereinbarkeit der Präklusion mit dem Grundgesetz und mit dem Europarecht, Berlin 2007; Markus Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, Göttingen 2004; Dirk Solveen, Zur materiellen Präklusion im Fernstraßenplanungsrecht, DVBl. 1997, S. 803 ff.; ders., Die materielle Präklusion im Fachplanungsrecht, beispielhaft untersucht anhand § 17 Abs. 4 FStrG, Frankfurt a. M./Bern/Wien 1998; Bernhard Stüer/Markus Rieder, Präklusion im Fernstraßenrecht, DÖV 2003, S. 473 ff.

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chen Gerichtsschutz zu unterscheiden sind die Vorgaben, die Art. 19 Abs. 4 GG für die Angreifbarkeit fingierter Genehmigungen formuliert. Denn in keinem Fall kann die Möglichkeit der Inanspruchnahme nachträglichen Rechtsschutzes die Außerachtlassung grundrechtlicher Verfahrensstandards während des Genehmigungsverfahrens legitimieren.60 Umgekehrt kann eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens nicht von der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen Eröffnung des Rechtwegs freistellen, wenn die fingierte Genehmigung Grundrechte verletzt. Dabei ist zu beachten, dass Art. 19 Abs. 4 insoweit (aber auch nur insoweit) Vorwirkungen auf das Verwaltungsverfahren entfaltet wie das Verwaltungsverfahren nicht so angelegt sein darf, dass die Erlangung gerichtlichen Rechtsschutzes vollständig vereitelt oder unzumutbar erschwert wird.61 Der Eintritt der Fiktionswirkung darf daher nicht in der Weise wirken, dass der Zugang zum Rechtsweg durch unüberwindbare Hürden versperrt wird. Auch eine fingierte Genehmigung muss durch Drittbetroffene zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können. Dies schließt es beispielsweise aus, dass die Wirkung der Genehmigungsfiktion eine inter omnes wirkende Rechtmäßigkeitsfiktion beinhaltet (dazu V.4.b). Eine materielle Präklusion säumiger Drittbetroffener, die trotz Information über das Verfahren und seinen Gegenstand ihnen mögliche Gesichtspunkte nicht vorbringen, ist unter den gleichen Voraussetzungen wie beim Erlass einer ausdrücklichen Behördenentscheidung möglich. ii) Beteiligung von öffentlichen Stellen Anders als bei den in ihren Rechten betroffenen Dritten ist die Einbeziehung anderer öffentlicher Stellen in ein Verwaltungsverfahren grundrechtlich nicht geboten. Allerdings kann es auch insoweit verfassungsrechtlich begründete subjektive Rechte geben, aufgrund derer eine Einbeziehung der Stelle in das Verwaltungsverfahren geboten sein kann. Beispiel ist das aus Art. 28 Abs. 2 GG abzuleitende Recht der Gemeinde, an Verfahren, die Auswirkungen z. B. auf die Planungshoheit der Gemeinde haben können, beteiligt zu werden.62 Darüber hinaus kann es die Wahrung von verfassungsrechtlich geordneten Kompetenzen gebieten, dass ein Kompetenzträger Gelegenheit erhält, die von ihm ausschließlich wahrzunehmenden Gesichtspunkte in das von einem anderen Kompetenzträger geführte Verfahren einzubringen.63 Solchermaßen verfassungsrechtlich ___________ 60

Jachmann (Fußn. 2), S. 901. BVerfGE 61, S. 82 (110). 62 BVerfGE 56, S. 298 (320); BVerfG, NVwZ 1996, S. 261; NVwZ 1999, S. 520 (521); NVwZ 2002, S. 72 (73). 63 Ferdinand Kopp, Beteiligung und Rechtsschutz der Länder in Planfeststellungsverfahren des Bundes, NuR 1991, S. 449 ff. 61

1. Verfassungsrecht

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geforderte Verfahrenseinbeziehungen öffentlicher Stellen dürfen durch die Statuierung von Genehmigungsfiktionen nicht entwertet werden. Hiervon zu unterscheiden sind einfachgesetzlich begründete Verfahrensbeteiligungen von Trägern öffentlicher Belange, die verfassungsrechtlich unerhebliche Kompetenzverluste kompensieren, Akzeptanz schaffen, bestimmte Sachgesichtspunkte besonders akzentuieren, die behördliche Informationsgrundlage verbreitern oder anderen Zwecken dienen sollen.64 b) Förderung der Verwirklichung verfassungsrechtlicher Vorgaben durch Genehmigungsfiktionen? Dass die grundrechtlich materiell geschützten Positionen eine zeitliche Dimension aufweisen, ist eindeutig. Wird z. B. der Eigentümer an der Nutzung seiner durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Stellung auch nur vorübergehend durch die rechtswidrige Versagung einer Genehmigung gehindert, so liegt darin eine entschädigungspflichtige Aufopferung seines Eigentumsrechts. Zum Inhalt der Eigentümerbefugnisse gehört demnach auch die Bestimmung über die zeitliche Dimension ihrer Nutzung. In das Eigentum wird nicht nur dann eingegriffen, wenn der Berechtigte vollständig an der Ausübung seines Rechts gehindert wird, sondern schon dann, wenn er den Zeitpunkt der Nutzung seiner Eigentümerbefugnisse nicht mehr selbst bestimmen kann. Für die Wahrnehmung anderer grundrechtlicher Befugnisse, im hier interessierenden Zusammenhang etwa denen aus dem von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht der Berufsfreiheit, gilt nichts anderes. Zur grundrechtlich abgeschirmten Freiheitssphäre gehört schlechterdings auch die Bestimmung des „Wann“ des Freiheitsgebrauchs. Jede durch ein behördliches Handeln verursachte Verzögerung der Möglichkeit der Grundrechtsausübung stellt einen Grundrechtseingriff dar. Wichtig ist dies vor allem für die vorliegend relevanten Genehmigungsverfahren: Ist für die Aufnahme oder Ausübung einer Tätigkeit, etwa die Errichtung einer Anlage oder den Beginn einer wirtschaftlichen Unternehmung, eine behördliche Erlaubnis erforderlich, so liegt in diesem Genehmigungserfordernis ein Grundrechtseingriff. Sofern die Notwendigkeit der Einholung der Erlaubnis der Behörde z. B. die Kontrolle ermöglichen soll, ob die im Interesse der Gemeinwohlanforderungen und zum Schutze anderer formulierten Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden, dient der Eingriff einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck und ist insoweit gerechtfertigt. Dies gilt jedoch nur so lange, wie die Dauer des Genehmigungsverfahrens zur Erreichung seines Ziels erforderlich ist. Überschreitet das Verfahren die notwendige Dauer, so entfällt die Rechtfertigung des Ein___________ 64

Siegel (Fußn. 1), S. 63 ff.

II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

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griffs. Überlange Genehmigungsverfahren stellen deshalb Grundrechtsverletzungen dar.65 Für den Gesetzgeber ergibt sich aus diesem Befund die objektiv-rechtliche Pflicht, eine Verfahrensgestaltung bereitzustellen, die effektiven Grundrechtsschutz gewährleistet.66 Der Gedanke des Grundrechtsschutzes durch Verfahren beschränkt sich nicht darauf, Beteiligungsnotwendigkeiten vorzugeben (II.1.a) gg) und dadurch zumindest potentiell verfahrensverlängernd zu wirken. Insbesondere dann, wenn der Grundrechtsschutz durch eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle nicht ausreichend gewährleistet ist, hat der Gesetzgeber dieses Manko nach Möglichkeit durch eine entsprechende Gestaltung des Verwaltungsverfahrens auszugleichen.67 Da die ex post getroffene Feststellung, dass das behördliche Verfahren zu lang war und der Genehmigungsempfänger deshalb in seinen Grundrechten verletzt ist, den Betroffenen nie so stellen kann, als wäre das Verwaltungsverfahren zeitgerecht durchgeführt worden, ist der Gesetzgeber gehalten, für die kürzestmögliche Dauer des Verwaltungsverfahrens Sorge zu tragen.68 In welcher Weise er dies tut, unterliegt grundsätzlich seiner Gestaltungsfreiheit. Hingegen lassen sich aus Art. 19 Abs. 4 GG keine Vorgaben für die zeitliche Gestaltung von Genehmigungsverfahren entnehmen. Zwar ist anerkannt, dass effektiv nur ein solcher Rechtsschutz ist, der rechtzeitig gewährt wird. Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Pflicht des Gesetzgebers, den Rechtsweg so auszugestal___________ 65

Martin Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren für eilbedürftige Vorhaben, Baden-Baden 1991, S. 39 f.; Ludwig Fröhler, Die Genehmigung technischer Anlagen im Kielwasser industrieller Erneuerung, WiVerw. 1991, S. 2 (14 f.); Hartmut Krüger/Michael Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. Aufl. München 2003, Art. 19 Rdnr. 144; Rolf Krumsiek/Klaus Peter Frenzen, Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, DÖV 1995, S. 1013 (1017); Heinrich List, Überlange Dauer von Einspruchsverfahren – Grundgesetzliche Problematik und Sanktionen, DB 2005, S. 571 ff.; Paul Rombach, Der Faktor Zeit in umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren. Verfahrensdauer und Beschleunigungsansätze in Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten, Baden-Baden 1994, S. 48 f.; Rudolf Steinberg, Komplexe Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag, DÖV 1982, S. 619 (622); Thomas Würtenberger, Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, Baden-Baden 1996, S. 65. 66 BVerfGE 53, S. 30 (65 f.); 73, S. 280 (296); 84, S. 59 (72); Jens Michaelis, Kontrolldichte im Prüfungsrecht, VBlBW 1997, S. 441 (443); Jost Pietzcker, Anmerkung, JZ 1991, S. 1084 (1085 f.). 67 BVerfGE 84, S. 34 (46); Wolfgang Löwer, Kontrolldichte im Prüfungsrecht nach dem Maßstab des Bundesverfassungsgerichts, in: Bender (Hrsg.), Rechtsstaat zwischen Sozialgestaltung und Rechtsschutz, Festschrift für Konrad Redeker zum 70. Geburtstag, München 1993, S. 515 (518); Michaelis (Fußn. 66), S. 441 (445). 68 Jürgen Held, Der Grundrechtsbezug des Verwaltungsverfahrens, Berlin 1984, S. 170 f.

1. Verfassungsrecht

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ten, dass die Verfahren in angemessener Frist abgewickelt werden können.69 Art. 19 Abs. 4 GG enthält damit jedoch unmittelbar nur ein prozessbezogenes Beschleunigungsgebot. Gleichwohl wird aus dieser Verfassungsnorm teilweise auch ein Gebot zur zeitgerechten Durchführung des Verwaltungsverfahrens entnommen.70 Eine Verschleppung des Verwaltungsverfahrens führe dazu, dass der gerichtliche Rechtsschutz seinerseits erst später und ggf. nicht mehr zeitgerecht in Anspruch genommen werden könne. Art. 19 Abs. 4 GG soll insoweit im Wege der Vorwirkung ein Beschleunigungsgebot für das Verwaltungsverfahren enthalten.71 Allerdings wird eine solche Verlängerung der Kausalkette der Funktion des Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerecht. Es ist zwar richtig, dass sich aus Art. 19 Abs. 4 GG durchaus Vorwirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens ergeben können. Dies betrifft jedoch nur den Fall, dass das Verwaltungsverfahren so angelegt ist, dass die Erlangung gerichtlichen Rechtsschutzes entweder vollständig vereitelt oder doch unzumutbar erschwert wird.72 Im Übrigen aber gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG nicht selbst Rechte im Verwaltungsverfahren, sondern setzt die Verletzung eines anderwärts begründeten Rechts voraus.73 Ob ein Verwaltungsverfahren überlang ist, ist mithin keine Frage des Art. 19 Abs. 4 GG.74 Das Gebot effektiven Rechtsschutzes greift vielmehr erst dann, wenn durch die Verfahrensverzögerung ein in einer anderen Vorschrift fundiertes Recht verletzt worden ist. Dann ist Rechtsschutz gegen die durch die Verzögerung eingetretene Rechtsverletzung zu gewähren. ___________ 69 Vgl. nur BVerfGE 53, S. 115 (127); 55, S. 349 (369); 60, S. 253 (269); 65, S. 1 (70 f.); 88, S. 118 (124); 93, S. 1 (13); Thomas Borm, Der Anspruch auf angemessene Verfahrensdauer im Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Wien 2005, S. 65 ff.; Paul Kirchhof, Verfassungsrechtliche Maßstäbe für die Verfahrensdauer und für die Rechtsmittel, in: Hailbronner/Ress/Stein (Hrsg.), Staats und Völkerrechtsordnung. Festschrift für Karl Doehring, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong 1989, S. 439 (449); Michael Kloepfer, Verfahrensdauer und Verfassungsrecht. Verfassungsrechtliche Grenzen der Dauer von Gerichtsverfahren, JZ 1979, S. 209 (211 f.); Bernhard Klose, Wie lange darf effektiver Rechtsschutz dauern?, NJ 2004, S. 241 (242); Jan Ziekow, Rechtsschutzmöglichkeiten bei Untätigkeit des Verwaltungsgerichts, Speyer 1998, S. 16. 70 Grundlegend Ferdinand Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, München 1971, S. 158; ihm folgend Bullinger (Fußn. 65), S. 41 f.; Hans-Werner Laubinger, Grundrechtsschutz durch Gestaltung des Verwaltungsverfahrens, VerwArch 73 (1982), S. 60 (82); Michael Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, Berlin 1994, S. 112. 71 Bullinger (Fußn. 65), S. 42; Kopp (Fußn. 70), S. 158. 72 BVerfGE 61, S. 82 (110). 73 BVerfGE 61, S. 82 (110). 74 Rombach (Fußn. 65), S. 51 f.

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II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

c) Zusammenfassung und Folgerungen Die Untersuchung der verfassungsrechtlichen Vorgaben hat ergeben, dass der Einführung von Genehmigungsfiktionen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Allerdings kann in bestimmten Entscheidungssituationen die Ersetzung der Durchführung eines vorgesehenen Genehmigungsverfahrens durch eine Genehmigungsfiktion unzulässig sein. Darüber hinaus lassen sich auch unterhalb dieser Ebene der Unzulässigkeit aus dem Verfassungsrecht Richtlinien für die Ausgestaltung von Genehmigungsfiktionen ableiten. x Unzulässig ist die Einführung einer Genehmigungsfiktion, wenn das genehmigungsbedürftige Vorhaben oder die genehmigungspflichtige Betätigung ein hohes Risikopotential, insbesondere für Leib und Leben anderer, aber auch für objektive Verfassungsgüter wie den Umweltschutz birgt oder zahlreiche divergierende grundrechtlich geschützte Interessen zu ermitteln und bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind und diese Gesichtspunkte gerade durch die Durchführung des Genehmigungsverfahrens berücksichtigt werden sollen. x Für die Ausgestaltung von Regelungen über Genehmigungsfiktionen lassen sich folgende Anforderungen festhalten: – Die der Behörde eingeräumte Entscheidungsfrist muss es der Genehmigungsbehörde tatsächlich ermöglichen, das gesamte relevante Entscheidungsmaterial zu ermitteln und eine gründliche Prüfung durchzuführen. Die Länge der Entscheidungsfristen ist entsprechend dem Entscheidungsgegenstand und der Entscheidungssituation zu differenzieren. Zur Bewältigung im Einzelfall auftretender Schwierigkeiten muss die Möglichkeit einer Fristverlängerung bestehen. – Der gestellte Antrag muss so gefasst sein, dass die Übernahme seines Inhalts in eine behördliche Genehmigung den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 VwVfG genügen würde. Die Behörde muss ihrer Letztverantwortung für die Sachverhaltsermittlung gerecht werden und den Antrag zumindest auf seine in diesem Sinne zu verstehende Vollständigkeit prüfen. – (Potentiell) Drittbetroffenen muss ein Anstoß und eine – auch in zeitlicher Hinsicht – angemessene Möglichkeit zur Einbringung ihrer rechtlich geschützten Positionen in das Genehmigungsverfahren gegeben werden. Drittbetroffene, die diese Möglichkeit genutzt haben, dürfen durch die Genehmigungsfiktion keinen Rechtsverlust erleiden. Hingegen dürfen die Rechte säumiger Drittbetroffener einer materiellen Präklusion unterworfen werden.

2. Gemeinschaftsrecht

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– Die Behörde muss über Instrumente verfügen, um auch nach Eintritt der Fiktionswirkung auf Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Positionen Dritter reagieren zu können, z. B. durch die nachträgliche Hinzufügung von Nebenbestimmungen, die Aufhebung der fingierten Genehmigung oder andere geeignete Maßnahmen. – Die fingierte Genehmigung muss durch in ihren Rechten beeinträchtigte Dritte zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können. Die Genehmigungsfiktion darf keine inter omnes wirkende Rechtmäßigkeitsfiktion enthalten. – Soweit Verfassungsrecht die Beteiligung anderer öffentlicher Stellen gebietet, dürfen diese Verfahrenseinbeziehungen nicht durch Genehmigungsfiktionen überspielt werden. Für die Ausgestaltung des einfachgesetzlichen Verfahrensrechts ist zu beachten, dass das Verfassungsrecht durchaus konfligierende Positionen akzentuiert: Der aus den Grundrechten des eine Genehmigung Beantragenden folgenden Pflicht des Gesetzgebers, für die kürzestmögliche Dauer des Verwaltungsverfahrens Sorge zu tragen, stehen die oben genannten Pflichten gegenüber. Es ist Sache des Gesetzgebers, diese Positionen bei der Gestaltung des Verfahrensrechts zu einem verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen.75 Solange nicht eine der Positionen in einer den verfassungsrechtlichen Mindeststandard unterschreitenden Weise verkürzt wird, ist die vom Gesetzgeber jeweils gewählte Ausgestaltung nicht zu beanstanden. Hieraus ergibt sich ein weiter Gestaltungsspielraum des Verfahrensgesetzgebers, zu dessen Ausfüllung ihm verschiedene Instrumente zur Verfügung stehen. So ist anerkannt, dass die durch § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG zugelassene nachträgliche Anhörung verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden ist wie die Anordnung einer materiellen Präklusion. Ein anderes Instrument zur Herstellung eines solchen Ausgleichs kann – bei entsprechender Ausgestaltung – auch die Einführung von Regelungen über den Eintritt einer Genehmigungsfiktion sein. 2. Gemeinschaftsrecht Für die eventuelle Einführung von Genehmigungsfiktionen relevante Vorgaben enthält auch das Gemeinschaftsrecht. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellt das Erfordernis, dass vor Aufnahme einer wirt___________ 75 Zum Prinzip der praktischen Konkordanz Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. Heidelberg, 1995, Rdnr. 317 ff. Wolfgang Rüfner, Grundrechtskonflikte, in: Strack (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Band II, Tübingen, 1976, S. 453 (465 ff.).

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II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

schaftlichen Tätigkeit eine Erlaubnis eingeholt werden muss, eine Beschränkung der Niederlassungs- (Art. 43 ff. EG) bzw. der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EG) dar. Ein solches Genehmigungserfordernis darf nicht diskriminierend wirken und muss durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein; weiterhin darf das angestrebte Ziel nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden können.76 Art. 9 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie (DLRL)77 greift diese Grundsätze auf und betont, dass ein Genehmigungsverfahren bereits dann unzulässig ist, wenn eine nachträgliche Kontrolle nicht gleich wirksam wäre. Alle Genehmigungserfordernisse für Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie müssen mithin darauf überprüft werden, ob sie diesen Anforderungen genügen. Genehmigungserfordernisse, die diese Voraussetzungen erfüllen und deren einzelne Genehmigungskriterien bei einer Prüfung am Maßstab des Art. 10 DLRL zu rechtfertigen sind, sind dann den Verfahrensvorgaben des Art. 13 DLRL unterworfen. Nach Art. 13 Abs. 3 DLRL muss sichergestellt sein, dass Anträge unverzüglich und binnen einer vorab festgelegten und bekannt gemachten angemessenen Frist bearbeitet werden. Dabei läuft die Frist erst ab Vollständigkeit der Antragsunterlagen; unter bestimmten Voraussetzungen kann die Frist einmal ver___________ 76 EuGH Slg. 1995, I-4821 Rdnr. 23 – Sanz de Lera; Slg. 1999, I-3099 Rdnr. 40 – Konle; Urt. vom 15.5.2003, Rs. C-300/01, Slg. 2003, I-4899 Rdnr. 42 – Salzmann. 77 Dazu Carl Böhret/Dieter Grunow/Jan Ziekow (Hrsg.), Der Vorschlag zu einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Regelungsgehalt – Problemfelder – Akteurspositionen, Speyer 2005; Christian Calliess, Europäischer Binnenmarkt und europäische Demokratie: Von der Dienstleistungsfreiheit zur Dienstleistungsrichtlinie – und wieder Retour?, DVBl. 2007, S. 336 ff.; Winfried Kluth/Frank Rieger, Die gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen und berufsrechtlichen Wirkungen von Herkunftslandprinzip und Bestimmungslandprinzip, GewArch 2006, S. 1 ff.; Dieter Kugelmann, Die Dienstleistungs-Richtlinie der EG zwischen der Liberalisierung von Wachstumsmärkten und europäischem Sozialmodell, EuZW 2005, S. 327 ff.; Markus Möstl, Wirtschaftsüberwachung von Dienstleistungen im Binnenmarkt, DÖV 2006, S. 281 ff.; Christoph Ohler, Der Binnenmarkt als Herausforderung an die Verwaltungsorganisation in den Mitgliedstaaten, BayVBl. 2006, S. 261 ff.; Thomas Pfeiffer/Bernhard Hess u.a., Auswirkungen der EU-Dienstleistungsrichtlinie auf Regelungen im Geschäftsbereich des BMVEL, Gutachten im Auftrag der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Heidelberg 2005; Jan Schlichting/Wolfram Spelten, Die Dienstleistungsrichtlinie, EuZW 2005, S. 238 ff.; Utz Schliesky, Von der Realisierung des Binnenmarkts über die Verwaltungsreform zu einem gemeineuropäischen Verwaltungsrecht? Die Auswirkungen der geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie auf das deutsche Verwaltungsrecht, DVBl. 2005, S. 887 ff.; Jan Ziekow, Die Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie auf das deutsche Genehmigungsverfahrensrecht, GewArch 2007, S. 179 ff., 217 ff.; ders./Alexander Windoffer (Hrsg.), Ein Einheitlicher Ansprechpartner für Dienstleister. Anforderungen des Vorschlags einer EU-Dienstleistungsrichtlinie und Gestaltungsoptionen im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 2007.

2. Gemeinschaftsrecht

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längert werden. Art. 13 Abs. 6 DLRL verpflichtet dazu, den Antragsteller unverzüglich über eine Vollständigkeit der Unterlagen zu informieren. Die Pflicht der Genehmigungsbehörde, vorab eine verbindliche Entscheidungsfrist festzulegen und bekannt zu machen, geht beispielsweise über § 71c Abs. 3 VwVfG hinaus. Denn nach dieser Bestimmung muss die Behörde nur angeben, mit welcher Verfahrensdauer zu rechnen ist, also eine Prognose anstellen, die keine Verbindlichkeit entfaltet.78 Genehmigungsverfahrensregelungen, die bisher entweder § 71c Abs. 3 VwVfG vergleichbare oder überhaupt keine Vorschriften zur behördlichen Festlegung einer Entscheidungsfrist enthalten, müssen daher geändert werden. Hingegen dürften fixe Entscheidungsfristen in gesetzlichen Regelungen den Anforderungen des Art. 13 Abs. 3 DLRL genügen, wenn sie in typisierender Betrachtungsweise den von der Behörde für die Erstellung der Entscheidung üblicherweise benötigten Zeitbedarf und das Beschleunigungsinteresse des Antragstellers in einen verhältnismäßigen Ausgleich bringen. Dass die von Art. 13 Abs. 3 DLRL geforderte Festlegung von Entscheidungsfristen Verbindlichkeit beansprucht, ergibt sich aus Art. 13 Abs. 4 DLRL. Danach gilt eine Genehmigung als erteilt, wenn der Antrag nicht innerhalb der Entscheidungsfrist beantwortet wird. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses, worunter auch ein berechtigtes Interesse Dritter zu verstehen ist, vermögen eine andere Regelung zu rechtfertigen. Für die Reichweite der damit für das deutsche Recht formulierten Umsetzungserfordernisse ist entscheidend, welche Wirkungen der Genehmigungsfiktion nach Art. 13 Abs. 4 DLRL zugemessen werden sollen. In jedem Fall wird die Genehmigungsfiktion verfahrensersetzend wirken müssen. Die fingierte Genehmigung muss also einer Genehmigung, die nach ordnungsgemäßer Durchführung des Genehmigungsverfahrens erlassen wird, vollständig gleichstehen. Unklar ist hingegen, ob die Fiktion darüber hinaus materiell wirken, d. h. eine auch materiell rechtmäßige Genehmigung fingiert werden soll. Würde Art. 13 Abs. 4 DLRL es zulassen, dass eine fingierte Genehmigung materiell rechtswidrig sein kann, so könnte die Genehmigung nach § 48 VwVfG zurück genommen werden. Dass dies mit dem Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts79 vereinbar ist, darf zumindest bezweifelt werden. Denn das mit Art. 13 Abs. 3 und 4 DLRL verfolgte Ziel, dem Dienstleistungserbringer Rechtssicherheit über den Erfolg seines Genehmigungsantrags zu verschaffen, ___________ 78

Ziekow (Fußn. 17), § 71c Rdnr. 17. Zu diesem Grundsatz EuGH, Slg. 1976, 1989 Rdnr. 5 – Rewe; Slg. 1983, 2633 Rdnr. 22 – Deutsche Milchkontor; Slg. 1995, I-4599, Rdnr. 12 – Peterbroeck; Slg. 1998, I-4951 Rdnr. 19 – Edis; Slg. 1999, I-579 Rdnr. 25 f. – Dilexport; Rudolf Streinz, Der „effet utile“ in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, in: Due/Lutter/Schwarze (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Everling, Baden-Baden 1995, Bd. II, S. 1491 ff. 79

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II. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

könnte kaum erreicht werden, wenn die aufgrund der Säumnis der Behörde fingierte Genehmigung umgehend zurückgenommen werden könnte. Unterstützend kann auf Erwägungsgrund 55 der Dienstleistungsrichtlinie hingewiesen werden, der eine nachträgliche Aufhebung einer Genehmigung nur kennt, „wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung nicht mehr erfüllt“, d. h. nach Erlass der Genehmigung entfallen sind. Auf die deutsche Unterscheidung zwischen Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten kommt es für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts nicht an.

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen Die Fragen, ob nicht fristgerecht erteilte Genehmigungen fingiert werden können, für welche Arten von Genehmigungen eine Genehmigungsfiktion eingeführt werden könnte und welche Gesichtspunkte dabei zu berücksichtigen sind, lassen sich nur vor der Folie der Bedeutung von präventiven Genehmigungserfordernissen und der Struktur von Genehmigungsverfahren beantworten. Daher werden im Folgenden zunächst die unterschiedlichen Grundtypen von Genehmigungserfordernissen skizziert (III.1.) und anschließend prägende Strukturen von Genehmigungsverfahren strukturiert (III.2.). 1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen Sämtlichen Formen von Genehmigungstypen ist gemein, dass sie die (formelle) Rechtmäßigkeit der mit dem Genehmigungserfordernis belegten Tätigkeit sperren: Solange die Genehmigung nicht erteilt ist, ist die erfasste Tätigkeit unerlaubt. Gegen ihre Fortsetzung kann in aller Regel allein aus diesem Grund – allerdings unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – vorgegangen werden.80 Die verschiedenen Genehmigungstypen unterscheiden sich vor allem danach, unter welchen Voraussetzungen ein subjektives öffentliches Recht auf Erteilung der Genehmigung besteht. Insoweit kann nach wie vor die tradierte Unterscheidung zwischen dem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und dem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt zugrunde gelegt werden81, die allerdings durch weitere Formen zu ergänzen ist.

___________ 80 Zum behördlichen Einschreiten unter dem Gesichtspunkt der formellen Rechtswidrigkeit Uwe Kischel, Formelle und materielle Illegalität im Recht der Gefahrenabwehr, DVBl. 1996, S. 185 ff.; D. Mampel, Formelle und materielle Illegalität?, BauR 1996, S. 13 ff. 81 Zu dieser Unterscheidung Athanasios Gromitsaris, Die Lehre von der Genehmigung, VerwArch 88 (1997), S. 52 ff.; ders., Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, S. 401 ff.; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. München 2006, § 9 Rdnr. 51 ff.

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

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a) Die Ausnahmebewilligung beim repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt Die Figur des repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt beruht darauf, dass die fragliche Tätigkeit vom Gesetzgeber als für den Schutz für die Allgemeinheit wichtiger Güter schädlich oder zumindest unerwünscht eingestuft und deshalb grundsätzlich verboten wird. Die Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung der eigentlich verbotenen Tätigkeit erfolgt nur ausnahmsweise; sie bestätigt oder restituiert nicht lediglich den grundrechtlich geschützten Freiheitsraum des Bürgers, sondern erweitert ihn durch Zuerkennung einer grundsätzlich versagten Position.82 Deshalb besteht selbst bei Erfüllung aller Tatbestandsvoraussetzungen kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung. Vielmehr steht die Genehmigungserteilung im behördlichen Ermessen, dessen Ausübung am Schutzzweck des Verbots auszurichten ist. Hierzu gehören auch die im sog. Bewirtschaftungsermessen der zuständigen Behörde stehenden Genehmigungen wie die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung.83 Mit Blick auf den lückenlosen grundrechtlichen Freiheitsschutz84 sind solche im Ermessen der Behörde stehenden Genehmigungen nur ausnahmsweise zulässig85. Hiervon zu unterscheiden ist der Typus des Verbots mit Verteilungsvorbehalt: Anders als das repressive Verbot mit Befreiungsvorbehalt beruht er nicht auf dem Ermessen, die beantragte Ausnahmebewilligung selbst dann versagen zu können, wenn nur ein einziger Antrag auf Genehmigungserteilung vorliegt, sondern soll eine Auswahlentscheidung zwischen nicht sämtlich zu bedienenden Anträgen herbeiführen (III.1.d). b) Genehmigungen mit Abwägungsvorbehalt Als Genehmigungen mit Abwägungsvorbehalt lassen sich vor allem der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung kennzeichnen. Ihre Ge___________ 82

Maurer (Fußn. 81), § 9 Rdnr. 55. Zu dem nach überwiegender Auffassung bestehenden wasserwirtschaftlichen Bewirtschaftungsermessen BVerfGE 58, S. 300 (329); Frank Hasche, Das zweistufige Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, ZfW 2004, S. 144 ff.; Michael Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, Stuttgart 2003, § 6 Rdnr. 19 ff. A. M. etwa Thorsten Franz, Die Normstruktur von Erlaubnis und Bewilligung, VerwArch 94 (2003), S. 192 (209 ff.). 84 Zu dem in systematischer Sicht lückenlosen grundrechtlichen Freiheitsschutz BVerfGE 80, S. 137 (152 f.) mit abw. Meinung des Richters Grimm auf S. 164 ff.; Jarass (Fußn. ) Art. 2 Rdnr. 2; Dietrich Murswiek, in: Sachs (Fußn. 25), Art. 2 Rdnr. 10, 56. 85 Vgl. BVerfGE 18, S. 353 (364); 49, S. 89 (146 f.); 58, S. 300 (346 f.). 83

1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen

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nehmigungswirkung besteht darin, dass durch den Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung ein Vorhaben oder eine Anlage verbindlich genehmigt wird.86 Beim Planfeststellungsverfahren handelt es sich um ein besonderes Genehmigungsverfahren, das komplexe raumbedeutsame Anlagen und Vorhaben erfasst. Kennzeichnend für diese Vorhaben ist, dass ihre Realisierung eine Vielzahl öffentlicher und privater Belange betrifft, die zu einem Ausgleich zu bringen sind. Der Ermittlung der Belange und der Herstellung dieses Ausgleichs dient das Planfeststellungsverfahren. Der Ausgleich erfolgt im Wege der Abwägung aller für und gegen das Vorhaben sprechenden Gesichtspunkte. Wegen der fehlenden normativen Determinierung des Verfahrensergebnisses wird Planungsgerechtigkeit in erster Linie über die Regeln des Planfeststellungsverfahrens vermittelt. Das auf die Einbeziehung aller betroffenen Interessen angelegte Planfeststellungsverfahren sichert Entscheidungsrichtigkeit durch Verfahrenskautelen.87 Das Planfeststellungsverfahren stellt sicher, dass sämtliche öffentlich-rechtlichen Beziehungen im Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zwischen dem jeweiligen Vorhabenträger und den vielfältigen potentiell von der Fachplanung Betroffenen mit rechtsgestaltender Wirkung geregelt werden. Sein Ergebnis, der Planfeststellungsbeschluss, wird durch seine spezifischen Wirkungen88 gleichermaßen den Interessen des Vorhabenträgers, der Allgemeinheit (z. B. im Hinblick auf Umwelt- und Naturschutzbelange) sowie den Interessen einzelner Betroffener gerecht.89 Ein wesentliches Kennzeichen des zu einem Planfeststellungsbeschluss führenden Planfeststellungsverfahrens ist das Anhörungsverfahren (vgl. § 73 VwVfG). Das Anhörungsverfahren dient zum einen der Bündelung der Interessen aller an der Fachplanung Beteiligten und von ihr Betroffenen und deren verfahrensmäßigem Ausgleich untereinander90 und soll zum anderen der Planfeststellungsbehörde möglichst frühzeitig einen Eindruck von den zu erwartenden oder wahrscheinlichen Auswirkungen geben, damit diese ihre weitere Planungstätigkeit darauf abstimmen kann91. An dieser Stelle unterscheidet sich die Plangenehmigung signifikant vom Planfeststellungsbeschluss: Zwar handelt es sich auch bei der Plangenehmigung um eine Genehmigung mit Abwägungsvorbe___________ 86

Zur Genehmigungswirkung der Planfeststellung Hartmut Fischer, Rechtswirkungen und Folgen von Fehlern des Planfeststellungsbeschlusses, in: Ziekow (Hrsg.), Praxis des Fachplanungsrechts, München 2004, Rdnr. 426 ff.; Ziekow (Fußn. 17), § 75 Rdnr. 4 ff. 87 Josef-Walter Kirchberg, Das Planfeststellungsverfahren, in: Ziekow (Fußn. 86), Rdnr. 3 ff. 88 Zu ihnen Fischer (Fußn. 86), Rdnr. 424 ff. 89 Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 72 Rdnr. 4. 90 Hansjochen Dürr, in: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. Köln/Berlin/ Bonn/München 2004, § 73 Rdnr. 8 f. 91 BVerwGE 98, S. 339 (345); BVerwG DVBl. 1980, S. 996 (997 f.).

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

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halt, jedoch gilt das Erfordernis eines förmlichen Anhörungsverfahrens hier nicht.92 Mit der Ausnahmebewilligung teilen die Genehmigungen mit Abwägungsvorbehalt den Ausgangspunkt, dass ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung nicht besteht. Der antragstellende Vorhabenträger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Vorhabens, sondern kann lediglich eine fehlerfreie Durchführung des Planfeststellungsverfahrens verlangen.93 Darüber hinaus hat der Vorhabenträger allerdings ein subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Abwägung.94 Dieses Recht kann im Einzelfall die Genehmigung mit Abwägungsvorbehalt näher an eine Kontrollerlaubnis (III.1.c) heranrücken. Denn das Recht auf fehlerfreie Abwägung verdichtet sich zum Zulassungsanspruch, wenn dem Vorhaben weder zwingendes Recht noch in der Abwägung unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen.95 Ggf. kann der Vorhabenträger verlangen, dass zur Herbeiführung der Feststellungsfähigkeit des Plans Schutzvorkehrungen angeordnet werden.96 c) Die Kontrollerlaubnis beim präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Anders als bei der Ausnahmebewilligung ist beim präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt das betreffende Verhalten durch den Gesetzgeber nicht grundsätzlich verboten, sondern mit einem Prüfungsvorbehalt versehen worden: Bevor die betreffende Betätigung aufgenommen wird, soll sichergestellt werden, dass bestimmte rechtliche Anforderungen eingehalten werden.97 Hinter diesem Institut steht die freiheitssichernde Wirkung der Grundrechte, aus denen ein Anspruch auf Genehmigungserteilung folgt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.98 ___________ 92

Ziekow (Fußn. 17), § 74 Rdnr. 67 f. Heinz Joachim Bonk/Werner Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. München 2001, § 73 Rdnr. 16. 94 Peter Schütz, Ansprüche auf Planfeststellungsverfahren, in: Ziekow (Hrsg.), Flughafenplanung, Planfeststellungsverfahren, Anforderungen an die Planungsentscheidung, Berlin 2002, S. 285 (288). 95 BVerwGE 97, S. 143 (149); VGH Mannheim NVwZ 2001, S. 101 (102). 96 Peter Schütz, Rechtsschutz, in: Ziekow (Fußn. 86), Rdnr. 998. 97 Maurer (Fußn. 81), § 9 Rdnr. 51. 98 Vgl. nur BVerwGE 18, S. 247 (250 f.); VGH Mannheim NVwZ-RR 1999, S. 298 (299); Christine Steinbeiß-Winkelmann, Verfassungsrechtliche Vorgaben und Grenzen der Verfahrensbeschleunigung, in: Ziekow (Hrsg.), Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Berlin 1998, S. 201 (204 ff.); Jan Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, München 2007, § 62 Rdnr. 12. 93

1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen

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Diese Ableitung hat Folgen für die Struktur von Normen, die eine Kontrollerlaubnis vorsehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es sich dann, wenn ein Gesetz für die Aufnahme einer grundrechtlich geschützten Betätigung die Einholung einer Genehmigung vorschreibt, grundsätzlich um eine gebundene Genehmigung handeln99: „Hält der Gesetzgeber es für erforderlich, der Ausübung von grundrechtlichen Befugnissen ein Genehmigungsverfahren vorzuschalten, so muß sich aus der Rechtsvorschrift selbst ergeben, welche Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung gegeben sein müssen und aus welchen Gründen die Genehmigung versagt werden darf.“100 Ohne der Frage nach der Zulässigkeit und den Voraussetzungen administrativer Beurteilungs-, Prognose- und Standardisierungsspielräume im Rahmen der vorliegenden Untersuchung näher nachgehen zu können101, bleibt jedenfalls festzuhalten, dass behördliche Entscheidungsspielräume nicht ohne weiteres zulässig sind, sondern der Erreichung des Zwecks des Genehmigungserfordernisses immanent sein müssen102. In dieser Weise begründet sich die überwiegende Struktur der Kontrollerlaubnisse als Konditionalprogramme (zu Sonderformen u. I-II. 1.c)bb). aa) Durchführung des Genehmigungsverfahrens als Charakteristikum Das Charakteristikum, das zur gesetzlichen Anordnung gerade des Erfordernisses einer Kontrollerlaubnis führt, lässt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen. So beantwortete das Gericht die Frage, ob das Notifizierungsverfahren für die Verbringung zur Verwertung bestimmter Abfälle nach der EG-Abfallverbringungsverordnung als Anzeigeverfahren oder als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt einzuordnen ist, zugunsten der Einstufung als Kontrollerlaubnis. Zur Begründung wies es darauf hin, dass ein schlichtes Anzeigeverfahren mit repressiver Einschreitensmöglichkeit der Behörde zur Erreichung des Regelungszwecks nicht genüge. Denn in diesem Fall könnte der Verbringungswillige durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen ___________ 99 BVerfGE 18, S. 353 (364); 21, S. 73 (79 f.); ebenso Jarass (Fußn. 41), Art. 20 Rdnr. 56. 100 BVerfGE 62, S. 169 (183). 101 Dazu etwa Christian Bamberger, Behördliche Beurteilungsermächtigungen im Lichte der Bereichsspezifik des Verwaltungsrechts, VerwArch 93 (2002), S. 217 ff.; Guy Beaucamp, Fallgruppen des Beurteilungsspielraums, JA 2002, S. 314 ff.; Michael Gerhardt, Überlegungen zur rechtlichen Struktur von Handlungsspielräumen, in: Ziekow (Hrsg.), Handlungsspielräume der Verwaltung, Berlin 1999, S. 57 ff.; Eckhard Pache, Tatbestandliche Abwägung und Beurteilungsspielraum, Tübingen 2001; Jan-R. Sieckmann, Beurteilungsspielräume und richterliche Kontrollkompetenz, DVBl. 1997, S. 101 ff. 102 Jan Ziekow, Handlungsspielräume der Verwaltung und Investitionssicherheit, am Beispiel der integrierten Vorhabengenehmigung, in: ders. (Fußn. 101), S. 67 (71).

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

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die vorgesehene Handlungsform der Behörde – die Erhebung eines Einwands – den Suspensiveffekt auslösen.103 Hieraus wird deutlich, dass es bei der Statuierung eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt im Wesentlichen um die Verteilung von Verantwortungsbereichen geht. Während das Anzeigeverfahren Informationsbeschaffungslast und Verwirklichungsrisiko überwiegend der Behörde zuordnet, dreht das Erfordernis für den Betroffenen, vor Aufnahme der Tätigkeit die Erteilung einer Kontrollerlaubnis zu beantragen, dieses Verhältnis um. Rainer Wahl hat dies als die „List der Figur“ der Kontrollerlaubnis bezeichnet, die den Betroffenen zwinge, mit der Verwaltung zusammenzuarbeiten und ihr die Informationen zuzuliefern.104 Die Notwendigkeit, eine Kontrollerlaubnis einzuholen, zwingt den Betroffenen also gleichsam in das Verfahren. In diesem Verfahren, das es der Behörde ermöglicht, dem Antragsteller Informationsbeibringungslasten aufzuerlegen und die materielle Rechtsprüfung ohne zwischenzeitliches Verwirklichungsrisiko durchzuführen, liegt das wesensprägende Merkmal der Kontrollerlaubnis. bb) Besondere Ausprägungen Es darf nicht verkannt werden, dass die Unterscheidung zwischen der Ausnahmebewilligung und der Kontrollerlaubnis – ergänzt durch das Institut der Verteilungsentscheidung – nur einen ersten, sehr groben Rahmen für die Erfassung der in der Rechtsordnung aufzufindenden Genehmigungsformen zieht. Insbesondere die Ausgestaltung der auf dem Grundgedanken des präventiven Verbots mit Genehmigungsvorbehalt beruhenden Genehmigungen ist stark diversifiziert. Į) Kontrollerlaubnisse mit Entscheidungsspielräumen Die Aufnahme wertender, planerischer und verteilender Elemente hat dazu geführt, dass eine Zuordnung solcher Genehmigungen zu dem im Ausgangspunkt konditional geprägten Typus der Kontrollerlaubnis in Frage gestellt wird. Beispiele aus der Diskussion sind die Baugenehmigung, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sowie Risikoentscheidungen, insbesondere bei der Zulassung risikobehafteter Produkte: ___________ 103

BVerwG NVwZ 2004, S. 344 (345). Rainer Wahl, Bedeutungsverlust und Bedeutungsgewinn für das Institut der Genehmigungen, in: Hansmann/Paetow/Rebentisch (Hrsg.), Umweltrecht und richterliche Praxis. Festschrift für Ernst Kutscheidt zum 70. Geburtstag, München 2003, S. 199 (202). 104

1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen

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x Zum Charakter der Baugenehmigung wird zutreffend darauf hingewiesen, dass diese zwar der Struktur des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt folgt und die Genehmigung bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu erteilen ist (vgl. nur § 70 Abs. 1 S. 1 LBauO RP), dieses subjektive Recht jedoch von einer vorgängigen Planungsentscheidung abhängig ist. Art. 14 GG gewährt ein subjektives Recht zu bauen nur nach Maßgabe der bauplanungsrechtlichen Zuordnung.105 Insoweit ist der Anspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung durch die planungsrechtliche Festlegung der Bebaubarkeit determiniert. Da die bauplanerische Zuordnung der Bebaubarkeit von Grundstücken über die Verteilung von Rechten zur Nutzung der knappen Ressource Boden entscheidet – unabhängig davon, ob diese Zuordnung durch einen Bebauungsplan oder die planersetzenden Vorschriften der §§ 34 und 35 BauGB106 erfolgt –, enthält die Baugenehmigung planerische Elemente im Sinne einer Verteilungsentscheidung.107 x Zur Bewertung des Charakters der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach §§ 4 ff. BImSchG ist zunächst festzuhalten, dass sie noch nicht als integrierte Vorhabengenehmigung im Sinne der §§ 83 ff. UGB-KomE108 gefasst ist. Gleichwohl ist immer wieder die Auffassung vertreten worden, bei der Entscheidung über die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sei von der Behörde eine Gesamtbewertung vorzunehmen, die ihr hinsichtlich der Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung Entscheidungsspielräume eröffne. Zur Begründung wird etwa auf den Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG hingewiesen. Er zwinge zu

___________ 105

BVerfGE 35, S. 263 (276); 104, S. 1 (11); BVerwGE 106, S. 228 (234); Jarass (Fußn. 41), Art. 14 Rdnr. 24. 106 Zum Charakter von §§ 34 und 35 BauGB als Planersatz Michael Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 9. Aufl. München 2005, § 34 Rdnr. 1. 107 Grundlegend Rainer Wahl, Genehmigung und Planungsentscheidung – Überlegungen zu zwei Grundmodellen des Verwaltungsrechts und zu ihrer Kombination, DVBl. 1982, S. 51 (56 f.); ähnlich Friedrich Curtius, Entwicklungstendenzen im Genehmigungsrecht, Baden-Baden 2005, S. 53 ff.; Gromitsaris (Fußn. 81), VerwArch 88 (1997), S. 52 (73 f.). 108 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Umweltgesetzbuch (UGB-KomE). Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 1998. Zum Konzept der integrierten Vorhabengenehmigung Jürgen Fluck, Das Konzept der Vorhabengenehmigung – Eine Stellungnahme zum UGB I aus der Sicht der Industrie, ZAU 1998, S. 23 ff.; ders., Die Vorhabengenehmigung im Kommissionsentwurf eines Umweltgesetzbuches aus Unternehmenssicht – eine erste Kritik, NVwZ 1998, S. 1016 ff.; Heinz-Joachim Peters, Die Vorhabengenehmigung nach dem künftigen Umweltgesetzbuch, ZUR 1998, S. 295 ff.; Horst Sendler, Umweltgesetzbuch I mit dem Konzept der Vorhabengenehmigung, ZAU 1998, S. 9 ff.

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

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einer Bewertung des Vorhabens hinsichtlich der durch dieses und andere Vorhaben bestehenden und zu erwartenden Umweltbelastungen.109 x Risikoentscheidungen, beispielsweise im Stoff- bzw. Produktzulassungsrecht, sind zunehmend dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Nutzen-Risiko-Bilanz vor Zulassung des Stoffes bzw. Produktes fordern.110 Die Notwendigkeit einer solchen Analyse als Voraussetzung der Genehmigungserteilung wird vor allem dadurch deutlich gemacht, dass „unvertretbare schädliche Einwirkungen“ auf bestimmte Rechtsgüter nicht zu erwarten sein dürfen (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 3 GenTG, § 15 Abs. 1 Nr. 3 lit. b und e PflSchG). Einigkeit besteht zumindest insoweit, dass die Vertretbarkeit der Einwirkungen in einer Abwägung zu ermitteln ist.111 Für die Struktur der jeweiligen Entscheidungen ist zu beachten, dass sich die Implementation der fraglichen Wertungselemente durchweg nicht auf der Rechtsfolgen-, sondern auf der Tatbestandsseite vollzieht. Das für die Ausnahmebewilligung charakteristische Erteilungsermessen (III.1.a) oder ein für planerische Akte kennzeichnender Abwägungsspielraum112 besteht insoweit nicht. Soweit die Genehmigungserteilung von einer ermessens- oder abwägungsgesteuerten Vorentscheidung, beispielsweise der Aufstellung eines Bebauungsplans abhängt, hat das Bundesverwaltungsgericht schon früh darauf hingewiesen, dass die Rückkoppelung einzelner Entscheidungsfaktoren an Entscheidungsspielräume der Verwaltung nichts am Charakter der abschließenden Entscheidung als gebundener Entscheidung ändert.113 Erfordert die Feststellung, ob

___________ 109 Vgl. Gerhard Feldhaus, Der Vorsorgegrundsatz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, DVBl. 1980, S. 133 ff.; Ernst Kutscheidt, Öffentliches Immissionsschutzrecht, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Berlin 1982, S. 237 (251 f.). Überblick über weitere Begründungsversuche bei Gromitsaris (Fußn. 81), VerwArch 88 (1997), S. 52 (77 ff.); Ziekow (Fußn. 102), S. 74 ff. 110 Zur Nutzen-Risiko-Bilanz als Typmerkmal von Risikoentscheidungen Udo Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, Tübingen 1994, S. 126 ff. 111 Michael Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. München 2004, § 19 Rdnr. 186; Ursula Prall, Gentechnikrecht, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, Neuwied/Kriftel 2002, § 11 Rdnr. 114 ff. Zu den mit dieser Abwägung verbundenen Problemen BVerwGE 81, S. 12 (17); Di Fabio (Fußn. 110), S. 125 ff.; Christoph, Freytag, Vertretbarkeit von im Rahmen des Zulassungsverfahrens festgestellten Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf den Naturhaushalt, Agrarrecht 1994, S. 112 (113 ff.). 112 BVerwGE 34, S. 301 (304); 48, S. 56 (59); 56, S. 110 (116 ff.); 59, S. 253 (256 ff.); 72, S. 282 (285); 87, S. 332 ff.; Bonk/Neumann (Fußn. 93), § 74 Rdnr. 29; Ziekow (Fußn. 17), § 74 Rdnr. 19 f. 113 Vgl. für das Beamtenrecht BVerwGE 26, S. 65 (76 f.).

1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen

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ein Tatbestandsmerkmal vorliegt, eine Wertung, so ist diese in der Regel gerichtlich voll überprüfbar.114 Eine Ausnahme gilt nur in den Sonderfällen der Zulässigkeit der Einräumung eines administrativen Beurteilungsspielraums.115 Abgesehen davon eröffnet beispielsweise das immissionsschutzrechtliche Vorsorgeprinzip keine Verteilungsentscheidung.116 Es besteht daher kein Anlass, an der Zuordnung von Genehmigungen der geschilderten oder ähnlicher Strukturen zum Typus der Kontrollerlaubnis zu zweifeln. Hierfür spricht auch, dass sich die oben (III.1.c)aa) als Kern der Kontrollerlaubnis vorgestellten Merkmale bei Genehmigungen der skizzierten Struktur ohne weiteres auffinden lassen. Ganz im Gegenteil erlangt die Statuierung eines Verfahrens, um dem Antragsteller Informationsbeibringungslasten aufzuerlegen und die materielle Rechtsprüfung ohne zwischenzeitliches Verwirklichungsrisiko durchzuführen, gerade in hochkomplexen Entscheidungssituationen besondere Bedeutung. Die Bewältigung dieser spezifischen Entscheidungssituationen gerade im und durch das Verfahren kann aber Relevanz für die Frage erlangen, ob die nach Durchführung des vollständigen Verfahrens erteilte Genehmigung durch eine Genehmigungsfiktion ersetzt werden kann. ȕ) Bezugspunkte der Genehmigungsentscheidung In Abhängigkeit von den der Erlaubniserteilung zugrunde liegenden Prüfungsmaßstäben lassen sich als Formen der Genehmigung die Personalkonzession, die Sachkonzession und die aus diesen beiden Typen kombinierte Konzession unterscheiden: x Sind die Maßstäbe der Genehmigungserteilung ausschließlich personenbezogen, so liegt eine Personalkonzession vor (vgl. §§ 34, 34a, 34b, 34c GewO, 7 HandwO, 21 WaffG). Solche personenbezogenen Kriterien sind:

___________ 114

Für das Vorsorgeprinzip im Immissionsschutzrecht Hans D. Jarass, BundesImmissionsschutzgesetz, 6. Aufl. München 2005, § 5 Rdnr. 117 m.w.N.; für das Gentechnikrecht Prall (Fußn. 111), Rdnr. 117. 115 Dazu BVerfGE 84, S. 34 (49 ff.); 88, S. 40 (56 ff.); Jarass (Fußn. 41), Art. 19 Rdnr. 63 ff.; Matthias Jestaedt, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. Berlin 2006, § 10 Rdnr. 44 ff.; Michael Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Fußn. 93), § 40 Rdnr. 222 ff.; Eberhard SchmidtAßmann/Thomas Groß, Zur verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte nach der Privatgrundschul-Entscheidung des BVerfG, NVwZ 1993, S. 617 ff.; Ziekow (Fußn. 17), § 40 Rdnr. 55. 116 Ulrich Hösch, Die rechtsbegründende und rechtssichernde Wirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, JbUTR 1999, S. 121 (131).

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

52 Kriterium

Beispiele

Inhalt

Zuverlässigkeit

§§ 30 I Nr. 1, 33a II Nr. 1, 33c II 1, 33d IIII 1, 33i II Nr. 1, 34 I 2 Nr. 1, 34a I 3 Nr. 1, 34b IV Nr. 1, 34c II Nr. 1 GewO, § 4 I 1 Nr. 1 GastG

Genehmigungsbehörde hat Prognose anzustellen, ob der Antragsteller die Gewähr dafür bietet, dass er die betreffende Wirtschaftstätigkeit in der Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird.

Finanzielle Situation des Antragstellers

§§ 34 I 3 Nr. 2, 34a I 3 Nr. Vorhandensein der für den Betrieb er2 GewO, 33 I Nr. 1 KWG forderlichen Mittel.

Fachkunde

§§ 7 I HandwO, 33 I 1 Nr. 4 Die zur Ausübung der Tätigkeit erforKWG, 13 I Nr. 3 PBefG, 3 derliche Fachkunde ist nachzuweisen. II 1 Nr. 3 GüKG Unterhalb der Ebene eines Fachkundenachweises bleiben bloße Unterrichtungsnachweise wie der nach § 4 I 1 Nr. 4 GastG.

§§ 34b IV 1 Nr. 2, 34c II Nr. 2 GewO Verbot ungeordneter Vermögensver§§ 13 I Nr. 1 PBefG, 3 II 1 hältnisse. Nr. 2 GüKG Leistungsfähigkeit des Betriebs.

Eine Personalkonzession geht bei einer Betriebsübertragung nicht auf den Erwerber über und erlischt beim Tod ihres Inhabers. x Sachorientierte Voraussetzungen der Erlaubniserteilung können anknüpfen an die Beschaffenheit der Betriebsmittel (§ 33c I 2 GewO) oder der Betriebsräume (§§ 30 I 2 Nr. 2, 33i II Nr. 2 GewO, 4 I 1 Nr. 2 GastG) oder an die Lage der Betriebsstätten im Raum (§§ 30 I 2 Nr. 4, 33a II Nr. 3, 33i II Nr. 2 GewO, 4 I 1 Nr. 3 GastG). Der Gedanke der Gefahrenabwehr ist dabei absolut dominierend. Auf Existenz und Umfang des Betriebs und damit sachbezogene Elemente beziehen sich auch Bedürfnisprüfungen wie die für den Straßenbahn-, Obus- und Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (§ 13 II Nr. 2 PBefG) und die Funktionsfähigkeitsprüfung des § 13 IV PBefG für den Verkehr mit Taxen. Die auf rein sachbezogenen Anforderungen basierenden Sachkonzessionen haften an dem konzessionierten Gegenstand, so dass sie regelmäßig erlöschen, wenn dieser seine Identität in den von der Konzession abgesteckten Grenzen verliert. Wechsel in der Person des Betriebsinhabers berühren ihren Bestand nicht. x Der Typus der kombinierten Konzession (§§ 30, 33a, 33i GewO, 4 GastG) schließlich stützt sich auf sowohl personen- als auch sachbezogene Erteilungsmaßstäbe. Grundsätzlich erlischt sie bereits vollständig bei einem Identitätsverlust nur eines ihrer Bezugsobjekte. Gehen etwa die von der Konzessionierung erfassten Betriebsräume unter, so steht bei einer Neuerteilung der Konzession für den bisherigen Betriebsinhaber beispielsweise dessen Zuverlässigkeit erneut zur Prüfung an.

1. Präventive, repressive und andere Genehmigungstypen

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Diese Differenzierung ist für die Frage der eventuellen Einführung einer Genehmigungsfiktion insofern von Bedeutung, als die unterschiedlichen Bezugspunkte der Prüfung möglicherweise unterschiedliche behördliche Bewältigungsstrategien erfordern. So könnte daran gedacht werden, die Überprüfung der geforderten Fachkunde durch ein entsprechend geordnetes Nachweisverfahren für weniger leicht ersetzbar zu halten als immissionsschutzbezogene Anforderungen, denen u. U. auch durch nachträgliche Auflagen Rechnung getragen werden kann. Entsprechendes könnte für Zuverlässigkeitsprüfungen gelten, die explizit als Genehmigungsvoraussetzungen statuiert sind und bei denen der Gesetzgeber offenbar von einer zwingenden ex ante-Prüfung ausgeht, da er das ebenfalls aufzufindende Instrument der sofortigen ex post-Prüfung (vgl. § 38 GewO) offenbar nicht für ausreichend hält. d) Verbot mit Verteilungsvorbehalt Strukturell gleichsam zwischen der Ausnahmebewilligung und der Kontrollerlaubnis steht das Verbot mit Verteilungsvorbehalt: Wie bei beiden anderen Genehmigungstypen ist zunächst erforderlich, dass die tatbestandlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies der Fall, so steht die Erteilung einer Ausnahmebewilligung regelmäßig im Ermessen der Behörde (III.1.a), während der Antragsteller auf die Erteilung der Kontrollerlaubnis grundsätzlich einen Anspruch hat (III.1.c)aa). Bei der Verteilungsgenehmigung entsteht zwar prinzipiell ebenfalls ein Anspruch des Antragstellers, der aber unter dem Vorbehalt der Berücksichtung paralleler Anspruchspositionen anderer Antragsteller steht. Da hier die Anzahl der zur Erteilung zur Verfügung stehenden Genehmigungen beschränkt ist, können ggf. nicht alle Antragsteller positiv beschieden werden. Es bedarf deshalb der Entwicklung von Verteilungsregeln, die eine den Eigenrationalitäten des jeweiligen Sachbereichs sowie den verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen gerecht werdende Zuordnung der Verteilungsgenehmigungen sicherstellt.117 Dabei ist vor allem danach zu unterscheiden, ob die Notwendigkeit einer Verteilung darauf beruht, dass die natürlichen Ressourcen oder die verfügbaren technischen Kapazitäten knapp sind, oder ob die Zahl der verfügbaren Genehmigungen bewusst limitiert worden ist, weil beispielsweise Verteilungsgenehmigungen nur auf der Grundlage einer Prüfung des Bedürfnisses erteilt werden sollen.118 Hier bedurfte es schon bisher der Entwicklung differenzierter Vertei___________ 117 Zum Ganzen Dominik Kupfer, Die Verteilung knapper Ressourcen im Wirtschaftsverwaltungsrecht, Baden-Baden 2005, m.w.N. 118 Dazu Kupfer (Fußn. 117), S. 103 ff. Zur Bedürfnisprüfung etwa BVerfGE 86, S. 28 (42 ff.); Thomas Groß, Zur Zulässigkeit von Bedarfsprüfungen bei der Entscheidung über umweltrelevante Vorhaben, VerwArch 88 (1997), S. 89 ff.; Peter J. Tettinger,

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III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

lungskonzepte.119 Für die künftige Ausgestaltung des Rechts der Verteilungsgenehmigungen wird vor allem zu beachten sein, dass die Dienstleistungsrichtlinie zwischen drei Formen verknappter Verteilungsgenehmigungen unterscheidet: x Generell unzulässig sind Genehmigungen, die an eine konkrete Bedarfsprüfung, also eine wirtschaftliche Überprüfung im Einzelfall, bei der die Erteilung der Genehmigung vom Nachweis eines wirtschaftlichen Bedarfs oder Marktnachfrage abhängig gemacht wird, geknüpft werden (Art. 14 Nr. 5 DLRL). x Wenn die Zahl der verfügbaren Genehmigungen aufgrund der Knappheit der natürlichen Ressourcen oder der verfügbaren technischen Kapazitäten begrenzt ist, fordert Art. 12 Abs. 1 DLRL die Einrichtung eines neutralen und transparenten Verfahrens zur Auswahl der Bewerber, bei dem insbesondere die Eröffnung, der Ablauf und der Ausgang des Verfahrens angemessen bekannt gemacht werden müssen. Nur in diesen Fällen fordert die Dienstleistungsrichtlinie den speziellen Typus der Verteilungsgenehmigung. Diese Konstellation ließe sich als „obligatorische Verteilungsgenehmigung“ bezeichnen. x Denn in allen anderen, von einem konkreten Bedarf unabhängigen Verknappungen der Zahl der verfügbaren Genehmigungen fordert die Richtlinie kein besonderes Verteilungsverfahren. Eine solche gewillkürte Verknappung ist zulässig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Art. 11 Abs. 1 lit. b DLRL). Die einzige Besonderheit besteht darin, dass in diesen Fällen die Genehmigung befristet erteilt werden darf (Art. 11 Abs. 1 lit. b DLRL). Im Übrigen unterliegen die Kriterien der Genehmigungserteilung den allgemeinen Anforderungen des Art. 10 DLRL. Insoweit reicht es aus, dass die Kriterien Prioritätsentscheidungen bei konkurrierenden Antragstellungen ermöglichen. Die Einrichtung eines Verteilungsverfahrens ist nicht geboten, dürfte aber zulässig sein, sofern die Anforderungen der Art. 9 ff. DLRL eingehalten werden. Im letzteren Fall könnte von einer „fakultativen Verteilungsgenehmigung“ gesprochen werden. Für die Frage der Einführung einer Genehmigungsfiktion zu beachten ist, dass das Charakteristikum der – obligatorischen und auch fakultativen – Verteilungsgenehmigung in der Ermöglichung einer auf Rationalitätskriterien gegründeten Auswahlentscheidung besteht. Der Ausgleich der konkurrierenden Positi___________ Voraussetzungen einer lotterierechtlichen Konzessionserteilung unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisprüfung und des Ermessens, GewArch 2002, S. 89 ff.; Gerd Winter, Bedürfnisprüfung im Fachplanungsrecht, NuR 1985, S. 41 ff. 119 Kupfer (Fußn. 117), S. 535 ff.

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

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onen mehrerer Antragsteller erfolgt gerade durch das Verteilungsverfahren.120 Der Typus der Verteilungsgenehmigung ist daher in besonderem Maße verfahrensgeprägt121 und kommt für die Ersetzung durch eine Genehmigungsfiktion nicht in Betracht. 2. Struktur von Genehmigungsverfahren a) Verfahrensgedanke Mit der Steuerung durch Organisation teilt die Steuerung durch Verfahren die Qualität als strukturelle Steuerung.122 Wie das organisatorische wirkt das Verfahrensarrangement nicht auf den Inhalt, sondern den Entstehungskontext der Verwaltungsentscheidung ein. Von seiner Grundstruktur her lässt sich das Verfahren als soziales System zur Reduzierung von Komplexität begreifen. Typologisch ist es durch die Ungewissheit seines Ausgangs charakterisiert, die in Form von abzuarbeitenden Verhaltensalternativen den Handlungszusammenhang prägt.123 Die Beendigung der Ungewissheit ist Ziel des Verfahrens. Das Verfahren ist zwar konzeptionell ergebnis-, nicht jedoch zieloffen. Verfahren sind nicht zweckfrei, sondern dienen der Erstellung einer Entscheidung.124 Insoweit ist das Verfahren ein Prozess der Selektion unter vorhandenen Alternativen, ein Prozess permanenter Informationsgewinnung und -verarbeitung,125 der die nach der jeweiligen materiellen Entscheidungsnorm relevanten Entscheidungsfaktoren zu identifizieren und in die abschließende Entscheidung einzubringen hat.126 Verfahren kann daher verstanden werden als Strukturierung ei-

___________ 120 Vgl. Matthias Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, Berlin 1992, S. 495 ff. 121 Zu den Strukturen von Verteilungsverfahren Andreas Voßkuhle, Strukturen und Bauformen neuer Verwaltungsverfahren, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, Baden-Baden 2002, S. 277 (290 ff.). 122 Gunnar Folke Schuppert, Verwaltungswissenschaft, Baden-Baden 2000, S. 560. 123 Niklas Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 3. Aufl. Berlin 1978, S. 38 ff. 124 Vgl. Rudolf Fisch, Administrative Entscheidungen bei Vorhaben für technische Großanlagen, in: Fisch/Beck (Hrsg.), Abfallnotstand als Herausforderung für die Öffentliche Verwaltung, Speyer 1995, S. 59 (62 ff.); Hermann Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, Heidelberg 1986, S. 210. 125 Hill (Fußn. 124), S. 210 f.; Friedrich Schoch, Der Verfahrensgedanke im allgemeinen Verwaltungsrecht, Verw. 1992, S. 21 (23). 126 Wolfgang Hoffmann-Riem, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, Baden-Baden 2002, S. 9 (23).

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

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nes Kommunikationsprozesses zwischen mehreren Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels, nämlich der Findung einer Entscheidung.127 Allerdings ist das Verfahren der öffentlichen Verwaltung nicht lediglich Entscheidungsfindungsmodus, sondern zuvörderst Formung staatlicher Herrschaftsausübung128, ist Vermittler zwischen Verfassungsvorgaben und Verwaltungsrealität129 und notwendige Schaltstelle für die soziale Realität des materiellen Verwaltungsrechts. Das Verwaltungsverfahren ist deshalb Verwirklichungsmodus des Verwaltungsrechts,130 Handlungsgefüge zwischen Verwaltung und Bürger oder zwischen einzelnen Verwaltungseinheiten. Die in diesem Handlungsgefüge von der Verwaltung zu erbringende Bewältigungsleistung hat Rainer Wahl plastisch in das Bild des magischen Vielecks gefasst.131 Entsprechend der Multifunktionalität des Verfahrens sieht sich die Verwaltung bei ihrem Handeln einer Vielzahl von Anforderungen gegenüber. Die Kennzeichnung des Verfahrens als Verwirklichungsmodus des materiellen Rechts darf jedoch nicht im Sinne der verbreiteten These von einer „dienenden“ Funktion des Verfahrensrechts132 verstanden werden. Denn an dem zur Bedeutung des Verfahrens für die Figur der Kontrollerlaubnis Ausgeführten (III.1.c) wird deutlich, dass die Bedeutung des Verfahrens über eine rein instrumentelle Funktion weit hinausgeht. Es „dient“ nicht bloß, sondern ist das zentrale Mittel zur Verteilung von Verantwortungsbereichen. Das Verfahren reagiert auf die Ausgestaltung des materiellen Prüfprogramms insofern, als es zur Verarbeitung des jeweiligen Normprogramms und der Verteilung der Verantwortungsbereiche in der Lage sein, mit anderen Worten aufgabengerecht ausgestaltet sein muss. b) Verfahrensgrundsätze Bevor überprüft werden kann, welche Möglichkeiten zur Ersetzung der Durchführung von Genehmigungsverfahren durch die Einführung von Geneh___________ 127

Vgl. Hill (Fußn. 124), S. 211. Eberhard Schmidt-Aßmann, Der Verfahrensgedanke in der Dogmatik des öffentlichen Rechts, in: Lerche/Schmitt Glaeser/Schmidt-Aßmann, Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, Heidelberg 1984, S. 1 (8 f.). 129 Eberhard Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 26 Rdnr. 75. 130 Rainer Wahl, Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag, VVDStRL 41 (1983), S. 151 (153 f.). 131 Wahl (Fußn. 130), S. 157. 132 Vgl. nur VGH Mannheim NVwZ 1986, S. 663 (664); Maurer (Fußn. 81), § 19 Rdnr. 8. 128

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

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migungsfiktionen bestehen, ist zu untersuchen, welche das Genehmigungsverfahren beherrschenden Verfahrensgrundsätze von einer solchen Ersetzung betroffen wären. In Abhängigkeit vom Gewicht des jeweiligen Verfahrensgrundsatzes können die Möglichkeiten der Ersetzung u. U. positiv oder negativ beeinflusst werden. aa) Verfahrensermessen Nach § 10 S. 1 VwVfG ist das Verwaltungsverfahren an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Allgemein wird dieser Vorschrift entnommen, dass der Behörde hinsichtlich Einleitung und Durchführung des Verwaltungsverfahrens ein Ermessen zukommt.133 Inhalt dieses Verfahrensermessens ist die dem Einzelfall angemessene, sachgerechte und situationsbezogene Abwägung der öffentlichen und privaten Belange in Verfolgung der gesetzlichen und administrativen Zielvorstellungen.134 Die Behörde entscheidet grundsätzlich nach ihrer Wertung, wie sie das Verwaltungsverfahren durchführt und welche Verfahrensmaßnahmen sie ergreift. Jede Entscheidung, die die Behörde in pflichtgemäßer Ausübung ihres Verfahrensermessens trifft, ist rechtmäßig, und zwar unabhängig davon, ob andere Stellen als die verfahrensleitende Behörde die Entscheidung genauso getroffen hätten oder nicht.135 Wie für jede Ermessensentscheidung werden die von der Behörde bei der Verfahrensgestaltung einzuhaltenden Grenzen in § 40 VwVfG umschrieben136, d. h. die Behörde hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Danach ist die Verwaltung auf die Ausrichtung ihrer Ermessensausübung an der Mutifunktionalität des Verfahrens, an den vorgegebenen Verfahrenszwecken, verpflichtet.137 Nach den allgemeinen Grundsätzen der Ermessenslehre hat die Behörde alle für die konkrete Entscheidung relevanten Verfahrenszwecke zu ermitteln, die sich daraus für die Verfahrensgestaltung ergebenden Möglichkeiten zu entwickeln und im Konfliktfall eine Abwägung vorzu___________ 133

Wolfgang Clausen, in: Knack (Fußn. 90), § 10 Rdnr. 8; Hermann Hill, Verfahrensermessen der Verwaltung, NVwZ 1985, S. 449 (450); Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 10 Rdnr. 6; Paul Stelkens/Heribert Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Fußn. 93), § 10 Rdnr. 16. 134 Rainer Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, München 1990, S. 693. 135 BVerwGE 85, S. 323 (328 f.). 136 Ziekow (Fußn. 17), § 10 Rdnr. 3. 137 Hill (Fußn. 133), S. 451; Klaus Lange, Ermessens- und Beurteilungsspielräume als Transformatoren von Innen- und Außenrecht, NJW 1992, S. 1193 (1194).

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

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nehmen.138 Erforderlichenfalls muss also die Behörde die Verfahrenszwecke untereinander gewichten. Berücksichtigt sie die sich aus einer Zwecksetzung ergebenden Verfahrensanforderungen überhaupt nicht oder nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht, so liegt ein Ermessensfehler vor. Insbesondere darf ein Verfahrenszweck nicht weiter zurückgesetzt werden als es die Verwirklichung anderer Zwecke fordert. Die Verfahrensgestaltung ist deshalb ein der Verwaltung in Permanenz aufgegebener Ausgleichsprozess im Zeichen der Multifunktionalität des Verfahrens. Dabei enthält das Verwaltungsverfahrensgesetz – punktuell – Steuerungsvorgaben, die das Verfahrensermessen der Behörde begrenzen. Überhaupt kein Ermessen besteht beispielsweise hinsichtlich der Wahl der Amtssprache (§ 23 Abs. 1 VwVfG), der Anhörung Beteiligter (§ 28 Abs. 1 VwVfG) oder der Gewährung von Akteneinsicht für Beteiligte (§ 29 Abs. 1 VwVfG). bb) Zügigkeit Kein Ermessen besteht nach der Wortwahl des Gesetzes hinsichtlich der Verwirklichung der Verfahrensgrundsätze des § 10 S. 2 VwVfG: „Es (das Verfahren) ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen“. Nach gängiger Dogmatik der Ermessenslehre heißt das, dass die Behörde das Verfahren einfach, zweckmäßig und zügig gestalten muss. Gleichwohl bestehen unverkennbare normstrukturelle Unterschiede zwischen den als gebundene Entscheidungen ausgestalteten Verfahrenshandlungen der Wahl der Amtssprache, der Anhörung sowie der Gewährung von Akteneinsicht einerseits und der Verpflichtung der Behörde auf die Verfahrensgrundsätze des § 10 S. 2 VwVfG andererseits. Die gebundenen Verfahrenshandlungen lassen sich im wesentlichen in ein einfaches Ja/Nein-Schema fassen: Es wird die deutsche Sprache gebraucht oder nicht, es wird angehört oder nicht, es wird Akteneinsicht gewährt oder nicht. Gestaltungsspielräume bestehen hier nur am Rande, insbesondere hinsichtlich der Umstände der Durchführung der jeweiligen Verfahrenshandlung. Den Verfahrensgrundsätzen des § 10 S. 2 VwVfG wird das Ja/Nein-Schema dagegen nicht gerecht. Sie geben der Verwaltung keine bestimmte Handlung vor, sondern sind in ihrer Verwirklichung auf aktive Verfahrensgestaltung durch die Behörde angewiesen. Es handelt sich also um ermessenslenkende Rechtssätze, die ihrerseits wieder gestaltungsoffen sind. Der Verwaltung werden für die Ausgestaltung des Verfahrens Ziele vorgegeben, wobei die Behörde über den Weg der Zielerreichung selbst bestimmt. Normtypologisch sind die Verfahrensgrundsätze des § 10 S. 2 VwVfG deshalb ein Finalprogramm. Die Bedeutung dieses Finalprogramms besteht in der Aufstellung einer Gewich___________ 138

Hill (Fußn. 133), S. 451.

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

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tungsregel innerhalb der multifunktional gesteuerten Ausübung des Verfahrensermessens. Mit der besonderen Erwähnung der Grundsätze der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Zügigkeit des Verfahrens hat sich der Gesetzgeber für eine diesbezügliche Zielpriorität entschieden.139 Allerdings ist diese Priorität keine absolute in dem Sinne, dass die Verfolgung der Ziele des § 10 S. 2 VwVfG die Behörde von der Beachtung anderer Verfahrensfunktionen entbinden würde.140 Der Vorrang ist vielmehr nur ein relativer, so dass bei der Ausgestaltung des Verfahrens die Ziele des § 10 S. 2 VwVfG zwar mit erhöhtem Gewicht in die Abwägung einzustellen sind, jedoch keine Abwägungssperre für andere Gesichtspunkte beinhalten. Das Zügigkeitsgebot des § 10 S. 2 VwVfG gibt daher der Verwaltung das Programm auf, bei der Gestaltung des Verfahrens den Faktor „Beschleunigung“ bestmöglich zur Geltung zu bringen. Zügigkeit ist nicht ein in die Ausübung des Verfahrensermessens einzustellender Parameter wie jeder andere, sondern ein der Behörde zur Verwirklichung ständig aufgegebener Gesichtspunkt. Die Verwaltung ist verpflichtet, alle Maßnahmen zur zügigen Verfahrensabwicklung zu ergreifen. Ihr Verfahrensermessen ist insofern reduziert, als sie immer die schnellstmögliche Verfahrensgestaltung zu wählen hat, die ohne die disproportionale Hintanstellung anderer Verfahrensfunktionen zulässig ist. In letzter Zuspitzung wäre also zwar das zügigste dasjenige Genehmigungsverfahren, bei dem die Genehmigungserteilung unmittelbar auf die Antragstellung folgt. In diesem Sinne könnte die Herbeiführung einer Genehmigungsfiktion zur Vermeidung weiterer Verfahrensschritte eingesetzt werden und damit der Verwirklichung des Zügigkeitsgebots dienen, muss sich die Behörde doch auf die zum Erlass der Genehmigung unbedingt notwendigen Verfahrensschritte beschränken und überflüssige Handlungen unterlassen. Jedoch ist das, was in diesem Sinne notwendig und was überflüssig ist, gerade im Ausgleich mit anderen Verfahrensgrundsätzen zu entwickeln. cc) Untersuchungsgrundsatz Von der Einführung einer Genehmigungsfiktion betroffen wäre der Untersuchungsgrundsatz. Wird eine Genehmigung fingiert, ohne dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt worden und die vom Untersuchungsgrundsatz ge-

___________ 139

Hill (Fußn. 133), S. 451; Bullinger (Fußn. 65), S. 30; Rombach (Fußn. 65), S. 45. Rainer Wahl, Neues Verfahrensrecht für Planfeststellung und Anlagengenehmigung – Vereinheitlichung des Verwaltungsverfahrens oder bereichsspezifische Sonderordnung?, in: Blümel/Pitschas (Hrsg.), Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, Berlin 1994, S. 83 (115). 140

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forderte Informationsgenerierung geleistet worden ist, so könnte der Untersuchungsgrundsatz als entfunktionalisiert erscheinen. Vor dem Hintergrund, dass Verwaltungsverfahren der Durchsetzung öffentlicher Interessen dienen, werden sie vom Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG) beherrscht. Im Kern ist das Prinzip der Amtsermittlung verfassungsrechtlich rückgebunden (II.1.a)ee). Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet die Behörde dazu, vor Erlass eines Bescheids den Sachverhalt sorgfältig und umfassend zu ermitteln.141 Art und Umfang der Ermittlungen (§ 24 Abs. 1 S. 2 HS 1 VwVfG) bestimmt die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen.142 Hierbei spielen auch die Auswirkungen der zu treffenden Entscheidung auf den Bürger oder die Allgemeinheit eine Rolle. Ein subjektives Recht auf Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen besteht nicht, da § 24 VwVfG nicht den Interessen Einzelner, sondern allein dem öffentlichen Interesse an einer sachgerechten Erfüllung der Verwaltungsaufgaben dient.143 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann – soweit es im konkreten Fall z. B. einer schnellen Entscheidungsfindung bedarf – Art und Umfang der Sachverhaltsaufklärung begrenzen.144 Eine solche Begrenzung ist hingegen nicht allein durch einen zu erwartenden hohen Kostenoder Personalaufwand zu rechtfertigen.145 Im Besonderen sind die aus dem Untersuchungsgrundsatz folgenden Ermittlungsanforderungen gegen das Interesse an einer schnellen Verfahrenserledigung abzuwägen.146 Unproblematisch ist dies jedenfalls dann, wenn eine verringerte Prüfintensität durch eine nachträgliche Kontrolle der Entscheidungswirkung und ggf. ein kontrollierendes Eingreifen der Behörde kompensiert werden kann. Aber auch dort, wo dies nicht der Fall ist und dem beschleunigungsbedingten Risiko einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung beispielsweise nicht durch die Beifügung eines Auflagenvorbehalts im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG Rechnung getragen werden kann, wirkt das Verfahrensgebot der Zügigkeit (III.2.b)bb) auf das Maß an Sachverhaltssicherheit ein, das die Behörde für ihre Entscheidung benötigt. Ausgangspunkt ist das Vorliegen eines so hohen Grades an Wahrscheinlichkeit, dass kein vernünftiger, die Lebensver-

___________ 141

OLG Hamburg BB 1961, S. 992. BVerwG Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 22; BVerwG, 30.6.2004 – 5 B 32/03. 143 Vgl. BVerwG Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 22. 144 BVerwG NJW 1987, S. 143; 1988, S. 1104 (1105); OVG Koblenz NuR 1986, S. 134 (135). 145 Paul Stelkens/Dieter Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Fußn. 93), § 24 Rdnr. 37. 146 BVerwG NJW 1987, S. 143; 1988, S. 1104 (1105); Wolfgang Clausen, in: Knack (Fußn. 90), § 24 Rdnr. 10. 142

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

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hältnisse überschauender Mensch noch zweifelt.147 Unter der durch § 10 S. 2 VwVfG vorgegebenen Optimierung der Verfahrenszügigkeit kann dieses Maximum an Wahrscheinlichkeit allerdings nur noch als Grundlage für Entscheidungen mit einer hohen Folgenintensität für Interessen Privater oder der Allgemeinheit gefordert werden. Wird dem Antrag eines Antragstellers, der (geprüft) vollständige Antragsunterlagen vorgelegt hat, entsprochen, ohne dass sich Berührungen von Drittinteressen oder über das Genehmigungserfordernis als solches hinausgehende Einwirkungen auf Gemeinwohlbelange erkennen lassen, so kann das Verhältnis zwischen Aufklärungs- und Zügigkeitsgebot entsprechend anders austariert werden. Den vollkommenen Verzicht auf eine Sachverhaltsermittlung rechtfertigt das Zügigkeitsgebot allerdings nicht. Die Behörde muss sich damit auseinandersetzen, welcher Grad an Sachverhaltssicherheit bereits erreicht worden ist und welche Maßnahmen voraussichtlich welche Wahrscheinlichkeitssteigerung erbringen. Je geringer der zu erwartende Aufklärungsgewinn, desto eher setzt sich das Zügigkeitsgebot gegen eine weitere Untersuchung durch. Zur Abbildung dieses Zusammenhangs eignet sich die Genehmigungsfiktion durchaus: Hat die Genehmigungsbehörde geprüft, dass die Antragsunterlagen vollständig sind und der Genehmigungsantrag fiktionsfähig ist, keine Drittbeteiligungen durchzuführen oder mehr durchzuführen sind sowie weitere Aufklärungsmaßnahmen keinen Wandel der Einschätzung mehr erwarten lassen, so wären weitere Maßnahmen ineffizient. Auf der Grundlage dieser Einschätzung kann die Genehmigungsbehörde die Fiktionswirkung eintreten lassen, ohne selbst weiter tätig sein zu müssen. In Anbetracht dessen, dass die Verwaltung weniger und weniger in der Lage ist, das für die Produktion einer Entscheidung notwendige Wissen in vollem Umfang selbst erwerben zu können148, ist die Rekonstruktion des Sachverhalts als „Einbruchstelle für Subjektivität“ in besonderem Maße auf Kommunikation und Informationsaustausch zwischen den Beteiligten angewiesen.149 Kooperative Sachverhaltskonkretisierung ist daher ein unentbehrliches Mittel, um der Generierungs- und Verarbeitungsaufgabe des Verwaltungsverfahrens gerecht werden zu können. Der Untersuchungsgrundsatz verlangt nicht in einem materiellen Sinne, dass sämtliche Informationen durch die Behörde selbst beschafft werden, ___________ 147 Stelkens/Kallerhoff (Fußn. 145), § 24 Rdnr. 20; Ziekow (Fußn. 17), § 24 Rdnr. 14. BVerwG, NJW 1982, S. 1893 fordert eine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“. 148 Andreas Voßkuhle, Der Wandel von Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozeßrecht in der Informationsgesellschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, Baden-Baden 2000, S. 349 (354 f.). 149 Rainer Pitschas, Allgemeines Verwaltungsrecht als Teil der öffentlichen Informationsordnung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Baden-Baden 1993, S. 219 (287).

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III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

sondern weist der Behörde (in einem formellen Sinne) die Prozessverantwortung für das zur Erstellung einer Entscheidungsgrundlage erforderliche Informationsmanagement zu.150 Gleichwohl können in der rechtlichen Bewertung behördlicher und privater Beitrag zur Sachverhaltsermittlung nicht vollständig gleichgewichtig sein. Der Untersuchungsgrundsatz ist verfassungsrechtlich verankert und daher nicht aufgebbar. Die Verwaltung kann sich aus der Verantwortung für die Erstellung einer entscheidungstragenden Tatsachengrundlage nicht zurückziehen.151 Die Behörde darf sich nicht auf die ungeprüfte Übernahme des informationellen Kooperationsbeitrags des Privaten beschränken, sondern muss zumindest nach den Grundsätzen der nachvollziehenden Amtsermittlung eine Kontrolle der privaten Konkretisierungsleistung durchführen.152 Etwas anderes kann nur dort gelten, wo es ausschließlich um die Individualinteressen desjenigen Beteiligten geht, dessen Beitrag zur Sachverhaltskonstruktion die Behörde als maßgeblich übernimmt.153 Von Gewicht ist die Einbeziehung der Konkretisierungsleistung des Privaten u. a. in Antragsverfahren, zu denen insbesondere die Genehmigungsverfahren zählen. Hier kommt dem am Modell der Eingriffsverwaltung orientierten Untersuchungsgrundsatz nicht die zentrale Stellung wie bei einer Belastung des Bürgers zu.154 Mit der Bedeutung des Untersuchungsgrundsatzes im Zusammenhang steht der Problemkomplex der materiellen Beweislast. Die materielle Beweislast betrifft die Frage, ob die Behörde oder der Beteiligte Zweifel, die trotz eingehender Sachverhaltsaufklärung nicht ausgeräumt werden können, zu tragen hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine verfahrensrechtliche Frage, sondern um ein Problem des materiellen Rechts.155 Soweit keine besonderen Bestimmungen bestehen, gilt auch im Verwaltungsverfahren das Normbegünstigungsprinzip. Dieses besagt, dass die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen geht, der aus ihr eine für ihn günstige Rechtsfolge herleitet. Im Rahmen des Ge___________ 150 Michael Holoubek, Rechte, Lasten und Pflichten von Beteiligten und Behörden im Verwaltungsverfahren – zur Bedeutung des Untersuchungsgrundsatzes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, Baden-Baden 2002, S. 193 (208). 151 Holoubek (Fußn. 150), S. 208. 152 Jan Ziekow, Inwieweit veranlasst das Neue Steuerungsmodell zu Änderungen des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungsverfahrensgesetzes?, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, Baden-Baden 2002, S. 349 (380). 153 Holoubek (Fußn. 150), S. 209. 154 Hoffmann-Riem (Fußn. 126), S. 42. 155 Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 24 Rdnr. 41.

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

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nehmigungsrechts gehen Zweifel hinsichtlich des anspruchsbegründenden Sachverhalts daher zu Lasten des antragstellenden Bürgers.156 Hat hingegen der Bürger einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, so trägt die Behörde die Beweislast hinsichtlich des Vorliegens einer rechtshindernden Ausnahme.157 dd) Verfahrensbeteiligungen Ein Konfliktpotential birgt die Einführung von Genehmigungsfiktionen auch hinsichtlich der unterschiedlichen Formen der Einbeziehung von Privaten und von öffentlichen Stellen in Genehmigungsverfahren. Während die Verfahrenseinbezogenen bei Durchführung des Genehmigungsverfahrens die Möglichkeit haben, ihre jeweilige Position bzw. Stellungnahme in das Verfahren einzubringen und dadurch ggf. die Genehmigungsentscheidung zu beeinflussen, verkürzt der Eintritt einer Genehmigungsfiktion diese Möglichkeit unter Umständen. Allerdings sind insoweit verschiedene Ausgestaltungen einer Genehmigungsfiktion denkbar, die vom Eintritt der Genehmigungsfiktion bei völliger Außerachtlassung von Verfahrenseinbeziehungen bis hin zur Fingierung der Genehmigung erst nach Beachtung der Einbeziehungserfordernisse reichen (dazu im Einzelnen VI.2.). Für die Untersuchung ist zwischen der Einbeziehung des Antragstellers (III.2.b)dd)Į), der Beteiligung Drittbetroffener (III.2.b)dd)ȕ), der Öffentlichkeitsbeteiligung (III.2.b)ddȖ) und der Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange (III.2.b)dd)į) zu unterscheiden. Į) Beteiligung des Antragstellers Der einen Genehmigungsantrag Stellende ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG notwendiger Beteiligter, ohne dass es darauf ankäme, ob der Antrag zulässig und begründet ist158. Die Einräumung der Beteiligtenstellung gewährleistet im Sinne eines rechtsstaatlichen Verfahrens, dass der Beteiligte nicht nur Objekt des Verwaltungsverfahrens ist, sondern die Durchsetzung seiner Rechte aktiv selbst in die Hand nehmen kann. Die Mehrzahl der Rechte im Verwaltungsverfahren steht nur Beteiligten zu. Die mit der Beteiligtenstellung verbundene Position des Antragstellers würde durch den Eintritt einer Genehmigungsfiktion nicht verkürzt. Denn mit dem Eintritt der Fiktionswirkung erhält der Antragsteller das, was er beantragt hat, ___________ 156

Vgl. BVerwG NVwZ-RR 1990, S. 165. Vgl. BVerwG Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 1; Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 63, jeweils zu Eignungsmängeln bei der Erteilung der Fahrerlaubnis. 158 Ziekow (Fußn. 17), § 13 Rdnr. 6. 157

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III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

nämlich die begehrte Genehmigung. Eine über die Kenntnisnahme der Antragsunterlagen hinausgehende Pflicht der Behörde, den Antragsteller nach § 28 Abs. 1 VwVfG anzuhören, bestünde nicht einmal dann, wenn der Antrag abgelehnt würde.159 ȕ) Einbeziehung Drittbetroffener Die Einbeziehung Drittbetroffener in ein Genehmigungsverfahren kommt wie jede Verbreiterung der Informationsgrundlage zunächst der Vollständigkeit der behördlichen Sachverhaltsermittlung zu Gute.160 Im Mittelpunkt stehen allerdings andere Zielrichtungen, nämlich der Schutz rechtlicher Interessen des Dritten und der Schutz von Allgemeininteressen, in erster Linie in Gestalt der Verfahrensökonomie zur Vermeidung weiterer Verfahren über denselben Gegenstand:161 x Soweit es sich bei den betroffenen Interessen des Dritten um subjektive Rechte handelt, realisiert die Einbeziehung in das Verfahren die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundrechtsschutzes durch Verfahren (dazu II.1.a)gg).162 So verschafft das Einwendungsverfahren nach § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Betroffenen rechtliches Gehör und stellt eine Form vorgelagerten Rechtsschutzes dar.163 Die Fälle der notwendigen Hinzuziehung zum Verwaltungsverfahren nach § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG sind auch auf solche Konstellationen zu erstrecken, in denen die Entscheidung keine unmittelbar drittrechtsgestaltende Wirkung hat, jedoch eine Grundrechtsposition des Dritten unmittelbar beeinträchtigt wird und repressiver Rechtsschutz zu spät käme.164 x Der angesprochene verfahrensökonomische Gesichtspunkt wird deutlich, wenn in ihren Interessen berührten Dritten die Möglichkeit zur Einbeziehung in das Verfahren eröffnet, das Unterlassen der Nutzung dieser Möglichkeit dann aber mit einer materiellen Präklusion der nicht rechtzeitig geltend gemachten Interessen sanktioniert wird (vgl. § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG; § 10 Abs. 3 S. 3 BImSchG). ___________ 159 BVerwG Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 3; Buchholz 316 § 28 VwVfG Nr. 6; Heinz Joachim Bonk/Dieter Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Fußn. 93), § 28 Rdnr. 27 ff. m.w.N. A. M. Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 28 Rdnr. 26 ff. m.w.N. 160 Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 13 Rdnr. 27. 161 BVerwG NVwZ 2000, S. 1179 (1180). 162 Fritz Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, Köln/Berlin/Bonn/München 1986, S. 69. 163 BVerwG DVBl. 1992, S. 1236 (1239). 164 Ziekow (Fußn. 17), § 13 Rdnr. 13.

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

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Die Einbeziehung Drittbetroffener in das Verfahren findet in unterschiedlichen Formen statt und ist von Gestaltungen der Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterscheiden. Die Abgrenzung zur Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt danach, ob die Betroffenheit in einem subjektiven Recht vorliegt oder nur eigene oder fremde Belange oder Interessen der Allgemeinheit berührt sind. Rechtsbetroffene müssen nicht nur dann an dem Verfahren beteiligt werden, wenn ihnen sonst irreversible Rechtsverluste drohen165. Die notwendige Hinzuziehung als Beteiligter im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 2 VwVfG kann insoweit gleichsam als Grundform der Einbeziehung Drittbetroffener in das Verwaltungsverfahren angesehen werden. Diese Form verleiht dem Dritten die stärkste Position, kann er doch alle Rechte eines Verfahrensbeteiligten in Anspruch nehmen. Zwingend ist sie jedoch nicht, wie das Beispiel der die verwaltungsverfahrensrechtlichen Beteiligungsvorschriften verdrängenden166 Bestimmungen des Bauordnungsrechts über die Nachbarbeteiligung bei Bauanträgen zeigen. Die zum Schutz der Drittbetroffenheit bestehenden Verfahrenspositionen sind grundsätzlich zwingend und können nicht zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung überspielt werden. So sagt beispielsweise § 28 Abs. 1 VwVfG, dass die Anhörung Beteiligter eine notwendige Verfahrenshandlung ist. Nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG darf die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anhörung absehen. Beschleunigungsgesichtspunkte spielen bei dieser Ermessensbetätigung grundsätzlich keine Rolle. Das einer Anhörung ggf. entgegenstehende zeitliche Moment ist in § 28 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwVfG als Tatbestandsvoraussetzung für die Eröffnung des Ermessensspielraums eingeordnet worden. Nach diesen Vorschriften kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint oder wenn durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde. Die letztgenannte Variante der Möglichkeiten des Absehens von einer Anhörung ist auch für die Einführung von Genehmigungsfiktionen von Bedeutung. Denn unter § 28 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG fallen u. a. solche Fristen, deren Verstreichen den Eintritt einer Genehmigungsfiktion zur Folge hätte.167 Zwar soll es die eng auszulegende Ausnahmevorschrift der Behörde nicht ermöglichen, Drittbeteiligungserfordernisse durch die behördlicherseits zu vertretende „Ausreizung“ ___________ 165

Vgl. für die Regionalplanung BVerwG NuR 2002, S. 49 (53). Stefanie Lang, in: Jeromin (Hrsg.), Kommentar zur Landesbauordnung RheinlandPfalz, München 2005, § 68 Rdnr. 3. 167 Ziekow (Fußn. 17), § 28 Rdnr. 9. 166

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

66

von Entscheidungsfristen faktisch leer laufen zu lassen.168 Aus § 28 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG könnte also nicht der Schluss gezogen werden, dass die Statuierung von Genehmigungsfristen mit der Anordnung einer Genehmigungsfiktion nach Fristablauf die Beteiligung Drittbetroffener entbehrlich machen würde. Doch eröffnet die gesetzgeberische Entscheidung in § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG insoweit Ausgestaltungsspielräume (dazu V.5.). Ȗ) Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung Die Abgrenzung solcher Verfahren, die sich unter dem Begriff „Öffentlichkeitsbeteiligung“ zusammenfassen lassen, gegenüber der Drittbetroffeneneinbeziehung lässt sich zwar typologisch danach treffen, ob die Betroffenheit in einem subjektiven Recht vorliegt (dann Rechtsbetroffenenbeteiligung) oder ob nur eigene oder fremde Belange oder Interessen der Allgemeinheit berührt sind (dann Öffentlichkeitsbeteiligung). Jedoch unterscheiden die vorgesehenen Beteiligungsverfahren häufig nicht strikt zwischen Betroffenen- und Öffentlichkeitsbeteiligung. So kann nach § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG jeder im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan erheben, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden. Hierbei handelt es sich um den Typus der sog. BetroffenenEinwendung, für die jeder die Einwendungsbefugnis besitzt, der in eigenen Belangen beeinträchtigt ist. Der Begriff des Belangs ist weiter als der des subjektiven Rechts und umfasst jedes in die Abwägung einzustellende, eigene und schutzwürdige Interesse des Betreffenden.169 Der zugeordnete Beteiligungstypus lässt sich dementsprechend als Interessentenbeteiligung kennzeichnen. Einbegriffen sind in jedem Fall aber auch diejenigen Betroffenen, die in eigenen subjektiven Rechten beeinträchtigt werden. Die Betroffenenbeteiligung umschließt also die Rechtsbetroffenenbeteiligung. Demgegenüber kennt die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 3 BImSchG keine Begrenzung auf die Betroffenenbeteiligung; einwendungsbefugt ist hier vielmehr jedermann.170 Typologisch lässt sich hier von einer Popularbeteiligung sprechen. Die Begrifflichkeit des § 2 Abs. 6 UVPG fügt dem weitere Facetten hinzu, indem sie zwischen der Öffentlichkeit und der betroffenen Öffentlichkeit unterscheidet: Während es sich bei der Öffentlichkeit um einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen handelt, die Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 9 Abs. 1 S. 1 UVPG) demzufolge eine Popularbetei___________ 168

Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 28 Rdnr. 63. Im Einzelnen Andreas Geiger, Der Planfeststellungsbeschluss, in: Ziekow (Hrsg.), Praxis des Fachplanungsrechts, München 2004, Rdnr. 297 ff. 170 Jarass (Fußn. 114), § 10 Rdnr. 71. 169

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

67

ligung ist, sind unter der betroffenen Öffentlichkeit alle in ihren eigenen Belangen Berührten sowie bestimmte Vereinigungen zu verstehen. Die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit (§ 9 Abs. 1 S. 2 UVPG) umfasst mithin die Formen der Interessentenbeteiligung und Verbandsbeteiligung. Die Zusammenhänge der verschiedenen Begriffe von Öffentlichkeit bzw. deren Ausschnitten und Beteiligungsformen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Öffentlichkeit (Popularbeteiligung) Betroffene Öffentlichkeit (Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit) Verbände (Verbandsbeteiligung)

Betroffene (Interessentenbeteiligung) Rechtsbetroffene (Betroffenenbeteiligung)

Zu beachten ist, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung jedenfalls bei umweltrelevanten Vorhaben in weitem Umfang nicht mehr zur Disposition des deutschen Gesetzgebers steht. Vor allem die sog. Århus-Konvention171 und die zu deren Transformation in Gemeinschaftsrecht ergangene RL 2003/35/EG172 geben dem nationalen Gesetzgeber insoweit unverrückbare Maßstäbe vor.173 Kurz zusammengefasst beruhen diese Maßstäbe auf den Gedanken, dass die Öffentlich___________ 171 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, BGBl. 2006 II, 152. 172 RL 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABlEG Nr. L 156, S. 17 v. 25.6.2003. 173 Dazu mit Blick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung Felix Ekhardt/Katharina Pöhlmann, Die neue EG-Öffentlichkeitsrichtlinie – mehr Partizipation für die Bürger?, ThürVBl. 2005, S. 252 ff.; Andreas Fisahn, Effektive Beteiligung solange noch alle Optionen offen sind – Öffentlichkeitsbeteiligung nach der Aarhus-Konvention, ZUR 2004, S. 136 ff.; Helmut Lecheler, Europarechtliche Vorgaben für die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Rechtsschutz im deutschen Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, GewArch 2005, S. 305 (309 ff.); Jan Ziekow, Perspektiven von Öffentlichkeitsbeteiligung und Verbandsbeteiligung in der Raumordnung, NuR 2002, S. 701 ff.

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

68

keitsbeteiligung zu einer Verbreiterung der behördlichen Entscheidungsgrundlage führt, damit die Qualität und Umsetzung von Entscheidungen verbessert und das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit gesteigert wird, wodurch der Umweltschutz insgesamt verbessert wird.174 Lassen sich diese Zwecke dem Typus der Popularbeteiligung und damit allen Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung zuordnen, so treten für die Ausdifferenzierungen weitere Zwecksetzungen hinzu: Während die Interessentenbeteiligung zusätzlich in erster Linie dem in das Verwaltungsverfahren vorgelagerten Rechtsschutz verpflichtet ist175, soll die Verbandsbeteiligung vor allem dazu beitragen, Vollzugsdefiziten in dem jeweiligen Bereich, also z. B. dem Umweltschutz, entgegenzuwirken.176 Inwieweit eine vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung dadurch überspielt werden kann, dass trotz Nichtdurchführung der Beteiligung eine Genehmigungsfiktion eintritt, muss für jeden Fall der Öffentlichkeitsbeteiligung gesondert überprüft werden. Vor allem in den gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Fällen von Öffentlichkeitsbeteiligung wird dies in der Regel nicht möglich sein. Hier kommt es gerade darauf an, dass die Öffentlichkeit „das Recht (hat), der zuständigen Behörde … gegenüber Stellung zu nehmen und Meinungen zu äußern, wenn alle Optionen noch offen stehen und bevor die Entscheidung über den Genehmigungsantrag getroffen wird“ (Art. 3 Nr. 4 Abs. 4 RL 2003/35/EG). In solchen Konstellationen kann eine Genehmigungsfiktion zumindest nicht eintreten, bevor die Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden ist. į) Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange Unter Trägern öffentlicher Belange versteht man alle Stellen, denen nach Vorschriften des materiellen Rechts die Geltendmachung öffentlicher Interessen zugewiesen worden ist und denen die (Haupt-)Verantwortung für dieses Interesse obliegt, zu dessen Wahrnehmung sie zwingend an dem jeweiligen Genehmigungsverfahren zu beteiligen sind.177 Dies führt beispielsweise dazu, dass sie im Rahmen einer Interessentenbeteiligung zu beteiligen sein können, wenn sie durch das zu genehmigende Vorhaben in einer ihnen zur Wahrnehmung zugewiesenen öffentlichen Aufgabe berührt werden.178 Wie die Regelungen über die materielle Präklusion verfristeter Stellungnahmen von Trägern öffentlicher ___________ 174 175 176

Vgl. die Erwägungsgründe der Århus-Konvention (Fußn. 171). BVerwG DVBl. 1992, S. 1236 (1239). Für die naturschutzrechtliche Verbandsbeteiligung BVerwG NVwZ 2004, S. 861

(863). 177 178

Eingehend Siegel (Fußn. 1), S. 18 ff. Für § 73 Abs. 4 VwVfG Ziekow (Fußn. 17), § 73 Rdnr. 47.

2. Struktur von Genehmigungsverfahren

69

Belange (siehe nur § 71d Abs. 2, § 73 Abs. 3a S. 2 VwVfG) zeigen, ist die unterbliebene Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange regelmäßig überwindbar, sofern der Ausfall ohne Auswirkungen auf die Sachentscheidung bleibt. Insofern handelt es sich im Kern um ein Problem der Reichweite des Amtsermittlungsgrundsatzes. Hieran kann bei der Ausgestaltung von Genehmigungsfiktionen angeknüpft werden (dazu VI.2.). Dabei sind auch die unterschiedlichen Beteiligungsformen im Auge zu behalten. Insbesondere die Fälle, in denen dem Träger öffentlicher Belange echte Mitentscheidungsbefugnisse zukommen, so dass die Erteilung der Genehmigung von seinem Konsens abhängig ist179, müssen ggf. differenziert betrachtet werden. ee) Weitere Verfahrensgrundsätze Die übrigen Verfahrensgrundsätze dürften ohne engeren Bezug zur Einführung einer Genehmigungsfiktion sein. Bei den Genehmigungsverfahren handelt es sich um Verfahren, bei denen die Dispositionsmaxime (§ 22 S. 2 Nr. 1 Alt. 2, Nr. 2 VwVfG) die Offizialmaxime (§ 22 S. 1 und 2 Nr. 1 Alt. 1 VwVfG) verdrängt. Hieran würde die Einführung einer Genehmigungsfiktion nichts ändern, da der Eintritt der Fiktionswirkung in jedem Fall einen fiktionsfähigen Antrag voraussetzt. Der fiktionsfähige Antrag ist auch Anknüpfungspunkt für den Umgang mit der Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten nach § 39 Abs. 1 VwVfG. Denn nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG bedarf es keiner Begründung des Verwaltungsakts, soweit die Behörde einem Antrag entspricht. Da durch die Genehmigungsfiktion der Antrag in vollem Umfang den Inhalt der Genehmigung bestimmt180, stellt § 39 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG die Fälle der fingierten Genehmigung begründungsfrei. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Verwaltungsakt in Rechte eines Dritten eingreift. Hier gebietet es der Schutz der Grundrechte des Betroffenen, dass der Eingriff begründet wird. Die Begründungspflicht besteht dabei nur gegenüber dem Drittbelasteten, nicht gegenüber dem Antragsteller.181 In Fällen lediglich mittelbarer Auswirkungen wirtschaftlicher Art182 oder in denen der Dritte dem Eingriff in vollem Umfang zustimmt183 bedarf es gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG keiner Begründung. ___________ 179 180

Siegel (Fußn. 1), S. 91 ff. Zu dieser Voraussetzung Hans-Günter Henneke, in: Knack (Fußn. 90), § 39 Rdnr.

13. 181 Paul Stelkens/Ulrich Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Fußn. 93), § 39 Rdnr. 46. A. M. Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 39 Rdnr. 38. 182 Till Müller-Ibold, Die Begründungspflicht im europäischen Gemeinschaftsrecht und im deutschen Recht, Frankfurt am Main/Bern/New York 1990, S. 176. 183 Ziekow (Fußn. 17), § 39 Rdnr. 9. A. M. Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 39 Rdnr. 38.

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

70

Der Grundsatz behördlicher Beratung (§ 25 VwVfG) wäre von der Einführung einer Genehmigungsfiktion nur insoweit betroffen, wie die Herstellung der Fiktionsfähigkeit des Antrags in Rede steht. Für den Regelfall („soll“) verpflichtet § 25 S. 1 VwVfG hier die Behörde, auf eine Vervollständigung des Antrags unterlagen hinzuwirken. Im Anwendungsbereich der §§ 71a ff. VwVfG verdichtet sich diese Sollregelung zu einer ausnahmslosen Pflicht (§ 71c Abs. 3 VwVfG). 3. Wirkung der Genehmigungsentscheidung Da die Genehmigungsfiktion in vollem Umfang an die Stelle einer durch die zuständige Behörde ausdrücklich erteilten Genehmigung treten soll, sind die mit der Genehmigungsfiktion eintretenden Wirkungen einer erteilten Genehmigung von großer Bedeutung. Denn diese Wirkungen treten im Falle einer fingierten Genehmigung in gleicher Weise ein, obwohl die auf eine Sachrichtigkeit hinwirkenden, sichernden Kautelen eines vollständig durchgeführten Genehmigungsverfahrens nicht in vollem Umfang beachtet worden sind. Die primären Wirkungen einer Genehmigung, die aufgrund eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt einzuholen ist, bestehen in der Feststellung, dass das beantragte Vorhaben bzw. die beantragte Tätigkeit im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften steht, und der Freigabe des Vorhabens bzw. der Tätigkeit: Dem Vorhaben bzw. der Tätigkeit, das bzw. die ohne Genehmigung aufgrund des Verbots nicht verwirklicht werden durfte, wird ihre Rechtmäßigkeit attestiert und es bzw. sie darf realisiert bzw. ausgeübt werden. Diese Wirkungen werden meist als Feststellungs- und Gestattungswirkung bezeichnet.184 Hinzu kommen die allgemeinen Wirkungen, die grundsätzlich alle Verwaltungsakte und damit auch fingierte Genehmigungen entfalten: x Mit der durch die Bekanntgabe des Verwaltungsakts eintretenden äußeren Wirksamkeit entfaltet dieser Bindungswirkung. In persönlicher Hinsicht erstreckt sich die Bindungswirkung auf diejenigen Personen, denen gegenüber der Verwaltungsakt durch Bekanntgabe Wirksamkeit erlangt hat.185 Der wirksame Verwaltungsakt bindet die erlassende Behörde und deren Rechtsträger mit der Folge, dass diese den Regelungsgehalt gegen sich gelten lassen müssen, solange der Verwaltungsakt nicht aufgehoben (zurückgenommen oder widerrufen), durch die Widerspruchsbehörde oder das Gericht ge___________ 184

Vgl. nur Karsten Sach, Genehmigung als Schutzschild. Die Rechtsstellung des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, Berlin 1994, S. 50. 185 Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 43 Rdnr. 15.

3. Wirkung der Genehmigungsentscheidung

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ändert oder aufgehoben worden ist oder sich erledigt hat.186 Der Behörde ist es untersagt, eine vom Inhalt eines früheren wirksamen Verwaltungsakts abweichende Entscheidung zu treffen.187 x Für nicht von der Bindungswirkung des Verwaltungsakts in persönlicher Hinsicht erfasste Personen, Behörden und Gerichte entfaltet der Verwaltungsakt zumindest eine Tatbestandswirkung. Dies bedeutet, dass andere Personen, Behörden und Gerichte den Verwaltungsakt als gegeben hinzunehmen haben, auch wenn sie ihn inhaltlich für rechtswidrig halten.188 x Eine weitere Folge der Wirksamkeit ist, dass der Verwaltungsakt vollzogen werden kann. Vollziehbarkeit bedeutet Verwirklichung der im Verwaltungsakt ausgesprochenen Rechtsfolge oder der sich aus ihr ergebenden weiteren Rechtsfolgen durch besondere Maßnahmen.189 Für eine erteilte Genehmigung geht die Vollziehbarkeit nicht über die bereits genannte Gestattungswirkung hinaus. x Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erwächst ein wirksamer Verwaltungsakt in Bestandskraft. Ein Verwaltungsakt ist formell bestandskräftig, wenn er unanfechtbar geworden ist.190 Materielle Bestandskraft bedeutet, dass die bezeichnete Bindungswirkung an die im Verwaltungsakt getroffene Regelung für die Behörde und die Beteiligten eintritt und der Verwaltungsakt nur noch nach Maßgabe spezialgesetzlicher Bestimmungen sowie der §§ 48 ff. VwVfG aufgehoben oder geändert werden kann.191 Eine Feststellungswirkung dergestalt, dass die Bindung nicht nur die getroffene Regelung, sondern darüber hinaus auch die zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen erfasst, kommt einem Verwaltungsakt nur in Ausnahmefällen zu.192 Wegen der verfahrensersetzenden Wirkung (V.4.a) der Genehmigungsfiktion wird eine Feststellungswirkung für fingierte Genehmigungen von vornherein ausscheiden müssen. Darüber hinaus gibt es spezifische Wirkungen, die Genehmigungen nur kraft besonderer gesetzlicher Zuschreibung zukommen. Zu nennen sind insoweit x die (formelle) Konzentrationswirkung, die dazu führt, dass nur eine Genehmigungsentscheidung ergeht und die sonst bestehenden Zuständigkeiten in___________ 186

Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 43 Rdnr. 12. Sachs (Fußn. 115), § 43 Rdnr. 127. 188 Hubert Meyer, in: Knack (Fußn. 90), § 43 Rdnr. 17. 189 BVerwGE 13, S. 1 (6). 190 BVerwG NVwZ 1983, S. 285. 191 Wolfgang Schäfer, in: Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl. Neuwied/Kriftel 1999, § 43 Rdnr. 4. 192 Meyer (Fußn. 188), § 43 Rdnr. 22. 187

III. Die Bedeutung von Genehmigungserfordernissen

72

soweit bei der Genehmigungsbehörde konzentriert werden (Beispiele: § 75 Abs. 1 S. 1 HS 2 VwVfG für den Planfeststellungsbeschluss; § 13 BImSchG für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung),193 x die Gestaltungswirkung, die alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Genehmigungsinhaber und den von dem genehmigten Vorhaben Betroffenen rechtsgestaltend regelt (§ 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG für den Planfeststellungsbeschluss)194, x die privatrechtsgestaltende Wirkung, die privatrechtliche Abwehransprüche auf Einstellung eines unanfechtbar genehmigten Vorhabens ausschließt (§ 14 BImSchG für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung)195 und x die weitergehende Duldungswirkung, die alle öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung und Änderung von Anlagen u. a. ausschließt (§ 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG für den Planfeststellungsbeschluss)196. Zu beachten ist, dass diese spezifischen Wirkungen typischerweise nur solchen Genehmigungen zugemessen werden, die den Gegenstand der beantragten Genehmigung umfassend und in einem besonders ausgestalteten Verfahren mit weitreichenden Beteiligungsmöglichkeiten bewerten. Solche Wirkungen können einer Genehmigung daher nur dann zugeordnet werden, wenn sichergestellt ist, dass diese umfassende Bewertung und Beteiligung tatsächlich durchgeführt worden ist. Die Regelungen über die Anordnung einer Genehmigungsfiktion müssten mithin entsprechende Kautelen enthalten, d. h. eine vollständige tatsächliche Durchführung des Genehmigungsverfahrens und eine umfassende Bewertung durch die Genehmigungsbehörde voraussetzen. In dieser Konstellation wäre eine Genehmigungsfiktion allerdings sinnlos.

___________ 193 Zur Konzentrationswirkung vgl. nur Fischer (Fußn. 86), Rdnr. 432 ff.; Kerstin Odendahl, Die Konzentrationswirkung: Formenvielfalt, Kollisionsfragen und Alternativmodelle, VerwArch 94 (2003), S. 222 ff. m.w.N. 194 Dazu Fischer (Fußn. 86), Rdnr. 435 ff. 195 Dazu Fritz Baur, Die privatrechtlichen Auswirkungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes, JZ 1974, S. 657 (658 f.); Jarass (Fußn. 114), § 14 Rdnr. 8 ff.; Alexander Roßnagel, in: Koch/Scheuing (Hrsg.) Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, Düsseldorf Dez. 2006, § 14 Rdnr. 44. 196 Siehe Bonk/Neumann, (Fußn. 93), § 75 Rdnr. 48; Fischer (Fußn. 86), Rdnr. 440 ff.; Ziekow (Fußn. 17), § 75 Rdnr. 12.

IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion 1. Begriff und Abgrenzungen Wie o. I.1. herausgearbeitet, ist unter einer Genehmigungsfiktion die Konstellation zu verstehen, dass eine beantragte Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Genehmigungsbehörde den Antrag nicht innerhalb einer bestimmten Frist beschieden hat. Nicht hierunter fallen Regelungen, die von vornherein für bestimmte Sachverhalte statuieren, dass eine allgemein erforderliche Genehmigung als erteilt gilt. In diesen Fällen handelt es sich in der Sache nicht um Genehmigungsfiktionen, sondern um Genehmigungsfreistellungen. Nichts anderes gilt für die verschiedenen Spielarten der Anzeigeverfahren. Zu nennen ist zunächst die einfache Anzeige, die gleichzeitig mit der Aufnahme der betreffenden Tätigkeit erfolgen kann (z. B. nach § 14 GewO) und die Behörde darüber informieren soll, dass ein Aufsichtsbedarf eingetreten ist, ohne der Behörde selbständige Interventionsbefugnisse zu verleihen.197 Insoweit besteht kein Verbot mit Anzeigevorbehalt, da die Verletzung der Anzeigepflicht die Behörde nicht zur Untersagung der betreffenden Tätigkeit berechtigt.198 Im Ergebnis nicht anders zu beurteilen sind Anzeigevorbehalte, die den Anzeigenden erst nach Ablauf einer bestimmten Frist, innerhalb derer die Behörde die Beachtung der maßgebenden Rechtsvorschriften überprüfen kann, zur Aufnahme der Tätigkeit berechtigen (z. B. § 8a Abs. 1 TierSchG), oder bei denen die Behörde zunächst prüfen muss, ob das Vorhaben oder die Tätigkeit genehmigungsbedürftig ist, und die Genehmigungsfreiheit attestieren muss (z. B. § 15 BImSchG), oder bei denen eine öffentliche Stelle die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens verlangen kann (z. B. § 67 Abs. 2 LBauO RP). Selbst wenn in diesen Fällen vorgesehen ist, dass der Anzeigende auch ohne fristgerechte Äußerung der Behörde mit dem Vorhaben bzw. der Tätigkeit beginnen kann (vgl. § 15 Abs. 2 S. 2 BImSchG), mithin gleichsam eine „Genehmigungsfreistellungsfiktion“ eintritt, handelt es sich um keine Genehmigungsfiktion199, die gerade einer erteilten Genehmigung gleichkommt. ___________ 197 198 199

60c ff.

Ziekow (Fußn. 98), § 5 Rdnr. 11. Für § 14 GewO Ziekow (Fußn. 98), § 10 Rdnr. 32. Vgl. Jachmann (Fußn. 2), S. 331 ff.; Stelkens/Stelkens (Fußn. 181), § 35 Rdnr.

IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion

74

2. Referenzbereiche Für die Untersuchung, für welche präventiven Genehmigungserfordernisse sich sinnvollerweise Genehmigungsfiktionen einführen lassen, kommt der Analyse vorhandener Referenzfelder eine erkenntnisleitende Bedeutung zu.200 Da eine vollständige Aufarbeitung aller in der deutschen Rechtsordnung vorhandenen Genehmigungsfiktionen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht leistbar ist, bedarf es einer Auswahl geeigneter Beispiele, um typenbildende Elemente und besondere Ausgestaltungsvarianten identifizieren zu können. a) Bundesrecht x Arbeitsschutzrecht Auf Antrag kann die zuständige Behörde Ausnahmen von bestimmten Vorschriften der DruckLV und vom Beschäftigungsverbot für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, für Arbeiten in Druckluft zulassen (§ 6 S. 1 DruckLV). Über diesen Antrag ist innerhalb einer – in begründeten Fällen verlängerbaren – Frist von vier Wochen nach Eingang bei der zuständigen Behörde zu entscheiden (§ 6 S. 4 und 5 DruckLV). Untersagt die Behörde nicht innerhalb dieser Frist die Beschäftigung der Arbeitnehmer, so gilt die Zulassung als erteilt (§ 6 S. 6 DruckLV). Weiterhin kann die zuständige Behörde von der Verpflichtung, dass ab einem bestimmten Arbeitsdruck ständig ein Arzt an der Arbeitsstelle zur Verfügung steht, in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen. Es handelt sich also um keine gebundene, sondern um eine im Ermessen der Behörde stehende Erlaubnis. Diese Zulassung gilt als erteilt, wenn die Behörde nicht innerhalb einer – in begründeten Fällen verlängerbaren – Frist von vier Wochen nach Eingang die Beschäftigung der Arbeitnehmer untersagt (§ 12 Abs. 1 DruckLV). x Arzneimittelrecht Nach § 29 Abs. 2a S. 1 AMG bedürfen bestimmte Änderungen bei zugelassenen Arzneimitteln der Zustimmung der zuständigen Bundesoberbehörde. Diese Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Änderung nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten widersprochen worden ist (§ 29 Abs. 2a S. 3 AMG). § 40 Abs. 1 S. 2 AMG erlaubt den Beginn der klinischen Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen durch einen Sponsor nur, wenn die zuständige Ethik___________ 200

Zur Bedeutung der Arbeit mit Referenzgebieten in der rechtswissenschaftlichen Forschung Wolfgang Hoffmann-Riem, Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts als Aufgabe, AöR Bd. 115 (1990), S. 400 ff.; Eberhard Schmidt-Aßmann, Zur Funktion des allgemeinen Verwaltungsrechts, Verw 27 (1994), S. 137 (148 ff.).

2. Referenzbereiche

75

Kommission diese Prüfung zustimmend bewertet und die zuständige Bundesoberbehörde sie genehmigt hat. Die Ethik-Kommission hat ihre Entscheidung über den Antrag innerhalb einer Frist von höchstens 60 Tagen nach Eingang der erforderlichen Unterlagen zu übermitteln (§ 42 Abs. 1 S. 9 AMG). Die erforderliche Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde gilt als erteilt, wenn diese Behörde dem Sponsor nicht innerhalb von höchstens 30 Tagen nach Eingang der Antragsunterlagen mit Gründen versehene Einwände übermittelt. Eine ähnliche Regelung mit kürzeren Fristen (jeweils 20 Tage) enthält § 10 GCP-V für nachträgliche Änderungen einer genehmigten oder zustimmend bewerteten klinischen Prüfung. x Bauplanungsrecht In einem sog. Gebiet mit Fremdenverkehrsfunktionen kann die Gemeinde ausweislich des § 22 Abs. 1 S. 1 BauGB durch Satzung bestimmen, dass die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum der Genehmigung unterliegt. Die Erteilung einer solchen Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde darf nur im Einvernehmen mit der Gemeinde erfolgen (§ 22 Abs. 5 S. 1 BauGB). Sofern der Antrag nicht nach Landesrecht ohnehin bei der Gemeinde einzureichen ist, ersucht die Baugenehmigungsbehörde die Gemeinde um die Erteilung des Einvernehmens. Wird das Einvernehmen nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens (bzw. des Antrags) verweigert, so gilt es als erteilt (§ 22 Abs. 5 S. 6 BauGB). Diese Frist ist länger als diejenige, die der Baugenehmigungsbehörde durch § 22 Abs. 5 S. 2 für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag eingeräumt ist, beträgt diese Frist doch nur einen Monat nach Eingang des Antrags. Die Baugenehmigungsbehörde kann diese Frist einmalig durch Zwischenbescheid gegenüber dem Antragsteller um den Zeitraum – höchstens aber um drei Monate – verlängern, den sie benötigt, um die innerhalb der Monatsfrist nicht mögliche Prüfung abschließen zu können (§ 22 Abs. 5 S. 3 BauGB). Bei diesem Zwischenbescheid handelt es sich um eine verfahrensleitende Verfügung ohne die Qualität eines Verwaltungsakts.201 Wird die Genehmigung nicht innerhalb dieser Frist versagt, so gilt sie gem. § 22 Abs. 5 S. 4 BauGB als erteilt, worüber die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis auszustellen hat (§ 22 Abs. 5 S. 5 BauGB). Wegen der unterschiedlichen Länge der Fristen für die Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde über den Antrag und für die der Gemeinde über die Erteilung des Einvernehmens kann die Fiktion der Genehmigung nicht die des Einvernehmens umfassen.202 Von Bedeutung ist dies, wenn die Gemeinde ent___________ 201

Ingo Kraft, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl. Köln/Berlin/ München 2002 ff., § 22 Rdnr. 39. 202 Jachmann (Fußn. 2), S. 299 f.

IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion

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weder von der Baugenehmigungsbehörde nicht beteiligt wird oder ihr Einvernehmen nicht innerhalb der der Genehmigungsbehörde zur Verfügung stehenden Monatsfrist erteilt. In der erstgenannten Konstellation tritt die Einvernehmensfiktion des § 22 Abs. 5 S. 6 BauGB nicht ein, weil der Eintritt der Fiktionswirkung daran geknüpft ist, dass bei der Gemeinde ein Ersuchen der Genehmigungsbehörde tatsächlich eingegangen ist.203 Ebenso wenig wie in der zweiten Konstellation ist also das Einvernehmen innerhalb der Monatsfrist erteilt worden. Grundsätzlich hat die Genehmigungsbehörde dieser Situation dadurch Rechnung zu tragen, dass sie von der Möglichkeit des § 22 Abs. 5 S. 3 BauGB Gebrauch macht und die Frist für ihre Entscheidung verlängert.204 Übersieht sie aber die Notwendigkeit, die Gemeinde zu beteiligen, so hindert dieses Versäumnis nicht den Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 22 Abs. 5 S. 4 BauGB. Die fingierte Genehmigung ist in diesem Fall nicht nichtig, sondern rechtswidrig und kann von der Kommune mit Rechtsbehelfen angegriffen werden.205 x Betriebssicherheitsrecht Gemäß § 13 Abs. 1 BetrSichV bedürfen Montage, Installation, Betrieb, wesentliche Veränderungen und Änderungen der Bauart oder der Betriebsweise, welche die Sicherheit der Anlage beeinflussen, von bestimmten technischen Anlagen der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Binnen drei Monaten nach Eingang hat die Behörde über den Antrag zu entscheiden, wobei die Frist in begründeten Fällen verlängert werden kann (§ 13 Abs. 4 S. 1 und 2 BetrSichV). Sofern die Behörde nicht innerhalb dieser Frist die Montage und Installation der Anlage untersagt, gilt die Erlaubnis als erteilt (§ 13 Abs. 4 S. 3 BetrSichV). x Eisenbahnrecht Die erstmalige Aufnahme des Betriebs einer Eisenbahn bedarf ausweislich des § 7a Abs. 1 S. 1 AEG der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. Diese Erlaubnis gilt als erteilt, wenn der Eisenbahn nicht innerhalb von sechs Wochen nach Eingang ihres Antrags eine vom Antrag abweichende Entscheidung der Aufsichtsbehörde zugeht (§ 7a Abs. 2 AEG). § 11 AEG betrifft die dauernde Einstellung des Betriebs einer Strecke, eines für die Betriebsabwicklung wichtigen Bahnhofs oder die mehr als geringfügige Verringerung der Kapazität einer Strecke durch ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Diese Maßnahmen sind nur auf Antrag des Eisenbahninfrastrukturunternehmens zulässig (§ 11 Abs. 1 S. 1 AEG), wobei die zuständige ___________ 203

Jachmann (Fußn. 2), S. 300. Kraft (Fußn. 201), § 22 Rdnr. 38. 205 Für die erteilte Genehmigung Kraft (Fußn. 201), § 22 Rdnr. 37. Für die fingierte Genehmigung kann insoweit nichts anderes gelten. 204

2. Referenzbereiche

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Aufsichtsbehörde über den Antrag unter Berücksichtigung verkehrlicher und wirtschaftlicher Kriterien innerhalb von drei Monaten zu entscheiden hat (§ 11 Abs. 2 S. 1 AEG). Wegen dieser Entscheidungskriterien handelt es sich bei der Genehmigung nicht um eine gebundene Genehmigung; vielmehr hat die Aufsichtsbehörde eine Abwägungsentscheidung zu treffen.206 Entscheidet die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb jener drei Monate, so gilt die Genehmigung als erteilt (§ 22 Abs. 3 S. 1 AEG). Weiterhin dürfen nach § 12 Abs. 3 S. 1 AEG Eisenbahnverkehrsleistungen ohne eine vorherige Genehmigung der Beförderungsbedingungen im Schienenpersonenverkehr und der Beförderungsentgelte im Schienenpersonennahverkehr nicht erbracht werden. Diese Genehmigung gilt als erteilt, wenn dem Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eingang seines Antrags eine Äußerung – im Sinne einer hinreichend fundierten Stellungnahme207 – der Genehmigungsbehörde bzw. nicht innerhalb von sechs Wochen nach Eingang seines Antrags eine vom Antrag abweichende Entscheidung der Genehmigungsbehörde zugeht (§ 12 Abs. 4 AEG). x Energiewirtschaftsrecht Im Falle der kostenorientierten Entgeltbildung bedürfen Entgelte für den Netzzugang nach § 23a Abs. 1 EnWG der Genehmigung. Über den Genehmigungsantrag hat die Regulierungsbehörde innerhalb von sechs Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen zu entscheiden; tut sie dies nicht, so gilt das beantragte Entgelt als unter dem Vorbehalt des Widerrufs für einen Zeitraum von einem Jahr genehmigt (§ 23a Abs. 4 S. 2 EnWG). Ausweislich des § 23a Abs. 4 S. 3 EnWG tritt diese Genehmigungsfiktion nicht ein, wenn der Antragsteller einer Verlängerung der Entscheidungsfrist zugestimmt hat oder die Regulierungsbehörde wegen unrichtiger Angaben oder wegen einer nicht rechtzeitig erteilten Auskunft nicht entscheiden kann und dies dem Antragsteller vor Ablauf der Frist unter Angabe der Gründe mitgeteilt hat. x Grundstücksrecht Die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks bedarf ausweislich des § 2 Abs. 1 S. 1 GrdstVG der Genehmigung. Über den Antrag auf Erteilung der Genehmigung hat die Behörde innerhalb eines Monats zu entscheiden (§ 6 Abs. 1 S. 1 GrdstVG), wobei diese Frist durch Erteilung eines Zwischenbescheids gegenüber dem Veräußerer auf (genau) zwei Monate verlängert werden kann, wenn die Prüfung des Antrags nicht innerhalb der Monatsfrist abgeschlossen werden kann. Sofern die Behörde die Entscheidung nicht ___________ 206

Georg Hermes/Peter Schütz, in: Hermes/Sellner (Hrsg.), Beck’scher AEGKommentar, München 2006, § 11 Rdnr. 62 ff. 207 Stephan Gerstner, in: Hermes/Sellner (Fußn. 206), § 12 Rdnr. 73.

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IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion

innerhalb der Frist versagt oder nur mit Nebenbestimmungen erteilt, gilt sie als erteilt (§ 6 Abs. 2 GrdstVG). x Personenbeförderungsrecht Im Bereich der genehmigungspflichtigen Personenbeförderung (§ 2 Abs. 1 S. 1 PBefG) ist über den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden, wobei diese Frist vor ihrem Ablauf in einem dem Antragsteller mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum – höchstens drei Monate – zu verlängern ist, der notwendig ist, um den sonst nicht möglichen Abschluss der Prüfung zu ermöglichen (§ 15 Abs. 1 S. 2-4 PBefG). Wird die Genehmigung nicht innerhalb der Frist versagt, so gilt sie als erteilt (§ 15 Abs. 1 S. 5 PBefG). x Tierschutzrecht Über die Erteilung der zur Durchführung von Versuchen an Wirbeltieren erforderlichen Genehmigung der zuständigen Behörde (§ 8 Abs. 1 TierSchG) hat die Behörde innerhalb von drei Monaten (in bestimmten Fällen: zwei Monaten) schriftlich zu entscheiden; andernfalls gilt die Genehmigung als erteilt (§ 8 Abs. 5a S. 1 TierSchG). Bei der Berechnung der Frist bleiben solche Zeiten unberücksichtigt, während derer der Antragsteller trotz schriftlicher Aufforderung der Behörde nicht den Antrag so vervollständigt hat, dass er den gesetzlichen Anforderungen genügt (§ 8 Abs. 5a S. 3 TierSchG). Die Genehmigung – auch die fingierte – kann nachträglich mit Auflagen versehen werden, wenn dies zur Sicherstellung der Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich ist (§ 8 Abs. 5a S. 4 TierSchG). b) Landesrecht Das Landesrecht kennt Genehmigungsfiktionen in verschiedensten Bereichen, die hier nicht vollständig erfasst werden können. Im Folgenden erfolgt daher nur eine Zusammenstellung einiger Referenzfelder. x Abfallrecht Ausweislich des § 15 Abs. 2 S. 1 LAbfWG RP unterliegen die Errichtung und wesentliche Änderung von planfeststellungsbedürftigen oder nach § 31 KrW-/ AbfG genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen der behördlichen Bauüberwachung und Bauabnahme. Legt der Betreiber ein Sachverständigengutachten vor, dass die Errichtung oder wesentliche Änderung der Planfeststellung bzw. Genehmigung entspricht, so gilt die Abnahme als erteilt, wenn die Behörde nicht binnen vier Wochen nach Eingang des Sachverständigengutachtens widerspricht (§ 15 Abs. 2 S. 4 LAbfWG RP).

2. Referenzbereiche

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x Bauordnungsrecht Die weiteste Verbreitung hat die Genehmigungsfiktion im Bauordnungsrecht gefunden. Die Bauordnungen der meisten Länder enthalten insoweit vergleichbare Regelungen, von denen einige paradigmatisch herausgegriffen seien: – In Hamburg gilt nach § 61 Abs. 1 HmbBauO das vereinfachte Genehmigungsverfahren für die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Wohngebäuden mit Ausnahme von Hochhäusern sowie bestimmten überwiegend Wohnzwecken dienenden Gebäuden, sonstige Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 sowie die Beseitigung baulicher Anlagen. Der Bauantrag muss alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen enthalten (§ 70 Abs. 2 S. 2 HmbBauO). Sind die Unterlagen vollständig, so ist dies innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung zu bestätigen; fehlende Unterlagen sind zu benennen (§ 70 Abs. 2 S. 1 HmbBauO). Erhebliche Mängel des Bauantrags sind innerhalb einer von der Behörde dem Bauherrn gesetzten angemessenen Frist zu beseitigen; andernfalls gilt der Antrag als zurück genommen (§ 70 Abs. 3 HmbBauO). Nach Eingang der vollständigen Unterlagen ist innerhalb von zwei Monaten über den Antrag zu entscheiden, wobei sich die Bearbeitungsfrist für bestimmte, ausschließlich der Wohnnutzung dienende, im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegende und keiner Befreiung oder Abweichung bedürfende Vorhaben auf einen Monat verkürzt (§ 61 Abs. 3 S. 1 und 2 Hmb-BauO). Diese Fristen können im Einvernehmen mit dem Bauherrn verlängert werden (§ 61 Abs. 3 S. 3 HmbBauO). Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird (§ 61 Abs. 3 S. 4 HmbBauO). Sofern der Bauherr dies beantragt, wird ihm der Eintritt der Genehmigungsfiktion bestätigt (§ 61 Abs. 3 S. 5 HmbBauO). Im Falle des gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernisses des Einvernehmens oder der Zustimmung anderer Behörden tritt der Fristablauf nicht vor Eingang der Erklärung der anderen Behörde ein (§ 61 Abs. 3 S. 6 HmbBauO). – Ähnlich ist die Regelung in Hessen: Unter das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren fallen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Wohngebäuden, sonstigen Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3, sonstigen baulichen Anlagen ohne Gebäudequalität sowie Nebengebäuden und Nebenanlagen zu diesen Vorhaben und bestimmte Änderungen und Nutzungsänderungen von Anlagen, wenn die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 HessBO nicht vorliegen (§ 57 Abs. 1 HessBO). Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, die Zulässigkeit von Abweichungen nach § 63 HessBO und nach bestimmten anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Da im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren also auch Abweichungen zulässig sind, kommt ggf. auch § 62 HessBO über die Beteiligung der Nachbarschaft zur Anwendung. Denn nach dieser Vorschrift soll die Bauaufsichtsbehörde

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IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion

die Nachbarschaft benachrichtigen, bevor von Vorschriften, die ihrem Schutz dienen, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen zugelassen werden. Nach Zugang der Benachrichtigung verbleiben dem Nachbarn zwei Wochen, seine Einwendungen schriftlich oder zur Niederschrift bei der Bauaufsichtsbehörde vorzubringen (§ 62 Abs. 1 HessBO). Wegen ihrer Unvollständigkeit nicht bearbeitbare Anträge kann die Bauaufsichtsbehörde zurückweisen, für die Beseitigung geringfügiger Mängel eine Frist setzen. Werden die Mängel nicht innerhalb dieser Frist beseitigt, so gilt der Antrag als zurück genommen (§ 61 Abs. 2 HessBO). Ist der Bauantrag vollständig, so ist der Eingang unter Angabe des Datums schriftlich zu bestätigen (§ 57 Abs. 2 S. 1 HessBO). Ab diesem Zeitpunkt läuft eine dreimonatige Bearbeitungsfrist, die von der Bauaufsichtsbehörde aus wichtigem Grund um bis zu zwei Monate verlängert werden kann (§ 57 Abs. 2 S. 2 HessBO). Sofern es sich nicht um ein Außenbereichsvorhaben handelt, gilt die Baugenehmigung als erteilt, wenn über den Bauantrag nicht innerhalb der Frist entschieden worden ist (§ 57 Abs. 2 S. 3 HessBO). – Die Regelung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens in Mecklenburg-Vorpommern nach § 63 LBauO MV ist weitgehend der hessischen Regelung vergleichbar, enthält aber zwei erwähnenswerte Besonderheiten: Die Genehmigungsfiktion tritt nicht ein, wenn die Bauaufsichtsbehörde dem Bauherrn innerhalb der dreimonatigen Frist mitteilt, dass die Gemeinde ihr nach dem Baugesetzbuch erforderliches Einvernehmen versagt hat und dieses nach den bauordnungsrechtlichen Vorschriften ersetzt werden soll. Weiterhin gilt bereits keine Bearbeitungsfrist, wenn eine Verbandsbeteiligung erforderlich ist (§ 63 Abs. 2 S. 3 und 4 LBauO MV). – In Rheinland-Pfalz wird das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 66 Abs. 1 LBauO RP für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 einschließlich ihrer Nebengebäude und Nebenanlagen, landwirtschaftliche Betriebsgebäude mit nicht mehr als zwei Geschossen, Gewächshäuser bis zu 5 m Firsthöhe, nicht gewerblich genutzte Gebäude bis zu 300 m³ umbauten Raums, oberirdische Garagen bis zu 100 m² Nutzfläche, Behelfsbauten und untergeordnete Gebäude, nicht gewerblich genutzte Lager-, Abstell-, Aufstell- und Ausstellungsplätze, Stellplätze, Sport- und Spielplätze sowie Werbeanlagen und Warenautomaten durchgeführt. Weitere Vorhaben werden in das vereinfachte Genehmigungsverfahren einbezogen, wenn der Standsicherheitsnachweis von einem Prüfingenieur geprüft wird und eine sachverständige Person bescheinigt, dass der Brandschutz gewährleistet ist (§ 66 Abs. 2 LBauO RP). Die Prüfung des Antrags beschränkt sich auf die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften des BauGB und der sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (§ 66 Abs. 3 S. 1 LBauO RP). Aus der fehlenden Prüfung bauordnungsrechtlicher Fragen folgt, dass die im vereinfach-

2. Referenzbereiche

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ten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung insoweit keine Feststellungs- und Gestattungswirkung entfaltet.208 Binnen 10 Werktagen nach Eingang des Bauantrags hat die Bauaufsichtsbehörde zu prüfen, ob der Bauantrag und die Bauunterlagen vollständig, andere Personen zu beteiligen und sachverständige Personen heranzuziehen sind (§ 65 Abs. 2 S. 1 LBauO RP). Fehlende Angaben und Bauunterlagen sind nachzufordern, ein wegen fehlender Angaben oder Bauunterlagen oder erheblicher Mängel nicht prüffähiger Antrag soll zurückgewiesen werden (§ 65 Abs. 2 S. 2 und 3 LBauO RP). Ist der Bauantrag vollständig, so ist dies unter Angabe des Datums dieser Feststellung schriftlich zu bestätigen (§ 66 Abs. 4 S. 1 LBauO RP). Bei den immer dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegenden Vorhaben – mit Ausnahme von Außenbereichsvorhaben – ist über den Bauantrag binnen einem Monat, bei den o. g. weiteren Vorhaben innerhalb einer Frist von drei Monaten, gerechnet ab der Vollständigkeitsfeststellung209 zu entscheiden. Eine Sonderregelung für den Fristbeginn ist für die Fälle eines nach dem BauGB erforderlichen Einvernehmens der Gemeinde vorgesehen: Hier beginnt der Fristlauf erst mit Eingang der Mitteilung über die Entscheidung der Gemeinde oder – wenn das Einvernehmen der Gemeinde durch Fristablauf nach § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB als erteilt gilt – mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Mitteilung über die Verweigerung des Einvernehmens der Gemeinde bei der Bauaufsichtsbehörde hätte eingehen müssen (§ 66 Abs. 4 S. 2 LBauO RP). Als wichtige Gründe, aus denen die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden kann, gelten insbesondere die notwendige Beteiligung anderer Behörden sowie Entscheidungen über Abweichungen (§ 66 Abs. 4 S. 3 und 4 LBauO RP). Bei nicht fristgerechter Entscheidung über den Bauantrag gilt die Genehmigung als erteilt (§ 66 Abs. 4 S. 5 LBauO RP). Diese fingierte Baugenehmigung ist auf Verlangen des Bauherrn von der Bauaufsichtsbehörde schriftlich zu bestätigen (§ 66 Abs. 4 S. 6 LBauO RP). Sofern Abweichungen von nachbarschützenden Vorschriften erfolgen sollen, gilt § 68 LBauO RP über die Nachbarbeteiligung. Bei fehlender VorabZustimmung des Nachbarn (§ 68 Abs. 1 LBauO RP) hat der Nachbar zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung Zeit, um bei der Bauaufsichtsbehörde schriftlich oder zur Niederschrift Einwendungen zu erheben.

___________ 208 209

VG Mainz, Beschl. v. 4. 9. 2006 – 3 L 633/06.MZ. OVG Koblenz NVwZ-RR 2003, S. 12.

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IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion

x Denkmalschutzrecht Auch im Denkmalschutzrecht finden sich Genehmigungsfiktionen. Die in Rheinland-Pfalz für die Zerstörung, den Abbruch, die Zerlegung, Beseitigung, Bestandsveränderung, nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds oder Entfernung eines geschützten Kulturdenkmals sowie die Entfernung von Ausstattungsstücken eines unbeweglichen geschützten Kulturdenkmals und die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung einer baulichen Anlage in der Umgebung eines unbeweglichen geschützten Kulturdenkmals erforderliche Genehmigung (§ 13 Abs. 1 und 2 DSchPflG RP) der unteren Denkmalschutzbehörde gilt als erteilt, wenn nicht vor Ablauf von sechs Monaten die zuständige Denkmalschutzbehörde oder die Denkmalfachbehörde dem Antragsteller gegenüber widerspricht (§ 13 Abs. 6 DSchPflG RP). Eine vergleichbare Regelung enthält für das Saarland § 8 Abs. 7 SaarlDSchG, wobei die Entscheidungsfrist hier nur zwei Monate beträgt und diese Frist um bis zu einem Monat verlängert werden kann, wenn zur Erteilung der Genehmigung die Entscheidung einer anderen Behörde erforderlich ist. Das sächsische Denkmalschutzrecht, das ebenfalls eine Genehmigungsfiktion bei nicht innerhalb eines Monats erfolgender Entscheidung der Denkmalschutzbehörde kennt, enthält die Besonderheit, dass die Fiktionswirkung nicht eintritt, wenn die Behörde die Entscheidung über den Genehmigungsantrag aussetzt. Die Aussetzung darf nur unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Antragstellers und höchstens auf zwei Jahre erfolgen, soweit dies zur Klärung der Belange des Denkmalschutzes, insbesondere für vorbereitende Untersuchungen notwendig ist (§ 13 Abs. 4 SächsDSchG). Auch nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt tritt eine Genehmigungsfiktion ein, wenn die Denkmalschutzbehörde nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags entschieden hat (§ 14 Abs. 11 S. 1 DSchG ST). Diese Frist beginnt sogar dann mit dem Eingang des Antrags an zu laufen, wenn die Antragsunterlagen fehlen oder unvollständig sind und die Denkmalschutzbehörde den Antragsteller nicht binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags schriftlich unter Aufzählung der fehlenden Antragsunterlagen darauf hinweist, dass die Frist erst mit Eingang der noch fehlenden Antragsunterlagen beginnt (§ 14 Abs. 11 S. 2 DSchG ST). x Eisenbahnrecht Nach § 29 Abs. 1 LEisenbG RP bedürfen Tarife sowie ihre Änderung und Aufhebung der behördlichen Genehmigung. Diese Genehmigung gilt als erteilt, wenn dem Eisenbahnunternehmer nicht innerhalb von drei Wochen seit Eingang seines Antrags von der Behörde eine Äußerung oder wenn ihm nicht binnen drei Monaten nach Eingang dieser Äußerung eine Entscheidung der Behörde zugeht (§ 29 Abs. 4 LEisenbG RP).

2. Referenzbereiche

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x Naturschutzrecht § 51 Abs. 1 HessNatG sieht für Anträge auf Genehmigung von keiner sonstigen behördlichen Zulassung bedürfenden Eingriffen in Natur und Landschaft, von Ausnahmen vom Verbot der Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung geschützter Biotope und für die Aussetzung oder Ansiedlung gebietsfremder Arten und Tiere sowie von Genehmigungen aufgrund einer Verordnung zur Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes, Naturdenkmals oder geschützten Landschaftsbestandteils eine Genehmigungsfiktion vor: Die Naturschutzbehörde hat innerhalb einer Frist von einem Monat nach Eingang des Antrags zunächst über die Vollständigkeit der Unterlagen und binnen weiterer zwei Monate über die Erteilung der Genehmigung zu entscheiden, wobei die letztgenannte Frist aus wichtigem Grund um einen weiteren Monat verlängert werden kann. Wird über den Antrag nicht innerhalb der Frist entschieden, so gilt die Genehmigung als erteilt. Eine vergleichbare Regelung enthält für das Saarland § 29 Abs. 4 SaarlNatSchG. Bei Anträgen auf Genehmigung nach § 29 Abs. 1 S. 2 SaarlNatSchG genehmigungsbedürftiger übriger Eingriffe sollen fehlende Unterlagen innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags angefordert werden. Sobald der Antrag bearbeitungsfähig ist, ist dies dem Antragsteller unverzüglich schriftlich bekannt zu geben. Wenn nicht über den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags entschieden worden ist, gilt die Genehmigung als erteilt. Ähnliche Genehmigungsfiktionen enthalten auch die Naturschutzgesetze der Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen. In beiden Ländern ist vorgesehen, dass Entscheidungen, die sonst im Genehmigungsverfahren zu treffen sind, bei einer fingierten Genehmigung im Nachhinein erfolgen können. In Sachsen-Anhalt handelt es sich dabei u. a. um die Entscheidungen, ob und welche Vorkehrungen gegen vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft erforderlich sind, ob und welche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen zu treffen sind, ob und in welcher Höhe eine Ersatzzahlung zu leisten ist sowie dass der Verursacher eine Sicherheit in Höhe der voraussichtlichen Kosten der Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen leistet (§ 23 Abs. 4 S. 3 i. V. m. Abs. 2 und 3 NatSchG LSA). § 8 Abs. 2b S. 4 ThürNatG sieht für Thüringen vor, dass die Behörde im Falle des Eintritts der Genehmigungsfiktion im Nachgang die erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festsetzt. x Wasserrecht Die in Rheinland-Pfalz für die wesentliche Änderung von Aufbereitungsanlagen und Hochbehältern, die der öffentlichen Wasserversorgung dienen, erforderliche Genehmigung gilt als erteilt, wenn nicht binnen acht Wochen nach

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IV. Begriff und Referenzbereiche der Genehmigungsfiktion

Eingang des Antrags ein Bescheid der zuständigen Wasserbehörde ergangen ist (§ 47 Abs. 1 LWG RP). x Waldrecht Nach § 15 Abs. 3 LWaldG BW bedürfen Kahlhiebe ab einer bestimmten Fläche der Genehmigung der Forstbehörde. Diese Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Forstbehörde innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags keinen Bescheid erteilt (§ 15 Abs. 6 LWaldG BW). Über bestimmte Erlaubnisse entscheidet nach Art. 39 Abs. 3 S. 1 BayWaldG die untere Forstbehörde binnen drei Monaten nach Eingang des Antrags. Sofern die Zustimmung bestimmter Beteiligter erforderlich ist, läuft die Frist nur, wenn der Antrag diese Zustimmung enthält. Die Frist kann vor ihrem Ablauf in einem dem Antragsteller mitzuteilenden Zwischenbescheid um höchstens drei Monate verlängert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall nicht fristgerecht entschieden werden kann (Art. 39 Abs. 3 S. 2 BayWaldG). Wird die Erlaubnis nicht innerhalb der Frist versagt, so tritt eine Genehmigungsfiktion ein, worüber die Behörde auf Antrag eine der Erlaubnis gleichstehende Bestätigung auszustellen hat (Art. 39 Abs. 3 S. 3 und 4 BayWaldG). Allerdings gilt die Fiktionsregelung gem. Art. 39 Abs. 3a BayWaldG nicht, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion Aus der Betrachtung der Referenzbereiche sowie ergänzenden Untersuchungen lässt sich folgender Ist-Bestand des Rechts der Genehmigungsfiktionen zusammenfassen: 1. Anwendungsfelder Genehmigungsfiktionen finden sich bundes- und landesrechtlich in den verschiedensten Rechtsbereichen. Keineswegs handelt es sich dabei nur um solche Felder, in denen keine wichtigen Rechtsgüter in Rede stehen. So finden sich Genehmigungsfiktionen sowohl in Bereichen wie dem Arbeitsschutz- und Arzneimittelrecht, in denen bedeutsame Individualrechtsgüter wie die Gesundheit von Menschen betroffen sein können, als auch bei der Betroffenheit von exponierten Gemeinwohlbelangen wie dem Natur- oder dem Denkmalschutz. Soweit ermittelbar werden Genehmigungsfiktionen nur für solche Genehmigungen verwendet, die ausschließlich sachbezogene Genehmigungsvoraussetzungen enthalten. Genehmigungen, die an persönliche Eigenschaften (z. B. Zuverlässigkeit) oder Qualifikationen (z. B. Befähigungsnachweis) des Antragstellers anknüpfen, werden hingegen nicht fingiert. Das Institut der Genehmigungsfiktion kommt nicht nur dann zum Einsatz, wenn gebundene Genehmigungen fingiert werden, sondern auch dann, wenn die Genehmigungserteilung im Ermessen der Behörde steht.

2. Voraussetzungen Bezugsgegenstand der Genehmigungsfiktion ist der gestellte Antrag. Durch den Eintritt der Fiktionswirkung wird der Inhalt des Antrags unverändert als Genehmigung fingiert. Der Antrag muss daher fiktionsfähig, d. h. so bestimmt gefasst sein, dass die auf seiner Grundlage fingierte Genehmigung den Anforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG genügt. Dies setzt – selbst wenn es in der Fiktionsnorm nicht ausdrücklich bestimmt ist – zum einen voraus, dass sämtliche Antragsunterlagen vollständig vorliegen. Zum anderen muss der Antrag eindeutig und unmissverständlich, d. h. nicht auslegungsbedürftig sein.210 ___________ 210

Oldiges (Fußn. 22), S. 53. Vgl. für die Bodenverkehrsgenehmigung BVerwGE 35, S. 187 (189 ff.).

V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion

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Viele Regelungen sehen vor, dass die Genehmigungsbehörde – häufig innerhalb einer bestimmten Frist – die Antragsunterlagen auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen und den Antragsteller auf fehlende Unterlagen hinzuweisen hat. Wo dies nicht der Fall ist, ergibt sich jedenfalls für Genehmigungen, die der Durchführung von Vorhaben im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung des jeweiligen Antragsteller dienen, eine solche Hinweispflicht aus § 71c Abs. 3 VwVfG.211 Voraussetzung für den Eintritt der Fiktionswirkung ist schließlich, dass eine Frist gesetzt wurde, innerhalb derer die Genehmigungsbehörde zu entscheiden hat, und die Behörde keine Entscheidung innerhalb der Frist getroffen hat. Die untersuchten Vorschriften des deutschen Rechts über Genehmigungsfiktionen enthalten sämtlich Fristen, deren Länge gesetzlich bestimmt ist. Der Genehmigungsbehörde wird ein Einfluss auf die Fristdauer nur insoweit eingeräumt wie eine Fristverlängerung in Rede steht. Und auch in diesem Fall ist die Dauer der möglichen Fristverlängerung gesetzlich entweder fix definiert oder nach oben begrenzt. Ohne gesetzlich festgelegte Fristen dadurch auszuschließen, begnügt sich hingegen Art. 13 Abs. 3 DLRL mit der Festlegung von Entscheidungsfristen durch die Behörde, wobei die in Art. 13 Abs. 4 DLRL vorgesehene Genehmigungsfiktion an diese Fristen anknüpft. Unter einer Entscheidung, die den Eintritt der Genehmigungsfiktion ausschließt, ist nicht nur der Erlass der beantragten Genehmigung zu verstehen. Fiktionsausschließend wirkt vielmehr auch die Ablehnung des Antrags oder die Untersagung der genehmigungsbedürftigen Handlung, wobei beides dem Antragsteller innerhalb der Frist bekannt gegeben worden sein muss. 3. Verfahren Der Lauf der Frist, innerhalb derer die Behörde zu entscheiden hat, um den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu vermeiden, beginnt überwiegend mit Eingang der vollständigen Antragsunterlagen bei der Genehmigungsbehörde. Zuweilen läuft die Frist erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Genehmigungsbehörde die Vollständigkeit der Unterlagen förmlich festgestellt hat. Selbst wenn für diese Vollständigkeitsfeststellung eine gesonderte Frist vorgesehen ist, wird die Feststellung der Vollständigkeit nicht fingiert, wenn die Genehmigungsbehörde innerhalb der Frist keine Entscheidung über die Vollständigkeit getroffen hat; etwas anderes gilt nur dann, wenn eine solche Vollständigkeitsfiktion ausdrücklich statuiert ist.212 Ebenso wenig läuft in diesem Fall eine um die Frist zur Vollständigkeitsfeststellung verlängerte Entscheidungsfrist ab dem Zeitpunkt der ___________ 211 212

Ziekow (Fußn. 17), § 71c Rdnr. 17. OVG Koblenz NVwZ-RR 2003, S. 12.

3. Verfahren

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Einreichung des Antrags.213 Die Genehmigungsbehörde hat es mithin nach dieser Rechtslage in der Hand, die Genehmigungsfiktion durch das Unterlassen der Vollständigkeitsfeststellung zu unterlaufen. Die Frist, innerhalb derer die Behörde zu entscheiden hat, kann meist durch die Behörde verlängert werden, wenn eine fristgerechte Entscheidung nicht möglich ist. Die Verlängerung tritt nur ein, wenn sie vor Ablauf der Entscheidungsfrist dem Antragsteller durch verfahrensleitende Verfügung ohne die Eigenschaft eines Verwaltungsakts bekannt gegeben wird. Ganz überwiegend bedarf eine solche Verlängerung der Begründung durch die Behörde. Weitergehend ist teilweise vorgesehen, dass die Fristverlängerung der Zustimmung des Antragstellers bedarf. Bedarf die Genehmigungsbehörde für die Erteilung der Genehmigung der Zustimmung oder des Einvernehmens einer anderen öffentlichen Stelle, so beinhaltet der Eintritt der Genehmigungsfiktion regelmäßig nicht eine Fingierung der Einvernehmenserteilung. Vielmehr ist häufig vorgesehen, dass dieses Einvernehmen seinerseits fingiert wird, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist ab Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird (§ 61 Abs. 1 S. 2 HessBauO: ein Monat; § 70 Abs. 7 S. 3 HmbBauO: ein Monat; § 17 Abs. 2 S. 2 BbgNatSchG: ein Monat; § 9 BayGAPV: ein Monat; § 108 Abs. 2 S. 2 BBergG: zwei Monate; § 12 Abs. 2 S. 2 LuftVG: zwei Monate; § 54 Abs. 3 S. 3 LBauO BW: zwei Monate). Insoweit handelt es sich häufig um eine zweistufige Fiktion: Die Genehmigungsfiktion tritt nicht ein, bevor nicht das Einvernehmen der anderen öffentlichen Stelle erteilt oder fingiert worden ist (die Verweigerung des Einvernehmens sperrt den Eintritt der Genehmigungsfiktion214). Dies setzt voraus, dass die Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion länger ist als für den Eintritt der Einvernehmensfiktion oder dass die Genehmigungsbehörde zumindest die Möglichkeit hat, die für die Entscheidung über die Genehmigung zur Verfügung stehende Frist zu verlängern. Stellt hingegen die Länge oder Verlängerung der Entscheidungsfrist der Genehmigungsbehörde nicht sicher, dass vor deren Ablauf das Einvernehmen fingiert worden ist – sofern es nicht verweigert oder ausdrücklich erteilt wird –, so hindert dies den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht,215 es sei denn, dies wäre in der die Genehmigungsfiktion anordnenden Regelung so vorgesehen. Im letzteren Sinne findet sich zuweilen die Anordnung, dass die Genehmigungsfiktion nicht eintritt, bevor die Zustimmung oder das Einvernehmen der anderen Behörde vorliegt. Eine andere Form der Synchronisation des Verfahrens zur Erteilung der ___________ 213

OVG Koblenz NVwZ-RR 2003, S. 12. OVG Koblenz NVwZ-RR 2002, S. 264 (265). 215 So ausdrücklich für das Verhältnis des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB zur Genehmigungsfiktion im vereinfachten Genehmigungsfiktion OVG Saarlouis, Urt. v. 9. 3. 2006 – 2 R 8/05 –, Rdnr. 28 ff. 214

V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion

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beantragten Genehmigung und der Einholung des Einvernehmens besteht darin, dass die fiktionsbewehrte Entscheidungsfrist für die Genehmigungsbehörde erst zu laufen beginnt, wenn das Einvernehmen etc. vorliegt oder hätte vorliegen müssen. Wesentlich seltener sind Regelungen, die die Interessen Drittbetroffener oder anderer Verfahrensbeteiligter im Blick haben. Vereinzelt wird die Anwendung der Genehmigungsfiktion – dafür aber vollständig – für Verfahren ausgeschlossen, in denen eine Verbandsbeteiligung vorgesehen ist. Das für die Beteiligung von Drittbetroffenen, insbesondere von Nachbarn im Baurecht, vorgesehene Rechtsregime gilt grundsätzlich auch für solche Genehmigungsverfahren, die mit einer Genehmigungsfiktion enden. Da diese Beteiligung eine ausschließlich verfahrensrechtliche Bedeutung hat216, ist es unschädlich, dass eventuelle Einwendungen bei Eintritt einer Genehmigungsfiktion nicht förmlich verbeschieden werden. Auf Antrag des Antragstellers hat die Genehmigungsbehörde häufig eine Bescheinigung, ein Fiktionszeugnis, darüber auszustellen, dass die Fiktionswirkung eingetreten ist. Dieses Fiktionszeugnis wird wohl überwiegend als feststellender Verwaltungsakt angesehen.217 Allerdings ist zu beachten, dass dieser feststellende Verwaltungsakt von der fingierten Genehmigung zu unterscheiden ist. Eine Rücknahme des Fiktionszeugnisses beinhaltet deshalb nicht von vornherein die Rücknahme der fingierten Genehmigung.218 4. Wirkung a) Erteilungsfiktion Liegen die Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion vor, so gilt die Genehmigung nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften als erteilt. Dies bedeutet: Eine Genehmigung ist nicht erteilt worden; vielmehr tritt die Genehmigungsfiktion gerade an ihre Stelle. Diese Konstruktion ist dem Umstand geschuldet, dass das Vorliegen eines Verwaltungsakts nach § 35 VwVfG den Erlass einer Verfügung, Entscheidung oder anderen hoheitlichen Maßnahme verlangt. Hierunter ist ein der Behörde zuzurechnendes Tun mit Er___________ 216

Vgl. Lang (Fußn. 166), § 68 Rdnr. 62. So für die Teilungsgenehmigung VG Dresden, Urt. v. 10. 10. 2001 – 12 K 3308/98 –, Rdnr. 12; für das Fiktionszeugnis im vereinfachten Genehmigungsverfahren Curt Jeromin, in: ders. (Fußn. 166), § 66 Rdnr. 78. A. M. Stelkens/Stelkens (Fußn. 181), § 35 Rdnr. 52a. 218 VG Dresden, Urt. v. 10. 10. 2001 – 12 K 3308/98 –, Rdnr. 13. 217

4. Wirkung

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klärungswert zu verstehen,219 das bei einer fingierten Genehmigung gerade nicht vorliegt. Vielmehr wird die Fiktionswirkung nicht durch einen Akt der Behörde, sondern durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Bewertung erzeugt.220 Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, die fingierte Genehmigung stelle keinen Verwaltungsakt dar, so dass die für Verwaltungsakte geltenden Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes entweder nur kraft Verweisung – wobei die die Genehmigungsfiktion anordnende Vorschrift insoweit als Verweisungsnorm verstanden wird –221 oder sogar nur analog222 angewendet werden könnten. Die Entscheidung des Gesetzgebers besteht gerade darin, dass die fingierte Genehmigung in vollem Umfang an die Stelle einer ausdrücklich erteilten Genehmigung tritt. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die fingierte Genehmigung die Genehmigung ist. Es steht dem Gesetzgeber frei, Vorgänge als Verwaltungsakte zu bewerten, denen einzelne der in § 35 VwVfG vorgesehenen Elemente fehlen. Fingierte Genehmigungen sind also Verwaltungsakte kraft ausdrücklicher gesetzgeberischer Entscheidung.223 Als Verwaltungsakt beendet die fingierte Genehmigung das Genehmigungsverfahren, soweit nicht ausdrücklich vorgesehen ist, dass bestimmte Entscheidungen noch nach Eintritt der Genehmigungsfiktion getroffen werden müssen. Die Genehmigungsfiktion wirkt mithin verfahrensersetzend: Die fingierte Genehmigung steht einer Genehmigung, die nach Durchführung des regulären Genehmigungsverfahrens erlassen wurde, vollständig gleich, ohne dass das Genehmigungsverfahren vollständig durchgeführt worden sein muss.224 Eine verfahrensfehlerhafte fingierte Genehmigung kann es also nicht geben, sondern allenfalls die fälschliche Annahme des Eintritts der Fiktionswirkung. Hingegen wird das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass der Genehmigung allenfalls dann fingiert, wenn diese zusätzliche Wirkung der Fiktionsnorm entnom___________ 219

Ziekow (Fußn. 17), § 35 Rdnr. 21. Udo Steiner, Bindungswirkung und Bestandskraft der fingierten Bodenverkehrsgenehmigung, DVBl. 1970, S. 34 (39); Caspar (Fußn. 2), S. 138 f. A. M. VG Karlsruhe ZUR 2005, S. 22 (23 f.): Zurechenbarkeit zur Behörde, weil diese es in der Hand hat, eine andere als die fingierte Rechtsfolge zu setzen. 221 So Jachmann (Fußn. 2), S. 249 f.; Oldiges (Fußn. 22), S. 54; Steiner (Fußn. 220), S. 39. 222 So Caspar (Fußn. 2), S. 140 ff. 223 So im Ergebnis auch Hans D. Jarass, Neue (und alte) Probleme bei der Änderung immissionsschutzrechtlicher Anlagen, NJW 1998, S. 1097 (1101); Jeromin (Fußn. 217), § 66 Rdnr. 76; Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 35 Rdnr. 24; Ziekow (Fußn. 17), § 35 Rdnr. 11. 224 Zu dieser Wirkung fingierter Verwaltungsakte BVerwGE 48, S. 87 (91); Jachmann (Fußn. 2), S. 902; Oldiges (Fußn. 22), S. 45; Stelkens/Stelkens (Fußn. 181), § 35 Rdnr. 52. 220

V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion

90

men werden kann. Allerdings ist umstritten, ob einer fingierten Genehmigung eine solche Rechtmäßigkeitsfiktion überhaupt beigelegt werden darf. b) Rechtmäßigkeitsfiktion Nach in der deutschen Diskussion verbreiteter Auffassung kann es eine Genehmigungsfiktion mit materieller Rechtmäßigkeitswirkung, bei der die fingierte Genehmigung als materiell rechtmäßig gilt, nicht geben. Einem fingierten Verwaltungsakt könne keine höhere Bestandskraft zukommen als einem im normalen Genehmigungsverfahren erlassenen, der nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden kann. Bei einer materiellen Rechtmäßigkeitswirkung der Fiktion würde die Möglichkeit der Rücknahme hingegen entfallen.225 Weiterhin könne ein fingierter Verwaltungsakt, der einen Dritten in seinen Rechten verletzt, nicht als materiell rechtmäßig angesehen werden, da der dadurch eintretende Rechtsschutzverlust nicht mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar sei.226 Fasst man isoliert das bipolare Rechtsverhältnis zwischen Genehmigungsbehörde und Antragsteller ins Auge, so überzeugen die mit Blick auf die behauptete Notwendigkeit, eine fingierte Genehmigung nach § 48 VwVfG zurücknehmen können zu müssen, vorgetragenen Argumente nicht. Ein striktes, ausnahmslos geltendes Gebot, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückzunehmen, lässt sich dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als Ausformung des Rechtsstaatsprinzips nicht entnehmen. Es ist vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in einen verhältnismäßigen Ausgleich mit den gleichfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip fließenden Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie dem gebotenen Schutz der Grundrechte – zu welchem auch deren zeitliche Komponente gehört (II.1.b) – zu bringen.227 Bei der Gestaltung dieses Ausgleichs kommt dem Gesetzgeber ein großer Gestaltungsspielraum zu.228 Es lassen sich gute Gründe dafür anführen, dass dieser Gestaltungsspielraum nicht in jedem Fall überschritten würde, würde der Gesetzgeber die Rücknahme einer fingierten Genehmigung ausschließen. Schon nach geltendem Recht ist es – von den Fällen der Ermessensreduktion abgesehen – der Behörde unbenommen, eine rechtswidrige Genehmigung zu erlassen und von deren Rücknahme abzusehen. § 48 VwVfG verpflichtet die Behörde nicht zur Rücknahme rechts___________ 225

Caspar (Fußn. 2), S. 138. Caspar (Fußn. 2), S. 138; Thomas Gnatzy, Verfahrensliberalisierung im Bauordnungsrecht der Länder, Berlin 1999, S. 213. 227 Siehe nur Dirk Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. Berlin 2006, § 5 Rdnr. 24; Sachs (Fußn. 25), Art. 20 Rdnr. 140. 228 Sachs (Fußn. 25), Art. 20 Rdnr. 140. 226

4. Wirkung

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widriger Verwaltungsakte, sondern stellt diese in das behördliche Ermessen. Bei dieser Ermessensentscheidung obliegt es der Behörde in jedem Einzelfall, die für die Aufhebung und die für die Aufrechterhaltung der Genehmigung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen.229 Dabei hat der Gesetzgeber in den Absätzen 2 und 3 von § 48 VwVfG wichtige – wenngleich nicht alle – der für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte typisiert. Es stünde dem Gesetzgeber frei, in ähnlicher Weise das Verstreichenlassen der Entscheidungsfrist durch die Genehmigungsbehörde typisierend zu gewichten. Weshalb einer fingierten Genehmigung keine höhere Bestandskraft zukommen kann als einer nach vollständiger Durchführung des Genehmigungsverfahrens erlassenen Genehmigung, ist nicht ersichtlich. Sind die Antragsunterlagen vollständig und keine weiteren Beiträge Dritter oder von Trägern öffentlicher Belange in das Verfahren einzubeziehen, so erhöhen sich die Richtigkeitschancen nicht, wenn die Behörde den Antrag positiv bescheidet, anstatt die Entscheidungsfrist verstreichen zu lasen und damit eine Genehmigungsfiktion herbeizuführen. Hat die Behörde Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, so steht es ihr frei, den Antrag abzulehnen – und sei es auch nur vorsorglich, um den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern. Insoweit macht die Durchführung des Genehmigungsverfahrens die Genehmigung nicht „rechtmäßiger“. Da eine fingierte Genehmigung nicht an Verfahrensfehlern leiden kann, steht nur das Risiko materieller Fehler in Rede. Es liegt in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, für bestimmte Genehmigungen dieses Risiko in Abwägung mit dem Interesse des Antragstellers an einem möglichst zügigen Erhalt einer bestandssicheren Genehmigung geringer zu gewichten. Da diese Gewichtung durch den Gesetzgeber vorzunehmen ist, kann auch nicht davon gesprochen werden, eine Genehmigungsfiktion mit materieller Rechtmäßigkeitswirkung eröffne der Verwaltung die Möglichkeit, durch bloßes Zuwarten den materiell-rechtlichen Rahmen des Vorhabens zu beeinflussen230. Vielmehr wären die Entscheidungsmöglichkeiten der Verwaltung nicht größer als unter der derzeitigen Rechtslage, nach der die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung im Ermessen der Behörde liegt. Berücksichtigt man allein das bipolare Verhältnis zwischen Antragsteller und Genehmigungsbehörde, so könnte es vielmehr als Ausprägung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens, das gleichfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten ist, angesehen werden, dass eine Behörde nicht zunächst eine Genehmigung erlässt und sie anschließend wieder aufhebt, weil sie selbst fehlerhaft entschieden hat. Die derzeitige Regelung des § 48 VwVfG beruht darauf, dass die ___________ 229 230

Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 48 Rdnr. 136. So aber Stelkens/Stelkens (Fußn. 181), § 35 Rdnr. 53.

V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion

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Gebote der Gesetzmäßigkeit und der Effizienz der Verwaltung231 insoweit höher gewichtet wurden. Es würde jedoch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, würde der Gesetzgeber bestimmte Genehmigungen benennen, bei denen er das Verbot widersprüchlichen Verhaltens für durchschlagend erachtet. Nichts anderes kann für die Konstellation der Genehmigungsfiktion gelten, in der die Behörde sich zurechnen lassen muss, dass sie die Entscheidungsfrist hat verstreichen lassen. Allerdings setzt eine solche Zurechnung voraus, dass die Entscheidungsfrist – wenn ihre Dauer gesetzlich bestimmt ist – in typisierender Betrachtung angemessen ist und die Behörde die Möglichkeit hat, die Frist in atypischen Situationen angemessen zu verlängern. Bei einer solchen Ausgestaltung könnte schon deshalb kein Widerspruch zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entstehen, weil in den Fällen, in denen ein unerträglicher Konflikt mit der Rechtsordnung drohen könnte, auch die fingierte Genehmigung im Regelfall nach § 44 VwVfG nichtig sein wird. Der Gefahr eines verbleibenden rechtsstaatlichen „Überdrucks“ könnte ggf. dadurch Rechnung getragen werden, dass eine an § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG angelehnte Regelung aufgenommen wird, die der Behörde eine Rücknahme der Genehmigung ausnahmsweise ermöglicht, wenn dies erforderlich ist, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Jedenfalls im bipolaren Verhältnis zwischen Antragsteller und Genehmigungsbehörde lässt sich mithin eine Genehmigungsfiktion in verfassungskonformer Weise auch so ausgestalten, dass sie materielle Rechtmäßigkeitswirkung erzeugt. Soweit gegenüber einer vollumfänglichen materiellen Rechtmäßigkeitsfiktion Bedenken unter dem Gesichtspunkt einer Verkürzung des verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes eines durch die fingierte Genehmigung in seinen Rechten beeinträchtigten Dritten obwalten (dazu II.1.a)hh), lässt sich dem durch die Besinnung auf die Qualität des Verfahrensrechts als Handlungsrecht der Verwaltung begegnen. Verwaltungsverfahrensrecht ist zuvörderst das „Hausrecht“ der Verwaltung; es soll ihr Handeln steuern, ohne notwendigerweise subjektive Rechte begründen oder gerichtlich kontrollierbar sein zu müssen.232 Es ist daher mit der Funktion des Verwaltungsverfahrensrechts ohne weiteres vereinbar, die Wirkung einer materiellen Rechtmäßigkeitsfunktion auf das Verhältnis zwischen Behörde und Antragsteller zu beschränken. Fingiert wird dann nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern lediglich die Behörde wird verpflichtet, die fingierte Genehmigung – unter den oben genannten Voraussetzungen – als rechtmäßig zu behandeln. Die Behörde wäre dann ___________ 231

Dazu Kopp/Ramsauer (Fußn. 5), § 48 Rdnr. 2. Jan Ziekow/Thorsten Siegel, Das Vergabeverfahren als Verwaltungsverfahren, ZfBR 2004, S. 30 (31); in diesem Sinne auch Clausen (Fußn. 146), Rdnr. 3 vor § 9; Maurer (Fußn. 81), § 19 Rdnr. 1. 232

5. Anwendbare Regelungen

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zwar gehindert, die fingierte Genehmigung zurückzunehmen, jedoch stünde einer Drittanfechtung nichts im Wege. Etwas anderes muss allerdings dann gelten, wenn der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt der grundrechtlichen Schutzpflicht verpflichtet ist, zum Ausgleich der durch die Genehmigungsfiktion ggf. verkürzten präventiven Prüfung der Behörde die Option der Rücknahme der fingierten Genehmigung offen zu halten. In diesen Fällen würde es gegen das Untermaßverbot verstoßen, würde auch die Rechtmäßigkeit der Genehmigung fingiert. Ersatzweise könnte allenfalls an die Einführung eines besonderen Aufhebungstatbestandes gedacht werden, der der Behörde – unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit – die Aufhebung der fingierten Genehmigung ermöglicht, wenn dies zum Schutz der Rechte Drittbetroffener erforderlich ist. Von der Frage der materiellen Rechtmäßigkeitsfiktion zu trennen ist das Problem, welche Auswirkungen es hat, wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung eines anderen Trägers öffentlicher Belange nicht innerhalb der Entscheidungsfrist vorgenommen wird. 5. Anwendbare Regelungen Da auch die fingierte Genehmigung einen Verwaltungsakt darstellt, gelten für sie grundsätzlich die für Verwaltungsakte vorgesehenen Bestimmungen233, soweit durch die Fiktionsregelung nichts anderes bestimmt ist. Dabei ist zu beachten, dass bereits mit der Anordnung der Genehmigungsfiktion als solcher gewisse Modifikationen verbunden sind. Abweichend von § 43 Abs. 1 VwVfG ist die Wirksamkeit der fingierten Genehmigung gegenüber dem Antragsteller nicht von einer gesonderten Bekanntgabe abhängig, sondern tritt mit dem Eingreifen der gesetzlichen Fiktionswirkung ein.234 Für eine Wirksamkeit gegenüber Dritten bedarf es hingegen der Bekanntgabe.235 Dass auch eine fingierte Genehmigung den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG unterliegt, ist bereits dargestellt worden (II.1.a)dd). Die Bestimmtheit wird hier über die geforderte Fassung des Genehmigungsantrags vermittelt. Weiterhin kann eine fingierte Genehmigung nach § 44 VwVfG nichtig sein, wenn eine ausdrücklich erlassene Genehmigung mit demselben Inhalt nichtig ___________ 233 234 235

Für die Bodenverkehrsgenehmigung BVerwGE 48, S. 87 (90). Meyer (Fußn. 188), § 43 Rdnr. 27a; Stelkens/Stelkens (Fußn. 181), § 35 Rdnr. 52a. Jachmann (Fußn. 2), S. 951 f.

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V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion

wäre.236 Nicht unmittelbar anwendbar sind hingegen die die Bedeutung von Verfahrensfehlern betreffenden §§ 45 und 46 VwVfG237, da durch die Genehmigungsfiktion gerade die ordnungsgemäße Durchführung des Genehmigungsverfahrens ersetzt wird. Sofern in Fiktionsregelungen bestimmte Verfahrenshandlungen für unverzichtbar erklärt werden sollten, ist bereits die Fiktionswirkung nicht eingetreten, so dass es gänzlich an einem Verwaltungsakt fehlt. Hierdurch wird hingegen nicht ausgeschlossen, beispielsweise in analoger Anwendung von § 45 Abs. 1 VwVfG die Nachholung bestimmter Verfahrenshandlungen erst nach Eintritt der Fiktionswirkung zuzulassen. Auch dann, wenn die jeweilige Fiktionsregelung nicht wie § 23a Abs. 4 S. 2 EnWG die Widerruflichkeit der fingierten Genehmigung vorsieht238, sind nach einhelliger Ansicht Rücknahme und Widerruf von fingierten unter den gleichen Voraussetzungen wie von ausdrücklich erteilten Genehmigungen möglich239. Sofern für die ausdrückliche Erteilung der Genehmigung vorgesehen ist, dass zur Sicherstellung der dauerhaften Beachtung der Genehmigungsvoraussetzungen sowie der Anforderungen aus anderen Vorschriften die nachträgliche Anordnung von Auflagen zulässig ist, gilt dies auch für die fingierte Genehmigung.240 Einige Bestimmungen, die eine Genehmigungsfiktion anordnen, sehen vor, dass bestimmte Regelungen, die sonst zwingend bei Erlass der Genehmigung zu treffen sind, bei Eintritt einer Genehmigungsfiktion im Nachhinein vorzunehmen sind. Der Rechtsschutz Drittbetroffener gegen fingierte Genehmigungen folgt den allgemeinen Regeln, so dass sie mit – soweit vorgesehen – Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die fingierte Genehmigung vorgehen können.241 Zu beachten ist, dass für diese Rechtsbehelfe keine Rechtsbehelfsfristen laufen, es sei denn, dem Dritten ist eine Mitteilung über den Eintritt der Genehmigungsfiktion zugestellt worden.

___________ 236 Meyer (Fußn. 188), § 44 Rdnr. 11; Sachs (Fußn. 115), § 44 Rdnr. 3a. A. M. Oldiges (Fußn. 22), S. 54. 237 Oldiges (Fußn. 22), S. 56. 238 Dazu OLG Düsseldorf GewArch 2006, S. 427 (428 f.). 239 BVerwGE 48, S. 87 (90); OVG Bautzen SächsVBl. 2006, S. 140; OVG Hamburg, Beschl. v. 9. 1. 2002 – 2 Bs 10/02 –, Rdnr. 4; OVG Saarlouis, Urt. v. 9. 3. 2006 – 2 R 8/05 –, Rdnr. 32; OVG Schleswig NordÖR 2005, S. 65; VG Dresden, Urt. v. 10. 10. 2001 – 12 K 3308/98 –, Rdnr. 15; Helmut Bronnenmeyer, Der Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte nach § 49 VwVfG, Berlin 1994, S. 44 ff.; Alfons Simon/ Elmar Gräber, Rücknehmbarkeit der fingierten Bodenverkehrsgenehmigung?, DÖV 1971, S. 725 ff.; Ziekow (Fußn. 17), § 48 Rdnr. 7. 240 BVerwGE 64, S. 285 (286); Stelkens/Stelkens (Fußn. 181), § 36 Rdnr. 9b. 241 BVerwGE 91, S. 7 (9).

6. Potentiale von Genehmigungsfiktionen zur Beschleunigung von Verfahren

6. Potentiale von Genehmigungsfiktionen zur Beschleunigung von Verfahren

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zur Beschleunigung von Verfahren

Das primäre Ziel der Einführung von Genehmigungsfiktionen in das Genehmigungsverfahrensrecht wird in aller Regel in einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren gesehen. In der Tat vermögen Genehmigungsfiktionen hierzu insofern einen Beitrag zu leisten, als das Genehmigungsverfahren nach Ablauf der bestimmten Frist zuzüglich der ggf. notwendig werdenden Verlängerung definitiv abgeschlossen ist. Vor allem die – zu Unrecht – ein negatives Bild der Genehmigungsbehörden prägenden „Ausreißer nach oben“ können auf diesem Wege vermieden werden. Für das Gros der Genehmigungsverfahren sind die erzielbaren Beschleunigungswirkungen allerdings durchaus begrenzter; ggf. kommt es sogar zu einer Nivellierung von bisher schneller beschiedenen unproblematischen Verfahren nach oben242. Insoweit ist in Erinnerung zu rufen, dass sich die Festlegung der Länge der Entscheidungsfristen an dem orientieren muss, was die Genehmigungsbehörde typischerweise für eine dem Genehmigungsgegenstand gerecht werdende Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht benötigt (II.1.c). Das Beschleunigungspotential ist daher – neben der erwähnten Einfangung von „Ausreißern“ – darauf beschränkt, sich an der unteren Grenze des typischerweise benötigten Zeitrahmens auszurichten und eine Nivellierung der selbst in einem Bundesland häufig beträchtlich divergierenden Verfahrensdauer verschiedener Behörden mit gleicher sachlicher, aber unterschiedlicher örtlicher Zuständigkeit243 herbeizuführen. Gerade für Genehmigungsverfahren mit wirtschaftlichem Bezug darf aber eine zweite Zielstellung von Genehmigungsfiktionen nicht aus den Augen verloren werden. Durch die Statuierung fester, nur einmal verlängerbarer Genehmigungsfristen ist der Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen mit dem Vorliegen einer – und sei es einer fingierten – behördlichen Entscheidung rechnen kann, klar berechenbar. Durch diese Berechenbarkeit können die Unternehmen die zeitliche Dimension der Realisierung eines Vorhabens sicher kalkulieren. Die strategische Unternehmensplanung und die Vornahme von Investitionen erlangen eine höhere Sicherheit. Dies ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von Bedeutung (vgl. I.2.b). ___________ 242

Siehe Georg von Wangenheim, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren: Anreize innerhalb der Verwaltung und für den Antragsteller, in: Schmidtchen/SchmidtTrenz (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat. Ökonomische Analyse der Flexibilisierung von Genehmigungsverfahren, Baden-Baden 1999, S. 96 (119). 243 Vgl. hierzu für Baden-Württemberg Jan Ziekow/Martin-Peter Oertel/Alexander Windoffer, Dauer von Zulassungsverfahren. Eine empirische Untersuchung zu Implementation und Wirkungsgrad von Regelungen zur Verfahrensbeschleunigung, Köln/Berlin/München 2005, S. 38 ff., 137 ff., 224.

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V. Typologisierung der Genehmigungsfiktion

Es bleibt aber zu beachten, dass diese mit der Einführung von Genehmigungsfiktionen durchaus erzielbaren Vorteile von der Ausgestaltung und praktischen Handhabung der Genehmigungsverfahren abhängen. So wird immer wieder die Gefahr einer „Flucht in die Ablehnung“ betont: Droht der Eintritt der Fiktionswirkung, so lehnt die Behörde den Antrag selbst dann lieber ab, wenn er an und für sich genehmigungsfähig wäre, aber noch nicht vollständig geprüft werden konnte.244 Der Antragsteller wird dadurch gezwungen, den ggf. zeitaufwendigen Rechtsweg zur Erzwingung der Genehmigungserteilung in Anspruch zunehmen. Weiterhin konterkariert eine Behörde, die die ihr eingeräumte Entscheidungsfrist untätig verstreichen lässt und anschließend die fingierte Genehmigung regelmäßig mit der Behauptung zurück nimmt, die Genehmigung sei materiell rechtswidrig, den Zweck der Genehmigungsfiktion. Denn in diesem Fall wird die durch den Eintritt der Fiktionswirkung ggf. eingesparte Zeit durch die in das Rücknahmeverfahren verlagerte Auseinandersetzung um das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen mehr als ausgeglichen.245 Entsprechendes würde gelten, wenn fingierte Genehmigungen einem erhöhten Risiko der Anfechtung durch Drittbetroffene ausgesetzt sein sollten. Selbst wenn die fraglichen Genehmigungen sofort vollziehbar sein sollten, bliebe der Unternehmer mit dem Risiko einer späteren Aufhebung der Genehmigung durch die Gerichte belastet. Dies würde zum einen der gewünschten Verhaltensund Investitionssicherheit zuwider laufen und zum anderen unter der in zeitlicher Hinsicht gebotenen Gesamtbetrachtung von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess246 zu einer Entwertung der beabsichtigten Verfahrensbeschleunigung führen. Soweit empirische Auswertungen von Erfahrungen mit Genehmigungsfiktionen vorliegen, lässt sich ein Trend zur Zunahme von Rechtsstreitigkeiten mit Drittbetroffenen allerdings nicht belegen.247

___________ 244 Siehe Abschlussbericht der vom Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern eingesetzten Kommission „Deregulierung, Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung“, Schwerin 2003, S. 78; Investitionsförderung durch flexible Genehmigungsverfahren. Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Baden-Baden 1994, S.137; Rolf Kroker/Karl Lichtblau/Klaus-Heiner Röhl (Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH), Abbau von Bürokratie in Deutschland – Mehr als die Abschaffung von Einzelvorschriften –, Köln 2003, S. 144; Rombach (Fußn. 65), S. 218. 245 Vgl. Karsten-Michael Ortloff, Die fiktive Baugenehmigung, in: Lenz (Hrsg.), Festschrift für Konrad Gelzer zum 75. Geb., Düsselsorf 1991, S. 223 (228). 246 Ziekow (Fußn. 6), S. 65 f. 247 Vgl. den Erfahrungsbericht zur Landesbauordnung Bremen, 1998, S. 4.

VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten Aus den in den vorangehenden Abschnitten angestellten Überlegungen lassen sich sowohl Probleme für die Einführung von Genehmigungsfiktionen als auch Vorgaben und denkbare Lösungsoptionen für die Ausgestaltung ableiten: 1. Kriterien zur Eingrenzung geeigneter Genehmigungsverfahren

1. Kriterien zur Eingrenzung für die Einführung von Genehmigungsfiktionen geeigneter Genehmigungsverfahren Zur Beantwortung der Frage, welche Genehmigungsverfahren für die Implementierung von Genehmigungsfiktionen in Betracht gezogen werden können, sollte zunächst versucht werden, Kriterien zu bestimmen, die ggf. eine Begrenzung des Kreises geeigneter Verfahren ermöglichen. Insoweit außer Betracht zu bleiben haben von vornherein solche Genehmigungsverfahren, bei denen die Einführung einer Genehmigungsfiktion aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig wäre. Dies ist dann der Fall, wenn das genehmigungsbedürftige Vorhaben oder die genehmigungspflichtige Betätigung ein hohes Risikopotential, insbesondere für Leib und Leben anderer, aber auch für objektive Verfassungsgüter wie den Umweltschutz birgt oder zahlreiche divergierende grundrechtlich geschützte Interessen zu ermitteln und bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind und diese Gesichtspunkte gerade durch die Durchführung des Genehmigungsverfahrens berücksichtigt werden sollen (II.1.c). Aus diesem Grund können beispielsweise Planungsentscheidungen, insbesondere Planfeststellungen, die einen realen Ausgleich der konfligierenden Positionen erfordern, nicht durch Genehmigungsfiktionen ersetzt werden. Unterhalb dieser Ebene ist es nicht ausgeschlossen, Genehmigungsfiktionen auch in solchen Genehmigungsverfahren einzusetzen, durch deren Ausgang wichtige Schutzgüter des Individual- oder Allgemeininteresses betroffen sein können. Allerdings ist in diesen Fällen darauf zu achten, dass das Verfahren eine der Bedeutung dieser Schutzgüter angemessene Ausgestaltung erfährt. So muss die der Genehmigungsbehörde eingeräumte Entscheidungsfrist es ermöglichen, dass alle schutzgutrelevanten Risiken erfasst und bewertet werden können. Darüber hinaus sind weitere Instrumente zur Beherrschung von Risiken bei Eintritt der Genehmigungsfiktion, z. B. die Möglichkeit einer nachträglichen Anordnung von Auflagen etc., in Erwägung zu ziehen.

VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten

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Generell eignen sich Genehmigungsfiktionen besonders für Standardverfahren mit einem geringen Prüfungsaufwand.248 Je geringer die Komplexität der tatsächlichen und rechtlichen Prüfung, um so geringer ist das Risiko, dass die fingierte Genehmigung das Regulierungsziel verfehlt und materiell rechtswidrig ist. Dies gilt insbesondere für gebundene Genehmigungen. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, Genehmigungsfiktionen auch für solche Genehmigungen vorzusehen, deren Erteilung im Ermessen der Genehmigungsbehörde steht.249 Anders als die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Abwägungsentscheidungen sind Ermessensentscheidungen nicht verfassungsrechtlich gefordert, sondern stehen im Dienste einer unter Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und Einzelfallgerechtigkeit entscheidenden Verwaltung.250 Soweit die Genehmigungsbehörde in erkennbarer Weise die für die Ermessensentscheidung relevanten Gesichtspunkte ermittelt, gewichtet und gegeneinander abgewogen hat, ist der Eintritt der Fiktionswirkung anstatt des Erlasses einer ausdrücklichen Genehmigung unproblematisch. Anderes gilt für fingierte Genehmigungen, die aufgrund eines bloßen Untätigbleibens der Genehmigungsbehörde entstanden sind; sie würden sich einem beträchtlichen Risiko der Ermessensfehlerhaftigkeit ausgesetzt sehen. Greift man jedoch auf das prägende Strukturprinzip der Genehmigungsfiktion zurück, dass der nach einem ordnungsgemäß durchgeführten Verwaltungsverfahren erfolgende Erlass der Genehmigung fingiert wird (V.4.a), so schirmt die Genehmigungsfiktion auch das Verfahren der Ermessensausübung gegen eine Fehlerkontrolle ab. Relevant können insoweit nur solche Ermessensfehler sein, die das Ergebnis der Ermessensausübung, also die fingierte Genehmigung, betreffen. Einzugehen ist schließlich auf den aus der Analyse vorhandener Genehmigungsfiktionsregelungen gewonnenen Befund, dass das Instrument der Genehmigungsfiktion nicht zum Einsatz kommt, wenn zu den Genehmigungsvoraussetzungen persönliche Qualifikationen oder Eigenschaften des Antragstellers zählen. Rechtlich zwingend ist dies nicht: Es steht dem Gesetzgeber frei, auf die Prüfung von ihm eingeführter persönlicher Genehmigungsvoraussetzungen ebenso wie auf die Prüfung sachlicher Anforderungen im Falle des Ablaufs der Entscheidungsfrist zu verzichten. Vor allem dann, wenn sich die präventive Kontrolle auf die Zuverlässigkeit des Antragstellers bezieht, stehen fachgesetzlich regelmäßig Instrumente zur Verfügung, um auf Zuverlässigkeitsmängel mit einem repressiven Einschreiten zu reagieren. In der Regel anders verhält es sich mit der Überprüfung, ob der Antragsteller bestimmte Qualifikationen aufweist. Hier soll die Prüfung der Qualifikation ganz überwiegend sicherstellen, dass die ___________ 248

Ebenso Kroker/Lichtblau/Röhl (Fußn. 244), S. 143. Oldiges (Fußn. 22), S. 47. 250 Dazu Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 2. Aufl. München 2007, § 69 Rdnr. 3. 249

2. Ausgestaltung von Fiktionsregelungen

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von nicht über diese Qualifikation Verfügenden ggf. ausgehenden Gefahren vermieden bzw. bestimmte Qualitätsstandards von vornherein sichergestellt werden. Die Fingierung der Genehmigung ist daher wenig sinnvoll. 2. Ausgestaltung von Fiktionsregelungen Damit die mit der Einführung von Genehmigungsfiktionen verfolgten Ziele erreicht werden können, bedarf es der Identifizierung von die Zielerreichung potentiell hemmenden Problemfeldern und der Entwicklung von Ausgestaltungsoptionen, um diese Probleme beherrschen zu können. Dabei sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten. a) Fiktionsfähigkeit des Antrags, insbesondere Vollständigkeit der Unterlagen Voraussetzung für den Eintritt einer Genehmigungsfiktion ist die Fiktionsfähigkeit des Antrags, die sich aus der Eindeutigkeit und Unmissverständlichkeit des Antrags sowie der Vollständigkeit der Antragsunterlagen zusammensetzt. Der Genehmigungsbehörde werden hierdurch mehrere Möglichkeiten eröffnet, das Genehmigungsverfahren und damit den Eintritt der Fiktionswirkung zumindest beträchtlich zu verzögern. In Betracht kommen insoweit die fälschliche und ohne Substantiierung erfolgende Behauptung, die Unterlagen seien unvollständig, die Forderung für die Genehmigungsentscheidung irrelevanter Unterlagen sowie vor allem das schrittweise Nachfordern immer weiterer Unterlagen über einen längeren Zeitraum. Zur Lösung beitragen kann zunächst eine Regelung, die die Behörde verpflichtet, die Vollständigkeit der Antragsunterlagen binnen bestimmter Frist zu prüfen und alle fehlenden Unterlagen in einem Schritt nachzufordern. Der Fall, dass der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachkommt, bedarf keiner ausdrücklichen Regelung, da ein nicht den gesetzlichen Anforderungen genügender Antrag abzuweisen ist. Mangels Fiktionsfähigkeit des Antrags kann auch keine Genehmigungsfiktion eintreten. Allerdings sollte die Genehmigungsbehörde verpflichtet werden, den Antragsteller auf diese Konsequenzen hinzuweisen. Die bloße Verpflichtung der Behörde, fehlende Antragsunterlagen innerhalb einer bestimmten Frist nachzufordern, die sich in der durch das Kriterium der Unverzüglichkeit etwas offeneren Form bereits in § 71c Abs. 3 VwVfG findet, ändert zunächst nichts daran, dass die Missachtung dieser Pflicht durch die Behörde sanktionslos bleibt. Vor Vervollständigung der Antragsunterlagen kann die Genehmigungsfiktion nicht eintreten. Gelöst werden kann dieses Problem nur durch eine Vollständigkeitsfiktion: Hat die Behörde nicht innerhalb der für die Vollständigkeitsprüfung vorgesehenen Frist gegenüber dem Antragsteller

VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten

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verbindlich erklärt, dass die Antragunterlagen vollständig sind, oder noch fehlende Antragsunterlagen nachgefordert, so gelten die Antragsunterlagen für das weitere Verfahren als vollständig. Eine entsprechende fiktionsbewehrte Frist muss konsequenterweise für die Prüfung der auf Anforderung nachgereichten Unterlagen auf ihre Vollständigkeit gelten. Das gegen eine solche Vollständigkeitsfiktion vorgetragene Bedenken, dass unter Umständen die Interessenlage des Antragstellers unberücksichtigt bleibe, weil der Behörde nicht alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt geworden sind und die Genehmigung evtl. versagt werden müsse, weil dem Antragsteller keine Gelegenheit mehr gegeben werden konnte, Argumente zu entkräften, die gegen eine stattgebende Entscheidung sprechen,251 lässt sich entkräften, wenn man dem Antragsteller auch nach Eintritt der Vollständigkeitsfiktion das Recht einräumt, seinen Antrag ggf. zu vervollständigen. b) Länge und Verlängerung der behördlichen Entscheidungsfrist Die der Behörde eingeräumte Entscheidungsfrist muss es der Genehmigungsbehörde tatsächlich ermöglichen, das gesamte relevante Entscheidungsmaterial zu ermitteln und eine gründliche Prüfung durchzuführen. Die Länge der Entscheidungsfristen ist entsprechend dem Entscheidungsgegenstand und der Entscheidungssituation zu differenzieren. Soweit eine generelle Regelung zur Einführung einer Genehmigungsfiktion, beispielsweise im VwVfG, getroffen und dabei eine einheitliche Entscheidungsfrist festgelegt werden sollte, muss die Behörde die Möglichkeit haben, diese Frist durch eine Verlängerung an die spezifische Entscheidungssituation anzupassen. In jedem Fall muss die Option einer Fristverlängerung zur Bewältigung im Einzelfall auftretender Schwierigkeiten bestehen. Ein Problem für die Erreichung der mit der Einführung von Genehmigungsfiktionen verfolgten Ziele (V.6.) kann aus der Einräumung einer Verlängerungsoption dann entstehen, wenn die Genehmigungsbehörde die Fristverlängerung routinemäßig in Anspruch nimmt und ggf. die Länge der Fristverlängerung selbst festlegt. In letzter Konsequenz kann ein Missbrauch der Möglichkeit der Fristverlängerung nicht vollkommen verhindert werden. Das generelle Erfordernis des Einverständnisses des Antragstellers ist insoweit ein wenig geeignetes Instrument, da die entscheidungsadäquate Fristbemessung durch die Behörde verfassungsrechtlich gefordert ist (II.1.c). Hieran darf die Behörde durch den Antragsteller nicht gehindert werden. Umgekehrt kann der Antragsteller nicht ___________ 251 Abschlussbericht der vom Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern eingesetzten Kommission (Fußn. 244), S. 77; Stephan Schulte, Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben, Berlin 1996, S. 116 f.

2. Ausgestaltung von Fiktionsregelungen

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auf die Einhaltung der gesetzlich bestimmten Frist wirksam verzichten.252 Der Eintritt der Fiktionswirkung kann schon deshalb nicht zur Disposition des Antragstellers stehen, weil dieser nicht eventuellen Beeinflussungsversuchen der Behörde ausgesetzt sein darf, soll das Instrument der Genehmigungsfiktion nicht entwertet werden253. Zur Zurückdrängung einer Routinisierung der Fristverlängerung geeignetes Instrument ist daher allein eine Pflicht der Behörde, die Notwendigkeit einer Fristverlängerung stichhaltig zu begründen. Diese Begründung muss darlegen, inwieweit der zu entscheidende Sachverhalt vom Normalfall abweicht und weshalb eine Entscheidung wegen der Besonderheiten des Einzelfalls nur unter Inanspruchnahme der Fristverlängerung möglich ist. Keine zureichende Begründung ist eine Arbeitsüberlastung der Genehmigungsbehörde. Eine beliebige Fristbemessung durch die Behörde sollte nicht erfolgen können. Vielmehr sollten bereits im Gesetz selbst fixe oder maximale Längen der Fristverlängerung festgelegt werden. Soweit es sich dabei um Maximalverlängerungen handelt, hat die Behörde ihre Begründung auch darauf zu erstrecken, weshalb in dem zur Verfügung stehenden Rahmen gerade die gewählte Dauer der Fristverlängerung notwendig ist. c) Beteiligung Drittbetroffener Die Ausgestaltung der Fiktionsregelung muss dem verfassungsrechtlichen Gebot der Berücksichtigung der Interessen der durch die (ggf. fingierte) Genehmigung in ihren Rechten betroffenen Dritten Rechnung tragen. (Potentiell) Drittbetroffenen muss ein Anstoß und eine – auch in zeitlicher Hinsicht – angemessene Möglichkeit zur Einbringung ihrer rechtlich geschützten Positionen in das Genehmigungsverfahren gegeben werden. Drittbetroffene, die diese Möglichkeit genutzt haben, dürfen durch die Genehmigungsfiktion nicht präkludiert werden. Hingegen dürfen die Rechte säumiger Drittbetroffener einer materiellen Präklusion unterworfen werden. Eine Staffelung dergestalt, dass die Entscheidungsfrist der Genehmigungsbehörde erst mit Ablauf der Beteiligungsfrist zu laufen beginnt, dürfte wenig opportun sein, trägt doch die Staffelung einer weiteren Frist neben denen zur Vollständigkeitsprüfung und zur Entscheidung über die Genehmigung nicht zur Transparenz des Verfahrens bei. Vielmehr sollte das Beteiligungsverfahren während des Laufes der Entscheidungsfrist durchgeführt werden und letztere entsprechend bemessen werden. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass eine von der Behörde unterlassene Beteiligung Drittbetroffener nicht zu einer Entwertung einer eingetretenen ___________ 252 253

VG Gera LKV 2003, S. 532. A. M. VGH Mannheim BauR 1986, S. 678 (680). Ähnlich VG Gera LKV 2003, S. 532.

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VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten

Genehmigungsfiktion führt. Zwar kann eine grundrechtlich geforderte Verfahrensbeteiligung nicht mit Eintritt der Fiktionswirkung als erfolgt fingiert werden. Geht man jedoch davon aus, dass die Genehmigungsfiktion an die Stelle der nach ordnungsgemäßer Durchführung des Genehmigungsverfahrens erlassenen Genehmigung tritt (V.4.a), so kann dieses Spannungsverhältnis durch die analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG aufgelöst werden. Schließlich muss die fingierte Genehmigung durch in ihren Rechten beeinträchtigte Dritte zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können; sie darf also keine gegen Drittbetroffene wirkende Rechtmäßigkeitsfiktion enthalten. Dies setzt den Inhaber einer fingierten Genehmigung auf zeitlich nur schwer kalkulierbare längere Sicht der Gefahr einer Drittanfechtung aus, da Rechtsbehelfsfristen mangels Zustellung an den Drittbetroffenen nicht laufen. Es sollte daher die Aufnahme einer Verpflichtung der Behörde erwogen werden, Drittbetroffenen eine Mitteilung über den Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigungsfiktion samt Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. d) Verhinderung einer „Flucht in die Rücknahme“ Den Zwecken von Genehmigungsfiktionen würde es zuwiderlaufen, würden die Genehmigungsbehörden eine „Flucht in die Rücknahme“ antreten, indem sie nach Eintritt der Fiktionswirkung die fingierte Genehmigung mit der Begründung zurücknehmen, diese sei rechtswidrig. Die im Genehmigungsverfahren nicht durchgeführte Prüfung des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen würde dadurch in das Rücknahmeverfahren verlagert. Diese Möglichkeit könnte der Behörde dadurch abgeschnitten werden, dass eine Rücknahme der fingierten Genehmigung gesetzlich ausgeschlossen wird, es sei denn, die Rücknahme ist zum Schutz der Rechte Dritter erforderlich (V.4.b). Allerdings bedürfte die Einfügung eines solchen Rücknahmeausschlusses der sorgfältigen Prüfung, würde dadurch doch die fingierte gegenüber der regulär erlassenen Genehmigung privilegiert. Zwar steht dies einem Rücknahmeausschluss rechtlich nicht entgegen. Jedoch wird die Einführung dieses Instruments für alle Genehmigungsfiktionen nicht in Betracht kommen. Vielmehr bedarf das besondere Interesse des Antragstellers an einem möglichst zügigen Erhalt einer bestandssicheren Genehmigung einer eingehenden Begründung durch den Gesetzgeber. e) Instrumente der Behörde nach Eintritt der Fiktionswirkung Auch wenn danach eine die Rücknahme der fingierten Genehmigung durch die Behörde ausschließende Regelung aufgenommen werden sollte, muss die Behörde über Instrumente verfügen, um auch nach Eintritt der Fiktionswirkung auf Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Positionen Dritter und gravie-

2. Ausgestaltung von Fiktionsregelungen

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rende Hintansetzungen von Gemeinwohlinteressen reagieren zu können. Dies könnte dadurch geschehen, dass die gesetzliche Regelung über die Anordnung einer Genehmigungsfiktion generell den Vorbehalt des Erlasses nachträglicher Auflagen vorsieht, soweit dies zur Sicherstellung der Beachtung gesetzlicher Vorschriften oder der Wahrung der Rechte Dritter erforderlich ist. Konstellationen, in denen durch den Eintritt der Fiktionswirkung Entscheidungsbestandteile, die sonst in die Genehmigung aufzunehmen sind, unberücksichtigt bleiben, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Behörde nachträglich diese Entscheidungen mit der Wirkung einer Änderung des Inhalts der fingierten Genehmigung treffen kann. Situationen, die auch durch diese Instrumente nicht beherrscht werden können, könnten durch Aufnahme einer an § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG ausgerichteten Regelung abgemildert werden. Danach könnte die Behörde die fingierte Genehmigung aufheben, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten. f) Problem der „Flucht in die Ablehnung“ Nur schwer verhindern lassen wird sich die häufig befürchtete „Flucht in die Ablehnung“. Diese Befürchtung unterstellt, dass die Genehmigungsbehörde bei drohendem Eintritt der Genehmigungsfiktion vorsorglich den Genehmigungsantrag ablehnen und den Antragsteller damit zu einer Weiterverfolgung seines Antrags im Rechtsweg zwingen wird.254 Denn in der Praxis wird sich eine solche vorsorgliche Ablehnung von der berechtigten Ablehnung eines Genehmigungsantrags nach vollständiger Prüfung häufig nur schwer unterscheiden lassen. Allenfalls denkbar wäre eine Regelung, die die Fiktionswirkung auch bei rechtswidriger Ablehnung des Genehmigungsantrags anordnet. Doch würde dem Antragsteller damit die zusätzliche zeitliche Belastung einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht erspart. g) Beteiligung der Öffentlichkeit und öffentlicher Stellen Soweit Verfassungsrecht die Beteiligung anderer öffentlicher Stellen oder Gemeinschaftsrecht die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung gebietet, dürfen diese Verfahrenseinbeziehungen nicht durch Genehmigungsfiktionen überspielt werden. In diesen Fällen, aber auch dann, wenn auf die lediglich einfachgesetzlich angeordnete Verfahrenseinbeziehung nicht verzichtet werden soll, kann die Genehmigungsfiktion nicht eintreten, bevor die andere öffentliche ___________ 254 Gnatzy (Fußn. 226), S. 456 geht unzutreffenderweise sogar von einer Pflicht zur vorsorglichen Ablehnung aus, wenn absehbar ist, dass nicht innerhalb der Frist eine vollständige Prüfung durchgeführt werden kann.

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VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten

Stelle oder die Öffentlichkeit beteiligt worden ist. Zur Synchronisierung der Beteiligungsverfahren mit dem fiktionsbewehrten Genehmigungsverfahren wird man zwischen der Beteiligung anderer Stellen und der Öffentlichkeitsbeteiligung unterscheiden müssen: Zur Berücksichtigung der Beteiligung von anderen öffentlichen Stellen in Genehmigungsverfahren, die bei nicht fristgerechter Entscheidung mit einer Genehmigungsfiktion enden, stehen im Wesentlichen drei Instrumente zur Verfügung: 1. Über die Erteilung des Einvernehmens bzw. der Zustimmung muss die andere öffentliche Stelle binnen einer bestimmten Frist entscheiden; das Einvernehmen wird seinerseits fingiert, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist ab Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird.255 Insoweit handelt es sich um eine zweistufige Fiktion: Die Genehmigungsfiktion tritt nicht ein, bevor nicht das Einvernehmen der anderen öffentlichen Stelle erteilt oder fingiert worden ist. Dies setzt voraus, dass die Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion länger ist als die Frist für den Eintritt der Einvernehmensfiktion oder dass die Genehmigungsbehörde zumindest die Möglichkeit hat, die für die Entscheidung über die Genehmigung zur Verfügung stehende Frist zu verlängern. 2. Die Genehmigungsfiktion tritt nicht ein, bevor die Zustimmung oder das Einvernehmen der anderen Behörde vorliegt. 3. Die fiktionsbewehrte Entscheidungsfrist für die Genehmigungsbehörde beginnt erst zu laufen, wenn das Einvernehmen etc. vorliegt oder hätte vorliegen müssen. Alle drei Varianten sind in eine Genehmigungsfiktion anordnenden Regelungen aufzufinden. Gleichwohl müssen die Varianten Nr. 2 und 3 als der Erreichung der mit der Einführung von Genehmigungsfiktionen verfolgten Ziele wenig dienlich angesehen werden. Denn hier wird der Zeitpunkt, bis zu dem die Genehmigungsbehörde entschieden haben muss, damit keine Genehmigungsfiktion eintritt, davon abhängig gemacht, wann die andere öffentliche Stelle ihr Einvernehmen erteilt. Selbst bei Nutzung der vorhandenen verfahrensrechtlichen Beschleunigungsmöglichkeiten verbleibt der zu beteiligenden Stelle eine Obstruktionsmöglichkeit, gelten doch beispielsweise die Möglichkeit zur Fristsetzung im Sternverfahren nach § 71d Abs. 1 VwVfG und die Präklusion des § 71d Abs. 2 VwVfG nicht, wenn die Genehmigungsbehörde mit der anderen Stelle das Einvernehmen herstellen muss.256 Vorzugswürdig ist daher die dop___________ 255

Zur rechtlichen Unbedenklichkeit einer solchen Regelung Siegel (Fußn. 1), S. 177. 256 Ziekow (Fußn. 17), § 71d Rdnr. 4.

2. Ausgestaltung von Fiktionsregelungen

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pelstufige Genehmigungsfiktion der Variante 1257, sofern der Landesgesetzgeber über die Kompetenz der Fingierung des Einvernehmens verfügt. Hingegen dürfte es mit dem Zweck einer Öffentlichkeitsbeteiligung – und den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben – kaum vereinbar sein, eine nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung zu fingieren. Da eine Öffentlichkeitsbeteiligung u. a. dazu dient, das Entscheidungsmaterial der Behörde um von ihr nicht erkannte Gesichtspunkte zu erweitern (zu den verschiedenen Formen und Zwecken von Öffentlichkeitsbeteiligungen III.2.b.dd.Ȗ), fehlt es insoweit an einem fassbaren Substrat, das fingiert werden könnte. Befürchtungen, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung könne eine Verzögerung der Genehmigungsverfahren ausgehen, kann daher nur durch eine materielle Präklusion nicht innerhalb einer bestimmten Frist vorgebrachter Gesichtspunkte Rechnung getragen werden. Die Regelung der Genehmigungsfiktion kann an eine solche Regelungsstruktur entweder dadurch anknüpfen, dass die Entscheidungsfrist der Genehmigungsbehörde erst zu laufen beginnt, wenn die Frist für die Öffentlichkeitsbeteiligung abgelaufen und die materielle Präklusion eingetreten ist, oder durch eine Inklusion der Beteiligungsfrist in die Entscheidungsfrist, die dann eine entsprechende Länge aufweisen muss. Im Vergleich zur ersten Alternative, bei der der Antragsteller mehrere Fristen zusammenrechnen müsste, ermöglicht ihm die zweite Form eine klare und transparente Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem eine Entscheidung – und sei es eine fingierte – über seinen Genehmigungsantrag vorliegt. h) Erteilung eines Fiktionszeugnisses an Antragsteller und Drittbetroffene Die mit der Einführung von Genehmigungsfiktionen auch bezweckte Verbesserung der Planungssicherheit für Unternehmen (V.6.) verlangt, dass für das Unternehmen Klarheit darüber herrscht, ob und wenn ja wann die Fiktionswirkung eingetreten ist. Der Antragsteller muss daher einen Anspruch auf die Erteilung eines diese Angaben enthaltenden Fiktionszeugnisses haben. Unabhängig von der oben erwogenen Verpflichtung der Behörde, Drittbetroffenen eine Mitteilung über den Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigungsfiktion samt Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen, dürfte ein Anspruch von Drittbetroffenen auf eine dem Fiktionszeugnis entsprechende Mitteilung bereits aus Art. 19 Abs. 4 GG folgen.

___________ 257

Ablehnend hingegen Siegfried Broß, Beschleunigung von Planungsverfahren, DVBl. 1991, S. 177 (184 f.).

VI. Vorgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten

106

i) Haftungsregelung Gefordert wird zuweilen auch eine Regelung der Haftung für den Fall des Eintritts der Genehmigungsfiktion für Schäden, die bei materieller Prüfung durch die Genehmigungsbehörde hätten verhindert werden können. Dies dürfte allerdings nicht zwingend sein, reichen doch die vorhandenen staatshaftungsrechtlichen Regelungen insoweit aus.258

___________ 258

Vgl. Gnatzy (Fußn. 226), S. 385 f.

VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen in das rheinland-pfälzische Genehmigungsrecht Zur Beantwortung der Frage, welche für den wirtschaftlichen Sektor relevanten Genehmigungsregelungen des rheinland-pfälzischen Landesrechts für die Einführung von Genehmigungsfiktionen in Betracht gezogen werden können, ist der Bestand einschlägiger Regelungen zu ermitteln und auf das Potential zur Implementation von Genehmigungsfiktionen zu überprüfen (VII.1.) Anschließend sollen die in Betracht kommenden Regelungsstandorte gegenübergestellt werden (VII.2.) 1. Bestand und Fiktionseignung landesrechtlicher Genehmigungsregelungen

landesrechtlicher Genehmigungsregelungen

Eine Analyse des rheinland-pfälzischen Landesrechts hat ergeben, dass der Kreis wirtschaftsrelevanter Genehmigungsregelungen überschaubar ist. Der Grund hierfür dürfte in der überwiegend bundesrechtlichen Normierung der relevanten Problembereiche liegen. Ermittelt werden konnten folgende Regelungen: x Konzessionspflichtig ist nach § 1 f. SpielbkG RP259 der Betrieb einer öffentlichen Spielbank. Dadurch, dass die Konzession nur befristet und widerruflich erteilt wird (§ 2 Abs. 1 SpielbkG RP), würde sie den oben (VI.2.e) skizzierten Anforderungen an die Nachsteuerbarkeit durch die Behörde nach Eintritt einer Genehmigungsfiktion in besonderem Maße genügen. Doch wird die Konzession auf der Grundlage einer Ausschreibung (§ 2 Abs. 4 SpielbkG RP) und durch Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern (§ 2 Abs. 5 SpielbkG RP) erteilt. Sie ist daher dem Typus der Verteilungsgenehmigung zuzuordnen, der für die Einführung von Genehmigungsfiktionen ungeeignet ist (III.1.d). x Im Ergebnis jedenfalls im Wesentlichen nichts anderes gilt für die für den Abbau, den Versand und die Verarbeitung von Bims nach § 1 BimsAbbauG RP260 erforderliche Genehmigung. Die Erteilung der Genehmigung für den Abbau und die Verarbeitung von Bims setzt ausweislich der § 2 Abs. 1 lit. d ___________ 259

Spielbankgesetz v. 19. 11. 1985, GVBl. 1985, S. 260. Landesgesetz über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen v. 13. 4. 1949, GVBl. 1949, S. 143. 260

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VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen

und § 8 Abs. 1 lit. a) BimsAbbauDVO RP261 den Nachweis der zur Leitung des Betriebs bzw. eines Verarbeitungsbetriebs erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen voraus. Wegen der insoweit durchzuführenden Qualifikationsprüfung ist die Einführung einer Genehmigungsfiktion nicht zielführend (vgl. VI.1.). Anders zu beurteilen ist lediglich die Versandgenehmigung. Die in § 11 BimsAbbauDVO RP vorgesehene Auflage, dass der Bims aus genehmigten Abbaubetrieben bezogen ist, kann von der Genehmigungsfiktion umschlossen werden. x Wasserrechtlich sind präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt neben der bereits erwähnten wesentlichen Änderung von Aufbereitungsanlagen und Hochbehältern (IV.2.b) in erster Linie für drei Fälle vorgesehen: 1. den Bau und Betrieb sowie die wesentliche Änderung von Abwasseranlagen, die für einen Abwasseranfall von mehr als 8 m³ täglich bemessen sind (§ 54 LWG RP262), 2. die Indirekteinleitung, d. h. das Einleiten von Abwasser in öffentliche Abwasseranlagen, (§ 55 LWG RP) sowie 3. die Errichtung oder wesentliche Veränderung von Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern (§ 76 LWG RP). Betrachtet man das bei der Genehmigungserteilung für Abwasseranlagen abzuarbeitende Prüfungsprogramm, so dürfte sich die Einführung einer Genehmigungsfiktion kaum empfehlen. Einzubeziehen sind u. a. die technische Einrichtung, die vom Betrieb und der Nutzung der Abwasseranlage ausgehenden Gefahren, die Fähigkeiten und die persönliche Zuverlässigkeit des Anlagenbetreibers sowie die vorhandenen Entsorgungsmöglichkeiten für ggf. entstehende Rückstände.263 Die Komplexität der danach anzustellenden Gesamtbewertung, ob Bau, Betrieb oder wesentliche Änderung der Anlage dem Wohl der Allgemeinheit zuwiderläuft (§ 54 Abs. 2 LWG RP), macht eine ausdrückliche Entscheidung der Behörde erforderlich. Für die Erteilung einer Indirekteinleitergenehmigung sieht § 55 Abs. 4 LWG ausdrücklich vor, dass durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen bestimmt werden können, unter denen die Genehmigung als erteilt gilt. Soll die Genehmigungspflicht sicherstellen, dass nach dem Stand der Technik vermeidbare nachteilige Wirkungen für die Gewässer entstehen,264 so tragen nach Genehmi___________ 261 Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen v. 21. 7. 1952, GVBl. 1952, S. 117. 262 Wassergesetz für das Land Rheinland-Pfalz i. d. F. der Bekanntmachung v. 22. 1. 2004, GVBl. 2004, S. 54. 263 Manfred Czychowski/Michael Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 8. Aufl. München 2003, § 18b Rdnr. 18. 264 Czychowski/Reinhardt (Fußn. 263), § 7a Rdnr. 38.

1. Bestand und Fiktionseignung landesrechtlicher Genehmigungsregelungen

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gungserteilung erkannten Gefahrenlagen die Widerruflichkeit der Genehmigung und die Möglichkeit zu deren Befristung (§ 55 Abs. 2 LWG) Rechnung. Bei Einführung einer Genehmigungsfiktion sollte die Möglichkeit einer Befristung auch nach Eintritt der Fiktionswirkung und die Zulässigkeit nachträglicher Auflagen zur Sicherstellung des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen vorgesehen werden. Zu beachten ist, dass eine Genehmigungsfiktion bei solchen Indirekteinleitungen, die mit der Errichtung und dem Betrieb oder mit der wesentlichen Änderung einer Anlage, die nach Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV genehmigungsbedürftig ist (§ 119a LWG RP), verbunden sind, nicht in Betracht kommt. Denn eine fingierte Genehmigung kann die in § 119c LWG RP vorgegebenen Mindestinhalte der Genehmigung, z. B. der Methode und Häufigkeit der Überwachung einschließlich Messungen und Bewertungsverfahren, nicht enthalten. Die Genehmigung von Anlagen in und an oberirdischen Gewässern ist beispielsweise in Niedersachsen durch § 3 Nr. 8 Nds. ModKG265 einer Genehmigungsfiktion zugänglich gemacht worden. Wie die Genehmigung für Abwasseranlagen (s. o.) darf auch diese Anlagengenehmigung nur erteilt werden, wenn u. a. keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu befürchten ist (§ 76 Abs. 2 LWG RP). Dies legt eine zurückhaltende Beurteilung der Eignung dieser Genehmigungspflicht für die Einführung einer Genehmigungsfiktion nahe. Allerdings ist das Prüfprogramm gegenüber dem bei der Abwasseranlagengenehmigung abzuarbeitenden deutlich geringer, so dass die Anlagengenehmigung nach § 76 LWG RP grundsätzlich als fiktionsgeeignet angesehen werden kann. § 76 Abs. 3 LWG RP relativiert explizit die Bedeutung der präventiven Prüfung, indem die Erteilung einer Genehmigung selbst dann zu erfolgen hat, wenn sich zur Zeit der Entscheidung nicht mit genügender Sicherheit feststellen lässt, ob und inwieweit nachteilige Wirkungen eintreten werden. Es spricht daher nichts dagegen, eine Genehmigungsfiktion für solche Verfahren einzuführen, die die Genehmigungserteilung für eine dem Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens dienende Anlage betreffen. Dabei sollte statuiert werden, dass die Möglichkeit des § 76 Abs. 3 LWG RP für fingierte Genehmigungen zur Regel wird, so dass diese entschädigungslos widerrufbar sind und mit nachträglichen Auflagen versehen werden können. x Im Naturschutzrecht ist in § 13 Abs. 1 S. 2 LNatSchG RP266 die Einholung einer Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde für solche Eingriffe in Natur und Landschaft vorgeschrieben, die nicht nach anderen Rechtsvorschriften einer behördlichen Zulassung oder einer Anzeige bedürfen. Hier ___________ 265 (Niedersächsisches) Gesetz zur Erprobung erweiterter Handlungsspielräume in Modellkommunen v. 8. 12. 2005, Nds. GVBl. 2005, S. 386. 266 Landesgesetz zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft v. 28. 9. 2005, GVBl. 2005, S. 387.

VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen

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enthält § 13 Abs. 2 LNatSchG bereits die wesentlichen Anknüpfungspunkte für die Hinzufügung einer Fiktionsregelung: Dem schriftlich zu stellenden Antrag sind die für die Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Dokumente beizufügen, über den Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags und der Dokumente zu entscheiden, wobei diese Frist durch die Behörde um höchstens drei Monate verlängert werden kann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Wie o. IV.2.b. dargestellt haben die Naturschutzgesetze mehrerer Bundesländer den Ablauf dieser Frist, ohne dass die Behörde über die Erteilung der Genehmigung entschieden hat, mit der Anordnung einer Genehmigungsfiktion sanktioniert. Es spricht nichts dagegen, im Anschluss daran auch in § 13 LNatSchG RP eine Genehmigungsfiktionsregelung einzufügen. Dabei ist sicherzustellen, dass die untere Naturschutzbehörde auch nach Eintritt der Genehmigungsfiktion die zur Durchführung der §§ 10-12, 14 LNatSchG RP erforderlichen Entscheidungen treffen kann. Darüber hinaus bestimmt § 16 LNatSchG RP, dass die Schutzgebietsverordnungen für Handlungen, die den Schutzzweck des betreffenden Gebiets beeinträchtigen können, eine Genehmigungspflicht vorsehen können. In aller Regel machen die Schutzgebietsverordnungen von dieser Möglichkeit Gebrauch.267 Im Anschluss an die hessische Regelung (IV.2.b) könnte hier in § 16 LNatSchG RP eine Genehmigungsfiktion angeordnet werden, wenn die Genehmigung nicht fristgerecht erteilt wird. Abgesehen davon, dass eine solche Fiktionsregelung auf beträchtliche politische Widerstände stoßen dürfte, läuft sie allerdings dem besonderen Schutzzweck der Genehmigungspflicht zuwider. Anders als bei der Zulassung von Eingriffen in Natur und Landschaft, wo die notwendigen Ausgleichs- und Ersatzregelungen etc. auch im Nachhinein getroffen werden können, können durch die Ausnutzung einer fingierten Genehmigung irreparable Beeinträchtigungen der Schutzgebiete entstehen. Daher wird von der Aufnahme einer solchen Genehmigungsfiktion abgeraten. x Für wirtschaftliche Unternehmen können schließlich noch Genehmigungen Relevanz entfalten, die nach straßenrechtlichen Vorschriften erforderlich sind. So bedürfen nach § 24 i. V. m. § 23 Abs. 5 LStrG RP268 Anlagen der Außenwerbung an Landes- und Kreisstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten der Genehmigung der Straßenbaubehörde, sofern sie nicht baugenehmigungs___________ 267 Vgl. nur § 4 der Landesverordnung über das „Landschaftsschutzgebiet Moselgebiet von Schweich bis Koblenz“ v. 17. 5. 1979, GVBl. 1979, S. 137; § 6 der Landesverordnung über den „Naturpark Soonwald – Nahe“ v. 28. 1. 2005, GVBl. 2005, S. 46. 268 Landesstraßengesetz i. d. F. v. 1. 8. 1977, GVBl. 1977, S. 273.

1. Bestand und Fiktionseignung landesrechtlicher Genehmigungsregelungen

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pflichtig sind. Insoweit ist kein Grund ersichtlich, die für nicht unter § 62 Abs. 1 Nr. 8 LBauO RP fallende Werbeanlagen im vereinfachten Genehmigungsverfahren (siehe § 66 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 LBauO RP) geltende Genehmigungsfiktion nach § 66 Abs. 4 S. 5 LBauO RP nicht auf das straßenrechtliche Genehmigungsverfahren zu erstrecken. Entsprechendes gilt für die in § 23 Abs. 5 LStrG RP angeordnete straßenrechtliche Genehmigungspflicht für keiner Baugenehmigung bedürfende bauliche Anlagen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten im Sinne von § 23 Abs. 1 und 3 LStrG RP. Ebenso wenig sind Gesichtspunkte erkennbar, die gegen die Einfügung einer Genehmigungsfiktion bei einem Antrag auf Genehmigung einer für ein wirtschaftliches Unternehmen benötigten Sondernutzung sprechen. Zwar handelt es sich bei der nach § 41 LStrG RP erforderlichen Sondernutzungserlaubnis um eine nach Ermessen der Straßenbaubehörde zu erteilende Genehmigung.269 Jedoch steht dieser Umstand der Einführung einer Genehmigungsfiktion nicht entgegen (VI.1.). Insbesondere können während des mit der Genehmigungsfiktion beendeten Erlaubnisverfahrens nicht angestellte Ermessenserwägungen der Straßenbaubehörde nachträglich zur Geltung gebracht werden, indem die fingierte Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich nur auf Zeit und auf Widerruf gilt (in Anknüpfung an § 41 Abs. 2 S. 1 LStrG RP) und unter den Vorbehalt der Festsetzung späterer Auflagen gestellt wird (in Anknüpfung an § 41 Abs. 2 S. 2 LStrG RP).270 Darüber hinaus gilt auch für die Ausübung einer durch eine fingierte Sondernutzungserlaubnis erlaubten Sondernutzung § 41 Abs. 4 LStrG RP. x Wie dargestellt (IV.2.b) enthält das rheinland-pfälzische Landesrecht für im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 66 LBauO RP zu beurteilende Vorhaben bereits eine Genehmigungsfiktion. Mit Blick auf das Ziel, Erleichterungen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen, ist allerdings zu beachten, dass der Kreis der von § 66 LBauO RP erfassten Vorhaben sehr begrenzt ist. Selbst unter Einbeziehung der nach § 62 LBauO RP vom Erfordernis einer Baugenehmigung gänzlich freigestellten Vorhaben werden wirtschaftsrelevante Vorhaben allenfalls am äußersten Rand erfasst. Hier gehen andere Bundesländer teilweise deutlich weiter und schließen die Genehmigungsfiktion nur ausnahmsweise und nur für Vorhaben mit einem besonders hohen Problempotential aus. Hinzuweisen ist hier nur auf das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach § 75 LBauO SH, in welchem eine Genehmigungsfiktion gilt (§ 75 Abs. 11 LBauO SH) und das die Errich___________ 269

Michael Sauthoff, Straße und Anlieger, München 2003, Rdnr. 648 ff. § 11 Abs. 2 des Berliner Straßengesetzes i. d. F. des Zweiten Gesetzes zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung v. 14. 12. 2005, GVBl. 2005 Nr. 43, kennt die Fiktion einer Sondernutzungserlaubnis, wobei die Erlaubnis als widerruflich erteilt gilt. 270

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VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen

tung, Änderung, Erweiterung und den Abbruch aller (nicht genehmigungsfreigestellten) baulichen Anlagen mit Ausnahme der Sonderbauten erfasst. Hierunter fallen also auch die wirtschaftlichen Unternehmen zuzuordnenden Vorhaben, sofern es sich nicht um Sonderbauten handelt. Wie § 58 LBauO SH zeigt, der als Sonderbauten aus dem wirtschaftsrelevanten Bereich etwa Hochhäuser, bauliche Anlagen mit mehr als 30 m Höhe, bauliche Anlagen und Räume mit mehr als 1 600 m² Grundfläche, ausgenommen Wohngebäude, sowie Verkaufsstätten, Messe- und Ausstellungsbauten mit mehr als 2 000 m² Geschossfläche nennt, können sich dabei beträchtliche Erleichterungen gerade für kleine und mittlere Unternehmen ergeben. 2. Regelungsstandort Folgt man den Überlegungen o. VII.1. und zieht die dort beschriebenen Möglichkeiten zur Einführung von Genehmigungsfiktionen in das rheinland-pfälzische Landesrecht in Betracht, so kommen grundsätzlich zwei Regelungsstandorte in Betracht: das jeweilige Fach(verfahrens)recht und das Landesverwaltungsverfahrensgesetz. Die unterschiedlichen Funktionen und wechselseitigen Ergänzungen von allgemeinem und bereichsspezifischem Verwaltungsverfahrensrecht sind an anderer Stelle eingehend beschrieben worden271, so dass im Folgenden nur die wesentlichen Grundsätze zusammengefasst werden sollen. Zunächst ist einem Missverständnis vorzubeugen: Bei der Alternative allgemeines oder bereichsspezifisches Verwaltungsverfahrensrecht geht es so gut wie nie um ein Entweder-Oder. Die Komplementarität der beiden Regelungsschichten ist gleichsam von vornherein in das VwVfG eingebaut worden, nämlich mit der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 1 VwVfG. Sie baut in kluger Selbstbeschränkung eine flexible Rückzugslinie für spezifische Regelungsbedürfnisse des Fachrechts auf. Dem allgemeinen Verfahrensrecht fällt von vornherein nur die Rolle zu, Modelle zu entwickeln, um den Fachressorts für die jeweiligen Fachverfahren Bausteine zur Verfügung zu stellen. Zu einer vollständigen Verdrängung des Fachverfahrensrechts kann und soll es nicht kommen, da die Eigenständigkeiten der betreffenden Sachmaterie bereichsspezifisch abgearbeitet werden müssen. Dem bereichsspezifischen Verwaltungsverfahrensrecht kommt dabei eine Brückenfunktion zwischen dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht und dem materiellen Verwaltungsrecht des jeweiligen Referenzfeldes zu, indem es das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht als Verwirklichungsmodus des ma___________ 271 Jan Ziekow, Allgemeines und bereichsspezifisches Verwaltungsverfahrensrecht, in: Geis/Umbach (Hrsg.), Planung – Steuerung – Kontrolle. Festschrift für Richard Bartlsperger zum 70. Geb., Berlin 2006, S. 247 ff.

2. Regelungsstandort

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teriellen Rechts operabel macht.272 Aus diesem Grund lässt sich für die Zuordnung eines Regelungsproblems zum allgemeinen oder bereichsspezifischen Verfahrensrecht vor allem nach der Nähe zum jeweiligen materiellen Recht unterscheiden: Alles das, was mehr als einen Spezialbereich berührende Verfahrensfragen betrifft, gehört in das allgemeine Verfahrensrecht, und all das, was an Sonderfragen des materiellen Rechts gekoppelt ist, in das bereichsspezifische Verfahrensrecht.273 Legt man diese Grundsätze zugrunde, so wird deutlich, dass bereichsspezifische Regelungen zur Genehmigungsfiktion unverzichtbar sein werden: Zum einen kommen nicht alle Genehmigungsverfahren für die Einführung einer Genehmigungsfiktion in Betracht (VI.1.). Zumindest die durch den Gesetzgeber getroffene Bewertung, dass in dem betreffenden Genehmigungsverfahren eine Genehmigungsfiktion zur Anwendung kommen soll, muss im jeweiligen Fachrecht Ausdruck finden. Zum anderen bedarf insbesondere die der Genehmigungsbehörde eingeräumte Entscheidungsfrist einer Differenzierung entsprechend dem Entscheidungsgegenstand und der Entscheidungssituation (VI.2.b). Insoweit sind also zumindest bereichsspezifische Anpassungsregelungen erforderlich. Wegen dieser ohnehin notwendigen Vornahme von Änderungen der Fachgesetze zur Einführung von Genehmigungsfiktionen wäre die ausschließliche Wahl dieser Regelungsebene von vornherein unproblematisch. Allerdings gilt es zweierlei zu bedenken: Erstens lassen sich – wie gezeigt – im rheinland-pfälzischen Landesrecht zwar durchaus nicht unbedeutende Einsatzfelder für Genehmigungsfiktionen zur Verbesserung der zeitlichen Berechenbarkeit von Genehmigungsverfahren im wirtschaftlichen Sektor definieren. Doch würde es sich dabei um Änderungen von Spezialgesetzen des besonderen Verwaltungsrechts handeln, denen keine Leitfunktion zukommt. Dies spricht dafür, die Grundentscheidung zumindest auch im LVwVfG RP zu verlautbaren. Funktional ist das Verwaltungsverfahrensgesetz wegen seiner die Sachbereiche überwölbenden Ausstrahlungswirkung als innovationsleitendes Medium unverzichtbar. Gerade wenn es um die Implementation von Innovationen geht, kann auf die indirekte Steuerungsleistung des bereichsübergreifenden Normzusammenhangs nicht verzichtet werden. Nur auf dieser Ebene können Paradigmenwechsel eines Leitbildes der Verwaltungstätigkeit die notwendige Bedeutung erlangen. Zweitens ist nochmals auf die in nächster Zukunft durch Bund und Länder umzusetzende Dienstleistungsrichtlinie (dazu II.2.) hinzuweisen. Sie erfasst jede ___________ 272

Vgl. Wahl (Fußn. 140), S. 86 f. Ebenso Monika Weinl, Einheitliche Vorhabengenehmigung in den Verwaltungsverfahrensgesetzen?, UPR 2001, S. 46 (48). 273

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VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen

Art. 50 EG unterfallende selbständige Tätigkeit, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird (Art. 4 Nr. 1 DLRL). Dadurch, dass die Dienstleistungsrichtlinie eben gerade nicht sektoral, sondern horizontal ansetzt und dadurch einen großen Teil des dienstleistungsbezogenen Genehmigungsrechts erfasst, dürfte es regelungstechnisch wenig sinnvoll sein, diesen horizontalen Ansatz durch eine Unzahl von bereichsspezifischen Einzelregelungen aufzulösen. Einfacher und dem in nationales Recht umzusetzenden Anliegen der Richtlinie angemessener ist es, deren genehmigungsverfahrensrechtliche Vorgaben des Art. 13 DLRL, u.a. zur Festlegung von Entscheidungsfristen und zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Fristablauf, als Grundsatz und generelle Regelung im Verwaltungsverfahrensgesetz zu verankern und in den Fachgesetzen nur die von der allgemeinen Regel abweichenden Besonderheiten zu regeln. Geeigneter Anknüpfungspunkt für die Implementation einer Regelung in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht wären auf bundesrechtlicher Ebene die §§ 71a ff. VwVfG, an die ein die Genehmigungsfiktion betreffender § 71f angefügt werden könnte. Dieser Weg ist auf landesrechtlicher Ebene in RheinlandPfalz versperrt, weil § 1 LVwVfG RP dynamisch auf das Bundes-Verwaltungsverfahrensgesetz verweist. In Betracht gezogen werden müsste daher die Einfügung z. B. eines § 3a in das Landes-Verwaltungsverfahrensgesetz. Für das Zusammenspiel einer solchen Bestimmung mit den notwendigen fachgesetzlichen Regelungen könnte folgendes Verteilungsschema herangezogen werden: § 3a LandesVerwaltungsverfahrensgesetz

Fachrecht

Anwendungsbereich: alle selbständigen Tätigkeiten, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden Anwendung des § 3a, wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet

Antragsprüfung: – Pflicht der Genehmigungsbehörde, die Fassung des Antrags und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen binnen zwei Wochen zu überprüfen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift anderes bestimmt ist – Pflicht zur Mitteilung innerhalb der vorgenannten Frist an den Antragsteller, welche Unterlagen fehlen bzw. dass der Antrag zu präzisieren ist

Sofern fiktionsgeeignet: Verweis auf § 3a LVwVfG; ggf. Erweiterung der Verweisung über den Anwendungsbereich des § 3a LVwVfG hinaus auf alle Genehmigungsanträge Ggf. längere Frist zur Prüfung der Antragsunterlagen bei besonders komplexen Vorhaben

2. Regelungsstandort

– Wenn eine solche Mitteilung nicht erfolgt ist: Eintritt der Vollständigkeitsfiktion (Antrag wird für das weitere Verfahren als vollständig behandelt) – Zulässigkeit einer Ergänzung seines Antrags durch den Antragsteller auch nach Eintritt der Vollständigkeitsfiktion Entscheidungsfrist: – Festlegung einer Frist von drei Monaten, innerhalb derer die Genehmigungsbehörde über den Genehmigungsantrag zu entscheiden hat, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Frist bestimmt wird – Lauf dieser Frist erst ab Vollständigkeit der Antragsunterlagen – Möglichkeit der Verlängerung der Frist um maximal drei Monate, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, wobei die Behörde unter Darlegung der Besonderheiten des Einzelfalls zu begründen hat, weshalb eine Entscheidung nur unter Inanspruchnahme der Fristverlängerung möglich ist Beteiligungen: – Pflicht zur Beteiligung von durch die Genehmigung in ihren Rechten betroffenen Dritten mit materieller Präklusion von nicht innerhalb von vier Wochen vorgebrachten Einwendungen, es sei denn, durch Rechtsvorschrift wäre anderes bestimmt – Festlegung einer Frist von einem Monat zur Durchführung einer durch Landesrecht vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung mit materieller Präklusion nicht fristgerecht erhobener Einwendungen, soweit nicht eine Rechtsvorschrift anderes bestimmt – Festlegung, dass über die Erteilung oder Verweigerung eines nach Landesrecht erforderlichen Einvernehmens einer anderen öffentlichen Stelle diese Stelle binnen eines Monats ab Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde zu entscheiden hat, soweit nichts anders bestimmt ist; Fingierung des nicht innerhalb dieser Frist verweigerten Einvernehmens Genehmigungsfiktion: – Genehmigung gilt als erteilt, wenn nicht der Antrag innerhalb der Entscheidungsfrist abgelehnt wird

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Ggf. Anpassung der Entscheidungsfrist an die Besonderheiten des Entscheidungsgegenstands und der Entscheidungssituation

Ggf. Anpassung der Verlängerungsmöglichkeit an die Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens

Ggf. Änderung der Einwendungsfrist oder Ausschluss der materiellen Präklusion

Ggf. Änderung der Einwendungsfrist oder Ausschluss der materiellen Präklusion

Ggf. Änderung der Beteiligungsfrist

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VII. Die Einfügung von Genehmigungsfiktionen

– Erlass nachträglicher Auflagen zur Sicherstellung der Beachtung gesetzlicher Vorschriften und zur Wahrung der Rechte Dritter zulässig – Keine Aufhebung der fingierten Genehmigung durch die Behörde, wenn dies durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist, wobei eine Aufhebung zulässig bleibt, wenn sie zum Schutz der Rechte Dritter oder zur Verhütung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl erforderlich ist

Ggf. Pflicht, bestimmte in die Genehmigung aufzunehmende Entscheidungsinhalte nach Fiktionseintritt mit der Wirkung einer Änderung des Inhalts der fingierten Genehmigung nachzuentscheiden Ggf. Anordnung des Aufhebungsausschlusses

Ggf. Sonderbestimmungen wie Zulässigkeit eines entschädigungslosen Widerrufs oder Aufnahme einer nachträglichen Befristung Fiktionszeugnis: – Anspruch des Antragstellers und Drittbetroffener auf Erteilung eines Fiktionszeugnisses mit Angabe des Zeitpunkts des Eintritts der Fiktionswirkung – Pflicht der Behörde, Drittbetroffenen das Fiktionszeugnis samt Rechtsbehelfsbelehrung schriftlich mitzuteilen

VIII. Zusammenfassung VIII. Zusammenfassung

1. Unter einer Genehmigungsfiktion ist eine gesetzliche Anordnung zu verstehen, nach der eine für eine bestimmte Tätigkeit oder ein bestimmtes Vorhaben erforderliche behördliche Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Genehmigungsbehörde die beantragte Genehmigung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erteilt oder versagt. Keine Genehmigungsfiktionen in diesem Sinne liegen in den Konstellationen vor, dass die gegenüber dem Bürger nach außen tätig werdende Genehmigungsbehörde für ihre Entscheidung des Einvernehmens einer anderen Behörde bedarf und die Erteilung dieses Einvernehmens unter bestimmten Voraussetzungen fingiert wird, dass der Bürger vor Aufnahme einer Tätigkeit gegenüber der Behörde eine Anzeige abgeben muss oder dass eine erforderliche Genehmigung für bestimmte Sachverhalte allgemein als erteilt gilt. 2. Im Regelfall werden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) durch jedwede Form staatlicher Regulierung stärker belastet als größere Unternehmen, machen doch die Transaktionskosten für die Implementierung des durch die Regulierung Geforderten einen höheren Anteil an den Kosten des Unternehmens aus als bei Großunternehmen. Darüber hinaus werden KMU spezifisch durch die Ausgestaltung, insbesondere die Dauer von Genehmigungsverfahren betroffen. Zum einen ist die „Durststrecke“ eines länger dauernden Genehmigungsverfahrens für ein Großunternehmen in der Regel leichter zu überstehen. Zum anderen kann eine Unsicherheit über den voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt dazu führen, dass auf der Genehmigungserteilung beruhende Investitionen und Unternehmensstrategien schwerer planbar sind. 3. Die Einführung von Genehmigungsfiktionen kann insofern einen Beitrag zur Minderung der genannten Belastungen für KMU leisten, als der Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen mit dem Vorliegen einer – und sei es einer fingierten – behördlichen Entscheidung rechnen kann, klar berechenbar ist. Der Beitrag von Genehmigungsfiktionen zu einer Verfahrensbeschleunigung ist hingegen auf folgende Punkte beschränkt: x Vermeidung von überlangen „Ausreißer-Verfahren“, x Ausrichtung der der Behörde eingeräumten Entscheidungsfrist an der unteren Grenze des typischerweise benötigten Zeitrahmens, x Nivellierung von zwischen verschiedenen Behörden divergierenden Verfahrensdauern.

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VIII. Zusammenfassung

Ob diese Vorteile realisiert werden können, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung und der praktischen Handhabung der Fiktionsregelung ab. 4. Ein Gebot zur Einführung von Genehmigungsfiktionen lässt sich dem Verfassungsrecht nicht entnehmen. Zwar folgt aus den Grundrechten des Antragstellers eine Pflicht des Gesetzgebers, für eine kürzestmögliche Dauer des Genehmigungsverfahrens Sorge zu tragen. Jedoch unterfällt es dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er zur Erfüllung dieser Pflicht auf das Instrument der Genehmigungsfiktion zurückgreift. Zu beachten ist aber, dass Art. 13 Abs. 4 der EG-Dienstleistungsrichtlinie die Einführung von Genehmigungsfiktionen für alle der Richtlinie unterfallenden Genehmigungsverfahren fordert, sofern nicht zwingende Gründe des Allgemeininteresses eine andere Regelung zu rechtfertigen vermögen. 5. Umgekehrt fordert Verfassungsrecht einen Ausschluss bestimmter Genehmigungsverfahren von der Einführung von Genehmigungsfiktionen. Die Einführung einer Genehmigungsfiktion ist unzulässig, wenn das genehmigungsdürftige Vorhaben bzw. die genehmigungspflichtige Tätigkeit ein hohes Risikopotential, insbesondere für Leib und Leben anderer, aber auch für objektive Verfassungsgüter birgt oder zahlreiche divergierende grundrechtlich geschützte Interessen zu ermitteln und durch die Entscheidung zu einem Ausgleich zu bringen sind. Hierdurch scheiden beispielsweise Planfeststellungsverfahren von vornherein aus dem Kreis in Betracht kommender Verfahren aus. Unterhalb der Ebene der Unzulässigkeit sind bestimmte Genehmigungsverfahren für die Einführung einer Genehmigungsfiktion ungeeignet. Dies betrifft beispielsweise die Verteilungsgenehmigung, bei der der Ausgleich der konkurrierenden Anträge mehrerer Antragsteller gerade durch das Verteilungsverfahren erfolgen muss. Gleiches gilt, soweit zu den Kriterien für die Erteilung der Genehmigung auch die Feststellung der fachlichen Qualifikation des Antragstellers gehört. Gleichwohl dürfte die Mehrzahl der Genehmigungsverfahren für die Anordnung einer Genehmigungsfiktion geeignet sein. Dies gilt selbst dann, wenn – unterhalb der erwähnten Ebene der Unzulässigkeit – wichtige Schutzgüter des Individual- oder Allgemeininteresses betroffen sein können oder die Erteilung der Genehmigung im Ermessen der Behörde steht. 6. Dem Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht lassen sich rechtliche Vorgaben entnehmen, die durch Überlegungen zur Optimierung der Erreichung der mit einer Genehmigungsfiktion verfolgten Ziele zu folgenden Leitlinien für die Ausgestaltung der eine Genehmigungsfiktion anordnenden Regelung ergänzt werden können: a) Fiktionsfähigkeit des Antrags: Der gestellte Genehmigungsantrag muss so gefasst sein, dass die Übernahme seines Inhalts in eine behördliche Geneh-

VIII. Zusammenfassung

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nehmigung den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 VwVfG genügen würde. Er muss also eindeutig und unmissverständlich, die Antragsunterlagen müssen vollständig sein. Die Entscheidungsfrist der Behörde kann erst zu laufen beginnen, wenn ein in diesem Sinne fiktionsfähiger Antrag vorliegt. Die Behörde muss ihrer Letztverantwortung für die Sachverhaltsermittlung gerecht werden und den Antrag zumindest auf seine Vollständigkeit prüfen. Zur Vermeidung von Verzögerungen hat diese Prüfung binnen bestimmter Frist zu erfolgen; fehlende Unterlagen sind innerhalb dieser Frist nachzufordern. Hat die Behörde nicht innerhalb der für die Vollständigkeitsprüfung vorgesehenen Frist gegenüber dem Antragsteller verbindlich erklärt, dass die Antragunterlagen vollständig sind, oder noch fehlende Antragsunterlagen nachgefordert, so tritt eine Vollständigkeitsfiktion ein, d. h. die Antragsunterlagen gelten für das weitere Verfahren als vollständig. Der Antragsteller muss auch nach Eintritt der Vollständigkeitsfiktion das Recht zur Ergänzung seines Antrags haben. b) Entscheidungsfrist: Die der Behörde eingeräumte Entscheidungsfrist muss es der Genehmigungsbehörde tatsächlich ermöglichen, das gesamte relevante Entscheidungsmaterial zu ermitteln und eine gründliche Prüfung durchzuführen. Die Länge der Entscheidungsfristen ist entsprechend dem Entscheidungsgegenstand und der Entscheidungssituation zu differenzieren. Der Behörde muss die Möglichkeit zur Fristverlängerung zur Bewältigung im Einzelfall auftretender Schwierigkeiten eingeräumt werden, wobei die Behörde stichhaltig zu begründen hat, inwieweit der zu entscheidende Sachverhalt vom Normalfall abweicht und weshalb eine Entscheidung wegen dieser Besonderheiten nur unter Inanspruchnahme der Fristverlängerung möglich ist. Die maximale Länge der Fristverlängerung sollte bereits im Gesetz selbst festgelegt werden. c) Beteiligung Drittbetroffener: (Potentiell) Drittbetroffenen muss ein Anstoß und eine – auch in zeitlicher Hinsicht – angemessene Möglichkeit zur Einbringung ihrer rechtlich geschützten Positionen in das Genehmigungsverfahren gegeben werden. Drittbetroffene, die diese Möglichkeit genutzt haben, dürfen durch die Genehmigungsfiktion keinen Rechtsverlust erleiden. Hingegen dürfen die Rechte säumiger Drittbetroffener einer materiellen Präklusion unterworfen werden. Das Beteiligungsverfahren sollte während des Laufs der Entscheidungsfrist durchgeführt und diese entsprechend bemessen werden. Die fingierte Genehmigung muss durch in ihren Rechten beeinträchtigte Dritte zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können. Die Genehmigungsfiktion darf keine inter omnes wirkende Rechtmäßigkeitsfiktion enthalten. Um den Inhaber einer fingierten Genehmigung nicht der, aus der Nichtauslösung des Laufs von Rechtsbehelfsfristen folgenden, Gefahr einer über längere Zeit drohenden Drittanfechtung auszusetzen, könnte die Be-

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VIII. Zusammenfassung

hörde verpflichtet werden, Drittbetroffenen eine Mitteilung über den Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigungsfiktion samt Rechtbehelfsbelehrung zuzustellen. d) Öffentlichkeitsbeteiligung: Soweit Verfassungsrecht die Beteiligung anderer öffentlicher Stellen oder Gemeinschaftsrecht die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung gebietet, dürfen diese Verfahrenseinbeziehungen nicht durch Genehmigungsfiktionen überspielt werden. Die Frage der Beteiligung anderer öffentlicher Stellen sollte im Wege einer doppelstufigen Fiktion geregelt werden: Über die Erteilung des Einvernehmens bzw. der Zustimmung muss die andere öffentliche Stelle binnen einer bestimmten Frist entscheiden; das Einvernehmen wird seinerseits fingiert, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist ab Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird. Das Problem der Öffentlichkeitsbeteiligung in fiktionsbewehrten Genehmigungsverfahren sollte hingegen in der Weise gelöst werden, dass Gesichtspunkte, die nicht innerhalb einer festzulegenden Beteiligungsfrist vorgebracht worden sind, materiell präkludiert werden. Auch dieses Beteiligungsverfahren sollte während des Laufs der Entscheidungsfrist für die Genehmigungsbehörde durchgeführt werden. e) Verhinderung von „Flucht in die Rücknahme“ und „Flucht in die Ablehnung“: Den Zwecken von Genehmigungsfiktionen würde es zuwiderlaufen, würden die Genehmigungsbehörden eine „Flucht in die Rücknahme“ antreten, indem sie nach Eintritt der Fiktionswirkung die fingierte Genehmigung mit der Begründung zurücknehmen, diese sei rechtswidrig. Diese Möglichkeit könnte der Behörde dadurch abgeschnitten werden, dass eine Rücknahme der fingierten Genehmigung gesetzlich ausgeschlossen wird, es sei denn, die Rücknahme ist zum Schutz der Rechte Dritter erforderlich. Allerdings bedarf das besondere Interesse des Antragstellers an einem möglichst zügigen Erhalt einer bestandssicheren Genehmigung einer eingehenden Begründung durch den Gesetzgeber. Kaum verhindern lässt sich eine „Flucht der Behörde in die Ablehnung“, d. h. die vorsorgliche Ablehnung des Genehmigungsantrags vor Eintritt der Genehmigungsfiktion. f) Nachsteuerungsinstrumente: Auch nach Eintritt der Fiktionswirkung muss die Behörde über Instrumente verfügen, um auf Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Positionen Dritter und gravierende Hintansetzungen von Gemeinwohlinteressen reagieren zu können. Dies kann dadurch geschehen, dass die gesetzliche Regelung über die Anordnung einer Genehmigungsfiktion generell den Vorbehalt des Erlasses nachträglicher Auflagen zulässt. Konstellationen, in denen durch den Eintritt der Fiktionswirkung Entscheidungsbestandteile, die sonst in die Genehmigung aufzunehmen sind, unberücksichtigt bleiben, kann dadurch Rechnung getragen werden,

VIII. Zusammenfassung

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dass die Behörde nachträglich diese Entscheidungen mit der Wirkung einer Änderung des Inhalts der fingierten Genehmigung treffen kann. Situationen, die auch durch diese Instrumente nicht beherrscht werden können, können durch Aufnahme einer an § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG ausgerichteten Regelung abgemildert werden. Danach könnte die Behörde die fingierte Genehmigung aufheben, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten. g) Fiktionszeugnis: Die mit der Einführung von Genehmigungsfiktionen auch bezweckte Verbesserung der Planungssicherheit für Unternehmen verlangt, dass für das Unternehmen Klarheit darüber herrscht, ob und wenn ja wann die Fiktionswirkung eingetreten ist. Der Antragsteller muss daher einen Anspruch auf die Erteilung eines diese Angaben enthaltenden Fiktionszeugnisses haben. Unabhängig von der oben erwogenen Verpflichtung der Behörde, Drittbetroffenen eine Mitteilung über den Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigungsfiktion samt Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen, dürfte ein Anspruch von Drittbetroffenen auf eine dem Fiktionszeugnis entsprechende Mitteilung bereits aus Art. 19 Abs. 4 GG folgen. 7. Für die Einfügung von Genehmigungsfiktionen in das rheinland-pfälzische Landesrecht zur Schaffung von Erleichterungen für den wirtschaftlichen Sektor kommen folgende, in der Praxis unterschiedlich bedeutsame Genehmigungsverfahren in Betracht: x Indirekteinleitergenehmigung nach § 55 LWG RP mit Ausnahme solcher Indirekteinleitungen, die mit einer Anlage nach Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlage verbunden sind. Vorgesehen werden sollten die Möglichkeit einer Befristung der fingierten Genehmigung auch nach Eintritt der Fiktionswirkung und die Zulässigkeit nachträglicher Auflagen. x Genehmigung für die Errichtung oder wesentliche Veränderung von Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern nach § 76 LWG RP. Die fingierte Genehmigung sollte entschädigungslos widerrufbar sein und mit nachträglichen Auflagen versehen werden können. x Genehmigung für Eingriffe in Natur und Landschaft, die nicht nach anderen Rechtvorschriften einer behördlichen Zulassung oder einer Anzeige bedürfen (§ 13 Abs. 1 S. 2 LNatSchG RP). Dabei muss die Naturschutzbehörde auch nach Eintritt der Genehmigungsfiktion die zur Durchführung der §§ 10-12, 14 LNatSchG erforderlichen Entscheidungen treffen können. x Genehmigung für nicht baugenehmigungspflichtige Anlagen der Außenwerbung an Landes- und Kreisstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten nach § 24 i. V. m. § 23 Abs. 5 LStrG RP.

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Literaturverzeichnis

x Genehmigung der für ein wirtschaftliches Unternehmen benötigten Sondernutzung von Straßen (§ 41 LStrG RP). Die fingierte Sondernutzungserlaubnis sollte grundsätzlich nur auf Zeit und auf Widerruf gelten und unter dem Vorbehalt der Festsetzung späterer Auflagen stehen. x Für den Versand von Bims nach § 1 BimsAbbauG RP erforderliche Genehmigung. x Zwar enthält die rheinland-pfälzische Bauordnung für im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 66 LBauO RP zu beurteilende Vorhaben bereits eine Genehmigungsfiktion. Jedoch berührt der Kreis der erfassten Vorhaben wirtschaftsrelevante Vorhaben allenfalls am Rand. Hier gehen andere Bundesländer teilweise deutlich weiter. Durch eine Orientierung an deren Regelungen könnten auch in Rheinland-Pfalz gerade für kleine und mittlere Unternehmen beträchtliche Erleichterungen geschaffen werden. 8. Hinsichtlich des Regelungsstandorts der Einfügung weiterer Genehmigungsfiktionen in das rheinland-pfälzische Landesrecht ist zu beachten, dass in jedem Fall Regelungen im jeweiligen Fachrecht erforderlich sein werden. Die ausschließliche Wahl dieser Regelungsebene wäre unproblematisch möglich. Es sollte allerdings zum einen bedacht werden, dass dann, wenn das Instrument der Genehmigungsfiktion als innovatorisches Signal zugunsten einer Stärkung des Wirtschaftsstandorts verstanden werden soll, die Regelungsebene des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts mit einbezogen werden sollte. Zum anderen wird es wenig sinnvoll sein, auf die großen Herausforderungen der gerade nicht sektoral, sondern horizontal ansetzenden EGDienstleistungsrichtlinie, die u. a. grundsätzlich die Einführung von Genehmigungsfiktionen fordert, mit einer kleinteiligen Auflösung des horizontalen Ansatzes in eine große Zahl bereichsspezifischer Einzelregelungen zu antworten. Für das Zusammenspiel einer in das Landesverwaltungsverfahrensgesetz einzufügenden Bestimmung mit den notwendigen fachgesetzlichen Ergänzungen kann das oben VII.2. entwickelte Verteilungsschema herangezogen werden. Literaturverzeichnis

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