Mein Weg in die Selbstständigkeit – Steuern und Recht: Ein praktischer Leitfaden für Gründer und Unternehmer [4 ed.] 9783896446695, 9783896736697

Der Autor befasst sich mit häufig vorkommenden Fragestellungen und Rechtsproblemen in der unternehmerischen Praxis. Dabe

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Mein Weg in die Selbstständigkeit – Steuern und Recht: Ein praktischer Leitfaden für Gründer und Unternehmer [4 ed.]
 9783896446695, 9783896736697

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WISSEN KOMPAKT

Michael Salamon

Mein Weg in die Selbstständigkeit – Steuern und Recht Ein praktischer Leitfaden für Gründer und Unternehmer inklusive Widerrufsbelehrung ab 13. Juni 2014 Deckelung Anwaltsgebühren bei UrhG Abmahnungen Streitwertbegünstigung bei UWG Abmahnungen Kosten GmbH Gründung

4., überarb. u. erw. Aufl.

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Hinweis: Das vorliegende Buch ersetzt keine persönliche Rechts- und/oder Steuerberatung. Eine Haftung ist aufgrund eines fehlenden Beratungsvertrages ausgeschlossen. Wegen der Aktualität und der kompakten Darstellung sind nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen und Folgen genannt. Sachdienliche Verbesserungsvorschläge werden gerne berücksichtigt.

ISBN 978-3-89673-669-7

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2014 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 930093 Fax +49 7045 930094 [email protected] www.verlagwp.de

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindung: Esser printSolutions GmbH, Bretten

5

Inhaltsübersicht I.

Wahl der Unternehmensform

II.

Steuern des Unternehmers im Überblick

III. Steuern des Unternehmers im Detail IV. Steuerliche Sonderprobleme V. Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich VI. Wettbewerbsrechtliche Vorgaben VII. Der Vertragsschluss im Internet VIII. Fernabsatz/ebay & Co. IX. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung X.

UWG

XI. Urheberrecht XII. Wie vermeide ich Fehler? Anlagen: 1. Formular Gewerbeanmeldung 2. Fragebogen zur steuerlichen Erfassung 3. Formular EÜR 4. Formular Lohnsteueranmeldung 5. Verbraucherrechterichtlinie (VRRi) Literaturverzeichnis Wichtige Internetbegriffe Stichwortverzeichnis

6

Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht ............................................................................................................. 5  Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................... 6   Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... 12   I.  Wahl der Unternehmensform ............................................................................... 15  A.  Zivilrechtlicher Überblick Unternehmensformen ............................................ 15  B.  Details zu den Rechtsformen .......................................................................... 16  1.  Das Einzelunternehmen............................................................................ 16  2.  Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft) ................ 17  3.  Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) ....................................................... 18   4.  Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB).................................................... 20  5.  Die offene Handelsgesellschaft (oHG) ...................................................... 25   6.  Kommanditgesellschaft (KG) ..................................................................... 28  7.  Die GmbH ............................................................................................... 29   8.  Ein-Personen-GmbH ................................................................................. 31   9.  Die GmbH & Co. KG ............................................................................... 33   10.  Die UG (haftungsbeschränkt) .................................................................... 34  11.  Limited ..................................................................................................... 40   12.  Die Aktiengesellschaft .............................................................................. 41   13.  Die Kleine AG .......................................................................................... 41   14.  Die Genossenschaft .................................................................................. 42   15.  REIT – Aktiengesellschaft (Real Estate Investment Trust) ............................ 43  16.  WKG-Gesellschaften (Wagniskapitalgesellschaften) .................................. 43  C.  Firma/Geschäftsbezeichnung .......................................................................... 43   D.  Bezeichnung der Firma bei Einzelkaufleuten, einer oHG oder KG .................. 45  E.  Nichtkaufmann ............................................................................................... 45   F.  Relevanz der Kaufmannseigenschaft ............................................................... 46  G.  Prozessuale Relevanz einer Firmen- und/oder Geschäftsbezeichnung ............. 46  H. Geschäftsbriefe ............................................................................................... 47   I. 

Anmeldung eines Unternehmens und Bedeutung für das Finanzamt ............... 48  1.  Gewerbe ./. Freier Beruf (Abgrenzung) ..................................................... 49  2.  Anzeigepflichtige Personen ...................................................................... 50   3.  Gewerbeschein ........................................................................................ 51 

J. 

Gründungzuschuss für Selbstständige §§ 93,94 SGB III ................................... 53 

II.  Steuern des Unternehmers im Überblick .............................................................. 55  III.  Steuern des Unternehmers im Detail .................................................................... 57  A.  Umsatzsteuer .................................................................................................. 57   1.  Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer? ................................ 57  2.  Die Vorsteuer ........................................................................................... 57  

Inhaltsverzeichnis

7

3.  Unternehmer im Sinne des UStG.............................................................. 57  4.  Kann ein Unternehmer mehrere Unternehmen haben im Sinne des UStG? .................................................................................. 58  5. Lieferungen .............................................................................................. 58   6.  Sonstige Leistungen .................................................................................. 58   7.  Der Steuersatz .......................................................................................... 59  8.  Entstehung der Umsatzsteuer .................................................................... 60  B.  Einkommensteuer des Unternehmers/Selbstständigen ..................................... 60  C.  Körperschaftsteuer .......................................................................................... 61   1.  Gesellschaftsebene ................................................................................... 61   2.  Anteilseigner-Ebene .................................................................................. 61  D.  Gewerbesteuer................................................................................................ 62   1.  Die Ermittlung der Gewerbesteuer/Allgemeines ....................................... 62  2.  GewSt-Vorauszahlungen .......................................................................... 63   3.  Steuerermäßigung gem. § 35 EStG ............................................................ 63  4.  Beispiel zur Gewerbesteuer incl. Steuerermäßigung gem. § 35 EStG ........ 63  E.  Kirchensteuer .................................................................................................. 65   F.  Lohnsteuer (§§ 38ff. EStG) ............................................................................... 65  1.  Verfahren zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ..................................................................... 65  2.  Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte (Minijobs) ........................................................... 69   3.  Kirchensteuer ........................................................................................... 79   4.  Erklärungs- und Zahlungsfristen der Lohnsteuer § 41a EStG ...................... 79  5. Lohnsteuerkarte ........................................................................................ 80   IV.  Steuerliche Sonderprobleme ................................................................................. 81  A.  Steuerlicher Vergleich Einzelunternehmen ./. Ein-Personen-GmbH ................. 81  B.  Das Firmenfahrzeug: Betriebliche und private Nutzung/1%-Regelung ............ 84  1. Allgemeines.............................................................................................. 84   2. Aktuelles Beispiel zur 1%-Regelung ......................................................... 85  3. Zusammenfassung .................................................................................... 88   C.  Die entgeltliche Weitergabe von Tankbelegen ................................................ 89  D.  Absetzung für Abnutzung (AfA) ....................................................................... 89   1.  Einführung ................................................................................................ 89   2.  Hinweis für Nicht-Unternehmer ............................................................... 92  3.  Beispiele zur Abschreibung ...................................................................... 92  4.  Vor- und Nachteile der 410 €-Abschreibung oder Poolabschreibung ........ 94  5.  Zusammenfassung zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) ........................................................................... 94  6.  Die degressive AfA ................................................................................... 95  E.  Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe ......................................................................... 95  F.  Bezahlung der Steuerschuld per Scheck .......................................................... 98  G.  Buchführung ................................................................................................... 99  

8

Inhaltsverzeichnis

H.  Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ............................................... 100  I. 

Kassenführung .............................................................................................. 101  

J. 

Verbindliche Auskunft Finanzamt ................................................................. 102 

K.  Elektronische Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinnund Verlustrechnungen ................................................................................. 104  V.  Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich ....................... 105  A.  Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (G + V, Bilanz) ......... 105  B.  Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Absatz 3 EStG (EÜR) ..................... 106  C.  Detailliert zur EÜR ........................................................................................ 106   D.  Zusammenfassende Übersicht zum Unterschied EÜR/Betriebsvermögensvergleich .................................................................. 109  VI.  Wettbewerbsrechtliche Vorgaben ...................................................................... 111  A.  Allgemeines zur Rechtsentwicklung .............................................................. 111   B.  Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen ........................................................ 114  C.  Formvorschriftenanpassungsgesetz ................................................................ 115  1.  Schriftform .............................................................................................. 116   2.  Öffentliche Beglaubigung ....................................................................... 117  3.  Notarielle Beurkundung ......................................................................... 117   4.  Elektronische Form gem. § 126a BGB..................................................... 117  5.  Hinweis zur qualifizierten elektronischen Signatur ................................. 117  6.  Vergleich der eigenhändigen Unterschrift mit der qualifizierten elektronischen Signatur ..................................................... 120  7.  Textform gem. § 126b BGB .................................................................... 121  VII. Der Vertragsschluss im Internet.......................................................................... 123  A.  Allgemeines .................................................................................................. 123   1.  Webshop ................................................................................................ 123   2.  Besonderheiten bei ebay-Verkäufen ....................................................... 124  VIII.  Fernabsatz/ebay & Co. ...................................................................................... 127   A.  Definition Fernabsatzverträge ...................................................................... 127  B.  Definition Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr ............................... 127  1.  Beispiel für einen Vertragsabschluss im elektronischen Geschäftsverkehr ............................................................ 128  2.  Beispiel für den Abschluss eines Fernabsatzvertrages ............................. 128  C.  Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen ab 13.06.2014 ...................... 129  D.  Widerrufsfrist und Wertersatz bei Fernabsatzverträgen/ ebay ........................ 135  1. Allgemeines............................................................................................ 135   2. Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen ............................................... 136  3.  Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen ......................................................... 136 

Inhaltsverzeichnis

9

4.  Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen ................................................... 138  5.  Weitere Ansprüche, abweichende Vereinbarungen und Beweislast ........ 140  6.  Muster für die Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen ............................................ 141  7.  Muster für das Widerrufsformular auf der Webseite ................................ 144  8.  Beispiel einer Widerrufsbelehrung bei Abschluss eines Fernabsatzvertrages über Lieferung einer Ware....................................... 145  IX.  Wettbewerbsrechtliche Abmahnung .................................................................. 147  A.  Allgemeines .................................................................................................. 147   B.  Inhalt einer Abmahnung nach UWG ............................................................. 149  C.  Muster einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ....................................... 150  1.  Abmahnberechtigte ................................................................................ 152   2. Reaktion auf Abmahnung ....................................................................... 152  3.  Prozessuale Besonderheiten ................................................................... 152  4.  Kurze Verjährung gem. § 11 UWG ......................................................... 154  D.  Muster einer Abschlusserklärung................................................................... 155  E.  Schutzschrift ................................................................................................. 155   1.  Allgemeines............................................................................................ 155   2.  Muster einer Schutzschrift ...................................................................... 156   X.  UWG .................................................................................................................. 157   A.  Allgemeines .................................................................................................. 157   B.  Zweck des UWG .......................................................................................... 158   C.  Definitionen .................................................................................................. 158   D.  Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen (Generalklausel) ..................... 159  E.  „Schwarze Liste“ ........................................................................................... 160   F.  Unlauterkeitskatalog ..................................................................................... 164   G.  Irreführende geschäftliche Handlungen ......................................................... 166  H.  Irreführen durch Unterlassen......................................................................... 167  I. 

Vergleichende Werbung ............................................................................... 168 

J. 

Unzumutbare Belästigungen ......................................................................... 168 

K.  Beseitigung und Unterlassung ....................................................................... 169   L.  Zuständigkeit der Landgerichte ..................................................................... 170  M.  Verjährung .................................................................................................... 170   N.  Zusammenfassung zum UWG ...................................................................... 170  XI.  Urheberrecht ...................................................................................................... 173   A.  Urheberrecht/Einräumung von Nutzungsrechten .......................................... 173  B.  Verträge über unbekannte Nutzungsarten ..................................................... 174 

10

Inhaltsverzeichnis

C.  Übersicht Urheberrecht ................................................................................ 174  1.  Welche Werke sind geschützt? ............................................................... 174  2.  Wer ist Urheber? .................................................................................... 175  3.  Welche Rechte gewährt das Urheberrecht? ............................................ 175  D.  Angemessene Vergütung ............................................................................... 175  E.  Bestseller-Paragraph ...................................................................................... 176   F.  Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung .................... 177  G.  Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven ............................................................. 177  H.  Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch ............... 178  I. 

Kopienversand auf Bestellung ....................................................................... 180  

J. 

Vergütungspflicht .......................................................................................... 181 

K.  Vergütungshöhe ............................................................................................ 182   L.  Vergütungspflicht des Händlers oder Importeurs ........................................... 182  M.  Vergütungspflicht des Betreibers von Ablichtungsgeräten ............................. 182  N.  Zusammenfassung zur Pauschalvergütung als gerechter Ausgleich für die Privatkopie ......................................................................................... 183   O.  Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz ............................................ 184  P.  Abmahnung (Deckelung RA-Gebühr) ............................................................ 184  1.  Formale Anforderungen einer Abmahnung nach dem UrhG ................... 184  2.  Kostendeckelung .................................................................................... 185   3.  Gegenanspruch des Abgemahnten ......................................................... 186  Q.  Anspruch auf Vernichtung, Rückruf und Überlassung ................................... 186  R.  Haftung des Inhabers eines Unternehmens ................................................... 187  S.  Entschädigung ............................................................................................... 187   T.  Anspruch auf Auskunft .................................................................................. 187   U.  Anspruch auf Vorlage und Besichtigung ........................................................ 189  V.  Sicherung von Schadensersatzansprüchen .................................................... 190  W. Gerichtsstand ................................................................................................ 190   X. Bekanntmachung des Urteils ......................................................................... 191  Y.  Fragen aus der Praxis .................................................................................... 191  1.  Themenkomplex Kopien ........................................................................ 191  2.  Themenkomplex MP3, Filesharing und Internet...................................... 195  3.  Themenkomplex Vergütung ................................................................... 197  XII. Wie vermeide ich Fehler? ................................................................................... 199   A.  Impressum .................................................................................................... 199   B.  Anbieterkennzeichnung ................................................................................ 200  1.  Allgemeines............................................................................................ 200   2.  §§ 5 und 6 Telemediengesetz (TMG) ...................................................... 200  3.  Historische Ausführungen zur Entwicklung des Telemediengesetzes ...... 203  4.  Anbieterkennzeichnung beim Internethandel ......................................... 205 

Inhaltsverzeichnis

11

C.  Handelsrechtliche Pflichtangaben ................................................................. 210  D.  Pflichtangaben in Rechnungen ...................................................................... 212   1.  Allgemeines............................................................................................ 212   2.  Rechnungen über einen Gesamtbetrag von mehr als 150,00 € ............... 213  3.  Muster einer Rechnung gem. § 14 Absatz 4 UStG .................................. 213  4.  Kleinbetragsrechnungen (Gesamtbetrag bis zu 150,00 €) ....................... 214  5.  Elektronische Rechnungen...................................................................... 215  E.  Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung (PAngV) ................ 215  F.  Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ..................................................... 216  G.  Domain, Anmeldung einer Internetadresse www.denic.de ........................... 218  H.  Markenrecht www.dpma.de ......................................................................... 219   1.  Entstehung des Markenschutzes.............................................................. 220  2.  Markenrechte ......................................................................................... 221  I.

Reaktion auf Abmahnungen .......................................................................... 221 

J. 

Verpackungsverordnung ............................................................................... 222  1.  Historisches ............................................................................................ 222   2.  Abfallwirtschaftliche Ziele der neuen Verpackungsverordnung............... 223  3.  Anwendungsbereich der neuen Verpackungsverordnung ....................... 223  4.  Begriffe im Sinne der neuen Verpackungsverordnung............................. 223  5.  Was müssen Internet- und Versandhändler beachten? ............................ 226  6.  Zusammenfassung für Internet- und Versandhändler............................... 227  7.  Welche dualen Entsorgungssysteme gibt es? ........................................... 228 

K.  Die 6 häufigsten (steuerrechtlichen) Fehler von Existenzgründern ................. 229  1. Falsche Rechtsform ................................................................................. 229   2. Zu niedrige Steuervorauszahlungen ........................................................ 229  3. Fehlende Verträge .................................................................................. 229   4. Falsches Timing bei der Umsatzsteuer .................................................... 230  5. Fehler bei der Umsatzsteuer ................................................................... 230  6. Mängel in der Buchführung .................................................................... 230   L.  Straftaten/Ordnungswidrigkeiten als Unternehmer ........................................ 230  Anlagen ..................................................................................................................... 233  Literaturverzeichnis .................................................................................................. 283   Wichtige Internetbegriffe .......................................................................................... 288  Stichwortverzeichnis ................................................................................................. 295  

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Abkürzungsverzeichnis Abs. AfA

Absatz Absetzung für Abnutzung

AG

Aktiengesellschaft

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AK

Anschaffungskosten

AO

Abgabenordnung

AV

Arbeitslosenversicherung

Az.

Aktenzeichen

BA

Betriebsausgaben

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGB-InfoV

Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht

BGH

Bundesgerichtshof

ca.

circa

DATEV

Datenverarbeitung und Dienstleistung für den steuerberatenden Beruf eG

DENIC

Deutsches Network Information Center

DFÜ

Datenfernübertragung

d.h.

das heißt

dpma

Deutsches Patent- und Markenamt

BV

Betriebsvermögen

ELStAM

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

E/R

Einschreiben/Rückschein

ESt

Einkommensteuer

EStG

Einkommensteuergesetz

etc.

et cetera (und das übrige/und so weiter)

EÜR

Einnahmen-Überschussrechnung

FA

Finanzamt

ff.

fortfolgende

FMS

Formular-Management-System

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GewO

Gewerbeordnung

GewSt

Gewerbesteuer

Abkürzungsverzeichnis

GewStG

Gewerbesteuergesetz

ggf.

gegebenenfalls

GKV

Gesetzliche Krankenversicherung

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

G+V

Gewinn- und Verlustrechnung

GWG

geringwertige Wirtschaftsgüter

HGB

Handelsgesetzbuch

HK

Herstellungskosten

incl.

inklusiv

i. S. d.

im Sinne des

i.V. m.

in Verbindung mit

KG

Kommanditgesellschaft

KirSt

Kirchensteuer

KSt

Körperschaftsteuer

KStG

Körperschaftsteuergesetz

KV

Krankenversicherung

LSt

Lohnsteuer

MarkenG

Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen

MDStV

Staatsvertrag über Mediendienste

oHG

offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

PAngV

Preisangabenverordnung

13

PartG

Partnerschaftsgesellschaft

PartGG

Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe

PV

Pflegeversicherung

RA

Rechtsanwalt

RAP

Rechnungsabgrenzungsposten

RV

Rentenversicherung

SA

Sonderausgaben

SA 1

bestimmte Ausgaben dürfen als Sonderausgaben abgesetzt werden wenn es sich dabei weder um Betriebsausgaben noch um Werbungskosten handelt, z. B. Unterhaltszahlungen, gezahlte KirSt

SA 2

Altersvorsorgeaufwendungen (z. B. RV-Beiträge) und sonstige Vorsorgeaufwendungen (z. B. Beiträge zur GKV und AV und Haftpflichtversicherung)

SGB

Sozialgesetzbuch

SGB III

Arbeitsförderung

14

Abkürzungsverzeichnis

SGB IV

Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung

SGB V

Gesetzliche Krankenversicherung

SGB VI

Gesetzliche Rentenversicherung

SGB XI

Soziale Pflegeversicherung

s.o.

siehe oben

Soli.

Solidaritätszuschlag

tarifl. ESt

tarifliche Einkommensteuer

TDG

Teledienstegesetz

TMG

Telemediengesetz

UG

Unternehmergesellschaft

UrhG

Gesetz über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte

USt

Umsatzsteuer

UStG

Umsatzsteuergesetz

usw.

und so weiter

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VV

Vergütungsverzeichnis (zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz)

VZ

Veranlagungszeitraum

WG

Wirtschaftsgüter

WK

Werbungskosten

WKG

Wagniskapitalgesellschaften

WW

Wirtschaftswert

z.B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer

ZPO

Zivilprozessordnung

z. v. E.

zu versteuerndes Einkommen

zzgl.

zuzüglich

15

I. Wahl der Unternehmensform Die Wahl der Rechtsform hat persönliche, finanzielle, steuerliche und rechtliche Folgen. Die optimale Rechtsform gibt es nicht. Jede Rechtsform hat im Einzelfall ihre Vor- und Nachteile.

A. Zivilrechtlicher Überblick Unternehmensformen – Einzelunternehmer: volle Kontrolle, volle Haftung – Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): einfacher Zusammenschluss von Partnern – Offene Handelsgesellschaft (oHG): hohes Ansehen, aber Haftungsrisiko – Partnerschaftsgesellschaft (PartnG): eigenverantwortlich, trotz Partner – Kommanditgesellschaft (KG): leichteres Startkapital, große Unabhängigkeit des Unternehmers – Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH): Haftungsbeschränkung – Ein-Personen-GmbH: eigener Angestellter – GmbH & Co. KG: vielfältige Möglichkeiten – Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt (UG): seit 1. Nov. 2008 – Limited: Britische Gesellschaftsform (in Deutschland zulässig) – Aktiengesellschaft (AG) – Kleine AG: Alternative für Mittelständler – Eingetragene Genossenschaft (eG): Juristische Person ohne Mindestkapital – REIT: Neue Form der Aktiengesellschaft seit 1. Januar 2007 – WKG: Wagniskapitalgesellschaft seit 19. August 2008

1

16

Wahl der Unternehmensform

B. Details zu den Rechtsformen 2

1. Das Einzelunternehmen Für wen und was? Kleingewerbetreibende, Handwerker, Dienstleister, freie Berufe. Wie gründen? Erforderlich ist ein Unternehmer. Das Einzelunternehmen entsteht bei Geschäftseröffnung, wenn keine andere Rechtsform gewählt wurde. Kaufleute sind ins Handelsregister einzutragen. Ausnahme: Kleingewerbetreibende. Ein Mindestkapital ist nicht erforderlich. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. Höhe der Haftung? Der Unternehmer haftet unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen, auch Privatvermögen. Es gibt keine rechtliche Trennung zwischen Privatund Geschäftsvermögen. Übertragung des Einzelunternehmens/Verkauf? Es wird das gesamte Unternehmen übertragen. Wer haftet wofür nach einer Übertragung? Der Übergeber haftet bis zu 5 Jahre nach der Übertragung für Verbindlichkeiten, die er selbst zu verantworten hat. Der Käufer haftet gegenüber Gläubigern für Alt-Schulden des Vorgängers. Die geleistete Zahlung kann er beim Vorgänger einfordern, §§ 25, 26 HGB. Erben: Vermögen und Schulden gehen auf den oder die Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft über. Das Vermögen steht allen gemeinsam zu. Es geht (wie das Gesetz es ausdrückt) „als Ganzes“ auf die Erben über. Einzelne Miterben erhalten nicht etwa bestimmte Teile des Vermögens; sondern (zunächst) alle alles gemeinsam. Weil das so ist, hat ein einzelner Miterbe keine Rechte aus dem Nachlass. Es können nur alle gemeinsam handeln. Führt der Erbe das Unternehmen weiter, haftet er gem. § 27 HGB persönlich; d. h., mit seinem gesamten Vermögen. Er ist jedoch dadurch privilegiert, dass er den Geschäftsbetrieb innerhalb von 3 Monaten nach Kenntniserlangung vom Anfall der Erbschaft einstellen kann. Allerdings gelten weiterhin die allgemeinen Regeln gem. §§ 1922 BGB für ihn.

17

Wahl der Unternehmensform

2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft)

3

Für wen und was? Kleingewerbetreibende und Freiberufler. Wie gründen? Erforderlich sind mindestens 2 Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag kann mündlich oder schriftlich geschlossen werden. Es besteht kein Formzwang. Es bedarf keiner Eintragung ins Handelsregister oder notarieller Beurkundung. Ein Mindestkapital ist nicht erforderlich. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. 4

Beispiel eines GbR-Vertrages Zwei Arbeitskollegen gründen eine Fahrgemeinschaft. Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Herrn Bruno Paselacki, Musterstraße 12, 45789 Gelsenkirchen Herrn Fredi Friedlich, Insterburger Str. 11, 45139 Essen § 1 Gesellschaftszweck Zweck der Gesellschaft ist die Durchführung einer Fahrgemeinschaft von Essen nach Düsseldorf an 5 Werktagen (Montag bis Freitag) der Woche. § 2 Beginn und Dauer Die Gesellschaft beginnt am 01. Januar 2008 und wird unbefristet abgeschlossen. Jeder Gesellschafter ist zur Kündigung zum Schluss eines Vierteljahres berechtigt. Die Kündigung muss 6 Wochen vor Ablauf des Vierteljahres gegenüber jedem Mitgesellschafter schriftlich erklärt werden. Die Schriftform ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung. § 3 Beiträge Die Gesellschafter haben folgende Beiträge zu leisten: Sie stellen für die Dauer einer Woche im Wechsel und auf eigene Kosten ihr privates Kraftfahrzeug für die Fahrten vom Wohn- zum Arbeitsort und zurück zur Verfügung. Die Reihenfolge wird durch das Alphabet bestimmt. § 4 Geschäftsführung, Vertretung Sollten Geschäftsführungs- und/oder Vertretungsmaßnahmen erforderlich sein, sind diese von den Gesellschaftern gemeinsam zu treffen. § 5 Aufnahme neuer Gesellschafter Neue Gesellschafter dürfen nur mit Zustimmung aller Mitgesellschafter aufgenommen werden. Das gilt auch für die Übertragung der Gesellschafterstellung. Ort, Datum…………..Unterschriften (Bruno Paselacki)

(Fredi Friedlich)

18

Wahl der Unternehmensform

Höhe der Haftung? Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich mit dem Gesellschafts- und Privatvermögen. Die Haftung kann mit einzelnen Vertragspartnern durch ausdrückliche Vereinbarung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden. Gesellschaftsanteile übertragen? Das Gesellschaftsvermögen gehört allen Gesellschaftern gemeinsam. Ein einzelner Gesellschafter kann deshalb über das Gesellschaftsvermögen oder über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen nur mit Zustimmung aller Gesellschafter verfügen, § 719 BGB. Wer haftet wofür nach der Übertragung? Der Übergeber haftet den Gläubigern der Gesellschaft für vor seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten, wenn er für diese im Außenverhältnis persönlich haftet und wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wurde (§ 736 Absatz 2 BGB i. V. m. § 160 HGB). Der Käufer haftet für Altschulden gegenüber Dritten mit seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen, unter Umständen auch mit seinem Privatvermögen gem. § 130 HGB. „Haftung des eintretenden Gesellschafters“. Die Erben haften für Altschulden mit ihrem Nachlass und sonstigem privaten Vermögen. Alternativ: Ausstieg innerhalb von 3 Monaten und Abfindung durch Gesellschafter möglich gem. § 139 HGB. 5

3. Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) Für wen und was? Die Partnerschaft ist eine Gesellschaft, in der sich Angehörige Freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen. Sie übt kein Handelsgewerbe aus. Angehörige einer Partnerschaft können nur natürliche Personen sein. Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Ausübung eines Freien Berufs im Sinne dieses Gesetzes ist die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker,

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Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberuflichen Sachverständigen, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnlicher Berufe sowie der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher. Wie gründen? Erforderlich sind mindestens 2 Gesellschafter. Der Partnerschaftsvertrag ist schriftlich zu fixieren. Der Partnerschaftsvertrag muss enthalten: – Namen und Sitz der Partnerschaft – Namen und Vornamen sowie den in der Partnerschaft ausgeübten Beruf und den Wohnort jedes Partners – den Gegenstand der Partnerschaft. Es erfolgt eine Eintragung ins Partnerschaftsregister. Mindestkapital ist nicht erforderlich. Höhe der Haftung? Gesellschafter haften neben dem Vermögen der Partnerschaftsgesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Nur für „Fehler in der Berufsausübung“ haftet allein derjenige, der den Fehler begangen hat. Gesellschaftsanteile übertragen? Nur an Berufsangehörige, ansonsten wie bei GbR, d. h., nur mit Zustimmung der übrigen Partner. Wer haftet wofür nach einer Übertragung? Der Übergeber haftet den Gläubigern der Gesellschaft für vor seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten, wenn er für diese im Außenverhältnis persönlich haftet und wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wurde, § 10 Absatz 2 PartGG i. V. m. § 160 HGB. Der Käufer haftet für Altschulden gegenüber Dritten mit seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen, unter Umständen auch mit seinem Privatvermögen, § 8 Absatz 1 PartGG i. V. m. § 130 HGB.

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Erben haften für Altschulden mit ihrem Nachlass und sonstigem privaten Vermögen. Alternativ: Ausstieg innerhalb von 3 Monaten und Abfindung durch Gesellschafter möglich. 6

4. Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) Die PartGmbB ist eine besondere Form der vorskizzierten Partnerschaftsgesellschaft. Für sie gelten Sonderregeln bei der Haftung und der Namensgebung. Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält. Der Name der Partnerschaft muss den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder die Abkürzung „mbB“ oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten; anstelle der Namenszusätze nach § 2 Absatz 1 Satz 1 kann der Name der Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung den Zusatz „Part“ oder „PartG“ enthalten. Im aktuellen Merkblatt der Bundesrechtsanwaltskammer heißt es dazu: Seit dem 19. Juli 2013 gilt das Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung. Die PartGmbB bietet als neue Variante einer Partnerschaftsgesellschaft eine wettbewerbsfähige Alternative zur englischen LLP. Bei der PartGmbB kann die Haftung für Verbindlichkeiten aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt werden (§ 8 Abs. 4 PartGG). Die auch schon bisher gegebenen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung im Zusammenhang mit Individualvereinbarungen oder allgemeinen Geschäftsbedingungen bleiben daneben selbstverständlich erhalten. Bedingung für die Beschränkung der Haftung der neuen Partnerschaftsgesellschaft ist, dass die Gesellschaft eine zu diesem Zweck erhöhte Berufshaftpflichtversicherung abschließt und dass die Partnerschaft den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder eine allgemeinverständliche Abkürzung dieser Bezeichnung führt. Wie wird eine PartGmbB gegründet? Zunächst muss ein Partnerschaftsvertrag abgeschlossen werden. Inhalt und Form des Partnerschaftsvertrages ergeben sich aus § 3 PartGG. Danach bedarf der Vertrag der Schriftform und muss

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– den Namen und den Sitz der Partnerschaft; – den Namen und den Vornamen sowie den in der Partnerschaft ausgeübten Beruf und den Wohnort jedes Partners; – den Gegenstand der Partnerschaft enthalten. Die Partnerschaftsgesellschaft entsteht zwar bereits mit Abschluss des Partnerschaftsvertrages, im Verhältnis zu Dritten wird sie aber erst mit ihrer Eintragung in das Partnerschaftsregister wirksam (§ 7 PartGG). Wie kann eine PartG in eine PartGmbB „umgewandelt“ werden? Die PartGmbB ist lediglich eine besondere Form der PartG, die ein besonderes Haftungsregime aufweist. Eine „Umwandlung“ im rechtlichen Sinne ist daher nicht erforderlich. Ein neuer Gesellschaftsvertrag muss nicht geschlossen werden. Vielmehr reicht eine Beschlussfassung zur Änderung des bereits bestehenden Partnerschaftsvertrages aus. Welche Beschlussmehrheiten zur Änderung des Vertrages erreicht werden müssen, ergibt sich regelmäßig aus dem Vertrag. Wie wird aus einer GbR eine PartGmbB? Auch eine GbR kann eine PartGmbB werden. Der Ablauf entspricht dem einer Neugründung. Es muss daher ein entsprechender Partnerschaftsvertrag abgeschlossen und die Eintragung in das Partnerschaftsregister veranlasst werden. Es handelt sich um einen identitätswahrenden Rechtsformwechsel außerhalb des Umwandlungsgesetzes, eine ‚Übertragung‘ des Gesellschaftsvermögens und eine Liquidation der GbR sind daher nicht notwendig. Was gilt für die „Firmierung“ einer PartGmbB? Gem. § 8 Abs. 4 Satz 3 PartGG muss bei der PartGmbB der Name der Partnerschaft den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder die Abkürzung „mbB“ oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten. Anstelle der Namenszusätze nach § 2 Abs. 2 Satz 1 kann auch der Name der Partnerschaft mit dem Zusatz „Part“ oder „PartG“ verwendet werden (§ 8 Abs. 4 Satz 3 HS. 2 PartGG). Beispiele für zulässige Bezeichnungen einer PartGmbB – „Rechtsanwälte Müller Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung“ – „Rechtsanwälte Müller Partnerschaft mbB“ – „Rechtsanwälte Müller PartG mit beschränkter Berufshaftung“

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– „Rechtsanwälte Steuerberater Müller PartmbB“ Damit die Haftungsbeschränkung ausreichend deutlich zum Ausdruck kommt, muss der gewählte Namenszusatz auch auf dem Briefkopf angegeben werden (§ 7 Abs. 5 PartGG i. V. m. § 125a Abs. 1 Satz 1 HGB). Was ist versicherungsrechtlich zu beachten? Zwingende Voraussetzung einer Haftungsbeschränkung ist nach § 8 Abs. 4 PartGG der vorherige Abschluss der gesetzlich vorgegebenen Berufshaftpflichtversicherung. Die entsprechende Versicherungsbescheinigung muss bereits der Anmeldung zur Eintragung im Partnerschaftsregister beigefügt sein. Um Fehler bei der Anmeldung auszuschließen, ist zu empfehlen, die Versicherungsbescheinigungen genau auf die gesetzlichen Vorgaben hin zu überprüfen und gegebenenfalls bei der regionalen Rechtsanwaltskammer nachzufragen. Die Mindestversicherungssumme beträgt 2,5 Mio. EUR für jeden Versicherungsfall (§ 51a Abs. 2 Satz 1 BRAO). Allerdings können die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden auf den Betrag der Mindestversicherungssumme, vervielfacht mit der Zahl der Partner, begrenzt werden (§ 51a Abs. 2 Satz 2 BRAO). Die Jahreshöchstleistung muss sich jedoch mindestens auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen (§ 51a Abs. 2 Satz 3 BRAO). Beispiele für die Jahreshöchstleistung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden zwei Partner 2,5 Mio. EUR x 2 = 5 Mio. EUR (Wegen § 51a Abs. 2 Satz 3 BRAO muss sich die Jahreshöchstleistung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden jedoch mindestens auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen) Jahreshöchstleistung = 10 Mio. EUR vier Partner 2,5 Mio. EUR x 4 =10 Mio. EUR Jahreshöchstleistung = 10 Mio. EUR acht Partner 2,5 Mio. EUR x 8 = 20 Mio. EUR Jahreshöchstleistung = 20 Mio. EUR

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Kein Versicherungsfall ist mit mehr als 2,5 Mio. EUR versichert. Eine freiwillige höhere Versicherung bleibt dem Rechtsanwalt unbenommen. Außerdem ist die Haftung selbst dann auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt, wenn der Versicherungsnehmer mit seiner Prämienzahlung in Verzug gerät (§ 37 Abs. 2 VVG), eine Obliegenheit verletzt (§ 28 Abs. 2 VVG) oder etwa die Haftungssumme über 2,5 Mio. EUR hinausgeht. Zu beachten ist, dass jeder Rechtsanwalt neben der Partnerschaft auch weiterhin eine persönliche Berufshaftpflichtversicherung unterhalten muss. Wie weit reicht die Haftungsbeschränkung bei der PartGmbB? Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gem. § 8 Abs. 4 PartGG führt dazu, dass für Verbindlichkeiten der Partnerschaft bei Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Nicht erfasst werden dagegen Verbindlichkeiten, die Partner im eigenen Namen eingehen oder deliktische Ansprüche, die sich gegen die handelnden Partner richten. Ebenso wenig erstreckt sich die Haftungsbeschränkung auf Verbindlichkeiten aus beispielsweise Miet- oder Arbeitsverträgen oder sonstigen Rechtsgeschäften, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen. Tritt ein Haftungsfall wegen einer fehlerhaften Berufsausübung begrenzt auf das Gesellschaftsvermögen ein, so haften die Partner nicht mehr gesamtschuldnerisch nach § 8 Abs. 1 PartGG und sind insofern privilegiert. Im Innenverhältnis muss jedoch der einzelne Partner damit rechnen, bei fehlerhafter Berufsausübung Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag verletzt zu haben und deswegen von der Gesellschaft gem. § 280 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen zu werden, wenn der Schaden über die Versicherungssumme hinausgeht. Zu empfehlen ist daher, die Haftung für Fahrlässigkeit im Gesellschaftsvertrag auszuschließen, um auf diese Weise Regressansprüche zu verhindern. Die Haftung für Vorsatz kann wegen § 276 Abs. 3 BGB nicht ausgeschlossen werden. In der Liquidation können Nachschussansprüche aus § 735 BGB von Gesellschaftsgläubigern gem. § 829 ZPO gepfändet und sich zur Einziehung gem. § 835 ZPO überwiesen werden. Kann die Haftung auch weiterhin vertraglich begrenzt werden? Eine vertragliche Begrenzung der Haftung bei der PartGmbB ist nach Maßgabe des § 52 BRAO möglich. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Haftung auf Ersatz jedes fahrlässig verursachten Schadens durch Individualvereinbarung auf 2,5 Mio. EUR und durch vorformulierte Vertragsbedingungen

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für Fälle einfacher Fahrlässigkeit auf 10 Mio. EUR begrenzt werden kann. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass auch für die so beschränkte Haftung ausreichender Versicherungsschutz besteht. Wie kann eine auf § 8 Abs. 4 PartGG begrenzte Haftung erreicht werden bei Mandaten, die vor dem Wechsel begonnen wurden? Eine zukünftige Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen nach § 8 Abs. 4 PartGG ist bei Mandaten, bei denen der Mandatsvertrag vor dem Wechsel geschlossen wurde, möglich, wenn die Mandanten über den Wechsel informiert werden und in die Haftungsbeschränkung für berufliche Fehler einwilligen. Was gilt für „Althaftungsfälle“? Haftungsansprüche wegen beruflicher Fehler, die vor dem Wechsel zur PartGmbB entstanden sind, fallen nicht unter § 8 Abs. 4 PartGG. Besteht eine Gewerbesteuerpflicht/eine Bilanzierungspflicht? Die PartGmbB unterliegt weder der Gewerbesteuerpflicht noch der Bilanzierungspflicht. Sie wird nicht anders behandelt als die PartG oder GbR. Welche Besonderheiten bestehen bei einer interprofessionellen Zusammenarbeit? Auch interprofessionelle Partnerschaftsgesellschaften können eine PartGmbB bilden. Der Gesetzgeber hat sich allerdings nicht auf eine einheitliche Regelung bei der Mindestversicherungssumme oder dem Ausschluss bei wissentlicher Pflichtverletzung verständigen können. In der Beschlussempfehlung und im Bericht des Rechtsausschusses wird hinsichtlich der Mindestversicherungssumme auf den Grundsatz des strengsten Berufsrechts verwiesen. Da bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern/vereidigten Buchprüfern jeweils niedrigere Versicherungssummen gelten, heißt das, dass bei Beteiligung mindestens eines Rechtsanwaltes an einer PartGmbB eine Mindestversicherungssumme von 2,5 Mio. Euro pro Versicherungsfall gilt. Bei einer interprofessionellen PartGmbB kann, sobald ein Rechtsanwalt beteiligt ist, die wissentliche Pflichtverletzung durch den Versicherer nicht ausgeschlossen werden. Weitere Informationen zur interprofessionellen Partnerschaftsgesellschaft mit Steuerberatern und/oder Wirtschaftsprüfern/vereidigten Buchprüfern sind auf der Homepage der Wirtschaftsprüferkammer zu finden: http://www.wpk.de/service/partgmbb.asp

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Bedarf es einer neuen Versicherungsbestätigung? Es bedarf einer neuen Versicherungsbestätigung, die die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 PartGG i. V. m. § 51a BRAO erfüllt. Bei interprofessionellen Sozietäten wird die Versicherungsbestätigung von allen jeweils zuständigen Kammern überprüft. 5. Die offene Handelsgesellschaft (oHG)

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Für wen und was? Diese Rechtsform ist für Gewerbetreibende geeignet, die ein Handelsgeschäft betreiben (nicht für Kleingewerbetreibende). Bei Geschäftspartnern und Kreditinstituten hat diese Rechtsform hohes Ansehen, weil jeder Gesellschafter mit seinem gesamten Vermögen unbeschränkt haftet. Wie gründen? Erforderlich sind mindestens 2 Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag ist formfrei wirksam, d. h. er kann mündlich oder schriftlich fixiert werden. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist nicht erforderlich, aber zu empfehlen. Die oHG muss allerdings wie jeder Kaufmann ins Handelsregister eingetragen werden. Mindestkapital muss nicht vorhanden sein. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. Und die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister hat zu erfolgen. 8

Beispiel eines oHG Vertrages Zwei selbstständige Versicherungskaufleute schließen sich zur gemeinsamen Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen einer oHG zusammen. Gesellschaftsvertrag oHG Herr Peter Pan, Versicherungskaufmann (IHK), Am Fliegenfänger 23, 20054 Hamburg und Herr Rolf Schors, Versicherungskaufmann (IHK), Armin Str. 2, 45879 Gelsenkirchen schließen folgenden Gesellschaftsvertrag: §1 Firma, Sitz und Gegenstand der Unternehmung Herr Peter Pan und Herr Rolf Schors errichten hiermit unter der Firma „Brilliant Versicherungs oHG“ eine offene Handelsgesellschaft mit dem Sitz Schlesischer Ring 4, 45987 Gelsenkirchen. Gegenstand der Unternehmung ist die Vermittlung von Versicherungs- und Bausparverträgen für nachgenannte Versicherungsunternehmen: - XY Lebensversicherungsgesellschaft a. G.

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- XY Krankenversicherung a.G. - XY Versicherung AG - Rechtsschutz XY Versicherungs-AG - XY Bauspar AG Desweiteren gehört die Vermittlung von Interessenten an Immobilienmakler und/oder Hausverwaltungen zum Unternehmensgegenstand. §2 Dauer der Gesellschaft/Geschäftsjahr Die Gesellschaft beginnt am 1. Januar 2008. Sie wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate zum Schluss eines Geschäftsjahres. Das Geschäftsjahr beginnt jeweils zum 1. Januar des lfd. Jahres und endet am 31. Dez. desselben Jahres. §3 Einlagen der Gesellschafter Die Gesellschafter bringen die Sachausstattung (Büromöbel, EDV-Anlagen) ihrer bisherigen Einzelunternehmen in die Gesellschaft ein. Der Wert der Einlagen bemisst sich nach den Werten, die sich aus den (Aufgabe-)Bilanzen der beiden Einzelunternehmen zum 31. Dez. 2007 ergeben und von den Gesellschaftern anerkannt sind. Nicht in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft gehen die jeweiligen Firmenfahrzeuge über. Dabei handelt es sich um Sonderbetriebsvermögen. Reise- und Bewirtungskosten gelten als Sonderbetriebsausgaben, desjenigen Gesellschafters, der sie verursacht. Buchhalterisch und steuerrechtlich werden deshalb alle Kosten im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen und Reise- und Bewirtungskosten des jeweiligen Gesellschafters in Sonderbilanzen erfasst. Bereits entstandene oder noch entstehende Verbindlichkeiten des einzelnen Gesellschafters aus seiner bisherigen Einzelunternehmung verbleiben beim jeweiligen Gesellschafter. Derlei Verbindlichkeiten werden nicht Bestandteil der Vermögenssphäre der Gesellschaft. §4 Geschäftsführung und Vertretung Jeder Gesellschafter ist einzeln berechtigt und verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen und die Gesellschaft zu vertreten. Rechtsgeschäfte, für die der Jahresaufwand 3.000,00 € übersteigt, dürfen nur von beiden gemeinsam vorgenommen werden. Darunter fallen z. B. der Erwerb oder die Miete von EDV-Hard- und Software oder Pkw-Reparaturkosten. Dasselbe gilt für die Aufnahme von Darlehen, die Übernahme von Bürgschaften oder die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten. §5 Gewinn- und Verlustbeteiligung/Entnahmen Die Gesellschafter ermitteln zunächst zum Stichtag 31. Dez. 2007 ihre aktuellen Gewinne aus ihren Einzelunternehmungen für das Geschäftsjahr 2007. Anschließend wird ermittelt, wie hoch die durchschnittlichen Jahresprovisionserlöse der vergangenen 3 Jahre für die jeweilige Einzelunternehmung bezifferten. Zuletzt werden die so ermittelten Durchschnittsprovisionserlöse addiert und zur Gesamtsumme ins Verhältnis gesetzt. Mathematisch ergibt sich daraus die Quote für die Gewinn- und Verlustbeteiligung. Sie beträgt danach: 60% zu 40%. Erklärtes und angestrebtes Ziel ist es, die von den Gesellschaftern bewirkten Jahresprovisionserlöse einander anzugleichen und die Gewinn- und Verlustbeteiligung dazu korrespondierend

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anzupassen. Eine Überprüfung der anteilig erzielten Jahresumsätze im vorskizzierten Sinne erfolgt im 3 Jahresrhythmus, d. h., erstmalig im Januar 2011. Entnahmen sind beiden Gesellschaftern ab sofort gestattet. Entnahmen werden auf den laufenden Gewinn der Gesellschafter angerechnet. §6 Übernahme/Erbfall Kündigt ein Gesellschafter oder wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Gesellschafters eröffnet oder kündigt ein Privatgläubiger des Gesellschafters oder erhebt er Auflösungsklage, ist der andere Gesellschafter berechtigt, die Unternehmung mit allen Aktiven und Passiven zu übernehmen und unter der bisherigen Firma fortzuführen. Das gleiche Übernahmerecht steht dem Gesellschafter zu, der kündigt, weil der andere Gesellschafter gegen seine Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag in gröblicher Weise verstoßen hat, so dass dem kündigenden Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Das gleiche Übernahmerecht steht dem Gesellschafter auch zu, wenn der andere stirbt. Die Gesellschafter sind sich einig, dass ihr gemeinsames Unternehmen durch einen Ehegattenanspruch auf Zugewinnausgleich zu keiner Zeit gefährdet werden darf. Beide sind deshalb verpflichtet, mit ihren (derzeitigen und/oder zukünftigen) Ehegatten Eheverträge zu schließen, die einen Zugriff der Ehegatten auf das Unternehmensvermögen ausschließen. Das kann geschehen durch die Vereinbarung von Gütertrennung; zumindest jedoch durch Abschluss eines Ehevertrages, der für den Fall, dass der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft auf andere Weise als durch Tod eines Ehepartners beendet wird (also insbesondere durch Ehescheidung), Wertsteigerungen des Anfangsvermögens vom Zugewinnausgleich ausschließt. Das gilt insbesondere für die jeweilige Beteiligung der beiden Gesellschafter an dieser oHG. Die Ehegatten schließen § 1365 BGB bzgl. Verfügungen über die oHG-Beteiligungen aus. §7 Schriftform Änderungen und/oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Beide Gesellschafter erhalten jeweils ein von beiden unterschriebenes Exemplar dieses Vertrages. §8 Salvatorische Klausel Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Änderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Gesellschafter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Datum:………………. ___________________ (Peter Pan)

_________________ (Rolf Schors)

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Höhe der Haftung? Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Gesellschaftsanteile übertragen? So wie bei der GbR, d. h., nur mit Zustimmung aller Gesellschafter. Wer haftet wofür nach einer Übertragung? Der Übergeber haftet den Gläubigern der Gesellschaft für vor seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn festgestellt sind oder gerichtliche oder eine behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wurde. Der Käufer haftet mit seinem gesamten Vermögen für Altschulden gegenüber Dritten. Die Erben haften für Altschulden mit ihrem Nachlass und sonstigem privaten Vermögen. Alternativ: Umwandlung der oHG in eine KG und damit Haftung in Höhe des Kommanditanteils. Oder: Auszahlung der Erben. 9

6. Kommanditgesellschaft (KG) Für wen und was? Im Unterschied zur oHG gibt es bei der KG mindestens einen Gesellschafter, der nicht unbeschränkt, sondern nur mit seiner Einlage haftet. Die Rechtsform der KG ist deshalb für Kaufleute geeignet, die zusätzliches Kapital geben, oder Gesellschafter, die keine persönliche Haftung übernehmen wollen und von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden können/ wollen. Wie gründen? Ein oder mehrere Komplementäre und ein oder mehrere Kommanditisten. Formfreier Gesellschaftsvertrag. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist nicht zwingend erforderlich, aber zu empfehlen. Eine Eintragung ins Handelsregister hat zu erfolgen. Mindestkapital ist nicht erforderlich. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. Und die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister hat zu erfolgen. Höhe der Haftung? Der Komplementär (der persönlich haftende Gesellschafter) haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Gläubigern persönlich als Gesamtschuldner. Der Kommanditist haftet persönlich bis zur Höhe seiner

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Einlage. Die persönliche Haftung ist ausgeschlossen soweit die Einlage geleistet ist. Gesellschaftsanteile übertragen? Wie bei der GbR, d. h., mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter. Wer haftet wofür nach einer Übertragung? Der Übergeber-Kommanditist: Er haftet für vor seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach dem Ausscheiden fällig sind, und zwar persönlich bis zur Höhe seiner Einlage und wenn sie vor dessen Ausscheiden zurückgezahlt wurde. Die persönliche Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Soweit die Einlage z. B. aus Liquiditätsgründen an den Kommanditisten zurückgezahlt wird, gilt sie als nicht geleistet. Die persönliche Haftung tritt dann wieder in Kraft. Der Übergeber-Komplementär: Er haftet bis zu 5 Jahren nach der Übertragung für Verbindlichkeiten, die er selbst zu verantworten hat. Der Käufer-Kommanditist: Er haftet für vor seinem Eintritt entstandene Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich bis zur Höhe seiner Einlage. Wurde die Einlage geleistet, entfällt die persönliche Haftung. Er haftet ferner persönlich, soweit vor seinem Eintreten an den ausscheidenden Kommanditisten und danach an ihn Einlagen zurückgezahlt wurden. Der Komplementär-Erbe: Er haftet für Altschulden mit dem Nachlass und sonstigem privaten Vermögen Der Kommanditist-Erbe: Dessen Haftungsbeschränkung besteht fort. 7. Die GmbH Für wen und was? Sie ist die geeignete Rechtsform für Unternehmer, die ihre Haftung beschränken oder nicht aktiv mitarbeiten wollen. Wie gründen? Es ist mindestens ein Gesellschafter erforderlich. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist zwingend vorgeschrieben und ist notariell zu beurkunden. Es erfolgt eine Eintragung ins Handelsregister. Erforderlich ist grundsätzlich ein Mindeststammkapital von 25.000 €. Seit dem 1. Nov. 2008 kann zur Gründung einer GmbH ein Musterprotokoll verwendet werden, wenn sich höchstens drei Gesellschafter zusammenschließen und ein Ge-

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Wahl der Unternehmensform

schäftsführer bestellt wird. Auch ist es möglich, das Mindeststammkapital von 25.000 € zu unterschreiten. Es kann – bei Vorliegen der Voraussetzungen – mit einem Kapitaleinsatz von 1 € eine GmbH gegründet werden. Details zur GmbH-Reform 2008 siehe RN 14. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. Und die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister hat zu erfolgen. Höhe der Haftung? In Höhe der Stammeinlage bzw. in Höhe des Gesellschaftsvermögens. Achtung: Bei Krediten haftet der Ein-Mann-Gesellschafter in der Regel zusätzlich mit seinem Privatvermögen, wenn er einen Schuldbeitritt erklärt oder eine Bürgschaft übernommen hat. Wenn die Einlage z. B. aus Liquiditätsgründen angegriffen wurde, haftet der Gesellschafter persönlich in Höhe des Differenzbetrags. Auch bei der sog. Durchgriffshaftung (z. B. bei Schadensersatzansprüchen) haftet der Gesellschafter persönlich. Zur Haftung siehe unten B. 9. e. Geschäftsanteile übertragen? Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich. Zur Übertragung bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. In der Satzung kann festgelegt werden, dass eine Übertragung nur mit Genehmigung der Gesellschaft erfolgen darf. Wer haftet wofür nach einer Übertragung? Verkäufer und Käufer: Beide haften für zur Zeit der Anmeldung und Veräußerung des Geschäftsanteils nicht einbezahlte Einlagen. Nach-Haftung des Verkäufers: Er haftet bis zu 5 Jahren nach Anmeldung der Veräußerung des Geschäftsanteils für Einzahlungen auf die Stammeinlage. Erben: Geschäftsanteile müssen gemeinsam verwaltet werden; auf Gesellschafterversammlung kann nur mit „einer Stimme“ gesprochen werden.

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8. Ein-Personen-GmbH

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a. Beispiel eines Ein-Personen-GmbH-Vertrages § 1 Firma und Sitz Die Firma der Gesellschaft lautet: Bruno Paselacki GmbH Sitz der Gesellschaft ist Gelsenkirchen. § 2 Gegenstand des Unternehmens Gegenstand des Unternehmens ist der An- und Verkauf von Armbanduhren. § 3 Stammkapital Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 30.000 €. Dieser Betrag ist sofort fällig. § 4 Dauer und Geschäftsjahr Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit errichtet. Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Das 1. Geschäftsjahr beginnt mit dem Eintrag in das Handelsregister und endet am darauf folgenden 31. Dezember. § 5 Geschäftsführer Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch 2 Geschäftsführer gemeinschaftlich oder einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann einem oder mehreren Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis erteilen und ihn von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien. § 6 Veräußerung von Geschäftsanteilen Zur Veräußerung von Geschäftsanteilen oder Teilen von Geschäftsanteilen ist die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich. Vorgelesen vom Notar, von den Beteiligten genehmigt und unterschrieben: Bruno Paselacki Dr.Fassbender, Notar

b. Gründungskosten GmbH bei individuell gestaltetem Gesellschaftsvertrag Für die Beurkundung der Satzung einer Einmann-GmbH entsteht eine 1,0Gebühr. Im Übrigen entsteht für die Beurkundung einer Satzung regelmäßig eine 2,0-Gebühr an. Die Geschäftsführerbestellung in der ersten Gesellschafterversammlung löst eine 2,0-Gebühr aus. Und für die fördernde und überwachende Tätigkeit des Notars inklusive der Fertigung der Gesellschafterliste entsteht eine 0,3-Vollzugsgebühr.

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Wahl der Unternehmensform

1. Beispiel: Gründung einer GmbH mit einem Stammkapital von 30.000 € und einem Gesellschafter. - Beurkundung Gesellschaftsvertrag/Satzung

125,00 €

- Beurkundung Geschäftsführerbestellung

250,00 €

- Vollzugsgebühr (incl. Gesellschafterliste)

57,60 €

- Dokumentenpauschale (Papier) - Auslagen Post-/Telekommunikation Netto 19% USt Summe

6,30 € 20,00 € 458,90 € 87,19 € 546,09 €

Kosten für Handelsregisteranmeldung Ein-Personen-GmbH - Anmeldung zum Handelsregister

62,50 €

- Betreuungsgebühr

62,50 €

- elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten

37,50 €

- Dokumentenpauschale (Papier)

3,00 €

- Dokumentenpauschale (elektronische Dateien)

5,50 €

- Auslagen Post-/telekommunikation Netto 19% USt Summe

20,00 € 191,00 € 36,29 € 227,29 €

2. Beispiel: Gründung einer GmbH mit einem Stammkapital von 30.000 € und zwei Gesellschafter. - Beurkundung Gesellschaftsvertrag/Satzung

384,00 €

- Beurkundung Geschäftsführerbestellung

250,00 €

- Vollzugsgebühr (incl. Gesellschafterliste)

96,00 €

- Dokumentenpauschale (Papier) - Auslagen Post-/Telekommunikation

4,65 € 20,00 €

Netto

754,65 €

19% USt

143,38 €

Summe

898,03 €

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Wahl der Unternehmensform

Kosten für Handelsregisteranmeldung Zwei-Personen-GmbH - Anmeldung zum Handelsregister

62,50 €

- Betreuungsgebühr

62,50 €

- elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten

37,50 €

- Dokumentenpauschale (Papier)

1,50 €

- Dokumentenpauschale (elektronische Dateien)

7,50 €

- Auslagen Post-/telekommunikation Netto 19% USt Summe

20,00 € 191,50 € 36,39 € 227,89 €

9. Die GmbH & Co. KG Für wen und was? Es gelten die Ausführungen zur Kommanditgesellschaft entsprechend. Besonderheit: Der persönlich haftende Gesellschafter ist eine GmbH. Die GmbH & Co. KG ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Es ist eine Mischform aus KG und GmbH. Sie kann aus steuerlichen Gründen vorteilhaft sein. Zivilrechtlich wird die unbeschränkte Haftung des Komplementärs durch die Haftungsbegrenzung der GmbH eingeschränkt. Wie gründen? Siehe Ausführungen zur Kommanditgesellschaft. Höhe der Haftung? Die GmbH haftet als Komplementär mit ihrem Gesamtvermögen. Im Ergebnis haftet die GmbH & Co. KG wie eine GmbH zuzüglich der Kommanditeinlage. Gesellschaftsanteile übertragen? Wie bei einer GbR, d. h., die Zustimmung der übrigen Gesellschafter ist erforderlich. Wer haftet wofür nach einer Übertragung? Der Übergeber-Kommanditist: Er haftet für vor seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach dem Ausscheiden fällig sind, und zwar persönlich bis zur Höhe seiner Einlage.

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Wahl der Unternehmensform

Die persönliche Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Soweit die Einlage z. B. aus Liquiditätsgründen an den Kommanditisten zurückgezahlt wird, gilt sie als nicht geleistet. Die persönliche Haftung tritt wieder in Kraft. Der Übergeber-Komplementär: Er haftet bis zu 5 Jahren nach der Übertragung für Verbindlichkeiten, die er selbst zu verantworten hat. Der Käufer-Kommanditist: Er haftet für vor seinem Eintritt entstandene Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich bis zur Höhe seiner Einlage. Wurde die Einlage geleistet, entfällt die persönliche Haftung. Er haftet ferner persönlich, soweit Einlagen vor seinem Eintreten an den ausscheidenden Kommanditisten und danach an ihn zurückgezahlt wurden. Erben: Sie haften für Altschulden mit ihrem Nachlass und sonstigem privaten Vermögen. 14

10. Die UG (haftungsbeschränkt) a. Allgemeine Hinweise In den Vorauflagen dieses Buches wurde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber an der Neufassung des GmbH-Gesetzes arbeitet. Anlass für die „Generalüberholung“ des GmbH-Gesetzes war die Flucht von immer mehr deutschen Unternehmern in ausländische Rechtsformen, nachdem der europäische Gerichtshof die Ländergrenzen mit Verweis auf die Niederlassungsfreiheit geöffnet hatte. Stichwort: Limited. Durch eine Reihe spektakulärer Entscheidungen zwangen die Luxemburger Richter die deutschen Zivilgerichte bis hin zum Bundesgerichtshof dazu, die bisherige (nationale) Rechtsprechung „zu kippen“. Seither muss jeder Mitgliedstaat der europäischen Union Unternehmen in der juristischen Gestalt akzeptieren, in der sie irgendwo zwischen Dänemark und Bulgarien gegründet worden sind, selbst wenn es sich um reine Briefkastenfirmen mit ausländischem Sitz handelt. Das Gesetz trat am Samstag, dem 01. November 2008 in Kraft. Der vollständige Titel des Gesetzes lautet: Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) Um den Bedürfnissen von Existenzgründern zu entsprechen, die am Anfang häufig nur wenig Stammkapital haben und benötigen (wer ein Dienstleistungsgewerbe eröffnet, kommt heutzutage oft schon mit einem Schreibtisch und einem PC als Handwerkszeug aus. Großer Investitionen in Produkti-

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onsmittel bedarf es gerade in einem kleinen Ein- oder Zweipersonenbetrieb nicht) bringt das Gesetz eine Einstiegsvariante der GmbH: Die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft gem. § 5a GmbHG. Es handelt sich dabei nicht um eine neue Rechtsform, sondern um eine GmbH, die ohne bestimmtes Mindest-Stammkapital gegründet werden kann. Diese GmbH darf ihre Gewinne nur zu 75 % ausschütten. Sie soll auf diese Weise das Mindest-Stammkapital einer „normalen GmbH“ nach und nach ansparen. Das Mindest-Stammkapital der „klassischen“ GmbH wird nicht herabgesetzt, es bleibt bei 25.000 €. Bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) kann das Stammkapital zwischen 1 € und 24.999 € gewählt werden. Die Gesellschafter können ab sofort über die jeweilige Höhe ihrer Stammeinlagen individueller bestimmen und sie dadurch besser den eigenen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten anpassen. Bislang musste die Stammeinlage mindestens 100 € betragen und durfte nur in Einheiten aufgeteilt werden, die durch 50 teilbar sind. Künftig muss jeder Geschäftsanteil nur noch auf einen Betrag von mindestens 1 € lauten. Vorhandene Geschäftsanteile können so leichter gestückelt werden. Eine Gesellschaft, die mit einem Stammkapital gegründet wird, dass weniger als 25.000 € beträgt, muss in der Firma zwingend die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen. Sacheinlagen sind ausgeschlossen. Bei der „klassischen“ GmbH können weiterhin Sacheinlagen vereinbart werden. Sie müssen vor der Anmeldung der Gesellschaft geleistet sein. Ist bei der „klassischen“ GmbH eine Bareinlage vereinbart, muss vor der Anmeldung mindestens ¼ der Summe eingezahlt werden. Zusammen mit einer etwaigen Sacheinlage muss mindestens die Hälfte des MindestStammkapitals vor der Anmeldung der Gesellschaft erbracht werden, also mindestens 12.500 €. b. Form des Gesellschaftsvertrages Der Gesellschaftsvertrag bedarf notarieller Form. Und zwar sowohl für die UG (haftungsbeschränkt) als auch für die „klassische“ GmbH. Er ist von sämtlichen Gesellschaftern zu unterzeichnen. Bei der notariellen Beurkundung bestätigt der Notar, was die Parteien inhaltlich miteinander verabredet haben, auf welche Gefahren er hingewiesen und dass er den Inhalt vorgelesen hat und dass – abschließend – die Parteien in seiner Gegenwart die Unterschriften unter die Erklärung gesetzt haben.

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c. Gründungsverfahren Die UG (haftungsbeschränkt) und auch die „klassische“ GmbH können seit dem 1. Nov. 2008 in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden, wenn sich höchstens drei Gesellschafter zusammenschließen und ein Geschäftsführer bestellt wird. Für beide Formen der GmbH stehen zur Auswahl: – Individuelle Satzung oder – Gesetzliche Musterprotokolle (vereinfachtes Verfahren) Für die Gründung im vereinfachten Verfahren sind die weiter unten abgedruckten Musterprotokolle zu verwenden. Darüber hinaus dürfen keine vom Gesetz abweichenden Bestimmungen getroffen werden. Das Musterprotokoll gilt zugleich als Gesellschafterliste. Standardgründungen „klassischer“ GmbHs umfassen demnach den Gesellschaftsvertrag, die Geschäftsführerbestellung und die Fertigung der Gesellschafterliste. Werden Musterprotokolle verwendet, beinhalten sie die vorgenannten drei Elemente („drei in einem“). Dadurch verringern sich die Kosten für den Notar. Die Vereinfachung durch das novellierte Gesetz liegt vor allem in der Zusammenfassung von drei Dokumenten in einem: – Gesellschaftsvertrag – Geschäftsführerbestellung und – Gesellschafterliste sowie einer kostenrechtlichen Privilegierung. Gem. § 41d Kostenordnung fallen für die notarielle Beurkundung der Gründung einer UG (haftungsbeschränkt), bei der das Stammkapital 1 € betragen kann, unter Verwendung eines Musterprotokolls folgende Kosten an:

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d. Kosten einer GmbH-Gründung bei Verwendung des Musterprotokolls 1. Beispiel: Gründung einer UG (haftungsbeschränkt), ein Gesellschafter, Stammkapital: 1 €, Verwendung des Musterprotokolls. - Beurkundung Gesellschaftsvertrag - Dokumentenpauschale (Papier) -Auslagen Post-/Telekommunikation Netto 19% USt Summe

60,00 € 2,70 € 20,00 € 74,70 € 14,19 € 88,89 €

Kosten für Handelsregisteranmeldung - Anmeldung zum Handelsregister - elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten - Dokumentenpauschale (Papier) - Dokumentenpauschale (elektronische Dateien) - Auslagen Post-/telekommunikation Netto 19% USt Summe

30,00 € 15,00 € 1,35 € 3,00 € 9,00 € 58,35 € 11,09 € 69,44 €

2. Beispiel: Gründung einer UG (haftungsbeschränkt), zwei oder mehrere Gesellschafter, Stammkapital: 1 €, Verwendung des Musterprotokolls. - Beurkundung Gesellschaftsvertrag - Dokumentenpauschale (Papier) -Auslagen Post-/Telekommunikation Netto 19% USt Summe

120,00 € 2,70 € 20,00 € 142,70 € 27,11 € 169,81 €

Kosten für Handelsregisteranmeldung - Anmeldung zum Handelsregister - elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten - Dokumentenpauschale (Papier) - Dokumentenpauschale (elektronische Dateien) - Auslagen Post-/telekommunikation Netto 19% USt Summe

30,00 € 15,00 € 1,35 € 3,00 € 9,00 € 58,35 € 11,09 € 69,44 €

e. Kennzeichen einer „klassischen“ GmbH und einer UG (haftungsbeschränkt) Beide Gesellschaften sind Kapitalgesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit (juristische Personen). Bei beiden Gesellschaften ist die Haftung auf

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das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Haftungsbeschränkung bedeutet, dass für Verbindlichkeiten der GmbH und der UG (haftungsbeschränkt) nur das Gesellschaftsvermögen haftet; nicht aber das persönliche Vermögen der Gesellschafter. Wegen dieses strikten Trennungsprinzips zwischen Privatund Gesellschaftsvermögen beschränkt sich das Risiko des einzelnen Gesellschafters darauf, dass er seine Einlage verliert. Soweit die Einlage noch nicht in voller Höhe erbracht ist, muss der Gesellschafter im Haftungsfall den Differenzbetrag entrichten. 16

f. Musterprotokoll für die Gründung einer Einpersonen-Gesellschaft UR. Nr. … Heute, den … 2009 erschien vor mir, Ingo Mustermann, Notar mit dem Amtssitz in Flensburg Herr/Frau ………… ………… ………… ………… (1.) Der Erschienene errichtet hiermit nach § 2 Absatz 1 a GmbHG eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma … mit dem Sitz in … (2.) Gegenstand des Unternehmens ist… (3.) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt … € (in Worten: … €) und wird vollständig von Herrn/Frau1…2(Geschäftsanteil Nr. 1) übernommen. Die Einlage ist in Geld zu erbringen, und zwar sofort in voller Höhe/zu 50 % sofort, im Übrigen sobald die Gesellschafterversammlung ihre Einforderung beschließt3. (4.) Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wird Herr/Frau4…, geb. am…, wohnhaft in … bestellt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit. (5.) Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem Gesamtbetrag von 300 €, höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals. Darüber hinausgehende Kosten trägt der Gesellschafter. (6.) Von dieser Urkunde erhält eine Ausfertigung der Gesellschafter, beglaubigte Ablichtungen die Gesellschaft und das Registergericht (in elektronischer Form) sowie eine einfache Abschrift das Finanzamt – Körperschaftsteuerstelle –. (7.) Der Erschienene wurde vom Notar/Notarin insbesondere auf folgendes hingewiesen: …

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Nichtzutreffendes streichen. Bei juristischen Personen ist die Anrede Herr/Frau wegzulassen. Hier sind neben der Bezeichnung des Gesellschafters und den Angaben zur notariellen Identitätsfeststellung ggf. Güterstand und die Zustimmung des Ehegatten sowie die die Angaben zu einer etwaigen Vertretung zu vermerken. Nicht Zutreffendes streichen. Bei der Unternehmergesellschaft muss die 2. Alternative gestrichen werden. Nicht Zutreffendes streichen.

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g. Musterprotokoll für die Gründung einer Mehrpersonengesellschaft mit bis zu 3 Gesellschaftern UR. Nr. … Heute, den …….2009 erschien vor mir, Ingo Mustermann, Notar/in mit dem Amtssitz in … Herr/Frau ………… Herr/Frau ………… Herr/Frau ………… (1.) Die Erschienenen errichten hier nach § 2 Absatz 1 a GmbHG eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma … mit dem Sitz in … (2.) Gegenstand des Unternehmens ist … (3.) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt € … (in Worten … €) und wird wie folgt übernommen: Herr/Frau5…6 übernimmt einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag in Höhe von … € (in Worten … €) (Geschäftsanteil Nr. 1). Herr/Frau … übernimmt einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag in Höhe von … € (in Worten … €) (Geschäftsanteil Nr. 2). Herr/Frau … übernimmt einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag in Höhe von … € (in Worten … €) (Geschäftsanteil Nr. 3). Die Einlagen sind in Geld zu erbringen, und zwar sofort in voller Höhe/zu 50 % sofort, im Übrigen, sobald die Gesellschafterversammlung ihre Einforderung beschließt7. (4.) Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wird Herr/Frau8 …, geb. am, …, wohnhaft in …, bestellt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit. (5.) Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem Gesamtbetrag von 300 €, höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals. Darüber hinausgehende Kosten tragen die Gesellschafter im Verhältnis der Nennbeträge ihrer Geschäftsanteile. (6.) Von dieser Urkunde erhält eine Ausfertigung jeder Gesellschafter, beglaubigte Ablichtungen die Gesellschaft und das Registergericht (in elektronischer Form) sowie eine einfache Abschrift das Finanzamt – Körperschaftsteuerstelle –. (7.) Die Erschienenen wurden vom Notar/Notarin insbesondere auf folgendes hingewiesen: … ______________________________

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Nicht Zutreffendes streichen. Hier sind neben der Bezeichnung des Gesellschafters und den Angaben zur notariellen Identitätsfeststellung ggf. der Güterstand und die Zustimmung des Ehegatten sowie die Angaben zu einer etwaigen Vertretung zu vermerken. Nicht Zutreffendes streichen. Bei der Unternehmergesellschaft muss die 2. Alternative gestrichen werden. Nicht Zutreffendes streichen.

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h. Verwaltungsrechtliche Genehmigungen Das Eintragungsverfahren bei Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand genehmigungspflichtig ist, ist jetzt vollständig von der verwaltungsrechtlichen Genehmigung abgekoppelt. Das trifft z. B. Handwerks- und Restaurantbetriebe oder Bauträger, die eine gewerberechtliche Erlaubnis benötigen. GmbH‘s müssen nun (wie Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften) keine Genehmigungsurkunden mehr beim Registergericht einreichen. Bislang konnte eine solche Gesellschaft nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn bereits bei der Anmeldung zur Eintragung die staatliche Genehmigungsurkunde vorlag. Das langsamste Verfahren bestimmte also das Tempo. Diese Rechtslage erschwerte und verzögerte Unternehmensgründungen in der Vergangenheit nicht unerheblich. 18

11. Limited Die englische Limited ist genau wie die deutsche GmbH eine juristische Person, die erst durch ihre Organe handlungsfähig wird. Sie hat drei Organe: die Direktoren (directors), den Schriftführer (company secretary) und die Gesamtheit der Gesellschafter (members). Der director ist dem Geschäftsführer einer GmbH vergleichbar. Für den company secretary gibt es im deutschen Recht keine Entsprechung. Ihm sind Verwaltungsaufgaben zugewiesen. Die Gesellschafter können wie die GmbH-Gesellschafter durch Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Geschicke der Limited nehmen. In Großbritannien kann eine Limited schon mit einem Mindest-Kapitaleinsatz von 1,50 € gegründet werden, und zwar im Regelfall innerhalb von 2 Wochen (im Einzelfall sogar binnen 24 Stunden). Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner notariellen Beurkundung. In England muss kein Büro unterhalten werden. Benötigt wird dort nur ein „registered office“ (Postanschrift), um die Post des englischen Registergerichts empfangen zu können. Ansonsten werden alle Geschäfte vom deutschen Büro aus unter deutscher Adresse getätigt. In Deutschland wird die Limited mit ihrer Zweigniederlassung ins deutsche Handelsregister eingetragen. In Deutschland wird eine deutsche Steuernummer beantragt. Anders als eine GmbH bedarf die Gründung einer Limited nicht der Mitwirkung eines Notars. Die Gründungskosten betragen 260 € (zu den Gründungskosten einer GmbH siehe oben unter I. B. 9). Änderungen in der Geschäftsführung, in der Zusammensetzung der Gesellschafter oder die Über-

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tragung von Gesellschaftsanteilen erfolgen ohne Mitwirkung eines Notars. Es entfällt somit bei Satzungsänderungen, die gem. § 53 Absatz 2 GmbHG bei GmbHs notariell zu beurkunden sind, Geld- und Zeitaufwand. Wer in Deutschland eine Limited betreibt, muss in England keine Steuern zahlen. Er hat jedoch in England eine Nullsteuererklärung abzugeben. Zu bedenken: Limiteds müssen beim englischen Gesellschaftsregister die jeweiligen Jahresberichte und Bilanzen einreichen – nach englischem Recht und in englischer Sprache. Andernfalls wird die Limited gelöscht; damit geht die Haftungsbeschränkung verloren. Im Zweifelsfall ist daher (Steuer- und Rechts-) Beratung vor Ort sehr zu empfehlen. Das kostet Geld. Eigentlich will man in Deutschland arbeiten und muss deshalb auch das deutsche Recht beachten, z. B. die Eintragung der Niederlassung ins Handelsregister und die Bilanzierungs- und Steuerpflicht. 12. Die Aktiengesellschaft

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Die AG ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen. Die AG hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist zwingend erforderlich und ist notariell zu beurkunden. An der Feststellung des Gesellschaftsvertrages (der Satzung) müssen sich eine oder mehrere Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen übernehmen. Das Grundkapital beträgt mindestens 50.000 €. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. Und die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister hat zu erfolgen. Die AG ist die richtige Rechtsform, wenn es darum geht, „im Großen“ zu gründen. Wenn sehr viel Geld generiert werden muss. 13. Die Kleine AG Seit 1994 gibt es die Möglichkeit, eine „kleine AG“ zu gründen. Damals wurde keine neue Form der AG begründet. Das Aktiengesetz wurde lediglich so umgestaltet, dass auch kleine Unternehmen die Schwellenangst vor der AG verloren. Kleine Unternehmer haben seit der Novellierung des AktG die Möglichkeit, langsam in ein großes Unternehmen hineinzuwachsen. Der langsam wachsende Unternehmer hat durch die Ein-Mann-Grün-

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dung die Möglichkeit, den Kreis der Aktionäre zunächst einmal klein zu halten. Zudem hält die kleine AG als einzige Gesellschaftsform die Option bereit, später (wenn das Unternehmen gewachsen ist) an die Börse zu gehen. Und mehr als eine GmbH vermittelt eine AG den Eindruck der Seriosität. Die kleine AG kann von einer einzigen Person gegründet werden. Diese zeichnet dann alle Stammaktien und wird gleichzeitig zum geschäftsführenden Vorstand bestellt. Ferner muss ein aus mindestens 3 Personen bestehender Aufsichtsrat bestellt werden. Das Mindest-Grundkapital beträgt 50.000 €. Die AG wird ins Handelsregister eingetragen. Das Gewerbe ist bei der zuständigen Behörde anzumelden. Und die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister hat zu erfolgen. 21

14. Die Genossenschaft Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern, sind „eingetragene Genossenschaften“. Genossenschaften haben einen schwerfälligen Charakter. Aufgrund der Gleichstellung der Genossen, hat jedes Mitglied ein Stimmrecht. Anders als bei einer GmbH und AG ist das Stimmrecht unabhängig vom Kapitaleinsatz. Konsequenz: Wer z. B. 1,00 € in die Genossenschaft einbringt, hat das gleiche Stimmrecht wie ein Genosse mit einem Anteil von 1 Mio. € Im Unterschied zur GmbH und AG ist kein Mindestkapital erforderlich. Es bedarf keiner notariellen Beurkundung. Der Vorstand und Aufsichtsrat einer Genossenschaft ist mit Mitgliedern zu besetzen, weil sich Genossenschaften selbst verwalten. Bekannte Beispiele für eingetragene Genossenschaften: DATEV, DENIC, taz, zahlreiche Wohnungsbau-, Handwerker- und Bankengenossenschaften. Auch der bekannte Lebensmittel-Discounter REWE ist eine eingetragene Genossenschaft. Zur Gründung einer Genossenschaft sind mindestens 7 Personen erforderlich. Sie stellen ein Statut (= Satzung) auf. Danach folgt die Wahl des Vorstandes und des Aufsichtsrates. Und schließlich erfolgt (vor der Eintragung ins Genossenschaftsregister) eine Prüfung durch einen Prüfverband. Der Prüfverband äußert sich im Rahmen eines Gutachtens zu der Frage, ob nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der Genossenschaft eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist. Letzteres ist häufig eine nicht zu überwindende Hürde für gutgläubige Mieterge-

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meinschaften, die Immobilienbesitz unter dem Rechtsmantel einer Genossenschaft „selbst verwalten wollen“. 15. REIT – Aktiengesellschaft (Real Estate Investment Trust)

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REIT-Aktiengesellschaften sind Aktiengesellschaften, deren Unternehmensgegenstand sich darauf beschränkt, Immobilien zu besitzen und/oder zu verwalten. In Deutschland sind REITs seit 1. Januar 2007 zulässig. REITs erzielen ihre Gewinne überwiegend aus der Vermietung und Verpachtung eigener Immobilien und Grundstücke. REITs müssen weder Körperschaftsteuer noch Gewerbesteuer zahlen; sie sind jedoch verpflichtet, 90% ihrer Gewinne an ihre Aktionäre auszuschütten. Die Besteuerung erfolgt ausschließlich bei den Anteilseignern. Dort unterliegen Ausschüttungen der Einkommensteuer (bei natürlichen Personen) oder der Körperschaftsteuer (bei juristischen Personen). Einzelheiten sind im Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz – REITG) geregelt und können dort nachgelesen werden. 16. WKG-Gesellschaften (Wagniskapitalgesellschaften)

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Dabei handelt es sich um Gesellschaften, die sich ausschließlich mit dem Erwerb, dem Halten, der Verwaltung und Veräußerung von Wagniskapitalbeteiligungen befassen. Das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) ist am 19. August 2008 in Kraft getreten.

C. Firma/Geschäftsbezeichnung Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Die vorerwähnte, gesetzliche Definition der Firma macht deutlich, dass die Führung einer Firma allein solchen Gewerbetreibenden vorbehalten ist, die in das Handelsregister eingetragen sind. Im Falle der Eintragung bildet die Firma (z. B. Peter und Paul Bedachungen oHG) die verbindliche Personenbezeichnung, unter der ein Unternehmer am Rechtsverkehr teilnimmt (z. B. Verträge unterzeichnet). Der bürgerliche Name tritt dahinter vollständig zurück. Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden. Geschäfts- und sog. Etablissementbezeichnungen sind Wahlnamen, die einer werbewirksamen Beschreibung des Unternehmens dienen und „schmücken-

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de“ Funktionen haben. Derlei Bezeichnungen sind z. B. Parkhotel, Teppichhaus, Fahrschule oder Schützenhaus (für eine Gaststätte). Wenn ein Kleingewerbetreibender oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (dabei handelt es sich nicht um Kaufleute i. S. d. HGB) rechtsverbindliche Handlungen vornehmen wollen, muss stets auf deren bürgerliche Namen zurückgegriffen werden. Das vorskizzierte Firmenrecht ist im § 17 HGB geregelt. In der Gewerbeordnung finden sich entsprechende Vorschriften. Dort heißt es: Gewerbetreibende, die eine offene Verkaufsstelle haben, eine Gaststätte betreiben oder eine sonstige offene Betriebsstätte haben, sind verpflichtet, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an der Außenseite oder am Eingang der offenen Verkaufsstelle, der Gaststätte oder der sonstigen offenen Betriebsstätte in deutlich lesbarer Schrift anzubringen. Gewerbetreibende, für die eine Firma im Handelsregister eingetragen ist, haben außerdem ihre Firma in der in Absatz 1 bezeichneten Weise anzubringen; ist aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit einem ausgeschriebenen Vornamen zu ersehen, so genügt die Anbringung der Firma. Der Betreiber einer Wäscherei bringt z. B. folgenden Aushang an seiner Fensterfront an: „Der Wäscheprofi e. Kfm.“, Inhaber: Peter Bosch. Auf offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien finden diese Vorschriften mit der Maßgabe Anwendung, dass für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in Betreff der Namen der Gewerbetreibenden bestimmt ist. Juristische Personen, die eine offene Verkaufsstelle haben, eine Gaststätte betreiben oder eine sonstige offene Betriebsstätte haben, haben ihre Firma oder ihre Namen in der in Absatz 1 bezeichneten Weise anzubringen. Sind mehr als 2 Beteiligte vorhanden, deren Namen in der Aufschrift anzugeben wären, so genügt es, wenn die Namen von zweien – mit einem das Vorhandensein weiterer Beteiligter andeutenden Zusatz – aufgenommen werden. Die vorgenannten Ausführungen gelten entsprechend für den Betrieb einer Spielhalle oder eines ähnlichen Unternehmens sowie für die Aufstellung von Automaten außerhalb der Betriebsräume des Aufstellers. An den Automaten ist auch die Anschrift des Aufstellers anzubringen.

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D. Bezeichnung der Firma bei Einzelkaufleuten, einer oHG oder KG Der Firmenname eines eingetragenen Kaufmanns kann den Namen des Inhabers, Sachbezeichnungen, Fantasiebezeichnungen, Buchstabenkombinationen oder auch Kombinationen der zuvor genannten Möglichkeiten enthalten. Er muss die Bezeichnung „eingetragener Kaufmann“, „eingetragene Kauffrau“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten, insbesondere „e. K.“, „e. Kfm.“ oder e. Kfr.“. Beispiele: – Der Wäscheprofi e. K. – Werner e. Kfr. – Isensee eingetragener Kaufmann – Fluschi Schuhe e. K. – FlicFlac e. Kfm. Die Firma einer offenen Handelsgesellschaft hat die Bezeichnung „offene Handelsgesellschaft“ zu enthalten oder eine allgemein verständliche Abkürzung, z. B. „oHG“. Bei einer Kommanditgesellschaft ist die Bezeichnung „Kommanditgesellschaft“ erforderlich oder eine allgemein verständliche Abkürzung, z. B. „KG“.

E. Nichtkaufmann Gewerbetreibende, für die keine Firma im Handelsregister eingetragen ist, sollten auf allen Geschäftsbriefen9, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und ihre ladungsfähige Anschrift angeben. Darunter fallen Kleingewerbetreibende und Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Vorerwähnte Angaben sind nicht erforderlich, bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen. Bestellscheine gelten stets als Geschäftsbriefe im o. g. Sinne.

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Ausführlich zu Geschäftsbriefen unter Gliederungspunkt H.

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Nichtkaufleute (Kleingewerbetreibende und Gesellschaften bürgerlichen Rechts) sind nicht berechtigt, eine Firma zu führen. Zulässig ist allerdings die Verwendung eines individuellen Logos zur Werbung und Abgrenzung von anderen Gewerbetreibenden.

F. Relevanz der Kaufmannseigenschaft Kaufleute i. S. d. Handelsgesetzbuches (HGB) unterliegen in zahlreichen Fällen strengeren Vorschriften als Nichtkaufleute. Kaufleute sind z. B. nach §§ 238ff. HGB verpflichtet, Bücher zu führen und einen Jahresabschluss (GuV und Bilanz) zu machen. Nach § 350 HGB sind auch mündliche Bürgschaftsversprechen wirksam. Schweigen gilt beim Kaufmann als Annahme gem. § 362 HGB. Und schließlich sind Kaufleute beim Abschluss von Kaufverträgen mit anderen Kaufleuten verpflichtet, etwaige Mängel der Ware unverzüglich zu rügen. Andernfalls verlieren sie ihre Gewährleistungsansprüche, siehe § 377 HGB.

G. Prozessuale Relevanz einer Firmen- und/oder Geschäftsbezeichnung In gerichtlichen Verfahren wird deutlich, warum es so wichtig ist, genau zu unterscheiden zwischen einer Firma einerseits und einer schlichten Geschäftsbezeichnung andererseits. Im Zivilprozess sind die Parteien genau zu bezeichnen; in der Zwangsvollstreckung muss unmissverständlich klar sein, gegen welche Person und wessen Vermögen sich die Vollstreckungsmaßnahme richtet. Wird z. B. ein Nichtkaufmann (Kleingewerbetreibender) verklagt, ist dessen Vor- und Zuname (ggf. Geburtsname) und Anschrift zu bezeichnen. Wird ein Einzel-Kaufmann verklagt, kann er unter seiner Firma verklagt werden. Beispiel: Verklagt wird die Spedition „Anton Meier“; Inhaber ist Herbert Wahnsinn. Dann lautet die Parteibezeichnung: In dem Rechtsstreit Kuhn gg. „die Fa. Anton Meier, Inhaber Herbert Wahnsinn“. Oder: In dem Rechtsstreit Kuhn gg. den „unter der Firma Anton Meier handelnden Kaufmann Herbert Wahnsinn“. Der Einzelkaufmann handelt „unter“, nicht „neben“ seiner Firma.

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Die oHG und KG haben ein Gesellschaftsvermögen von gewisser Selbstständigkeit. Deshalb können „neben“ der Gesellschaft die einzelnen Gesellschafter klagen oder verklagt werden. Zivilprozessual wird in solchen Fällen von Streitgenossenschaft gesprochen. Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind. Beispiel: In dem Rechtsstreit der Gustav und Walter oHG, gesetzlich vertreten durch den Kaufmann Karl Gustav und den Kaufmann Fritz Walter, gegen die Wilms AG, vertr. durch den Vorstandsvorsitzenden, Hubert Heil. Umgekehrt kann ein Gläubiger einer oHG die oHG und zusätzlich die Gesellschafter verklagen. Beispiel: Klage der Walker Spedition GmbH, vertr. durch den Gf‘er Günni Pfitz gegen 1. die BCB oHG, vertr. durch die persönlich haftenden Gesellschafter Friedhelm Olk und Sammy Deutz. 2. Friedhelm Olk. 3. Sammy Deutz. Die Firmenbezeichnung muss stets dem HGB entsprechen. Eine bloße Geschäfts- oder sog. Etablissementbezeichnung genügt nicht. Beispiel: Unzulässig ist die Klage des „Hotel zum goldenen Ochsen“ oder der „SternApotheke“. Es ist immer anzuführen der Name des Inhabers. Beispiel: Hubert Meier, Inhaber des Hotels zum goldenen Ochsen.

H. Geschäftsbriefe Geschäftsbriefe sind alle schriftlichen Mitteilungen, die der Unternehmer an einen oder mehrere Empfänger richtet, z. B. Briefe, E-Mails, Angebote, Auftragsbestätigungen, Bestell- und Lieferscheine und Quittungen. Für Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches (Einzelkaufmann, oHG, KG, GmbH, AG etc.) ergibt sich aus den jeweiligen Sondergesetzen, welche Angaben Geschäftsbriefe mindestens enthalten müssen. Es gilt für

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– Einzelkaufleute: § 37a HGB – GmbH und UG(haftungsbeschränkt): § 35a GmbHG – KG und oHG: §§ 125a, 177a HGB und § 35a GmbHG – AG: § 80 AktG. Nach den vorgenannten Gesetzen müssen Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches im Wesentlichen folgende Angaben in Geschäftsbriefen machen: – die Rechtsform (oHG, KG, GmbH, AG) – Sitz der Gesellschaft – Das Registergericht und die Nummer, unter der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist Gewerbetreibende, die nicht Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches sind, z. B. Kleingewerbetreibende und BGB-Gesellschaften, waren bis März 2009 nach § 15b GewO verpflichtet, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und ihre ladungsfähige Anschrift in Geschäftsbriefen anzugeben. § 15b GewO ist am 25. März 2009 „zum Zwecke des Bürokratieabbaus“ gestrichen worden. Trotz Wegfalls des § 15b GewO empfiehlt es sich für Nichtkaufleute, weiterhin den Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und ladungsfähiger Anschrift in Geschäftsbriefen anzugeben, um die eigene Identität zu gewährleisten und Verwechselungen mit anderen Gewerbetreibenden zu vermeiden. Das Weglassen dieser Angaben (ggü. dem Verbraucher) kann als unlautere Handlung nach § 5a UGW ausgelegt werden und einen (abmahnfähigen) Wettbewerbsverstoß darstellen10. 27

I.

Anmeldung eines Unternehmens und Bedeutung für das Finanzamt

Jeder Gewerbebetrieb muss beim zuständigen Gewerbe- bzw. Ordnungsamt der Stadt oder Gemeinde angemeldet werden. Notwendig dazu sind der Personalausweis bzw. Pass sowie evtl. besondere Genehmigungen und Nachweise. Mit der Gewerbeanmeldung werden in der Regel folgende Behörden automatisch über die Betriebseröffnung informiert: 10

Zur Abmahnung und zum Wettbewerbsrecht siehe unten Kapitel IX und X.

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– Die Berufsgenossenschaft – Die Handwerkskammer (bei Handwerksberufen) – Die Industrie- und Handelskammer – Das Finanzamt Formular Gewerbeanmeldung siehe im Anhang Freiberufler (Ärzte, Rechtsanwälte, Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler) müssen nicht bei der Stadt angemeldet werden, sondern bei dem für sie zuständigen Finanzamt. Ansprechpartner ist dabei grundsätzlich das Finanzamt, in dessen Bezirk der Freiberufler wohnt. Die Mitteilung an das Finanzamt kann telefonisch oder schriftlich erfolgen und ist innerhalb eines Monats nach Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit vorzunehmen. Der Sachbearbeiter im Veranlagungsbezirk sendet dem Anmeldenden einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung in 3-facher Ausfertigung zu. Nach der Rücksendung des Fragebogens an das Finanzamt wird eine persönliche Steuernummer erteilt. Darüber erhält der Anmeldende eine schriftliche Mitteilung. Formular Fragebogen zur steuerlichen Erfassung siehe im Anhang 1. Gewerbe ./. Freier Beruf (Abgrenzung) Die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieben und freien Berufen ist häufig schwierig. Die gewerberechtliche Definition der freien Berufe ist nicht deckungsgleich mit der steuerrechtlichen Definition. Gewerberechtlich wird von freien Berufen gesprochen, wenn eine „freie, wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit höherer Art oder eine Dienstleistung höherer Art, die eine höhere Bildung erfordert“, ausgeübt wird. Mit dem Begriff „höhere Bildung“ ist ein Hochschulabschluss oder ein Fachhochschulabschluss gemeint. Steuerlich ist in § 18 EStG der Begriff der freien Berufe definiert als „selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit“. Darunter fallen insbesondere die in § 18 EStG aufgezählten „Katalogberufe“, wie z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Weil der gewerbe- und steuerrechtliche Begriff der freien Berufe nicht einheitlich ist, entstehen immer wieder Abgrenzungsschwierigkeiten. Der Fiskus neigt dazu, selbstständig Tätige eher als Gewerbetreibende zu qualifizieren. Denn diese müssen sowohl GewSt als auch ESt entrichten.

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Wahl der Unternehmensform

Beispiele für Gewerbetreibende: Ärztepropagandistin, Artisten, Bezirksschornsteinfeger, Buchführungshilfen, Public Relation Manager, Makler. Beispiele für freiberufliche Tätigkeiten: Hebamme, Ergotherapeut, Fotomodell, Hellseher, Berufssportler. Ein gewichtiges (steuerrechtliches) Abgrenzungsmerkmal gegenüber dem Gewerbebetrieb ist die Abhängigkeit der selbstständigen Tätigkeit von der persönlichen Arbeitskraft. Gewerbliche Tätigkeiten lassen sich durch entsprechende Mitarbeiter und erhöhtem Kapitaleinsatz quasi unbegrenzt vervielfachen. „Je mehr Kapital der Gewerbetreibende einsetzt, desto mehr Umsatz erzielt er.“ Die selbstständige (freiberufliche) Arbeit zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass das geistige Vermögen und die persönliche Arbeitskraft eines Menschen im Vordergrund stehen. Ein Mensch ist leitend und eigenverantwortlich tätig. Er kann sich zwar auch mehrerer Mitarbeiter bedienen; letztlich kommt es jedoch immer auf seine fachliche Qualifikation und seine persönliche Arbeitskraft an. Beispiele: Ein praktischer Arzt oder Orthopäde. Unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter, kommt es bei der Patientenbetreuung stets auf das Wissen und Können des Berufsträgers an. Auch ein Kfz-Sachverständiger, dessen Gutachtertätigkeit in großem Umfang mathematisch-technische Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzt, ist im vorskizzierten, steuerrechtlichen Sinne selbstständig (freiberuflich) tätig; im gewerberechtlichen Sinne wird er jedoch als Gewerbetreibender anzusehen sein. 29

2. Anzeigepflichtige Personen Die Anzeigepflicht betrifft den Gewerbetreibenden. Das ist die natürliche oder juristische Person (GmbH, AG), die das Gewerbe betreiben möchte. Die Anzeige kann persönlich oder durch einen Bevollmächtigten erfolgen. Bei Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit (BGB Gesellschaft, oHG und KG) sind alle geschäftsführenden Gesellschafter anzeigepflichtig. Nicht dagegen die Gesellschaften selbst, weil sie keine eigene Rechtspersönlichkeit haben. Ebenfalls nicht anzeigepflichtig ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführer einer GmbH. Die Vorstände und Geschäftsführer sind gesetzliche Vertreter der Gesellschaften und handeln somit in deren Namen und für deren Rechnung. Sie üben nicht selbst das Gewerbe aus.

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Für Gewerbeanmeldungen sind bundeseinheitliche Vordrucke vorgeschrieben. Diese sind bei den Gemeinden erhältlich. Formular Gewerbeanmeldung siehe im Anhang. 3. Gewerbeschein

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Gewerbetreibende, die ihr Gewerbe ordnungsgemäß angemeldet haben, erhalten innerhalb von drei Tagen den „Gewerbeschein“. Beim sog. Gewerbeschein handelt es sich um einen Durchschlag des für die GewerbeAnmeldung vorgelegten Formulars. Mit der Zusendung dieses Durchschlags bescheinigt das Gewerbeamt den Empfang der Gewerbeanzeige. Gleichzeitig kann der Gewerbetreibende mit dem Durchschlag nachweisen, dass er seiner Anzeigepflicht gem. § 14 GewO nachgekommen ist. Der „Gewerbeschein“ sagt nichts darüber aus, ob der Gewerbetreibende zur Ausübung des Gewerbes berechtigt ist. Er ersetzt keine etwaigen erforderlichen Erlaubnisse. In der Regel ist für den Betrieb eines Gewerbes keine besondere Erlaubnis oder der Nachweis besonderer Fachkenntnisse erforderlich. Der Grundsatz der Gewerbefreiheit wird für bestimmte Gewerbezweige durchbrochen. Hier sieht der Staat einen besonderen Schutzbedarf und übernimmt eine Überwachungsfunktion. a. Überwachungspflichtige Gewerbe Einige Gewerbe unterliegen der staatlichen Überwachung, um den Kunden in „sensiblen“ Branchen zu schützen. Jeder, der ein überwachungspflichtiges Gewerbe ausüben möchte, muss durch Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses und eines Auszugs aus dem Gewerbezentralregister seine persönliche Zuverlässigkeit nachweisen. Nach § 38 GewO unterliegen z. B. die nachgenannten Tätigkeiten der Überwachungspflicht: – Handel mit Altmetall – Auskunftei und Detektei – Ehe- und Partnerschaftsvermittlung – Gebrauchtwarenhandel – Handel mit Gebäudesicherungseinrichtungen und diebstahlsbezogenem Öffnungswerkzeug – Reisebüros – Schlüsseldienste und Unterkunftsvermittlung.

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Wahl der Unternehmensform

b. Erlaubnispflichtige Gewerbe Erlaubnispflichtig sind gewerbliche Tätigkeiten, die durch Missbrauch und fahrlässigem Umgang das Allgemeinwohl und den Schutz bestimmter Personenkreise gefährden können. Die Anforderungen an Gewerbetreibende sind bei den erlaubnispflichtigen Gewerben wesentlich höher als bei den überwachungspflichtigen Gewerben. Erlaubnispflichtige Gewerbe sind regelmäßig spezialgesetzlich geregelt, z. B. im Arzneimittelgesetz oder Kreditwesengesetz. Zu den erlaubnispflichtigen Gewerben gehören z. B.: – Bankgeschäfte – Arzneimittel (Großhandel, Import, Export und Herstellung) – Darlehensvermittlung – Finanzdienstleistungen – Gaststättenbetrieb mit Alkoholausschank – Gefahrguttransporte – Immobilienmakler – Personentransport – Abschleppunternehmen – Spielgeräteaufstellung. Hinsichtlich der konkreten Zulassungsvorsetzungen und anderen erlaubnispflichtigen Tätigkeiten ist es dringend angeraten, die entsprechenden Informationen bei der zuständigen Erlaubnisbehörde einzuholen. Informationen sind auch bei den örtlichen Industrie- und Handelskammern erhältlich.

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J.

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Gründungzuschuss für Selbstständige §§ 93,94 SGB III

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer – bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt, – der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und – ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt. Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden. Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente erforderliche Lebensjahr (67.) vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten. Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro. Der Gründungszuschuss kann für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel an der Geschäftstätigkeit, kann die Agentur für Arbeit verlangen, dass ihr erneut eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt wird.

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II. Steuern des Unternehmers im Überblick Umsatzsteuer Wer? Jeder Unternehmer, Ausnahme: z. B. Ärzte, Vermieter von Wohnund Geschäftsraum. Wann?

Monatlich oder quartalsweise. Beträgt die USt für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500,00 €, ist die Voranmeldung monatlich abzugeben. Betrug die USt im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 1.000,00 €, kann das FA den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Hinweis für JUNG-Unternehmer: Wer mit seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit beginnt, hat im laufenden und im folgenden Kalenderjahr die Voranmeldungen monatlich abzugeben.

Vorsteuer abziehen Wer? Jeder umsatzsteuerpflichtige Unternehmer. Wann?

Bei der Entrichtung der Umsatzsteuer.

Einkommensteuer Wer? Unternehmer (als natürliche Person). Wann?

Vierteljährliche Vorauszahlung. Steuererklärung nach Ablauf des Kalenderjahres.

Körperschaftsteuer Wer? GmbH, AG, eG. Wann?

Vierteljährliche Vorauszahlung. Steuererklärung nach Ablauf des Kalenderjahres.

Gewerbesteuer Wer? Alle Gewerbetreibende (nicht Freiberufler und Landwirte). Wann?

Vierteljährliche Vorauszahlung. Steuererklärung nach Ablauf des Kalenderjahres.

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Steuern des Unternehmers im Überblick

Kirchensteuer Wer? Konfessionsgebundene Unternehmer. Wann?

Vierteljährliche Vorauszahlung, Steuer-Erklärung nach Ablauf des Kalenderjahres (gemeinsam mit Einkommensteuer).

Lohnsteuer Wer? Arbeitgeber für den Arbeitnehmer. Wann?

Je nach Zeitraum der Lohnzahlung (wöchentlich, monatlich).

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III. Steuern des Unternehmers im Detail A. Umsatzsteuer 1. Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer? Umsatzsteuer: Auf die vom Unternehmer getätigten Umsätze, z. B. auf Warenverkäufe und auf die Erbringung von Dienstleistungen, wird eine Steuer fällig, die Umsatzsteuer. Diese wird häufig auch als „Mehrwertsteuer“ bezeichnet. Der Unternehmer muss die von ihm ausgeführten Umsätze der Umsatzsteuer unterwerfen, d. h., er ist grundsätzlich verpflichtet, den Kunden diese Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen und an das Finanzamt abzuführen. 2. Die Vorsteuer Andererseits wird dem Unternehmer Umsatzsteuer von anderen Unternehmern in Rechnung gestellt, z. B. beim Einkauf von Waren. Diese Steuer darf ein Unternehmer als sog. Vorsteuer von seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt abziehen; das ist der sog. Vorsteuerabzug. 3. Unternehmer im Sinne des UStG Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Unternehmer ist ein zentraler Begriff für die Umsatzsteuer. Der Unternehmer ist Schuldner der Umsatzsteuer, d. h., er zahlt die Umsatzsteuer an das Finanzamt. Nur ein Unternehmer kann einen Vorsteuerabzug geltend machen. Der Unternehmer muss umsatzsteuerliche Pflichten erfüllen, z. B. muss er USt-Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen abgeben. Als Unternehmer kommen in Betracht Einzelpersonen, Personenvereinigungen, z. B. oHG, KG, GbR und juristische Personen des privaten Rechts, z. B. GmbH und AG. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Bund, Land, Stadt) kommen als Unternehmer in Betracht. Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten, nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Handeln. Vorbereitungshandlungen begründen bereits die Unternehmereigenschaft.

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Steuern des Unternehmers im Detail

4. Kann ein Unternehmer mehrere Unternehmen haben im Sinne des UStG? Nein. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers gem. § 2 Absatz 1 Satz 2 UStG. Ein Unternehmer kann daher zwar mehrere Betriebe, aber nur ein Unternehmen führen. Hat der Unternehmer mehrere Betriebe, so sind die Umsätze in einer Voranmeldung bzw. in einer Jahreserklärung zusammenzufassen. Beispiel: Bruno Paselacki eröffnet zeitgleich eine Gastwirtschaft und einen Gebrauchtwagenhandel. Damit ist er Unternehmer. Für beide Tätigkeiten hat er eine Voranmeldung pro Voranmeldungszeitraum bzw. eine einzige Jahreserklärung einzureichen. Grundsätzlich werden alle Umsätze, die im Inland ausgeführt werden, besteuert. Insoweit wird von steuerbaren Umsätzen gesprochen. Eine Besteuerung entfällt beim Vorliegen einer Steuerbefreiung. Zu den steuerbaren Umsätzen gehören: – Lieferungen und sonstige Leistungen (z. B. Warenverkäufe, Erbringung von Dienstleistungen) – die Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet (z. B. Warenbezüge aus nicht EUStaaten) – der innergemeinschaftliche Erwerb (z. B. Warenbezüge aus EU-Staaten) 5. Lieferungen liegen vor, wenn an Gegenständen die Verfügungsmacht verschafft wird. Der Verkauf und die Übergabe eines Gegenstandes stellt eine Lieferung dar. 6. Sonstige Leistungen sind hingegen Leistungen, die keine Lieferungen sind. Als sonstige Leistungen kommen z. B. in Betracht, Dienstleistungen (Reparaturen, Beratungen) und Gebrauchs- und Nutzungsüberlassungen (Vermietung, Verpachtung, Darlehensgewährung); auch die Rechts- und Steuerberatung fallen darunter. Insbesondere bei Vermietungsleistungen ist zu beachten, dass der Vermieter zur Umsatzsteuer optieren kann. Lieferungen und sonstige Leistungen sind nur dann der Umsatzsteuer zu unterwerfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: – die Unternehmereigenschaft muss gegeben sein

Steuern des Unternehmers im Detail

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– die Lieferung oder sonstige Leistung muss im Rahmen des Unternehmens ausgeführt sein – die Lieferung oder sonstige Leistung muss im Inland ausgeführt sein – die Lieferung oder sonstige Leistung muss gegen Entgelt (Geld, Gegenstände, sonstige Leistungen) ausgeführt worden sein Zur Vermeidung eines unversteuerten Verbrauchs werden bestimmte Vorgänge (z. B. die Nutzung eines Unternehmensgegenstandes für private Zwecke) einer Lieferung gegen Entgelt bzw. einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt, obwohl tatsächlich kein Entgelt geleistet wurde (Privatentnahmen). Beispiel: Bruno Paselacki betreibt ein Haushaltswarengeschäft. Er entnimmt aus seinem Ladenlokal einen Briefkasten, den er mit Vorsteuerabzug für sein Unternehmen gekauft hatte und befestigt den Briefkasten an seinem privaten Einfamilienhaus. Bei der Anschaffung des Briefkastens konnte Bruno Paselacki die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Ohne eine steuerliche Belastung der Entnahme mit Umsatzsteuer wäre Paselacki gegenüber dem „normalen“ Käufer bevorteilt. Die Entnahme des Briefkastens wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt und unterliegt damit der Umsatzsteuer. Außerdem wird die Entnahme bei der Einkommensteuer gewinnerhöhend berücksichtigt. 7. Der Steuersatz Die Umsatzsteuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz grundsätzlich 19 % (Regelsteuersatz). Daneben existiert ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Die ermäßigt zu besteuernden Umsätze sind in § 12 Absatz 2 UStG abschließend aufgezählt. Nur 7 % USt unterliegen z. B.: – die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von lebenden Tieren, von Nahrungsmitteln, von Büchern, von Zeitungen und anderen Erzeugnissen des grafischen Gewerbes – die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker – bestimmte Personenbeförderungen

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Steuern des Unternehmers im Detail

8. Entstehung der Umsatzsteuer Die Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen ist entweder nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen. In der Regel wird die Umsatzsteuer nach den vereinbarten Entgelten berechnet. Während bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Leistungsausführung abgestellt wird, kommt es bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten auf den Zahlungseingang an. Eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kommt nur auf Antrag in folgenden Fällen in Betracht gem. § 20 Absatz 1 UStG: – der Gesamtumsatz hat im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 € betragen – der Unternehmer ist von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, befreit worden – der Unternehmer hat Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs ausgeführt. Erhaltene Anzahlungen sind sowohl bei der Besteuerung nach vereinbarten als auch nach vereinnahmten Entgelten in dem Voranmeldungszeitraum der Besteuerung zu unterwerfen, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist. 36

B. Einkommensteuer des Unternehmers/Selbstständigen Unternehmer/Selbstständige sind einkommensteuerpflichtig (ESt). Bei Arbeitnehmern wird in diesem Zusammenhang stets von der Lohnsteuer (LSt) gesprochen. Unterschiedlich ist dabei nur die Erhebungsform der Steuer: Bei Arbeitnehmern wird die ESt monatlich vom Arbeitslohn einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Weil die Steuer direkt vom Arbeitslohn einbehalten wird, hat sich der Begriff Lohnsteuer durchgesetzt. Selbstständige zahlen die ESt im Vorauszahlungsverfahren (§ 37 EStG). Sie müssen vierteljährlich festgesetzte Vorauszahlungen an das Finanzamt abführen. Die Höhe der Vorauszahlungen bemisst sich regelmäßig nach der ESt, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Mit dem ESt-Bescheid für das letzte Jahr erhält der Unternehmer/Selbstständige den Vorauszahlungsbescheid für das laufende Jahr und das Folgejahr. Vorauszahlungen werden nur festgesetzt, wenn der Unternehmer/Selbstständige im Kalenderjahr mindestens 400,00 € ESt zu zahlen hat; also pro

Steuern des Unternehmers im Detail

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Vorauszahlungszeitpunkt (10. März, 10. Juni, 10. Sep. und 10. Dez.) mindestens 100,00 €. Ergeben sich im Laufe eines Jahres Änderungen ggü. den Vorjahreswerten, kann jederzeit ein Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungsbeträge gestellt werden.

C. Körperschaftsteuer

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Die KSt ist wie alle anderen Steuerarten von zahlreichen Besonderheiten im Detail gekennzeichnet. Um die vorliegenden Ausführungen nicht zu überfrachten, wird nachfolgend schematisch dargestellt, wie sich bei einer juristischen Person (z. B. GmbH) die Steuer ermittelt. Beispiel: Bruno Paselacki ist einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der XGmbH. Die X-GmbH erzielt 2014 vor Steuern einen Gewinn von 100,00 €. Seit dem 1. Januar 2008 beträgt der KSt-Tarif 15 %. Der Hebesatz der Gemeinde für die GewSt soll 400 % betragen. 1. Gesellschaftsebene Gewinn vor Steuern:

100,00 €

GewSt (100 € x 3,5 % x 400 %)

14,00 €

KSt (100 € x 15 %)

15,00 €

Solidaritätszuschlag (15 € x 5,5 %)

0,83 €

Summe steuerliche Belastung

29,83 €

Summe steuerliche Belastung in Prozenten

29,83 %

2. Anteilseigner-Ebene Wenn die GmbH den Gewinn nach Steuern (70,17 €) z. B. an den AlleinGesellschafter ausschüttet, greift beim Gesellschafter seit 01.01.2009 die Abgeltungssteuer Platz.

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Steuern des Unternehmers im Detail

Abgeltungssteuer 2014 Einnahmen aus Kapitalvermögen

70,17 €

ESt (2009 – 25 %)

17,54 €

Solidaritätszuschlag (5,5 %) Summe Steuer des Gesellschafters

0,96 € 18,50 €

Nach Abzug der KSt, GewSt, Soli (29,83 €) bei der GmbH und der Abgeltungssteuer beim Gesellschafter (18,50 €) bleiben von 100 € Gewinn nach Steuern 51,67 € übrig. Der Fiskus erhält mit 48,33 € nahezu den halben Gewinn. 38

D. Gewerbesteuer Gewerbesteuerpflichtig sind alle Gewerbetreibenden. Zum Begriff des Gewerbetreibenden siehe oben unter RN 28. Die Gewerbesteuer wird von den Gemeinden erhoben. Gem. § 4 Absatz 5b EStG ist die Gewerbesteuer keine Betriebsausgabe. Sie mindert nicht den Gewinn des Unternehmens. 1. Die Ermittlung der Gewerbesteuer/Allgemeines Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag. Dieser berechnet sich schematisch dargestellt wie folgt: Gewinn + Hinzurechnungen (25 % Hinzurechnung sämtlicher Zinsen und Finanzierungsanteile) ./. Kürzungen (z.B. für Grundstücke im Betriebsvermögen) Gewerbeertrag

Aus dem Gewerbeertrag ermittelt das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag. Der Gewerbesteuermessbetrag wird der zuständigen Stadt/Gemeinde mitgeteilt. Nach Anwendung des Hebesatzes durch die Gemeinde ergibt sich die zu zahlende Gewerbesteuer. Die Höhe des örtlichen Hebesatzes beträgt z. B. in Gelsenkirchen 480 %. Einzelunternehmen und Personengesellschaften (oHG, KG) wird ein Freibetrag von 24.500 € gewährt, d. h., bei einem Gewerbeertrag bis zu 24.500 € fällt überhaupt keine Gewerbesteuer an.

Steuern des Unternehmers im Detail

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2. GewSt-Vorauszahlungen Für die Gewerbesteuer gelten folgende Vorauszahlungstermine: 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11. 39

3. Steuerermäßigung gem. § 35 EStG Um die Gewerbesteuerzahllast von Gewerbetreibenden im Rahmen der Einkommensteuer zu kompensieren, gewährt § 35 Absatz 1 EStG für die von einem Gewerbetreibenden zu tragende Gewerbesteuerbelastung eine Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer in Höhe des 3,8 fachen des Gewerbesteuermessbetrages. 4. Beispiel zur Gewerbesteuer incl. Steuerermäßigung gem. § 35 EStG Der Einzel-Unternehmer Bruno Paselacki aus Gelsenkirchen verzeichnet 2014 einen Gewinn vor Steuern i. H. v. 124.500 €. Hinzurechnungen oder Kürzungen nach dem GewStG kommen nicht in Betracht. Der Hebesatz der Stadt Gelsenkirchen beträgt 480 %. Gewinn

=

124.500 €

Gewerbeertrag

=

124.500 €

./. Freibetrag

=

24.500 €

zu berücksichtigender Gewerbeertrag

100.000 €

Anwendung der Steuermesszahl (Prozentsatz) auf den Gewerbeertrag: 100.000 € x 3,5 % = 3.500 € Der Gewerbesteuermessbetrag beziffert auf 3.500 €. Zuletzt ist auf den Gewerbesteuermessbetrag der Hebesatz der Gemeinde anzuwenden: 3.500 € x 480 % = 16.800 € Der Einzel-Unternehmer Bruno Paselacki schuldet der Stadt Gelsenkirchen für das Kalenderjahr 2014 Gewerbesteuern i. H. v. insgesamt 16.800 €. Zur Steuerermäßigung gem. § 35 EStG: Im obigen Beispiel betrug der Gewerbesteuermessbetrag 3.500 €. Bei Anwendung des Anrechnungsfaktors von 3,8 auf 3.500 € ergibt sich ein Steuerermäßigungsbetrag bei der Einkommensteuer i. H. v. 13.300 €.

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Steuern des Unternehmers im Detail

Für den Unternehmer Bruno Paselacki bedeutet die Steuerermäßigung, dass er von den ursprünglich 16.800 € GewSt – bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise – letztlich 3.500 € zu tragen hat. Der darüber hinausgehende Betrag i. H. v. 13.300 € wird durch die Anrechnung bei der Einkommensteuer kompensiert. Hinweis: Je niedriger die Hebesätze in einer Gemeinde sind, desto größer ist die Kompensationswirkung der Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer. Im vorgenannten Beispiel betrüge die Gewerbesteuer bei einem Hebesatz der Gemeinde von 380 % insgesamt 13.300 €. Die gewerbesteuerliche Belastung würde über das Anrechungsverfahren bei der Einkommensteuer vollständig aufgehoben. Die Hebesätze der deutschen Gemeinden sind sehr unterschiedlich. Über die Festsetzung der Hebesätze betreiben die Gemeinden einen „Steuerwettbewerb“, um Unternehmen und damit Arbeitsplätze anzulocken. Diesem Wettbewerb hat der Gesetzgeber zwar Schranken gesetzt, indem er in § 16 Absatz 4 Satz 2 GewStG einen Mindest-Hebesatz von 200 % geregelt hat. Das bestehende Hebesatzgefälle beeinflusst die Investorenentscheidungen innerhalb Deutschlands nicht unerheblich. Beispiele unterschiedlicher Hebesätze: München

490 %

Hamburg

470 %

Bochum

450 %

Stuttgart

420 %

Berlin

410 %

Erfurt

470 %

Landshut

420 %

Lüneburg

420 %

Norderfriedrichskoog

310 %

Steuern des Unternehmers im Detail

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E. Kirchensteuer

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Die KirSt beträgt 2014 in den meisten Bundesländern 9 % der ESt/LSt. Nur in Baden-Württemberg und Bayern werden 8 % erhoben. In den Fällen der LSt-Pauschalierung gilt in vielen Bundesländern ein Steuersatz von 7 %. Manche Länder, z. B. Berlin und Thüringen, erheben bei der LSt-Pauschalierung nur 5 %. Der ermäßigte Steuersatz trägt dem Umstand Rechnung, dass nicht alle Arbeitnehmer einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören. Zu beachten ist, dass mit der pauschalen LSt von 2 % bei Mini-Jobbern die KirSt abgegolten ist. Bundesweit! Details ergeben sich aus den Kirchensteuergesetzen der einzelnen Bundesländer.

F. Lohnsteuer (§§ 38 ff. EStG)

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Die Papier-Lohnsteuerkarte hat ausgedient. Seit dem 1. Januar 2013 erfolgt der Lohnsteuerabzug mit der elektronischen Lohnsteuerkarte. Der Fachbegriff dazu lautet ELStAM ("Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale") Daten der Mitarbeiter, wie zum Beispiel Steuerklasse, Zahl der Kinder oder Freibeträge, müssen nicht mehr per Hand erfasst werden. Auch Veränderungen, etwa nach der Geburt eines Kindes, werden durch monatliche Änderungslisten elektronisch bereitgestellt. Die Merkmale sind in einer Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern (www.bzst.de) gespeichert. Zudem haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre gültigen ELStAM („Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale“) im ElsterOnline-Portal (www.elsteronline. de) einzusehen. Dazu ist eine einmalige, kostenfreie Registrierung mit der steuerlichen Identifikationsnummer erforderlich. 1. Verfahren zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale Das Bundeszentralamt für Steuern bildet für jeden Arbeitnehmer grundsätzlich automatisiert die Steuerklasse und für die bei den Steuerklassen I bis IV zu berücksichtigenden Kinder die Zahl der Kinderfreibeträge als Lohnsteuerabzugsmerkmale. Soweit das Finanzamt Lohnsteuerabzugsmerkmale bildet, teilt es sie dem Bundeszentralamt für Steuern zum Zweck der Bereitstellung für den automatisierten Abruf durch den Arbeitgeber mit. Lohnsteuerabzugsmerkmale sind frühestens bereitzustellen mit Wirkung von Be-

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Steuern des Unternehmers im Detail

ginn des Kalenderjahres an, für das sie anzuwenden sind, jedoch nicht für einen Zeitpunkt vor Beginn des Dienstverhältnisses. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert zum Zweck der Bereitstellung automatisiert abrufbarer Lohnsteuerabzugsmerkmale für den Arbeitgeber u. a. folgende Lohnsteuerabzugsmerkmale unter Angabe der Identifikationsnummer: – rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft sowie Datum des Eintritts und Austritts, – melderechtlichen Familienstand sowie den Tag der Begründung oder Auflösung des Familienstands und bei Verheirateten die Identifikationsnummer des Ehegatten, – Kinder mit ihrer Identifikationsnummer. Die nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Behörden (Meldebehörden) haben dem Bundeszentralamt für Steuern unter Angabe der Identifikationsnummer und des Tages der Geburt die vorbezeichneten Daten und deren Änderungen im Melderegister mitzuteilen. Bei Kindern besteht die Mitteilungspflicht nur, wenn das Kind mit Hauptwohnsitz oder alleinigem Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich der Meldebehörde gemeldet ist und solange das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sofern die Identifikationsnummer noch nicht zugeteilt wurde, teilt die Meldebehörde die Daten unter Angabe des vorläufigen Bearbeitungsmerkmals mit. Für die Datenübermittlung gilt die Zweite Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung vom 31. Juli 1995 (BGBl. I S. 1011), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. März 2011 (BGBl. I S. 325) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern hält die Identifikationsnummer, den Tag der Geburt, Merkmale für den Kirchensteuerabzug und die Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers zum unentgeltlichen automatisierten Abruf durch den Arbeitgeber nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz bereit (elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale). Bezieht ein Arbeitnehmer nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn, sind für jedes weitere Dienstverhältnis elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale zu bilden. Das Bundeszentralamt für Steuern führt die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers zum Zweck ihrer Bereitstellung mit der Wirtschafts-Identifikationsnummer des Arbeitgebers zusammen. Der Arbeitnehmer hat jedem seiner Arbeitgeber bei Eintritt in das Dienstverhältnis zum Zweck des Abrufs der Lohnsteuerabzugsmerkmale mitzuteilen,

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– wie die Identifikationsnummer sowie der Tag der Geburt lauten, – ob es sich um das erste oder ein weiteres Dienstverhältnis handelt und – ob und in welcher Höhe ein festgestellter Freibetrag abgerufen werden soll. Der Arbeitgeber hat bei Beginn des Dienstverhältnisses die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale für den Arbeitnehmer beim Bundeszentralamt für Steuern durch Datenfernübertragung abzurufen und sie in das Lohnkonto für den Arbeitnehmer zu übernehmen. Für den Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale hat sich der Arbeitgeber zu authentifizieren und seine Wirtschafts-Identifikationsnummer, die Daten des Arbeitnehmers, den Tag des Beginns des Dienstverhältnisses und etwaige Angaben zu Freibeträgen mitzuteilen. Zur Plausibilitätsprüfung der Identifikationsnummer hält das Bundeszentralamt für Steuern für den Arbeitgeber entsprechende Regeln bereit. Der Arbeitgeber hat den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses unverzüglich dem Bundeszentralamt für Steuern durch Datenfernübertragung mitzuteilen. Beauftragt der Arbeitgeber einen Dritten mit der Durchführung des Lohnsteuerabzugs, hat sich der Dritte für den Datenabruf zu authentifizieren und zusätzlich seine WirtschaftsIdentifikationsnummer mitzuteilen. Die abgerufenen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind vom Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs des Arbeitnehmers anzuwenden, bis – ihm das Bundeszentralamt für Steuern geänderte elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale zum Abruf bereitstellt oder – der Arbeitgeber dem Bundeszentralamt für Steuern die Beendigung des Dienstverhältnisses mitteilt. Die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind in der üblichen Lohnabrechnung anzugeben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die vom Bundeszentralamt für Steuern bereitgestellten Mitteilungen und elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale monatlich anzufragen und abzurufen. Gegenüber dem Arbeitgeber gelten die Lohnsteuerabzugsmerkmale mit dem Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale als bekannt gegeben. Einer Rechtsbehelfsbelehrung bedarf es nicht. Die Lohnsteuerabzugsmerkmale gelten gegenüber dem Arbeitnehmer als bekannt gegeben, sobald der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Ausdruck der Lohnabrechnung mit den darin ausgewiesenen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen ausgehändigt oder elektronisch bereitgestellt hat. Die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Steuerpflichtigen auf Antrag vom

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zuständigen Finanzamt mitzuteilen oder elektronisch bereitzustellen. Wird dem Arbeitnehmer bekannt, dass die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale zu seinen Gunsten von den zu bildenden Lohnsteuerabzugsmerkmalen abweichen, ist er verpflichtet, dies dem Finanzamt unverzüglich mitzuteilen. Der Steuerpflichtige kann beim zuständigen Finanzamt – den Arbeitgeber benennen, der zum Abruf von elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen berechtigt ist (Positivliste) oder nicht berechtigt ist (Negativliste). Hierfür hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seine Wirtschafts-Identifikationsnummer mitzuteilen. Macht der Steuerpflichtige von seinem Recht Gebrauch, hat er die Positivliste, die Negativliste, die allgemeine Sperrung oder die allgemeine Freischaltung in einem bereitgestellten elektronischen Verfahren oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck dem Finanzamt zu übermitteln. Werden wegen einer Sperrung einem Arbeitgeber, der Daten abrufen möchte, keine elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale bereitgestellt, wird dem Arbeitgeber die Sperrung mitgeteilt und dieser hat die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Betriebsstättenfinanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten zulassen, dass er nicht am Abrufverfahren teilnimmt. Dem Antrag eines Arbeitgebers ohne maschinelle Lohnabrechnung, der ausschließlich Arbeitnehmer im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung in seinem Privathaushalt beschäftigt, ist stattzugeben. Der Arbeitgeber hat dem Antrag unter Angabe seiner Wirtschafts-Identifikationsnummer ein Verzeichnis der beschäftigten Arbeitnehmer mit Angabe der jeweiligen Identifikationsnummer und des Tages der Geburt des Arbeitnehmers beizufügen. Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck jährlich zu stellen und vom Arbeitgeber zu unterschreiben. Das Betriebsstättenfinanzamt übermittelt dem Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs für ein Kalenderjahr eine arbeitgeberbezogene Bescheinigung mit den Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers (Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug) sowie etwaige Änderungen. Diese Bescheinigung sowie die Änderungsmitteilungen sind als Belege zum Lohnkonto zu nehmen und bis zum Ablauf des Kalenderjahres aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses unverzüglich dem Betriebsstättenfinanzamt mitzuteilen. Ist einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer keine Identifikationsnummer zugeteilt, hat das Wohnsitzfinanzamt auf Antrag eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug für die Dauer eines Kalenderjahres auszustellen. Diese Bescheinigung ersetzt die Verpflichtung und Be-

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rechtigung des Arbeitgebers zum Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale. Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs hat der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber vor Beginn des Kalenderjahres oder bei Eintritt in das Dienstverhältnis die nach Satz 1 ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorzulegen. Der Arbeitgeber hat die Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug entgegenzunehmen und während des Dienstverhältnisses, längstens bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres, aufzubewahren. Ist die Wirtschafts-Identifikationsnummer noch nicht oder nicht vollständig eingeführt, tritt an ihre Stelle die Steuernummer der Betriebsstätte oder des Teils des Betriebs des Arbeitgebers, in dem der für den Lohnsteuerabzug maßgebende Arbeitslohn des Arbeitnehmers ermittelt wird. 2. Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte (Minijobs) a. Allgemeines Bei Aushilfskräften ist zu unterscheiden zwischen kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse und geringfügig entlohnte Beschäftigungen (Minijobs). Kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse, z. B. Studentenjobs in den Semesterferien, Aushilfskellnerin in den Sommermonaten oder Saisonarbeiter, zeichnen sich durch zwei Besonderheiten aus: – Kurzfristig Beschäftigte unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht. Es fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an. – Die Lohnsteuer wird entweder nach dem Regelverfahren entrichtet oder pauschal mit 25 %. Geringfügig entlohnte Beschäftigungen (Minijobs) können von der Sozialversicherungspflicht befreit sein; sie können jedoch auch sozialversicherungspflichtig sein. Wenn ein Minijobber von der Sozialversicherungspflicht befreit ist, kann der Arbeitgeber pauschal 2 % Lohnsteuer abführen. Dann muss der Arbeitgeber allerdings auch 15 % pauschal an die Rentenversicherung und 13 % an die Krankenversicherung zahlen. Wenn ein Minijobber nicht von der Sozialversicherungspflicht befreit ist, kann der Arbeitgeber pauschal 20 % Lohnsteuer abführen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen dann die normalen Sozialversicherungsbeiträge je zu ½ zahlen. Möglich ist in beiden der vorerwähnten Fälle, dass der Arbeitgeber des Minijobbers die Regelbesteuerung durchführt.

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Beispiel: Unternehmer Lug beabsichtigt, zum 1. Januar 2014 eine Teilzeitkraft (MiniJob auf 450,00 € Basis) einzustellen. An der vakanten Arbeitsstelle ist eine 35 Jahre alte Verkäuferin interessiert, die wegen einer Babypause 3 Jahre lang nicht berufstätig war. Sie ist über ihren Ehegatten in der Krankenversicherung familienversichert. Sie ist konfessionsgebunden und möchte vor Abschluss des Arbeitsvertrages wissen, wieviel Geld sie netto bei dem avisierten Minijob verdienen wird. Unternehmer Lug möchte wissen, ob und wieviel er zusätzlich zu den 450,00 € zu zahlen hat. Sozialversicherungsrecht: Es handelt sich um eine geringfügige Beschäftigung. Seit dem 1. Januar 2013 liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 450,00 € nicht übersteigt gem. § 8 Absatz 1 Nr. 1 SGB IV. Die Mitarbeiterin wäre somit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Rentenversicherung (RV), Arbeitslosenversicherung (AV) und Pflegeversicherung (PV) versicherungsfrei. Sie müsste keine Beiträge zahlen. Unternehmer Lug hätte jedoch pauschal 13 % des Monatsverdienstes an die GKV (58,50 €) und 15 % pauschal an die RV (67,50 €) zu entrichten. Zum GKV-Beitrag siehe § 249b SBG V; zum RV-Beitrag siehe § 172 Absatz 3 SGB VI. Zusätzlich ist noch ein Umlagebeitrag U1 von 0,7 % (3,15 €) für Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und ein Umlagebeitrag U2 von 0,14 % (0,63 €) zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaftsgeld zu zahlen. Seit 01.01.2010 ist zudem die monatliche Insolvenzgeldumlage von 0,15 % (0,68 €) an die Krankenkassen/MinijobZentrale zu entrichten. Bis 31.12.2008 lag diese Zuständigkeit bei den Unfallversicherungsträgern. Zu den Umlagen U1 und U2 können Einzelheiten nachgelesen werden im Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG). Der Unternehmer hat demnach bei einem Minijob, der mit 450,00 € netto monatlich an die Arbeitnehmerin bezahlt wird, zusätzlich 130,46 € pauschal an Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Hinzu kommt die pauschale Steuerzahlung i. H. v. 2 % (9,00 €). Der Unternehmer, der eine Minijobberin zu 450,00 € netto beschäftigt, hat somit insgesamt 139,46 € an Steuern und Sozialversicherungsabgaben monatlich zu leisten.

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Übersicht: Beiträge/Steuern/Umlagen

Beitragsgruppe

Pauschal zur Krankenversicherung Pauschale zur Rentenversicherung Einheitliche Pauschsteuer Umlage für Krankheitsaufwendungen (80 %) Umlage für Mutterschaftsaufwendungen (100 %) Insolvenzumlage

6000 0500 St U1 U2 InsO

Prozentsatz 13,00 % 15,00 % 2,00 % 0,70 % 0,14 % 0,15 % 30,99 %

30,99 % von 450,00 € = 139,46 € zzgl. netto = 450,00 € Gesamtaufwand Unternehmer = 589,46 € b. Besonderheiten der Sozialversicherung seit 01.01.2013 für Minijobs Oben wurde bereits ausgeführt, dass Minijobber in allen Zweigen der Sozialversicherung (KV, PV, RV und AV) befreit sind. Nimmt der Arbeitgeber die Pauschalversteuerung i. H. v. 2 % vor, muss er zusätzlich pauschal 15 % RV-Beiträge und 13 % KV-Beiträge, die Umlagebeiträge U1 und U2 sowie die Insolvenzgeldumlage zahlen. Zu beachten: Seit dem 01.01.2013 sind Minijobber generell bei der Rentenversicherung (zwangs-) versichert. Mit der Folge, dass jeder Minijobber bei der Pauschalversteuerung i. H. v. 2 % zusätzlich die Differenz zum regulären RV-Beitrag zahlen muss. In 2014 beträgt der reguläre RV-Beitrag 18,9 %. Davon trägt der Arbeitgeber 15 % und der Arbeitnehmer 3,9 % (17,55 €). Der Minijobber bekommt demnach in den Fällen, in denen die Pauschalversteuerung i. H. v. 2 % stattfindet und er in der Rentenversicherung (automatisch) versichert ist, tatsächlich 432,45 € netto ausgezahlt. 450,00 € 17,55 € (3,9 % RV-Anteil Arbeitnehmer) 432,45 € Lässt sich der Minijobber von der RV-Pflicht befreien, entfällt sein Eigenanteil und es bleibt bei der Auszahlung von 450,00 €. ./

Steuerrecht: Unternehmer Lug kann auf die Vorlage der Lohnsteuerkarte verzichten und die Lohnsteuer pauschal abführen. Die pauschale Lohnsteuer beträgt monatlich 2 % von 450,00 €; das entspricht 9,00 € (§ 40a Absatz 2 EStG). Bei der

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Lohnsteuerpauschalierung ist der Arbeitgeber Schuldner der Lohnsteuer, vgl. § 40 Absatz 3, S. 2 EStG. Die Mitarbeiterin würde somit bei Anwendung der Steuerpauschalierung (und der Befreiung von der RV-Pflicht) bei einem monatlichen Verdienst von 450,00 € den gesamten Betrag netto ausgezahlt bekommen. Unternehmer Lug hat zusätzlich pauschal die Beiträge zur SV (130,46 €) und die Lohnsteuer (9,00 €) abzuführen. Er ist bei vorskizzierter Vorgehensweise mit 539,46 € monatlich belastet. Würde Unternehmer Lug nicht auf die Vorlage der Lohnsteuerkarte verzichten und die Regelbesteuerung durchführen, wären von den 450,00 € die Lohnsteuer und die Zuschlagsteuern (KirSt und Soli) zu Lasten der Mitarbeiterin einzubehalten und an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abzuführen. – Bei der Regelbesteuerung ist der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer gem. § 38 Absatz 2 EStG. Die Besteuerung erfolgte auf der Grundlage der Steuerklasse V. Danach entsteht eine monatliche Lohnsteuer i. H. v. 40,25 €. Die Kirchensteuer beträgt 3,62 € (9 % von 40,25 €); der Solidaritätszuschlag 2,21 € (5,5 % von 40,25 €). Von den 450,00 € wären insgesamt 46,08 € Steuern an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abzuführen. Der Netto-Verdienst der Mitarbeiterin betrüge bei der Regelbesteuerung monatlich 403,92 €. Sozialversicherungsrechtlich ist zu beachten, dass der Arbeitgeber zusätzlich zu den vorgenannten 450,00 € die pauschalen Zahlungen zur RV, KV, die Umlagen U1 und U2 und die Insolvenzgeldumlage von insgesamt 130,46 € zu leisten hat. c. Wegfall des bürokratischen Aufwands bei Mini Jobs Die seit dem 1. April 2003 geltende Neuregelung zu den Mini-Jobs hat zur Folge, dass die monatlichen Beitragsnachweise zur Krankenversicherung und die Lohnsteueranmeldungen zum Betriebsstättenfinanzamt grundsätzlich entfallen. Seit 1. April 2003 ist die Pauschsteuer zusammen mit den SV-Beiträgen vom Arbeitgeber an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See/Verwaltungsstelle Cottbus zu zahlen, § 40a Absatz 6 EStG.

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d. Ergänzende Hinweise zur Sozialversicherung aa. Arbeitslosenversicherung (AV): Gemäß § 25 Absatz 1 SGB III sind in der AV die Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Grundsätzlich wäre daher die Mitarbeiterin im obigen Beispiel versicherungspflichtig. Gemäß § 27 Absatz 2 SGB III sind jedoch Personen in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei. Somit entfällt eine Versicherungspflicht der geringfügig Beschäftigten in der AV. ab. Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): In der GKV sind z. B. Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, gemäß § 5 Absatz 1 SGB V versicherungspflichtig. Wer aber eine geringfügige Beschäftigung ausübt, ist in der GKV gemäß § 7 SGB V versicherungsfrei. Versicherungsfreiheit bedeutet grundsätzlich auch, dass keine Beiträge für die betroffene Person an die Krankenversicherung zu zahlen sind. Für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse enthält § 249b SGB V eine Sonderregelung. Danach gilt: Der Arbeitgeber einer geringfügigen Beschäftigung hat für Versicherte, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig sind, einen Beitrag in Höhe von 13 % des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung zu tragen. Pauschale GKV-Beiträge setzen also voraus, dass der geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer (Minijobber) überhaupt in der GKV versichert ist. Für geringfügig Beschäftigte, die nicht in der GKV versichert sind, ist kein pauschaler Beitrag zu zahlen, z. B. Beamter, der in der Hauptbeschäftigung privat versichert ist; das gilt z. B. auch für Selbstständige, die privat krankenversichert sind und als geringfügig Beschäftigte arbeiten. Die Mitarbeiterin im obigen Beispiel ist familienversichert und daher Versicherte in der GKV. Wäre die Verkäuferin im obigen Beispiel mit einem Beamten verheiratet und bei einer privaten Versicherung krankenversichert, müsste Unternehmer Lug keine Pauschalbeiträge zur GKV entrichten. Er hätte demnach mtl. 58,50 € weniger an Sozialversicherungsbeiträgen zu zahlen (58,50 € = 13 % von 450,00 €).

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ac. Zur Rentenversicherung (RV): Die Versicherungspflicht zur RV ist in den §§ 1–4 SGB VI geregelt. Aus § 5 SGB VI ergibt sich, wer versicherungsfrei ist, z. B. Beamte, Studenten und Rentner, die eine Vollrente wegen Alters beziehen. Auch geringfügig Beschäftigte sind rentenversicherungsfrei gem. § 5 Absatz 2 Nr. 1 SGB VI. Das SGB VI enthält jedoch (wie das SGB V für die GKV) Sonderregeln für die Rentenversicherung bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Aus § 168 Absatz 1 Nr. 1b SGB VI und § 172 Absatz 3 SGB VI ergibt sich, dass der Arbeitgeber für geringfügig Beschäftigte 15 % des Arbeitsentgelts als Rentenversicherungsbeitrag zu zahlen hat (auch wenn es sich dabei um Beamte, Rentner und Selbstständige handelt). e. Warum entfallen bei einer geringfügig (familienversicherten) Beschäftigten Beiträge zur Pflegeversicherung? Gemäß § 20 SGB XI ist in der sozialen Pflegeversicherung (PV) versicherungspflichtig, wer in der GKV versicherungspflichtig ist. Die Verkäuferin im obigen Beispiel ist in der GKV über ihren Ehegatten familienversichert. Sie ist nach dem oben Ausgeführten in der GKV nicht pflichtversichert. Demnach scheidet eine Versicherungspflicht in der PV aus. Das hat zur Folge, dass im Rahmen des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses keine Beiträge zur PV zu entrichten sind. § 10 SGB V regelt die gesetzliche Krankenversicherung von Familienangehörigen, die in eigener Person die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der GKV nach § 5 SGB V nicht erfüllen. § 10 SGB V begründet ein eigenständiges Versicherungsverhältnis der Familienangehörigen. Dementsprechend können Familienangehörige das Bestehen ihrer Familienversicherung und der daraus resultierenden Leistungsansprüche selbst geltend machen; sie sind im sozialgerichtlichen Verfahren selbst aktiv legitimiert. Die Familienversicherung besteht zwar bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes, sie ist aber – „keine Versicherung kraft Gesetzes“ – nach dem Sprachgebrauch des SGB V. Die Familienversicherung begründet keine Mitgliedschaft! Rechte und Pflichten, die eine Mitgliedschaft voraussetzen, werden durch die Familienversicherung nicht begründet.

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f. Ergänzende Hinweise zu „Mini-Jobber“ und die Möglichkeiten der Besteuerung (1) Regelbesteuerung gem. §§ 38ff. EStG. In diesem Fall werden die Lohn- und Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers einbehalten und vom Arbeitgeber an das zuständige Finanzamt abgeführt. Zu beachten ist stets, dass nur der Arbeitnehmer Lohnsteuer schuldet, der mit seinem zu versteuerndem Einkommen den jeweiligen Grundfreibetrag überschreitet. Für Alleinstehende beträgt der Grundfreibetrag zur Zeit 8.354,00 € im Jahr. Wer als lediger Minijobber im Laufe des Jahres 5.400,00 € (12 x 450,00 €) verdient, muss überhaupt keine Lohnsteuer zahlen. Soweit im Rahmen der Regelbesteuerung ausnahmsweise einmal für einen Minijobber Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt gezahlt wurde, kann der Minijobber am Jahresende die Erstattung der LSt-Zahlungen beantragen. Für Verheiratete beziffert der Grundfreibetrag mit 16.708,00 €. Arbeitet ein Ehepartner im Laufe eines Jahres als Minijobber und erfolgt die Regelbesteuerung nach Steuerklasse V, weil der andere Ehepartner nach Steuerklasse III versteuert wird, ist am Jahresende zu prüfen, ob das gemeinsame zu versteuernde Einkommen über 16.708,00 € liegt. Liegt es darunter, werden gezahlte Lohnsteuerbeträge vom Finanzamt erstattet. (2) Pauschalierung 2 % Der Arbeitgeber kann gem. § 40a Absatz 2 EStG bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer pauschal i. H. v. 2 % des Arbeitsentgelts erheben. Voraussetzung dafür ist, dass er für den geringfügig Beschäftigten pauschale Versicherungsbeiträge an die Rentenversicherung zahlt. (3) Pauschalierung 20 % Schließlich kann der Arbeitgeber gem. § 40a Absatz 2a EStG bei geringfügig Beschäftigten die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz i. H. v. 20 % des Arbeitsentgelts zzgl. 7 % KirSt und 5,5 % Solidaritätszuschlag erheben. Voraussetzung dafür ist, dass für den geringfügig Beschäftigten keine pauschalierten Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet werden gem. § 168 Absatz 1 Nr. 1b SGB VI und § 172 Absatz 3 SGB VI. Beispiel: Der Arbeitnehmer A ist ganztags bei der Klausen GmbH als Buchhalter – in allen Zweigen der Sozialversicherung – versicherungspflichtig beschäftigt. Als Übungsleiter Sport ist er mehrfach in der Woche für einen gemeinnüt-

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zigen Verein tätig. Dort erhält er mtl. 500,00 €. Weil er seinen Kindern Unterhalt schuldet, arbeitet er regelmäßig an den Wochenenden in einem Kiosk. Dort bekommt er eine mtl. Vergütung von 250,00 €. Die erste Nebentätigkeit (Übungsleiter) ist sozialversicherungsfrei, weil die durchschnittliche mtl. Vergütung die 450,00 €-Grenze nicht übersteigt. (500,00 € minus 200,00 € Übungsleiterfreibetrag gem. § 3 Nr. 26 EStG ergibt 300,00 €). Hier ist die Pauschalierung gem. § 40a Absatz 2 EStG möglich (2 % pauschale LSt und 28,99 % pauschale Beiträge zur RV, GKV und U1, U2 + Insolvenzumlage) oder die Regelbesteuerung. Die zweite Nebentätigkeit (Kiosk) ist sozialversicherungspflichtig. Das Gehalt unterliegt der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (sofern mit der Hauptbeschäftigung nicht bereits die Höchstbeträge in den einzelnen Versicherungszweigen entrichtet werden). Hier greift § 40a Absatz 2 EStG nicht ein, weil keine pauschalierten RV-Beiträge zu zahlen sind. Am Platze ist jedoch § 40a Absatz 2a EStG, d. h., möglich ist die Steuerpauschalierung i. H. v. 20 % zzgl. 7 % KirSt und 5,5 % Solidaritätszuschlag oder die Regelbesteuerung. Arbeitgeber und Minijobber zahlen je ½ der Sozialversicherungsbeiträge. Allerdings kein AV-Beitrag für die geringfügige Beschäftigung, siehe oben. Merke: Für geringfügig Beschäftigte sind grundsätzlich Pauschbeträge zur Rentenversicherung zu zahlen. Das gilt selbst dann, wenn sie nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, z. B. Beamte und Selbstständige. Merke: Der Minijobber hat eine (versicherungspflichtige) Hauptbeschäftigung und zwei Nebenbeschäftigungen. Die 1. Nebenbeschäftigung ist versicherungsfrei. Für sie hat der betroffene Arbeitgeber pauschal die Beiträge zur GKV und RV zu entrichten. Die 2. Nebenbeschäftigung wird mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet. Für sie tritt allgemeine Versicherungspflicht ein. Konsequenz: Es sind Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zu zahlen. Die pauschalen Beiträge zur GKV und RV entfallen. Damit scheidet die Steuerpauschalierung i. H. v. 2 % gem. § 40a Absatz 2 EStG aus. Der Arbeitgeber kann in derlei Fällen die Steuerpauschalierung gem. § 40a Absatz 2a EStG i. H. v. 20 % zzgl. 7 % KirSt und 5,5 % Solidaritätszuschlag durchführen. Möglich ist auch die Regelbesteuerung.

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Hinweis: Eine kurzfristige und eine geringfügige Beschäftigung müssen nicht zusammengerechnet werden. Kurzfristig im Sinne des Steuerrechts ist eine Beschäftigung gem. § 40a Absatz 1 EStG, wenn der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt wird, die Dauer der Beschäftigung 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt und der Arbeitslohn 62,00 € pro Arbeitstag nicht übersteigt. Beispiel: Studentin Amanda arbeitet als Urlaubsvertretung 2 Wochen lang bei der Schiefer GmbH. Sie verdient dort 60,00 € pro Arbeitstag (10 Tage x 60,00 € = 600,00 €). Die 2 %-Pauschalierung der Lohnsteuer scheidet aus, weil sie mtl. mehr als 450,00 € verdient. Deshalb ist die Arbeitgeberin auch nicht verpflichtet, pauschal Beiträge zur RV abzuführen. Somit stehen in diesem besonderen Fall zwei Möglichkeiten offen für die Erhebung der Lohnsteuer: Regelbesteuerung oder Pauschalierung gem. § 40a Absatz 1 EStG (25 % LSt, 7 % KirSt, 5,5 % Soli). Für kurzfristige Beschäftigungen i.S. d. Sozialversicherungsrechts fallen SV-Beiträge überhaupt nicht an. Gem. § 8 Absatz 1 Nr. 2 SGB IV handelt es sich um eine kurzfristige Beschäftigung, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ist. Typischer Fall: Saisonarbeitskräfte in der Gastronomie. Die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen zu den pauschalen GKVund RV-Beiträgen gelten nicht für kurzfristige Beschäftigungen i.S. d. § 8 Absatz 1 Nr. 2 SGB IV. Für kurzfristig Beschäftigte i.S. d. Sozialversicherungsrechts sind keine SVBeiträge zu zahlen. Sie sind sozialversicherungsfrei! Hinsichtlich der Besteuerung gibt es bei kurzfristigen Arbeitsverhältnissen zwei Möglichkeiten: – Regelbesteuerung oder – pauschale Besteuerung gem. § 40a Absatz 1 EStG 25 % Lohnsteuer des Entgelts 7 % pauschale Kirchensteuer von der LSt 5,5 % Solidaritätszuschlag von der LSt

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g. Aktuelle Hinweise der Minijob-Zentrale (Übungsleiterfreibetrag/2.400,00 €) Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter in Sportvereinen, als Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbare Tätigkeiten sowie für Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen sind ab 1. Januar 2013 bis zur Höhe von 2.400,00 € im Kalenderjahr (mtl. 200,00 €) steuerfrei. Der sog. Übungsleiterfreibetrag hat sich somit von 2.100,00 € auf 2.400,00 € um 300,00 € erhöht. h. Grafische Zusammenfassung Minijobs Regelbesteuerung

Pauschale LSt 2 %

Pauschale LSt 20 %

Pauschale RV- und KV-Beiträge des Arbeitgebers

Pauschale RV- und KV-Beiträge des Arbeitgebers

Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen je ½ der SV-Beiträge

(keine AV-Beiträge) Nur bei der pauschalen 2 % Lohnsteuer erfolgen alle Zahlungen (SVBeiträge und LSt) an die Minijobzentrale. In den übrigen Fällen werden die Minijobber bei der jeweiligen Krankenkasse gemeldet. Die LSt wird an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abgeführt. i. Grafische Zusammenfassung kurzfristige Beschäftigungen Regelbesteuerung Keine SV-Beiträge

Pauschal 25 % LSt Keine SV-Beiträge

Die LSt wird an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abgeführt. 46

j. Vergabe von Betriebsnummern – zentrale Vergabestelle Ab dem 1. Januar 2008 ist bundesweit die zentrale Betriebsnummernstelle der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken für die Vergabe und Pflege der Betriebsnummern sowie der in diesem Zusammenhang erforderlichen Betriebsdaten zuständig. Die Anschrift lautet: Regionaldirektion Betriebsnummernservice Postfach 10 18 44 66018 Saarbrücken Tel.: 0180 –1 664 466.

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k. Abfindungen wegen Beschäftigungsende

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Abfindungen, die für den Verlust des Arbeitsplatzes bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen vom Arbeitgeber an den Minijobber gezahlt werden, sind lohnsteuerpflichtig. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber für solche Zahlungen die LSt im Regelverfahren (also auf der Grundlage der LSt-Karte) einzubehalten und an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt abzuführen hat. Derlei Abfindungen stellen jedoch kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung dar. Deshalb sind davon keine Pauschalbeiträge an die MinijobZentrale abzuführen. l. Hinweise zum Arbeitsrecht bei „Mini-Jobbern“ Arbeitsrechtlich sind Mini-Jobs so zu behandeln, wie alle anderen Arbeitsverhältnisse. Konsequenz: Geringfügig Beschäftigten ist daher – 6 Wochen lang das Gehalt weiterzuzahlen, wenn sie wegen Krankheit arbeitsunfähig sind, – bezahlter Urlaub zu gewähren (mind. vier Wochen), – bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses sind die (gesetzlichen) Mindestkündigungsfristen einzuhalten. 3. Kirchensteuer Die Kirchensteuer beträgt grundsätzlich 9% der Lohnsteuer. In den Fällen der Lohnsteuerpauschalierung beziffert die Kirchensteuer auf 7%. Zu beachten ist, dass mit der pauschalen Lohnsteuer für „Mini Jobber“ i. H. v. 2% die Kirchensteuer abgegolten ist. Dieser Pauschsteuersatz ist auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keiner oder keiner erhebungsberechtigten Kirche angehört. 4. Erklärungs- und Zahlungsfristen der Lohnsteuer § 41a EStG Die Anmeldung und der Fälligkeitstermin ist abhängig von der Höhe der Lohnsteuer. Betrug die Vorjahressteuer mehr als 4.000 €, ist die Lohnsteuer monatlich bis zum 10. des Folgemonats anzumelden und fällig. Betrug die Vorjahressteuer mehr als 1.000 €, jedoch weniger als 4.000 €, erfolgt die Anmeldung der Lohnsteuer ¼-jährlich zum 10. April, 10. Juni, 10. Oktober des laufenden Jahres und 10. Januar Folgejahres. Für die Fälligkeit gelten die vorgenannten Termine entsprechend.

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Steuern des Unternehmers im Detail

Hat die Vorjahressteuer nicht mehr als 1.000 € betragen, ist die Lohnsteuer jährlich zum 10. Januar des Folgejahres anzumelden. Zum selben Zeitpunkt wird sie auch fällig. Voraussichtliche LSt

Abführung ans FA

bis 1.000 €

jährlich

1.001 € bis 4.000 €

vierteljährlich

über 4.000 €

monatlich

Die Lohnsteueranmeldung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Arbeitgeber oder von einer zu seiner Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben. Der Arbeitgeber wird von der Verpflichtung zur Abgabe weiterer Lohnsteuer-Anmeldungen befreit, wenn er Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer einzubehalten oder zu übernehmen hat, nicht mehr beschäftigt und das dem Finanzamt mitteilt. Zu beachten ist, dass die angemeldete Lohnsteuer ohne weitere Zahlungsaufforderung zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu entrichten ist. Bei Zahlung durch Banküberweisung gilt eine sog. Zahlungsschonfrist von 3 Tagen. Bei Neugründungen im Laufe eines Kalenderjahres sind die voraussichtlichen Jahressteuerbeträge zu schätzen. Für die Lohnsteuer (pauschaliert oder Regelbesteuerung) ist jeweils das zuständige Betriebsstättenfinanzamt zuständig. Nur die oben erörterte pauschale Lohnsteuer von 2 % bei den Mini-Jobs ist an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See/Verwaltungsstelle Cottbus zu zahlen. 49

5. Lohnsteuerkarte Die Lohnsteuerkarte 2010 war die letzte Kartonlohnsteuerkarte (§ 39 Absatz 1, Satz 1 EStG). Sie galt für 2010 und 2011. Ab 1. Januar 2012 können Arbeitgeber die benötigten Daten, die bisher auf der Kartonlohnsteuerkarte vermerkt waren, bei der Finanzverwaltung elektronisch abrufen. Seit 1. Januar 2013 findet das ELStAM-Verfahren Anwendung, RN 41.

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IV. Steuerliche Sonderprobleme A. Steuerlicher Vergleich Einzelunternehmen ./. Ein-Personen-GmbH Beispiel: Ein lediger Jungunternehmer (konfessionslos) möchte im Januar 2014 von Ihnen wissen, für welche Rechtsform er sich entscheiden soll. Er könnte als Einzel-Unternehmer oder als Ein-Mann-GmbH sein Gewerbe in Gelsenkirchen betreiben. Der Hebesatz dort beträgt 480 %. Es wird unterstellt, dass der Jungunternehmer im VZ 2014 als Einzelunternehmer einen Gewinn vor Gewerbesteuer i. H. v. 45.000,00 € erzielt. Die Ein-Mann-GmbH würde ihm ein Geschäftsführergehalt i. H. v. 45.000,00 € brutto zahlen. Der Gewinn der GmbH bezifferte nach Auszahlung des Geschäftsführergehalts auf 0,00 €. Wozu könnten Sie ihm auf der Grundlage der Steuergesetze 2014 raten? Lösung 1: Steuerliche Belastung als Einzelunternehmer Gewerbesteuer: Gewinn vor Steuern:

45.000,00 €

GewSt: Gewerbeertrag: ./. Freibetrag

45.000,00 € ./.

24.500,00 € 20.500,00 €

Gewerbesteuermessbetrag: 717,15 € 20.500,00 € x 3,5 % = 717,15 € Gewerbesteuer: 717,15 € x Hebesatz 717,15 € x 480 % =

3.444,00 €

Bei der Einkommensteuer bleibt unberücksichtigt, dass der Jungunternehmer von seinem Gewinn 3.444,00 € GewSt zu zahlen hat. Die GewSt ist nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig

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Steuerliche Sonderprobleme

Einkommensteuer: Einkünfte aus Gewerbebetrieb (nach Gewerbesteuer):

45.000,00 €

z. v. E.

45.000,00 €

tarifl. ESt gem. § 32a EStG (228,74 x z + 2397) x z + 971 = tarifl. ESt Ermittlung „z“: „z“ ist ein Zehntausendstel des 13.469 € übersteigenden Teils des z. v. E. 45.000,00 € minus 13.469,00 € = 31.531,00 € 31.53100 € : 10.000 = 3,1531 z = 3,1531 Berechnung der tarifl. ESt nach oben genannter Formel:

9.260,16 €

Zu Gunsten des Einzelunternehmers wäre abschließend die Steuerermäßigung gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Abzug zu bringen: Die Steuerermäßigung beträgt das 3,8 fache des GewerbesteuerMessbetrages. Das sind 3,8 x 717,15 € = 2.725,17 € 9.260,16 € ./. 2.725,17 € 6.534,99 € Zwischenergebnis: Als Einzelunternehmer müsste er im VZ 2014 Gewerbesteuer i. H. v. 3.444,00 € und ESt i. H. v. 6.534,99 € zahlen. Die Steuerbelastung betrüge insgesamt 9.978,99 €. Lösung 2: Steuerliche Belastung bei einer Ein-Mann-GmbH Steuerliche Belastung der GmbH: Gewinn vor Gewerbesteuer ./. Geschäftsführergehalt: Gewinn GmbH

45.000,00 € ./. 45.000,00 € 0,00 €

Das Geschäftsführergehalt wird bei der GmbH als Betriebsausgabe behandelt. Die GmbH hat im VZ 2014 mangels Gewinn weder KSt noch GewSt zu entrichten.

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Steuerliche Sonderprobleme

Persönliche steuerliche Belastung des Geschäftsführers: Beim Geschäftsführer ist das Gehalt als Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen. Geschäftsführergehalt

45.000,00 €

./. WK § 9a S. 1 Nr. 1 EStG

1.000,00 €

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

44.000,00 €

Gesamtbetrag der Einkünfte

44.000,00 €

./. SA 1 (§ 10c Absatz 1 EStG)

11

./. SA 2 (§ 39b Absatz 2 Nr. 3 EStG)

36,00 € 8.447,00 €

Hinweis zu SA 2 : RV pauschal 4.253,00 € KVpauschal 3.420,00 € PV pauschal 574,00 € z. v. E. 35.517,00 € tarifl. ESt gem. § 32a EStG (228,74 x z + 2397) x z + 971 € = tarifl. ESt Ermittlung „z“: „z“ ist ein Zehntausendstel des 13.469 € übersteigenden Teils des z. v. E. 35.517,00 € minus 13.469,00 € = 22.048,00 € 22.048,00 € : 10.000 = 2,2048 z = 2,2048 Berechnung der tarifl. ESt nach oben genannter Formel: 7.367,84 €

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Der Sonderausgabenpauschbetrag SA 1 bezieht sich z. B. auf bestimmte Unterhaltszahlungen, Kirchensteuer und Schulgelder. Der Sonderausgabenpauschbetrag SA 2 pauschaliert ab Veranlagungszeitraum 2010 Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Bei Arbeitnehmern, die in der gesetzlichen RV pflichtversichert sind, wird eine Vorsorgepauschale berücksichtigt, die bezogen auf den Arbeitslohn 50 % des Arbeitnehmerbeitrages zur gesetzlichen RV entspricht. Im obigen Beispielsfall beträgt der Eigenanteil des Arbeitnehmers zur gesetzlichen RV 9,45 % von 45.000,00 € = 4.453 €. Bezogen auf die Krankenversicherung wird der Arbeitnehmeranteil in Form des ermäßigten Beitragssatzes berücksichtigt; also 7,6 % von 45.000 € = 3.420 € (allgemeiner Beitragssatz: 15,5 %, ermäßigter Beitragssatz: 14,9 %). Schließlich wird für die Pflegeversicherung eine Vorsorgepauschale berücksichtigt, die dem Arbeitnehmeranteil (1,025 %) entspricht (ggf. mit Zuschlag von 0,25 % für Kinderlose), also 1,275 %). Im Beispielsfall sind das 574 €. Insgesamt errechnet sich aus den drei vorgenannten Beträgen die Vorsorgepauschale von 8.447,00 €.

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Ergebnis: Würde der Jungunternehmer eine Ein-Mann-GmbH gründen, müsste er 2014 weder KSt noch GewSt zahlen. Als Geschäftsführer wäre er im VZ 2014 mit einer tarifl. ESt i. H. v. 7.367,84 € belastet. Als Einzelunternehmer müsste er 3.444 € GewSt und 6.534,99 € ESt zahlen, also insgesamt 9.978,94 €. Die Rechtsform GmbH brächte demnach einen Steuervorteil von insgesamt 2.611,15 €. 51

B. Das Firmenfahrzeug: Betriebliche und private Nutzung/1%-Regelung 1. Allgemeines Die sog. 1-Prozent-Regelung ist begrenzt auf Fahrzeuge, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden. Der betrieblichen Nutzung werden alle Fahrten zugerechnet, die betrieblich veranlasst sind, d. h. in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Deshalb gelten auch die Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betrieb und Familienheimfahrten als betrieblich veranlasst. Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist vom Steuerpflichtigen glaubhaft zu machen. Dazu kann er sich z. B. eines Fahrtenbuchs bedienen. Keine Glaubhaftmachung ist erforderlich, wenn sich bereits aus der Art und dem Umfang der Tätigkeit des Unternehmers ergibt, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, z. B. bei Taxiunternehmern und Handelsvertretern. Auf einen Nachweis der betrieblichen Nutzung kann erst recht verzichtet werden, wenn bereits die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb mehr als 50 % der Jahreskilometerleistung ausmachen. Beispiel: Der Betrieb befindet sich 50 km weit entfernt von der Wohnung des Unternehmers. Die Jahreskilometerleistung des Autos beträgt 30.000 km. Der Unternehmer fährt an 230 Tagen zu seinem Betrieb. Der Anteil der Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb an der gesamten Jahreskilometerleistung beziffert mit 76,66 % (23.000 km). In derlei Fällen ist eine Glaubhaftmachung der mehr als 50 %igen betrieblichen Veranlassung entbehrlich.

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2. Aktuelles Beispiel zur 1%-Regelung Wer als Unternehmer ein Fahrzeug sowohl betrieblich als auch privat nutzt, soll hinsichtlich des privaten Nutzungsanteils genau so behandelt werden, wie jeder andere Steuerpflichtige auch. Das bedeutet, dass als betrieblicher Aufwand (als gewinnmindernde Betriebsausgabe) nur anerkannt wird, was betrieblich veranlasst ist. Nur insoweit darf auch die Erstattung der Vorsteuern erfolgen. Der Teil der Ausgaben, der auf den privaten Nutzungsanteil entfällt, darf den Gewinn nicht mindern. Denn Kosten der allgemeinen Lebensführung darf niemand von der Steuer absetzen. Damit der private Nutzungsanteil „einfach“ ermittelt werden kann, gibt es die 1%-Regelung. Danach gilt als privater Nutzungsanteil pro Monat 1 % des Bruttolistenpreises pro Monat im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattungen. Beispiel: Unternehmer Klug wohnt in Dortmund. Sein Betrieb befindet sich in Köln. Im Januar 2014 hat er ein (Firmen-) Auto zum Kaufpreis von 35.700 € incl. 19 % USt erworben. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs beträgt 6 Jahre. Für das Jahr 2014 macht er folgende Angaben: Die einfache Entfernung zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb beträgt 70 km. Er pendelte an 220 Tagen zwischen Wohnung und Betrieb (30.800 km). Durch Fahrten zu seinen Kunden fielen 20.000 km an. Für Fahrten in den Urlaub und zur Erledigung privater Einkäufe waren 10.000 km zu verzeichnen. Benzinkosten hatte er i. H. v. 5.355 € incl. 19 % USt. Die Inspektionskosten betrugen 3.570 € incl. 19 % USt. Für die Kfz-Vers. und KfzSt zahlte er 1.000 € (umsatzsteuerfrei). Ein Fahrtenbuch führte er nicht. Unternehmer Klug glaubt, „mein Auto kostet mich nichts; ich setzte alles ab und kriege sogar noch die Umsatzsteuer (Vorsteuer) erstattet.“ Wer sein Betriebsfahrzeug auch für private Fahrten nutzt, muss sich am Ende eines jeden Wirtschaftsjahres den privaten Nutzungsanteil gewinnerhöhend zurechnen lassen zzgl. der USt (!). Und: Die Aufwendungen, die auf Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb entfallen, sind Betriebsausgaben, dürfen aber den Gewinn nicht mindern gem. § 4 Absatz 5, Nr. 6 EStG. Demzufolge sind am Jahresende entsprechende Gewinnkorrekturen vorzunehmen. In 2014 hat Unternehmer Klug alle laufenden Kosten für den PkW i. H. v. 9.925 € (incl. USt) als Betriebsausgaben erfasst. Vom Finanzamt erhielt er die Vorsteuer (auf laufende Kosten) i. H. v. 1.425 € und aus dem Kaufpreis

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für das Auto (5.700 €) erstattet. Als AfA für sein Auto brachte er zusätzlich 5.000 € in Ansatz. Demnach hat er (nach seiner Rechnung) insgesamt 13.500 € für laufende Kosten netto zzgl. der AfA als Betriebsausgaben abgesetzt, d. h., seinen Gewinn um 13.500 € gemindert. Weil er das Auto beruflich und privat nutzt, muss er den privaten Nutzungsanteil zzgl. Umsatzsteuer am Jahresende seinem Gewinn wieder hinzurechnen. Das geschieht pauschal über die 1%-Regelung. Danach hat er sich für jeden Kalendermonat 1 % des Brutto-Listenpreises, also insgesamt 4.284 € (12 Monate x 357 €) zzgl. USt anrechnen zu lassen. Die Kosten für das Auto lassen sich in umsatzsteuerbare (Inspektion, Reparatur, Benzin) und umsatzsteuerfreie (KfzSt und KfzVers.) unterteilen. Die Vorsteuer, mit der die Benzin- und Inspektionskosten belastet waren, hat er als Unternehmer vom Finanzamt erstattet bekommen. Die KfzSt und die KfzVers. sind nicht mit Umsatzsteuer belastet. Insofern kam es nicht zu einer Vorsteuererstattung. Damit er steuerlich wie jeder andere Bürger auch behandelt wird, muss er bei der Hinzurechnung des privaten Nutzungsanteils die entsprechende Umsatzsteuer hinzurechnen. Dazu sind die umsatzsteuerbaren und von den umsatzsteuerfreien Kosten zu trennen. Demnach wären (eigentlich) die Inspektions-, Reparatur- und Benzinkosten gesondert herauszurechnen (weil mit Umsatzsteuer belastet) und zum privaten Nutzungsanteil die entsprechende Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Hinsichtlich der Kosten für KfzSt und KfzVers. wäre „nur“ der private Nutzungsanteil netto zu ermitteln. Eine Hinzurechnung von Umsatzsteuer scheidet insoweit aus. Zur Vereinfachung der vorskizzierten Ermittlung der jeweils mit bzw. ohne Umsatzsteuer entstandenen Kosten darf die Summe aller Kosten netto der Buchführung entnommen und davon ein Anteil pauschal als umsatzsteuerfrei berücksichtigt werden. Das geschieht, indem von dem (netto) Privatanteil i. H. v. 4.284 € pauschal 20 % für umsatzsteuerfreie Kostenanteile herausgerechnet werden; das sind rd. 856 €. Danach verbleiben 3.428 €. Dieser Summe werden 19 % USt hinzugerechnet; das sind 651 €. 4.284 € ./. 856 €

pauschal USt‘frei

3.428 € 651 € 4.079 €

19 % USt

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Zuletzt muss sich Unternehmer Klug 4.935 € (4.079 € incl. 19 % USt und die 856 € netto) als privaten Nutzungsanteil nach der 1%-Regelung hinzurechnen lassen. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb wurden 30.800 km zurückgelegt. Die Kosten dafür wurden während des Jahres 2014 in der Buchführung als Betriebsausgaben erfasst. Nach § 4 Absatz 5 Nr. 6 EStG sind die Aufwendungen, die auf die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb entfallen, zwar Betriebsausgaben, aber sie dürfen den Gewinn nicht mindern. Bei pauschalierter Ermittlung dieses Kostenanteils sind deshalb 0,03 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer für jeden Monat anzurechnen. Ohne Umsatzsteuer! 12 Monate x 70 km x 10,71 € = 8.996 € Unternehmer Klug hat demnach für das Jahr 2014 für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb eine Gewinnkorrektur i. H. v. 8.996 € vorzunehmen, d. h., in dieser Höhe steigt sein Gewinn. Wie jeder andere Bürger auch darf Unternehmer Klug für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb für jeden Entfernungskilometer und jeden Arbeitstag die Kilometerpauschale i. H. v. 0,30 € in Ansatz bringen. Demnach sind abzugsfähig: 70 km x 0,30 € x 220 Tage = 4.620 € Per Saldo werden Unternehmer Klug somit für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb 4.376 € wieder hinzugerechnet. Hinzuzurechnen: Abzugsfähig:

8.996 € ./. 4.620 €

Summe:

4.376 €

Letztlich erfolgt zu Lasten des Unternehmers Klug eine Gewinnkorrektur i. H. v. 9.311 €. Von den ursprünglich als Betriebsausgaben erfassten 13.500 € netto bleiben – nach den Korrekturmaßnahmen – effektiv nur 4.189 € als anzuerkennende Betriebsausgaben übrig. Gebuchte Betriebsausgaben 2010:

13.500 €

Privater Nutzungsanteil:

./. 4.935 €

Nichtabzugsfähige BA:

./. 4.376 €

Effektiv abzugsfähig:

4.189 €

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Unternehmer Klug könnte ein Fahrtenbuch führen. Würde er das machen, wären die Kosten, die auf seine Privatfahrten entfallen, präzise von den betrieblich veranlassten Kosten zu trennen. Im obigen Beispiel entfielen von 60.800 km „gerade mal“ 10.000 km auf Privatfahrten. Das sind 16 % der Gesamtleistung. Werden von den Gesamtkosten i. H. v 13.500 € anteilig 16 % ermittelt, sind das 2.160 €. Der betriebliche Kostenanteil beträgt danach 84 % = 11.340 €. In diesem Beispielsfall wäre die Fahrtenbuchmethode für den Unternehmer offensichtlich vorteilhafter. Sollte es dem Unternehmer Klug nicht möglich (oder zu umständlich) sein, ein Fahrtenbuch zu führen, bliebe noch die Möglichkeit, das Auto nicht als Betriebsfahrzeug zu erfassen. Stattdessen könnte er seinen Privatwagen für betrieblich veranlasste Fahrten einsetzen. Dann dürfte er für jeden betrieblich veranlassten Kilometer 0,30 € als Betriebsausgabe abziehen. Im obigen Beispiel sind 20.000 km betrieblich veranlasst. Demnach gilt: 20.000 km x 0,30 € = 6.000 € Fahrten zwischen Wohnung/Betrieb: 70 km x 0,30 € x 220 Tage = 4.620 € Würde Unternehmer Klug seinen Privatwagen für betriebliche Fahrten nutzen, könnte er 10.620 € als Betriebsausgaben abziehen. Nachträgliche Gewinnkorrekturen und/oder das vielleicht lästige Führen eines Fahrtenbuchs entfielen. 3. Zusammenfassung Wer als Unternehmer ein Fahrzeug sowohl privat als auch betrieblich nutzt, sollte sich in jedem Fall steuerlich beraten lassen. Gerade in diesem Bereich bestehen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die helfen können, Geld zu sparen. Um den Umfang dieses Buches nicht zu sprengen, werden schlagwortartig noch drei Problemfelder im Zusammenhang mit Firmenfahrzeugen genannt: – Nutzung eines Firmenfahrzeugs durch einen Arbeitnehmer – Nutzung eines Firmenfahrzeugs im Verhältnis Personengesellschaft ./. Gesellschafter – Nutzung eines Firmenfahrzeugs durch einen GesellschafterGeschäftsführer

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C. Die entgeltliche Weitergabe von Tankbelegen

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Die entgeltliche Weitergabe von Tankbelegen ist als Steuerordnungswidrigkeit ausdrücklich in § 379 AO geregelt. Bei Internetauktionen wurden vermehrt Tankquittungen angeboten. Die Käufer nutzten diese zur rechtswidrigen Geltendmachung von Betriebsausgaben (BA) oder Werbungskosten (WK). Nach altem Recht konnten sich die Verkäufer darauf berufen, „für die weitere Verwendung durch den Käufer nicht verantwortlich zu sein“. Durch die Ergänzung des § 379 AO kann die entgeltliche Weitergabe von Tankbelegen als OWi verfolgt werden. Vielfahrer, die bislang ihre Tankquittungen „verscherbelten“ riskieren künftig ein Bußgeld bis zu 5.000 Euro. Aus Sicht der FDP konnte die Weitergabe der Tankquittungen bereits nach altem Recht als Beihilfe zur Steuerhinterziehung geahndet werden. Aus diesem Grund enthielt sich die FDP bei der Abstimmung.

D. Absetzung für Abnutzung (AfA) 1. Einführung Bei der Absetzung für Abnutzung (auch AfA genannt) geht es um folgendes: Bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Das ist die Grundregel. Beispiel: Der Unternehmer Bruno Paselacki kauft am 02. Januar 2014 eine Maschine zum Kaufpreis von 3.000 € (ohne USt) . Die Maschine wird voraussichtlich 5 Jahre lang im Betrieb des Paselacki genutzt. Konsequenz: Bruno Paselacki darf von den 3.000 € im Jahre 2014 1⁄5 (= 600 €) buchhalterisch als Aufwand erfassen. Die übrigen 2.400 € hat er in den folgenden Jahren jeweils mit 600 € als Aufwand zu erfassen. Bruno zahlt also einmalig 3.000 €; gewinnmindernd wirken sich jedoch jährlich nur 600 € aus.

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Abweichend von der vorskizzierten Grundregel zur (linearen) Abschreibung gibt es die Möglichkeit, geringwertige Wirtschaftsgüter (bis zu 410 € netto) sofort abzuschreiben. Zudem besteht die Möglichkeit einer Poolabschreibung (150,01 €–1.000,00 €). Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsgut oder der Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Abs. 1 EStG), 410,00 € nicht übersteigen. Ein Wirtschaftsgut ist einer selbstständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Das gilt auch, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann. Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, und deren Wert 150 € übersteigt, sind unter Angabe des Tages der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen. Das Verzeichnis braucht nicht geführt zu werden, wenn diese Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind.

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Abweichend vom Vorskizzierten kann für die abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs ein Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag 150 €, aber nicht 1.000 € übersteigen. Der Sammelposten ist im Wirtschaftsjahr der Bildung und den folgenden vier Wirtschaftsjahren mit jeweils einem Fünftel gewinnmindernd aufzulösen. Scheidet ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 aus dem Betriebsvermögen aus, wird der Sammelposten nicht vermindert. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsgut oder der Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als

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Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag, für das einzelne Wirtschaftsgut 150 € nicht übersteigen. Unternehmer dürfen also geringwertige Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten 410 € netto nicht übersteigen, sofort abschreiben oder auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilen. Alternativ dazu besteht die Möglichkeit der Poolabschreibung. Poolabschreibung bedeutet: – Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, deren Anschaffungs- und Herstellungskosten max. 150 € betragen, können sofort abgeschrieben werden oder auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt werden. – Beziffern die Anschaffungs- und Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer zwischen 150,01 € und 1.000 € können sämtliche Anschaffungskosten in einem jahrgangsbezogenen Sammelposten eingestellt werden. Der Sammelposten ist über eine Dauer von 5 Jahren gleichmäßig verteilt gewinnmindernd aufzulösen. – Betragen die Anschaffungs- und Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer mehr als 1.000 € sind die Wirtschaftsgüter auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen. Beispiel Der selbstständige Elektromeister Hubert Klein kauft im Januar 2014 einen Schraubenzieherset zu 120 € netto, 3 Bohrmaschinen zu je 200 € netto und einen Bohrhammer zu 600 € netto. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der vorgenannten Maschinen beträgt 3 Jahre. a. Abschreibungsmöglichkeit 1 Anschaffungskosten bis zu 410 € können sofort abgeschrieben werden. Anschaffungskosten von mehr als 410 € netto sind auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer umzulegen. Die Anschaffungskosten für die Bohrmaschinen können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. 600,00 € (3 x 200,00 €) mindern den Gewinn 2014 sofort. Die Anschaffungskosten für das Schraubenzieherset von 120 € netto sind ebenfalls sofort abzugsfähig. Die Anschaffungskosten des Bohrhammers werden auf 3 Jahre verteilt. Demnach können von den 600 € für den Bohrhammer 3 x 200 € als Be-

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Steuerliche Sonderprobleme

triebsausgabe abgezogen werden. Im Jahre 2014 machen sich also 200 € als Betriebsausgaben bemerkbar. Insgesamt kann Hubert Klein 920 € als Betriebsausgaben im Jahre 2014 absetzen. b. Abschreibungsmöglichkeit 2 (Poolabschreibung) Die Anschaffungskosten für das Schraubenzieherset von 120 € netto dürfen sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden (max. 150 € netto). Die Anschaffungskosten für die 3 Bohrmaschinen von insgesamt 600 € (3 x 200 €) und dem Bohrhammer von 600 € netto werden in einem Sammelposten erfasst und mit jeweils 20 % über 5 Jahre abgeschrieben. Demnach könnten im Jahre 2014 von den Anschaffungskosten i. H. v. insgesamt 1200 € nur 240 € als Betriebsausgaben abgezogen werden. Insgesamt könnte Hubert Klein 2014 bei der Wahl der Poolabschreibungsmöglichkeit 360 € (120 € und 240 €) als Betriebsausgaben absetzen. Die jeweilige Abschreibungsmöglichkeit ist für alle in einem Jahr angeschafften Wirtschaftsgüter einheitlich anzuwenden. Wer zu Beginn des Jahres überschauen kann, welche Anschaffungen im Laufe des Jahres erfolgen, kann die für ihn steueroptimale Abschreibungsmöglichkeit wählen. 2. Hinweis für Nicht-Unternehmer Wer seinen Gewinn im Rahmen der Überschusseinkünfte (nichtselbstständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitaleinkünfte, sonstige Einkünfte) ermittelt, darf Anschaffungs- und Herstellungskosten bis 410 € (ohne Umsatzsteuer) pro Wirtschaftsgut sofort als Werbungskosten absetzen. Daneben ist auch die Abschreibung über die gewöhnliche Nutzungsdauer zulässig. Dagegen ist die Poolabschreibung nicht möglich. 3. Beispiele zur Abschreibung Beispiel: Anschaffung eines PC zum Wert von 900 € am 01.07. des laufenden Jahres. Weil die Anschaffungskosten mehr als 410 € netto betragen, ist die Abschreibung in der Form der Poolabschreibung oder der „normalen“ Abschreibung, d. h., über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer möglich.

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„Normale“ Abschreibung über 3 Jahre 1. 2. 3. 4.

Jahr 900 € : 3 x 6/12 = 150 € Jahr 300 € Jahr 300 € Jahr Rest 6/12 = 150 €

Pool-Abschreibung über 5 Jahre 1. 2. 3. 4. 5.

Jahr 900 : 5 = 180 € Jahr 180 Jahr 180 Jahr 180 Jahr 180

Abwandlung des vorgenannten Beispiels: Der PC wird bereits nach 2 Jahren entnommen, Zeitwert 300 €. Abgeschrieben sind bis dahin 1 x 150 € und 1 x 300 €. Der Buchwert beträgt somit noch 450 €. „Normale“ Abschreibung: Es wird eine Betriebseinnahme in Höhe von 300 € erfasst. Der Buchwertabgang wird als Aufwand in Höhe von 450 € erfasst. Daraus ermittelt sich ein Verlust von 150 €. Poolabschreibung: Es wird eine Betriebseinnahme von 300 € erfasst. Abgeschrieben sind zu diesem Zeitpunkt 2 x 180 €. Der Buchwert beträgt demnach 540 €. Ein Buchwertabgang wie bei der „normalen“ Abschreibung findet nicht statt, d. h., ein Aufwand in Höhe von 540 € unterbleibt. Das Wirtschaftsgut wird noch 3 Jahre lang (im Rahmen der Poolabschreibung) mit jeweils 180 € abgeschrieben (obwohl es sich nicht mehr im Betriebsvermögen befindet). Variante: Neben dem vorgenannten PC wird im selben Jahr ein Schreibtischstuhl im Wert von 300 € netto angeschafft. Sie sofortige Abschreibung als geringwertiges Wirtschaftsgut nach der 410 €Regelung scheidet aus, weil sich der Unternehmer bereits auf die Poolabschreibung festgelegt hat. Konsequenz: Der Stuhl kommt in den Pool.

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Jahr 300 € : 5 = 60 € Jahr 60 € Jahr 60 € Jahr 60 € Jahr 60 €

Variante: Zum Stuhl wird ein Schreibtisch im Wert von 800 € netto angeschafft. Konsequenz: Der Tisch kommt in den Pool 1. 2. 3. 4. 5.

Jahr 800 € : 5 = 160 € Jahr 160 € Jahr 160 € Jahr 160 € Jahr 160 €

4. Vor- und Nachteile der 410 €-Abschreibung oder Poolabschreibung a. Vorteil der 410 €-Abschreibung Das Wirtschaftsgut (bis 410 € netto) kann sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden. b. Nachteil der 410 €-Abschreibung Die Führung eines GWG-Verzeichnisses ist erforderlich. c. Vorteil der Poolabschreibung Die Führung eines GWG-Verzeichnisses ist nicht erforderlich. d. Nachteil der Poolabschreibung Die Abschreibung erstreckt sich auf 5 Jahre, auch wenn das GWG eine Nutzungsdauer von weniger als 5 Jahre hat, z. B. PC 3 Jahre. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden oder Untergang des GWG kommt es zu keiner Gewinnminderung. 5. Zusammenfassung zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) GWG können auf unterschiedliche Weise abgeschrieben werden: – Sofortabschreibung bis zu einem Wert von 410 € netto – Pollabschreibung für Wirtschaftsgüter mit einem Wert zwischen 150,01 € netto und 1.000 € netto

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– „normale“ Abschreibung, d. h., Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer Das Wahlrecht kann nur jahresbezogen einheitlich ausgeübt werden. 6. Die degressive AfA

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Diese Abschreibungsmöglichkeit gibt es seit 2012 nicht mehr. Unter degressiver AfA wird eine AfA in fallenden Jahresbeträgen verstanden. Sie bemisst sich jeweils vom letzten Buchwert, so dass die AfA-Beträge mit fortschreitender Nutzung von Jahr zu Jahr niedriger werden. Die degressive AfA führte quasi niemals zur Vollabschreibung. Das damit verbundene Restwertproblem wurde durch die Möglichkeit des Übergangs zur linearen AfA gelöst.

E. Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe § 7g EStG lautet: (1) 1Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). 2Der Investitionsabzugsbetrag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn 1. der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, die folgenden Größenmerkmale nicht überschreitet: a) bei Gewerbebetrieben oder der selbstständigen Arbeit dienenden Betrieben, die ihren Gewinn nach § 4 Absatz 1 oder § 5 ermitteln, ein Betriebsvermögen von 235 000 Euro; b) bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft einen Wirtschaftswert oder einen Ersatzwirtschaftswert von 125 000 Euro oder c) bei Betrieben im Sinne der Buchstaben a und b, die ihren Gewinn nach § 4 Absatz 3 ermitteln, ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags einen Gewinn von 100 000 Euro; 2. der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich a) in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen;

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b) mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen und 3. der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt. 3Abzugsbeträge können auch dann in Anspruch genommen werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht. 4Die Summe der Beträge, die im Wirtschaftsjahr des Abzugs und in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren nach Satz 1 insgesamt abgezogen und nicht nach Absatz 2 hinzugerechnet oder nach Absatz 3 oder 4 rückgängig gemacht wurden, darf je Betrieb 200 000 Euro nicht übersteigen. (2) 1Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts ist der für dieses Wirtschaftsgut in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzuzurechnen; die Hinzurechnung darf den nach Absatz 1 abgezogenen Betrag nicht übersteigen. 2Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts können in dem in Satz 1 genannten Wirtschaftsjahr um bis zu 40 Prozent, höchstens jedoch um die Hinzurechnung nach Satz 1, gewinnmindernd herabgesetzt werden; die Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne von § 6 Absatz 2 und 2a verringern sich entsprechend. (3) 1Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach Absatz 2 hinzugerechnet wurde, ist der Abzug nach Absatz 1 rückgängig zu machen. 2Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern. 3Das gilt auch dann, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet. (4) 1Wird in den Fällen des Absatzes 2 das Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind der Abzug

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nach Absatz 1 sowie die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Verringerung der Bemessungsgrundlage und die Hinzurechnung nach Absatz 2 rückgängig zu machen. 2Wurden die Gewinne der maßgebenden Wirtschaftsjahre bereits Steuerfestsetzungen oder gesonderten Feststellungen zugrunde gelegt, sind die entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheide insoweit zu ändern. 3Das gilt auch dann, wenn die Steuer- oder Feststellungsbescheide bestandskräftig geworden sind; die Festsetzungsfristen enden insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe b erstmals nicht mehr vorliegen. 4§ 233a Absatz 2a der Abgabenordnung ist nicht anzuwenden. (5) Bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können unter den Voraussetzungen des Absatzes 6 im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Absatz 1 oder Absatz 2 Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. (6) Die Sonderabschreibungen nach Absatz 5 können nur in Anspruch genommen werden, wenn 1. der Betrieb zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht, die Größenmerkmale des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 nicht überschreitet, und 2. das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird; Absatz 4 gilt entsprechend. (7) Bei Personengesellschaften und Gemeinschaften sind die Absätze 1 bis 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft oder die Gemeinschaft tritt. Bis 2007 gab es die Ansparabschreibung. Seit 2008 handelt es sich um den Investitionsabzugsbetrag. Beide Begriffe werden bis heute verwendet. Gemeint ist allerdings jetzt stets der Investitionsabzugsbetrag. Für geplante Investitionen in den nächsten drei Jahren kann ein Unternehmen einen Investitionsabzugsbetrag i. H. v. 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten gewinnmindernd abziehen. Die Begünstigung gilt für neue und gebrauchte Wirtschaftsgüter. Der Investitionsabzugsbetrag funktioniert wie folgt:

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Ein Unternehmen entschließt sich in 2011, spätestens in 2012 die LkwFahrzeugflotte zu vergrößern. Der anzuschaffende Lkw wird voraussichtlich 100.000 € kosten. Im Jahre 2011 beträgt der Gewinn des Unternehmens 100.000 € vor Abzug des Investitionsabzugsbetrags. Das Unternehmen darf (außerbilanziell) 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten vom laufenden Gewinn abziehen. Das Unternehmen zieht deshalb 2011 von 100.000 € Gewinn die 40.000 € (Investitionsabzugsbetrag) ab. Dadurch ist der zu versteuernde Gewinn 2011 nur noch mit 60.000 € anzusetzen. Das spart Steuern. In 2012 kauft das Unternehmen den Lkw zu 100.000 €. Nutzungsdauer: 5 Jahre. Das Unternehmen darf 2012 (innerbilanziell) von den Anschaffungskosten sofort 40 % als Betriebsausgabe abziehen; also 40.000 €. Die danach verbleibenden Anschaffungskosten von 60.000 € gelten als Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung. Das Unternehmen darf (innerbilanziell) zunächst eine Sonder-AfA von 20 % (12.000 €) in Abzug bringen. Und zusätzlich darf die normale (lineare) AfA abgezogen werden. Die beträgt 1/5 von 60.000 €, also 12.000 €. Das Unternehmen darf in 2012 insgesamt 64.000 € abziehen. Es muss jedoch den Investitionsabzugsbetrag aus 2011 i. H. v. 40.000 € (außerbilanziell) seinem Gewinn hinzurechnen. Damit endet die Investitionshilfe durch den Staat. § 7g EStG ermöglicht es dem Unternehmer, bereits realisierte Gewinne erst später zu versteuern. Eine gänzliche Vermeidung der Besteuerung ist jedoch nicht möglich. 62

F. Bezahlung der Steuerschuld per Scheck Werden fällige Steuerzahlungen per Scheck beglichen, gilt die Zahlung erst 3 Tage nach der Übergabe bzw. Übersendung des Schecks als erbracht. Wer also z. B. seine USt-Voranmeldung am 10. des lfd. Monats beim Finanzamt einreicht und einen Scheck über die zu zahlende USt dazulegt, begeht einen Fehler. Die USt-Voranmeldung erfolgt pünktlich; die Zahlung ist verfristet. Die entsprechende Regelung in der Abgabenordnung lautet wie folgt: Zahlungen an Finanzbehörden sind an die zuständige Kasse zu entrichten. Außerhalb des Kassenraums können Zahlungsmittel nur einem Amtsträger übergeben werden, der zur Annahme von Zahlungsmitteln außerhalb des

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Kassenraums besonders ermächtigt worden ist und sich hierüber ausweisen kann. Eine wirksam geleistete Zahlung gilt als entrichtet: – bei Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln am Tag des Eingangs, bei Hingabe oder Übersendung von Schecks jedoch drei Tage nach dem Tag des Eingangs, – bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Finanzbehörde und bei Einzahlung mit Zahlschein – an dem Tag, an dem der Betrag der Finanzbehörde gutgeschrieben wird, – bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung am Fälligkeitstag. Zahlungen der Finanzbehörden sind unbar zu leisten. Das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden können für ihre Geschäftsbereiche Ausnahmen zulassen. Als Tag der Zahlung gilt bei Überweisung oder Zahlungsanweisung der dritte Tag nach der Hingabe oder Absendung des Auftrags an das Kreditinstitut oder, wenn der Betrag nicht sofort abgebucht werden soll, der dritte Tag nach der Abbuchung. Die zuständige Kasse kann für die Übergabe von Zahlungsmitteln gegen Quittung geschlossen werden. Absatz 2 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn bei der Schließung von Kassen nach Satz 1 am Ort der Kasse eine oder mehrere Zweiganstalten der Deutschen Bundesbank oder, falls solche am Ort der Kasse nicht bestehen, ein oder mehrere Kreditinstitute ermächtigt werden, für die Kasse Zahlungsmittel gegen Quittung anzunehmen.

G. Buchführung Buchführung meint, dass alle Geschäftsvorfälle in einem geschlossenen System erfasst und zu einem Abschluss geführt werden. Die Pflicht zur Buchführung und zur Abschlusserstellung durch Betriebsvermögensvergleich ergibt sich für alle Kaufleute aus dem Handelsgesetzbuch. Nur die sog. Kleingewerbetreibenden sind von der Buchführungspflicht nach den handelsrechtlichen Vorschriften befreit. Der klassische Kleingewerbebetrieb, z. B. ein Kiosk, ist deshalb nicht zur Buchführung verpflichtet. Sofern sich keine Buchführungspflichten nach den Vorschriften des HGB ergeben, kann sich dennoch für gewerbliche Unternehmen und Land- und Forstwirte nach den Steuergesetzen eine Verpflichtung zur Buchführung er-

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geben, gem. § 141 Abgabenordnung. In diesem Fall erhält der Unternehmer durch das Finanzamt eine Mitteilung über den Beginn seiner Buchführungspflicht. Sie ist von dem Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt. 64

H. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Aufzeichnungspflicht bedeutet, dass einzelne Arten von Geschäftsvorfällen registriert und unter Umständen zusammengefasst werden. So ist z. B. der Handelsmakler verpflichtet, ein Tagebuch zu führen und in dieses alle abgeschlossenen Geschäfte täglich einzutragen. Maßgeblich ist die zeitliche Reihenfolge. Das Eingetragene ist vom Handelsmakler täglich zu unterzeichnen oder elektronisch zu signieren. Art und Umfang der Aufzeichnungspflichten ist davon abhängig, ob jemand als Kaufmann nach Handelsrecht (HGB) zur Buchführung und Abschlusserstellung verpflichtet ist. Die Aufzeichnungspflichten eines Kaufmanns ergeben sich aus den §§ 238-246 HGB. Nach diesen Vorschriften ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diese seine Handelsgeschäfte und seine Vermögensverhältnisse nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung darzustellen. Sofern jemand nicht als Kaufmann buchführungspflichtig ist oder freiwillig Bücher führt, ist er in seiner Eigenschaft als Unternehmer ausdrücklich verpflichtet, zur Feststellung der Umsatzsteuer Aufzeichnungen zu machen. Zentrale Vorschrift für die Aufzeichnungspflichten ist § 22 UStG. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten und die Grundlagen für die Steuerberechnung festzustellen. Aus den Aufzeichnungen müssen z. B. zu ersehen sein: – Die vereinbarten Entgelte für die ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. – Die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. – Trennung der Entgelte für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze. – Trennung der Entgelte für steuerpflichtige Umsätze mit unterschiedlichen Steuersätzen.

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– Die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. – Die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb. Gewerbliche Unternehmer sind darüber hinaus zur Aufzeichnung des Wareneingangs verpflichtet. Aufzuzeichnen sind alle zur Weiterveräußerung und zum Verbrauch erworbenen Waren (gegebenenfalls unter Führung eines Wareneingangsbuchs). Unter Angabe von: – des Tages des Wareneingangs oder des Datums der Rechnung, – des Namens oder der Firma und der Anschrift des Lieferers, – der handelsüblichen Bezeichnung der Ware, – des Preises der Ware und – eines Hinweises auf den Beleg. Die Buchführungsunterlagen, Aufzeichnungen und sonstigen Unterlagen (z. B. Rechnungsbelege) sind grundsätzlich 10 Jahre lang aufzubewahren, gem. § 147 Abgabenordnung. Gem. § 14 b UStG sind auch alle Rechnungen, die der Unternehmer ausstellt oder erhält, 10 Jahre lang aufzubewahren.

I.

Kassenführung

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Insbesondere in Branchen mit traditionell vielen Barzahlungsvorgängen (z. B. Einzelhandel und Gastronomie) kommt der Kassenführung innerhalb der Buchführung eine besondere Bedeutung zu. Die Kassenführung dokumentiert die Höhe der Bareinnahmen und Barausgaben und ist deshalb eine wichtige Grundlage für die Gewinnermittlung. Für die Kassenführung sind in der Regel tägliche Aufzeichnungen erforderlich. Im Zusammenhang mit der Verwendung von Registrierkassen gelten besondere Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Eine ordnungsgemäße Kassenführung muss ermöglichen, den tatsächlichen Bestand der Kasse mit dem buchungsmäßigen Kassenbestand laufend zu vergleichen („Kassensturz“). Eine lediglich buchungsmäßige Führung der Kasse ohne Abstimmung mit dem IST-Bestand ist nicht zulässig. Denn auf diese Weise würde ein wesentliches Kontrollmittel zur Prüfung der Ordnungsgemäßigkeit der Buchführung entfallen. Der Unternehmer hat die Möglichkeit, Kassenberichte zu fertigen oder ein Kassenbuch zu führen.

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Steuerliche Sonderprobleme

Beim Kassenbericht werden die Tageseinnahmen ermittelt durch Vergleich mit den Kassenbeständen am Tagesende. Er enthält: – Datum – Kassenbestand am Ende des Vortages – tägliche Entnahmen und Einlagen – geleistete Betriebsausgaben und Angabe von Zweck und Empfänger – Kassenbestand am Ende des Tages Anders als beim Kassenbericht erfolgen die Eintragungen im Kassenbuch in ihrer zeitlichen Reihenfolge. Benötigt wird eine Einnahmen- und eine Ausgabenseite. Auf der Einnahmenseite wird zunächst der Anfangsbestand (Vortrag) eingetragen. Dann erfolgt die Eintragung aller Zahlungsvorgänge in zeitlicher Reihenfolge. Als Saldo ergibt sich der rechnerische Kassenbestand. Dieser sollte mit dem tatsächlichen Kassenbestand übereinstimmen. 67

Die Registrierkasse ist keine Kassenaufzeichnung im eigentlichen Sinne. Sie ist lediglich ein Hilfsmittel zur Feststellung der Betriebseinnahmen(ausgaben). Es sollte täglich ein Übertrag der mit der Registrierkasse festgestellten Tageseinnahmen in ein Kassenbuch erfolgen. Bei Betriebsprüfungen gehen Kassenfehlbeträge zu Lasten des Unternehmers. Zuschätzungen sind zwangsläufig. Bestehen neben den Mängeln in der Kassenführung noch weitere Mängel in der Buchführung, besteht die Gefahr, dass die gesamte Buchführung nicht anerkannt und die Betriebseinnahmen insgesamt geschätzt werden.

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J.

Verbindliche Auskunft Finanzamt

Es besteht die Möglichkeit, beim Finanzamt eine „verbindliche“ Auskunft zu beantragen gem. § 89 Absatz 2 AO. Allerdings ist die verbindliche Auskunft gebührenpflichtig. Nur für Bagatellfälle mit Gegenstandswerten von weniger als 10 000 Euro wird keine Gebühr erhoben. Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung – von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten – Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde.

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Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wird eine Gebühr erhoben. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen. Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben. Nachfolgend sind einige Gebührensätze für Gegenstandswerte von 10 000 Euro bis 45 000 Euro abgedruckt. Gegenstandswert

Gebühr

10 000 13 000 16 000 19 000 22 000 25 000 30 000 35 000 40 000 45 000

241,00 267,00 293,00 319,00 345,00 371,00 406,00 441,00 476,00 511,00

Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben. Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

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Steuerliche Sonderprobleme

K. Elektronische Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinnund Verlustrechnungen Unternehmen müssen ab 2014 ihre Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen elektronisch ans Finanzamt übermitteln. Die Papierbilanz hat ausgedient. Die Pflicht zur Aufstellung von Bilanzen ergibt sich aus dem Handelsrecht. Deshalb sind Handelsbilanzen aufzustellen. Handelsbilanzen weichen von steuerlichen Vorschriften ab. Gegenüber dem Finanzamt sind Bilanzen abzugeben, die den steuerlichen Vorschriften genügen. Unternehmer haben drei Möglichkeiten, ihren bilanzsteuerrechtlichen Pflichten zu genügen: Wird der Gewinn nach § 4 Absatz 1 EStG, § 5 EStG oder § 5a EStG ermittelt, so ist der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Das ist der Fall der Einheitsbilanz. Bei ihr sind sowohl handelsrechtliche als auch steuerrechtliche Vorschriften berücksichtigt. Enthält die Bilanz Ansätze oder Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, so sind diese Ansätze oder Beträge durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen und nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Das ist der Fall, dass der Unternehmer eine Handelsbilanz nebst (steuerrechtlicher) Überleitungsrechnung einreicht. Die Überleitungsrechnung enthält Zusätze und Anmerkungen zur Anpassung an die steuerlichen Vorschriften. Der Steuerpflichtige kann auch eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Bilanz nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermitteln. Gemeint ist der Fall der Abgabe einer aus der Handelsbilanz abgeleiteten (reinen) Steuerbilanz. Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Das ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen die elektronische Übermittlung wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist.

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V. Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich

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Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere, betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat. Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (EÜR).

A. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (G + V, Bilanz) Beim Betriebsvermögensvergleich wird der Gewinn nach folgendem Schema ermittelt: Betriebsvermögen ( Eigenkapital) am Schluss des Wirtschaftsjahres ./. Betriebsvermögen (Eigenkapital) am Schluss des Vorjahres + Entnahmen für betriebsfremde Zwecke ./. Einlagen aus dem Privatvermögen Gewinn

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Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich

B. Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Absatz 3 EStG (EÜR) Bei der EÜR wird der Gewinn nach folgendem Schema ermittelt: Betriebseinnahmen ./. Betriebsausgaben Gewinn Die EÜR wird gemeinsam mit der Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht. Die EÜR ist grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstellen. – Muster Formular EÜR, siehe im Anhang Sofern die Betriebseinnahmen 17.500 € nicht übersteigen, kann der Steuererklärung anstatt des amtlichen Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt werden. Diese kann wie folgt aussehen:

C. Detailliert zur EÜR Betriebseinnahmen: – Verkaufspreise, Honorare – Einnahmen aus dem Verkauf von Anlagevermögen – Vereinnahmte Umsatzsteuerbeträge – Erstattete Umsatzsteuerbeträge – Private Nutzungs- und Sachentnahmen zzgl. Umsatzsteuer – Erhaltene Vorschüsse Betriebsausgaben: – Wertabgänge ohne Zahlungen (z. B. AfA-Beträge) – Geldzahlungen für Wareneinkauf – Gezahlte Ausgaben für geringwertige Wirtschaftsgüter – Gezahlte laufende betriebliche Ausgaben (z. B. Miete und Personalkosten) – Gezahlte Umsatzsteuer – Damnum, Disagio bei der Aufnahme eines Darlehens – Zurückgezahlte Betriebseinnahmen Summe der Betriebseinnahmen: EUR Summe der Betriebsausgaben: ./. EUR Gewinn/Verlust EUR

Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich

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Bei der Einnahmenüberschussrechnung gilt das Zu- und Abflussprinzip. So führt nicht die Entstehung einer Forderung zu einem Ertrag, sondern erst der Zufluss des Geldes. Fließt kein Geld oder ein sonstiges Wirtschaftsgut zu, liegt keine Betriebseinnahme vor. Genauso führen Schulden erst bei Bezahlung zu Betriebsausgaben. Die Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 EStG ist insbesondere für alle freiberuflich Tätigen anwendbar, soweit sie nicht freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen (bilanzieren). Hinweise: Betriebseinnahmen Betriebseinnahmen sind alle Einnahmen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Bei der EÜR gehört auch die vereinnahmte Umsatzsteuer und die vom Finanzamt erstattete Vorsteuer zu den Betriebseinnahmen. Betriebsausgaben Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dazu gehören z. B. Aufwendungen für den Wareneinkauf, die Werbung, das Büromaterial sowie das Betriebsfahrzeug. Auch die sog. Absetzung für Abnutzung (Abschreibung oder AfA genannt) ist Betriebsausgabe. Durch die AfA werden Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes auf die Dauer der Nutzung verteilt, wenn sich die betriebliche Verwendung erfahrungsgemäß über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt. Bei der EÜR gilt auch die (an andere Unternehmer) gezahlte Umsatzsteuer und an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer als Betriebsausgabe. Aktuelle Entscheidung des BFH zur Berücksichtigung von USt-Vorauszahlungen als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe bei der ESt Mit Urteil vom 1. August 2007, Az.: XI R 48/05, hat der BFH entschieden, dass eine für das vorangegangene Kalenderjahr geschuldete und zu Beginn des Folgejahres entrichtete USt-Vorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im vorangegangenen Veranlagungszeitraum bei der ESt-Veranlagung zu berücksichtigen ist.

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Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich

Ein Unternehmer erzielte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er ermittelte seinen Gewinn im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Absatz 3 EStG. In seiner Gewinnermittlung 2006 behandelte er die am 4.01.2007 für das IV. Quartal 2006 entrichtete USt-Vorauszahlung i. H. v. von 942,67 € als Betriebsausgabe des Wirtschaftsjahres 2006. Er berief sich auf §11 Absatz 2, Satz 2 EStG und wies darauf hin, dass es sich bei der USt-Vorauszahlung um eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe handelt. Das zuständige FA lehnte ab. Der BFH gab dem Unternehmer Recht.

Gewinnermittlung durch EÜR oder Betriebsvermögensvergleich

D. Zusammenfassende Übersicht zum Unterschied EÜR/Betriebsvermögensvergleich – – – – – –

Bei der EÜR kann auf die Führung von Bestandskonten verzichtet werden Wertschwankungen beim Betriebsvermögen werden nicht berücksichtigt Keine zeitliche Abgrenzung von Aufwand und Ertrag (z.B. entfallen RAP) Rückstellungen müssen nicht gebildet werden Kein Jahresabschluss (Bilanz und G+V) erforderlich Als Aufwand wird bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die AfA erfasst

Beispiele für Betriebseinnahmen bei der EÜR:

– – – – – –

Verkaufspreise, Honorare Einnahmen aus dem Verkauf von Anlagevermögen Vereinnahmte Umsatzsteuerbeträge Erstattete Umsatzsteuerbeträge Private Nutzungs- und Sachentnahmen zzgl. Umsatzsteuer Erhaltene Vorschüsse

Keine Betriebseinnahmen sind:

– Geldeinlagen in den Kanzleibetrieb durch den Unternehmer – Auszahlung eines Darlehensbetrages – Durchlaufende Posten (z.B. verauslagte Gerichtskosten beim Rechtsanwalt) § 4 Absatz 3, Satz 2 EStG

– Geldforderungen aus Warenverkauf, Honorarforderungen Beispiele für Betriebsausgaben bei der EÜR:

– – – – – – –

Wertabgänge ohne Zahlungen (z.B. AfA-Beträge) Geldzahlungen für Wareneinkauf Gezahlte Ausgaben für geringwertige Wirtschaftsgüter Gezahlte laufende betriebliche Ausgaben (z.B. Miete und Personalkosten) Gezahlte Umsatzsteuer Damnum, Disagio bei der Aufnahme eines Darlehens Zurückgezahlte Betriebseinnahmen

Keine Betriebsausgaben sind:

– – – –

Geldentnahmen durch den Unternehmer Verbindlichkeiten Der Ausfall von Verkaufsforderungen und Honorarforderungen Tilgungsleistungen für Darlehen

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VI. Wettbewerbsrechtliche Vorgaben Fernabsatz und Widerrufsbelehrung, Wettbewerbsverstöße, Abmahnung, Preisangaben, Auszeichnungspflichten, Kennzeichen

A. Allgemeines zur Rechtsentwicklung Eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer freien Marktwirtschaft sind klare, gesetzliche Grundlagen und verlässliche Rahmenbedingungen. Unternehmer, Wettbewerber und Verbraucher sind vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen. Verbraucher benötigen darüber hinaus wegen ihrer „schwächeren Position“ eines besonderen Schutzes. Vorgenanntes galt in der Zeit vor dem Internethandel und gilt heute noch immer. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht in der körperlichen und in der virtuellen Welt. Bevor sich das Internet auszubreiten begann (ca. ab 1996), gab es z. B. das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) und das Haustürwiderrufsgesetz (HwiG). Dabei handelte es sich um typische Verbraucherschutzgesetze. Speziell für Kaufleute galten schon damals z. B. das Markenrecht und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Mit der Ausbreitung des Internets stellten sich plötzlich neue Fragen, zu denen die „alten“ Gesetze, die für die körperliche Welt geschaffen waren, keine oder nur unbefriedigende Antworten bereithielten. Beispiele: – Niemand wusste genau, wie ein Vertragsschluss per Internet rechtlich zustande kommt. – Es wurden massenhaft Domains angemeldet, bei denen zweifelhaft war, ob es sich z. B. um Namens- und/oder Markenrechtsverletzungen handelte („Domain grabbing“). – Ungeklärt war, wer Provider ist und wofür dieser verantwortlich zeichnet. – Noch vor 14 Jahren befassten sich Heerscharen von Juristen z. B. mit der Frage, ob eine E-Mail als Urkunde anzusehen ist oder nicht. Parallel zu der Ausbreitung des Internets wachsen die Länder der europäischen Gemeinschaft gerade auch in rechtlicher Hinsicht immer enger zusammen. Es gibt immer mehr EU-Richtlinien, die eine Anpassung geltender, nationaler Gesetze erforderlich machen.

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Wettbewerbsrechtliche Vorgaben

Diese Entwicklung führte zunächst dazu, dass am 30. Juni 2000 das Fernabsatzgesetz (FernAbsG) in Kraft trat. Dabei handelte es sich um ein eigenständiges Gesetz neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Es bestand aus 6 Paragrafen. Das FernAbsG bestimmte, dass der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen bestimmte Informationen vorab erhalten musste und ohne Angabe von Gründen den Vertrag binnen 2 Wochen widerrufen durfte. Die damals geltenden, verbraucherschützenden Normen, z. B. das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG), das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) und das Gesetz über die Veräußerung von Teilzeitnutzungsrechten an Wohngebäuden (TeilzeitWohnrechtegesetz-TzWrG), erfuhren durch das FernAbsG eine Erweiterung. Für die Anwendung der eigenständigen Verbraucherschutzgesetze kam es auf die jeweilige besondere Situation an, in der sich ein Verbraucher bei Abschluss eines Vertrages befand. So sollte z. B. das HWiG den Verbraucher vor Überrumpelungen und voreiligen Vertragsabschlüssen schützen. Es griff ein, wenn der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich seiner Privatwohnung zum Vertragsabschluss bestimmt worden war. Auch bei Vertragsabschlüssen im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrswege fand das HWiG Anwendung. Das VerbrKrG galt für Kreditverträge und Kreditvermittlungsverträge zwischen einem Unternehmer, der einen Kredit gewährte (Kreditgeber) oder vermittelte oder nachwies (Kreditvermittler), und einem Verbraucher. Die Regelungen des VerbrKrG sollten den Kreditnehmer davor schützen, dass er die auf ihn zukommende finanzielle Belastung unterschätzte oder unverschuldet in Zahlungsverzug geriet. Für die Anwendbarkeit des FernAbsG reichte es aus, dass sich auf der einen Seite ein professioneller Anbieter (Unternehmer) und auf der anderen Seite ein Verbraucher befand und der Vertragsabschluss ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Beteiligten erfolgte. Die Gefährdung der Verbraucher ergibt sich dabei aus der „Unsichtbarkeit des Vertragspartners und des Produkts“. Der Gesetzgeber hat damals – anders als bei den „alten“ Verbraucherschutzgesetzen – nicht einmal begründet, weshalb der Verbraucher bei Abschluss eines Fernabsatzvertrages eines besonderen Schutzes bedarf. Die gesetzgeberische Absicht bestand darin, Verbraucherschutz auch im Bereich moderner Vertriebsformen zu garantieren. Erfasst waren davon z. B. Rechtsgeschäfte im Rahmen des E-Commerce (Internet), E-Mail-Vertrieb,

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Teleshopping, Telefax- und Telefonvertrieb. Auch die „klassischen“ Absatzformen wie Versandhandel und Katalogverkauf lagen im Schutzbereich des FernAbG. Mit dem Erlass des FernAbsG kam es zeitgleich zu wichtigen Gesetzesänderungen: Die Begriffe Verbraucher und Unternehmer wurden im BGB definiert. Verbraucher war danach jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschloss, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden konnte. Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

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Das (schon damals) in der Praxis häufig anzutreffende Problem der Lieferung unbestellter Sachen wurde in § 241a BGB ausdrücklich geregelt. Danach galt:

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Durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet. In den Jahren vor Inkrafttreten des § 241a BGB (im Juni 2000) kam es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern, weil Verbraucher massenhaft Waren unverlangt zugeschickt bekamen. Die Unternehmer begehrten im Regelfall Kaufpreiszahlung; war die Sache zwischenzeitlich beschädigt oder gar abhanden gekommen, begehrten sie Schadenersatz. Zahlreiche Bürger sind auf derlei Geschäftsgebaren hereingefallen. Juristen stritten z. B. über das Zustandekommen von Verträgen (durch Schweigen) und über Haftungsfragen aus (angeblich) geschlossenem Verwahrungsvertrag. Der im Juni 2000 erstmalig eingefügte § 241a BGB löste somit ein eigentlich rein wettbewerbsrechtliches Problem. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung wurde zum 13. Juni 2014 der obige Verbraucherbegriff erweitert und das Problem der Zusendung unbestellter Waren präziser gefasst. Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

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Wettbewerbsrechtliche Vorgaben

In der Verbraucherrechterichtlinie der EU vom 25. Okt. 201112 heißt es dazu: „Die Definition des Verbrauchers sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Wird der Vertrag jedoch teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend, so sollte diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden.“ Die aktuellen Vorgaben der EU zu der Zusendung unbestellter Waren an Verbraucher lauten: Da die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht bestellt hat, verbietet, jedoch für diesen Fall keinen vertraglichen Rechtsbehelf vorsieht, ist es erforderlich, nunmehr in dieser Richtlinie als vertraglichen Rechtsbehelf vorzusehen, dass der Verbraucher von der Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung für derartige unbestellte Lieferungen oder Erbringungen befreit ist. Im nationalen Gesetz heißt es jetzt richtlinienkonform: Durch die Lieferung beweglicher Sachen, die nicht auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden (Waren), oder durch die Erbringung sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an den Verbraucher wird ein Anspruch gegen den Verbraucher nicht begründet, wenn der Verbraucher die Waren oder sonstigen Leistungen nicht bestellt hat. Von den Regelungen dieser Vorschrift darf nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Die Regelungen finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. 77

B. Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen Die damaligen Verbraucherschutzgesetze (z. B. HWiG, VerbrKrG, TzWrG) stifteten große Verwirrung, insbesondere weil sie unterschiedliche Widerrufsfristen vorsahen. Nach § 2 HWiG betrug die Widerrufsfrist zwei Wochen. In § 5 Abs. 2 TzWrG alter Fassung war eine Widerrufsfrist von 10 Ta12

Die VRRi ist im Anhang abgedruckt. Sie besteht aus 67 Erwägungsgründen und 35 Artikeln.

Wettbewerbsrechtliche Vorgaben

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ge vorgesehen. Durch den damals ebenfalls neugeschaffenen § 361a BGB galt erstmalig eine einheitliche Widerrufsfrist von zwei Wochen. Und es wurde die Möglichkeit eingeräumt, mit dem Verbraucher ein Rückgaberecht zu vereinbaren. Im Jahre 2002 wurde das deutsche Schuldrecht (wegen entsprechender EURichtlinien) umfassend geändert. Am 1. Januar 2002 trat das Schuldrechtsmodernisierungs-Gesetz in Kraft. Sämtliche – bis dahin eigenständigen – Nebengesetze (FernAbsG, AGBG, HWiG, VerbrKG) wurden in das neue BGB integriert. Mit der Integration der zivilrechtlichen Nebengesetze ins BGB erfolgte auch eine Konzentration der zahlreichen Informationspflichten: Es wurde die Verordnung über Informationspflichten nach Bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) geschaffen. Sie galt bis zum 10. Juni 2010. Weil es sich „nur“ um eine Verordnung und nicht um ein (für alle verbindliches) Gesetz handelte, „stritten“ sich nahezu 10 Jahre lang bundesweit Rechtsanwälte und Richter über die „richtige“ Auslegung und den „wahren“ Inhalt der BGB-InfoV. Davon war auch die amtliche Widerrufsbelehrung umfasst. Um der bestehenden Rechtsunsicherheit Einhalt zu gebieten, wurde die BGB-InfoVO einschließlich der „amtlichen“ Widerrufsbelehrung von einer Verordnung zu einem Gesetz. Dadurch erfolgte eine gesetzestechnische Aufwertung. Die Musterwiderrufs- und Musterrückgabebelehrung wurden in Artikel 246ff. EGBGB integriert. Die Vorschriften hatten damit Gesetzesrang und galten ab 11. Juni 2010. Mit dieser neuen Konstruktion wurde erreicht, dass auch die Muster für die Widerrufs- und Rückgabebelehrung Gesetzesrang erlangten, womit die ehemals bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt war. Im Rahmen der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (VRRi) der EU vom 25. Okt. 2011 wurde zum 13. Juni 2014 ein einheitliches, europaweit geltendes Widerrufsrecht geschaffen. Details zu den neuen Informationspflichten und Widerrufsrechten bei Fernabsatzverträgen und beim E-Commerce siehe unten RN 68, 69. Die VRRi ist im Anhang abgedruckt.

C. Formvorschriftenanpassungsgesetz Das ursprüngliche BGB (es gilt seit 1900!) kannte – die Schriftform, – die notarielle Beurkundung und – die öffentliche Beglaubigung.

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Wettbewerbsrechtliche Vorgaben

Mit der Ausbreitung des Internets stellte sich das Erfordernis, den Nutzern der neuen Medien eine gesetzliche Grundlage für ihr Handeln im Netz zur Verfügung zu stellen. Vor allem im Bereich des E-Commerce wurde schnell erkannt, dass z. B. das Schriftformerfordernis gem. § 126 BGB in der körperlichen Welt weiterhin am Platze ist, für die virtuelle Welt waren hingegen Regelungen zu schaffen, die auf die dortigen Besonderheiten Rücksicht nehmen. Das Formvorschriftenanpassungsgesetz führte zum 1. August 2001 zwei weitere Möglichkeiten zur wirksamen Abgabe von Willenserklärungen ein: – die elektronische Form gem. § 126a BGB und – die Textform gem. § 126b BGB. 79

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Um sich die wichtigsten Formvorschriften des BGB zu merken, kann eine Buchstabenfolge gebildet werden: SETNÖ. – Schriftform § 126 BGB

S

– Elektronische Form gem. § 126a BGB

E

– Textform gem. § 126b BGB

T

– Notarielle Beurkundung § 128 BGB

N

– Öffentliche Beglaubigung § 129 BGB

Ö

1. Schriftform Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, muss die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterschrieben sein. Der Urkundentext muss schriftlich (nicht unbedingt handschriftlich) aufgesetzt sein. Maßgeblich ist, dass derjenige, der sich die schriftliche Erklärung zurechnen lassen will, also der Aussteller, der Erklärende, „eigenhändig“ unterschreibt. „Eigenhändig“ bedeutet jedoch nicht, dass der Erklärende mit seiner eigenen Hand unterschrieben haben muss. Es darf auch ein Stellvertreter unterschreiben. Dieser darf sogar mit dem Namen des Vertretenen unterschreiben. Schriftform im vorskizzierten Sinne ist z. B. vorgesehen bei Kündigungserklärungen eines Wohnraummietvertrages oder der Kündigung eines Arbeitsvertrages. Auch für die Bürgschaftserklärung eines Bürgen gilt die Schriftform. Sonderfall: privatschriftliches Testament Zur Wirksamkeit muss sowohl der Text als auch die Unterschrift vom Erklärenden handschriftlich verfasst sein.

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2. Öffentliche Beglaubigung

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Dabei wird die Echtheit der Unterschrift von einem Notar bestätigt (beglaubigt). Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben, muss die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden. Der Notar prüft nicht die Erklärung als solche. Er bestätigt nur, dass der Unterschreibende in seiner Gegenwart die Unterschrift vollzogen hat. Beispiele dafür sind die Anmeldung eines Vereins zum Vereinsregister, die Erklärung über den Ehenamen oder die Unterschrift des Nachlassverwalters unter das Nachlassverzeichnis. 3. Notarielle Beurkundung

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Sie ist die strengste Form. Bei der notariellen Beurkundung bestätigt der Notar, was die Parteien inhaltlich miteinander verabredet haben, auf welche Gefahren er hingewiesen und dass er den Inhalt vorgelesen hat und dass – abschließend – die Parteien in seiner Gegenwart die Unterschriften unter die Erklärung gesetzt haben. Die notarielle Beurkundung ist z. B. vorgeschrieben bei Verträgen über Grundstücke, über das Vermögen als Ganzes, bei Schenkungsversprechen und bei der GmbH-Gründung (siehe dazu oben RN 8, 9). 4. Elektronische Form gem. § 126a BGB

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Elektronische Form bedeutet, dass der Aussteller seiner Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen muss. Anders als bei der Schriftform ist nicht erforderlich, dass der Name des Erklärenden den Text räumlich abschließt. Aus dem Zusammenhang des elektronischen Dokuments muss sich ergeben, wer sich die Erklärung als eigene zurechnen lassen will. 5. Hinweis zur qualifizierten elektronischen Signatur Die qualifizierte elektronische Signatur ist keine elektronisch erzeugte Unterschrift unter einem Dokument. Es handelt sich um die technische Umsetzung der wesentlichen Merkmale einer handschriftlichen Unterschrift (Funktionsäquivalenz). Die qualifizierte elektronische Signatur ist ein technisches Verfahren, mit dessen Hilfe Nachrichten sicher elektronisch ausgetauscht werden können. Das technische Verfahren ermöglicht es, die Integrität der Nachrichten (keine Veränderung während des Transportes) und die Authentizität des Senders (Identität des Absenders) rechtsverbindlich festzustellen. Damit er-

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füllt die qualifizierte elektronische Signatur die Funktionen, durch die die herkömmliche Unterschrift gekennzeichnet ist (Funktionsäquivalenz). Während die einfache elektronische Signatur und die fortgeschrittene elektronische Signatur noch keine besonderen Rechtsfolgen zeitigen, erfüllt die qualifizierte elektronische Signatur die Voraussetzungen für die elektronische Form gem. § 126a BGB und ist damit der Schriftform gleichgestellt. Zudem finden auf Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur die Vorschriften über die Beweiskraft privater Urkunden gem. § 371a ZPO entsprechende Anwendung. Kommt es beim Einsatz einer qualifizierten elektronischen Signatur zu einem Schaden des Absenders der E-Mail oder des Empfängers, weil die Identifizierungs- und/oder Integritätsfunktion versagt, kann der Absender direkt aus seiner vertraglichen Beziehung zum Zertifizierungsanbieter diesem ggü. Haftungsansprüche herleiten. Dem Empfänger der E-Mail haftet der Zertifizierungsanbieter gem. § 11 SigG13 nach den Regeln der gesetzlichen Verschuldenshaftung14. Elektronisch zu signieren bedeutet nicht, eine Nachricht zu verschlüsseln. Die Verschlüsselung einer Nachricht kann zusätzlich zur qualifizierten elektronischen Signatur vorgenommen werden. Sowohl das Verfahren der qualifizierten elektronischen Signatur als auch die Verschlüsselung von Nachrichten basiert auf asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren. Der Vorteil asymmetrischer Verschlüsselungsverfahren besteht darin, dass der Nutzer nur ein Schlüsselpaar benötigt: Den geheimen (private key) und den öffentlichen Schlüssel (public key). Weil der öffentliche Schlüssel übers Internet frei zugänglich ist, gestaltet sich die elektronische Kommunikation mit dem Inhaber eines Schlüsselpaars so ein-

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§ 11 SigG „Haftung“ lautet: (1) Verletzt ein Zertifizierungsdiensteanbieter die Anforderungen dieses Gesetzes oder der Rechtsverordnung nach § 24 oder versagen seine Produkte für qualifizierte elektronische Signaturen oder sonstige technische Sicherungseinrichtungen, so hat er einem Dritten den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Angaben in einem qualifizierten Zertifikat, einem qualifizierten Zeitstempel oder einer Auskunft nach § 5 Abs. 1 Satz 3 vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Dritte die Fehlerhaftigkeit der Angabe kannte oder kennen musste. (2) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Zertifizierungsdiensteanbieter nicht schuldhaft gehandelt hat. (…) Haug, Internetrecht, 2. Aufl., 2010, RN 777 ff. Roßnagel, Das neue Recht elektronischer Signaturen, NJW 2001, Seite 1817 (1823 f.).

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fach und vertraulich wie über den herkömmlichen Briefkasten oder das Postfach15. a. Beispiele, bei denen weiterhin allein die Schriftform zulässig ist – die Bürgschaftserklärung gem. § 766 BGB – das Schuldanerkenntnis gem. §§ 780, 781 BGB – der Verbraucherdarlehensvertrag gem. § 492 Absatz 1 Satz 2 BGB – die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gem. § 623 BGB – Zeugniserteilung gem. § 630 BGB – Erteilung eines Leibrentenversprechens, soweit es der Gewährung familienrechtlichen Unterhalts dient gem. § 761 BGB – Im Beamtenrecht ist die elektronische Form z. B. ausgeschlossen bei der (schriftlichen) Bestätigung der Fortsetzung eines Beamtenverhältnisses gem. § 129 Abs. 2 Beamtenrechtsrahmengesetz. – Im Abgaben- und Steuerrecht ist die elektronische Form z. B. ausgeschlossen bei aa.) Bürgschaft als Sicherheitsleistung nach den Steuergesetzen gem. § 244 Absatz 1, Satz 3 AO bb.) Pfändungsverfügung bei Pfändung einer Geldforderung durch die Vollstreckungsbehörde gem. § 309 Absatz 1, Satz 2 AO cc.) Übermittlung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gem. § 22 Absatz 2 Grunderwerbsteuergesetz b. Beispiele für die Zulässigkeit der elektronischen Form Die Angelegenheiten eines Vereins werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Gem. § 32 Absatz 2 BGB ist ein Beschluss auch ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Nach § 111 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Minderjähriger ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, unwirksam. Gem. § 111 S. 2 BGB ist ein solches Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Minderjährige die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unver15

Technische Hinweise zur elektronischen Signatur: www.E-Government-Handbuch.de (dort unter dem Modul „Verschlüsselung und Signatur“, Punkt 3.1.3.).

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züglich zurückweist. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Nach § 368 BGB hat der Gläubiger gegen Empfang der Leistung auf Verlangen des Schuldners ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung) zu erteilen. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Die Übernahme einer Hypothekenschuld muss gem. § 416 Absatz 2 S. 2 BGB schriftlich geschehen und den Hinweis enthalten, dass der Übernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Nach § 550 BGB gilt ein Mietvertrag für unbestimmte Zeit geschlossen, wenn der Vertragsabschluss nicht in schriftlicher Form geschieht. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Nach § 4 Absatz 2 HOAI können die Mindestsätze für Architekten und Ingenieure durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden. 6. Vergleich der eigenhändigen Unterschrift mit der qualifizierten elektronischen Signatur Der relativ hohe Sicherheitswert einer eigenhändigen Unterschrift in der Vergangenheit ist infolge der technischen Entwicklung nur noch bedingt gegeben. Unterschriften und handgeschriebene Texte können heute, ebenso wie gedruckte Texte oder Bilder, über Scanner erfasst und elektronisch gespeichert werden. Danach kann damit z. B. ein (relativ leicht verfügbarer) kleiner Roboter gesteuert werden, der mit einem Füllfederhalter oder Kugelschreiber die Unterschrift originalgetreu nachmacht. Eine solche Fälschung ist kriminaltechnisch kaum mehr nachzuweisen. Im Gegensatz dazu ist eine unbemerkte Fälschung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder eine unbemerkte Verfälschung signierter Daten praktisch ausgeschlossen. Möglich erscheint eine unbefugte Nutzung des Signaturschlüssels, wenn der Signaturschlüssel-Inhaber diesen und die zu dessen Nutzung erforderlichen Identifikationsdaten nicht ausreichend schützt, sowie – bei hoher technischer Raffinesse – ein „Unterschieben“ von falschen Daten zur Signatur. In einem solchen Falle ist wie bei einer gefälschten Unterschrift ein kriminaltechnischer Beweis kaum zu führen. Die elektronische Form ist auch gewahrt, wenn ein anderer als der Aussteller selbst das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektroni-

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schen Signatur versieht. Das muss jedoch mit Zustimmung des Ausstellers erfolgen. 7. Textform gem. § 126b BGB Ab dem 13.06.2014 lautet § 126b BGB wie folgt: Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das 1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und 2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Bei der Textform handelt es sich um einen Formtyp, der weder eine Unterschrift noch eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert; er muss auch nicht in einer Urkunde verkörpert sein. Es genügt jedes Medium, das eine „dauerhafte Wiedergabe in Schriftzeichen“ ermöglicht. Also sind z. B. ausreichend ein Telefax oder ein Computerfax, eine E-Mail oder auf einem Memo-Stick gespeicherte Dateien. Wichtig ist, dass der Empfänger die Nachricht lesen kann – ob er den Text ausdruckt, entscheidet der Empfänger. Dagegen reicht es regelmäßig nicht aus, wenn die Erklärung auf einer herkömmlichen Internetseite zur Verfügung gestellt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Juli 2012, Rechtssache C-49/11, Nummer 50). Denn hier hat es weder der Empfänger in der Hand, die Erklärung aufzubewahren oder zu speichern, noch ist sichergestellt, dass die Erklärung für einen bestimmten Zeitraum unverändert zugänglich ist. Textform bedeutet, dass der Erklärende der Erklärung „nur noch“ seinen Namen hinzufügen muss. Das gilt z. B. für Mieterhöhungsverlangen gem. § 558a Absatz 1 BGB. Auch Betriebskostenvereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter können in Textform getroffen werden gem. § 556a Absatz 2 BGB. Textform ist für Mitteilungen angemessen, in denen die klassischen Formfunktionen (Echtheit, Warnung, Identität, Verifikation) keine Rolle spielen, andererseits aber (zur Dokumentation und zur Information) eine nur mündliche Äußerung als nicht ausreichend erscheint. So sollte z. B. die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung (mindestens) in Textform erfolgen gem. § 24 Absatz 4 WEG. Soll gefährliches Gut befördert werden,

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hat der Absender dem Frachtführer rechtzeitig in Textform die genaue Art der Gefahr und, soweit erforderlich, zu ergreifende Vorsichtsmaßnahmen mitzuteilen gem. § 410 Absatz 1 HGB. Der Empfänger einer Lieferung soll dem Frachtführer bei äußerlich erkennbaren Beschädigungen bei der Ablieferung des Gutes den Schaden anzeigen. Diese Schadensanzeige nach Ablieferung ist in Textform zu erstatten gem. § 438 Absatz 4 HGB.

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VII. Der Vertragsschluss im Internet

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A. Allgemeines In der virtuellen Welt gilt dieselbe Regel wie bei herkömmlichen Vertragsschlüssen: Ein Vertrag kommt zustande durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen; nämlich Angebot und Annahme. Willenserklärungen, die auf elektronischem Weg über Datenleitungen abgegeben werden, sind dabei ebenso verbindlich wie mündliche oder schriftliche Äußerungen. Bei der Präsentation von Waren oder Dienstleistungen auf einer Webseite handelt es sich in der Regel nicht um verbindliche Vertragsangebote. Wie bei einer Schaufensterauslage oder einem Zeitungsinserat liegt darin die Aufforderung an den potentiellen Käufer, selbst ein Angebot (Bestellung) zu machen. Dieses Angebot muss der Verkäufer nicht annehmen. Er kann die Annahme des Angebots – etwa nach Prüfung der Zahlungsfähigkeit des Kunden – durchaus ablehnen. 1. Webshop Beim typischen Webshop (Versandhandel, virtuelles Kaufhaus) stehen sich zwei Personen gegenüber: Der Verkäufer (er präsentiert seine Waren im Internet) und der Käufer. Die virtuelle Ausstellung des Warenangebotes beinhaltet noch kein Angebot des Verkäufers auf Abschluss eines Kaufvertrages. Der Verkäufer fordert vielmehr dazu auf, dass die potentiellen Käufer ihm Angebote zum Abschluss von Kaufverträgen zukommen lassen. Sobald dem Verkäufer ein Angebot zugegangen ist, bestätigt er regelmäßig dem Käufer den Zugang des Angebotes. Eine Eingangsbestätigung lautet z. B. „Ihre Bestellung ist bei uns eingegangen.“ Derlei Eingangsbestätigungen werden heute im Regelfall per Auto-Replay-Mail an den Kunden gesandt. Nach Erhalt des Angebotes kann der Verkäufer überlegen, ob er das Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages annimmt. Eine Annahme wird erfolgen, wenn ausreichend Ware im Lager aufbewahrt wird oder zeitnah beschafft werden kann. Die Erklärung der Annahme des Angebotes zum Abschluss des Kaufvertrages erfolgt in der Regel durch Zusendung der bestellten Ware. Beim Einsatz von Auto-Replay-Mails ist darauf zu achten, dass tatsächlich nur eine Eingangsbestätigung gegenüber dem Kaufinteressenten erklärt wird und dass das Auto-Replay-System mit der Lagerwirtschaft aufeinander abgestimmt ist. Wenn das Auto-Replay-System einem Kaufinteressenten z. B. au-

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tomatisch mitteilt, „wir werden ihren Auftrag umgehend bearbeiten“, liegt darin bereits eine Annahme. Für den Verkäufer bedeutet das, dass er kaufrechtlich zur Lieferung der Ware verpflichtet ist. Der Käufer hat einen Erfüllungsanspruch aus Kaufvertrag. Gleiches gilt, wenn mit einer Eingangsbestätigungsmail die Aufforderung zur Zahlung des Kaufpreises verbunden ist. Derlei Gestaltungen werden als Annahme qualifiziert. Vorskizzierte (häufig unbeabsichtigte) Annahmeerklärungen verursachen weitere Probleme, wenn mehr Kaufverträge abgeschlossen worden sind als sich Waren im Lager befinden. Zum einen ist der Verkäufer dann den Käufern gegenüber zur Erfüllung verpflichtet zum anderen verstößt er aus Sicht des UWG gegen den unlauteren Wettbewerb, weil er Lieferfähigkeit vortäuscht. Die vorskizzierte Art und Weise des Zustandekommens eines Vertrages mit einem Webshop-Betreiber verdeutlicht, dass es sich dabei aus rechtlicher Sicht um einen Versandhandel handelt. Dadurch hat der WebshopBetreiber hinreichende Möglichkeiten, Käufer vor Vertragsschluss zu informieren und insbesondere auf deren Widerrufsrecht hinzuweisen. 2. Besonderheiten bei ebay-Verkäufen Anders als beim Webshop handelt es sich bei ebay um eine 3 Personenbeziehung: Anbieter der Verkaufsplattform, Verkäufer, Käufer. Der Anbieter der Verkaufsplattform vereinbart mit dem Verkäufer, in welcher Weise der Verkäufer seine Waren im Internet präsentieren darf. Der Inhaber des virtuellen Auktionshauses ist dabei der Veranstalter, der den technischen Ablauf der Auktionen vorgibt und in seinen AGB die Teilnahmebedingungen dafür aufstellt. Der Käufer ist an dieser Vertragsbeziehung nicht beteiligt. Er steht allein in vertraglicher Beziehung zum Verkäufer. Die rechtliche Beziehung zwischen Verkäufer und Käufer richtet sich danach, ob die zu verkaufenden Artikel im Festpreisformat oder auf einer Versteigerungsplattform angeboten werden. 88

a. Das Festpreisformat Äußerlich betrachtet gibt es beim Festpreisformat keinen Unterschied zu einer Online-Bestellung bei einem Versandhaus (siehe oben). Rechtlich sind die beiden Sachverhalte jedoch hinsichtlich des Zustandekommens eines Kaufvertrages vollkommen unterschiedlich. Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass ein Versandhändler seine Kunden dazu auffordert, Angebote zum Kauf der ausgestellten Ware abzu-

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geben. Erst wenn der Versandhändler ein Angebot annimmt, kommt es zum Abschluss eines Kaufvertrages. Bei der Sofort-Kaufen-Funktion bei ebay ist bereits das Einstellen des Artikels zum Festpreis ein verbindliches Angebot des Verkäufers an den potentiellen Kunden. Die Bestellung durch einen Kunden ist die Annahme des Kaufvertragsangebotes. b. Das Auktionsformat (Ricardo Urteil des BGH) Bei Internet-Auktionen erklärt der Einsteller bereits mit der Freischaltung der von ihm für die Auktion eingerichteten Webseite vorab die Annahme des höchsten Angebotes, das später innerhalb der Auktionsfrist abgegeben wird. Der Verkäufer erklärt durch die Freischaltung eine vorweggenommene Annahme des höchsten Angebotes. Die Gebote, die auf die freigeschaltete Auktion abgegeben werden, stellen jeweils Vertragsanträge dar. Mit Ablauf der Auktionsfrist kommt automatisch ein Vertrag zwischen dem Anbieter und demjenigen zustande, der irgendwann während der Laufzeit das höchste Gebot abgegeben hat. Grundsatzurteil für das Zustandekommen von Verträgen bei InternetAuktionen: Der Bundesgerichtshof hat in der sog. Ricardo-Entscheidung im Jahre 2001 festgestellt, dass derjenige, der im Rahmen einer Internet-Auktion Artikel ins Internet stellt, damit ein Angebot für das Zustandekommen eines Vertrages abgibt. Wer dann innerhalb der Auktionsfrist das höchste Angebot macht, hat wirksam mit dem Anbieter einen Vertrag über den Artikel geschlossen. Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Student bot auf einer Auktionsplattform der Ricardo.de AG ein fabrikneues Auto (VW Beetle) mit einem Listenpreis von 57.000 DM zu einem Startpreis von 10 DM für einen Auktionszeitraum von 5 Tagen an. Wenige Sekunden vor dem Ende der Auktionsfrist gab ein Bieter das letzte und höchste Gebot über 26.235 DM ab. Kurz nach dem Auktionsende erhielt der Bieter von der Ricardo AG die Nachricht, dass er den Zuschlag erhalten hat. Der Student weigerte sich, das Auto zu diesem Preis abzugeben. Der Bieter klagte mit Erfolg auf Herausgabe des Autos Zug um Zug gegen Zahlung der 26.235 DM.

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VIII. Fernabsatz/ebay & Co.

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A. Definition Fernabsatzverträge Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.16 Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, EMails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien.

B. Definition Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien, handelt es sich um einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr. Der Begriff Teledienste meint Angebote im Bereich der Individualkommunikation (Telebanking, Datenaustausch), Angebote zur Nutzung des Internets, Angebote zur Nutzung von Telespielen und Angebote von Waren und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit. Mediendienste sind Verteildienste in Form von direkten Angeboten an die Öffentlichkeit für den Verkauf, den Kauf oder die Miete oder Pacht von Erzeugnissen (Teleshopping) oder die Erbringung von Dienstleistungen (Fernseheinkauf, Verteildienste in Form von Fernsehtext, Radiotext und vergleichbare Textdienste). Unten (RN 155, 160) wird erläutert, dass Teledienste ursprünglich im Teledienstegesetz (TDG) geregelt waren, Mediendienste dagegen im Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV). Der Bund hatte die Zuständigkeit für das 16

Zum Begriff Fernabsatzvertrag siehe Erwägungsgrund 20 VRRi (im Anhang).

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TDG; für den MDStV waren die Länder zuständig. Das führte immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten und Überschneidungen. Seit dem 1. März 2007 sind die Regelungen in einem Gesetz zusammengefasst worden: dem Telemediengesetz (TMG). Die Vorschriften zum Fernabsatz sind reines Verbraucherschutzrecht, d. h., es werden nur Verträge erfasst zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Verträge zwischen 2 Verbrauchern oder zwischen Unternehmern fallen nicht in den Regelungsbereich hinein. Die Regelungen zum E-Commerce gelten dagegen nicht nur im Verhältnis von Unternehmern zu Verbrauchern, sondern auch für „reine Unternehmensbeziehungen“. Der Begriff des Fernabsatzes erfasst jede Form des Vertragsschlusses unter physisch abwesenden Personen. Also z. B. auch den Vertragsschluss per Telefon oder Brief. Dagegen beschränkt sich der Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr auf Verträge, die ausschließlich unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmitteln zustande kommen. 92

1. Beispiel für einen Vertragsabschluss im elektronischen Geschäftsverkehr Ein bekanntes Kaufhaus bietet auf seiner Homepage Damenoberbekleidung an. Bestellungen können auf einem interaktiven Bestellformular abgegeben werden. Der Versand der bestellten Kleidungsstücke erfolgt durch einen konventionellen Paketdienst. In diesem Fall wäre der Abschluss des Kaufvertrages über einen Teledienst (Internet) erfolgt. Damit wurde ein Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen. Hinweis: Dass die Erfüllung des im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Vertrages außerhalb des Teledienstes erfolgt, liegt in der Natur der Sache und ist unschädlich.

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2. Beispiel für den Abschluss eines Fernabsatzvertrages Bruno Paselacki schaut sich am Abend des 09. April 2014 den Werbeblock eines privaten Fernsehsenders an. Darin wird ein „Muskelaufbau-Gerät“ beworben. Zeitgleich wird eine Telefonnummer eingeblendet, unter der das Trainingsgerät bestellt werden kann. Bruno bestellt telefonisch ein Übungsgerät.

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Es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag; nicht um den Abschluss eines Vertrages im elektronischen Geschäftsverkehr, denn Bruno Paselacki bedient sich nicht eines Telemediums (Internet) zum Abschluss des Kaufvertrages. Der Vertragsabschluss kommt durch individuelle Telefonkommunikation zustande; also ohne, dass die Vertragsparteien gleichzeitig physisch anwesend sind. Beim Abschluss von Verbraucherverträgen kann es vorkommen, dass sowohl die Vorschriften zum elektronischen Geschäftsverkehr als auch zum Fernabsatz Platz greifen. In den Fällen, in denen ein Verbraucher mit einem Unternehmer einen Kaufvertrag übers Internet abschließt, liegen zugleich die Voraussetzungen des elektronischen Geschäftsverkehrs und eines Fernabsatzvertrages vor. Wenn das so ist, sind die jeweiligen Informationspflichten kumulativ vom Unternehmer zu erfüllen.

C. Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen ab 13.06.2014

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Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürwiderrufsgeschäfte)17 und bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Dazu RN 95ff. Die in Erfüllung dieser Pflicht gemachten Angaben des Unternehmers werden Inhalt des Vertrags, es sei denn, die Vertragsparteien haben ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Hier sind Verträge gemeint, die keine Finanzdienstleistungen betreffen. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ist der Unternehmer abweichend von Absatz 1 verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Hier sind Verträge gemeint, die Finanzdienstleistungen betreffen. Artikel 246a Informationspflichten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen

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Ausführlich zu außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge siehe Erwägungsgrund 21 VRRi (im Anhang).

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§1 Informationspflichten (1) Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für das Kommunikationsmittel und für die Waren und Dienstleistungen angemessenen Umfang, 2. seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und gegebenenfalls seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, 3. zusätzlich zu den Angaben gemäß Nummer 2 die Geschäftsanschrift des Unternehmers und gegebenenfalls die Anschrift des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann, falls diese Anschrift von der Anschrift unter Nummer 2 abweicht, 4. den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können, 5. im Falle eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnement-Vertrags den Gesamtpreis; dieser umfasst die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten und, wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten; wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art der Preisberechnung anzugeben, 6. die Kosten für den Einsatz des für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationsmittels, sofern dem Verbraucher Kosten berechnet werden, die über die Kosten für die bloße Nutzung des Fernkommunikationsmittels hinausgehen,

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7. die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden, 8. das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren, 9. gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien, 10. gegebenenfalls bestehende einschlägige Verhaltenskodizes gemäß Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22) und wie Exemplare davon erhalten werden können, 11. gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge, 12. gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht, 13. gegebenenfalls die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen, 14. gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte, 15. gegebenenfalls, soweit wesentlich, Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese Beschränkungen dem Unternehmer bekannt sind oder bekannt sein müssen, und 16. gegebenenfalls, dass der Verbraucher ein außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, nutzen kann, und dessen Zugangsvoraussetzungen. Wird der Vertrag im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteigerung geschlossen, können anstelle der Angaben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 die entsprechenden Angaben des Versteigerers zur Verfügung gestellt werden.

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(2) Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher zu informieren 1. über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2, dazu siehe unten (RN 108) 2. gegebenenfalls darüber, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, und bei Fernabsatzverträgen zusätzlich über die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können und 3. darüber, dass der Verbraucher dem Unternehmer bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die nicht in einem bestimmten Volumen oder in einer bestimmten Menge vereinbarte Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder die Lieferung von Fernwärme, einen angemessenen Betrag nach § 357 Absatz 8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die vom Unternehmer erbrachte Leistung schuldet, wenn der Verbraucher das Widerrufsrecht ausübt, nachdem er auf Aufforderung des Unternehmers von diesem ausdrücklich den Beginn der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hat. Der Unternehmer kann diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung (dazu siehe RN 107) zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt. (3) Der Unternehmer hat den Verbraucher auch zu informieren, wenn 1. dem Verbraucher nach § 312g Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 und 7 bis 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Widerrufsrecht nicht zusteht, dass der Verbraucher seine Willenserklärung nicht widerrufen kann, oder 2. das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach § 312g Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 und 6 sowie § 356 Absatz 4 und 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorzeitig erlöschen kann, über die Umstände, unter denen der Verbraucher ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verliert.

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§2 Erleichterte Informationspflichten bei Reparaturund Instandhaltungsarbeiten

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(1) Hat der Verbraucher bei einem Vertrag über Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wird, bei dem die beiderseitigen Leistungen sofort erfüllt werden und die vom Verbraucher zu leistende Vergütung 200 Euro nicht übersteigt, ausdrücklich die Dienste des Unternehmers angefordert, muss der Unternehmer dem Verbraucher lediglich folgende Informationen zur Verfügung stellen: 1. die Angaben nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 (Identität) und 2. den Preis oder die Art der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten. (2) Ferner hat der Unternehmer dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang, 2. gegebenenfalls die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 (dazu RN 108) und 3. gegebenenfalls die Information, dass der Verbraucher seine Willenserklärung nicht widerrufen kann, oder die Umstände, unter denen der Verbraucher ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht vorzeitig verliert. (3) Eine vom Unternehmer zur Verfügung gestellte Abschrift oder Bestätigung des Vertrags nach § 312f Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs muss alle nach § 1 zu erteilenden Informationen enthalten. §3 Erleichterte Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit Soll ein Fernabsatzvertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen werden, das nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen bietet, ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher mittels dieses Fernkommunikationsmittels zumindest folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen,

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2. die Identität des Unternehmers, 3. den Gesamtpreis oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung, 4. gegebenenfalls das Bestehen eines Widerrufsrechts, 5. gegebenenfalls die Vertragslaufzeit und die Bedingungen für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses. Die weiteren Angaben nach § 1 hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise unter Beachtung von § 4 Absatz 3 zugänglich zu machen. §4 Formale Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflichten

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(1) Der Unternehmer muss dem Verbraucher die Informationen nach den §§ 1 bis 3 vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen. (2) Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss der Unternehmer die Informationen auf Papier oder, wenn der Verbraucher zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen.18 Die Informationen müssen lesbar sein. Die Person des erklärenden Unternehmers muss genannt sein. Der Unternehmer kann die Informationen nach § 2 Absatz 2 in anderer Form zur Verfügung stellen, wenn sich der Verbraucher hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt hat. (3) Bei einem Fernabsatzvertrag muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung stellen.19 Soweit die Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden, müssen sie lesbar sein, und die Person des erklärenden Unternehmers muss genannt sein. Abweichend von Satz 1 kann der Unternehmer dem Verbraucher die in § 3 Satz 2 genannten Informationen in geeigneter Weise zugänglich machen.

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Bei Haustürgeschäften sind die Informationspflichten 1x vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zu erfüllen. 19 Bei Fernabsatzgeschäften muss der Unternehmer den Verbraucher 2x informieren: Zunächst muss der Verbraucher vor Vertragsschluss informiert werden. Danach muss er die Informationen auf einem dauerhaften Datenträger erhalten.

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D. Widerrufsfrist und Wertersatz bei Fernabsatzverträgen/ ebay 1. Allgemeines Viele Leser werden sich noch daran erinnern, dass es in den vergangenen Jahren häufig zu Abmahnwellen gekommen ist. Betroffen davon waren vor allen Dingen Internethändler und von diesen insbesondere Ebay-Verkäufer. Viel Stoff für Auseinandersetzungen bot die „amtliche Widerrufsbelehrung.“ Unklar blieb, ob die Widerrufsfrist 2 Wochen oder 1 Monat beträgt. Und schließlich kam es immer wieder zu Streitigkeiten über die Wertersatzklausel bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme einer Sache. Bundesweit waren zu denselben Rechtsfragen unterschiedliche Gerichtsentscheidungen ergangen. Anlass dafür war, – dass die ursprüngliche Musterwiderrufsbelehrung offensichtliche Fehler enthielt, – die Widerrufsbelehrung bei Webshops und bei Internetauktionsplattformen unterschiedlich gestaltet werden musste und – dass die (alte) Belehrung in Form einer Verordnung ergangen war. Es handelte sich also nicht um ein Gesetz. Das führte dazu, dass einzelne Gerichte die Verordnung für nichtig erklärten. Um der Rechtsunsicherheit Einhalt zu gebieten, wurde die damalige BGBInfoVO von einer Verordnung zu einem Gesetz. Es erfolgte also eine gesetzestechnische Aufwertung. Die Musterwiderrufs- und Musterrückgabebelehrungen wurden zum 11. Juni 2010 in Artikel 246ff. EGBGB integriert. Mit dieser Konstruktion wurde erreicht, dass die Muster für die Widerrufsund Rückgabebelehrung Gesetzesrang erhielten. Damit beruhigte sich der Problembereich des Fernabsatzes etwas auf nationaler Ebene. Bei grenzüberschreitenden Vertragsabschlüssen bestand weiterhin Harmonisierungsbedarf. Im Wege der Umsetzung der Europäischen Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU (VRRi) in nationales Recht gilt nun ab dem 13.06.2014 europaweit ein einheitliches Widerrufsrecht. – Die VRRi ist im Anhang abgedruckt. – Die Informationspflichten und Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften und Fernabsatzverträgen sind seit dem 13.06.2014 innerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches eigenständig geregelt.

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2. Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Verbraucher müssen ab 13. Juni 2014 den Widerruf gegenüber dem Unternehmer ausdrücklich erklären; das bloße Zurücksenden der Ware reicht dazu nicht mehr aus. Beispiel RN 109 a. E. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage.20 Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Im Fall des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren (gemeint sind hier 14 Tage). Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

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3. Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen Der Unternehmer kann dem Verbraucher die Möglichkeit einräumen, das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Abdruck RN 108) oder eine andere eindeutige Widerrufserklärung auf der Webseite des Unternehmers auszufüllen und zu übermitteln. Macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss der Unternehmer dem Verbraucher den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen.

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Zur Länge der Widerrufsfrist von 14 Tagen siehe Erwägungsgrund 40 VRRi (im Anhang).

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Die Widerrufsfrist beginnt 1. bei einem Verbrauchsgüterkauf, a) der nicht unter die Buchstaben b bis d fällt, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die Waren erhalten hat, b) bei dem der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die Waren getrennt geliefert werden, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Ware erhalten hat, c) bei dem die Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird, sobald der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück erhalten hat, d) der auf die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die erste Ware erhalten hat, 2. bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit Vertragsschluss. Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Artikels 246b § 2 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage21 nach dem in Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt. Satz 2 ist auf Verträge über Finanzdienstleistungen nicht anwendbar. Das Widerrufsrecht erlischt in jedem Fall nach 12 Monate und 14 Tage. Egal, ob die Widerrufsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist. Bislang galt bei Fernabsatzverträgen über einen Warenkauf eine Widerrufsfrist von 14 Tage, wenn der Verbraucher bei Vertragsschluss ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt worden war. Erfolgte die Belehrung erst nach dem Vertragsschluss, galt eine Widerrufsfrist von 1 Monat. Wurde 21

Zur Begrenzung des Widerrufsrechts auf insgesamt 12 Monate und 14 Tage siehe Erwägungsgrund 43 VRRi und Artikel 10 VRRi (im Anhang).

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der Verbraucher zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß belehrt, erlosch das Widerrufsrecht überhaupt nicht („ewiges Widerrufsrecht“). Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem Vertrag über die Erbringung von Finanzdienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht abweichend von Satz 1, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher 1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und 2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert. Bei Download-Produkten ist damit ein Widerrufsrecht ausgeschlossen.

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4. Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren. Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat. Die regulären Kosten der Hinsendung trägt damit der Unternehmer. Etwaige Expresszuschläge muss der Verbraucher selbst zahlen. Bislang hatte der

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Unternehmer ebenfalls die Hinsendekosten zu tragen. Allerdings auch Zuschläge für Express- und Nachnahmeversand.22 Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen. Der Unternehmer muss den Kaufpreis erst zurückzahlen, wenn der Verbraucher die Ware zurückgeschickt hat. Der Verbraucher muss demnach in Vorleistung treten. Das ist aus unternehmerischer Sicht ein Vorteil, denn nun darf er den Kaufpreis solange zurückhalten, bis er die Ware zurückerhalten oder der Verbraucher die Rücksendung der Warte nachgewiesen hat. Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die empfangenen Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen. Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

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Bislang durfte der Unternehmer dem Verbraucher die Kosten der Rücksendung nur auferlegen, wenn der Wert der zurückzusendenden Ware nicht mehr als 40 € betrug und der Verbraucher bei Vertragsschluss über diese Rechtsfolge aufgeklärt worden war. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können. Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn

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Zu den Hinsendekosten siehe Erwägungsgrund 46 VRRi (im Anhang).

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1. der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und 2. der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat. Der Wertersatz nach erfolgtem Widerruf ist jetzt direkt im Widerrufsrecht geregelt. Die ursprüngliche, komplizierte Verweisungstechnik des BGB wurde aufgegeben. Der Unternehmer hat nun allerdings nach erfolgtem Widerruf keine Ansprüche mehr gegen den Verbraucher aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Nutzungsersatzansprüche. Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder über die Lieferung von Fernwärme, so schuldet der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Der Anspruch aus Satz 1 besteht nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen besteht der Anspruch nach Satz 1 nur dann, wenn der Verbraucher sein Verlangen nach Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen. Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten23, so hat er keinen Wertersatz zu leisten. 5. Weitere Ansprüche, abweichende Vereinbarungen und Beweislast Über die Vorschriften dieses Untertitels hinaus bestehen keine weiteren Ansprüche gegen den Verbraucher infolge des Widerrufs. Von den Vorschriften dieses Untertitels darf, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Die Vorschriften die-

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Zum Verständnis des Begriffs digitale Inhalte siehe Erwägungsgrund 19 VRRi (im Anhang).

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ses Untertitels finden, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Ist der Beginn der Widerrufsfrist streitig, so trifft die Beweislast den Unternehmer.

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Anlage 1 (zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2) 6. Muster für die Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen Widerrufsbelehrung Widerrufsrecht Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag [1]. Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns ([2]) mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder EMail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. [3] Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden. Folgen des Widerrufs Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet. [4] [5] [6]

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Gestaltungshinweise: [1] 1. Fügen Sie einen der folgenden in Anführungszeichen gesetzten Textbausteine ein: a) im Falle eines Dienstleistungsvertrags oder eines Vertrags über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden: „des Vertragsabschlusses.“; b) im Falle eines Kaufvertrags:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.“; c) im Falle eines Vertrags über mehrere Waren, die der Verbraucher im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die getrennt geliefert werden:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen haben bzw. hat.“; d) im Falle eines Vertrags über die Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat.“; e) im Falle eines Vertrags zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die erste Ware in Besitz genommen haben bzw. hat.“ [2] Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein. [3] Wenn Sie dem Verbraucher die Wahl einräumen, die Information über seinen Widerruf des Vertrags auf Ihrer Webseite elektronisch auszufüllen und zu übermitteln, fügen Sie Folgendes ein: „Sie können das MusterWiderrufsformular oder eine andere eindeutige Erklärung auch auf unserer Webseite [Internet-Adresse einfügen] elektronisch ausfüllen und übermitteln. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so werden wir Ihnen unverzüglich (z. B. per E-Mail) eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs übermitteln.“ [4] Im Falle von Kaufverträgen, in denen Sie nicht angeboten haben, im Fall des Widerrufs die Waren selbst abzuholen, fügen Sie Folgendes ein: „Wir

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können die Rückzahlung verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhalten haben oder bis Sie den Nachweis erbracht haben, dass Sie die Waren zurückgesandt haben, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.“ [5] Wenn der Verbraucher Waren im Zusammenhang mit dem Vertrag erhalten hat: a) Fügen Sie ein: – „Wir holen die Waren ab.“ oder – „Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an … uns oder an [hier sind gegebenenfalls der Name und die Anschrift der von Ihnen zur Entgegennahme der Waren ermächtigten Person einzufügen] zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden.“ b) Fügen Sie ein: – „Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren.“; – „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.“; – Wenn Sie bei einem Fernabsatzvertrag nicht anbieten, die Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen und die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren in Höhe von … EUR [Betrag einfügen].“, oder wenn die Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Die Kosten werden auf höchstens etwa … EUR [Betrag einfügen] geschätzt.“ oder – wenn die Waren bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind: „Wir holen die Waren auf unsere Kosten ab.“ und c) Fügen Sie ein: „Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist.“

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[6] Im Falle eines Vertrags zur Erbringung von Dienstleistungen oder der Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme fügen Sie Folgendes ein: „Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen oder Lieferung von Wasser/Gas/Strom/Fernwärme [Unzutreffendes streichen] während der Widerrufsfrist beginnen soll, so haben Sie uns einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie uns von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrags unterrichten, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.“ Anlage 2 (zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1) 108

7. Muster für das Widerrufsformular auf der Webseite24 Muster-Widerrufsformular (Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück.)

– An [hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Faxnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]: – Hiermit widerrufe(n) ich/wir (*) den von mir/uns (*) abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren (*)/die Erbringung der folgenden Dienstleistung (*) – Bestellt am (*)/erhalten am (*) – Name des/der Verbraucher(s) – Anschrift des/der Verbraucher(s) – Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier) – Datum (*)Unzutreffendes streichen

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Zum unionsweiten einheitlichem Widerrufsformular siehe Erwägungsgrund 44, 45 VRRi (im Anhang).

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8. Beispiel einer Widerrufsbelehrung bei Abschluss eines Fernabsatzvertrages über Lieferung einer Ware Widerrufsbelehrung Widerrufsrecht Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag „an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.“ Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (Muster GmbH, Musterstraße 12 in 55… Musterstadt, Tel.: 0221/…, Fax: 0221/… und mustermann@ t-online.de) mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. Sie können das Muster-Widerrufsformular oder eine andere eindeutige Erklärung auch auf unserer Webseite (www.mustermann.de) elektronisch ausfüllen und übermitteln. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so werden wir Ihnen unverzüglich (z. B. per E-Mail) eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs übermitteln. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.

Folgen des Widerrufs Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet. Wir können die Rückzahlung verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhalten haben oder bis Sie den Nachweis erbracht haben, dass Sie die Waren zurückgesandt haben, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.

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Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an uns zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden. Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist. – Ende der Widerrufsbelehrung – Obige Widerrufsbelehrung gilt nur, wenn der Unternehmer nachgenannte Voraussetzungen erfüllt:

– Eine Ware wird verkauft und vollständig geliefert. – Auf der Webseite wird zusätzlich ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung gestellt. – Der Käufer trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung. – Es existiert keine abweichende Rücksendeadresse. – Der Kaufvertrag ist nicht mit einem Finanzierungsvertrag verbunden. Auf seiner Webseite kann obiger Unternehmer folgendes MusterWiderrufsformular einbinden:

Muster-Widerrufsformular Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück. An Muster GmbH, Musterstraße 12 in 55… Musterstadt, Fax: 0221/…, [email protected] Hiermit widerrufe(n) ich/wir den von mir/uns am … abgeschlossenen Vertrag über den Kauf folgender Ware: … Bestellt am …

Erhalten am …

Name des/der Verbraucher(s): … Anschrift des/der Verbraucher(s): … Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier) Datum: … – Ende der Widerrufsbelehrung –

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IX. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung A. Allgemeines Mit der Abmahnung hat der Gesetzgeber ein Instrument geschaffen, bei Verstößen gegen das Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrecht kostengünstig eine außergerichtliche Lösung zu finden. Die Abmahnung ist ein sinnvolles Instrument zur Selbstregulierung der Wirtschaft. Im Zusammenhang mit ebay ist die Möglichkeit der Abmahnung von Mitbewerbern in Verruf geraten. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Abmahnwellen, von denen zahlreiche Unternehmer in der gesamten Bundesrepublik betroffen waren. Dabei wurde nicht selten der Eindruck erweckt, als ginge es den Abmahnenden weniger um einen (ernstzunehmenden) Wettbewerbsverstoß als vielmehr um das „reine Abkassieren“ beim Abgemahnten. Zweifelhaft waren die Abmahnungen insbesondere deshalb, weil den Unternehmern Wettbewerbsverstöße vorgehalten wurden, die selbst der ordentlichste Kaufmann nicht verhindern konnte. Dabei handelte es sich z. B. um die Dauer der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen (4 Wochen statt 1 Monat). Bundesweit hatten Unternehmer die damals vorgeschriebenen amtlichen Musterbelehrungen verwendet, dazu oben RN 99. Diese erwiesen sich dann mehrfach als fehlerhaft, wie von verschiedenen Gerichten herausgearbeitet wurde. Ab 13.06.2014 dürfte es sich dabei um Rechtsgeschichte handeln. Nun gilt europaweit das einheitliche Widerrufsrecht auf der Basis der Verbraucherrechterichtlinie (VRRi im Anhang abgedruckt). Die Abmahngebühren waren im Regelfall für den Betroffenen eine „spürbare“ finanzielle Belastung. Nicht selten wurde von Gegenstandswerten ab 20.000 € und mehr ausgegangen. Rechtsanwaltsgebühren von 839,80 € netto zzgl. Auslagen und USt griffen um sich. Das war auch ein lukratives Geschäft für manch einen Rechtsberater. Es erklärt sicherlich auch, warum sich plötzlich zahlreiche Rechtsanwälte mit Fragen des Wettbewerbsrechts befassten und die Anzahl der Abmahnwellen ständig zunahm. Die Gegenstandswerte wurden schließlich von den Gerichten drastisch abgesenkt. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 5. Juli 2007, Az.: I – 20 W 15/07) kürzte beispielsweise den vom abmahnenden Rechtsanwalt mit 15.000 € bezifferten Gegenstandswert wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung auf „bis zu 900 €“. Statt einer Gebühr i. H. v. 735,80 € zzgl. Auslagen und USt war nur noch ein Rechtsanwalts-Honorar i. H. v. 84,50 € netto zzgl. Auslagen und USt entstanden.

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Das OLG Düsseldorf wies darauf hin, dass gerade die gerügte Rechtsverletzung dazu geführt haben muss, dass der Käufer beim Rechtsverletzer bestellt hat. Das hielt es für nicht sehr wahrscheinlich, denn es dürfte ein nur selten vorkommender Zufall sein, dass ein Kaufinteressent sich wegen einer falschen Widerrufsbelehrung für den Kauf beim Rechtsverletzer entscheidet. Und bei Verwendung des amtlichen Musters der Widerrufsbelehrung entschied das OLG Hamburg am 12.09.2007 (Az.: 5 W 129/07), dass die Bagatellschwelle nach dem UWG nicht überschritten wird.

– Zur neuen Muster-Widerrufsbelehrung ab dem 13.06.2014 siehe RN 107. – Zur neuen Gebührendeckelung bei Abmahnungen nach dem UrhG siehe RN 146. – Zur Streitwertbegünstigung bei Abmahnungen nach dem UWG siehe nachfolgend und RN 119. Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der im UWG geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass 1. die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, 2. die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und 3. der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann. Die Streitwertbegünstigung nach dem UWG kann sowohl für den Kläger als auch für den Beklagten einer Streitigkeit nach dem UWG auf Antrag bewilligt werden. Wettbewerbsstreitigkeiten haben regelmäßig hohe Streitwerte. Das daraus folgende Prozesskostenrisiko kann die wirtschaftlich schwächere Partei derart belasten, dass sie die Gefahr finanzieller Überforderung nicht mehr tragen kann; auch sinkt durch das Kostenrisiko ihre Bereitschaft, eigene Rechte durchzusetzen bzw. sich zu verteidigen. Das trifft z. B. auf

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abgemahnte Existenzgründer zu, die Partei eines Wettbewerbsprozesses geworden sind. In diesen Fällen kann das Gericht die Streitwertbegünstigung anordnen. Verliert die begünstigte Partei den Prozess, muss sie die Gerichtskosten und die Kosten der Anwälte nur nach dem niedrigeren (Teil-) Streitwert bezahlen. Gewinnt die begünstigte Partei den Prozess, darf er eigene Anwalt nach dem (Regel-)Streitwert abrechnen.

B. Inhalt einer Abmahnung nach UWG Eine Abmahnung sollte nachskizzierten Inhalt haben: – beanstandeter Lebenssachverhalt (Abgemahnter muss genau wissen, was er zukünftig zu unterlassen hat)

– rechtliche Begründung für den Verstoß (z. B. irreführende Werbung, fehlende oder unvollständige Verbraucherbelehrung, unvollständige Preisangaben) – abzugebende strafbewehrte Unterlassungserklärung – Aufforderung, das Verhalten/die beanstandete Maßnahme künftig zu unterlassen – Frist zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung – Androhung gerichtlicher Schritte, falls die vorformulierte und beigefügte Unterlassungserklärung nicht oder nicht innerhalb der angegebenen Frist unterzeichnet wird – Aufforderung zur Zahlung der angefallenen Rechtsanwaltskosten (Aufwendungsersatz) – Unterschrift

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C. Muster einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung Per E/R shopping center Herrn Fritz Friedlich Musterweg 12 45879 Gelsenkirchen 1. Juli 2014 Wettbewerbsrechtliche Abmahnung Krieger ./. Friedlich Sehr geehrter Herr Friedlich, ich vertrete Herrn Toni Krieger, Inh. der Firma center creme, Leuchthof 10, 96894 Coburg. Vollmacht liegt an. Mein Mandant vertreibt im kosmetischen Bereich Cremes unter der Firma center creme. Er ist Mitbewerber Ihres Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 3 UWG. Mein Mandant musste feststellen, dass Sie über Ihren Online Shop in beträchtlichem Umfang Cremes vertreiben. Ausnahmslos sind die von Ihnen veräußerten Produkte ungenügend gekennzeichnet. Sie verstoßen damit massiv gegen die Verpackungs- und Kosmetikverordnung Zur Beweissicherung erfolgte ein Testkauf in Ihrer Betriebsstätte in Coburg. Es wurden drei Artikel gekauft:



Creme 100 ml



Creme Foundation



Einphasen Creme

Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Ziff. 2 und 2a Kosmetikverordnung: Nach den Vorgaben der Kosmetikverordnung dürfen kosmetische Mittel gewerbsmäßig nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn auf den Behältnissen oder der Verpackung das



Mindesthaltbarkeitsdatum des Produkts angegeben ist, sofern das kosmetische Mittel eine Mindesthaltbarkeit von 30 Monaten oder weniger aufweist (§ 5 Abs. 1 Ziff. 2 Kosmetikverordnung);



wenn die Mindesthaltbarkeit des kosmetischen Produkts mehr als 30 Monate beträgt, muss statt des Mindesthaltbarkeitsdatums die Verwendungsdauer des Produkts nach dem Öffnen angeben werden (§ 5 Abs. 1 Ziff. 2a Kosmetikverordnung).

Die von Ihnen vertriebenen Kosmetikartikel enthalten keinen der vorgenannten Hinweise. Gegenüber meinen Mandanten verhalten Sie sich somit auch hierbei wettbewerbswidrig gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Zudem enthält Ihre Homepage/Internetauftritt nicht die vom Gesetzgeber vorgegebenen Informationen über das Widerrufsrecht gem. § 312 d Abs. 1 BGB i. V.m. Artikel 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch.

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Kopie Ihrer Internetseite vom 25. Juni 2014 bzgl. der Widerrufsbelehrung liegt an. Entgegen der eindeutigen Rechtslage enthält Ihr Internetauftritt keine Belehrungen im Sinne der vorgenannten Vorschriften. Spätestens seit dem 13.06.2014 ist die Belehrung gem. § 312 d Abs. 1 BGB i. V.m. Artikel 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch zwingend vorgeschrieben. Gegenüber meinen Mandanten verhalten Sie sich somit auch insoweit wettbewerbswidrig gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Aus den vorgenannten Gründen habe ich Sie aufzufordern, anliegende Unterlassungsund Verpflichtungserklärung bis zum Donnerstag, 7. Juli 2014, unterschrieben an mich zurückzusenden. Sollten Sie die vorerwähnte Frist nicht einhalten, bin ich schon jetzt beauftragt, sofort gerichtliche Hilfe auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Vorsorglich weise ich darauf hin, dass eine Fristverlängerung nicht in Betracht kommt. Neben dem Unterlassungsanspruch hat mein Mandant einen Schadensersatzanspruch und Rechnungslegungs- und Auskunftsanspruch gegen Sie. Der pauschalierte Schadenersatzanspruch wird mit 3.000,00 € beziffert. Ich fordere Sie auf, die vorgenannten 3.000,00 € bis zum 7. Juli 2014 auf mein Konto einzuzahlen oder gemäß anliegender Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung innerhalb dieser Frist Auskunft zu erteilen. Schließlich sind Sie verpflichtet, gem. §§ 9, 12 UWG die Kosten meiner Tätigkeit auszugleichen. Ich fordere Sie auf, die nachstehend berechneten Anwaltsgebühren i.H.v. 1.822,96 € ebenfalls bis zum 7. Juli 2014 auf mein Konto einzuzahlen. Die RA-Gebühren errechnen sich nach dem RVG auf der Basis des Gegenstandswertes. Der Gegenstandswert orientiert sich am Unterlassungsinteresse meines Mandanten und ist deshalb mit 50.000,00 € anzusetzen. Gegenstandswert: GeschäftsG Nr. 2400 VV 1,3 Auslagen pauschal Nr. 7002 VV Netto 19% USt Nr. 7008 VV Summe

50.000,00 € 1.511,90 € 20,00 € 1.531,90 € 291,06 € 1.822,96 €

Sollte mein Gebührenanspruch nicht fristgerecht befriedigt werden, erfolgt ebenfalls gerichtliche Geltendmachung. Mit freundlichen Grüßen

RA Quierl

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Wettbewerbsrechtliche Abmahnung

1. Abmahnberechtigte Zur Abmahnung sind Wettbewerber berechtigt, aber auch rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen (z. B. die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.), Verbraucherschutzverbände, Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern.

2. Reaktion auf Abmahnung „Ruhe bewahren“ und (vor Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung) folgende Fragen klären:

– Ist der Abmahnende überhaupt abmahnbefugt? – Ist der Abgemahnte der richtige Ansprechpartner? Ist er verantwortlich für die abgemahnte Handlung? – Liegt überhaupt ein gesetzlicher Verstoß vor? Nur dann kann sich eine Pflicht zur Unterlassung und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung ergeben. – Ist die Unterlassungserklärung richtig formuliert? Das gilt hinsichtlich des begehrten Unterlassungsversprechens und hinsichtlich der Vertragsstrafe. – Ist die Vertragsstrafe angemessen? – Ist die geforderte Auskunft und die Anerkennung von etwaigen Schadenersatzansprüchen gerechtfertigt? 3. Prozessuale Besonderheiten Auf eine Abmahnung sollte schnell reagiert werden. Möglichst binnen 3–7 Tage. Diese kurze Frist ist eine Ausschlussfrist, d. h., nach Ablauf der Frist darf der Abmahnende sofort eine einstweilige Verfügung beantragen. Über den Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheiden die Gerichte häufig ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Der Abgemahnte bekommt dann regelmäßig nach wenigen Tagen von einem Gerichtsvollzieher die einstweilige Beschluss-Verfügung zugestellt.

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a. Zustellung Im „normalen“ Zivilprozess werden Urteile und Beschlüsse von Amts wegen den Parteien zugestellt. Mit der Zustellung beginnt der Lauf von Rechtsmittelfristen. Im Eilverfahren (einstweilige Verfügungen oder Arreste) sind Beschlüsse im Parteibetrieb zuzustellen (§ 922 Absatz 2 ZPO für einen Arrest, § 936 ZPO für einstweilige Verfügungen).

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Dem Gläubiger – nachdem er selbst die einstweilige Beschluss-Verfügung vom Gericht zugestellt bekommen hat – bleibt nur ein Monat lang Zeit, um die einstweilige Verfügung dem Gegner zuzustellen und ggf. zu vollstrecken. Weitere Besonderheit im Eilverfahren: Ergeht eine BeschlussVerfügung, beginnt die Monatsfrist, wenn der Gläubiger die einstweilige Verfügung erhalten hat. Ergeht eine Urteils-Verfügung, beginnt die Monatsfrist bereits am Tag der Urteilsverkündung. Zustellungen auf Betreiben der Parteien erfolgen durch einen Gerichtsvollzieher, § 192 ZPO. Deshalb erhalten Antragsgegner eine einstweilige Beschluss-Verfügung regelmäßig von einem Gerichtsvollzieher zugestellt. Soweit der Antragsgegner anwaltlich vertreten ist, erfolgt die Zustellung an dessen Rechtsanwalt. Nach Erhalt des Beschlusses muss der Abgemahnte sofort die beanstandete Maßnahme einstellen. Reagiert er nicht, drohen Ordnungsgeld und Ordnungshaft. Das gilt selbst dann, wenn die einstweilige Verfügung zu weit gefasst ist oder sogar rechtswidrig ist, weil überhaupt kein Verstoß gegen geltendes Recht vorliegt. Eine einstweilige Verfügung kann nur durch das Gericht wieder beseitigt (aufgehoben) werden. Dazu muss der Betroffene fristgemäß Widerspruch erheben. Umgekehrt erhebt der Gläubiger/Abmahnende regelmäßig – nach Erlass der einstweiligen Verfügung – Klage in der Hauptsache. Eine einstweilige Verfügung hat nämlich nur vorläufigen Regelungscharakter. Und zudem können mit einer einstweiligen Verfügung nur Ansprüche auf Unterlassung geltend gemacht werden. Ansprüche auf Widerruf und Schadenersatz sind im Hauptsacheverfahren durchzusetzen. Wenn also der Abmahnende seine Ansprüche endgültig sichern will, kann das regelmäßig nur durch ein Urteil in der Hauptsache geschehen. Ausnahmsweise erübrigt sich ein Hauptsacheverfahren. Das sind die Fälle, in denen der Abgemahnte eine Unterlassungserklärung oder eine Abschlusserklärung abgibt. Eine Abschlusserklärung ist eine Erklärung des Abgemahnten, nach der er die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung akzeptiert. Er verzichtet auf Rechtsbehelfe gegen die einstweilige Verfügung und macht damit ein Hauptsacheverfahren überflüssig. Ein Muster einer Abschlusserklärung finden sie unter RN 115.

b. Gerichtsstand § 14 Absatz 2 UWG sieht einen „fliegenden Gerichtsstand“ vor. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Verletzungshandlung begangen wurde. Wird die Verletzungshandlung mittels eines weit verbreiteten Massenmediums wie zum Beispiel im Internet begangen, können im Einzelfall

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sehr viele Gerichte angerufen werden. Diesen Umstand nutzen Kläger häufig aus und klagen bei dem für sie vermeintlich günstigsten Gericht, so dass die Beklagten oftmals erheblich benachteiligt sind. Die Beklagten müssen dann lange Reisewege in Kauf nehmen, Reisekosten bestreiten und ggf. zusätzlich einen Korrespondenzanwalt beauftragen. Im Urheberrecht dagegen dürfen Klagen gegen natürliche Personen nur noch an deren Wohnsitz erhoben werden. Siehe dazu RN 149.

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4. Kurze Verjährung gem. § 11 UWG Die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, die Ansprüche auf Schadenersatz und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für eine Abmahnung verjähren in sechs Monate. Die Verjährungsfrist beginnt, wenn der Anspruch entstanden ist und der Verletzte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Verletzers Kenntnis erlangt hat. Verletzt eine Handlung neben den UWG-Vorschriften auch andere Gesetze, kann sich eine längere Verjährungsfrist ergeben. Bei Urheberrechtsverletzungen beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre gem. § 102 UrhG. Für markenrechtliche Verstöße gelten ebenfalls drei Jahre gem. § 20 MarkenG. Verstößt eine Verletzungshandlung gleichzeitig gegen das UWG und gegen § 823 Absatz 1 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), gilt die kurze Verjährungsfrist des UWG. Gleiches gilt auch, wenn ein Wettbewerbsverstoß zugleich gegen ein Schutzgesetz des § 823 Absatz 2 BGB vorliegt. Der Erlass (und die Zustellung) einer einstweiligen Verfügung führt nur zur Hemmung der (kurzen) Verjährung gem. § 204 Nr. 9 BGB. Zudem erstreckt sich die Hemmungswirkung nur auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Für die Ansprüche auf Widerruf und Schadenersatz, die ja nicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren geltend gemacht werden dürfen, läuft die kurze Verjährungsfrist weiter. Auch aus diesem Grund ist regelmäßig ein Hauptsacheverfahren am Platze.

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D. Muster einer Abschlusserklärung

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Per E/R Joint venture Frau Petra Dezibel Neumarkt 1 45879 Gelsenkirchen 1. Juli 2014 Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung Krieger ./. Dezibel Sehr geehrte Frau Dezibel, ich vertrete bekanntlich Herrn Toni Krieger, Inh. der Firma center creme, Leuchthof 10, 96894 Coburg. Am 27.06.2014 stellte Herr GV Brause Ihnen die einstweilige Verfügung des LG Essen vom 25.06.2014 (Az.: 42 O 101/14) zu. Ich fordere Sie hiermit namens meines Mandanten zur Abgabe der Abschlusserklärung auf, d.h., bis spätestens 10. Juli 2014 zu erklären, dass die oben genannte einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt und auf die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO sowie auf Einlegung eines Rechtsmittels und auf Erhebung der negativen Feststellungsklage sowie auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüche verzichtet wird. Sollte die Abschlusserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgegeben sein, bin ich schon jetzt beauftragt, zur endgültigen Sicherung der Ansprüche meines Mandanten Hauptsacheklage zu erheben. Mit freundlichen Grüßen RA Friedlich

E. Schutzschrift 1. Allgemeines Mit einer Schutzschrift kann der Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung dem zuständigen Gericht – möglichst noch vor Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – seine eigenen Argumente darlegen, und dadurch erreichen, dass

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– entweder der Erlass der einstweiligen Verfügung im Beschlusswege abgelehnt wird – oder in jedem Fall eine mündliche Verhandlung stattfindet. 117

2. Muster einer Schutzschrift In einem etwaigen einstweiligen Verfügungsverfahren wegen angeblich unlauteren Wettbewerbs des Fritz Friedlich, Inhaber der Firma shopping center, Straße …, Ort …, – Antragsteller – Verfahrensbevollmächtigter: RA Quierl … gegen Toni Krieger, Inhaber der Firma center creme, Straße …, Ort …, – Antragsgegner – Verfahrensbevollmächtigter: RA Schlau … zeige ich an, dass ich den mutmaßlichen Antragsgegner vertrete. Für diesen beantrage ich: 1. Den Verfügungsantrag (ggf. mutmaßlichen Antrag einfügen) zurückzuweisen. 2. Dem Antragsteller die Verfahrenskosten durch Beschluss gem. § 269 Abs. 3 ZPO analog aufzuerlegen, wenn er einen Verfügungsantrag vor der Verfügungshandlung wieder zurücknehmen sollte. 3. Hilfsweise über den Verfügungsantrag nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden sowie 4. Vollstreckungsschutz gem. § 921 ZPO zu gewähren. Begründung Zum Sachverhalt 1. Zu den Parteien … 2. Zur angeblichen Verletzungshandlung … Zum Rechtlichen 1. Zuständigkeit Gericht … 2. Aktiv-/Passivlegitimation der Parteien … 3. UWG überhaupt anwendbar? 4. Verstößt beanstandete Handlung gegen geltendes Recht? 5. Zum Antrag auf Vollstreckungsschutz … RA Schlau … (Unterschrift)

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X. UWG

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Mit den Änderungen zum 09.10.2013 durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken und den Änderungen durch die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie zum 13.06.1014.

A. Allgemeines Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken brachte zum 09.10.2013 drei wesentliche Verbesserungen: – Bei Telefonwerbung unter Einsatz automatischer Anrufmaschinen kann nun auch ein Bußgeld verhängt werden. Vorher waren nur unerlaubte Telefonanrufe ohne Verwendung automatischer Anrufmaschinen bußgeldbewährt.

– Nun haben Abgemahnte vor allem im Onlinehandel einen Gegenanspruch gegen den Abmahnenden, wenn die Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist. Abgemahnte können ihre Kosten der Rechtsverteidigung vom Abmahnenden erstattet verlangen. – Das Gericht kann in einem Rechtsstreit anordnen, dass die Gerichtskosten von einer Partei nur aus einem geringeren Streitwert („ Streitwertbegünstigung“)zu erheben sind, wenn bei der Berechnung der Prozesskosten nach dem vollen Streitwert die wirtschaftliche Lage dieser Partei erheblich gefährdet würde. Hierfür bedarf es eines entsprechenden Antrags dieser Partei. Folge dieser Anordnung ist auch, dass die Partei die Gebühren ihres Anwalts nur aus dem geringeren Streitwert zu entrichten hat und die Kosten der Gegenseite nur in der Höhe zu erstatten hat, wie sie bei dem niedrigeren Streitwert entstanden wären. Auf die Kostentragungspflicht der Gegenseite sowohl gegenüber ihrem Anwalt als auch gegenüber dem Gericht hat die Anordnung keine Auswirkung. Im Fall des Obsiegens der begünstigten Partei kann deren Anwalt von der Gegenseite die Erstattung der ungekürzten Gebühren verlangen.

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– Der „fliegende Gerichtsstand“ wurde für UWG-Streitigkeiten nicht abgeschafft. § 14 Absatz 2 UWG sieht einen „fliegenden Gerichtsstand“ vor. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Verletzungshandlung begangen wurde. Wird die Verletzungshandlung mittels eines weit verbreiteten Massenmediums wie zum Beispiel im Internet begangen, können im Einzelfall sehr viele Gerichte angerufen werden. Diesen Umstand nutzen Kläger häufig aus und klagen bei dem für sie

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vermeintlich günstigsten Gericht, so dass die Beklagten oftmals erheblich benachteiligt sind. Im Urheberrecht dagegen dürfen Klagen gegen natürliche Personen nur noch an deren Wohnsitz erhoben werden.

B. Zweck des UWG Das Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Die vorherige Fassung des UWG schützte vor „unlauterem Wettbewerb“. In der EU-Richtlinie heißt es jedoch „unlautere geschäftliche Handlungen“. Insofern erfolgte auch eine sprachliche Anpassung.

C. Definitionen 121

Im Sinne des UWG bedeutet – „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen;

– „Marktteilnehmer“ neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind; – „Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; – „Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; dies schließt nicht Informationen ein, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit die Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;

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– „Verhaltenskodex“ Vereinbarungen oder Vorschriften über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; – „Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;

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– „fachliche Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Marktgepflogenheiten einhält. Für den Verbraucherbegriff gilt (der neue) § 13 des bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend. Dort heißt es: Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.25

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Der neue Verbraucherbegriff bedeutet für Unternehmer: Kauft ein Unternehmer einen PC im Fernabsatz und nutzt er ihn zu 60 % privat und zu 40 % betrieblich, gilt er als Verbraucher. Damit hat er auch ein Widerrufsrecht und ist genauso umfassend zu informieren wie jeder andere Verbraucher.

D. Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen (Generalklausel) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei ist auf den durchschnitt-

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Dazu Ergänzungsgrund 17 VRRi (im Anhang).

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lichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer auf Grund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit besonders schutzbedürftigen und eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern ist abzustellen, wenn für den Unternehmer vorhersehbar ist, dass seine geschäftliche Handlung nur diese Gruppe betrifft.

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E. „Schwarze Liste“ Nachfolgend aufgezählte geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig. 1. Die unwahre Angabe eines Unternehmers, zu den Unterzeichnern eines Verhaltenskodexes zu gehören. 2. Die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung. 3. Die unwahre Angabe, ein Verhaltenskodex sei von einer öffentlichen oder anderen Stelle gebilligt. 4. Die unwahre Angabe, ein Unternehmer, eine von ihm vorgenommene geschäftliche Handlung oder eine Ware oder Dienstleistung sei von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden, oder die unwahre Angabe, den Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung werde entsprochen. Die vorgenannten 4 Beispiele lassen sich unter dem Schlagwort „Sich mit fremden Federn schmücken“ zusammenfassen. 5. Waren- oder Dienstleistungsangebote zu einem bestimmten Preis anzubieten, ohne dass der Unternehmer darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen. Vorgenannte Nr. 5 ist ein Beispiel für „Versprechen, die man nicht halten kann“. 6. Waren- oder Dienstleistungsangebot zu einem bestimmten Preis anzubieten, wenn der Unternehmer sodann in der Absicht, stattdessen eine

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andere Ware oder Dienstleistung abzusetzen, eine fehlerhafte Ausführung der Ware oder Dienstleistung vorführt oder sich weigert zu zeigen, was er beworben hat, oder sich weigert, Bestellungen dafür anzunehmen oder die beworbene Leistung innerhalb einer vertretbaren Zeit zu erbringen. Vorgenannte Nr. 6 ist ein Beispiel für „Versprechen, die man nicht halten will“. Es handelt sich hierbei um die sogenannte „bait and switch“-Methode (ködern und wechseln). 7. Die unwahre Angabe, bestimmte Waren oder Dienstleistungen seien allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, ohne das dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden. Nr. 7 greift das Problem „Verbraucher unter Zeitdruck setzen“ auf. 8. Kundendienstleistungen in einer anderen Sprache anbietet als derjenigen, in der die Verhandlungen vor dem Abschluss des Geschäfts geführt worden sind, wenn die ursprünglich verwendete Sprache nicht Amtssprache des Mitgliedstaats ist, in dem der Unternehmer niedergelassen ist; dies gilt nicht, soweit Verbraucher vor dem Abschluss des Geschäfts darüber aufgeklärt werden, dass diese Leistungen in einer anderen als der ursprünglich verwendeten Sprache erbracht werden. Der Problemkreis unter Nr. 8 lässt sich plakativ bezeichnen als „Verbraucher Schach matt setzen“. 9. Die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, eine Ware oder Dienstleistung sei verkehrsfähig. Bei der Nr. 9 geht um „Verbraucher täuschen“. 10. Die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar. Nr. 10 verbietet es, „Mit Selbstverständlichkeiten zu werben.“ Beispiel: „Zwei Jahre Gewährleistung auf Neuwaren“. 11. Der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung – „fingierte Zeitungsartikel“ ).

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12. Unwahre Angaben über Art und Ausmaß einer Gefahr für die persönliche Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie für den Fall, dass er die angebotene Ware nicht erwirbt oder die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt („Angstwerbung“). 13. Werbung für eine Ware oder Dienstleistung, die der Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers ähnlich ist, wenn dies in der Absicht geschieht, über die betriebliche Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu täuschen (sog. „Trittbrettfahrer“). 14. Die Einführung, der Betrieb oder die Förderung eines Systems zur Verkaufsförderung, das den Eindruck vermittelt, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System könne eine Vergütung erlangt werden (Schneeball- oder Pyramidensystem). 15. Die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst ein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen („Unwahrheiten, Übertreibungen und Ungenauigkeiten“). 16. Die Angabe, durch eine bestimmte Ware oder Dienstleistung ließen sich die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel erhöhen. 17. Die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen oder werde ihn gewinnen oder werde durch eine bestimmte Handlung einen Preis gewinnen oder einen sonstigen Vorteil erlangen, wenn es einen solchen Preis oder Vorteil tatsächlich nicht gibt, oder wenn jedenfalls die Möglichkeit, einen Preis oder sonstigen Vorteil zu erlangen, von der Zahlung eines Geldbetrages oder der Übernahme von Kosten abhängig gemacht wird. 18. Die unwahre Angabe, eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen. 19. Die unwahre Angabe über die Marktbedingungen oder Bezugsquellen, um den Verbraucher dazu zu bewegen, eine Ware oder Dienstleistung zu weniger günstigen Bedingungen als den allgemeinen Marktbedingungen abzunehmen oder in Anspruch zu nehmen. Beispiel für Nr. 19: „Made in Germany“, „wir produzieren in Deutschland“, obwohl das nicht zutrifft. 20. Das Angebot eines Wettbewerbs oder Preisausschreibens, wenn weder die in Aussicht gestellten Preise noch ein angemessenes Äquivalent vergeben werden.

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21. Das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleistungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung unvermeidbar sind. Beispiel für Nr. 21: Nicht offen gelegte Grundgebühren oder Mindestabnahmen. 22. Die Übermittlung von Werbematerial unter Beifügung einer Zahlungsaufforderung, wenn damit der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, die beworbene Ware oder Dienstleistung sei bereits bestellt. Beispiel für Nr. 22: Adressbuch- und Aboschwindel. 23. Die unwahre Angabe oder das Erwecken eines unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig. Beispiel für Nr. 23: Viele ebay-Händler sind wegen des Umfangs ihrer Tätigkeit als gewerblich tätig einzustufen. 24. Die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, es sei im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Union als dem des Warenverkaufs oder der Dienstleistung ein Kundendienst verfügbar. 25. Das Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne bestimmte Räumlichkeiten nicht ohne vorherigen Vertragsabschluss verlassen. 26. Bei persönlichem Aufsuchen in der Wohnung die Nichtbeachtung einer Aufforderung des Besuchten, diese zu verlassen oder nicht zu ihr zurückzukehren, es sei denn, der Besuch ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt. Nrn. 25 und 26 regeln den Bereich „Überrumpeln und Druck aufbauen“. 27. Maßnahmen, durch die der Verbraucher von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte aus einem Versicherungsverhältnis dadurch abgehalten werden soll, dass von ihm bei der Geltendmachung seines Anspruchs die Vorlage von Unterlagen verlangt wird, die zum Nachweis dieses Anspruchs nicht erforderlich sind, oder das Schreiben zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs systematisch nicht beantwortet werden. Nr. 27 verbietet es, „Verbraucher auflaufen zu lassen“.

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28. Die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen. Nr. 28 schützt erstmalig Kinder. 29. Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen oder eine Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung nicht bestellter Sachen. Nr. 29 befasst sich mit der Thematik „untergeschobene Waren und Dienstleistungen“. 30. Die ausdrückliche Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung nicht abnehme. Nr. 30 erfasst das Problem der „Mitleidstour“. Die vorgenannten Beispiele 1–24 lassen sich unter der gemeinsamen Überschrift „irreführende Geschäftspraktiken“ zusammenfassen. Für die Katalogbeispiele Nr. 25–30 ist der Begriff „aggressive Geschäftspraktiken“ zutreffend. Hinweis: Die vorgenannten Beispiele und teilweise die ergänzenden Schlagworte sind Zitate des Merkblatt der IHK München zur UWG-Reform 2009, Stand: Januar 2009. Der Wortlaut entspricht der Rechtslage 13.06.2014.

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F. Unlauterkeitskatalog Neben den vorgenannten 30 Beispielen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, sind allgemein die folgenden 11 Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen zu beachten. Unlauter handelt insbesondere, wer 1. geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen; 2. geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, geistige oder körperliche Gebrechen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen;

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3. den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert; 4. bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt; 5. bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt; 6. die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, dass Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder Dienstleistung verbunden; 7. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; 8. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; 9. Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat; 10. Mitbewerber gezielt behindert; 11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

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G. Irreführende geschäftliche Handlungen Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

– die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests oder Waren oder Dienstleistungen; – den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird; – die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmens wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs; – Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen; – die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur; – die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf die Bindung hinweist, oder – Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen. Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechselungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft.

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Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessene kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

H. Irreführen durch Unterlassen Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen. Unlauter handelt, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten folgende Informationen als wesentlich, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben:

– alle wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung in dem dieser und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang; – die Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt; – der Gesamtpreis oder in Fällen, in denen ein solcher Preis auf Grund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung nicht im voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten oder in Fällen, in denen diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können; – Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie Verfahren zum Umgang mit Beschwerden, soweit sie von Erfordernis der fachlichen Sorgfalt abweichen und – das Bestehen eines Rechts zum Rücktritt oder Widerruf. Als wesentlich im vorgenannten Sinne gelten auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für

128

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kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

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I.

Vergleichende Werbung

Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar machen. Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

– sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht, – nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Ware oder Dienstleistungen bezogen ist, – im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt, – den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, – die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder – eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt. 130

J.

Unzumutbare Belästigungen

Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

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Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

– bei Werbung unter Verwendung eines in den beiden nachfolgenden Absätzen nicht aufgeführten, für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht; – bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßlicher Einwilligung; – bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung der Adressaten vorliegt oder – bei Werbung mit einer Nachricht, bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert und verheimlicht wird oder bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen. Abweichend vom vorerwähnten 3. Beispiel ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn

– ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, – der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, – der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und – der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

K. Beseitigung und Unterlassung Einleitend wurde darauf hingewiesen, dass das UWG dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer dient. Verbraucher müssen sich jedoch an einen Verbrau-

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UWG

cherverband wenden, der dann Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend machen kann. Mitbewerber können ihre Ansprüche direkt gegenüber dem Verletzer geltend machen. Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruch Berechtigten sollen den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen (Rechtsanwaltsgebühren) verlangt werden.

L. Zuständigkeit der Landgerichte Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auf Grund des UWG sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.

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M. Verjährung Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach dem UWG verjähren in sechs Monaten.

N. Zusammenfassung zum UWG Mit der „Schwarzen Liste“ wurde erstmalig in Deutschland ein „case law“ eingeführt. In 30 Einzeltatbeständen werden Lebensvorgänge beschrieben, die gegenüber Verbrauchern stets unzulässig sind. Das kann den Vorteil der Rechtsklarheit haben, es kann sich jedoch in der Rechtspraxis negativ auswirken: Es kann nämlich der irrige Eindruck entstehen, dass alles, was in der Liste aufgeführt ist, verboten ist, und alles, was nicht darin genannt wird, als lauter anzusehen ist. Scherer, „Case Law“ in Gesetzesform – Die „schwarze Liste“ als neuer UWG-Anhang, NJW 2009, S. 324 (325) sagt dazu:

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„Das Bewusstsein, dass neben der „Schwarzen Liste“ die Generalklausel des § 3 UWG und der „Unlauterkeits-Katalog er §§ 4–7 UWG existiert, sollte daher auch in der Rechtspraxis nicht verloren gehen. Zwar ist durchaus denkbar und wünschenswert, dass sich die Interpretation von „Schwarzer Liste“, „Unlauterkeitskatalog“ und Generalklausel wechselseitig beeinflussen. Eine Marginalisierung der beiden Letzteren durch die „Schwarze Liste“ würde jedoch – zumindest auf längere Sicht – dazu führen, dass das Lauterkeitsrecht seinen Bezug zu aktuellen Entwicklungen einbüßt und damit an Tauglichkeit verliert, da es auf neue Erscheinungsformen unlauteren Wettbewerbs nicht mehr zu reagieren vermag.“

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XI. Urheberrecht

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Mit den Änderungen zum 09.10.2013 durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken.

A. Urheberrecht/Einräumung von Nutzungsrechten Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes. Urheber ist der Schöpfer des Werkes. Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken 09.10.2013 drei Verbesserungen in Kraft:

traten

zum

– Zur ihrer Wirksamkeit müssen Abmahnungen zahlreiche formale Merkmale aufweisen. Siehe RN 145. – Für bestimmte Abmahnungen gelten Kostendeckelungen, vgl. RN 146. – Der „fliegende Gerichtsstand“ zu Gunsten des Abmahnenden ist abgeschafft worden, wenn es sich beim Abgemahnten um eine natürliche Person handelt, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit verwendet. Siehe RN 149. Details zu den Verbesserungen sind unter den nachfolgenden Gliederungspunkten P.) und W.) ausgeführt. Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder auf alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden. Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.

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Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt.

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Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, bestimmt sich nach dem von beiden Part-

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nern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.

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B. Verträge über unbekannte Nutzungsarten Ein Vertrag, durch den der Urheber Rechte für unbekannte Nutzungsarten einräumt oder sich dazu verpflichtet, bedarf der Schriftform. Der Schriftform bedarf es nicht, wenn der Urheber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumt. Der Urheber kann diese Rechtseinräumung oder die Verpflichtung hierzu widerrufen. Das Widerrufsrecht erlischt nach Ablauf von 3 Monaten, nachdem der andere die Mitteilung über die beabsichtigte Aufnahme der neuen Art der Werknutzung an den Urheber unter der ihm zuletzt bekannten Anschrift abgesendet hat. Das Widerrufsrecht entfällt, wenn sich die Parteien nach Bekanntwerden der neuen Nutzungsart auf eine Vergütung geeinigt haben. Das Widerrufsrecht entfällt auch, wenn die Parteien die Vergütung nach einer gemeinsamen Vergütungsregel vereinbart haben. Es erlischt mit dem Tod des Urhebers. Sind mehrere Werke oder Werkbeiträge zu einer Gesamtheit zusammengefasst, die sich in der neuen Nutzungsart in angemessener Weise nur unter Verwendung sämtlicher Werke oder Werkbeiträge verwerten lässt, kann der Urheber das Widerrufsrecht nicht wider Treu und Glauben ausüben.

C. Übersicht Urheberrecht 1. Welche Werke sind geschützt? – Sprachwerke, Schriftwerke, Reden, Computerprogramme – Werke der Musik – Pantomimische Werke, einschl. der Werke der Tanzkunst – Werke der bildenden Künste, einschl. der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke – Lichtbildwerke, einschl. der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden – Filmwerke, einschl. der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden

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– Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art (Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen) Ferner sind geschützt: Übersetzungen und Bearbeitungen der vorgenannten Werke, die eigene geistige Schöpfungen darstellen. Die nur unwesentliche Bearbeitung eines nicht geschützten Werkes der Musik wird nicht als selbstständiges Werk geschützt. Schließlich sind auch Sammelwerke und Datenbankwerke geschützte Werke im Sinne des Urheberrechts. Allgemein wird unter einem Werk eine persönliche, geistige Schöpfung verstanden. Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz sind zwei Kriterien:

– Die persönliche Schöpferkraft muss ein gewisses Anspruchsniveau, eine Gestaltungshöhe erreichen. – Das Werk muss in einer bestimmten Form sinnlich wahrnehmbar sein, z. B. visuell als Bild oder Note oder akustisch als Ton. 2. Wer ist Urheber? Urheber ist der Schöpfer des Werks.

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3. Welche Rechte gewährt das Urheberrecht? – Urheberpersönlichkeitsrecht – Veröffentlichungsrecht – Verwertungsrecht (Vervielfältigungs-, Verbreitungs-, Ausstellungsrecht, Recht der öffentlichen Wiedergabe, Bearbeitungsrecht, Folgerecht bei Weiterveräußerung des Werks). Das Urheberrecht ist vererblich, aber nicht übertragbar. Dagegen können Nutzungs- und Verwertungsrechte eingeräumt werden. Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Ausnahmen davon:

– Miturheber, Filmwerke – Anonyme und pseudonyme Werke – Lieferungswerke

D. Angemessene Vergütung Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung

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als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird. Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln auf. Die gemeinsamen Vergütungsregeln sollen die Umstände des jeweiligen Regelungsbereichs berücksichtigen, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter. In Tarifverträgen enthaltene Regelungen gehen gemeinsamen Vergütungsregelungen vor. Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist. Auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Urhebers von den vorstehenden beiden Absätzen abweicht, kann der Vertragspartner sich nicht berufen. Die im vorhergehenden Satz bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Urheber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen. Der Urheber hat keinen Anspruch nach Absatz 1 Satz 3, soweit die Vergütung für die Nutzung seiner Werke tarifvertraglich bestimmt ist.

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E. Bestseller-Paragraph Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

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F. Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung Zulässig ist, 1. veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nicht gewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern oder 2. veröffentlichte Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ausschließlich für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.

Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Die öffentliche Zugänglichmachung eines Filmwerkes ist vor Ablauf von 2 Jahren nach Beginn der üblichen regulären Auswertung in Filmtheatern im Geltungsbereich dieses Gesetzes stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Zulässig sind in den Fällen des Absatz 1 auch die zur öffentlichen Zugänglichmachung erforderlichen Vervielfältigungen. Für die öffentliche Zugänglichmachung nach Absatz 1 ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

G. Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen und Archive, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Es dürfen grundsätzlich nicht mehr Exemplare eines Werkes an den einge-

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richteten elektronischen Leseplätzen gleichzeitig zugänglich gemacht werden, als der Bestand der Einrichtung umfasst. Für die Zugänglichmachung ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Das UWG erlaubt es öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven, ihre Bestände an elektronischen Lesegeräten zu zeigen. Damit behalten diese Einrichtungen Anschluss an die neuen Medien. Die Medienkompetenz der Bevölkerung wird gestärkt. Die Anzahl der Vervielfältigungen eines bestimmten Werkes, die an Leseplätzen gleichzeitig gezeigt werden dürfen, ist grundsätzlich an die Anzahl der Exemplare im Bestand der Einrichtung geknüpft („Bestandsakzessorietät“).

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H. Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Grobe Zusammenfassung: Private Kopien (analoge und/oder digitale) aus dem Internet von rechtmäßigen Vorlagen sind zulässig. Ein Recht auf öffentliches Zugänglichmachen nicht. Ein Bild oder Musikstück, das der User gekauft hat oder das kostenlos im Internet erhältlich ist, darf auf den eigenen Rechner heruntergeladen werden. Der User darf die eigene Privatkopie jedoch nicht anderen Usern zum Upload zur Verfügung stellen (öffentlich zugänglich machen). Genau das geschieht häufig z. B. bei der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen für Filme. Früher war die Kopie einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage verboten. Dieses Verbot ist nunmehr ausdrücklich auch auf unrechtmäßig online zum Download angebotene Vorlagen ausgedehnt worden. Auf diese Weise wird die Nutzung illegaler Tauschbörsen klarer erfasst. In Zukunft gilt also: Wenn für den Nutzer einer Peer-to-Peer Tauschbörse offensichtlich ist, dass es sich bei dem angebotenen Film oder Musikstück um ein rechtswidriges Angebot im Internet handelt – z. B. weil klar ist, dass kein privater Internetbenutzer die Rechte zum Angebot eines aktuellen Kinofilms im Internet besitzt – , darf er keine Privatkopie davon herstellen.

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Die private Kopie nicht kopiergeschützter Werke bleibt weiterhin, auch in digitaler Form, erlaubt. So darf sich der Bürger von seiner gekauften (nicht kopiergeschützten) CD für sich eine Kopie brennen. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern das unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt. Das geschieht z.B. in Copyshops. Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen 1. zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und sie keinen gewerblichen Zwecken dient, 2. zur Aufnahme in ein eigenes Archiv, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und als Vorlage für die Vervielfältigung ein eigenes Werkstück benutzt wird, 3. zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen, wenn es sich um ein durch Funk gesendetes Werk handelt, 4. zum sonstigen eigenen Gebrauch, a) wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitung oder Zeitschriften erschienen sind, b) wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. Dies gilt im Fall des Satzes 1 Nr. 2 nur, wenn zusätzlich 1. die Vervielfältigung auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung vorgenommen wird oder 2. eine ausschließlich analoge Nutzung stattfindet oder 3. das Archiv im öffentlichen Interesse tätig ist und keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgt. Zulässig ist, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, zum eigenen Gebrauch

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1. zur Veranschaulichung des Unterrichts in Schulen, in nicht gewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für die Unterrichtsteilnehmer erforderlichen Anzahl oder 2. für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nicht gewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Die Vervielfältigung eines Werkes, das für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt ist, ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Die Vervielfältigung a) grafischer Aufzeichnungen von Werken der Musik, b) eines Buches oder einer Zeitschrift, wenn es sich um eine im wesentlichen vollständige Vervielfältigung handelt, ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig oder unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 oder zum eigenen Gebrauch, wenn es sich um ein seit mindestens 2 Jahren vergriffenes Werk handelt. Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Zulässig ist jedoch, rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke von Zeitungen und vergriffenen Werken sowie solche Werkstücke zu verleihen, bei denen kleine beschädigte oder abhanden gekommene Teile durch Vervielfältigungsstücke ersetzt worden sind. Die Aufnahme öffentlicher Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger, die Ausführung von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste und der Nachbau eines Werkes der Baukunst sind stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Die Vervielfältigung elektronischer Datenbankwerke für den privaten Gebrauch ist überhaupt nicht zulässig. 141

I.

Kopienversand auf Bestellung

Zulässig ist, auf Einzelbestellung die Vervielfältigung und Übermittlung einzelner in Zeitungen und Zeitschriften erschienener Beiträge sowie kleiner Teile eines erschienenen Werkes im Wege des Post- oder Faxversands durch öffentliche Bibliotheken, sofern die Nutzung durch den Besteller im obigen Sinne (zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch) zulässig ist.

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Die Vervielfältigung und Übermittlung in sonstiger elektronischer Form ist ausschließlich als grafische Datei zur Veranschaulichung des Unterrichts oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung zulässig, soweit dies zur Verfolgung nicht gewerblicher Zwecke gerechtfertigt ist. Die Vervielfältigung und Übermittlung in sonstiger elektronischer Form ist ferner nur dann zulässig, wenn der Zugang zu den Beiträgen oder kleinen Teilen eines Werkes den Mitgliedern der Öffentlichkeit nicht offensichtlich von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl mittels einer vertraglichen Vereinbarung zu angemessenen Bedingungen ermöglicht wird. Für die Vervielfältigung und Übermittlung ist dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Neu ist, dass Bibliotheken auf gesetzlicher Basis Kopien von urheberrechtlichen geschützten Werken auf Bestellung anfertigen und versenden dürfen, z. B. per E-Mail. Das dient dem Wissensstandort Deutschland. Die berechtigten Interessen der Verlage werden dadurch gewahrt, dass diese Nutzungsmöglichkeiten bestimmten Einschränkungen unterliegen. Nur bei Belastungsspitzen darf darüber hinausgegangen werden. Bibliotheken dürfen Kopien per E-Mail nur versenden, wenn der Verlag nicht ein offensichtliches eigenes Online-Angebot zu angemessenen Bedingungen bereithält. Diese Einschränkungen sind zum Schutz des geistigen Eigentums der Verlage und Autoren erforderlich, denn der Gesetzgeber darf keine Regelungen treffen, die es den Verlagen unmöglich machen, ihre Produkte am Markt zu verkaufen.

J.

Vergütungspflicht

Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, dass es im vorgenannten Sinne vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten und von Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Der Anspruch nach Absatz 1 entfällt, soweit nach den Umständen erwartet werden kann, dass die Geräte oder Speichermedien im Geltungsbereich des Urhebergesetzes nicht zu Vervielfältigungen benutzt werden.

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K. Vergütungshöhe Maßgebend für die Vergütungshöhe ist, in welchem Maß die Geräte und Speichermedien als Typen tatsächlich für Vervielfältigungen im obigen Sinne genutzt werden. Die Vergütung für Geräte ist so zu gestalten, dass sie auch mit Blick auf die Vergütungspflicht für die in diesen Geräten enthaltenen Speichermedien oder andere, mit diesen funktionell zusammenwirkenden Geräte oder Speichermedien insgesamt angemessen ist. Bei der Bestimmung der Vergütungshöhe sind die nutzungsrelevanten Eigenschaften der Geräte und Speichermedien, insbesondere die Leistungsfähigkeit von Geräten sowie die Speicherkapazität und Mehrfachbeschreibbarkeit von Speichermedien, zu berücksichtigen. Die Vergütung darf Hersteller von Geräten und Speichermedien nicht unzumutbar beeinträchtigen; sie muss in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder des Speichermediums stehen.

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L. Vergütungspflicht des Händlers oder Importeurs Neben dem Hersteller haftet als Gesamtschuldner, wer die Geräte oder Speichermedien in den Geltungsbereich des Urhebergesetzes gewerblich einführt oder wieder einführt oder wer mit ihnen handelt.

M. Vergütungspflicht des Betreibers von Ablichtungsgeräten Werden Geräte der vorgenannten Art, die im Wege der Ablichtung oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigen, in Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder sonstigen Aus- und Weiterbildung (Bildungseinrichtungen), Forschungseinrichtungen, öffentlichen Bibliotheken oder in Einrichtungen betrieben, die Geräte für die entgeltliche Herstellung von Ablichtungen bereithalten, so hat der Urheber auch gegen den Betreiber des Geräts einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Die Höhe der von dem Betreiber insgesamt geschuldeten Vergütung bemisst sich nach der Art und dem Umfang der Nutzung des Geräts, die nach den Umständen, insbesondere nach dem Standort und der üblichen Verwendung, wahrscheinlich ist.

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N. Zusammenfassung zur Pauschalvergütung als gerechter Ausgleich für die Privatkopie Als Ausgleich für die erlaubte Privatkopie bekommt der Urheber eine pauschale Vergütung. Sie wird auf Geräte und Speichermedien erhoben und über Verwertungsgesellschaften an die Urheber ausgeschüttet. Privatkopie und Pauschalvergütung gehören also untrennbar zusammen. Zunächst waren die Vergütungssätze in einer Anlage zum Urheberrechtsgesetz festgelegt. Diese Liste war zuletzt 1985 geändert worden und war veraltet. Das hatte zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten über die Vergütungspflicht neuer Geräte geführt. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung im digitalen Zeitalter hätte die Liste schon nach kurzer Zeit geändert werden müssen. Nach dem jetzt geltenden Recht sollen die Beteiligten selbst, also die Verwertungsgesellschaften und die Verbände der Geräteund Speichermedienhersteller, die Vergütung miteinander aushandeln. Für den Streitfall sind beschleunigte Schlichtungs- und Entscheidungsmechanismen vorgesehen. Mit diesem marktwirtschaftlichen Modell soll flexibler auf neue technische Entwicklungen reagiert werden können. Außerdem sollen Einigungen über die Vergütungszahlungen zügiger zustande kommen. Vergütungspflichtig sind alle Geräte- und Speichermedien, deren Typ zur Vornahme von zulässigen Vervielfältigungen genutzt wird. Keine Vergütungspflicht besteht für Geräte, in denen zwar ein digitaler, theoretisch für Vervielfältigungen nutzbarer Speicherchip eingebaut ist, dieser tatsächlich aber ganz anderen Funktionen dient. Der Gesetzgeber gibt den Beteiligten nur noch einen verbindlichen Rahmen für die Vergütungshöhe vor. Sie soll sich nach dem tatsächlichen Ausmaß der Nutzung bemessen, indem Geräte- und Speichermedien typischer Weise für erlaubte Vervielfältigungen genutzt werden. Dies ist durch empirische Marktuntersuchungen zu ermitteln. Soweit nicht mehr privat kopiert werden kann, weil etwa Kopierschutz oder Digital-Right-Management-Systeme (DRM) eingesetzt werden, gibt es auch keine pauschale Vergütung. Der Verbraucher wird also nicht doppelt belastet. Zugleich werden auch die Interessen der Hersteller der Geräte- und Speichermedien berücksichtigt. Die ursprünglich vorgesehene 5%-Obergrenze vom Verkaufspreis des Gerätes ist in den Beratungen im Bundestag zwar gestrichen worden. Die wirtschaftlichen Belange der Gerätesteller werden gleichwohl hinreichend berücksichtigt. Es bleibt dabei, dass deren berechtigte Interessen nicht unzumutbar beeinträchtigt werden dürfen und

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die Vergütung in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder Speichermediums stehen muss.

O. Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben, Lichtbildner und ausübende Künstler können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

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P. Abmahnung (Deckelung RA-Gebühr) 1. Formale Anforderungen einer Abmahnung nach dem UrhG Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Die urheberrechtliche Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise

– Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt, – die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen, Hier sind Zeit, Ort und Gegenstand der Zuwiderhandlung und der mutmaßliche Verletzer (Inhaber der IP-Adresse) zu nennen. – geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und

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An dieser Stelle ist deutlich zu machen, wie viel Geld der Rechtsinhaber als Schadensersatz für die begangene Rechtsverletzung fordert und wie viel Geld als Aufwendungsersatz für die Abmahnung an den Rechtsanwalt bestimmt ist. – wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Der Abmahner hat sich auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken. Eine Abmahnung, die nicht den obigen vier Voraussetzungen entspricht, ist unwirksam.

2. Kostendeckelung Soweit die Abmahnung berechtigt ist und die oben genannten formalen Voraussetzungen erfüllt, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000 Euro, wenn der Abgemahnte (und spätere Beklagte)

– eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit verwendet, und – nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist. Geschützt wird nur der zu privaten Zwecken handelnde Ersttäter. Der abmahnende Anwalt hat danach einen Gebührenanspruch i. H. v. 147,56 € incl. 19 % USt. Der Gegenstandswert i. H. v. 1.000 Euro ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Dieser Gegenstandswert gilt nicht, wenn er nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Hinweis: Die Kostendeckelung gibt es seit dem 9.10.2013 nur im Urheberrecht. Im Wettbewerbsrecht besteht seit dem 9.10.2013 auf Antrag die Möglichkeit einer Streitwertbegünstigung, dazu RN 119.

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3. Gegenanspruch des Abgemahnten Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderliche Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt. Der typische Fall der Praxis, bei dem der Abmahnende zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennen kann, ob die Abmahnung unberechtigt ist, liegt vor, wenn nicht der Inhaber der IP-Adresse, sondern ein Dritter (z. B. ein Kind) den Rechtsverstoß begangen hat und der abgemahnte Inhaber dafür nicht verantwortlich ist. Der Gegenanspruch des Abgemahnten bei unberechtigten oder unwirksamen urheberrechtlichen Abmahnungen stärkt die Waffengleichheit zwischen Abmahnenden und Abgemahnten.

Q. Anspruch auf Vernichtung, Rückruf und Überlassung Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke gedient haben. Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem UrhG geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtwidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücken oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Statt der in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen kann der Verletzte verlangen, dass ihm die Vervielfältigungsstücke, die im Eigentum des Verletzers stehen, gegen eine angemessene Vergütung, welche die Herstellungskosten nicht übersteigen darf, überlassen werden. Die Ansprüche nach den Absätzen 1–3 sind ausgeschlossen, wenn die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.

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Bauwerke sowie ausscheidbare Teile von Vervielfältigungsstücken und Vorrichtungen, deren Herstellung und Verbreitung nicht rechtswidrig ist, unterliegen nicht den in den Absätzen 1–3 vorgesehenen Maßnahmen.

R. Haftung des Inhabers eines Unternehmens Ist in einem Unternehmen von einem Arbeitnehmer oder Beauftragten ein nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt worden, hat der Verletzte die vorgenannten Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz und auf Vernichtung und Rückruf und Überlassung auch gegen den Inhaber des Unternehmens.

S. Entschädigung Handelt der Verletzer weder vorsätzlich noch fahrlässig, kann er zur Abwendung der Ansprüche auf Unterlassung und auf Vernichtung, Rückruf und Überlassung den Verletzten in Geld entschädigen, wenn ihm durch die Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen würde und dem Verletzten die Abfindung in Geld zuzumuten ist. Als Entschädigung ist der Betrag zu zahlen, der im Fall einer vertraglichen Einräumung eines Rechts als Vergütung angemessen wäre. Mit der Zahlung der Entschädigung gilt die Einwilligung des Verletzten zur Verwertung im üblichen Umfang als erteilt.

T. Anspruch auf Auskunft Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzungen ergeben. In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß 1. rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte, 2. rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm,

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3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte26 oder 4. nach den Angaben einer in Nr. 1, 2 oder 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war, es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach Absatz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer anhängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung des wegen des Auskunftsanspruchs geführten Rechtsstreits aussetzen. Der zur Auskunft verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der zur Auskunft verpflichtete hat Angaben zu machen über 1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und 2. die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden. Die Ansprüche nach obigen Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Erteilt der zur Auskunft verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war. In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935– 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung 26

Gemeint sind Provider.

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der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden. Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht statthaft. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist unanfechtbar. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

U. Anspruch auf Vorlage und Besichtigung Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache in Anspruch genommen werden, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer im gewerblichen Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten. Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935–945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen

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zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird. Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.

V. Sicherung von Schadensersatzansprüchen Der Verletzte kann den Verletzer bei einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung im Falle des Schadenersatzes auch auf Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einen geeigneten Zugang zu den entsprechenden Unterlagen in Anspruch nehmen, die sich in der Verfügungsgewalt des Verletzers befinden und die für die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs erforderlich sind, wenn ohne die Vorlage die Erfüllung des Schadensersatzanspruchs fraglich ist. Soweit der Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten. Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Die Verpflichtung zur Vorlage der in Absatz 1 bezeichneten Urkunden kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach de §§ 935–945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden, wenn der Schadensersatzanspruch offensichtlich besteht. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in denen Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.

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W. Gerichtsstand Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnli-

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chen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Urheberrechtsverletzungen sind unerlaubte Handlungen. Dafür gilt im Regelfall, dass der Verletzte – nach seiner Wahl – den Verletzer an dessen Wohnsitz oder am Ort der Verletzungshandlung verklagen kann. Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet findet die Verletzungshandlung weltweit statt. Demnach könnte ein in Deutschland Verletzter jedes Gericht innerhalb Deutschlands nutzen. Stichwort: „Fliegender“ Gerichtsstand. Anwälte von Verletzten würden das Gericht beliebig auswählen und dadurch dem Verletzer z. B. erhebliche Anreisen aufbürden. Allein das wäre schon ein Druckmittel gegen Privatpersonen oder Existenzgründer, um sie zur Abgabe von Unterlassungserklärungen zu veranlassen. Damit das nicht geschieht, sind Privatpersonen, die den Urheberrechtsverstoß nicht für ihre gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit nutzen, an ihrem Wohnort zu verklagen.

X. Bekanntmachung des Urteils Ist eine Klage nach dem Urhebergesetz erhoben worden, so kann der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn vor ihr nicht innerhalb von 3 Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils Gebrauch gemacht wird. Das Urteil darf erst nach Rechtskraft bekannt gemacht werden, wenn nicht das Gericht etwas anderes bestimmt.

Y. Fragen aus der Praxis27 1. Themenkomplex Kopien 1. Ist die Privatkopie verboten? Nein. Die Privatkopie ist und bleibt zulässig, egal ob analog oder digital. Allerdings nur dann, wenn hierfür kein wirksamer technischer Kopierschutz geknackt werden muss und die Vorlage für die Vervielfältigung eine legale Quelle ist.

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Die Fragen und Antworten sind von der Internetseite des Bundesministerium der Justiz (www.bmj.de) – dort unter der Rubrik FAQ – häufige Fragen zum Urheberrecht – übernommen worden.

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Eine Quelle ist immer dann legal, wenn die Vorlage nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder – das ist eine Ergänzung durch die Novelle des Urheberrechts von 2008, den sog. "Zweiten Korb" – offensichtlich rechtswidrig im Internet zum Download angeboten wird. Diese Klarstellung erfasst gezielt illegale Tauschbörsen im Internet wie etwa KaZaA, Bittorrent, Emule etc.

2. Darf ich für den privaten Gebrauch CDs kopieren? Ja, wenn die CD nicht kopiergeschützt ist. Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch sind gemäß § 53 Abs. 1 UrhG zulässig.

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3. Gibt es ein Recht auf Privatkopie? Es gibt kein Recht auf Privatkopie, sondern allenfalls eine gesetzliche Erlaubnis zur Privatkopie. Diese sog. Schranke wurde 1965 gesetzlich eingeführt, weil es technisch unmöglich war, das private Kopieren zu verhindern oder einzeln abzurechnen. Als Ausgleich erhalten die Urheber die pauschale Vergütung auf Vervielfältigungsgeräte und Leerträger. Auch aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit lässt sich kein Recht auf kostenlosen Zugang ableiten. Ansonsten könnte es ja auch kein Bezahlfernsehen geben. Nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz hat jeder lediglich das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten.

4. Darf ich Mix-CDs zusammenstellen? Ja. Solange kein Kopierschutz geknackt wird und die Vorlage nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder – nach dem Zweiten Korb – offensichtlich rechtswidrig online angeboten ist. Und natürlich gilt auch hier: Sie darf nur für den privaten Gebrauch gemacht und nicht etwa kommerziell vertrieben werden.

5. Und was ist mit Privatkopien von Computerprogrammen? Computerspielen? Betriebssystemen? 151

Eine Privatkopie von Computerprogrammen gibt es nicht. Bei Computerprogrammen ist gemäß § 69d Abs. 2 UrhG lediglich eine Sicherungskopie erlaubt. Diese darf nur durch die Person, die zur Benutzung des Programms berechtigt ist, erstellt werden und muss für die Sicherung einer zukünftigen Benutzung erforderlich sein. Die Regelung der Privatkopie (§ 53 UrhG) gilt somit nicht für Computerprogramme, Betriebssysteme oder Computerspiele.

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6. Ist eine analoge Kopie einer kopiergeschützten CD oder DVD erlaubt? Bisher ist die Frage gerichtlich noch nicht geklärt, ob man das als Umgehung im weiteren Sinne werten kann. Denn wer auf die CD drauf schreibt „kopiergeschützt“, der will eben keine Kopie. Den analogen Ausgang zu verwenden, ist zwar technisch kein Knacken, faktisch aber ein Umgehen.

7. Darf ich Kopierschutz knacken, um mir CDs oder DVDs zu kopieren? Nein! Die §§ 95a ff. UrhG sehen einen ‚Schutz technischer Maßnahmen‘ vor. Nach § 95 Abs. 1 UrhG dürfen wirksame technische Maßnahmen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden. Der Kopierschutz bei Audio-CDs oder DVDs darf nicht geknackt werden. Das ist geltendes Recht und wird auch so bleiben. Ich kann mich auch nicht gegenüber dem Musik- oder Filmverleger darauf berufen, dass an sich ja eine Privatkopie zulässig wäre, und von diesem die Möglichkeit verlangen, den Kopierschutz zu überwinden. Die Privatkopie lässt sich gegenüber dem Kopierschutz nicht durchsetzen.

8. Was sind ‚wirksame technische Maßnahmen‘? Technische Maßnahmen sind nach § 95a Abs. 2 UrhG Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit sie die Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes etwa durch ein DRM-System kontrollieren. DRM-Systeme sind Digital Rights Management Systeme, d. h. elektronische Systeme, mit deren Hilfe der Rechtsinhaber bestimmte Nutzungshandlungen von urheberrechtlich geschützten digitalen Inhalten einschränken oder verhindern kann (etwa durch zahlenmäßige Begrenzung der Kopierfähigkeit einer Datei). 9. Wann ist ein Kopierschutz wirksam? Wenn z. B. ein CD- oder DVD-Brenner den Kopierschutz gar nicht erkennt und deshalb eine Kopie brennt, dann ist der Kopierschutz insoweit nicht wirksam und wird deswegen auch nicht umgangen. Dasselbe gilt, wenn ein Kopierschutz nur auf bestimmten Betriebssystemen (z. B. Windows-PC) funktioniert, auf anderen (z. B. Macintosh, Linux) aber nicht. Auch der bloße Hinweis auf einer CD oder DVD „Diese CD/DVD ist kopiergeschützt“ genügt den Anforderungen eines wirksamen Kopierschutzes

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nicht. Es kommt darauf an, ob das Werk tatsächlich durch einen wirksamen Kopierschutz geschützt ist. Aber natürlich gibt es keinen 100%ig sicheren Kopierschutz. Das wird vom Gesetz auch nicht vorausgesetzt. Wenn ein Kopierschutz also durch den Einsatz von Rip- oder Hackersoftware geknackt werden kann, ändert dies nichts an seiner Wirksamkeit.

10. Was droht mir, wenn ich den Kopierschutz zum ausschließlich eigenen privaten Gebrauch umgehe? Beispiel: Ich fertige eine Privatkopie einer kopiergeschützten CD oder DVD, um sie auch in meiner Zweitwohnung zu hören oder anzusehen. Ich muss zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen des Rechtsinhabers befürchten. Strafrechtlich droht mir keine Verfolgung, weil nach der Wertung des Gesetzgebers bei der Umgehung von Kopierschutz zum eigenen privaten Gebrauch ein Strafausschließungsgrund eingreift.

11. Welche Strafen drohen, wenn ich einen Kopierschutz umgehe und zwar nicht ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch? Ich muss erst recht zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen des Rechtsinhabers befürchten. Daneben droht mir eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Wenn ich gewerbsmäßig handele, d. h. ich versilbere die Raubkopien etwa im Internet oder auf dem Flohmarkt, erhöht sich die Sanktion auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

12. Macht sich jeder, der einen Kopierschutz knackt, strafbar? Nein, denn es ging dem Gesetzgeber im Jahre 2003 nicht darum, große Teile der Bevölkerung zu kriminalisieren. Deshalb schließt § 108b Abs. 1 UrhG eine Strafbarkeit aus, wenn die Tat ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt oder sich auf einen derartigen Gebrauch bezieht. Persönlich verbunden sind Familie, Haushaltsangehörige und enge Freunde.

13. Habe ich also bei Umgehung eines Kopierschutzes im privaten Bereich nichts zu befürchten? Es droht kein Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren. Ich muss jedoch zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen des Rechtsinhabers befürchten.

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Denn es bleibt dabei: Kopierschutzknacken ist verboten und ist darum ein Verstoß gegen das Urheberrecht!

14. Ist der Besitz von Hackersoftware verboten? Der private Besitz von Hackersoftware ist nicht verboten, jedoch der Einsatz zur Umgehung eines wirksamen Kopierschutzes. Ebenso verboten sind die Verbreitung und die Bewerbung entsprechender Software, § 95a Abs. 3 UrhG.

15. Was ist mit alten (Raub-) Kopien, die unter Umgehung des Kopierschutzes kopiert wurden? Das Knacken des Kopierschutzes ist erst seit September 2003 verboten. Eine ältere Kopie ist nicht rechtswidrig – eine Kopie davon ist aber nicht mehr erlaubt.

16. Darf ich noch die bisherigen Versionen meiner Brennersoftware nutzen, auch wenn diese in der Lage ist, Kopierschutzmechanismen auszuschalten? Ich darf die bisherigen Versionen meiner Brennersoftware nicht dazu nutzen, Kopierschutzmechanismen auszuschalten. Deswegen muss ich sie als Privatperson aber nicht wegwerfen. Die Novelle des Urheberrechts verbietet die Herstellung, den Vertrieb, die Einfuhr und sogar die Bewerbung von Soft- und Hardware, die vornehmlich dazu dient, Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen. Der Besitz ist allerdings nur zu gewerblichen Zwecken verboten, nicht aber für Privatpersonen. Eine Privatkopie einer Audio CD darf ich also nur dann mit meiner alten Version von CloneCD machen, wenn die CD nicht kopiergeschützt ist.

2. Themenkomplex MP3, Filesharing und Internet 1. Wie sind Internettauschbörsen rechtlich einzuordnen? Das Bereitstellen von urheberrechtlich geschützten Inhalten (Musiktitel, Filme etc.) per Upload ohne eine Lizenz ist illegal. Es ist strafbar und kann zivilrechtliche Rechtsfolgen (Unterlassung- und Schadensersatzforderungen der Rechtsinhaber) nach sich ziehen. Eine Privatkopie ist auch dann illegal, wenn die Vorlage offensichtlich rechtswidrig im Internet zum Download angeboten wird. Also ist auch das Downloaden aus einer illegalen Tauschbörse rechtswidrig und kann ebenso wie der Upload straf- und zivilrechtliche Sanktionen zur Folge haben.

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Die Strafverfolgungsbehörde wird das Strafverfahren allerdings in aller Regel einstellen, wenn die Schuld des Täters gering ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

2. Darf ich die Songs meines Lieblingsstars im Internet zum Herunterladen anbieten? Nein. Wer auf seiner Homepage Musik zum Download anbieten möchte, muss sich vorher die Rechte einholen. Auch Links auf illegale Downloadangebote sind verboten.

3. Darf ich aus dem Netz Musikfiles (oder Kinofilme) herunterladen? Nicht, wenn es sich dabei um rechtswidrige Tauschbörsen handelt. Denn die Privatkopie ist nur zulässig, wenn die Kopiervorlage nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder offensichtlich rechtswidrig angeboten wurde. Einige Künstler und Plattenfirmen stellen jedoch einzelne Songs umsonst ins Internet; dies ist in der Regel deutlich zu erkennen. Gegen die Nutzung eines kostenpflichtigen legalen Downloadangebots ist natürlich nichts einzuwenden.

4. Welche Strafe steht zu befürchten, wenn ich Musik ins Netz stelle? Wer Musik unberechtigt im Internet zum Download anbietet, muss mit einer Geldstrafe rechnen. Das kann teuer werden. Hinzu kommen noch die zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen der Rechtsinhaber nebst Abmahnkosten. Diese bemessen sich primär nach der Menge der angebotenen Werke. Wer also Tausende von Files unerlaubt zum Download bereithält, muss mit hohen Kosten rechnen.

5. Wie erkenne ich, ob etwas illegal im Internet zum Download angeboten wird – etwa bei der Google-Bildersuche? Ob die Bilder illegal im Internet angeboten werden oder nicht, hängt davon ab, ob der Urheber seine Einwilligung gegeben hat. Besonders im Impressum kann man sich informieren, wer für die Inhalte verantwortlich ist, und ob der Urheber der entsprechenden Bilder von der Veröffentlichung in Kenntnis gesetzt wurde. Im Zweifel sollte man immer, schon zum eigenen Schutz, den Urheber um Erlaubnis fragen.

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3. Themenkomplex Vergütung 1. Was macht eine Verwertungsgesellschaft? Oder: Wer sind die VG-Wort und die GEMA? Die Verwertungsgesellschaften nehmen die Rechte des Urhebers an seinem Werk treuhänderisch wahr. Auf die Musikbranche angewandt: Wird zum Beispiel ein Musikstück in Discotheken, Radios, telefonischen Warteschleifen oder als Klingelton aufgeführt, dann hat der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Da die Nutzer eines Stücks unmöglich direkt mit dem Urheber abrechnen können, übertragen die Schöpfer ihre Rechte an Verwertungsgesellschaften. Bei Musik ist das die GEMA, die Gesellschaft für musikalische Aufführungsund mechanische Vervielfältigungsrechte. Die bildenden Künstler haben als Pendant die VG Bild-Kunst geschaffen, die VG Wort entlohnt Dichter und Autoren, die Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten kümmert sich um die im Namen genannten. Ihre Haupteinnahmequelle sind die Abgaben auf alle Geräte und Leermedien, die Kopien geschützter Werke ermöglichen. Verwertungsgesellschaften geben diese Abgaben an ihre Mitglieder weiter und sind damit gewissermaßen das Scharnier zwischen Schöpfer und Nutzer.

2. Was ist mit DRM gemeint? DRM steht für Digital Rights Management und bezeichnet digitale Abrechnungssysteme, mit denen man digitale Inhalte markieren und ihre Nutzung individuell vergüten kann. Statt also wie bislang Vergütungsansprüche auf Kopien urheberrechtlich geschützter Werke durch Pauschalabgaben auf Geräte und Träger zum Kopieren geistigen Eigentums (Drucker, CDBrenner, Kopierer, Scanner…) abzurechnen, sollen diese Programme es ermöglichen, passgenau abzurechnen. Die Hersteller der entsprechenden Kopiergeräte fordern verstärkt die Abschaffung der Pauschalabgaben für digitale Inhalte, da diese zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber der internationalen Konkurrenz führen könnten. Gegen die Abschaffung des pauschalen Vergütungssystems spricht aber, dass es viele Werke gibt, die nicht kopiergeschützt sind. Und hier haben die Urheber einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine (pauschale) Vergütung. Außerdem ist noch gar nicht abzusehen, ob sich der Kopierschutz überhaupt am Markt durchsetzen wird. Deswegen wird es bis auf Weiteres ein Nebeneinander von DRM-Systemen und pauschaler Vergütung geben müssen. Dieses Nebeneinander wurde durch den Zweiten Korb bestätigt.

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XII. Wie vermeide ich Fehler? A. Impressum Das Wort stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „das Eingedruckte“. Gemeint ist damit die für Zeitungen und Zeitschriften gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Nennung des für den Inhalt verantwortlichen Herausgebers. Nach den Landespressegesetzen müssen alle Druckwerke ein Impressum enthalten. Nichtperiodische Druckwerke müssen darin Drucker und Verleger mit Namen und Anschrift angeben (lediglich der Selbstverleger darf anonym bleiben). In Druckwerken, die periodisch erscheinen (Zeitungen und Zeitschriften), sind zusätzlich Namen und Anschrift des verantwortlichen Redakteurs sowie gesondert ein Verantwortlicher für den Anzeigenteil (Ausnahme in Hessen) anzugeben. Werden regelmäßig ganze redaktionelle Teile fertig übernommen, sind auch Verleger und verantwortlicher Redakteur der übernommenen Teile anzugeben (Grund: Offenlegung von Inhaber- und Beteiligungsverhältnissen).

Das Impressum dient dem Schutz des Lesers, der wissen soll, von wem das Druckwerk stammt und wer presserechtlich haftet. Anzeigen in periodischen Druckwerken sind besonders zu kennzeichnen, soweit sich die Entgeltlichkeit nicht schon aus der Anordnung und Gestaltung ergibt. Die Unterscheidung zwischen redaktionellem Teil und werblichen Inhalten dient zum einen der Aufrechterhaltung des lauteren Wettbewerbs und zum anderen dem Erhalt der Unabhängigkeit der Presse. Wer vorsätzlich oder fahrlässig

– als verantwortlicher Redakteur oder Verleger (beim Selbstverlag als Verfasser oder Herausgeber) gegen die Impressumspflichten verstößt – oder den werblichen Teil nicht deutlich kennzeichnet handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die strafrechtliche Verantwortung ist ebenfalls in den Pressegesetzen geregelt. Details können in den jeweiligen Landespressegesetzen nachgelesen werden. Dort finden sich z. B. die Legal-Definitionen/Begriffsbestimmungen zu „Druckwerke“ oder „periodische Druckwerke“.

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Wie vermeide ich Fehler?

Hinweis: Wer auf seiner Webseite nicht nur Waren anbietet, sondern auch redaktionelle Informationen veröffentlicht, sollte berücksichtigen, dass er (zusätzlich zu den Angaben nach den §§ 5 und 6 TMG – dazu gleich unten) einen Verantwortlichen mit Name und Anschrift benennen muss. Einzelheiten können dazu nachgelesen werden in § 55 Absatz 2 Rundfunkstaatsvertrag.

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B. Anbieterkennzeichnung 1. Allgemeines Dieser Begriff fand seine erstmalige, Verwendung im Staatsvertrag über Mediendienste vom 1. August 1997 (MDStV I). Dort hieß es: Anbieter haben für ihre Angebote anzugeben: 1. Namen und Anschrift 2. bei Personenvereinigungen und -gruppen auch Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten Die vorzitierte Definition der Anbieterkennzeichnung wurde in das Teledienstegesetz von 1997 (TDG) wörtlich übernommen. In der Gesetzesbegründung hieß es dazu, dass Diensteanbieter im Interesse des Verbraucherschutzes ihre Identität zu offenbaren und die Anschrift anzugeben haben. Damals lautete die Überschrift des § 6 TDG „Anbieterkennzeichnung“.

Inzwischen sind die Regelungen des TDG und des MDStV im Telemediengesetz (TMG) zusammengefasst worden. Das TMG trat am 1. März 2007 in Kraft. Nachfolgend werden die §§ 5, 6 TMG zitiert. Aus ihnen ergeben sich umfangreiche Informationspflichten. Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Anbieterkennzeichnung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Geldbuße kann bis zur Höhe von fünfzigtausend Euro verhängt werden. 156

2. §§ 5 und 6 Telemediengesetz (TMG) § 5 TMG Allgemeine Informationspflichten Absatz 1 Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

Wie vermeide ich Fehler?

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1. Den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, den Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen, 2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen einschließlich der Adresse der elektronischen Post, 3. soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, 4. das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer, 5. soweit der Dienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel … angeboten oder erbracht wird, Angaben über: a) die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören, b) die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung, verliehen worden ist, c) die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind. 6. In Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139 c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer, 7. Bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber. Absatz 2 Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Hinweis:

Diensteanbieter im obigen Sinne ist jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt.

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Wie vermeide ich Fehler?

§ 6 TMG Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen Absatz 1 Diensteanbieter haben bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, mindestens die folgenden Voraussetzungen zu beachten: 1. Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein. 2. Die natürliche oder juristische Person, in deren Auftrag kommerzielle Kommunikationen erfolgen, muss klar identifizierbar sein. 3. Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke müssen klar als solche erkennbar sein, und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden. 4. Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter müssen klar als solche erkennbar und die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden. Absatz 2 Werden kommerzielle Kommunikationen per elektronischer Post versandt, darf in der Kopf- und Betreffzeile weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden. Ein Verschleiern oder Verheimlichen liegt dann vor, wenn die Kopf- und Betreffzeile absichtlich so gestaltet sind, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation keine oder irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält. Absatz 3 Die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb bleiben unberührt. Hinweis:

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Kommerzielle Kommunikation im obigen Sinne ist jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt.

Wie vermeide ich Fehler?

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3. Historische Ausführungen zur Entwicklung des Telemediengesetzes Weltweit erkannten die Gesetzgeber den Handlungsbedarf für die Internetkommunikation erst recht spät. In der Bundesrepublik Deutschland trat am 1.08.1997 das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG) in Kraft.

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Das IuKDG war weltweit das erste Gesetz, das spezifische Regelungen für die Online-Kommunikation enthielt. Das Gesetz war eine wichtige Voraussetzung, um Industrie und Wirtschaft verlässliche und klare Rahmenbedingungen für Investitionsentscheidungen sowie Rechts- und Planungssicherheit zu geben. Das IuKDG bestand aus 11 Artikel. Wobei die ersten drei Artikel jeweils ein in sich geschlossenes Gesetz umfassten:

Artikel 1:

Gesetz über die Nutzung von Telediensten (TDG), auch als Teledienstegesetz bezeichnet.

Artikel 2:

Gesetz über den Datenschutz bei Telediensten (TDDSG), auch Teledienstedatenschutzgesetz genannt.

Artikel 3:

Gesetz zur digitalen Signatur (SigG), sog. Signaturgesetz.

Artikel 4:

Änderung des Strafgesetzbuches.

Artikel 5:

Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

Artikel 6:

Änderung des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften.

Artikel 7:

Änderung des Urheberrechtsgesetzes.

Artikel 8:

Änderung des Preisangabengesetzes.

Artikel 9:

Änderung der Preisangabenverordnung.

Artikel 10: Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang. Artikel 11: Inkrafttreten. Das TKG war und ist vom oben genannten TDG (heute Telemediengesetz, TMG) zu unterscheiden. Das TKG wird vielfach auch als Multimedia-Recht bezeichnet. Unter Telekommunikations- und Multimediarecht sind die Gesetze zu verstehen, die sich mit dem Angebot von, dem Zugang zu und das Handeln in Telekommunikations- und Multimediadiensten befassen.

Zweck des TKG ist es, durch Regulierung im Bereich der Telekommunikation den Wettbewerb zu fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten sowie eine Frequenzordnung festzulegen.

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Wie vermeide ich Fehler?

Nachdem die Post ihr Monopol für die Errichtung und das Betreiben von Fernmeldeanlagen verloren hatte, war in einem neuen Gesetz zu regeln, wer zuständig ist z. B. für Netzzusammenschaltungen, den Sprachtelefondienst und der Zuteilung von Nummern. Die vorgenannten Problemkreise betreffen den technischen Vorgang des Sendens, Übermittelns und des Empfangs von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bilder oder Töne mittels Telekommunikationsanlagen. Die Regelungen zu den technischen Fragen sind im TKG enthalten. Das TDG (heute TMG) ist anzuwenden, wenn elektronische Informationsund Kommunikationsdienste für den individuellen Gebrauch betroffen sind. Zweck des TDG (TMG) ist es, einheitliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten der elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste zu schaffen. Beispiele: Telebanking, Teleshopping, Datendienste (Verkehrs-, Wetter- und Umweltdatendienst), Angebote zur Nutzung des Internets und zur Nutzung von Telespielen; Telemedizin und Telelernen sind ebenfalls vom TDG (TMG) umfasst.

Merksatz zur Abgrenzung des TKG vom TDG (TMG): Die Telekommunikation als solche (der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten mittels Telekommunikationsanlagen) ist im TKG geregelt. Die mittels Telekommunikationsanlagen übermittelten Inhalte und deren Nutzung (das Arbeiten mit den technischen Möglichkeiten) werden vom TDG (TMG) erfasst.

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Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) Der MDStV (heute ebenfalls im TMG aufgegangen) war schließlich am Platze, wenn es sich um Informations- und Kommunikationsdienste handelte, die sich an die Allgemeinheit richteten und bei denen die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund stand. Beispiele: Fernseheinkauf, Fernsehtext, Verteildienste, video on demand, onlineZeitschriften. Im Regierungsentwurf zu § 2 TDG hieß es zur Abgrenzung des TDG vom MDStV u. a.:

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Das TDG regelt die erweiterten Formen der Individualkommunikation, d. h., die neuen, vom Benutzer individuell im Wege der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien nutzbaren Dienste sowie die durch diese Technologien möglichen neuen Formen des Rechtsverkehrs mittels digitaler Signaturen. Die Nutzung der Informations- und Kommunikationsdienste macht neue Wege wirtschaftlicher Betätigung und eine verbilligte Geschäftskommunikation möglich.

Prägend für die Informations- und Kommunikationsdienste im Sinne des TDG sind insbesondere die hierdurch möglichen Anwendungen im Sinne eines individuellen und frei kombinierbaren Umgangs mit digitalisierten Informationen verschiedener (interaktiv verwendbarer) Darstellungsformen (z. B. Text, Grafik, Sprache, Bild, Bildfolgen usw.). Aus dieser Wesensbeschreibung ergibt sich, dass die Zielrichtung der Informations- und Kommunikationsdienste nicht auf die öffentliche Meinungsbildung angelegte, massenmediale Versorgung ist, sondern die durch den Nutzer bestimmbare Kommunikation. Zusammenfassung zur Historie: Als sich in der Zeit von 1997 bis 2007 bei der Nutzung, dem Zugang und dem Handeln in den neuen Medien Rechtsfragen stellten, waren die Antworten darauf in erster Linie im TKG, im TDG und/oder im MDStV zu finden. Die drei Gesetze kamen jeweils funktionsbezogen nebeneinander zur Anwendung. Neben den vorskizzierten neuen Vorschriften galten weiterhin alle damaligen Gesetze (BGB, AGBG, VerbrKG, UrhG, MarkenG, UWG usw.). 28

4. Anbieterkennzeichnung beim Internethandel Zu der Problematik des Impressums/Anbieterkennzeichnung können auf der Webseite des Bundesministeriums der Justiz (www.bmj.de) allgemeine Hinweise zur Anbieterkennzeichnungspflicht im Internet nachgelesen werden. Dort heißt es: Das Telemediengesetz (TMG) erlegt bestimmten Diensteanbietern Anbieterkennzeichnungspflichten auf. Diese dienen vor allem dem Verbraucherschutz. Die telemedienrechtlichen Anbieterkennzeichnungspflichten werden von Anbietern häufig unter der Überschrift „Impressum“ erfüllt. Genau genom28

Seit dem 01.01.2002 sind die damaligen Nebengesetze zum BGB, das AGBG und das VerbvKG, in das BGB eingearbeitet worden. Seit dem 01.03.2007 sind der Mediendienste-Staatsvertrag und das Teledienstegesetz im Telemediengesetz (TMG) zusammengefasst.

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men handelt es sich dabei aber nicht um ein Impressum im presserechtlichem Sinn. Vielmehr geht es um Informationen, die Handelsunternehmen im traditionellen Rechts- und Geschäftsverkehr beispielsweise auf Geschäftsbriefen ohnehin seit langem erfüllen müssen. Diese Anbietertransparenz muss auch im elektronischen Geschäftsverkehr gewährleistet sein. Statt von einem „Impressum“ ist daher im Folgenden von der „Anbieterkennzeichnung“ die Rede. Verbraucher sind mit Hilfe der Anbieterkennzeichnung in der Lage, Diensteanbieter auf ihre Seriosität zu überprüfen (z. B. durch Anruf bei den zuständigen Aufsichtsstellen), bevor sie deren Dienste in Anspruch nehmen. Aber auch Unternehmen haben ein erhebliches Interesse daran, die erforderlichen Informationen über andere Marktteilnehmer zu erlangen, um ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Verhalten durchsetzen zu können.

a. Erstellen einer Anbieterkennzeichnung Wer als Telemedienanbieter seine Anbieterkennzeichnungspflicht nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend erfüllt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße (bis zu 50.000 €) belangt werden. Wichtiger aber noch: Er begeht auch einen Wettbewerbsverstoß, der unter anderem zu Ansprüchen auf Unterlassung führt, die in der Regel auf dem Weg über kostenpflichtige Abmahnungen durchgesetzt werden. Das kann teuer werden und besonders kleine und mittlere Unternehmen erheblich belasten. Das Risiko einer Abmahnung lässt sich nicht vollständig vermeiden. Auch die nachfolgenden Erläuterungen können keinen absoluten Schutz davor bieten, wegen fehlerhafter Angaben rechtmäßig abgemahnt zu werden, denn letztlich beurteilen die Gericht, ob im Einzelfall eine Rechtsverletzung vorliegt oder nicht.

b. Für wen gilt die Anbieterkennzeichnungspflicht nach dem TMG? Die Anbieterkennzeichnungspflicht ist vor allem in § 5 des TMG geregelt. RN 156 Sie trifft Diensteanbieter, die geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien bereithalten.

Diensteanbieter sind nach § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG natürliche oder juristische Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln. Der Begriff Telemedien ist sehr weit und umfasst alle Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht Telekommunikation im engeren Sinn oder Rundfunk sind. So ist praktisch jeder Online-Auftritt ein Telemedium.

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Telemedien sind z. B. private Webseiten und Blogs, Online-Shops, OnlineAuktionshäuser, Suchmaschinen, Informationsdienste und Chatrooms. Keine Telemedien sind dagegen z. B. die reine Datenübertragung bzw. Telefonie auf Basis von Voice over IP (VOIP), Bücher, Zeitschriften und andere körperliche Druckwerke, direkte telefonische Beratungen über Liveoperator (Call Center) und entsprechende Mehrwertdienste (telefonische premium-rate-services, die beispielsweise über 0900- oder 0180-Nummern direkt angerufen werden). Was unter das „Bereithalten zur Nutzung“ fällt, ist von den Gerichten noch nicht abschließend geklärt. Teilweise wird die Rechtsauffassung vertreten, auch der Verkauf über das Internet außerhalb eines Online-Shops, etwa über ein Internetauktionshaus, sei ein solches Bereithalten zur Nutzung. Auch wer über ein Internetauktionshaus oder eine sonstige Internethandelsform Waren verkauft, ist also möglicherweise ein Diensteanbieter. Nicht jeder Diensteanbieter ist kennzeichnungspflichtig. Die Anbieterkennzeichnungspflicht besteht nur, wenn der Diensteanbieter das Telemedium geschäftsmäßig zur Nutzung bereithält. „Geschäftsmäßig“ ist ein viel weiterer Begriff als „gewerbsmäßig“. Manche Gerichte vertreten die Ansicht, dass das Angebot schon „geschäftsmäßig“ ist, wenn es aufgrund einer nachhaltigen (d. h. nicht auf einen Einzelfall beschränkten) Tätigkeit erfolgt; eine Gewinnerzielungsabsicht ist danach nicht erforderlich.

Unerheblich ist, ob der Diensteanbieter die Telemedien gegen Entgelt bereithält. Es genügt, dass solche Inhalte in der Regel gegen Entgelt bereitgehalten werden. Die Kennzeichnungspflichten treffen demnach alle Diensteanbieter, soweit sie Telemedien bereithalten, mit denen auf dem Markt Einkünfte erzielt werden könnten. Die Anbieterkennzeichnungspflicht muss praktisch von jedem, der ein Online-Angebot bereithält, erfüllt werden. Etwas anderes gilt nur bei Angeboten, die ausschließlich privaten oder familiären Zwecken dienen und die keine Auswirkung auf den Markt haben. Im Zweifel sollten Sie davon ausgehen, dass die Anbieterkennzeichnungspflicht besteht. c. Welche Angaben sind zu machen? § 5 Absatz 1 TMG enthält in seinen Nummern 1–7 eine Reihe von Pflichtangaben, von denen Anbieterkennzeichnungspflichtige jeweils in unterschiedlichem Umfang betroffen sind. Die Angaben aus den Nummern 1 und 2 muss jeder Anbieterkennzeichnungspflichtige machen. Die zusätzlichen Angaben aus den Nummern 3–7 muss dagegen nur derjenige machen, der zu der jeweils angesprochenen Personengruppe gehört.

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aa. Grundangaben nach § 5 Absatz 1 Nr. 1 und 2 TMG Die nachfolgenden Informationen muss jedes „Impressum“ enthalten. Allerdings unterscheidet sich der Inhalt der Angaben danach, ob es sich bei demjenigen, der die Angaben machen muss, um eine natürliche Person oder eine juristische Person (z. B. Verein, GmbH, AG) handelt. Zu beachten ist, dass nach § 2 Satz 2 TMG den juristischen Personen solche Personengesellschaften gleichgestellt sind, die mit der Fähigkeit ausgestattet sind, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen (z. B. GbR, oHG, KG).

Grundangaben für natürliche Personen Natürliche Personen müssen ihren Familiennamen angeben und mindestens einen ausgeschriebenen Vornamen. Zudem die vollständige (ladungsfähige) Postanschrift. Dazu gehört Postleitzahl, Ort, Straße und Hausnummer. Die Angabe des Postfaches ist nicht ausreichend. Ferner ist anzugeben eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse. Beides dient der Kontaktaufnahme. Zwischen den Gerichten ist strittig, ob eine telefonische Erreichbarkeit zwingend erforderlich ist oder ob ein Anrufbeantworter ausreicht. Strittig ist auch, ob statt der Angabe einer E-Mail-Adresse die Bereithaltung einer elektronischen Anfragemaske geeignet ist. Gehen Sie auf Nummer sicher und geben Sie eine erreichbare Telefonnummer und Ihre E-Mail-Adresse an.

Grundangaben für juristische Personen Juristische Personen haben zunächst ihren Firmennamen anzugeben. Er muss vollständig ausgeschrieben sein. Auch hier gilt, dass die Angabe einer Postfach-Adresse nicht ausreichend ist. Bei mehreren Niederlassungen ist im Zweifel die vollständige Anschrift der Hauptniederlassung anzugeben. Ferner sind die gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter der juristischen Personen zu benennen. Bei einer GmbH ist deshalb der Geschäftsführer und bei einer Aktiengesellschaft der Vorstandsvorsitzende namentlich zu benennen. Sofern es sich beim Vertreter einer juristischen Person ebenfalls um eine juristische Person handelt, ist deren Vertreter zu benennen, bis eine natürliche Person benannt werden kann. Soweit (freiwillig) Angaben zum Gesellschaftskapital gemacht werden, ist das Stamm- bzw. das Grundkapital und der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen zu nennen. Als Kontaktinformationen ist in jedem Fall die Angabe einer Telefonnummer und einer E-Mail-Adresse anzugeben. Zwischen den Gerichten ist strittig, ob eine telefonische Erreichbarkeit zwingend erforderlich ist oder ob

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ein Anrufbeantworter ausreicht. Ebenso ist streitig, ob statt der Angabe einer E-Mail-Adresse die Bereithaltung einer elektronischen Anfragemaske geeignet ist. Gehen Sie auf Nummer sicher. Geben Sie eine erreichbare Telefonnummer und Ihre E-Mailadresse an.

bb. Zusätzliche Pflichtangaben für bestimmte Gruppen von Diensteanbietern Wer für seine Tätigkeit eine behördliche Zulassung bedarf, z. B. Gastronomiebetriebe, Bauträger, Makler, Spielhallenbetreiber, Versicherungsunternehmen, muss in seinem Impressum auch die zuständige Aufsichtsbehörde nennen. Die zuständige Aufsichtsbehörde muss auch dann genannt werden, wenn tatsächlich keine Zulassung erteilt worden ist. Fallen Aufsichtsund Zulassungsbehörde auseinander, ist die Aufsichtsbehörde zu nennen. Strittig ist, ob die postalische Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde genannt werden muss. Vorsichtshalber sollten Sie die Postanschrift angeben. Diensteanbieter, die in ein Handels-, Vereins-, Partnerschafts- oder Genossenschaftsregister eingetragen sind, haben in ihrem Impressum das Register und die Registernummer anzugeben. Angegeben werden müssen auch ausländische Registereintragungen und entsprechende Registernummern, soweit vorhanden. Diensteanbieter, die einen reglementierten Beruf ausüben (Rechtsanwälte, Steuerberater), haben ihre gesetzliche Berufsbezeichnung zu benennen sowie die Kammer der sie angehören und den Staat in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist. Ferner sind die berufsrechtlichen Regelungen und der Zugang zu ihnen zu bezeichnen. Angegeben werden müssen alle rechtlich verbindlichen Normen, die die Voraussetzungen für die Ausübung des Berufes oder die Führung des Titels sowie gegebenenfalls spezielle Pflichten der Berufsangehörigen regeln. Ausreichend ist die Benennung der Gesetzes- oder Satzungsbezeichnung sowie der Fundstelle in einer öffentlichen Sammlung (z. B. auf der Webseite der betreffenden Kammer). Diensteanbieter, die eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschaftsidentifikationsnummer nach § 139 c der Abgabenordnung besitzen, haben diese Nummer ebenfalls anzugeben. Handelt es sich beim Diensteanbieter um eine Kapitalgesellschaft (AG oder GmbH), die sich in der Abwicklung oder Liquiditation befindet, ist anzugeben, dass der Diensteanbieter sich in Abwicklung oder Liquiditation befindet.

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d. Wie ist die Anbieterkennzeichnung zu platzieren? § 5 Absatz 1 TMG gibt vor, dass die Angaben leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar gehalten werden müssen.

Leicht erkennbar sind sie, wenn sie an gut wahrnehmbarer Stelle stehen und ohne langes Suchen auffindbar sind. Die Rechtsprechung hält Angaben für leicht erkennbar, die optisch ohne Schwierigkeiten wahrnehmbar und durch Links auffindbar sind und die aufgrund ihrer Bezeichnung auch als Hinweis auf die Anbieterkennzeichnung verstanden werden. Der Bundesgerichtshof hat es als unschädlich erachtet, dass eine Anbieterkennzeichnung mit „Kontakt“ und „Impressum“ bezeichnet war. Die Bezeichnung „backstage“ soll nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg dagegen nicht hinreichend klar sein. Ob bereits die Notwendigkeit jeglichen Scrollen bewirkt, dass ein Impressum nicht mehr leicht erkennbar ist, oder ob dies erst bei einem umfangreichen Scrollen der Fall ist, ist noch nicht vollends geklärt. Unmittelbar erreichbar sind Angaben, die ohne wesentliche Zwischenschritte aufgerufen werden können. Nach der Rechtsprechung des BGH kann als gesichert gelten, dass das Erreichen einer Internetseite über zwei Links in der Regel kein langes Suchen erfordert und damit als unmittelbar gilt, auch wenn neben dem maßgeblichen Link noch andere Links vorhanden sind. Nicht unmittelbar erreichbar sind die Angaben, wenn sie nur in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gemacht werden. Es genügt deshalb z. B. nicht, den vollständigen Namen des Anbieters nur in den AGB zu nennen, auf der Startseite dagegen nur den Nachnamen zwischen dem Firmennamen oder der Anschrift der Firma abzubilden. Bleiben Sie im Zweifel also bei den klassischen Bezeichnungen und bringen Sie die Links deutlich sichtbar an. Ständig verfügbar sind Informationen, auf die jederzeit also über einen dauerhaft funktionstüchtigen Link zurückgegriffen werden kann, und die kompatibel mit den Standardeinstellungen gängiger Internetbrowser sind. Eine Anbieterkennzeichnung, die nur unter Nutzung zusätzlicher Leseprogramme einzusehen ist, dürfte den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen. Eine Möglichkeit, die Anbieterkennzeichnung auszudrucken, wird nicht einheitlich gefordert.

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C. Handelsrechtliche Pflichtangaben Auf allen Geschäftsbriefen des Kaufmanns, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen seine Firma

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– bei Einzelkaufleuten die Bezeichnung eingetragener Kaufmann oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung, insbesondere „e. K.“, „e. Kfm“ oder „e. Kfr.“ – der Ort der Niederlassung, das Registergericht und die Nummer, unter der die Firma eingetragen ist, angegeben werden. Handelsbriefe („Geschäftsbriefe“) sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen, z. B. Rechnungen, Quittungen, Auftragsbestätigungen. Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören.

Auch E-Mails des Kaufmanns sind Handelsbriefe, z. B. Eingangsbestätigungsmail oder Auftragsbestätigung als Mail. Jede (geschäftliche) E-Mail muss daher die vorgenannten Pflichtangaben enthalten! Spezielle Vorschriften zu Informationspflichten für die Geschäftskorrespondenz finden sich

– für den eingetragenen Kaufmann in § 37a HGB i. V. m. § 19 Absatz 1 Nr. 1 HGB – für die oHG und KG in § 125a und § 177a HGB – für die GmbH in § 35a GmbHG – für die AG in § 80 AktG Beispielsweise sind bei einer GmbH alle Geschäftsführer zu benennen. Nicht in das Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende müssen in ihrer Geschäftskorrespondenz Nach- und Vornamen benennen gem. § 15b GewO. Zusätze wie Sachbezeichnungen oder Fantasiezusätze sind zulässig. Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) haben die Nach- und Vornamen aller Gesellschafter anzugeben. Hinweis zur Aufbewahrungspflicht: Handelsbriefe und damit auch E-Mails müssen 6 Jahre lang aufbewahrt werden. Bilanzen, Inventare und Buchungsbelege sind 10 Jahre lang aufzubewahren (§ 257 HGB). Wer seiner Pflicht zur Anmeldung oder zur Einreichung von Dokumenten zum Handelsregister nicht nachkommt oder wer seine Geschäftsbriefe nicht oder nur unvollständig kennzeichnet, wird dazu vom Registergericht durch Festsetzung eines Zwangsgeldes angehalten Das Zwangsgeld kann bis zu fünftausend Euro betragen. Außerdem setzen sich Kaufleute, die den Kennzeichnungspflichten nicht genügen, dem Vorwurf aus, wettbewerbswidrig zu handeln i. S. d. UWG.

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D. Pflichtangaben in Rechnungen 1. Allgemeines Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

– den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, – die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte UmsatzsteuerIdentifikationsnummer, – das Ausstellungsdatum, – eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), – die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung, – den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung, – das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,

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– den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, – in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und – in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”. 2. Rechnungen über einen Gesamtbetrag von mehr als 150,00 € Sie müssen enthalten: a) vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers (Fortlaufende) Rechnungsnummer b) Ausstellungsdatum der Rechnung c) Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der sonstigen Leistung d) Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung e) Entgelt f) anzuwendender Steuersatz g) Steuerbetrag oder Hinweis auf Steuerbefreiung h) erteilte Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikations-nummer 3. Muster einer Rechnung gem. § 14 Absatz 4 UStG RA Freundlich hat dem Unternehmer Karl Baufuchs e. Kfm. bei einer werkvertraglichen Streitigkeit vom 2.10.2014 bis zum 15.11.2014 anwaltlichen Beistand geleistet. Das Honorar beträgt 500,00 € netto zzgl. 19 % USt. Die Rechnung des RA lautet:

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RA Freundlich Sonnenallee 1 45888 Gelsenkirchen Herrn Baufuchs e.Kfm. Hyssenalle 7 45130 Essen 20. Nov. 2014 Anwaltlicher Beistand 2.10.2014–15.11.2014 Rechnungs-Nr. : 245/14 S 08 Sehr geehrter Herr Baufuchs, in der Angelegenheit Baufuchs ./. Schmitz (werkvertragliche Streitigkeit) wollen Sie mir bitte 595,00 € auf mein Konto überweisen. Die RA-Gebühren errechnen sich wie folgt: GeschäftsG Nr. 2300 VVRVG 1,3 19 % USt Nr. 7008 VV RVG Summe

500,00 € 95,00 € 595,00 €

Meine USt-Nummer lautet: 317 5430 0733 Mit freundlichen Grüßen RA Freundlich

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4. Kleinbetragsrechnungen (Gesamtbetrag bis zu 150,00 €) Rechnungen über Kleinbeträge (Gesamtbetrag bis zu 150,00 €) müssen folgende Angaben enthalten:

– vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers – Ausstellungsdatum der Rechnung – Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der sonstigen Leistung – das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe (Bruttoentgelt) sowie den anzuwendenden Steuersatz.

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5. Elektronische Rechnungen

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Bis zum 30.06.2011 waren elektronische Rechnungen nur mit qualifizierter elektronischer Signatur steuerlich zulässig. Danach war das Versenden einer Rechnung z. B. als PDF-Datei oder per Telefax nicht ausreichend. Rechnungen, die den vorskizzierten, formalen Anforderungen nicht genügten, wurden von den Finanzämtern nicht anerkannt. Die schwerwiegende Folge (für den, der die Rechnung bezahlt hat) war, dass ein Vorsteuerabzug entfiel. Nachträgliche Korrekturen verursachten im Regelfall vermeidbare Mehrarbeit.

Seit dem 01.07.2011 ist die qualifizierte elektronische Signatur nicht mehr zwingend. Neben der elektronischen Abrechnung (E-Mail, CD-ROM) und dem elektronischen Datenaustausch (EDI) sind auch PDF-, Text- oder Bilddateien zulässig. Jeder Unternehmer kann durch sein innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft, die Echtheit seiner Rechnungen gewährleisten.

E. Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung (PAngV) Im Verhältnis B2C ist der Gesamtpreis anzugeben, d. h., der Preis incl. USt und sonstiger Preisbestandteile. Ein deutlicher Hinweis auf den Gesamtpreis ist zu platzieren. Ein „sprechender Link“, also die Möglichkeit, von jeder Seite aus, den Gesamtpreis aufrufen zu können, ist denkbar und zulässig. Im Verhältnis B2B ist die Angabe von Nettopreisen zulässig. Wer im Rahmen eines Fernabsatzvertrages Waren oder Leistungen anbietet, hat zusätzlich (im Verhältnis B2C und B2B) anzugeben

– dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die USt und sonstigen Preisbestandteile enthalten und – ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten anfallen. Fallen zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten an, so ist deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können. Wer gegen die PAngV verstößt, handelt wettbewerbswidrig. Er kann kostenpflichtig abgemahnt werden.

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F. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) 169

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei (Kunde) bei Abschluss eines Vertrages stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf sie hinweist; 2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch für einen Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

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Allgemeine Geschäftsbedingungen machen nur dort Sinn, wo sie dem Verwender (Verkäufer) rechtliche Vorteile verschaffen. Rechtliche Vorteile für einen Verkäufer sind z. B. der Ausschluss der Mängelhaftung oder die Verkürzung der Verjährungsfristen. Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich, dass es sich im Regelfall um einen Kaufvertrag über eine Ware zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher handelt. Seit der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) ist diese Art des Kaufvertrages als sog. Verbrauchsgüterkauf im BGB gesondert geregelt: siehe §§ 474ff. BGB. Aus den Sondervorschriften im BGB ergibt sich, dass der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf weder die gesetzlichen Mängelansprüche des Käufers noch die gesetzlichen Mindest-Verjährungsfristen wirksam ausschließen darf. Soweit ein Verkäufer auf allgemeine Geschäftsbedingungen nicht verzichten möchte, sollte er darauf achten, dass die AGB deutlich lesbar und der Inhalt klar verständlich sein müssen. AGB, die nur mit einer Lupe lesbar sind oder die nur ein Jurist verstehen kann, erfüllen nicht die gesetzlichen Anforderungen. AGB auf einer Webseite müssen gut erkennbar und einfach

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aufrufbar sein. Am besten wird auf der Homepage ein gut sichtbarer Link „AGB“ aufgenommen, der bei Vertragsschluss zwingend zur Kenntnis genommen werden muss. Es sollte darauf geachtet werden, dass AGB möglichst kurz und verständlich und so formatiert sind, dass sie einfach ausgedruckt werden können. Wer sich mit seiner Webseite auch an ausländische Kunden wendet, sollte seine AGB in der entsprechenden Landessprache bereithalten. Wer bei Fernabsatzverträgen AGB verwendet, sollte nicht nur an einen „Pflicht-Link“ auf seiner Webseite denken, sondern auch daran, dass die AGB bei Vertragsschluss ggf. für den Kunden speicherbar sein müssen oder ihm in Textform „oder auf einem dauerhaften Datenspeicher“ mitzuteilen sind. Generell reicht es aus, dass der Verwender von AGB seine Kunden darauf hinweist, dass der Vertrag unter Verwendung seiner AGB abgeschlossen werden soll. Der Hinweis kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Ist ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, genügt ausnahmsweise ein deutlich sichtbarer Aushang. So z. B. bei den Massenverträgen wie Schließfächer- und Parkhausbenutzung oder Fahrkartenkauf am Automaten. Auch bei Vertragsschlüssen im Internet gilt grundsätzlich, dass den Verwender keine Pflicht trifft, AGB in Textform zur Verfügung zu stellen. Er hat AGB auf seiner Webseite so darzustellen, dass sie auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden können. Handelt es sich allerdings bei dem abzuschließenden Vertrag um einen Verbrauchervertrag und/oder Fernabsatzvertrag, und handelt es sich bei den AGB gleichzeitig um Bedingungen, die den besonderen Informationspflichten bei Verbraucher- und Fernabsatzverträgen unterliegen, sind doch die Formalia einzuhalten, die unter RN 94ff. dargestellt wurden. Als AGB in diesem Sinne gelten z. B. Zahlungs- und Lieferbedingungen oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge, die der Verwender dem Verbraucher stellt. Wer die Widerrufsbelehrung in seine AGB mit einbaut, sollte auf eine deutlich gestaltete, deutlich erkennbare Widerrufsbelehrung achten. Die nachgenannten AGB-Klauseln wurden von den Gerichten als rechtswidrig beurteilt: 1. „AGBs gelten auch für alle künftigen Geschäftsbeziehungen“ 2. „Die Lieferfristen sind unverbindlich“

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3. „Rücksendung der Waren nur in Originalverpackung (das Problem besteht in der unzulässigen Einschränkung des Widerrufsrechts)“ 4. „Wert der Rücksendung wird dem Kundenkonto gutgeschrieben“ Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass AGB nur Sinn machen, wenn sie für den Verwender (sprich dem Unternehmer) rechtlich durchsetzbar sind. Andernfalls verursacht die Fertigung von AGB lediglich vermeidbare Betriebsausgaben, z. B. für die Rechtsberatung, die entsprechende Gestaltung der Webseite und den Druck der Printmedien (Visitenkarte, Briefbogen).

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Bei der Vielzahl der Kaufvertrag-Fälle des täglichen Lebens handelt es sich um Verbraucherverträge. Der Gesetzgeber hat insoweit den Unternehmern die (rechtlichen) Möglichkeiten genommen, den Verbraucherschutz mit Hilfe von AGB zu unterlaufen. Das gilt für jeden Unternehmer. Unabhängig davon, ob es sich um einen Klein-Unternehmer handelt oder z. B. um den Inhaber eines riesigen Betriebs.

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G. Domain, Anmeldung einer Internetadresse www.denic.de Wer im Internet erreichbar sein will, benötigt eine Adresse, eine Domain. In Deutschland ist für die Vergabe von Domains die DENIC (Deutsches Network Information Center) zuständig. Die DENIC registriert Domains auf der Basis ihrer Registrierungsbedingungen und -richtlinien. Dabei wird lediglich geprüft, ob eine Domain bereits vergeben ist. Nicht geprüft wird, ob die angemeldete Domain Namens- oder Markenrechte Dritter verletzt. Sofern die Domain frei ist, wird sie für den Anmelder registriert. Die Anmeldung einer Domain erfolgt regelmäßig durch den Provider. Es ist allerdings jedem unbenommen, die Domain selbst zu beantragen. Die bislang verwendeten generischen Top-Level-Domains, z.B. .de, .com oder .org sind bereits so oft vergeben worden, dass viele (denkbare) Zeichenketten auf der zweiten Ebene (Second-Level-Domain) belegt sind. Deshalb hat die ICAN 2011 beschlossen, Erweiterungen einzuführen. Das geschieht durch neue Top-Level-Domains, z.B: .ruhr, .berlin, .bike oder .venture. Die neuen Endungen bieten Unternehmern noch mehr Möglichkeiten, sich zu präsentieren. In Deutschland ist das ab Februar 2014 möglich. Das Anmeldeverfahren ist im Regelfall zweistufig:

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Bevor eine neue Internetadresse mit neuer (branchenspezifischer) Bezeichnung registriert wird, haben Markeninhaber 30 Tage lang Zeit zu prüfen, ob ihre Marke betroffen ist und sich die Domain selbst sichern. Das ist die Sunrise-Phase. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Marke gegen Gebühr in einem Trademark Clearinghouse hinterlegt ist. Falls dann jemand eine Top-Level-Domain nutzen will, die markengleich ist oder Bezug zur Marke hat, erhält der Markeninhaber einen Hinweis. Der Interessent an der neuen Top-Level-Domain wird gewarnt. Damit sollen juristische Auseinandersetzungen vermieden werden. Im Anschluss an die Sunrise-Phase beginnt die Jedermanns-Phase. Dann werden die neuen Domains allen Bürgern angeboten. Möglich ist auch, dass zwischen der Sunrise-Phase und der JedermannsPhase eine weitere Phase eingebaut wird. Das ist der Fall, wenn nach Ablauf der Sunrise-Phase die neuen Domains vorübergehend nur Unternehmen oder Organisationen angeboten werden. Weitere Informationen über die vorskizzierten neuen Internetadressen: www.bitkom.org

H. Markenrecht www.dpma.de Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

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Beispiele: Wörter:

adidas, puma

Personennamen: rolex, beate uhse Abbildungen:

Grüne Linie bei Dresdner Bank

Buchstaben:

HB, GTI

Zahlen:

4711

Verpackung:

Dimple-Flasche

Farbkombination: blau und weiß für Schalke oder für ARAL

1. Entstehung des Markenschutzes Eine Marke kann entstehen durch:

– Eintragung ins Markenregister – große Bekanntheit (Verkehrsgeltung) – notorische Bekanntheit a. Markenschutz durch Eintragung Die Eintragung einer Marke in das Markenregister kann jeder Bürger selbst vornehmen. Bei der Anmeldung einer Marke sind grundsätzlich 290 € Gebühr zu zahlen. Detail-Informationen dazu: www.dpma.de. DPMA ist die Abkürzung für Deutsches Patent- und Markenamt. Die Schutzdauer einer Marke beträgt 10 Jahre.

b. Markenschutz durch große Bekanntheit (Verkehrsgeltung) Markenschutz kann auch entstehen ohne Eintragung beim DPMA, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat. Anders als die eingetragene Marke, die sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt, kann die nichteingetragene Marke räumlich auf einen regionalen oder lokalen Bereich begrenzt sein. Wenn der Bekanntheitsgrad groß ist, wird Markenschutz gewährt. Ob Verkehrsgeltung vorliegt oder nicht, ist im Einzelfall zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof hatte z. B. 1992 zu entscheiden, ob „quattro“ als Marke mit Verkehrsgeltung anzusehen ist. Damals ergaben Befragungen, dass allgemein ca. 61% der Bevölkerung „quattro“ im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen sahen. Aber: Nur 51 % von den vorgenannten 61 % haben den Begriff „quattro“ einem bestimmten Hersteller zugeordnet. Dieser

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Durchsetzungsgrad reichte nicht zur Begründung einer Verkehrsgeltung aus. Damit entfiel Markenschutz. 1997 hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden, ob der Farbkombination „grau/magenta“ Markenschutz zukommt oder nicht. Damals wussten weniger als 30 % der Befragten, welchem Unternehmen diese Farbkombination zuzuordnen ist. Damit entfiel Markenschutz.

c. Markenschutz notorisch bekannter Marken Anders als die zuvor beschriebene Marke mit Verkehrsgeltung hängt der Schutz notorisch bekannter Marken nicht von der Benutzung im Inland ab. Es genügt eine im Ausland erworbene Bekanntheit. Danach ist jede „Weltmarke“ zugleich notorisch bekannt, z. B.: Coca-Cola, Ford, Mercedes-Benz usw.

2. Markenrechte Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche Stellt ein Unternehmen fest, dass eine Domain mit seiner Marke oder seinem Namensrecht oder sonstigen Kennzeichen kollidiert, kann es über die DENIC herausfinden, wer der Domain-Inhaber ist (www.denic.de-„Whois – Suche nach Domainnamen“). Bei Vorliegen besserer Rechte, kann der Domain-Inhaber abgemahnt werden. Er wird aufgefordert, die Domain nicht mehr zu nutzen und sie freizugeben. Die Freigabe erfolgt durch Verzicht des Domain-Inhabers auf die Domain gegenüber der DENIC. Zusätzlich wird der Abgemahnte aufgefordert, eine strafbewährte Unterlassungserklärung für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung abzugeben. Die Kosten der Abmahnung hat der Abgemahnte zu tragen. Reagiert der Abgemahnte nicht oder nicht so wie gefordert, muss er damit rechnen, dass der Verletzte eine einstweilige Verfügung erwirkt oder Klage erhebt.

I. Reaktion auf Abmahnungen29 Allgemein gilt: Wer auf eine Abmahnung (z. B. bei angeblichem Verstoß gegen des UWG oder das UrhG) überhaupt nicht reagiert, wählt die denkbar schlechteste Lösung. Es besteht nämlich die sehr große Gefahr, dass die Gegenseite mit einer einstweiligen Verfügung ihre (angeblichen) hohen Schadenersatzforderungen und Rechtsanwaltskosten durchsetzt.

29

Vgl. zur Reaktion auf Abmahnung RN 112.

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Wie vermeide ich Fehler?

Es sollte in jedem Fall anwaltliche Hilfe erbeten werden. Je nach Lebenssachverhalt bestehen im Wesentlichen vier Reaktionsmöglichkeiten:

– Der eigene Rechtsanwalt weist nach Prüfung der Sach- und Rechtslage die Abmahnung zurück. Die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung wird verweigert; ebenso die Zahlung von Schadenersatz und Rechtsverfolgungskosten. – Der eigene Rechtsanwalt rät zur Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung. Die Zahlung des begehrten Schadenersatzes und der Rechtsverfolgungskosten wird verweigert. – Der eigene Rechtsanwalt rät zur Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung. Über den Schadenersatz und die Rechtsverfolgungskosten wird mit dem Ziel verhandelt, die begehrten Summen zu mindern. – Wegen der eindeutigen Sach- und Rechtslage (kommt selten vor) rät der eigene Rechtsanwalt zur Abgabe der Unterlassungserklärung (ggf. modifiziert) und zur Zahlung der (nachgewiesenen) Schadenersatzforderungen nebst Rechtsverfolgungskosten. 175

J.

Verpackungsverordnung

1. Historisches Seit dem 01.01.2009 gilt eine neue Verpackungsverordnung. Nach der alten Verpackungsverordnung, die bis zum 31.12.2008 Geltung hatte, konnte jeder Händler wählen zwischen einer Selbstentsorgung (mit einem entsprechenden Hinweis auf die Rücknahmepflicht) oder einer Beteiligung an einem System der flächendeckenden Abfallentsorgung (z. B. Der Grüne Punkt Duales System Deutschland GmbH). Wer sich nicht an ein System der Entsorgung angeschlossen hatte, musste auf seine Rücknahmeverpflichtung hinweisen. Eine große Anzahl von Händlern schloss sich jedoch weder einem Entsorgungssystem an noch wiesen sie auf ihre Rücknahmeverpflichtung hin. Dieses Verhalten galt als wettbewerbswidrig und konnte jederzeit abgemahnt werden. Gesellschaftspolitisch führte die vorerwähnte Wahlmöglichkeit nach der alten Verpackungsverordnung dazu, dass es eine große Zahl von „Trittbrettfahrern“ gab, die die Kosten der Entsorgung ihrer Verkaufsverpackungen den haushaltsnahen Erfassungssystemen oder den öffentlich rechtlichen Entsorgungsträgern aufbürdeten, ohne selbst einen Beitrag zu leisten. Es wird davon ausgegangen, dass ca. ¼ der vertriebenen

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Verpackungen gar nicht mehr lizensiert waren und damit praktisch kostenfrei entsorgt wurden. Die neue Verpackungsverordnung läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass sich jeder Internethändler an ein Entsorgungssystem anschließen muss.

2. Abfallwirtschaftliche Ziele der neuen Verpackungsverordnung Die Verordnung bezweckt, die Auswirkungen von Abfällen aus Verpackungen auf die Umwelt zu vermeiden oder zu verringern. Verpackungsabfälle sind in erster Linie zu vermeiden; im Übrigen wird der Wiederverwendung von Verpackungen, der stofflichen Verwertung sowie den anderen Formen der Verwertung Vorrang vor der Beseitigung von Verpackungsabfällen eingeräumt. Um diese Ziele zu erreichen, soll die Verordnung das Marktverhalten der durch die Verordnung Verpflichteten so regeln, dass die abfallwirtschaftlichen Ziele erreicht und gleichzeitig die Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden.

3. Anwendungsbereich der neuen Verpackungsverordnung Die Verordnung gilt für alle im Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetzes in Verkehr gebrachten Verpackungen, unabhängig davon, ob sie in der Industrie, im Handel, in der Verwaltung, im Gewerbe, im Dienstleistungsbereich, in Haushaltungen oder anderswo anfallen und unabhängig von den Materialien, aus denen sie bestehen.

4. Begriffe im Sinne der neuen Verpackungsverordnung Verpackungen Aus beliebigen Materialien hergestellte Produkte zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren, die vom Rohstoff bis zum Verarbeitungserzeugnis reichen können und vom Hersteller an den Vertreiber oder Endverbraucher weitergegeben werden. Verkaufsverpackungen Verpackungen, die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim Endverbraucher anfallen. Verkaufsverpackungen im Sinne der Verordnung sind auch Verpackungen des Handels, der Gastronomie und anderer Dienstleister, die die Übergabe von Waren an den Endverbraucher ermöglichen oder unterstützen (Serviceverpackungen) sowie Einweggeschirr. Serviceverpackungen sind z. B. Brötchentüten oder Pommesschälchen.

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Umverpackungen Verpackungen, die als zusätzliche Verpackungen zu Verkaufsverpackungen verwendet werden und nicht aus Gründen der Hygiene, der Haltbarkeit oder des Schutzes der Ware vor Beschädigung oder Verschmutzung für die Abgabe an den Endverbraucher erforderlich sind. Transportverpackungen Verpackungen, die den Transport von Waren erleichtern, die Waren auf dem Transport vor Schäden bewahren oder die aus Gründen der Sicherheit des Transports verwendet werden und beim Vertreiber anfallen. Hersteller im Sinne der Verordnung ist, wer Verpackungen, Packstoffe oder Erzeugnisse herstellt, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden, und derjenige, der Verpackungen in den Geltungsbereich der Verordnung einführt. Vertreiber im Sinne der Verordnung ist, wer Verpackungen, Packstoffe oder Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden, oder Waren in Verpackungen gleichgültig auf welcher Handelsstufe, in Verkehr bringt. Vertreiber im Sinne dieser Verordnung ist auch der Versandhandel. Endverbraucher im Sinne der Verordnung ist derjenige, der die Waren in der an ihn gelieferten Form nicht mehr weiterveräußert. Private Endverbraucher im Sinne dieser Verordnung sind Haushaltungen und vergleichbare Anfallstellen von Verpackungen, insbesondere Gaststätten, Hotels, Kantinen, Verwaltungen, Kasernen, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, karitative Einrichtungen, Freiberufler und typische Anfallstellen des Kulturbereichs wie Kinos, Opern und Museen, sowie des Freizeitbereichs wie Ferienanlagen, Freizeitparks, Sportstadien und Raststätten. Rücknahmepflichten für Transportverpackungen Hersteller und Vertreiber sind verpflichtet, Transportverpackungen nach Gebrauch zurück zu nehmen. Im Rahmen wiederkehrender Belieferungen kann die Rücknahme auch bei einer der nächsten Anlieferungen erfolgen. Rücknahmepflichten für Umverpackungen Vertreiber, die Waren in Umverpackungen anbieten, sind verpflichtet, bei der Abgabe der Waren an Endverbraucher die Umverpackungen zu entfernen oder dem Endverbraucher in der Verkaufsstelle oder dem zur Verkaufsstelle gehörenden Gelände Gelegenheit zum Entfernen und zur unentgeltlichen Rücknahme der Umverpackung zu geben. Das gilt nicht, wenn der Endverbraucher die Übergabe der Waren in der Umverpackung verlangt; in diesem Fall gelten die Vorschriften über die Rücknahme von Verkaufsverpackungen entsprechend.

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Soweit der Vertreiber die Umverpackung nicht selbst entfernt, muss er an der Kasse durch deutlich erkennbare und lesbare Schrifttafeln darauf hinweisen, dass der Endverbraucher in der Verkaufsstelle oder auf dem zur Verkaufsstelle gehörendem Gelände die Möglichkeit hat, die Umverpackungen von der erworbenen Ware zu entfernen und zurück zu lassen. Der Vertreiber ist verpflichtet, in der Verkaufsstelle oder auf dem zur Verkaufsstelle gehörenden Gelände geeignete Sammelgefäße zur Aufnahme der Umverpackungen für den Endverbraucher gut sichtbar und gut zugänglich bereitzustellen. Dabei ist eine getrennte Haltung einzelner Wertstoffgruppen sicherzustellen, soweit dies ohne Kennzeichnung möglich ist. Der Vertreiber ist verpflichtet, Umverpackungen einer erneuten Verwendung oder einer stofflichen Verwertung zuzuführen.

Pflicht zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme von Verkaufsverpackungen, die beim privaten Endverbraucher anfallen (Pflichten für Internetverkäufer) Hersteller und Vertreiber, die mit Ware gefüllte Verkaufsverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen, erstmals in den Verkehr bringen, haben sich zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme dieser Verkaufsverpackungen an einem oder mehreren Systemen zu beteiligen. Abweichend von Satz 1 können Vertreiber, die mit Ware befüllte Serviceverkaufsverpackungen im obigen Sinne, die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen, erstmals in den Verkehr bringen, von den Herstellern oder Vertreibern oder Vorvertreibern dieser Serviceverpackungen verlangen, dass sich letztere hinsichtlich der von ihnen gelieferten Serviceverpackungen an einem oder mehreren Entsorgungssystemen beteiligen („Delegation der Beteiligungspflicht auf vorgelagerte Handelsstufen“). Verkaufsverpackungen nach Satz 1 dürfen an private Endverbraucher nur abgegeben werden, wenn sich die Hersteller und Vertreiber mit diesen Verpackungen an einem System beteiligen. Zum Schutz gleicher Wettbewerbsbedingungen für die nach Satz 1 Verpflichteten und zum Ersatz ihrer Kosten können die Systeme … auch denjenigen Herstellern und Vertreibern, die sich an keinem System beteiligen, die Kosten für die Sammlung, Sortierung, Verwertung oder Beseitigung der von diesen Personen in Verkehr gebrachten und vom System entsorgten Verpackungen in Rechnung stellen. Soweit ein Vertreiber nachweislich die von ihm in Verkehr gebrachten und an private Endverbraucher abgegebenen Verkaufsverpackungen am Ort der Abgabe zurück genommen und auf eigene Kosten einer Verwertung entsprechend den Anforderungen der Verpackungsverordnung zugeführt hat, können die für die Beteiligung an einem System nach Absatz 3 geleisteten Entgelte zurückverlangt werden.

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Wie vermeide ich Fehler?

Wer vorsätzlich oder fahrlässig Verkaufsverpackungen an private Endverbraucher abgibt, ohne an einem Entsorgungssystem beteiligt zu sein, handelt ordnungswidrig. Er kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € belegt werden. Zudem ist derlei Verhalten wettbewerbswidrig und damit abmahnfähig. Mit den vorzitierten neuen Regelungen entfallen 2 Pflichten: Die Hinweispflicht der Vertreiber auf die Rückgabemöglichkeit für Verkaufsverpackungen und die Pflicht der Hersteller und Vertreiber, ihre Beteiligung an einem „dualen System“ durch eine Kennzeichnung der Verpackung (z. B. grüner Punkt) kenntlich zu machen. 5. Was müssen Internet- und Versandhändler beachten? Die IHK Kassel hat auf ihrem derzeit aktuellen Merkblatt zur neuen Verpackungsverordnung die wichtigsten Neuerungen wie folgt zusammengefasst:

– Sofern die zum Versand vorgesehenen Verkaufsverpackungen schon lizensiert sind (also beispielsweise verpackte Waren eines deutschen Herstellers), ist nur eine Lizensierung der zusätzlichen Verpackungs-/Versandmaterialien notwendig. – Auch gebrauchte Verpackungen, die als Versandkartons eingesetzt werden, brauchen nicht lizensiert zu werden, wenn sie schon einmal bei einem dualen System nach der Verpackungsverordnung lizensiert und noch nicht von einem dualen System erfasst wurden. Derjenige, der die mit Ware befüllte gebrauchte Verpackung in den Verkehr bringt, muss allerdings darlegen (und beweisen) können, dass die eingesetzte Verpackung lizensiert wurde. – Werden Waren in Verpackungen importiert, dürften die Verpackungen im Allgemeinen nicht bei einem „dualen System“ lizensiert sein. In diesem Fall muss sich der Importeur an einem (oder mehreren) der „dualen Systeme“ beteiligen und die Verpackungen lizensieren lassen. Hinweis: Noch ehe die neue Verpackungsverordnung in Kraft getreten war, wurde bereits ein Streit darüber ausgetragen, ob Versandverpackungen als Serviceverpackungen anzusehen sind. Nur für Serviceverpackungen ermöglicht es nämlich der Gesetzgeber, dass der Vertreiber vom Lieferanten oder Hersteller der Serviceverpackungen die Lizensierung der Verpackungen verlangen kann, zumindest sofern dieser in Deutschland ansässig ist. Werden die Serviceverpackungen dagegen aus dem Ausland bezogen, trifft den Importeur in jedem Fall die Lizensierungspflicht.

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Nach Einschätzung der IHK Organisationen, die sogar im Sommer 2008 vom Bundesumweltministerium bestätigt wurde, stellen Versandverpackungen derartige Serviceverpackungen dar, sofern sie zum Versand an den privaten Endverbraucher genutzt werden. Damit bestand nach Ansicht der IHK Organisationen für den Befüller der Versandverpackungen eine Wahlmöglichkeit, ob er sich selbst an einem dualen Entsorgungssystem beteiligt oder ob er diese Pflicht „delegiert“. Diese Streitfrage hat die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) im Oktober 2008 verneint. Zur Einstufung von Verpackungen im Versand- und Internethandel wurde folgendes entschieden: „Verpackungsmaterial, das dem Transport von Waren dient und beim privaten Endverbraucher anfällt (insbesondere Versandpakete von Internet- und Versandhandel einschl. Direktvertrieb), ist als eine Verkaufsverpackung im Sinne der Verpackungsverordnung, aber nicht als eine Serviceverpackung im Sinne der Verpackungsverordnung einzustufen. Damit stehen die „Erstabfüller“ (also die Versandhändler) ab 01.01.2009 in der Pflicht, die von ihnen in Verkehr gebrachten und mit Produkten befüllten Versandverpackungen einschließlich Füllmaterial an einem Rücknahmesystem zu beteiligen. Entgegen früherer anderslautender Annahmen können sie diese Beteiligungspflicht nicht auf vorgelagerte Handelsstufen verlagern und insbesondere keine „vorlizensierten“ Versandverpackungen verwenden. Salopp ausgedrückt: Versandverpackungen sind nun mal keine Brötchentüten.

6. Zusammenfassung für Internet- und Versandhändler Wie oben bereits erörtert wurde, haben einige IHK Organisationen in der Vergangenheit Versandverpackungen mit Serviceverpackungen gleichgesetzt und daraus gefolgert, dass Versandhändler für die von ihnen verwendeten Versandverpackungen die „Pflicht der Lizensierung an die Hersteller oder Vorvertreiber delegieren können“. Diese Übertragung der Beteiligungspflicht von Vertreibern auf vorgelagerte Handelsstufen ist jedoch seit dem 01.01.2009 nur bei Serviceverpackungen möglich. Serviceverpackungen mit Versandverpackungen gleichzusetzen, ist nicht zutreffend und auch nicht sachgerecht. Eine Serviceverpackung setzt stets voraus, dass diese in der Verkaufsstelle mit Waren befüllt und persönlich an den Endverbraucher übergeben wird, wie es beispielsweise bei Einkaufs- und Brötchentüten der Fall ist, aber bei Versand- oder Onlinehändlern nicht vorkommt. Diese sollten sich deshalb zum 01.01.2009 in jedem Fall an einem Rücknahmesystem beteiligen.

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7. Welche dualen Entsorgungssysteme gibt es? Es gibt mehrere Unternehmen, bei denen sich Internethändler lizensieren lassen können. Internethändler können sich bei der zuständigen IHK über kostengünstige und praktikable Lösungen informieren. Im Einzelfall sollte vor der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit geprüft werden, welche Lizenzgebühren zu welchen Bedingungen anfallen.

Übersicht der „dualen Entsorgungssysteme“ 1. BellandVision GmbH Bahnhofstraße 9 91257 Pegnitz Telefon: 09241 4832-0 Telefax: 09241 4832-222 E-Mail: [email protected] Internet: www.bellandvision.de

5. Landbell AG für Rückhol-Systeme Rheinstraße 4K–4L 55116 Mainz Telefon: 06131 23 56 52-0 Telefax: 06131 23 56 52-10 E-Mail: [email protected] Internet: www.landbell.de

2. Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH Frankfurter Straße 720-726 51145 Köln-Porz-Eil Telefon: 02203 937-0 Telefax: 02203 937-190 E-Mail: [email protected] Internet: www.gruener-punkt.de

6. Redual GmbH & Co. KG Kornmarkt 34 35745 Herborn Telefon: 02772 5759-0 Telefax: 02772 5759-20 E-Mail: [email protected] Internet: www.redual.de

3. EKO-PUNKT GmbH Speicker Str. 2 41061 Mönchengladbach Telefon: 02161 24763-30 Telefax: 02161 24763-33 E-Mail: [email protected] Internet: www.eko-punkt.de

7. Veolia Umweltservice Dual GmbH Kruppstrasse 5 D-41540 Dormagen Telefon: 02133 8800-20 Telefax: 02133 8800-99 E-Mail: [email protected] Internet: www.veoliaumweltservice.de/dual

4. INTERSEROH Dienstleistungs GmbH Stollwerckstraße 9a 51149 Köln Telefon: 02203 9147-0 Telefax: 02203 9147-1394 E-Mail: [email protected] Internet: www.interseroh-isd.de

8. Vfw GmbH Max-Planck-Str. 42 50858 Köln Telefon: 02234 9587-0 Telefax: 02234 9587-200 E-Mail: [email protected] Internet: www2.vfw-gmbh.eu

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9. Zentek GmbH & Co. KG Ettore-Bugatti-Str. 6-14 51149 Köln Telefon: 02203 8987-555 Telefax: 02203 8987-981 E-Mail: [email protected] Internet: www.zentek.de

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10. RKD Recycling Kontor Dual GmbH & Co. KG Waltherstraße 49-51 51069 Köln Bundesrepublik Deutschland Telefonnummer: (0221) 474465-0 Telefaxnummer: (0221) 47446599 E-Mail: Internet: www.rdk-online.de

K. Die 6 häufigsten (steuerrechtlichen) Fehler von Existenzgründern30 1. Falsche Rechtsform Viele junge Unternehmer starten als GmbH. Nachteil: Es fällt Lohnsteuer für das Geschäftsführergehalt an, obwohl das junge Unternehmen womöglich noch gar keinen Gewinn erzielt.

2. Zu niedrige Steuervorauszahlungen Nach Gründung des Unternehmens dauert es in der Regel zwei Jahre, bis der erste Einkommensteuerbescheid vorliegt. Bei zu niedrigen Einkommensteuer-Vorauszahlungen können Einkommensteuer-Nachzahlungen für zwei bis drei Jahre das Unternehmen in ernsthafte finanzielle Engpässe führen. Eine freiwillige Anpassung der Vorauszahlung nach oben kann daher sinnvoll sein.

3. Fehlende Verträge In den Betrieben von Gründern und jungen Firmen hilft oft die ganze Familie kräftig mit. Geschieht dies ohne Arbeitsvertrag und Gehalt, verschenkt die Familie Steuern. Denn bei der Einkommensteuer hat jedes Familienmitglied, vom Urgroßvater bis zum Neugeborenen, gleich eine ganze Reihe persönlicher Freibeträge, die oft ungenutzt verfallen. Oft leihen Familienangehörige auch Geld oder stellen Räumlichkeiten zur Verfügung. Es ist steuerlich meist sinnvoll, in diesen Fällen Darlehens- bzw. Mietverträge abzuschließen.

30

Quelle: BMWi, 2009

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4. Falsches Timing bei der Umsatzsteuer Viele Gründer beantragen in der Anfangsphase dauerhaft eine Fristverlängerung zur Voranmeldung der Umsatzsteuer. Gleichzeitig mögliche Vorsteuer-Erstattungen kommen dann erst einen Monat später.

5. Fehler bei der Umsatzsteuer Wegen nicht ordnungsgemäßer Belege (z. B. ist auf Rechnungsbelegen für gekaufte Waren die Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen) wird der Vorsteuerabzug nicht anerkannt. Dadurch wird bares Geld verschenkt.

6. Mängel in der Buchführung Mängel in der Buchführung (falsche Kontierung, Verbuchung fehlerhafter Belege, auf denen die Mehrwertsteuer fehlt, Zeitverzögerung bei der Durchführung usw.) führen nicht selten dazu, dass zu wenig oder zu spät Umsatzsteuer gezahlt wird. Bei Anträgen auf Herabsetzung von Steuervorauszahlungen können dem Finanzamt dann oft auch keine aussagefähigen Unterlagen vorgelegt werden.

L. Straftaten/Ordnungswidrigkeiten als Unternehmer Vorenthalten von Beiträgen des Arbeitnehmers zu Sozialversicherungsträgern. Straftat gem. § 266a Absatz 1 StGB. Strafe: Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahre. Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten gem. § 266b StGB. Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe. Urkundenfälschung gem. § 267 Absatz 1 StGB. Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahre. Verletzung der Buchführungspflicht (Insolvenzstraftat) gem. § 283b StGB. Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahre oder Geldstrafe. Bei fahrlässiger Begehung Freiheitsstrafe bis zu 1Jahr oder Geldstrafe. Begünstigung von Gläubigern in Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit (Insolvenzstraftat) gem. § 283c StGB. Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahre oder Geldstrafe. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen und freihändiger Vergabe von Aufträgen nach vorausgegangenem Teilnahmewettbe-

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werb (Submissionsbetrug)gem. § 298 StGB. Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahre. Unwahre oder irreführende Angaben über geschäftliche Verhältnisse gem. § 16 UWG. Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahre oder Geldstrafe. Unwahre Darstellung oder Verschleierung der Vermögenslage durch Geschäftsführer, Liquidator oder Aufsichtsratmitglied gem. § 82 Absatz 2 Nr. 2 GmbHG. Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe. Aufnahme des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder einem Dritten die Aufnahme zugänglich machen gem. § 201 Absatz 1 StGB. Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe. Verleih von ausländischen Arbeitnehmern ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis (Verleiher) gem. § 15 Absatz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen (gewerbsmäßig) Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahre. Arbeitnehmerverleih ohne Verleiherlaubnis gem. § 16 Absatz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Geldbuße bis zu 25.000 €. Nutzung von übermittelten Daten zu anderen Zwecken durch Weitergabe an Dritte gem. § 43 Absatz 2 Nr. 5 Bundesdatenschutzgesetz. Geldbuße bis zu 250.000 €.

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Anlagen 1. Formular Gewerbeanmeldung ................................................... S. 230 2. Fragebogen zur steuerlichen Erfassung .......................................S. 231 3. Formular EÜR .............................................................................S. 241 4. Formular Lohnsteueranmeldung .................................................S. 242 5. Verbraucherrechterichtlinie vom 25. Okt. 2011 .........................S. 243

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247 RICHTLINIEN RICHTLINIE 2011/83/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Text von Bedeutung für den EWR) DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1), nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2), gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) In der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (4) und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (5) sind eine Reihe von vertraglichen Rechten der Verbraucher verankert. (2) Diese Richtlinien wurden im Lichte der gesammelten Erfahrungen im Hinblick

1

ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 54. ABl. C 200 vom 25.8.2009, S. 76. Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. Juni 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 10. Oktober 2011. 4 ABl. L 372 vom 31.12.1985, S. 31. 5 ABl. L 144 vom 4.6.1997, S. 19. 2 3

darauf überprüft, ob die geltenden Rechtsvorschriften durch Beseitigung von Unstimmigkeiten und Regelungslücken vereinfacht und aktualisiert werden können. Diese Überprüfung hat ergeben, dass es sinnvoll ist, die beiden genannten Richtlinien durch eine einzige Richtlinie zu ersetzen. Daher sollten in dieser Richtlinie allgemeine Vorschriften für die gemeinsamen Aspekte von Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen festgelegt werden; dabei sollte der den älteren Richtlinien zugrunde liegende Mindestharmonisierungsansatz aufgegeben werden, wobei dennoch den Mitgliedstaaten gestattet werden sollte, innerstaatliche Rechtsvorschriften in Bezug auf bestimmte Aspekte beizubehalten oder einzuführen. (3) Artikel 169 Absatz 1 und Artikel 169 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sehen vor, dass die Union durch Maßnahmen, die sie nach Artikel 114 erlässt, einen Beitrag zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet. (4) Gemäß Artikel 26 Absatz 2 AEUV umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen sowie die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sind. Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Ver-

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hältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist. (5) Das grenzüberschreitende Potenzial des Versandhandels, das zu den wichtigsten greifbaren Ergebnissen des Binnenmarkts gehören sollte, wird nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. Im Vergleich zu dem erheblichen Wachstum, das in den letzten Jahren im inländischen Versandhandel verzeichnet werden konnte, gab es im grenzüberschreitenden Versandhandel nur ein geringes Wachstum. Diese Diskrepanz zeigt sich besonders deutlich beim Internethandel, bei dem das weitere Wachstumspotenzial groß ist. Das grenzüberschreitende Potenzial von Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden (Direktvertrieb) wird durch eine Reihe von Faktoren eingeschränkt, darunter auch unterschiedliche Verbraucherschutzvorschriften der Mitgliedstaaten, an die sich die Wirtschaft halten muss. Im Vergleich zum Wachstum des inländischen Direktvertriebs in den letzten Jahren, vor allem im Dienstleistungssektor (z. B. in der Versorgungswirtschaft), hat die Zahl der Verbraucher, die solche Kanäle grenzüberschreitend zum Einkauf nutzen, nicht zugenommen. Angesichts der besseren Geschäftsmöglichkeiten, die sich in vielen Mitgliedstaaten bieten, sollten kleine und mittlere Unternehmen (auch einzelne Unternehmer) oder Vertreter von Unternehmen, die im Direktvertrieb tätig sind, in stärkerem Maße bereit sein, in anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in Grenzregionen, nach neuen Geschäftsmöglichkeiten Ausschau zu halten. Deshalb dürfte die vollständige Harmonisierung der Verbraucherinformation und des Widerrufsrechts in Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zum besseren Funktionieren des Binnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beitragen.

(6) Bestimmte Unterschiede schaffen erhebliche Hindernisse für den Binnenmarkt, von denen die Unternehmer und die Verbraucher betroffen sind. Aufgrund dieser Unterschiede müssen Unternehmer, die ihre Waren oder Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten wollen, höhere Kosten für die Einhaltung der Rechtsvorschriften aufwenden. Die unangemessene Rechtszersplitterung untergräbt auch das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt. (7) Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen sollte die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmer erheblich erhöhen. Sowohl die Verbraucher als auch die Unternehmer sollten sich auf einen einheitlichen Rechtsrahmen stützen können, der auf eindeutig definierten Rechtskonzepten basiert und bestimmte Aspekte von Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern unionsweit regelt. Durch eine solche Harmonisierung sollte es zur Beseitigung der sich aus der Rechtszersplitterung ergebenden Hindernisse und zur Vollendung des Binnenmarkts auf diesem Gebiet kommen. Die betreffenden Hindernisse lassen sich nur durch die Einführung einheitlicher Rechtsvorschriften auf Unionsebene abbauen. Darüber hinaus sollten die Verbraucher in den Genuss eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union kommen. (8) Die zu harmonisierenden Aspekte der Regelungen sollten nur Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern betreffen. Deshalb sollte diese Richtlinie die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über Arbeitsverträge und Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts unberührt lassen. (9) Diese Richtlinie enthält Bestimmungen über Informationen, die bei Fernabsatzverträgen, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie anderen Verträgen als Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen ge-

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schlossenen Verträgen bereitgestellt werden müssen. Diese Richtlinie regelt auch das Widerrufsrecht bei Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, und harmonisiert bestimmte Vorschriften in Bezug auf die Erfüllung und einige andere Aspekte von Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern. (10) Diese Richtlinie sollte die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (6) unberührt lassen. (11) Diese Richtlinie sollte die Vorschriften der Union zu spezifischen Bereichen, beispielsweise Humanarzneimittel, Medizinprodukte, Datenschutz bei der elektronischen Kommunikation, Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, Lebensmittelkennzeichnung und Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt, unberührt lassen. (12) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Informationspflichten sollten die Informationspflichten nach der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (7) und nach der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (8) ergänzen. Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin die Möglichkeit haben, den in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Dienstleistungserbringern zusätzliche Informationspflichten aufzuerlegen.

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ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6. ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36. 8 ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1. 7

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(13) Die Mitgliedstaaten sollten im Einklang mit dem Unionsrecht weiterhin befugt sein, diese Richtlinie auf Bereiche anzuwenden, die nicht in deren Anwendungsbereich fallen. Die Mitgliedstaaten können daher den Bestimmungen oder einigen Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechende nationale Rechtsvorschriften für Verträge, die nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen, beibehalten oder einführen. So können die Mitgliedstaaten beispielsweise beschließen, die Anwendung dieser Richtlinie auf juristische oder natürliche Personen auszudehnen, die keine „Verbraucher“ im Sinne dieser Richtlinie sind, beispielsweise Nichtregierungsorganisationen, neu gegründete oder kleine und mittlere Unternehmen. Desgleichen können Mitgliedstaaten die Vorschriften dieser Richtlinie auf Verträge anwenden, die keine „Fernabsatzverträge“ im Sinne dieser Richtlinie sind, etwa weil sie nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems abgeschlossen werden. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten auch nationale Rechtsvorschriften zu Themen beibehalten oder einführen, die in dieser Richtlinie nicht speziell behandelt werden, beispielsweise zusätzliche Vorschriften über Kaufverträge, auch im Hinblick auf die Lieferung von Waren oder auf Anforderungen bezüglich der Bereitstellung von Informationen während der Laufzeit eines Vertrags. (14) Diese Richtlinie sollte das innerstaatliche Vertragsrecht unberührt lassen, soweit vertragsrechtliche Aspekte durch diese Richtlinie nicht geregelt werden. Deshalb sollte diese Richtlinie keine Wirkung auf nationale Rechtsvorschriften haben, die beispielsweise den Abschluss oder die Gültigkeit von Verträgen (zum Beispiel im Fall einer fehlenden Einigung) betreffen. Desgleichen sollte diese Richtlinie nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die allgemeinen vertraglichen Rechtsbehelfe, die Vorschriften des allgemeinen Wirtschaftsrechts (beispielsweise Vorschriften über überhöhte Preise oder Wucherpreise) und die Vor-

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schriften über sittenwidrige sgeschäfte unberührt lassen.

Recht-

(15) Durch diese Richtlinie sollten die sprachlichen Anforderungen für Verbraucherverträge nicht harmonisiert werden. Die Mitgliedstaaten können daher sprachliche Anforderungen in Bezug auf die Vertragsinformationen und die Vertragsklauseln in ihrem nationalen Recht beibehalten oder einführen. (16) Diese Richtlinie sollte die nationalen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Vertretung, wie z. B. die Vorschriften zu der Person, die im Namen des Unternehmers oder auf dessen Rechnung handelt (beispielsweise ein Handelsvertreter oder ein Treuhänder), unberührt lassen. Auf diesem Gebiet sollten die Mitgliedstaaten zuständig bleiben. Diese Richtlinie sollte für alle Unternehmer im öffentlich-rechtlichen und im privaten Sektor gelten. (17) Die Definition des Verbrauchers sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Wird der Vertrag jedoch teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend, so sollte diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden. (18) Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, im Einklang mit dem Unionsrecht festzulegen, welche Leistungen sie als von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erachten, wie diese Dienstleistungen unter Beachtung der Vorschriften über staatliche Beihilfen organisiert und finanziert werden sollten und welchen spezifischen Verpflichtungen sie unterliegen sollten. (19) „Digitale Inhalte“ bezeichnet Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, wie etwa Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele,

Musik, Videos oder Texte, unabhängig davon, ob auf sie durch Herunterladen oder Herunterladen in Echtzeit (Streaming), von einem körperlichen Datenträger oder in sonstiger Weise zugegriffen wird. Verträge über die Bereitstellung von digitalen Inhalten sollten in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen. Werden digitale Inhalte auf einem körperlichen Datenträger wie einer CD oder einer DVD bereitgestellt, sollten diese als Waren im Sinne dieser Richtlinie betrachtet werden. Vergleichbar mit Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder über die Lieferung von Fernwärme, sollten Verträge über digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt werden, für die Zwecke dieser Richtlinie weder als Kaufverträge noch als Dienstleistungsverträge betrachtet werden. Für derartige Verträge sollte der Verbraucher ein Widerrufsrecht haben, es sei denn, er hat während der Widerrufsfrist dem Beginn der Vertragserfüllung zugestimmt und zur Kenntnis genommen, dass er infolgedessen sein Widerrufsrecht verliert. Über die allgemeinen Informationspflichten hinaus sollte der Unternehmer den Verbraucher über die Funktionsweise und — soweit wesentlich — die Interoperabilität digitaler Inhalte informieren. Der Begriff der Funktionsweise sollte sich darauf beziehen, wie digitale Inhalte verwendet werden können, etwa für die Nachverfolgung des Verhaltens des Verbrauchers; er sollte sich auch auf das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von technischen Beschränkungen wie den Schutz mittels digitaler Rechteverwaltung oder Regionalcodierung beziehen. Der Begriff der wesentlichen Interoperabilität beschreibt die Information in Bezug auf die standardmäßige Umgebung an Hard- und Software, mit der die digitalen Inhalte kompatibel sind, etwa das Betriebssystem, die notwendige Version und bestimmte Eigenschaften der Hardware. Die Kommission sollte prüfen, inwieweit für digitale In-

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halte eine weitere Harmonisierung der Bestimmungen erforderlich ist, und gegebenenfalls einen entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag vorlegen. (20) Die Begriffsbestimmung von Fernabsatzverträgen sollte alle Fälle erfassen, in denen ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Rahmen eines für die Lieferung im Fernvertrieb organisierten Verkaufs- oder Dienstleistungserbringungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/ werden (z.B. Bestellung per Post, Internet, Telefon oder Fax). Diese Begriffsbestimmung sollte auch Situationen erfassen, in denen der Verbraucher die Geschäftsräume lediglich zum Zwecke der Information über die Waren oder Dienstleistungen aufsucht und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Im Gegensatz dazu sollte ein Vertrag, der in den Geschäftsräumen eines Unternehmers verhandelt und letztendlich über ein Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, nicht als Fernabsatzvertrag gelten. Desgleichen sollte ein Vertrag, der über ein Fernkommunikationsmittel angebahnt und letztendlich in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen wird, nicht als Fernabsatzvertrag gelten. Desgleichen sollte der Begriff des Fernabsatzvertrags auch keine Reservierungen eines Verbrauchers über ein Fernkommunikationsmittel im Hinblick auf die Dienstleistung eines Fachmanns, wie beispielsweise im Fall eines Telefonanrufs eines Verbrauchers zur Terminvereinbarung mit einem Friseur, einschließen. Der Begriff eines für die Lieferung im Fernabsatz organisierten Vertriebsbzw. Dienstleistungserbringungssystems sollte von einem Dritten angebotene Fernabsatz- oder Dienstleistungssysteme erfassen, die von Unternehmern verwendet werden, wie etwa eine OnlinePlattform. Der Begriff sollte jedoch nicht Fälle erfassen, in denen Webseiten lediglich Informationen über den Unter-

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nehmer, seine Waren und/oder Dienstleistungen und seine Kontaktdaten anbieten. (21) Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag sollte definiert werden als ein Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, geschlossen wird, also beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers. Außerhalb von Geschäftsräumen steht der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck oder ist einem Überraschungsmoment ausgesetzt, wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht. Die Begriffsbestimmung für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sollte auch Situationen einschließen, in denen der Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen persönlich und individuell angesprochen wird, der Vertrag aber unmittelbar danach in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder über Fernkommunikationsmittel geschlossen wird. Die Begriffsbestimmung für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sollte nicht Situationen umfassen, in denen der Unternehmer zunächst in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um ohne jede Verpflichtung des Verbrauchers lediglich Maße aufzunehmen oder eine Schätzung vorzunehmen, und der Vertrag danach erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder mittels Fernkommunikationsmittel auf der Grundlage der Schätzung des Unternehmers abgeschlossen wird. In diesen Fällen ist nicht davon auszugehen, dass der Vertrag unmittelbar, nachdem der Unternehmer den Verbraucher angesprochen hat, geschlossen worden ist, wenn der Verbraucher Zeit gehabt hatte, vor Vertragsabschluss über die Schätzung des Unternehmers nachzudenken. Käufe während eines vom Unternehmer organisierten Ausflugs, in dessen Verlauf die erworbenen Erzeugnisse

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beworben und zum Verkauf angeboten werden, sollten als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gelten. (22) Als Geschäftsräume sollten alle Arten von Räumlichkeiten (wie Geschäfte, Stände oder Lastwagen) gelten, an denen der Unternehmer sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt. Markt- und Messestände sollten als Geschäftsräume behandelt werden, wenn sie diese Bedingung erfüllen. Verkaufsstätten, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt, beispielsweise während der Fremdenverkehrssaison an einem Skiort oder Seebadeort, sollten als Geschäftsräume angesehen werden, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit in diesen Geschäftsräumen für gewöhnlich ausübt. Der Öffentlichkeit zugängliche Orte wie Straßen, Einkaufszentren, Strände, Sportanlagen und öffentliche Verkehrsmittel, die der Unternehmer ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, sowie Privatwohnungen oder Arbeitsplätze sollten nicht als Geschäftsräume gelten. Die Geschäftsräume einer Person, die im Namen oder für Rechnung des Unternehmers gemäß dieser Richtlinie handelt, sollten als Geschäftsräume im Sinne dieser Richtlinie gelten. (23) Dauerhafte Datenträger sollten es dem Verbraucher ermöglichen, Informationen so lange zu speichern, wie es für den Schutz seiner Interessen in den Beziehungen zum Unternehmer erforderlich ist. Zu diesen dauerhaften Datenträgern sollten insbesondere Papier, USB-Sticks, CD- ROMs, DVDs, Speicherkarten oder die Festplatten von Computern sowie EMails gehören. (24) Bei einer öffentlichen Versteigerung sind Unternehmer und Verbraucher persönlich anwesend oder erhalten die Möglichkeit, bei ihr persönlich anwesend zu sein. Die Waren oder Dienstleistungen werden dem Verbraucher vom Unternehmer im Rahmen eines in einigen Mitgliedstaaten gesetzlich zugelassenen

Bieterverfahrens öffentlich zum Kauf angeboten. Die Person, die den Zuschlag erhält, ist zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet. Die Verwendung von Online-Plattformen, die Verbrauchern und Unternehmern zu Versteigerungszwecken zur Verfügung stehen, sollte nicht als öffentliche Versteigerung im Sinne dieser Richtlinie gelten. (25) Verträge im Zusammenhang mit Fernwärme sollten in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen, ähnlich wie Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom. Fernwärme ist in einer zentralen Anlage erzeugte Wärme, unter anderem in Form von Dampf oder Heißwasser, die über ein Rohrleitungsund Verteilungsnetz einer Vielzahl von Wärmeverbrauchern zu Heizzwecken zugeführt wird. (26) Verträge über die Übertragung von Immobilien oder von Rechten an Immobilien oder die Begründung oder den Erwerb solcher Immobilien oder Rechte, Verträge über den Bau von neuen Gebäuden oder über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden sowie über die Vermietung von Wohnraum sind bereits Gegenstand einer Reihe spezifischer einzelstaatlicher Rechtsvorschriften. Zu diesen Verträgen gehören beispielsweise der Verkauf noch zu bebauender Liegenschaften und der Mietkauf. Die in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen eignen sich nicht für diese Verträge, welche daher vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden sollten. Erhebliche Umbaumaßnahmen sind solche, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind, beispielsweise Baumaßnahmen, bei denen nur die Fassade eines alten Gebäudes erhalten bleibt. Dienstleistungsverträge insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung von Anbauten an Gebäude (z. B. dem Anbau einer Garage oder eines Wintergartens) und im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Renovierung von Gebäuden, die keine erheblichen Umbauarbeiten darstellen,

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einzelstaatlicher Ebene, ihren Niederschlag finden. Zu den Sozialdienstleistungen gehören zum einen Dienstleistungen für besonders benachteiligte oder einkommensschwache Personen sowie Dienstleistungen für Personen und Familien, die bei routinemäßigen Handlungen und alltäglichen Verrichtungen auf Hilfe angewiesen sind, und zum anderen Dienstleistungen für alle Menschen, die in einer besonderen Phase ihres Lebens Hilfe, Unterstützung, Schutz oder Zuspruch benötigen. Zu den Sozialdienstleistungen gehören unter anderem Dienstleistungen für Kinder und Jugendliche, Dienstleistungen zur Unterstützung von Familien, Alleinerziehenden und älteren Menschen sowie Dienstleistungen für Migranten. Sozialdienstleistungen schließen sowohl Dienstleistungen der Kurzzeit- als auch der Langzeitpflege ein, die beispielsweise von häuslichen Pflegediensten, im Rahmen von betreuten Wohnformen und in Wohnheimen oder -stätten („Pflegeheimen“) erbracht werden. Zu den Sozialdienstleistungen zählen nicht nur staatliche Sozialdienstleistungen, die auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene durch staatlich beauftragte Dienstleister oder staatlich anerkannte Hilfsorganisationen geleistet werden, sondern auch Sozialdienstleistungen privater Anbieter. Die Bestimmungen dieser Richtlinie eignen sich nicht für Sozialdienstleistungen; diese sollten daher vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden.

wie auch Verträge über Dienstleistungen von Immobilienmaklern und über die Vermietung von Räumen für andere als Wohnzwecke sollten unter diese Richtlinie fallen. (27) Beförderungsdienstleistungen schließen die Beförderung von Personen und die Beförderung von Gütern ein. Die Beförderung von Personen sollte vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein, weil sie bereits im Rahmen anderer Unionsvorschriften geregelt wird, beziehungsweise, was den öffentlichen Verkehr und Taxis betrifft, auf nationaler Ebene geregelt ist. Die in dieser Richtlinie enthaltenen Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers gegen überhöhte Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel oder gegen versteckte Kosten sollten jedoch auch auf Personenbeförderungsverträge Anwendung finden. In Bezug auf die Beförderung von Gütern und die Vermietung von Kraftfahrzeugen, sofern diese Dienstleistungen darstellen, sollten Verbraucher mit Ausnahme des Widerrufsrechts durch diese Richtlinie geschützt werden. (28) Um Verwaltungsaufwand für Unternehmer zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Fälle anzuwenden, in denen Waren oder Dienstleistungen von geringem Wert außerhalb von Geschäftsräumen verkauft werden. Der Schwellenbetrag sollte so niedrig festgesetzt werden, dass nur Geschäfte von geringer Bedeutung ausgeschlossen werden. Den Mitgliedstaaten sollte es gestattet sein, diesen Schwellenwert in ihrem nationalen Recht festzusetzen; er darf aber 50 EUR nicht überschreiten. Werden zwei oder mehr Verträge, die in Bezug auf ihren Gegenstand zusammenhängen, vom Verbraucher gleichzeitig geschlossen, so sollten deren Gesamtkosten für diesen Schwellenwert maßgebend sein. (29) Sozialdienstleistungen haben grundlegend unterschiedliche Merkmale, die in sektorspezifischer Gesetzgebung, zum Teil auf Unionsebene und zum Teil auf

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(30) Für die Gesundheitsversorgung sind wegen ihrer technischen Komplexität, ihrer Bedeutung als Dienst von allgemeinem Interesse und ihrer weitgehenden öffentlichen Finanzierung besondere Regelungen erforderlich. Die Gesundheitsversorgung ist in der Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (9) definiert als „Gesundheits-

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ABl. L 88 vom 4.4.2011, S. 45.

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dienstleistungen, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen, einschließlich der Verschreibung, Abgabe und Bereitstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten“. Ein Angehöriger der Gesundheitsberufe ist in dieser Richtlinie definiert als ein Arzt, eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger für allgemeine Pflege, ein Zahnarzt, eine Hebamme oder ein Apotheker im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (10) oder eine andere Fachkraft, die im Gesundheitsbereich Tätigkeiten ausübt, die einem reglementierten Beruf im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG vorbehalten sind, oder eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Behandlungsmitgliedstaats als Angehöriger der Gesundheitsberufe gilt. Die Bestimmungen dieser Richtlinie eignen sich nicht für die Gesundheitsversorgung; diese sollte daher vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden. (31) Glücksspiele sollten vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden. Glücksspiele sind Spiele, bei denen ein geldwerter Einsatz verlangt wird, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten. Mitgliedstaaten sollten andere, auch strengere Verbraucherschutzmaßnahmen in Bezug auf diese Tätigkeiten einführen können. (32) Das geltende Unionsrecht unter anderem über Finanzdienstleistungen für Verbraucher, Pauschalreisen und Teilzeitnutzungsverträge enthält zahlreiche Verbraucherschutzbestimmungen. Deshalb sollte diese Richtlinie für Verträge in diesen Bereichen nicht gelten. Was Finanzdienstleistungen betrifft, sollten die Mitgliedstaaten ermutigt werden, sich bei der Schaffung von neuen 10

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.

Rechtsvorschriften in nicht auf Unionsebene geregelten Bereichen von den maßgeblichen bestehenden Rechtsvorschriften der Union in diesem Bereich anregen zu lassen, so dass gleiche Ausgangsbedingungen für alle Verbraucher und alle Verträge über Finanzdienstleistungen gewährleistet sind. (33) Der Unternehmer sollte verpflichtet sein, den Verbraucher im Voraus über etwaige Geschäftsmodalitäten zu informieren, die dazu führen, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Kaution zahlt; dazu gehören auch Modalitäten, bei denen ein Betrag auf der Kredit- oder Debitkarte des Verbrauchers gesperrt wird. (34) Bevor der Verbraucher durch einen Fernabsatzvertrag oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag, durch einen anderen als einen Fernabsatzvertrag oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, sollte der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise informieren. Bei der Bereitstellung dieser Informationen sollte der Unternehmer den besonderen Bedürfnissen von Verbrauchern Rechnung tragen, die aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Behinderung, ihrer psychischen Labilität, ihres Alters oder ihrer Leichtgläubigkeit in einer Wiese besonders schutzbedürftig sind, die für den Unternehmer vernünftigerweise erkennbar ist. Die Berücksichtigung dieser besonderen Bedürfnisse sollte jedoch nicht zu unterschiedlichen Verbraucherschutzniveaus führen. (35) Die dem Verbraucher vom Unternehmer zur Verfügung zu stellenden Informationen sollten obligatorisch sein und sollten nicht geändert werden. Dennoch sollten die Vertragsparteien eine ausdrückliche Vereinbarung über die Änderung des Inhalts des anschließend abgeschlossenen Vertrags, etwa hinsichtlich der Lieferbedingungen, abschließen können. (36) Bei Fernabsatzverträgen sollten die Informationspflichten so angepasst wer-

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den, dass den technischen Beschränkungen, denen bestimmte Medien unterworfen sind, Rechnung getragen werden kann, wie zum Beispiel der beschränkten Anzahl der Zeichen auf bestimmten Displays von Mobiltelefonen oder dem Zeitrahmen für Werbespots im Fernsehen. In diesen Fällen sollte sich der Unternehmer an Mindestanforderungen hinsichtlich der Information halten und den Verbraucher an eine andere Informationsquelle verweisen, beispielsweise durch Angabe einer gebührenfreien Telefonnummer oder eines Hypertext-Links zu einer Webseite des Unternehmers, auf der die einschlägigen Informationen unmittelbar abrufbar und leicht zugänglich sind. Die Pflicht zur Information darüber, dass der Verbraucher die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können, gilt als erfüllt, wenn der Unternehmer etwa einen Beförderer (beispielsweise den, den er mit der Warenlieferung beauftragt hat) und einen Preis für die Rücksendung der Waren angibt. In den Fällen, in denen die Kosten für die Rücksendung der Waren vom Unternehmer vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, beispielsweise weil der Unternehmer nicht anbietet, die Rücksendung der Waren selbst zu organisieren, sollte der Unternehmer erklären, dass Kosten zu entrichten sind und diese Kosten hoch sein können, einschließlich einer vernünftigen Schätzung der Höchstkosten, die auf den Kosten der Lieferung an den Verbraucher basieren könnte. (37) Da der Verbraucher im Versandhandel die Waren nicht sehen kann, bevor er den Vertrag abschließt, sollte ihm ein Widerrufsrecht zustehen. Aus demselben Grunde sollte dem Verbraucher gestattet werden, die Waren, die er gekauft hat, zu prüfen und zu untersuchen, um die Beschaffenheit, die Eigenschaften und die Funktionsweise der Waren festzustellen. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sollte dem

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Verbraucher aufgrund des möglichen Überraschungsmoments und/oder psychologischen Drucks das Recht auf Widerruf zustehen. Der Widerruf des Vertrags sollte die Verpflichtung der Parteien beenden, den Vertrag zu erfüllen. (38) Auf den Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr sollte spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich angegeben werden, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsarten akzeptiert werden. (39) Es ist wichtig, dass sichergestellt wird, dass die Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, in der Lage sind, die Hauptbestandteile des Vertrags vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Zu diesem Zweck sollte in dieser Richtlinie dafür Sorge getragen werden, dass diese Vertragsbestandteile in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden. Es ist außerdem wichtig, in Situationen dieser Art sicherzustellen, dass die Verbraucher den Zeitpunkt erkennen, zu dem sie gegenüber dem Unternehmer eine Zahlungsverpflichtung eingehen. Aus diesem Grunde sollte die Aufmerksamkeit der Verbraucher durch eine unmissverständliche Formulierung auf die Tatsache gelenkt werden, dass die Abgabe der Bestellung eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer zur Folge hat. (40) Der Umstand, dass die Widerrufsfristen derzeit sowohl zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten als auch zwischen Verträgen im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen unterschiedlich lang sind, verursacht Rechtsunsicherheit und Kosten. Die Widerrufsfrist sollte deshalb für sämtliche im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge dieselbe sein. Bei Dienstleistungsverträgen sollte die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Vertragsabschluss enden. Bei Kaufverträgen sollte die Widerrufsfrist 14

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Tage nach dem Tag enden, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den Besitz der Waren gelangt. Zudem sollte der Verbraucher das Widerrufsrecht ausüben können, bevor die Waren physisch in Empfang genommen werden. Wenn der Verbraucher mehrere Waren in einer Bestellung bestellt, diese dann jedoch getrennt geliefert werden, sollte die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag enden, an dem der Verbraucher in den Besitz der zuletzt gelieferten Ware gelangt. Werden Waren in mehreren Partien oder Teilen geliefert, so sollte die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag enden, an dem der Verbraucher den Besitz an der letzten Partie oder dem letzten Teil erlangt. (41) Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit ist es zweckmäßig, die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (11) auf die Berechnung der in dieser Richtlinie genannten Fristen anzuwenden. Deshalb sollten alle in dieser Richtlinie genannten Fristen als in Kalendertagen ausgedrückt zu verstehen sein. Ist für den Anfang einer nach Tagen bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so sollte bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet werden, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt. (42) Die Bestimmungen zum Widerrufsrecht sollten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Beendigung oder die Unwirksamkeit eines Vertrags oder die Möglichkeit eines Verbrauchers, seine vertraglichen Verpflichtungen vor der in dem Vertrag festgesetzten Frist zu erfüllen, unberührt lassen. (43) Wurde der Verbraucher vor dem Abschluss eines Fernabsatzvertrags oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags vom Unternehmer 11

ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1.

nicht angemessen informiert, so sollte sich die Widerrufsfrist verlängern. Damit jedoch Rechtssicherheit bezüglich der Dauer der Widerrufsfrist gewährleistet ist, sollte eine Begrenzung der Frist auf zwölf Monate eingeführt werden. (44) Durch Unterschiede in der Art und Weise der Ausübung des Widerrufsrechts in den Mitgliedstaaten sind den im grenzüberschreitenden Handel tätigen Unternehmern Kosten entstanden. Die Einführung eines harmonisierten Musterformulars für den Widerruf, das der Verbraucher benutzen kann, sollte das Widerrufsverfahren vereinfachen und für Rechtssicherheit sorgen. Aus diesen Gründen sollten die Mitgliedstaaten über das unionsweit einheitliche Musterformular hinaus keine weiteren Anforderungen an die optische Gestaltung des Widerrufs — etwa in Bezug auf die Schriftgröße — stellen. Dem Verbraucher sollte es jedoch nach wie vor freistehen, den Vertrag mit seinen eigenen Worten zu widerrufen, vorausgesetzt, seine an den Unternehmer gerichtete Erklärung, aus der seine Widerrufsentscheidung hervorgeht, ist unmissverständlich. Diese Anforderung könnte durch einen Brief, einen Telefonanruf oder durch die Rücksendung der Waren, begleitet von einer deutlichen Erklärung, erfüllt sein; die Beweislast, dass der Widerruf innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Fristen erfolgt ist, sollte jedoch dem Verbraucher obliegen. Aus diesem Grund ist es im Interesse des Verbrauchers, für die Mitteilung des Widerrufs an den Unternehmer einen dauerhaften Datenträger zu verwenden. (45) Da erfahrungsgemäß viele Verbraucher und Unternehmer die Kommunikation über die Webseite des Unternehmers vorziehen, sollte Letzterer die Möglichkeit haben, den Verbrauchern ein WebMusterformular für den Widerruf zur Verfügung zu stellen. In diesem Fall sollte der Unternehmer den Eingang des Widerrufs unverzüglich bestätigen, beispielsweise per E-Mail.

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(46) Falls der Verbraucher den Vertrag widerruft, sollte der Unternehmer alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, erstatten; hierzu gehören auch Zahlungen für Aufwendungen des Unternehmers im Zusammenhang mit der Lieferung der Waren an den Verbraucher. Die Erstattung sollte nicht in Form eines Gutscheins erfolgen, es sei denn, der Verbraucher hat für die ursprüngliche Transaktion Gutscheine verwendet oder diese ausdrücklich akzeptiert. Wenn der Verbraucher ausdrücklich eine bestimmte Art der Lieferung gewählt hat (zum Beispiel eine Expresslieferung innerhalb von 24 Stunden), obwohl der Unternehmer eine normale und allgemein akzeptable Art der Lieferung angeboten hatte, die geringere Lieferkosten verursacht hätte, sollte der Verbraucher den Kostenunterschied zwischen diesen beiden Arten der Lieferung tragen. (47) Manche Verbraucher üben ihr Widerrufsrecht aus, nachdem sie die Waren in einem größeren Maß genutzt haben, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise nötig gewesen wäre. In diesem Fall sollte der Verbraucher das Widerrufsrecht nicht verlieren, sollte aber für einen etwaigen Wertverlust der Waren haften. Wenn er Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren feststellen will, sollte der Verbraucher mit ihnen nur so umgehen und sie nur so in Augenschein nehmen, wie er das in einem Geschäft tun dürfte. So sollte der Verbraucher beispielsweise ein Kleidungsstück nur anprobieren, nicht jedoch tragen dürfen. Der Verbraucher sollte die Waren daher während der Widerrufsfrist mit der gebührenden Sorgfalt behandeln und in Augenschein nehmen. Die Verpflichtungen des Verbrauchers im Falle des Widerrufs sollten den Verbraucher nicht davon abhalten, sein Widerrufsrecht auszuüben. (48) Der Verbraucher sollte verpflichtet sein, die Waren spätestens 14 Tage nach dem Tag zurückzusenden, an dem er den Unternehmer über seinen Widerruf infor-

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miert hat. Erfüllt der Unternehmer oder der Verbraucher die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts nicht, so sollten Sanktionen, die gemäß dieser Richtlinie in innerstaatlichen Vorschriften festgelegt sind, sowie vertragsrechtliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen. (49) Es sollten sowohl für Fernabsatzverträge als auch für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge bestimmte Ausnahmen vom Widerrufsrecht gelten. Ein Widerrufsrecht könnte beispielsweise in Anbetracht der Beschaffenheit bestimmter Waren oder Dienstleistungen unzweckmäßig sein. Dies gilt beispielsweise für Verträge über Wein, der erst lange nach Abschluss eines Vertrags spekulativer Art geliefert wird; der Wert des Weins hängt dabei von den Schwankungen der Marktpreise ab („vin en primeur“). Das Widerrufsrecht sollte weder bei Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, wie beispielsweise nach Maß gefertigte Vorhänge, noch beispielsweise bei der Lieferung von Brennstoff, der aufgrund seiner Beschaffenheit nach der Lieferung untrennbar mit anderen Gütern verbunden ist, Anwendung finden. Die Einräumung eines Widerrufsrechts für den Verbraucher könnte auch im Fall bestimmter Dienstleistungen unangebracht sein, bei denen der Vertragsabschluss die Bereitstellung von Kapazitäten mit sich bringt, die der Unternehmer im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts möglicherweise nicht mehr anderweitig nutzen kann. Dies wäre beispielsweise bei Reservierungen in Hotels, für Ferienhäuser oder Kulturoder Sportveranstaltungen der Fall. (50) Der Verbraucher sollte auf der einen Seite sein Widerrufsrecht auch dann ausüben können, wenn er die Erbringung von Dienstleistungen vor Ende der Widerrufsfrist gewünscht hat. Auf der anderen Seite sollte der Unternehmer sichergehen können, dass er für die von ihm erbrachte Leistung angemessen be-

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zahlt wird, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Der anteilige Betrag sollte ausgehend vom vertraglich vereinbarten Gesamtpreis berechnet werden; falls der Verbraucher jedoch nachweist, dass der Gesamtpreis selbst unverhältnismäßig ist, wird der zu zahlende Betrag auf der Grundlage des Marktwertes der erbrachten Dienstleistung berechnet. Der Marktwert sollte festgelegt werden, indem der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zum Vergleich herangezogen wird. Wünscht der Verbraucher, dass die Dienstleistung vor Ende der Widerrufsfrist erbracht wird, so sollte er dies von daher ausdrücklich und, bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, auf einem dauerhaften Datenträger verlangen. Ebenso sollte der Unternehmer den Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger über eine etwaige Verpflichtung informieren, die Kosten entsprechend dem Anteil der bereits erbrachten Dienstleistung zu zahlen. Bei Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben, sollten hinsichtlich der Waren die Vorschriften dieser Richtlinie über die Rücksendung von Waren und hinsichtlich der Dienstleistungen die Regelungen über die Abgeltung von Dienstleistungen gelten. (51) Die Hauptschwierigkeiten für die Verbraucher und eine der Hauptquellen für Konflikte mit Unternehmern betreffen die Lieferung von Waren, etwa wenn Waren beim Transport verloren gehen oder beschädigt werden oder zu spät oder unvollständig geliefert werden. Es ist deshalb zweckmäßig, die innerstaatlichen Vorschriften darüber, wann die Lieferung erfolgen sollte, zu klären und zu harmonisieren. Der Ort und die Modalitäten der Lieferung und die Regeln für die Bestimmung der Bedingungen und des Zeitpunkts des Übergangs des Eigentums an den Waren sollten weiterhin dem einzelstaatlichen Recht unterliegen und daher von dieser Richtlinie nicht berührt werden. Die in dieser

Richtlinie enthaltenen Lieferregeln sollten die Möglichkeit für den Verbraucher enthalten, einem Dritten zu gestatten, in seinem Namen den Besitz an den Waren oder die Kontrolle über die Waren zu erlangen. Es sollte davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher die Kontrolle über die Waren hat, wenn er oder ein von ihm angegebener Dritter Zugang zu den Waren zum Zwecke ihrer Nutzung als Eigentümer oder die Möglichkeit zu ihrer Weiterveräußerung hat (beispielsweise wenn er die Schlüssel erhalten hat oder im Besitz der Eigentumsdokumente ist). (52) Bei Kaufverträgen kann die Lieferung von Waren auf unterschiedliche Weise und entweder unverzüglich oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Haben die Vertragsparteien keinen bestimmten Liefertermin vereinbart, so sollte der Unternehmer die Waren so bald wie möglich und in jedem Fall spätestens binnen 30 Tagen nach Abschluss des Vertrags liefern. Bei den Vorschriften über verspätete Lieferung sollte auch berücksichtigt werden, dass Waren, die speziell für den Verbraucher hergestellt oder erworben werden müssen, vom Unternehmer nicht ohne erheblichen Verlust anderweitig verwendet werden können. Daher sollte in dieser Richtlinie eine Vorschrift vorgesehen werden, mit der dem Unternehmer unter bestimmten Umständen eine zusätzliche angemessene Frist gewährt wird. Hat der Unternehmer die Waren nicht in der mit dem Verbraucher vereinbarten Frist geliefert, so sollte der Verbraucher, bevor er vom Vertrag zurücktreten kann, den Unternehmer auffordern, die Lieferung innerhalb einer angemessenen zusätzlichen Frist vorzunehmen, und er sollte das Recht haben, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer die Waren auch innerhalb dieser zusätzlichen Frist nicht liefert. Diese Vorschrift sollte jedoch nicht gelten, wenn sich der Unternehmer in einer unmissverständlichen Erklärung geweigert hat, die Waren zu liefern. Sie sollte auch nicht gelten, wenn bestimmte Umstände vorliegen, unter denen die

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Lieferfrist wesentlich ist, wie beispielsweise im Falle eines Hochzeitskleids, das vor der Hochzeit geliefert werden sollte. Sie sollte außerdem nicht gelten, wenn Umstände vorliegen, unter denen der Verbraucher den Unternehmer davon in Kenntnis setzt, dass die Lieferung an einem bestimmten Datum wesentlich ist. Zu diesem Zweck kann der Verbraucher die gemäß dieser Richtlinie angegebenen Kontaktinformationen verwenden. In diesen speziellen Fällen sollte der Verbraucher berechtigt sein, nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Lieferfrist sofort von dem Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer die Waren nicht fristgerecht geliefert hat. Diese Richtlinie sollte nationale Bestimmungen über die Art und Weise, wie der Verbraucher dem Unternehmer seinen Willen zum Rücktritt vom Vertrag mitteilen sollte, nicht berühren. (53) Neben dem Recht des Verbrauchers, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Lieferung der Waren gemäß dieser Richtlinie nicht nachkommt, kann der Verbraucher gemäß den geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften andere Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen, beispielsweise dem Unternehmer eine zusätzliche Lieferfrist gestatten, die Erfüllung des Vertrags durchsetzen, Zahlungen zurückhalten und Schadensersatz verlangen. (54) Nach Artikel 52 Absatz 3 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (12) sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, im Hinblick auf das Bedürfnis, den Wettbewerb anzukurbeln und die Nutzung effizienter Zahlungsmittel zu fördern, dem Unternehmer zu verbieten bzw. dessen Recht einzuschränken, vom Verbraucher Entgelte zu verlangen. In jedem Falle sollte es Unternehmern untersagt werden, von Verbrauchern Entgelte zu verlangen, die über die dem Unternehmer für die Nut12

ABl. L 319 vom 5.12.2007, S. 1.

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zung eines bestimmten Zahlungsmittels entstehenden Kosten hinausgehen. (55) Werden die Waren vom Unternehmer an den Verbraucher gesendet, so können sich im Falle eines Verlusts oder einer Beschädigung hinsichtlich des Zeitpunkts des Risikoübergangs Streitigkeiten ergeben. Daher sollte diese Richtlinie vorsehen, dass der Verbraucher, bevor er in den Besitz der Waren gelangt ist, vor dem Risiko eines Verlusts oder einer Beschädigung der Waren geschützt ist. Der Verbraucher sollte während eines vom Unternehmer organisierten oder durchgeführten Transports geschützt sein, auch wenn der Verbraucher eine bestimmte Lieferart aus einer Reihe von Optionen, die der Unternehmer anbietet, ausgewählt hat. Allerdings sollte diese Bestimmung nicht für Verträge gelten, bei denen es Sache des Verbrauchers ist, die Waren selbst abzuholen oder einen Beförderer mit der Lieferung zu beauftragen. Was den Zeitpunkt des Risikoübergangs betrifft, so sollte davon ausgegangen werden, dass ein Verbraucher in den Besitz der Waren gelangt ist, wenn er sie erhalten hat. (56) Personen oder Organisationen, die nach dem nationalen Recht ein berechtigtes Interesse daran haben, die vertraglichen Rechte der Verbraucher zu schützen, sollten das Recht erhalten, sich an ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde, die über Beschwerden entscheiden oder geeignete gerichtliche Schritte einleiten kann, zu wenden. (57) Es ist notwendig, dass die Mitgliedstaaten Sanktionen für Verstöße gegen diese Richtlinie festlegen und für deren Durchsetzung sorgen. Die Sanktionen sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. (58) Den Verbrauchern sollte der mit dieser Richtlinie gewährte Schutz nicht entzogen werden können. Ist auf den Vertrag das Recht eines Drittstaats anwendbar, so sollte sich die Beurteilung der Frage, ob der Verbraucher weiterhin von dieser

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Richtlinie geschützt wird, nach der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 richten. (59) Die Kommission sollte nach Konsultation der Mitgliedstaaten und der betroffenen Akteure untersuchen, wie am besten dafür gesorgt werden kann, dass alle Verbraucher an der Verkaufsstelle auf ihre Rechte hingewiesen werden. (60) Da die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (13) die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht bestellt hat, verbietet, jedoch für diesen Fall keinen vertraglichen Rechtsbehelf vorsieht, ist es erforderlich, nunmehr in dieser Richtlinie als vertraglichen Rechtsbehelf vorzusehen, dass der Verbraucher von der Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung für derartige unbestellte Lieferungen oder Erbringungen befreit ist. (61) Die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (14) enthält bereits eine Regelung für unerbetene Nachrichten und sieht ein hohes Verbraucherschutzniveau vor. An den entsprechenden Bestimmungen in der Richtlinie 97/7/EG besteht daher kein Bedarf. (62) Es ist zweckmäßig, dass die Kommission diese Richtlinie für den Fall überprüft, dass Binnenmarkthindernisse festgestellt werden. Die Kommission sollte bei ihrer Überprüfung besonderes Augenmerk auf die den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeiten legen, spezifische natio-

13 14

ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22. ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.

nale Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, einschließlich in bestimmten Bereichen der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (15) und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (16). Diese Überprüfung könnte dazu führen, dass die Kommission einen Vorschlag zur Änderung dieser Richtlinie vorlegt; dieser Vorschlag kann auch Änderungen an anderen Rechtsvorschriften zum Schutz der Verbraucher umfassen und sich aus der von der Kommission in ihrer verbraucherpolitischen Strategie eingegangenen Verpflichtung ergeben, den Besitzstand der Union mit Blick auf die Gewährleistung eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus zu überprüfen. (63) Die Richtlinien 93/13/EWG und 1999/ 44/EG sollten abgeändert werden, um die Mitgliedstaaten dazu zu verpflichten, die Kommission über die Annahme spezifischer innerstaatlicher Vorschriften in bestimmten Bereichen zu informieren. (64) Die Richtlinien 85/577/EWG und 97/7/EG sollten aufgehoben werden. (65) Da das Ziel dieser Richtlinie, durch Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes beizutragen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das zum Erreichen dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

15 16

ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29. ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12.

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(66) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, wie sie insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. (67) Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ (17) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Union eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen —

2.

„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere öffentlicher oder privater Natur ist, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

3.

„Waren“ bewegliche körperliche Gegenstände mit Ausnahme von Gegenständen, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden; als Waren im Sinne dieser Richtlinie gelten auch Wasser, Gas und Strom, wenn sie in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden;

4.

„nach Verbraucherspezifikation angefertigte Waren“ Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Entscheidung durch den Verbraucher maßgeblich ist;

5.

„Kaufvertrag“ jeden Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben;

6.

„Dienstleistungsvertrag“ jeden Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt;

7.

„Fernabsatzvertrag“ jeden Vertrag, der zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems ge-

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: KAPITEL I GEGENSTAND, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND GELTUNGSBEREICH Artikel 1 Gegenstand Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke 1.

17

„Verbraucher“ jede natürliche Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen;

ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

261

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schlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/ werden; 8.

„außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag“ jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher, a) der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist; b) für den der Verbraucher unter den unter Buchstabe a genannten Umständen ein Angebot gemacht hat; c) der in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, unmittelbar nachdem der Verbraucher an einem anderen Ort als den Geschäftsräumen des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers persönlich und individuell angesprochen wurde; oder d) der auf einem Ausflug geschlossen wird, der von dem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert wurde, dass er für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen beim Verbraucher wirbt und entsprechende Verträge mit dem Verbraucher abschließt;

9.

„Geschäftsräume“ a) unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, oder b) bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt;

10. „dauerhafter Datenträger“ jedes Medium, das es dem Verbraucher oder dem Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für

die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht; 11. „digitale Inhalte“ Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden; 12. „Finanzdienstleistung“ jede Bankdienstleistung sowie jede Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung; 13. „öffentliche Versteigerung“ eine Verkaufsmethode, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die bei der Versteigerung persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist; 14. „gewerbliche Garantie“ jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren auszutauschen oder nachzubessern oder Dienstleistungen für sie zu erbringen, falls sie nicht diejenigen Eigenschaften aufweisen oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind; 15. „akzessorischer Vertrag“ einen Vertrag, mit dem der Verbraucher Waren oder Dienstleistungen erwirbt, die im Zusammenhang mit einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag stehen und bei dem diese Waren oder Dienstleistungen von dem Unternehmer oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen diesem

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Dritten und dem Unternehmer geliefert oder erbracht werden. Artikel 3 Geltungsbereich (1) Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Sie gilt auch für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden. (2) Kollidiert eine Bestimmung dieser Richtlinie mit einer Bestimmung eines anderen Unionsrechtsakts, der spezifische Sektoren regelt, so hat die Bestimmung dieses anderen Unionsrechtsakts Vorrang und findet auf diese spezifischen Sektoren Anwendung. (3) Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge a) über soziale Dienstleistungen, einschließlich der Bereitstellung und Vermietung von Sozialwohnungen, der Kinderbetreuung oder der Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege; b) über Gesundheitsdienstleistungen gemäß Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/EU, unabhängig davon, ob sie von einer Einrichtung des Gesundheitswesens erbracht werden; c) über Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten; d) über Finanzdienstleistungen; e) über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Immobilien;

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f) über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum; g) die in den Geltungsbereich der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (18) fallen; h) die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (19) fallen; i) die nach dem Recht der Mitgliedstaaten vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossen werden, der gesetzlich zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet ist und durch umfassende rechtliche Aufklärung sicherzustellen hat, dass der Verbraucher den Vertrag nur aufgrund gründlicher rechtlicher Prüfung und in Kenntnis seiner rechtlichen Tragweite abschließt; j) über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden; k) über die Beförderung von Personen mit Ausnahme des Artikels 8 Absatz 2 und der Artikel 19 und 22; l) die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden; m) die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Fernsprecher zu deren Nutzung geschlossen werden oder die zur

18 19

ABl. L 158 vom 23.6.1990, S. 59. ABl. L 33 vom 3.2.2009, S. 10.

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Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Faxverbindung geschlossen werden. (4)

Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR nicht überschreitet, nicht anzuwenden und keine entsprechenden nationalen Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten können in den nationalen Rechtsvorschriften einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen.

(5) Diese Richtlinie lässt das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt. (6) Diese Richtlinie hindert Unternehmer nicht daran, Verbrauchern Vertragsbedingungen anzubieten, die über den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz hinausgehen. Artikel 4 Grad der Harmonisierung Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.

KAPITEL II INFORMATION DER VERBRAUCHER BEI ANDEREN ALS FERNABSATZVERTRÄGEN ODER AUSSERHALB VON GESCHÄFTSRÄUMEN GESCHLOSSENEN VERTRÄGEN Artikel 5 Informationspflichten bei anderen als Fernabsatzverträgen oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (1) Bevor der Verbraucher durch einen anderen als einen Fernabsatzvertrag oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes, sofern sich diese Informationen nicht bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben: a) die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für den Datenträger und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang; b) die Identität des Unternehmers, beispielsweise seinen Handelsnamen und die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, sowie seine Telefonnummer; c) den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Ware oder der Dienstleistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können; d) gegebenenfalls die Zahlungs-, Lieferund Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem die Waren zu liefern

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e)

f)

g)

h)

(2)

oder die Dienstleistung zu erbringen der Unternehmer sich verpflichtet hat, sowie das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden; zusätzlich zu dem Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Waren gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen nach dem Verkauf und gewerblichen Garantien; gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge; gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte; gegebenenfalls — soweit wesentlich — die Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese dem Unternehmer bekannt ist oder vernünftigerweise bekannt sein muss; Absatz 1 gilt auch dann für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden.

(3) Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, Absatz 1 auf Verträge anzuwenden, die Geschäfte des täglichen Lebens zum Gegenstand haben und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sofort erfüllt werden. (4) Die Mitgliedstaaten können für Verträge, auf die dieser Artikel anwendbar ist, zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten einführen oder aufrechterhalten.

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KAPITEL III INFORMATION DER VERBRAUCHER UND WIDERRUFSRECHT BEI FERNABSATZ- UND AUSSERHALB VON GESCHÄFTSRÄUMEN GESCHLOSSENEN VERTRÄGEN Artikel 6 Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes: a) die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang; b) die Identität des Unternehmers, beispielsweise seinen Handelsnamen; c) die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, und gegebenenfalls seine Telefonnummer, Faxnummer und E-MailAdresse, damit der Verbraucher schnell Kontakt zu ihm aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren kann, sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt; d) falls diese von der gemäß Buchstabe c angegebenen Anschrift abweicht, die Geschäftsanschrift des Unternehmers und gegebenenfalls die Geschäftsanschrift des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann; e) den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Waren oder

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f)

g)

h)

i)

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Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzliche Kosten anfallen können. Im Falle eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnement-Vertrags umfasst der Gesamtpreis die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten. Wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, umfasst der Gesamtpreis ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten. Wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art der Preisberechnung anzugeben; die Kosten für den Einsatz der für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationstechnik, sofern diese nicht nach dem Grundtarif berechnet werden; die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden; im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B; gegebenenfalls den Hinweis, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat und bei Fernabsatzverträgen die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können;

j) den Hinweis, dass, falls der Verbraucher das Widerrufsrecht nach Erklärung eines Verlangens gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 ausübt, der Verbraucher verpflichtet ist, dem Unternehmer einen angemessenen Betrag gemäß Artikel 14 Absatz 3 zu leisten; k) in Fällen, in denen gemäß Artikel 16 kein Widerrufsrecht besteht, den Hinweis, dass der Verbraucher nicht über ein Widerrufsrecht verfügt, oder gegebenenfalls die Umstände, unter denen der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert; l) den Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Waren; m) gegebenenfalls den Hinweis auf das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien; n) gegebenenfalls den Hinweis auf bestehende einschlägige Verhaltenskodizes gemäß Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie 2005/29/EG und darauf, wie Exemplare davon erhalten werden können; o) gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge; p) gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht; q) gegebenenfalls den Hinweis auf die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen; r) gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte; s) gegebenenfalls — soweit wesentlich — die Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese dem Unternehmer bekannt ist

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oder vernünftigerweise bekannt sein dürfte; t) gegebenenfalls die Möglichkeit des Zugangs zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, und die Voraussetzungen für diesen Zugang. (2) Absatz 1 gilt auch dann für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. (3) Im Falle einer öffentlichen Versteigerung können anstelle der in Absatz 1 Buchstaben b, c und d genannten Informationen die entsprechenden Angaben des Versteigerers übermittelt werden. (4) Die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben h, i und j können mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A gegeben werden. Die Informationspflicht des Unternehmers gemäß Absatz 1 Buchstaben h, i und j ist erfüllt, wenn der Unternehmer dieses Informationsformular zutreffend ausgefüllt dem Verbraucher übermittelt hat. (5) Die Informationen nach Absatz 1 sind fester Bestandteil des Fernabsatzvertrags oder des außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags und dürfen nicht geändert werden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich etwas anderes. (6) Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Information über die zusätzlichen und sonstigen Kosten gemäß Absatz 1 Buchstabe e oder über die Kosten für die Rücksendung der Waren gemäß Absatz 1 Buchstabe i nicht nachgekommen, so hat der Verbraucher die zusätzlichen und sonstigen Kosten nicht zu tragen. (7) Die Mitgliedstaaten können sprachliche Anforderungen in Bezug auf die Vertragsinformationen in ihrem nationalen

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Recht aufrechterhalten oder einführen, um damit sicherzustellen, dass diese Angaben vom Verbraucher ohne Weiteres verstanden werden. (8) Die in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten gelten zusätzlich zu den Informationspflichten nach der Richtlinie 2006/123/EG und der Richtlinie 2000/31/EG und hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, zusätzliche Informationspflichten im Einklang mit jenen Richtlinien vorzusehen. Unbeschadet des Unterabsatzes 1 hat bei Kollisionen zwischen einer Bestimmung der Richtlinie 2006/123/EG oder der Richtlinie 2000/31/EG betreffend den Inhalt der Information und die Art und Weise, wie die Information bereitzustellen ist, und einer Bestimmung dieser Richtlinie die Bestimmung dieser Richtlinie Vorrang. (9) Die Beweislast für die Erfüllung der in diesem Kapitel genannten Informationspflichten obliegt dem Unternehmer. Artikel 7 Formale Anforderungen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (1) Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, stellt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereit. Diese Informationen müssen lesbar und in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein. (2) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher eine Kopie des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung, wobei diese Kopie gegebenenfalls auch die Bestätigung der vorher ausdrücklich erklärten Zustimmung und der Kenntnisnahme

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des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m umfasst. (3) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zu erklären. (4) Wenn der Verbraucher bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ausdrücklich die Dienste des Unternehmers zur Ausführung von Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten angefordert hat, der Unternehmer und der Verbraucher ihre vertraglichen Verpflichtungen sofort erfüllen und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 200 EUR nicht übersteigt, gilt: a) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b und c genannten Informationen sowie Informationen über die Höhe des Preises oder die Art der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten auf Papier oder, wenn der Verbraucher dem zustimmt, einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung. Der Unternehmer stellt die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, h und k genannten Informationen zur Verfügung, kann jedoch davon absehen, diese auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen, wenn der Verbraucher sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt. b) Die gemäß Absatz 2 dieses Artikels bereitgestellte Bestätigung des Vertrags muss die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen beinhalten. Die Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Absatz nicht anzuwenden.

(5) Die Mitgliedstaaten legen hinsichtlich der Erfüllung der in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten keine weiteren formellen vorvertraglichen Informationsanforderungen fest. Artikel 8 Formale Anforderungen bei Fernabsatzverträgen (1) Bei Fernabsatzverträgen erteilt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise bzw. stellt diese Informationen entsprechend zur Verfügung. Soweit diese Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden, müssen sie lesbar sein. (2) Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, e, o und p genannten Informationen hin. Der Unternehmer sorgt dafür, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion umfasst, ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Wenn der Unternehmer diesen Unterabsatz nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden.

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(3) Auf Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr wird spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich angegeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden. (4) Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, b, e, h und o genannten wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge betreffen. Die anderen in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise im Einklang mit Absatz 1 dieses Artikels zu erteilen. (5) Ruft der Unternehmer den Verbraucher im Hinblick auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags an, so hat er unbeschadet des Absatzes 4 zu Beginn des Gesprächs mit dem Verbraucher seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, in deren Auftrag er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen. (6) Für Fernabsatzverträge, die telefonisch geschlossen werden, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Unternehmer dem Verbraucher das Angebot bestätigen muss und der Verbraucher erst dann gebunden ist, wenn er das Angebot unterzeichnet oder sein schriftliches Einverständnis übermittelt hat. Die Mitgliedstaaten können ferner vorsehen, dass solche Bestätigungen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen müssen. (7) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die Bestätigung des geschlossenen Vertrags innerhalb einer an-

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gemessenen Frist nach dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung, und zwar spätestens bei der Lieferung der Waren oder bevor die Ausführung der Dienstleistung beginnt. Diese Bestätigung enthält: a) alle in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zukommen lassen, und b) gegebenenfalls die Bestätigung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m. (8) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen zu erklären. (9) Dieser Artikel berührt nicht die Bestimmungen über den Abschluss von elektronischen Verträgen und Bestellungen gemäß den Artikeln 9 und 11 der Richtlinie 2000/31/EG. (10) Die Mitgliedstaaten legen hinsichtlich der Erfüllung der in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten keine weiteren formellen vorvertraglichen Informationsanforderungen fest.

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Artikel 9 Widerrufsrecht (1) Sofern nicht eine der Ausnahmen gemäß Artikel 16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne andere Kosten als in Artikel13 Absatz 2 und Artikel 14 vorgesehen widerrufen kann. (2) Unbeschadet des Artikels 10 endet die in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehene Widerrufsfrist a) bei Dienstleistungsverträgen 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses, b) bei Kaufverträgen 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der Waren gelangt, oder i) wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware gelangt, ii) bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Teilsendung oder des letzten Stücks gelangt, iii) bei Verträgen zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der ersten Ware gelangt,

c) bei Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses. (3) Die Mitgliedstaaten verbieten den Vertragsparteien eine Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen während der Widerrufsfrist nicht. Die Mitgliedstaaten können jedoch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrechterhalten, die dem Unternehmer verbieten, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Vertragsabschluss Zahlung vom Verbraucher zu fordern und entgegenzunehmen. Artikel 10 Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht (1) Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt, so läuft die Widerrufsfrist 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 ab. (2) Hat der Unternehmer dem Verbraucher die in Absatz 1 genannten Informationen binnen 12 Monaten ab dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Tag erteilt, so endet die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat. Artikel 11 Ausübung des Widerrufsrechts (1) Der Verbraucher informiert den Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist über seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen. Der Verbraucher kann zu diesem Zweck entweder

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a) das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B verwenden oder b) eine entsprechende Erklärung in beliebiger anderer Form abgeben, aus der sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht. Die Mitgliedstaaten legen für das MusterWiderrufsformular keine weiteren Formvorschriften außer den in Anhang I Teil B genannten fest. (2) Die in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 10 genannte Widerrufsfrist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absendet. (3) Der Unternehmer kann dem Verbraucher zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Möglichkeiten auch die Wahl einräumen, entweder das MusterWiderrufsformular des Anhangs I Teil B oder eine entsprechende eindeutige Erklärung in beliebiger anderer Form auf der Webseite des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. In diesen Fällen hat der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs zu übermitteln. (4) Die Beweislast für die Ausübung des Widerrufsrechts nach diesem Artikel obliegt dem Verbraucher. Artikel 12 Wirkungen des Widerrufs Mit der Ausübung des Widerrufsrechts enden die Verpflichtungen der Vertragsparteien a)

zur Erfüllung des Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags oder

b)

zum Abschluss des Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags, sofern der Verbraucher dazu ein Angebot abgegeben hat.

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Artikel 13 Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall (1) Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen. Der Unternehmer nimmt die Rückzahlung gemäß Unterabsatz 1 unter Verwendung desselben Zahlungsmittels vor, das vom Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen infolge einer solchen Rückzahlung keine Kosten an. (2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist der Unternehmer nicht verpflichtet, zusätzliche Kosten zu erstatten, wenn sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene, günstigste Standardlieferung entschieden hat. (3) Bei Kaufverträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren wieder zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Artikel 14 Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall (1) Der Verbraucher hat die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens nach 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Unternehmer gemäß Artikel 11 seinen Entschluss mitgeteilt hat, den Ver-

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trag zu widerrufen, an den Unternehmer oder eine von diesem zur Entgegennahme der Waren ermächtigte Person zurückzusenden oder zu übergeben, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Waren vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet. Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn, der Unternehmer hat sich bereit erklärt, diese Kosten zu tragen oder der Unternehmer hat es unterlassen, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat. Im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, holt der Unternehmer die Waren auf eigene Kosten ab, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie normalerweise nicht per Post zurückgesandt werden können. (2) Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. (3) Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird

auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet. (4) Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für: a) Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn i) der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder ii) der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, oder b) die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn i) der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der Frist von 14 Tagen gemäß Artikel 9 beginnt, oder ii) der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder iii) der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen. (5) Sofern in Artikel 13 Absatz 2 und diesem Artikel nichts anderes vorgesehen ist, kann der Verbraucher aufgrund der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht in Anspruch genommen werden.

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Artikel 15 Wirkungen der Ausübung des Widerrufsrechts auf akzessorische Verträge (1) Unbeschadet des Artikels 15 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge (20) werden, wenn der Verbraucher sein Recht auf Widerruf eines im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags gemäß den Artikeln 9 bis 14 dieser Richtlinie ausübt, auch alle akzessorischen Verträge automatisch beendet, ohne dass dem Verbraucher dafür Kosten entstehen dürfen, außer solchen, die gemäß Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 dieser Richtlinie vorgesehen sind.

eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind; d)

Waren geliefert werden, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde;

e)

versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde;

f)

Waren geliefert werden, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden;

g)

alkoholische Getränke geliefert werden, deren Preis beim Abschluss des Kaufvertrags vereinbart wurde, deren Lieferung aber erst nach 30 Tagen erfolgen kann und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat;

h)

es sich um Verträge handelt, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher in Bezug auf diese zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren ein Widerrufsrecht zu;

i)

Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung geliefert wurden und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde;

j)

Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte geliefert werden, mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen über die Lieferung solcher Publikationen;

(2) Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten bezüglich der Beendigung dieser Verträge fest. Artikel 16 Ausnahmen vom Widerrufsrecht Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn a)

bei Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist, wenn der Unternehmer die Erbringung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, begonnen hatte;

b)

Waren oder Dienstleistungen geliefert werden, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können;

c)

20

Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66.

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k)

Verträge auf einer öffentlichen Versteigerung geschlossen werden;

l)

Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Mietwagen, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht werden und der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht;

m) digitale Inhalte geliefert werden, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn die Ausführung mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers und seiner Kenntnisnahme, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert, begonnen hat. KAPITEL IV SONSTIGE VERBRAUCHERRECHTE Artikel 17 Geltungsbereich (1) Die Artikel 18 und 20 gelten für Kaufverträge. Diese Artikel gelten nicht für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. (2) Die Artikel 19, 21 und 22 finden auf Kauf- und Dienstleistungsverträge und Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitalen Inhalten Anwendung. Artikel 18 Lieferung (1) Sofern die Vertragsparteien hinsichtlich des Zeitpunkts der Lieferung nichts anderes vereinbart haben, liefert der Unternehmer die Waren, indem er den

physischen Besitz an den Waren oder die Kontrolle über die Waren dem Verbraucher unverzüglich, jedoch nicht später als dreißig Tage nach Vertragsabschluss, überträgt. (2) Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Lieferung der Waren zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist nicht nachgekommen, so fordert ihn der Verbraucher auf, die Lieferung innerhalb einer den Umständen angemessenen zusätzlichen Frist vorzunehmen. Liefert der Unternehmer die Waren nicht innerhalb dieser zusätzlichen Frist, so ist der Verbraucher berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Unterabsatz 1 gilt nicht für Kaufverträge, wenn sich der Unternehmer geweigert hat, die Waren zu liefern, oder wenn die Lieferung innerhalb der vereinbarten Frist unter Berücksichtigung aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände wesentlich ist oder wenn der Verbraucher dem Unternehmer vor Vertragsabschluss mitteilt, dass die Lieferung bis zu einem bestimmten Datum oder an einem bestimmten Tag wesentlich ist. In diesen Fällen ist der Verbraucher berechtigt, sofort vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer die Waren nicht zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der Frist gemäß Absatz 1 liefert. (3) Im Fall des Rücktritts hat der Unternehmer unverzüglich alle gemäß dem Vertrag gezahlten Beträge zurückzuerstatten. (4) Zusätzlich zum Rücktrittsrecht gemäß Absatz 2 können dem Verbraucher andere, nach dem einzelstaatlichen Recht vorgesehene Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.

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Artikel 19

Artikel 22

Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel

Zusätzliche Zahlungen

Die Mitgliedstaaten verbieten Unternehmern, von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Nutzung solcher Zahlungsmittel entstehen. Artikel 20 Risikoübergang Bei Verträgen, bei denen der Unternehmer die Waren an den Verbraucher versendet, geht das Risiko für einen Verlust oder eine Beschädigung der Waren auf den Verbraucher über, wenn er oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen hat. Unbeschadet der Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Beförderer geht das Risiko mit der Übergabe an den Beförderer jedoch auf den Verbraucher über, wenn der Beförderer vom Verbraucher mit der Beförderung der Waren beauftragt wurde und diese Option nicht vom Unternehmer angeboten wurde. Artikel 21 Telefonische Kommunikation Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen. Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, bleibt von Unterabsatz 1 unberührt.

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Bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist, hat der Unternehmer die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht. Hat der Unternehmer vom Verbraucher keine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, sondern sie dadurch herbeigeführt, dass er Voreinstellungen verwendet hat, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn er die zusätzliche Zahlung vermeiden will, so hat der Verbraucher Anspruch auf Erstattung dieser Zahlung. KAPITEL V ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN Artikel 23 Rechtsdurchsetzung (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird. (2) Die in Absatz 1 genannten Mittel schließen Rechtsvorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmten Einrichtungen gemäß dem jeweiligen innerstaatlichen Recht die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen kann bzw. können, um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen: a) öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter; b) Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben; c) Berufsverbände, die ein berechtigtes Interesse daran haben, tätig zu werden.

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Artikel 24

Artikel 27

Sanktionen

Unbestellte Waren und Dienstleistungen

(1) Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. (2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften bis zum 13. Dezember 2013 mit und unterrichten sie unverzüglich über etwaige spätere Änderungen dieser Vorschriften.

Werden unter Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 5 und Anhang I Nummer 29 der Richtlinie 2005/29/EG unbestellte Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitaler Inhalt geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht, so ist der Verbraucher von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung befreit. In diesen Fällen gilt das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers auf eine solche unbestellte Lieferung oder Erbringung nicht als Zustimmung.

Artikel 25

Artikel 28

Unabdingbarkeit der Richtlinie

Umsetzung

Ist auf den Vertrag das Recht eines Mitgliedstaats anwendbar, so können Verbraucher auf die Rechte, die ihnen mit den einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie eingeräumt werden, nicht verzichten. Vertragsklauseln, die einen Verzicht auf die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Rechte oder deren Einschränkung unmittelbar oder mittelbar bewirken, sind für den Verbraucher nicht bindend. Artikel 26 Information Die Mitgliedstaaten treffen angemessene Maßnahmen zur Information der Verbraucher und der Unternehmer über die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie und legen gegebenenfalls den Unternehmern sowie den Urhebern eines Kodex im Sinne des Artikels 2 Buchstabe g der Richtlinie 2005/29/EG nahe, die Verbraucher über ihre Verhaltenskodizes zu informieren.

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 13. Dezember 2013 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Maßnahmen in Form von Dokumenten mit. Die Kommission bedient sich für die Zwecke des in Artikel 30 genannten Berichts dieser Dokumente. Sie wenden diese Maßnahmen ab dem 13. Juni 2014 an. Bei Erlass dieser Maßnahmen nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. (2) Diese Richtlinie gilt für Verträge, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen werden. Artikel 29 Berichtspflichten (1) Macht ein Mitgliedstaat von einer Regelungsmöglichkeit nach Artikel 3 Absatz 4, Artikel 6 Absätze 7 und 8, Artikel 7 Absatz 4, Artikel 8 Absatz 6 sowie Arti-

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kel 9 Absatz 3 Gebrauch, so setzt er die Kommission bis zum 13. Dezember 2013 hiervon sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis. (2) Die Kommission stellt sicher, dass die in Absatz 1 genannten Informationen den Verbrauchern und den Unternehmern leicht zugänglich sind, u. a. auf einer speziellen Webseite. (3) Die Kommission leitet die in Absatz 1 genannten Informationen an die anderen Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament weiter. Die Kommission hört die Beteiligten zu diesen Informationen an. Artikel 30 Berichterstattung durch die Kommission und Überprüfung Bis 13. Dezember 2016 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor. Dieser Bericht enthält insbesondere eine Bewertung der Bestimmungen dieser Richtlinie über digitale Inhalte, einschließlich des Widerrufsrechts. Diesem Bericht werden erforderlichenfalls Gesetzgebungsvorschläge zur Anpassung dieser Richtlinie an Entwicklungen auf dem Gebiet der Verbraucherrechte beigefügt.

Verweise auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Verweise auf die vorliegende Richtlinie nach der Entsprechungstabelle im Anhang II. Artikel 32 Änderung der Richtlinie 93/13/EWG In die Richtlinie 93/13/EWG wird folgender Artikel eingefügt: „Artikel 8a (1) Erlässt ein Mitgliedstaat Vorschriften nach Artikel 8, so setzt er die Kommission hiervon sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis, insbesondere wenn diese Vorschriften: —

die Missbräuchlichkeitsprüfung auf individuell ausgehandelte Vertragsklauseln oder auf die Angemessenheit des Preises oder des Entgelts ausdehnen;



Listen mit Vertragsklauseln, die als missbräuchlich gelten, enthalten.

(2) Die Kommission stellt sicher, dass die in Absatz 1 genannten Informationen den Verbrauchern und den Unternehmern leicht zugänglich sind, u. a. auf einer speziellen Webseite.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

(3) Die Kommission leitet die in Absatz 1 genannten Informationen an die anderen Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament weiter. Die Kommission hört die Beteiligten zu diesen Informationen an.“

Artikel 31

Artikel 33

Aufhebung von Rechtsakten

Änderung der Richtlinie 1999/44/EG

KAPITEL VI

Die Richtlinien 85/577/EWG und 97/7/EG in der Fassung der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (21) und der Richtlinien 2005/29/EG und 2007/64/EG werden mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben.

21

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ABl. L 271 vom 9.10.2002, S. 16.

In die Richtlinie 1999/44/EG wird folgender Artikel eingefügt: „Artikel 8a Berichtspflichten (1) Erlässt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 8 Absatz 2 strengere Verbraucherschutzvorschriften als die in Artikel 5 Absätzen 1 bis 3 und Artikel 7 Absatz 1 vorgese-

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henen, so setzt er die Kommission hiervon sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis. (2) Die Kommission stellt sicher, dass die in Absatz 1 genannten Informationen den Verbrauchern und den Unternehmern leicht zugänglich sind, u. a. auf einer speziellen Webseite. (3) Die Kommission leitet die in Absatz 1 genannten Informationen an die anderen Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament weiter. Die Kommission hört die Beteiligten zu diesen Informationen an.“ Artikel 34 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Artikel 35 Adressaten Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Straßburg am 25. Oktober 2011. Im Namen des Europäischen Parlaments

Im Namen des Rates

Der Präsident

Der Präsident

J. BUZEK

M. DOWGIELEWICZ

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ANHANG I Informationen zur Ausübung des Widerrufsrechts A. Muster-Widerrufsbelehrung Widerrufsrecht Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag (1) . Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns ( 2 ) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte MusterWiderrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. (3) Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden. Folgen des Widerrufs Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet. (4) (5) (6)

Gestaltungshinweise: 1. Fügen Sie einen der folgenden in Anführungszeichen gesetzten Textbausteine ein: a) im Falle eines Dienstleistungsvertrags oder eines Vertrags über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden: „des Vertragsabschlusses.“; b) im Falle eines Kaufvertrags:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.“; c) im Falle eines Vertrags über mehrere Waren, die der Verbraucher im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die getrennt geliefert werden:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen haben bzw. hat.“; d) im Falle eines Vertrags über die Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat.“; e) im Falle eines Vertrags zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg:„, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die erste Ware in Besitz genommen haben bzw. hat.“ 2. Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse ein. 3. Wenn Sie dem Verbraucher die Wahl einräumen, die Information über seinen Widerruf des Vertrags auf Ihrer Webseite elektronisch auszufüllen und zu übermitteln, fügen Sie Folgendes ein: „Sie können das MusterWiderrufsformular oder eine andere eindeutige Erklärung auch auf unserer Webseite [Internet-Adresse einfügen] elektronisch ausfüllen und übermitteln. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so werden wir Ihnen

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unverzüglich (z. B. per E-Mail) eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs übermitteln.“ 4. Im Falle von Kaufverträgen, in denen Sie nicht angeboten haben, im Fall des Widerrufs die Waren selbst abzuholen, fügen Sie Folgendes ein: „Wir können die Rückzahlung verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhalten haben oder bis Sie den Nachweis erbracht haben, dass Sie die Waren zurückgesandt haben, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.“ 5. Wenn der Verbraucher Waren im Zusammenhang mit dem Vertrag erhalten hat: a) Fügen Sie ein: — „Wir holen die Waren ab.“ oder — „Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an … uns oder an [hier sind gegebenenfalls der Name und die Anschrift der von Ihnen zur Entgegennahme der Waren ermächtigten Person einzufügen] zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden.“ b) Fügen Sie ein: — „Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren.“; — „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.“; — Wenn Sie bei einem Fernabsatzvertrag nicht anbieten, die Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen und die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren in Höhe von … EUR [Betrag einfügen].“, oder wenn die Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Die Kosten werden auf höchstens etwa … EUR [Betrag einfügen] geschätzt.“ oder

— wenn die Waren bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind: „Wir holen die Waren auf unsere Kosten ab.“ und c) Fügen Sie ein: „Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist.“ 6. Im Falle eines Vertrags zur Erbringung von Dienstleistungen oder der Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme fügen Sie Folgendes ein: „Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen oder Lieferung von Wasser/Gas/ Strom/Fernwärme [Unzutreffendes streichen] während der Widerrufsfrist beginnen soll, so haben Sie uns einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie uns von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrags unterrichten, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.“

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B. Muster-Widerrufsformular (Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück) — An [hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Faxnummer und E-MailAdresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]: — Hiermit widerrufe(n) ich/wir (*) den von mir/uns (*) abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren (*)/ die Erbringung der folgenden Dienstleistung (*) — Bestellt am (*)/erhalten am (*) — Name des/der Verbraucher(s) — Anschrift des/der Verbraucher(s) — Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier)

281

283

Literaturverzeichnis Digitale Signatur Salamon

Die qualifizierte elektronische Signatur, das unbekannte Wesen? Kammer Report Nr. 3 der Rechtsanwaltskammer und Notarkammer für den Oberlandesgerichts – Bezirk Hamm (Westfalen), 2012, Seite 12ff.

Zu den Rechtsformen Brehm/Mihm/Scheel:

Handelsrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht, 7. Aufl., 2004

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit:

Broschüre „Unternehmensnachfolge“, Die optimale Planung (kostenlos zu bestellen unter: www.bmwa.de)

Wie vor

Broschüre „GründerZeiten“ (kostenlos zu bestellen unter: www.bmwa.de)

Essers/Sirich

MoMiG-Synopse, Reformiertes Recht für GmbH‘s: Vergleich der Alt- mit den Neuregelungen, GmbH-Steuerpraxis 2009, S. 48ff.

Salamon

Vertreter des Kaufmanns (Handlungsgehilfe, Handlungsbevollmächtigter, Prokura) Die Steuerfachangestellten, Heft Nr. 6/1994, Seite 31ff.

derselbe

Der Handelskauf (Zweiseitiger, einseitiger Handelskauf, Bürgerlicher Kauf), Die Steuerfachangestellten, Heft Nr. 7/1994, Seite 32

derselbe

Das Handelsregister (Eintragungsfähige Tatsachen, Kosten der Eintragungen), Die Steuerfachangestellten, Heft Nr. 6/1995, Seite 30ff.

Wicke

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Handkommentar, 1. Aufl., 2008

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Literaturverzeichnis

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Steuer 2013 für Unternehmer, 2014

Grashoff, Kleinmanns

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Messerer

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Salamon

Einnahmeüberschussrechnung und Alterseinkünftegesetz ab 2005, 2006 Jahresabschluss und Bilanzanalyse, 2013

derselbe derselbe

Wiederholungs- und Vertiefungsaufgabe zum Sonderausgabenabzug, zur Ermittlung des Privatanteils der Aufwendungen eines gemischtgenutzten PkW und zu den nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben, Die Steuerfachangestellten, Heft Nr. 8, 1997, Seite 12ff.

derselbe

Einnahmen-/Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG (Unter besonderer Berücksichtigung der AfA und USt-Problematik, Die Steuerfachangestellten, Heft Nr. 10, 2000, Seite 12ff.

derselbe

Was „rechnet sich“ für den RA? Firmenwagen oder (andere) Gehaltserhöhung?, Kammer Report Nr. 4 der Rechtsanwaltskammer und Notarkammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm (Westfalen), 2004, Seite 11ff.

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Einnahmeüberschussrechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG amtlicher Vordruck ab 2005, Kammer Report Nr. 2 der Rechtsanwaltskammer und Notarkammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm (Westfalen), 2005, Seite 17ff.

Stobbe

Steuern kompakt, 13. Aufl., 2014

Steuer-Formulare Unter www.formulare-bfinv.de können sämtliche Steuerformulare im Internet online ausgefüllt und gespeichert oder als leeres PDF-Dokument heruntergeladen werden.

Literaturverzeichnis

Alles über Mini-Jobs

285

www.minijob-zentrale.de

Wettbewerbsrecht/prozessuale Besonderheiten Berlit

Wettbewerbsrecht, 6. Aufl., 2005

Himmelsbach

Wettbewerbsrecht, 3. Aufl., 2009

Oberheim

Zivilprozessrecht für Referendare, 8. Aufl., 2009

Uelzen

Internet-Auktionen bei ebay & Co., 2005

Verbraucherzentrale NRW

Ratgeber Geld, Internet im Alltag, 2006

Zum UWG EU Richtlinie

Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (unter „google“ „Richtlinie 2005/29/EG“ leicht zu finden)

Reppelmund

Ausführliche Stellungnahme (16 Seiten) der IHK Berlin zu den zu erwartenden Änderungen des UWG, Quelle: www.ihk.de dort unter „Recht und Fair Play“ und dann unter „Wettbewerbsrecht“

Salamon

Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, Reno Heft 3/2014, Seite 2 ff.

Scherer

„Case law“ in Gesetzesform – Die „Schwarze Liste“ als neuer UWG-Anhang, NJW 2009, S. 324ff.

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Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, Reno Heft 2/2014, Seite 2ff.

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Meine Rechte als Urhebr, 6. Aufl., 2009

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Reform des Urheberrechts im "Zweiten Korb", NJW 1-2, 2008, Seite 9ff.

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Neuerungen im Außergeschäftsraum- und Fernabsatzwiderrufsrecht – Teil 1, zjs-online 2013, Seite 441ff.

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Internetrecht, Recht in der virtuellen Welt, RENO, Heft Nr. 9/1999, Seite 321ff.

derselbe

Internetrecht, Recht in der virtuellen Welt, RENO, Heft Nr. 10/1999, Seite 351ff.

Kammergericht Berlin

Beschluss vom 18. Juli 2006 (Az.: 5 W 156/06 und 103 O 91/06 LG Berlin). Es handelte sich um die erste bundesweit beachtete Gerichtsentscheidung, in der die Widerrufsfrist von 2 Wochen bei ebay-Käufen verworfen wurde. Lesenwert aufgebaut und formuliert.

Oberlandesgericht Hamburg

Urteil vom 24.08.2006 (Az.: 3 U 103/06). Das OLG Hamburg bestätigte die Rechtsauffassung des KG Berlin.

Sozialrecht Brall, Kerschbaumer, Scheer, Westermann

Sozialrecht, Kompaktkommentar für die Arbeitnehmerberatung, 2013

288

Wichtige Internetbegriffe Account Account ist das englische Wort für Konto. Ähnlich wie bei einer Bank bekommen sie bei einem Onlinedienst ein Konto, zu dem sie mit Password und Benutzernamen Zugang haben. Sie können dann auf die verschiedenen Dienste wie z. B. E-Mail zugreifen. Attachment „Anhängsel“. Dokumente unterschiedlicher Art, die an eine E-Mail angehängt sind (Texte, Bilder, Videos, Musikdateien etc.). Authentifizierung Durch eine Authentifizierung führen sie den Nachweis (beispielsweise durch eine Benutzerkennung und ein Password), dass sie zugangsberechtigt für einen bestimmten Server sind. Die Authentifizierung wird beispielsweise beim Online-Banking benötigt. Auto-Replay Bezeichnung für die automatische Versendung einer Bestätigungsmail, z. B. für die Eingangsbestätigung bei der elektronischen Bestellung in einem Online-Shop. Bestandsdaten Das sind personenbezogene Daten, z. B. Anschrift, Kontaktdaten und Kontoverbindung. Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit sie für die Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Diensteanbieter und dem Nutzer über die Nutzung von Telemedien erforderlich sind. Betriebssystem Das wichtigste Programm, denn ohne Betriebssystem läuft kein Rechner. Andere Programme nutzen diese als Grundlage. Bekannte Betriebssysteme sind beispielsweise Microsoft Windows, Mac OS oder Linux. Blog Blog ist die Kurzform für Weblog (zusammengesetzt aus Web und Log – für Logbuch). Tagebuchähnlich werden aktuelle Informationen chronologisch aufgelistet sowie mit weiterführenden Informationen und kommentierten Links (Hypertexte) zu anderen Webseiten versehen.

Wichtige Internetbegriffe

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Bluetooth Ein Funkstandard für Sprach- und Datenkommunikation, der allerdings nur in einem eng begrenzten Bereich (Radius von etwa 10 m) funktioniert. Booten So nennt man das Starten des Computers bzw. das Laden des Betriebssystems. Breitband Internetverbindungen mit einer hohen Datenübertragungskapazität nennt man Breitbandverbindung. Browser „Blätterer“, „Stöberer“. Hilfsprogramm zum Betrachten von Internetseiten. Cache „Versteck“, „Aufbewahrungsort“. In Zusammenhang mit dem Internet wird ein lokales Verzeichnis als Cache bezeichnet. Hier werden besuchte Internetseiten zwischengespeichert, so dass diese beim nächsten Besuch nicht erneut geladen werden müssen. Arbeiten Sie an einem fremden Rechner, sollten Sie den Cache nach der Benutzung leeren. Chat „Plauderei“. Echtzeitdialog per Tastatur mit einem oder mehreren Teilnehmern. Die Kommunikation erfolgt über die Eingabe von Text über die Tastatur; der Text wird als lesbarer Text für einen oder alle Chatpartner angezeigt. Client „Klient“, „Auftraggeber“. Ein Programm oder eine Funktion, mit deren Hilfe ein Dienst z. B. vom Internet abgerufen werden kann. Cookie Eine Zeichenfolge, die auf dem Rechner des Besuchers gespeichert wird. Ziel ist es, Besucher auf der Webseite wiederzuerkennen. Es sind kleine Textdateien, die auf der Festplatte des Besuchers gespeichert werden und ihn identifizierbar machen. Vorteil: Sobald der Nutzer wiederholt die fremde Webseite besucht, muss er nicht immer wieder alle Angaben neu machen, denn dank Cookies werden die Felder automatisch ausgefüllt. Digitale Spuren Jede Bewegung im Internet wird registriert. Jeder Mausklick, jeder Seitenaufruf im Web, jede versandte E-Mail und jede Internetbestellung sind den einzelnen Nutzern zuzuordnen. Das ist zum einen technisch bedingt, weil alle Ressourcen im Netz eindeutig identifiziert werden. Jeder Rechner ist im Netz mit seiner individuellen IP Adresse (Internetprotokolladresse, eine Art

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Wichtige Internetbegriffe

Kennungsnummer auf Basis einer 32- bzw. 128-stelligen Binärzahl, versehen). Auch jede Information im Web besitzt eine eigene Adresse, den URL (Uniform Resource Locator). Bereits das bloße Surfen im Internet hinterlässt deshalb aussagekräftige Spuren. Die Anbieter von Webservern erfahren stets die IP Adresse des vom Nutzer verwendeten Rechners und wissen, welches Betriebssystem und welcher Browser dort installiert sind.

Digitale Signatur Mit diesem Verfahren lassen sich elektronische Dokumente so kennzeichnen, dass Manipulationen an der Datei nicht möglich sind und eine Zuordnung zu einem bestimmten Urheber möglich ist. Das Verfahren kommt z. B. beim Online-Banking über HBCI zum Einsatz. Diensteanbieter Diensteanbieter ist jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Disclaimer Dabei handelt es sich um eine Haftungsausschlussklausel für Links, die auf die Inhalte fremder Webseiten verweisen. Disclaim heißt übersetzt abstreiten. DSL Technologie zur Datenübertragung über die herkömmlichen Telefonleitungen bis zur Telefonvermittlungsstation. Im Gegensatz zum Modem- oder ISDN-Verbindungen kann bei dieser Art der Datenübertragung die Telefonleitung gleichzeitig zum Telefonieren genutzt werden. DSL ist die Abkürzung für Digital Subscriber Line. Das ist ein Sammelbegriff für Zugangstechnologien, mit denen über ein normales Kupferkabel Daten in einer hohen Datenmenge übertragen werden können.

DVD CD-ähnlich, aber doppelseitiger Datenträger (japanische Hersteller). Die Speicherkapazität ist sehr viel größer als bei einer CD. Deshalb vor allen Dingen geeignet für lange Spielfilme, viel Musik oder riesige Datenmengen. E-Mail Bezeichnung für die elektronische Post. Firewall „Brandschutzmauer“. Eine Firewall kontrolliert den Datenverkehr zwischen einem internen und einem externen Computernetzwerk. Eine Firewall kann aus einer Hard- und/oder einer Software bzw. auch aus mehreren Rechnern

Wichtige Internetbegriffe

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bestehen. Es ist eine Schutzmauer, über die nur autorisierter Datenverkehr stattfindet.

Flatrate „Flache Gebühr“. Monatliche Pauschale für den Internetzugang, die unabhängig von der Dauer oder der Menge der übertragenen Daten ist. Grafikkarte Sie ist für die Auflösung, die Farbtiefe und die Geschwindigkeit beim Bildaufbau verantwortlich. HD „Harddrive“, anderes Wort für Festplatte. Homepage „Leitseite“. Darunter wird die Startseite einer Webseite verstanden. Sie enthält meist eine Art Inhaltsverzeichnis und verzweigt zu weiteren Seiten. HTML Abkürzung für Hypertext Markup Language. Zu Deutsch: Kennzeichnungssprache für Hypertext. Es ist eine Hilfssprache, um Webseiten (www) zu schreiben und zu gestalten. http: Abkürzung für Hypertext Transfer Protocol. Zu Deutsch: Übertragungsprotokoll für Hypertext. Ein Dienst für die Übertragung von Webseiten (und anderen Daten). Installieren Bezeichnet den Vorgang des Einrichtens eines Programms auf einem Rechner. Internetdienste Die bekanntesten Dienste des Internets sind das WWW und die Kommunikation per E-Mail. IP-Adresse Jeder an das Internet angeschlossene Rechner ist durch diese Adresse klar zu identifizieren. ISDN Integrated Services Digital Network: Diensteintegrierendes digitales Netz. Ein ISDN-Basisanschluss besteht aus 2 Datenkanälen (B-Kanäle) und einem Steuerkanal (D-Kanal). Die Datenübertragungsrate im B-Kanal ist dauerhaft 64 Kbit/s (= 64.000 bit/s = 4 durchschnittlich beschriebene DIN A4-Seiten). Bei Bündelung der beiden B-

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Wichtige Internetbegriffe

Kanäle sind 128 Kbit/s möglich, beim Primärmultiplexanschluss mit 30 BKanälen sogar 2 Mbit/s. Der Aufbau einer ISDN-Verbindung ist wesentlicher schneller als im Telefonnetz und dauert nur noch etwa eine Sekunde. Die Tonqualität einer Telefonverbindung ist höher als im analogen Netz. Neben der höheren Geschwindigkeit für Datenkommunikation bietet ISDN Anwenderdienste wie Rufnummernvorschau, Anklopfen, Anrufweiterleitung, Konferenzschaltungen und die Übertragung von Gebühreninformationen.

ISP Internetservice-Provider bieten Internetdienstleistungen, wie Zugänge, EMaildienste etc. an. Keylogger Dabei handelt es sich um Programme, die die Aktivitäten des Nutzers heimlich überwachen – etwa indem sie heimlich alle Tastenanschläge protokollieren und die so erlangten Daten unbemerkt über das Internet an fremde Rechner senden. Kommerzielle Kommunikation Kommerzielle Kommunikation ist jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlich Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt. Netzwerkkarte LAN Gemeint ist ein Netzwerkanschluss, bei dem alle Computer (also Server und Clients und Notebooks) per Kabel miteinander verbunden sind. Netzwerkkarte WLAN Drahtlose Netzwerkverbindung Nutzer „User“ Nutzer ist jede natürliche oder juristische Person, die Telemedien nutzt, insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu machen. Nutzungsdaten Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten). Nutzungsdaten sind insbesondere 1. Merkmale zur Identifikation des Nutzers, 2. Angaben über Beginn und Ende sowie des Umfangs der jeweiligen

Wichtige Internetbegriffe

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Nutzung, 3. Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien. PGP Ist die Abkürzung für Pretty good Privacy und steht für ein Programm zum Datenver- und entschlüsseln, mit dem Daten vertraulich gespeichert und versendet werden können.

Phishing Diese Wortschöpfung setzt sich zusammen aus Password und Fishing. Es geht dabei um das Ergaunern von Passwörtern, beispielsweise gültigen PINTAN-Kombinationen beim Homebanking. ROM Technik von Phillips, höhere Speicherkapazität als DVD, aber nur 1 x beschreibbar. Verteildienste Verteildienste sind Telemedien, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Anzahl von Nutzern erbracht werden. Viren Dabei handelt es sich um Programmbestandteile mit Schadfunktion, die nur bei Aufruf des Wirtsprogramms (etwa einer Textverarbeitungssoftware) aktiv werden. Viren sind Programme, die nur Schaden anrichten können. Wenn jemand viel Pech hat, muss er seinen PC komplett neu einrichten. Trojaner Trojaner tarnen sich meistens als nützliche Programme, um im Verborgenen ihre Schadensfunktion auszuüben. Trojaner sind so programmiert, dass sie die Schadensfunktionen hinter einem nützlichen Feature (etwa Komprimierung von Dateien) verbergen. Die von Schadprogrammen ausgelösten Funktionen können vielfältig sein. Sie reichen vom bloßen „Schabernack“, z. B. Veränderung grafischer Eigenschaften des Systems, bis zur Manipulation und Löschung von Datenbeständen. Würmer Würmer sind wie Trojaner selbstständig ausführbare Programme.

295

Stichwortverzeichnis A Abfindungen RN 47 Abgabenordnung RN 46, 50 Abgeltungssteuer RN 28 Abmahnung (allgemein) RN 111,174 Abmahnung (UrhG) RN 145 Abmahnung (UWG, Muster) RN 112 (Reaktion auf Abmahnung RN 112) Abschlusserklärung RN 115 Absetzung für Abnutzung RN 55 AfA RN 55 aggressive GeschäftsRN 82 praktiken Aktiengesellschaft (AG) RN 19 Allgemeine GeschäftsRN 169 bedingungen (AGB) Anbieterkennzeichnung RN 155, 162 beim Internethandel Angemessene Vergütung RN 137 (UrhG) Anmeldung Unternehmen RN 27 Anschaffungskosten Ansparabschreibung RN 61 Anspruch auf Auskunft RN 148 Anzeigepflichtige RN 29 Personen Arbeitslosenversicherung RN 44 Arbeitsrecht RN 36 Aufbewahrungspflichten RN 64 Aufzeichnungspflichten RN 64 Auktionsformat RN 89 Auskunftsanspruch(UrhG) RN 148

B Beschluss-Verfügung Beseitigung/Unterlassung Bestseller-Paragraph Betriebsausgaben Betriebseinnahmen Betriebsnummern (Vergabe von) Betriebsvermögen Betriebsvermögensvergleich Beweislast

RN 77 RN 89 RN 138 RN 72 RN 72 RN 46 RN 52 RN 71, 72 RN 106

Bezahlung Steuerschuld per Scheck BFH BGB-InfoV Buchführung

RN 62 RN 52 RN 99 RN 63

C Computerprogramm

RN 151

D Deckelung RA-Gebühr degressive AfA Diensteanbieter Dienstwagen digitale Signatur Denic Domain Duale Entsorgungssysteme

RN 145,146 RN 59 RN 157 RN 40 RN 61 RN 115 RN 172 RN 176

E ebay RN 90 ebay Verkäufe RN 87 E-Bilanz RN 51 E-Commerce siehe Fernabsatz Einheitsbilanz RN 69 Einkommensteuer RN 36 Einlagen RN 70 Einnahmen/ÜberschussRN 72 rechnung Ein-Personen-GmbH RN 11 einstweilige Verfügung RN 76 Ein-Prozent-Regelung RN 51 Einzelunternehmer RN 2 elektronische Form RN 83 Elektronische LohnsteuerRN 42 abzugsmerkmale Elektronische Rechnung RN 167 Elektronische Signatur RN 60, 61 Elektronische Übermittlung RN 69 (von Bilanzen + GuV) Elektronischer Geschäftsverkehr RN 91, 92 ELStAM RN 41

296 Entnahmen Entsorgungssysteme Erbengemeinschaft Erklärungsfristen (Lohnsteuer) EÜR Ewiges Widerrufsrecht

Stichwortverzeichnis

RN 70 RN 176 RN 2 RN 48 RN 52 RN 102

F Fahrten Wohnung/Betrieb Fahrtenbuch Feranabsatzgesetz Fernabsatzverträge Fernkommunikationsmittel Festpreisformat Filesharing Firma/Geschäftsbezeichnung Firmenfahrzeug Fliegender Gerichtsstand Formale Anforderungen Abmahnung Formular EÜR Formular Gewerbeanmeldung Formular Lohnsteueranmeldung Formvorschriftenanpassungsgesetz Fragebogen zur steuerlichen Erfassung Freier Beruf

RN 52 RN 53 RN 74, 90 RN 90, 93 RN 90 RN 88 RN 152 RN24 RN 51 RN 120 RN 145 im Anhang im Anhang im Anhang RN 78 RN 21 RN 28

G GbR Vertrag Muster RN 4 Gebührendeckelung RN 146 Gegenanspruch Abgemahnter RN 147 Genossenschaft RN 21 Gerichtsvollzieher RN 76 Gerichtsstand - UrhG RN 149 - UWG RN 113, 120 Geringfügig Beschäftigte RN 43 geringwertige WirtschaftsRN 42 güter(GwG) geschäftliche Handlungen RN 121, 124 Geschäftsbezeichnung RN 24 Geschäftsbriefe RN 26, 163 Geschäftsführergehalt RN 39 Gesellschaft bürgerlichen RN 3

Rechts (GbR) Gesetzliche Krankenversicherung Gewerbe Gewerbe (erlaubnispflichtig) Gewerbe (überwachungspflichtiges) Gewerbeanmeldung Gewerbeschein Gewerbesteuer Gewerbesteuermessbetrag Gewerbetreibender Gewinn Gewinnermittlung (Betriebsvermögensvergleich) GmbH GmbH Vertrag Muster GmbH & Co. KG Gründungskosten GmbH Gründungszuschuss Grüner Punkt

RN 33 RN 28 RN 32 RN 31 RN 27 RN 30 RN 38 RN 39 RN 28 RN 70 RN 71 RN 10 RN 11 RN 13 RN 12 RN 33 RN 118

H Handelsbilanz Handelsbriefe Handelsgeschäfte Handelsrechtliche Pflichtangaben Haustürwiderrufsgeschäfte Haustürwiderrufsgesetz Hebesatz Hinsendekosten

RN 69 RN 109 RN 109 RN 163 RN 69 RN 53 RN 38 RN 103

I Impressum Informationspflichten - bei Fernabsatzverträgen - bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen - nach Preisangaben VO Internetauktion Investitionsabzugsbetrag Irreführen durch Unterlassen Irreführende geschäftliche Handlungen

RN 154 RN 94 RN 95 RN 168 RN 66 RN 60 RN 128 RN 127

Stichwortverzeichnis

J Jungunternehmer Jedermanns-Phase

RN 50 RN 172

K Kassenbericht RN 66 Kassenbuch RN 66 Kassenführung RN 65 Kirchensteuer RN 40 Kleinbetragsrechnungen RN 166 Kleine AG RN 20 Kommanditgesellschaft (KG) RN 9 Kommanditist RN 7 Kommerzielle RN 157,158 Kommunikation Komplementär RN 7 Kopien (UrhG) RN 140, 151 Kopienversand auf Bestellung RN141 Körperschaftsteuer RN 37 Kosmetikverordnung RN 76 Kostendeckelung RN 146 Kosten der Hinsendung RN 103 Kosten der Rücksendung RN 104 Kosten GmbH Gründung RN 15, 16, 17 (Verwendung Musterprotokoll) Kosten Gründung UG RN 11 Krankenversicherung RN 44 kurzfristig Beschäftigte RN 43

L Leistungen Lieferungen Lieferung unbestellter Sachen Limited Lineare Abschreibung Lohnsteuer Lohnsteuerabzugsmerkmale Lohnsteueranmeldung Lohnsteuerkarte Lohnsteuerpauschalierung

Mediendienstestaatsvertrag RN 161 Mehrwertsteuer RN 27 Mini-Jobs RN 43, 45 MP-3 RN 152 Muster Abmahnung UWG RN 112 Musterprotokoll - Gründung einer EinRN 11 personen- Gesellschaft - Gründung einer MehrRN 17 personen-Gesellschaft Muster Widerrufsbelehrung RN 107, 109 Muster Widerrufsformular RN 108 auf Webseite

N Nichtkaufmann Notarielle Beurkundung Nutzungsrecht (UrhG)

RN 25 RN 82 RN 133, 134

O Offene Handelsgesellschaft (oHG) Öffentliche Beglaubigung Öffentliche Zugänglichmachung (UrhG) oHG Vertrag Beispiel Ordnungsgeld Ordnungshaft

RN 7 RN 81 RN 139 RN 8 RN 77 RN 77

P RN 35 RN 35 RN 76 RN 18 RN 56 RN 41 RN 42 RN 32 RN 49 RN 43, 45

M Markenrecht Markenschutz Mediendienste

297

RN 173 RN 173 RN 91

Parteibetrieb RN 77 Partnerschaftsgesellschaft RN 5 Partnerschaftsgesellschaft RN 6 mbB Pauschalierung LSt RN 43, 45 Pauschalvergütung (UrhG) RN 99 Pflichtangaben in RN 164 Rechnungen Pool/Poolabschreibung RN 57, 58 Preisangabenverordnung RN 168 (PAngV) Private Pkw Nutzung RN 51 Privatkopie (UrhG) RN 140, 150, 151 Privater Gebrauch Kopien RN 140 Prüfverband RN 15

298

Stichwortverzeichnis

Q Qualifizierte elektronische Signatur

U RN 84

R Reaktion auf Abmahnung Rechnungen Muster einer Rechnung Recht auf Privatkopie Rechte Urheber Rechtsfolgen bei Widerruf Regelbesteuerung Registrierkasse REIT Rentenversicherung Rückgaberecht bei ebay Rücksendekosten

RN 174 RN 164 RN 165 RN 150 RN 136 RN 103 RN 45 RN 67 RN 22 RN 44 RN 72 RN 104

S Sammelposten Scheckzahlung (Steuern) Schriftform Schutzschrift (UWG) Schutzschrift (Muster) Schwarze Liste (UWG) SETNÖ Sonderabschreibung Sozialversicherung Steuerbilanz Steuerermäßigung Steuern des Unternehmers Streitwertbegünstigung Sunrise-Phase

RN 57 RN 62 RN 80 RN 116 RN 117 RN 125 RN 79 RN 60 RN 44 RN 69 RN 39 RN 34 RN 110, 119 RN 172

T Tankbelege Teilzeit-Wohnrechtegesetz Teledienste Teledienstegesetz (TDG) Telekommunikationsgesetz Telemedien Telemediengesetz (TMG) Textform Trademark Clearinghouse

RN 54 RN 53 RN 91 RN 159, 160 RN 160 RN 91 RN 156, 159 RN 85 RN 172

Überleitungsrechnung Übungsleiterfreibetrag UG (haftungsbeschränkt) Umsatzsteuer Unbekannte Nutzungsarten Unbestellte Ware (vgl. Anhang VRRi Art. 27) Unlauterkeitskatalog Unterlassungserklärung Unternehmensformen Unternehmer Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt (UG) Unzumutbare Belästigungen Urheber Urhebergesetz Urheberrecht UWG

RN 69 RN 45 RN 14 RN 35 RN 135 RN 76 RN 126 RN 76 RN 1 RN 75,122 RN 14 RN 130 RN 136 RN 91 RN 132 RN 118

V Verbindliche Auskunft RN 68 Verbot unlautere Handlungen RN124 Verbraucher RN 75,123 Verbraucherrechteim Anhang richtlinie (VRRi) Verbraucherkreditgesetz RN 53 Verbraucherverträge RN 171 Verbrauchsgüterkauf RN 170 Vereinbarte Entgelte RN 35 Vereinnahmte Entgelte RN 35 Vergabe von Betriebsnummern RN 46 Vergleich Einzelunternehmer RN 50 und Ein-Personen-GmbH Vergleichende Werbung RN 129 Vergütungshöhe (UrhG) RN 143, 153 Vergütungspflicht (UrhG) RN 137, 142 Verjährung - UWG RN 114,131 - UrhG RN 114, 131 Verkehrsgeltung RN 116 Verpackungsverordnung RN 175 Vertragsschluss im Internet RN 86 Verträge im elektronischen RN 91, 92 Geschäftsverkehr Vervielfältigungen (Kopien) RN 140 Vorsteuer RN 35

Stichwortverzeichnis

W

Z

Webshop RN 87 Wertersatzklausel Fernabsatz RN 99 Wertersatz für einen RN 105 Wertverlust der Ware Wettbewerbsrecht RN 53 Wettbewerbsrechtliche RN 73, 110 (Abmahnung) Wettbewerbsrechtliche RN 73 (Vorgaben) Widerrufsbelehrung RN 107 Widerrufsformular RN 108 Widerrufsfrist - Fernabsatzverträge RN 99, 107 - Verbraucherverträge RN 77,100 Widerrufsrecht RN 100, 101 WKG-Gesellschaften RN 23 (Wagnis-Kapitalgesellschaften)

Zahlungsfristen Lohnsteuer Zusendung unbestellter Waren Zustellung

299

RN 48 RN 76 RN 113