Meet the Akha - help the Akha?: Minderheiten, Tourismus und Entwicklung in Laos [1. Aufl.] 9783839406397

Die Idee von nachhaltigem Tourismus hat die Entwicklungszusammenarbeit erobert - auch in Laos. Doch wo Nachhaltigkeit, A

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Meet the Akha - help the Akha?: Minderheiten, Tourismus und Entwicklung in Laos [1. Aufl.]
 9783839406397

Table of contents :
INHALT
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Dank
Einleitung
Meet the Akha
… help the Akha?
Fragestellungen
Aufbau
Anmerkungen
1. Tourismus und Entwicklung
Tourismus im Entwicklungsdiskurs
Gemeindeorientierter Tourismus als Form von Nachhaltigem Tourismus
2. Schnittstellenanalyse im Tourismusfeld: Theoretische Einbettung und Methodik
Tourismusethnologie und neue Tourismusformen
Tourismus als soziales Feld
Soziale Schnittstellen und Tourismus
Die akteursorientierte Theorie
Die Schnittstellenanalyse als Werkzeug: Forschung im Tourismusfeld Muang Sing
3. Entwicklung, Minderheiten und Tourismus in Laos
Laos: Einführung und Überblick
Entwicklungspolitik in Laos
Minderheitenpolitik und Entwicklung
Entwicklung durch Umsiedlung
Entwicklung durch Tourismus: Die Tourismuspolitik der laotischen Regierung
Die laotisch-deutsche Entwicklungszusammenarbeit in den nördlichen Regionen
Die Akha in Muang Sing
Muang Sing als Tourismusfeld
4. Akteure im Tourismusfeld Muang Sing
Projektmitarbeiter
Guides
Akha – verschiedene Rollen im Tourismusfeld
Begegnung der Akteure
5. Lebenswelten und Tourismuswelten in Muang Sing
Ausdifferenzierung im Tourismusfeld
Gemeindeorientierter Tourismus
Unkontrollierter Tourismus
6. Konfliktreiche Schnittstellen: Transformationsprozesse und kritische Momente
Gesellschaftliche Strukturen als Konfliktfaktor
Konflikte um materielle und kommunikative Ressourcen
Kultur im Tourismusfeld
Frauen als Akteure im Tourismusfeld
7. Wer bestimmt lokale Entwicklung? Akteure und ihre Handlungsspielräume
Zielgruppen im Tourismusfeld
Partizipation als institutionell vorgegebener Handlungsspielraum
Planung und Diplomatie: Handlungsspielraum von Tourismusexperten
Legalisierung und Hierarchie: Handlungsspielraum von Behörden und Institutionen
Die Macht der Vermittler: Handlungsspielraum der Guides
Verweigerung und Selbstbestimmung: Handlungsspielraum der Akha
Der Einfluss der Touristen
8. „Meet the Akha – help the Akha?“ Neue Hilfe durch neuen Tourismus
Tourismus im Spannungsfeld von globaler Entwicklung, Nationalpolitik und lokalen Konflikten
Neue Anforderungen für die Tourismusethnologie
Glossar
Anhang
Literatur

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Corinne Neudorfer Meet the Akha – help the Akha?

Für Micha

Corinne Neudorfer (Dr. phil.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich IV/Ethnologie der Universität Trier. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Tourismusethnologie, Entwicklungsethnologie, Migration, Minderheiten Südostasiens und akteursorientierte Ansätze.

Corinne Neudorfer

Meet the Akha – help the Akha? Minderheiten, Tourismus und Entwicklung in Laos

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© 2007 transcript Verlag, Bielefeld zugl. Dissertation an der Universität Trier, Fachbereich IV/Ethnologie Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Lektorat & Satz: Corinne Neudorfer, Trier Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-639-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

I NHALT Abbildungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Dank

7 8 11

Einleitung Meet the Akha … help the Akha? Fragestellungen Aufbau Anmerkungen

13 13 15 16 18 20

1. Tourismus und Entwicklung Tourismus im Entwicklungsdiskurs Gemeindeorientierter Tourismus als Form von Nachhaltigem Tourismus 2. Schnittstellenanalyse im Tourismusfeld: Theoretische Einbettung und Methodik Tourismusethnologie und neue Tourismusformen Tourismus als soziales Feld Soziale Schnittstellen und Tourismus Die akteursorientierte Theorie Die Schnittstellenanalyse als Werkzeug: Forschung im Tourismusfeld Muang Sing 3. Entwicklung, Minderheiten und Tourismus in Laos Laos: Einführung und Überblick Entwicklungspolitik in Laos Minderheitenpolitik und Entwicklung Entwicklung durch Umsiedlung Entwicklung durch Tourismus: Die Tourismuspolitik der laotischen Regierung Die laotisch-deutsche Entwicklungszusammenarbeit in den nördlichen Regionen Die Akha in Muang Sing Muang Sing als Tourismusfeld

23 24 37

51 52 59 62 65 72 89 89 92 94 98 100 102 105 112

4. Akteure im Tourismusfeld Muang Sing Projektmitarbeiter Guides Akha – verschiedene Rollen im Tourismusfeld Begegnung der Akteure

119 120 124 127 130

5. Lebenswelten und Tourismuswelten in Muang Sing Ausdifferenzierung im Tourismusfeld Gemeindeorientierter Tourismus Unkontrollierter Tourismus

135 136 141 156

6. Konfliktreiche Schnittstellen: Transformationsprozesse und kritische Momente Gesellschaftliche Strukturen als Konfliktfaktor Konflikte um materielle und kommunikative Ressourcen Kultur im Tourismusfeld Frauen als Akteure im Tourismusfeld

171 172 188 202 217

7. Wer bestimmt lokale Entwicklung? Akteure und ihre Handlungsspielräume Zielgruppen im Tourismusfeld Partizipation als institutionell vorgegebener Handlungsspielraum Planung und Diplomatie: Handlungsspielraum von Tourismusexperten Legalisierung und Hierarchie: Handlungsspielraum von Behörden und Institutionen Die Macht der Vermittler: Handlungsspielraum der Guides Verweigerung und Selbstbestimmung: Handlungsspielraum der Akha Der Einfluss der Touristen

229 229 234 241 243 244 246 248

8. „Meet the Akha – help the Akha?“ Neue Hilfe durch neuen Tourismus Tourismus im Spannungsfeld von globaler Entwicklung, Nationalpolitik und lokalen Konflikten Neue Anforderungen für die Tourismusethnologie

251 254

Glossar Anhang Literatur

259 261 269

251

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11, 12:

Konzept des gemeindeorientierten Tourismus Konzept des Tourismusfeldes Interview mit Souvenirverkäuferinnen Karte von Laos Karte des Distrikts Muang Sing Kommunikation und Interaktion sozialer Akteure Überblick zu einzelnen Akteuren Touristen im Gästehaus Karte von Ban Kao Dorftor von Ban Kao Akha Frauen beim Souvenirverkauf in Muang Sing Abbildung 13: Wissen und Wissensvermittlung sozialer Akteure Abbildung 14: Vergleich hierarchischer Systeme Abbildung 15: Modell zur Verteilung von Einnahmen Abbildung 16: Verteilung von Einnahmen im Juli 2004 Abbildung 17, 18: Inszenierung von Dorfbewohnern Abbildung 19: Frauen in Ban Kao posieren für ein Foto Abbildung 20: Schema für Projektumsetzung Abbildung 21: Situation des Projektes Frühjahr 2004

Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3 Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7:

Übersicht Entwicklung und Tourismus zentrale Begriffe der Schnittstellenanalyse Dichotomien in der Debatte um neue Tourismusformen Begegnung mit Akteuren des Tourismusfeldes Begegnungen im Tourismusfeld Muang Sing Gegenüberstellung von gemeindeorientiertem Tourismus und anderen Tourismusformen Überblick über die Konflikte einzelner Akteure

52 61 85 91 104 131 133 144 146 147 170 176 183 196 198 208 209 235 235

50 63 75 84 132 136 261

7

Abkürzungsverzeichnis

ASEAN BMZ CBT DED EZ GTZ HDI IFSP IUCN IUOTO LDC LPDR LRVP LWU LYO MSES NEM NGO NHEP NLHX NLSX NRO NTA/ NTAL PTA RDMA RDMA SNV TBA UHNL

UN 8

Association of South East Asian Nations Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Community-based tourism Deutscher Entwicklungsdienst Entwicklungszusammenarbeit Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit Human Development Index Integrated Food Security Programme International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources International Union for Official Tourism Organizations Least Developed Countries Lao People’s Democratic Republic Laotische Revolutionäre Volkspartei Lao Women’s Union Lao Youth Organisation Muang Sing Ecoguide Service (entspricht dem Tourism Office) New Economic Mechanism (Öffnungs- und Reformpolitik) Non Governmental Organization Nam Ha Ecotourism Project Neo Lao Hah Xat, die Lao Patriotic Front, auch Pathet Lao genannt Neo Lao Sang Xat, die Lao Front for National Construction Nichtregierungsorganisation (englisch: NGO, non governmental organization) National Tourism Authority of Lao PDR Provincial Tourism Office Rural Development of Montainous Areas Integrated Rural Development Programme for the Mountainous Areas in Northern Lao PDR SNV Netherlands Development Organization Traditional Birth Attendancy Upland and Highland of Northern Laos (Zielgebiet eines Entwicklungsprogramms der deutschlaotischen Kooperation) United Nations

UNAIDS UNCED UNDP UNESCO UNODC WSSD WTO ZOA

United Nations Programme on HIV/AIDS United Nations Conference on Environment and Development United Nations Development Programme United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization United Nations Office on Drugs and Crime World Summit on Sustainable Development World Tourism Organization Zuid Oost Azie (christliche Organisation für humanitäre Einsätze)

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D ANK

Dieses Dissertationsprojekt wäre ohne die Unterstützung und Hilfe vieler Menschen nicht möglich gewesen. Einige der Personen, die mir vor allem während meiner Feldforschung in Laos durch Gespräche, Interviews, aber auch Gastfreundschaft hilfreich waren, müssen an dieser Stelle anonym bleiben – dies schmälert den Dank, den ich Ihnen aussprechen möchte, jedoch in keiner Weise. Hierzu zählen die Akha der Projektdörfer, bei denen ich einen Großteil meiner Forschung verbracht habe, und die trotz sprachlicher Barrieren vor allem in der Anfangsphase viel Geduld und Humor zeigten und mir die Arbeit dadurch sehr erleichterten. Mein Dank geht auch an die Souvenirfrauen von Muang Sing, die mich in gleichem Maße mit interessanten Informationen, aber auch Hunderten von Souvenirs versorgten. Den Guides und Mitarbeitern des Muang Sing Tourism Office danke ich für die zahlreichen erhellenden Gespräche und Diskussionen und ihren unermüdlichen Einsatz, wenn es darum ging, mein Laotisch zu verbessern. Der Startschuss für dieses Projekt fiel am Institut für Völkerkunde und Afrikanistik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dem Institut und insbesondere Prof. Matthias Laubscher und Prof. Kurt Beck danke ich für die Unterstützung dieses Projekts in seiner Anfangsphase, der Universität München und dem DAAD für die finanzielle Unterstützung meines Forschungsvorhabens. Dr. Hans Helmrich und Dr. Jens Kallabinski von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) haben mir den Aufenthalt vor Ort ermöglicht, ihnen und ihren Mitarbeitern in Vientiane und Muang Sing bin ich für die organisatorische Hilfe bei Behörden und Ämtern in Laos zu großem Dank verpflichtet. In Muang Sing haben Bounyoung, Pethsamon, Nu Hak, Katha, Sebastian Behrle, Philippe und Ricarda Mondry durch Gespräche und Unterstützung bei den alltäglichen Widrigkeiten, die in einer laotischen Distrikthauptstadt auftauchen können, viel weitergeholfen. In Vientiane war Philippe Coste eine unverzichtbare Hilfe. Nach meinem Feldforschungsaufenthalt wechselte ich an den Fachbereich IV der Universität Trier. Hier gilt meinen beiden Betreuern, Prof. Christoph Antweiler und Jun.-Prof. Julia Reuter mein Dank für ihre tatkräftige Unterstützung, ihre Tipps und Anregungen für die Überarbeitung der Dissertation. Meine Kolleginnen Karoline Krenn, Marén Schorch, sowie Nicole Jung-

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MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

mann standen mir ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite und hatten stets ein offenes Ohr für mich, vielen Dank hierfür. Magali Paulus war nicht nur (aber besonders) in Laos eine unersetzliche Hilfe. Sie machte mich auf wichtige Details aufmerksam – und verhalf mir damit zum einen oder anderen zündenden Gedanken. Meine Familie – Anita, Josef-Karl und Christine Neudorfer – hat mich durch sämtliche Etappen dieses Projekts begleitet und mir viel Rückhalt gegeben. Ihr Vertrauen in meine Arbeit, die Ermutigungen und nicht zuletzt der großzügige Zuschuss zur Drucklegung haben dazu beigetragen, dass aus einer Idee ein Buch wurde. Mein herzlichster Dank geht an Michael Flacke, der vor allem in der Endphase mit viel Geduld und konstruktiver Kritik an meiner Seite war und sich unermüdlich auf zahlreiche Debatten mit mir eingelassen hat. Ich danke ihm von ganzem Herzen für die vielen aufmunternden und kritischen Worte, das schier endlose Korrekturlesen und die Neugierde, die er für meine Arbeit aufgebracht hat. Seinen Einsatz und seine Unterstützung hätte ich auf keinen Fall missen wollen.

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E INLEITUNG

Meet the Akha... Im November 2002 saß ich auf der Rückreise von Angkor Wat, der berühmten Tempelanlage in Kambodscha, in einem kleinen Touristenbus Richtung der thailändischen Metropole Bangkok. Mein Begleiter war mit zwei jungen Australiern, einem Mann und einer Frau Anfang zwanzig, die vor uns saßen, in ein Gespräch über Rucksackreisen in Südostasien vertieft. Die drei tauschten ihre Erfahrungen aus und kamen schließlich auf Laos zu sprechen. Die junge Frau geriet ins Schwärmen: Laos sei ein wundervolles Land, ganz anders als das mittlerweile so überlaufene Thailand und Malaysia oder die touristischen Orte in Kambodscha. Vor allem für Trekkingtouren sei Laos einfach ideal, ganz besonders der Norden. Dort gäbe es kaum Touristen, alles sei noch unberührt und die Minderheiten, die man in den Bergen besuchen könne, seien noch authentisch und ursprünglich. Im Vergleich zu den Hill Tribe-Touren1, die in der Region rund um Chiang Mai in Thailand angeboten würden, sei es ein paradiesischer Zustand. Es war das erste Mal, dass ich mit Trekkingtourismus in Laos in Berührung kam. In den folgenden Wochen hörte ich jedoch immer wieder von den „unberührten“ Landschaften Laos’ und den dort lebenden ethnischen Minderheiten. In Bangkoks Backpacker Cafés und den zahlreichen kleinen Reiseagenturen, in thailändischen Strandbars, in Reisebussen und Hostels – Laos schien zu den bevorzugten Gesprächsthemen der jungen Backpackerszene zu gehören. Bald kristallisierte sich aus dieser allgemeinen Begeisterung für das unberührte Laos eine ganz bestimmte Ethnie heraus, der das Interesse der Reisenden galt. Denn wenn in Backpackerkreisen von Minderheiten in Laos die Rede ist, so haben viele die Akha vor Augen. Die Akha leben nicht nur im Norden von Laos, sondern auch in den angrenzenden Bergregionen von Nordthailand, Nordvietnam, Burma und Südchina. Der traditionelle Kopfschmuck der Frauen, der aus filigranen runden Silberplättchen, chinesischen Münzen und manchmal auch aus bunten Perlen besteht, ist für Außenstehende zu einem Symbol für die Akha und ihre traditionelle Lebensweise geworden. Bilder von Akha-Frauen und ihrem Kopf1

‚Hill Tribes‘ ist ein Begriff, der sowohl in der ethnologischen Literatur als auch in Reiseliteratur für in höher gelegenen Gebieten lebende ethnische Minderheiten in Festland-Südostasien gebraucht wird. 13

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

schmuck begegnen einem daher in der Backpackerszene Bangkoks überall: Auf Reisebroschüren, Plakaten, aufwendig gestalteten Bildbänden, Postkarten oder Reiseführern. In Bangkoks Khao San-Road, die für viele Touristen das Tor zur Reisewelt Südostasiens darstellt, trifft man auf Frauen, die in der Tracht der Akha Souvenirs verkaufen, „traditional hill tribe“, wie sie beteuern. Die meisten Touristen zweifeln jedoch, dass es sich bei diesen Frauen um „echte“ Akha handelt. Sie vermuten verkleidete Thai, die mit dem Hinweis auf die Bergvölker ihren Umsatz steigern möchten. In der Backpackerszene Bangkoks stehen die Akha für Hill Tribes, Trekkingtourismus, Authentizität, Tradition und Ursprünglichkeit. Ein beliebtes Buch mit dem Titel „Meet the Akhas“ (Goodmann 1996), das man in allen Buchläden rund um die Khao San Road erwerben kann, erklärt, wie man sich als Individualreisender auf die Begegnung mit den zurückhaltenden Akha vorbereitet und was den Besucher in den bergigen Dörfern abseits der Moderne erwartet: Gastfreundschaft, Natürlichkeit, Tradition. Hört man nun genauer hin, so fällt noch ein Aspekt auf, der in Erzählungen über die Akha in Laos dominant ist: Vergänglichkeit. Man könne die Akha noch unberührt erleben, auch seien noch nicht viele Touristen in Laos. Dieses ‚noch‘ ist eine vage Vorhersage und verweist auf den Gedanken, dass Laos’ Tage als unberührtes Land gezählt sind, und auch die Akha in Zukunft nicht mehr so sein werden, wie sie es über Generationen hin waren. Dafür steht ihre Lebensweise in den Bergen, fern von den Metropolen Asiens mit all ihrer Geschäftigkeit, wohl zu sehr unter dem Zeichen des Unmodernen. Die Akha leben nicht nur von ihren Reisfeldern, die sie durch Brandrodungsfeldbau gewinnen, sondern sie bauen auch Opium an, jagen vom Aussterben bedrohte Tiere und hängen einem traditionellen Geister- und Ahnenglauben an. Beschreibungen wie diese steigern die touristische Aufmerksamkeit gegenüber den Akha in Laos, doch mischt sich in diese faszinierenden Erzählungen auch ein leichtes Unbehagen. Die Akha gelten als arm, sie haben in den Dörfern keinen Zugang zu Schulen, Krankenhäusern und leben abseits der Gesellschaft. Abholzung, Klimaveränderungen, und eine steigende Ressourcenknappheit entziehen den Akha die Grundlage ihrer Subsistenz. In Backpackerkreisen ist man überzeugt, dass die politischen Umbrüche in Laos, die touristische Öffnung und das Entstehen neuer Märkte ihr Übriges tun werden. Dies wird bedauert, aber auch als unumgänglicher Lauf der globalisierten Weltgesellschaft gedeutet. Unter dem Aspekt von Armut und Marginalisierung rücken die Akha nicht nur in das Blickfeld von Touristen und Reiseagenturen, sondern auch in das der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Laos ist ein Entwicklungsland, indem die Lebenserwartung der Bevölkerung – und insbesondere der ethnischen Minderheiten – gering und die Analphabetenrate eine der höchsten weltweit ist. Was in touristischen Kreisen als attraktiv und romantisch gelten mag, ist aus entwicklungspolitischer Sicht schlicht ein Problem. Eine fehlende Infrastruktur, wenige Schulen und Krankenhäuser, Opiumanbau, kaum Marktwirtschaft und wenig Industrie sorgen dafür, dass Laos auf den untersten Rängen der Human Development Index-Auflistung steht. 14

EINLEITUNG

... help the Akha? Der Blick der Entwicklungswelt steht im Gegensatz zum touristischen Blick. Aus der Perspektive der Entwicklungsexperten offenbart sich in den Dörfern der Akha nicht romantische Naturverbundenheit oder authentische Tradition, sondern Unterentwicklung und Armut, die es zu überwinden gilt. Umso erstaunlicher ist es, dass gerade Entwicklungsinstitutionen in Laos die Anziehungskraft der Akha auf Touristen zum Anlass genommen haben, um eine neue Art der Hilfe für die von Armut betroffenen Minderheiten zu erarbeiten: Den gemeindeorientierten Tourismus. Die Touristen sollen den Akha nicht nur begegnen und sie als Bestandteil ihres Reiseerlebnisses begreifen, sondern Verantwortung für die Zukunft ihrer Gastgeber übernehmen: Sie sollen den Akha durch und mit dieser Begegnung helfen. Meet the Akha – help the Akha könnte daher die Parole des Tourismusprojektes lauten, das 2004 in Muang Sing im Norden von Laos mit ehrgeizigen Zielen begann. In Reiseführern und Prospekten, die für das Projekt werben, ist von einer Begegnung auf Augenhöhe zwischen westlichen Touristen und ethnischen Minderheiten die Rede, von einem interkulturellen Austausch und Hilfe für Benachteiligte durch Handel. Gemeindeorientierter Tourismus scheint ein lang gesuchter Kompromiss zu sein, eine Lösung die alle beteiligten Akteure zufrieden stellt und den Bedürfnissen lokaler Gemeinden, den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit, der Tourismusindustrie und den Touristen gerecht wird. Das Konzept des gemeindeorientierten Tourismus zeigt, dass sich das Bild der so genannten Entwicklungsländer in den Augen des Westens verändert hat (Mowforth/Munt 2003: 1). Die Dritte Welt ist nicht mehr nur Katastrophengebiet, das von Dürren, Armut, Hunger und Kriegen gebeutelt ist, sondern bietet auch Möglichkeiten eines attraktiven und aufregenden Tourismus ganz neuer Art. Abenteuer und Kultur suchende Touristen schätzen die ökologische und kulturelle Vielfalt der Dritten Welt, die ihnen Reisen abseits der Trampelpfade des Massentourismus, unberührte Naturreservate und interessante und einmalige Begegnungen mit Menschen anderer Kulturen verspricht. Dieses touristische Potenzial ist es, das Entwicklungsinstitutionen nutzen wollen. Denn Tourismus gewinnt als einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige weltweit immer stärker an Bedeutung. Die Überschneidung von Entwicklungszusammenarbeit und Tourismus führt dazu, dass Begriffe und Ideen, die seit einigen Jahren fester Bestandteil der internationalen Entwicklungslandschaft sind, nun auch im Tourismus ‚en vogue‘ (Wheeller 1994: 649) sind. So diskutieren Touristen und Entwicklungsexperten in Laos gleichermaßen über Nachhaltigkeit und Entwicklung, über Ressourcen- und Naturschutz. Dabei sind nicht die Konzepte an sich neu, sondern vielmehr der Kontext, in dem sie auftauchen. Um diesen neuen Kontext und die Widersprüche, die sich aus den unterschiedlichen Sichtweisen auf die Akha ergeben, geht es in dieser Arbeit. 15

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Fragestellungen In der globalen Tourismusdebatte ist gemeindeorientierter Tourismus ein junges Konzept, das eine Verbindung zwischen einem erfolgreichen Wirtschaftszweig und den Idealen einer internationalen Entwicklungspolitik schaffen soll. Diese Verknüpfung entsteht durch abstrakte Begriffe wie ‚nachhaltige Entwicklung‘, ‚kulturelle Diversität‘ oder ‚Partizipation‘, die in den Institutionen und Behörden einer internationalen Entwicklungspolitik zum alltäglichen rhetorischen Repertoire gehören und längst Bestandteil des globalen Diskurses sind. Gleichzeitig ist es das Lokale, wie es auch die Bezeichnung ‚gemeindeorientiert‘ suggeriert, das im Mittelpunkt des Konzeptes stehen soll. Lokale Akteure nehmen nicht nur an einem internationalen Tourismusmarkt teil, der neue Beschäftigungsmöglichkeiten, neue Ressourcen aber auch neue Konflikte mit sich bringt, sondern sie werden zudem in die globalen Entwicklungsdiskurse verwickelt. Dadurch entstehen für sie neue Handlungsspielräume im Tourismus und zusätzliche Zugänge zu Ressourcen. Ebenso gibt es neue, an globalen Diskursen orientierte Reglementierungen, die die Handlungsmöglichkeiten der Akteure auf neue Weise einschränken können. Diese Begegnung von globalen Diskursen und lokalen Prozessen steht im Mittelpunkt dieser Arbeit und mit ihr die Frage: Welchen Einfluss üben globale Diskurse um nachhaltige Tourismusentwicklung auf die touristischen Prozesse in Regionen der Dritten Welt aus? Dabei wird insbesondere untersucht, welche Bedeutung das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus für lokale Akteure hat. Wie gehen sie mit den neuen Begriffen und Handlungsspielräumen um, welche bereits bestehenden werden durch gemeindeorientierten Tourismus erweitert, aufgehoben oder eingeschränkt? Dem globalen Nachhaltigkeitsdiskurs können lokale, alternative Modelle entgegengesetzt werden, die zwischen den einzelnen Akteuren zum Teil auch konfliktreich ausgehandelt werden. Diese alternativen Modelle von touristischer Entwicklung entstehen vor Ort, dass heißt, sie stehen in engem Zusammenhang mit den Vorstellungen, Lebensentwürfen und persönlichen Zielen lokaler Akteure und ihrer Gemeinschaften. Da sich in Tourismusprojekten oft Akteure verschiedenster Herkunft und mit unterschiedlichem beruflichen als auch gesellschaftlichen Status begegnen, bedeutet dies, dass höchst unterschiedliche Vorstellungen und Ziele aufeinandertreffen. Wie machen sich diese unterschiedlichen Lebenswelten bemerkbar und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für lokale Prozesse im Tourismus? In der sozialwissenschaftlichen und sozialanthropologischen Entwicklungsforschung gibt es den Ansatz der sozialen Schnittstellen, der zur Untersuchung von Akteurskonstellationen in Entwicklungsprojekten herangezogen wird. In den Tourismuswissenschaften gibt es ebenso wie in der Tourismusethnologie jedoch keine Ansätze, die das Aufeinandertreffen verschiedener lokaler Akteure und die daraus entstehende Dynamik im Tourismus im Blickfeld haben. Dies wirft eine zusätzliche Frage auf, der sich diese Arbeit 16

EINLEITUNG

widmet: Lassen sich die Überlegungen einer akteursorientierten Entwicklungsethnologie erkenntnisgewinnend für die Untersuchung von Tourismusprojekten oder gar von allgemeinen touristischen Prozessen einsetzen? Entwicklungs- und Tourismusethnologie weisen lediglich bei der Frage nach dem Untersuchungsgegenstand Berührungspunkte auf, hier soll jedoch auch nach theoretischen und methodischen Anknüpfungsmöglichkeiten gefragt werden. In dieser Arbeit soll es nicht darum gehen, ein Modell für nachhaltigen Tourismus zu entwickeln oder bestehende Tourismusformen im Hinblick auf ihre ökologische und soziokulturelle Verträglichkeit hin zu überprüfen. Ziel ist es nicht, ‚Good Practice‘ Vorschläge zu unterbreiten oder Instrumente vorzustellen, mit denen Nachhaltigkeit erreicht werden kann. Diese Vorgehensweise wird nicht nur theoretisch begründet, sondern auch empirisch. Am Anfang der Feldforschung zu dieser Arbeit in Muang Sing2 im Norden von Laos, stand vor allem die Frage nach gemeindeorientiertem Tourismus und seiner Funktion als Entwicklungsinstrument aus Sicht verschiedener Akteure im Mittelpunkt der Untersuchungen. In Muang Sing und den umliegenden Bergdörfern der Akha entwickelten lokale Akteure seit 1996 eine touristische Infrastruktur und dazugehörige Dienstleistungen. Es entstand unabhängig von laotischen oder internationalen Institutionen ein ‚Tourismusfeld‘. Mit dem Projekt des gemeindeorientierten Tourismus, das von Akteuren der internationalen und laotischen Entwicklungszusammenarbeit im Jahre 2002 initiiert wurde, kamen neue Akteure in Gestalt von Mitarbeitern von Entwicklungsinstitutionen, Tourismusexperten und laotischen Beamten zum bereits existierenden Tourismusfeld Muang Sings hinzu. Die Auseinandersetzung mit diesen verschiedenen Akteuren und die Erfahrungen vor Ort haben gezeigt, dass ein Tourismusprojekt nicht getrennt von anderen touristischen Formen untersucht werden kann. Die Prozesse im Tourismusprojekt standen in einem engen Zusammenhang mit touristischen Aktivitäten, die außerhalb des Projektes stattfanden. Sowohl die Mikroebene der Lebenswelten und individuellen Strategien als auch die Makroebene, die internationalen und nationalen Institutionen und ihre Vorgaben, waren für die lokalen Akteure im Tourismusfeld relevant und bestimmten ihren Handlungsspielraum. Daher wurde der ursprüngliche Arbeitstitel „Gemeindeorientierter Tourismus als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit“ schließlich abgewandelt, denn tatsächlich geht es hier nicht nur um eine Form von Tourismus innerhalb eines Entwicklungsprojektes, sondern um Tourismus und Entwicklung in einer bestimmten Region unter ganz bestimmten Vorzeichen, eben um Tourismus, Entwicklung und Minderheiten in Laos.

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Muang Sing bezeichnet sowohl einen Distrikt im Norden von Laos als auch die Hauptstadt dieses Distrikts. Im Folgenden ist mit Muang Sing die Distrikthauptstadt gemeint. 17

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Aufbau Gemeindeorientierter Tourismus wird in der Entwicklungszusammenarbeit immer als nachhaltiger Tourismus verstanden. In der Theoriegeschichte des Entwicklungsbegriffs und des Tourismus gibt es parallel verlaufende Diskussionen und ähnliche Argumentationsstrukturen. Die konkrete Überschneidung von Tourismus und Entwicklung ist jedoch neu, sodass die Frage aufkommt, wie stark der aktuelle Entwicklungsdiskurs in die Konzeption von gemeindeorientiertem Tourismus einfließt. Ist gemeindeorientierter Tourismus Ausdruck einer neuen Entwicklungspolitik? Dieser Frage wird in Kapitel 1 nachgegangen, indem in einem ersten Schritt ein wissenschaftsgeschichtlicher und zugleich analytischer Überblick über die Diskussion um Tourismus und Entwicklung gegeben wird. Im nächsten Schritt werden Basisbegriffe des gemeindeorientierten Tourismus diskutiert, die in Zusammenhang mit der aktuellen entwicklungspolitischen Debatte um Nachhaltigkeit, Gender und Partizipation stehen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Bedeutung, die Kultur und gesellschaftlicher Wandel in der Diskussion um gemeindeorientierten Tourismus eingenommen haben. Kapitel 2 untersucht, welche theoretischen und methodischen Modelle die Ethnologie für eine Analyse von Tourismusfeldern und im speziellen von gemeindeorientiertem Tourismus als Bestandteil lokaler Tourismusfelder anzubieten hat. Hierbei zeigt sich, dass innerhalb der Tourismusethnologie ein Ansatz, der die Dynamik von Begegnungen im Tourismus erfassen kann und damit geeignet wäre, die Vielschichtigkeit von Aktivitäten und Beziehungen im Tourismus wiederzugeben, bisher weitgehend fehlt. Besonders in der kritischen Richtung innerhalb der Tourismusethnologie wird Tourismus oft als eine Kraft begriffen, die von außen auf lokale passive Akteure einwirkt. Mein Vorschlag ist, Tourismus als das Zusammenspiel verschiedener Akteure innerhalb eines bestimmten Rahmens (Gesellschaft, Institutionen) zu begreifen und die Prozesse zu untersuchen, die sich dadurch ergeben. In Anlehnung an Norman Longs Verständnis von sozialen Feldern verwende ich hierfür den Begriff des Tourismusfeldes. Da es sich bei gemeindeorientiertem Tourismus um ein Instrument der Entwicklungszusammenarbeit im weitesten Sinne handelt, liegt es nahe, für die Untersuchung Ansätze innerhalb der Entwicklungsethnologie auf ihre Verwendbarkeit hin zu überprüfen. Aus diesem Bereich stammt auch Norman Longs Konzept der Schnittstellenanalyse, die zur Untersuchung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt wird. Das Konzept greift auf eine akteursorientierte Herangehensweise zurück, die den Einfluss der Makroebene (z. B. internationale Organisationen und Institutionen und ihre Diskurse) auf Projekte berücksichtigt. Die Schnittstellenanalyse geht Hand in Hand mit einem dynamischen Kulturbegriff und lässt damit Fragen nach den jeweiligen Handlungsspielräumen von sozialen Akteuren zu. Soziale Akteure werden in dieser Arbeit in Anlehnung an Long immer als handlungsfähige Akteure in 18

EINLEITUNG

dem Sinne verstanden, dass keinem der an dem untersuchten Projekt beteiligten Menschen eine passive Rolle zugeschrieben wird. Kapitel 3 wendet sich dem nationalen und regionalen Kontext zu, in dem sich das Projekt in Muang Sing befindet. Die politischen Ziele der laotischen Regierung im Bezug auf nationale Entwicklung und Minderheiten und auch auf Tourismus stecken den Handlungsspielraum der Akteure in Muang Sing ab. Ausländische Entwicklungsinstitutionen können bestimmte politische Forderungen und Wünsche der laotischen Regierung nicht übergehen und müssen ihre Arbeit vor Ort entsprechend anpassen. Zudem war und ist Tourismus seit der politischen Öffnung des Landes auch in der nördlichen Region Muang Sing ein zwar immer noch bescheidener, aber dennoch aufstrebender Wirtschaftszweig. Dies gilt auch für den Zeitraum bevor das Projekt des gemeindeorientierten Tourismus umgesetzt wurde. Seit 1996 spielte die Ethnie der Akha für die touristische Entwicklung Muang Sings eine zentrale Rolle. Zum einen waren die abgelegnen Akha-Dörfer rund um Muang Sing von Anfang an ein Anziehungspunkt für Trekkingtouristen, zum anderen prägten AkhaFrauen, die auf den Straßen Souvenirs an Touristen verkaufen, das touristische Bild von Muang Sing. Gleichzeitig stellten die Akha, die als eine der ärmsten und marginalisiertesten ethnischen Gruppen in Laos gelten, die Zielgruppe von entwicklungspolitischen Bemühungen in dieser Region dar. Die Doppelrolle als Zielgruppe und als touristisch attraktiver Akteur wird bei der Vorstellung der Vorgeschichte des Projektes offensichtlich. Bereits bei der Skizzierung der institutionellen Rahmenbedingungen werden erste Konflikte im Tourismusfeld Muang Sing deutlich. Die Strukturen des gemeindeorientierten Tourismus, die beteiligten Akteure und Institutionen ergeben ein kompliziertes Netz, das nur schwer zu entwirren ist. Um dieses verworrene Bild aufzulösen, werden in Kapitel 4 die zentralen lokalen Akteure des Tourismusfeldes Muang Sing vorgestellt. Im Vordergrund stehen drei Akteurs-Gruppen: Projektmitarbeiter bzw. Tourismusexperten, Guides sowie Vertreter der Akha. In einem ersten Schritt wird die Rolle der Akteure innerhalb des Tourismusfeldes sowie ihre Haltung zu Tourismus dargestellt. Dabei repräsentieren die anschließend in Fallbeispielen dargestellten Perspektiven einzelner, individueller Akteure vollkommen unterschiedliche Positionen und Interessen. Anschließend wird ein Modell der Kommunikationsstrukturen innerhalb des Tourismusfeldes entworfen, indem die Beziehungen der Akteure zueinander dargestellt, sowie mögliche und tatsächlich genutzte Kommunikationswege aufgezeigt werden. Dadurch offenbaren sich auch die Ebenen und Gruppen innerhalb des Tourismusfeldes, sowie die Verortung der einzelnen Akteure. Kapitel 5 beschreibt die Ausdifferenzierung verschiedener Ebenen des Tourismusfeldes in Muang Sing. Durch gemeindeorientierten Tourismus begannen einige Akteure, das Tourismusfeld entlang bestimmter Kriterien zu ordnen und zwischen einer legalen, nachhaltigen Tourismusform auf der einen, und illegalen touristischen Aktivitäten auf der anderen Seite zu unterscheiden. Unabhängig dieser durch den globalen Diskurs entstehenden Dicho19

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

tomie entwerfen die sozialen Akteure ihre jeweilige ‚Tourismuswelt‘ entsprechend der eigenen Lebenswelt und grenzen sich von anderen Akteuren im Tourismusfeld ab. Diese kognitive Konstruktion von sozialen Grenzen wird anhand von Bewertungen der jeweils Anderen, Legitimationsbestrebungen, ethnischer Identität und Zuschreibungen ersichtlich. Dadurch existieren in Muang Sing mehrere touristische Formen parallel: Durchreisetourismus, gemeindeorientierter Trekkingtourismus und eine Art Abenteuer- und Opiumtourismus. Verdeutlicht wird dies anhand von Fallbeispielen in Form von dichten Beschreibungen, die zum einen die Perspektive von Touristen, zum anderen die der lokalen Akteure zeigen. Diese verschiedenen Formen des Tourismus, die unterschiedlichen Tourismuswelten und Ebenen existieren nicht nur einfach nebeneinander, sondern sie geraten auch miteinander sowie mit den Konzepten des globalen Entwicklungsdiskurses in Konflikt: Es entsteht das, was Long als soziale Schnittstelle bezeichnet. Schnittstellen können auf sehr unterschiedliche Weise auftreten und werden in Kapitel 6 untersucht. Es sind die kritischen und konfliktreichen Momente innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing, die sich an dieser Stelle offenbaren. Darin werden die von den sozialen Akteuren thematisierten Konflikte rund um gesellschaftliche Hierarchie, ökonomische Aspekte, Kulturerhalt und gesellschaftlicher Wandel sowie Geschlechterrollen aufgegriffen und einander gegenübergestellt. Dabei wird ersichtlich, dass der auf internationaler Ebene geführte Diskurs um nachhaltige Tourismusformen – wie gemeindeorientierten Tourismus – lokal nicht so mächtig ist, wie oft angenommen wird. Vielmehr macht der Blick über die Grenzen des Projektes hin deutlich, dass lokale Akteure kreativ Strategien einsetzen, um sich ihren eigenen Zugang zur Ressource Tourismus offen zu halten und ihre eigenen Vorstellungen von wünschenswerter touristischer Entwicklung umzusetzen. Diesem Aspekt, der in der zentralen Frage „Wer bestimmt die touristische Entwicklung in Muang Sing?“ zum Ausdruck kommt, widmet sich Kapitel 7. Im Kapitel 8 werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und diskutiert. Im Tourismusfeld Muang Sing spiegeln sich globale, nationale und lokale Diskurse um Entwicklung, gesellschaftlichen Wandel, Macht und die Rolle von ethnischen Minderheiten in Nationalstaaten wieder. Damit wird das Tourismusfeld zum Mikrokosmos, in dem sich das Dilemma laotischer Entwicklungspolitik im Handeln der einzelnen Akteure manifestiert. Diese Verstrickung von globalen und lokalen Ebenen stellt die Tourismusethnologie vor neue Aufgaben: Es müssen Modelle entwickelt werden, die eine umfassenderen Blick auf Tourismus ermöglichen.

Anmerkungen Im Tourismusfeld Muang Sing treten verschiedenste Konflikte auf. Einige davon können als Resultat zwischenmenschlicher und vor allem interkulturel20

EINLEITUNG

ler Begegnungen betrachtet werden, andere hingegen sind von höchst sensibler politischer Natur. Daher habe ich mich entschlossen, die Namen meiner Informanten und ihrer Dörfer zu anonymisieren. Die meiste Zeit war ich während der Feldforschung auf Arbeitstechniken angewiesen, die ohne technische Geräte auskommen müssen, sodass die meisten Interviews mithilfe von Gesprächsnotizen dokumentiert wurden. Da viele meiner Interviewpartner jedoch während der Gespräche oftmals zwischen Englisch und Laotisch, Französisch und Laotisch oder auch Laotisch und Akha wechselten, entschied ich mich, die Notizen sofort ins Deutsche zu übertragen und nicht erst in der jeweiligen Sprache aufzuschreiben. Dies tat ich direkt im Anschluss an die Gespräche in Gegenwart der Interviewten, sodass ich bei Unschlüssigkeiten direkt nachfragen konnte. Diese Gesprächsnotizen wurden jeweils unter dem Namen des jeweiligen Interviewpartners sowie unter dem entsprechenden Datum archiviert. Im Text habe ich den anonymisierten Namen meiner Informanten sowie das Datum angegeben. Die Übertragung laotischer Begriffe in lateinische Schriftzeichen erfolgt entsprechend dem Laotisch-Lehrbuch von Klaus Werner (1994). Für das Akha, das bis vor kurzem keine Schriftsprache war, gibt es in der Literatur stark voneinander abweichende Schriftweisen. Da sich die meisten Aufzeichnungen mit Akha-Dialekten aus Nord-Thailand beschäftigen, waren erhebliche Unterschiede zu den Dialekten in Nord-Laos zu verzeichnen. Paul Lewis (1968) verfasste ein Akha-Englisch-Wörterbuch, das nur zum Teil für das Verständnis der Dialekte der Akha in Laos hilfreich ist. Während der Feldforschung legte ich ein eigenes Wörterbuch an, auf das ich mich in diesem Text berufen werde.3 Bei Zitaten aus der Literatur wird die Originalschreibweise beibehalten. Im Glossar werden sämtliche mir bekannten Schreibweisen genannt. Wie nahezu jede ethnologische Studie erhebt auch diese Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Seit meiner Feldforschung in Muang Sing 2004 hat sich auch dort vieles verändert: Neue Akteure sind in das Tourismusfeld getreten, neue Projekte sind entstanden. Daher möchte ich mich Bohannan anschließen, der Ethnografie mit Fotografie vergleicht: „Sie hält ein Stück Zeit fest. Dinge, die sich ereignet haben, bevor die Aufnahme gemacht wurden, sind nicht zu sehen; und alles, was danach geschah, fehlt ebenfalls.“ (Bohannan 2002: 20)

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Es soll aber an dieser Stelle auf die Arbeiten von Inga Lill Hansson (1983) hingewiesen werden, die sich ausführlich mit der Sprache der Akha in NordThailand auseinander gesetzt hat. Beispiele für eine in Nord-Thailand gemeinsam mit Ethnologen entwickelte Schriftsprache des Akha finden sich unter http://www.hani-akha.org/mpcd/hani-akha/language.html. Leider lernte ich dieses System erst nach meinem Feldforschungsaufenthalt kennen, sodass ich es für eigene Notizen nicht verwenden konnte. 21

1. T OURISMUS UND E NTWICKLUNG Recherchiert man den Begriff ‚gemeindeorientierter Tourismus‘ im Internet, in wissenschaftlicher Literatur oder in zahlreichen Dokumenten internationaler Entwicklungsorganisationen, so scheint es auf den ersten Blick, als handele es sich dabei um ein vollkommen neues Konzept. Neu erscheint daran die Verschmelzung eines erfolgreichen, globalen Wirtschaftszweiges mit dem Verantwortungsbewusstsein der nachhaltigen Entwicklung, die Kombination von globalem Wirtschaftswachstum und lokaler sozialer Gerechtigkeit. Doch zumindest die Verknüpfung von Entwicklung und Tourismus ist nicht sonderlich neu, sie zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Entwicklungspolitik. Sowohl der Wirtschaftszweig Tourismus als auch die Idee der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) haben ihren Ursprung in einer westlichen Gesellschaft in der wirtschaftliches Wachstum, Arbeitsteilung, Industrialisierung und damit auch Freizeit und Freizeitgestaltung – beides wichtige Grundvoraussetzungen für die Entstehung von Tourismus – eine wesentliche Rolle spielen. Entwicklung und Tourismus sind beides Begriffe, die erst im Zuge der Moderne an Bedeutung gewinnen.1 Das entwicklungspolitische Engagement der Industrienationen in den Ländern der sogenannten Dritten Welt begann in den 1960er Jahren. Seither gibt es für den Begriff der Entwicklung eine wissenschaftliche und öffentliche Diskussion, die Parallelen mit der Debatte um Tourismus aufweist. Die Argumente und Standpunkte der Tourismusdebatte orientieren sich dabei am jeweils aktuellen Entwicklungsdiskurs. Dies schlägt sich in den Untersuchungen zu Tourismus jedoch nur am Rande nieder. Komilis bemängelte bereits 1994, dass sehr wenige Studien die Dimension von Entwicklung im Tourismus untersuchen und thematisieren: „However, the ‚coverage‘ of tourism in regional science and regional economic development theories, or, deep and perceptive analytical research […] which relates the phenomenon of tourism growth to the development process, seems increasingly necessary in order to advance further.“ (Komilis 1994: 65)

Spreitzhofer (1995) sieht in der Diskussion um Tourismus in Dritte-WeltLändern einen deutlichen, wenn auch sehr einseitigen Zusammenhang mit der Diskussion um Entwicklungspolitik und Entwicklungshilfe. Wurde Entwick1

Meethan (2001) bietet mit seinem Buch „Tourism in Global Society“ einen interessanten und sehr differenzierten Überblick über den Zusammenhang von Tourismus und Moderne. 23

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lungshilfe in der Öffentlichkeit negativ bewertet, so traf dies in den 1990ern auch für die Bewertung von Tourismus zu. Diese Parallelen in der Debatte um Entwicklung und Tourismus können jedoch durchaus schon für einen früheren Zeitpunkt angesetzt werden, denn die Diskussion in den entwicklungspolitischen Theorien schlägt sich bereits seit Beginn des großen Reisebooms der 1960er Jahre in der Beurteilung von Tourismus nieder und zieht sich durch alle „Entwicklungsdekaden“ hindurch. Mitte der 1990er Jahre fand schließlich nicht nur eine parallele Bewertung von Entwicklung und Tourismus statt. Nun meldeten sich immer häufiger Entwicklungspraktiker zu Wort, um den Einsatz alternativer Tourismusformen in der Entwicklungszusammenarbeit zu fordern (Aderhold et al. 2000; Albers/Göpel/Hombrecher 1999; Palm 2000; Schipani 2003; Steck/Strasdas/ Gustedt 1999; Strasdas 2002a; Vorlaufer 1996, 2003). Damit ergab sich explizit eine Verknüpfung von Entwicklung und Tourismus, die in den vorherigen Jahrzehnten unbewusster verlief. Gemeindeorientierter Tourismus als eine solche alternative Tourismusform ist damit keine revolutionäre Neuschöpfung, sondern vielmehr eine logische Konsequenz vorangegangener Tendenzen und Entwicklungen und beinhaltet eine bewusste Verknüpfung zweier Diskurse, die im Folgenden erörtert werden. Tourismus im Entwicklungsdiskurs2 Die entwicklungspolitische Debatte wurde von der Staatengemeinschaft der Vereinten Nationen offiziell in vier Dekaden unterteilt, die in etwa den Zeiträumen von 1960–1969, 1970–1979, 1980–1989 und 1990–2000 entspricht. Jede Dekade verfolgte eigene Zielsetzungen und Strategien. Kern der entwick2

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In den folgendn Abschnitten ist vor allem von theoretischen Ansätzen die Rede. Zwischen Entwicklungstheorie, -politik und -praxis muss natürlich unterschieden werden, auch wenn die Begriffe manchmal synonym verwendet werden. Die Schwierigkeit bei der Unterscheidung von Theorie, Politik und Praxis ergibt sich dadurch, dass Impulse für eine Neuordnung der Politik oft von theoretischen Diskussionen ausgehen, die sich dann auf die Praxis auswirken. Die Erfahrungen der Praxis wiederum beeinflussen die Theorie und geben wichtige Impulse für Neuorientierungen. Somit stehen Entwicklungstheorie, Entwicklungspolitik und -praxis in enger Verbindung zueinander und sind manchmal analytisch nur schwer zu trennen. Entwicklungstheorien versuchen, Entwicklung und Unterentwicklung zu definieren und damit Erklärungen für die unterschiedlichen Entwicklungen der Regionen weltweit zu liefern. Entwicklungsstrategien sind aus diesen Theorien abgeleitete Maßnahmen zur Beseitigung von Unterentwicklung. Entwicklungspolitik ist die Implementierung der Strategien auf der Ebene politischer Handlungen. Der Begriff der Entwicklungshilfe, der durch den der Entwicklungszusammenarbeit ersetzt wurde, bezeichnet hingegen die Ebene bi- und multilateraler Beziehungen zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern, auf der die Strategien unterstützt werden sollen (vgl. auch Menzel 1993: 132).

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lungspolitischen Diskussionen war und ist die Frage, was „Entwicklung“ genau bedeutet und wie sie weltweit gefördert werden kann. Diese Frage spielt auch in der Tourismusdebatte der verschiedenen Dekaden eine zentrale Rolle.3 Besonders deutlich wird dies am Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus, dass entscheidend durch den Entwicklungsdiskurs geprägt ist und aktuelle Ideale einer globalen Entwicklungspolitik aufgreift.

Modernisierungstheorie und Tourismus Die großen entwicklungspolitischen Theorien der ersten Entwicklungsdekade versuchten vor allem zu erklären, wie „Unterentwicklung“ entsteht und wie man diese bekämpfen kann. Die Entwicklungspolitik der Nachkriegsjahre wurde erheblich von der Theorie der Stufen wirtschaftlicher Entwicklung beeinflusst, die am prominentesten von dem US-amerikanischen Ökonomen Walt Rostow (1952) vertreten wurde (vgl. Winter 2004). Die Grundhypothese dieser Stufentheorie besagt, dass alle Länder bestimmte Wirtschaftsstufen4 durchlaufen müssten um den gesellschaftlichen Idealzustand, den modernen Wohlfahrtsstaat, zu erreichen. Rostows Modell war für die an Modernisierung orientierte Entwicklungsdiskussion der 1950er und 1960er Jahre maßgeblich (Winter 2004). Für die Anhänger der Modernisierungstheorie war Unterentwicklung ein wirtschaftliches Problem. Ihre Diagnose unterentwickelter Länder ergab „ein vielseitiges Krankheitsbild und ein unspezifisches Raster von „strukturellen Universalien“, das sie in idealtypischen Dichotomien den Strukturmerkmalen und pattern variables der „modernen Gesellschaften“ gegenüberstellten.“ (Nohlen/ Nuscheler 1993: 34; von Renesse 1995). Unterentwicklung wurde also nicht durch eine Situationsanalyse bestimmt, sondern durch den Vergleich mit dem idealisierten Endzustand der Modernität der Industrienationen. Unterentwickelte Länder hatten von diesem Standpunkt aus betrachtet einen Mangel an Rationalisierung und Säkularisierung, zu wenig soziale Mobilität und fehlende kulturelle Dynamik zu überwinden. Apathie, geringe Leistungsmotivation und mangelndes individuelles Besitz- und Gewinnstreben galten als Kennzeichen unterentwickelter Länder. Zur Bekämpfung dieser Missstände in den unterentwickelten Ländern, zu denen viele ehemalige Kolonien zählten, setzten Modernisierungstheoretiker auf die Dynamiken der Weltmarktintegration. Vertreter der Dritten Welt kritisierten die Modernisierungstheoretiker für diese ihrer Meinung nach paternalistische und abwertende Einstellung gegenüber den Ländern der Dritten Welt. 3 4

Eine Übersicht über die Eckdaten der Dekaden gibt Tabelle 1 am Ende dieses Kapitels. Rostow spricht von fünf aufeinander folgenden Phasen: 1) Traditional phase, 2) preconditions for take-off, 3) take-off, 4) drive to maturity und 5) age of mass consumption (Winter 2004). Parallelen zu Evolutionismus in der Ethnologie sind hier unverkennbar. 25

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Die Diskussion in den entwicklungspolitischen Theorien schlug sich auch in der Beurteilung von Tourismus nieder (vgl. hierzu das Modell von Vorlaufer 1996: 5, Abbildung 1). In der Öffentlichkeit sowie in den Wirtschaftswissenschaften galt in den sechziger Jahren der Tourismus als Entwicklungshilfe besonderer Art, man kann für diese Zeit von einer regelrechten Euphorie bezüglich Entwicklungsländer-Tourismus sprechen (Vorlaufer 1996). Dem modernisierungstheoretischen Paradigma und der von der Volkswirtschaftslehre vertretenen Wachstumstheorie entsprechend wurde Tourismus als ein Instrument verstanden, mit dessen Hilfe Entwicklungsländer Wirtschaftswachstum und damit eine an Industrieländern orientierte Entwicklung in kurzer Zeit erreichen können. Nicht nur, dass durch Tourismus ausländische Devisen in DritteWelt-Länder flossen, man versprach sich zudem mehr Arbeitsplätze, eine Stimulierung der heimischen Wirtschaft und eine Anhebung des Lebensstandards. Durch den „trickle down effect“5 sollte die gesamte Wirtschaft eines Landes vom Bau neuer Hotelanlagen und Flughäfen oder Straßen profitieren. Die für Tourismus notwendige Expertise, die Technologie und ein Großteil der Güter lieferten die Industrienationen, die somit implizit die Rolle der Entwicklungshelfer übernahmen. Schließlich „lieferten“ die Industrienationen noch die Touristen und hatten somit Einfluss auf die Regulierung des Tourismusmarktes. Über die sozialen und kulturellen Einflüsse von Massentourismus wusste man wenig, über negative Folgen für die „Bereisten“ und kulturelle Konflikte wurde kaum nachgedacht. „Tourism = Development“ lautete die Devise (Graburn/Jafari 1991: 4; Wahrlich 1984: 135 ff.). Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung von Tourismus kam dadurch zum Ausdruck, dass die UNO auf Anregung der bereits 1925 gegründeten International Union for Official Tourism Organizations (IUOTO) 1967 zum ‚Jahr des Welttourismus’ proklamierte. Vom Tourismus versprach sich die Weltgemeinschaft nicht nur ökonomische Vorteile, sondern auch die Verringerung von Konflikten und Disparitäten zwischen „Erster Welt“ und „Dritter Welt“. Der interkulturelle Kontakt und die Einkommensmöglichkeiten sollten aus dem Tourismus einen „Weg zum Frieden“ machen. Spreitzhofer (1995: 16) stellt zurecht fest, dass in dieser Zeit einzig ökonomische Kriterien des Tourismus entwicklungsrelevant waren. Außerökonomische Ziele, wie die Proklamation der interkulturellen Verständigung gingen „in den seltensten Fällen über den Charakter von Lippenbekenntnissen hinaus“. (Spreitzhofer 1995: 16)

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‚Trickle down effect‘: Die Trickle-down-Theorie geht davon aus, dass erfolgreiche Entwicklung mit wirtschaftlichem Wachstum gleichzusetzen ist und z. B. durch Industrialisierung angekurbelt werden kann. Selbst wenn nicht die gesamte Bevölkerung in erster Instanz durch wirtschaftlichen Wachstum begünstigt wird, so sorgt der Durchsickereffekt doch dafür, dass Eliten eines Landes ihre Produktivität steigern und für mehr Arbeitsplätze sorgen, die dann auch den ärmeren Bevölkerungsschichten zu Gute kommen.

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Relevanz der Dependenztheorien Im Gegensatz zu den Modernisierungstheorien sahen Dependenztheoretiker die Ursachen für Unterentwicklung in exogenen Faktoren. Der Begriff der Dependenz weist darauf hin, dass diese theoretische Richtung die Gründe für Unterentwicklung in der Abhängigkeit postkolonialer Gesellschaft von einem ungerechten Weltmarkt sucht. In den 1970ern forderten neomarxistische Dependenztheoretiker wie z. B. Andre Gunder Frank (1969) die radikale Abkopplung vom Weltmarkt und hofften, hiermit einem ungerechten Weltwirtschaftssystem entgegenwirken zu können (Timmermann 1982). Für Frank sind die ausbeutenden Strukturen des Weltkapitalismus, die die Dritte Welt „zu einem kolonialen Satelliten der Weltmetropole des Kapitalismus“ (1969: 8) machen, der wahre Grund für die Unterentwicklung in diesen Ländern.6 Die Probleme der Entwicklungsländer konnten weder durch Modernisierungsrückstände noch ausschließlich durch ein ungerechtes Weltwirtschaftssystem erklärt werden. Auch wenn Modernisierungs- und Dependenztheoretiker ideologisch entgegengesetzte Positionen vertraten, stimmten sie darin überein, dass sie Entwicklung und sozialen Wandel als ein Produkt externer Kräfte wie der Weltwirtschaft oder internationaler Organisation begriffen. Entwicklung ist für beide theoretischen Strömungen ein linearer Prozess, der verschiedene Stadien durchläuft (Long 2001: 11). Long bemerkt zur Debatte zwischen den beiden großen Theorien: „[...] they do in fact share a common set of paradigmatic beliefs“ (Long 2001: 11); und auch Fernando Henrique Cardoso, ein wichtiger Vertreter der lateinamerikanischen Dependenztheorie, gab rückblickend zu Bedenken, man habe lediglich dieselbe Art von Entwicklung zum Vorteil anderer Klassen zum Ziel gehabt, anstatt nach grundlegenden Alternativen der Entwicklung zu fragen (Cardoso 1981: 18). In den 1970ern war Tourismus für viele Länder der „Dritten Welt“ bereits zu einem wichtigen Wirtschaftszweig geworden. Im Gegensatz zu anderen Bereichen hatte Tourismus aus Sicht armer Länder den großen Vorteil, eine weiße Industrie ohne Schornsteine (Backes/Goethe 2003: 7; Meethan 2001: 42) zu sein, die wenig Investition und Kapital benötigte. Allerdings wurden die hohen Erwartungen, die man in Tourismus gesteckt hatte nicht erfüllt und der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung blieb aus (Vorlaufer 1996: 6).7 6

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Am Beispiel von Chile macht Frank seine Position klar: „Durch die geschichtliche Darstellung beabsichtige ich zu zeigen, wie die historische kapitalistische Entwicklung in Chile die Unterentwicklung in diesem Land nicht nur vertieft, sondern auch exemplarisch bedingt. [...] Die Studie analysiert, wie es dem Weltkapitalismus während der folgenden Jahrhunderte gelang, seine ausbeutende Struktur und seine Entwicklungstendenzen der einheimischen chilenischen Wirtschaft aufzuzwingen, und sie in das kapitalistische System im Weltmaßstab zu integrieren, indem er sie zu einem kolonialen Satelliten der Weltmetropole des Kapitalismus machte.“ (1969: 8) Gründe für den ausbleibenden wirtschaftlichen Aufschwung wurden z. B. im Abfluss von Devisen gesehen und in den hohen Kosten, die für die Errichtung 27

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Trotzdem stieg von Seiten der Regierungen in Entwicklungsländern das Interesse an Tourismus, sodass dieser Zweig immer mehr wachsen konnte. In Anknüpfung an dependenztheoretische Strömungen wurden Stimmen laut, die die negativen Auswirkungen des Tourismus auf die Bevölkerung von Dritte- Welt-Ländern anprangerten. Mit Bezug auf die marxistische Ökonomiekritik der Dependenztheorie wurde Tourismus als ein Prozess verstanden, der Armut produziert und der Unterentwicklung in armen Ländern Vorschub leistet (Backes/Goethe 2003: 13). Turner und Ash provozierten durch ihr Werk „The Golden Hordes“ (1975), indem Touristen als die Barbaren der Neuzeit dargestellt wurden, und stießen damit innerhalb der Ethnologie eine weitreichende Debatte um Tourismus an. In Valene Smiths 1978 erschienenem Sammelband „Hosts and Guests“ äußerten sich Ethnologen ebenfalls kritisch zum Tourismus. Das Reisen in Länder der so genannten Dritten Welt wurde als ein neokolonialistischer Akt der „reichen Nationen“ gewertet, die Erholung auf Kosten ärmerer aber exotischer Länder suchen (vgl. hierzu Crick 1989; Vorlaufer 1996). Tourismus wurde als Ausbeutung vor allem der Armen in Dritte-Welt-Ländern gesehen, die in eine wirtschaftliche Abhängigkeit von westlichen Touristenströmen gerieten. Ebenso wie in der modernisierungstheoretischen Debatte um Tourismus ist die Sicht der Dependenztheoretiker von einer gewissen Einseitigkeit geprägt: „Die Kritik am Tourismus wurde aus dieser vereinfachenden Sicht, die den Süden als„Vergnügungsperipherie“ des Nordens bezeichnete und die „Bereisten“ zu passiven Opfern sowie die Reisenden zu einer blinden, von der Tourismuswerbung manipulierten Konsumgesellschaft stempelten, in die dependenztheoretische Debatte eingebettet.“ (Backes/Goethe 2003: 14)

Modernisierungstheoretiker sahen im Tourismus die Chance zu interkultureller Verständigung. Tourismuskritiker hingegen machten gerade den Kulturkontakt zwischen Einheimischen und Touristen für Kulturwandel und den Verlust von traditionellen Werten verantwortlich.

touristischer Infrastruktur aufgebracht werden mussten. Die durch Tourismus entstehenden Arbeitsstellen richteten sich entweder an hochqualifiziertes und damit meist ausländisches Personal oder gering bezahlte Saisonarbeiter. Auch die Produkte, wie beispielsweise Lebensmittel oder Ausstattungen von Hotelanlagen mussten aus Industrienationen importiert werden, da lokale Produkte den westlichen Ansprüchen nicht genügten. 28

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Die große Krise der Entwicklungswelt Die 1980er Jahre wurden von der Weltbank zum „verlorenen Jahrzehnt“ erklärt. Die innovativen Ansätze der 1970er Jahre wie die neue Wirtschaftsordnung waren nicht erfolgreich, neue strategische Entwürfe noch nicht in Sicht. Gravierender war allerdings die Erkenntnis, dass sich die Situation in einer wachsenden Zahl der Entwicklungsländer dramatisch verschlechtert hatte und die Armut weiterhin anstieg. Die „großen Theorien“ wurden als überholt angesehen. In der Wirtschaftspolitik machte sich eine „Renaissance der Neoklassik“ (Menzel 1993: 152) bemerkbar, wachstumsorientierte Modelle fanden wieder vermehrt Einzug in die Diskussion. Fundamentalkritiker der Entwicklungshilfe forderten Handel statt Hilfe und eine Einstellung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. Anhänger dieser Kritik erhoben den freien Markt zur effizientesten Instanz um Entwicklung voranzutreiben.8 Innerhalb der Entwicklungspolitik kam man zu dem Schluss, dass die Probleme der Entwicklungsländer sowohl auf endogene als auch exogene Faktoren zurückzuführen seien, Unterentwicklung also eine Folge von doppelter Abhängigkeit ist. Daher bestimmten Exportförderungs- und Entschuldungsstrategien sowie Strukturanpassungsprogramme die entwicklungspolitische Konzeption Mitte der 1980er Jahre (von Renesse 1995).9 Zu dieser Zeit kamen auch neue Bedenken und Zweifel auf. Was bis zum Beginn der 1980er Jahre als Entwicklung und technischer Fortschritt betrachtet wurde, erwies sich nicht nur als eine Illusion für die Entwicklungsländer, sondern verhieß gleichzeitig eine Horrorvision. Eine Verallgemeinerung des Produktions- und Konsumstils wie er in den Industrieländern praktiziert wurde, war mit der Verfügbarkeit weltweiter Ressourcen und der Natur nicht vereinbar. Entwicklung wie sie seit den 1960ern verstanden wurde konnte gleich gesetzt werden mit dem Fortschritt der Destruktivkräfte und dem Zusteuern auf eine globale Umweltkatastrophe (Boekh 1993). Eine Lösung der globalen Umweltkrise musste nicht zuletzt am Verschwendungswohlstand der Industrienationen ansetzen (Nohlen/Franz 1993b). 8 9

Als Beispiel sei hier die „Kieler Schule“ genannt. Einen Überblick über die theoretischen Strömungen bietet Menzel (1993). Ein prominenter Kritiker dieser Programme war Samir Amin: „Amin widersprach mit seinem Paradigma auch der sowjetmarxistischen Entwicklungsideologie, die in der Phase des Entkolonisierungskampfes und auch in den postkolonialen Aufbaujahren bei den neuen Eliten der Dritten Welt auf viel Sympathie stieß. Und es war nur konsequent, dass Amin später, also in den 1970er und 1980er Jahren, einigen der prominenten entwicklungspolitischen und entwicklungsplanerischen Hilfskrücken mit größter Skepsis, oft mit fundamentaler Kritik begegnete: so der Programmatik über eine Neue Internationale Wirtschaftsordnung (und ihren operativen Konzepten), der Grundbedürfnis-Strategie, der ILO-Programmatik im Hinblick auf den informellen Sektor usw.“ (Senghaas 2001: 199) 29

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Auch die Skepsis an Tourismus als entwicklungsfördernder Wirtschaftszweig wuchs. Anstoß zu ethnologischen Untersuchungen und Überlegungen gaben die Proteste und negativen Reaktionen der „Gastgeber“, die sich gegen Tourismus in ihren Gebieten wehrten (Graburn/Jafari 1991). Tourismus wurde für soziale Probleme, wie Entstehung von Prostitution, Kriminalität, die Verschlechterung des kulturellen Umfelds und von Umweltbedingungen sowie die Entmündigung Einheimischer verantwortlich gemacht.10 Besonders taten sich hierbei christlich geprägte Organisationen wie das „Ecumenical Council on Third World Tourism in Bangkok“, „Christian Conference of Asia, Singapore“, „Institute of Pacific Studies, Fiji“ hervor (Graburn/Jafari 1991). Die Proteste dieser Organisationen hatten Diskussionen auf internationaler Ebene zur Folge, wie die Debatten zu Ökotourismus bzw. „soft-path tourism“ der UNESCO 1982, der International Academy for the study of tourism 1989 sowie der World Tourism Organization11 1980, 1985 und 1989 (Graburn/ Jafari 1991). Waren Sozialwissenschaftler und hier vor allem Ethnologen bis Anfang der 1980er Jahre dem Tourismus gegenüber sehr skeptisch eingestellt, so begannen erste Stimmen, dem Tourismus nicht nur negative Auswirkungen zuzusprechen. Cohen kam durch seine Untersuchungen bei Bergbewohnern Thailands bezüglich der Auswirkung von Tourismus auf deren Leben – auch 10 Kritisch äußerten sich z. B. Mechthild Maurer und Jörg Wetterich zu dieser Zeit: „Die Expansion des Tourismus in die Länder der Dritten Welt wurde von den ‚Entwicklungsexperten‘ forciert. Ihrer Meinung nach ergänze der Tourismus die Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer auf geradezu ideale Art. Die Entwicklungsländer sollten ihre ‚natürlichen Reichtümer‘ – Sonne, Strand, unberührte Natur und exotische Menschen – durch den Bau von Tourismuszentren ‚kapitalisieren‘. Die Touristen könnten diese (Tausch-)Werte in Anspruch nehmen und dafür in klingender Münze, den dringend benötigten Devisen, bezahlen. Darüber hinaus würden neue Arbeitsplätze geschaffen. Durch die Förderung des Ferntourismus könnte das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden werden. Die Erholungsbedürftigen regenerieren kostengünstig ihre Arbeitskraft fernab vom Streß der Metropolen und leisten genau dadurch einen Beitrag zur Entwicklung ihrer Gastländer. Als ideologischen Zuckerguß postulieren die Experten den positiven Einfluß des Tourismus auf die Völkerverständigung. [...] Insgesamt gibt der Tourismus nur geringe Impulse für die Entwicklung der Dritten Welt. Doch die vorhandene Abhängigkeit vom Tourismus können die einzelnen Länder nicht kurzfristig überwinden, ohne noch weitere wirtschaftliche Probleme für ihr eigenes Land hervorzurufen.“ (Maurer/Wetterich 1986: 16 f.) 11 „[...] the World Tourism Organization (WTO, founded 1924 [sic, 1925]), a UNaffiliated intergovernmental agency, gathers and disseminates data, provides technical assistance, and sponsors training programs and conferences.“ (Graburn/Jafari 1991: 6) Vgl. auch das ABC der Vereinten Nationen (Auswärtiges Amt 2000: 139): „Grundlegende Zielsetzung der Welttourismus-Organisation ist die Förderung und Entwicklung des Tourismus als Beitrag zu wirtschaftlicher Entwicklung, internationalem Verständnis, Frieden, Wohlstand und Respekt für Freiheit und Menschenrechte ohne Unterschiede nach Rasse, Geschlecht, Sprache oder Religion.“ 30

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für Cohen überraschend – zum Ergebnis, dass der Tourismus keine zerstörerischen Auswirkungen für diese lokale Gesellschaften mit sich bringt (Cohen 1989). Immer mehr Ethnologen kamen zur Überzeugung, dass man nicht alle sozialen Missstände eines Landes dem Tourismus alleine zuschreiben könne, politische und soziale Zusammenhänge wurden stärker beachtet. Die paternalistische, kulturbewahrende Haltung einiger Wissenschaftler in der Tourismusdebatte wurde zum Anstoß für Überlegungen bezüglich der Rolle des Wissenschaftlers selbst. Als Valene Smith die Autoren ihres Bandes „Hosts and Guests“ anlässlich einer Neuauflage bat, ihre Artikel zu überarbeiten, hatten viele ihren Standpunkt neu überdacht und eine etwas ausgeglichenere Meinung vertreten (vgl. Nash/Smith 1991: 15). Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Tourismus ging nun schrittweise darüber hinaus, die Auswirkungen von Tourismus lediglich in die Schublade „gut“ oder „schlecht“ zu stecken. Stattdessen fanden erste Überlegungen zu sozial verträglichem Tourismus Eingang in die wissenschaftliche Debatte.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz für die „Eine Welt“ Seit Beginn der 1990er Jahre rückte auf Initiative des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) das Konzept der menschlichen Entwicklung in den Vordergrund internationaler Entwicklungspolitik. Dieses Konzept wurde als Gegenentwurf zur bisherigen auf Marktwirtschaft und staatlicher Ebene stattfindenden Entwicklungszusammenarbeit begriffen. Im Mittelpunkt sollten nun die Menschen und der „Entwicklung ermöglichende Staat“ stehen (Klemp 2000: 57). Menschliche Entwicklung wurde in diesem Zusammenhang als Prozess definiert, der die Fähigkeiten von Menschen fördern und ihre Wahlmöglichkeiten erweitern sollte (Klemp 2000: 57). Das Leitbild der nachholenden Entwicklung wurde damit vom Konzept der nachhaltigen Entwicklung abgelöst. Bezeichnend für diese Epoche ist zudem die Abwendung vom Begriff der Entwicklungshilfe, der durch den der Entwicklungszusammenarbeit ersetzt wurde. Die UNDP erstellte als multidimensionalen Maßstab den so genannten „Index für menschliche Entwicklung“ (Human Development Index), der vier grundlegende Dimensionen des menschlichen Lebens zusammenfasst: Langes und gesundes Leben, Zugang zu Bildung, wirtschaftliche Sicherheit und soziale Integration (UNDP 1999: 163). Entwicklung wurde verstärkt als ein Prozess definiert, der Risiken und Unsicherheit meidet (Klemp 2000: 58). Noch immer ging die Entwicklungspolitik jedoch davon aus, dass Entwicklung durch Interventionen von außen erzeugt werden kann und für ausgewählte Zielgruppen technisch machbar und wiederholbar ist. Entwicklung ist zudem anhand von definierten Zielen wie dem Index für menschliche Entwicklung vorhersehbar und Ergebnisse und Wirkungen können leicht erfasst und gemessen werden. 31

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Ein Schlagwort der letzten Entwicklungsdekade ist der Begriff der „Nachhaltigkeit“ und mit ihm der „nachhaltigen Entwicklung“. Nachhaltigkeit deutet immer auf ein Zukunftsdenken hin und wird umgesetzt, indem Bedürfnisse des Hier und Jetzt so befriedigt werden, dass auch zukünftigen Generationen die Möglichkeit haben, ihren eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden (Palm 2000: 8). 1987 wurde der Begriff sustainable development vom Brundtland-Bericht12 zum ersten Mal in die internationale Diskussion eingeführt, zeigte aber noch keine Wirkungen auf die Entwicklungspolitik. Erst in den 1990ern konzentrierte sich die Entwicklungstheorie vermehrt nicht nur auf ökonomische Prozesse, sondern auch auf gesellschaftliche Strukturen und Mechanismen, die für die Verteilung von Ressourcen entscheidend sind. Die Rolle von politischen Ordnungen, Ideologien, religiösen Systemen bei der Verteilung von Macht und Wohlstand, sozialer Sicherheit oder Bildung wurde beispielsweise in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in die Planung mit einbezogen. Zumindest in der Rhetorik der Entwicklungspolitiker spielt nun auch vermehrt der Begriff der Kultur bzw. der sozio-kulturellen Faktoren eine Rolle für die Gestaltung von Entwicklungszusammenarbeit. 1992 wurde mit der Agenda 21 in Rio de Janeiro13 einerseits das Recht auf Entwicklung, hier im Sinne von Industrialisierung, aller Länder anerkannt und gleichzeitig eine gemeinsame, wenn auch unterschiedliche Verantwortung von Industrie- und Entwicklungsländern für den Zustand der globalen Umwelt und die daraus erwachsenden Pflichten zur Lösung der Probleme beschlossen (Wieczorek-Zeul 2000: 17). Vor dem Hintergrund, dass 18 Prozent der Menschheit (nämlich die in den Industriegesellschaften lebende) 86 Prozent der Weltressourcen verbrauchen (Klemp 2000: 74), ist in der internationalen Entwicklungspolitik das Bewusstsein erwacht, dass ein Umdenken vor allem in den Industrienationen dringend notwendig ist. In der deutschen Entwicklungsdebatte hatte dies zur Konsequenz, dass Umwelt- und Ressourcenschutz nun in alle Programme und Projekte einfließen sollte. Armut wurde der Idee der nachhaltigen Entwicklung entsprechend nun als eine wesentliche Ursache „unangepaßter, nicht nachhaltiger Produktions- und Lebensverhältnisse“ ver12 Der „Brundtland-Bericht“ entstand unter Leitung der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland und wurde der World Commission on Environment and Development 1987 vorgelegt. Der Bericht „Our Common Future“ stellte die wechselseitige Abhängigkeit von Umwelt und Entwicklung dar und plädierte für eine weltweite sozial- und umweltverträgliche Wirtschaftspolitik mit dem Ziel einer „dauerhaften Entwicklung“. (vgl. Nohlen/Franz 1993a: 471) 13 Im Juni 1992 fand in Rio de Janeiro die United Nations Conference on Environment and Development statt, an der 178 Regierungen und 120 Regierungsvertreter teilnahmen. Ergebnisse der Konferenz waren u. a. die Earth Charter und die Agenda 21. „Die Agenda 21 ist ein Ausdruck globalen Willens, die Erde auch über das 21. Jahrhundert hinaus bewohnbar und bewohnenswert zu gestalten. Allerdings widerspricht sie in weiten Teilen dem derzeitigen Verständnis politischen und wirtschaftlichen Handelns.“ (Winter 2004) 32

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standen (Wieczorek-Zeul 2000: 17). Eine ökologisch vernünftige Globalisierung und nachhaltige Armutsbekämpfung und damit auch ein entsprechender Wertewandel wird sowohl für die Industrie- als auch Entwicklungsländer gefordert. Als Vorbild für eine globale Ökologiepolitik gilt – trotz einiger Umsetzungsdefizite – die Umweltpolitik der Europäischen Union. Der Grund für die so genannte Unterentwicklung einiger Länder wird auch heute auf interne Rahmenbedingungen, wie etwa politische Strukturen und Geographie, und externe Ursachen, z. B. die Einbindung in den Weltmarkt, zurückgeführt. Die Verantwortung für die externen Ursachen liegt bei der internationalen Gemeinschaft und deren Finanz-, Wirtschafts- und Welthandelspolitik. Entwicklung wird somit als ein weltweiter Prozess aufgefasst, der in verschiedenen Regionen entsprechend der jeweiligen externen und internen Rahmenbedingungen unterschiedlich verläuft, jedoch auch gesteuert werden kann und soll. Entwicklungspolitik soll, so die Ministerin Wieczorek-Zeul, nicht den Charakter eines „Reparaturbetriebes“ haben, sondern muss gestaltend in weltweite Entwicklungsprozesse eingreifen (Wieczorek-Zeul 2000: 13). Gleichzeitig wird eine gemeinsame und globale Verantwortung für den Erhalt der Welt und damit eine nachhaltige Entwicklung propagiert.

Die Wende im Tourismus In den 1980er und 1990er Jahren war das Thema Tourismus in der deutschen Entwicklungspolitik tabu, auf eine aktive Förderung dieses Bereichs wurde bewusst verzichtet (Beyer 2003). Tourismus, so hieß es, sei Sache der Privatindustrie und entwickle sich auch ohne das Zutun der Entwicklungspolitik. Mit Hinweis auf die sozio-kulturellen und ökologischen Probleme, die mit Tourismus in Zusammenhang gebracht werden, erschien eine Förderung entwicklungspolitisch wenig sinnvoll. Spreitzhofer (1995: 46) bemerkt hierzu, dass die positive Rolle des Tourismus als ökonomischer und sozio-kultureller Entwicklungshelfer nicht mehr dem Diskussionsstand entsprach, „die Betonung zeitgenössischer Tourismuskritik liegt eindeutig auf der Fülle negativer Konsequenzen auf allen Ebenen“. Trotz der kritischen Haltung war eine Einschränkung oder gar ein Verbot von Tourismus in Entwicklungsländern politisch nicht durchsetzbar und erschien zudem nicht sinnvoll. Auf nationaler und internationaler Ebene wurden seit Beginn der 1990er Jahre vermehrt Stimmen laut, die die ablehnende Haltung der Entwicklungspolitik gegenüber Tourismus kritisierten. Wenn Entwicklungspolitik den Tourismus einfach nur ignoriere, so die Überlegungen, entgehe ihr damit die Möglichkeit, sowohl die negativen als auch die positiven Auswirkungen von Tourismus zu steuern (Aderhold et al. 2000; Beyer 2003; Häusler 2001). Bei Trägern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zeichnet sich Mitte der 1990er Jahre tatsächlich ein Paradigmenwechsel im

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Hinblick auf den Umgang mit dem Thema Tourismus ab (Beyer 2003).14 Doch Aderhold (2000) und Haep (1997) bemängeln den geringen Stellenwert, den Tourismus in der deutschen Entwicklungspolitik noch immer hat. Im Rahmen von Entwicklungsprojekten nimmt Tourismus eher eine untergeordnete Rolle ein und dient im Wesentlichen als eine Komponente zur Finanzierung von Naturschutzaktivitäten. Die Tourismusbefürworter innerhalb der Entwicklungszusammenarbeit gehen davon aus, dass „Tourismus nicht gleich Tourismus ist“. Als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit soll nicht Tourismus an sich gefördert werden (Aderhold et al. 2000; Haep 1997; Palm 2000), da er die Probleme der Entwicklungsländer nicht lösen kann. „Nachhaltiger Tourismus“ hingegen, und nur diese Form, habe einen hohen entwicklungspolitischen Nutzen und gelte als sinnvolle Ergänzung für Entwicklungsvorhaben mit Schwerpunkt auf Land- oder Forstwirtschaft oder ländlicher Regionalentwicklung (Haep 1997). Im Grunde vertreten Befürworter von nachhaltigen Tourismusformen die Ansicht, dass man aus der Geschichte des Tourismus gelernt habe und Negativeffekte nicht nur vorhersehen, sondern auch maßgeblich einschränken könne. Jafari bemerkt hierzu: „Because the polarized debates between the Advocacy and Cautionary Platforms have been mainly concerned with the impacts of the industry, one then could argue that some alternative forms or adapted types of tourism would have lesser or fewer negative consequences than other options. Therefore, attention was gradually drawn to its alternative forms of development.“ (Jafari 2001: 31)

Die von Modernisierungstheoretikern und Neoliberalisten propagierten wirtschaftlichen Vorzüge von Tourismus wurden zur Zielsetzung und mit Konzepten der aktuellen Entwicklungsdiskussion, wie etwa Nachhaltigkeit und Umweltschutz, bereichert. Beispielhaft sei hier die Berliner Erklärung genannt, die am 8. März 1997 von verschiedenen Staaten und Institutionen (u. a. auch der Europäischen Kommission, UNEP, World Tourism Organization) unterzeichnet wurde. Die Unterzeichnenden stimmten über folgende Grundsätze überein: „Touristische Aktivitäten sollten ökologisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell verträglich sein: Entwicklung und Management touristischer Aktivitäten sollten von den Zielen, Grundsätzen und Verpflichtungen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt geleitet sein.“ (Bundesministerium für Umwelt 1997)

Seit 2000 wird die Bedeutung von Tourismus im Ressourcen- und Biodiversitätenschutz von verschiedensten internationalen Institutionen deutlich hervorgehoben (Strasdas 2002a). Als vorläufiger Höhepunkt der entwicklungspolitischen und internationalen Tourismusdebatte kann das Internationale Jahr

14 Für eine detaillierte Aufzählung verschiedener Projekte, Veröffentlichungen und Aktivitäten die in diesem Zeitraum von entwicklungspolitischen Institutionen wie BMZ, GTZ, DED, etc. entstanden siehe Beyer (2003: 13 f.). 34

TOURISMUS UND ENTWICKLUNG

des Ökotourismus gewertet werden, dass von den Vereinten Nationen 2002 ausgerufen wurde. Aus Sicht der Entwicklungspolitik wurde Tourismus als Bestandteil von Entwicklungsprojekten vorerst als „nachrangige Angelegenheit“ (Aderhold et al. 2000: 214) eingestuft. Nach wie vor ist dieses Thema kein Arbeitsschwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und wird es voraussichtlich auch zukünftig nicht sein (Palm 2000: 7). Trotzdem ist bei den entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen wie beispielsweise der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) die Euphorie im Bezug auf Tourismus deutlich gewachsen. Gleichzeitig kann man auch eine eher marktorientierte Konzentration in der entwicklungspolitischen Debatte verfolgen. Der Trend zu Wirtschaftswachstum als Entwicklung ist – wieder einmal – unverkennbar. Hieß die Devise in den 1960er Jahren „Tourism = Development“, so gilt heute die Formel „Sustainable Tourism = Sustainable Development“. Die Verknüpfung von Entwicklungsparadigmen und Tourismus fand jedoch nicht nur Anhänger. Butcher (2003) spricht in diesem Zusammenhang von einer „Moralisierung“ des Tourismus und einer absoluten Abwendung vom Menschen zugunsten der Natur. Auch West und Carrier (2004) bemängeln derartige Tendenzen. Somit kann man auch in der relativ jungen Tourismusethnologie eine Trendwende feststellen. Waren in den Anfängen vor allem Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit, Partizipation und sozialer Gerechtigkeit laut geworden, so werden nun neuere Tourismusformen, die gerade diese Kritikpunkte verinnerlicht haben, mit Skepsis betrachtet. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Diskussion um Tourismus nur zwei Extreme kennt: „tourism as a godsend and tourism as evil“ (Crick 1989: 308), wobei Tourismusanhänger meist ökonomische und Tourismuskritiker moralische Argumente vorbringen. Dies führt dazu, dass die Debatte vor allem ideologisch und wenig inhaltlich gestützt erscheint.

Globale Entwicklung und Kultur im 21. Jahrhundert Die großen Entwicklungstheorien orientierten sich am Leitbild westlicher Industrienationen und plädierten für eine nachholende Entwicklung der restlichen Welt. Kritische Stimmen bemerken, dass diese eurozentrisch geprägten Ansätze es nicht schafften, die vermeintliche Unterentwicklung anderer Länder zu erklären, geschweige denn Strategien zur Bekämpfung weltweiter Armut zu entwerfen. Auch wenn in den 1990er Jahren ein kontinuierlicher Wandel innerhalb der (deutschen) Entwicklungspolitik festgestellt werden kann, bleibt der Grundgedanke der nachholenden und wachstumsorientierten Entwicklung bestehen. Das Scheitern von Projekten hat zu einer tieferen Problemsicht geführt, aber nicht zu einer Verabschiedung des Konzepts von Entwicklung. 35

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Nach wie vor wird mit Entwicklungspolitik ein an bestimmten Zielen orientierter Transformationsprozess verstanden. Zielsetzungen haben sich im Laufe der Zeit verändert und wurden in einem hohen Maße von internationalen Vereinbarungen und Verträgen abhängig. Die Ziele sind zudem komplexer geworden. Neben der Zusammenarbeit mit Regierungen von Partnerländern finden auf lokaler Ebene Projekte statt, die sich vorerst auf eine kleine Zielgruppe15 konzentrieren und bei Erfolg einen Schneeballeffekt auslösen sollen. Das bedeutet, dass Menschen, die von Projekten gefördert wurden, zu Multiplikatoren werden indem sie ihr neu erlangtes Wissen oder ihre Erfahrungen an andere weitergeben. Neue Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit sind beispielsweise die Partizipationsförderung oder das Gender-Konzept, das die gezielte Förderung von Frauen aber auch prinzipielle Beachtung der kulturellen Geschlechterrollen innerhalb einer Zielgruppe anvisiert und Bestandteil aller Projekte sein soll. Auch „Capacity Building“ gehört zu den neueren Schlagworten der Entwicklungszusammenarbeit. Dieses Konzept geht davon aus, dass Geberorganisationen nicht selbst Probleme lösen, sondern ausbildend, unterstützend und beratend tätig wirken sollen. Damit soll die Problemlösungskapazität von Organisationen, Institutionen und den Menschen vor Ort gestärkt werden. In diesem Zusammenhang spielt die Kultur der Zielgruppen in der entwicklungspolitischen Debatte eine wichtige Rolle. Entwicklungspolitik setzt den ideellen Rahmen bzw. die normative Orientierung für Entwicklungszusammenarbeit. Bei der Entwicklungszusammenarbeit hingegen sind die Interaktionen verschiedener Akteure und Kulturen entscheidend, bei denen bestimmte Werte, Normen und Vorstellungen bezüglich einem wünschenswertem Leben aufeinander treffen. Neben dem Problem der interkulturellen Kommunikation kommen in der Entwicklungszusammenarbeit auch die politischen und wirtschaftlichen Interessen der Geber- und der Zielgruppen zum Tragen, die unter Umständen nicht miteinander übereinstimmen. Diese Überlegungen haben Eingang in die entwicklungspolitische Diskussion gefunden, wenn auch auf einem eher abstrakten Niveau, und werden meist als „soziokulturelle“ oder „kulturelle“ Probleme definiert. Der Kulturbegriff, auf den sich entwicklungspolitische Institutionen beziehen, orientiert sich an dem klassischen „Kugelmodell von Kultur“:

15 Lachenmann äußert sich kritisch zum entwicklungspolitischen Begriff der Zielgruppe: „Das in der Entwicklungspolitik vorherrschende Menschenbild kann einerseits als ökonomisch nutzenmaximierend, andererseits als irrational, traditional, in statischen sozio-kulturellen Verhältnissen verhaftet gekennzeichnet werden. Die handelnden Menschen werden plötzlich zur ‚Zielgruppe‘ oder zu ‚Zielgruppen‘ ohne daß überhaupt gesagt wird, wer hier auf wen zielt und womit. Auch in den entsprechenden entwicklungspolitischen Dokumenten ist statt von Bevölkerung oder Menschen einfach von ‚Zielgruppen‘ die Rede. Die Herkunft dieses Begriffes aus der Militärtheorie [...] ist offensichtlich.“ (1990: 32) 36

TOURISMUS UND ENTWICKLUNG „Die Abgrenzung einer Kultur von anderen Kulturen besteht danach einerseits in der Lebensweise (z. B. Wohngebiet, Endogamie, Wirtschaft, Religion etc.), andererseits im Bewusstsein (durch Ethnonyme, also Eigennamen, und Symbole wie Kleidung). Es wird die interne Kohärenz betont, die sich besonders in geteilten Normen, Werten und Gewohnheiten (‚shared culture‘) zeigen soll. Diese essentialistische Vorstellung homogener, geschlossener Kultur (Kultur-Essentialismus) prägt nicht nur weitgehend das herrschende Laienverständnis. [...] Dieser Diktion folgt auch die auf der Weltkonferenz für Kulturpolitik Mondiacult 1982 geprägte Kulturdefinition, die im Kern bis heute gültig ist und von vielen großen EZ-Organisationen – so auch dem BMZ in seinem Partizipationskonzept (BMZ 1999) – unverändert übernommenen wurde.“ (Schönhuth 2005: 111)

Kultur wird bei der Projektplanung „berücksichtigt“, ebenso wie andere einem Entwicklungsziel hinderliche oder förderliche Faktoren. Dementsprechend formuliert Escobar seine Kritik an der Entwicklungswelt sehr scharf: „Development was – and continues to be for the most part – a top-down, ethnocentric, and technocratic approach, which treated people and cultures as abstract concepts, statistical figures to be moved up and down in the charts of ‚progress‘. Development was conceived not as a cultural process (culture was a residual variable, to disappear with the advance of modernization) but instead as a system of more or less universally applicable technical interventions intended to deliver some ‚badly needed‘ goods to a ‚target‘ population. It comes as no surprise that development became a force so destructive to Third World cultures, ironically in the name of people’s interests.“ (Escobar 1995: 44)

Auch wenn der Vorwurf, Gesellschaften in der Dritten Welt seien der zerstörenden Wirkung von Entwicklungszusammenarbeit passiv ausgesetzt, nicht empirisch gestützt werden kann, so bleibt das Thema Kultur und Entwicklungszusammenarbeit, das Escobar hier anspricht nach wie vor problembehaftet. Gardner und Lewis schreiben hierzu: „[...] development is an enormously powerful set of ideas which has guided thought and action across the world over the second part of the twentieth century;“ (1996: 2)

Der Diskurs rund um Kultur, gesellschaftlichen Wandel und wünschenswerter Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Dies gilt insbesondere für nachhaltige Tourismusprojekte wie gemeindeorientierten Tourismus.

Gemeindeorientierter Tourismus als Form von Nachhaltigem Tourismus In den vorherigen Abschnitten wurde erläutert, wie Tourismus Einzug in die entwicklungspolitische Diskussion fand. Die Befürworter alternativer Tourismusformen grenzen diese dabei eindeutig von Massentourismus ab und unterscheiden damit zwischen nachhaltigen und nicht-nachhaltigen Tourismusformen. Nachhaltiger Tourismus kann somit auch als eine Kritik der industriellen Modernisierung und der dadurch entstandenen massentouristischen Bewegungen verstanden werden (Meethan 2001: 57). Das Konzept steht in Zusammen37

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hang mit der Vorstellung von Carrying Capacity, der Belastbarkeit oder auch Tragfähigkeit der natürlichen und sozialen Umwelt, die als Maßstab für nachhaltige Tourismusplanung gilt. Tourismuskonzepte, die im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte aufkommen, basieren auf der Idee, Kultur und Natur bewahren zu wollen. Sie verstehen sich als angepassten Tourismus und sehen sich in erster Linie als Alternativen zu Massentourismus. Die Bandbreite der Begriffe, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsbewegung auftauchen um diese neue Formen von Tourismus zu bezeichnen, ist schier unermesslich, wie Jafari zeigt: „The prescribed strategies have variously been known as agrotourism, appropriate tourism, community-based tourism, controlled tourism, cottage tourism, cultural or ethnic tourism, ecotourism, farm tourism, green tourism, indigenous tourism, lifeseeing tourism, nature tourism, paratourism, responsible tourism, rural tourism, sensible tourism, small-scale tourism, soft tourism, and sustainable tourism; the list is still growing, with „no tourism“ even named as an alternative by itself.“ (Jafari 2001: 31)

Die Fülle der Begrifflichkeiten gibt bereits einen Hinweis darauf, dass all diese alternativen Tourismusformen schwer bestimmbar sind. Dies gilt auch für den gemeindeorientierten Tourismus. Nach Häusler und Strasdas (2003: 3 f.) ist gemeindeorientierter Tourismus eine Tourismusform, bei der ein signifikanter Anteil der lokalen Gesellschaften nicht nur in das Projekt miteinbezogen wird, sondern auch substanzielle Kontrolle sowohl bei der Entwicklung als auch dem Management hat. Der Idealfall sieht vor, dass durch Tourismus erwirtschaftete Gewinne zu einem Großteil in die lokale Wirtschaft fließen. Selbst die Mitglieder einer Gemeinde, die nicht direkt im Tourismussektor beschäftigt wären, sollten vom Tourismus profitieren, etwa durch die Einrichtung von Gemeindefonds oder den Multiplikatoreffekt. Folgende Punkte sollten gemeindeorientierten Tourismus ausmachen (Häusler/Strasdas 2003: 3 f.): ʊ

ʊ

ʊ

ʊ

ʊ

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Besucher werden gezielt auf die Begegnung mit Minderheiten vorbereitet, Bildung und kulturelle Übersetzerarbeit sind Teil der Serviceleistungen für Touristen. Gemeindeorientierter Tourismus richtet sich an kleine Besuchergruppen und wird von spezialisierten lokalen Unternehmen organisiert. Das Bewusstsein der Einheimischen als auch der Touristen für Bewahrung von Umwelt und Natur wird gezielt gestärkt. Die negativen Begleiterscheinungen für Natur, Umwelt und Kultur der Einheimischen werden auf ein Minimum reduziert. Der Schutz der Umwelt wird gefördert indem die Bevölkerung durch Umweltmanagement finanzielle Vorteile erhält.

TOURISMUS UND ENTWICKLUNG

Gemeindeorientierter Tourismus16 ist nachhaltiger Tourismus und wird als solcher in der Entwicklungspraxis eingesetzt. Allerdings grenzt man durch den Begriff der Gemeinde diese Form von anderen (und älteren) Tourismuskonzepten wie Ökotourismus ab, der sich explizit auf den Schutz von Natur und Wildnis bezieht. Dies kann als eine Reaktion auf Ökotourismusprojekte verstanden werden, die immer wieder in das Kreuzfeuer der Kritiker geraten, wenn etwa zugunsten von Natur- und Tierschutz ganze Dörfer umgesiedelt werden und man Menschen ihre Lebensgrundlage entzieht (Backes 2005). Somit lässt sich gemeindeorientierter Tourismus nicht nur durch das Prinzip der Nachhaltigkeit, sonder auch durch weitere, am Entwicklungsdiskurs orientierte Schlüsselkonzepte charakterisieren. Mit Begriffen wie Gemeinde, Partizipation, Gender und Kultur, die hier im Folgenden diskutiert werden, sollen der Mensch und seine Bedürfnisse im Zentrum des Tourismusprojektes stehen. Vergleicht man diese Forderung jedoch mit den von Häusler und Strasdas aufgezählten fünf Punkten (s. oben), so fällt auf, dass sich lediglich die ersten beiden Punkte auf Menschen, also auf Besucher und Gastgeber, beziehen. Die von Häusler und Strasdas angeführten Merkmale sind somit ein starkes Indiz dafür, dass Umwelt- und Naturschutz auch für gemeindeorientierte Tourismusprojekte nach wie vor eine bedeutende Rolle spielt.

Das Konzept der Gemeindeorientierung Jedes Entwicklungsprojekt hat eine Zielgruppe, der die Ergebnisse der entwicklungspolitischen Maßnahmen zugute kommen sollen. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind das jene gesellschaftlichen Gruppen, „[...] deren Beteiligungsmöglichkeiten u. a. aufgrund fehlender Macht und wirtschaftlicher Möglichkeiten unzureichend sind, sowie insbesondere die Armen, die durch unmittelbare oder mittelbare Armutsbekämpfung oder durch strukturelle Reformen gefördert werden sollen.“ (GTZ 2004: 38)

Diese Definition schließt nicht aus, dass auch andere gesellschaftliche Gruppen durch ein Projekt begünstigt werden, der Fokus auf arme oder marginalisierte Bevölkerungsschichten ist jedoch eindeutig.

16 Die Ecotourism Working Group nennt für das Jahr 1992 (1995: 35) ca. 30 verschiedene Begriffe die Ökotourismus bezeichnen, wie etwa „Alternative Tourism“, „Ecological Tourism“ oder „Sustainable Tourism“; der Begriff „Community (Based)“ kommt nicht vor – ein Indiz dafür, dass gemeindeorientierter Tourismus ein sehr junges Konzept ist. Glaser und Marcus nennen 1994 den Begriff „Community-Based Nature Tourism“ auf dem Fünften Symposium „Society and Resource Management“, Ashley und Garland stellen ebenfalls 1994 ein Konzept für „Community Based Tourism“ in Namibia vor. Vermutlich kam der Begriff zu dieser Zeit erstmals in der Entwicklungszusammenarbeit auf. 39

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Das Konzept des gemeindeorientierten Tourismus arbeitet ebenfalls mit Zielgruppen, die in diesem Fall die Gemeinden darstellen (Häusler/Strasdas 2003). Trotzdem wirft die Frage danach, wem gemeindeorientierter Tourismus in der Realisierungsphase tatsächlich zugute kommt einige Diskontinuitäten auf, die sich mit den Prinzipien der Entwicklungspolitik nur schwer in Einklang bringen lassen. Gemeindeorientierter Tourismus geht von der Annahme aus, dass das positive Potenzial von Tourismus nur durch die direkte Einbeziehung der vor Ort lebenden Menschen, der Gemeinden, ausgeschöpft werden kann. Hier stellt sich die Frage, wer genau nun teilnehmen soll oder kann, bzw. wer Mitglied einer solchen Gemeinde (community) ist.17 In der Ethnologie und Soziologie benutzt man den Begriff der Gemeinde, um kleine Untersuchungseinheiten wie ein Dorf, soziale Gruppen in Städten oder einen Verein gegenüber komplexeren sozialen Feldern (wie etwa einer Gesellschaft) abzugrenzen (Dracklé 1999: 145). Merkmale einer Gemeinde sind die Überschaubarkeit einer sozialen Gruppe, die Übereinstimmung der Handlungen ihrer Mitglieder und das Bewusstsein der Gruppenmitglieder der Unterscheidung von anderen, also eine gemeinsame Identität. Der Begriff richtet sich nach dem Eigenverständnis einer Gruppe, das heißt: Eine Gruppe ist eine Gemeinde, wenn sie sich selbst als solche versteht. Rouse (2002: 158) beschreibt, dass der Begriff der „community“, der sowohl für die Dorf- als auch Staatsebene verwendet wird, eng mit zwei Ideen verknüpft ist. Zum einen wird eine unterscheidbare Gruppe von Menschen mit einem einzigen, begrenzten Raum in Verbindung gebracht. Zum anderen wird das Bild einer zusammenhängenden Gemeinschaft entworfen, die eine feste, statische Einheit bildet und deren Institutionen zur Aufrechterhaltung dieser Einheit dienen. Das was in der Entwicklungspraxis oft als Gemeinde definiert wird, nämlich die Dorfgemeinschaft, ist in den seltensten Fällen tatsächlich eine homogene Einheit, wird aber in der Entwicklungspraxis oft als solche behandelt. So können beispielsweise innerhalb der Gemeinde Sub-Gruppierungen existieren, die eigene Interessen haben (z. B. Jugendliche, bestimmte Berufs- oder Altersgruppen, Frauen, etc.). Die Definition einer Gemeinde im Rahmen eines Tourismusprojektes hat erheblichen Einfluss auf die Art und Weise, wie Partizipation umgesetzt wird. Die Entscheidungsmacht über die Frage, wer nun einer Gemeinde angehört oder nicht bzw. wer zu einer Zielgruppe zählt, liegt bei den Projektmitarbeitern und Vertretern staatlicher Institutionen. „[…] the identification of legitimate stakeholders may itself be a contestable task. For example, it is important to consider who determines whether an individual or groups is/are affected by a development and who has sufficient capacity to participate.“ (Reed 1997: 569) 17 Tatsächlich stellen sich dieser Frage sehr wenige Wissenschaftler: „[...] few researchers have paid much attention to defining community.“ (Milne 1998: 40) 40

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Auch wenn sich der Begriff der Gemeinde meist mit der Dorfstruktur deckt, wird in der Praxis selten eine gesamte Gemeinde (z. B. ein Dorf) in ein Tourismusprojekt integriert. Oft arbeiten Individuen, einzelne Familien oder lokale Initiativen, die in einer bestimmten Region touristische Strukturen bieten, zusammen (Häusler/Strasdas 2003: 4). Die Zusammenarbeit einer Gemeinde mit Akteuren von außen wie z. B. Vertretern des Tourismussektors (Joint Venture) ist für die Planung von gemeindeorientiertem Tourismus ebenfalls denkbar, ein solches Vorgehen soll den Zielgruppen Raum für Partizipation bieten. Bei der Planung von Tourismusprojekten wird davon ausgegangen, dass das Aufeinandertreffen verschiedener Werte und Ideen bei der Begegnung von Einheimischen und Touristen neue Prozesse und Handlungsmuster in Gang setzten kann. Eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung von gemeindeorientiertem Tourismus, so die Annahme, ist nicht möglich, wenn diese Prozesse von Menschen vor Ort negativ bewertet werden. Daher soll bei Planung und Umsetzung von Tourismusprojekten ein Gleichgewicht von Wünschen, Bedürfnissen und dem Potenzial, also den Fähigkeiten und Kenntnissen der lokalen Bevölkerung, eingehalten werden. Diese Anforderungen findet sich im Begriff der Partizipation wieder.

Partizipation im gemeindeorientierten Tourismus Entwicklungspolitische Institutionen verstehen unter Partizipation die Teilnahme von Mitgliedern einer Gruppe oder einer Organisation an deren Zielbestimmung und deren Zielverwirklichung. Es handelt sich um einen Prozess, in dem sich unterschiedliche Akteure die Kontrolle über Entwicklungsinitiativen sowie die hiermit verbundenen Entscheidungen und Ressourcen teilen und diese verhandeln. In der Entwicklungspraxis trägt der Begriff der Partizipation häufig normativen Charakter in dem Sinne, dass die Teilnahme und Teilhabe bisher ausgeschlossener oder marginalisierter Gruppen eingefordert wird (GTZ 1997). In Konzepten und Entwürfen zu nachhaltigen Tourismusformen taucht der Begriff der Partizipation immer wieder in Zusammenhang mit dem der Selbstbestimmung auf. Schönhuth (2005: 175) betont, „Partizipation in einem politischen Sinne bedeutet (mit)entscheiden“, weist aber auch gleichzeitig daraufhin, dass Anspruch und Wirklichkeit bei diesem Konzept in der Entwicklungszusammenarbeit weit auseinander klaffen (2005: 174). Auch Beyer (2003), der partizipative Maßnahmen in Tourismusprojekten der GTZ untersucht hat, kommt zu einem ähnlichen Schluss. Die Gründe für den weiten Graben zwischen „Anspruch und Wirklichkeit“ in Tourismusprojekten hängen sowohl mit der schwierigen begrifflichen Bestimmbarkeit von Partizipation, und zum anderen mit den speziellen Anforderungen nachhaltiger Tourismusprojekte zusammen. Partizipation wird in Tourismusprojekten als ein Stufenmodell verstanden, dass von der bloßen Information betroffener Zielgruppen durch Vertreter von 41

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Entwicklungsinstitutionen bis hin zur aktiven Selbsthilfe lokaler Akteure reicht. Diese Unterscheidung in verschiedene Formen von Partizipation haben zur Folge, dass „ [...] der Begriff selbst nicht präzise definiert ist und damit vieldeutig verwendet sowie unterschiedlich verstanden und interpretiert werden kann“ (Beyer 2003: 122). Hinzu kommt ein Aspekt, der von verschiedenen Experten immer wieder betont wird: Nachhaltige Tourismusformen sind komplex aufgebaut und erfordern Wissen über verschiedenste Bereiche wie etwa Management von Projekten, Marketing, Wissen zu Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung. „CBT [community based tourism, Anm. CN] requires a combination of business-oriented mentality and social development affinity and knowledge.“ (Häusler/Strasdas 2003: 7) Über ein solches Wissen verfügen gerade lokale Akteure in Regionen der dritten Welt in den seltensten Fällen, und diese fehlende „tourismusfachliche Kompetenz und Professionalität“ (Beyer 2003: 139) sorgt dafür, dass eine Einbeziehung der Zielgruppen aus Sicht der Experten so gut wie unmöglich erscheint. An dieser Stelle ergibt sich nach Ansicht von Häusler und Strasdas (2003) eine der größten Herausforderungen für das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus. Da für die Umsetzung des Konzeptes nämlich eine hohe Spezialisierung erforderlich ist, besteht die Gefahr, dass lokale Eliten und hier werden insbesondere männliche Akteure erwähnt, den Verlauf des Tourismusprojektes kontrollieren und auch zu ihrem eigenen Vorteil manipulieren können. All jene Akteure, die in der Gesellschaft bereits über Autorität, Einfluss und Bildung verfügen, haben die besten Aussichten, touristische Entwicklungen in ihrem Interesse zu kontrollieren, Zugang zu neuen Jobs zu erhalten und Geschäftsbeziehungen zu Außenseitern aufzubauen (Häusler/Strasdas 2003: 7). Um dieses Machtspiel zu unterbinden, so die weiteren Überlegungen von Häusler und Strasdas, ist die tatsächliche und aktive Einbeziehung aller betroffenen Akteure von großer Bedeutung. „In any case, participatory planning of tourism is the most direct way to ensure that local livelihood priorities influence tourism development, and therefore plays an important role within the concept of CBT.“ (Häusler/Strasdas 2003: 4)

Häusler und Strasdas schlagen eine enge Zusammenarbeit von Experten und lokalen Akteuren vor, bei der die betroffenen Gemeinden eine Führungsrolle einnehmen und von Experten und Regierungsinstitutionen unterstützt werden (2003: 7). Tatsächlich kann die Intensität der Partizipation bei der Planung und Umsetzung von gemeindeorientiertem Tourismus unterschiedlich gewichtet sein. Palm (2000: 15) nennt vier Stufen: Stufe 1

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Information: Alle Beteiligten werden über geplante oder laufende Aktivitäten des Projektes informiert.

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Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4

Konsultation: Die Beteiligten können ihre Meinung äußern und ihre Ratgebung ist gefragt. Entscheidung: Die Beteiligten haben ein Mitentscheidungsrecht über den geplanten Prozessverlauf. Eigeninitiative: Die lokale Bevölkerung wird selbst aktiv, entwickelt und bestimmt den Projektverlauf nach eigenen Vorstellungen.

Palm bemerkt zudem, dass die Stufen aufeinander aufbauen können, sodass im Laufe eines Projektes die Intensität der Partizipation entsprechend der Bedürfnisse und Fähigkeiten der Zielgruppe zunehmen kann. Beyer (2003: 15) weist darauf hin, dass die Entwicklungszusammenarbeit zwar im Allgemeinen über theoretische Konzepte und praktische Erfahrungen mit Partizipation verfügt, der Umgang mit Partizipation in Tourismusprojekten jedoch neue Komponenten erhält und eine neue Herausforderung darstellt. ‚Partizipation‘ ist allerdings nicht präzise definiert und kann, wie dies auch bei den oben dargestellten verschiedenen Intensitätsstufen deutlich wird, sowohl vieldeutig verstanden als auch unterschiedlich interpretiert werden (Beyer 2003: 122). So arbeitet die GTZ beispielsweise mit einem vorwiegend idealistisch geprägtem Partizipationsverständnis, das in engem Zusammenhang mit pädagogischer Wirkung (Vertrauensbildung, die Zielgruppe lernt ihre Entwicklungsmöglichkeiten realistischer einzuschätzen) und technischer Funktion (Beyer 2003: 45 f.) steht. Zum einen sind partizipative Ansätze in Anlehnung an die „Eine Welt“Rhetorik entstanden, die derzeit in der Entwicklungspolitik vorherrscht. Zum anderen wird Partizipation als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit verwendet um die Akzeptanz von Projektmaßnahmen seitens der Zielgruppen zu steigern. Die Umsetzung von Partizipation sagt damit viel über Entwicklungspolitik aus – und wenig über die tatsächliche Beteiligung von Zielgruppen an Projekten.

Gender und Tourismus Seit den 1990er Jahren taucht der Begriff „Gender“ in der Entwicklungszusammenarbeit verstärkt auf. Hierbei bezeichnet der Begriff jedoch nicht unbedingt die kulturell definierte Geschlechtlichkeit in Unterscheidung zum biologischen Geschlecht, sondern zielt mehr auf die Frage der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in den verschiedenen Gesellschaften ab. In Entwicklungskreisen kam man zu dem Schluss, dass viele Projekte und Programme in den Zielregionen auch deswegen nicht erfolgreich waren, weil die verschiedenen Rollen von Männern und Frauen nicht ausreichend beachtet wurden. Den Geschlechterrollen wurde mehr Aufmerksamkeit geschenkt und vor allem die gesellschaftliche Position der Frauen rückte nun in den Mittelpunkt der Überlegungen. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen zeigen Statistiken, dass Frau43

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en deutlich stärker von Armut betroffen sind als Männer, weniger Anteilnahme an politischen Entscheidungen sowie schlechteren Zugang zu Bildung haben. Insbesondere in Asien sind Frauen besonders häufig Opfer von Menschenrechtsverletzungen (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2001: 7). Zum anderen wurde erkannt, dass Frauen in Entwicklungsprozessen eine wichtige Rolle als so genannte Multiplikatoren einnehmen können. In vielen Gesellschaften etwa liegen Haushaltsführung und die Erziehung von Kindern in den Händen der Frauen. Werden nun Frauen in Bildungs- oder Gesundheitsprojekten zur Zielgruppe, so profitieren insbesondere Kinder bzw. die Familie der Frau von den Maßnahmen. (Klemp 2000: 78) Daher gehört die Stärkung der Rolle der Frau und die Förderung von Gleichberechtigung zu den Querschnittsthemen deutscher Entwicklungszusammenarbeit (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2001: 7). Auch in der Diskussion um Tourismus und insbesondere bei nachhaltigen Tourismusformen wird heute verstärkt auf die spezifische Rolle von Frauen bei touristischer Entwicklung in Ländern der Dritten Welt eingegangen.18 Im Tourismussektor lassen sich ebenfalls Geschlechterrollen erkennen. Frauen sind meist von den besser bezahlten Arbeiten ausgeschlossen und verdienen als Dienstmädchen, Köchin, Masseuse und ähnlichen Dienstleistungen im Tourismus weniger als ihre männlichen Kollegen. Haben Frauen in einer Gesellschaft nur wenig Zugang zu Bildung, so wirkt sich dies entsprechend auf die Berufsmöglichkeiten im Tourismussektor aus. Nur selten haben sie Zugang zu höher qualifizierten und damit auch besser bezahlten Jobs, wie beispielsweise dem des Fremdenführers. Im Zuge der Tourismusdebatten wurde zudem auf den problematischen Aspekt der Prostitution im Tourismus und die damit verbundenen Gefahren der sexuellen Ausbeutung von Frauen und der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten hingewiesen. Entsprechend finden sich Überlegungen zur Rolle von Frauen in nachhaltigem Tourismus wieder. Auch das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus stellt sich der Frage, auf welche Weise man Frauen nicht nur berücksichtigen, sondern auch besonders fördern könne. Dabei werden nicht nur die Positionen, die bisher im Tourismus üblicherweise von Frauen besetzt werden, diskutiert. Vielmehr soll Frauen der Zugang zu neuen Ausbildungsplätzen und damit zu neuen Berufsfeldern ermöglicht werden. Die Bedeutung von Kultur im gemeindeorientierten Tourismus Beim gemeindeorientierten Tourismus soll nun nicht der Naturschutz im Mittelpunkt stehen, sondern die Menschen, die in der betroffenen Region leben, um damit der sozialen und kulturellen Komponente von Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen. Damit greift die Idee von gemeindeorientiertem Tourismus 18 Vgl. hierzu die Ausführungen von Momsen (2004). 44

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den aktuellen Diskussionstand von Tourismus als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit auf: „Initially, when alternative tourism concepts were discussed, environmental aspects were predominant. This has, however, changed in recent years, and local participation, cultural sensitivity and the creation of benefits for local people have become key issues for sustainable tourism in general and for ecotourism in particular.“ (Strasdas 2002b: 149)

Das Konzept des gemeindeorientierten Tourismus impliziert, dass die Bedürfnisse der lokalen Gemeinden Vorrang vor Aspekten des Naturschutzes haben und dass Menschen Selbstbestimmung zuerkannt wird. Gleichzeitig sollen die Menschen vor Ort durch Tourismus motiviert werden, ihre Umwelt den Besucherzahlen zuliebe nicht auszubeuten, sondern zu bewahren. Ein anderer Fokus des gemeindeorientierten Tourismus liegt auf dem Produkt, das den Touristen angeboten wird. Anders als das Erleben von unberührter Natur oder das Beobachten von Tieren in der freien Wildbahn ist es die Gemeinde selbst, die die Attraktion darstellt: „Community-based tourism is about self-determination, but also about creating a new product: authentic experience of indigenous or rural lifestyles.“ (Strasdas 2002b: 149) Die Gemeinde erhält eine neue Rolle im Tourismus. Geht man bei Ökotourismus davon aus, dass einzelne Einheimische z. B. als Wildhüter, Ranger, Fremdenführer oder bhnlichem am Tourismus verdienen können, so sollen nun möglichst alle Gemeindemitglieder gerecht an den Einkünften durch Besucher teilhaben. Diese Anforderung macht aber auch deutlich, dass nicht jede Gemeinde bzw. Zielgruppe eines Projektes für diese Art von Tourismus geeignet ist. Grundvoraussetzung ist, dass die Gemeinde selbst, ihre traditionelle Lebensform, ihre Architektur, oder etwa die Lage ihres Dorfes touristisches Interesse wecken kann. Oft besitzen nur wenige Dörfer, meist ethnischer Minderheiten, dieses „touristische Eigen-Kapital“, und auch dieses muss erst noch entsprechend vermarktet werden. Dies bringt Backes (2003: 26) zur kritischen Feststellung, dass im Marketing für gemeindebasierte Tourismusprojekte „rassistische und dominanzkulturelle Muster“ wieder auftauchen, „wenn von unberührten Landschaften und ursprünglichen Lebensweisen der BewohnerInnen die Rede ist“. Auch wenn der Vorwurf des kollektiven Rassismus an Tourismusplaner überzogen scheint, so sticht die von Backes angesprochene essentialistische Verwendung des Kulturbegriffs in der Debatte um gemeindeorientierten Tourismus doch ins Auge. Von Tourismusplanern wird Kultur meist als ein in sich abgeschlossenes, homogenes System19 verstanden, das sich von anderen Kulturen durch bestimmte, unveränderliche Merkmale, wie beispielsweise Re19 Schönhuth hat die Tendenz, Kultur als ein homogenes geschlossenes System zu verstehen, vor allem für Akteure der Entwicklungszusammenarbeit beschrieben (Schönhuth 2005: 111). Im Tourismus lassen sich Parallelen entdecken, sodass auch hier Schönhuths Konzepte greifen. 45

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ligion oder Rituale, abgrenzt. Oft geht man davon aus, dass diese Merkmale innerhalb der Gemeinschaft von Generation zu Generation weitergegeben werden und dazu führen, dass sich die Mitglieder einer Gesellschaft mit ihrer Kultur identifizieren. Wenn Kultur unmittelbar mit spezifischen Merkmalen in Zusammenhang gebracht wird, so bedeutet dies zwangsläufig, dass eine Veränderung dieser Merkmale zu einer Veränderung der gesamten Kultur oder sogar zu einem „Verlust“ von Kultur, für die Menschen zum Verlust der „kulturellen Identität“ führen kann. Dieser in Tourismusdebatten weit verbreiteten Vorstellung entsprechend verändert sich eine Kultur durch externe Einflüsse wie beispielsweise durch das Aufeinandertreffen – oft ist von einem Aufprallen die Rede – mit einer anderen, dominanten Kultur. Als Vertreter einer solchen Kultur werden Touristen gesehen, die auf zweierlei Weise Einfluss auf die besuchten Gesellschaften ausüben. Zum einen führen Touristen den Einheimischen andere Werte und andere kulturelle Merkmale vor Augen, die sich etwa im Verhalten oder in der Kleidung wiederspiegeln. Zum anderen gelten Touristen als konsumorientiert und zahlfreudig. Butcher spricht in diesem Zusammenhang ironisch von Touristen, die von Tourismuskritikern als Träger der gefährlichen Krankheit „Materialismus“ betrachtet werden, „and there is an imminent danger that they may infect others on their travels“ (Butcher 2003: 97). Zu dieser Schlussfolgerung kommt etwa Vorlaufer (1996), dessen Buch über Tourismus in Entwicklungsländern gerade von deutschen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit stark rezipiert wird. Die dem Tourismus ausgesetzten Gesellschaften in Entwicklungsländern, so argumentiert er, verändern sich durch eine „wachsende Konfrontation mit exogenen Werten“ (Vorlaufer 1996: 207). Menschen in Entwicklungsländern würden jedoch nur ein bestimmtes Maß an Kontakt mit Touristen ertragen. Durch den Anstieg von Besuchern würden die „Grenzen kultureller Tragfähigkeit“ überschritten, „infolge des direkten Zusammenpralls zweier Welten“ setze schließlich ein „negativer Prozeß“ ein, „der sogar zu einem weitgehend gänzlichem Verlust kultureller Eigenständigkeit führen kann“ (Vorlaufer 1996: 207). Auch der Soziologe Dworschak spricht von einem „Transformation und Destruktion der Authentizität lokaler kultureller Traditionen“, die sich, wie er nach ausführlicher Literaturrecherche – die im übrigen ohne Studien aus den betroffenen Regionen selbst auskommt – feststellt, bei der von Touristen besuchten indigenen Bevölkerung weltweit zeigt (Dworschak 1998). Entsprechend sehen selbst Befürworter von neuen Tourismusformen im Kontakt zwischen Touristen und Einheimischen die Gefahr, dass die Kultur und Tradition der besuchten Gesellschaft – sei es durch einzelne Mitglieder dieser Gesellschaft oder durch Dritte – als reine touristische Attraktion vermarktet wird. Dadurch könnten z. B. Rituale, Tänze und Bräuche ihren ‚eigentlichen Sinn‘ verlieren und für die Gesellschaft bedeutungslos werden. In der Ethnologie spricht man in diesem Zusammenhang auch von Folklorismus. Auch der so genannte Demonstrationseffekt wird als eine kulturelle Gefährdung indige46

TOURISMUS UND ENTWICKLUNG

ner Gesellschaften begriffen und entsprechend als Risiko von gemeindeorientiertem Tourismus gewertet. Der Begriff bezeichnet eine Situation, in der Individuen der Lokalbevölkerung beginnen, die Kleidungsstile, Verhaltensweisen etc. von Touristen nachzuahmen. Dies könne vor allem bei älteren Generationen Sorgen und bngste bezüglich dem Zerfall ihrer Kultur und Tradition durch den Besuch von Touristen wecken. Diese Vorstellungen von einer durch Tourismus bedrohten kulturellen Identität hat auch Eingang in Überlegungen zu nachhaltigem Tourismus gefunden, der schließlich sozio-kulturell verträglich sein soll. Das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus geht jedoch auch davon aus, dass der „negative Prozess“ des Kulturwandels als Folge von Tourismus durch sensibles Management umgangen werden kann. Im idealtypischen Fall, so hoffen Experten, werden die bereisten Gesellschaften durch das Interesse der Touristen ermutigt, sich ihrer Kultur bewusst zu werden und traditionelle Lebensweisen für Tourismus aufrecht zu erhalten. Palm, die im Auftrag der GTZ eine Studie über gemeindeorientierten Tourismus in Namibia veröffentlichte, beschreibt dies wie folgt: „Die Erhaltung der Kultur, als eine menschliche Ressource für bzw. durch den Tourismus, führt bei verantwortungsbewusster Handhabung zu einem Fortbestehen der Bindungen an den bestimmten Kulturkreis und vermeidet damit den Verlust der Identität.“ (Palm 2000: 19)

An dieser Aussage wird deutlich, welche Bedeutung Kultur im gemeindeorientierten Tourismus erhält. Die „Erhaltung der Kultur“ sowie die „verantwortungsbewusste Handhabung“ von Tourismus liegt nach diesem Verständnis in den Händen von Experten. Je weniger fremde Einflüsse von den Mitgliedern einer Gesellschaft angenommen werden, desto intakter gilt ihre Kultur – und desto größer ist ihr touristisches Potenzial. So wie zuvor Natur als eine Ressource im Tourismus begriffen wurde, ist es nun Kultur geworden. Und so wie Natur nur in einer von Menschen unberührten Form zur wertvollen Ressource wird, wird nun die Kultur marginalisierter Gesellschaften gehandhabt: Sie muss beschützt, geleitet und in Wert gesetzt werden. Somit ist es nicht verwunderlich, wenn eine kulturbewahrende Haltung, die sich nicht zuletzt in der Rhetorik von Tourismusprojekten zeigt, mittlerweile zu einem wesentlichen Merkmal neuer Tourismusformen geworden ist. Erwartungen an gemeindeorientierten Tourismus Das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus wurde entwickelt, um Tourismus als entwicklungspolitisches Instrument einsetzen zu können. Dementsprechend sind mit einem Tourismusprojekt auch bestimmte Erwartungen und Zielsetzungen verbunden. Ein wichtiger Faktor von gemeindeorientiertem Tourismus ist die soziale Nachhaltigkeit, wie sie von Häusler und Strasdas (2003: 6) beschrieben wird: 47

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? „Community involvement in tourism can result in increased pride in, and recognition of, the cultural tradition and heritage that are attractive to tourists. It can strengthen cultural and social traditions (e. g. through the development of cultural centres, the reappearance of traditional arts, crafts and dancing, etc.).“

Zu den erhofften Zielen von gemeindebasierten Tourismusprojekten gehört es, neue Perspektiven in einer Region zu schaffen und somit Arbeitslosigkeit oder auch der Abwanderung Jugendlicher in Großstädte entgegenzuwirken. Zudem soll das Interesse von Touristen an Regionen und Gesellschaften das Bewusstsein für die Einzigartigkeit, den Reichtum und die Kreativität der eigenen Kultur bei den gastgebenden Gemeinden fördern. Dies, so nehmen Befürworter an, führe zu einer positiveren Bewertung der eigenen kulturellen Identität und mehr Selbstbewusstsein bei Gesellschaften in benachteiligten Regionen. Damit könne gemeindeorientierter Tourismus zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse und mehr Selbstbestimmung führen. Auf der anderen Seite sind sich Entwicklungsplaner der Tatsache bewusst, dass gemeindeorientierter Tourismus als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit für die Menschen vor Ort Risiken birgt, die es zu erkennen und einzudämmen gilt. Diejenigen, die über Autorität, Einfluss und Bildung oder spezifische Sprachkenntnisse verfügen, haben die besten Aussichten, am meisten vom Tourismussektor zu profitieren. Auf diese Weise besteht die Gefahr, dass vor allem bereits begünstigte Individuen zur Zielgruppe eines Projektes werden (Häusler/Strasdas 2003: 7). Gemeindeorientierter Tourismus bedeutet zudem eine Beschränkung der Touristenankünfte. Die Lokalbevölkerung könnte z. B. wünschen, dass die Anzahl der Touristen zunimmt, um die Einkünfte durch Souvenirverkauf, Gastronomie, Unterkunft o. ä. zu steigern. Auch gibt es für die Einheimischen möglicherweise schwer nachzuvollziehende Einschränkungen im Umgang mit der Umwelt, wie beispielsweise Einstellen von Brandrodung, Umgang mit Abfall, Einstellen von Holzabbau, Fischerei, Jagd. Die Erwartungen an das Konzept des gemeindeorientierten Tourismus sind hoch und können nicht immer erfüllt werden. Selbst Befürworter des Konzeptes gehen davon aus, dass nicht alle negativen Begleiterscheinungen von Tourismus eingedämmt werden können. Interessenkonflikte innerhalb einer Gemeinde sowie fehlende Ausbildung und professionelle Erfahrung können zu unrealistischen Erwartungen bei der Nennung von Bedürfnissen und zu einer ungerechten Ressourcenverteilung führen. Zudem bleiben Gemeinden nicht immer bei einmal getroffenen Entscheidungen (Brennan/Allen 2001). Vor allem in Regionen, die von ethnischen Konflikten geprägt sind ist ein Konsens äußerst schwierig, wenn sich etwa traditionelle Führer durch demokratische Handlungsweisen übergangen fühlen. Kritiker, deren Haltung stark von der Sorge um gesellschaftlichen Wandel geprägt ist, argumentieren, dass durch die Einführung immer neuer Tourismus-Projekte auch Regionen (touristisch) erschlossen werden, die bis vor kurzem noch ‚unberührt‘ waren (vgl. Meethan 2001: 58): „In situations such as this, sustainability may appear to be a contradiction in terms, and to some, 48

TOURISMUS UND ENTWICKLUNG

ecotourism is equally damned as no more than a cynical marketing ploy.“ (Meethan 2001: 58) Schließlich geben Kritiker zu bedenken, dass sich aus dem Konzept des gemeindeorientierten Tourismus auch Widersprüche ergeben. Bei allen Fernreisen müssen Touristen weite Strecken zurücklegen. Die dadurch entstehenden Abgase sowie der hohe Energieverbrauch von Flugzeugen und Fahrzeugen widersprechen der Forderung nach Nachhaltigkeit, Umwelt- und Ressourcenschutz. Tourismus ist für Wolters somit eines der plakativsten Beispiele für die Widersprüchlichkeit der einschlägigen Nachhaltigkeits-Debatten: „Er ist jener Wirtschaftszweig, der zur Jahrtausendwende geradezu ungehemmte Globalisierungstendenzen aufweist. Und: Er ist ein besonders schillerndes Gebilde in der Nachhaltigkeitsdiskussion.“ (Wolters 1998: 19) Doch trotz all dieser ‚schillernden‘, auf moderne Globalisierungstendenzen verweisenden Aspekte stellt sich einigen Kritikern auch die Frage, inwieweit es sich bei nachhaltigen Tourismusformen wie dem gemeindeorientierten überhaupt um neue Konzepte und neue Ideen handelt. Lew bemerkt hierzu: „[...] while the concept of ‚sustainable tourism‘ is relatively new in the popular lexicon, the ideas and ideals that it embodies are quite old.“ (1998: 199)20 Die wiederauftauchenden Schlagworte von wirtschaftlichem Nutzen und einer „interkulturellen Begegnung auf Augenhöhe“ klingen tatsächlich sehr vertraut. Dies mag ein Grund sein, warum die euphorische Phase bezüglich der Entdeckung „neuer Tourismusformen“ vor allem in der wissenschaftlichen Diskussion abgeflacht ist, Skepsis und kritische Überlegungen werden geäußert. Wirklich „nachhaltigen Tourismus“, so Milne (1998: 35) wird es wohl nie geben; er versteht das Konzept von Nachhaltigkeit mehr als ein Ideal, dass zumindest versuchsweise in die Umsetzung von Tourismusprojekten einfließen sollte.

20 Vgl. hierzu auch Lew (1998). 49

Ereignisse 1967: Jahr des Welttourismus (UN und IUOTO)

1972: 1. globale UNUmweltkonferenz (Stockholm) 1975: WTO wird Nachfolger von IUOTO

1980: International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN), World Conservation Strategy 1987: Brundtland Bericht 1989: Konferenz der International Academy for the Study of Tourism 1992: Agenda 21 (Rio de Janeiro: UN-Weltkonferenz) 1997: Berliner Erklärung 2002: Rio + 10: World Summit on Sustainable Development (Johannesburg

Zeit/Strömung

1960er Jahre Modernisierungstheorie

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1970er Jahre Dependenztheorie; Imperialismustheorie

1980er Jahre Krise der Entwicklung; Neoliberale Modernisierungstheorien; Neoklassische Wachstumstheorien

Seit 1990er Jahre Globale Entwicklung; Nachhaltige Entwicklung

Tabelle 1: Übersicht über Entwicklung und Tourismus; Quelle: Eigene Darstellung Entwicklung der „Einen Welt“, nachhaltige Entwicklung für alle Gesellschaften

Sowohl Industrie- als auch Dritte-WeltLänder befinden sich in einem Entwicklungsprozess

Entwicklung verläuft linear

Entwicklung verläuft linear, jedes Land durchläuft Entwicklungsstadien; westl. Industrienationen als Vorbild für hohen Entwicklungsstand

Entwicklungsbegriff

– –





















– –

– –

– –



– –



Globale Verantwortung für Umwelt – und Ressourcen Mensch steht im Vordergrund – Diskussion um soziokulturelle Fak- – toren von Entwicklung

Scheitern bisheriger Entwicklungsansätze Liberalisierung der Märkte führt zu Entwicklung Bewusstseinswandel (Brandtbericht)

Theorie des Welt-Systems nach Wallerstein Unterentwicklung entsteht durch ungerechtes Weltwirtschaftssystem und Koloniales Erbe (exogen), sowie kleine Eliten in Entwicklungsländern

Prinzip der nachholenden Entwick- – lung Unterentwicklung als folge von – Traditionalismus (endogen) Tradition und Kultur hemmt Ent– wicklung Entwicklung wird durch wirtschaftliches Wachstum erreicht

Entwicklungsdiskurs

Nachhaltiger Tourismus fördert Entwicklung und Umweltschutz Moralisierung von Tourismus Negative Auswirkungen lassen sich eindämmen, positive verstärken Post-Fordist-Tourismus

Große Skepsis bzgl. Tourismus Tourismus erfüllt nicht die Erwartungen, trotzdem weiterer Ausbau Proteste Einheimischer Forderungen nach Umdenken

Gewinn nur für große Konzerne Benachteiligung Armer durch Devisenabfluss Gesellschaftskritik nach Enzensberger: Tourismus als Form von Neoimperialismus Ausbeutung und Abhängigkeit Negativeffekte von Tourismus

Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig für Dritte Welt Tourismus fördert Entwicklung und verhilft zu einer modernen Gesellschaft Euphorie bzgl. Massentourismus

Einschätzung von Tourismus

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2. S CHNITTSTELLENANALYSE IM T OURISMUSFELD : T HEORETISCHE E INBETTUNG UND M ETHODIK In den vorhergehenden Kapiteln wurde gezeigt, dass der Diskurs um Tourismus und der Entwicklungsdiskurs sowohl historisch als auch inhaltlich Parallelen aufweisen und somit beide für das Verständnis neuer Tourismusformen relevant sind. In der Tourismusdebatte gibt es ähnliche Argumente und Prozesse wie in den Entwicklungstheorien und konkrete Verknüpfungen bestehen dort, wo Tourismus Einzug in Entwicklungsprojekte gefunden hat. Vor allem in den letzten Jahren ist der Entwicklungsdiskurs in der Tourismusdebatte präsent wie nie zuvor, Tourismus ist wieder Entwicklung. Allerdings hat auch die Rückkehr zu Schlagwörtern der 1960er Jahre Eingrenzungen erfahren. Hieß es damals „Tourismus ist Entwicklung“, so heißt es nun „nachhaltiger Tourismus ist nachhaltige Entwicklung“. Eines der jüngsten Ergebnisse dieser Verbindungen ist das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus. Diese neue Form begreife ich als eine Symbiose zweier Ideen innerhalb eines westlich geprägten Diskurses: Gemeindeorientierter Tourismus ist ein Kind der Verknüpfung von Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit (vgl. hierzu Abb. 1). Er findet im Rahmen eines Projektes oder eines Programms statt, ist meist von außen (staatlich, Internationale Institutionen und NRO) oder lokal (z. B. lokale NRO, Eigeninitiativen) initiiert und richtet sich an eine oder mehrere Zielgruppen. Diesem „Entwicklungsprojekt-Charakter“ von gemeindeorientiertem Tourismus muss nun methodisch und analytisch Rechnung getragen werden. Um sowohl dem Projektcharakter als auch der Tourismuskomponente gerecht zu werden, hat sich für die Untersuchung dieser neuen Tourismusform eine Anknüpfung an Konzepte der Entwicklungsethnologie und der jüngsten Tourismusethnologie als nützlich erwiesen. Die hier vorgestellten theoretischen Ansätze sollen dahingehend weiterentwickelt werden, dass sowohl ein theoretischer als auch analytischer Rahmen für die Untersuchung von Tourismusprojekten entsteht. Dabei handelt es sich nicht um ein einfaches eklektizistisches Vorgehen (wenn auch angesichts der dürftigen methodischen Grundlagen in der Tourismusethnologie Eklektizismus durchaus angemessen wäre), sondern vielmehr um eine dem Untersuchungsgegenstand „neuer Tourismus“ und damit „gemeindeorientierter Tourismus“ angepasste Theorie und Methodik.

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Abbildung 1: Konzept des gemeindeorientierten Tourismus in der Entwicklungszusammenarbeit; Quelle: Eigene Darstellung

Tourismusethnologie und neue Tourismusformen Die Tourismuswissenschaft ist ein komplexes, multidisziplinäres Feld, zu dem auch die Ethnologie seit den 1970er Jahren ihren Beitrag leistet. Diese Multidisziplinarität bildet einen wichtigen Rahmen, den einzigen, wie Mowforth und Munt (2003: 2) betonen, um Tourismus in seiner Komplexität tatsächlich zu verstehen. „As a personal activity, tourism is practiced by a diverse range of the population; as an industry, it is multi-sectoral; and as a means of economic and cultural exchange, it has many facets and forms.“ (Mowforth/Munt 2003: 2)

So beschäftigen sich etwa Wirtschaftswissenschaften mit Marktanalysen und den globalen Geldströmen des Tourismus; Geographen und insbesondere die Fremdenverkehrsgeographie untersuchen das touristische Potenzial bestimmter Regionen, zeichnen die Entwicklung touristischer Infrastruktur nach oder setzen sich mit Fragen der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit auseinander; die Psychologie und Soziologie fragen nach den Motiven der Reisenden und den verschiedenen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Jafari (2001: 34) sieht das Aufgabengebiet der Ethnologie im interdisziplinären Feld der Tourismusforschung vor allem in der Untersuchung der Beziehung zwischen Reisenden und Gastgebern. Tatsächlich setzen sich jedoch die wenigsten tourismusethnologischen Arbeiten mit diesen Beziehungen auseinander, meist stehen entweder die Reisenden und ihre Reisemotivation oder die Bereisten und die Auswirkungen von Tourismus auf ihre Gesellschaft im Vordergrund. Eine der wenigen Ausnahmen stellt Robinson (1998) dar, der in 52

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

seinem Tourismusmodell sehr stark auf die Interaktion verschiedener Tourismusakteure und die dabei entstehenden Konfliktfelder eingeht. Es gibt Gründe für die Festlegung auf dieses „entweder – oder“, auf Touristen oder Einheimische in der frühen Tourismusethnologie. Die ersten ethnologischen Untersuchungen im Tourismus entstanden durch die Konfrontation von Ethnologen mit Touristen. Ethnologen wurden auf einmal in ihrem Forschungsfeld mit neugierigen Vertretern ihrer eigenen Kultur konfrontiert, die, genau wie die arbeitenden Wissenschaftler selbst, mit Fotoapparaten und Reiseliteratur ausgestattet loszogen um das Fremde zu entdecken. Diese ahnungslosen Eindringlinge erregten oftmals das Missfallen der Ethnologen und wurden „geradezu als peinlich empfunden“ (Schlehe 2003: 33). Dieses Unbehagen gegenüber Touristen hat sich auf das Forschungsfeld Tourismus übertragen und ist in der Ethnologie bis heute nicht ganz überwunden. Crick (1989) glaubt die Ursache für die Geringschätzung vieler Ethnologen gegenüber dem Thema Tourismus darin zu erkennen, dass der Tourist dem Ethnologen im Grunde sehr ähnlich sei und gleichzeitig als Eindringling in dessen Forschungsfeld gesehen werde. Ethnologen scheuen jedoch den Vergleich mit Touristen und möchten sich, so Lacy und Douglass, auf der Seite der Einheimischen, der Gastgeber, verortet sehen: „It is no coincidence that the ‚native‘ and the anthropologist – both seeking the real through observation of authentic sites and performances – deny being tourists. Rather, being native ought to confer privileged anthropological insight, while the anthropologist’s understanding is presumed to derive from some degree of becoming native. In either event, there is truth claim predicated upon cultural sensitivity and depth of knowledge inaccessible to the mere tourist. Both the native and the anthropologist, then, may perpetuate a static view of the authentic culture.“ (Lacy/Douglass 2002: 6, Herv. i. O.)1

Die Ethnologen positionierten sich als Gegensatz zu Touristen, die von ihnen als Imperialisten (Nash 1989), Neokolonialisten (Crick 1989)2 und vor den Belastungen der modernen Industriegesellschaft Fliehende beschrieben wurden (vgl. hierzu auch Schlehe 2003: 36). Eine andere Ursache für die Berührungsängste mit dem Themenfeld liegt auch in der Art und Weise, wie sich die wenigen Ethnologen mit Tourismus auseinandergesetzt haben. Die Tourismusethnologie spaltet sich in zwei La1

2

Lacy und Douglass sehen durchaus Parallelen zwischen Ethnologen und Touristen: „MacCannell (1976, 1992) underscores the tourist’s search for romanticized authenticity, but we would argue tat this is precisely the quest of many anthropologists as well. According to this anthropological view, the banal tourist site is the sacred field site; the tourist’s casual visit the investigator’s prolonged participant observation.“ (Lacy/Douglass 2002: 6, Herv. i. O.) Nash und Crick haben mit diesem tourismuskritischen Blick, der vor allem auf die Dominanz der westlichen Gesellschaft gegenüber besuchten Gesellschaften abzielt, eine Verbindung zwischen Tourism Studies und Postcolonialism Studies geknüpft. Einen Überblick zu „Postcolonialism and Tourism“ bieten Hall und Tucker (2004). 53

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ger. Die einen beschäftigen sich mit der Frage des Kulturwandels durch Tourismus und bezogen sich dabei auf konkrete Fallstudien, während ein zweites Lager eine eher theoretische und wenig empirisch gestützte Annäherung an die Frage nach dem Ursprung des Tourismus und der Motivation der Reisenden versuchte. Vor allem die ersten tourismusethnologischen Auseinandersetzungen waren nur wenig theoretisch fundiert und setzten sich anhand von Fallstudien mit der Frage nach dem Einfluss von Tourismus auf die Kultur der „Gastgeber“ auseinander (Stronza 2001: 263). Sie erscheinen entweder als eine Verteidigung von Tourismus oder eine Verurteilung und einer damit verbundenen kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Gesellschaft. Beispielhaft sind die verschiedenen Beiträge in Smith’s „Hosts and Guests“ (Smith 1989). Ein besonderes Augenmerk der kritischen Tourismusethnologie wurde auf die Auswirkungen des Tourismus in den Regionen der Dritten Welt gelenkt, wo Einheimische als Opfer des internationalen Tourismus und den damit einhergehenden Folgen des Kulturverlustes gesehen wurden.3 Lacy und Douglass bemerken zu dieser Richtung der Tourismusethnologie kritisch: „Despite lessons from postmodernism about the dangers of reification and essentialization of an Other, much of anthropology persists in the notion that precapitalist, pre-global, unMcDonaldized cultures must be protected against the sullying influences of modern capitalist enterprise, and particularly its tourist guise/ gaze.“ (Lacy/Douglass 2002: 6)

Eine zweite Richtung innerhalb der Tourismusethnologie entstand in den Siebzigern sowohl in der Soziologie als auch der Ethnologie. Sie versuchte ein theoretisches Fundament aufzubauen und Tourismus mit Begriffen wie Ritual, Spiel, Pilgerfahrt und Lebenszyklen in Verbindung zu bringen. Im Vordergrund standen dabei Fragen nach der Motivation des Reisens und nach der Bedeutung touristischer Prozesse in den Herkunftsgesellschaften der Touristen. Vorreiter für diese Arbeiten sind außerhalb der Tourismusstudien in der Soziologie sowie in den Religionswissenschaften zu suchen.4 Das Verhalten von 3

4

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Viel Beachtung fand beispielsweise Van den Berghe (1980), der Tourismus für einen von ihm negativ bewerteten Kulturwandel in Peru verantwortlich macht. Besonders eindeutig äußert sich Van den Berghe auch über die Einheimischen, die sich dem Kapitalismus zuwenden und ihre Kultur dem Tourismus feilbieten. Besonders einflussreich ist Durkheims „Elementary forms of religious life“ von 1912, indem Rituale als Form der Religion zur Feier der eigenen Gesellschaft dargestellt und deren religiös bestimmter Charakter betont werden. Victor Turner interessierte sich sehr für van Genneps Modell der Übergangsriten und griff darauf zurück, um eine Theorie der Pilgerfahrt und von rituellen Prozessen zu entwerfen. Einige Ethnologen (Nash/Smith 1991: 17) sahen zwischen Turners Definition von Pilgerfahrt und dem Tourismus große Ähnlichkeiten und begannen, unter diesem Gesichtspunkt den Tourismus neu zu definieren (v. a. MacCannell, Graburn und Nash). Der Vergleich mit Pilgerfahrten ist besonders interessant für die Untersuchung von einer ganz bestimmten Form von Tourismus, wie sie im Club Mediterannée beispielsweise vorkommt. Hier bildet sich tat-

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

Reisenden wurde ähnlich wie religiös motiviertes Handeln untersucht, indem Parallelen zwischen der Reise und dem Ritual gezogen wurden. Besonders wichtige Vertreter dieser Richtung sind Graburn und MacCannell. Graburn begreift Tourismus als Gegenstück zur gelebten Alltagswelt, als Spiel im Gegensatz zur Arbeit, aber eben auch als „sacred journey“ (1989). Die Flucht der Touristen vor der Alltagswelt hin zu einem Stadium des Außergewöhnlichen und Außer-Alltäglichem verläuft für ihn in ähnlichen Phasen wie Rituale. Die Vorbereitung der Reise und der Abschied von Freunden und Bekannten etwa, das intensive Erleben der auf einen bestimmten Zeitraum festgelegten Reise, die Rückkehr und Eingliederung in die heimatliche Gesellschaft – all dies sind Elemente, wie sie auch bei van Genneps rites de passage vorkommen. Auch MacCannells „The tourist“ (1976: 13) definiert Tourismus als ein Ritual „performed to the differentiations of modern complex society“. Für ihn steht dabei die Suche der Touristen nach Authentizität, die sie in ihrer eignen, modernen Gesellschaft vermissen, im Vordergrund. Urry (1990) setzt sich in seinem vielzitierten Werk „The tourist gaze“ ebenfalls mit der Frage nach Reisemotivation und dem Verhalten von Touristen auseinander, wobei es bei ihm der touristische Blick ist, der touristische Räume erschafft. Bei all diesen theoriegeleiteten Auseinandersetzungen mit Tourismus liegt der Fokus nicht auf den Regionen der Dritten Welt, eine Bewertung von Tourismus steht im Hintergrund. Jüngere Arbeiten, die an die tourismuskritische Richtungen anknüpften und sich mit der Wirkung von Tourismus in Regionen der Dritten Welt auseinander setzten, stellten wieder Fallbeispiele in den Vordergrund. Sie griffen eher auf theoretische Modelle der Ethnizitäts- und Konfliktforschung, des Nation Building sowie der Interkulturellen Kommunikation zurück, als nach einer Tourismustheorie im engeren Sinne zu fragen. Dabei fanden auch die politischen Rahmenbedingungen von Entwicklungsländern Eingang in tourismusethnologische Arbeiten. Hitchcock (1998) und Adams (1998) gingen der Frage nach, inwieweit Tourismus in Indonesien im nationalen und lokalen Kontext als identitätsstiftendes Instrument begriffen und sowohl von der Regierung als auch den Einheimischen eingesetzt wird. Ethnische Minderheiten wie beispielsweise die Toraja, nutzten das Interesse der Touristen, um in der ethnischen Hierarchie Indonesiens aufzusteigen und gegenüber der indonesischen Regierung mehr Rechte zur Ausübung ihrer eigenen Religion zu erhalten. Auf der anderen Seite ist Tourismus für Länder wie Indonesien ein bedeutender Wirtschaftszweig geworden, sodass auch die Regierungen gezielt mit der Vielfalt der Ethnien und deren verschiedenen Lebensweisen werben. Mit dem Versuch der tourismuskritischen Richtung in der Ethnologie, die positiven und negativen Seiten des Tourismus anhand von konkreten Beispielen aufzuzeigen, stand auch indirekt die Frage von kulturverträglichem Tourismus im Raum. Hier haben Ethnologen starken Einfluss auf die Debatte um sächlich eine Art communitas, und die Touristen kapseln sich regelrecht von der Außenwelt ab (Wahrlich 1984: 145). 55

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neue und nachhaltige Tourismusformen ausgeübt und konkrete Handlungsempfehlungen an die Tourismusindustrie oder auch Touristen weitergeben (De Kadt 1992; Pearce 1992; Robinson 1998; Smith/Eadington 1992). So ging es in der Tourismusethnologie lange Zeit wenig darum, Phänomene des Tourismus tatsächlich zu verstehen, sondern diese eigenwillige und immer präsenter werdende Form des Kulturkontakts zu legitimieren oder zu verurteilen. Es ist erstaunlich, dass der verstehende und kulturrelativistische Ansatz, den die Ethnologie für sich in Anspruch nimmt, in der Debatte um Tourismus bislang kaum zur Geltung kam.

Tourismus als System Die wertende Position der tourismuskritischen Richtung haben Jafari und andere dazu veranlasst, eine theoretisch fundiertere Richtung vorzuschlagen, in der Tourismus als System untersucht wird. „[…] if tourism is taken as a whole or a system – for an understanding of its underlying structures and functions – this would contribute to the formation of knowledge in this field. In turn, this would aid in further development of theoretical constructs on a phenomenon now evolved into a global institution and on a business turned into a mega-industry. […] This all is meant to contribute to a holistic treatment of tourism – not just its impacts or forms. The main goal is the formation of a scientific body of knowledge on tourism.“ (Jafari 2001: 31 f., Herv. i. O.)

Nash, einer der wohl am meisten beachteten Tourismusethnologen, suchte nach einer Definition von Tourismus, die sich nicht in einer terminologischen Sackgasse verläuft und für mehrere Optionen offen steht. Der Begriff sollte sowohl nationalen, einheimischen als auch internationalen, sozialistischen als auch kapitalistischen, industriellen als auch preindustriellen Tourismus einschließen. Nash definiert daher Tourismus als eine Freizeitaktivität („leisure“) die in Verbindung mit Reisen steht, und den Tourist als eine reisende Person, die frei von sozialen und kulturellen Verpflichtungen ist (Nash 1981: 462). Hiermit kommt er Smith und Brent sehr nahe, die Tourismus als einen universellen Bestandteil aller Gesellschaften begreifen (2001: 3)5 und darauf aufbauend eine der weitverbreitetsten Definitionen von Tourismus in der Ethnologie formulieren: „All forms of tourism – international, domestic, business related, pilgrimage, or family visits – require participants to have three essential elements, best expressed as an equation: tourism = leisure time + discretionary income + positive social sanctions.“ (Smith/Brent 2001: 17)

Damit ist eine wertneutralere Auseinandersetzung mit Tourismus sowie ein interkultureller Vergleich möglich. Nash sieht die Definition eines universel5 56

„[...] a universal of culture – a culture trait found in every society but often in different form.“ (Smith/Brent 2001: 3)

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

len Tourismusphänomens als Werkzeug, um verschiedene Prozesse innerhalb von Tourismus erkennbar zu machen. Tourismus hat seinen Ursprung in der Gesellschaft der Reisenden, springt aber durch den Besuch der Touristen auch auf die Destinationen und deren Gesellschaften über. Das Aufeinandertreffen von Reisenden und den Menschen vor Ort, das dadurch entstehende wechselseitige Nehmen und Geben beeinflusst die Touristen, die Gastgeber und deren jeweilige Kultur („home cultures“). Diese Tourismusprozesse können zu einem „touristic system“, einem Tourismus-System ausgeweitet werden, das in einen jeweiligen sozialen Kontext eingebettet ist (Nash 1981: 462). Ein tatsächlich ethnologisch motivierter Ansatz, so Nash (1991: 14), müsste bei dem Versuch Tourismus zu verstehen, dem holistischen Anspruch der Disziplin folgen und sich auf die Prozesse und das Tourismus-System als Ganzes konzentrieren. Auch Burns (1999: 26) schlägt vor, Tourismus als System oder aber ein Geflecht von Subsystemen zu begreifen. Das Tourismus-System ist dynamisch und seine Veränderungen werden nicht nur von den zwei miteinander in Kontakt getretenen Gesellschaften bewirkt, sondern auch von „suprasocietal“, also übergesellschaftlichen Geschehnissen (Nash 1981: 463). Dieser Ansatz wird zwar der Komplexität touristischer Prozesse gerecht, bleibt in seiner Gesamtheit jedoch zu vage. Wenn Tourismus ein universelles Phänomen ist, das in jeder Gesellschaft auftaucht, dann blendet die Definition global bestehende Machtgefälle und asymmetrische Strukturen innerhalb einer internationalen Tourismusindustrie aus. Und auch Nashs Forderung, die jeweiligen Herkunftsgesellschaften der Touristen in eine Analyse mit einzubeziehen kann nur gelingen, wenn man Touristen als eine homogene Gruppe begreift. Doch gerade das Bild ‚des Touristen‘ erwies sich in der Tourismusethnologie als wenig haltbar.

Debatte um Neuen Tourismus Angesichts der Tatsache, dass Tourismus verschiedenste Erscheinungsformen und Auswirkungen zeigt und in seiner Gesamtheit theoretisch kaum zu erfassen ist, ist verständlich, dass sich in der Tourismusethnologie verschiedene Richtungen herausgebildet haben. Für die Untersuchung von neuen Tourismusformen in der Dritten Welt ergeben sich aus dem bisherigen Stand der Diskussion allerdings zwei Probleme. Zum einen werden die Auswirkungen des Tourismus analysiert, als würde es sich dabei um eine äußerliche Kraft handeln, die auf statische und hilflos ausgelieferte Kulturen einwirkt (Schlehe 2003: 36). Zum anderen ist der Fokus der Untersuchungen sehr stark entweder auf Touristen oder Gastgeber gerichtet und liefert somit einseitige Betrachtungen von Begegnungen, die immer zwischen mehreren Akteuren stattfinden. Die Auseinadersetzung mit jeweils nur einem Teil der Beziehung zwischen Touristen und Einheimischen, die auf Gegenseitigkeit beruhen, lieferte auch nur halbe Erklärungen („half-explanations“), wie Stronza (2001: 262) bemerkt. 57

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Ethnologische Auseinandersetzungen mit den neuen Tourismusformen schließen an die tourismuskritischen Richtungen an. So liegt beispielsweise der Fokus der Fallstudien von Belsky (1997) sowie West und Carrier (2004) zu gemeindeorientiertem Tourismus auf der Darstellung negativer Folgen von Projekten für die Lokalbevölkerung, sie bieten jedoch kein theoretisches Modell an. Diese empirischen Untersuchungen stellen insofern einen wichtigen Anknüpfungspunkt für die Entwicklung einer Methodik dar, als sie gezeigt haben, dass gemeindeorientierter Tourismus selten die einzige touristische Form in einer Region ist und mit anderen Formen in einer Art Wechselwirkung steht. Entweder gab es vor der Einführung von gemeindeorientiertem Tourismus bereits Tourismus (vgl. Belsky 1997) oder es entwickeln sich parallel zu Tourismusprojekten eigene Formen des Fremdenverkehrs (vgl. Papua Neuguinea-Beispiel in West/Carrier 2004). Die von Belsky, West und Carrier dargestellten Konflikte, die sich in Folge von Tourismusprojekten ergaben stehen in beiden Fällen eng in Zusammenhang mit dem Bestehen dieser anderen Tourismusformen. Akteure, die laut Projektplanung zur Zielgruppe gezählt wurden, begannen die im Projekt gewonnenen Erfahrungen eigenständig umzusetzen und in Konkurrenz zur eigentlichen Zielgruppe zu stehen. Dies gibt einen Hinweis darauf, dass nachhaltige Tourismusformen nicht als ein in sich geschlossenes System untersucht werden dürfen, indem die Ursache für Konflikte ausschließlich in einer mangelhaften Projektplanung von Institutionen liegt. Tourismusprojekte müssen immer im Wechselspiel mit diesen anderen Tourismusformen und den damit einhergehenden Prozessen gesehen werden. Zudem stellt sich die Frage, ob die Einheimischen vor Ort tatsächlich als passive Opfer dargestellt werden können, oder ob ihr Eingreifen in den Verlauf der Tourismusprojekte nicht vielmehr Rückschluss auf verschiedene Handlungsmöglichkeiten – auch der lokalen Akteure – zulässt. Die Tourismusethnologie scheint momentan zu sehr von den Debatten der verschiedenen Richtungen eingenommen zu sein, um eigene theoretische und analytische Konzepte vorzulegen, mit denen sich solche Prozesse analysieren lassen. Was bisher in der Tourismusethnologie noch weitestgehend fehlt, ist ein Ansatz, der die Dynamik von Begegnungen im Tourismus erfassen kann und damit geeignet wäre, die Vielschichtigkeit von neuen Tourismusformen wie etwa gemeindeorientiertem Tourismus zu erfassen. Nur selten werden die wechselseitigen Beziehungen und Kommunikationsmuster der Menschen untersucht, die im Tourismus aufeinander treffen und Tourismus gestalten. Die theoretische Richtung der Tourismusethnologie bleibt in ihren Konzepten zu sehr auf das Phänomen des Reisens verhaftet, während die tourismuskritischen Arbeiten ihren Fokus auf Auswirkungen, und nicht auf Prozesse im Tourismus setzen. Einen neuen Ansatz bieten Mowforth und Munt, die für die Untersuchung von Tourismus in der Dritten Welt einen „Schritt zurück“ fordern. Sie lehnen es ab, sich bei der Untersuchung von internationalem Tourismus in Entwicklungsländern ausschließlich mit den ökologischen, ökonomischen und sozio-kulturellen Auswirkungen von Tourismus auseinander 58

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

zu setzen. Ausgangspunkt eines verstehenden Ansatzes sollte die Frage danach sein, wie sozio-kulturelle, ökonomische und politische Prozesse auf und mittels Tourismus wirken. (Mowforth/Munt 2003: 2) Erst durch diesen „Schritt zurück“ wird ein anderer Blick auf Tourismus ermöglicht, der der Forderung nach einer holistischen und damit auch ethnologischen Sichtweise näher kommt.6

Tourismus als soziales Feld Da es sich bei gemeindeorientiertem Tourismus um ein Instrument der Entwicklungszusammenarbeit im weitesten Sinne handelt, liegt es nahe, methodisch auf Ansätze der Entwicklungsethnologie zurückzugreifen. Dieser relativ junge Zweig der Ethnologie beschäftigt sich mit kulturellen und sozialen Wandlungsprozessen im weitesten Sinne (Dettmar 1999). Gerade in jüngster Zeit rückte die Aufmerksamkeit der Entwicklungsethnologie von der durch äußere Faktoren und Einflüssen gesteuerten Transformation von Gesellschaften – beispielsweise durch Entwicklungsprojekte – auf Prozesse und Innovationen, die vor Ort und zum Teil als Antwort auf Globalisierungstendenzen entstehen.7 Für die Untersuchung von Machtstrukturen in der Entwicklungswelt wurden zudem Impulse aus der Entwicklungssoziologie aufgenommen.8 In Anlehnung an Ansätze aus der Entwicklungsethnologie Norman Longs soll nun ein Konzept entworfen werden, das es erlaubt, neue Tourismusformen wie gemeindeorientierten Tourismus als Bestandteil bzw. als eine Variante innerhalb eines breiteren Tourismusfeldes zu begreifen. Long führte zur Analyse von entwicklungspolitischen Interventionen die Konzepte social field (soziales Feld 9), domain (Bereich, soziale Ebene), arena (Arena) und lifeworld (Lebenswelt) ein. Auch wenn Long nicht explizit auf 6

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„Rather than commencing a study of Third World tourism with the environmental, economic and socio-cultural impacts of tourism (worthy though these are as research considerations in themselves), the starting-point here involves seeking to understand how socio-cultural, economic and political processes operate on and through tourism. In other words, it is necessary to take a step back in the analysis of tourism.“ (Mowforth/Munt 2003: 2, Herv. i. O.) In diesem Sinne lässt sich eine verstärkte Auseinandersetzung mit local knowledge, lokalem Wissen, feststellen. Vgl. hierzu Sillitoe (1998). Olivier de Sardan (2005: 27) verweist darauf, dass Entwicklungsethnologie und -soziologie in ihren Ansätzen kaum mehr voneinander zu trennen sind, vielmehr bilden sie mittlerweile eine gemeinsame Richtung. Es entstanden v. a. in letzter Zeit immer wieder Bände, die gemeinsam von Entwicklungssoziologen und -ethnologen gestaltet wurden. Als Beispiel seien hier nur Arce (2000) und Bierschenk (1997) sowie der Sammelband Entwicklung, herausgegeben von Manfred Schulz (Schulz 1997) genannt. Der Begriff des sozialen Feldes ist durchaus nicht neu. Long greift hierbei auf die Manchester School und Bourdieu zurück und setzt sie für die Interpretation von entwicklungspolitischen Prozessen ein (Long 2001: 58). 59

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Tourismus als Untersuchungsfeld eingeht, lassen sich in seinen Arbeiten Möglichkeiten der Anwendung seines Ansatzes für die Tourismusethnologie entdecken. Der Begriff des sozialen Feldes, von dem ich „Tourismusfeld“ ableite, evoziert das Bild eines offenen Raumes, einer unregelmäßigen Landschaft ohne nachvollziehbaren Grenzen, die durch verschiedene Elemente gekennzeichnet ist (Long 2001: 57 f.). Das Modell kommt Nashs und Burns Definition von Tourismus als System sehr nahe, betont jedoch im Gegensatz hierzu, dass Grenzen kaum definierbar sind. Der Begriff des Systems beinhaltet zudem eine bestimmte, festgesetzte Regelmäßigkeit und Ordnung und vermittelt den Eindruck einer organisierten Ganzheit. Dies trifft jedoch für das Feld, in dem „[...] no single ordering principle frames the whole scene“ (Long 2001: 58) nicht zu. Das Tourismusfeld ist bewusst weit gefasst und lässt sich durch seine Elemente, wie touristische Institutionen, natürliche Ressourcen, bestimmte Wirtschafts- und Produktionsweisen, Transportwege, strategische Gruppen und Akteure und ihre Aktivitäten charakterisieren. Domains, also Ebenen oder Bereiche, sind die Komponenten des sozialen Feldes oder des Tourismusfeldes und lassen sich genauer voneinander abgrenzen. Solche Ebenen wie zum Beispiel die Familie, der Markt, ein Staat, eine Gemeinde erhalten ihre sozialen und symbolischen Grenzen durch Normen, Regeln und Werte, die von den Mitgliedern geteilt werden. Ein Individuum kann mehreren verschiedenen sozialen Ebenen zugehörig sein und diese Ebenen können innerhalb des sozialen Feldes miteinander in Konflikt geraten. Dann entstehen Arenen10, die über die Grenzen der Ebenen hinausreichen können und in denen Individuen um Ressourcen und Werte kämpfen. Der Begriff der Arena wurde in der Entwicklungsethnologie von Olivier de Sardan und Bierschenk (1997) zur Beschreibung von Konflikten in Entwicklungsprojekten herangezogen. Das Modell geht davon aus, dass die an einem Projekt beteiligten Akteure auf jeweils unterschiedliche Handlungslogiken zurückgreifen und die Vorstellungen der Entwicklungsplaner bezüglich wünschenswerter Entwicklung nicht denen der Zielgruppen entsprechen (Schönhuth 2005: 181).

10 Die Verwendung der „Arena“ geht auf den Politikethnologen Bailey (1969: 141) zurück. Zur Verwendung der Begriffe Arena und Schnittstelle siehe weiter unten. 60

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Abbildung 2: Beziehung von Tourismusfeld zu den Domains, Lebenswelten und Akteuren. Quelle: Eigene Darstellung Die Zielgruppen „schnüren“ die angebotenen Entwicklungspakete „auf“, entnehmen die Elemente, die ihnen nützlich erscheinen und widmen diese im Sinne eigener, vom Projekt nicht beabsichtigter Interessen um (Schönhuth 2005: 181). Im Tourismus bilden beispielsweise Mitarbeiter eines Projektes eine soziale Ebene; eine andere bilden Guides, die sich zu einer Interessensgemeinschaft zusammen geschlossen haben. Guides können miteinander in Konkurrenz geraten, eine Arena entsteht, in der sie strategisch um die Ressource „Tourist“ kämpfen. Auch Touristen und Gastgeber können solche Einheiten bilden, die durch die Erfahrungen der einzelnen Individuen geprägt werden. Die tatsächlich gelebten und akzeptierten sozialen Welten einzelner Individuen werden als Lebenswelten bezeichnet. Die Lebenswelten sind das Ergebnis individuell verarbeiteter und bewerteter sozialer Beziehungen und Erfahrungen und dürfen nicht als ein starrer kultureller Hintergrund eines Menschen aufgefasst werden. Ein Individuum kann zwar zu mehreren sozialen Ebenen gehören, hat aber nur eine einzige Lebenswelt, die sich jedoch anhand seiner Erfahrungen verändern kann. Die Lebenswelt eines Individuums gibt Aufschluss über sein Handeln in einem sozialen Feld. Das Konzept des Tourismusfelds bietet somit einen Rahmen, um einzelne, miteinander in Verbindung stehende Tourismusbereiche aber auch Konfliktfelder zu erfassen. Der Blickwinkel der Analyse liegt somit nicht nur auf den Ursachen und Folgen von Tourismusprojekten, sondern mehr auf den Prozessen im Tourismusfeld und den Handlungen der einzelnen Akteure. Für die Untersuchung von neuen Tourismusformen und insbesondere Tourismusprojekten wie gemeindeorientiertem Tourismus ist dies von Vorteil, da ein eindimensionaler Blick auf nur einen Bereich aufgegeben wird und Wechsel61

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wirkungen zwischen entwicklungspolitischen und lokalen Tourismusebenen sichtbar werden.

Soziale Schnittstellen und Tourismus Long (2001: 11) kritisiert, dass auch heute noch viele der theoretischen Modelle, die sich mit Entwicklung auseinandersetzen, in Konzepte wie Universalismus, Linearität und binäre Oppositionen eingebettet sind.11 Die Vorstellung, dass alle Gesellschaften eine Idee von Entwicklung verfolgen, wirkt sich seiner Meinung nach kontraproduktiv auf die Analyse von Entwicklungsprozessen und sozialem Wandel aus, denn in der Entwicklungslandschaft können durchaus verschiedene Vorstellungen von Entwicklung nebeneinander existieren. Long plädiert für eine akteursorientierte Perspektive, die erklärt, wie verschiedene soziale Akteure in eine Reihe von „Kämpfen“ um Ressourcen, Bedeutungen, institutioneller Legitimierung und Kontrolle verwickelt sind und diese austragen. Für die Untersuchung dieser Kämpfe schlägt Long die Schnittstellenanalyse vor. Eine soziale Schnittstelle definiert er als den kritischen Punkt, „[...] an dem zwischen verschiedenen sozialen Systemen, Feldern oder Ebenen der sozialen Ordnung aufgrund unterschiedlicher normativer Werte und sozialer Interessen mit hoher Wahrscheinlichkeit strukturelle Diskontinuitäten auftreten.“ (Long 1997: 217 f.)

Auch wenn der Begriff der Schnittstelle das Bild einer zweiseitigen Verbindung oder einer Konfrontation von Angesicht zu Angesicht hervorruft, sind Schnittstellensituationen wie Long sie versteht von weitaus komplexerer Natur, da sie verschiedenste Interessen, Beziehungen und Vorstellungen von Rationalität und Macht beinhalten (Long 1999: 1).

11 Vergleiche hierzu auch den in Kapitel 1 vorgestellten Entwicklungsdiskurs im Allgemeinen und insbesondere das „Scheitern der großen Theorien“. Lineare und universelle Vorstellungen von Entwicklungsprozessen stellten keine zufriedenstellenden Ergebnisse für die Erklärung von „Unterentwicklung“ dar. Dies wurde vor allem durch die Gegenüberstellung von Vorstellungen verschiedener Gesellschaften im Bezug auf eine wünschenswerte Entwicklung sehr deutlich. 62

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Terminus

Erläuterung

Agency

Handlungsfähigkeit, die jedem sozialen Akteur grundsätzlich zuteil ist.

Akteur (sozialer Akteur, kollektiver Akteur)

Ein entscheidungs- und handlungsfähiges Individuum oder eine soziale Einheit, die auf der Grundlage von Werten und Orientierungen und im Bewusstsein seiner oder ihrer sozialen Position Entscheidungen trifft und handelt. Es kann unterschieden werden zwischen individuellen und kollektiven Akteuren (z. B. Institutionen, Gruppen).

Arena

Kampfplätze in und außerhalb von sozialen Ebenen (domains), in denen soziale Akteure um Ressourcen, Werte, Bedeutungen kämpfen. Beispiel: Entwicklungsprojekt;

Domain (soziale Ebene, Bereich)

Domains sind Bestandteil sozialer Felder und durch Werte, Interessen und Vorstellungen, die von mehreren Akteuren geteilt werden (z. B. Familie, Markt, Staat, Gemeinde) bestimmt. Ein Individuum kann mehreren Domains angehören; verschiedene Domains können miteinander in Konflikt geraten. Beispiel: Projekttourismus in einem Tourismusfeld; Zusammenschluss von Guides; Dorfgemeinschaft;

Handlungsrationalität

Denkweise, die den Handlungen sozialer Akteure zugrunde liegt und sich auf Erfahrungen und Überzeugungen stützt, durch kulturelle Werte geprägt und von Interessen geleitet ist.

Handlungsspielraum

(Symbolischer) Raum der Wahlmöglichkeiten eines Akteurs, der durch verschiedene soziale Bedingungen (z. B. Machtverhältnisse; Institutionen; ökonomische, soziale und geographische Bedingungen) eingegrenzt wird.

Lebenswelt

Die tatsächlich gelebte und akzeptierte soziale Welt eines Individuums. Lebenswelten sind das Ergebnis individuell verarbeiteter und bewerteter sozialer Beziehungen und Erfahrungen und umfassen auch Handlungen, Interaktionen und Bedeutungen. Beispiel: Lebenswelt eines Guides, die von den Beziehungen zu Familienmitgliedern, der eigenen Gesellschaft, Erfahrungen im Umgang mit Touristen und Kollegen sowie Institutionen geprägt ist.

Schnittstellen

Die Punkte und Momente innerhalb eines sozialen Feldes, an denen die Unterschiede der Lebenswelten und Domains der sozialen Akteure deutlich werden und zu Konflikten führen können.

Soziales Feld

Offener (sozialer) Raum mit nicht nachvollziehbaren Grenzen, der durch verschiedene Elemente und Domains gekennzeichnet ist.

Tourismusfeld

In Anlehnung an das soziale Feld begriffener Raum, der zwar nicht klar eingrenzbar, aber durch für Tourismus typische Elemente (touristische Institutionen, natürliche Ressourcen, bestimmte Wirtschafts- und Produktionsweisen, Transportwege, strategische Gruppen und Akteure sowie deren Handlungen) gekennzeichnet ist. Beispiel: Kao San Road in Bangkok; Trekkingtourismus in Nepal;

Tabelle 2: Zentrale Begriffe der Schnittstellenanalyse für Untersuchungen zu Tourismus 63

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Voraussetzung für die Entstehung einer Schnittstelle ist das Aufeinandertreffen von Menschen, die unterschiedliche Interessen repräsentieren.12 Aufgrund dieser Begegnungen beeinflussen Menschen sich gegenseitig und verändern ihre Zielsetzungen, Interessen und Beziehungen. Diesen „dynamischen Charakter“ der Interaktionen macht Long zum Gegenstand der Schnittstellenanalyse (Long 1997: 218). Dettmar (2000: 202) zeigt, dass die Schnittstellenanalyse sich ausweiten lässt und geeignet ist, „[...] das Zusammenwirken von Machtstrukturen, historisch tradierten Symbolen, Zugehörigkeitsvorstellungen und ökonomischen Interessen in interkulturellen Interaktionssituationen allgemein zu untersuchen.“ (Herv. CN)

Dettmar hat die Schnittstellenanalyse für eine wirtschaftsethnologische Studie herangezogen und damit gezeigt, dass nahezu alle Prozesse, in denen Akteure in interkulturellen Situationen strategisch handeln um eigene Interessen zu verfolgen, anhand von sozialen Schnittstellen analysiert werden können (2000: 201). Jede Form von Tourismus beinhaltet interkulturelle Interaktionssituationen, in denen ökonomische Interessen eine Rolle spielen. Daher ist die Schnittstellenanalyse nicht nur geeignet, um Interventionsmaßnahmen im ländlichen Bereich zu erfassen, sondern auch, um Begegnungen im Tourismusfeld sowohl bei Tourismusprojekten als auch parallel existierenden, lokal entworfenen Tourismusformen zu untersuchen.13

12 Oft werden die Begriffe „Schnittstelle“ und „Arena“ in einem ähnlichen Kontext verwendet. „Arena“ weist für Sodeik (1999: 15 f.) auf einen konkreten interaktionistischen und lokalen Bezug hin. Der Unterschied des Konzeptes der Arena zu dem der Schnittstelle liegt auf dem Blickwinkel der Analyse: „Im Arena-Begriff liegt die Betonung auf dem gemeinsamen ‚Spiel‘ (bzw. dem Kampf um Einsätze und Preise), wobei den Charakteristika der Akteure weniger Beachtung geschenkt wird. Der Interface-Ansatz dagegen macht keine Aussagen über das Ziel der Begegnung, sondern hebt dafür auf die Tatsache ab, dass sich die sozialen Akteure in vieler Hinsicht unterscheiden (Werte, Interessen, Macht, Ressourcen). Das Konfliktpotenzial, das in beiden Konzepten bedeutsam ist, liegt folglich im ersteren in der Konkurrenzsituation strukturell ähnlicher Partner, während es im Schnittstellen-Ansatz im Zusammenprall unterschiedlicher Interessens- und Handlungsmuster strukturell unähnlicher sozialer Akteure geht. Die Konzepte sind also nicht synonym [...] liegen jedoch nahe beieinander und ergänzen sich teilweise.“ Sodeik (1999: 15 f.) 13 Vergleiche hierzu die entwicklungsethnologischen Untersuchungen von Bierschenk (1988, 1997), Sodeik (1999) und Dettmar (2000). 64

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Die akteursorientierte Theorie Mit Norman Longs Konzept der Schnittstelle sind eine ganze Reihe wesentlicher Begriffe verknüpft (Tabelle 2). Im Mittelpunkt steht der „akteursorientierte Ansatz“, der für das Konzept der Schnittstelle zentral ist.14 Bei der akteursorientierten Perspektive handelt es sich um eine mikrosoziologische Variante der allgemeinen Handlungstheorie (Sodeik 1999: 9). Lachenmann (1990: 21 f.) spricht in diesem Zusammenhang von einem verstehenden Ansatz, „[...] der bei dem (subjektiv vermeinten) Sinn der Handelnden und deren Weltsicht und Lebenszusammenhängen beginnt, deren soziale Entstehung bzw. Vermittlung begreift und gleichzeitig auf die ‚objektiven‘ Bedingungen und Zwänge hinweist, in denen dieses Handeln stattfindet, das sich in Institutionen und Strukturen verfestigt, also auf die gesellschaftliche Eingebundenheit.“

Der Akteur und seine Lebenswelt ist somit der Ausgangspunkt der Analyse, auf die der Blick auf Wechselbeziehungen, auf Kämpfe und Verhandlungen, in die dieser Akteur verstrickt ist, folgt. Dieser Schritt schließt eine makrotheoretische Untersuchung jedoch nicht aus (Sodeik 1999: 9). Die mikrosoziologische Perspektive des akteursorientierten Ansatzes erscheint Sodeik (1999: 10) für ein Verständnis der Problematik partizipativ angelegter Interventionen im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit besonders fruchtbar, da sie es erlaubt, die unterschiedlichen Reaktionen verschiedener Akteure auf Interventionen nachzuvollziehen. Der soziale Akteur15 An einem Projekt wie dem des gemeindeorientierten Tourismus sind viele Menschen beteiligt: die Organisatoren, Tourismusexperten und ihre Mitarbeiter vor Ort, die von ihnen angestrebte Zielgruppe, die Gemeinden in deren Umgebung das Projekt umgesetzt wird, Politiker, Regierungsvertreter, Fremdenführer, Touristikunternehmer und, nicht zu vergessen, die Besucher, die Touristen. All diese Personen und Gruppen werden in der Entwicklungszusammenarbeit als ‚Stakeholder‘, also als Interessensvertreter bezeichnet und sind als solche in der Planung von Projekten berücksichtigt. Dieser Ansatz fasst jedoch aus Sicht der Schnittstellenanalyse nicht weit genug. Nicht nur die in der Planung eines Projektes berücksichtigten Gruppen, also die Zielbevölkerung, beeinflusst und reagiert auf Entwicklungsmaßnahmen, auch die „Nicht-Ziel-Bevölkerung“ (Long 1997: 220) ist beteiligt und muss somit in 14 Dieser Aspekt wird von verschiedensten Autoren immer wieder unterstrichen (vgl. Arce/Long 2000; Bierschenk/Elwert 1997; Dettmar 2000; Lachenmann 1990; Long 2002; Sodeik 1999). 15 Für eine Übersicht über die Verwendung des Akteur-Begriffs in der soziologischen Handlungstheorie und der Spieltheorie siehe Sodeik (1999: 10 f.). 65

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die Analyse einbezogen werden. All diese Personen, Institutionen und Gruppen werden unter dem Begriff Akteure zusammengefasst. Die Strategien und kulturellen Konstruktionen, die von Individuen benutzt werden, beruhen auf einem Satz zugreifbarer Diskurse (verbal und non-verbal), die in einem bestimmten Maße mit anderen Individuen, seien es nun Zeitgenossen oder Vorgänger, geteilt werden. An diesem Punkt wird das Individuum zu dem, was Long als „social actor“, als sozialen Akteur bezeichnet. Das bedeutet, dass der Begriff des sozialen Akteurs nicht ein Synonym für das Individuum ist, sondern eine soziale Konstruktion16 bezeichnet (Long 1992: 25, 1997: 227). Bei der Analyse liegt somit der Fokus nicht auf dem Individuum, sondern auf seinem Handeln, seinen Interaktionen in sozialen Situationen (Long 1997: 229). Long definiert den sozialen Akteur als entscheidungs- und handlungsfähiges Individuum oder soziale Einheit. Der Begriff setzt damit ein wissendes, aktives Subjekt – also ein Individuum, eine Gruppe oder eine Institution – voraus, das „Situationen problematisiert, Informationen verarbeitet und im Umgang mit anderen strategisch17 handelt“ (Long 1997: 223 f.). Der Begriff des sozialen Akteurs kann auch auf Institutionen, Parteien, Unternehmen und ähnliche Gruppen angewendet werden. Dies macht aber nur dann Sinn, wenn diese soziale Einheiten grundsätzlich die Möglichkeiten haben, zu handeln (power of agency, vgl. Long 1992: 23, 1997: 228). Im Unterschied zum individuellen Akteur verwendet Sodeik (1999: 11) hierfür den Begriff der kollektiven Akteure. Zutreffend ist dies beispielsweise für Unternehmen, politische Parteien, Kirchen oder eben auch Entwicklungsprojekte und Selbsthilfeorganisationen. Die Untersuchung des Handelns kollektiver Akteure schließt die Analyse der ihnen angehörenden individuellen Akteure notwendigerweise ein (Sodeik 1999: 11). Die Ziele und Vorgehensweisen der Individuen sind weitestgehend durch ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe vorgegeben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass individuelle Ziele mit denen der Gruppe deckungsgleich sind, es kann durchaus starke Abweichungen geben. Faktoren hierfür sind z. B. die berufliche Position, das Alter des Individuums 16 Bei dieser soziale Konstruktion unterscheidet Long zwei Bedeutungen, die mit dem Konzept des sozialen Akteurs in Verbindung gebracht werden: „[...] first, that which is culturally endogenous in that it is based upon the kinds of representations characteristic of the culture in which the particular social actor is embedded; and second, that which arises from the researchers’ or analysts’ own categories and theoretical orientation.“ (Long 1992: 25). 17 Auf den Begriff der Strategie gehen Bailey (1969) und Sodeik genauer ein. Mit dem Begriff der Strategie wird in der spieltheoretischen Perspektive das Verhalten von Spielern, ihren Zielen und den Spielregeln beschrieben. Sodeik (1999: 14) versteht unter ‚Strategie‘ den „Plan eines sozialen Akteurs zur Erreichung eines gesetzten Ziels. Der Entwurf einer Strategie ist daher grundsätzlich in der Handlungsrationalität des sozialen Akteurs verwurzelt, wobei die Ziele den anvisierten Bezugspunkt vorgeben, die Werte und Erfahrungen jedoch die Basis bilden“. 66

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oder persönliche Einstellungen. Sodeik (1999: 11) betont jedoch, dass diese Abweichungen entsprechend dem Akteurskonzept nicht als abweichendes Verhalten betrachtet werden, sondern als einen Bestandteil individueller Strategien und Interessen.

Handlung und Handlungsrationalität Sodeik (1999: 12) definiert den sozialen Akteur als ein „[...] Individuum oder eine soziale Einheit, die auf der Grundlage von Werten und Orientierungen und im Bewußtsein seiner oder ihrer sozialen Position Entscheidungen trifft und in strategischen Situationen handelt.“

Das Handeln von Akteuren verläuft innerhalb von Grenzen, die durch Unsicherheit und Zwänge physischer, normativer oder politisch-ökonomischer Natur, aber auch durch das eigene Wissen entstehen (vgl. Long 1997: 224). Dieses Wissen ist eine kognitive und soziale Konstruktion, die einerseits das Ergebnis von Erfahrungen und Begegnungen an den Schnittpunkten verschiedener Lebenswelten ist und andererseits durch diese Begegnungen immer wieder neu gestaltet wird. Wissen ist in allen gesellschaftlichen Situationen wirksam und geht meist Hand in Hand mit Macht und dem Zugang zu Ressourcen (Long 1999: 3). In der Begegnung mit Interventionen und Projekten sammeln Menschen Erfahrungen, sei es nun persönlich oder über Beobachtungen und Erzählungen anderer Beteiligter. Diese Erfahrungen beeinflussen den zukünftigen Umgang mit anderen Menschen innerhalb von Projekten ganz erheblich. Das hier gewonnene Wissen fließt in die Erwartungen ein, die die Menschen mit in die Arena eines Projektes nehmen und schafft gleichzeitig Zugang zu neuen Ressourcen. Dadurch wird ein Projekt schließlich zu einem „Kampfplatz des Wissens“: „This image of the ‚battlefields of knowledge‘ was chosen to convey the idea of contested arenas in which actors’ understandings, interests and values are pitched against each other. It is here – in the field of intervention primarily, though not exclusively since knowledge dilemmas and controversies also shape the writing and analysis of policy documents and reports, as well as research findings – that struggles over social meanings and practices take place.“ (Long 2002: 1)

Akteure versuchen Probleme zu lösen und ihre Interessen zu verfolgen; sie lernen in den „Strom der sozialen Ereignisse“ (Long 1997: 224) einzugreifen und beobachten ihre eigenen Handlungen und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Diese Überlegungen leiten zu den zentralen Thesen des akteursorientierten Ansatzes und zum Konzept der agency, der Handlungsfähigkeit oder auch Handeln, über. Long (1997: 225) setzt mit Giddens (1984, 1987) voraus, dass sämtliche Akteure eine gewisse Macht ausüben und an der Gestaltung ihrer sozialen Umgebung beteiligt sind. Ausgangspunkt der ak67

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teursorientierten Analyse ist, dass Akteure entsprechend ihrer getroffenen Entscheidungen handeln, erfinden und experimentieren – auch dann, wenn ihre Möglichkeiten durch verschiedene Zwänge stark eingeschränkt sind (Long 1997: 225). Wenn Akteure handeln, greifen sie auf kulturelle und damit unterschiedliche Werte zurück. Mit Giddens (1984) nennt Long die beiden Begriffe, die dem Handeln zu Grunde liegen, nämlich „praktisches (Handlungs-)Wissen“ (knowledgeability) und „Handlungsvermögen“ (capability).18 Für die Analyse von Schnittstellen, bei denen Akteure mit einem jeweils anderen Verständnis von Wissen und Handlungsvermögen aufeinandertreffen, müssen diese Begriffe kulturell übersetzt werden um überhaupt eine Bedeutung zu haben (Long 1997: 227). Eine universelle Interpretation des Handelns, die für alle Kulturen gültig ist, gibt es nicht. Long meint: „Kulturelle Formen des Handelns variieren und reflektieren verschiedene Philosophien hinsichtlich der Einflußmöglichkeiten des Individuums auf Handlungen und Ereignisse“ (Long 1997: 228).19 Sodeik (1999: 12 f.) geht mit der Einführung des Begriffs der Handlungsrationalität auf diese kulturelle Dimension des Handelns ein. Mit Handlungsrationalität ist die durch kulturelle Normen und Werte geformte und von Interessen gelenkte Denkweise gemeint, die dem Handeln zugrunde liegt. Der Begriff umfasst die internen Faktoren des Handelns, also Werte, Einstellungen, Motivationen, Erfahrungen, Lebenswelten, Interessen und Ziele der Akteure (ebed.). Damit lässt er eine emische Vorgehensweise zu und kann je nach dem kulturellen Kontext der Akteure anders gefüllt werden. Ein emischer Ansatz ist auch von Bedeutung, um zu erfassen, wie Akteure zwischenmenschliche und interkulturelle Beziehungen gestalten. Das Handeln der sozialen Akteure ist in soziale Beziehungen eingebettet, und kann nur durch diese wirken. „[...] agency (and power) depend crucially upon the emergence of a network of actors who become partially, though hardly ever completely, enrolled in the ‚project‘ of some other person or persons. [...] Hence, it is essential to take account of the ways in which social actors engage in or are locked into struggles over the attribution of social meanings to particular events, actions and ideas.“ (Long 2001: 17)

Wissen bzw. kognitive Fähigkeiten sind in soziale Prozesse von Machtbeziehungen, Autorität und Legitimität eingebunden. Sie reflektieren und provozieren Konflikte zwischen verschiedenen sozialen Gruppen genauso wie sie zur Etablierung von Gemeinplätzen, gemeinsamen Ansichten, Interessen und Intentionen beitragen. Für Gardner und Lewis (1996: 59) ist Longs Verwendung des Begriffs agency ein bedeutender Schritt in der Entwicklungsethnologie. Ihre Überlegungen 18 Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Heidenreich (1998: 9). 19 Zur Problematik der universellen Interpretation von Handeln siehe auch Lachenmann (1990: 14 f., 22). 68

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lassen sich auch auf die Tourismusethnologie übertragen: „Most important, perhaps, is Long’s use of the notion of human agency; the recognition that people actively engage in shaping their own worlds, rather than their actions being wholly pre-ordained by capital or the intervention of the state.“ (Gardner/Lewis 1996: 59) Schlehe (2003: 36) bemängelt zu Recht, dass in der Tourismusethnologie Handelnde und Bedeutung konstruierende Subjekte auf Seiten der „Bereisten“ ignoriert werden. Der Dynamik des menschlichen Handelns wird bei Long gerade mit dem zentralen Begriff der Handlungsfähigkeit und dem damit verbundenen Konzept des sozialen Akteurs (2001: 16) Rechnung getragen. Der Begriff schreibt dem individuellen Akteur die Fähigkeit zu, selbst unter den stärksten äußeren Zwängen und Eingrenzungen noch soziale Erfahrungen zu verarbeiten und Handlungsentscheidungen zu treffen. Somit schließt die Analyse von Anfang an die Vorstellung passiver Akteure, die in der Tourismusethnologie vorherrschen, aus. Im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit und Tourismus muss vielmehr analysiert werden, auf welche Weise verschiedene kulturelle Konzepte von Macht, Einfluss, Wissen und Effizienz die Handlungsstrategien der einzelnen Akteure beeinflussen.20

Das Verhältnis von Handlungsspielraum zu Mikro- und Makroebenen Der akteursorientierte Ansatz der Schnittstellenanalyse betont in erster Linie die Menschen, die an Interventionen beteiligt sind. Trotzdem darf die Untersuchung keinesfalls blind sein für wichtige strukturelle Makroprozesse (Long 1997: 221). Um die Rolle von Mikro- und Makroebenen für die Schnittstellenanalyse zu verdeutlichen, spricht Sodeik (1999: 13 f.) vom Handlungsspielraum. Der Handlungsspielraum beinhaltet all jene Variablen, die das Umfeld eines Akteurs strukturieren und seine Entscheidungsmöglichkeiten beeinflussen, diese beschränken oder erweitern; dazu zählen Ressourcen und Machtverhältnisse, institutionelle Einbettung, Kenntnisse und der Zugang zu Informationen (vgl. Sodeik 1999: 13). Durch die Berücksichtigung dieser für den Akteur externen Faktoren oder auch ‚sozialen Tatsachen‘ (vgl. Sodeik 1999: 13), fließt eine makrosoziologische Perspektive in die Untersuchung ein. Gleichzeitig sind auch mikrosoziologische Faktoren, etwa die Lebenswelt des Akteurs, für die Bestimmung des Handlungsspielraumes von Bedeutung. Der Handlungsspielraum ist der symbolische Raum der Wahlmöglichkeiten des Akteurs, der durch „Herrschafts- und Machtverhältnisse, ökonomische und soziale Bedingungen, sowie natürliche Einflussfaktoren wie das Klima“ 20 „One should also address the question of how far notions of agency, which differ according to the type of policy being promoted, can be imposed on local groups. Here I have in mind, for example, the application of concepts such as ‚stakeholder‘ analysis, ‚popular participation‘, ‚targeting the poor‘ or ‚the role of the progressive farmer‘ in planned development.“ (Long 2001: 16) 69

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(Long 1992; Sodeik 1999: 13) bestimmt wird.21 Auch wenn die Wahlmöglichkeiten der verschiedenen Akteure ganz unterschiedlich sein können, setzt das Konzept des Handlungsspielraumes im Einklang mit dem Begriff von agency voraus, dass alle Akteure Wahlmöglichkeiten haben und ihre Umwelt beeinflussen und gestalten können (Long 1997: 225). 22 Ohne eine Untersuchung des Zusammenspiels von äußeren und lokalen Prozessen ist eine Schnittstellenanalyse nicht vorstellbar. Tourismusfelder sind zwar stark lokal durch die Menschen vor Ort und ihre Handlungen geprägt. Sie werden aber ebenfalls von diplomatischen, innen- und außenpolitischen Prozessen, von außenstehenden Personen, Gruppen und Institutionen beeinflusst.

Der akteursorientierte Blick auf Entwicklungsprojekte Innerhalb der Entwicklungsforschung wurde oft davon ausgegangen, dass der Prozess einer entwicklungspolitischen Intervention schrittweise und linear verläuft. Ein Plan wird formuliert, anschließend umgesetzt und führt zu bestimmten, zuvor festgelegten Ergebnissen (vgl. Long 1997: 219, 2002: 3 f.). Die Planung eines Projektes wird damit schlicht als eine rationelle Vorgehensweise begriffen, bei der Experten Situationen analysieren, Ursachen diagnostizieren und erkannte Probleme lösen (Long 2002: 5). Dementsprechend wird im theoretischen Entwicklungsdiskurs meist angenommen, dass möglichst viele durch Experten gesammelte Informationen den Projektverlauf automatisch effektiver machen. Long spricht in diesem Zusammenhang von einem „Mythos Projekt“ und nennt die Modelle der Entwicklungsforschung „rationelle Modelle“ (Long 2001: 30), die weit von der Wirklichkeit der Projektpraxis entfernt sind. Denn oftmals suchen Planer und Praktiker der Entwicklungszusammenarbeit eben nicht nach dem besten Weg oder der effizientesten Alternative, wenn es darum geht ein Problem zu lösen. Stattdessen geht es darum, Unterstützung für bereits durchgeführte Aktionen sowie für bestehende politische Verhältnisse zu erhalten (Long 2001: 30). Zum Ausdruck kommt die Vorstellung von Linearität und Rationalität beispielsweise in schriftlichen Projektplänen, die nach einem bestimmten Schema aufgebaut sind. Nach einer allgemeinen Übersicht der Region und Zielgruppe wird ein Problem (z. B. Armut) formuliert, die Ursachen hierfür genannt (z. B. fehlende Infrastruktur oder Bildung) und anschließend ein Lösungsvorschlag in Form eines Projektplanes abgegeben. Anhand der Dokumente der Entwicklungswelt (Projektentwürfe und Anträge, Zeitrahmen, Pläne, Voruntersuchungen und Berichte) lässt sich erkennen, dass Instituti-

21 Vergleiche hierzu auch Olivier de Sardan (1997: 43) und Sodeik (1996: 137). 22 Long (1997: 220) spricht von ‚Freiheitsgraden‘. 70

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onen, aber auch beratende Wissenschaftler von einem bestimmten Zeit-RaumRahmen ausgehen, in dem das Projekt stattfindet. Die Vorstellung eines linearen, planmäßigen Prozesses ist tatsächlich sehr praxisfern. Es kommt bei der Umsetzung des Plans sowohl am Ort seiner Entstehung als auch bei der Umsetzung vor Ort (also im Entwicklungsland) immer wieder zu Neuinterpretationen und Umformungen des ursprünglichen Programms (Long 1997: 219). Bei vielen Projekten wird die Möglichkeit für Neuinterpretationen bereits dadurch gefördert, dass wesentliche Kernelemente, etwa der Begriff der Partizipation locker definiert sind und Raum für Eigenauslegungen lassen.23 Die meisten Projektmitarbeiter sind sich dessen bewusst – trotzdem sind die geplanten Ziele richtungsweisend und gelten als Messwert für den Erfolg eines Projektes. Eine Entmystifizierung von Entwicklungsprojekten ist unumgänglich, da im jetzigen Diskurs die Prozesshaftigkeit von geplanten Interventionen und das Zusammenspiel verschiedener Akteure zu kurz kommt. Zu oft werden Interventionen als eigenständige Abfolge von Aktivitäten dargestellt, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und einer Region stattfinden und sich auf die Interaktion zwischen den Intervenierenden und deren sogenannten Zielgruppen beschränken (Long 2002: 4). Projektinterventionen werden somit als ein Prozess verstanden, der vollkommen vom Fluss des sozialen Lebens (flow of social life) und bestehenden menschlichen Beziehungen isoliert ist. Für Long (2002: 4) steht jedoch fest, dass Entwicklungsinterventionen immer Teil eines Stromes sind, der in den Kontext von staatlichen Aktivitäten, internationalen Institutionen und verschiedenen sozialen Gruppen eingebettet ist: „They [interventions, Anm. CN] are also linked to previous interventions, have consequences for future ones, and more often than not are a focus for intra- and interinstitutional struggles over perceived goals, administrative competencies, resource allocation, and institutional boundaries.“

Ein Projekt darf nicht als eine klar umrissene Aktivität in einem bestimmten Zeit-Raum-Rahmen gesehen werden (Long 2001: 32), denn in der Praxis hat es eben keinen durch die Definition von Zielen festgesetzten Anfang, noch kann man von einem klaren Schlussstrich sprechen. Das Schreiben des Evaluationsberichtes mag für Entwicklungsinstitutionen als Abschluss eines Projektes gelten, vor Ort wirken die Interventionen und ihre Folgen jedoch weiterhin. 23 Gerade der Begriff der Partizipation ist schwer fassbar und gewinnt eigentlich für die Akteure erst bei der Umsetzung eines Projektes einen Sinn. Partizipation kann in einem konkreten Projekt die bloße Information von betroffenen Gruppen bedeuten, oder aber die Betroffenen zu aktiven Gestaltern werden lassen. Zwischen diesen beiden Stadien gibt es zahlreiche Zwischenstufen. Somit ist Partizipation in der Theorie aber vor allem in der Praxis ein sehr dehnbarer Begriff und wird in der Praxis nach „Bedarf“ ausgelegt. Siehe hierzu auch die kritischen Ausführungen von Sodeik (1999: 29 f.) zum Thema Partizipation. 71

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Die vermeintliche Linearität darf die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Entwicklungsprojekten nicht beeinflussen: „If, however, we stand back from these ideal-typical, time-space conceptions and instead concentrate upon understanding planned intervention as a complex set of evolving social practices and struggles, then time and space can be reintroduced as elements of specific historical processes, which become distorted when confined to the time-space grid of the project model.“ (Long 2001: 33)

Long fordert somit keine totale Abwendung von zeitlichen und räumlichen Konzepten; er verweist jedoch auf die Notwendigkeit, sich in der Entwicklungsforschung von den Modellen der Entwicklungspraxis zu entfernen und auf diese Weise einen verstehenden Blick auf Interventionen zu erhalten. Einen solchen Blick eröffnet Sodeik, indem sie ein Entwicklungsprojekt als eine künstlich geschaffene und zeitlich begrenzte soziale Einheit oder auch „die Gesamtheit von Personen, Sachmitteln und finanziellen Mitteln, die ein von außen vorgegebenes Ziel in einem gewählten geographischen Umfeld zum Wohl der als Zielgruppe ausgewiesenen Bevölkerung durchführt“ (1999: 25) definiert. Ein Entwicklungsprojekt ist keine neutrale Ansammlung von Gütern und Personen, sondern eine ideologisch und politisch bedeutsame Ebene, in der sich die Projektbeteiligten mit unterschiedlichen Interessen, Strategien und Handlungsmöglichkeiten gegenüberstehen. Daher wird ein Entwicklungsprojekt oftmals als „politische Arena“ wahrgenommen (Bierschenk 1988).

Die Schnittstellenanalyse als Werkzeug: Forschung im Tourismusfeld Muang Sing Tourismus wird hier als ein soziales Feld definiert, indem soziale Akteure interagieren, bestimmte Tauschhandlungen vollziehen (z. B. Dienstleistungen und Geld) oder um Ressourcen kämpfen (z. B. um Touristen). Im Rahmen eines solchen Tourismusfeldes können verschiedene Tourismusformen parallel existieren und konkurrieren. Gemeindeorientierter Tourismus kann als Bestandteil eines Entwicklungshilfeprojektes eine solche Tourismusform sein. Der akteursorientierte Ansatz bietet einen Rahmen, um Prozesse in Tourismusfeldern zu erkennen und Schnittstellen bei Tourismusprojekten zu erklären. In einem Entwicklungsprozess, bzw. in einem Projekt, ist die Schnittstelle der Punkt, an dem ein Plan umgesetzt und gleichzeitig transformiert wird. Der Plan erlangt an der Schnittstelle soziale Bedeutungen, die in der eigentlichen Planung nicht vorgesehen waren (Long 1997: 219). Die Planung, die Umsetzung und das Ergebnis eines Projektes sind nicht klar von einander zu trennende Prozessabschnitte, sondern vermischen und durchdringen sich erheblich. Für Long ist es am sinnvollsten, die Forschung auf die Umsetzung eines Projektes zu beziehen, da man nur auf diese Weise ein besseres „Verständnis der strukturellen Dynamik und der ‚Freiheitsgrade‘ 72

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

oder des ‚Handlungsspielraumes‘“ erhält (Long 1997: 220). Dies soll im Folgenden auch für Untersuchungen von Tourismusfeldern im Allgemeinen und Tourismusprojekte im Besonderen berücksichtigt werden. Die unten aufgeführten Bereiche müssen bei der Schnittstellenanalyse innerhalb eines Tourismusfeldes abgedeckt werden (vgl. Dettmar 2000; Sodeik 1999), dürfen jedoch nicht als voneinander getrennte Phasen verstanden werden. Vielmehr greifen die einzelnen Bereiche der Analyse ineinander und überlappen sich: ―









Die sozialen Akteure, die an Tourismusprojekten beteiligt sind, müssen identifiziert und ihre Rolle innerhalb des Projektes geklärt werden. Dies geschieht, indem ihre Interessen und Vorstellungen bezüglich Tourismus dargestellt werden. Für die Rolle im Rahmen des Projektes sind die Beziehungen, die Akteure zu anderen Akteuren unterhalten maßgebend. Das heißt, dass Begegnungssituationen und Interaktionsprozesse untersucht werden. Vermeintlich außenstehende Akteure werden als Teil des Tourismusfeldes begriffen und damit in die Überlegungen mit einbezogen. Die Rahmenbedingungen eines Projektes müssen eingehend beleuchtet werden, denn sie beeinflussen das Geschehen maßgeblich und bilden den Handlungsspielraum. Hierzu zählen v. a. politische Strukturen und rechtliche Regelungen, Bestimmungen verschiedener Institutionen, aber auch soziale und geographische Gegebenheiten. Auf der Mikroebene sind die Lebenswelten der einzelnen Akteure bestimmend, hier wird das Augenmerk auf die Handlungsrationalität gelenkt. Die Schnittstellenanalyse konzentriert sich auf die Verbindungen zwischen sozialen Akteuren, bzw. Gruppen, die im Rahmen von Tourismus interagieren. Die Unterschiede in Weltbildern und kulturellen Interpretationen der verschiedenen sozialen Akteure werden berücksichtigt wenn es darum geht, Diskontinuitäten an der Schnittstelle ausfindig zu machen. Das Tourismusprojekt wird als dynamischer Prozess verstanden, an dessen Gestaltung die einzelnen Akteure auf ganz unterschiedliche Weise beteiligt sind. Dementsprechend verändert sich auch das Tourismusfeld.

Einen wichtigen ersten Anhaltspunkt für das Aufspüren von sozialen Schnittstellen geben die von Entwicklungsinstitutionen und Experten verfassten Projektpläne. Die Formulierung von Problemen und Lösungsansätzen in Dokumenten der Entwicklungszusammenarbeit beschreibt nicht die eigentliche Entwicklungsrealität, sondern gibt lediglich die Position einiger Akteure wider. Dokumente und Projektpläne dürfen daher nicht als Abbildungen oder Beschreibungen realer Vorkommnisse verstanden werden. Arce (2000: 33) versteht die Sprache der Entwicklung in diesem Sinne als „[...] a combined set of linguistic representations and linguistic constructions of how to relate ‚problems‘ to ‚solutions‘. It is a certain way of framing problems, attribut73

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? ing essences, and finding solutions based on the objectivisation of what constitutes development.“

Innerhalb der Entwicklungswelt können Projektpläne als Maßstab für den Erfolg von Projekten herangezogen werden, indem etwa überprüft wird, ob genannte Ziele innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erreicht wurden oder nicht. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch stark eindimensional und blendet die Lebenswelten lokaler Akteure aus. Aufgabe einer akteursorientierten Analyse ist es, „[...] to get behind the myths, models and poses of development policy and institutions, as well as the reifications of local culture and knowledge“ (Long 2001: 14) und die Lebenswelten der Akteure in den Untersuchungsmittelpunkt zu stellen. Daher bieten Projektpläne für eine Untersuchung von Prozessen im Tourismusfeld Muang Sing wichtige Anhaltspunkte, um die Entstehung von Schnittstellen nachzuvollziehen. Sie können Hinweise darauf geben, wie der Idealzustand, der „Soll-Zustand“ für einige Akteure innerhalb des Projektes aussieht. Sie repräsentieren ein Projekt nach außen hin und zeigen gleichzeitig, welche Entwicklungspolitik oder -philosophie die Basis für die spätere Vorgehensweise bilden soll. Für Arce (2000: 37) erhält die Rhetorik in Dokumenten und Projektplänen der Entwicklungszusammenarbeit die Funktion, eine objektivierende Perspektive auf lokale Prozesse zu gewinnen. Die Realität vor Ort wird als vorhersehbar und vor allem als kontrollierbare Wirklichkeit dargestellt. Die Darstellung der Entwicklungsprobleme lokaler Gemeinschaften folgt immer ähnlichen Mustern, die Einbeziehung lokaler Interessen und Verhältnisse spielt eine untergeordnete Rolle. Dadurch wird der Eindruck vermittelt, man könne gesellschaftliche Probleme unabhängig von ihrer jeweiligen Gesellschaft analysieren und ihnen mit den gängigen, universell einsetzbaren Werkzeugen der Entwicklungswelt beikommen. (Arce 2000: 37) Für die Praxis ist diese Vorgehensweise problematisch, wie Arce betont. In den Projektplänen bleiben die Erfahrungen lokaler Akteure unberücksichtigt, spätestens bei der Umsetzung werden Entwicklungsinstitutionen jedoch mit den Handlungen und Vorstellungen dieser Akteure konfrontiert. Projektmitarbeiter müssen zwischen den abstrakten Idealen internationaler Entwicklungsorganisationen und den lokalen Gegebenheiten, gewissermaßen zwischen Fiktion und Realität, eine Brücke schlagen. Daher geben Projektpläne besonders wertvolle Anhaltspunkte um Konflikte an Schnittstellen aufzuspüren.

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SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

Ethnologische Vorgehensweise Entwicklungstheorien beruhen häufig auf Dichotomien von „Natur“ und „Kultur“, „Menschen“ und „Dingen“, oder eben auch „entwickelt“ und „unterentwickelt“. Die Vorstellung von Entwicklung und Unterentwicklung geht Hand in Hand mit einer wertenden Haltung: Unterentwicklung ist der Zustand der überwunden werden muss, Entwicklung hingegen ist das wünschenswerte Ziel. Diese Dichotomien prägen auch das Verständnis von nachhaltigen Tourismusformen und den wissenschaftlichen Diskurs darum. Nachhaltiger Tourismus gilt als kontrolliert und damit sozial gerecht, vernünftig und bewahrend, wenn es beispielsweise um Kultur und Umwelt der besuchten Regionen geht. Dem gegenüber stehen nicht-nachhaltige Tourismusformen (z. B. Massentourismus), die nicht kontrollierbar, sozial ungerecht, kultur- und umweltzerstörend und damit unvernünftig sind (vgl. Tabelle 3). Nachhaltiger Tourismus ― ― ― ― ―

Bewahren von Kultur und Natur sozial gerecht vernünftig kontrollierbar, verläuft nach Regeln fördert nachhaltige Entwicklung

Nicht-nachhaltiger Tourismus ― ― ― ― ―

Zerstörung von Kultur und Natur sozial ungerecht unvernünftig unkontrollierbar verhindert nachhaltige Entwicklung

Tabelle 3: Dichotomien in der Debatte um neue Tourismusformen Durch solch künstliche Einteilungen wird der Blick auf weitaus komplexere Zusammenhänge, die menschlichen Gesellschaften zu Grunde liegen, versperrt. Unsere moralischen Vorstellungen, unsere gesellschaftliche Ordnung oder unser religiöses Empfinden kann auf unsere politischen Entscheidungen Einfluss nehmen – ebenso wie auf die Art und Weise wie wir ein Haus bauen, Reis ernten oder uns gegenüber unserer Umwelt und Fremden verhalten (Arce/Long 2000: 7). Dieses Verständnis für komplexe Zusammenhänge wird in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit neuen Tourismusformen wenig beachtet. Der holistische Ansatz der Ethnologie hingegen stellt die Frage nach solchen Zusammenhängen und hat Methoden entwickelt, um diese aufzudecken. Hierzu zählt ein emischer Ansatz und damit eine Vorgehensweise vor Ort, die sich so nah wie möglich an Konzepten und Vorstellungen der jeweils untersuchten Akteure orientierte.24 Die vielschichtigen Interaktionen an den 24 Sowohl das theoretische Gerüst dieser Arbeit als auch die Vorgehensweise vor Ort entstanden kontinuierlich durch die Beobachtungen und die Erfahrungen, die im Umgang mit Informanten gemacht wurden. Hierzu Dettmar (2000: 205): „Theorie und Empirie werden in einem fortwährend sich gegenseitig erhellenden Zirkel so aufeinander bezogen, daß zum Schluß ein Theoriegebäude (als System 75

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Schnittstellen machten es notwendig, dass sich die Forschung den jeweiligen Situationen und den Akteuren anpasst. Die klassisch qualitative Vorgehensweise der Ethnologie nahm bei der Untersuchung des Tourismusfeldes Muang Sing eine bedeutende Stellung ein. Der überwiegende Teil der Daten wurde über teilnehmende Beobachtung25, offene und Ad-Hoc-Interviews26 gewonnen. Quantitative Methoden, wie beispielsweise standardisierte Fragebögen, konnten bis zu einem gewissen Grad mit einfließen, sie erwiesen sich jedoch in vielen Feldforschungssituationen nicht geeignet, um den verschiedenen Lebenswelten der Akteure gerecht zu werden. So wurden beispielsweise in einer ersten Phase Fragebögen verwendet, wie sie auch von Projektmitarbeitern vor Ort zu Erhebungen in den Dörfern der Akha genutzt werden. Viele der Dorfbewohner waren mit dieser Erhebungstechnik vertraut und so schien diese Methode auf den ersten Blick durchaus sinnvoll, um einen Eindruck von der touristischen Einschätzung der Dorfbewohner zu gewinnen. Viele der anfangs mittels Fragebogen-Interviews gewonnenen Daten erwiesen sich nach mehreren Aufenthalten in den Dörfern, teilnehmender Beobachtung und formloseren von Zusammenhängen und Relationen) entsteht, das den Untersuchungsgegenstand aufschließt. Das Endergebnis erscheint bei diesem Vorgehen aufgrund des ‚Fits‘ zwischen Theorie und Empirie kohärent. Dabei darf man aber nicht vergessen, daß es sich um das Endprodukt eines langen Prozesses handelt, in dem immer wieder Beobachtungen zur Beschäftigung mit weiterem theoretischen Material und Theorien zu neuen Fragen und Beobachtungen geführt haben.“ 25 Je nach Informant konnte die teilnehmende Beobachtung sehr unterschiedlich verlaufen. In Dörfern der Akha wurden beispielsweise durch teilnehmende Beobachtung Daten zu Alltag, Arbeit und Bedeutung von Tourismus erhoben. Diese Methode kam jedoch auch bei Guides, Souvenirverkäuferinnen und – selten – Projektmitarbeitern zum Einsatz. Die Ergebnisse wurden während der Erhebung notiert und im Anschluss bzw. noch am selben Tag in Feldtagebücher übertragen. Auch nicht-teilnehmende Beobachtung spielte vor allem zu Beginn der Forschung eine Rolle. Die wichtigsten Beobachtungsprotokolle (insgesamt 39 Dateien) wurden entsprechend Ort, beteiligter Akteure und Datum codiert und ausgewertet. Am umfangreichsten ist das Beobachtungsprotokoll eines gesamten Haushaltes im Akha-Dorf Ban Kao, das die Aktivitäten von sieben Familienmitgliedern über einen Zeitraum von ca. 26 Tagen erfasst und dabei auch auf besondere Ereignisse (Feiertage, bestimmte Rituale, Ankunft von Touristen) verweist. 26 Die Interviews flossen zum Teil in den Verlauf einer teilnehmenden Beobachtung mit ein. Neben den offenen Interviews kamen auch Gruppeninterviews, Interviews mit Filmen, Postkarten, Broschüren und Fotos als Diskussionsgrundlage, Befragungen per Email (bei Tourismusexperten) und narrative Interviews zum Einsatz. Des Weiteren erhielten Mitglieder zweier verschiedener AkhaDörfer (ein in das Projekt integriertes Dorf, ein Dorf der Souvenirverkäuferinnen) Einwegkameras, mit denen sie Tourismus dokumentieren sollten. Auf diese Weise wurden insgesamt über 150 Interviews unterschiedlicher Länge (von zehnminütigen Ad-Hoc- Interviews bis hin zu max. zweistündigen Gruppeninterviews und strukturierten Experteninterviews) mit 29 Informanten geführt. 76

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Interviewtechniken jedoch als unzuverlässig. Dies lag zum einen daran, dass die im voraus aufgestellten Fragen und verwendeten Kategorien zwar für Mitarbeiter von Entwicklungsinstitutionen sinnvoll waren, aber in der Lebenswelt der Dorfbewohner keine Entsprechungen fanden und viele wichtigen gesellschaftlichen Bereiche vollkommen ausblendeten. Diese Problematik war auch den Projektmitarbeitern bewusst.27 Zudem stellte sich heraus, dass Fragebögen an sich für Erhebungen in den Dörfern ungeeignet waren. Die meisten Akha können weder lesen noch schreiben, sodass der Interviewer Fragen vorliest und die Antworten selbst aufzeichnet. Das heißt, dass der Interviewte sich einen bestimmten Zeitraum lang zur Verfügung stellen muss. Mitarbeiter von Entwicklungsorganisationen kündigen daher ihre Besuche bereits einen Tag vorher an und erwarten, dass die Dorfbewohner verabredete Zeiten einhalten. Bei meinem ersten Besuch in einem der Projektdörfer musste sich der Dorfvorsteher angesichts eines Fragebogens hin- und hergerissen fühlen. Zum einen war er als offizieller Repräsentant des Dorfes gewissermaßen verpflichtet, seine Pläne für den Tag aufzuschieben. Zum anderen war ausgerechnet für diesen Tag Jagd und Fischerei vorgesehen, an der er teilnehmen wollte.28 Während des Interviews brach er schließlich nach etwa fünfzehn Minuten ab und verließ zu meiner Überraschung das Dorf. Er erklärte mir, dass sein Stellvertreter und anschließend seine Söhne an seiner Statt antworten könnten. Da diese den Anfang des Interviews jedoch nicht mitbekommen hatten, machten solche Unterbrechungen und Wechsel die Interviewsituation für alle Beteiligten verständlicherweise schwierig. Ähnlich erging es mir anfangs in anderen Dörfern, sodass Fragebögen für die Interaktion mit diesen sozialen Akteuren schnell aufgegeben wurden. Allerdings konnte auf diese Weise auch ein Einblick in die Kommunikation zwischen Entwicklungsinstitutionen und den Akha-Dörfern gewonnen werden.

27 Meine Erfahrungen im Umgang mit Fragebögen diskutierte ich auch mit laotischen Projektmitarbeitern. Dabei stellte sich heraus, dass sie den Eindruck hatten, die Dorfbewohner würden viele der von ihnen gestellten Fragen entweder nicht verstehen oder ungenau beantworten. Letzteres Problem versuchte ein Mitarbeiter dadurch zu lösen, dass er die Ergebnisse der Befragung nochmals vorlas und die Interviewten um eine Unterschrift oder einen Fingerabdruck zur Bestätigung verlangte. Sollten die Dorfbewohner beim nächsten Besuch andere, abweichende Angaben machen, so könne man sie darauf aufmerksam machen, dass ihre Antworten nicht korrekt seien und sie an ihre Unterschrift gebunden sind. Auf diese Weise, so erklärte er, könne verhindert werden dass sich die erhobenen Daten widersprechen. Durch dieses Gespräch wurde mir klar, wie problematisch diese Erhebungsmethoden in den Akha-Dörfern für eine ethnographische Untersuchung tatsächlich sind. 28 Erst im Laufe meiner Feldforschung erfuhr ich, dass mein erster Interviewtermin in diesem Dorf ausgerechnet auf einen entsprechend dem Akha-Kalender günstigen Termin für Jagd bzw. Fischerei fiel. Nach und nach wurde ich mit dem Kalender- und Zeitsystem vertrauter und konnte Interviewsituationen entsprechend vorbereiten und anpassen. 77

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Für andere Akteure wie etwa die Gruppe der Guides bot ein anonymisierter Fragebogen zusätzlich zu Leitfadeninterviews eine sehr willkommene und geradezu symbolische Methode der Datenerhebung. Touristen werden nach Trekkingtouren immer gebeten, einen Fragebogen auszufüllen und darin unter anderem Angaben über die Qualität und die Kompetenzen ihres Guides zu machen. Die Angaben der Touristen werden als Grundlage zur Gesamtbeurteilung der Fähigkeiten eines Guides herangezogen. Die Guides werden also mittels Fragebogen beurteilt, verfügen jedoch selbst über kein ähnliches Sprachrohr, mit dessen Hilfe sie auf Missstände aufmerksam machen oder ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen können. Die Datenerhebung durch anonyme Fragebögen wurde von ihnen als Mittel gesehen, ebenfalls Bewertungen abgeben zu können ohne Konsequenzen für die eigene berufliche Karriere fürchten zu müssen. Interessanterweise waren es hier weniger die mittels Fragebogen erhobenen Daten selbst, die aufschlussreich waren, sondern die Gespräche über den Fragebogen, in deren Verlauf die Guides Hinweise darauf gaben, welche Fragen ihnen wichtig erschienen. Entsprechend dieser im Feld gewonnenen Erfahrungen wurde ein Methodenmix konzipiert, bei dem sowohl formelle als auch informelle Interviewtechniken zum Einsatz kamen. Je nach Fragestellung erwiesen sich auch Methoden, die in Anlehnung an partizipative Arbeitsweisen der Entwicklungspraxis erstellt wurden, als sinnvoll.29 Am aufschlussreichsten war das Miterleben bestimmter Ereignisse, an denen die verschiedenen Akteure beteiligt waren, wie beispielsweise die Ankunft einer Touristengruppe in den Dörfern, 29 Solche Methoden bestehen z. B. darin, Gruppendiskussionen anhand von Illustrationen, Karten, Bildern o. ä. zu initiieren. Die befragte Gruppe soll gemeinsam ein Thema erarbeiten. Für mich war es bei meinen Dorfaufenthalten schwierig, eine solche Gruppendiskussion zu initiieren, da ich in den Augen der Dorfbewohner kein Projektmitarbeiter war und somit nicht verlangen konnte (und wollte), man möge sich zu einer solchen Diskussion versammeln. Allerdings erschien mir die Arbeit mit Bildern und Illustrationen sehr fruchtbar. Hierbei sei v. a. ein Kartenspiel genannt, dass ich verwendete, um möglichst viele Meinungen in einem Dorf zu einem Thema zu sammeln. Die Fragestellung war, welchen Stellenwert Geld als Kapitalanlage in der Dorfökonomie einnahm. Sechs verschiedene Karten waren mit einfachen Zeichnungen versehen: Geldscheine, Vieh und Geflügel, Reis, Kinder (traditionell „Altersvorsorge“), Bildung (also Schulbesuch und Schriftkundigkeit) und Opium (ein in seiner wirtschaftlichen Bedeutung unterschiedlich eingestuftes Gut; Opium wird in manchen Familien durchaus als Kapital verstanden). Angefangen mit dem Dorfvorsteher zeigte ich verschiedenen Dorfmitgliedern die Karten und bat sie, die zwei wichtigsten aus zu wählen. Die Prozedur des Auswählens wurde als eine Art Spiel aufgefasst, in das sich z. T. auch mehrere Dorfbewohner gleichzeitig einmischten. Durch das Kartenspiel hatten auch Jugendliche und Frauen die Gelegenheit, eine von den älteren Männern abweichende Meinung abzugeben. Es entstanden Diskussionen über die einzelnen Punkte und tatsächlich ergaben sich je nach Alter und Geschlecht vollkommen unterschiedliche Angaben zu dem, was für „wichtig“ gehalten wurde. Gerade die Diskussionen am Rande lieferten dann weiteren Gesprächsstoff für darauf folgende Interviews. 78

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Feste und Rituale, der Besuch ranghoher Persönlichkeiten in Dörfern und Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch Streitigkeiten zwischen einzelnen Akteuren. Mehr als bei formalen Interviews konnten die Akteure im Anschluss an solche Ereignisse zu ihrem Verhalten in der Situation und zu ihrer Einschätzung befragt werden. Die Geschehnisse sowie die Reaktionen von Beteiligten konnten in Gesprächen mit nichtbeteiligten Akteuren als Beispiele angeführt und diskutiert werden.30 Auf diese Weise gelang es, die Standpunkte und Einschätzungen verschiedenster Akteure zu einer bestimmten Problematik zu erheben. Diese Vorgehensweise verlangt auch eine gewisse Flexibilität vor Ort. Wer Prozesse und Beziehungen in Tourismusfeldern untersucht, hat es zwangsläufig mit Akteuren zu tun, die in diesem Feld ständig in Bewegung sind. Eine diesen Akteuren angepasste Forschungsmethode bedeutet, dass auch der Forscher selbst nicht ausschließlich an einem Ort innerhalb des Tourismusfeldes verharrt, sondern den verschiedenen Akteuren folgt. Eine klassische stationäre Feldforschung, die sich an der Lebenswelt z. B. eines Dorfes orientiert, gibt zwar einen tiefen Einblick in die Sichtweise einiger Akteure, sie lässt jedoch nur wenige Möglichkeiten zu, den Beziehungen und Prozessen nachzugehen, die über die Grenzen der Dorfgemeinschaft hinausgehen – diese sind aber gerade in Untersuchungen zu Tourismus auch für lokale Akteure von Bedeutung und müssen erfasst werden. Schlehe (2003: 41) bemerkt, dass die Diskussion um multilokal orientierte Forschungspraktiken in der Ethnologie viel zu selten in Verbindung mit Untersuchungen zum Tourismus geführt wird. Dies mag auch daran liegen, dass die meisten an Tourismus beteiligten Akteure abgesehen von Touristen und Arbeitsmigranten, die sich tatsächlich über nationale und regionale Grenzen hinwegbewegen, die meiste Zeit verortet sind. Daher schlage ich einen Fokus vor, der sich weniger an den Räumen, dafür aber mehr an den unterschiedlichen Akteuren orientiert. Dies impliziert innerhalb des Tourismusfeldes eine multilokale Feldforschungssituation.

Datenerhebung und eigener Handlungsspielraum Bereits in der Vorbereitungsphase der Untersuchung zeichnete sich ab, dass die Organisation einer Forschung vor Ort mit Schwierigkeiten verbunden sein würde. Laos ist trotz seiner politischen Öffnung ein sozialistisches Land, das auf Selbstbestimmtheit pocht und fremden Einflüssen und damit auch Wissenschaftlern gegenüber skeptisch ist. Eine Forschungsgenehmigung war nur über eine dritte Instanz erhältlich, die bereits im Land fest verankert ist. Eine vollkommen unabhängige Forschungssituation erwies sich als unmöglich. Einen entsprechenden Forschungsrahmen und damit den Zugang zum Feld erhielt ich durch die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die 30 Bei der Schilderung von Ereignissen wurden Akteure nicht namentlich genannt, sodass Anonymität weiterhin bestand. 79

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bereits seit längerer Zeit in Laos tätig ist und Interesse an Forschungen zu Ökotourismusprojekten zeigte. Der Zugang zum Untersuchungsfeld über eine Institution der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bestimmte vor allem in der Anfangsphase meinen eigenen Handlungsspielraum sowie die Beziehungen zu den unterschiedlichen Akteuren. Die Feldforschung in Laos dauerte von Januar bis September 2004 und verlief in verschiedenen Phasen. In der ersten Phase wurden Dokumente ausgewertet, die von verschiedenen in Vientiane ansässigen Institutionen wie der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, dem Centre Culturel Français und der Ecole Française d’Extrême Orient zur Verfügung gestellt wurden. Das laotische und französische Institut für Linguistik in Vientiane erwiesen sich ebenfalls als wichtige Quelle, da sie gemeinsame Anstrengungen unternommen haben, Daten und Material über die verschiedensten ethnischen Gruppen in Laos zu sammeln.31 Die Kontaktaufnahmen zu Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit ermöglichten Interviews mit verschiedensten Mitarbeitern. Auf diese Weise war es möglich, vorab einen Überblick über die Entwicklungslandschaft in Laos im Allgemeinen und über den Distrikt Muang Sing im Speziellen zu erhalten. In Muang Sing selbst ging es zunächst darum, die am Tourismus in Muang Sing beteiligten Akteure zu identifizieren und für die Untersuchung relevante soziale Gruppen zu bestimmen. Dazu zählten: ―













Mitglieder von Akha-Dörfern, die nicht in das Muang Sing Ecotourism Programm integriert waren, aber dennoch von Touristen besucht wurden; Mitglieder von Akha-Dörfern, die in das Muang Sing Ecotourism Programm integriert waren; Mitglieder der Guides Association in Muang Sing (offizielle Guides und Mitarbeiter des Informationszentrums); Repräsentanten und Mitarbeiter des Luang Namtha Ecoguide Service und des Provincial Tourism Office; Mitarbeiter der GTZ in Muang Sing bzw. des Lao-German Development Programme; ausländische und laotische Berater und Mitarbeiter der National Tourism Authority of Lao PDR; Touristen.

Die Mitarbeiter des deutsch-laotischen Entwicklungsprojektes vor Ort waren bereits über mein Forschungsvorhaben informiert, sodass der Zugang zu diesem Bereich relativ einfach war. Die Entwicklungspraxis vor Ort (Trainings, partizipative Maßnahmen, Datenerhebungen u. ä.) lernte ich kennen, indem ich die Mitarbeiter des deutsch-laotischen Programms zu den Zielgruppen 31 Für Laos gibt es sehr wenige Quellen und allgemeine Daten. Dies trifft vor allem auf die abgelegenen Regionen im Norden des Landes und die dort lebenden Minderheiten zu. 80

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verschiedener Projekte begleitete.32 Dadurch ergab sich die Gelegenheit, das Thema Tourismus in verschiedenen Akha-Dörfern anzusprechen, aber auch die Sichtweise der Mitarbeiter vor Ort zu erfahren. Schwieriger gestaltete sich der Zugang zur Gruppe der Guides in Muang Sing, denen ich mein Forschungsvorhaben ebenfalls vorstellte. Viele der Guides waren innerhalb des Tourismusfeldes in Konflikte mit anderen Akteuren verstrickt und so wurde vor allem zu Beginn meiner Forschung erwartet, dass ich Stellung beziehe und in die Konflikte eingreife. Einen sehr wichtigen Teil der Feldforschung bildeten längere Aufenthalte in Ban Kao33, einem Akha-Dorf, das fünf Stunden Fußmarsch von Muang Sing entfernt liegt und in das Projekt des gemeindeorientierten Tourismus integriert ist. Zur Zeit meiner Forschung gab es in Muang Sing kaum Personen, die von Akha in die offizielle Landessprache Laotisch übersetzen konnten, und – wenig überraschend – niemanden, der Akha und Englisch sprach. Einige AkhaÜbersetzer arbeiteten für das deutsch-laotische Projekt in Muang Sing und waren somit vollkommen ausgelastet. Somit musste ich während meines gesamten Feldforschungsaufenthaltes weitgehend auf Übersetzer verzichten, was vor allem die erste Kontaktaufnahme mit Dorfgemeinschaften der Akha schwierig machte.34 Die Einstiegsphase in Ban Kao wurde durch die Zusammenarbeit mit der Laotin Noi erleichtert, die durch ihre Tätigkeit als Guide Englisch sprach und einige Sätze Akha verstand. Sie und Mideu, eine junge Akha-Frau, die sehr gut Laotisch sprach, begleiteten mich bei meinem ersten zweitägigem Aufenthalt in das Dorf, halfen mir, mich dort vorzustellen und mein Anliegen zu erläutern. Der Dorfvorsteher war mit meiner Forschung einverstanden und erklärte sich bereit, mich während meiner Aufenthalte35 im Haus seiner Familie zu beherbergen. Einige Tage später, nachdem ich eine offizielle Genehmigung zur Feldforschung in diesem Dorf in Muang Sing erhalten hatte, kehrte ich in das Dorf zurück. Ich beobachtete dort nicht nur die Prozesse, die in Zusammenhang mit gemeindeorientiertem Tourismus standen, sondern auch das Alltagsleben der Dorfbewohner. Ich begleitete Frauen beim täglichen Holzsammeln und Männer beim Fischen, half bei Feldarbeit 32 Insgesamt begleitete ich Projektmitarbeiter neun Mal zu verschiedenen Dörfern. In den meisten dieser Dörfer spielte Tourismus – wenn überhaupt – nur ein marginales Thema. 33 In Ban Kao lebten zum Zeitpunkt der Feldforschung 194 Personen, das Dorf unterteilte sich in 34 Haushalte. 34 Zur Vorbereitung meiner Feldforschung besuchte ich einen Laotisch-Sprachkurs des ethnologischen Instituts der Universität Münster. Es gab jedoch keine Möglichkeit, die Sprache der Akha im Vorfeld zu erlernen. Einziges Hilfsmittel war ein Akha-English Dictionary, das von Lewis 1968 erarbeitet wurde, sich jedoch auf einen vor allem in Burma verbreiteten Akha-Dialekt bezieht. Erst in Muang Sing selbst lernte ich in den Dörfern Akha. 35 Im Schnitt hielt ich mich zwei bis drei Wochen durchgehend im Dorf und dann wieder in Muang Sing auf. 81

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mit, übernahm auf Wunsch des Dorfvorstehers den Englischunterricht in der Dorfschule. Interviewsituationen ergaben sich meist abends oder an Feiertagen, wenn sich mehrere Dorf- und Familienmitglieder im Haus des Dorfvorstehers trafen und verschiedene Themen besprachen. Nach und nach wurde ich von den Dorfmitgliedern immer öfter eingesetzt, um die Kommunikation mit Touristen und Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit in Muang Sing einzuleiten und Nachrichten zu übermitteln. Somit geriet ich selbst immer wieder an die Schnittstelle zwischen Dorfbewohnern, Guides, Projektmitarbeitern und Touristen. Von Muang Sing aus begleitete ich Touristengruppen, die gemeinsam mit Guides des Muang Sing Tourism Office Trekkings von ein, zwei oder drei Tagen in die verschiedenen Akha-Dörfer der Umgebung unternahmen.36 Auf diese Weise lernte ich nicht nur verschiedene am gemeindeorientierten Tourismus beteiligte Dörfer kennen, sondern kam auch mit Guides und Akha gemeinsam über Tourismus ins Gespräch. In Muang Sing selbst ergab sich die beste Gelegenheit mit all jenen Akteuren zu arbeiten, die ich als Außenstehende des Tourismusprojektes betrachte: Illegale Guides, Akha aus den umliegenden Dörfern und insbesondere AkhaFrauen, die in Muang Sing Souvenirs verkaufen und von Zeit zu Zeit Touristen mit sich ins Dorf nehmen. Die Frauen waren zu Interviews bereit, zeigten mir die Techniken der Souvenirherstellung und luden mich gemeinsam mit Touristen zu Übernachtungen in ihren Dörfern ein. Es war erstaunlich, wie stark sich die Begegnungssituation mit den Touristen in diesen Dörfern von jenen unterschied, die im Rahmen von gemeindeorientiertem Tourismus zustande kamen. Insgesamt verbrachte ich mehr als ein Drittel meiner Feldforschungszeit in Muang Sing, ein Drittel in Ban Kao, und ein Zehntel in Akha-Dörfern, die nicht am Projekt beteiligt waren. Hinzu kamen Aufenthalte in Vientiane und Luang Namtha, wo Experteninterviews geführt wurden und Literatur- und Dokumentenrecherchen stattfanden. Sämtliche Beobachtungen, theoretische und methodische Überlegungen und Tagesabläufe notierte ich direkt in einem Feldforschungstagebuch, das ich neben einem Akha-Vokabelheft sowie einem Notizbuch für alltägliche Geschehnisse und persönliche Gedanken immer bei mir trug. Dadurch konnte ich im Laufe der Forschung leichter nachvollziehen, welche äußeren Umstände zum Datengewinn beigetragen hatten und wie sich der Forschungsprozess entwickelte.37 36 Ich nahm während der gesamten Feldforschung an einer Tour von drei Tagen, drei Touren von zwei Tagen und drei Eintagestouren teil. 37 In diesem Zeitraum entstanden u. a. zwei Feldtagebücher mit einem Umfang von insgesamt ca. 300 Seiten, ein Akha-Deutsch-Englisch-Vokabelheft mit 400 Einträgen, ein Beobachtungsprotokoll eines Akha-Haushaltes (sieben Personen, 26 Tage), eine Überblickstabelle über landwirtschaftliche Aktivitäten Ban Kaos, eine Überblickstabelle über Ankünfte von Touristen, Projektmitarbeitern, Händlern und anderen Besuchern in Ban Kao, sechs Karten (eine von Muang Sing, 82

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Forschungssituation im Tourismusfeld Muang Sing In den vorhergehenden Abschnitten wurde das Konzept des sozialen Akteurs vorgestellt, dessen Lebenswelt und Erfahrungen Einfluss auf ein Projekt und das Tourismusfeld haben. Auch Wissenschaftler nehmen eine Rolle in diesem Tourismusfeld ein und müssen sich dessen bewusst werden. Als Forscher interagiert man mit den übrigen Akteuren, nimmt ihnen gegenüber eine Haltung ein und übt beispielsweise durch das Erstellen von Dokumenten Einfluss auf eine Intervention aus. Von der Vorstellung einer objektiven oder neutralen ethnologischen Beobachterin im Feld Tourismus musste ich mich verabschieden. Selbst wenn ein Forscher sich selbst als neutralen Akteur versteht, so ist dies für seine Umwelt kaum der Fall. Andere Akteure sehen ihn als eine mögliche Informationsquelle, da er meist einen vertieften Zugang zu anderen Gruppen und sozialen Ebenen hat. Er kann als Sprachrohr dienen um Nachrichten zu übermitteln, um anderen Akteure die eignen Wünsche und Sorgen mitzuteilen. Manche Akteure versuchen, ihn und vor allem sein Wissen zu instrumentalisieren und gezielt einzusetzen, um sich in der Projektarena oder dem Tourismusfeld einen Vorteil zu verschaffen. Es ist nicht auszuschließen, dass man als Ethnologe zum Vermittler oder gar Fürsprecher für die ein oder andere Gruppe wird. In den „battlefields of knowledge“ (Long/Long 1992) gibt es keine neutralen Positionen, die von einem Forscher besetzt werden könnten; die Akteure machen den Forscher zwangsläufig zu einem Mitspieler. Als teilnehmender Akteur muss er die eigene Subjektivität anerkennen, sich seiner Rolle bewusst werden und im Forschungsprozess selbstreflektierend vorgehen. Da die benötigten Informationen vor allem an den Schnittstellen nicht frei verfügbar sondern Eigentum anderer sozialer Akteure sind, steht der Platz, den der Wissenschaftler im Tourismusfeld einnimmt, in Zusammenhang mit der Entstehung seiner ethnographischen Daten. Die meisten meiner Daten wurden durch Befragungen und Gespräche mit verschiedenen Akteuren gewonnen. Den Befragten stand es im Grunde frei, welche Informationen sie mir anvertrauen wollten und was besser verschwiegen wird, wo sie mir Einblick ermöglichen und wo sie ihn verweigern. Damit fünf von Ban Kao), 22 Datenblätter von Informanten mit Interviewmitschriften (hierbei wurden mehrere Interviews nach Datum sortiert in einer InformantenDatei gespeichert), 39 codierte Beobachtungsprotokolle, zehn von Guides ausgefüllte Fragebögen, ca. 400 Print- und Digitalfotos. Des Weiteren sammelte ich diverse interne und offizielle Dokumente von Entwicklungsorganisationen und laotischen Tourismusbehörden (Trainingspläne, Handbücher, Berichte, Dorferhebungen, Karten, Leitfäden für Interviews), themenbezogene Briefe und EMails von Touristen und Projektmitarbeitern, zwei Plakate, vier Informationsbroschüren und sechs Flyer der National Tourism Authority Lao PDR und der GTZ, vier laotische Video-CDs zum Thema Minderheiten und Tourismus, einen in Muang Sing gedrehten Dokumentarfilm und verschiedene in Muang Sing hergestellte Souvenirs. 83

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stand die Datengewinnung in direktem Zusammenhang mit der Art der Interaktionen und Beziehungen, die ich innerhalb des Tourismusfeldes mit den übrigen Akteuren unterhielt. Die folgende Tabelle gibt einen – subjektiven – Überblick über die Intensität der Kontakte zu den verschiedenen sozialen Akteuren im Tourismusfeld Muang Sing: Akteure CN

Projektmitarbeiter

Tourismusexperten

Guides

Naiban eines Projektdorfes

Akha-Souvenirverkäuferin

++

+

+++

++++

+++

Tabelle 4: Begegnung mit einigen ausgewählten Akteuren innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing (+ = Interview/Gespräch; ++=Gespräche und Meinungsaustausch; +++= Zusammenarbeit, Gespräche, Meinungsaustausch; regelmäßiges Treffen; ++++ =intensiverer Kontakt über längeren Zeitraum, z. T. täglich). Die Schnittstellensituation in Muang Sing machte eine verdeckte Forschung nicht möglich und moralisch nicht vertretbar. Da ich mit vielen verschiedenen Akteuren arbeitete und diese nicht übereinstimmende Interessen verfolgten, musste ich mein Forschungsvorhaben und die methodische Vorgehensweise offen darlegen. Trotzdem war die Offenlegung kein Garant dafür, nicht zwischen die Fronten zu geraten. Vor allem zu Beginn meiner Forschung stuften mich einige Akteure als Vertreterin der Entwicklungsinstitutionen ein, was bestimmte Erwartungen an mich mit sich brachte, die ich oft nicht erfüllen konnte. Es war also immer wieder notwendig, meine Position und damit auch die Grenzen meines eigenen Handlungsspielraumes klar darzustellen. Ein weiteres Problem stellte die hierarchische Ordnung dar, die in der laotischen Gesellschaft und auch in der deutsch-laotischen Entwicklungswelt eingehalten wird. An der Spitze des hierarchischen Systems stehen politische Repräsentanten des Landes, die alle wichtigen Entscheidungen treffen, die Basis bilden Dorfvorsteher. Berater und vor allem ausländische Mitarbeiter von Entwicklungsinstitutionen stellen sich für gewöhnlich in der Hauptstadt Vientiane bei einem für ihr Projekt zuständigem Ministerium vor. Das Ministerium bestimmt einen zuständigen Ansprechpartner auf Provinzebene und dieser wiederum vermittelt weiter an einen Ansprechpartner auf Distriktebene. Letzterer ist dafür zuständig, dass z. B. Besuche in Dörfern reibungslos verlaufen, Dorfbewohner Fragen beantworten und an Projekten mitarbeiten. Laotische Mitarbeiter fanden es problematisch, dass ich diesen Weg nicht eingehalten hatte und unten, bei den Dorfbewohnern selbst anfing. Dadurch waren viele Angestellte öffentlicher Institutionen (Ministerien, Provincial Tourism Office) kaum bereit, sich mit mir zu unterhalten. Vorteil dieser Vorgehensweise war es allerdings, dass Dorfbewohner mir gegenüber nicht das Gefühl hatten, zu Auskünften oder Gesprächen verpflichtet zu sein. Nur so konnte die Ausgangssituation für eine Teilnehmende Beobachtung in den Dörfern der Akha überhaupt geschaffen werden. 84

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

Ethnologin oder Touristin? In der Tourismusethnologie wird spätestens seit dem Erscheinen von Smiths „Hosts and Guests“ (1989) über das Verhältnis von Ethnologie und Tourismus nachgedacht. Ethnologen und Touristen verbindet Einiges: Interesse für fremde Kulturen, das Reisen, die Kontaktaufnahme mit Menschen anderer Gesellschaften und das Berichten nach der Heimkehr von den Erlebnissen. Trotzdem grenzen sich Ethnologen in ihrem Selbstverständnis von Touristen ab; sie sind „at work“, verstehen den Aufenthalt in der Fremde als Arbeit, wohingegen die Touristen „at play“ sind, also einer Freizeitbeschäftigung nachgehen (Crick 1989). Damit positionieren sich Ethnologen im Gegensatz zu den Touristen eher auf der Seite der Bereisten, die ebenfalls „at work“ sind. Die Übergänge sind jedoch fließend und die Einordnung in die Kategorien Tourist und Ethnologe hängen sehr vom Standpunkt des Betrachters ab. Während meiner Feldforschung wurde mir dies mehr als einmal deutlich vor Augen geführt. Zwei Wochen nach meiner Ankunft in Muang Sing lud mich ein laotischer GTZ-Mitarbeiter ein, ihn und sein Team in ein Akha-Dorf in die Nähe der chinesischen Grenze zu begleiten, wo ein Workshop stattfinden sollte. Ein deutscher Praktikant der GTZ leitete den Workshop im Dorf und besorgte zuvor auf dem Markt einige Schulhefte und Stifte als Gastgeschenk für die Kinder.

Abbildung 3: Interview mit Souvenirverkäuferinnen (Juni 2004); Foto: Michael Flacke

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MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Der laotische Mitarbeiter meinte, bei der Gelegenheit könne ich die Dorfbewohner auch zu Tourismus befragen, denn das Dorf war durch seine Nähe zur einzigen Straße eines der ersten, das regelmäßig von Touristen besucht wurde. Ich fuhr also mit in das Dorf, das ich später noch öfter besuchen sollte, und beobachtete die Arbeit des Projektteams. Gegen Mittag gab es für die Projektmitarbeiter und die Teilnehmer am Workshop ein gemeinsames Essen auf der Terrasse des Hauses des Dorfvorstehers. Zu dieser Zeit kam ein laotischer Fremdenführer mit einer Gruppe von 18 Touristen im Dorf an. Die Besucher liefen durch das Dorf, machten einige Fotos und waren nach wenigen Minuten wieder verschwunden. Das war die Gelegenheit, um das Thema Tourismus mit den Akha anzusprechen, ein laotischer Mitarbeiter half bei der Übersetzung. Ich wollte wissen, wie die Dorfbewohner die Besuche der Touristen, der „nak tong tiao“ wie das laotische Wort heißt, bewerteten und ob es je Schwierigkeiten gegeben hätte. Die Antwort war überaus positiv: Man freue sich sehr über die Besuche der Touristen, denn schließlich hätten sie immer Geschenke dabei, meinte der Dorfvorsteher. Ich war etwas verwundert, denn eben erst war eine Gruppe Touristen da gewesen, die definitiv keine „Geschenke“ dabei und auch keinen Kontakt zu den Dorfbewohnern gehabt hatte. Ich fragte nochmals nach, und erfuhr, dass der Naiban unter nak tong tiao alle falang einstufte, also auch westliche Entwicklungshelfer und mich. Für ihn wie für viele andere Akha, die ich im Zuge meiner Feldforschung kennen lernte, gab es keinen Unterschied zwischen professionellen und nicht-professionellen Reisenden. Ich war für sie eine Touristin. Von Mitarbeitern der GTZ und Touristen wurde ich wiederum eindeutig als Ethnologin wahrgenommen, und nicht als Touristin. Während meines Aufenthaltes in Ban Kao kamen immer wieder Trekkingtouristen in das Dorf, die sich über die Anwesenheit einer Europäerin sehr wunderten. Die Erklärung „Ich bin Ethnologin und mache hier meine Feldforschung“ sorgte bei einem jungen Besucher für Erleichterung. Bei meinem Anblick hätte er sich doch sehr geärgert, denn offensichtlich sei es möglich, auch ohne Guide und damit kostenlos in das Dorf zu kommen. Aber ich sei ja Ethnologin, nicht Touristin, – das ändere natürlich alles. Andere Touristen waren bereits von ihren Guides darüber informiert worden, dass sich eine Ethnologin in dem Dorf aufhalte; für sie war ich eine willkommene Informationsquelle. Bei einer jungen Touristin wurde ihre Begegnung mit mir neben Landschaftsbeschreibungen und den Kuriositäten einer Reise durch Laos mit in ihre Reistagebücher aufgenommen, die sie später im Internet veröffentlichte. Wann immer Touristen das Dorf, indem ich mich länger aufhielt, besuchten, machte mich der Dorfvorsteher darauf aufmerksam, dass „Leute wie du“ ins Dorf kommen. Dies war bereits ein erster Hinweis dafür, auf welcher Seite mich die Akha positionierten. Denn gemeint war nicht nur die gemeinsame Herkunft mit den Touristen, sondern auch eine funktionelle Übereinstimmung durch das Reisen. Der Unterschied war, dass ich mich länger im Dorf aufhielt als die Touristen der Trekkingtouren und offensichtlich bemüht war, Akha zu lernen. Letzteres eröffnete den Dorfbewohnern die Möglichkeit, einen neuen 86

SCHNITTSTELLENANALYSE IM TOURISMUSFELD

Zugang zu Touristen zu gewinnen. Als eines Tages eine Gruppe mit neun Touristen in das Dorf kam, bat mich die Schwiegertochter des Dorfvorstehers, ihre Jacke anzuziehen, ein für Akha-Frauen typisches und aufwendig verziertes Kleidungsstück. Sie begleitete mich anschließend in die Unterkunft der Touristen, wich nicht mehr von meiner Seite und ließ sich gemeinsam mit mir von den Touristen fotografieren. An diesem Abend erschien mir das Verhalten rätselhaft, umso mehr, als sich diese Situation am nächsten Morgen ähnlich wiederholte, wie eine Passage aus meinen Feldnotizen zeigt: „Morgens besichtigen die Touristen das Dorf, und es findet eine ähnliche Euphorie wie am Abend zuvor statt. Überall stehen kleine Grüppchen, die Kinder sind aufgeregt. Der Naiban [Dorfvorsteher, Anm. CN] hatte mich aufgefordert, die Jacke wieder anzuziehen und sagte anschließend: ‚Los, gehen wir zu den Touristen‘. Das war vollkommen neu, denn sonst blieb er meistens zuhause. Eine holländische Touristin überreichte dem Naiban einige Münzen, ein Amerikaner bat mich, ein bisschen zu übersetzen. Ich war mitten im Geschehen. In dem Moment hatte ich den Eindruck, dass diese leichte Veränderung im Umgang des Naiban mit Touristen nicht nur an der Größe der Gruppe, sondern auch an meiner Anwesenheit lag. Der Naiban wollte beispielsweise wissen, woher die ganzen Leute kommen und auch ein paar andere Akha stellten Frage, v. a. über die Herkunft der Touristen, die ich übersetzen sollte. [...]“ (Feldtagebuch, 01.04.04)

Indem ich aufgefordert wurde, ein typisches Kleidungsstück der Akha zu tragen – und zwar nur dann, wenn Touristen anwesend waren – rückte ich für die Dorfbewohner und die Touristen gleichermaßen in die Position der Übersetzerin und Vermittlerin. Als Ethnologin im Tourismusfeld nahm ich für die jeweiligen Akteure verschiedene Funktionen ein. Nicht nur die der Wissenschaftlerin und Beobachterin, sondern auch die der (Wissens-)Vermittlerin. Mein Handlungsspielraum wurde von den Beziehungen zu diesen unterschiedlichen Akteuren ebenso wie von meinen eigenen Forschungsinteressen bestimmt.

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3. E NTWICKLUNG , M INDERHEITEN UND T OURISMUS IN L AOS

Laos: Einführung und Überblick Die mit zerklüfteten Bergketten durchzogene Volksrepublik Laos ist das einzige Binnenland Südostasiens und wird von China, Vietnam, Thailand, Burma und Kambodscha umschlossen.1 Die mächtigen Nachbarn waren in der Geschichte von Laos2 oft eine Bedrohung für das kleine Land. Vor der Gründung von Lane Xang, dem ersten laotischen Großreich im 14. Jahrhundert, unterlagen die Fürstentümer am Mekong dem Einfluss der Khmer. In den folgenden Jahrhunderten hatte Lane Xang mit vietnamesischen, burmesischen und schließlich auch siamesischen Invasionen zu kämpfen. Im 18. Jahrhundert zerfiel Lane Xang in die drei Königreiche Luang Phrabang, Viang Chan und Champasak, die alle Tribut an das Königreich Siam zu entrichten hatten. Ab 1893 eroberten die Franzosen Gebiete des heutigen Laos und erklärten es als Protektorat zu einem Teil der Kolonie Indochina. Vor allem die in den Bergen lebenden ethnischen Minderheiten revoltierten zwischen 1901 und 1936 immer wieder gegen die Franzosen und den von ihnen eingeführten Steuern und Arbeitsdiensten, sie konnten jedoch nur wenig gegen die Kolonialmacht ausrichten. Während dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land 1945 kurzzeitig von Japan besetzt, um 1946 wieder an Frankreich zu fallen. Bereits während der japanischen Besatzung entstand die laotische Freiheitsbewegung Lao Issara („Freies Laos“), die unter den Einfluss der kommunistischen Vietminh geriet. Unter der Führung der kommunistischen Partei Indochinas fand 1950 ein Kongress statt, der die Gründung der laotischen Wiederstandsregierung Neo Lao Issara („Front Freies Laos“) zur Folge hatte. Die Franzosen verloren 1954 in Vietnam die entscheidende Schlacht von Dien Bien Phu gegen die Vietminh und waren somit gezwungen, sich aus Indochina zurückzuziehen. Laos wurde unabhängig, fiel aber in einen Bürgerkrieg, bei dem sich die Neo Lao Issara und die königliche Regierung, die nach 1 2

Siehe hierzu auch Abbildung 4. Hier erfolgt nur ein kurzer Überblick über die Geschichte von Laos, ausführlichere Diskussionen finden sich in Gunn (1991), Stuart-Fox (1986), Goudineau (2003), Schneider (2001), Evans (1998) und Rehbein (2004). Für die Ausführungen zur laotischen Geschichte habe ich größtenteils auf die eben genannten Autoren zurückgegriffen. 89

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

wie vor unter französischem und schließlich auch amerikanischem Einfluss stand, bekämpften. Die USA unterstützen in den folgenden Jahren sowohl finanziell als auch logistisch die antikommunistischen Kräfte im Land. Dadurch wurde Laos in den Vietnamkonflikt verwickelt und wurde während des „Geheimen Krieges“ in der Zeit von 1964 bis 1975 eines des meist bombardiertesten Länder aller Zeiten. Die Laotische Revolutionäre Volkspartei (LRVP) übernahm 1975 die Macht im Land. Die Strukturen der alten Monarchie sollten durch einen Staat nach sozialistischem Muster mit einem zentralisiertem und kontrolliertem Produktionssystem abgelöst werden. An die Stelle der pro-westlich orientierten Monarchie rückte ein kommunistischer Staat mit einem Einparteien-System, der sich mit anderen kommunistischen Ländern wie Kambodscha, Vietnam und der Sowjetunion solidarisch erklärte. Wichtigstes Organ ist bis heute die Nationalversammlung, die alle vier bis fünf Jahre die Parteiführung, die Mitglieder des Politbüros, das Zentralkomitee und das Sekretariat sowie zahlreiche Kommissionen wählt (Norindr 1982: 41). Die größte Macht geht wie in den meisten kommunistischen Staaten vom Politbüro aus, die Exekutive liegt beim Sekretariat des Zentralkomitees. Laos ist in sechzehn Provinzen unterteilt, die jeweils von Provinzkomitees geleitet werden. Auch auf Distrikt-, Subdistrikt- und Dorfebene gibt es jeweils Komitees und auf allen politischen Ebenen sind die laotischen Massenorganisationen vertreten. „The key mechanism for the swallowing up of Lao civil society was the NLHX [Neo Lao Hah Xat, die Lao Patriotic Front, auch Pathet Lao genannt; Anm. CN], in 1979 renamed the Neo Lao Sang Xat (NLSX), the Lao Front for National Construction. This was the umbrella organisation for all potentially autonomous forms of social organisation. Such as the Buddhist sangha, businessman, minorities, workers’ unions, youth and women’s organisations, and so on. In the villages that made up the cities, and in the rural villages, committees comprising the heads of the various front organisations took control, and where possible Communist Party members became village headmen.“ (Evans 2002: 179)

Der Großteil der laotischen Bevölkerung, rund 80 Prozent, leben von der Landwirtschaft. Lediglich acht Prozent der Gesamtfläche in Laos können landwirtschaftlich genutzt werden, hier wird vor allem das Grundnahrungsmittel Reis angebaut. Die Erträge reichen für den nationalen Verbrauch, aber nicht für den Export. Die wichtigsten Exportgüter des Landes sind daher Holz und Strom aus Wasserkraft, allerdings sind einer intensiven Nutzung natürliche Grenzen gesetzt und erste Umweltprobleme wie Erosion und Wasserverschmutzung machen sich bemerkbar (Schipani 2002).

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ENTWICKLUNG, MINDERHEITEN UND TOURISMUS IN LAOS

Abbildung 4: Karte von Laos. Quelle: http: //www.lankarte-online.net/landkarte-land.php/landkarte-laos

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Entwicklungspolitik in Laos Aufgrund wirtschaftlicher Probleme führte die Regierungspartei 1986 mit dem New Economic Mechanism (NEM) eine Öffnungs- und Reformpolitik ein und begann, die bisherige Planwirtschaft durch eine Marktwirtschaft zu ersetzen. Die in Fünfjahresperioden geplanten Reformen waren lediglich wirtschaftlicher Art, die laotische Regierung hielt an ihrem politischen Kurs und dem Einparteiensystem fest. Staatliche Unternehmen wurden privatisiert, das Bankensystem wurde neu strukturiert und die Öffnung des Landes schuf einen völlig neuen Wirtschaftszweig, den Tourismus (Düker/Monreal 2003: 91). Im Jahre 1991 erhielt Laos eine Verfassung und tatsächlich schienen die Reformen Anfang der 1990er Jahre erste Früchte zu zeigen. Das Wirtschaftswachstum lag bei durchschnittlich sieben Prozent, das Pro-Kopf-Einkommen verdoppelte sich und die Inflation konnte bei zehn Prozent gehalten werden (Düker/Monreal 2003: 91). Nach und nach nahm Laos diplomatische Beziehungen zu den verschiedensten Ländern auf, 1997 trat es der ASEAN3 bei. Allerdings hatte Laos mit innerpolitischen Problemen zu kämpfen. Niedrige Gehälter von Regierungsbeamten und fehlende Kontrolle haben dazu geführt, dass die Korruption enorm anstieg. Gleichzeitig geriet Laos in wirtschaftliche Abhängigkeit zu Thailand und bekam somit die Auswirkungen der asiatischen Finanzkrise deutlich zu spüren.4 Der laotische Staat war seit jeher wirtschaftlich schwach und dadurch stark auf ausländische Hilfe angewiesen (vgl. Evans 1999, 2002; Schneider 2000, 2001: 100). Durch den Wegfall finanzieller Unterstützung aus der ehemaligen Sowjetunion sah sich Laos gezwungen, an die Hilfe der internationalen Gebergemeinschaft zu appellieren.5 Diese bemängelte das politische Sys-

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Die Association of South East Asian Nations (ASEAN) wurde 1967 als Zusammenschluss auf wirtschaftlicher, politischer und kultureller Ebene gegründet. Zum Beitritt Laos’ vgl. auch Evans (2002: 229): „It was a watershed event, drawing the country into a wider regional orbit that will help balance the obviously unequal relationship between the Thai and the Lao. Here too the Lao found themselves intellectually unprepared, and ASEAN stepped into help with training for their new tasks. […] The Lao government began to talk of the country as ‚land-linked‘ rather than ‚land-locked‘, and hopes to benefit economically from the growth of the regional economy.“ Evans (2002) gibt eine Übersicht über die politischen, wirtschaftlichen aber auch kulturellen Beziehungen zwischen Laos und Thailand, die er als ambivalent bezeichnet. Für die laotische Regierung sind Probleme wie Drogenabhängigkeit, Kriminalität, Prostitution, Korruption und der Verlust familiärer Werte typisch für die thailändische Gesellschaft. „Lao leaders seem to think that authoritarian rule is the way to protect Laos from these dire consequences, but it is no more likely to be successful than was authoritarian rule in Thailand.“ (Evans 2002: 229) Vgl. auch Stuart-Fox (1997: 200): „The need to seek alternative sources of aid led the country to adopt a more neutral foreign policy. […] It must be said that

ENTWICKLUNG, MINDERHEITEN UND TOURISMUS IN LAOS

tem in Laos und versuchte Druck auszuüben, indem vor allem der Internationale Währungsfond sowie die Weltbank ihre finanzielle Unterstützung mit der Forderung nach marktorientierten Reformen verbanden. Laos ist auch auf lange Sicht sowohl von multilateraler als auch bilateraler Hilfe abhängig. Ausländische Hilfsorganisationen haben zunehmend Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Landes (Evans 2002: 229). Trotzdem versucht die laotische Regierung ihr Möglichstes um Einflüsse von außen zu unterbinden und pocht auf die Stellung der Partei. Lokale NichtregierungsOrganisationen (NRO) sind in Laos nicht erlaubt, und auch ausländische NRO müssen sich einer strikten Reglementierung unterwerfen (German-Lao Development Co-operation 2002: 3). Die laotische Regierung begründet ihr Vorgehen in offiziellen Stellungnahmen, in denen unterstrichen wird, dass die nationale Entwicklungspolitik die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung bereits wiedergibt (vgl. Lao People’s Democratic Republic 2001: 20). Vor allem die Massenorganisationen Lao Women’s Union, Lao Youth Organisation, Lao Front for National Reconstruction sowie Lao Federation of Trade Unions spielen eine wichtige entwicklungspolitische Rolle, da sie das Bindeglied zwischen nationaler und lokaler Ebene darstellen sollen und vor allem auf „grassroots level, i.e. at the village level“ agieren (Lao People’s Democratic Republic 2001: 21). Ihre Aufgabe ist es, Entwicklungsbemühungen auf lokaler Ebene zu strukturieren und zu mobilisieren und damit zur nationalen Armutsminderung beizutragen.6 Tatsächlich arbeiten die internationalen Entwicklungsorganisationen auf lokaler Ebene meist mit einem Dorfkomitee zusammen, das neben dem Dorfvorsteher aus den Vertretern der jeweiligen Organisation besteht. Nach wie vor wird die laotische Regierung für ihre Haltung gegenüber der eigenen Bevölkerung stark kritisiert: „In view of the fact that the Party is the guide and leading element of the people’s state, the LPRP represents in itself alone the Truth, which no one has the right to question. Therefore, the Party assumes the right to shape all thought for the Lao people. It arrogates the right to educate and to shape in accordance with its MarxistLeninist canon not only in its own cadres but all Lao citizens. Through the omnipotence of its members, the Party is determined to forge a new socialist man, moulded by patriotism, internationalism and progressivism, and devoted to revolution and socialism.“ (Norindr 1982: 48)

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Laos was remarkably successful in diversifying its sources of foreign assistance.“ Weiterhin heißt es: „The Lao P.D.R.’s mass organisations, as the country’s main participation framework, have a strategic responsibility in the achievement of the identified social goals. Institutional strengthening, the improvement of the individual capabilities (skills acquisition) within the organisations, and the achievement of a wider social outreach with the view to alleviate poverty through participatory community development are the main requirements needed to strengthen the mass organisations, especially in the rural areas and to empowering the grassroots level to master their own socio-economic development in view of permanent poverty reduction.“ (Lao People's Democratic Republic 2001: 21) 93

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Laos gehört heute zu den fünfzig least developed countries (LDC), also zu den weltweit am wenigsten entwickelten Ländern.7 Sowohl politische, rechtsstaatliche als auch wirtschaftliche Reformen kamen trotz der Fünfjahrespläne zum Stillstand. Ungefähr ein Drittel aller Laoten lebt auch heute unterhalb der Armutsgrenze. Dem will die laotische Regierung Abhilfe schaffen: „To strive to free the country from the least developed status by the year 2020 the tentative benchmarks set that will be achieved progressively are: 1) by 2005, the proportion of the Lao households living under the poverty line should be sharply reduced, 2) by 2005, the Lao P.D.R. should become an opium free country, and by 2010 most of the population will enjoy a better life which will also have a direct poverty reduction impact.“ (Lao People's Democratic Republic 2001: 34)8

Diese Zielsetzungen bewerten Entwicklungsexperten allerdings als vollkommen unrealistisch (Bertelsmann Stiftung 2004).

Minderheitenpolitik und Entwicklung Laos ist ein dünn besiedeltes Land, in dem ca. 6,2 Millionen Menschen auf einer Gesamtfläche von 230.800 km² leben. Die ethnische Vielfalt ist mit schätzungsweise 68 verschiedenen Ethnien, die fünf großen Sprachfamilien angehören, groß.9 Der überwiegende Teil der Bevölkerung gehört zur Tai bzw. Tai-Kadai Sprachfamilie, ein Viertel wird zur Mon-Khmer Sprachfamilie gezählt. Viele der in den bergigen Regionen lebenden Ethnien lassen sich der tibeto-burmesischen, der sino-tibetischen und der Hmong-Yao-Gruppe zuordnen (Mansfield 2000). Die laotische Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, all diesen verschiedenen ethnischen Gruppen eine gemeinsame Nationalidentität zu vermitteln. Offiziell wird die Bevölkerung in drei große

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Gemessen am Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen befindet sich Laos von 177 Ländern auf Rang 135. Genauere Daten zum HDI finden sich im Human Development Report 2004 (http: /hdr.undp.org). Die laotische Regierung orientiert sich bei der Datenerhebung am Human Development Index der Vereinten Nationen und dessen Kategorien zur Armutsmessung. Die Unterscheidung verschiedener Sprachgruppen und Ethnien ist in Laos nach wie vor ein brisantes innenpolitisches Thema. Immer wieder gibt es neue „offizielle“ Einteilungen und Bezeichnungen. Pholsena (2002) hat sich eingehend mit diesem Problem beschäftigt. Ich orientiere mich bei meinen Ausführungen vor allem an Angaben von Mansfield (2000) und Schliesinger (2003). Schliesinger unterscheidet drei große Sprachgruppen in Laos, die er wiederum in verschiedene Untergruppierungen unterteilt. Hilfreiche Hinweise erhielt ich zudem von dem Linguisten Michel Ferlus (CRNS Paris) sowie Thongpeth Kingsada, Generaldirektor des Institute for Linguistic Research des Ministry of Information and Culture in Vientiane. Beiden sei an dieser Stelle für Ihre wertvollen Anmerkungen gedankt.

ENTWICKLUNG, MINDERHEITEN UND TOURISMUS IN LAOS

Gruppen unterteilt: Lao Loum, Lao Theung und Lao Soung.10 Durch diese einfache Dreiteilung, die sich eher an geographischen Gegebenheiten denn an ethnischer Zugehörigkeit orientiert, sollte von ethnischen Unterschieden innerhalb des laotischen Staates abgelenkt und die nationale Identität betont werden. (Batson 1991: 136) Alle ethnischen Gruppen des Landes sollten sich in erster Linie als Lao begreifen, die auf eine gemeinsame Geschichte und gemeinsame politische Ziele zurückblicken.11 Unter Lao Loum werden all jene zusammengefasst, die im laotischen Tiefland und den städtischen Regionen leben. Sie sind mit ca. 68 Prozent die größte Gruppe und werden häufig mit den ethnischen Lao gleichgesetzt. Die Lao Theung, die etwa 22 Prozent der laotischen Bevölkerung ausmachen, leben auf Berghängen und Hügeln in Höhen bis 1.000 Metern. Zu dieser Gruppe werden meist die der Mon-Khmer zugehörigen Sprachfamilien gezählt. Die Bewohner des Hochlandes, die Lao Soung, kamen am spätesten in das heutige Laos und besiedelten abgelegene Bergregionen über 1.000 Meter Höhe. Zu ihnen zählen die tibeto-burmanischen (z. B. Akha) sowie die Miao-YaoSprachfamilien (z. B. Hmong, Yao). Da sich die vertikale Klassifizierung an geographischen Faktoren orientiert, ist der Wechsel von einer Kategorie zu einer anderen bereits dadurch möglich, dass eine Gruppe sich in einer anderen Region niederlässt. So ist es keine Seltenheit mehr auf Lao Lum zu treffen, die ursprünglich aus einem Lao Sung-Dorf kommen und durch Migration ihre Zugehörigkeit neu bestimmen. Somit wird Ethnizität in Laos immer mehr über die Selbstidentifizierung bestimmt (Mansfield 2000: 25 f.). Trotz der Bemühungen der laotischen Regierung, eine nationale Einheit zu schaffen, die alle Minderheiten einschließt, kann von einer Gleichberechtigung aller Ethnien nicht gesprochen werden. Die Lao Soung werden von den Lao Loum meist als rückständige Animisten betrachtet, die in unwirtlichen und abgelegenen Höhenlagen ein unabhängiges aber auch mühevolles Leben führen. Sowohl in ihrer Tracht als auch im religiösen Leben, in ihrem Weltbild und Gesellschaftsstruktur unterscheiden sie sich von den in den Tälern lebenden Laoten. Ihre Individualität und ihr Anderssein führten dazu, dass auch die laotischen Behörden ihnen mit einem gewissen Misstrauen begegneten: „[…] Lao hill tribes have always been viewed with a degree of suspicion by the authorities, as they are considered a law unto themselves – scornful of intrusive bureaucracy, difficult to tax, tame, or conscript. With little conventional respect for

10 Diese Einteilung wurde bereits von den Franzosen vorgenommen (Stuart-Fox 1997). In den 1940ern wurde die Einteilung mit einem stärker politischen und vereinheitlichendem Charakter von Toulia Lyfoung propagiert, einem HmongAnführer, der in enger Verbindung zur Royalisitschen Regierung Laos’ stand (Batson 1991: 136). 11 Batson (1991: 135 ff.) befasst sich eingehend mit dem Problem der offiziellen laotischen Einteilung von ethnischen Gruppen. 95

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? borders, they represent, as idiosyncratic pockets of non-conformity, a constant challenge to state control.“ (Mansfield 2000: 2)

Die zwiespältige Haltung der Regierung wird auch in der offiziellen Minderheitenpolitik der laotischen Regierung deutlich. Zum einen wird die ethnische Vielfalt des Landes als ein „kulturelles Erbe“ gesehen, das geschützt und vor fremden und schädlichen Einflüssen bewahrt werden muss. Zum anderen muss die Rückständigkeit der laotischen Minderheiten überwunden und kultureller Wandel gefördert werden.12 Zwar zeigt sich die laotische Regierung gerade im Hinblick auf die touristische Entwicklung im Land um das kulturelle Erbe der Minderheiten besorgt, dies bedeutet jedoch nicht, dass Minderheiten frei entscheiden können, wie sie leben wollen: „In Laos and Vietnam in particular, following the Chinese example, „selective preservation“ of minority cultures is implemented, in which the state decides unilaterally which aspects of a culture are sufficiently valuable – and politically acceptable – to be retained, and which should be actively discouraged.“ (Michaud 2004: 910)

Die Regierung sieht es als ihre Aufgabe an, die verschiedenen Ethnien dazu zu ermutigen, einige „rückständige Praktiken“ zugunsten einer wünschenswerten Modernisierung aufzugeben und ihre Lebensweise zu verbessern.13 Das Interesse der laotischen Regierung an den Minderheiten in den Bergregionen ist seit der Öffnung des Landes deutlich gestiegen, ebenso die Bemühungen, diese vielen verschiedenen Ethnien in den Nationalstaat zu integrieren. Dieses Interesse hängt mit dem Wunsch zusammen, auf nationaler Ebene Probleme zu lösen, deren Verursacher angeblich die in den Bergen lebenden Ethnien sind. Sie werden beschuldigt, durch ihren traditionellen Brandrodungsfeldbau für das Waldsterben verantwortlich zu sein und damit Umweltzerstörung, den Rückgang nationaler Ressourcen und sogar die Eindämmung des nationalen Wasserhaushalts verursacht zu haben.14 Tatsächlich 12 So erklärte Osakanh Thammatheva, Minister für Kultur und Information, anlässlich einer Konferenz zur Minderheitenpolitik in Vientiane im Oktober 1996 (Commission Nationale Lao pour l’UNESCO 1996: Annexes 1): „[…] Considérant que ce bel héritage culturel multi-ethnique est la source même du patrimoine culturel actuel de la nation lao, le gouvernement lao s'est donné pour ligne politique de préserver et de développer cet héritage, qui appartient également au patrimoine culturel mondial. Il entend notamment promouvoir les cultures minoritaires tout en assurant leur progrès et leur modernisation. Parallèlement à cela nous nous efforçons de résister à la poussée de l'influence de modèles culturels extérieurs qui pourraient nuir à cet héritage. “ 13 Vgl. Commission Nationale Lao pour l’UNESCO (1996), Darstellung des Programms der politischen Massenorganisationen. Die Mission der Regierung „consiste ensuite à encourager les groupes ethniques à améliorer leur niveau de vie, et pour cela elle doit les inciter à délaisser certaines pratiques arriérées afin de s’orienter résolument vers la modernité.“ 14 Rerkasem und Rerkasem (1995: 313) bestätigen, dass die nationale Politik in Laos ebenso wie in China, Thailand und Vietnam auf dem Glauben basiert, dass 96

ENTWICKLUNG, MINDERHEITEN UND TOURISMUS IN LAOS

steigt der Ressourcenabbau seit der politischen Öffnung Laos’ rapide. Neben den ethnischen Minderheiten sind hierfür auch ausländische Firmen verantwortlich, die den Waldbestand durch illegale Abholzungen reduzieren und damit Unfruchtbarkeit der Böden, Erosion und den Rückgang des Wildbestandes hervorrufen und damit die ländliche Bevölkerung einschränken, deren Subsistenzwirtschaft von Land und Wald abhängig ist (vgl. Rigg/Jerndal 1996). Zudem richtete sich parallel zu einem immer größer werdenden Drogenproblem in den Industrieländer das Interesse der internationalen Gemeinschaft auf die opiumproduzierenden Bergdörfer, die den internationalen Drogenmarkt in China beliefern. Weltweit gilt Laos als der drittgrößte Produzent von Opium, das vor allem in den abgelegenen und bergigen Gebieten im Norden des Landes hergestellt wird (UNODC 2003). Aber nicht nur internationale Geber üben Druck auf die Drogenpolitik des Landes aus. Die laotische Regierung bezeichnet Opium als Symptom und Ursache für die hohe Armut im Norden des Landes. Opiumkonsum führt schnell zu Abhängigkeit und Lethargie, durch die in von Armut betroffenen Dörfern die Arbeitskraft der Konsumenten wegfällt. Daher steht der Beschluss der Behörden fest: „The Government is strongly determined to end the production of opium once and for all as a basic requirement to breaking the poverty circle in the Northern Region, and has set a time limit to do so (2006).“ (Lao People's Democratic Republic 2001: 31)

Die laotische Regierung versuchte bisher durch verschiedene Vorgehensweisen, einen Teufelskreis aus Armut, Opium und Umweltzerstörung zu durchbrechen (vgl. zu einer ähnlichen Politik in Thailand Cohen 1996: 36 ff.). Der Kontakt einzelner Behörden zu den Ethnien wurde verstärkt um mehr Kontrolle über die abgeschiedenen Problemdörfer zu haben, an einigen Orten fanden Umsiedlungsprojekte statt. Durch die noch andauernde progressive wirttraditionelle Landwirtschaftsmethoden wie der Wanderfeldbau bzw. Brandrodung verheerende und zerstörerische Auswirkungen auf die Umwelt haben. Die Entwicklungspolitik dieser Länder geht davon aus, dass andere Anbaumethoden wie Gummibaumplantagen, Fruchtbäume, Reisterrassen und Felder für Nassreis die Grundlage für eine nachhaltige Landnutzung sind. Rerkasem und Rerkasem geben allerdings zu bedenken, dass letztere Anbaumethoden tatsächlich Probleme verstärken anstatt sie zu lösen: „There are a number of misconceptions about shifting agriculture: that shifting agriculture is a great destroyer of primary forest, that certain groups of people are more destructive than others, or a counter myth that shifting agriculture is sustainable and ‚ecologically optimum‘. Major inaccuracies have come from an evaluation of shifting agriculture out of its social, economic and ecological context, and from the lack of a clear definition of the system under consideration. Pioneer shifting agriculture is generally believed to be exploitative in its pattern of resource use, whereas villages practising rotational shifting agriculture tend to be viewed as using conservative measures. Under certain sets of condition both systems can be equally sustainable or unsustainable.“ (ebend. 319) 97

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

schaftliche, soziale und politische Eingliederung in den laotischen Nationalstaat wird es für die Minderheiten tatsächlich immer schwieriger, sich der staatlichen Kontrolle zu entziehen und dem politischen Druck auszuweichen.

Entwicklung durch Umsiedlung Mit der Öffnung des Landes und den neuen wirtschaftlichen Zielen der Regierung schritt seit 1988 die Akkulturation der Minderheiten in Laos voran (Chazée 1999: 4). Ländliche Entwicklungsprogramme hatten zum Ziel, die landwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen und Waldbestände zu schützen. Wichtigster Bestandteil der Programme war die Abschaffung von Brandrodungsfeldbau und die Umsiedlung der Bergbevölkerung in die Täler, wo sie einen sesshafte Lebens- und Produktionsweise annehmen sollten. Ganzen Dörfern wurde durch das Verbot von Brandrodungsfeldbau ihre Lebensgrundlage entzogen. Chazée dokumentiert, dass die bäuerliche Bevölkerung seit 1990 auf diese Politik auf verschiedene Arten reagierte (Chazée 1999). Einige Gruppen schlossen sich dem Ansturm auf das wenige Ackerland in den tiefer gelegenen Regionen sehr früh an. Wenigen gelang es, noch ausreichend Land im eigenen Distrikt zu finden. Oft gab es nicht genug fruchtbares Land für alle Umsiedler, und so zogen ganze Dörfer in andere Provinzen, in denen die Bestimmungen flexibler, und natürliche Ressourcen in größerer Menge verfügbar waren. Diese Umsiedlungen wurden nicht selten von Konflikten zwischen Neuankömmlingen und bereits ansässigen Gruppen begleitet. Einige Dörfer entschlossen sich, den neuen politischen Bestimmungen zu entgehen und flohen in entlegene Bergregionen, wo die Kontrolle von Brandrodungsfeldbau nahezu unmöglich wurde. Auch heute ist Umsiedlung noch ein Thema für die laotische Regierung. Das Land ist dünn besiedelt, wodurch es schwierig ist, allen Bewohnern Zugang zu Infrastruktur zu ermöglichen. Anstatt in jedem Dorf eine Schule, eine Gesundheitsstation usw. zu bauen erscheint es günstiger, die Menschen in die Nähe von größeren Städten und damit den Dienstleistungen des Staates zu bringen. In den letzten zehn Jahren haben schätzungsweise mehr als die Hälfte aller Dörfer der nördlichen laotischen Distrikte die Berge verlassen um in die Nähe der Städte zu ziehen (vgl. Lauras 2004). Ein Vertreter des laotischen Landwirtschaftsministeriums, Parisak Pravongviengkham, betrachtet die Umsiedlungspolitik der laotischen Regierung als einen wichtigen Entwicklungsschritt seines Landes: „This is a part of our history. Lao people are mobile. So we don’t displace people, we develop opportunities and it is up to the people to choose.“ (zitiert in Lauras 2004) Die Regierung wird von der internationalen Gemeinschaft15 in ihrem Kurs größtenteils unterstützt. Schließlich soll Armut bekämpft werden und eine auf freiwilliger Basis stattfindende Umsiedlung scheint in einem so dünn besie15 Wie etwa dem United Nations Development Programme (vgl. Lauras 2004). 98

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deltem Land durchaus sinnvoll zu sein. Mit der Art und Weise, wie diese Umsiedlung tatsächlich abläuft, sind ausländische Beobachter jedoch weniger zufrieden. Regierungsvertreter üben auf Distriktebene Druck auf die Dorfbewohner aus, sodass von einer freiwilligen Umsiedlung kaum die Rede sein kann. Den Dorfbewohnern wird die Hilfe der laotischen Regierung und ein besseres Leben in den Tälern in Aussicht gestellt – oft können solche Versprechungen jedoch nicht eingehalten werden und schüren nur unrealistische Hoffnungen. Im Vordergrund steht für viele Beamte ein Fünfjahresplan16, der eingehalten werden muss, die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen rücken zwangsläufig in den Hintergrund. Die Umstellung auf neue, den Beschaffenheiten der Täler angepasste Anbaumethoden fällt den Menschen oft schwer. Dörfer die sich nicht der neuen Umwelt anpassen können erleben neben Armut auch neue Krankheiten, Mangelernährung und eine höhere Sterblichkeitsrate. Evrards Untersuchungen in der Provinz Luang Namtha im Norden von Laos haben ergeben, dass die Sterblichkeit im ersten Jahr nach einer Umsiedlung überraschend hoch ist. „In most cases, heavy losses of human life occurred during the first year in the new settlement, mostly affecting elderly people and newborn babies. Ban Namyang lost 53 people in one year, Ban Namlouang 48, Ban Houeikot 11, Ban Sophi 200. The results of these deaths were a loss of cultural heritage, and successive relocations as the villagers fled the influence of the bad spirits. In the case of communities where the elders are traditionally the leaders, these losses can undermine social cohesion. Many animals also did not survive relocation, succumbing to various epidemics, which in turn affected the villagers’ ability to trade and to develop their new land.“ (Evrard 1997: 30)

Umsiedlern bleibt keine andere Wahl, als sich Lohnarbeit zu suchen und beispielsweise auf den Feldern der bereits in den Tälern ansässigen Bevölkerung ihren Unterhalt zu verdienen. Entwicklungshelfer bemängeln daher, dass das Umsiedlungsprogramm sozial destruktiv und wirtschaftlich kontraproduktiv sei (Lauras 2004). Für die Regierungsvertreter scheint auch diese neue Form der Armut als voranschreitende Entwicklung vertretbar. „No one ever told me he was happy with slash-and-burn cultivation and living in the forest“ kommentierte Parisak diese Umstände gegenüber dem französischen Journalisten Lauras (2004). Die laotische Regierung hat bekannt gegeben, dass bis 2010 nahezu alle Ethnien von den abgelegenen Regionen in die Ebene umgesiedelt werden sollen. Dies bereitet sowohl Entwicklungsexperten als auch Wissenschaftlern Sorge: „This dismantling of the ethno-graphical divisions that have been the main criteria determining the social structure of Laos, while offering the prospect of a higher standard of living through greater participation in the economy for the impoverished minorities, is clearly a mixed blessing, as case studies in neighbouring Thailand and 16 Fünfjahrespläne werden von der laotischen Regierung als zentral eingesetztes Instrument zur Lenkung der Planwirtschaft verstanden. 99

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? other parts of Asia have shown. If this goal is ever achieved, however, the minority cultures of these virile, independent-minded groups could very well face the prospects of cultural extinction.“ (Mansfield 2000: 6 f.)

Nach wir vor gilt die Sorge von Entwicklungsexperten und Wissenschaftlern der Zukunft ethnischer Minderheiten und Randgruppen in Laos, die von der Umsiedlungspolitik betroffen sind. Gerade diese Gruppen sind auch hinsichtlich neuer Bestrebungen, den Tourismussektor auszubauen, für die laotischen Behörden relevant.

Entwicklung durch Tourismus: Die Tourismuspolitik der laotischen Regierung Es gibt kaum ein Land, in dem der Tourismus nicht eng mit der Politik der jeweiligen Regierung verknüpft ist. Tourismus bedeutet auf Regierungsebene eine Öffnung des Landes nach außen. Das Land präsentiert sich, baut sich im und durch den Tourismus ein „Image“ auf. Selbstbild und Selbstverständnis eines Staates oder einer Region spiegeln sich im Tourismus und damit auch in der Tourismuspolitik wider. Dies gilt besonders für Laos. Laos war lange Zeit touristisches Sperrgebiet. Mit Ausnahme von Reisenden aus den damaligen Ostblockländern gab es nach der Revolution im Zeitraum von 1975–1988 keinen internationalen Tourismus in Laos. Erst 1989 öffnete das Land infolge der neuen Liberalisierungspolitik dem Tourismus die Pforten. Die Besucherzahlen steigen seitdem langsam und kontinuierlich, Tourismus wird zu einem der wichtigsten (wenn nicht zum wichtigsten) Wirtschaftsfaktor des Landes und zur Haupteinnahmequelle für Devisen (Spreitzhofer 1995: 33). Die Besucherzahlen entwickelten sich rasant. Kamen 1991 gerade mal 38.000 Besucher nach Laos, so waren es 1997 schon 463.200, die Einnahmen durch Tourismus stiegen in diesem Zeitraum von 2,25 Millionen US$ auf 73,3 Millionen US$. Im Zuge des „Visit Laos Year 1999/2000“ hatten die Besucherzahlen bereits 737.000 überschritten. Der Großteil der Touristen stammt aus Thailand und den übrigen Nachbarländern Laos’, allerdings verdient das Land mehr an den kaufkräftigen Touristen aus Australien, Japan, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Kanada oder den USA. Bis zu Beginn der 1990er Jahre war Individualtourismus in Laos und den Nachbarländern Vietnam und Kambodscha gänzlich unmöglich. Restriktive Visabestimmungen sorgten 1992 für eine Eindämmung des Individualtourismus. Wenn denn Touristen zugelassen wurden, dann nur für teure PackageTours die auf Sehenswürdigkeiten wie z. B. die Stadt Luang Prabang beschränkt waren. Spreitzhofer (1995: 44 f.) glaubt, dass für die Ablehnung von Individualtouristen bzw. Rucksacktouristen (Backpacker) ökonomische aber auch politische Gründe maßgebend sind. Die „touristischen Prunkobjekte“, die für den 100

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Staat eine wichtige Einnahmequelle sind, werden von Individualtouristen weitaus seltener besucht als dies z. B. bei organisierten Reisegruppen der Fall ist. Damit wird Individualtourismus mit einem geringen wirtschaftlichen Nutzen gleichgesetzt. Da diese Reisenden nicht ausschließlich touristische Infrastruktur nutzen, haben sie mehr Kontakt zu Einheimischen und können dadurch auch zu einem politischen Ärgernis werden: „[...] Die Penetration in (massen)touristisches Neuland ist spezifisch individualtouristisch, die Konfrontation mit ethnischen Minderheiten und politischen Oppositionsgruppen mit Separationstendenzen somit unabdingbar – kein Wunschzustand für politisch latent labile Drittwelt-Länder [...].“ (Spreitzhofer 1995: 44)

Von Anfang an wollte man den Tourismus nicht dem Zufall überlassen. Bereits 1989 wurde die National Tourism Authority of Lao PDR (NTAL) gegründet, seit 1990 wird Tourismus offiziell von der Regierung gefördert (Nino 1999: 50). Trotz diesem Schritt ist die Furcht groß, die Kontrolle über den Tourismus zu verlieren. Die Erfahrungen des Nachbarlandes Thailand mit Massentourismus, Sextourismus und Umweltzerstörung sind für die laotischen Behörden ein Beweis dafür, dass bei diesem Wirtschaftszweig Vorsicht geboten ist. Die Angst vor einer kulturellen Überflutung mit westlichen Ideen und Gütern prägt die Vorgehensweise der laotischen Regierung. Ziel ist es vor allem gutsituierte Touristen zu erreichen, die an Natur und Kultur interessiert sind. Die Tourismuspolitik der laotischen Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, einen „good qualitiy“-Tourismus zu entwickeln, mit dem ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum verwirklicht wird. Daher soll Tourismus in die nationalen, regionalen und lokalen Entwicklungsmodelle integriert werden, um dem ganzen Land und allen Gesellschaftsschichten Vorteile zukommen zu lassen. Angepasste und ökologisch verträgliche Tourismusformen sollen nicht nur Umwelt und Natur, sondern auch archäologische und historische Stätten erhalten, die ethnische Identität und Traditionen stärken. Um traditionelle Kultur vor Ort nicht negativ zu beeinflussen, müssen Touristen über kulturelle Normen aber auch Ökologie aufgeklärt werden. Nachhaltige Entwicklung soll Grundlage für den Tourismuszweig sein und Ökotourismus gewinnt dabei eine besondere Beachtung. Dabei richtet sich die Tourismuspolitik langfristig nicht nur an internationale Touristen, sondern auch an Laoten. Der Inland-Tourismus soll ebenfalls gefördert werden. Um all diese Ziele zu erreichen will die laotische Regierung auf privat-öffentliche Kooperationen zurückgreifen (Lao People's Democratic Republic, United Nations Development Programme/World Tourism Organization 1998: 1). Der Besuch ethnischer Dörfer ist bereits jetzt eine touristische Attraktion und soll zukünftig weiter ausgebaut werden. Nur wenige Dörfer sind organisatorisch dazu in der Lage, Touristen zu empfangen, sie profitieren bisher kaum von Tourismus. Die National Tourism Authority (NTA) will daher Standards und Richtlinien für den Besuch von Dörfern entwickeln, die dann von den 101

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Tourismusbehörden der einzelnen Provinzen umgesetzt werden. Man will damit sowohl den Bedürfnissen der Touristen entgegenkommen als auch den besuchten Dörfern mehr Vorteile verschaffen (Lao People’s Democratic Republic, United Nations Development Programme/World Tourism Organization 1998: 4). Tourismus wird in diesem Zusammenhang von der laotischen Regierung als eine Möglichkeit gesehen, das Selbstwertgefühl laotischer Minderheiten „durch den positiven Blick des Anderen“ zu stärken und ihre materielle Kultur positiv zu fördern. Traditionelle Objekte, die immer unbekannter werden, könnten wieder neu entwickelt und verkauft werden. Gleichzeitig soll Ethno-Tourismus nicht zu sehr entwickelt werden, da dieser nach Einschätzung der laotischen Regierung an der Entstehung unauthentischer Folklore mitwirkt und zu einem Ausverkauf der Kultur führen könne. „Le gouvernement lao pratique à l’égard du développement touristique une politique de prudence appréciable.“ (Commission Nationale Lao pour l’UNESCO 1996).

Daher greift die laotische Regierung die im internationalen Entwicklungsdiskurs gängigen Annahmen über Kulturwandel und Kulturschutz auf. Problematisch für die NTAL ist, dass es in Laos noch wenig Erfahrung mit Tourismus gibt und man für die Umsetzung von Tourismusprojekten stark von ausländischen Experten abhängig ist. Die laotischen Mitarbeiter der NTAL selbst verfügen über wenige Kenntnisse von internationalem Tourismusmanagement. Vor allem Konzepte wie nachhaltiger Tourismus sind laotischen Mitarbeitern unbekannt und somit schwer nachvollziehbar. Alleine die Motivation westlicher Reisender stellt für viele Mitarbeiter ein absolutes Rätsel dar. Die NTAL muss daher auf die Erfahrungen und das Wissen ausländischer Tourismusexperten zurückgreifen und führt vor allem die Planung nachhaltiger Tourismusprojekte in Kooperation mit Entwicklungsakteuren wie SNV, GTZ, DED und Institutionen der Vereinten Nationen durch. In den letzten Jahren haben sich hierbei deutsche Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit besonders hervorgetan.

Die laotisch-deutsche Entwicklungszusammenarbeit in den nördlichen Regionen Die Zusammenarbeit der laotischen Regierung mit deutschen Entwicklungsakteuren blickt auf eine vergleichsweise lange Geschichte zurück. Nach der Revolution wurde Laos für die ehemalige DDR Schwerpunktland der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. In den Jahren nach 1990 knüpfte die Bundesrepublik Deutschland an diese Zusammenarbeit an und führt sie bis heute weiter.

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Die Bundesrepublik gehört damit nach Japan zu den wichtigsten bilateralen Gebern.17 Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich seit 1994 verstärkt auf die Bergregionen der Provinz Luang Namtha im Norden von Laos, das sogenannte „Upland and Highland of Northern Laos (UHNL)“. Die Entwicklungsprogramme werden von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) in Zusammenarbeit mit laotischen Partnern wie den Provinz- und Distriktbehörden geplant und durchgeführt.18 Die ersten Projekte dieser Deutsch-Laotischen Technischen Zusammenarbeit (Lao-German Technical Cooperation), die unter der Bezeichnung Integrated Food Security Programme (IFSP) liefen, hatten in erster Linie das Ziel, die Unterernährung, die schlechte gesundheitliche Infrastruktur und Armut in der Provinz Luang Namtha zu bekämpfen. Im April 2001 setzte das Integrated Rural Development Programme for the Mountainous Areas in Northern Lao PDR (RDMA) die Arbeit des IFSP fort.19 Die Projektmitarbeiter beraten ihre Partner in den Bereichen Landwirtschaft und Ressourcensicherung, Landnutzungsplanung, Gesundheit, formelle und informelle Bildung, Distriktplanung, Dorfentwicklung und Drogenbekämpfung. Durch die Unterstützung von landwirtschaftlichen und außerlandwirtschaftlichen Aktivitäten sollen alternative Entwicklungsmöglichkeiten gefördert werden, die es der Bergbevölkerung ermöglichen soll, schrittweise vom Schlafmohnanbau und der Produktion von Opium unabhängig zu werden. Im Jahr 2002 wurde gemeindeorientierter Tourismus in das Projekt der GTZ aufgenommen. Das RDMA-Programm und die damit verbundenen Entwicklungsprojekte werden nach wie vor von der Distrikthauptstadt Muang Sing aus koordiniert.

17 Zum Vergleich: 1997 beliefen sich die Hilfeleistungen aus Japan auf ca. 86,6 Mio. US$ und aus Deutschland auf 18,1 Mio US$. Insgesamt stellte die BRD von 1991 bis 1998 84,6 Millionen DM für die finanzielle Entwicklungszusammenarbeit und 88,1 Millionen für die technische Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung (Schneider 2001: 115 f.). 18 Die GTZ hat in allen für das Projekt relevanten Behörden und Institutionen laotische Partner (Counterparts) und stellt die jeweiligen Teamleader des Projektes. Drei Fachkräfte wurden vom DED entsandt, sechs weitere Mitarbeiter sind Laoten und arbeiten als Berater (Lao-German Technical Cooperation 2003: 5). 19 Für die erste Projektphase von 2001–2004 stellte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung etwa 1,5 Millionen Euro bereit (GTZ 2002: 2). Bis 2004 wurden dem Projekt zusätzlich 135.000 US$ durch die amerikanische Botschaft in Vientiane zur Verfügung gestellt, die für Maßnahmen zur Reduzierung des Opiumanbaus verwendet wurden (GTZ 2002: 4). 103

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Abbildung 5: Karte des Distrikts Muang Sing, Nord-Laos. Quelle: RDMA/GTZ-Büro Muang Sing

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Die Stadt Muang Sing bildet das administrative und wirtschaftliche Zentrum des Sing- Distriktes und liegt 12 km von der Grenze der Autonomen Dai Region Xishuangbanna in der chinesischen Provinz Yunnan entfernt (Cohen/Lyttleton 2002: 3). Die Hauptstraße des Distrikts verbindet die Stadt mit Luang Namtha im Südwesten und der Grenze zu China im Nordosten, die nur für laotische und chinesische Staatsbürger passierbar ist. Muang Sing liegt in einem Tal und ist dicht von Nassreisfeldern umgeben. An den unteren Hängen der umliegenden Bergketten werden Zuckerrohr, Mais und verschiedene Gemüsesorten angebaut. Außer der befestigten Hauptstraße gibt es einige wenige Lehmstraßen, die in der Regenzeit nur schwer passierbar sind. Im Distrikt Muang Sing leben 23.500 Einwohner, die Bevölkerungsdichte ist mit ca. 14,3 Personen pro Quadratkilometer sehr niedrig. Neben 68 AkhaDörfern gibt es 26 Dörfer der Tai Lue, fünf Dörfer der Tai Neua, ein Tai Dam Dorf, fünf Yao Dörfer und drei Hmong Dörfer, die hauptsächlich in der Nähe der Stadt liegen. Die Akha stellen zwar die bevölkerungsreichste Gruppe des Distrikts dar, werden jedoch seit Gründung des Fürstentums Muang Sing 1880 politisch und wirtschaftlich von den Tai dominiert (Cohen/Lyttleton 2002: 3). Auch heute wird Muang Sing häufig als eine Stadt der Tai Lue bezeichnet (Lyttleton/Allcock 2002: 37).

Die Akha in Muang Sing Eine ethnische Minderheit als Zielgruppe Die meisten Akhadörfer haben durch ihre Lage weitab in den Bergen keinen Zugang zu Krankenhäusern oder Schulen. Nur wenige Dörfer haben durch Straßen Anschluss an die Infrastruktur der Distrikthauptstädte. Die Lebenserwartung der Akha liegt weit unter dem nationalen Durchschnitt. Kindersterblichkeit, Analphabetentum und Unterernährung sind bei ihnen im nationalen Vergleich am höchsten.20 Gleichzeitig verfolgen die Akha Brandrodungsfeldbau und produzieren Opium. All dies sind Faktoren, die im Zuge der laoti20 „They [die Akha, Anm. CN] also managed to push the human development indices for the district, never very flattering, to an abysmally low level.“ (LaoGerman Technical Cooperation 2003: 2). Für die Mitte der 1990er Jahre gibt das Projekt folgende Zahlen an (Lao-German Technical Cooperation 2003: 2): Entwicklungsindex laut Projekt Lebenserwartung Kindersterblichkeit unter 5 Jahren Unterernährung bei Kindern unter 5 Jahren Alphabetisierungsrate Männer Alphabetisierungsrate Frauen Grundschulausbildung

Akha ø 46 Jahre 26 % 70 % 3% 0% 10 %

Laos ø 51 Jahre 14 % 47 % 67 % 43 % 72 % 105

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schen Entwicklungspolitik reduziert werden sollen. Einige Dörfer wurden von laotischen Behörden in die Täler umgesiedelt, wo sie auf Nassreisanbau umsteigen sollten. Einerseits bedeutete dies für die Dorfbewohner Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, Märkten und Schulen. Andererseits kamen neue Probleme auf die umgesiedelten Dörfer zu. So sahen sich die Akha neuen Krankheiten und Epidemien ausgesetzt, hatten Probleme mit neuen, größtenteils unbekannten Anbaumethoden und der Anpassung an das Leben in den Tälern. Einige Dörfer haben daher mit Lebensmittelengpässen zu kämpfen. Allerdings bestand das Problem der Unterernährung auch weiterhin in Dörfern, die in den Bergen geblieben sind. Für die vor Ort tätigen Entwicklungsakteure sind die Ursachen für die Probleme der Region nach wie vor eng mit der Lebensweise der Akha in den Bergen verknüpft: „Apart from the fact that these areas are sometimes poorly equipped with natural resources, it is mainly due to the lack of knowledge about sustainable agriculture and forestry, inadequate facilities for generating income outside of farming, an insufficient infrastructure as well as a dissatisfying situation in education, health and nutrition that 70% of the upland and highland population is poor.“ (German-Lao Development Co-operation 2002: 2)

Das Integrated Rural Development Programme versteht Entwicklung als einen „ganzheitlichen Prozess“ mit dem Ziel, die „Lebensqualität der Zielgruppen“ zu verbessern (Lao-German Technical Cooperation 2003: 3). Um die Nachhaltigkeit der einzelnen Programme zu fördern wird großer Wert auf Hilfe zur Selbsthilfe gelegt. Nach Möglichkeit sollen sich die Zielgruppen eigenverantwortlich um Entwicklung bemühen und Unterstützung erhalten; gleichzeitig sollen auf Dorf- und Regierungsebene Mitarbeiter geschult werden um die Entwicklungsarbeit möglichst selbstständig und nachhaltig leisten zu können (Capacity Building).

Ethnographischer Überblick Die Akha sind eine ethnische Gruppe zu der ca. 2,5 Million Menschen gezählt werden.21 Sie leben heute in den bergigen Regionen Burmas, der chinesischen Provinz Yunnan, Nord-Vietnam, Nord-Thailand und Nord-Laos. Die Sprache der Akha gehört zum tibeto-birmanischen Zweig der sino-tibetischen Sprachfamilie (Schliesinger 2003: 9). Es gibt zahlreiche Fremdbezeichnungen für diese Ethnie, wie etwa Ekow, Igor, Koh oder Kah, die von den Akha selbst oft als abschätzend empfunden werden. Sie selbst bezeichnen sich in erster Linie

21 Diese Zahl basiert auf Schätzungen von Alting von Geusau (1997, 2003). Abweichende Angaben anderer Quellen sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Hani in Yunnan in manchen Fällen als Subgruppe der Akha und manchmal als eigene Ethnie gezählt werden. 106

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als Akha und unterteilen sich in zahlreiche Untergruppen, die sich in Dialekt und Tracht voneinander unterscheiden. Alting von Geusau (1983, 1997)22 vermutet den Ursprung der Akha in den östlichen Regionen des heutigen Tibet. Von dort aus sollen sie vor über 2.000 Jahren in das südöstliche Yunnan in das Gebiet des Ailao-Gebirges, dass auch heute von den Akha noch als Dzadeh, als ihre eigentliche Heimat bezeichnet wird (Alting von Geusau 1997: 2), gewandert sein. Im 8. Jahrhundert gehörte dieses Gebiet zum Nanzhao-Königreich. Den Überlieferungen der Akha zur Folge war dies die einzige Zeit in ihrer Geschichte, in der sie in Städten lebten und sich an Kriegen beteiligten. Mitte des 13. Jahrhunderts wurde das Nanzhao Reich vom mongolischen Herrscher Kublai Khan zerstört. Auf der Flucht vor den mongolischen Invasoren splitterten sich die Akha in Gruppen auf und flohen in die angrenzenden Shan-Staaten und das südwestliche Yunnan. Immer wieder sorgten Kriege und Rebellionen in diesen Gebieten dafür, dass sich die Akha in abgelegene und bergige Regionen zurückzogen (Alting von Geusau 1997: 2 f.). Die ersten Akha-Dörfer kamen im 18. Jahrhundert in Nord-Laos an. Heute leben insgesamt ca. 60.000–90.000 Akha in Laos in den nördlichen Provinzen von Luang Namtha, Phongsaly und Oudomxai. 23 Die Akha in den Provinzen Phongsaly und Luang Nam Tha erklären ihre Migration als eine Flucht vor politischen Unruhen und chinesischen Banditen, die ihr Vieh stahlen und die Dörfer plünderten (Chazée 1999: 137). In Luang Namthas Distrikt Muang Sing sind die Akha mit ca. 18.000 Menschen die größte ethnische Gruppe, die sich in Pouly Nyai, Pouly Noy, Kopien Nyai, Kopien Noy, Tchitcho, Chapo Nyoi und Botche unterteilen.24 22 Leo Alting von Geusau bezeichnete sich selbst als „Akha anthropologist“ (Alting von Geusau 1997: 1). Er begann seine Feldforschung bei den Akha in Thailand 1977 und heiratete 1981 eine Akha, mit der er in Chiang Mai eine Nichtregierungsorganisation zur Unterstützung der Minderheiten gründete. Bis zu seinem Tod im Dezember 2002 war er für sein politisches Engagement bekannt und veröffentlichte zahlreiche Studien zu den Akha, die größtenteils unter www.hani-akha.org publiziert wurden. Da es kaum Ethnologen gibt, die sich ähnlich intensiv mit den Akha beschäftigt haben, berufen sich die meisten Studien über die Akha auf Alting von Geusau. Dabei wird allerdings sehr oft der regionale Bezug nicht beachtet. 23 Auch hier gibt es in den Quellen erhebliche Abweichungen: Alting von Geusau (1997, 2003) beruft sich mit der Nennung von 90.000 Akha in Laos auf Angaben der UNESCO, die häufiger vertretenere Meinung, es gäbe ca. 60.000 Akha berufen sich meist auf Chazée (1999: 5, 133). Ich vermute, dass auch hier Unterschiede dadurch entstehen, dass einige Subgruppen einmal als Akha und einmal als eigenständige Ethnie gezählt werden. 24 Ähnliche Aufzählungen machen auch Schliesinger (2003: 36 f.) und Chazée (1999: 5). Die hier genannten Untergruppen wurden mir in den besuchten AkhaDörfern in Muang Sing aufgezählt. Tooker gibt zu bedenken, dass die Akha selbst Untergruppen nach Raum (wie etwa einem Dorfnamen) oder einer Verwandtschaftsgruppe, von denen die größte die Lineage ist, benennen. Das macht 107

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Die Unterschiede zwischen den Akha-Gruppen machen sich nach außen hin im Dialekt, der Kleidung, dem Kopfschmuck der Frauen und z. T. auch in der Architektur der Häuser bemerkbar. Für gewöhnlich befinden sich die Dörfer der Akha in einer Höhe zwischen 700 und 1.600 Metern. Infolge der laotischen Umsiedlungspolitik verließen in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren jedoch mehr als die Hälfte aller AkhaDörfer im Distrikt die hohen Berglagen um auf den niedrigeren Hängen nur einen halben Tag Fußmarsch entfernt von Muang Sing zu siedeln (Cohen/Lyttleton 2002: 4).

Soziale und politische Organisation Akha bezeichnen sich selbst als „Akha za“, als „Volk der Akha“, das vom ersten Menschen Sm-mi-o abstammt, der wiederum selbst in der neunten Generation von Geistern stammt (Kammerer 2000: 37).25 Somit ist jeder Akha mit einem anderen durch gemeinsame Ahnen verbunden. Die Gesellschaft der Akha ist patrilinear organisiert, und so fragen Akha, wenn sie sich zum ersten Mal begegnen, nach dem Namen der jeweiligen Patrilinie. Die Zugehörigkeit zu einer patrilinearen Familie wird durch das gemeinsame Darbringen von Opfergaben an einem einzigen Ahnenaltar, der sich im Haus der Familie befindet, gekennzeichnet (Kammerer 1998: 662). Durch Heiratsallianzen entstehen zwischen einzelnen Familien Verbindungen, die sowohl für Zeremonien als auch für gegenseitige Hilfeleistungen eine wichtige Rolle spielen (Kammerer 1998).26 Das gesellschaftliche als auch politische Leben der Akha orientiert sich mit Ausnahme dieser Heiratsallianzen ausschließlich an der Dorfebene. Ein Dorf besteht aus 10 bis 100 Haushalten. Es bestehen Hierarchiestrukturen bezüglich Familienzugehörigkeit, Alter und Geschlecht. Trotzdem kann man die Akha als eine egalitäre Gesellschaft bezeichnen (Kammerer 1996), denn eine es sehr schwierig, genaue „Subethnien“ festzulegen. Aber nicht immer spielt die Unterscheidung eine Rolle: Akha-Dörfer die am Ökotourismus-Projekt in Luang Namtha beteiligt sind erzählten, dass man in ihren Dörfern „vergessen“ habe, zu welcher Gruppe sie gehören. 25 Auch Alting von Geusau erwähnt Sm-io als ersten Ahnen: „The Genealogical chart starts with „Heaven“ (M-ma), followed by 12 generations of „mythological“ ancestors. At the 12th generation figures Sm-io, a name which all Akha and Hani recognize as the ancestor from whom they and related people descend. After Sm-io follow 12 generations – again of ancestors, who might have been Yi (Lolo) […].“ (Alting von Geusau 1997: 11) 26 Kammerer (1998) zeigt, wie das Heiratssystem der Akha, bei dem direkter Frauentausch nicht erlaubt ist, Hand in Hand mit der Aufrechterhaltung der egalitären Gesellschaftsorganisation geht. Heiratspartner aus der eigenen Patrilinie sowie direkter Frauentausch (also eine Familie ist für eine andere immer Frauengeber) sind tabu, sodass viele junge Männer ihre Braut in anderen Akha-Dörfern suchen (vgl. Alting von Geusau 1997: 10). 108

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permanent gültige Status-Hierarchie gibt es bei den Akha nicht (Tooker 1988). Das Dorf wird traditionell nach außen durch einen Vorsteher repräsentiert. Entscheidungen über politische und wirtschaftliche Beziehungen zu anderen (äußeren) Gruppen werden auf Dorfebene von einem Ältestenrat getroffen, in dem jede Familie vertreten ist. An deren Spitze stehen ein oder zwei wichtige Männer (jô hý, auch im Sinne von ‚groß‘ gebräuchlich) die ihre Position durch politisches und diplomatisches Geschick sowie einen bestimmten Grad an Reichtum erhalten. Tooker (1988) beschreibt in diesem Zusammenhang ein Big Man – System wie es auch von Sahlins (1985) definiert wird. Die Position des Dorfvorstehers hält oft ein Mann inne, der als Gründer des Dorfes gilt. Er vertritt das Dorf nach außen hin und ist deswegen auch des öfteren auf Reisen. Seine Lineage spielt im Dorf eine wichtige Rolle und hat Einfluss auf wichtige Entscheidungen. Traditionelle Strukturen werden meist mit den Anforderungen der laotischen Regierung, die eine bestimmte Dorforganisation vorgibt, verbunden. Jedes Dorf muss durch einen naiban, den Dorfchef, vertreten werden. Er wird von den Dorfmitgliedern in einer Versammlung gewählt und von Regierungsvertretern eingesetzt, seine Amtszeit beträgt vier Jahre. Im Idealfall sollte es sich dabei um eine Person handeln, die Laotisch spricht und sich mit den Behörden verständigen kann. In der Dorfgemeinschaft ist der Naiban derjenige, der sich um die ‚äußeren‘ Angelegenheiten kümmert, in Kontakt mit Regierungsvertretern, Behörden und Projektmitarbeitern tritt. Nicht selten ist der Naiban in Akhadörfern ein Vertreter einer einflussreichen Familie. Die Position des Naiban kann sehr stark sein. Nicht nur, dass er das Dorf vertritt und nahezu alle Entscheidungen trifft, auch persönliche Bereicherung durch Entwicklungsprojekte, die dem gesamten Dorf zugute kommen sollten, ist möglich. In einigen Dörfern ist der Rat der Ältesten jedoch so stark, dass der Naiban lediglich Vermittler zwischen Behörden und dem Dorfrat ist. Für gewöhnlich stößt man in der Literatur über die Akha immer wieder auf den Begriff des dzoemah oder auch boemow, einer Art rituellen Anführer der die wichtigste Position innerhalb der Akha-Gemeinschaft hält. Der dzoemah setzt Daten für wichtige Zeremonien fest, führt Rituale durch und ist für die innere Ordnung des Dorfes zuständig.27 Tatsächlich ist dieser Begriff den 27 „The dzoma represents Akha civilization in its most intense form as he is responsible for maintaining the well-being of the village. […] The village as an entity is marked by the dzoma at its center and by certain structures at the village periphery, especially three sets of village gates, a village swing, a village courting yard, a sacred water source, a village well, and a village clay pit.“ (Tooker 1988: 50) Quellen über die Akha in Laos wie etwa Alting von Geusau (1997) nennen den dzoemah generell als wichtigste Person innerhalb eines Dorfes. Auch wenn besonders Alting von Geusau immer wieder die „bemerkenswerte Einheit der Akha-Kultur“ über aktuelle Nationalgrenzen hinweg betont, bedeutet dies nicht, dass seine ethnographischen Angaben – wie so oft angenommen – für alle Akhagruppen gültig sind. Tatsächlich geben laotische Akha an, dass es zwi109

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den Akha in Nord-Laos nicht bekannt. In manchen Akhadörfern gibt es einen sogenannten cao ban28, ein Mann, der im Falle wichtiger Entscheidungen konsultiert werden muss. Die Position des Cao Ban wird von Vater zu Sohn weitergegeben, daher kann es sich dabei auch um einen sehr jungen Mann handeln. Zur administrativen Struktur eines jeden Dorfes gehören offiziell gewählte Vertreter der National Front, der Youth Front, der Lao Women Union, sowie ein stellvertretender Naiban. Sie bilden in den meisten Fällen das so genannte Village Committee und arbeiten mit den Behörden oder auch Projekten zusammen. Oft sind sie es, die während Trainings die Bedürfnisse des Dorfes definieren und zukünftige Projekte beeinflussen. Manche Dörfer haben zudem noch auf Anregung von Behörden oder Projekten Personen gewählt, die eine Art Infrastruktur für das Dorf darstellen: Ein Village Health Volunteer und eine Traditional Birth Assistance (eine Frau), die sich um die gesundheitlichen Belange des Dorfes kümmern und denen eine Grundausstattung an medizinischer Ausrüstung zur Verfügung gestellt wird; die Village Militia, eine Art Dorfpolizei, sowie Personen die für Landwirtschaft und Viehhaltung zuständig sind. Die Akha-Dörfer sind durchaus in der Lage, traditionelle mit neuen Strukturen zu kombinieren und somit den Anforderungen eines modernen Staates gerecht zu werden (Alting von Geusau 1997: 10). Allerdings bleibt zu bemerken, dass die Anzahl der Akteure, die sich neben dem Naiban mit der „Außenwelt“ beschäftigen, im Vergleich zu traditionellen Dorfstrukturen zugenommen hat. Nicht immer haben andere Dorfmitglieder die Möglichkeit, die Interaktion der Komiteemitglieder mit der Außenwelt zu kontrollieren oder zu beeinflussen.

Landbau Das wichtigste Nahrungsmittel der Akha ist Hochlandreis, der auf zuvor gerodeten Hängen angebaut wird. Brandrodungsfeldbau wird von den Akha auch für die Kultivierung von Mais eingesetzt. Diese Methode ist sehr arbeitsintensiv und die Erträge fallen im Vergleich zu anderen Anbaumethoden wie dem Nassreisanbau gering aus. Allerdings hat sie den Vorteil, dass die Ernte gesichert ist und Dürren oder starken Regen besser verkraften kann. Die Arbeit auf den Feldern beginnt jeweils im Januar und Februar mit dem Roden von Bäumen und Büschen. Die gesamte Familie bearbeitet ihre Felder gemeinsam. Sobald das gerodete Holz getrocknet ist, was ungefähr drei Mo-

schen ihnen und den Akha in Thailand, Burma und China sehr wohl Unterschiede im Hinblick auf rituelle und soziale Organisation gebe. 28 Den Begriff des Cao Ban, der eindeutig laotisch ist, nannten mir einige AkhaMitarbeiter des Projektes. 110

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nate dauert, wird es niedergebrannt. Dadurch werden schädliche Insekten vernichtet und die zurückbleibende Asche dient als Dünger für die Setzlinge. Selbst Akha die bereits seit einer Generation in den Tälern von Nassreisanbau leben, beschließen nach schlechten Ernteerträgen wieder auf den Brandrodungsfeldbau zurück zu greifen und damit zumindest ihre Grundernährung zu sichern. Wie für viele andere ethnischen Gruppen im Goldenen Dreieck ist Brandrodungsfeldbau für die Akha als eine Wirtschaftsweise bedeutsam, die das Überleben sichert. Für gewöhnlich reichen die Ernteerträge einer Familie für ein Jahr aus. Zusätzlich werden Gärten mit verschiedenen Gemüsesorten angebaut, Fischerei, Jagd sowie das Sammeln von Waldfrüchten tragen ebenfalls zur Ernährung der Familie bei. Reis und Mais werden in erster Linie selbst konsumiert und nicht auf dem Markt verkauft. Die von den Frauen gesammelten Waldfrüchte und Wurzeln, angebaute Baumwolle, Chillie und andere Gewürze werden jedoch auf Märkten verkauft oder direkt gegen Salz, Zucker, Glutamat oder Kleidung getauscht. Die Akha sind auch als Jäger berühmt und es kommt immer wieder vor, dass sich Laoten und auch Chinesen in ihre Dörfer begeben, um dort Fleisch, Knochen, Geweihe und getrocknete Eingeweide besonders seltener Tiere, denen man eine stärkende Wirkung nachsagt, zu kaufen.

Opium Die Akha kultivieren ebenfalls Opium, das zum einen als Tauschware mit anderen Dörfern, aber auch als Medizin geschätzt wird. Damit wurden die Akha international als „Opiumbauern“ bekannt. Viele Entwicklungsprogramme, die die Akha als Zielgruppe haben, beschäftigen sich mit der Frage, wie man den Opiumanbau beenden könnte. Dabei wurde oftmals davon ausgegangen, dass die Akha Opium bei „traditionellen Ritualen“ einsetzen und sie aus Traditionstreue nicht auf Mohnanbau verzichten wollen. Tatsächlich kommt Opium zwar in Ritualen beispielsweise bei der Ahnenverehrung zum Einsatz, wird aber nicht als wesentlicher Bestandteil begriffen. Der boemow eines Akhadorfes, der bei einem Ritual für die Verstorbenen eines Haushaltes zu Beginn Opium rauchte, erklärte mir einige Tage später, er würde gerne auf Opium verzichten. Dass das nicht möglich sei bezog er nicht auf die Notwendigkeit von Opiumkonsum während des Rituals, sondern auf seine physische und psychische Abhängigkeit. 29

29 Auch Alting von Geusau (1997: 2) unterstreicht, dass Opium keine traditionelle Bedeutung für die Akha hat: „Opium is, in contrast with some general assumption, not a traditional cashcrop. It started to come into Chinese higher backwards areas after the British/Chinese opium-wars, 1845. It did spread slowly, as did opium-smoking on a large scale. Older Akhas still remember when it came into the border-areas, and factually massive planting (by Akha in border-areas) started only in the 1940’s and 1950’s. […] Akha say, that they have no custom111

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Die Haltung der Akha gegenüber Opium ist ambivalent. Zum einen wird es als Allheilmittel gehandhabt und bei allen nur erdenklichen Krankheiten eingesetzt. Zum anderen wissen die Akha, dass die Gefahr, von Opium abhängig zu werden sehr hoch ist. Opiumabhängige können nicht mehr zur Ernährung der Familie beitragen, sodass übrige Familienmitglieder mehr arbeiten müssen. Eine Familie kann kaum genug Opium selbst produzieren um die Sucht eines Familienmitgliedes zu befriedigen, Opium muss also bei anderen gekauft werden. Im Falle einer Opiumabhängigkeit kommt damit zum Wegfall einer Arbeitskraft noch eine zusätzliche wirtschaftliche Belastung für die Familie hinzu. Gerade in Dörfern, die in die Ebenen gezogen sind und dort neuen Krankheiten ausgesetzt waren, ist Opiumabhängigkeit zu einem großen Problem geworden.30 Opium wird von der Generation der jüngeren Männer in einigen Dörfern hauptsächlich mit Krankheit in Verbindung gebracht. Sie lehnen es ab, Opium außer im Krankheitsfall zu rauchen. Opiumabhängigkeit wird von den jüngeren Generationen mit Siechtum und physischer Schwäche gleichgesetzt. Der Reisanbau steht bei den Akha im Vordergrund, trotzdem ist Opium eine wichtige Handelsware, v. a. in Zeiten von Nahrungsengpässen. Ressourcenknappheit und rigidere Kontrollen im Bezug auf Opium sorgen dafür, dass viele Akha auf der Suche nach neuen, zusätzlichen Einkommensquellen sind. Besonders in umgesiedelten Dörfern in der Nähe von Muang Sing kamen daher mit der Ankunft der ersten Touristen auch neue Hoffnungen auf.

Muang Sing als Tourismusfeld Die Ausgangssituation: Backpacker, Minderheiten und Opium Seit 1996 besuchen Touristen die abgelegene Region Muang Sing. Vor allem in den ersten Jahren waren die Stadt und die umliegenden Dörfer der Akha für Opiumanbau berühmt und haben in Backpackerkreisen den Ruf eines wahren Opiumparadieses. Auch Reisehandbücher machen durch ihre Warnungen zumindest indirekt deutlich, dass es in Muang Sing an Opium nicht mangelt (Lyttleton/Allcock 2002: 37). Für viele Reisende galt Laos durch seine späte politische Öffnung als ein traditionelles Land mit unberührter Natur und noch zu entdeckenden ethnischen Minderheiten, die ein traditionelles Leben in den Bergen führen. Muang Sing wurde für die Vielfalt der hier lebenden ethnischen Gruppen bekannt, die ary law about opium growing and smoking […], because the ancestors did not know it. Except, that some grew very small quantities (of a different local variety) strictly as a medicine.“ (Alting von Geusau 1997: 2, Herv. i. O.) 30 Cohen und Lyttleton (2002) haben die Opiumproblematik eingehend beschrieben und den Zusammenhang zwischen Opiumabhängigkeit, sozialem Wandel und Umsiedlung aufgezeigt. 112

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all morgendlich ihre Waren auf dem Markt anbieten. Allerdings sorgten die lange mühevolle Anreise über schlechte Straßen und die Abgelegenheit von Muang Sing dafür, dass lediglich Rucksacktouristen hierher kamen. Mit der Verbesserung der Straßen und der touristischen Infrastruktur der Region soll sich dies bald ändern. Das Stadtbild Muang Sings passte sich dem wachsenden Tourismus relativ schnell an. Bis zum Jahr 2000 entstanden in der kleinen Distriktstadt zwölf Herbergen sowie fünf Restaurants, Geschäfte mit Fahrradverleih und ein Mopedverleih. Einige junge Männer aus Muang Sing boten den Touristen ihre Dienste als Guide an und führten sie auf Trekkingtouren zu den abgelegeneren Dörfern der Akha. Dort bezahlten die Touristen den Dorfvorsteher, um in dessen Hütte übernachten zu dürfen. Andere Reisende erkundeten die umliegenden Dörfer auf eigene Faust, oft um gegen ein geringes Entgelt Opium zu rauchen. Die Akha wurden (neben dem Opium) zur Hauptattraktion, verdienten aber im Gegensatz zu den Guides und Geschäftsleuten Muang Sings kaum am Tourismus. Für unerfahrene Touristen ist das „Abenteuer Opium“ nicht ungefährlich, zwei Touristen starben in Muang Sing in Folge von Drogenkonsum (Lyttleton/Allcock 2002: 37). Im Zuge des Drogenbekämpfungsprogramms nahmen die Polizeikontrollen in Muang Sing zu und der Konsum von Opium wurde mit hohen Geldbußen bestraft. Gleichzeitig versuchten die Behörden, den Fahrradverleih an Touristen zu unterbinden und diese davon abzuhalten in die Akha-Dörfer zu gelangen. Poster an Busstationen und in Herbergen warnten vor Opium und riefen die Touristen zu gemäßigtem Verhalten auf. Tatsächlich führte diese Antidrogen-Politik auch zu einem Rückgang der Touristenströme. Hotelbesitzer und Guides erzählen, dass die Anzahl der Gäste seit 2002 stark zurückgegangen sei. Trotzdem hat sich der Ruf Muang Sings als „drug capital of the Lao PDR“ bei vielen Laos-Reisenden gehalten. Auf der Hauptstraße Muang Sings bieten Akhafrauen vor allem männlichen Touristen nach wie vor Opium an. Da die Polizeikontrollen in Muang Sing selbst verschärft wurden, führen die Frauen ihre Kunden in Reisfelder oder Wälder um dort Opium zu rauchen (Lyttleton/Allcock 2002: 37). Die laotischen Behörden aber auch internationale Organisationen sind über diese Form von „unkontrolliertem Tourismus“ äußerst besorgt und bemühen sich, die Situation zu verändern.

Das Nam Ha Ecotourism Project der UNESCO Die National Tourism Authority of Lao PDR (NTAL) startete gemeinsam mit der UNESCO 1999 das Nam Ha Ecotourism Project. Ziel war es das Potenzial von Tourismus für die soziale und ökonomische Entwicklung in den abgelegenen Dörfern der ethnischen Minderheiten zu nutzen. Das Projekt war von Anfang an sehr komplex aufgebaut und darum bemüht, alle Beteiligten zufrieden zu stellen. Touristen konnten in kleinen 113

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Gruppen bis zu acht Personen sogenannte Trekkings von ein, zwei oder drei Tagen buchen und wurden dann von einem Guide in die Dörfer der Minderheiten geführt. Sowohl an Flora und Fauna interessierte Besucher als auch jene, die die traditionelle Lebensweise der Bergdörfer kennen lernen möchten, sollten bei den Touren auf ihre Kosten kommen. Die Guides wurden speziell geschult und lernten nicht nur Englisch und den Umgang mit westlichen Touristen, sondern wurden ebenfalls mit den Grundprinzipien von nachhaltigem Tourismus und Umweltschutz vertraut gemacht. Da die meisten Guides aus den Städten und den umliegenden Dörfern Luang Namthas stammten, erhielten sie zusätzlich geschichtlichen und ethnographischen Unterricht über die ethnischen Minderheiten. Auch die Dorfbewohner wurden mittels Trainings auf die Touristen vorbereitet und hatten durch regelmäßige Treffen mit Projektmitarbeitern die Möglichkeit, das Projekt mitzugestalten.31 Projektbegleitende Evaluierungen sollten zudem sicher stellen, dass entstehende Probleme schnell erkannt und behoben werden. Es ist vorgesehen, dass die durch Touristen gewonnenen Einnahmen für Unterkunft, Verpflegung und Massagen in den Dörfern bei der Gemeinde verbleiben und so zur Armutsminderung der besuchten Dörfer beitragen. Die von Touristen bezahlten zusätzlichen Trekking-Gebühren sollen in einen von der Provincial Tourist Authority (PTA) verwalteten Fond fließen und für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Dörfern verwendet werden (Lyttleton/Allcock 2002: 4). Zudem ging man davon aus, dass Ökotourismus in zweifacher Hinsicht zum Naturschutz in der besuchten Region beiträgt. Zum einen erhalten Einheimische eine zusätzliche Einnahmenquelle und sind somit nicht mehr so stark auf Brandrodungsfeldbau, Abholzung und Jagd angewiesen; zum anderen übt die Natur einen wesentlichen Anreiz für die Touristen aus und somit gewinnt die einheimische Bevölkerung ein Interesse daran, dieses touristische Potenzial zu schützen (Lyttleton/Allcock 2002: 4). Die Ziele des Projektes stimmten damit mit den Vorstellungen der laotischen Regierung bezüglich Tourismus und Entwicklungspolitik überein und sie entsprachen den Zielsetzungen und Anforderungen deutscher Entwicklungszusammenarbeit. Ursprünglich war geplant, dass die Pilotphase des Projektes in Muang Sing stattfinden sollte. Jedoch änderte das Projektteam nach ersten Besichtigungen diesen Plan und entschied sich stattdessen für Luang Namtha. In Muang Sing gab es bereits eine Tourismusindustrie die stark auf den Konsum von Opium ausgerichtet war. Das Pilotprojekt wäre vor allem damit beschäftigt gewesen, bestehende Strukturen zu verändern und bereits vorhandene Probleme zu beheben. Luang Namtha hingegen war in touristischer Hinsicht noch ein weißer Fleck auf der Landkarte, sodass Ökotourismus von Grund auf und unvorbelastet aufgebaut werden konnte. Auch die administrativen Voraussetzungen in der Provinzhauptstadt Luang Namtha waren 31 Die Angaben zum Ablauf der Trainings stammen von Mitarbeitern des Luang Namtha Tourism Office und waren z. T. sehr ungenau, da der Projektstart zur Zeit der Datenerhebung schon einige Jahre zurück lag. 114

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günstiger, die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden fiel hier bereits durch die räumliche Nähe einfacher (Lyttleton/Allcock 2002: 9). Mit dieser Entscheidung waren die Projektverantwortlichen im Rückblick sehr zufrieden: „Starting from scratch in Luang Namtha proved to be a wise decision as the Nam Ha team went on to create an award-winning community-based ecotourism model that presently functions as a national demonstration site.“ (Schipani 2002: 18)

Das Projekt wurde 2001 mit dem United Nations Development Award ausgezeichnet und dient als Vorbild für nachkommende Tourismusprojekte in ganz Laos.

Das Projekt in Muang Sing Die GTZ erteilte den Experten des Nam Ha-Projektes den Auftrag, nach dem Model von Luang Namtha ein Projekt für Muang Sing zu erstellen. Dieses Mal sprach man nicht nur von Ökotourismus, sondern von gemeindeorientiertem Tourismus, denn Muang Sing liegt außerhalb des Nationalparks und ist damit für Touristen vor allem als Heimat der Akha interessant. Es war für das Expertenteam ein leichtes, die Behörden in Muang Sing von der Notwendigkeit und Nützlichkeit des Projektes zu überzeugen.32 Sie sahen es nur zu gerne, wenn sowohl den Touristen als auch den Guides ein Riegel vorgeschoben wurde und diese nicht mehr unkontrolliert in die Akhadörfer gelangten. In Muang Sing war das Projekt jedoch schwerer umzusetzen und hatte von Anfang an mit mehr Problemen zu kämpfen. Statt einen Tourismussektor neu aufzubauen, mussten bereits vorhandene Strukturen genutzt oder umgestaltet werden. Das vorrangige Ziel lautete daher auch „improving what is already on place“ (Schipani 2003: 14). Guides, die bislang illegal Touristen in Dörfer begleitet hatten, wurden dazu ermutigt, sich zu einer Guide Association zusammen zu schließen. Nachdem 17 Kandidaten ein dreimonatiges Training bei der GTZ in Muang Sing absolviert hatten, erhielten sie im November 2001 eine offizielle Lizenz und konnten „legal“ arbeiten. Es wurde der Muang Sing Ecoguide Service (MSES), der oft auch als Tourism Office bezeichnet wird, eingerichtet. Er solte Anlaufstelle für Touristen und Zentrale für die Organisation der Trekkings sein. Das Provincial Tourism Office (PTO) in Luang Namtha bestimmte einen Manager für das MSES, das als eine Art Zweigstelle der Tourismusbehörde in Luang Namtha funktionieren sollte.

32 Interview mit Foster (04.05.04) 115

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Auswahl der Projektdörfer Lyttleton und Allcock (2002) gaben in ihrer Studie zu Tourismus als Entwicklungsinstrument in Nord-Laos zu bedenken, dass die Auswahl von Tourismusdörfern in der Region Muang Sing mit größter Sorgfalt vonstatten gehen müsse: „One key issue that needs careful attention is the criteria used to select villages for ecotourism projects. If development objectives are one platform of the project’s goals, then economic and social issues relevant to different villages need to be considered carefully.“ (Lyttleton/Allcock 2002: 50)

Diese Empfehlung sprechen die beiden Wissenschaftler nicht zuletzt deswegen aus, weil sich ihnen zur Zeit ihrer Erhebungen vor Ort im Jahr 2002 ein anderes Bild zeigte. Lyttleton und Allcock geben zu bedenken, dass die Dörfer, die am gemeindeorientierten Tourismus teilnehmen sollten, eher nach strategischen und praktischen Gesichtspunkten ausgesucht wurden als nach entwicklungspolitischen Kriterien. Verfolgt man die Prozesse, die im Vorfeld der Auswahl von Projektdörfern standen, zurück, so zeigt sich, dass entwicklungspolitische Überlegung tatsächlich eine untergeordnete Rolle spielten. Bereits 1997 wurde Alting von Geusau von der GTZ als Experte engagiert, um in neun verschiedenen Akha-Dörfer der Region Muang Sing nach den Bedürfnissen der Gemeinden und ihren Vorstellungen von Entwicklung zu fragen.33 Er verfasste für die GTZ einen Abschlussbericht (Alting von Geusau 1997), der unter anderem auch Aussagen der Akha zu Tourismus wiedergibt. In zwei Dörfern gab es Beschwerden über das Aufkommen der Touristen. Drei der insgesamt neun von Alting von Geusau befragten Dörfer wünschten sich jedoch Touristenbesuche und gaben an, viel Hoffnung in den Tourismus zu stecken. Diese Erwartungen an Tourismus sind bemerkenswert wenn man bedenkt, dass gerade mal ein Jahr vor dieser Befragung die ersten Besucher nach Muang Sing kamen. Die Akha haben allerdings das wirtschaftliche Potenzial, das im Tourismus liegt, sehr schnell erkannt.34 Von den Dörfern, die sich für Tourismus ausgesprochen hatten, nimmt heute nur eines am gemeindeorientierten Tourismus-Projekt teil. Beide Dörfer, die laut Alting von Geusau negative Erfahrungen mit Touristen hatten, werden auch heute noch bei Ein-Tagestouren von den Gruppen des Tourism Office besucht. Es wird allerdings lediglich Halt in den Dörfern gemacht, die Dörfer sind nicht an den Einnahmen des Tourism Office beteiligt. Ban Noi, das eines der ersten Dörfer war, das von Touristen besucht wurde und bis heute die höchste Besucherfrequenz von Ausflüglern hat, wurde nicht in die Projektplanungen miteinbezogen. 33 Den Angaben Alting von Geusaus (1997) zufolge wurden die Daten mittels informeller Interviews vor allem mit den Ältestenräten in den betroffenen Dörfern gewonnen. Alting von Geusau konnte dabei auf seine Sprachkenntnisse und Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Akha in Thailand zurückgreifen. 34 Vgl. hierzu auch Alting von Geusau (1999). 116

ENTWICKLUNG, MINDERHEITEN UND TOURISMUS IN LAOS

Dies bedeutet, dass der Zugang zum Projekt gemeindeorientierter Tourismus von Anfang an eingeschränkt war. Es waren nicht die Dörfer und ihre Bewohner, die über ihre Teilnahme am Projekt entschieden, sondern Akteure außerhalb der Gemeinden, die sich an bestimmten Kriterien, wie etwa der Lage des Dorfes, orientierten. Die Dörfer sollten nicht in der unmittelbaren Umgebung von Muang Sing liegen, sondern einige Gehstunden entfernt in den Bergen, um den Touristen eine Wanderung durch die Natur der Region zu ermöglichen. Ein wesentliches Kriterium für die Teilnahme eines Dorfes am Projekt war es zudem, Zielgruppe der GTZ zu sein. Bis 2004 war in der Region Muang Sing noch die niederländische Organisation Zuid Oost Asie (ZOA) tätig, eine christliche Nichtregierungsorganisation, die in einigen Dörfern der Akha Schulen aufbaute und Programme zur Opium- und Armutsbekämpfung startete. Ban Noi „gehörte“ ebenso wie Ban Mai und andere Akha-Dörfer, aus denen heute viele der in Muang Sing tätigen Souvenirverkäuferinnen stammen, zu den von ZOA betreuten Dörfern. Damit kamen sie für gemeindeorientierten Tourismus nicht in Frage. Da in Muang Sing zum Teil die Strukturen bereits bestehender illegaler Trekkingtouren übernommen wurden, hatten die Dörfer, die zuvor von Touristengruppen der illegalen Guides besucht wurden, gute Chancen, auch weiterhin von gemeindeorientiertem Tourismus zu profitieren. Bei der Auswahl der Dörfer spielte die traditionelle Erscheinung eine wichtige Rolle. Guides nahmen an, dass moderne Infrastrukturen wie etwa Elektrizität oder die Nähe zu einer befahrbaren Straße doch für Touristen weniger attraktiv machen. Auch die bereits bestehenden Beziehungen der Guides zu einigen der Akha-Dörfer spielten eine Rolle. Nicht alle illegalen Guides ließen die Dorfbewohner an Einnahmen durch die Touristen teilhaben, was in einigen Fällen für heftige Konflikte zwischen Guides und Dorfbewohnern sorgte. Projektmitarbeiter der GTZ berichteten, dass zum Teil Touristen von Akha mit Steinen und Beschimpfungen aus den Dörfern vertrieben wurden.35 Die illegalen Guides besuchten schließlich nur noch die Dörfer, in denen sie sich mit dem jeweiligen Naiban arrangiert hatten und somit keine Schwierigkeiten mit den Einheimischen zu erwarten waren. In diesen Dörfern wurden kurze Zeit nach den Guide-Trainings einfache Unterkünfte für die Touristen errichtet, sodass die ersten Trekking-Touren Ende Januar 2002 stattfinden konnten. Damit unterschied sich die Vorgehensweise in Muang Sing grundlegend von der des Pilotprojektes in Luang Namtha. „Many of the activities were initiated in a reverse sequence to that successfully established in Luang Namtha. Treks have not been developed in consultation with village communities. No village awareness workshops were conducted before the treks began. […] In practice, a framework of guide services and an information cen35 Dies wurde von verschiedenen Mitarbeitern erwähnt, wobei niemand genauere Angaben zu den betroffenen Dörfern oder dem zeitlichen Rahmen machen konnte. 117

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? tre has simply been transposed upon an existing tourism context of unregulated village visits.“ (Lyttleton/Allcock 2002: 38)

Auch heute noch ist die Situation des gemeindeorientierten Tourismus in Muang Sing verworren. Das MSES stellt sich selbst als gemeindeorientiertes Ökotourismus-Projekt dar, hat aber bei Weitem nicht alle Richtlinien des Pilotprojektes übernommen. Das deutsch-laotische Projekt sieht einerseits gemeindeorientierten bzw. Ökotourismus als Bestandteil Ihres Programms und wirbt dafür auf internationalen Tourismusmessen, hatte aber auf der anderen Seite keine Mitarbeiter, die vor Ort am Tourismusprojekt arbeiten. Als ich im Januar 2004 mit meiner Feldforschung in Muang Sing begann, wusste niemand, wer für dieses groß umworbene Projekt denn nun eigentlich verantwortlich sei und es in Zukunft betreuen sollte. Gleichzeitig erschienen in Reisehandbüchern ganzseitige Hinweise auf das Ökotourismus-Projekt in Muang Sing, das von deutscher Seite unterstützt werde. Zu Beginn meiner Feldforschung ergab sich damit ein äußerst kompliziertes Bild der Situation. Einige Mitarbeiter des Programms waren davon überzeugt, es gäbe zur Zeit überhaupt kein Ökotourismusprojekt in Muang Sing; andere wiederum verwiesen auf das MSES und die Zusammenarbeit mit der GTZ bei der Ausbildung der Ecoguides; einige sprachen von Ökotourismus als zukünftigem, andere als bereits abgeschlossenem Projekt. Tatsächlich hat die Ausgangsituation in Muang Sing dafür gesorgt, dass bei einem neuen Tourismusprojekt Kompromisse zu schließen waren. Es gab vor Ort bereits positive, aber auch negative Erfahrungen im Umgang mit Touristen, die Menschen hatten sich auf ihre Weise mit Tourismus auseinander gesetzt, ihn für eigene Zwecke genutzt oder sich dagegen gesträubt. Ab 2002 begann mit dem Projekt gemeindeorientierter Tourismus eine neue Form von Tourismus in Muang Sing, mit der die Menschen noch keine Erfahrungen hatten. Es kamen auch neue Beteiligte in Form der laotischen Tourismusbehörden und der internationalen Entwicklungsorganisationen mit in das Tourismusfeld Muang Sing, die durch Ökotourismus eine bessere und nachhaltige Tourismusform einführen wollten.

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4. A KTEURE IM T OURISMUSFELD M UANG S ING Im letzten Kapitel wurde die Makroebene des Projektes dargestellt und der Handlungsspielraum der sozialen Akteure beschrieben. Dabei nahmen die politischen Rahmenbedingungen wie die Minderheiten- und Entwicklungspolitik der laotischen Regierung einen großen Raum ein, ohne deren Kenntnis der Ablauf des deutsch-laotischen Entwicklungsprogramms in Muang Sing nur schwer nachvollziehbar wäre. Auf den vorhergehenden Seiten wurden Entstehung und Ziele des Projektes „gemeindeorientierter Tourismus“ vorgestellt. Durch einen Blick auf die allgemeine Situation des Tourismus in Muang Sing wurde deutlich, dass es außer dem gemeindeorientierten Tourismus noch andere Formen von Tourismus und damit ein weitaus größeres Tourismusfeld in Muang Sing gibt, als dies auf den ersten Blick vermutet wird. Für das Projekt selbst ist dies nicht ohne Folgen. An diesem Punkt möchte ich nun den Blick auf die sozialen Akteure in diesem Tourismusfeld richten. Es wurde bereits erwähnt, dass es unzählige soziale Akteure gibt, die an diesem Feld beteiligt und in ihm auf die ein oder andere Weise aktiv sind. Es lassen sich jedoch drei Gruppen ausmachen, die für die Untersuchung von Schnittstellen eine zentrale Rolle einnehmen: Die Projektmitarbeiter, die Guides und die am Tourismus beteiligten Akha in den Dörfern rund um Muang Sing.1 Die Gruppen sind jedoch keineswegs in sich homogen, innerhalb dieser Gruppen gibt es verschiedene Positionen, die ebenfalls für das Verständnis der Schnittstellen von Bedeutung sind. Sowohl die Gruppen als auch die einzelnen Positionen der sozialen Akteure werden im Folgenden auf deskriptive Weise vorgestellt, letzteres, indem individuelle Akteure exemplarisch herausgegriffen werden.2 Grundlage für diese Darstellungen bieten Interviews und Gespräche mit den einzelnen Akteuren. Im An1

2

Es mag verwunderlich erscheinen, dass Touristen nicht als eigene Gruppe in diese Überlegungen miteinbezogen wurden. Dies hat mehrere Gründe. Aufenthaltsdauer in Muang Sing, Herkunft und Motivation von Touristen sind so unterschiedlich, dass sich Touristen schwer als soziale Akteure innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing eindeutig charakterisieren lassen. Touristen halten sich sehr kurz im Feld auf, verlassen es wieder, durchstreifen es. Sie sind zwar als sozialer Akteur fassbar, aber nicht ähnlich greifbar wie andere Akteure. Zudem sind Touristen an der Entstehung von Schnittstellen, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen, weitaus weniger aktiv beteiligt, als oft vermutet wird – siehe hierzu auch Kapitel 7. Eine vereinfachte Übersicht über die im Folgenden dargestellten Akteure zeigt Abb. 7. 119

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schluss wird die Beziehung der Akteure zueinander anhand der Kommunikationsflüsse innerhalb des Tourismusfeldes beleuchtet.

Projektmitarbeiter Mit Projektmitarbeiter sind all jene Akteure gemeint, die in der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt und an der Planung und Umsetzung von gemeindeorientiertem Tourismus beteiligt sind. Die im Folgenden dargestellten sozialen Akteuren halten die Verwirklichung des Projektes für möglich und sinnvoll, und wollen die wirtschaftliche Komponente von Tourismus zur Entwicklung der Akha einsetzen. Projektmitarbeiter können den verschiedensten Nationalitäten angehören und Erfahrungen in Entwicklungsprojekten weltweit gesammelt haben. Sie sind in höchstem Maße mobil, wechseln häufig das Einsatzland, arbeiten dabei jedoch immer in ähnlichen Bereichen als Experten – beispielsweise für nachhaltige Landwirtschaft, Raumplanung oder Politikberatung. Sie müssen sich in der internationalen Entwicklungslandschaft als Experten beweisen, möglichst weltweit einsetzbar sein und ihre Spezialisierungen den Anforderungen einer globalen „Development Community“ anpassen. Regionale Kenntnisse spielen vor diesem Hintergrund eine weitaus weniger wichtige Rolle. Die akteursorientierten Analyse nimmt an, dass der „kulturelle Hintergrund“ sozialer Akteure ihre Handlungsrationalität beeinflusst (Long 2001). „Kultur“ kann in diesem Zusammenhang nicht ausschließlich mit der ethnischen oder nationalen Herkunft eines Akteurs in Verbindung gebracht werden. „Conventional accounts of ethnicitiy, even when used to describe cultural differences in settings where people from different regions live side by side, rely on an unproblematic link between identity and place. While such concepts are suggestive because they endeavor to stretch the naturalized association of culture with place, they fail to interrogate this assumption in a truly fundamental manner. We need to ask how to deal with cultural difference, while abandoning received ideas of (localized) culture.“ (Gupta/Ferguson 2002: 66)

So stecken Mitarbeiter ihren Handlungsspielraum in einem Projekt entsprechend den Normen und Werten der internationalen Entwicklungswelt ab, in der die ursprüngliche nationale oder ethnische Herkunft eine untergeordnete Rolle spielt. Oft sind die Netzwerke und persönlichen Kontakte innerhalb der „Development Community“ für die eigene identitäre Verortung sehr wichtig (Gupta/Ferguson 2002: 68). Auch Schönhuth (2005: 123) betont die Relevanz einer „weltweit ähnlichen Mechanismen und Mustern folgenden Projekt- und Expertenkultur der EZ mit ihrem spezifischem Jargon und den sich gleichenden Ritualen, Regeln und Abläufen“. In Muang Sing sind die am gemeindeorientiertem Tourismus beteiligten Projektmitarbeiter unter anderem laotischer, deutscher und us-amerikanischer Herkunft. Diese Akteure arbeiten auf internationaler, nationaler und lokaler 120

AKTEURE

Ebene und stellen damit die Verbindung zwischen Makro- und Mikroebene des Projektes dar. Sie präsentieren gemeindeorientierten Tourismus auf internationalen Messen und Konferenzen, leisten Öffentlichkeitsarbeit und gestalten die Kommunikation des Projektes mit der Außenwelt. Vor allem die mit der Planung des gemeindeorientierten Tourismus beauftragten Akteure verfügen über das größte Wissen bezüglich Hintergrund und „Philosophie“ des Konzeptes. Begriffe und Ideen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz spielen für diese Akteurs-Gruppe eine wichtige Rolle. Da die Projektmitarbeiter zum Teil direkt mit Regierungsbehörden zusammen arbeiten, sind sie sich auch über die politischen Rahmenbedingungen von Entwicklungszusammenarbeit bewusst. Die Probleme der Zielgruppe werden von ihnen vor diesem Hintergrund bewertet. Sowohl laotische Behörden als auch Entwicklungsorganisationen rätseln, wie die Akha am besten in den Nationalstaat integriert werden können. Denn das Stereotyp der Akha als eine der konservativsten und traditionellsten Bergstämme in Laos, ist auch unter ihnen weit verbreitet. Vor allem von staatlicher und entwicklungspolitischer Seite wird die Kultur der Akha als ein Faktor gesehen, der Innovationen und neue Techniken nicht zulässt: „More than the other ethnic minorities, the historical and cultural references are limiting factors for the acceptance of a new technique.“ (Chazée 1999: 163) Die Wirtschaftsweise der Akha, der Gebrauch von Opium sowie ihre soziale Organisation stehen den Entwicklungsbestrebungen der laotischen Regierungen gegenüber. Projektmtiarbeiter gehen davon aus, dass die Politik der laotischen Regierung keinesfalls zulassen wird, dass die Akha weiterhin Brandrodungsfeldbau betreiben. Ein „laisser faire“ kommt für sie daher nicht in Frage. Auch religiöse Vorstellungen und Rituale werden von den Behörden als kostenintensiver und damit auch entwicklungshemmender Aberglaube abgetan und bekämpft. In den Zielgruppen-Analysen, die von verschiedensten Projektmitarbeitern im Laufe des Programms in Muang Sing verfasst wurden, zeigt sich entsprechend eine gewisse Besorgnis über das traditionelle Glaubenssystem der Akha, das diese zu vermeintlich irrationalem Handeln zwinge: „Das Erbringen von Opfern, häufig Schweinen, bedeutet einen massiven wirtschaftlichen Verlust, der mindestens zwölfmal im Jahr stattfindet, denn so viele Feste und Zeremonien gibt es im Akha Kalender. Hinzu kommt, dass nach verschiedenen Vorfälle Tiere getötet werden; z. B. muss eine Sau getötet werden, die ihre Ferkel unter dem Haus zur Welt bringt; eine Hündin muss getötet werden, wenn sie ihre Welpen nicht im Dorf sondern im Wald zur Welt bringt. Alles, um das Wohlwollen der Geister sicherzustellen. [...] Das strikte Richten nach den Regeln des Akhazang lässt die Akha oft nicht frei und flexibel handeln, so dass der Umgang mit sozialem und gesellschaftlichem Wandel schwer fällt.“ (Mumm 2003: 40)

Die Möglichkeit, in abgelegenere Regionen zu ziehen, so wie es im Laufe ihrer Geschichte immer wieder vorkam, sind für die Akha kaum noch gegeben. Einige Dorfgemeinschaften, die noch in den Bergen leben, sehen sich in naher Zukunft gezwungen, ihren Lebensraum zu verlassen. Die Böden sind dort 121

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

nicht mehr fruchtbar genug und in den wenigen Wäldern gibt es immer weniger Wild um die Ernährung zu sichern. Allerdings ist auch in den Ebenen für Reisanbau geeignetes Land rar. Damit bleiben für die Akha aus Sicht der Entwicklungsexperten nur noch wenige Möglichkeiten: „The short and medium term solution for Kho development, or rather the most acceptable social, cultural, economic, environmental and technical compromise, currently seems to be the increase in and improvement of, cattle husbandry in the mountains. […] Another way of involving them in the national economy, as well as strengthening certain traditional folk traditions which are losing ground, is to involve them in a small scale negotiated tourism programme, as with the Lao Huay minority.“ (Chazée 1999: 163)

Tourismus, beziehungsweise nachhaltiger Tourismus, wird somit als möglicher Rettungsweg für das Überleben einer traditionellen Akha-Gesellschaft gesehen. Diese Position wird vor allem von Experten und entsendeten Projektmitarbeitern geteilt.

Fallbeispiel Projektleiter Dirk Schmidt ist schon seit einigen Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und koordiniert das Programm in Muang Sing. Er arbeitet vor allem auf Regierungsebene und mit Vertretern internationaler Organisationen zusammen. Seine Entscheidungen sind für die Mikroebene der Projekte von großer Bedeutung, denn ohne seine Zustimmung können die Projektmitarbeiter keine Handlungen durchführen. Über die Akha selbst weiß er wenig, sie sind für ihn in erster Linie eine Zielgruppe deren Armut überwunden werden muss. Die Zusammenarbeit mit den Akha ist schwierig, der Druck der internationalen Geber, die konkrete Erfolge sehen wollen, groß. Nur wenige Akha sprechen Laotisch und können somit den Trainings und Seminaren der laotischen Mitarbeiter folgen. Umgekehrt gibt es auch nur wenige Mitarbeiter, die Akha sprechen und für das Projekt als Übersetzer arbeiten können. Daher spielen partizipative Ansätze aus seiner Sicht für die Projekte keine wichtige Rolle. Wichtig ist, dass es überhaupt Aktivitäten gibt. Wie andere Projektmitarbeiter auch hält er die Situation der Akha für kompliziert. Einerseits wird ein traditionelles Leben in den Bergen für die Akha nicht mehr möglich sein, andererseits scheint eine schlichte Umsiedlung der Dörfer für die Akha eher mehr Probleme mit sich zu bringen statt alte zu lösen. Schmidt glaubt, dass Tourismus den Akha weiterhelfen kann. Schließlich können sie ihr traditionelles Leben in den Bergen weiterführen und gleichzeitig ein Einkommen erhalten. Nur im Tourismus können sie aus ihrer unbedarften Lebensweise Kapital schlagen. Allerdings muss Tourismus von außen reguliert werden, denn man sieht in Muang Sing bereits was passiert, wenn die 122

AKTEURE

Akha Tourismus auf eigene Faust betreiben. Sie verlieren ihre Kultur und belästigen Touristen durch ihr Auftreten, sie betteln und schaden dem Ruf der Stadt. Damit werden potenzielle Kulturtouristen, die weitaus mehr Kapital in die Region bringen könnten als die jetzigen Rucksackreisenden, abgeschreckt. Um das gewünschte Klientel anzusprechen, sieht Schmidt Vorteile darin, den privaten Sektor zu fördern und ausländische Touristikunternehmen am Projekt zu beteiligen.

Fallbeispiel Tourismusexperte Dave Foster ist Experte für nachhaltigen Tourismus und entwickelt bereits seit einigen Jahren für die NTAL in Vientiane Konzepte für ÖkotourismusProjekte, darunter auch das UNESCO-Projekt in Luang Namtha. Da er fließend Laotisch spricht und selbst die Leitung von Seminaren für Regierungsvertreter und Guides übernimmt, wird er von den laotischen Mitarbeitern des Projektes und den Guides sehr geschätzt. Somit ist er sowohl auf der Makroebene als auch der Mikroebene tätig. Zudem betreut er verschiedene Projekte in Laos und ist daher viel unterwegs. Das Projekt in Luang Namtha wurde nach dem von Häusler und Strasdas (2003) entworfenem Konzept „Community-based tourism“ erarbeitet. Foster ist davon überzeugt, dass das Modell wirklich gut ist und alle Beteiligten zufrieden stellen könnte. In Luang Namtha läuft es aus seiner Sicht gut, aber nicht so gut wie es laufen könnte: „we could do it better“. Die Lage in Muang Sing bewertet er problematischer. Seit das Team seine Arbeit beendet und den lokalen Akteuren das Projekt überlassen hat, gibt es immer mehr Veränderungen. Das Projekt in Muang Sing war etwas Besonderes, und das Besondere ging ein wenig verloren. Die Einbeziehung der Dorfbewohner in die einzelnen Tourismusprojekte hält er für überaus wichtig, seiner Meinung nach wird dieser Punkt von den nationalen Behörden jedoch nicht ernst genug genommen. Die ersten aufkommenden Konflikte in den Projekten werden von ihm mit Sorge gesehen. Seiner Meinung nach wurzeln viele Probleme darin, dass das Verständnis für das Konzept für gemeindeorientierten Tourismus bei den Laoten nicht vorhanden ist. Die im Projekt vorgesehenen Nachuntersuchungen, die Befragungen der einzelnen Akteure werden immer mehr vernachlässigt. Foster will sich in einem neuen Projekt wieder mehr der Makroebene zuwenden und das Verständnis für gemeindeorientierten Tourismus auf Regierungsebene fördern. Nachhaltige Tourismuskonzepte, egal ob sie nun Ökotourismus oder gemeindeorientierter Tourismus genannt werden, haben ihn überzeugt wie er auch in Zeitungsinterviews (2004) sagt: „My vision is to make Laos the center of eco-tourism in South-East-Asia. […] The decision makers are starting to understand they can’t compete with Thailand in Resorts, shopping and nightlife, so they are going the eco route. […] Village women 123

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? can make more in one hour by cooking for a tourist than collecting bamboo shoots in the forest for a week.“ (Foster in einer Online-Zeitschrift, 2004)

Guides Unter den Guides sind fast alle ethnischen Gruppen Muang Sings vertreten – bis auf die Akha. Die meisten Guides zählen sich selbst zu einer der TaiGruppen wie etwa Tai Neua oder Tai Lue. Die buddhistisch geprägten Tai sind zwar in Laos eine Minderheit, aber in Muang Sing sind sie eindeutig die politisch dominante Ethnie. Die Guides nahmen aus verschiedenen Gründen an dem von der GTZ angebotenem Training teil. Viele arbeiteten früher als illegale Guides und hofften, als legale Guides auf ein geregelteres und höheres Einkommen. Die meisten haben einen anderen Hauptberuf in Muang Sing, sie sind z. B. Lehrer, Händler, Polizisten oder Friseure. Einige sahen das Training und vor allem die Englischkurse als Aufstiegsmöglichkeit und Zwischenstation für eine Karriere bei einer internationalen Organisation oder im Tourismuszentrum Luang Prabang. Oft gaben Familienangehörige, die entweder bereits für internationale Organisationen oder im Tourismus arbeiteten den Rat, am Training teilzunehmen. In den Trainings lernten die Guides viel über den Umgang mit Touristen. Sie erfuhren, wie man für Touristen kocht und welche hygienischen Regeln eingehalten werden müssen, damit die Gäste nicht krank werden. Sie lernten, dass sie die Touristen auf die Begegnung mit den Akha vorbereiten müssen und ihnen die kulturellen Regeln der Region erklären sollen. Dies ist nicht einfach, da die Guides im Normalfall kein Akha sprechen. Die Guides wissen, dass sie bei den Trekkings eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen den Touristen und den Akha spielen.

Fallbeispiel Guide und Office-Mitarbeiter Khampone hat lange Zeit als Ingenieur in Straßenbauprojekten der Regierung gearbeitet. So kam er auch in die Provinz Luang Namtha, wo er seine jetzige Frau kennen lernte und sich niederließ. Da er zuvor ständig unterwegs war bekam er einen Eindruck von den Möglichkeiten, die der Tourismus bietet. Durch seine Arbeit als Ingenieur und durch die Zusammenarbeit mit Entwicklungsexperten lernte er Englisch und sogar ein wenig Französisch. In Thailand hatte er gesehen, wofür Touristen Geld ausgeben. Diese Erfahrungen wollte er sich in Muang Sing zu Nutzen machen. Er eröffnete ein kleines Restaurant und bot seine Dienste als Guide an. Er wird in Zukunft noch ein neues Restaurant bauen, mit Blick auf die Reisfelder von Muang Sing und einer Bambushängebrücke davor; ein Grundstück hierfür hat er schon gekauft. 124

AKTEURE

Er nahm am Training für gemeindeorientierten Tourismus teil und arbeitet nicht nur als Guide, sondern auch im Tourism Office selbst. Er weiß, dass viele der anderen Guides ihn sehr um diese Stelle beneiden, denn hier hat man ein geregeltes Einkommen, ständigen Kontakt mit Touristen und Projektmitarbeitern und viel Einfluss auf die Organisation des Projektes. Khampone hat Einblick in die Finanzen des Tourism Office und wertet die Fragebögen aus, die man den Touristen zur Beurteilung der einzelnen Guides und Dörfer nach dem Trekking gibt. Diese Arbeit gilt bei den Guides als privilegiert, sodass Khampone in starker Konkurrenz zu all jenen steht, die ebenfalls im Büro arbeiten möchten. Erschwert wird die Situation für ihn zusätzlich dadurch, dass er nicht aus der Region stammt und von einigen anderen Guides als Eindringling empfunden wird. Er empfindet den Beruf des Guide als ein Abenteuer und hat viele Ideen für neue Angebote in noch unentdeckte Regionen, bei denen man wilde Tiere sehen kann. Bevor er seine Ideen in die Tat umsetzen kann, muss er jedoch immer erst seinen Vorgesetzten in Muang Sing und dann die Tourismusbehörde in Luang Namtha überzeugen. Ist diese erste Hürde überwunden, muss Khampone auch die Akha in den entsprechenden Dörfern für sich gewinnen. Da er es nie wirklich geschafft hat, Vertrauen zu den Dorfbewohnern aufzubauen, versucht er meist, zumindest die Dorfvorsteher mit Versprechungen zu überreden. Khampone ist gerne in den Dörfern unterwegs, auch wenn die Akha für ihn sehr fremdartig sind. Leider ist es schwierig, sich mit ihnen zu verständigen. Die Guides haben wenig Möglichkeit, den Dorfbewohnern zu erklären, was sie eigentlich genau machen. Auf der anderen Seite bleibt ihm das Verhalten der Akha ein Rätsel und er würde sie gerne besser verstehen. Auch im Tourism Office selbst würde er gerne einiges verändern. Zu gerne würde er die Leitung übernehmen, denn das seiner Meinung nach schlechte Management des Tourism Office ist für ihn die Ursache einiger Probleme.

Fallbeispiel „Leading Guide“ Senpeth kommt aus Muang Sing und kennt die Dörfer der Umgebung gut. Er hat einige Zeit in Luang Prabang in einem Restaurant gearbeitet und dort Englisch gelernt. Sein Traum ist es, im Tourismus Karriere zu machen und irgendwann ein eigenes Reiseunternehmen zu führen. Tagsüber arbeitet er als Guide oder verkauft Kurzwaren an seinem Stand auf dem Markt, abends besucht er eine Computerschule und lernt Englisch und Französisch. Da sein Bruder für die GTZ gearbeitet hat, wird Senpeth ab und zu gebeten, ausländische Mitarbeiter in die Dörfer der Akha zu begleiten. Die Konkurrenz unter den Guides ist groß, und daher arbeitet Senpeth an seinem guten Ruf. Eine seiner größten Stärken sind seine Fremdsprachenkenntnisse und seine Erfahrung mit Touristen aus Luang Prabang. Senpeth hat gute Kontakte zu den Dörfern, auch wenn er kein Akha spricht. Wenn er von Touristen begleitet wird versucht er, die Fragen und die Bitten der Akha an 125

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

die Besucher weiterzugeben. Meist hat er Medikamente bei sich, die er bei Bedarf an kranke Dorfbewohner weitergibt. Er ist 23 Jahre alt und hat besonders gute Verbindungen zu den Akha seines Alters, die er abends bei den Besuchen der Touristen auf eine Flasche Reisschnaps einlädt. Die Akha wissen diese Gesten zu schätzen und Senpeth ist der Meinung, dass auch die Touristen von seinen guten Verbindungen profitieren. Sein Wissen über die Akha hat er sich nicht nur im Guide-Training, sondern auch während seiner Besuche in den Dörfern angeeignet. Ihm ist aufgefallen, dass die Touristen immer wieder Fragen zur Kultur der Akha stellen, auf die er keine Antwort weiß. Daher nutzt er die gemeinsamen Abende mit den Jugendlichen auch, um mehr zu erfahren und ein „besserer Guide“ zu werden.

Fallbeispiel Manager des Muang Sing Tourism Office Bounthans Familie kommt aus Luang Namtha, er selbst hat in Vientiane an einer Business School Management und Englisch studiert. Einer seiner Verwandten arbeitete in Luang Namtha bei dem Projekt der UNESCO und bot ihm dort eine Stelle im Büro an. Schließlich wurde er Manager des Tourism Office in Muang Sing und ist dort für die Organisation der Trekkings verantwortlich. Da er nie an einem Guide-Training teilgenommen hat, fällt es den Guides schwer, ihn als Vorgesetzten zu akzeptieren. Bounthan ist davon überzeugt, dass das Projekt so wie es ist, gut läuft. Über die Dörfer weiß er nur das, was in den Projektbeschreibungen steht und was er bei einigen von ihm geführten Trekkings gesehen hat. Die Akha sind ein sehr armes Volk und daher ist es gut, dass ihnen dieses Tourismusprojekt hilft. Seiner Meinung nach sollte man nur noch mehr Werbung betreiben um mehr Touristen mit diesem Produkt zu erreichen. Er hält es für keine gute Idee, dass einige jüngere Akha als Guides arbeiten wollen. Sie sind dafür einfach nicht gebildet genug und könnten höchstens als Träger oder Koch anderen Guides zur Hand gehen. Für den zukünftigen Tourismusmarkt in Muang Sing spielen die Dörfer der Akha aus seiner Sicht nur eine marginale Rolle. Die Akha werden nicht mehr lange in den Bergen leben dürfen, und zerstören jedes Jahr mehr ihren eigenen Lebensraum durch Brandrodungsfeldbau. Außerdem sind die Touristen mehr und mehr davon enttäuscht, dass die Akha nicht mehr ihren Vorstellungen entsprechen. Die Menschen tragen zum Teil T-Shirts und moderne Kleidung vom Markt, in einigen Dörfern gibt es Elektrizität und sogar Fernseher. Er hat das Problem bei einigen Akha angesprochen, doch diese zeigten sich nur wenig beeindruckt. Daher denkt er bereits über alternative Tourismusformen nach. Von seinen eigenen Reisen in Thailand weiß er, dass Touristen sich gerne sportlich betätigen, in der Wildnis campen, an Kochkursen teilnehmen oder historische Stätten besuchen. Auch 126

AKTEURE

Internetcafés und Souvenirläden sind für die touristische Infrastruktur von Muang Sing seiner Meinung nach wichtig.

Akha – verschiedene Rollen im Tourismusfeld Akha nehmen im Tourismusfeld Muang Sing sehr unterschiedliche Rollen ein, die eng mit Eigen- und Fremdwahrnehmung verknüpft sind. Es gibt in der Gesellschaft der Akha Regeln für den Umgang mit Gästen des Dorfes, die sowohl für Akha als auch andere Fremde gelten – und für den Umgang mit Tourismus Orientierung geben. Ein Fremder sollte ein Akha-Dorf über den Hauptweg betreten, sodass er an den symbolischen Dorftoren, den lakha vorbeikommt. Sofern es sich nicht um einen Verwandten eines Dorfbewohners handelt, wird der Fremde im Haus des Naiban zu einem Glas Tee geladen. Der Gastgeber versucht so schnell wie möglich ein warmes Mahl zuzubereiten und isst gemeinsam mit seinem Gast. Anschließend trinkt man gemeinsam mit dem Gastgeber cibeu (Reisschnaps). Wenn der Gast über Nacht bleibt, wird ihm eine Schlafstätte auf der Männerseite neben dem Hauseingang zurecht gemacht. Die Frauen des Hauses, meistens die jüngeren Töchter oder Schwiegertöchter, massieren den Gast. Bevor ein Gast das Dorf wieder verlässt, wird ihm – insofern er nicht selbst bereits danach gefragt hat – etwas zum Verkauf angeboten, wie etwa Honig, Wild, Tee, cibeu oder aber auch Medizin, die aus Kräutern und Knochen oder Innereien bestimmter Tiere stammt. Auch die ersten Touristen, die gemeinsam mit Guides in die Dörfer der Akha kamen wurden auf diese Art und Weise empfangen. Manchmal boten sie ihrem Gastgeber Bezahlung für Unterkunft und Verpflegung an oder hatten Gastgeschenke für das Dorf dabei. Es gab jedoch einige Fälle, bei denen Besucher die Gastfreundschaft der Akha auch über mehrere Tage hinweg in Anspruch nahmen ohne sich auf irgendeine Weise erkenntlich zu zeigen. Einige Touristen sorgten zudem in der Region Muang Sing für Verärgerung, weil sie nicht nur die lakha-Tore berührten, sondern die Figuren und Schnitzereien für Fotos umstellten und zurechtrückten. Die wütenden Dorfbewohner verlangten eine Entschädigung und dass die Touristen für die Kosten einer zeremoniellen Reinigung aufkommen, wozu diese nicht bereit waren. In einigen Dörfern häuften sich diese Fälle, sodass nachkommende Besucher davon gejagt wurden. Diese Probleme sollten im gemeindeorientierten Tourismus nicht mehr auftauchen. Die Akha übernehmen in der Planung des Projektes die Rolle der Gastgeber. Sie haben mit Hilfe des Tourism Office eine Hütte zur Unterbringung der Touristen gebaut und jede Familie ist abwechselnd dafür verantwortlich und wird dafür bezahlt, die Hütte sauber zu halten und für abgekochtes Wasser zu sorgen. Sie sollen dem Guide vor Ort bei der Zubereitung des Essens helfen und bei einer Führung durch das Dorf zur Seite stehen. Die Dorf127

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

bewohner können zusätzlich Geld verdienen, indem sie den Guides Gemüse, Fleisch, wilden Honig oder cibeu verkaufen. Nachdem die Touristen zu Abend gegessen haben, kommen die Frauen und Mädchen des Dorfes vorbei und bieten eine traditionelle Massage an, für die sie anschließend vom Guide bezahlt werden. Für gewöhnlich sind es auch die Frauen, die kleine Souvenirs wie Wollketten, Armbändchen oder Kleidungsstücke zum Verkauf anbieten.

Fallbeispiel Naiban eines Projektdorfes Mapah, 46 Jahre alt, ist ältester Sohn von achtzehn Geschwistern, die zusammen die einflussreichste Lineage im Dorf Ban Kao bilden. Obwohl er seit einem Jagdunfall opiumabhängig ist, hat er im Dorf und auch bei Behörden in Muang Sing den Ruf eines starken, wenn auch starrsinnigen Dorfvorstehers. Die Veränderungen im Tal und in den Dörfern in den Bergen beobachtet er mit gemischten Gefühlen. Es ist auch in seinem Dorf viel Gutes passiert in den letzten Jahren. Das Dorf konnte sich ohne fremde Unterstützung eine kleine Wasserturbine leisten, mit deren Hilfe jeder Haushalt genug Strom hat um nachts ein oder zwei Glühbirnen brennen zu lassen. Die GTZ hat drei Brunnen im Dorf gebaut und geholfen, eine kleine Schule zu errichten. Es hat gedauert, bis der laotische Lehrer seinen Posten antrat und den Kindern des Dorfes endlich Laotisch, Mathematik, Schreiben und Lesen beibrachte. Auch die jungen Männer haben die Situation genutzt und in den Abendstunden bei Kerzenschein in der Schule Schreiben gelernt. Mapah selbst spricht schlecht Laotisch, kann weder schreiben noch lesen und ist auf die Hilfe des Lehrers oder seines jungen Bruders angewiesen, wenn wieder ein Brief der Regierung oder der GTZ ankommt. Einen seiner Söhne möchte er in ein Internat schicken um ihn dort gut ausbilden zu lassen. Er könne dann den Kontakt mit den Behörden regeln und zum Vermittler werden. Die anderen Kinder sollen im Dorf bleiben, denn die Familien brauchen ihre Unterstützung bei der Feldarbeit, beim Fischen und bei der Jagd. Die Lage ist für die Akha in den letzten Jahren viel ernster geworden. Der Naiban konnte sehen, wie immer mehr Dörfer in die Täler gezogen sind und dort neuen Krankheiten ausgesetzt waren. Ohne die Möglichkeit Reis anzubauen begannen einige, als Tagelöhner auf den Feldern der Laoten und Chinesen zu arbeiten. Nur wenige Akha sind im Tal mit der neuen Situation zurechtgekommen, sie können sich nicht mehr selbst ernähren und sind auf äußere Hilfe angewiesen. Den Laoten und anderen ethnischen Gruppen sind die Akha in den Tälern hoffnungslos unterlegen, vor allem da sie kaum Laotisch sprechen. Daher steht der Entschluss des Naiban fest: Solange er es verhindern kann, wird sein Dorf bleiben wo es ist und die Familien werden weiterhin Reis und Gemüse anbauen und Vieh züchten. Nur wenn sie sich aus eigener Kraft ernähren können, haben sie die Möglichkeit, weiter unabhängig zu leben. Sorgen machen ihm allerdings die Bestimmungen der Regierung, die Brandrodungsfeldbau und Opium verbieten wollen. Wirklich opiumabhängig 128

AKTEURE

sind nur eine handvoll älterer Männer, und noch können sie ihr Opium selbst produzieren. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie keinen Mohn mehr anbauen können und auf Medikamente aus Muang Sing angewiesen sind, um die üblichen Krankheiten zu behandeln. Vielleicht gibt es Hilfe vom Projekt, aber das ist nicht sicher. Auch die Touristen, die sein Dorf mit den Guides besuchen, bringen dem Dorf nicht so viele Einnahmen wie er es sich erhofft hatte. Was sein Dorf braucht ist eine befahrbare Straße nach Muang Sing. Dann würden sie sich einen kleinen Traktor kaufen und könnten schneller und leichter zum Markt gelangen um dort Gemüse zu verkaufen. Die chinesischen Händler würden öfter ins Dorf kommen, man könnte gut mit ihnen Handel betreiben. Außerdem könnten dann mehr Touristen bequem ins Dorf gebracht werden. Eine Straße bedeutet, dass sein Dorf nicht mehr zum Markt gehen muss, sondern dass der Markt zum Dorf kommt.

Fallbeispiel Souvenirverkäuferin Maesy ist ungefähr vierzig Jahre alt und lebt in einem der Dörfer, die eine Stunde von Muang Sing entfernt in der Nähe der Straße nach China liegen. Nur wenige Familien in ihrem Dorf besitzen eigene Reisfelder, und selbst hier waren die Ernten in den letzten Jahren schlecht. Die meisten müssen ihren Reis in Muang Sing kaufen. Geld verdienen die Familien auf den Feldern chinesischer Grundbesitzer, die die Arbeit mit 15.000 Kip am Tag belohnen. In ihrem Dorf sind viele Männer opiumabhängig, auch junge Männer, selbst einige Frauen. Die Männer werden sehr schwach durch ihre Abhängigkeit und sitzen den ganzen Tag im Dorf. Einige Männer ihres Dorfes halten sich tagsüber in Muang Sing auf, sie trinken dort Bier und warten, ob sie nicht für kleinere Tätigkeiten gebraucht werden. Immer wieder wird jemand krank und muss in das Krankenhaus in Muang Sing. Dort gibt es fast nur AkhaPatienten, denn die reicheren Laoten und Tai fahren nach China um sich dort in modernen Krankenhäusern behandeln zu lassen. Doch für die Akha ist bereits das Muang Sing Krankenhaus sehr teuer. Vor einigen Jahren kamen zum ersten Mal Europäer nach Muang Sing um bei den Akha Opium zu rauchen. Sie kamen auch in ihr Dorf, einige blieben dort für mehrere Tage bei einer Familie. Diese Gäste waren reich und manchmal großzügig. Sie zahlten viel für das Opium, brachten Gastgeschenke, kauften den Familien Medikamente und Nahrungsmittel, begleiteten sie ins Krankenhaus oder luden das ganze Dorf zu Bier und Schnaps ein. Mitarbeiter einer christlichen Hilfsorganisation kamen in ihr Dorf und zeigten den Frauen, wie man kleine Souvenirs für Touristen herstellt. Die Frauen sammeln alte Getränkedosen und stechen daraus kleine silberne Plättchen, die denen an ihrem Kopfschmuck ähneln. Sie besticken kleine schwarze Baumwollstreifen mit diesen Plättchen und mit bunten Perlen oder Hiobstränen, und verkaufen sie als Armbändchen an Touristen. Mit der Zeit fingen die 129

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Frauen an, kleine Taschen zu schneidern, Gürtel und Kopfbedeckungen. Fast jeden Tag fährt Maesy nach Muang Sing und wartet dort auf die Busse, in denen meistens auch ein oder zwei Touristen sitzen. Sie läuft ihnen manchmal minutenlang hinterher und streckt ihnen ihre Armbändchen entgegen. Manchmal tritt sie auch an einen der Tische in den Restaurants und versucht dort ihr Glück. Im Jahr verdient sie ungefähr 50 US-Dollar durch die Souvenirs, das reicht, um Reis, Gemüse und ab und zu Eier für ihre Familie zu kaufen. Ihr Mann sorgt nicht mehr für sie, er ist in ein anderes Dorf gezogen und hat dort eine andere Frau geheiratet. Ihr Sohn lebt mit seiner jungen Frau und dem ersten Kind bei ihr, ebenso ihre junge Tochter. Die Mädchen im Dorf sehen aus wie moderne Laotinnen, sie tragen den sinh, den laotischen Rock, aber lieber noch Jeans. Die traditionelle Kopfbekleidung, für die die AkhaFrauen so berühmt sind, trägt von den jungen Frauen keine mehr, denn das ist zu warm und zu unbequem. Maesys Tochter träumt davon, einen Laoten zu heiraten oder besser noch, einen der Europäer, die ihre Mutter manchmal mit nach Hause bringt. Auf keinen Fall möchte sie wie ihre Mutter Souvenirs an Touristen verkaufen. Für Maesy sind die Touristen jedoch eine Möglichkeit, sich und ihre Familie über Wasser zu halten und sich ein paar Annehmlichkeiten des laotischen Lebens zu leisten.

Begegnung der Akteure Im Tourismusfeld Muang Sing begegnen sich die Akteure auf verschiedenste Weise. Nicht jeder soziale Akteur hat zu den anderen gleich intensive Begegnungen, einige Akteure kommunizieren häufig miteinander, andere haben nie Kontakt. Die bereits vorgestellten Projektmitarbeiter und Initiatoren des gemeindeorientierten Tourismus arbeiten und leben nur für einen begrenzten Zeitraum in Muang Sing. Da sie auch auf der Makroebene präsent sind reisen sie viel und halten sich im Gegensatz zu den anderen sozialen Akteuren oft in verschiedenen Regionen auf, wie etwa der Hauptstadt Vientiane. Dies beeinflusst natürlich die Häufigkeit und die Intensität der Begegnungen mit anderen sozialen Akteuren. Die Kommunikation der Projektmitarbeiter untereinander wird zum einen durch geplante Treffen und Besprechungen geregelt, zum anderen gibt es hier auch informelle Gelegenheiten wie etwa ein gemeinsames Essen, bei denen Projekte besprochen werden. Im Gegensatz zu den anderen sozialen Akteuren nutzen die Projektmitarbeiter auch technische Kommunikationsformen wie etwa Telefon, Fax und Internet um sich miteinander auszutauschen. Die ersten Begegnungen der Projektmitarbeiter mit anderen sozialen Akteuren in Muang Sing waren wohl die Trainings der GTZ für Guides. Die Projektmitarbeiter unterrichteten selber und begleiteten die Trainees auf ihren ersten Probe-Trekkings. Dadurch entstand zu einigen der Guides eine Art Lehrer130

AKTEURE

Schüler-Verhältnis. Dies macht sich auch eineinhalb Jahre später noch bemerkbar, wenn die Projektplaner nach Muang Sing kommen. Für Projektmitarbeiter gab es in der Planungs- und Implementierungsphase von gemeindeorientiertem Tourismus nur wenige Gelegenheiten, um mit den Akha in Kontakt zu treten. Es gab keine Trainings oder Workshops in den Dörfern wie es sonst bei anderen Projekten üblich war, und somit wurde der Kontakt zu den Zieldörfern den Guides überlassen. Damit stellen die Guides für die Kommunikation im Projekt eine Art Dreh- und Angelpunkt dar. Sie gehen regelmäßig in die Dörfer der Akha und haben dabei die Möglichkeit, sich mit ihnen über das Projekt zu unterhalten. Die Guides sind außerdem Ansprechpartner der Touristen und sind deren Verbindungsglied zu den Dorfbewohnern. Stellt man den Kommunikationsfluss im Tourismus in Muang Sing graphisch dar, so wird offensichtlich, welche entscheidende Position die Guides in diesem Feld einnehmen (siehe Abb. 6). Dem gegenüber steht die Position der Akha, die im Projekt auf die Guides als Vermittler angewiesen sind. Die Möglichkeit, innerhalb des Tourismusfeldes mit anderen Akteuren zu kommunizieren sind – zumindest von der Position der Akha aus gesehen – stark eingeschränkt.

Abbildung 6: Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion zwischen den verschiedenen sozialen Akteuren des Tourismusfeldes Muang Sing. Quelle: Eigene Darstellung

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MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Die marginalisierte Lage der Akha innerhalb dieses Kommunikationsmodells spiegelt auch ihre Stellung in der laotischen Gesellschaft wieder. Dies zeigt sich auch, wenn man exemplarisch die Qualität der Beziehungen der individuellen Akteure betrachtet, wie sie in Tabelle 5 in einer Gegenüberstellung dargestellt sind. AKTEURE Schmidt Foster Naiban Maesy Khampone Senpeth Bounthan CN

Schmidt Foster Naiban Maesy -++ ++ --++ ++ -+ ++++ +++ + + ++++ +++ + + ++ ++ + ++ + ++++ +++

Khampone + ++++ +++ + -++++ ++++ +++

Senpeth Bounthan CN + + ++ ++++ ++ + +++ ++ ++++ + + +++ ++++ ++++ +++ -++++ +++ ++++ -+++ +++ +++ --

Tabelle 5: Begegnungen im Tourismusfeld Muang Sing am Beispiel ausgewählter Akteure (+ persönliche Interaktion/ sind sich begegnet; ++ Gespräche und Meinungsaustausch; +++ gemeinsame Arbeit, Gespräche, Meinungsaustausch, regelmäßiges Treffen; ++++ kennen sich sehr gut, intensiverer Kontakt über längeren Zeitraum, phasenweise tagtäglicher Kontakt z. B. bei gemeinsamen Trainings); Darstellungsform (symmetrische Matrix) in Anlehnung an Schnegg/Lang (2002: 9) Die Anzahl der Symbole verdeutlicht die auf Beobachtungen und Interviews basierende Einschätzung der Qualität der Beziehung zu einem anderen Akteur innerhalb des Tourismusfeldes. Hier fällt auf, dass einige Akteure, wie etwa die Guides Khampone und Senpeth über viele und auch intensive Kontakte innerhalb des Tourismusfeldes verfügen. Dies erklärt sich aus der Position des Vermittlers im gemeindeorientierten Tourismus. Andere hingegen, wie die Souvenirverkäuferin Maesy und der Naiban, beide Akha, haben im Tourismusfeld wenig persönliche Interaktionen mit Akteuren anderer Ebenen. Hier spiegelt sich die marginale Position, die sie in der gesellschaftlichen Struktur Muang Sings einnehmen, wieder. Auffällig ist ebenfalls, dass Schmidt als Vertreter des Entwicklungsprogramms in Muang Sing zu jenen Akteuren zählt, die über wenig persönliche Kontakte mit anderen Akteuren des Tourismusfeldes verfügen. Auch dies erklärt sich durch häufige, berufsbedingte Abwesenheit vom Tourismusfeld Muang Sing, aber auch durch die eigene Verortung, die eine intensivere Interaktion mit den übrigen Akteuren nicht notwendig erscheinen lässt. Die Schnittstellen im Tourismusfeld entstehen in den Situationen, in denen Akteure bzw. verschiedene Ebenen aufeinandertreffen. Die Kommunikationsstrukturen innerhalb des Tourismusfeldes können somit als erster Anhaltspunkt für Schnittstellen, und damit auch für die Analyse entstehender Konflikte, herangezogen werden.

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AKTEURE

Abbildung 7: Graphischer Überblick über die einzelnen sozialen Akteure und ihre Verortung innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing; Quelle: Eigene Darstellung 133

5. L EBENSWELTEN UND T OURISMUSWELTEN IN M UANG S ING Im vorhergehenden Kapitel wurden exemplarisch soziale Akteure und ihr Blick auf das Tourismusfeld in Muang Sing dargestellt. Dabei wurde bereits erkennbar, dass es bei den lokalen Akteuren in Muang Sing unterschiedliche Positionierungen in Bezug auf Tourismus gibt, dass sie Teil sehr verschiedener Ebenen innerhalb des Tourismusfeldes sind. Auch in der Grafik, die einen Überblick über Kommunikationsflüsse in Muang Sing gibt (Abb. 6, siehe auch Abb. 7), wird eine Einteilung in Akteure unternommen, die am gemeindeorientierten Tourismus beteiligt sind, und solchen, die es nicht sind. Nicht alle Akhadörfer in der Umgebung von Muang Sing können am Projekt gemeindeorientierter Tourismus teilnehmen, trotzdem sind sie touristisch aktiv. Die Art und Weise, wie sie touristisch aktiv sind und ihre Tourismuswelt schaffen dient den sozialen Akteuren des gemeindeorientierten Tourismus als Gegenentwurf zu ihren eigenen Aktivitäten im Tourismusfeld, von ihnen muss sich das Projekt abgrenzen und abheben. Diese Prozesse der Abgrenzungen sollen im Folgenden genauer untersucht werden. Entlang dieser Abgrenzungsprozesse entsteht für die Analyse des Tourismus eine Zweiteilung des Tourismusfeldes Muang Sing in Projekt und Nicht-Projekt, in Zielgruppe und Nicht-Zielgruppe, in wünschenswerten, nachhaltigen Tourismus und unkontrollierbaren und damit problembehafteten Tourismus. Soziale Akteure innerhalb des Projektes legitimieren „ihre“ Art von Tourismus gegenüber den Tourismusformen nicht am Projekt beteiligter Gruppen. Außer dieser Zweiteilung ist jedoch noch ein anderer, mikroskopischer Blick auf das Tourismusfeld Muang Sing möglich, der für das Verständnis von Handlungen der Akteure notwendig ist. Mit ihrem unterschiedlichen Blick auf das Tourismusfeld sowie die Bedeutung, die Tourismus für das eigene Leben einnimmt, haben die Akteure auch eine jeweils eigene, spezifische Tourismuswelt, die eng mit der Lebenswelt des sozialen Akteurs verknüpft ist. In Anlehnung an Longs Konzept der Lebenswelten sollen im Anschluss an Ausgrenzungsprozesse die Tourismuswelten der Akteure dargestellt werden.1

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Von Interesse sind für diese Arbeit vor allem jene Tourismuswelten, die in Zusammenhang mit dem Projekt gemeindeorientierter Tourismus gesehen werden müssen. Tourismuswelten wie etwa die von Hotel- und Restaurantbesitzern sollen im Folgenden außer Acht gelassen werden. 135

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Ausdifferenzierung im Tourismusfeld Muang Sing Die am gemeindeorientierten Tourismus beteiligten Akteure betonten in Gesprächen, dass die Tourismussituation in Muang Sing vor dem Start des Projektes nicht haltbar war und in den Akhadörfern großen Schaden angerichtet hätte. Dies kommt auch in der folgenden Interviewpassage zum Ausdruck: „Before, only illegal guides came to the Akha village. This damaged culture: the tourists brought candies and distributed money; so people became beggars. Now we collect the money for big festival or if people get sick. The chief is controlling the money. The guide is like a cultural ambassador. […] We help them because we go to visit them and they are poor people, so we want to help them. They get the money from the trekking and additional help.“ (Bounthan, 02.02.04)

Mit Beginn des Projektes gewann das Tourismusfeld in Muang Sing nicht nur eine neue Form von Tourismus hinzu, sonder es entstand aus Sicht der beteiligten Akteure auch eine starke Dichotomie zwischen der bestehenden und der neuen Tourismusform. Alle touristischen Aktivitäten, die nicht in Verbindung mit dem Projekt und dem Tourism Office standen, waren nach dem ersten Guide-Training in erster Linie illegal. Vor allem die Guides, die am Projekt teilnahmen, betonten gegenüber anderen Akteuren, dass nur die von ihnen angebotenen Touren legal, und damit auch ökologisch vertretbar, nachhaltig, sozial verträglich und vor allem kontrolliert seien. Dementsprechend wird ein Gegenbild entworfen, dass die exakte Antithese zu gemeindeorientierten Tourismus darstellt. Touristische Aktivitäten, die nicht mit dem Tourismusprojekt in Einklang stehen, werden als illegal und nicht nachhaltig bezeichnet, sie zerstören die Kultur und das soziale Gefüge der Akha, seien für das Ökosystem schädlich, öffneten dem Drogenmissbrauch Tür und Angel und ließen sich nicht kontrollieren (s. Tabelle 6).

Gemeindeorientierter Tourismus ― ― ― ― ―

legal nachhaltig und ökologisch vertretbar wirtschaftlicher Profit für alle Beteiligten kontrolliert alternative Einkommensquelle zu Opium und Brandrodungsfeldbau

andere Tourismusformen ― ― ― ― ―

illegal zerstört Kultur, gesellschaftliche Strukturen, Umwelt ungerechte Verteilung von Einkommen unkontrolliert fördert Opiummissbrauch

Tabelle 6: Gegenüberstellung von Schlagwörtern, die von Guides und Projektmitarbeitern für gemeindeorientierten Tourismus und andere Tourismusformen genannt wurden

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LEBENSWELTEN

Auf diese Dichotomien greifen Akteure in ihrer Beschreibung touristischer Prozesse in Muang Sing und Argumentation immer wieder zurück, vor allem, wenn es darum geht, gemeindeorientierten Tourismus gegenüber nicht beteiligten Akteuren zu legitimieren.

Abgrenzung durch das Tourism Office in Muang Sing Für Mitarbeiter des Tourism Office ist es wichtig, die Abgrenzung der Tourismusformen in Muang Sing zu verdeutlichen. Immer wieder kommen Touristen in das Office und erkundigen sich nach Land- und Straßenkarten sowie den umliegenden Dörfern der verschiedenen ethnischen Minderheiten. Guides interpretieren diese Anfragen als Absicht, auf eigene Faust in die Dörfer aufbrechen zu wollen und damit auf die Dienstleistungen des Tourism Office zu verzichten. Daher geben Guides und der Manager des Tourism Office entweder ausweichende Antworten, oder verweigern jegliche Auskunft: „You can not go there! Only with the trekking group.“ Einige Mitarbeiter weisen die Touristen darauf hin, dass es für sie schwere Folgen haben könne, wenn sie ohne Guides in eines der Dörfer gehen würden. Die im Office aushängenden Karten der Umgebung sind zudem möglichst abstrakt gehalten, sodass sie als Orientierung keine wirkliche Hilfe anbieten. Ein Tourist berichtete, ein Guide hätte ihn aufgefordert, das Office zu verlassen weil er eine der Karten mit dem Namen einiger Akhadörfer kopierte und damit im Verdacht stand, ohne einen legalen Guide aufbrechen zu wollen. Im Tourism Office selbst hängen mehrere, von den Mitarbeitern selbstgemalte Schilder, die die Touristen darauf hinweisen, dass sie keine illegalen Guides engagieren sollen. Die Aushänge betonen, dass illegale Guides ebenso wie Drogenbesitz von den Behörden verboten seien. Auch in den Herbergen in der Stadt hängen diese Schilder und erinnern alle Besucher daran, dass nur die vom Tourism Office angebotenen Trekkingtouren legal sind. Einige der Guides weisen auch die Dorfbewohner immer wieder darauf hin, dass sie keine Touristengruppen akzeptieren dürfen, die nicht vom Tourism Office kommen. Neu und überraschend für die Guides und das Tourism Office sind Bemühungen von Seiten der Dorfbewohner, selbst als Guide tätig zu werden. Bei einer meiner ersten Besuche in Ban Kao wurde ich von Noi begleitet, die nicht nur als Assistant Guide sondern auch im Tourism Office selbst arbeitete. Bei einem Gespräch mit den Söhnen des Naiban von Ban Kao erzählte einer von ihnen, Pahmeu, er hätte vor kurzem einen deutschen Touristen und dessen laotischen Freund begleitet und dabei gegen Bezahlung das Gepäck getragen. Noi erschrak sichtlich und bemerkte: „He cannot do this! It is not legal!“ Sie versuchte Pahmeu davon zu überzeugen, dass er keine Touristen begleiten dürfe. Pahmeu ließ sich von Noi nicht beeindrucken, worauf-

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hin sie sich wieder an mich wendete: „My boss cannot know! If my boss knows, he will get very angry! He cannot tell this to people!“2 Pahmeu nahm nicht nur seine Rolle als Mitglied einer gastgebenden Dorfgemeinschaft wahr, sondern versuchte sich als illegaler Guide. Das Ungewöhnliche an dieser Situation war, dass nun auch Akteure wie Pahmeu, die eigentlich bereits am gemeindeorientierten Tourismus beteiligt waren, außerhalb des Projektes im Tourismusfeld aktiv wurden. Vor allem die Guides, die auch Büroarbeiten im Tourism Office verrichteten, sahen es als ihre Aufgabe an, „wilde“ Guides, Dorfbewohner und Touristen auf illegale Tourismusformen anzusprechen und für die Ideen des Tourism Office zu gewinnen. Dabei beanspruchen die Guides und das Tourism Office die Position der einzig legalen Tourismusform in Muang Sing für sich und legitimieren damit ihr Eingreifen in andere Tourismusformen. Oft sind es Touristen, die den Guides Hinweise über „wilden“ Tourismus geben. Dies geschieht meist unbeabsichtigt, wenn Touristen etwa versuchen, die Preise für die Trekkingtouren zu verhandeln und das Argument „Ein anderer Guide hat mir einen niedrigeren Preis angeboten“ vorbringen. Die Mitarbeiter des Tourism Office versuchen dann, Näheres über diese Aktivitäten in Erfahrung zu bringen und den illegalen Guide zur Rede zu stellen. Die Touristen führen den Mitarbeitern mit Hinweisen auf zu hohe Preise immer wieder vor Augen, dass das Tourism Office mit anderen Akteuren in Konkurrenz steht: Nicht nur illegale Guides werben wie das Tourism Office mit dem Besuch der Akha-Dörfer, sondern auch die Akha-Frauen, die in Muang Sing Souvenirs verkaufen und Touristen Übernachtungen in ihren Dörfern anbieten. Damit stellen die Akteure alternativer Tourismusformen für das Tourism Office eine ernstzunehmende Konkurrenz dar. Unkontrollierter Tourismus zerstört aus Sicht von Projektmitarbeitern und Guides das Image von Muang Sing und wirkt sich damit negativ auf zukünftige Touristenankünfte aus. Damit stellen die Akteure, die nicht am Projekt beteiligt sind, aber trotzdem von Tourismus profitieren nicht nur eine Konkurrenz um die Ressource „Tourist“ im Hier und Jetzt dar, sondern werden auch als Bedrohung des gesamten zukünftigen Tourismusfeldes wahrgenommen.

Bemühungen der Institutionen und Projektmitarbeiter Die Projektmitarbeiter nahmen unkontrollierten Tourismus ebenfalls als Problem wahr und unterstützen das Tourism Office in seinen Bemühungen. Auch hier sollten Experten helfen, die Situation besser in den Griff zu bekommen. Auf der einen Seite wurde versucht, die Touristen durch Poster und Broschüren für das Thema zu sensibilisieren und für legalen Tourismus zu gewinnen. Auf der anderen Seite versuchte man, illegale Guides für die Teilnahme an 2

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„Mein Chef (der Manager des Tourism Office) darf das nicht erfahren. Wenn er es erfährt, wird er sehr wütend. Er [gemeint ist Pahmeu, Anmerkung CN] darf das niemandem erzählen!“

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Trainings zu überreden und sie damit an das Tourism Office anzugliedern. Auch die Souvenirverkäuferinnen in Muang Sing sollten in einen regulierten Tourismus in Muang Sing integriert werden indem das Tourism Office ihnen Verkaufsflächen auf dem Markt und an der Hauptstraße von Muang Sing anbot. Ein zusätzlicher Versuch, die Touristen an einem unbegleitetem Besuch in den Dörfern zu hindern bestand darin, dass das Tourism Office sowie die Distriktbehörden den Verleih von Fahrrädern verboten. Diese Regelung konnte sich in Muang Sing jedoch nicht durchsetzen, bereits nach einem Monat wurden die ersten Fahrräder wieder vermietet und mittlerweile ist sogar einer der Guides in das lukrative Geschäft eingestiegen und vermietet seine Fahrräder direkt vor dem Tourism Office. Die unterschiedlichen Strategien der Akteure der legalen Tourismusform bestehen somit vor allem aus dem Versuch, andere Aktivitäten im Tourismusfeld mit den Regeln der eigenen Tourismusform in Einklang zu bringen – oder zumindest Kontrolle über illegale Formen zu erhalten. Diese Strategien liegt die Ausdifferenzierung des Tourismusfelds entsprechend der Kriterien nachhaltiger Tourismusformen zugrunde.

Wahrnehmung in Dorfgemeinden In den Dörfern der Akha ist ein gewisses Bewusstsein für die Ausdifferenzierung des Tourismusfelds in verschiedene Tourismusformen vorhanden, allerdings sind sich die Akha in einigen Dörfern nicht sicher, wann die Besuche der Touristen legal sind, und wann nicht. Dies wurde mir durch ein Gespräch mit dem Naiban von Ban Ho, eines Akha-Dorfes, das gelegentlich von Guides mit Touristen bei Ein-Tages-Touren besucht wurde, deutlich. Das Dorf wird immer wieder von Touristen besucht, erzählte er, manche kommen in Begleitung von Guides, manche auch alleine. Da das Dorf ungefähr zwei Stunden Fußmarsch von Muang Sing entfernt ist und ein großer Teil der Strecke auch mit einem Fahrrad, Auto oder Motorrad zurückgelegt werden kann, ist Ban Ho auch für Touristen ohne Begleitung von Guides erreichbar. Das Tourism Office hat dieses Dorf nur als Durchgangsstation vorgesehen, Übernachtungen sind also offiziell nicht geplant oder mit den Dorfbewohnern abgesprochen. Trotzdem übernachten immer wieder Touristen in diesem Dorf, auch in Begleitung von Guides. Da es allerdings kein Gästehaus gibt, übernachten die Besucher im Haus des Naiban oder seines Stellvertreters. Die Touristen zahlen dann 10.000 Kip, und erhalten eine Massage für 5.000 Kip. Da die Touristen ihre ganze Nahrung aus Muang Sing mitbringen, verkaufen die Dorfbewohner ihnen meistens nur etwas Reis. Der Naiban äußerte sich zu dieser Situation positiv: „So wie es jetzt ist, finde ich es ganz gut. Wenn mehr Touristen kommen, ist das auch kein Problem. Sie bezahlen ja schließlich alle. Bisher ist es noch nie vorgekommen, dass ein Tourist nicht bezahlt hätte. Das wäre auch ungerecht, denn 139

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? schließlich übernachten sie hier, sie essen Reis und bekommen eine Massage. Dafür sollten sie auch zahlen.“ (Naiban Ban Ho, 27.04.04)

Die einzigen Probleme, die das Dorf bisher mit Touristen hatte, tauchten dann auf, wenn diese ohne „Pass“ und ohne Begleitung von Guides in das Dorf kamen, also ohne eine offizielle Erlaubnis der Distriktbehörde. Der Naiban erklärte, dass er in solchen Fällen große Probleme mit den Behörden und der Polizei bekäme. Daher schicke er die Besucher wieder weg, nur in einigen Ausnahmefällen habe er erlaubt, dass sie bleiben. Aber er betonte, dass diese Art von Besuchen „nicht gut“ seien und Ärger bedeuteten – im Gegensatz zu jenen, die von Guides begleitet werden. Hier wird deutlich, dass die Anwesenheit von Guides für den Naiban gleichbedeutend mit einer Erlaubnis der Behörden war, auch wenn das Dorf nicht offiziell zu jenen gehört, in denen Touristen über Nacht bleiben dürfen. Viele Bewohner der Akha-Dörfer rund um Muang Sing sind über die Strukturen des gemeindeorientierten Tourismus wenig informiert. Sie haben jedoch durch entsprechende Hinweise von laotischen Beamten und Guides durchaus Kenntnis davon, dass es sowohl legale als auch illegale Tourismusformen gibt. Welche touristischen Aktivitäten „in Ordnung“ und welche „nicht in Ordnung“ sind, wird von Dorfbewohnern nicht danach beurteilt, ob das Dorf offiziell am gemeindeorientierten Tourismus teilnimmt und entsprechende Abmachungen mit dem Tourism Office hat; entscheidend ist vielmehr, ob die Touristen von legalen Guides begleitet werden oder nicht. Ob ein Dorf sich auch auf Touristen einlässt, die ohne offizielle Genehmigung kommen, hängt beispielsweise davon ab, wie riskant die Situation von den Dorfbewohnern eingeschätzt wird. Bei den Dörfern hoch oben in den Bergen ist die Wahrscheinlichkeit einer nächtlichen Polizei-Razzia, bei der nicht gemeldete Touristen entdeckt werden könnten, gering. Dörfer, die in der Nähe von Muang Sing siedeln, werden stärker kontrolliert und nehmen ein größeres Risiko in Kauf. Heute ist es einigen Dorf-Vorstehern in GTZ-Dörfern gelungen, sich von sich aus für eine Teilnahme beim Tourism Office „zu bewerben“ und dadurch Zugang zu gemeindeorientiertem Tourismus zu erhalten. Besonders erfolgreich war das Dorf Ban Botseu, das eigentlich nur von Touristen auf der Durchreise nach Ban Puo zur Mittagspause besucht wird. Der Naiban und sein Sohn empfingen die Touristen regelmäßig zum Essen in ihrem Haus und konnten sich dabei als gute Gastgeber beweise. Zu den Guides wurden gute Beziehungen geknüpft und nach Verhandlungen mit dem Manager des Tourism Office wurde im Sommer 2004 auch hier eine Gästehütte für Übernachtungen gebaut. Durch den Beginn des Tourismusprojektes wurde das Tourismusfeld Muang Sing neu strukturiert. Hatten lokale Akteure zuvor vor allem entsprechend eigener Ziele gehandelt, so gab es nun ein Bündel an neuen, institutionalisierten Regeln, an denen sich Akteure orientieren konnten und die das Tourismusfeld in eine neue Ordnung brachten. 140

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Sowohl im legalisierten, gemeindeorientierten Tourismus als auch im Bereich illegaler touristischer Aktivitäten gibt es verschiedene Tourismuswelten die nebeneinander im Tourismusfeld existieren. Sie bedingen sich zum Teil gegenseitig, nehmen sich gegenseitig wahr und reagieren aufeinander. Reisende können diese unterschiedlichen Ebenen und Tourismuswelten in Muang Sing in Form verschiedener touristischer Erlebnisse und Erfahrungen mit lokalen Akteuren wahrnehmen. Daher sollen der Untersuchung der Tourismuswelten lokaler Akteure zwei Fallbeispiele vorangestellt werden, in denen die Perspektive von Touristen auf das Tourismusfeld im Mittelpunkt steht. Hierauf folgt eine emische Sicht der lokalen Akteure, in denen ihre Handlungen, ihre Strategien und Sichtweisen auf das Tourismusfeld genauer untersucht werden.

Gemeindeorientierter Tourismus Fallbeispiel Trekkingtour zu einem der Projektdörfer Ende Januar buchten vier Touristen eine Trekkingtour nach Ban Puo im Tourism Office in Muang Sing, an der ich ebenfalls teilnahm. Senpeth begleitete die Gruppe als Leading Guide, Noi wurde als Assistant Guide engagiert. Gegen neun Uhr morgens treffen sich die Teilnehmer: Megan aus den USA, David aus Kanada und ein französisches Pärchen, Catherine und Gérôme. Nachdem die beiden Guides ausreichend Essen auf dem Markt gekauft haben, kann die Gruppe starten. Jeder Tourist wird mit einer Umhängeflasche mit Wasser und einem Päckchen Reis in einem Bananenblatt ausgestattet und in ein Tuktuk verfrachtet. Noi setzt sich zu den Touristen auf die offene Rückfläche und stellt einige schüchterne Fragen zur Herkunft der Teilnehmer, während Senpeth vorne neben dem Fahrer sitzt. Nach einigen Minuten Fahrt ist die Gruppe im ersten Dorf des Trekkings angekommen. Senpeth stellt sich hier den Teilnehmern kurz vor und erläutert dann, dass dies das sogenannte „Nudeldorf“ sei und die Frauen des Dorfes ihre Ware auf dem Markt von Muang Sing verkaufen. Hinter diesem Dorf führt ein Weg ungefähr vierzig Minuten lang über Reisfelder und Zuckerrohrplantagen zum ersten Akha-Dorf am Fuß der umliegenden Berge. Neben dem Dorfeingang bleiben die Touristen stehen und Senpeth erzählt, wie alt das Dorf ist und, dass es von der GTZ unterstützt wird. Immer mehr Kinder kommen zum Dorfrand und beobachten die Gruppe aus einer Entfernung von zehn Metern, schließlich gesellen sich auch ein paar Männer hinzu. Zwei der Kinder rufen lauthals „Sabaidiiii!“, das laotische „Hallo!“. Die Touristen sind verunsichert und beobachten die Kinder von weitem. Catherine stellt Fragen über den gesundheitlichen Zustand der Akha, sie möchte angesichts der Kinderschar wissen ob Verhütungsmittel bei den Akha bekannt sind. Senpeth ist sich nicht sicher und gibt eine ausweichende Antwort. Die Touristen beginnen, Fragen über Ehe, voreheliche Beziehungen und Religion der Akha zu stellen. Senpeth erzählt von freier Liebe, Polygamie und Wald141

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geistern und die Touristen werfen verwunderte Blicke zu den Akha hinüber. Catherine schließt aus der zerrissenen und schmutzigen Kleidung der Kinder, dass die Akha wohl sehr arm sind. Um so mehr staunt sie, als Senpeth von der sexuellen Freizügigkeit der jungen Akha erzählt. Senpeth gibt schließlich bekannt, dass die Gruppe in dem Dorf zu Mittag essen wird und führt sie durch das Dorf zum Haus des Dorfvorstehers, wo sie von dessen Vater und seiner ersten Frau in Empfang genommen werden. Es dauert eine Weile, bis alle vier Touristen das Haus über eine Leiter betreten haben, denn erst muss die Scheu, „einfach so“ ein fremdes Haus zu betreten und damit in die Privatsphäre der Akha-Familie einzudringen, überwunden werden. Nachdem Senpeth und Noi die Touristen aufgefordert haben, sich die Hände gründlich mit Seife zu waschen, setzten sich der Dorfvorsteher und seine erste Frau zu der Gruppe. Die Guides packen das mitgebrachte Essen aus, auf das sich alle mit großem Appetit stürzen. Die erste Frau des ehemaligen Dorfvorstehers trägt ihre Tracht und lässt sich fotografieren, nicht ohne alles vorher ein wenig zurecht zu rücken. Schließlich bietet der Hausherr cibeu an, und während alle trinken werden Fragen gestellt. Catherine und Gerome möchten genauer über die Heiratsregelungen der Akha informiert werden. Aber auch der Hausherr fragt nach Namen, Alter, Herkunftsland und den Beziehungen seiner Gäste. Senpeth übersetzt vom Englischen ins Laotische und zurück. Nach dem Mittagessen geht es weiter, diesmal führt der Weg jedoch in die Berge und wird immer steiler. Bei einer kleinen Pause bei Reisspeichern eines Akha-Dorfes unterhält sich die Gruppe über den Reisanbau. Die Touristen staunen als Senpeth ihnen erzählt, dass Akha-Frauen kiloschwere Reissäcke in ihre Dörfer tragen müssen, die zum Teil bis zu zwei Stunden Fußweg von den Reisfeldern entfernt liegen. Angesichts der Hitze und den beschwerlichen Bergwegen erscheint diese Leistung den Touristen nahezu unmöglich. Nach zweieinhalb Stunden erreicht die Gruppe das Akha-Dorf in dem sie übernachten wird. Das Dorftor steht noch auf dem Weg zum Dorf im Wald. Die Touristen waren etwas schneller als Senpeth und Noi, bleiben aber respektvoll einige Meter vor dem Dorftor stehen und warten. Sie wissen von den Plakaten, die an allen öffentlichen Bushaltestellen und in den Gästehäusern aushängen, dass diese Tore starken Symbolcharakter haben und mit Tabus behaftet sind. Allerdings sind sie sich nicht sicher, wie sie sich nun zu verhalten haben. Selbst als Noidie Gruppe erreicht und die Touristen auffordert, einfach weiterzugehen bewegt sich keiner, Beklommenheit macht sich breit. Senpeth hingegen läuft an den Toren vorbei am Wald entlang auf die Gästehütte zu, die an einem Hang am Rande des Dorfes liegt. Ein Akha läuft ihm aus dem Dorf entgegen und schließt die Hütte auf. Senpeth erklärt der nachfolgenden Gruppe, dass dies die Hütte sei in der sie alle übernachten werden. Er und Noimüssten nun das Essen vorbereiten, die Touristen könnten sich in der Zwischenzeit ja das Dorf ansehen. Tatsächlich bleiben die Touristen alle erst einmal auf dem Vorbau der Hütte und betrach142

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ten die Kinder, die sie besuchen kommen und ihnen ihre Hände entgegenstrecken. David sagt, dass er unmöglich einfach in das Dorf gehen und sich umsehen kann, er fühlt sich beklemmt. Die anderen stimmen ihm zu. Ein Opiumabhängiger kommt auf sie zu und Senpeth erklärt, er bräuchte Medizin. Catherine, von Beruf eigentlich Ärztin, gibt ihm Paracetamol. Die Kinder rufen immer wieder „Sabaidi“ und „He, sabaidi!“ um die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich zu ziehen und um mit Gesten Geld, Kleidung, Essen oder Medizin zu bitten. Die Touristen sind davon unangenehm berührt, die Kinder erhöhen die Scheu, sich ins Dorf zu begeben. Schließlich fasst David sich ein Herz und besteigt einen Hügel, der auf der anderen Seite des Dorfes liegt. Kinder rufen ihm etwas zu, die Erwachsenen blicken von ihren Häusern auf ihn herab, mit unverwandten Gesichtern – weder freundlich noch ablehnend. Auch Catherine und Gérôme ziehen durch das Dorf, von einer Schar Kinder umringt. Auf dem Platz, an dem sich auch die Schaukel des Dorfes befindet gesellt sich ein kleiner Junge zu David und will ihm seinen Kreisel verkaufen. David lässt ihn seine Sonnenbrille anziehen – der Junge ist begeistert und betrachtet etwas erstaunt seine Umgebung. Schließlich kehren alle Touristen etwas unsicher wieder zur Hütte zurück. Dort diskutieren sie gemeinsam darüber, dass sie das Gefühl haben die Akha zu stören und unhöflich zu sein. Sie sind sich nicht sicher, welche Plätze im Dorf öffentlich zugänglich und welche „privat“ sind. In der Hütte haben sich mittlerweile einige jugendliche Dorfbewohner eingefunden und diskutieren mit Senpeth, der dem Village Volunteer Medizin überreicht und deren Gebrauch erklärt. Catherine wundert sich ein wenig, dass sich niemand für die Touristen zu interessieren scheint. Und obwohl auch das Abendessen in der Hütte im Kreise von Kindern und einigen Dorfbewohnern stattfindet, gibt es keinen Kontakt zwischen den Touristen und den Akha, die schweigend am Rande sitzen und den Essenden zusehen. Senpeth erklärt, dass der Reis, der vom Essen übrig bleibt, an die Dorfbewohner verteilt wird. Die Touristen bekommen ein schlechtes Gewissen, da sie mit soviel Appetit gegessen haben. Nach dem Essen werden die Touristen von einigen der Mädchen massiert, während Senpeth noch immer mit den Männern des Dorfes diskutiert. Es ist ziemlich dunkel in der Hütte und die Mädchen bitten am Ende der Massage mit Gesten um Geld. Eine etwas unangenehme Situation für die Touristen die wissen, dass die „traditionelle Akha-Massage“ im Trekkingpreis inbegriffen ist. Cathérine fragt Ye, ob sie noch etwas zahlen soll. Noi schüttelt entrüstet den Kopf und verschwindet mit den Mädchen vor die Hütte um sie dort zu bezahlen. Der Raum füllt sich mit immer mehr jungen Männern, die angeregt diskutieren. Außer Megan und Noi, die sich sofort wieder schlafen gelegt haben, versuchen die Touristen soweit wie möglich den Gesprächen zu folgen. Irgendwann wird wieder cibeu getrunken, die jungen Männer beginnen zu singen, die Touristen klatschen im Takt mit. Senpeth fordert anschließend die Touristen auf, ebenfalls zu singen. Cathérine traut sich als erste und gibt ein 143

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französisches Lied zum Besten. Irgendwann fragen die Akha, ob die Touristen schlafen möchten und sie besser gehen sollen. Gérôme findet diese Frage eigenartig, denn schließlich sind die Touristen ja zu Besuch bei den Akha und nicht umgekehrt. Gegen 23 Uhr verlassen die Akha die Gästehütte. Senpeth erzählt am nächsten Morgen, dass das Dorf nicht wirklich traditionell lebt und sich in den letzten Jahren sehr viel verändert hätte. Nach einem Nudelsuppenfrühstück soll die Gruppe eigentlich aufbrechen. Allerdings bleiben die Touristen auf dem Weg durch das Dorf immer wieder stehen und sehen Frauen beim Weben und den Kindern beim Spielen zu. Einige der Kleinen haben offene Wunden, geschwollene Augen oder humpeln. Die Touristen fühlen sich angesichts dieser medizinischen Notlage ein wenig hilflos, Catherine und Gérôme versuchen nach Kräften, einige der Kinder zu verarzten. Gérôme erzählt, er hätte sich an diesem Morgen wohler in dem Dorf gefühlt. Durch das gemeinsame Singen am Abend hatte er das Gefühl, die Leute ein wenig kennen gelernt zu haben. Als er vor dem Frühstück durch das Dorf lief, konnte er sogar einige der Männer begrüßen und wieder erkennen. David meint, er wäre dankbar gewesen, dass er das alles sehen durfte – aber auch wieder nach Hause fahren könne. Für die Akha wäre das ja anders, so etwas wie verreisen würden sie ja nicht kennen. Auf dem Rückweg nach Muang Sing unterhalten sich die Teilnehmer des Trekkings miteinander über das, was sie im Dorf gesehen und erlebt haben. Alle sind etwas müde und eigentlich zufrieden – aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Alle vier haben das Gefühl, den Akha nicht genug geholfen zu haben, und nicht genau zu wissen, warum sie eigentlich in diesem Dorf waren.

Abbildung 8: Touristen im Gästehaus; Foto: CN 144

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Innen und Außen: die Tourismuswelt eines traditionellen Akha-Dorfes Die Darstellung einer Trekkingtour vermittelt einen ersten Eindruck über die Beziehungen, die die verschiedenen Akteure im gemeindeorientierten Tourismus zueinander haben und die Prozesse, die sich abzeichnen. An einigen Stellen, wie etwa der ersten Begegnung zwischen Touristen und Dorfbewohnern, machen sich aus Perspektive der Touristen Irritationen bemerkbar. Worüber man wenig erfährt ist jedoch, welche Eindrücke diese Situationen auf der Seite der Besuchten hinterlassen, wie von der Perspektive der Akha aus gemeindeorientierter Tourismus bewertet und interpretiert wird. Während für Akteure aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sowie Guides die Zweiteilung des Tourismusfeldes und damit eine Unterscheidung von Projekt und Nicht-Projekt einen Orientierungsrahmen darstellt, greifen die Akha in den beteiligten Dörfern auf andere Interpretationswerkzeuge zurück. Einen Ahnung hiervon vermittelt bereits folgender Eintrag aus meinem Feldtagebuch, der sich auf eine Situation in Ban Kao bezieht. „Eines abends waren einige Familienmitglieder im Haus des Naiban versammelt. Ich hatte eine Broschüre der NTAL mitgebracht, in der Dörfer, Menschen, Natur und Tiere abgebildet waren. Die Kinder waren in eine angeregte Diskussion über die Tiere vertieft. Der Naiban warf auch einen kurzen Blick in die Broschüre. Dann zeigte er auf ein Foto: Es zeigt ein Akhadorf, dass an einer Straße liegt. ‚Sieh mal, da ist auch ein jilaman aniu.‘“ (Feldtagebuch, 04.03.04)

Ich war verdutzt: Jilaman aniu ist die Bezeichnung, die die Akha in Ban Kao für das Gästehaus am Rande des Dorfes verwendeten. Das Häuschen auf dem Foto, das der Naiban als Gästehaus für Touristen bezeichnete, lag auf einem Hügel, ungefähr 50 Meter vom Dorf entfernt. Was brachte ihn zu dem Schluss, dass es sich dabei um ein Gästehaus handelt? Denn außer der geographischen Lage der Hütte war auf der Abbildung kaum etwas zu erkennen. Aber gerade diese Lage stellte sich als ein wichtiges Kriterium für den Umgang der Dorfbewohner mit dem Tourismusprojekt und den Touristen, aber auch mit Fremden im Allgemeinen heraus. In der Literatur über die Akha stößt man immer wieder auf Konzepte, die sich auf eine Einteilung der Welt in innen und außen beziehen. Diese Konzepte sind auch im Tourismus und der Entwicklungszusammenarbeit von Bedeutung.

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Abbildung 9: Karte von Ban Kao, Grenze zwischen Innen und Außen; Quelle: Eigene Darstellung

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Das Weltbild der Akha: Innen und außen Die Trennung von innen und außen spielt für die Gesellschaft der Akha eine herausragende Rolle. Die laotischen Akha Pouly, zu denen sich auch die Bewohner von Ban Kao zählen, benennen den Innenraum mit lahÿ, den Außenraum mit lanji. Das Dorf ist das Gezähmte, Domestizierte, Zivilisierte im Gegensatz zum Wilden und Gefahrvollen. Das Außen kann zu einer Bedrohung für das Innere werden, denn es wird mit Unordnung, Krankheiten und Unglück in Verbindung gebracht. Innen wird auch als der Raum des ‚Wir‘ (den Guten) im Gegensatz zu den ‚Anderen‘ (den Schlechten) gesehen (vgl. Tooker 1988: 47). Die physische und spirituelle Grenze zwischen Dorf (innen) und dem Wald (außen) wird am Dorfein- und -ausgang durch zwei Tore symbolisiert. Diese Tore markieren die Grenzen zwischen Dorf, der Sphäre der Menschen aber auch der Ahnen und Familiengeister, die die Menschen beschützen und dem Äußeren, wo Geister (neh) für das Wohl der Pflanzen und Tiere sorgen (Chazée 1999; Tooker 1988). Die Dorftore symbolisieren die Trennung von Geistern und Menschen und gehen auf einen Mythos zurück: Menschen und Geister lebten ursprünglich in ein und demselben Dorf. Die Menschen arbeiteten tagsüber, und nachts, während sie schliefen, verrichteten die Geister ihre Arbeit. Doch es kam immer wieder zu Streit, und die Menschen und die Geister beschuldigten sich gegenseitig, den jeweils anderen im Schlaf zu bestehlen. Dies zwang sie schließlich dazu, in getrennten Räumen zu leben. Diese Trennung wird jährlich mit dem Bau der Tore und dem Vertreiben der Geister erneuert und bekräftigt.

Abbildung 10: Dorftor von Ban Kao; Foto: CN 147

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Die Tore des Dorfes dürfen nicht berührt werden, besonders nicht von Fremden. Sie werden als sakrale Gegenstände betrachtet und würden durch Berührungen ihre Kraft verlieren. Da sie die Grenze nach außen hin bilden, ist das Tabu besonders stark: Das Dorf wäre ohne die Kraft der Tore dem Außen schutzlos ausgeliefert (Tooker 1988: 218), Krankheiten und Unheil könnten ungehindert in die Sphäre der Menschen eindringen. Auch wenn Tiere oder Geister hier etwas verändern oder berühren, muss eine Reinigungszeremonie gehalten werden um den Schutz des Dorfes zu gewährleisten. Die räumliche Bedeutung von innen und außen macht sich auch in der Anordnung der Häuser eines Akhadorfes bemerkbar (siehe hierzu Karte 2).3 In der Mitte eines Dorfes, also im Zentrum des Inneren, befinden sich meist die Häuser des Dorfvorstehers, des Dorfschmiedes und des rituellen Spezialisten, des boemow. Am Rande wohnen oft ärmere Familien oder solche, die Unglück auf sich gezogen haben wie etwa Witwen und Waisen oder die Familie eines chronisch Kranken oder Opiumabhängigen. Auch in der Architektur der Häuser lässt sich die Dichotomie innen-außen wiederfinden. Der Haushalt ist räumlich in einen Schlafraum für Männer und Frauen aufgeteilt. Wenn Außenstehende ein Haus betreten wollen, so tun sie das durch den „männlichen“ Teil des Hauses. „Männlich“ wird im Allgemeinen mehr mit „außen“ in Verbindung gebracht, „weiblich“ mit „innen“ (Tooker 1988: 116). Parallelen hierzu findet man auch bei den Eingangstoren mancher Dörfer. Eine weibliche Figur befindet sich auf der Innen-, also Dorfseite, während eine männliche Figur auf der Außenseite des Tores angebracht ist.4 Den Männern wird die Fähigkeit zugesprochen, mit den Gefahren der Außenwelt besser umgehen zu können und das Innere beschützen zu können. Die Trennung von Innen und Außen ist nicht nur räumlich zu sehen sondern bezieht sich auch auf die Beziehungen, die die Akha zu Fremden, zu „Außenseitern“ haben. Bei meinen ersten Wanderungen in den Bergen rund um Muang Sing war ich oft in Begleitung von Laoten unterwegs. Begegneten uns unterwegs Akha, so liefen diese meist an uns vorbei ohne große Notiz von uns zu nehmen. Wollten wir Kontakt aufnehmen, so mussten die Impulse von uns aus gehen. Meine laotischen Begleiter erklärten mir, dass die Akha schlicht „shy“, also schüchtern wären. Begleitete ich jedoch Akha auf dem Weg zum Markt oder zu Nachbardörfern, hielten wir unterwegs immer wieder an sobald wir anderen Akha begegneten, ruhten einen Moment gemeinsam aus und tauschten Neuigkeiten aus. Selbst wenn sich die Wandernden zuvor noch nie begegnet waren, gab es kei3 4

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Zur Architektur der Dörfer siehe auch Tooker (1988, 1996). Tooker (1988: 118 ff.) bemerkt zudem, dass männliche Aktivitäten wie Jagen „außen“ stattfinden, typisch weibliche Aufgaben wie Kochen „innen“. Dieser Zusammenhang lässt sich immer wieder finden, z. B. in Zeremonien und Ritualen, die „außen“ statt finden und bei denen Frauen nicht zugelassen sind. Auch bei der Geistervertreibung dürfen Mädchen nicht an der Jagd teilhaben, dies ist Aufgabe der Jungen.

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nen Anflug von „Schüchternheit“. Alting von Geusau spricht diesbezüglich von typischen „inter-ethnic relations“ (1997: 3 f.) der Akha, die den Umgang mit Außenseitern bestimmen. Über die Zugehörigkeit zu einer Patrilinie hinaus definieren sich die Akha traditionell als „a people in terms of their allegiance to their customs“ (Kammerer 2000: 37), ein Volk, das sich durch eine gemeinsame Traditionstreue identifiziert. Immer wieder wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass die Akha weniger als andere Ethnien der Bergregionen Südostasiens dazu bereit seien, ihre Identität aufzugeben oder ihre Lebensweise zu verändern.5 Der Rückschluss, die Akha hätten eine statische Kultur ist allerdings falsch. Dies wird nicht nur in den Arbeiten von Alting von Geusau, Tooker und Kammerer betont, sondern wurde mir auch während meines Feldaufenthaltes deutlich. Während verschiedener Interviews äußerten Akha immer wieder ihren Wunsch nach Wandel, und zwar nicht nur im Bezug auf Technik und Infrastruktur, wie z. B. Straßenbau, Elektrizität, oder moderne Geräte. Auch die Errichtung von Schulen, der Wunsch nach Ausbildungen und Berufen wurden genannt. Nicht das Ablehnen von Wandel stand im Mittelpunkt. Die Akha identifizierten sich sehr stark über das „Akha-Sein“ selbst und betonen ihre ethnische Zugehörigkeit, durch die sie sich von anderen abgrenzen. Alting von Geusau erklärt die Betonung ethnischer Identität bei den Akha als Resultat der Erfahrung vom Leben in der Diaspora („historical experience of diaspora“), die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Akha zieht (Alting von Geusau 2003: 3).6 Die Beziehungen und Machtverhältnisse zu anderen ethnischen Gruppen spielten und spielen für die Konstruktion der Akha-Identität eine wichtige Rolle (Alting von Geusau 2003: 2). Das Leben der Akha richtet sich nach dem Weg, den die Ahnen vorgegeben haben und der in mündlichen Überlieferungen von einer Generation an die nächste weitergegeben wird. Diesem Weg nicht mehr zu folgen und die Regeln der Ahnen zu missachten bedeutet im Akha-Kontext, kein Akha mehr zu sein (Kammerer 1990). Kammerer (1990: 280) erzählt von einem Mythos der thailändischen Akha, der verdeutlicht, welche Rolle das von den Ahnen überlieferte Regelsys5 6

Vgl. hierzu Alting von Geusau (2003), Chazée (1995), Cohen (2002), Dearden (1991), Kammerer (1998) und Tooker (1988, 1992, 1996). Er bezieht sich dabei auf oral tradierte Texte, in denen die Akha ihre Lebensweise in den Bergen als Ergebnis von Fluchten vor dominanten ethnischen Gruppen deuten: „They [die Texte, Anm. CN] describe Akha village life, and their interethnic relations in the mountains which became their diasporic homes. In these texts, the Akha are depicted as located at intermediate altitudes, with the Wa (Agh’aw) peoples above them and the Bulang (A boe), another Khmer-speaking group, below them. The valley basins are, however dominated by the Dai or Tai Lü (Bi-tsm) peoples, who are seen as an antagonistic and warlike group tending to oppress the Akha/ Zanyi. In many of these old texts there is also some mention of slavery-type corvée labour being performed by the Akha/ Zanyi for the Dai.“ (Alting von Geusau 2003: 3 f.) 149

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tem und Weltbild für das Selbstbild der Akha spielt. Der Mythos besagt, dass vor langer Zeit Menschen aller Ethnien – also Shan, Thai, Chinesen, Lahu und auch die Akha – Zang7 bzw. zahˇ als Geschenk des höchsten Wesens A poe mi yeh erhielten. Alle außer den Akha trugen das Geschenk in locker geflochtenen Körben heim und verloren Teile des zahˇ auf dem Heimweg. Die Akha jedoch benutzten einen Sack aus dicht gewobenem Tuch und verloren keinen einzigen Teil des zahˇ. Dies erklärt, warum das zahˇ der Akha im Vergleich zu anderen Traditionen so komplex und umfangreich ist. Gleichzeitig zeigt dieser Mythos viel über die kulturelle Identität der Akha und die Abgrenzung zu anderen Ethnien. Akha sein bedeutet das Weltbild der Akha in seiner Gesamtheit zu leben und so zu bewahren, wie es seit vielen Generationen weiter gegeben wurde um die Verbindung zu den Ahnen aufrecht zu erhalten. Die dadurch entstehenden Regeln gelten ausschließlich für die Nachkommen, die Akha haben kein Interesse daran, Menschen anderer Ethnien von der Richtigkeit ihres Weltbildes zu überzeugen; aus der Perspektive der Akha ist jeder Mensch gehalten, sich in seinem Handeln und Denken nach den traditionellen Regeln seiner eigenen Vorfahren zu richten. In diesem Zusammenhang ist es auch verständlich, dass Institutionen, die im traditionellen Weltbild der Akha keinen festen Platz haben oder als Repräsentation einer anderen Gruppe gesehen werden, nicht zum inneren Bereich gehören können. Schulen beispielsweise werden bevorzugt außerhalb des Dorfes erbaut, und ebenso verhält es sich mit Gästehäusern die im Zuge des Tourismusprojektes für die Touristen erbaut wurden.8 Alting von Geusau beschreibt, dass die Akha ihre „wahre“ Lebensweise nicht gerne Außenseitern präsentieren, da sie fürchten ausgenutzt zu werden. Sie bevorzugen es, nach außen hin einen „glücklichen Eindruck“ abzugeben 7

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Akhazang ist ein Begriff, der in der Literatur über Akha häufig genannt wird und eine mündliche Überlieferung, in der sämtliche Aspekte des Lebens in einer Akha-Gesellschaft behandelt werden, bezeichnet. Akhazang wird von den Ahnen an die nachfolgenden Generationen weitergegeben und liefert für alle Fragen Antworten: wann welche Rituale durchgeführt werden müssen, wie und wann man die Felder bestellt, welchen Regeln das gesellschaftliche Leben folgen muss usw. Laut Alting von Geusau (1997, 1999b) bildet Akhazang den Bezugsrahmen sowohl für das öffentlich als auch das private Leben der Akha in Muang Sing. Tatsächlich wurde der Begriff in den von mir besuchten AkhaDörfern mir gegenüber nicht genannt. Akhazang kommt in Liedern vor, die ursprünglichen von thailändischen und chinesischen Akha stammen und auf Kassetten auf dem Markt von Muang Sing von den laotischen Akha gekauft werden und ist damit auch ihnen ein Begriff. In einem Dorf nannte der boemow (eine Art traditioneller Ritualspezialist) den Begriff gwae sun cho, als er von Tradition sprach. Lewis nennt in seinem Akha-Wörterbuch, das er im Zuge seiner Missionarstätigkeit in Burma erstellte einen Begriff, der auf Ähnlichkeiten hinweist: „sa^la˛ a shed for resting outside of village (from the Shans), also used now for school, church“ (Lewis 1968: 268). Die sa^la haben damit eine ähnliche Funktion wie die Gästehäuser heute, auch sie wurden außerhalb der Dorfgrenze errichtet.

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(Alting von Geusau 1999a: 1) und sich gemäß den stereotypen Erwartungen anderer, wie etwa Laoten, zu fügen: „The Akha, aware of not having power, do have – as a response – a strong distinction between ‚inside‘ and ‚outside‘ behaviour. In ‚outside‘ behaviour they sometimes tend to adapt majority […] expectations, particularly in behaviour of ‚ignorance‘ and ‚shyness‘. This is often in opposition to ‚inside‘ sophistication, openness and once accepted at the ‚inside‘ one can witness a completely different reality.“ (Alting von Geusau 1997: 4)

Tourismus und Touristen In der Sprache der Akha gibt es kein Wort, dass sich mit dem deutschen „Tourist“ übersetzen ließe. Einige Akha, die besonders gut Laotisch sprechen und z. B. als Laotisch-Akha-Übersetzer für das Projekt arbeiten, übernahmen den von Guides und laotischen Behörden verwendeten laotischen Begriff nak tong tiao, der genaugenommen „umher reisende Person“ heißt. Dies ist aber die Ausnahme, denn tatsächlich ist der Begriff „Tourist“, der sich auf die Rolle des Reisenden, nicht aber auf die Herkunft bezieht, im Akha-Kontext nicht wichtig. Viel wichtiger ist es für die Akha zu erfahren, welcher Ethnie ihr jeweiliges Gegenüber zugehört. Akha-Frauen, die in den Straßen von Muang Sing kleine Souvenirs an Touristen verkaufen, nähern sich diesen oft mit der Frage nach deren Nationalität: „Amerika? Angkit? Falang?“. Wenn sie mit mir über Touristen sprachen, nannten sie entweder die entsprechenden Nationalitäten oder, sollten sie sich nicht sicher sein, den Begriff falang. Dieses laotische Wort wird eigentlich mit „französisch“ übersetzt, gebraucht wird es allerdings auch von Laoten um Europäer im Allgemeinen zu bezeichnen. In ähnlicher Weise wurden Touristen in Dörfern, die am Tourismusprojekt beteiligt waren, manchmal yelaman (in Anlehnung an das laotische Wort für deutsch) genannt. Ob mit yelaman GTZ-Mitarbeiter, die das Dorf manchmal besuchen, oder tatsächlich Touristen gemeint sind, ergibt sich meist erst aus dem Kontext. Im Alltagsgebrauch greifen die Akha in den Dörfern des gemeindeorientierten Tourismus meist auf Umschreibungen zurück. Zu Beginn meiner Feldforschung begleitete ich einen Tag lang junge Akha-Frauen, die im Fluss nach kleinen Krebsen suchten. Auf dem Rückweg zum Dorf entdeckten sie auf dem Weg die Abdrücke von Stiefeln. Die Frauen lachten, zeigten mir die Abdrücke und sagten „Sabai dii!“ (Laotisch für „Guten Tag“), woraufhin sie ihren Schritt beschleunigten. Im Dorf war eine Gruppe von drei Touristen angekommen, die in ihrer Hütte bereits von einigen Kindern umringt waren. Tatsächlich werden Touristen in einigen Akha-Dörfern sowohl mit sabai dii angesprochen als auch als sabai dii bezeichnet. Diese laotische Begrüßungsformel ist auch den meisten Touristen bekannt und wird von ihnen gerne benutzt, sodass diese durchaus auf sabai dii reagieren und sich angesprochen fühlen. In manchen Akha-Dörfern ist der Ruf der Kinder „Sabai dii, sabai dii!“ sowohl 151

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als Begrüßung der Touristen gedacht als auch als Ankündigung der Ankunft fremder Besucher.

Gästehaus Ban Kao ist ein Zieldorf für das Tourism Office, im Juni 2003 wurde dort ein Gästehaus für Touristen errichtet. Das Haus wurde in der Nähe der Schule und damit außerhalb des Dorfes gebaut. Es ist von dichtem Gebüsch umgeben, und liegt auf einer kleinen Anhöhe, sodass man es eigentlich nur vom letzten Haus in dieser Ecke des Dorfes, dem Haus des laotischen Lehrers, sehen kann. Am Rand des Dorfes führt ein kleiner Weg dorthin. Zu dieser Hütte kann man von außen gelangen, ohne das Dorf durchqueren zu müssen. Die Bezeichnung für das Touristen- bzw. Gästehaus in Ban Kao ist yelaman aniu, wobei yelaman auf das laotische jilaman, „deutsch“ zurückzuführen ist, aniu bedeutet „Haus“. Es wird ausschließlich von Touristen genutzt, niemals würde man Gäste des Dorfes wie etwa Projektmitarbeiter, chinesische Händler oder andere Akha dort unterbringen. Das Dorf durfte selbst entscheiden, wo diese Hütte gebaut werden sollte. Da man fürchtete die Touristen und vor allem die Guides könnten rohes Fleisch mit sich bringen, wurde beschlossen, die Hütte außerhalb aufzubauen. Dies verstehen die Akha als reine Vorsichtsmaßnahme, da sie davon ausgehen, dass mit rohem Fleisch Krankheiten in das Dorf eingeschleppt werden können, die sich auf Mensch und Tier übertragen. Das Gästehaus wird für die am Projekt beteiligten Dörfer zum Dreh- und Angelpunkt aller touristischen Aktivitäten. Jede Familie kümmert sich entsprechend des vom Projekt vorgeschriebenen Rotationsprinzips um das Haus. Auf der Terrasse des Gästehauses verkaufen die Frauen manchmal eine Kette oder ein Kleidungsstück, und auch die Massagen der jüngeren Frauen finden abends in diesem Gästehaus statt. Damit wird das jilaman aniu in den Projektdörfern nicht nur zum Treffpunkt zwischen Dorfbewohnern, Touristengruppen und Guides. Für die meisten Akha bedeutet das Haus außerhalb ihres Dorfes die einzige Möglichkeit zur Teilnahme am Tourismus. Das Gästehaus außerhalb des Dorfes steht daher auch für die wirtschaftlichen Vorteile, die gemeindeorientierter Tourismus mit sich bringt. Dies kommt auch in dem folgenden Ausschnitt meines Feldtagebuchs zur Sprache: „Maceu, der junge Bruder des Naiban der über die Ankünfte der Touristen im Dorf Buch führt, sieht im Spiegel-Magazin ein Foto auf dem der reichlich bevölkerte Strand von Biarritz zu sehen ist, im Hintergrund riesige Hotelkomplexe. Ich erzähle ihm, dass Biarritz ein beliebter französischer Badeort mit vielen Hotels und Restaurants ist, dass es dort im Sommer viele Touristen gibt, wie man auf dem Foto leicht erkennen könne. Er betrachtet das Bild eine Weile, lacht und sagt ‚Uuuuhhhh, die verdienen sicher ganz schön wenn da so viele kommen. Sind da auch viele Japaner?‘“ (Feldtagebuch, 02.02.04)

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Aktivitäten und Strategien Der Großteil der Dorfbewohner von Ban Kao nimmt keine aktive Rolle im gemeindeorientiertem Tourismus ein. Dies wird von vielen jedoch lediglich als ein Ist-Zustand und nicht als wünschenswerter Soll-Zustand gesehen. Die Dorfbewohner sprechen weder Englisch und die meisten auch kein Laotisch. Sie wissen oft nicht, wie sie mit den Touristen Kontakt aufnehmen könnten. Einige der Frauen, die auch oft auf dem Markt von Muang Sing sind und Erfahrung im Verkauf von Waren haben, bieten den Besuchern manchmal etwas an: Eine Jacke, eine Hose, etwas Honig, eine Kette. Das Angebot hängt ganz davon ab, was gerade vorhanden ist, denn die Frauen haben, wie es einmal der Naiban von Ban Kao erklärte, keine Zeit, Souvenirs „extra für die Touristen“ herzustellen. Wann immer die Kunde von der Ankunft neuer Touristen sich im Dorf verbreitet, wird als erstes gefragt: „Wie viele sind es?“. In Ban Kao ist man sich einig: Wenn man den Tourismus auf irgend eine Art und Weise beeinflussen könnte, würde man dafür sorgen, dass mehr Touristen das Dorf besuchen und ihnen regelmäßig Gemüse und Kleidung abkaufen. Das ganze Dorf würde profitieren: Die Frauen müssten nicht mehr ihre Waren zum Markt bringen sondern könnten sie im Dorf verkaufen, die Männer könnten mehr Wild und Honig verkaufen. Selbst die jungen Mädchen wünschen sich mehr Touristen um durch Massagen mehr Geld zu verdienen. Die Dorfbewohner sind durchaus daran interessiert, Strategien im Umgang mit den Touristen zu entwerfen und mehr Kontakt zu ihnen herzustellen. Tourismus ist für die Akha in Ban Kao jedoch in vielerlei Hinsicht sehr schwer zu beeinflussen. Besonders deutlich wird dies im Hinblick auf andere Bereiche des alltäglichen Lebens. Die Reisaussaat beispielsweise wird von Zeremonien begleitet, die den Geist des Reis wohlwollend stimmen. Bestimmte Verhaltensregeln und regelmäßige Arbeit aller Familienmitglieder auf den Reisfeldern sorgen dafür, dass die Reisernte so ertragreich wie möglich ist. Auch der Erfolg der Jagd hängt zum einen vom Geschick und Fleiß der Männer ab, kann aber noch zusätzlich beeinflusst werden, indem die Ältesten des Dorfes sich versammeln und gemeinsam für das gute Gelingen cibeu trinken. Tourismus ist anders, weder harte Arbeit, noch Zeremonien können dafür sorgen, dass mehr Touristen das Dorf besuchen. Die Dorfbewohner werden von den Besuchen meist überrascht und müssen somit spontan auf die Touristen reagieren. Trotzdem gibt es von einigen Akha immer wieder Versuche, die Begegnung mit den Touristen aktiver zu beeinflussen. An anderer Stelle wurde geschildert, dass auch ich in die Strategien der Dorfbewohner mit einbezogen wurde. Beispielsweise schickte mich der Naiban bei Besuchen von Touristen vor, um zwischen Dorf und Besuchern zu vermitteln. Bei zwei Gelegenheiten wurde ich dabei mit einem wichtigen Akha-Attribut ausgestattet, nämlich einer pehã (vgl. Kapitel 2). Auf diese Art konnte ich nicht nur für die Akha 153

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Kontakte zu den Touristen aufbauen, sondern gleichzeitig eine Kostprobe zu erstehender Souvenirs bieten: „Der Naiban hatte mich aufgefordert, die Jacke wieder anzuziehen und sagte anschließend: ‚Los, gehen wir zu den Touristen‘. Er bat mich für ihn zu übersetzen und wollte wissen, woher die Besucher kommen. [...] Meine Gastgeber hatten mich in der Jacke mitten ins Geschehen bugsiert und nutzten die Gelegenheit, um die Aufmerksamkeit der Touristen auf ihre Waren zu lenken. Ich glaube die Dorfbewohner gingen davon aus, dass ich nicht nur die Akha besser kannte als die Guides, sondern auch die Touristen und somit eine bessere Vermittlungsinstanz war.“ (Feldtagebuch, 31.03.04)

Von diesem Tag an wurde ich öfter in eines der Häuser gerufen, wo mir die Frauen kleines Handwerk wie bunte Kordeln und Ketten oder Kleidungsstücke zeigten. War es nach meinem Geschmack, dann, so meinten sie, würde es auch den anderen falang gefallen. Für die jungen Männer des Dorfes gab es noch andere Möglichkeiten, aktiv am touristischen Geschehen teilzuhaben – allerdings in erster Linie nicht im Rahmen des gemeindeorientierten Tourismus. Pahmeu, der zweitgeborene Sohn des Naiban, war einer der wenigen in Ban Kao, der sein Heimatdorf verlassen wollte um in der Nähe des Marktes zu leben. Er spricht jedoch sehr schlecht Laotisch, hat keine Schulbildung und nicht genug Geld, um sein Dorf zu verlassen. Im Januar 2004 besuchte ein Tourist das Dorf. Er war in Begleitung eines laotischen Bauern, der ihm den Weg gezeigt hatte. Der Tourist wurde im Haus des Naiban beherbergt und war auf der Suche nach einem kräftigen Mann, der ihn und seinen laotischen Guide auf einer Trekkingtour in andere Akha-Dörfer begleiten und vor allem die schweren Rucksäcke mit Proviant tragen sollte, natürlich nicht ohne eine entsprechende Bezahlung von 5 Dollar am Tag. Der Naiban hatte Pahmeu geschickt, der diese Aufgabe nicht ohne Stolz übernahm. Allerdings kam es am zweiten Tag zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Touristen. Pahmeu verlangte unterwegs den doppelten Betrag, genauso viel wie auch die Guides des Tourism Office verdienen und drohte, nur dann weiter mitzukommen. Der Tourist weigerte sich jedoch, und da Pahmeu nicht auf das gesamte Gehalt verzichten wollte musste er sich mit dem seiner Meinung nach kargem Lohn zufrieden geben. Pahmeu möchte ebenso wie Maceu öfter Touristen begleiten und damit viel Geld verdienen, sodass das Thema „Guide“ des öfteren Gegenstand von Gesprächen mit mir war. Pahmeu wollte unbedingt nach Muang Sing und sah dort seine Zukunft, denn dort gibt es „money“9 und Touristen, wie er erzählt, in Muang Sing könne er arbeiten. Allerdings hatte er weder Bekannte in der Stadt noch genug Geld um dort zu leben. Maceu wollte ebenfalls Guide werden und vor allem Englisch lernen. Er konnte jedoch auf keinen Fall für längere Zeit sein Dorf und seine junge Fa9 154

Die Unterhaltung verlief größtenteils auf Laotisch und Akha, doch für das Wort Geld benutzte Pahmeu das englische Wort „money“.

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milie verlassen. Wer sollte sich in der Zwischenzeit um die Felder kümmern und für die Ernährung sorgen? So nutzte Maceu lieber jede nur erdenkliche Möglichkeit, um mit mir Englisch zu lernen. Er legte sich ein Vokabelheft an und übte abends nach der Arbeit kurze Sätze ein, mit denen er Touristen nach ihrem Namen und ihrer Herkunft befragen konnte. Pahmeu hingegen hoffte darauf, von den Guides des Tourism Office entdeckt zu werden. Wann immer eine Gruppe Touristen im Dorf war hielt sich Pahmeu abends bei ihnen auf und versuchte, mit den Guides ins Gespräch zu kommen. Nicht immer ist das einfach, denn die laotischen Guides sind meist in Unterhaltungen mit Touristen eingespannt und schenken ihm nur wenig Aufmerksamkeit. An einem dieser Abende kam ich mit ihm mit um die Touristen im Gästehaus zu besuchen. Die Besucher hatten bereits gegessen als Pahmeu ein Lied anstimmte – zu meiner Überraschung nicht etwa auf Akha, sondern auf Laotisch. Der Guide lachte, und als die Touristen ihn um eine Erklärung baten sagte er: „Aus dem Mund eines Akha hört sich das unheimlich komisch an. Er kann nicht richtig Laotisch, deswegen ist das nicht wie Gesang, sondern eher wie ein Geweine.“ Er übersetzte diese Bemerkung ins Laotische, und Pahmeu verstummte. Ungefähr eine Woche später besuchte eine ungewöhnlich große Gruppe von acht Touristen das Dorf. Dementsprechend war das Gästehaus abends ungewohnt voll. Viele der jungen Frauen kamen vorbei um den Gästen Massagen anzubieten und auch sonst hatten sich schaulustige Dorfbewohner eingefunden. Pahmeu war schon seit längerer Zeit da. Im Haus wurde nur Akha gesprochen, die Dorfbewohner redeten durcheinander, lachten, scherzten, riefen sich Dinge zu während die Touristen sich stillschweigend massieren ließen. Diesmal erlaubte Pahmeu sich einen Scherz mit dem Guide: Er stellte ihm eine Frage auf Akha, woraufhin alle Dorfbewohner im Raum in schallendes Gelächter ausbrachen. Nur der laotische Guide verstand nichts und sah etwas verwirrt aus, v. a. als Pahmeu den Satz immer aufs neue und immer lauter wiederholte – was für eine heitere Stimmung im Raum und bei Pahmeu für Genugtuung sorgte. Sieht man die hier beschriebene Tourismuswelt der Dorfbewohner genauer an, so fällt im Gegensatz zu den Positionen anderer Akteure auf, dass eine Unterscheidung in legale und illegale, nachhaltige oder nicht-nachhaltige Tourismusformen keine Rolle spielt. Es gibt in Ban Kao anders als beispielsweise im Tourism Office keine Versuche, die eigenen touristischen Aktivitäten gegenüber denen anderer Akteure abzugrenzen. Allerdings werden die Abgrenzungen zwischen einer Innen- und Außenwelt, die den Alltag der Dorfbewohner bestimmen, auch im Bezug auf Tourismus wirksam. Gemeindeorientierter Tourismus stellt für die Akha eine Aktivität dar, die sich im Außen ihres Dorflebens abspielt und vor allem wirtschaftlich interessant ist. Zudem fällt jedoch auch auf, dass es im Dorf vor allem bei jungen Männern Interesse gibt, als Guide tätig zu werden. Im Vordergrund dieser Überlegungen steht eindeutig ein wirtschaftlicher Aspekt. Pahmeu würde auch wei155

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terhin gerne Touristen gegen Bezahlung begleiten und zwar unabhängig davon, ob er hierfür die Erlaubnis des Tourism Office erhält oder nicht. Er weiß, dass es Bestimmungen und Restriktionen diesbezüglich gibt. Diese spielen allerdings für seinen persönlichen Handlungsspielraum keine Rolle. Ähnlich verhält es sich in Akha-Dörfern in der Nähe von Muang Sing, die nicht in das Projekt integriert sind und deren touristische Aktivitäten im Tourismusfeld, wie die im folgenden Fallbeispiel dargestellt, daher zum Bereich des „Illegalen“ zählen.

Unkontrollierter Tourismus Fallbeispiel Touristen in Ban Mai Antoine, 26 Jahre alt, gehört zu jenen Touristen, die fremde Welten am liebsten auf eigene Faust entdecken und erleben. Er hat in Muang Sing das Tourism Office besucht und sich dort nach einem Trekking erkundigt. Seiner Meinung nach wurde er dort unfreundlich empfangen und fühlte sich in seinen Vorurteilen gegenüber organisierten und geführten Trekkings bestätigt. Auf dem Markt von Muang Sing wurde er von einer Gruppe Akha-Frauen umringt, die ihm Armbändchen verkaufen wollten. Antoine wurde neugierig und fragte auf Englisch, ob er mit in das Dorf kommen könne. Obwohl die Frauen aus Mai nur wenig Englisch sprechen, verstanden sie Antoine und deuteten mit Gesten an, dass er bei ihnen im Dorf übernachten könne. Ila, eine der Frauen, führte ihn über den Markt, kaufte Nahrung und gab Antoine zu verstehen, dass er das bezahlen müsse. Dann verabredete sich die Akha mit Antoine für den späten Nachmittag an der Stadtgrenze, denn weder Polizei noch die Guides im Tourism Office sollten sie zusammen wegfahren sehen. Antoine bezahlte einen Tuktukfahrer, der nicht nur ihn sondern auch sechs Akha-Frauen sowie einen Mann aus Ban Mai mitnahm. Das Tuktuk fuhr ihn bis zum Dorf, wo bereits einige andere Touristen waren und Opium rauchten. Besonders schlimm daran fand Antoine die Anwesenheit von kleinen Kindern, denn man dürfte schließlich kein schlechtes Vorbild abgeben. Für gewöhnlich bringen die Akha die Touristen auch in den Wald und lassen sie nur außerhalb des Dorfes Opium rauchen. Antoine wollte ebenfalls Opium ausprobieren, aber ausschließlich abends wenn keine Kinder mehr anwesend sind und „nur mit den Alten“, das empfand er als richtig. Er war der Meinung, er würde durch das Opiumrauchen einen positiven Beitrag zum Einkommen der Akha im Dorf schaffen. Ilas Familie, die Antoine beherbergte, war etwas nervös, als er die Häuser anderer Familien besuchte. Er meinte, sie waren besorgt, dass er auch dort rauchen und damit eine andere Familie von ihm profitieren würde. Antoine war überrascht über den einfachen Lebensstandard der Akha. Er besuchte „seine“ Familie mehrmals und kaufte ihnen Matratzen und schenkte ihnen seine Taschenlampe, „die erste, die die Familie je besessen hatte“. Vor 156

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allem zu Ila baute er eine Bindung auf. Er machte sich Sorgen um sie und ihr krankes Kind, das ins Krankenhaus musste. Diese Frau begleitete er auf den Markt um mit ihr zusammen einzukaufen. Er fand, dass das auch für ihn von Vorteil war, da er bei einigen Ständen in ihrer Begleitung weniger zahlen musste. In gewissem Sinne fühlte er sich für das zukünftige Wohlergehen dieser Frau verantwortlich, er verließ Muang Sing schließlich auch „mit sehr schwerem Herzen“. Er erzählte, dass die Frau wo sie nur konnte Gastfreundschaft bewies. Einmal hatte sie besonders viele Armbänder auf einmal verkauft und bestand dann darauf, das Essen für den Abend selbst zu kaufen und Antoine einzuladen. Mit Händen und Füßen kommunizierten die beiden, und Antoine konnte am Ende nicht nur einige Brocken Akha, sondern wusste z. B. auch, was die verschiedenen Ringe der Kopfbedeckung für eine Akha-Frau bedeuten. Zum Abschied schenkte er seiner Gastgeberin zwanzig Dollar, die sie erst nicht annehmen wollte. Nach drei Wochen kam Antoine zurück nach Muang Sing und blieb fünf Tage in Ban Mai. Ilas Familie ist eine der ärmsten im Dorf, ihr Mann ist schwer krank und opiumabhängig. Ihr Haus ist sehr klein und liegt am Rande des Dorfes. Ila hat von sieben Kindern nur noch eines, eine sechsjährige Tochter, alle anderen starben. Sie kommt alleine für den gesamten Lebensunterhalt der Familie auf indem sie Souvenirs verkauft. Antoine fand es nur gerecht, bei ihr wohnen zu bleiben und sie dadurch finanziell zu unterstützen. Auch die anderen Verkäuferinnen des Dorfes profitieren von seiner Anwesenheit: „Jede der Frauen hat von mir mindestens 10.000 Kip, meistens mehr, erhalten; entweder habe ich ihnen etwas abgekauft oder aber geschenkt, manchmal habe ich auch Geld gegeben, z. B. wenn sie Medizin brauchten.“ An seinem letzten Tag in Ban Mai wird Antoine von einem anderen Franzosen, David, begleitet. Wie immer verbringt er den Tag in der Umgebung von Muang Sing und verabredet sich für vier Uhr mit den Akha-Frauen auf dem Markt um mit ihnen in das Dorf zu fahren. Auch ich soll an diesem Nachmittag mit nach Ban Mai fahren und bin zur verabredeten Zeit vor dem Markt. Die Frauen warten ab vier Uhr ungeduldig auf Antoines und Davids Rückkehr. Es wird halb fünf, sie werden unruhig: ob die beiden wohl zurückkommen? Sie wissen dass Antoine am nächsten Tag nach China aufbrechen will, es ist sein letzter Tag in Muang Sing. Sie haben ihn aufgefordert, ein Huhn zu kaufen. Am Abend wollen sie mit ihm ein Abschiedsritual durchführen, dass ihm Glück für seine Weiterreise bringen soll. Es ist fünf Uhr, von den beiden Franzosen keine Spur. Die Unruhe wächst, die Frauen beginnen zu diskutieren, ob sie nicht heimfahren sollen. Aber wer bezahlt dann das Tuktuk? Um halb sechs erscheinen Antoine und David. Die Frauen sind erleichtert, lachen. Ilu, die frechste und bei weitem Lauteste der Frauen, beschwert sich bei Antoine über seine Verspätung. Er kann die Aufregung nicht verstehen: „Schließlich bringe ich das Geld nach Hause! Also bestimme ich auch, wo es lang geht!“ 157

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Die Frauen organisieren ein Tuktuk und fahren mit den Touristen und mir in ihr Dorf. Antoine geht sofort zu Ilas Haus; ihr Mann ist da, er bereitet gerade seine Opiumpfeife vor und blickt kaum hoch, als die Besucher seine Hütte betreten. Ilu kommt vorbei, David soll bei ihr übernachten. Außerdem will sie uns ein neugeborenes Kind zeigen, sie ist die Traditional Birth Attendancy, die von einer Entwicklungsorganisation ausgebildete Hebamme des Dorfes. Als solche holt sie ihre Instrumente und bringt die Touristen zum Haus der jungen Mutter, die heute ihr Kind bekommen hat. Ilu ist eine reiche Frau. Sie hat ein Bankkonto und ist sehr geschickt wenn es darum geht, Touristen ins Dorf zu bringen. Sie ist laut und hat ein selbstsicheres Auftreten. Die meisten der Touristen, die Ilu mit ins Dorf bringt, kommen ausschließlich, um Opium zu rauchen. Oft bleiben sie gar nicht über Nacht, sondern fahren gleich wieder weiter. „Wenn Du mit ihr mitgehst, wird die Angelegenheit sehr teuer, sie verlangt ständig Geld“ ist Antoines Kommentar hierzu. Antoine ist überzeugt, dass in diesem Dorf die Frauen das Sagen haben. Sie bringen das Geld nach Hause und vor allem Ilu setzt ihren Willen gegenüber ihrem Mann durch, erteilt ihm Befehle. David ist ein wenig enttäuscht, dass die jungen Mädchen des Dorfes die traditionelle Kleidung der Akha-Frauen nicht tragen. Einige besitzen eng geschnittene Jeans und Plateauschuhe, ganz so wie es bei den Laotinnen in den Städten gerade Mode ist. Am Abend kommen einige Familienangehörige Ilas in ihr Haus, auch junge Männer und die anderen Verkäuferinnen sind da. Antoine soll mit einer Art baci10 verabschiedet werden. Während die Vorbereitungen für die Zeremonie laufen, unterhalten sich die Dorfbewohner mit den Touristen in einem Gemisch aus Englisch, Laotisch und Akha. Die Besucher, Frauen und Männer – alle essen gemeinsam das Huhn, das Antoine bezahlt und die Gastgeber zubereitet haben, es gibt Gemüse, Bier und viel cibeu. Die jungen Männer erzählen von sich. Einer von ihnen war in Thailand, in der Gegend um Chiang Rai. Dort hat er bei den Akha ein wenig die Schrift gelernt, die dort gemeinsam mit Ethnologen entwickelt wurde. Auch die jungen Mädchen sind sehr neugierig, von Zurückhaltung keine Spur. Sie wollen, dass die Fremden wieder kommen, fragen, wie lange wir bleiben. Geht es nicht länger? Kommt ihr nicht wieder? Nach dem Essen werden Wollbänder bereitgelegt: Rote, schwarze und weiße. Drei der Akha-Frauen bringen außerdem Muscheln und befestigen sie an den Bändern. In der Zwischenzeit macht es sich Ilu auf einer der Matten bequem und lässt sich von Ilas Mann eine Opiumpfeife vorbereiten. Sie raucht und bietet den Touristen auch etwas an. An David hatte sie schon eine Kugel verkauft, er hat sich über den Preis beschwert, der ihm viel zu teuer erschien. 10 Baci ist eigentlich das laotische Wort für ein Ritual, das vor langen Reisen, zu Neujahr und Hochzeiten, aber auch bei Krankheiten durchgeführt wird. Kennzeichnend hierfür ist, dass Wollfäden um die Handgelenke der Person, für die das Baci bestimmt ist, gewickelt und Glückwünsche ausgesprochen werden. Diese Art von Zeremonie gibt es bei fast allen ethnischen Gruppen in Laos, auch bei den Akha. 158

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Jeder Besucher bekommt von fast allen Anwesenden Bänder um die Handgelenke geknüpft, begleitet wird diese Handlung von gut gemeinten Wünschen wie eine gute Reise, Gesundheit oder Reichtum. Und, dass die Fremden das Dorf nicht vergessen, wiederkommen und Geld schicken, wenn sie wieder zuhause bei ihren reichen Eltern sind. Denn die Eltern müssen reich sein, wenn die Kinder umherreisen können und den Akha-Familien soviel kaufen. Antoine lacht, als die Frauen ihm sagen, dass sie ihn vermissen werden. „Ja, mich, aber vor allem meinen Geldbeutel, nicht wahr?“ Ein alter Akha hebt den Wunschknochen des gegessenen Huhnes in die Luft, beäugt ihn kritisch, dreht ihn in der Hand. Es wird ruhig im Haus, alle sind gespannt über den Verlauf von Antoines Reise. Ein Aufatmen: alles ist in Ordnung, der alte Mann nickt zufrieden. Antoine braucht sich keine Sorgen machen. Er ist ein wenig gerührt von all der Aufmerksamkeit und den Glückwünschen, die man ihm mit auf die Reise gibt. Bis spät in die Nacht wird noch gelacht und gemeinsam getrunken. Früh morgens um sechs Uhr verlassen wir das Dorf mit den Frauen. Bis zur Strasse müssen wir laufen, doch dann wartet ein Tuktukfahrer den Antoine, David und ich bezahlen. In Muang Sing kauft Antoine den Frauen auf dem Markt etwas zu essen und setzt sich anschließend mit David und mir in eines der Restaurants um Kaffee zu trinken. Eine der Akha-Frauen, mit denen wir heute im Tuktuk gekommen sind, kommt auf uns zu, in einer Hand hält sie Armbänder, in der anderen Gürtel. Sie hält sie Antoine hin: „Mama, Papa. Akha no money!“ David ist entsetzt: „Du warst eine Woche in dem Dorf, und kaum sind wir in Muang Sing versuchen sie, Dir immer noch etwas zu verkaufen? Das gibt es doch nicht!“ Antoine sieht das anders. Er hat viel gesehen in der letzten Woche, Hochzeiten, Zeremonien. Er durfte am Leben der Akha teil nehmen. Aber nur, weil er bezahlte, immer wieder und jeden Tag. Es war ein Kampf, ein ständig neues Aushandeln. Wie viel lasse ich zu, wie viel gebe ich, wie viel nehme ich? Das ist nicht einfach. Aber er hat viel gesehen.

Strategien der Peripherie Vergleicht man die Fallgeschichte aus Ban Mai mit dem Ablauf des Trekkings in Ban Puo, so wird deutlich, wie unterschiedlich die Beziehungen der Touristen zu den Akha ablaufen. Im Gegensatz zu den Dorfbewohnern, die am gemeindeorientierten Tourismus teilnehmen, interagieren die Frauen aus Ban Mai direkt und unvermittelt mit den Touristen. Für die Akha in den Projektdörfern findet Tourismus in der Außenwelt statt, was sich sowohl im Umgang mit Guides und Touristen als auch in der geographischen Lage des Gästehauses zeigt. Die Tourismuswelt dieser Dörfer baut auf die traditionelle Einteilung von innen und außen auf. Der Kontakt zu Touristen ist stark eingeschränkt und es gibt nur einige wenige Versuche, Strategien im Umgang mit Touristen zu entwerfen. In Ban Mai ist die Situation anders, und das macht sich bereits in der Fallgeschichte bemerkbar. 159

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Judith Schlehe (2003) hat sich im Laufe ihrer Feldforschung in Bali mit so genannten street guides auseinandergesetzt, die sich in den Tourismuszentren Balis aufhalten. Ihren Eindruck von diesen jungen Männern beschreibt sie wie folgt: „Diese jungen Männer leben überwiegend von ‚Freundschaften‘ mit Touristen oder besser noch: Touristinnen, die sie begleiten und dafür Geschenke sowie Kommission von Laden- und Hotelbesitzern beziehen. [...] Sie sind mal hier mal da, immer bereit zu Ausflügen, haben immer Zeit – und beobachten dabei haargenau, welche Touristen ankommen. Sie wissen, wen man am besten wie anspricht, welche Bedürfnisse und Vorlieben Australier, Deutsche oder Amerikaner haben, was zu deren Traumurlaub in exotischem Ambiente gehört und wie die Kontakte zu den Einheimischen aussehen sollen. Diese street guides verfügen über professionelle interkulturelle Kompetenzen, die sie sich, ebenso wie ihre Sprachkenntnisse, auf informelle Weise auf der Straße aneignen bzw. untereinander weitervermitteln.“ (Schlehe 2003: 32)

Die Akha-Souvenirverkäuferinnen erinnern in gewisser Weise an diese street guides von Bali. Sie arbeiten hart an ihren interkulturellen Kompetenzen, tun dies ebenfalls auf informelle Weise. Aus dem Straßenbild Muang Sings sind sie schlichtweg nicht mehr wegzudenken, tagtäglich halten sie sich hier auf und suchen die Nähe zu den Touristen. Die Frauen von Ban Mai verdienen einen erheblichen Teil Ihres Lebensunterhaltes durch den Tourismus in Muang Sing. Bis zu 15 Dollar können sie in einem Monat Umsatz machen, manchmal sogar mehr, meist jedoch weniger. Sie und ihre Familien sind von den Einnahmen durch den Tourismus abhängig. Umso wichtiger ist es daher für diese Frauen, Strategien der Annäherung an die Touristen zu entwerfen und auf deren Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. Um Strategien entwickeln zu können, müssen sie zum einen das Verhalten und die Ziele der Touristen verstehen – dies ist bereits angesichts der Sprachbarrieren kein einfaches Unterfangen. Zum anderen stehen sie im Tourismusfeld mit verschiedenen Akteuren, die ebenfalls von Touristen profitieren wollen, in Konkurrenz.

Äußere Erscheinung Ein erster wichtiger Schritt ist daher, dass sich die Akha durch äußerliche Merkmale von anderen ethnischen Gruppen in Muang Sing unterscheiden. Die Frauen aus Ban Mai achten darauf, dass sie von Außenstehenden stets als Akha erkannt werden und nutzen dies als erste Annäherung an die Touristen. Anders als beispielsweise die Jugendlichen von Ban Mai tragen die Souvenirverkäuferinnen Kleidung, die sich an der Tracht der Akha orientiert. Die Röcke werden aus Stoffen gefertigt, die auf dem Markt erhältlich sind. Im Gegensatz zu Frauen anderer Ethnien in Muang Sing tragen die Akha die um die Hüften gewickelten Röcke kürzer, sie enden knapp unter den Knien. Damit ähneln sie den typischen Akha-Röcken aus schwarzer oder blauer Baumwolle, lagha, die tief auf der Hüfte getragen werden und die Knie frei lassen. 160

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Auch T-Shirts und Hemden werden auf dem Markt gekauft. Unter den Hemden tragen einige der Frauen ihr lascha, eine Art Oberhemd das aufwendig bestickt ist und mit einem schmalen Band über der Schulter gehalten wird. In den Dörfern selbst tragen die Akha-Frauen das lascha so, dass die Brust nicht bedeckt wird, außerhalb des Dorfes jedoch verdecken sie ihre Brust meistens. Die traditionelle Kleidung, die aus einem schwarzen kurzen Rock, Stulpen, ladhi, dem Oberteil lascha und einer schwarzen Jacke, pehã, besteht, tragen die Frauen nicht im Alltag, sondern nur noch bei festlichen Anlässen. Im Gegensatz zu den jungen Mädchen des Dorfes Ban Mai würde keine der Souvenir-Verkäuferinnen ihr Dorf ohne ihren Kopfschmuck, uceu, verlassen. Um die silbernen Plättchen und Münzen, die auf schwarze Baumwollbänder gestickt und um den Kopf gewickelt werden zu schützen, binden Akha-Frauen ein Tuch um den Kopf. Diese Kopfbedeckung ist zum Markenzeichen der Akha geworden. Durch sie sind die Frauen nicht nur von anderen Ethnien, sondern auch von Touristen auf den ersten Blick als Akha zu erkennen. Dieses Erkennungsmerkmal nutzen die Frauen in Ban Mai in mehrerer Hinsicht beim Umgang mit Touristen. Die Neugierde der Touristen gilt zuerst diesen äußeren und damit offensichtlichen ethnischen Kennzeichen. Eine Akha-Frau ohne Kopfbedeckung würde in der ethnisch so vielfältigen Stadt Muang Sing nicht weiter auffallen. Daher ist für die Frauen von Ban Mai das Tragen der Kopfbedeckung ein Kommunikationsmittel in der Annäherung an die Touristen. Beobachtet man das tägliche Treiben auf der Hauptstraße von Muang Sing, so fällt auf, dass der Blick der Touristen tatsächlich an den Akha-Frauen hängen bleibt, die Frauen sind eines der beliebtesten Fotoobjekte Muang Sings. Der im Internet veröffentlichte Reisebericht von Mary Connors (2002) gibt einen Hinweis darauf, wie wichtig die Kopfbedeckung der Akha-Frauen dabei ist und bestätigt damit die von den Akha eingeschätzte Wirkung äußerer ethnischer Merkmale: „The weekend market now is a lively place where we saw four or five different Akha groups, including some young women and men all dressed up in a variation of the traditional costume which proclaimed that they were looking for a spouse. Their brightly colored headdresses, some adorned with plastic flowers, were easy to spot.“ (Connors 2002)

Da die Akha-Frauen keinen Zugang zu Sprachkursen, Tourismus-Kursen oder ähnlichem haben, müssen sie auf ihre Erfahrungen im Umgang mit Touristen zurückgreifen. Sie beobachten das Verhalten der Reisenden, etwa wie diese auf dem Markt verhandeln, was sie kaufen, essen und trinken. Die AkhaFrauen wissen, warum die Touristen nach Muang Sing kommen: Zum einen lockt das Opium viele Reisende in diese Gegend, zum anderen ist es die Neugierde auf die Akha und ihre „traditionelle“ Lebensweise. Als Mitte der 1990er Jahre die ersten Opiumtouristen nach Muang Sing kamen, war die Annäherung an diese fremden Besucher für die Akha noch re161

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lativ einfach gewesen. Entweder sprachen die Touristen die Frauen an, oder aber die Akha gaben mit Hilfe von kleinen Opiumpfeifen, die sie den Touristen zeigten, zu verstehen, was sie ihnen anbieten können. Die Situation hat sich in den letzten zwei Jahren jedoch verändert. Die Touristen die an der ethnischen Vielfalt Muang Sings interessiert sind nahmen stark zu, wohingegen die Opiumtouristen nicht zuletzt auch wegen einer immer strengeren Antidrogenpolitik langsam weniger werden. Touristen, die nicht an Opium interessiert sind, reagieren manchmal ablehnend oder erschrocken, wenn ihnen Drogen angeboten werden. Nicht nur, dass hierdurch potenzielle Souvenirkunden verloren gehen, es ist auch riskanter geworden, den Touristen in Muang Sing Opium anzubieten. Somit mussten die Akha-Frauen schon bei der ersten Begegnung einschätzen lernen, ob es sich bei den Besuchern um einen Opiumtouristen handelt oder nicht.

Das Warensortiment Für die Touristen, die nicht ausschließlich wegen Drogen nach Muang Sing kamen, galt es ein alternatives Angebot zu entwerfen. Auch hier waren und sind die Möglichkeiten eingeschränkt: Die Akha können aus finanziellen Gründen keine Hotels und Restaurants eröffnen oder Fahrräder verleihen, ebenso wenig sprechen sie wie einige Guides Englisch und können den Touristen Führungen in der Umgebung von Muang Sing anbieten. Die Frauen erkannten jedoch, dass die traditionelle Bekleidung und insbesondere der Kopfschmuck der Akha für die Touristen interessant war. So lag es nahe, Souvenirs herzustellen, die an diese traditionelle Kleidung erinnern und gleichzeitig nicht zu arbeitsaufwendig sind. Die Armbänder, die die Akha-Frauen in Muang Sing und auch in manch anderen Dörfern den Touristen anbieten werden ähnlich hergestellt wie die Bänder, die Bestandteil der Kopftracht der Akha sind. Schwarze Baumwollstreifen werden eng mit Hiobstränen, bunten Perlen und „Silberplättchen“ bestickt, wobei die Plättchen für die Souvenirs aus Softdrink-Dosen gestanzt werden. Echte Silberplättchen werden nur für die eigenen Kopfbedeckungen verwendet. Eine Baumwollschnur an den Enden des Streifens hilft, das Armband an der Hand festzubinden. Der Preis für eines dieser Bänder liegt zwischen 1.000 und 5.000 Kip und ist somit für jeden Touristen erschwinglich. Die Frauen, die ihre Waren in Muang Sing verkaufen haben ihr Angebot im Laufe der Zeit erweitert. Nun bieten sie auch Umhängetaschen in verschiedenen Größen und mit den verschiedensten Bestickungen an, die jüngsten Modelle wurden mit praktischen Reißverschlüssen versehen und damit an die Bedürfnisse der falang angepasst. Das Muster und Herstellungsprinzip der Armbändchen wurde auf Gürtel übertragen, die den jungen Touristinnen angeboten werden. Babymützen und Kopfbedeckungen, wie sie die Kinder und vor allem die Mädchen der Akha tragen, wurden von den Frauen vergrößert und an männliche Touristen verkauft. 162

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Auffällig ist, dass die wenigsten der angebotenen Souvenirs von den Akha selbst getragen werden: Die von ihnen benutzen Alltagsgegenstände wie etwa Umhängetaschen sind durchaus reich verziert und bestickt, sie sehen jedoch vollkommen anders aus als die Taschen, die für die Touristen hergestellt werden und sind um einiges arbeitsaufwendiger. Neben dem Arbeitsaufwand spielen auch die Erfahrungen mit Touristen eine Rolle bei der Erweiterung des Warenangebots. Nur sehr selten kaufen Touristen tatsächliche Bestandteile der Akha-Tracht wie etwa die aufwendig bestickten Stulpen, lakha genannt. Eine der Akha-Frauen bemerkte jedoch, dass Touristen auf Trekkingtouren längliche Umhängetaschen bei sich trugen, in denen sie Wasserflaschen transportierten. Also nähte sie ein lakha an einer Seite zusammen, befestigte ein langes Band daran und verkaufte es als „Flaschentasche“ – mit Erfolg. Weitere Inspiration erhalten die Frauen durch Souvenirverkäufer anderer Ethnien, die ihre Ware zum Teil auch in großen Tourismuszentren wie Luang Prabang verkaufen und von dort mit neuen Ideen und Erfahrungen zurück nach Muang Sing kommen. Die Akha wissen jedoch auch, dass sie nicht einfach die Souvenirs anderer Ethnien kopieren können; sie bemühen sich, den Waren ein typisches Akha-Aussehen zu verpassen und betonen gegenüber den Touristen immer wieder, dass es sich um echte Akha-Souvenirs handelt.

Umgang mit Touristen Wichtig ist für die Akha-Frauen aus Ban Mai die ständige Nähe zu Touristen. Tagtäglich brechen sie morgens auf und machen sich auf dem Weg nach Muang Sing, erst am späten Nachmittag kehren sie zurück in ihr Dorf. Da sie nie sicher wissen, wann die Touristen kommen, versuchen sie, soviel Zeit wie möglich in Muang Sing zu verbringen. Einige laufen den Touristen auf dem Markt, auf der Straße oder in Restaurants entgegen und strecken ihnen Armbänder hin. Dieser Geste wird mit den Worten „Akha, Akha“ mehr Nachdruck verliehen. Manchmal versuchen die Frauen vor allem bei alleine Reisenden, ein „Gespräch“ zu beginnen, was angesichts unterschiedlicher Sprachen einiges an Kreativität, Gestik und Lautmalerei erfordert. Wie dies genau abläuft soll anhand eines Auszugs aus meinem Feldtagebuch, der meine erste Begegnung mit einer dieser Frauen dokumentiert, illustriert werden: „Ich sitze im Daneua-Restaurant, außer mir ist nur noch ein Touristenpaar anwesend und isst zu Mittag. Zwei Akha-Frauen, eine ältere von schätzungsweise 50 Jahren, und eine jüngere, vielleicht 25 Jahre alt, betreten den Hof des Restaurants. Sie haben zahlreiche Souvenirs bei sich, Armbänder, Taschen, Gürtel und Mützen. Die ältere Frau kommt auf das Pärchen zu, da ich an einem Tisch dahinter sitze bekomme ich alles mit. Ungefähr eine Minute lang streckt die ältere Akha-Frau den beiden ihre Armbänder entgegen. Sie macht dabei immer wieder ein leises Geräusch ‚scccchhhh, sch-sch-sch...‘, lächelt, deutet immer wieder auf ihre Ware und nickt. Die Touristen lächeln ebenfalls, schütteln den Kopf, sagen ‚No‘. An der Wand des Restaurants hängt eine selbstgezeichnete Karte der Umgebung, auf der die Dörfer auf Englisch verzeichnet sind. Ich bin gerade damit beschäftigt, diese 163

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? Karte eingehender zu betrachten, als die ältere der Akha-Frauen auf mich zu kommt. Sie folgt meinem Blick, lacht, deutet auf die Karte und sagt ‚Akha, Akha‘. Dabei schüttelt sie den Kopf und fährt mit den Fingern über die eine Handfläche und macht Schreibbewegungen nach: Die meisten Akha können wie sie weder schreiben noch lesen. Meine Aufmerksamkeit hat sie damit gewonnen. Dann deutet sie auf ihre Armbänder, lächelt, macht wieder dieses eigenartige, leicht zischende Geräusch. Ich sage immer wieder ‚No, thank you.‘ und schüttele den Kopf. Sie deutet auf eine Tasche, lächelt wieder. Trotz meinem ständigen Kopfschütteln verändert sich ihr Gesichtsausdruck nicht, ich beginne zu schwanken, denn sie wirkt irgendwie sehr sympathisch. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie die jüngere der Akha-Frauen ihr Glück bei dem Touristenpärchen am Nachbartisch versucht. Die ältere Frau hat auch mich noch nicht aufgegeben, sie macht wieder ‚sch, schsch...‘, hält ihre Zeigefinger aneinander und führt sie in entgegengesetzte Richtungen. Sie zeigt auf die beiden Touristen, wiederholt die Geste, zeigt auf mich. Ich muss an Flugzeuge denken, an Bewegungen. Möchte sie mir damit andeuten, dass die beiden anderen Touristen und ich unterwegs sein werden und bald wieder mit dem Flugzeug nach Hause fliegen? Vielleicht ist das ja die letzte Gelegenheit vor der langen Heimreise noch Andenken aus Muang Sing zu kaufen? Ich bleibe stur, kaufe immer noch nichts. Dann macht sie wieder die Geräusche, die Geste und sagt ‚Mama, Papa‘, deutet auf ihre Armbänder und schiebt ein ‚AkhaAkha!‘ dazu. Ob sich meine Eltern wohl über solche Mitbringsel freuen würden? Wieder schüttele ich den Kopf. Sie wendet sich von mir ab, sagt leicht singend ‚No, thank you.‘ und geht zu dem Pärchen und der jüngeren Akha zurück. In der folgenden Viertelstunde bieten sie den beiden abwechselnd Armbänder, Taschen, Gürtel, Mützen und eine Pfeife an. Die Jüngere setzt der Touristin eine der Mützen auf den Kopf, diese lacht, lehnt aber ab. Sie legt der Touristin einen Gürtel an, obwohl diese versucht, sich mit abweisenden Gesten zu wehren. Ihr Begleiter lässt sich auf Verhandlungen über den Preis einer Mütze ein, die ihm jedoch zu teuer ist. Die beiden Akha versuchen ihn zu überzeugen, sie strecken den Daumen nach oben und sagen immer wieder ‚ok, ok‘. Es folgen weitere Verkaufsargumente: Die jüngere sagt ‚Baby, Baby‘, deutet auf ihren offenen Mund, und ahmt ein weinendes Kind nach. Als sie ‚Akha no money!‘ sagt, wirken die Touristen peinlich berührt. Dann zieht die Ältere eine Opiumpfeife aus ihrer Tasche und tut so, als würde sie rauchen. Der Tourist schüttelt den Kopf, verneint mit den Händen. Die ältere Akha zeigt Richtung Berge, macht mit der Hand eine Bewegung in diese Richtung und nickt. Vielleicht möchten die beiden sie ja in ihr Dorf begleiten? Der Tourist lehnt ab. Er steht auf um die Rechnung für das Essen zu bezahlen, während seine Begleiterin immer noch von den beiden Akha umgeben ist. Schließlich verlässt das Paar das Restaurant, die Frauen folgen ihnen. Als ich fünf Minuten später ebenfalls auf die Straße trete sehe ich in 100 Meter Entfernung das Paar und die beiden Frauen. Es sieht so aus, als seien sie erneut in Preisverhandlungen verwickelt.“ (Feldtagebuch, 28.01.04)

Verkaufssituationen wie diese lassen sich nahezu täglich in Muang Sing beobachten. Die Touristen reagieren darauf sehr unterschiedlich, viele kaufen den Frauen jedoch zumindest ein Armband ab in der Hoffnung, anschließend nicht weiter bedrängt zu werden. Immer wieder kommt es vor, dass Reisende auf das Angebot der Frauen, mit in ihre Dörfer zu kommen, eingehen und dann mehr Zeit in Begleitung einer der Frauen verbringen. Hierbei haben die Souvenir-Verkäuferinnen die Gelegenheit, all ihre Erfahrungen im Umgang mit Touristen auszuschöpfen. Bei einer meiner ersten Besuche in Ban Mai versuchte meine AkhaBegleiterin mir ein ganzes Tagesprogramm zusammenzustellen, bestehend aus 164

LEBENSWELTEN

Besichtigungen verschiedener Felder ihres Dorfes, gemeinsamen Erkundungen der Umgebung und Erklärungen der Akha-Häuser. Meine Gastgeberin erkundigte sich nach meinen Nahrungsvorlieben und wollte wissen, ob ich Fleisch esse oder nicht. Da an diesem Abend ein Heilungsritual stattfinden sollte, achtete sie darauf, dass ich mich satt gegessen hatte bevor die Feierlichkeiten begangen. Sie war, wie sie mir darauf erklärte, besorgt, dass ich das rituelle Mahl der Familie nicht mögen würde und wollte mich nicht hungrig zu Bett gehen lassen. Am späten Nachmittag begann sie für mich zu kochen und zeigte mir jedes der Gewürze und Zutaten. Sie versicherte sich mehrmals, ob sie Natriumglutamat und Chili an das Essen geben dürfe. Diese Vorsicht überraschte mich, hatte ich doch in Muang Sing fast täglich erlebt, wie Touristen in den laotischen Restaurants vergeblich dafür kämpften, mildere Speisen ohne Fleisch oder Glutamat zu bekommen und ihre Wünsche von ihren laotischen Wirten immer wieder großzügig ignoriert wurden. Tatsächlich versuchen die Akha-Frauen von Ban Mai im Gegensatz zu den Wirten von Muang Sing Beziehungen zu den Touristen aufzubauen, die über den simplen Waren-Geld-Austausch hinausgehen. Damit kommen sie den Wünschen vieler Touristen entgegen, die auf der Suche nach Begegnungen mit den Menschen vor Ort sind und damit das „Angebot“ der Frauen schätzen. Diese Art von Touristenkontakten ist für die Frauen aus vielerlei Hinsicht wichtig: Durch den längeren Kontakt mit Touristen lernen sie mehr über deren Bedürfnisse. Sie lernen die Sprache kennen und haben im Gegenzug die Möglichkeit, auf ihre eigenen Probleme und Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Nur wenn sie mehr Zeit mit den Touristen verbringen, können sie Gastfreundschaft beweisen und den Touristen das Gefühl vermitteln, nicht lediglich eine Einnahmequelle zu sein. Der bereits eingangs erwähnte Tourist Antoine erzählte in diesem Zusammenhang von seinen Erlebnissen mit den AkhaFrauen: „Normalerweise muss ich auf dem Markt für eines dieser süßen Eisgetränke 2.000 Kip bezahlen. Aber wenn ich mit einer der Frauen über den Markt gehe, helfen sie mir beim Einkaufen. Sie bekommen alles billiger weil die Verkäufer ja wissen, dass die Akha arm sind. Meistens zahle ich dann höchstens die Hälfte, für das Eis habe ich sogar nur 500 Kip bezahlt.“ (Antoine, 19.04.04)

Antoine fühlte sich den Akha-Frauen näher als den Laoten auf dem Markt. Er hatte den Eindruck, die Frauen hätten ihm „geholfen“ und ihn vor den in seinen Augen zu Unrecht überhöhten Preisen der Laoten geschützt. Touristen sind aus Sicht der Frauen in einer ähnlichen Situation wie die Akha auch: Sie werden von den übrigen Laoten, von den Tai Neua und Tai Dam hintergangen oder herablassend behandelt. Vor allem jene Touristen, die sich auf die Akha-Frauen einlassen, bekommen Einsicht in das angespannte Verhältnis zwischen den Akha und Vertretern anderer Ethnien. Sie nehmen zum Teil Diskriminierung wahr, wenn beispielsweise Akha-Frauen mit Schimpf aus Restaurants vertrieben werden. Dass sich ausgerechnet diese Außenseiter der laotischen Gesellschaft in den Auseinandersetzungen zwischen 165

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Touristen und anderen Ethnien auf die Seite der Touristen schlagen, schafft ein Verbundenheitsgefühl. Die Beziehung zwischen Touristen und den Akha-Frauen wird durch das Übernachten in den Dörfern gestärkt. Viele der Besucher berichten, dass sie den Frauen sehr dankbar für den tieferen Einblick in das Dorf- und Familienleben waren. Gleichzeitig fühlten sie sich durch diese Nähe auch dazu verpflichtet, ihren Gastfamilien zu helfen, indem sie beispielsweise Medikamente für kranke Familienmitglieder, Nahrung, Moskitonetze oder andere Haushaltsgegenstände kauften. Die Teilnahme an einem Ritual im Dorf wird für sie verständlicherweise zu einem ganz besonderen Erlebnis, um so mehr, wenn das Ritual wie in dem eingangs beschriebenen Beispiel von Antoine den Touristen selbst gilt.

Rituale für Touristen Wenn die Frauen von Ban Mai ein baci zur Verabschiedung der Touristen organisieren, so ist diese Zeremonie aus mehreren Gründen bemerkenswert. Rituale, bei denen die Handgelenke mit Fäden umwickelt und Segnungswünsche ausgesprochen werden, sind in Festland-Südostasien unabhängig von religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit weit verbreitet (Kammerer 1996: 96). Oft werden diese Rituale als ein symbolisches Festbinden der Seele an den Körper interpretiert (Izikowitz 2001; Kammerer 1996: 96).11 In Laos wird diese Zeremonie baci genannt, und kaum etwas wird sowohl von Laoten als auch von Ausländern als „typischer laotisch“ empfunden. Sowohl in den Familien und Dörfern als auch den Städten und selbst auf Regierungsebene ist es ein sehr beliebtes und wichtiges Ritual, das regelmäßig stattfindet.12 Mittlerweile haben auch einige Reiseagenturen ein Verabschiedungs11 Lewis (1998) beschreibt das Umwickeln der Handgelenke mit Baumwollfäden für die Namensgebung von Neugeborenen bei den Karen, Heilritualen der Hmong, Verlobungen und Namensgebungen der Lahu, Neujahrszeremonien der Lisu. Dies deutet darauf hin, dass Bindezeremonien in der Region des Goldenen Dreiecks von den unterschiedlichen Ethnien zu jeweils unterschiedlichen Ritualen verwendet werden. 12 Für Weggel ist das laotische baci Ausdruck der laotischen Gesellschaft schlechthin. Er spricht hierbei von einem „vorbuddhistischem“ Ritual, das durch animistische Elemente geprägt ist: „Hierbei handelt es sich um eine feierliche Verknüpfungshandlung, die häufig von gesungenen Segenswünschen eingeleitet wird und in deren Verlauf Schnüre um das Handgelenk der zusammenzuführenden Personen geknüpft werden, um auf diese Weise nicht nur alle 32 Seelen einer Person, sondern auch die teilnehmenden Gäste auf ein gutes Gelingen einzuschwören und sie dabei an einen geschlossenen Kreis zu bannen. Anlässe für solche Bindungsrituale können Marksteine auf der Lebensreise (Hochzeit, Familientreffen, Erntedank) oder aber sonstige freudige Ereignisse (z. B. Bewirtung eines geschätzten Gastes) sein. In jedem Fall werden in die Gemeinschaft der Anwesenden auch die im Umfeld befindlichen phi („Geister“) einbezogen und 166

LEBENSWELTEN

baci für ihr Klientel mit in ihr Programm aufgenommen. Für Weggel (2004: 380) ist die Form des laotischen baci zudem Ausdruck von Gefolgschaftsdenken und Partikularismus und dient zur Beschwörung von Gemeinsamkeit: „Dieser Zwang zur dauernden Beschwörung ist um so bedeutender, als der so problematische Riss zwischen Tiefland-Laoten und Montagnards ausgerechnet hier, im Bereich animistischer Gemeinsamkeiten, wenigstens teilweise überbrückt wird.“ (Weggel 2004: 388) Die Akha kennen ähnlich wie andere ethnische Minderheiten „curing, corrective, and fortifying feasts at which strings are tied around the wrist of the person for whom the feast is performed […].“ (Kammerer 1996: 87) Kammerer bezeichnet diese Zeremonien als eine Gelegenheit, bei der jeder unabhängig von Geschlecht, Alter und Herkunft Segen („blessing“) auf eine andere Person übertragen kann (1996: 93). Während Bindezeremonien für Heilungsund Stärkungsrituale bei den Akha oft vorkommen, werden sie im Falle von Verabschiedungen nur in sehr seltenen Fällen benutzt. Abschiede, bei denen ich anwesend war wurden zelebriert, indem ein Huhn oder ein Hund geschlachtet wurde und der Ältestenrat gemeinsam mit dem Reisenden aß und cibeu trank. Allerdings wurde von mehreren Projektmitarbeitern immer wieder berichtet, dass sie bei längeren Aufenthalten in Akha-Dörfern mit einer baci-Zeremonie und dem typischen Umwickeln der Handgelenke verabschiedet wurden. In der laotischen Gesellschaft ist eine Verabschiedung von Familienmitgliedern und Gästen ohne ein baci nicht vorstellbar. Dies bringt die Vermutung nahe, dass diese Art der Abschiedszeremonie von den Behörden bei ihren Besuchen der Akha-Dörfer eingeführt wurde, vielleicht sogar im Sinne eines allgemeinen „Nation-Building“. Lyttleton beschreibt eingehend, dass vor allem die in das Tal von Muang Sing umgesiedelten Akha sehr bemüht sind, sich einen laotischen und damit modernen Lebenswandel anzueignen (Lyttleton 2004). Denkbar wäre, dass Akha-Projektmitarbeiter oder andere reformbemühte Dorfmitglieder das baci in einigen der Dörfern einführten, um für Außenstehende die Akha als Angehörige der laotischen Gesellschaft zu kennzeichnen. In den umgesiedelten Akha-Dörfern erscheint die Ausweitung der Bindezeremonien auf Abschiede in einem etwas zwiespältigen Licht: Für die Akha selbst können sie als Ausdruck der Anpassung an laotische Werte verstanden werden, als ein Zugeständnis an den von den Behörden initiierten gesellschaftlichen Wandel. Für die Touristen hingegen ist das Abschieds-baci ein Symbol für die Traditionalität der Akha, für ihre „Ursprünglichkeit“ im Gegensatz zu den Laoten. Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass es sich dabei nicht einfach um ein Missverständnis zwischen Akha und Touristen handelt. Die Frauen von Ban Mai sind den Touristen gegenüber durchaus bemüht, das beschwörend dazu verpflichtet, gemeinsames Gelingen zu ermöglichen und von Gegenwirkungen abzusehen.“ (Weggel 2004: 376) 167

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

baci möglichst als traditionelles Ritual der Akha zu präsentieren. So haben die Akha-Frauen für Antoines Verabschiedung einige Akha-Details hinzugefügt: Ila verwendete nicht weiße Bindefäden, sondern verknüpfte rote, schwarze und weiße Fäden miteinander. Nach der Zeremonie wickelte sie die Bänder wieder ab, flocht sie erneut zusammen und befestigte noch eine Kaui-Muschel daran. Kaui-Muscheln werden von den Akha verwendet, um Frauenjacken und Gürtel zu verzieren. Sie lächelte, als sie Antoine die Muschel zeigte und bekräftigend „Akha“ sagte. Die Farben und zusätzlichen Details heben den Unterschied zu „normalen“ laotischen baci hervor und geben ihm für Außenstehende das Image eines Akha-Rituals. Das Band mit den Muscheln erhielt Antoine zurück. Nicht nur die Funktion des eigentlichen Bindens zählt in diesem Falle, sondern auch die Attraktivität des Bandes: es wird zum Amulett und zum schmückenden Souvenir gleichzeitig. Diese Form des baci wird von den Frauen verwendet, um die Loyalität der Touristen der gastgebenden Familie gegenüber zu verstärken. Der Besucher soll sich zumindest kurzzeitig als Mitglied einer Gemeinschaft fühlen, für deren Wohlergehen er zukünftig auch eine gewisse Verantwortung übernehmen soll. Das Ritual verbindet ihn symbolisch mit seinen Gastgebern, die Bänder an den Handgelenken sollen ihn noch über einen längeren Zeitraum an das Dorf erinnern. Aber nicht nur Antoine soll die Akha im Kopf behalten: die Frauen wissen, dass er auf seiner Reise anderen Touristen begegnen wird. Auf Busfahrten, in Restaurants und Gästehäusern unterhalten sich die Touristen miteinander. Oft genug haben die Frauen gesehen, dass ein Besucher ihres Dorfes bei seiner Rückkehr in Muang Sing von seinen Erlebnissen im Dorf berichtet und damit das Interesse der Neuankömmlinge weckt. Das Armband, von dem Antoine versprechen musste, es während der Reise nicht abzunehmen, könnte durchaus für Gesprächsstoff mit anderen Touristen führen und dann zur Werbung für ihr Dorf werden. Anders als in Ban Kao treffen Touristen und Akha sich in Ban Mai nicht im Außenbereich des Dorfes. Die Frauen von Mai eröffnen vielmehr einen neuen Innenbereich, der von den Touristen als typisch und authentisch Akha empfunden wird. Der Tourist soll nicht einfach nur beobachten, sondern soll eine Rolle im Dorf einnehmen, die eng mit seiner ökonomischen Bedeutung verknüpft ist. Die Begegnung in Ban Mai ist von einer Art direktem Tausch zwischen Akha und Touristen geprägt, wobei die Frauen die Bedingungen des Tausches so weit wie möglich bestimmen. Allerdings ist der Innen- und Außenraum der Akha in den umgesiedelten Dörfern weniger streng bestimmt als in Ban Kao. Durch die Nähe zu Muang Sing und den Mangel an fruchtbarem Land sind die Bedürfnisse der umgesiedelten Dörfer andere: der Zugang zum Markt und zu Lebensmitteln, aber auch zu Schulen und Transportmitteln spielt eine ungemein wichtigere Rolle. Damit sind die Menschen in der Umgebung von Muang Sing auch abhängiger von Geld, die Frauen von Ban Mai abhängiger von Touristen. 168

LEBENSWELTEN

Diese Abhängigkeit ist in vielerlei Hinsicht nicht unproblematisch. Touristen stellen keine verlässliche Einnahmequelle dar, die Besucherzahlen Muang Sings können von den Akha in keiner Weise beeinflusst werden. Zudem ist das Verhalten mancher Touristen in den Dörfern selbst nicht immer ohne Schwierigkeit und schwer berechenbar. Es kann immer wieder vorkommen, dass von Alkohol, Opium oder anderen Drogen berauschte Besucher aggressiv werden oder auf Kosten der Dorfbewohner leben und sich nur wenig großzügig zeigen. Dieses Risiko besteht für die Akha, die sich auf eigene Faust im Tourismus engagieren, immer. Auf der anderen Seite können die Einkünfte einer Akha-Familie durch einen einzigen Touristen innerhalb kürzester Zeit enorm aufgebessert werden, und zwar ohne, dass zuvor viel Arbeit oder Kapital investiert werden muss. Dieser Aspekt ist für die Frauen von Ban Mai so bedeutend, dass sie jeden Tag aufs neue nach Muang Sing aufbrechen und den Kontakt zu Touristen suchen.

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MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Abbildung 11: Akha-Frauen beim Souvenirverkauf in Muang Sing; Foto: Michael Flacke

Abbildung 12: Akha-Frauen beim Souvenirverkauf in Muang Sing; die Frauen bemerken, dass sie fotografiert werden und nehmen ihr Kopftuch ab; Foto: Michael Flacke 170

6. K ONFLIKTE AN DEN S CHNITTSTELLEN : T RANSFORMATIONSPROZESSE UND KRITISCHE M OMENTE In Kapitel 5 erfolgte eine allgemeine Situationsbeschreibung des Tourismusfeldes Muang Sing, bei dem die Positionen verschiedener Akteure skizziert wurden. Damit wurden die verschiedenen Ebenen innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing aufgezeigt. Die sozialen Akteure verfolgen vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Lebenswelten bestimmte Ziele. Anhand ihrer Handlungen und den Strategien, die sie einsetzen, werden Grenzen zwischen den einzelnen Ebenen im Tourismusfeld deutlich. Das folgende Kapitel geht verstärkt auf Gegebenheiten und Geschehnisse ein, die von den verschiedenen Akteuren in Interviews und Gesprächen thematisiert wurden. Dabei handelt es sich zum Teil einfach um Situationen, in denen die unterschiedlichen Lebenswelten der sozialen Akteure innerhalb des Tourismusfeldes zum Tragen kommen. Das Aufeinandertreffen verschiedener Lebenswelten führt nicht immer zwangsläufig zu Konflikten oder wird von den sozialen Akteuren als problematisch eingestuft. Einige der im Folgenden beschriebenen Fälle sind jedoch konfliktreich in dem Sinne, dass nicht nur die Unterschiedlichkeit der Lebenswelten verschiedener Akteure deutlich in Erscheinung treten, sondern dass sie zudem zu entgegengesetzten Interessen und Handlungsstrategien führen. Hier kommt es zu sozialen Schnittstellen zwischen den verschiedenen Ebenen innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing und Diskontinuitäten, Brüche und Konflikte werden sichtbar. Bei der Gegenüberstellung der verschiedenen Lebenswelten der Akteure wird deutlich, dass sich auch die Problemsichten auf das Tourismusfeld Muang Sing stark voneinander unterscheiden.1 Diese unterschiedlichen Rationalitäten, wie sie Long nennt, sollen hier berücksichtigt werden: „[...] actororiented concepts aim to find room for a multiplicity of rationalities, desires, capacities and practices […]“. (Long 2001:15) Die akteursorientierte Untersuchung orientiert sich prinzipiell an den Themen und Situationen, die von den Akteuren selbst als kritisch oder problematisch eingestuft werden. Es gibt drei Fährten, drei Gesprächsthemen, auf die ich im Laufe meiner Feldforschung immer wieder stieß und die immer in unmittelbarer Verbindung zu Konflikten gesehen werden können: (1) Die Frage nach der hierarchischen Ordnung der Akteursbeziehungen im Touris1

Eine Übersicht über die verschiedenen Akteure im Tourismusfeld bietet Abb. 7, Tabelle 7 fasst die verschiedenen Konfliktbeziehungen zwischen den Akteuren zusammen. 171

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

musfeld, (2) die Frage des Ressourcenzugangs und der Einkommensverteilung für die Akteure und (3) die Frage nach kulturellem Wandel und Entwicklung. Spuren finden, Fährten lesen: Projektpläne als Ausgangsbasis Für eine Schnittstellenanalyse hat die Untersuchung von Projektplänen eine wichtige Funktion, denn in ihnen werden die Sprache und die ursprünglich formulierten Ziele des Projektes deutlich. Bereits vor meinem Feldforschungsaufenthalt in Muang Sing hatte ich die Möglichkeit, einige kritische Bereiche des Tourismusfeldes Muang Sing kennen zu lernen. Projektmitarbeiter vor Ort ließen mir per E-Mail das von Schipani verfasste Dokument The GTZ Community Based Ecotourism Programme in Muang Sing (2003) zukommen. Diesen Projektplan verstehen die Mitarbeiter als Grundlage und Ausgangsbasis für Diskussionen und Aktivitäten rund um gemeindeorientierten Tourismus. Neue Mitarbeiter und Praktikanten verschaffen sich anhand dieses Dokuments einen Überblick über die Anforderungen von gemeindeorientiertem Tourismus, und auch Kurzzeitexperten benutzen es als Informationsmaterial um die touristische Situation in Muang Sing zu analysieren.2 Neben einem allgemeinen Überblick über die touristische Entwicklung Muang Sings und den Zielen des gemeindeorientierten Tourismus finden sich im Anhang des Community Based Ecotourism Programme auch Fragebögen, Vordrucke für Leitfadeninterviews (Schipani 2003: 53 f., Annex G: Monitoring Protocol & Sample Data Collection Forms) und Anmerkungen zu notwendigen Trainingsabläufen und Workshops (Schipani 2003: 50 f., Annex E: Framework for Village-Based Tourism Awareness Seminars). Anhand des Projektplans wird ersichtlich, wie eng gemeindeorientierter Tourismus mit „globalen Idealvorstellungen“ von Demokratie, Gleichberechtigung der Geschlechter und Ethnien, Partizipation, Selbstbestimmung und gerechter Einkommensverteilung verknüpft ist. Diese Ideen stehen in Kontrast zu den konfliktreichen Prozessen, die das Tourismusfeld Muang Sing kennzeichnen. Im Folgenden sollen einige dieser Projektideen, die auf globale Diskurse verweisen, exemplarisch vorgestellt und lokalen Fallbeispielen sowie den Ergebnissen meiner Feldforschung gegenübergestellt werden.

Gesellschaftliche Strukturen als Konfliktfaktor Parallel zur entwicklungspolitischen Debatte lassen sich in den Projektplänen zum gemeindeorientierten Tourismus in Muang Sing Vorstellungen davon 2

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Als Beispiel sei hier Schultze genannt, der sich für seine Analysen und Handlungsempfehlungen für die GTZ auf Schipanis Projektplan beruft. Vgl. hierzu Schultze (2003).

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

wiederfinden, wie eine Gesellschaft idealer Weise organisiert sein sollte um nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.

Strukturelle Konflikte: Problemsicht von Experten und Projektmitarbeitern Der Projektplan ist für Mitarbeiter vor Ort durchaus handlungsweisend und nimmt großen Einfluss auf deren Einschätzung und Problemsicht im gemeindeorientierten Tourismus. Die lokalen Mitarbeiter gehen jedoch davon aus, dass nicht alle im Projektplan genannten Ziele erreicht werden können und die Vorgaben eher als eine Art grobe Richtlinie verstanden werden sollten. Sowohl Projektmitarbeiter als auch Initiatoren von gemeindeorientiertem Tourismus in Muang Sing nehmen Diskontinuitäten und Konfliktfelder im Tourismusfeld wahr. Im Gegensatz zu anderen sozialen Akteuren sprechen sie meist von „Umsetzungsschwierigkeiten“, das heißt, sie sehen Probleme an den Stellen, an denen die einzelnen Vorgaben des Projektes – aus welchen Gründen auch immer – von Akteuren nicht beachtet wurden bzw. nicht beachtet werden konnten. Durch diesen Blickwinkel auf das Geschehen unterscheiden sich die Projektmitarbeiter und Experten wesentlich von anderen lokalen Akteuren. Denn die Möglichkeit eines Vergleichs von Projektvorhaben und tatsächlich umgesetzten Projektpunkten ist anderen sozialen Akteuren nicht gegeben, da sie keine oder nur begrenzte Kenntnis von den ursprünglichen Plänen haben. Als Ursache für Umsetzungsschwierigkeiten wurden von Experten und Projektmitarbeitern meist strukturelle Probleme genannt, wie etwa mangelnde Unterstützung durch öffentliche Behörden und laotische Institutionen. Dies zeigt auch der folgende Ausschnitt aus einem Projektdokument: „However, because there has been little follow-up technical support and guidance provided by either the PTO [Provincial Tourism Office, Anmerkung CN] or NHEP [Nam Ha Ecotourism Project, Anmerkung CN], critical institutional mechanisms and the expertise required to support long-term sustainability of the sector are still lacking at the district level. Overall, tourism services and information has improved slightly over the past two years, but there has been little improvement in interdepartmental cooperation related to tourism management or public and private sector financial benefit sharing.“ (Schipani 2003: 7)

An der Situation, die Schipani in seinem Dokument bereits 2003 kritisierte, hat sich nach Ansicht von Mitarbeitern und Experten nicht viel geändert. Im oben zitierten Abschnitt wird die Position der Experten deutlich: Was laut Schipani fehlt, – und dem stimmten meine Interviewpartner aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu – sei Expertenwissen vor Ort und damit ein tieferes Verständnis für das Prinzip von gemeindeorientiertem Tourismus, eine übergeordnete und institutionelle Organisation des Projektes sowie eine Vernetzung verschiedener laotischer Behörden. Die Missstände in der Zu173

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

sammenarbeit mit den Tourismusbehörden auf Provinz- und Distriktebene wirken sich nicht nur auf die Qualität des angebotenen Programms für Touristen aus. Sie werden auch als Ursache dafür gesehen, dass sich die Situation in den am Projekt beteiligten Akha-Dörfern nicht verbessert. „This is especially true regarding the remote mountain communities that are the district’s main tourist attraction, yet still receive only modest and sometimes no financial benefits from tourism.“ (Schipani 2003: 7)

Strukturelle bzw. institutionelle Probleme spielen für die Gruppe der Projektmitarbeiter und Tourismusexperten eine große Rolle im gemeindeorientierten Tourismus. Die hierzu befragten Akteure erklärten, dass mangelndes Verständnis der laotischen Behörden für die Prinzipien von nachhaltiger Tourismusentwicklung der Grund dafür sei, dass das Potenzial des Projektes nicht vollkommen ausgeschöpft werde. Bevor das erste Projekt startete, so erklärte Foster im Gespräch (29.03.04), konnte sich in Laos niemand etwas unter Ökotourismus oder gemeindeorientiertem Tourismus vorstellen. Immer wieder sei er gefragt worden, warum Touristen viel Geld bezahlen sollten, um unterentwickelte Dörfer zu besuchen, in denen es weder Komfort noch Infrastruktur gibt. Noch schwieriger zu überzeugen seien die laotischen Behörden jedoch, wenn es darum gehe, die besuchten Dörfer entsprechend der Planung in das Projekt zu integrieren. Foster erläuterte, dass einheimische Vertreter der laotischen Tourismusbehörden gemeindeorientierten Tourismus nicht zuletzt auch als Kontrollinstrument begreifen, mit dessen Hilfe z. B. Opiumkonsum bei Touristen und ethnischen Minderheiten eingeschränkt werden könne. Eine aktive Einbindung von beteiligten Gemeinden, wie sie im Projektplan vorgesehen ist, erscheint den laotischen Behörden vor diesem Hintergrund überflüssig. Foster und andere Tourismusberater sind davon überzeugt, dass gemeindeorientierter Tourismus einen positiven Beitrag zur allgemeinen Entwicklungslandschaft Laos’ bieten kann. Allerdings besteht aus Sicht der Experten noch Handlungsbedarf, der sich vor allem auf die Vermittlung von Wissen an die entsprechenden laotischen Schlüsselpersonen und -institutionen richtet: „We could do better!“ lautete Fosters Devise.3 Einige Projektmitarbeiter nannten die im Projektplan angedeuteten institutionellen Schwierigkeiten als einzige Konfliktbereiche im gemeindeorientierten Tourismus. Touristische Aktivitäten, die außerhalb des gemeindeorientierten Tourismus stattfinden, wurden zwar sowohl im Projektplan als auch in Interviews als problematisch eingestuft, aber nicht in Zusammenhang mit dem Projekt selbst gesehen. Deutlich wurde das beispielsweise während eines Gesprächs mit einem Mitarbeiter vor Ort. Er hatte während des Interviews ebenfalls auf oben genannte Probleme mit laotischen Behörden hingewiesen. Auf 3

Pers. Mitt. (29.03.04). Vergleiche auch Schipani in SNV (SNV Netherlands Development Organization 2003: 66). 174

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

die Frage, ob es denn außer diesen Missständen auf institutioneller Ebene noch andere, mögliche Konfliktbereiche im gemeindeorientierten Tourismus gebe, antwortete er: „Ich glaube nicht, dass Tourismus lokale Konflikte schüren wird, wie es bei anderen Projekten ja manchmal der Fall ist. Das kann ich mir für Muang Sing nicht vorstellen.“ (Schmidt, 22.04.04) Zieht man den Arbeitsbereich Schmidts und seine Vernetzung mit anderen sozialen Akteuren in Betracht (vgl. Abb. 6) so wird diese Aussage nachvollziehbar. Da er vor allem auf institutioneller Ebene arbeitet und Kontakte mit Beamten und Experten, nicht aber mit lokalen Akteuren wie den betroffenen Gemeinden oder den Guides unterhält, nimmt er Konflikte vor allem im institutionellen Bereich wahr. Andere westliche aber auch laotische Mitarbeiter am Projekt haben mehr Kontakt zu lokalen Akteuren, sind jedoch durch ihre starke institutionelle Einbindung ebenfalls an den Konflikten auf dieser institutionellen Ebene orientiert. Aus Sicht der übrigen Akteure lassen sich durchaus weitere Konfliktfelder im gemeindeorientierten Tourismus sowie im Tourismusfeld Muang Sing entdecken.

Wissen und Hierarchie im gemeindeorientierten Tourismus Guides und Mitarbeiter des Muang Sing Tourism Office betonten in Gesprächen, wie wichtig nachhaltiger Tourismus für Muang Sing sei. Wenn die Guides von nachhaltigen Tourismusformen überzeugt sind, so liegt dies nicht daran, dass sie Verfechter von Prinzipien wie Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und Partizipation sind. Vielmehr begreifen sie Ökotourismus als ein Konzept, dass den Wünschen einer westlichen Reisegesellschaft entgegenkommt und dadurch marktorientiert und Erfolg versprechend ist. Nachhaltiger Tourismus ist jedoch auch mit Kenntnissen und Wissen verbunden, das sie nur durch den Kontakt mit ausländischen Entwicklungsinstitutionen erhalten. Experten werden daher sehr hoch geschätzt, wie Bounthan, der Manager des Tourism Office erklärte: „The man who first thought about ecotourism is very clever I think; eco is very important for developing the tourism. Lao only opened in 1997 for tourists because of new policy and more income and improving the economic situation for the country: transport, guesthouse, restaurant… when no tourists come, very difficult; we have to do our best to continue; but we don’t have enough experience with ecotourism, it is difficult.“ (Bounthan, 15.07.04)

Zwischen dieser Haltung und der Position der Entwicklungsexperten (s. o.) lassen sich Parallelen erkennen. Die Akteure, die für Entwicklungsinstitutionen arbeiten, betonten, dass Laoten mit der Umsetzung nachhaltiger Tourismusformen nicht genug Erfahrung hätten. Die Ansicht, lokale Akteure bräuchten daher die Hilfe ausländischer Tourismusexperten, vertraten auch Guides sowie der Manager des Tourism Office:

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MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? „The Nam Ha Ecotourism Project stopped in October 2002. But we need more support. We want to learn more about techniques of guiding, tourism management and how to train.“ (Bounthan, 02.02.04)

Durch diese Einschätzung der eigenen Kompetenz im Bereich von nachhaltigen Tourismusformen entsteht aus Sicht der Guides eine Wissenspyramide (s. Abb. 13). Das Wissen, um das es hier geht, ist entwicklungsbezogenes Wissen, das für die Arbeit mit Entwicklungsorganisationen und in Projekten unerlässlich ist. Erst durch die Teilnahme an Schulungen haben einheimische Akteure die Möglichkeit, überhaupt einen Rangplatz in dieser Wissenspyramide einzunehmen. Die Guides haben ein dreimonatiges Training absolviert, in den Dörfern gab es eine eintägige Schulung der Dorfbewohner. Damit sind die Guides den Dorfbewohnern im Bezug auf Tourismus-Kenntnisse weit überlegen. All jene, die der Institution des Tourism Office nahe stehen haben zusätzlich zu dem Eingangstraining die Möglichkeit, an weiteren Seminaren teilzunehmen. Im Frühjahr 2004 fand in Luang Namtha ein von Entwicklungsinstitutionen und laotischen Behörden organisiertes „Hospitality and Management“Seminar statt. Entsprechend den hierarchischen Strukturen laotischer Institutionen wurde lediglich Bounthan als ranghöchster Vertreter des Tourism Office Muang Sing zu diesem und ähnlichen Fortbildungen eingeladen.

Abbildung 13: Wissensvermittlung zwischen den einzelnen sozialen Akteuren des Tourismusprojektes in Muang Sing, Perspektive der Guides. Da sich die Anzahl der Experten, Mitarbeiter, Guides und Dorfbewohner im Laufe des Projektes verändert hat, werden hier ungefähre Angaben gemacht. Quelle: Eigene Darstellung

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Die eigenen Verortung innerhalb der Wissenspyramide steht für die Guides auch in Zusammenhang mit der Verantwortung, die die verschiedenen Akteure für das Gelingen des Tourismusprojektes übernehmen. Da sie selbst nur wenig Kenntnisse über nachhaltige Tourismusformen haben, fühlen sie sich nur mäßig für den Erfolg oder Misserfolg des Projektes verantwortlich. Die Zuständigkeit wird vielmehr bei der Tourismusbehörde und Entwicklungsinstitutionen und ihren Experten gesehen. Die meisten Guides schätzen ihre Chance, innerhalb des Tourismusprojektes Karriere zu machen sehr gering ein. Die Anzahl der Stellen ist beschränkt, die Konkurrenz ist groß und die Zukunft von Tourismus ungewiss. Trotzdem bemühen sie sich, möglichst nahe an der „Wissensquelle“ zu sein. Die Qualifikationen, die sie durch ihre Tätigkeit als Guides erwerben können lassen sich auch anderweitig einsetzen. Am attraktivsten erscheint die Welt der Entwicklungszusammenarbeit, in der man gut bezahlt wird und durch den Kontakt zu Ausländern an Prestige gewinnt. Wer Englisch spricht, die Grundzüge von Management oder Nachhaltigkeit kennt und im Umgang mit Entwicklungsinstitutionen und Ausländern Erfahrung hat, setzt sich bereits von anderen Mitstreitern ab und hat mehr Aussichten auf einen der begehrten Positionen. Dieser Aufstieg ist jedoch nicht nur mit Vorteilen verbunden – im Gegenteil, er kann sogar Konflikte mit sich bringen. Ein erfolgreicher Guide, der in der Wissenspyramide aufsteigen kann, ist der Kritik seiner konkurrierenden Kollegen ausgesetzt. Besonders stark davon betroffen ist der Manager, der an der Spitze des Tourism Office steht und somit am meisten Zugang zur Tourismusbehörde auf Provinzebene und damit auch zu Experten hat, sowie seine engsten Mitarbeiter. Der Manager hat gegenüber den Guides eine deutlich privilegierte Stellung, da er an der Schnittstelle zwischen ihnen und dem Provincial Tourism Office steht. Er entscheidet, welche Informationen, Anfragen und Daten an die Behörden weitergegeben werden. Damit haben die Guides selbst nur wenig Kontrolle über die institutionelle Ebene des Projektes und stehen in einer gewissen Abhängigkeit zum Management. Diese Situation wurde von interviewten Guides als sehr unangenehm beschrieben. Der Manager Bounthan selbst habe nie an einem Guide-Training teilgenommen und sei zudem auch nicht aus Muang Sing, kenne weder die Stadt und ihre Bewohner noch die Dörfer in den Bergen. Daher könnten die Guides ihm nur wenig Vertrauen entgegenbringen. Dieses Misstrauen könne man jedoch nur bedingt zum Ausdruck bringen, denn Bounthan könne über die Karriere der einzelnen Guides entscheiden. So werden etwa die Fragebögen, die Touristen am Ende eines Trekking unter anderem zur Bewertung der Guides ausfüllen, von ihm vorsortiert bevor sie in Luang Namtha abgegeben werden. Das Misstrauen in die Abläufe des Tourism Office wurde in Interviews auch durch Kritik an dem Stellvertreter des Managers, einem Guide aus einer südlaotischen Provinz, thematisiert. Auch an ihm bemängelten die Guides, dass er nicht aus der Umgebung sei und daher nicht die Führung der Guides aus der Region übernehmen könne. Diese Tendenz machte sich auch bei der 177

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Auswertung von Fragebögen4 bemerkbar, die ich zur Datensammlung bei der Gruppe der Guides einsetzte: Acht von zehn Befragten waren der Meinung, dass ein im Projekt beschäftigter Guide aus Muang Sing stammen sollte, nur einer fand, dass die Herkunft für die Qualität der Führungen keine wichtige Rolle spiele.5 Kritik und Argwohn bezüglich der Fähigkeiten und Führungsqualitäten des Managers äußerten die Guides nicht nur in Gesprächen, sondern auch indem sie beispielsweise vom Manager einberufene „Meetings“ blockierten und einfach nicht erschienen – und das obwohl sie in Gesprächen miteinander und Interviews immer wieder auf ein stärkeres Mitspracherecht pochten.6 Zu interessanten Ergebnissen kam es diesbezüglich auch bei der Fragebogenauswertung. Auf die Frage, wie wichtig ihnen regelmäßige Treffen mit Kollegen seien, antworteten drei von zehn der befragten Guides überhaupt nicht, vier fanden regelmäßige Treffen nicht sehr wichtig und nur drei gaben an, dass ihnen Austausch und Diskussionen wichtig seien. Genau drei Guides arbeiten als Angestellte im Tourism Office, so das die Vermutung nahe liegt, dass sie es sind, die die vom Provincial Tourism Office und dem Management in Muang Sing einberufenen Treffen befürworten. Auch bei der Frage, wie groß die Verantwortung des Managers für ein Gelingen von gemeindeorientiertem Tourismus in Muang Sing sei, waren sich die Guides nicht einig: Für sechs der Guides spielt der Manager eine Schlüsselrolle für das Gelingen von Tourismusprojekten, für zwei spielt er eine unwesentliche Rolle, einer war der Meinung, der Manager hätte keinerlei Verantwortung im Tourismusprojekt. Angesichts der hierarchischen Stellung des Managers kann diese Beurteilung durchaus als Kritik und als eine Infragestellung der Fähigkeiten des Managers gesehen werden. Beispielhaft für die angespannte Situation war ein Gespräch mit Khampone im Anschluss an ein geplatztes Meeting im Tourism Office von Muang Sing, das am 30.04.04 von Bounthan einberufen worden war. Als eine Stunde nach der vereinbarten Zeit noch immer keiner der Guides erschienen war, beschloss Bounthan, nach Hause zugehen. Kurz darauf erschien Khampone im Tourism Office und kritisierte aufgebracht die Abwesenheit des 4 5

Siehe Anhang. Tatsächlich spielte die Herkunft der Guides bei der Bewertung durch Touristen keine Rolle – denn in den Dörfern der Akha kennen sich selbst Guides, die in Muang Sing aufgewachsen sind, nicht besser aus als ihre ‚auswärtigen‘ Kollegen. Das Argument, Guides aus Muang Sing wären ortskundiger, kann also nur bedingt vorgebracht werden. Die allgemeine Ablehnung der Guides gegenüber ihren fremden Kollegen lässt sich vielmehr auf den harten Konkurrenzkampf zurückführen, der rund um die Positionen in der Wissenspyramide geführt wird. 6 Am 27.02.04 trafen sich sechs der Guides in Senpeths Haus und veranstalteten ein kleines Fest für ihren ehemaligen Chef, der durch Bounthan abgesetzt wurde. In meiner Anwesenheit wurde heftig über den neuen Manager des Tourism Office diskutiert. Mir gegenüber beschwerten sich die Guides, dass sie zuwenig Einfluss auf das Projekt hätten. Bei diesem Treffen stellte sich heraus, dass die Guides sich durchaus austauschen und absprechen. 178

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Managers. Er könne nicht einfach alles stehen und liegen lassen, denn er sei ja der Boss. Nur er als Manager stehe in Verbindung mit dem Provincial Tourism Office und könne Entscheidungen treffen. Damit, so erklärte Khampone, habe Bounthan Verantwortung gegenüber den Guides. Er müsse sich wie ein Vater benehmen und sich um seine „Kinder“ kümmern, sonst sei er unglaubhaft. Wenn er einfach nach Hause gehe, meinte Khampone, dann sei er für die Guides ein schlechtes Vorbild. 7 Seine Vorwürfe beendete er mit der Bemerkung: „Er kann sich nicht so benehmen, nur weil er aus dem Süden kommt und Englisch spricht.“ Auch hier wird der Kampf um einzelne Positionen in der Wissenspyramide spürbar – in Muang Sing gibt es bereits viele Akteure, die versuchen, im gemeindeorientierten Tourismus zu arbeiten; Akteure, die von außen hinzu kommen sind daher Kritik ausgesetzt. Verfügt dieser fremde Akteure zusätzlich über gute Englischkenntnisse, so verschafft er sich gegenüber seinen Konkurrenten einen weiteren Vorteil im Kampf um die begehrten Positionen. Der Aufstieg einzelner, fremder Akteure innerhalb des Tourism Office wird so zur Quelle von Konflikten.

Hierarchie laotischer Institutionen Nicht nur der Zugang zu Wissen sorgte besonders zwischen den Guides für Konflikte. Ein weiteres Problem bestand in der Institutionalisierung von gemeindeorientiertem Tourismus in Muang Sing. Bevor das Projekt startete war der Großteil der Guides illegal tätig, das Tourismusfeld wurde kaum von Gesetzen und Regeln berührt. Ein wenig haftet den Guides der Ruf der Illegalität noch immer an, auch wenn sie von einer staatlichen Institution, nämlich dem Provincial Tourism Office, beaufsichtigt und reguliert werden. Das bedeutet beispielsweise, dass das Tourism Office in Muang Sing keinerlei Befugnisse hat, eigenmächtig zu handeln. Alle Ausgaben der Guides und der Angestellten müssen belegt und notiert, für jede Aktion die Erlaubnis aus Luang Namtha eingeholt werden und auch die Einnahmen werden an die Tourismusbehörde abgegeben. Foster bemerkte in einem Gespräch (04.05.05), dass diese ständige Kontrolle durch das Provincial Tourism Office auch eine starke Behinderung des Projektes in Muang Sing darstelle und die Guides frustriere. Die Guides seien wenig motiviert, am Projekt mitzuarbeiten und die Situation zu verbessern, da sie nicht in die eignen Tasche wirtschafteten, sondern allen Profit an das Provincial Tourism Office abgeben müssten. Im Gegenzug zur starken Anbindung an öffentliche Behörden hatten sich die Guides einen Status erhofft, der ihnen gegenüber anderen lokalen Akteuren einen Vorteil erlaubt. Mitarbeiter von laotischen Behörden etwa können in 7

Hier lassen sich eindeutig Parallelen zu dem von Boike Rehbein für Laos beschriebenen Patrimonialismus erkennen: „Wie der Familienvater sorgt der/die höher Gestellte für das Wohlbefinden und die Sicherheit der Untergebenen und erhält dafür deren Unterstützung und Loyalität.“ (Rehbein 2004: 139) 179

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der Interaktion mit anderen Akteuren auf ihren offiziellen Status verweisen und sich dadurch Autorität verschaffen. Die in Muang Sing arbeitenden Guides haben jedoch keinen eigenen „offiziellen“ Status. Der unsichere Status der Guides bringt sie gegenüber den Dorfbewohnern in eine verzwickte Lage, wie Khampone in einem Interview erklärte. „Da das Office nicht zur Regierung gehört, nimmt uns in den Dörfern niemand ernst. Deswegen habe ich auch dem Manager gesagt, dass er zur GTZ gehen muss und mit den Leuten dort reden, mit ihnen zusammenarbeiten muss. Was passiert denn, wenn Vertreter der Regierung oder des Projektes in die Dörfer kommen? Die Dorfbewohner schlachten einen Büffel, sie empfangen die Leute. Wenn wir kommen wird nur die Hand aufgehalten, sonst nichts. Die Naiban in den Dörfern interessieren sich überhaupt nicht für das, was die Guides ihnen erzählen, es ist ihnen egal. Wir müssten mit der Regierung oder dem Projekt zusammenarbeiten. Dann würden die Leute tun, was wir ihnen sagen.“ (Khampone, 12.08.04)

Bei dieser Aussage kommt auch das Problem der hierarchischen Position der einzelnen Akteure zur Sprache. Khampone verortet die Guides in der Hierarchie über den Dorfbewohnern, findet aber – und hier stimmten ihm auch andere Guides zu – dass die Akha diese Position zu wenig achteten und ihnen deutlich zu wenig Respekt entgegenbrächten. Dieser Mangel an Respekt sei es, der die Beziehung zwischen Guides und Akha so schwierig gestalte. Khampone war der Meinung, dass das Tourismusprojekt zukünftig nur wenig Chancen habe, wenn sich an diesem Zustand nichts ändere. In Luang Namtha, so bemerkte er, hätten die Guides weniger Probleme: „In Luang Namtha [UNESCO Ecotourism Project, Anmerkung CN] läuft es viel besser. Es ist so wichtig, dass die Guides mit den Dorfbewohnern sprechen! In Luang Namtha [bei Zwei- oder Drei-Tagestouren, Anmerkung CN] kommt abends der Naiban oder ein anderer Dorfbewohner in die Hütte der Touristen und sie essen gemeinsam. Dann können sich die Guides mit den Dorfvertretern austauschen, sie können Probleme besprechen und auch Fragen von Touristen beantworten. Hier [bei den Trekkingtouren des Tourism Office von Muang Sing, Anmerkung CN] passiert überhaupt nichts: Es kommt niemand zum essen vorbei! Das liegt auch daran, dass das Projekt damals zu wenig Zeit hatte, um hier in Muang Sing alles richtig umzusetzen. Die Trainer sind viel zu schnell wieder nach Vientiane zurückgegangen. Weder die Dörfer wurden richtig informiert, noch funktioniert das Office richtig.“ (Khampone, 12.08.04)

Hier spricht Khampone mehrere von Guides wahrgenommene Konfliktebenen gleichzeitig an. Die Beziehungen zwischen Guides und Dorfbewohnern in Luang Namtha seien besser, weil das Projekt dort von ausländischen Experten – anstatt von laotischen Behörden wie in Muang Sing – länger überwacht worden sei. Dadurch wäre den Dorfbewohnern deutlich geworden, dass die Guides für ein Entwicklungsprojekt arbeiteten und diesen Status der Guides entsprechend akzeptiert. Die Beziehungen innerhalb des Tourismusprojektes wurden von den Guides immer wieder vor dem Hintergrund der bereits aufgezeigten Wissenspyramide interpretiert. Den somit verorteten lokalen Akteuren traten die Guides auch mit bestimmten Erwartungshaltungen entgegen. Von den hierarchisch 180

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höher stehenden Experten und Entwicklungsinstitutionen etwa erwarteten sie Unterstützung und Führung. Lokalen Akteuren, die sie in der Hierarchie weiter unten verorteten, wurden andere Erwartungen entgegengebracht; etwa den höher gestellten Guides Respekt zu zollen und ihre Anweisungen zu befolgen. Die Guides gehen davon aus, dass ihre Vorstellung der hierarchischen Positionen im gemeindeorientierten Tourismus von den übrigen Akteuren geteilt werden. Das folgende Fallbeispiel zeigt jedoch, dass Guides und Dorfbewohner zur Bewertung ihrer Beziehungen und Interaktionen verschiedene hierarchische Systeme heranziehen und dass sich hieraus Konflikte ergeben.

Hierarchiekonflikte zwischen Akha und Guides: eine Fallgeschichte (I) Ein Ereignis im Mai 2004, das hier geschildert werden soll, sorgte während meiner Feldforschung zu langen und ausführlichen Diskussionen mit verschiedenen lokalen Akteuren, insbesondere dem Naiban des Akha-Dorfes Ban Kao sowie dem Guide Khampone. Khampone hatte nach langer Überzeugungsarbeit die Erlaubnis des Luang Namtha Tourism Office erhalten, einen neuen Trekking-Pfad einzurichten der zukünftig auch Drei-Tagestouren möglich machen sollte. Der Manager der Muang Sing Tourism Office hatte ihm zwar jede finanzielle und materielle Unterstützung verweigert, trotzdem wollte Khampone seinen Plan verwirklichen. Er hatte sich hierfür einen Pass im Gebirge ausgesucht, der zwischen den Dörfern Ban Pu und Ban Kao lag. Jedes der Dörfer lag etwa fünf Stunden Fußmarsch von Muang Sing entfernt. Bisher war das Gebiet zwischen den beiden Dörfern weder für Brandrodungsfeldbau noch für Wege genutzt worden, sodass Khampone sich eine Vielfalt an seltenen Tieren versprach, die man auf Touren in diesem Gebiet beobachten könnte. Er musste jedoch die Bewohner beider Dörfer für seine Idee gewinnen, denn sie sollten den Pfad errichten der die Touren überhaupt erst möglich machte. Bei seinen letzten Besuchen hatte er lediglich vage Zusagen bekommen und so sah es kurze Zeit so aus, als würde aus seinem Projekt nichts werden. Ich durfte ihn nach Ban Pu begleiten. Als wir ankamen, fand dort gerade eine Hochzeit statt. Wir wurden eingeladen am Fest teilzunehmen und Khampone nutzte die Anwesenheit der älteren Männer, um sein Anliegen vorzubringen. Am nächsten Tag wollte er mit sämtlichen Männern des Dorfes aufbrechen, um zumindest die Hälfte des Weges nach Ban Kao zu errichten. Die restliche Arbeit, so sein Plan, würden die Männer von Ban Kao dann erledigen. Er hatte einige Pakete Zigaretten dabei und chinesische Bonbons, die er in der Runde verteilte. Die Männer sagten ihm, dass die Hochzeit drei Tage dauern würde und niemand während dieser Zeit das Dorf verlasse, Khampone solle ein anderes Mal wieder kommen. Enttäuscht verließ Khampone das Fest und bat um ein Gespräch mit dem Naiban, auf das er eine halbe Stunde warten musste. Er erklärte ihm, dass der neue Weg eine große Chance für das Dorf wäre, denn damit kämen vielmehr Touristen in sein Dorf und seine Einnah181

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men würden steigen. Khampone betonte, dass er den weiten Weg nach Ban Pu nicht noch mal auf sich nehmen würde. Wenn die Männer des Dorfes am nächsten Tag nicht kämen wäre das Projekt gestorben. Dies würde kein gutes Licht auf Ban Pu werfen, die Entwicklungsinstitutionen in Muang Sing würden das Dorf zukünftig sicher weniger fördern, wenn sich herausstellt dass die Dorfbewohner unkooperativ seien. Der Naiban gab schließlich nach – Ban Pu hatte in den letzten Jahren große Probleme mit der Ernte gehabt, das Dorf konnte sich den Unwillen der Guides und der Entwicklungsinstitutionen schlichtweg nicht leisten. Am nächsten Morgen wollte Khampone die Männer versammeln und gemeinsam mit ihnen aufbrechen. Nicht einmal die Hälfte der Männer erschien, und da es immer wieder anfing zu regnen, verzögerten sie den Aufbruch. Khampone glaubte, sie würden ihm sicher folgen wenn er mit gutem Beispiel voran gehe, doch niemand kam ihm nach. Es nützte auch nichts, dass er auf Akha „Los jetzt!“ oder „Nun kommt schon!“ in das Dorf rief. Einige der Männer hatten sich vor dem Regen in Schutz gebracht, andere hatten beschlossen, nun doch zuhause zu bleiben. Erst als Khampone wütend mit einem jungen Verwandten des Naiban sprach und drohte, wieder nach Muang Sing zurückzukehren, ließen sich einige übriggebliebene Männer überreden und zogen los. Khampone übernahm die Leitung der Truppe, auch wenn er auf die Männer als ortskundige Wegweiser angewiesen war. Er spornte die Männer an, so schnell wie möglich zu arbeiten und keine Pausen zu machen. Der Regen wurde immer stärker und erschwerte die Arbeit, sodass einige der Männer vorschlugen, umzukehren. Khampone erklärte, der Weg müsse fertig werden und ignorierte die Einwände der Männer. Erst als die Akha sich weigerten weiter zu arbeiten, da sie bereits mehr als die Hälfte des Weges nach Ban Kao hinter sich hatten, lenkte Khampone enttäuscht ein. Die Dorfbewohner waren ebenfalls unzufrieden. Sie waren dem Guide sehr entgegen gekommen, schließlich hatten sie an einem Feiertag hart gearbeitet und keinen Lohn dafür verlangt. Trotzdem zeigte Khampone kein Anzeichen der Zufriedenheit. Eine Woche später besuchte Khampone den zweiten Punkt seines neuen Trekkings, Ban Kao. Mit den Dorfbewohnern von Ban Kao konnte Khampone nicht so gut verhandeln. Der Naiban ließ sich von den Argumenten nur wenig beeindrucken und bezweifelte zudem, dass Khampone Einfluss auf die Entwicklungsinstitutionen Muang Sings haben könnte. Er stellte Forderungen auf: Wenn das Tourism Office einen neuen Weg wolle, so müsse es die Arbeit seiner Männer auch entsprechend bezahlen. Seiner Meinung nach war dies nur gerecht, denn das Tourism Office und die Guides würden ohnehin viel mehr am Tourismus verdienen – warum sollten die Dorfbewohner dann noch ohne Lohn für sie arbeiten? Khampone musste schließlich einwilligen, fand jedoch die Forderungen des Naiban, die sich auf eine Summe von 200.000 Kip beliefen, dreist und respektlos. Er beschwerte sich mehr als einmal über die seiner Meinung nach unangemessene Behandlung, die er in Ban Kao erfuhr. Zwei Tage nach seinem Besuch in Ban Kao unterhielt ich mich mit Khampone über die Geschehnisse, die er folgendermaßen kommentierte: 182

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN „Mit Ban Kao ist es immer besonders schwierig. Der Naiban hört nicht auf mich, immerzu verlangt er Geld. Wenn ich das Dorf besuche, wird mir nie etwas angeboten oder geschenkt – und das, obwohl die Bewohner mich jetzt schon so lange kennen. Wenn ich im Dorf etwas kaufe, Gemüse oder auch Fleisch, dann ist das für mich genauso teuer wie für jeden anderen Laoten und wie auf dem Markt. Die Akha sagen, dass ich schließlich mit Touristen unterwegs bin, also habe ich sicher genug Geld. Ich finde es angebracht, wenn die Leute aus Ban Kao mir entgegenkommen würden und gastfreundlicher zu mir sind.“ (Khampone, 03.07.04)

Die Haltung Khampones, die viele der Guides teilen, wird erst dann verständlich, wenn man erneut seine Auffassung von Hierarchie innerhalb des Tourismusprojektes berücksichtigt. An anderer Stelle wurde beschrieben, dass die Guides das von Entwicklungsorganisationen vermittelte Wissen in Trainings sehr hoch einstufen und eine dementsprechende Hierarchie aufbauen. Die Guides nehmen dabei eine ziemlich niedrige Stufe ein, da „über“ ihnen sowohl Experten als auch das Tourism Office und seine Mitarbeiter stehen. In dieser hierarchischen Struktur fühlen sie sich den Akha jedoch weit überlegen, da sie an Trainings teilgenommen und Lizenzen erworben haben. Die Guides stehen den Entwicklungsexperten näher als die Akha und sie wollen von den Akha auch entsprechend behandelt werden – nicht wie Geschäftsmänner oder Fremde, sondern wie Experten und Entwicklungshelfer, die besonderen Respekt erfahren und deren Anweisungen befolgt werden. Diesen Status fordern die Guides nicht etwa aufgrund politischer Ämter ein, sondern aufgrund ihrer mittels Trainings gewonnenen Professionalität.

Abbildung14: Vergleich der hierarchischen Vorstellung von Akha (links) und Guides (rechts). Quelle: Eigene Darstellung 183

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Nicht nur für die Guides stellen Experten und Entwicklungshelfer eine besondere Kategorie von sozialen Akteuren dar. Vertreter der Entwicklungsorganisationen werden ähnlich wie hohe Regierungsvertreter in Akha-Dörfern oft wie Ehrengäste behandelt. Statten sie den Dörfern einen Besuch ab, so können sie erwarten, dass sich der Naiban Zeit für ein Gespräch nimmt und ein Mahl zubereiten lässt, für das die Gäste meist anschließend bezahlen. Zumindest während dieser Gespräche nehmen die Akha die Vorschläge von Entwicklungshelfern erst einmal an. Sie begegnen ihnen mit Respekt und ausgeprägter Gastfreundschaft, erwarten hierfür allerdings auch konkrete Hilfe und Gegenleistungen. Entwicklungsinstitutionen gehören für die Akha ebenso wie die laotische Regierung und ihre Normen zur politischen Realität der Außenwelt. Die Akha sind der Auffassung, dass es nur wenig Sinn macht sich gegen diese Institutionen aufzulehnen, es ist besser und vor allem vernünftiger, mit ihnen einen Konsens zu suchen. Es ist Aufgabe des jeweiligen Naiban, mit dieser Außenwelt zu verhandeln und die Interessen der Dorfgemeinschaft nach Möglichkeit zu wahren. Die Beziehungen der Akha zu anderen Ethnien sind hingegen meist von Misstrauen geprägt. Aufgrund ihrer Andersartigkeit und ihrer Sprache fühlen sich die Akha im Umgang mit anderen Ethnien Muang Sings wie etwa den Tai Lue unterlegen. Dies macht sich beispielsweise bemerkbar, wenn Akha den Markt von Muang Sing besuchen. Die Menschen in Muang Sing sind viel wohlhabender als die Akha, sie haben Zugang zu Bildung und behandeln die „Menschen aus den Bergen“ mit Herablassung. Die Akha sehen sich selbst zwar als wirtschaftlich und sprachlich unterlegen an, empfinden die Geringschätzung ihrer Ethnie allerdings als höchst ungerecht. Für sie dreht sich das Verhältnis zwischen den Ethnien in den höheren Bergregionen um. Die Akha sind mit den Pfaden in den Bergen vertraut, sie kennen sich in den Wäldern besser aus und sie sind die überlegenen Jäger. Andere ethnische Gruppen sind auf die Akha angewiesen, wenn es darum geht, Knochen und Organe seltener Tiere, die für traditionelle und chinesische Medizin gebraucht werden, zu beschaffen. Hier, und vor allem in ihren Dörfern fühlen sich die Akha den anderen Ethnien überlegen. Diese Einstellungen sind auch für die Beziehungen zu den Guides wesentlich, denn Guides gehören den verschiedensten Ethnien an und leben größtenteils in Muang Sing. Damit stehen sie für die Akha bereits im Verdacht, gegenüber den Bergbewohnern eine herablassende und diskriminierende Haltung einzunehmen. In Muang Sing können sich die Akha kaum durchsetzen, zuhause in den Dörfern jedoch gibt es keinen Grund, sich gegenüber Vertretern anderer Ethnien unterlegen zu fühlen – es sei denn, es handelt sich dabei um Regierungsbeamte oder Menschen mit vergleichbarem politischen Status. Aus Sicht der Akha haben die Guides keinen politischen Status, sind keine Regierungsvertreter und haben damit auch keinen Anspruch auf bevorzugte Behandlung. Die Akha akzeptieren die Guides eben nicht als hierarchisch höher gestellte „Helfer“. Dass die Guides trotzdem eine solche Behandlung erwarten wird von den Akha als Ausdruck von Überheblichkeit gewertet und ist Grundlage weiterer 184

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

Konflikte. Damit widersprechen sich die hierarchischen Vorstellungen der Guides und der Akha in den Dörfern grundlegend, wie die Grafik (Abb. 14) verdeutlicht. Das Konzept des gemeindeorientierten Tourismus sieht eine Hierarchie der lokalen Akteure, wie sie sich in Muang Sing zumindest aus Sicht der Guides herausgebildet hat, nicht vor. Tourismusexperten gaben in Gesprächen an, dass sie bei den Guides eine diskriminierende Haltung gegenüber den Akha wahrnehmen. Die Ausbildung durch Trainings und die Zusammenarbeit mit den Dorfmitgliedern sollte jedoch zum Abbau von Disparitäten zwischen den Vertretern der verschiedenen ethnischen Gruppen führen. Doch gerade durch die Trainings und durch die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen an nur eine Gruppe sozialer Akteure bildeten sich neue Hierarchien entlang bereits bestehender ethnischer Grenzen. Im Tourismusfeld Muang Sing werden die Positionen in dieser neuen Hierarchie, die vor allem in den Köpfen der Guides entstand hart umkämpft und sind Gegenstand von Konflikten.

Kontrolle von Einnahmen: Fallgeschichte (II) Für die Guides nehmen die Konkurrenzsituation und die Konflikte mit den Kollegen einen hohen Stellenwert im Projekt ein. Konflikte außerhalb dieser Ebene und im Kontakt mit anderen Akteuren werden zwar ebenfalls wahrgenommen, aber in Gesprächen weniger – und anders – thematisiert. Die Guides sind generell in ihrer Problemsicht mehr auf die eigene Ebene konzentriert als auf die Verbindung zu anderen Ebenen. Besonders auffällig war dies bei der Frage nach Konflikten mit Dorfbewohnern. Die Guides konnten zwar Konfliktherde aufweisen, waren jedoch weitaus weniger an einer Schlichtung dieser Konflikte interessiert, als es für die Probleme im Tourism Office der Fall war. Vor allem die Konflikte mit den Dorfbewohnern sorgten für Ratlosigkeit. Im Folgenden soll dies am weiteren Verlauf des oben geschilderten Fallbeispiels aus Ban Kao dargestellt werden. Nachdem sich Khampone mit dem Naiban von Ban Kao geeinigt hatte, waren in Ban Kao 15 junge Männer bereit, den Weg auszuarbeiten und zogen früh morgens mit Khampone los. Zufrieden war Khampone jedoch nicht mit der Situation, er war der Meinung, dass die Familie des Naiban in Ban Kao einfach viel zuviel Einfluss hätte: „Alle tun, was der Naiban sagt. Ich glaube auch, dass das Geld durch die Touristen nur der Naiban bekommt, nicht die anderen. Aber niemand kann etwas dagegen tun, denn seine Familie ist zu stark. Die Position des Naiban ist unanfechtbar, er kann sich fast alles erlauben. In Ban Pu ist das nicht viel anders. Als ich mit den Touristen dort ankam, lief einer der Männer auf mich zu. Der Naiban hatte ihn geschickt und ebenfalls um Geld für den Weg gebeten. Der Mann wollte, dass ich den anderen Dorfbewohnern nichts davon erzähle, denn der Naiban wollte das Geld für sich behalten. Ich wurde sehr wütend und habe dem Mann gesagt, dass der Naiban nichts bekommt. Er hat doch noch nicht einmal beim Arbeiten mitgeholfen! Ich hatte sowieso kein Geld vom 185

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? Tourism Office, und wenn, dann hätte ich es nur denen gegeben, die auch wirklich mitgeholfen haben. “ (Khampone, 03.07.04)

Später berichtete mir Khampone, dass die Männer ihn um Bezahlung gebeten hätten. Entgegen der Abmachungen gab Khampone nicht dem Naiban die eingeforderte Summe, sondern verteilte den Lohn direkt an die arbeitenden Männer. Somit hatte er einen Weg gefunden, sich doch noch über den Willen des Naiban hinwegzusetzen. Zudem hoffte er, dass die jungen Akhamänner ihn dadurch als Vertrauensperson ansehen und er sie bei zukünftigen Auseinandersetzungen mit dem Naiban für seine Position gewinnen könne. Der Naiban hingegen, der erst von seinen Männern von den Auszahlungen erfuhr, fühlte sich betrogen und war wütend. Nicht nur, dass er die Kontrolle über die Einnahmen des Dorfes verloren hatte, Khampone hatte sich zudem in die „inneren“ Angelegenheiten des Dorfes eingemischt und die Autorität des Dorfvorstehers untergraben. Khampone jedoch war überzeugt, dass die Position der Dorfvorsteher in der Akha Gesellschaft überbewertet werde. Dies führe dazu, dass die Naiban nicht nur ihr Dorf nach außen hin vertreten, sondern die Dorfbewohner auch von den Guides abschirmen. Khampone erklärte, dass seine Beziehungen zu den Dorfbewohnern weitaus angenehmer verlaufen würden, wenn man den Dorfvorstehern die Verwaltung der Einkünfte durch Tourismus entziehen würde. Sein Vorschlag war, dass die Akha nicht direkt bezahlt werden, wenn die Touristen in das Dorf kommen, sondern die Guides die Einnahmen im Tourism Office verwalten. Am Ende eines jeden Jahres würde das Dorf dann einen Brief erhalten, indem die Summe festgehalten ist. Erst wenn alle Dorfbewohner erfahren haben, wie hoch die Summe ist, dürfe der Naiban das Geld in Muang Sing abholen. Nur so, meinte Khampone, könne man sicher gehen, dass die Naiban sich und ihre Familie nicht persönlich bereichern. Würden sie dies doch versuchen, dann wüssten alle Dorfbewohner Bescheid und würden den Respekt vor den Dorfvorstehern verlieren. Ungeachtet aller Probleme, die Khampone anfangs mit den Dorfbewohnern hatte, führte er bereits einige Tage später die erste Gruppe Touristen über den neuen Pfad von Ban Pu nach Ban Kao, den außer ihm keiner der anderen Guides kannte. Somit hatte sich seine Investition und seine Zigarettengeschenke nach kurzer Zeit wieder ausgezahlt und er hatte sich im Kampf mit den Dorfvorstehern erfolgreich durchgesetzt . Die Ereignisse rund um die neue Trekking-Tour und die damit zusammenhängenden Vorschläge Khampones waren das Thema mehrerer Gespräche, die sich bei meinen Besuchen im Tourism Office zwischen Khampone, mir und anderen anwesenden Guides ergaben. Einige Guides schlugen vor, dass man den Akha die Einnahmen generell nicht auszahlen dürfte. Besser wäre es, das Tourism Office würde die Einnahmen verwalten und entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird. 8 Es könnte dafür sorgen, dass mit den Ein8

Die Vorschläge wurden während einer Diskussion verschiedener Guides im Tourism Office vorgebracht (10.08.04). 186

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nahmen vor allem „sinnvolle“ Dinge gekauft werden, wie Medizin oder Nahrungsmittel und Schulmaterial. Bei einer Gesprächsrunde mit mehreren Guides brachten diese noch mehr Vorschläge vor. Beispielsweise könnte das Geld vollständig in eine Hühnerfarm des Dorfes oder in die Produktion von Souvenirs fließen. Diese Investition würde dann praktischer Weise wieder direkt den Touristen zugute kommen, die das Fleisch der Hühner und Handwerk kaufen könnten. Solche Fragen erörterten die Guides miteinander und mit dem Management des Tourism Office, aber nicht mit den betroffenen Dorfbewohnern. Auch hier wird die Verortung innerhalb einer Wissenshierarchie wieder wirksam. Da die Dorfbewohner in dieser Hierarchie unten stehen, wird ihnen in Fragen, die gemeindeorientierten Tourismus betreffen, kein Urteilsvermögen zugestanden. Bei der Verwendung der Einnahmen geht es jedoch aus Sicht der Dorfbewohner um weitaus mehr als um die Organisation und Entwicklung von gemeindeorientiertem Tourismus. Der Naiban von Ban Kao versteht die Bemühungen der Guides als einen Eingriff in die Selbstbestimmung des Dorfes. Zudem stimmen die Vorstellungen der verschiedenen Akteure, was genau ein ‚vernünftiger Umgang’ mit dem Erlös sein solle, nicht überein. Auch im Projektplan wird dieses Thema angesprochen, allerdings kommen auch hier ökologische Überlegungen hinzu, die sowohl für die Guides als auch die Akha wenig relevant sind: „Increased village income and decreasing poverty do not automatically translate into reduced pressure on natural resources. The village based financial management training will attempt to introduce simple strategies that aim to use new-found income to improve food and livelihood security in ways linked to decreasing pressure on natural resource.“ (Schipani 2003: 16)

Dieser ökologische Ansatz, den auch Projektmitarbeiter und Tourismusexperten in Gesprächen immer wieder hervorhoben, nimmt für lokale Akteure einen geringen Stellenwert ein. Gerade darum liegt es auch im Interesse von Entwicklungsinstitutionen, wenn die Verwendung von Geldern einer gewissen Kontrolle oder zumindest Führung von außen unterliegt. Schipani schlug ein „financial management training“ in den Dörfern vor, das den Grundstein für nachhaltigen Umgang mit den neuen Einnahmequellen vermitteln sollte. Damit setzt er als Tourismusexperte auf die Interaktion mit lokalen Akteuren, wohingegen auf der Ebene der Guides eher das Prinzip der Verordnung vorherrscht. Schnittstellen und Konflikte dieser Art tauchen nicht nur im Tourismusfeld Muang Sing auf. Auch das Pilotprojekt in Luang Namtha hat Probleme wenn es um die „sinnvolle“ Verwendung und Kontrolle von Einnahmen geht. Dort sollten durch Tourismus ebenfalls kleinere Entwicklungsprojekte in den Akha-Dörfern finanziert werden. Die beteiligten Akteure konnten sich jedoch nicht einigen, und schließlich wurden die Einnahmen lediglich zur Instandsetzung der Gästehäuser verwendet. Lyttleton, der das Projekt in Luang Namtha bereits 2002 evaluierte, schreibt hierzu: 187

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? „One difficulty constraining its direct application in more conventional development activities is the lack of a shared vision of what these should be. Different project staff feel the fund should be utilised in different ways; likewise it is probable that villagers would similarly have divergent wishes for the use of this fund.“ (Lyttleton und Allcock 2002: 44)

Das Fehlen einer gemeinsamen Vision von wünschenswerter Entwicklung ist somit nicht nur für das Tourismusfeld Muang Sing Auslöser von Konflikten.

Konflikte um materielle und kommunikative Ressourcen Sprache als Ressource: Die Bedeutung von Englischkenntnissen Ein Thema, das mir sowohl in den Gesprächen mit verschiedenen Informanten als auch in diversen Dokumenten zum gemeindeorientierten Tourismus immer wieder begegnete ist die Bedeutung von Englischkenntnissen. Die Projektplanung sah etwa vor, dass möglichst viele der lokalen Akteure, die mit Touristen in Kontakt treten, Englischunterricht erhalten: „English language courses should be custom designed and offered to the following groups: (1) MSES guides and management, including village based guides (2) Guesthouse and restaurant operators (3) local officials in positions that have regular contact with tourists and (4) ethnic minority and other women that sell handicrafts in town. “ (Schipani 2003: 11)

Aber auch andere lokale Akteure thematisierten Englischunterricht bei verschiedenen Gelegenheiten. Einen Tag nach meiner Ankunft in Muang Sing besuchte ich das Tourism Office um mich und mein Vorhaben vorzustellen. Sehr schnell gaben mir die dort arbeitenden Guides zu verstehen, dass ich ihnen durchaus von Nutzen sein könnte: „You can help us! You can teach us English.“ Bei vielen unserer Gespräche äußerten die Guides immer wieder den Wunsch, fließend Englisch zu sprechen. Zu Beginn meiner Feldforschung erschien mir dieser Wunsch nicht weiter auffällig. Nach einigen Wochen bemerkte ich, dass ich dieses Thema unterschätzt hatte. Englischkenntnisse waren nicht einfach nur „very important“, sondern es handelt sich dabei um eine Fähigkeit und auch eine Ressource, die im Kreise der Guides immer wieder Gegenstand heftiger Diskussionen war und für Spannungen sorgte. Die Guides sind sich einig, dass ein wesentliches Kriterium für den Erfolg im Tourismusfeld gute Englischkenntnisse sind. Nicht nur in Gesprächen betonten sie, dass Englisch sehr wichtig für ihren Beruf sei, sondern auch die Auswertung der Fragebögen kam zum selben Ergebnis: Englischkenntnisse wurden von allen Befragten als wichtigstes Kennzeichen eines guten Guides gesehen. 9 In

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Gute Englischkenntnisse gaben von zehn Befragten acht als „very important“, zwei als „important“ an. Damit werden Englischkenntnisse vor anderen Fähig188

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Interviews betonten die Guides, dass andere westliche Fremdsprachen, wie Französisch zwar auch förderlich seien, aber noch lange nicht so bedeutend wie Englisch, das schließlich auch in der Entwicklungswelt Laos’ die Verkehrssprache ist. Dabei ist Mehrsprachigkeit an sich in Muang Sing weit verbreitet. Durch die Nähe zur chinesischen Grenze und die ethnische Vielfalt in der Region sprechen viele Guides mehrere Sprachen, wie Chinesisch und die Sprachen der verschiedenen Minderheiten, aber im gemeindeorientierten Tourismus finden sie dafür keine Verwendung. Die meisten lernten Englisch erst im Laufe des Guidetrainings und haben das Gefühl, noch viel mehr Unterricht, Unterstützung und Hilfe von Experten beim Lernen zu brauchen. Einige wenige konnten auf Englisch-Grundkenntnisse zurückgreifen, die sie bei Bekannten, die für Ausländer arbeiten oder aber während Arbeitsaufenthalten in den touristischen Zentren Laos’ wie Luang Prabang gelernt hatten. Diese Guides sind gegenüber den „Anfängern“ klar im Vorteil. Sie verweisen gegenüber ihrem Vorgesetzten, dem Manager des Tourism Office, auf ihre Kenntnisse um die begehrten und gut bezahlten Bürojobs zu erhalten. Auch bei der Frage nach der Besetzung des Managerposten selbst waren Englischkenntnisse ein wichtiges Kriterium. Zu Beginn des Projektes wählten die Guides einen Mann aus ihrer Mitte zum Manager. Nach einem halben Jahr jedoch entschied das Provincial Tourism Office in Luang Namtha, einen neuen Manager einzusetzen. Die Guides waren mit dieser Entscheidung nicht glücklich, da der neue Manager Bounthan niemals an einem Guide-Training teilgenommen hatte und somit für Ökotourismus und den Anforderungen an die Guides nur wenig Verständnis mitbrachte. In Interviews mit Guides fiel des öfteren die Bemerkung, dass Bounthan diesen Posten nur aufgrund seines Diploms einer englischen Wirtschaftsschule bekommen habe. Das empfanden die Guides als ungerecht, aber da sie auf diesem Gebiet nicht mit ihrem neuen Chef konkurrieren konnten, blieb ihnen keine andere Wahl als ihn zu akzeptieren. Die Guides gehen bei der Erweiterung ihrer Englischfähigkeiten unterschiedlich vor. Einen der jungen Guides begleitete ich zwei Tage lang auf einer Trekkingtour. Mir fiel auf, dass er ein kleines Notizbuch bei sich trug, in das er immer wieder Vokabeln hineinschrieb. Manchmal wies er auf Pflanzen, Häuser oder Gegenstände am Wegesrand und fragte die Touristen, wie sie das auf Englisch nennen. Als ich ihn fragte, warum er so viele Notizen mache, sagte er, Englisch sei nun mal sehr wichtig. Nur wer sehr gut Englisch spreche, könne richtig mit den Touristen kommunizieren, ihre Fragen beantworten und ihnen Dinge erklären. Manchmal stellen Touristen Fragen, die er einfach nicht verstehe und dann wisse er nicht, was er antworten soll. Oder er versteht die Frage, findet aber nicht die richtigen englischen Ausdrücke. Die Touristen wären um einiges zufriedener mit ihm, wenn er sich richtig gut ausdrücken

keiten und Merkmalen (zum Beispiel Ortskenntnisse, Wissen über die Kultur der Dorfbewohner) zum wichtigsten Kriterium für einen guten Guides. 189

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könnte. Dann, so sagt er, würden sie das auch in den Fragebögen erwähnen und das Tourism Office würde ihn öfter engagieren. Aufstiegsmöglichkeiten im Tourism Office sind eng mit dem Erwerb von Fremdsprachen-Kenntnissen verknüpft. Da die Plätze an der Spitze für lokale Akteure beschränkt sind, konkurrieren die Guides um den Wissenserwerb. So gibt es beispielsweise keine gemeinsamen Bemühungen der Guides, einen Sprachkurs zu organisieren, oder sich miteinander über Möglichkeiten des Englischlernens auszutauschen. Im Gegenteil: Guides, die mich um Hilfe baten und nach Englischunterricht fragten betonten, dass ihre Konkurrenten nichts davon erfahren sollten. Sie verfolgten eine Strategie der Spezialisierung: Durch spezifische, individuelle Englischkenntnisse konnten sie sich von ihren Kollegen abheben und so aus der Gruppe der Guides hervorstechen. Für diese Spezialisierung waren die Gespräche mit mir eine willkommene Gelegenheit, wie folgendes Beispiel aus der Feldforschung zeigt. Eines Tages wollte Senpeth mir seine Trainingsunterlagen zeigen und, wie er sagte, einige Fragen zu den Akha klären. Ich hatte in vorangegangenen Gesprächen viele Fragen zu den Dorfbewohnern gestellt und ging irrtümlicherweise davon aus, er wolle mit mir über die gesellschaftlichen Struktur der Dorfgemeinschaft diskutieren. Denn die Touristen stellten, ähnlich wie ich, oft Fragen über die Akha, die er nicht beantworten konnte. Doch er erklärte mir, dass fehlendes Wissen über die Akha für ihn unwesentlich sei, denn er habe ja jeder Zeit Gelegenheit, bei den Dorfbewohnern nachzufragen. Viel wichtiger sei es jedoch, zu lernen wie er mit den Touristen kommunizieren könne. Daher interessiere er sich wenig für ethnologische Inhalte, die ich ansprach; ihm ging es viel mehr darum, sein Repertoire an englischen Redewendungen für den Umgang mit Touristen zu erweitern. Das könne ihm aber niemand außer den Touristen selbst oder aber andere Ausländer, wie etwa Praktikanten der Entwicklungsorganisationen, beibringen. Damit wird der Kontakt mit Ausländern zu einer wichtigen Quelle, um bereits vorhandene Kenntnisse zu vertiefen und auszuarbeiten. Dabei ergibt sich für die Guides, die über Vorkenntnisse verfügen eine positive Spirale. Je besser sie Englisch sprechen, desto öfter erhalten sie die Gelegenheit mit englischsprachigen Personen zusammen zu kommen. Je mehr Kontakt sie zu Ausländern haben, desto besser wird ihr Englisch. Für die „Englisch-Anfänger“ ergibt sich die Spirale in negative Richtung. Wer wenig Englisch spricht erhält auch wenig Gelegenheit, seine Kenntnisse zu verbessern; wer keine Fortschritte vorweisen und sich gegen die Konkurrenz behaupten kann, wird schließlich nicht mehr eingesetzt. So verwundert es kaum, dass Senpeths Gespräche mit mir von anderen Guides als ein Versuch gewertet wurde, sich gegenüber seinen Kollegen einen Vorteil zu verschaffen. Englischkenntnisse werden von den Guides zwar als notwendig und vorteilhaft bewertet, führen aber nicht unbedingt dazu, dass eine Person mehr Prestige in den Augen der anderen Guides erhält. Die Konkurrenz unter den Guides ist sehr groß. Vor allem in der Regenzeit kommen nur wenige Touristen, auch der Bedarf an Guides ist dann ge190

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ring. Theoretisch ist zwar ein Rotationssystem vorgesehen, das dafür sorgen soll dass alle Guides gleich oft Führungen übernehmen können. In der Praxis, so bemerkte einer der Guides, sähe das jedoch ganz anders aus. Es seien immer dieselben, die die Jobs bekommen. Auf die Nachfrage, woran das denn liege, erklärten sie, dass die Guides mit sehr guten Englischkenntnissen vorrangig behandelt würden. Alle anderen hätten kaum eine Chance. Die Überzeugung, dass Englischkenntnisse das wichtigste Ausbildungsziel sind, übertragen die Guides auch auf andere lokale Akteure. Als ich Senpeth, Senthong und Noi unabhängig voneinander fragte, was die Dorfbewohner ihrer Meinung nach am meisten wünschen, antworteten sie: „They want to learn English.“

Zugang zu Trainings Eine der Tatsachen, die mich zu Beginn meines Feldforschungsaufenthaltes am meisten verwunderte war, dass es nur einen Akha gab, der offiziell als Guide arbeitete, wenn auch lediglich als Assistant Guide. Sowohl in den ursprünglichen Projektplänen als auch in der Werbung des Tourism Office wurde immer großen Wert darauf gelegt, dass alle der in Muang Sing vertretenen Ethnien gleichermaßen an den Trainings teilnehmen können und als Guides tätig sind. So lautete eines der Ziele in Schipanis Projektplanung: „Akha and other ethnic minorities should be specially targeted for inclusion in the training in order to realign the MSES’s membership to more accurately reflect the ethnic make-up of the district.“ (Schipani 2003: 11) Sowohl im Tourism Office in Muang Sing als auch bei der Provincial Tourism Office wurde mir erklärt, dass die Trainings den Akha durchaus offen gestanden hätten, dass es allerdings keine Interessenten gab. Bei meinen Besuchen in den Akha-Dörfern erzählten mir junge Akha immer wieder, wie gerne sie selbst auch als Guide arbeiten würden. Als ich nachfragte, warum sie denn nicht an den Trainings teilgenommen hatten fiel die Antwort sehr einfach aus: Sie hätten nichts davon gewusst. Tatsächlich ist es in Laos, und vor allem in den ländlichen Gebieten, nicht einfach, Informationen an die Bevölkerung weiterzuleiten. Es gibt in Muang Sing keine Zeitung, kein laotisches Fernsehen, kein Radio. Die Distrikthauptstadt selbst sowie einige wenige Dörfer in unmittelbarer Umgebung verfügen über eine Art Lautsprecheranlage, über die der zuständige Beamte der Kulturbehörde jeden Morgen Nachrichten und Neuigkeiten verkündet. Zudem können die Behörden noch Informationen auf Tafeln auf dem Markt oder an Busstationen publik machen. Auf diese Weise wurden zu Beginn des Projektes gemeindeorientierter Tourismus auch Teilnehmer für die Ausbildung zum Guide gesucht. Somit ist es nicht verwunderlich, wenn sich lediglich Interessenten aus Muang Sing selbst meldeten. In den Akhadörfern gibt es die Lautsprechanlagen der Behörden nicht, das Nachrichtensystem funktioniert anders. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht 191

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mindestens ein Dorfbewohner den Markt besucht. Auf dem Rückweg nehmen die Akha oft Nachrichten, behördliche Briefe oder Bekanntmachungen für die Dorfvorsteher mit. Auf diese Weise kommunizieren die Entwicklungsinstitutionen und auch das Tourism Office mit den Akha-Dörfern. Bei der Bekanntgabe der Guide-Trainings wurde auf dieses Kommunikationssystem – aus welchem Grund auch immer – nicht zurückgegriffen. Die fehlende Infrastruktur ist jedoch nicht der einzige Grund, warum Akha nicht als Guides arbeiten. Bounthan, der Manager des Tourism Office, gab sich bedeckt als ich in fragte, ob Akha denn auch an der nächsten Ausbildung für Guides teilnehmen könnten. Er hatte Bedenken, nicht nur bezüglich dem niedrigen Bildungsniveau der Akha, sondern nahm auch an, die Akha seien generell nicht fähig, sich mit Neuem auseinander zu setzten und zu lernen. „Difficult for this people because they have no education; I think just trekking assistant is o. k., you know: carrying the big food (alle Mitarbeiter des Tourism Office lachen). Now we have many Akha guides… just one. Besoh, but he did not come since you are here; in the local village they don’t have so much time for learning English; and everybody is different for making the money, you know; and learning… everybody is different.“ (Bounthan, 15.07.04)

Er gab zu bedenken, dass es für die Akha auch deswegen schwierig sei an den Trainings teil zu nehmen, weil sie keine Unterkunft in Muang Sing hätten. Bevor die Akha dieses Problem nicht lösen, ist an eine Teilnahme an den Trainings überhaupt nicht zu denken: „If the Akha can stay in Muang Sing maybe with a cousin or so, we can organise the training for them the next time; they can become assistant guide; I think this is better for their life than staying in the mountain; because now they don’t have money.“ (Bounthan, 15.07.04)

An den Bemerkungen des Managers – wie auch bei anderen Gesprächen, die ich mit ihm und den Guides führte – wird deutlich, dass die Ausbildung zu Leading Guides für Akha nicht denkbar ist. Lediglich die niedrigsten Positionen, nämlich die der Assistant Guides, könnten sie eventuell besetzen. Aber, so wurde argumentiert, da die Akha ohnehin arm seien und kaum Zukunftsperspektiven hätten, wäre dies bereits ein großer Fortschritt für sie. Diese Ansicht vertrat das Tourism Office auch gegenüber Besoh, und das, obwohl Besoh bereits seit einigen Jahren für verschiedene Entwicklungsorganisationen als Akha-Laotisch-Übersetzer tätig ist. Besoh spricht kein Englisch, glaubt aber, dass er auch dann wenig Chancen hätte, als „richtiger“ Guide zu arbeiten, wenn er Englisch lernt. „Das Tourism Office ist nicht daran interessiert, dass Akha als Guides ausgebildet werden. Sie wollen das überhaupt nicht! Es gibt auch nur einen Hmong und einen Yao, der ab und zu für das Office arbeitet, aber auch nur als Helfer. Das ist so ärgerlich. Die anderen Guides sprechen zwar Englisch, aber sie verstehen überhaupt nichts von den Akha und wissen nichts über die Dörfer, die sie besuchen. Ich habe gehört, dass sie den Touristen oft irgendwelchen Unsinn erzählen, z. B. dass das Neujahrsfest der Akha genauso ist wie das laotische Pi Mai und auch zur selben Zeit 192

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN statt findet – das stimmt doch überhaupt nicht! Einige der Guides respektieren die Akha zwar, aber sie haben nun mal keine Ahnung! Trotzdem glauben ihnen die Touristen alles, weil sie sich ja mit ihnen verständigen können. Ich bin der einzige, der wirklich Auskunft geben könnte und die Kultur der Akha richtig erklären kann. Aber ich habe auch keine Lust mehr, ins Office zu gehen und zu fragen, ob ich ein Trekking begleiten kann. Das Office schickt sowieso immer die selben Leute los – wenn ich innerhalb ein oder zwei Monate einmal eingesetzt werde, dann sind die englischsprachigen Guides zehn Mal losgeschickt worden. Das ist ungerecht. Den Hmong und Yao geht es wie mir, es ist frustrierend. Wenn ich Englisch könnte, dann würden die Touristen alle mit mir in die Dörfer gehen; schließlich weiß ich viel mehr über die Kultur und kann mich mit den Dorfbewohnern unterhalten. Aber ich habe nun mal keine Zeit, Englisch zu lernen. Schließlich muss ich mich auch um meine Familie kümmern und auf den Feldern arbeiten. Die Art und Weise, wie das Tourism Office die Guides beschäftigt, ist ein Problem. Viele Akha finden es uninteressant, sich als Guides ausbilden zu lassen. Sie wissen, dass sie viel Zeit in eine Ausbildung investieren müssen, anschließend aber nur selten gebraucht werden. Die Tai Lüe werden ohnehin mehr Geld einnehmen und öfter in die Dörfer geschickt als es für die Akha je der Fall sein wird. Da ziehen es die Akha vor eine Arbeit anzunehmen, bei der sie ein regelmäßiges monatliches Einkommen haben, auf das sie sich verlassen können. Die Konkurrenz mit den Tai Lüe ist im Tourismus zu stark, die Akha ziehen hier auf jeden Fall den kürzeren.“ (Besoh, 30.04.04)

Die von Besoh wahrgenommene Konkurrenz der Akha mit Vertretern anderer ethnischer Gruppen im Tourismusfeld Muang Sing empfand er als so stark, dass er beschloss, nicht mehr für das Tourism Office zu arbeiten. Er ist davon überzeugt, dass die im Tourism Office hauptsächlich vertretenen Tai Lüe nicht nur gegenüber anderen Ethnien eine diskriminierende Haltung einnehmen, sondern dass sie ihre bereits erlangten Positionen im Tourismusprojekt zum weiteren Vorteil ihrer eignen Ethnie nutzen. So erklärt es sich Besoh auch, dass er zwar in den Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit als Assistent und Berater von Entwicklungsexperten und Wissenschaftlern geschätzt wird, im gemeindeorientierten Tourismus jedoch nicht über den Status des Trägers hinaus kommt. Anhand der Aussagen von Besoh, aber auch von erfolgreichen Guides wie Khampone und dem Manager des Tourism Office wird deutlich, dass der Zugang zum Projekt gemeindeorientierter Tourismus durch die in Muang Sing bestehenden ethnischen Hierarchien geregelt wird. Vertreter laotischer Behörden und des Tourism Office erklärten den Mangel an Akha-Guides damit, dass die Akha prinzipiell wenig gebildet seien und die Anforderungen an Guides nicht erfüllen könnten. Aus Sicht der Akha ergibt sich jedoch eine andere Erklärung. Zum einen orientieren sich Ablauf und Organisation der Trainings am Lebensrhythmus der Stadtbewohner und sind mit dem wirtschaftlichen Zyklus der Akha kaum in Einklang zu bringen. Zum anderen ist das Tourismusprojekt wie auch zuvor das Berufsfeld der Guides bereits von anderen, dominanten Ethnien besetzt, die den Akha den Zugang verwehren.

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Konkurrenz um Einnahmen unter Guides Einer der größten Streitpunkte zwischen den verschiedenen Akteuren und besonders auf der Ebene der Guides ist die Verteilung der Einnahmen durch Tourismus. Auch hier entstehen Konflikte wieder entlang hierarchischer Positionen, die in Interviews durch Beschuldigungen und Verdächtigungen zum Ausdruck kommen. Die Guides haben ihre Kollegen, die zusätzlich im Tourism Office eingestellt sind im Verdacht, in ihre eigenen Tasche zu wirtschaften. Auch der Manager des Tourism Office wurde in Interviews immer wieder beschuldigt, sich zu bereichern und seinen Angestellten gegenüber zusätzlich geizig zu sein. Senthong äußerte sich diesbezüglich folgendermaßen: „Bounthan steckt sich von zehn Trekkings das Geld von fünf in die eigene Tasche und sagt dem Tourism Office in Namtha nichts davon. Außerdem macht er nie Partys. Er ist schon zwei Jahre hier, und hat nie eine Party gegeben. Wenn er uns mal zu sich zum Essen einlädt, dann gibt es nur ganz wenig. Das ist auch bei den Trekkings so. Er hat das Essen am Vorabend bestellt und es gab nur sehr wenig.“ (Senthong, 21.04.04)

Auf meine Nachfrage, ob Bounthan denn die Personen, von denen er das Essen bekommt, kenne antwortete Senthong: „Ja, das sind Freunde von ihm. Außerdem kocht ja manchmal seine Frau, auch dann geht das Geld in seine eigene Tasche. Ich glaube es wäre besser, den Guides das Geld zu geben, dann würden mehr Leute auf dem Markt in Muang Sing von den Touristen profitieren, nicht nur er und seine Bekannten.“ (Senthong, 21.04.04)

Wenn Senthong hier von „mehr Leuten auf dem Markt“ spricht, so ist damit nicht ein beliebiger Gemüseverkäufer Muang Sings gemeint. Die Praxis, Nahrungsmittel für die Trekkings bei der eigenen Familie oder am eigenen Stand zu beschaffen, ist für die meisten Guides selbstverständlich. Senthongs Forderung ist in dem Sinne zu verstehen, dass nicht nur Bounthans Bekannte, sondern auch die der anderen Guides die Möglichkeit haben sollten, mehr an Touristen zu verdienen. Dass der Manager und diejenigen, die im Tourism Office arbeiten eindeutig mehr Gelegenheit haben, das Geld der Touristen an die eigene Familie weiterzuleiten, wird als ungerecht empfunden. Besoh, der als einziger Akha am Guide-Training teilgenommen hatte und eine Zeit lang als Assistant Guide arbeitete, verurteilt das Verhalten der Guides. Manchmal, so erzählte er, behält das Tourism Office (also der Manager oder seine Mitarbeiter) einen Teil des Geldes, das für die Verpflegung der Touristen während des Trekkings bestimmt ist. „Ich finde es schlimm, dass einige der Guides sich etwas von dem Essensgeld ergaunern und nicht genug für die Touristen kaufen. Das kann man den Touristen doch nicht zumuten! Es ist nicht schlimm, wenn Geld übrig bleibt weil die Touristen

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KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN genug gegessen haben. Aber dass sie soviel Geld zahlen und dann nicht genug zu essen bekommen, das, finde ich, geht wirklich zu weit!“ (Besoh, 30.04.04)10

Das Vertrauen der Guides zueinander und auch zum Tourism Office wird durch gegenseitige Anschuldigungen stark geschwächt. Ein Vergleich der Buchführungsdaten des Tourism Office mit meinen eigenen Beobachtungen in den Dörfern und Notizen ergab, dass die Vorwürfe zum Teil nicht ganz unbegründet waren. Nicht nur, dass einige Touristengruppen, die mir im Dorf begegnet waren in den offiziellen Aufstellungen nicht aufgezählt wurden, die Guides gaben auch hohe Summen für die in den Dörfern gekaufte Verpflegung an. Laut dieser Summen müsste jeder Tourist im Durchschnitt bei seinem Besuch im Dorf ein ganzes Huhn sowie einiges an Gemüse und Eiern verspeist haben.11 Dies stimmt in keiner Weise mit meinen Beobachtungen für den selben Zeitraum überein. Einige der Guides zeigten sich enttäuscht über die geringen Einnahmen durch das Tourismusprojekt. Bis auf die Mitarbeiter im Tourism Office müssen alle Guides sich ihren eigentlichen Lebensunterhalt auf andere Weise verdienen, etwa als Lehrer, Polizist oder Friseur. Mit den Touristenzahlen, die jährlich abnehmen, sinken auch die Aufträge für die Guides. Die Konkurrenz ist stärker geworden, die Möglichkeit, viel durch die Tätigkeit als Guide zu verdienen geringer. Die Einnahmeverteilung unter den Guides empfinden viele als ungerecht, „es werden fast immer nur dieselben drei oder vier Guides gefragt“, beschwerte sich Senthong (21.04.04). Somit versuchen die Guides, selbst für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen und ihren Profit auf andere Weise zu erhöhen. Kampf um Ressourcen zwischen Gemeinden und Guides Wie auch bei den Konflikten zwischen den Guides war die Frage nach der Verteilung der Einnahmen durch gemeindeorientierten Tourismus in den Akha-Dörfern ein immer wieder aufkehrendes Gesprächsthema. Die Projektplanung hatte ein Konzept entworfen, dass die Verteilung der Einkünfte an alle Beteiligten gerecht regulieren und zugleich für alle Beteiligten transparent sein sollte. Sowohl in Luang Namtha als auch in Muang Sing informieren Diagramme die Touristen darüber, wie das von ihnen bezahlte Geld eingesetzt wird (s. Abb. 15). 10 Von meinem Gesprächstermin mit Besoh wurde ich von einem Tuktukfahrer (Tuktuks sind kleine Transporter die als Taxi benutzt werden) abgeholt, der sich spontan in die Diskussion mit einmischte. Er werde manchmal angeheuert, um Touristen zum Ausgangspunkt ihres Trekkings zu bringen oder sie abzuholen, berichtete er; dabei könne es passieren, dass sich manche Guides nicht an die zu Beginn des Projekts vereinbarten Preise halten und die Differenz für sich behalten. 11 Auf diesen Punkt werde ich an anderer Stelle genauer eingehen, siehe Abschnitt „Einnahmen“. 195

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Laut diesem Diagramm fließen ca. 22 % in den lokalen Markt, etwa für Transportkosten, Nahrungsmittel die auf dem Markt gekauft werden oder Ausrüstungen. Weitere 23 % werden für Verwaltungskosten berechnet, dazu zählen auch Steuern, Abgaben an die Tourismusbehörde und Nationalparks und Ähnliches. Die Gehälter der Guides werden mit 29 % abgegolten, die restlichen 23 % fließen in die Akha-Dörfer und werden für die Bezahlung der Massagen, der Unterkunft und Nahrungsmittel sowie dem „Village-Fund“ verwendet (SNV Netherlands Development Organization 2003: 62). Zu Beginn des Projektes erhielten die beteiligten Akha-Gemeinden Unterstützung durch das Tourism Office, dass die Materialkosten für den Bau des Gästehauses bezahlte. Im Gegenzug übernahmen die Dorfbewohner den Aufbau der Gästehäuser. Für jede Übernachtung in dieser Hütte bezahlt das Tourism Office dem Dorf 10.000 Kip pro Tourist. Einem Rotationsmodell folgend ist jede Familie des Dorfes der Reihe nach für die Instandhaltung des Hauses und die Verpflegung der Touristen mit Wasser und Reis verantwortlich, wofür die Familie laut Plan eigentlich zwischen 17.000 und 20.000 Kip erhalten sollte.

Abbildung 15: Modell zur Verteilung der Einnahmen aufgestellt von SNV für das Namha Ecotourism Project sowie das Muang Sing Community Based Ecotourism Projekt (SNV Netherlands Development Organization 2003). Quelle: SNV (2003)

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Die Guides und Hilfsguides erhalten demnach einen festen Lohn pro Einsatz, die Dorfbewohner werden durch die Bezahlung der Unterkunft und die Entlohnung der Familie, die sich jeweils um die Gästehütte kümmert, beteiligt. Zusätzlich sollen die Dorfbewohner durch den Verkauf von Gemüse, Obst, Reis und Fleisch an den Besuchern verdienen. Erst durch diesen zusätzlichen Verkauf von Nahrungsmitteln wird Tourismus für die Akha überhaupt zu einer interessanten Einnahmequelle. Wenn Nahrungsmittel im Dorf gekauft werden, so kommt dies theoretisch auch den Guides zu Gute, da sie weniger Lasten mit sich auf die Trekkingtouren nehmen müssen. Ein Blick in die Buchhaltungsbücher des Tourism Office von Muang Sing zeigt, dass die Gelder etwas anders verwendet werden als ursprünglich von der Projektplanung vorgesehen (vgl. Abb. 16).12 So erhielten beispielsweise die Familien, die für das Gästehaus verantwortlich waren, statt 17.000–20.000 Kip lediglich 10.000 Kip. Überraschend waren die Angaben des Tourism Office und der Guides bezüglich der Summen, die für den Kauf von Nahrung in den Akha-Dörfern aufgeführt wurden. Durchschnittlich gaben die Guides laut Buchführung für jeden Touristen ziemlich genau 42.000 Kip im Dorf aus. Diese Summe entspricht in etwa dem Preis eines Huhnes, pro Tourist wohlgemerkt. Damit wäre das Projekt ein voller Erfolg für die Akha. Eigene Beobachtungen sowie die Gespräche mit Akha verschiedener Dörfer kamen jedoch zu einem anderen Schluss. Die Guides kauften so gut wie nie mehr als etwas Gemüse in den Dörfern und zahlten dafür meist weniger als 20.000 Kip. Nur ein einziges Mal wurde in Ban Kao in meiner Anwesenheit von einem Guide Fleisch gekauft.13 Über den Verbleib der Restsummen können nur sehr vorsichtige Vermutungen gemacht werden. Für die Buchführung sind die Mitarbeiter des Tourism Office und der Manager zuständig, und es ist schwer zu sagen ob die Guides falsche Angaben machen und die Differenz behalten oder die Zahlen erst im Office selbst „korrigiert“ werden. Die Querelen, die diesbezüglich zwischen den Guides und den Mitarbeitern des Tourism Office herrschen geben Hinweise darauf, dass sich zumindest beide Parteien gegenseitig verdächtigen. Es wurde bereits beschrieben, dass die Guides ihre Einnahmen generell für zu niedrig halten und sich vor allem gegenüber den Angestellten des Tourism Office als benachteiligte Gruppe sehen. Der Versuch, sich durch das Einbehalten von Einnahmen einen Vorteil zu verschaffen wird daher eher als eine Art ausgleichende Gerechtigkeit gegenüber den Mitarbeitern des Tourism Office verstanden. Dies kann jedoch nur auf Kosten der Dorfbewohner geschehen, da die Guides nur an dieser Stelle freie Hand haben. Mit steigenden Konflikten im Tourism Office kaufen die Guides weniger in den Akha-Dörfern und besorgen die Nahrungs12 Saly, der die Buchhaltung für das Tourism Office im August 2004 machte, legte mir die Bücher vor, um mir die Verteilung der Einnahmen zu erklären. 13 Senthong wollte seiner Gruppe etwas besonderes bieten und kaufte im Dorf Wild. Dass es sich hierbei zwar um eine wahre Delikatesse aber leider auch eine bedrohte Tierart handelte, sei hier nur am Rande bemerkt. 197

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mittel bei Bekannten und Verwandten in Muang Sing. Diese Strategien trafen jedoch in den Dörfern der Akha auf sehr wenig Verständnis und sorgten für Spannungen zwischen den Guides und den Gemeinden. Immer wieder betonten die Dorfbewohner mir gegenüber, dass „den Touristen etwas verkaufen“ für sie die wichtigste Einnahmequelle sei. Damit können sie Geld verdienen, ohne sich auf den langen Weg nach Muang Sing machen zu müssen. Mit den Touristen, so hofften sie, komme der Markt zu ihnen in die Berge. Die Dorfbewohner beschwerten sich darüber, dass sie wenig an den Besuchen der Touristen verdienen. In Ban Kao waren die Akha überzeugt, dass die Guides und das Tourism Office sehr viel Geld mit den Touristen verdienen müssten. Denn manchmal kommen auch Touristen in Begleitung von illegalen Guides in die Dörfer. Der Naiban von Ban Kao erzählte von einem Reisenden, der mit einem ganzen Rucksack voller T-Shirts und Pullover für die Kinder des Dorfes sowie mit Medikamenten erschien und alles großzügig verteilte. Für die Übernachtung im Haus des Naiban zahlte der Fremde 50.000 Kip, der Schwiegertochter gab er für eine Massage sogar 10 U$. Die Touristen, die in Begleitung der legalen Guides nach Ban Kao kommen geben hingegen sehr wenig Geld aus.

Abbildung16: Verteilung der Einnahmen laut des Abschlussberichts des Muang Sing Tourism Office für Juli 2004. Quelle: SNV (2003) und Neudorfer (2006a)

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Selbst wenn man den etwas zu großzügig bemessenen Angaben des Tourism Office Glauben schenkt, so kamen dem Dorf Ban Kao innerhalb eines Jahres insgesamt gerade einmal knapp 4.000.000 Kip zu, das sind pro Familienhaushalt ca. 120.000 Kip in einem Jahr.14 Der Naiban von Ban Kao wirft den Guides vor, sich auf die Kosten seines Dorfes zu bereichern. Die einzige Möglichkeit, seinen Beschwerden Ausdruck zu verleihen sieht er darin, seine Mitarbeit zu verweigern, wie es beispielsweise für die neue Trekkingroute zwischen Ban Kao und Ban Pu geschah.

Folgen der Konflikte im gemeindeorientierten Tourismus Die aufgeführten Fallbeispiele haben gezeigt, dass die Guides innerhalb des Tourismusfeldes in Muang Sing eine geradezu „kritische Gruppe“ darstellen. Das Projekt ist so aufgebaut, dass ihnen sehr viel Verantwortung zukommt. Sie sind mit allen anderen Akteuren in Verbindung und nehmen gleichzeitig die Rolle der Vermittler zwischen sehr verschiedenen Gruppen ein. Dabei verstehen sich die Guides selbst als höchst unhomogene und von internen Konflikten geprägte Gruppe. Die einzelnen Akteure haben verschiedene professionelle Hintergründe, gehören zu verschiedenen Ethnien und kämpfen mit ihren Kollegen um den größtmöglichen Zugang zu den Touristen. Aber auch die Beziehungen zwischen den Guides und den Akha vor allem in den Projektdörfern gehörte zu den meistdiskutierten Themen im Tourismusfeld Muang Sing. In den Interviews mit Guides fiel auf, dass diese die Konflikte mit ihren Vorgesetzten und Kollegen oft von sich aus ansprachen. Die Beziehungen zu den Gemeinden wurden nur thematisiert, wenn ich meine Interviewpartner direkt darauf ansprach. Dann bezeichneten Guides ihre Arbeit mit den Akha oft als „schwierig“. Meist wurde beklagt, dass die Dorfbewohner wenig Verständnis für das Tourismusprojekt aufbrächten und die Arbeit der Guides nicht verstünden. Die problematischen Beziehungen zu den Dorfbewohnern haben aus Sicht der Guides jedoch keine große Bedeutung für gemeindeorientierten Tourismus.

14 Die Berechnungen stützen sich auf Besucherzahlen im Dorf im Zeitraum von März 2003 bis März 2004. Die Zahlen müssen als Schätzung verstanden werden, die auf Angaben von Guides, den Mitarbeitern des Tourism Office, dem Naiban des Dorfes sowie zwei weiteren Dorfbewohnern beruhen. Ich ging des weiteren davon aus, dass bei den Besuchen jeder Tourist eine Massage erhielt und der Betrag für die Instandhaltung des Gästehauses ausbezahlt wurde. Zudem ging ich davon aus, dass das Dorf zusätzlich 14.000 Kip pro Besuch durch den Verkauf von Nahrung und Souvenirs erhält. Das heißt auch, dass 120.000 Kip Gewinn pro Jahr und Familie als durchschnittlicher Wert zu verstehen sind. Im Vergleich: In Ban Mai verdiente eine Souvenirverkäuferin im selben Zeitraum schätzungsweise mindestens 150.000 Kip monatlich. 199

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Der geringe Stellenwert, den diese Konflikte für die Guides einnehmen steht in engem Zusammenhang mit dem hierarchischen Verständnis der Guides. Da die Dorfbewohner ohnehin eine niedrige Position einnehmen und nicht als Partner auf Augenhöhe eingestuft werden, sind auch die kommunikativen Probleme nicht so wichtig wie die mit den Kollegen und Vorgesetzten. Die Akha teilen diese hierarchische Aufteilung jedoch nicht. In Kapitel 3 wurde verdeutlicht, dass die Akha mehr als andere Ethnien der Region Muang Sing egalitär organisiert sind. Hierarchische Organisation und hierarchisches Denken nehmen sowohl für die eigene als auch für den Umgang mit anderen Gruppen einen geringen Stellenwert ein. Akha sehen sich selbst zwar in einer gewissen Abhängigkeit zu Entwicklungsexperten und Regierungsbeamten, die Guides werden jedoch nicht als übergeordnete Gruppe akzeptiert. Vor allem die Naiban, die das Akha-Dorf nach außen hin vertreten und auch innerhalb der Akha-Gesellschaft Autorität genießen, erwarten von den Guides eine Begegnung auf Augenhöhe. Dass sich die Guides in die inneren Angelegenheiten des Dorfes einmischen wollen und sich über den Willen des Naiban hinwegsetzen sorgte in Ban Kao beispielsweise dafür, dass die Beziehungen zu den Guides sehr angespannt sind. Dies kommt dann in Situationen, wie der im Folgenden beschriebenen zum Ausdruck: Im Juli 2004 fand in Ban Kao ein rituelles Mahl außerhalb des Dorfes statt, an dem nur die Männer des Dorfes teilnehmen durften. An diesem Tag erschien eine Gruppe von Touristen im Dorf. Der Guide erfuhr von dem Mahl und führte die männlichen Touristen zur Gruppe der Männer; die Touristin bat er um Verständnis, sie sollte im Dorf warten. Als die Gruppe sich dem rituellen Mahl näherte, kam der Naiban dem Guide entgegen und verbot ihm explizit die Teilnahme mit den Worten „Nur Akha, Laoten dürfen hier nicht essen!“. Die Touristen erwähnte er nicht. Der Guide ging gekränkt zurück in das Dorf, die Touristen, die zwar nicht essen aber Fotos schießen durften, blieben noch eine Weile. Für die Akha nehmen die Konflikte mit den Guides bei der Beurteilung von touristischen Prozessen einen sehr viel höheren Stellenwert ein. Bei der ursprünglichen Projektplanung wurde befürchtet, dass die Akha den Kontakt mit den Touristen als problematisch empfinden könnten. Kulturelles Fehlverhalten, interkulturelle Missverständnisse und Kommunikationsbarrieren zwischen den Akha und Touristen sollten durch die Vermittlerrolle der Guides abgeschwächt werden. Tatsächlich äußerten sich die Akha stets positiv über den Kontakt zu den Touristen. Es gäbe keine Probleme mit ihnen und die meisten wären ohnehin sehr höflich und zurückhaltend. Die Beziehungen zu den Guides wurden allerdings von den Akha immer wieder thematisiert. Die Akha fühlen sich von den Guides, die alle anderen ethnischen Gruppen angehören, diskriminiert. Gleichzeitig konkurrieren sie mit ihnen um das Geld der Touristen. Da die Guides den Status der Vermittler zwischen den Akha und den Touristen haben, sind sie aus Sicht der Akha privilegiert. Aber sie sind damit auch für das Gelingen des Projektes verantwortlich und werden für Missstände kritisiert. 200

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

Die Spannungen und Konflikte sowohl zwischen Akha und Guides als auch auf der Ebene der Guides selbst erschweren die Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren. Treten zu den oben beschriebenen Konflikten noch zusätzliche Probleme auf, so ist eine Konfliktlösung sehr schwierig. Deutlich wird dies an einem Ereignis im März 2004, von dem mir Khampone und eine ihn begleitende Gruppe Touristen in Ban Kao erzählten. Eines der am Tourismusprojekt beteiligten Akha-Dörfer zog etwa einen Kilometer vom ursprünglichen Siedlungsort näher an einen Fluss. Dabei wurden alle Häuser abgebaut und im neuen Dorf wieder aufgestellt. Während dieser Zeit des Umzugs durfte kein Fremder das neue Dorf betreten, er würde damit Unglück und Krankheiten in die Dorfgemeinschaft tragen. Ausgerechnet zu dieser Zeit erschien Khampone, der von dem Umzug nichts wusste, mit drei Touristen vor dem Dorf. Einige Akha liefen davon, andere riefen den Ankömmlingen wütend zu, dass sie das Dorf nicht betreten dürften. Eine der Touristinnen war über den Aufruhr, der im Dorf zu beobachten war, sehr verwirrt. Sie wollte sich ein wenig ausruhen und machte Anstalten, sich auf eine Kiste zu setzen. Doch eine aufgebrachte Frau scheuchte sie weg und schrie sie an. Ein Mann kam auf die Gruppe zu und fragte Khampone, wieso er gekommen sei. Denn schließlich hatte das Dorf einen Vertreter nach Muang Sing geschickt, um Besuche von Fremden für diesen Zeitraum zu verhindern. Khampone konnte die Dorfbewohner nicht beruhigen, er musste mit den Touristen weiterziehen. Die Gruppe erreichte Ban Kao, das am nächsten gelegen war, erst am späten Abend. Khampone erzählte, der Manager hätte sicher von dem Umzug gewusst und ihm absichtlich nichts davon gesagt. Er war wütend auf das Management. Die Dorfbewohner seien nun sehr schockiert, und machten ihn, den Guide, für das Missgeschick verantwortlich. Die Dorfbewohner bringen gegenüber den Guides ihren Ärger über Ereignisse wie diese zum Ausdruck, dies hat jedoch kaum Auswirkungen auf den Verlauf des Projektes. Die Guides verfügen im gemeindeorientierten Tourismus über mehr Druckmittel als die Akha, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Konflikte mit Ban Kao und die „Dickköpfigkeit“ der Dorfbewohner schlugen sich auch auf die Besucherzahlen des Dorfes nieder: Sobald es mehr Konflikte mit einem Dorf gab, nahmen die Besuche der Touristen ab. Bei einem meiner Aufenthalte im Tourism Office zeigte mir Saly, der sich um die Buchhaltung kümmert, Tabellen, auf denen die Touristeneinkünfte des letzten Halbjahres eingezeichnet waren. Mir fiel auf, dass Ban Pu fast doppelt so viele Touristengruppen empfangen hatte wie Ban Kao. Khampone erklärte mir, die Touristen würden lieber nach Ban Pu gehen. Ich war verwundert und fragte nach, denn schließlich konnten die Touristen die beiden Dörfer im voraus kaum beurteilen. Woher sollten sie wissen, welches der beiden AkhaDörfer sie lieber besuchen wollen? Darauf hin erklärte mir Saly, dass die Guides nun mal auch lieber nach Ban Pu gingen, denn da wären die Dorfbewohner freundlicher. 201

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Die Akha-Dörfer stehen miteinander in Kontakt, wenn in einigen Dörfern mehr Touristengruppen empfangen werden als in anderen, so wird dies bekannt. Den Dorfvorstehern ist bewusst, dass sich Kooperationsbereitschaft mit den Guides positiv auf die Besucherzahlen auswirken kann. Solche Druckmittel erschweren einen „Dialog auf Augenhöhe“ enorm und bilden wenig Basis für Vertrauen. Ereignisse wie die oben beschriebenen sind durchaus nicht nur für gemeindeorientierten Tourismus in Nord-Laos typisch. Schmitz (2005) zeigt anhand ihrer eigenen Fallstudien zu einem gemeindeorientierten Tourismusprojekt am Titicacasee, dass solche Konflikte zwischen verschiedenen Interessensgemeinschaften und insbesondere zwischen Guides und Dorfgemeinschaften, auch in anderen Regionen vorkommen. „Der Guía wirkt als kultureller Interpret, der maßgeblich das aufgenommene Bild der fremden Kultur bestimmt. Er gibt den besuchten Orten Bedeutung, sein Kommentar und seine Interpretation strukturieren die touristische Erfahrung. In den letzten Jahren haben im touristischen Geschäft Amantanís tiefgreifende Veränderungen stattgefunden und die Mediatoren haben eine dominante Rolle erlangt. Durch die Ausweitung des Wirkens der Reiseagenturen wird das touristische Geschäft auf den peruanischen Inseln des Titcacasees seit dieser Zeit weitgehend von Vertretern der urbanen Bevölkerung kontrolliert. Kein Amantaneño hat bisher versucht, im Tourismusgeschäft in Puno Fuß zu fassen. Heute sind Provisionszahlungen und Bestechungsgelder von den Familien an den Reiseführer eine gängige Strategie, die unumstritten Vorteile für beide Seiten bringt. [...] Die gering bezahlten Reiseführer etablieren erfolgreich Abhängigkeitsnetze mit den Inselbewohnern, wodurch sie Provisionsbezahlungen sowie andere Vorzüge (freie Unterkunft, Essen, Alkohol) erhalten. In vielen Fällen missbrauchen die Reiseführer ihre Position und zahlen den Familien nur zwei Drittel des ihnen zustehenden Betrages aus. Die Familien sehen sich diesem Machtmissbrauch hilflos ausgeliefert, da Protest nur bewirkt, dass jener Touristenführer ihnen beim nächsten Besuch keine Gäste zuweist. Die Guías machen ihre Machtposition den Inselbewohnern immer wieder deutlich und zeigen eine spürbar diskriminierende Haltung. Viele Inselbewohner nehmen deren Position als sehr mächtig und kontrollierend wahr.“ (Schmitz 2005: 183, 187)

In Muang Sing gab es bereits vor dem Beginn des gemeindeorientierten Tourismusprojektes Konflikte zwischen Guides und Dorfbewohnern, bereits damals brach zwischen den sozialen Akteuren Streit über die Einnahmen durch Tourismus aus. Durch die Trainings erhielten die Guides gegenüber den Dorfbewohnern einen zusätzlichen „Wissensvorsprung“, der ihnen heute im Kampf um die Ressource Tourismus einen großen Vorteil verschafft.

Kultur im Tourismusfeld Die Begriffe Kultur und Tradition sind im Tourismusfeld Muang Sing von großer Bedeutung und stellen zugleich ein zentrales Element für die Entstehung von Schnittstellen dar. Für die Akteure des Tourismusfelds Muang Sing sind Kultur und Tradition oft gleichbedeutend mit touristischem Kapital. In 202

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

diesem Sinne wird ein stark eingeschränkter Kulturbegriff verwendet, der vor allem auf von außen wahrnehmbare Merkmale abzielt, wie beispielsweise traditionelle Kleidung, Kunst und Musik oder bäuerliche Lebensweise. Kultur als touristisches Kapital wird von sozialen Akteuren strategisch eingesetzt, aber auch umkämpft. Auch hier sind es die unterschiedlichen Einstellungen der Akteure und ihre verschiedenen Vorstellungen über ihre Rollen im Tourismusfeld, die zu konfliktreichen Situationen führen.

Kultur als touristisches Kapital Die gastgebende Akha-Gemeinde sollte im Tourismusprojekt Muang Sing nicht nur finanziell am Tourismus beteiligt werden, sie bietet auch einen wesentlichen Teil des touristischen Angebots. Anders als bei der Gruppe der Guides handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Dienstleistung, die von den Akha erbracht wird; im gemeindeorientierten Tourismus geht es, so Strasdas (2002: 149) darum, ein „neues Produkt“ zu erschaffen: das authentische Erleben indigener und ländlicher Lebensweise. Die „ländliche Lebensweise“ der Akha ist das Produkt, von dem Strasdas hier spricht. Die Umfrageergebnisse einer von Schipani durchgeführten Studie in Muang Sing zeigen, dass dieses Produkt auf Interesse stößt: 81 Prozent aller befragten Touristen gaben als Motiv ihrer Reise nach Muang Sing Interesse an den Dörfern der ethnischen Minderheiten und insbesondere den Akha an (Schipani 2003: 32). Das Interesse gilt dabei nicht einfach nur der Lebensweise, sondern vielmehr dem, was in Gesprächen und Dokumenten oft als „traditionelle Lebensweise“ oder „Kultur“ der Akha bezeichnet wurde. Dies kommt auch bei den folgenden Schlagwörtern zum Ausdruck, mit denen ein Projektmitarbeiter der GTZ das touristische Erlebnispotenzial der Region umschrieb.15 Neben den „Bergregionen mit z. T. noch intakten Ökosystemen“ stand für ihn im Mittelpunkt: „[...] Berglandwirtschaft, Dörfer der ethnischen Minderheiten mit ihren Lebensweisen, Kulturen, Traditionen und Religionen, traditionelle Gastfreundschaft der ethnischen Minderheiten, traditionelle Speisen und Getränke, handwerkliche Fähigkeiten der Bergvölker (Stoffe, Kleidung, Schmuck)“

Auffällig ist bei dieser Aufzählung die zentrale Rolle, die die Begriffe „Kultur“ und „Tradition“ bzw. „traditionell“ einnehmen. „Tradition“ verweist auf Vergangenheit und Kontinuität und wurde in Gesprächen von Projektmitarbeitern, aber auch von Touristen, oft als Gegensatz zu Modernität und gesellschaftlichem Wandel herangezogen. Ähnlich, beziehungsweise synonym,

15 Diese Punkte, die von den Projektmitarbeitern in Muang Sing aufgestellt wurden, standen auf der GTZ-Checkliste zur Weitergabe an interessierte Reiseunternehmen. 203

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wurde der Begriff der Kultur verwendet.16 Kultur und Tradition sind hier das touristische Kapital der Akha und damit nicht nur Gegenstand des touristischen Erlebnispotenzials, sondern auch der Beitrag der Dörfer zum Projekt. Dies macht sich auch in der Praxis der Trekkingtouren bemerkbar. Gerade die von außen als traditionell wahrgenommenen Merkmale sind es, die entsprechend des Konzepts von gemeindeorientiertem Tourismus erhalten und gefördert werden sollen. Während Touren achten Guides daher darauf, nicht sichtbare kulturelle Merkmale hervorzuheben, die ihrer Ansicht nach auf Tradition und Vergangenheit verweisen. Betont werden etwa der Geisterglaube der Akha oder aber die traditionelle Rollenverteilung unter den Geschlechtern. Touristen lernen die Akha-Männer als geschickte Jäger und Reisbauern kennen, die mehrere Frauen heiraten können. Die Akha-Frauen zeichnen sich in den Darstellungen der Guides durch Schamhaftigkeit und Zurückhaltung aus, bringen viele Kinder auf die Welt und arbeiten hart. In den Dörfern selbst wird die traditionelle Gastfreundschaft unterstrichen, die durch traditionelle Massagen für die Touristen konkret erlebbar sein soll. Der Umstand, dass Kultur und Tradition eines sozialen Akteurs innerhalb des Projektes von anderen Akteuren als touristisches Kapital verstanden wird und Kultur dabei statisch begriffen wird, verursacht eine Reihe von sozialen Schnittstellen im Tourismusfeld Muang Sing – nicht nur innerhalb, sondern auch entlang der Grenzen des Tourismusprojektes. Im Folgenden soll der Umgang der sozialen Akteure mit dem Themenbereich Kultur und die Bedeutung, die er im Tourismusfeld Muang Sing erhält, näher beleuchtet werden.

Kulturkontakt und ‚Kulturverlust‘ Die Kultur der Akha spielt innerhalb des Tourismusfeldes nicht nur als touristisches Kapital eine Rolle. Es gibt noch einen zweiten, wichtigen ‚Kulturdiskurs‘, der für das Verständnis von Konflikten an den Schnittstellen entscheidend ist. Dabei geht es um die im Tourismusfeld unter verschiedenen sozialen Akteuren verbreitete Vorstellung von einer Akha-Kultur, die sich anhand bestimmter Merkmale eindeutig bestimmen lässt und die alle Akha auf eine ganz bestimmte Art und Weise prägt. Viele Interviewpartner charakterisierten die Kultur der Akha als besonders traditionsverhaftet und damit auch verletzlich gegenüber externen modernen Einflüssen. So gehen beispielsweise die bereits zitierten Stellungnahmen (siehe Kapitel 2) der laotischen Regierung zur nationalen Minderheitenpolitik von der Annahme aus, dass die kulturelle Identität ethnischer Minderheiten – und damit natürlich auch der Akha – durch den Kontakt mit ‚stärkeren‘ Kulturen in Gefahr ist. Als Resultat einer solchen Ver16 Hier unterscheidet sich die Verwendung des Kulturbegriffs sehr deutlich von einem ethnologischen Kulturbegriff. In der modernen Ethnologie liegt die Betonung auf der Prozesshaftigkeit der Kultur. 204

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

fremdung werden Verhaltensweisen gedeutet, die meist mit Kommerzialisierung in Verbindung gebracht werden. Die Vorstellung, dass von Tourismus Gefahr für Kultur ausgeht, ist nicht nur in den Tourismuswissenschaften verbreitet, sondern lässt sich auch bei Projektmitarbeitern und Regierungsvertretern in Laos finden, wie eine Unterhaltung mit Nuk, einer Laotin, die lange Zeit für Entwicklungsorganisationen in der Region Muang Sing gearbeitet hatte, zeigte. Sie war grundsätzlich gegen eine Förderung von Tourismus bei den Akha und begründete dies folgendermaßen: „Die Touristen geben den Akha Geld, einfach so. Dadurch werden die Akha verdorben und wollen nur noch Geld haben. Sie werden durch die Touristen doch nur faul und hören auf, ihre Felder zu bearbeiten. Die Kinder betteln ja jetzt auch schon um Süßigkeiten! Die Regierung sieht das alles nicht gerne, Tourismus ist einfach nicht gut für die Akha.“ (Nuk, 04.05.04)

Das Motiv der durch Touristen „verdorbenen“ oder „verlorenen Kultur“ tauchte in den Gesprächen mit Projektmitarbeitern und Vertretern laotischer Behörden immer wieder auf und wurde zum einen als Folge der touristischen Entwicklung in Muang Sing und gleichzeitig auch als Ursache für aktuelle Probleme der Akha gewertet. Es wurde angenommen, dass infolge des durch Tourismus verursachten Kulturverlusts eine Art Vakuum im Leben der Akha entsteht, das Platz bietet für äußere Einflüsse. Diese äußeren Einflüsse bieten allerdings, so die Annahme, keine Identifikationsmöglichkeit, sodass die Menschen orientierungslos und entwurzelt werden. Gesellschaftliche Probleme wie der Anstieg von Drogenkonsum aber auch das „aggressive Verhalten“ von Akha gegenüber Touristen werden vor diesem Hintergrund interpretiert.17 Die Vorstellung eines Kausalzusammenhanges von Tourismus und Kulturverlust gehört zu einer Art Common Sense im Tourismusfeld. Projektmitarbeiter sehen sich beispielsweise in ihrer Annahme bestätigt, wenn auch Touristen die Situation in Muang Sing auf diese Weise wahrnehmen. Eine Umfrage, die 2003 von Schipani durchgeführt wurde, zeigte, dass 25 Prozent aller befragten Touristen der Meinung waren, Tourismus wirke sich negativ auf Muang Sing aus. Dem Gegenüber standen 28 Prozent, die die Ansicht vertraten, dass Tourismus der ökonomischen Entwicklung Muang Sings helfe. Die restlichen und auch meisten aller befragten Touristen sahen den Tourismus sowohl als Chance für die Region und ihre Bewohner, aber auch als eine Gefahr. Interessanterweise gaben Touristen als Grund für ihre negative Einschätzung der touristischen Entwicklung „visible change in lifestyle among ethnic minorities“ (Schipani 2003: 7) an. Vor dem Hintergrund, dass die wenigsten Touristen Muang Sing mehrmals besuchen und somit gesellschaftliche Veränderungen tatsächlich direkt beobachten können, erscheint diese Aussage verwunderlich. Auf eine „sichtbare Veränderung der Lebensweise“ können Reisende nur aufgrund ihrer Erwartungen bezüglich Muang Sing und der dort le17 Vergleiche hierzu Projektdokumente von Schipani (2003), aber auch die Arbeiten von Vorlaufer (1996) und Palm (2000). 205

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benden Minderheiten schließen. Schipani selbst betont, dass dieser von den Touristen wahrgenommene Wandel in Muang Sing auf allgemeine Entwicklungsprozesse und einer Integration der Minderheiten in die Marktökonomie zurückzuführen sei; aber auch diese gesellschaftlichen Veränderungen sind für ihn teilweise das Ergebnis der lokalen Tourismusindustrie. Als weitere negative Auswirkungen von Tourismus gaben die Befragten „the appearence of begging, drugs, inflation and a large amount of garbage“ an. In Gesprächen, die ich selbst mit Touristen führte, wurde noch ein anderer Faktor genannt, der für die negative Einschätzung von Tourismus in Muang Sing ausschlaggebend war: Das aggressive und aufdringliche Verhalten der Akha-Frauen von Muang Sing, die den Touristen Souvenirs verkaufen wollen. Einige Touristen empfanden diese Situation nicht nur als lästig, sondern waren dadurch von ihrem gesamten Aufenthalt in Muang Sing sehr enttäuscht. Daraus schlossen Regierungsvertreter und Projektmitarbeiter, dass die Souvenirverkäuferinnen dem touristischen Image von Muang Sing und damit der touristischen Entwicklung auf lange Sicht schaden. Das Verhalten der AkhaFrauen wurde als kultureller Wandel interpretiert, der durch ein unkontrolliertes Aufeinandertreffen von Touristen und Akha in Gang gesetzt wurde. Daher liegt es für die Planung touristischer Entwicklung in Muang Sing auch nahe, den Einfluss der Touristen auf die Akha möglichst zu regulieren. Die verschiedenen Aufklärungsmaterialien, die von der National Tourism Authority herausgegeben wurden und von internationalen Organisationen wie der UNESCO unterstützt werden, stellen den Versuch dar, das Verhalten der Touristen direkt zu beeinflussen. So werden Touristen auf Plakaten darüber informiert, welches Verhalten ihre Gastgeber stört und damit negativ beeinflusst. Dabei werden Comics von Touristen gezeigt, auf denen diese als ungepflegte und rüpelhafte Rucksacktouristen auftauchen, ein Bild, das wohl die wenigsten Besucher schmeichelhaft finden. Die Darstellungen sind sowohl in englischer als auch laotischer Sprache kommentiert, sodass die Botschaften sowohl Touristen als auch schriftkundige Einheimische erreichen. Die implizite Botschaft dieser Plakate lautet auch, dass Touristen gegenüber den ethnischen Minderheiten in einer gewissen Verantwortung stehen. Touristen wird hier die Möglichkeit gegeben, sich über ihre potenziellen Gastgeber zu informieren und ihr Verhalten dem kulturellen Umfeld anzupassen. Den Gastgebern hingegen, und insbesondere den ethnischen Minderheiten, werden solche Möglichkeiten nicht gegeben.

Die Bedeutung von Kultur in der Praxis In Muang Sing erhalten die Guides im gemeindeorientierten Tourismus eine Kontrollfunktion indem sie die Rolle der Vermittler einnehmen. Durch das Training und ihre berufliche Erfahrung sind sie für die Bedenken und Bedürfnisse der Touristen sensibilisiert. Entsprechend sehen sich die Guides und die Mitarbeiter des Tourism Office in der Lage, gemeindeorientierten Tourismus 206

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

wirksam zu vermarkten. Auch hierbei spielt der Begriff der Kultur – oder vielmehr der traditionellen Kultur – wieder eine zentrale Rolle, wie etwa an den selbstgestalteten Informationstafeln des Tourism Office deutlich sichtbar wird. Neben den offiziellen Plakaten der UNESCO und der NTAL die den Touristen Hinweise zum korrekten Verhalten geben, finden sich zahlreiche Fotos auf denen Akha abgebildet sind und Texte, die „culture and tradition“ der Dorfbewohner beschreiben. Die Guides sehen es dabei als ihre Aufgabe, Kultur für ihre potenziellen Kunden sichtbar und erlebbar zu machen. Sie orientieren sich hierfür an einer sehr präzisen Vorstellung über die Lebensweise der Akha; dazu zählt das Leben in den Bergen, Jagd, der Anbau von Hochlandreis, der Verzicht auf Konsumgüter, traditionelle Kleidung aus eigener Produktion, Pfahlbauten ohne Elektrizität und fließendes Wasser sowie die Verehrung von Ahnen und der Glaube an Geister. Für Außenstehende ist die Kleidung dabei ein ganz wesentliches Symbol für Traditionalität, denn ohne sie wären die Akha für die Touristen nicht von Vertretern anderer ethnischer Gruppen unterscheidbar. Wie wichtig dieser Aspekt aus Sicht der Guides ist merkte ich, als Senthong mich bat, ihn auf einer Tour nach Ban Pu zu begleiten. Das Tourism Office wollte einige der mittlerweile etwas verblassten aushängenden Fotos, auf denen Akha zu sehen waren, durch neue ersetzen und die Guides wussten, dass ich eine Kamera besaß und immer daran interessiert war, sie bei ihrer Arbeit zu begleiten. Senthong wollte sich um die Fotomodelle kümmern, ich sollte die Fotos nach seinen Anweisungen schießen. Gemeinsam mit vier regulären Trekking-Teilnehmern besuchten wir an zwei Tagen vier Dörfer. Senthong sprach in den Dörfern den Naiban oder einen Stellvertreter an und bat sie um Mithilfe. In den ersten beiden Akha-Dörfern stand uns jeweils eine Frau Modell, die sich zuvor umgezogen hatte. In Ban Pu, wo wir auch übernachteten und somit mehr Zeit zur Verfügung stand, sprach Senthong direkt einige junge Akha an, die etwas Laotisch verstanden. Er erklärte ihnen, dass er die „echte“ Akha-Kleidung fotografieren wolle und bat den jungen Mann zusätzlich darum, sich die Wangen zu schminken.18 Zudem wollte er zwei junge Frauen auf dem Foto haben, die ebenfalls traditionelle Kleidung tragen sollten. Er musste lange mit Hilfe des stellvertretenden Naiban auf zwei Frauen einreden, bis diese in ihre Häuser liefen um sich umzuziehen. Sie kamen zurück und trugen zusätzlich zu ihrem Kopfschmuck ein reich besticktes Oberteil und darüber eine ebenfalls verzierte schwarze Baumwolljacke, sowie einen gewickelten Rock, wie man ihn auf dem Markt von Muang Sing kaufen kann. Mittlerweile hatte sich ein Großteil der Dorfbewohner auf dem Platz versammelt, den Senthong für sein Fotoshooting ausgewählt hatte. Senthong war beim Anblick des Trios jedoch nicht zufrieden und bestand darauf, dass die Frauen zusätzlich den kurzen Rock der Akha-Frauen sowie bestickte Stulpen anziehen sollten. 18 Bei einigen Subgruppen der Akha schminken die jungen Männer am Tag ihrer Hochzeit ihre Wangen rot. 207

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Abbildung 17, 18: Aufstellung für ein Foto für das Tourism Office, Foto: CN. Die Touristen, erklärte Senthong dem stellvertretendem Naiban, würden sich nur für die komplette Akha-Kleidung interessieren, und nicht für eine Kombination traditioneller mit modernen Kleidungsstücken. Es dauerte eine Weile bis die drei jungen Akha so aussahen, wie Senthong es für das Foto für nötig hielt. Mit tatkräftiger Unterstützung des stellvertretenden Naiban und unter den aufmerksamen Blicken der übrigen Anwesenden wurden die Modelle in das richtige Licht gerückt: der Mann in die Mitte, die beiden Mädchen zu seiner linken und rechten. Den beiden Mädchen schien die Situation unangenehm zu sein, Senthong erklärte sie für „sehr schüchtern“ und führte das Unbehagen auf die Kamera zurück. Kaum waren einige Fotos geschossen eilten die jungen Mädchen zu ihren Häusern zurück, um sich wieder einen langen laotischen Rock umzuwickeln (vgl. Abb. 17, 18). Einige Monate später wurde ich wieder an diese Szene erinnert. In Ban Kao, dem Dorf indem ich die Hälfte meiner Feldforschung verbrachte, baten einige der jungen Frauen darum, fotografiert zu werden. Wir verabredeten uns vor der Schule, die außerhalb des Dorfes lag, denn die Männer des Dorfes sollten, so baten die Frauen, nichts davon mitbekommen. Die Frauen erschienen sorgfältig gekleidet, etwas geschminkt und frisiert. Sie alle trugen ihre neuesten selbstbestickten Jacken und Oberteile, legten polierten Silberschmuck an und positionierten sich vor der Kamera – von Unbehagen und Schüchternheit keine Spur (vgl. Abb. 19). Die Abzüge, so musste ich versprechen, sollte ich bei meinem nächsten Besuch mitbringen. Erst als ich die entwickelten Fotos abholte bemerkte ich, dass sich diese Aufnahmen von denen des Tourism Office in einem nicht unwesentlichem Detail unterschieden: Die Frauen aus Ban Kao trugen alle einen bunten langen Wickelrock zu traditioneller Oberbekleidung. Den kurzen schwarzen Rock, den der Guide als typisches Merkmal der Akha-Frauen begriff, benutzen die Frauen in Ban Kao und 208

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

auch in anderen Akha-Dörfern nur noch als Unterrock. Die Eigeninszenierung der Akha-Frauen unterschied sich damit sehr stark von der Inszenierung des Guides. Ihre selbstbestickten Jacken und auch den Kopfschmuck tragen die Frauen in Ban Kao mit Stolz. Nicht weniger stolz sind sie jedoch auf die modernen bunten Stoffe, die sie auf dem Markt von Muang Sing gekauft haben und die den traditionellen kurzen Röcken vorgezogen werden. Senthong hatte in Ban Pu die Röcke der Mädchen als untypisch bezeichnet und sie als Symbol für eine Anpassung an die laotische Lebensweise gewertet. Dabei hat er übersehen, dass die Akha die Stoffe nicht wie Laotinnen in Muang Sing tragen. Zum einen sind die Röcke kürzer und werden nicht durch Haken und Ösen festgehalten, sondern auf der Hüfte einmal umgestülpt. Zum anderen unterscheiden sich die von Akha-Frauen bevorzugten Stoffe in ihrer Farbintensität und in den auffälligen Mustern von den dezenten Röcken der Stadtbewohnerinnen. Die Frauen von Ban Kao zeigten sich bei ihrer Eigeninszenierung gerne modern, aber durch die Kombination traditioneller selbsthergestellter Elemente mit Stoffen, die auf dem Markt gekauft wurden, unverkennbar „Akha“. Im Übrigen stehen die Männer der Akha den modisch bewussten Frauen in nichts nach. Die jungen Männer von Ban Kao inszenierten sich vor der Kamera gerne mit Waffe und in betont modern-militärischer Kleidung, die sie ebenfalls auf dem Markt gekauft hatten. Eine Vorliebe für ArmeeKleidung und Uniformen gilt für die Stadtbewohner Muang Sings als „typisch Akha“. Dies sind jedoch keine Merkmale, die den Touristen als kulturelle Besonderheit der Akha vorgestellt werden, da sie von Außenstehenden nicht als „traditionell“ eingestuft werden.

Abbildung 19: Frauen aus Ban Kao posieren vor der Kamera. Foto: Michael Flacke 209

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Das Kultur-Dilemma: Entwicklung oder Authentizität? Für die Projektmitarbeiter, die sich selbst in erster Linie als „Entwicklungshelfer“ und nicht als Tourismusexperten verstehen, ergab sich durch diese sehr konkrete Konzeptionierung einer Kultur der Akha und der Rolle, die diese im gemeindeorientierten Tourismus spielen sollten, ein Konflikt. Dieser Konflikt beruht auch hier im Wesentlichen darauf, dass Kultur statisch und nicht dynamisch begriffen wird. Die traditionelle Lebensweise der Akha war im Hinblick auf die sich verändernde politische und ökologische Umwelt Laos’ eher als problematisch eingestuft worden. Brandrodungsfeldbau und Opiumproduktion wurden von der laotischen Regierung nicht mehr geduldet, ebenso wenig erschien ein Leben in den Bergen fern aller gesellschaftlichen Institutionen als zeitgemäß. Entwicklungsprojekte, die sonst in den Dörfern der Akha statt fanden, hatten gesellschaftlichen Wandel zum Ziel; sei es durch den Bau von Schulen und Brunnen, durch die Einführung moderner landwirtschaftlicher Methoden oder die Eingliederung der Dorfbewohner in das politische System der laotischen Gesellschaft. Tourismus als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit sollte aus dieser Perspektive ebenfalls ein Weg sein, um gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen und die Lebensbedingungen der Akha zu verbessern. Interessant erscheinen dabei zwei Aspekte: Zum einen ist Tourismus eine Einnahmequelle, zum anderen bietet er eine Möglichkeit, die Dörfer in den touristischen Markt zu integrieren ohne sie umsiedeln zu müssen. Ein Projektmitarbeiter etwa sah im Trekkingtourismus den einzigen Weg, den Akha ein Leben in den Bergen weiterhin zu ermöglichen. Die Einnahmen könnten in den Dörfern für die Ernährungssicherung, Medizin, aber auch für die Bildung von Kindern eingesetzt werden. Auch äußerten laotische Projektmitarbeiter sehr spezielle Hoffnungen, die sie mit dem Tourismusprojekt verbanden. Die Touristen könnten in den Dörfern mit gutem Beispiel voran gehen und den Akha Hygiene beibringen. Die Akha würden dann sehen, dass man sich vor jedem Essen die Hände waschen sollte, keine Nahrung auf den Boden wirft, nicht spuckt, Abfall fallen lässt und dergleichen. „The Akha can learn from the tourists. They can learn the way of civilized people.“19 Auch hier äußert sich die Hoffnung, dass Tourismus zur Entwicklung der Dorfgemeinschaft beiträgt und damit auch zum gesellschaftlichen Wandel. Die Rolle der Touristen erscheint damit zwangsläufig zwiespältig. Laotische Mitarbeiter sehen den Touristen als Vorbild für die Dorfgemeinschaft, er soll den Akha Aspekte des ‚zivilisierten Lebens‘ nahe bringen und gleichzeitig die wirtschaftliche Situation der Dörfer verbessern. Der Tourist übernimmt damit die Funktion eines Entwicklungshelfers. Für nicht-laotische Projektmitarbeiter war der ökonomische Aspekt das wichtigste Argument für gemeindeorientierten Tourismus. Sie vertraten jedoch eine weitaus kritischere Haltung gegenüber Touristen und waren über 19 Persönliche Mitteilung von Simana während eines Interviews am 23.01.2004 in Vientiane. 210

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eine mögliche ‚Vorbildfunktion‘ eher besorgt. Diese Akteure vertraten eine tourismuskritische Perspektive die davon ausging, dass Tourismus zu einer Verwestlichung der Akha und zum Verlust von kultureller Identität in den besuchten Dörfern führe. Zum Ausdruck kam diese Haltung in einem Gespräch über einen von der GTZ in Auftrag gegebenen Dokumentarfilm.20 Ein junger Filmemacher hatte einen Monat lang in Muang Sing und den Akha-Dörfern der Umgebung gedreht. In einigen der Szenen wurde das alltägliche Leben in Ban Kao sowie einige Interviews mit dem Naiban gezeigt. Im Gegensatz zu anderen gefilmten Dörfern vermittelte Ban Kao das Bild einer Dorfgemeinschaft, die ein relativ unabhängiges und traditionelles Leben in den Bergen führt. Der Teamleiter, der das Dorf zuvor noch nie gesehen hatte, zeigte sich über die „intakte Lebensweise“ überrascht und bekam Zweifel, ob ein solches Dorf für Tourismusprojekte überhaupt geeignet sei: „Ich frage mich, ob wir überhaupt Touristen in das Dorf lassen sollten.“ Die Bedenken waren jedoch hinfällig, denn Ban Kao war zu diesem Zeitpunkt längst in gemeindeorientierten Tourismus integriert. Die von Tourismusbefürwortern wie etwa Palm (2000: 21) vorgebrachte These, gemeindeorientierter Tourismus könne kulturelle Diversität erhalten und sogar fördern, wurde stark bezweifelt. Zudem hatten Entwicklungshelfer, die nicht am Projekt mitarbeiteten, Bedenken, ob gemeindeorientierter Tourismus moralisch ohne weiteres vertretbar sei. Die Kultur der Akha werde an die Touristen verkauft, die Akha werden zur Schau gestellt und dienten lediglich als touristische Kulisse, lauteten die immer wieder vorgebrachten Argumente. Einige fragten sich, ob es nicht besser wäre, die Akha in den traditionelleren Bergdörfern einfach „in Ruhe“ zu lassen. Für die Projektmitarbeiter ergibt sich damit ein in den Tourismuswissenschaften altbekanntes Dilemma: „[…] to develop or contain tourism, to restore culture or celebrate it, leads to the same result. To reject tourism is death, but to accept it is also death. […] The figure of this dilemma is a leitmotif in the discourse on tourism: ‚blessing or blight‘, ‚trick or treat‘, ‚boom or doom‘, ‚panacea or a new slave trade‘, ‚mirage or strategy for the future‘. There is always the same disjunction between the economic and the cultural which governs the problematics, be they alternative or dominant. This is still the dilemma which underlies the argument for Alternative Tourism, wherein the word “Alternative” gains its force.“ (Lanfant/Graburn 1992: 103)

Die Perspektive der Guides: Kultur für Tourismus Auch auf der Ebene der Guides wurde „kultureller Wandel“ thematisiert, aber unter vollkommen anderen Gesichtspunkten als bei den Projektmitarbeitern. Auffällig war, dass bei den Guides gesellschaftlicher Wandel ebenfalls kriti20 Martin Gronemeyer drehte von April bis Mai 2004 in Muang Sing und Umgebung für seinen Dokumentarfilm „The Akha“. 211

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siert, aber Tourismus nicht als Ursache dafür und auch nicht als zukünftige Gefahr gesehen wurde. Dies wird vor dem Hintergrund der Rolle, die die Guides im gemeindeorientierten Tourismus einnehmen, verständlich. Im Laufe des Trainings lernten die Guides die Bedürfnisse und Wünsche von Touristen kennen. Sie machten dabei die Erfahrung, dass die Lebensweise der Akha im gemeindeorientierten Tourismus eine wichtige Rolle spielt. Während den Touren zu den Dörfern stehen die Touristen für die Guides im Mittelpunkt. Die Guides sind mit ihrer Gruppe ununterbrochen zusammen und fühlen sich verpflichtet, während der Tour für eine gute Stimmung zu Sorgen und Enttäuschungen zu vermeiden. Konfliktsituationen werden als äußerst unangenehm empfunden, vor allem weil die meisten Guides sich in den Fremdsprachen nicht sicher genug fühlen um etwa Beschwerden von Touristen zu entkräftigen. So wird besonderen Wert darauf gelegt, dass die Touristen das Trekking als ein besonderes Erlebnis empfinden. Am Ende einer Trekkingtour werden alle Teilnehmer gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Je zufriedener die Touristen mit dem Trekking sind, desto besser fällt die abschließende Bewertung in den Fragebögen aus. Dabei zielt eine der Fragen auch eindeutig auf die „Qualität der kulturellen Erfahrung“ ab, die die Touristen in den Akha-Dörfern gemacht haben („Overall how do you rate the quality of your cultural experience in the village(s) you visited?“). Den Touristen wird zur Beantwortung der Frage ein Bewertungsschema in die Hand gegeben, dass die Qualität der kulturellen Erfahrung in direkten Zusammenhang mit der „Unberührtheit“ der Akha-Dörfer setzt. Folgende Aussagen können angekreuzt werden: ʊ ʊ ʊ ʊ

„Amazing – as if I was the first one to ever visit. Very special – as though tourists had been there before but still felt it to be relatively untouched. O. K but nothing special – like I was just another one passing through but still felt comfortable in the village. Didn’t Feel Comfortable – felt like a voyeur and that the people were bored with tourists.“ (Schipani 2003: 56, Herv. CN)

Die Botschaft, die auch an die Guides vermittelt wird, ist deutlich: Je unberührter die Dörfer, desto erfolgreicher das Trekking. Nur solange die Touristen die Akha-Dörfer als möglichst „untouched“ wahrnehmen, kann gemeindeorientierter Tourismus also funktionieren. So ist es verständlich, wenn Guides es als ihre Aufgabe sehen, das Bild der unberührten Akha aufrechtzuerhalten. Der Prozess, der hier einsetzt, erinnert stark an Ökotourismusprojekte. Erklärtes Ziel von Ökotourismusprojekten ist es, die Menschen vor Ort für den Schutz von Natur zu gewinnen, indem man Natur zu einer touristischen Ressource erklärte. Nur wenn die lokale Bevölkerung Natur aktiv bewahrt kann sie sie auch weiterhin als Einnahmequelle für Touristen nutzen. Aus der Sicht der Guides nehmen die Akha im gemeindeorientierten Tourismus in Muang Sing nicht die Rolle der aktiven Bevölkerung, sondern die der Natur ein: Die Akha – oder vielmehr ihre Lebensweise – werden zur touristischen Ressource. Im Rückschluss bedeutet das für die Guides auch, dass kulturelle Veränderun212

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gen in den Dörfern zu einer Abnahme der Besucherzahlen und damit zu weniger Beschäftigung für die Guides führten. Da Guides die Erlebbarkeit und Veranschaulichung von Kultur für Touristen im Auge haben, ist es vor allem der sichtbare Wandel in den Dörfern, der bei diesen Akteuren Sorgen auslöst. Für viele Guides erscheint es absehbar, dass gemeindeorientierter Tourismus keine große Zukunft in Muang Sing hat. Dafür, so erklärte mir ein Guide, verändern sich die Akha viel zu sehr und darüber sind die Touristen enttäuscht. Die Dorfbewohner kaufen gerne auf dem Markt von Muang Sing ein. Bereits jetzt tragen die meisten Akha moderne T-Shirts, einige der jungen Mädchen tragen ihr Haar wie die Laotinnen und legen nicht mehr den traditionellen Kopfschmuck der Akha-Frauen an. Die Guides beschweren sich darüber bei den Dorfbewohnern, ernten jedoch wenig Verständnis für ihre Sorgen. Die Akha, so berichten sie, sind wenig kooperativ und einsichtig. Im Juli 2004 war ich bei einer Situation Zeugin, in der diese Einschätzung der Guides direkt thematisiert wurde. Maceu, der junge Bruder des Naiban von Ban Kao hielt sich für einen Workshop in Muang Sing auf. Er nutzte die Gelegenheit und erledigte einige Einkäufe auf dem Markt von Muang Sing. Da er, bevor er nach Ban Kao zurückkehrte, noch im Krankenhaus Medizin für sein Dorf abholen sollte, wollte er seine Tüte mit Einkäufen im Tourism Office unterstellen und auf dem Rückweg wieder mitnehmen. Bounthan nahm die Tüte an sich, warf aber auch einen Blick hinein und entdeckte neben pinken Kindergummistiefeln drei Halogenlichtröhren. Maceu war über seinen Einkauf sehr erfreut und erzählte Bounthan, wie hell das Licht der Röhren sei und wie praktisch das für das Familienhaus wäre. Der Manager teilte Maceus Freude keineswegs, im Gegenteil. Er versuchte Maceu zu erklären, dass es doch besser wäre, das Haus mit Feuer zu erhellen statt mit elektrischem Licht. Maceu zeigte sich keineswegs einsichtig, er verstand nicht, wo das Problem liege: Genug Strom hätte das Dorf ja dank eines kleinen Generators, der in einem Fluss stand. Bounthan versuchte nochmals, Maceu zu überzeugen: „Wenn ihr so weitermacht, kommen überhaupt keine Touristen mehr zu Euch ins Dorf! Die Touristen wollen so etwas nicht!“ Maceu ließ sich jedoch nicht beeindrucken und kehrte noch am selben Tag mit der Tüte nach Ban Kao zurück. Bounthan und die im Tourism Office anwesenden Guides diskutierten dieses Problem noch eine Weile und waren sich einig, dass die Dorfbewohner keine Ahnung vom Geschäft hätten und das gesamte Projekt bedrohen. Für die Guides kamen diese Probleme unerwartet. Im Training hatten sie gelernt, dass gemeindeorientierter Tourismus den besuchten Dörfern helfen würde, traditionelle Kultur aufrecht zu erhalten. Ihnen war auch klar, dass die Touristen wegen den ethnischen Minderheiten nach Muang Sing kamen und dass sie, um sozio-kulturelle Veränderungen in den Dörfern zu vermeiden, zwischen den Touristen und den Akha vermitteln sollten. Das Problem bestand aus Sicht der Guides jedoch nicht aus dem Verhalten der Touristen. Das Problem waren vielmehr die Akha selbst. Trotz aller Bemühungen und Warnungen der Guides waren die Dorfbewohner nicht davon abzubringen, ihr eigenes touristisches Kapital nach und nach zu zerstören. Als im Juli 2004 be213

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kannt wurde, dass der Naiban von Ban Kao eine komplette DVD-Anlage in seiner Hütte aufbauen ließ wurde dies vom Tourism Office als weiterer Beweis dafür gesehen, dass die Akha unfähig sind ihr touristisches Kapital ‚verantwortungsvoll‘ zu verwalten. Auch in diesem Zusammenhang kam die Forderung nach stärkeren Kontrollen der Akha auf.

Gesellschaftlicher Wandel durch Tourismus: die Perspektive der Akha Hier stellte sich mir die Frage, wie das Thema des gesellschaftlichen Wandels und des äußeren Einflusses auf die Dorfgemeinschaft von den Betroffenen selbst, also den Akha, eingeschätzt wird. Ich interessierte mich dafür, wie die Dorfbewohner in Ban Kao, die von den anderen Akteuren als äußerst ‚traditionelle‘ Akha eingestuft wurden, die Souvenirverkäuferinnen von Muang Sing bewerteten. Guides, Projektmitarbeiter und Vertreter laotischer Behörden waren sich einig, dass diese Frauen durch den Kontakt mit Touristen ‚verdorben‘ seien. Ihr Verhalten, dass als Folge ihres Kontaktes zu Touristen gedeutet wurde, galt zum einen als beschämend und wurde zum anderen als eine Gefahr für das touristische Image von Muang Sing gesehen. Es mag vielleicht erstaunen, dass die Akha der Frage nach dem Verlust von Kultur durch Tourismus bzw. gesellschaftlicher Wandel der Akha als Bedrohung des Projektes nur bedingt Aufmerksamkeit schenkten. Wann immer ich während meiner Feldforschung versuchte, dieses Thema in Gesprächen mit Akha anzuschneiden, kam mein Gegenüber meist auf ökonomische Aspekte zu sprechen. Bei meinem dritten Besuch in Ban Kao war ich als Opfer der Souvenirverkäuferinnen geradezu gebrandmarkt. An beiden Handgelenken trug ich die verräterischen Armbändchen, um die Schulter eine Tasche, bei der eine Stulpe für Frauen zum Wasserflaschenträger umfunktioniert wurde. Mein Anblick amüsierte die Dorfbewohner sichtlich. Einige nahmen die Souvenirs genauer unter die Lupe, Frauen warfen einen prüfenden Blick auf die Nähte und Stickereien der Tasche. Zudem interessierten sich alle vor allem für eines: Für den Preis, den ich für diese Souvenirs bezahlt hatte. Die Reaktionen der Akha auf meine Antwort ließen keineswegs auf Verunsicherung oder gar Entrüstung über das ‚kapitalistische Verhalten‘ der Souvenirverkäuferinnen schließen. Einige Frauen gaben ihrer Bewunderung für das Verkaufsgeschick Ausdruck; der Naiban nickte anerkennend, als er hörte, wie viel die Souvenirverkäuferinnen verdient hatten. Als ich auf die Verkaufssituation und damit das Verhalten der Verkäuferinnen gegenüber Touristen zu sprechen kam, musste der Naiban bei meinen Schilderungen lachen. Er kenne die Frauen gut und habe das schon mehrmals in Muang Sing beobachtet, sie seien eben gegenüber Touristen nicht schüchtern. Im Mittelpunkt des Interesses stand nicht die Frage nach der moralischen Beurteilung der Frauen, sondern die Frage nach der Höhe der Einkünfte durch Tourismus. Es wurde bereits an früherer Stelle darauf hingewiesen, dass Tourismus sowohl in den Dörfern als auch bei den Souvenirverkäuferinnen von 214

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

Muang Sing als eine Einnahmequelle von Bedeutung ist. Dies brachte beispielsweise der Naiban von Ban Kao in Gesprächen wiederholt zum Ausdruck. Vor dem Hintergrund der Diskussion um Kulturwandel durch Tourismus war vor allem eine Unterhaltung zwischen ihm und dem bereits erwähnten Filmemacher interessant, bei der ich ebenfalls anwesend war. In den Pausen der Dreharbeiten zum Dokumentarfilm kamen diverse Projektmaßnahmen in Ban Kao zur Sprache, so eben auch gemeindeorientierter Tourismus. Der Naiban erzählte, wie gerne sein Dorf Touristen empfange, da die Touristen den Markt zu den Akha in den Bergen brächten. Allerdings bemängelte er, dass viel zu wenig Besucher vorbei kommen, er und die Dorfbewohner wünschten sich mehr Touristen. Wie auch in Interviews, die ich früher in Ban Kao durchgeführt hatte, brachte der Naiban die Idee einer befestigten Straße vor: Wenn es eine richtige Straße nach Ban Kao gäbe, hätten es die Touristen leichter, es würden dann auch sicherlich mehr kommen. Der junge Filmemacher zeigte sich erstaunt über diesen Vorschlag und wollte wissen, ob der Naiban sich denn keine Sorgen um sein Dorf machen würde. Eine Straße könnte dazu führen, dass ganze Busladungen mit Touristen in das Dorf kommen und die Akha bestürmen. Was, wenn die Touristen dann nur kurz aussteigen, die Akha begutachten, Fotos knipsen, Bonbons an Kinder verteilen und einfach wieder verschwinden? An so einem Tourismus würden schließlich nur die großen Unternehmer verdienen, aber nicht die Dorfbewohner. Zudem würde es dazu führen, dass die Kinder und schließlich auch die Erwachsenen anfangen zu betteln.21 Der Naiban sah jedoch keinen Grund zur Beunruhigung, denn sein Plan sah vor, dass jeder Tourist mindestens eine Nacht im Dorf bleiben müsse, sonst würde er ihnen den Zugang verweigern. Dann haben die Dorfbewohner ausreichend Zeit und Gelegenheit, ihre Waren zu verkaufen. Interessant an diesem Gespräch war, dass der Filmemacher ansteigende Tourismuszahlen als Gefahr für das Dorf sah, der Naiban hingegen genau das als Wunsch äußerte. Auf die Frage nach einer möglichen Änderung der gesellschaftlichen Strukturen in seinem Dorf ging der Naiban nicht direkt ein. Im Laufe anderer Gespräche wurde mir immer klarer, warum: Dass Touristen gesellschaftliche Veränderungen in den Dörfern steuern können, ist vor dem Hintergrund einer Trennung von Innen- und Außenwelt (vgl. Kapitel 5) abwegig. Die Touristen befinden sich ebenso wie auch die Guides, Projektmitarbeiter, Beamte oder auch Händler, zu denen die Akha Beziehungen ökonomischer Art unterhalten, eindeutig in der Sphäre des „Außen“ und können auch nur auf diese Sphäre einwirken. Gesellschaftliche Veränderungen finden im Inneren statt und werden auch von „Innen“ veranlasst. Es kann tatsächlich 21 Da das Gespräch mithilfe von Bekah übersetzt wurde, konnte der Filmemacher nicht von „sozio-kulturellen Auswirkungen“ sprechen, sondern musste ein konkretes Beispiel nennen, hier: Kinder beginnen zu betteln. Bekah ist der jüngere Bruder Besohs und arbeitet ebenfalls als Dolmetscher für die GTZ. Seine Muttersprache ist Akha, er spricht jedoch auch Laotisch, Chinesisch und hat begonnen, Englisch zu lernen. 215

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sein, dass Individuen den Wunsch nach Wandel verspüren und diese Wünsche auch umsetzen. Die Kombination von modern empfundenen Elementen mit solchen, die als typisch für die eigene Gesellschaft angesehen werden kann als ein Ausdruck für den Wunsch nach Wandel gesehen werden – ich möchte an dieser Stelle an das Modebewusstsein der Akha-Frauen erinnern. Doch dieser Wandel erfolgt meistens in bestimmten Bahnen, und darf nicht als ein vollkommenes Aufgeben der eigenen kulturellen Identität gewertet werden. Dies möchte ich anhand eines Fallbeispiels illustrieren: Sameu, eine junge Akha, lernte ich kennen, als ich zu Beginn meiner Feldforschung ein Projektteam der GTZ nach Ban Namdet Mai auf einen Workshop begleitete. Sie war zwar gerade erst fünfzehn Jahre alt, hatte aber die Rolle der Lao Women’s Union-Vertreterin im Dorf übernommen. Sie besuchte die Schule, übte sich im Lesen und Schreiben und trug, wann immer es ging, ihre Schuluniform, bestehend aus einem schwarzen langen Rock und einer weißen Bluse. Die Kopfbedeckung der Frauen lehnte sie ab, denn sie war ihr zu unbequem, wie sie mir erklärte. Auch mit ihr sprach ich über die Rolle von Tourismus in ihrem Dorf. Zu Anfang erwartete ich eine kritische Einstellung gegenüber Touristen, denn Ban Namdet Mai war eines der ersten Dörfer, dass von Touristen auf Tagestouren besucht wurde und es ist das einzige Akha-Dorf, dass eine englischsprachige Tafel neben dem Dorftor angebracht hat, auf dem zu lesen ist „Don’t touch.“ Aber Sameu erklärte mir, dass ihr durch den Tourismus vollkommen neue Wege geöffnet wurden. Wann immer einige Touristen in ihr Dorf kamen, sprach sie sie an und bot sich als Guide an. Sie führte ein kleines Heft bei sich, indem die Touristen nicht nur ihre Adressen hinterließen, sondern auch englische Redewendungen und Vokabeln. Sameu ließ sie einen Satz aufschreiben und vorlesen und übersetzte es sich anschließend in laotische Schrift. Auf diese Weise lernte Sameu allmählich einige englische Idiome und Redewendungen kennen, mit denen sie wiederum neu ankommende Touristen überraschen konnte. Die Touristen, so sagte Sameu, helfen ihr, ihr eigentliches Ziel zu erreichen: Nämlich Englisch zu lernen und für das Projekt in Muang Sing zu arbeiten. Sie hatte kein Interesse daran, die Touristen nachzuahmen oder zukünftig für die Tourismusbranche zu arbeiten. Sie nutze jedoch deren Präsenz, um den Projektmitarbeitern ähnlich zu werden und wie diese gesellschaftlichen Wandel in den Dörfern der Akha zu bewirken. Eine Lebensweise, wie die Guides sie sich für die Akha wünschen, lehnt sie für sich selbst ab. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie sich selbst nicht als Akha identifiziert. In der Interaktion mit Außenstehenden und vor allem mit Touristen betont Sameu immer wieder ihre ethnische Zugehörigkeit – vielleicht kann man diese Identifikation nach außen hin tatsächlich in Zusammenhang mit Tourismus sehen. Gegenüber Touristen erwähnt Sameu, dass die Akha sich von anderen ethnischen Gruppen Muang Sings unterscheiden, dass sie anders sind und vielleicht auch interessanter. Zum Abschied erhielt ich von ihr ein Geschenk: Einen bunten Halsumhang mit einer silbernen Münze, „typisch Akha“ wie sie mir erklärte. 216

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

Die Hinweise der Guides an die Akha in den Dörfern aber auch ihre Kommentare gegenüber den Souvenirverkäuferinnen werden als eine Einmischung in die „inneren“ Angelegenheiten der Akha-Gemeinschaft verstanden. In Ban Kao aber auch in Ban Mai sind die Dorfbewohner nicht bereit, zugunsten der Erwartungen von Touristen auf die Annehmlichkeiten moderner Konsumgüter zu verzichten. Die Guides selbst sehen die Anschaffung neuer Haushaltsgeräte für ihre Familie nicht als ein Problem an, die Einnahmen durch die Touristen verhelfen ja gerade dazu. Warum sollten die Menschen in den Bergen von diesen Veränderungen ausgeschlossen sein? Die Akha fühlen sich gerade in dieser Frage von den Guides unverstanden und unterdrückt. Besoh bemerkte während einer unserer Gespräche (siehe „Konflikte Guides“) dass die meisten Guides keinerlei Verständnis für die Kultur der Akha und nur ihren eigenen Wohlstand vor Augen hätten. Trotzdem, und hieraus ergibt sich die Konfliktsituation, sind die Dorfbewohner abhängig von den Guides: Sie brauchen sie als Vermittler und Dolmetscher im Umgang mit den Touristen. Wenn Vorlaufer meint, dass im Tourismus „Welten aufeinanderprallen“ (1996: 207), so hat er vielleicht nicht ganz unrecht. Es sind allerdings nicht die Welten, die er vor Augen hat. Es gibt durchaus Ansätze für gemeindeorientierten Tourismus, die gesellschaftlichen Wandel nicht als Hindernis für die touristische Entwicklung betrachten. Auffällig ist, dass dies nur mit einem nicht-statischen Kulturverständnis und Kompromissbereitschaft möglich ist, wie Häusler und Strasdas (2003: 35 f.) in ihrem Handbuch für gemeindeorientierten Tourismus betonen: „However, culture and tradition are not static and communities may wish to see changes towards a more modern lifestyle. In this context, it is very important to discuss the level of change they strive for within the next several years, and the kinds of changes that might be viewed positively or negatively, in order to set up guidelines regarding the level of tourism they wish to have. At the same time, communities should be aware that tourists prefer to visit ‚authentic‘ villages. If a community, especially an ethnic or indigenous village, looks too ‚modern‘ (paved road, concrete houses, electricity) tourists might no longer be interested in visiting that village. In this case communities who are interested in CBT should not start to ‚redevelop‘ their lifestyle and culture the way it was decades ago, but look for a middle way, like setting up traditional houses for visitors, performing traditional songs and music, and wearing ethnic clothes (at least staff and guides).“

Der in Muang Sing erstellte Fragebogen unterstreicht jedoch die Wirksamkeit eines statischen Kulturbegriffs, wenn die Qualität der Trekkings anhand der Unberührtheit der Dorfgemeinschaft gemessen wird.

Frauen als Akteure im Tourismusfeld Bei der Vorstellung des Konzepts von gemeindeorientiertem Tourismus wurde auf einen Aspekt hingewiesen, der sowohl in der Tourismuswissenschaft 217

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als auch der Praxis erst seit kurzem verstärkt Bedeutung erhält: Die Rolle von Frauen im Tourismus (vgl. Kap 2). Auch im Tourismusfeld Muang Sing ist der ‚Genderaspekt‘ ein Thema, dem man immer wieder begegnet und das für Kontroversen sorgt. Auf der einen Seite hat der globale Diskurs von Gender und der Gleichberechtigung der Geschlechter über die Entwicklungsinstitutionen Einzug in Muang Sing gefunden und ist für einige Akteure handlungsrelevant; dies gilt besonders für Tourismusexperten und Projektmitarbeiter, die als Verbindungsglied zwischen der internationalen Entwicklungswelt und den lokalen Geschehnissen gesehen werden können. Auf der anderen Seite gibt es verschiedene lokale Vorstellungen bezüglich weiblicher Rollen im Tourismusfeld, die auch hier wieder zu verschiedenen Handlungsstrategien führen. Hiervon sind Akha-Gemeinden im und außerhalb des Projektes betroffen, sowie Guides und laotische Vertreter von Institutionen. Den Erwartungen der internationalen Gebergemeinschaft im Bezug auf die Verwirklichung von Frauenrechten und Gleichberechtigung wird auch hier wieder im Projektplan Rechnung getragen. Das Thema Gender und Frauen wird hier auf zwei Arten diskutiert: Zum Einen werden die besonderen Gefahren, die für Frauen von touristischer Entwicklung ausgehen, angesprochen, zum anderen mögliche aktive Positionen, die lokale Frauen im Tourismusprojekt einnehmen könnten. Ein Blick in den Projektplan zeigt, dass Frauen aus Sicht der Experten in Muang Sing zu den durch Tourismus besonders gefährdeten Akteuren zählen. Schipani spricht zum Beispiel Prostitution an, die er als „darker side of the tourism industry“ (Schipani 2003: 14) bezeichnet. Einheimische Frauen und insbesondere Angehörige der ethnischen Minderheiten sollen vor dieser Seite des Tourismus bewahrt werden, indem ihnen vom Projekt alternative Einnahmemöglichkeiten angeboten werden: „Involving ethnic minority women as guides and managers of CBE activities will provide employment, direct income and educational opportunities that will allow them to play a necessary role in shaping the overall development and operation of CBE in the district. Employing ethnic minority women as guides and programme staff also offers them an alternative to employment in darker side of the tourism industry (i. e. commercial sex work).“ (Schipani 2003: 14)

In Gesprächen wies Schipani des öfteren darauf hin, dass eine aktive Einbeziehung von Frauen als Guides zwar nicht dem Rollenverständnis der lokalen Gemeinden entspricht, aber zum Teil schon mit großem Erfolg durchgesetzt werden konnte. Das Pilotprojekt in Luang Namtha beschäftigt Frauen als Guides, darunter auch Angehörige der ethnischen Minderheiten. Sowohl die Projektmitarbeiter als auch Touristen sind mit ihnen zufrieden, „Some of the best trekking guides in neighboring Namtha district are women“ (Schipani 2003: 14). Vergleicht man die Situation mit jener in Muang Sing, so fällt schnell auf, dass sich das Prinzip der Einbeziehung von Frauen viel schwieriger umsetzen ließ. In Muang Sing ist Noi die einzige Frau, die als Guide und gleichzeitig im 218

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

Tourism Office arbeitet. Sie ist Tai Lue und wohnt in Muang Sing, ist also keine Angehörige der ethnischen Minderheiten. Bedenkt man die oben beschriebene Hierarchie ethnischer Gruppen, die in Muang Sing den Zugang zum gemeindeorientierten Tourismus bestimmt, so erscheint es nur wenig verwunderlich, dass Akha-Frauen so wenig präsent sind. Dies gilt jedoch nicht im Hinblick auf das gesamte Tourismusfeld Muang Sing, denn hier sind es vor allem Akha-Frauen, die aktiv in Erscheinung treten. Gerade aus diesem Missverhältnis zwischen Tourismusfeld und der Ebene des gemeindeorientierten Tourismus ergeben sich konfliktreiche Schnittstellen rund um die Rolle von Frauen.

Sexualität der Akha-Frauen Schipanis Vorschlag, Frauen stärker in der Planung des gemeindeorientierten Tourismus zu berücksichtigen, trägt nicht nur allgemeinen Bedenken bezüglich touristischer Entwicklung Rechnung. Für Entwicklungsinstitutionen und Vertreter der laotischen Behörden stellt der Umgang der Akha mit Sexualität im Hinblick auf Tourismus einen Grund zur Besorgnis dar. Bis vor wenigen Jahren war Aids in Laos so gut wie nicht bekannt. Dies hat sich jedoch mit der politischen und wirtschaftlichen Öffnung des Landes geändert. Angesichts eines langsamen Anstiegs von HIV-Infektionen in Laos22, aber auch mit Blick auf die Entwicklung von Sextourismus in der Hauptstadt Vientiane gewinnt unkontrollierter Tourismus in Muang Sing vollkommen neue Problemdimensionen. Das angeblich promiskuitive Verhalten der Akha ist auch über die 22 Die Rate der HIV-Erkrankten in Laos ist im Vergleich zu anderen Ländern Südostasiens sehr gering, denn sie liegt nach offiziellen Schätzungen von UNAIDS bei 0,05 % der Gesamtbevölkerung (UNAIDS und Regional support Department 2004: 142). Bis 1990 gab es offiziell keine HIV-Infektionen in Laos, dies hat sich jedoch in den Jahren von 1990 bis 2004 geändert. Die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2003 nennen 1.212 Personen (davon Männer 63 %, Frauen 37 %), die HIV-infiziert sind, davon sind 670 Personen an AIDS erkrankt. Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu behandeln, NRO befürchten, dass die Zahl der Infizierten bereits weitaus höher ist. Internationale Entwicklungsorganisationen fürchten zudem, dass die Zahlen in den nächsten Jahren auch in Laos sprunghaft ansteigen werden: „Lao PDR is faced by many risk factors which could lead to increased HIV transmission in the near future if appropriate prevention measures are not taken. […] Rapid socioeconomic changes, including infrastructure development and tourism, have come with changes leading some people to engage in behaviour which put them at higher risk of HIV infection. […] The risk factor for the rapid spread of the AIDS epidemic in Lao PDR include: proximity to countries with higher HIV/AIDS prevalence, increasing travel and migration, poverty and low living standards, increase in risky sexual behaviour and drug use, and relatively low awareness about the existence, causes and prevention of HIV/AIDS.“ (UNAIDS und Regional support Department 2004: 142 f.) 219

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Grenzen der nördlichen Regionen in Laos bekannt und sorgt gleichermaßen für Erstaunen, Abneigung, Faszination und Besorgnis. Bereits während meiner ersten Tage in der Hauptstadt Vientiane zu Beginn meiner Feldforschung wurde ich von Laoten auf die Freizügigkeit der Akha hingewiesen, sodass ich bereits vor meinem Eintreffen in Muang Sing „Bescheid“ wusste; auch in Muang Sing selbst verlief kaum ein Gespräch über die Akha ohne einen Hinweise meines laotischen Gegenübers auf deren Sexualleben. Besonders hervorgehoben wurde, dass es den jungen Akha gestattet sei, sexuell aktiv zu sein auch wenn sie noch nicht verheiratet sind. Zudem haben Männer die Möglichkeit, mehrere Frauen zu heiraten. In Laos gehört die sexuelle Freizügigkeit ebenso zum Bild der Akha wie ihre Ahnenverehrung und ihr Geisterglaube. Auch an Touristen wird dieses Bild weiter vermittelt. Nicht nur in Reisehandbüchern, Tourism Offices und von Guides wird die Sexualität der ethnischen Minderheiten und insbesondere der Akha betont. Bei sämtlichen Trekkings ist die Freizügigkeit der Akha fester Bestandteil des Programms. Auch auf den „Dos and Don’ts“-Plakaten der National Tourism Authority lassen sich derlei Hinweise finden. Eine der Abbildungen im Comicstil zeigt einen Busch, hinter dem ein nacktes Paar haariger Männer- und dunkler Frauenbeine in eindeutig verkeilter Stellung hervorlugen. Der Text darunter besagt: „Foreigners must not involve themselves sexually with villagers“. Dem Touristen kann sich so ein durchaus widersprüchliches Bild bieten: Auf der einen Seite wird mit einem Augenzwinkern auf die sexuelle Freizügigkeit der Akha hingewiesen und somit die Aufmerksamkeit der Besucher auf dieses Thema gelenkt. Gleichzeitig wird Sextourismus von offizieller Seite verurteilt und Touristen aufgefordert, diese Situation nicht auszunutzen. Denn die laotische Regierung legt besonderen Wert darauf, Zustände „wie in Thailand“ zu verhindern und Sextourismus zu unterbinden. Nun sind es in Muang Sing ausgerechnet Akha-Frauen, die die Touristen auf offener Straße ansprechen und zu einem Besuch ihres Dorf und sogar Übernachtungen in ihrem Haus einladen. Aus Sicht der Behörden liegt hier der Schritt zur Prostitution und zu Sextourismus nicht weit und auch Entwicklungsinstitutionen empfinden die Situation als alarmierend. Mehr als andere ethnische Minderheiten werden Akha-Frauen als durch Tourismus stark gefährdete Akteure eingeschätzt. Diese Überlegungen liegen auch Schipanis Vorschlag, Frauen eine aktivere Rolle im gemeindeorientierten Tourismus zuzuweisen und damit Alternativen zu Prostitution zu bieten, zu Grunde. Gerade im gemeindeorientierten Tourismus haben Frauen jedoch eine höchst widersprüchliche Rolle eingenommen.

Die Rolle von Akha-Frauen im gemeindeorientierten Tourismus Akha-Frauen spielen eine zentrale Rolle für das touristische Image Muang Sings. Der Kopfschmuck der Frauen gilt als das Erkennungsmerkmal der Ak220

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Akha schlechthin. Nahezu jeder Postkartenverkäufer in Laos hat einige Bilder von Akha-Frauen im Sortiment; Akha-Frauen schmücken die Werbeplakate von Touristikunternehmen und den offiziellen Tourismusbehörden und sie dürfen auch auf den Buchtiteln von Reiseführern zu Laos nicht fehlen. Das Bild der Akha-Frau mit silberner Kopfbedeckung und in schwarzer und bunt bestickter Kleidung ist zu einem Synonym für Traditionalität und Ursprünglichkeit in Laos geworden. Daher bezieht sich die Rolle der Frauen im gemeindeorientierten Tourismus vor allem auf die symbolische Repräsentation der traditionellen Akha. Frauen sind die bevorzugten Fotomodelle der Touristen und damit auch der Guides. Ihre Tätigkeiten im Rahmen des Projektes entsprechen dem Bild der traditionell verhafteten Frau: Sie bringen Wasser für die Touristen, helfen beim Kochen und bieten nach dem Essen traditionelle Massagen an.23 Die Massagen sind fester Bestandteil der Trekkingtouren geworden und werden von den Behörden nicht als Problem eingestuft – auch wenn die Guides von Fällen berichten, in denen männliche Touristen diese Massagen missverstanden haben und als eine Aufforderung zu mehr körperlichem Kontakt interpretierten. Es ist nicht auszuschließen, dass Missverständnisse dieser Art durch das weit verbreitete „Image“ der freizügigen Akha noch gestützt werden. Des Weiteren wird die Produktion von Kunsthandwerk und kleinen Souvenirs zum Aufgabenbereich der Frauen im Tourismus gezählt und gefördert. So unterstütze die GTZ zum Beispiel ein Programm der Lao Women’s Union (LWU), bei dem Akha-Frauen zu Workshops geschickt wurden, um dort in der Kunst der Stickerei unterrichtet zu werden. Vorbild waren dabei die Stickereien und Handarbeiten von Yao24, die von den Akha kopiert und eingeübt werden sollten. Die Stickereien der Yao gelten als besonders hochwertig und so geht die LWU davon aus, dass Akha-Frauen mit entsprechenden Imitaten viel auf dem Tourismusmarkt verdienen können. Hier soll nur am Rande erwähnt werden, dass die Armbänder der Akha-Frauen ihrerseits von anderen ethnischen Minderheiten kopiert und auf den Märkten der laotischen Tourismuszentren verkauft werden. Innerhalb des Projektes sind dies die einzigen Aktivitäten, die AkhaFrauen mit Unterstützung ausüben. Dass die Frauen der Projektdörfer im ge23 Die Massagen der Akha bestehen aus kräftigem Kneten und ruckartigem Ziehen an Armen und Beinen des Patienten. Generell führen nur Frauen die Massagen durch, die vor allem ältere Männer nach anstrengenden Arbeiten auf dem Feld oder nach der Jagd erhalten. Auch im Krankheitsfall führen Frauen Massagen bei Männern durch, um den Genesungsprozess zu fördern. Selten habe ich beobachtet, dass Frauen andere Frauen massieren. 24 Stickerei spielt in der Gesellschaft der Yao eine zentrale Rolle. Die christliche Nichtregierungsorganisation ZOA (Zuid Oost Azie) errichtete in einem der YaoDörfer in der Nähe von Muang Sing einen kleinen Souvenirladen, in dem die Stickereien der Frauen verkauft werden. Da dieser Laden auch in einschlägigen Reiseführern erwähnt wird, ist er relativ erfolgreich, durch die Unterstützung von ZOA wird ein Teil der Ware regelmäßig in die USA exportiert. 221

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meindeorientierten Tourismus eine eher passive Rolle einnehmen wird oftmals damit begründet, dass sie ohnehin sehr schüchtern seien und sich gegen eine aktivere Rolle wehren würden.25 Die Schüchternheit der Akha-Frauen sowie ihre Unkenntnisse im Umgang mit Touristen wurden mir auch als Grund dafür genannt, warum keine Akha-Frauen als Guides ausgebildet wurden. Dabei wurden die Akha-Frauen, die bereits aktiv im Tourismus arbeiten und sehr wohl über Erfahrungen verfügen, in den Gesprächen nicht von den jeweiligen Akteuren in Betracht gezogen. Interessanterweise gab es in Muang Sing kaum Versuche, Schipanis Vorschläge zur Einbeziehung der Souvenirverkäuferinnen in gemeindeorientierten Tourismus umzusetzen. Schipani hatte nicht nur die Ausbildung zu Guides ins Auge gefasst, sondern ebenso Englischunterricht vorgeschlagen: „English language courses should be custom designed and offered to the following groups: (1) MSES guides and management, including village based guides (2) Guesthouse and restaurant operators (3) local officials in positions that have regular contact with tourists and (4) ethnic minority and other women that sell handicrafts in town.“ (Schipani 2003: 11, Herv. CN)

Schipani bemerkt in seinen schriftlichen Ausführungen, dass die Souvenirverkäuferinnen bislang negativ aufgefallen seien und dem Image von Muang Sing eher schadeten. Er sah die aktive Einbeziehung der Frauen in das Projekt als eine Möglichkeit, ein positiveres Image der Akha zu gestalten. Denn, so seine Argumentation, durch den Zugang zu Trainings erhalten die Frauen nicht nur die Möglichkeit einer Ausbildung, sondern sie würden auch dazu beitragen, dass es in Muang Sing nur eine Form touristischer Entwicklung gibt, und nicht verschiedene parallel existierende. In Gesprächen mit Schipani erwähnte dieser noch andere, aus seiner Sicht wesentliche Aspekte, die eine Miteinbeziehung der bereits im Tourismus aktiven Frauen notwendig machen würden. Die Akha-Frauen hätten ihre Erfahrungen mit Touristen und ihr Wissen über die Akha bereichernd in gemeindeorientierten Tourismus einbringen können und dadurch gleichzeitig eine legale Einnahmequelle erhalten. Somit hätte das Projekt gleich mehreren entwicklungspolitischen Aspekten Rechnung getragen: Dem Genderaspekt, der Armutsbekämpfung sowie der Stärkung und Unterstützung sozialer Randgruppen.

Geschlechterrollen zwischen Ideal und Wirklichkeit Für Projektmitarbeiter schien der Gedanke, die Souvenirverkäuferinnen in das Projekt einzubinden, abwegig. Zum einen gingen die Mitarbeiter davon aus, dass Akha durch fehlende Schulausbildung und wenig Erfahrung im Umgang mit Touristen grundsätzlich nicht die Fähigkeit besitzen, eine aktive Rolle im gemeindeorientierten Tourismus zu übernehmen. Zum anderen entsprach das Auftreten und Verhalten der Frauen in Muang Sing nicht den Vorstellungen, 25 So lautete die Erklärung von Seiten der Guides und Projektmitarbeiter. 222

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die andere Akteure von traditionellen Akha haben. Ein GTZ-Mitarbeiter beispielsweise schloss während eines Interviews grundsätzlich aus, die Souvenirverkäuferinnen einzubeziehen: Die Frauen seien einfach schon zu verdorben und unvernünftig, sie würden dem Projekt eher Schaden zufügen als einen sinnvollen Beitrag zu leisten.26 Der Begriff der „Verdorbenheit“, der in diesem Zusammenhang auch von anderen Akteuren angeführt wurde, weist daraufhin, dass es konkrete Vorstellungen bezüglich „unverdorbener“ AkhaFrauen geben muss. Entsprechend dem Bild der Akha-Frauen, dass in der einschlägigen ethnologischen und entwicklungspolitischen Literatur27 dargestellt wird, betonten viele der interviewten Akteure die untergeordnete Stellung der Frau in der traditionellen Akha-Gesellschaft. Wichtige Entscheidungen politischer und gesellschaftlicher Art werden ausschließlich von Männern getroffen, auch die Vertretung der Dörfer nach außen hin wird von Männern übernommen. Diese untergeordnete Position wurde vor allem von Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit problematisiert und als Hindernis für positiven sozialen Wandel innerhalb der Akha-Gesellschaft gewertet.28 Diese weiblichen Rollen wurden nicht begrüßt, sie wurden jedoch von vielen Akteuren auch als gegeben und unüberwindbar eingestuft. Umso ungewöhnlicher erschien es den befragten Akteuren, dass in Muang Sing gerade Akha-Frauen aktiv und bestimmt an Touristen herantreten. Gerade Projektmitarbeiter empfanden das ‚kommerzielle‘ Verhalten der Souvenirverkäuferinnen als wenig konform mit traditionellen Rollenbildern der Akha und lehnten es als Konsequenz ab. Tatsächlich gehört jedoch der Verkauf kleinerer Waren, von Gemüse und Feldfrüchten aller Art zum Aufgabengebiet der Frau. So erklärte mir der Naiban eines Akha-Dorfes in der Nähe von Luang Namtha, dass nur Frauen solche „kleinen Arbeiten“ verrichten, Männer hingegen mit den schwierigeren Arbeiten wie etwa Jagen betraut werden. Die Frauen stellen die Souvenirs her, da sei es nur normal dass sie sie auch selbst verkaufen. Die Hartnäckigkeit, die auch Frauen in seinem Dorf beim Verkauf von Souvenirs gegenüber Touristen an den Tag legten erklärte er ebenfalls: „Frauen sind allgemein hilfloser und mehr auf Unterstützung von Fremden angewiesen als Männer. Wird eine Frau krank, so kann ihr Mann ihre Aufgaben ohne weiteres für sie mit erledigen. Wenn allerdings der Mann krank wird, kann nur eine sehr starke Frau seine Arbeit verrichten. Die meisten Frauen sind aber schwach und

26 Kallabinski (01.06.04). 27 Vergleiche hierzu die Ausführungen von Alting von Geusau (1997, 2003), Goudineau (2003), Hansson (1983), Kammerer (1988, 1990, 1998, 2000), Lewis (1998), Lyttleton (2004), Schliesinger (2003), Sponsel (2000), Tooker (2004). 28 Als Beispiel hierfür sei ein Interview mit Simana (23.01.04) genannt, die einen starken Zusammenhang zwischen der schwachen Position der Frauen und den Gesundheitsproblemen von Akha-Dörfern sah. Entsprechend hielt sie eine Überwindung traditioneller Geschlechterrollen bei den Akha für notwendig, um Bildungs- und Gesundheitsmaßnahmen vorantreiben zu können. 223

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? schaffen das nicht. Daher sind sie schneller bereit als Männer, Fremde nach Geld und Medizin zu fragen.“29

Hier lässt sich erkennen, dass auch Akha in Dörfern, die sich selbst als traditionell begreifen und in denen Frauen eine untergeordnete Position einnehmen, kommerzielle Aktivitäten wie etwa den Verkauf von Souvenirs, zum Aufgabenbereich der Frauen zählen. Das Herantreten von Frauen an Touristen wird von Akha nicht als eine Abweichung traditioneller Geschlechterrollen begriffen, im Gegenteil. Die oben zitierte Aussage des Naiban zeigt, dass dieses Verhalten in gewissem Masse sogar als eine Bestätigung der Geschlechterverhältnisse gesehen wird. Frauen können auf diese Weise an Touristen herantreten, weil sie schwächer sind als Männer und daher auf die Hilfe Fremder mehr angewiesen sind. Was aus Sicht der Akha zum möglichen, sogar rollenkonformen Handlungsspielraum von Frauen gehört, ist aus Sicht anderer Akteure jedoch ein Problem. Tatsächlich versuchten die Tourismusbehörden und Entwicklungsinstitutionen, die Situation in Muang Sing auf verschiedenste Weise in den Griff zu bekommen und die Aktivitäten der Souvenirverkäuferinnen zu unterbinden oder zumindest einzuschränken. Bislang ohne Erfolg, denn nach wie vor gehören die Souvenirverkäuferinnen zum Stadtbild von Muang Sing und gelten als wandelndes Beispiel für die verheerenden Folgen von unkontrolliertem Tourismus. Die NTAL versucht den Touristen mittels Aufklärungsplakaten und Broschüren zu verdeutlichen, dass der Besuch der Dörfer ohne lizenzierte Guides illegal ist. Trotzdem gelingt es denn Akha-Frauen immer wieder, Touristen ohne Guides mit in ihre Dörfer zu nehmen. Ein von der GTZ beauftragter Experte schlug die Errichtung von Verkaufsständen in Muang Sing vor, an denen die Frauen ihre Waren anbieten könnten. Die Frauen lehnten die Verkaufsstände jedoch ab und erklärten, dass sie es bevorzugen, direkt Touristen anzusprechen. Nur so würden sie überhaupt etwas verkaufen. Und nur auf diese Weise können sie ihr Gegenüber in „Gespräche“ verwickeln und eine Verbindungen zu Touristen aufbauen. Die Strategien der Souvenirverkäuferinnen, die ich bereits an anderer Stelle beschrieben habe, sind nicht wirksam, wenn der Aktionsradius der Frauen auf Marktstände reduziert wird. Sich auf die Regulierung einzulassen wäre für die Souvenirverkäuferinnen gleichbedeutend mit einem Verzicht auf die Unterstützung durch Touristen und damit ein Verzicht auf Einnahmen. Die ablehnende Haltung der Frauen wurde insbesondere von den Guides als ein klares Zeichen dafür gesehen, dass die Frauen unvernünftig und unkooperativ seien. Interessant ist die Stellungnahme von Besoh, der sich in Interviews sehr kritisch über die Frauen äußerte.30 29 Naiban eines Akha-Dorfes, das in das UNESCO-Projekt integriert ist (21.07.04). 30 30.06.04. Dass ausgerechnet der einzige Akha unter den Guides sich so kritisch über Angehörige seiner eigenen Ethnie äußert gab mir zu Denken. Besohs Position im Tourismusfeld Muang Sing erwies sich jedoch als sehr komplex: Zum einen versteht er sich selbst als Vertreter der Akha und setzt sich für deren Be224

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

Für ihn ist das Verhalten der Frauen peinlich, denn es wirft auf alle Akha der Region ein schlechtes Licht. Den ganzen Tag würden die Frauen auf der Straße auf und ab laufen, den Touristen hinterher rennen und sie beim Essen in den Restaurants stören. Ihre Aufdringlichkeit wird seiner Meinung nach nur noch von ihrer Hartnäckigkeit überboten. Manchmal, so kritisierte er, gingen die Frauen so weit, dass die Touristen richtig wütend werden, die Frauen anbrüllen und beschimpfen. Doch selbst auf die Beleidigungen und die Beschämungen reagierten die Frauen nicht. Besoh erzählte, dass er sich einige Male auf Diskussionen mit den Frauen eingelassen hatte und versuchte, ihnen zu erklären, wie schädlich ihre Verkaufsweise für das Ansehen der Akha sei. Er warb bei den Frauen für die Idee eines Souvenirladens, in dem die Touristen die Waren kaufen könnten, ohne belästigt zu werden. Aber die Frauen hörten nicht auf ihn, akzeptierten den Laden nicht und bevorzugen es noch immer, die Touristen auf der Straße anzusprechen. Sie seien, so Besoh, „nicht so einsichtig wie die Souvenirverkäuferinnen anderer ethnischer Gruppen, wie die Hmong oder Yao“31. Für Besoh liegt das Problem nicht darin, dass die Frauen versuchen, am Tourismus zu verdienen. „Es geht um die Art und Weise, wie die Frauen es tun: Es ist nicht gut und die Touristen mögen es nicht!“ Besoh erklärte sich das Verhalten mit der Faulheit der Frauen: Sie seien zu bequem um wie alle anderen Akha in den Reisfeldern zu arbeiten, es sei ihnen wohl zu anstrengend. „Daher haben sie auch selbst keinen Reis und nichts zu essen und müssen auf diese Weise Geld verdienen.“32 Die Kritik der anderen Akteure an den Vermarktungsstrategien der AkhaFrauen schlägt ähnliche Richtungen ein. Im Bezug auf Tourismus hoffen Projektmitarbeiter und Guides darauf, dass alle Akteure innerhalb des Projektes gemeinsame Strategien verfolgen um die Tourismusentwicklung in Muang Sing erfolgreich zu gestalten. Ziel dieser Strategien ist es, ein positives Bild von Muang Sing und den Akha nach außen zu präsentieren und damit in den Augen des touristischen Klientel attraktiv zu sein. Die Verhaltensregeln für die verschiedenen Akteure orientieren sich somit an den Bedürfnissen der Touristen. Für Guides und Projektmitarbeiter, aber auch für Vertreter der laotischen Tourismusbehörden gibt es einen Konsens bezüglich der Rolle der Akha im Tourismus und auch über deren Verhalten. Die Souvenirverkäuferinnen jedoch handeln konträr zu diesem vermeintlichen Konsens und sorgen dadurch für direkte und indirekte Konflikte. lange ein. Besonders zum Ausdruck kam dies in seiner Stellungnahme zu den Konflikten zwischen den Guides, bei denen er sich als Akha diskriminiert sah und sich von den übrigen Guides distanzierte. Bei der Bewertung der Souvenirverkäuferinnen argumentierte er jedoch aus Sicht der Guides und übernahm deren Position. Hier distanzierte er sich von den Akha-Frauen und zeigte im Gegensatz zu Akha-Interviewpartnern aus Ban Kao keinerlei Verständnis für die Haltung der Frauen. 31 Besoh (30.06.04). 32 Besoh (30.06.04). 225

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Konkurrenz der Geschlechter Das Verhalten der Souvenirverkäuferinnen widerspricht dem Bild der traditionellen, passiven Akha-Frau, das anderen Akteuren vorschwebt. Dies führt zu verschiedenen Problemen. Nicht nur, dass sich Touristen über die Situation beschweren und Muang Sing geradezu berühmt wurde für die „aufdringlichen Akha“; zudem schaffen diese Frauen eine Tourismusform, die zum Teil in direkter Konkurrenz mit gemeindeorientiertem Tourismus steht. Vor allem junge Touristen auf der Suche nach Abenteuer haben in Muang Sing die Wahl, ob sie eine von offiziellen Guides angebotene Tour buchen oder sich den Frauen anschließen. Viele der Besucher, die die zweite Variante gewählt haben, begründeten dies in Interview damit, dass sie diese Erfahrung als authentischer empfinden, da es keine Mittelsmänner zwischen ihnen und den Akha gäbe. Ein Tourist kommentierte dies wie folgt: „Die Hilfe eines Guides in Anspruch zu nehmen, finde ich irgendwie unnatürlich. Das ist kein echtes Reisen! Es ist viel natürlicher, wenn ich selbst mit den Menschen rede und sei es nur mit Händen und Füssen. Ich habe noch nie einen Guide gebraucht.“ (Jim, 20.01.04)

Nicht nur das ‚authentischere Erleben‘ spricht aus Sicht der Touristen für den Kontakt mit den Souvenirverkäuferinnen. Viele Befragten empfanden die Kosten für die Trekkingtouren des Tourism Office mit durchschnittlich zehn Dollar pro Tag als zu hoch. David, ein junger Tourist, zweifelte an der Transparenz des Tourism Office. Er könne einen viel besseren Beitrag zur Entwicklung der Region leisten, wenn er den Familien der Souvenirverkäuferinnen einen Besuch abstatte und auf offizielle Trekkings verzichte: „Wenn ich schon Geld ausgebe, dann soll es direkt an die gehen, die es brauchen. Meine Gastgeberin war arm und ich konnte sie schon mit sehr wenig Geld unterstützen. Ich finde, dass ich damit eine bessere ‚Entwicklungshilfe‘ geleistet habe als Trekkingtouristen, die ja im Grunde genommen nur die Guides bezahlen.“ (David, 15.05.04)

Vor allem die Guides sind sich dieser Konkurrenzsituation in Muang Sing bewusst. Die Akhafrauen bieten den Touristen etwas an, dass diese als „authentischer“ empfinden, und sie tun dies zu einem günstigeren Preis. Die Guides und die Souvenirverkäuferinnen konkurrieren um ähnliche Zielgruppen. Die Souvenirverkäuferinnen können den Touristen jedoch mehr als die Guides den Eindruck vermitteln, persönliche Bindungen zu Menschen aufzubauen, am Alltag ethnischer Minderheiten teilzunehmen und gleichzeitig bedürftigen Menschen zu helfen. Der ‚Erfolg‘, den die Frauen ohne fremde Hilfe verbuchen mag bescheiden sein, aber er macht es schwierig, ihnen echte Alternativen zu bieten. Bisher bestanden die Angebote, die ihnen von Seiten der Entwicklungsinstitutionen unterbreitet wurden, lediglich im Bereich des Souvenirverkaufs. Dabei wurde ausgeblendet, dass dies nicht die einzige Erwerbsquelle der Frauen im Tourismusfeld ist. Die von Schipani vorgeschlagene Ausbildung von Frauen 226

KONFLIKTE AN DEN SCHNITTSTELLEN

zu Guides wäre für die Souvenirverkäuferinnen die wohl attraktivste Alternative zu ihrer bisherigen Vorgehensweise. Dann wären sie aber für die Guides anderer Ethnien eine noch stärkere Konkurrenz. Daher verwundert es wenig, dass die Rolle von Frauen im gemeindeorientierten Tourismus trotz entgegengesetzter Vorschläge eher passiv bleibt und aktive Frauen ausgeschlossen werden.

Gleichberechtigung und Tradition im Konflikt Es gibt eine deutliche Diskrepanz zwischen der in der Projektplanung für Frauen vorgeschlagene Rolle im gemeindeorientierten Tourismus und der Rolle, die sie tatsächlich einnehmen. Der Vorschlag, Frauen durch eine Ausbildung zum Guide und Englischunterricht aktiv am gemeindeorientierten Tourismus teilnehmen zu lassen, wurde nicht umgesetzt. Die Akha-Frauen in den Projektdörfern wurden als „zu schüchtern“ eingestuft um aktiver einzugreifen und nehmen heute vor allem die Rolle der Repräsentantin einer traditionellen Akha-Gesellschaft ein. Die bereits im Tourismus aktiven AkhaFrauen hingegen entsprechen nicht dem traditionellen Bild der Akha-Frau. Sie verfolgen ihre eigenen Interessen im Tourismusfeld Muang Sing und werden von den anderen sozialen Akteuren als unkooperativ eingestuft. Da sie dem touristischen Image von Muang Sing schaden und gleichzeitig eine Konkurrenz für die Guides darstellen erscheint ihre Integration in den gemeindeorientierten Tourismus den anderen Akteuren als abwegig. Am Beispiel der Gender-Frage innerhalb des gemeindeorientierten Tourismus wird deutlich, dass Ideen, die bei der Planung von Projekten formuliert werden, durchaus im Interesse der Zielgruppe bzw. eines Teils der Zielgruppe sein können. Die Integration von Frauen in das Projekt wäre ein interessanter Lösungsansatz für aktuelle Konflikte innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing gewesen. Die Abgrenzungstendenzen der lokalen Akteure wirken an dieser Stelle jedoch so stark, dass eine Zusammenarbeit zwischen Guides und Souvenirverkäuferinnen unmöglich erscheint. Doch nicht nur die Konkurrenzsituation zwischen Guides und Akha-Frauen steht dem ursprünglichen Ansatz zur Förderung von Frauen im Weg, sondern auch die Vorstellungen der beteiligten Akteure über weibliche Rollen in einer traditionellen AkhaGesellschaft. Hier lässt sich wieder an die Überlegungen anknüpfen, die bereits zum Thema Kulturverlust und gesellschaftlicher Wandel vorgestellt wurden. Projektmitarbeiter und Guides, aber auch Touristen bezeichneten die Souvenirverkäuferinnen als „nicht mehr traditionell“ oder „verdorben“. Ihr touristisches Potenzial hätten sie bereits verwirkt, eine Integration in das Projekt war aus Sicht der anderen Akteure nicht mehr möglich. Es ist fraglich ob vor diesem Hintergrund überhaupt eine aktivere Einbindung der Akha in das bestehende Projekt denkbar ist. Für gewöhnlich sind es fehlende Erfahrungen im Umgang mit Tourismus die die Partizipation lokaler Gruppen in gemeindeorientiertem Tourismus schwierig machen. Oft wird bemängelt, dass die 227

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Zielgruppen eines Projektes wenig selbstmotiviert sind. In Muang Sing gab es bereits vor Beginn des gemeindeorientierten Tourismusprojektes motivierte Akteure, die einen Teil ihres Lebensunterhaltes durch Tourismus bestritten und miteinander konkurrierten. Die zuvor illegal arbeitenden Guides hatten durch gemeindeorientierten Tourismus die Möglichkeit, einen legalen Status zu erhalten. Der Status der Souvenirverkäuferinnen hingegen änderte sich nicht. Sie wurden von den übrigen Akteuren lediglich als aufdringliche Souvenirverkäuferinnen eingestuft, die illegal Touristen in ihren Dörfern beherbergten und dadurch dem Opium- und Sextourismus Tür und Tor öffnen. Diese Frauen besitzen jedoch auch Erfahrung im Umgang mit Touristen, kennen deren Bedürfnisse und Wünsche und gestalten ihr Angebot dementsprechend flexibel. Diese Faktoren werden von anderen Akteuren oft ausgeblendet. Doch gerade in den umgesiedelten Dörfern in der Nähe Muang Sings sind die Akha auf Einnahmequellen angewiesen. Jagen und das Sammeln von Waldfrüchten ist in den Tälern kaum rentabel, die Dorfbewohner haben hier nur wenig eigenes Land. Da die wenigsten eine Schulausbildung erhalten haben, ist es für die Akha schwierig, Arbeit in den Tälern zu finden. Die AkhaFrauen aus Ban Mai haben eine Möglichkeit gefunden, durch Souvenirverkauf und die Beherbergung von Touristen zum Unterhalt ihrer Familien beizutragen. Es gibt für sie wenig Alternativen zum Tourismus, und vor allem kaum eine, die ähnlich Erfolg versprechend ist.

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7. W ER BESTIMMT LOKALE E NTWICKLUNG ? A KTEURE UND IHRE H ANDLUNGSSPIELRÄUME Die Analyse der Schnittstellen im Tourismusfeld Muang Sing hat deutlich gemacht, dass globale Diskurse um Nachhaltigkeit und gemeindeorientierten Tourismus lokal neue Bedeutung erhalten können und vor dem Hintergrund lokaler Prozesse auch zwischen sozialen Akteuren neu ausgehandelt werden. Am Beispiel verschiedener Situationen im Tourismusfeld Muang Sing hat sich gezeigt, dass dieses Uminterpretieren von gemeindeorientierten Tourismus nicht immer ohne Konflikte verläuft. An den sozialen Schnittstellen zeigt sich jedoch auch, dass lokale Akteure das Tourismusfeld gestalten und immer wieder verändern. Dieses Kapitel widmet sich der Frage, worin nun diese Gestaltungsmöglichkeiten der einzelnen Akteure bestehen, wo sie eingeschränkt werden und wo Akteure sich mehr Handlungsspielraum erkämpfen konnten. Im Konzept des gemeindeorientierten Tourismus sind die Handlungsspielräume der betroffenen Akteure Bestandteil des Projektplans, werden im Tourismusfeld selbst jedoch ebenso neu verhandelt und umkämpft, wie es auch bei anderen Punkten der Planung geschehen ist. Der Blick auf die tatsächlichen Handlungsspielräume der Akteure legt offen, welcher der Akteure in welchem Ausmaß und auf welche Weise die touristische Entwicklung in Muang Sing und damit das Tourismusfeld beeinflusst.

Zi e l g r u p p e n i m T o u r i s m u s f e l d Entsprechend der Vorgabe des RDMA-Programms der deutsch-laotischen Entwicklungszusammenarbeit, wurde im Vorfeld des Tourismus-Projektes in Muang Sing von der GTZ eine Zielgruppe für gemeindeorientierten Tourismus definiert, nämlich die von Armut betroffene Bevölkerung in den Bergregionen. So heißt es im Projektspiegel von August 20021: „Es wird angestrebt, das ökonomische Potenzial des Tourismus durch eine kulturell sensible Vorgehensweise besser für die lokale ethnische Bergbevölkerung zu erschließen. In einem weiteren Schritt ist geplant, die Dorfgemeinschaften bei der Identifizierung und dem Ausbau von einkommensschaffenden Maßnahmen mit Relevanz zu Tourismus und Naturschutz im Namha-Ressourcenschutzgebiet zu unterstützen.“ 1

Beim Projektspiegel „Technische Zusammenarbeit in Laos“ handelt es sich um ein unveröffentlichtes Dokument der GTZ. 229

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Die Bestimmung einer Zielgruppe gehört zur üblichen Vorgehensweise von Entwicklungsprojekten. Entsprechend der Zielsetzungen des RDMA-Programms werden auch im gemeindeorientierten Tourismus Dörfer der Akha im Distrikt Muang Sing zur Zielgruppe erklärt. Gerade an der Frage nach der Zielgruppe lässt sich jedoch auch erkennen, dass gemeindeorientierter Tourismus eben kein gewöhnliches Entwicklungsprojekt ist und sich bei der Umsetzung Probleme zeigen, die bei anderen Maßnahmen nicht vorkommen. In Muang Sing gibt es sehr viele verschiedene soziale Akteure, die sowohl im Tourismusfeld allgemein, als auch am gemeindeorientierten Tourismus im Speziellen beteiligt sind. Ihnen allen nützt das Projekt nun auf die ein oder andere Weise. Die Guides etwa profitieren von einer qualifizierenden Ausbildung im Tourismus und erhalten zusätzlich eine einkommensschaffende Beschäftigung, auch wenn sie keine Mitglieder der lokalen ethnischen Bergbevölkerung sind. Ähnlich verhält es sich mit Beamten und Regierungsvertretern, die in den Genuss von Trainings und Fortbildungsmaßnahmen kommen. Gasthaus- und Restaurantbesitzer sowie lokale Transportunternehmen, Verkäufer von Lebensmitteln erhalten die Möglichkeit, an Touristen zu verdienen. Auch lokale und internationale Entwicklungsexperten finden Beschäftigung in einem Projekt des gemeindeorientierten Tourismus. Diese Ankurblung der Wirtschaft auf lokaler und im weiteren Sinne auch nationaler und – mit Hinblick auf eine internationale Expertenrunde – internationaler Ebene kann durchaus als ein positiver Nebeneffekt eines Tourismusprojektes bezeichnet werden. Die bisherigen Ausführungen haben jedoch auch gezeigt, dass die Zielgruppe der Akha relativ wenig am gemeindeorientierten Tourismus verdient. Die Einnahmen in Ban Kao durch gemeindeorientierten Tourismus in 2004 etwa waren so gering, dass man die Gemeinde, zumindest den finanziellen Aspekt betreffend, kaum als eigentliche Zielgruppe des gemeindeorientierten Tourismus verstehen darf. Ein Projekt wird in den seltensten Fällen ausschließlich nach wirtschaftlichen Aspekten beurteilt. Auch eine Stärkung der gesellschaftlichen Position, mehr Mitspracherecht und Selbstbestimmung, Teilhabe am politischen Geschehen oder der Zugang zu Ressourcen wie Bildung und Gesundheitswesen können einer Zielgruppe durch ein Projekt zu Gute kommen. Entsprechend dieser Kriterien sind es in Muang Sing wohl die Guides, die von gemeindeorientiertem Tourismus am stärksten profitiert haben. Vor allem durch den Englisch-Unterricht und den Zugang zu Wissen um Tourismus haben sie Kompetenzen und Fähigkeiten erworben, die ihnen außerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing von Nutzen sind. Senpeth etwa begleitet nicht nur Touristen in die Dörfer der Akha, sondern arbeitet aufgrund seiner stetig besser werdenden Englischkenntnisse auch mit Kurzzeitexperten und Praktikanten der GTZ in den Dörfern. Dabei werden nicht nur seine Fremdsprachenkenntnisse geschätzt, sondern auch seine Ortskundigkeit und, wie er selber betont, seine Erfahrung im Umgang mit Falang. Für Senpeth und einige seiner Kollegen war das Guide-Training und der Einstieg in die Entwicklungswelt somit ein voller 230

AKTEURE UND IHRE HANDLUNGSSPIELRÄUME

Erfolg. Die Beschäftigung bei Entwicklungsorganisationen ist in Muang Sing schließlich nicht nur wegen der überdurchschnittlichen Bezahlung begehrt, sondern wird zudem mit einer gewissen Weltoffenheit und Prestige in Verbindung gebracht. Zieht man die selben Kriterien für die Situation der Akha heran, so ist die Bilanz etwas ernüchternder. Der Zugang zu Bildung und Trainings wird in diesem Fall von den Guides besetzt, die eine zu große Konkurrenz für die Dorfbewohner darstellen. An der politischen und gesellschaftlichen Marginalisierung der Akha-Dörfer hat sich durch das Projekt ebenfalls wenig getan. Man könnte allenfalls argumentieren, dass die Dörfer in den Bergen eine gewisse Daseinsberechtigung durch gemeindeorientierten Tourismus erfahren und somit vor Umsiedlungsplänen der laotischen Regierung bewahrt werden können. Ob dies angesichts schwindender Ressourcen und damit schwierigeren Lebensbedingungen in den hohen Lagen auch den Bedürfnissen und Wünschen der Akha entspricht, muss in Frage gestellt werden. Diese Überlegungen führen zu der Annahme, dass die Akha, die sonst als Zielgruppe der RDMA gelten, im Falle des Tourismus-Projektes eine marginale Rolle spielen. Dies bezieht sich nicht nur auf den Nutzen, den die Akha aus dem gemeindeorientierten Tourismus ziehen, sondern auch auf ihre Einflussmöglichkeiten auf das Projekt. Gemeindeorientierter Tourismus grenzt sich prinzipiell von anderen Formen der Entwicklungszusammenarbeit ab, da er neben lokalen Akteuren auch verstärkt eine nicht-lokale Zielgruppe berücksichtigen muss: Die westlichen Touristen. Dies wird nicht nur in Interviews, sondern bereits in der Einleitung von Schipanis Projektplan sowie in der Umsetzung der einzelnen Projektschritte deutlich. Bereits in den ersten Abschnitten geht Schipanis Analyse die Wahrnehmung, Wünsche und Bedenken von Touristen ein: „International tourist’s perceptions regarding tourism’s overall effects on Muang Sing are divided. Twenty-five percent feel that tourism is having a negative effect on the district. A slightly higher percentage (28%) view tourism as a positive force, mostly because of the economic opportunities it is creating. Nearly half are undecided. The reasons behind tourist’s negative outlook on Muang Sing are the visible change in lifestyle among ethnic minorities brought about by integration into the market economy and overall development process (though ethnic minorities themselves may feel differently) which is partially influenced by the local tourism industry. The appearance of begging, drugs, inflation and a large amount of garbage in Muang Sing Town that is either directly or indirectly caused by the local tourism boom are additional reported negative impacts of tourism. Aggressive selling of handicrafts was also a major factor behind tourist’s negative perception of tourism in the district. Suggestions to improve tourism generally reflect the need for improved infrastructure, accommodation and services. The top suggestion is to provide better information and improve the English language abilities of local tourism providers. Tourists also feel that there should be stricter regulations and enforcement regarding foreigners visiting villages, the local drug trade, architectural guidelines and town planning. Survey respondents also suggested that methods to equitably spread tourism’s financial benefits to a wide segment of the population should be institutiona231

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? lized. A high number of tourists strongly suggest that cleaning up the town and market should receive high priority.“ (Schipani 2003: 7)

An sich ist es nicht ungewöhnlich, dass im Vorfeld eines Tourismus-Projektes Befragungen von Touristen durchgeführt werden, um das Marktpotenzial richtig einschätzen zu können. So wurden zu Beginn des Projektes in Muang Sing Interviews und Fragebogenaktionen mit Touristen durchgeführt, der Auswertung wurde von Experten besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Häusler und Strasdas (2003) bemängeln, dass gerade solche Erhebungen in Tourismus-Projekten oft zu kurz kommen und befürworten es, den marktwirtschaftlichen Aspekt von gemeindeorientiertem Tourismus nicht zu vernachlässigen. Für ein Projekt der Entwicklungszusammenarbeit ist es jedoch ungewöhnlich, dass weder den Akha noch den Guides ansatzweise soviel Interesse zuteil wurde wie den Touristen. So gab es in Muang Sing weder vor noch während des Projektes Studien, die sich mit den Bedürfnissen der Dorfbewohner oder Guides auseinander setzten. Die Herkunftsländer von Touristen, deren Altersstrukturen, durchschnittliche Verweildauer in Muang Sing, Höhe der Ausgaben und spezifische Interessen sind erforscht und werden bei Schipani aufgeführt. Informationen über die gesellschaftlichen Strukturen in den AkhaDörfern, ethnographische Hinweise oder Darstellungen zu den Einkommensverhältnissen und Wirtschaftsformen lokaler Akteure sucht man jedoch vergeblich. Gleich zu Beginn des Reports sind es die Touristen, die „zu Wort“ kommen. Sie sind es, die Empfehlungen aussprechen und deren Vorschläge in der Projektplanung auch tatsächlich berücksichtigt wurden. Weder die Meinung der Guides, der Souvenirverkäuferinnen noch die der Bewohner der betroffenen Akha-Dörfer fließt in ähnlicher Weise in die Vorüberlegungen zur Projektplanung von gemeindeorientiertem Tourismus ein. Das starke Interesse an den Touristen prägt nicht nur den Projektentwurf, sondern zeigt sich auch in der aktuellen Umsetzung in Muang Sing wieder. Es wurde bereits angemerkt, dass es einige Punkte in der Planung von gemeindeorientiertem Tourismus gibt, die vor Ort nicht umgesetzt wurden oder nicht umgesetzt werden konnten. Die Evaluierung des Projektes in den Dörfern der Akha ist einer dieser Punkte, der offen blieb. Die Befragung der Touristen hingegen funktioniert genau nach Plan. Nach wie vor erhalten TrekkingTeilnehmer am Ende jeder Tour einen Fragebogen, in dem sie Bewertungen zur allgemeinen Organisation, zu den Guides und zu den Dörfern machen können. Die National Tourism Authority und auch die Behörden auf Provinzebene legen großen Wert darauf, die ausgefüllten Fragebögen zu erhalten und erwarten diesbezüglich einen regelmäßigen Bericht des Muang Sing Tourism Office Managers. Der Manager weiß, dass seine Vorgesetzten viel Wert auf die Meinung der Touristen legen und somit haben die Touristen und die Fragebögen für ihn oberste Priorität. Diese Einschätzung kommuniziert er an die Guides weiter. Die Guides werden durch die Touristen in den Fragebögen bewertet und so liegt es auch in ihrem Interesse, dass Touristen zufrieden sind. Die hohe Aufmerksamkeit verschiedener Akteure für die Belange und Wün232

AKTEURE UND IHRE HANDLUNGSSPIELRÄUME

sche der Touristen wird also durch konkrete Kontrollmechanismen, wie etwa dem Fragebogen, der Druck auf lokale Akteure ausübt, konstant aufrecht erhalten. Das heißt allerdings auch, dass Evaluierungen nicht an sich undurchführbar sind. Kurz: Wären die Behörden auf den verschiedensten Ebenen an Evaluierungen auf Ebene der Dörfer und der Guides interessiert, würde es auch Evaluierungen geben. Während eines Interviews bedauerte Foster (29.03.04) diese Situation und bemerkte, dass die Rolle der Dorfbewohner und Guides stärker berücksichtigt werden müsse. Die Verantwortung hierfür übergab er an die Behörden und schließlich auch an das Muang Sing Distrikt Office selbst. Es sei das mangelnde Verständnis der laotischen Behörden für die Bedeutung partizipativer Maßnahmen, die zu solchen Problemen führe. Tatsächlich lässt sich eine Orientierung an Touristen nicht nur bei laotischen Behörden und Guides feststellen, sondern auch bei den Mitarbeitern der GTZ in Muang Sing selbst. Ein Mitarbeiter etwa antwortete auf die Frage, warum in Muang Sing von ‚gemeindeorientiertem Tourismus‘ die Rede sei, und nicht einfach von ‚Ökotourismus‘: „Ökotourismus ist für mich eine Art von Tourismus, bei der v. a. Aktivitäten wie z. B. Kanufahren, Rafting, Wandern und Naturerlebnis im Allgemeinen im Vordergrund stehen. [...] In Muang Sing geht es ja nicht nur um das Naturerlebnis, sondern hauptsächlich darum, die Dörfer, also ‚Gemeinden‘ zu besuchen.“ (Schmidt, 22.04.04)

Gemeindeorientierter Tourismus wird hier als ein Produkt beschrieben, bei dem die Gemeinden statt ‚Natur‘ besucht werden. Die Perspektive, die hierbei eingenommen wird ist nicht die der Lokalbevölkerung, sondern der Touristen. Im Vordergrund stand nicht die Bedeutung von Tourismus für die Gemeinden selbst, sondern die Vorteile dieser neuen Tourismusform für Touristen. In einem weiteren Verlauf des Interviews wurde die ursprüngliche Zielgruppe der Akha nicht nur als nicht relevant bezeichnet, sondern sogar als ein Hindernis für gemeindeorientierten Tourismus dargestellt: „Wenn der Ruf der Gästehäuser in Muang Sing schlecht ist, kommen auch weniger Touristen und dies hat schließlich auch Auswirkungen auf den Tourismus in den Dörfern. So ist es auch mit den Akha-Frauen, die Armbänder verkaufen. Peter Williams [ein Tourismusexperte, Anm. CN] hat beispielsweise ein ziemlich negatives Feedback von seinen Gästen bezüglich dieser Akha-Frauen erhalten. Das ist durchaus ein Problem und sorgt für ein schlechtes Image. [...] Ein weiteres Problem könnte sich in Zukunft ergeben, wenn es einfach keine Akha-Dörfer mehr in den Bergen gibt – dies ist durchaus möglich.“ (Schmidt, 22.04.04)

Hier wird deutlich, dass Projektmitarbeiter gemeindeorientierten Tourismus nicht als ein Projekt sehen, das im Hinblick auf die Zielgruppe den Anforderungen der gewöhnlichen Entwicklungszusammenarbeit entspricht, auch wenn dies nach außen kommuniziert wird. Die in Muang Sing umgesetzten Projektschritte fokussieren vor allem auf die Bedürfnisse westlicher Touristen. 233

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Die Zielgruppe im gemeindeorientierten Tourismus beschränkt sich demnach nicht auf die marginalisierte und arme Bevölkerung vor Ort. Dies ist an sich noch nicht problematisch, macht jedoch den Spagat zwischen den Ansprüchen von Entwicklungszusammenarbeit und den Anforderungen eines internationalen Tourismusmarktes sehr kompliziert. Kritisch wird es, wenn Entwicklungszusammenarbeit dazu übergeht, lokale marginalisierte Akteure als ein Problem für gemeindeorientierten Tourismus einzustufen und damit ihren Auftrag der Armutsbekämpfung zugunsten eines florierenden Tourismusmarktes aus den Augen verliert. Es ist die einseitige Fixierung auf die Wünsche und Bedürfnisse eines Tourismusmarktes die in Muang Sing dafür sorgt, dass lokale Konflikte im Tourismusfeld übersehen werden. Es wurden bereits einige Begriffe betrachtet, die für das Konzept von gemeindeorientiertem Tourismus eine zentrale Rolle spielen und in Muang Sing ganz unterschiedlich verwirklicht wurden. Zu Beginn der Arbeit wurde auch auf das Prinzip der Partizipation hingewiesen. Hierbei handelt es sich um einen wesentlichen Bestandteil von gemeindeorientiertem Tourismus, der in der bisherigen Schnittstellenanalyse noch kaum berücksichtigt wurde. Im Fall von Muang Sing stellt sich nun die Frage, welche lokalen Akteure tatsächlich eine aktive Rolle zum einen im gemeindeorientierten Tourismus, aber auch im Tourismusfeld Muang Sing wahrnehmen und auf welche Weise sie damit die touristische Entwicklung Muang Sings mitbestimmen und beeinflussen.

Partizipation als institutionell vorgegebener Handlungsspielraum Entsprechend den Empfehlungen von Häusler und Strasdas spielen partizipative Ansätze auch in der Planung des Tourismusprojektes in Muang Sing eine Rolle. Ziele und Vorgehensweisen des Projektes wurden weitestgehend festgelegt, bevor die lokalen Akteure in Muang Sing einbezogen wurden (vgl. Beyer 2003). Die partizipativen Ansätze stellen die Handlungsspielräume und damit auch die mögliche Einflussnahme der Akteure auf den Verlauf des Projektes dar. Ein von Schipani entworfenes Modell (siehe Abb. 20) zeigt, wie die Verflechtung der Akteure im gemeindeorientierten Tourismus geplant war. Die lokalen Akteure verschiedener Ebenen, also die Gruppe der Guides, der Experten und Projektmitarbeiter, der Regierungsvertreter und Dorfbewohner, werden in dieser Grafik durch Linien miteinander verbunden. Diese Linien laufen in der Mitte der Grafik an einem Punkt zusammen. Dorfbewohner, Guides und Projektmitarbeiter sollten im Idealfall alle Zugang zu dieser Mitte haben und auf diese Weise auf den Projektverlauf einwirken.

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AKTEURE UND IHRE HANDLUNGSSPIELRÄUME

Abbildung 20: Schema für die Umsetzung von gemeindeorientiertem Tourismus in Muang Sing, Quelle: Schipani (2000: 49)

Abbildung 21: Schema des gemeindeorientierten Tourismus, Situation im Frühjahr 2004 (Pfeile geben Richtung der Beziehungen an), Quelle: Eigene Darstellung

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Übergeordnete Institutionen wie das Provincial Tourism Office und die GTZ in Muang Sing selbst sollten lediglich über ihre jeweiligen lokalen Stellvertreter auf den Projektverlauf wirken. Abbildung 21 zeigt, wie sich die Situation im Frühjahr 2004 darstellte. Es gab zu diesem Zeitpunkt kein Team der GTZ, das für das Projekt zuständig war; statt einem Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren kam es zu gerichteten Beziehungen mittels derer Informationen weitergereicht wurden. Diese zweite Grafik zeigt deutlich, dass weniger Möglichkeiten zur Interaktion zwischen den verschiedenen sozialen Akteuren gegeben sind. Statt eines Netzes und Verflechtungen von Beziehungen hat sich ein hierarchisches Modell durchgesetzt (vgl. hierzu auch Abb. 13, Hierarchie im Projekt). Zudem werden nicht allen sozialen Akteuren dieselben Partizipationsstufen angeboten. Die Möglichkeit der individuellen Akteure, sich aktiv einzubringen, hängen davon ab, welcher Gruppe sie von den Projektplanern zugeordnet werden.2 Für Regierungsbeamte und Mitarbeiter der staatlichen Tourismusbehörden etwa sind Workshops von je einigen Tagen vorgesehen sowie Studienreisen zu Tourismuszentren im In- und angrenzenden Ausland. Workshops und Informationsveranstaltungen werden all jenen angeboten, die ihren Lebensunterhalt oder zumindest einen Teil davon durch Tourismus verdienen, also Restaurant- und Hotelbesitzer, Souvenirverkäufer und ähnliche Gruppen in und um Muang Sing. Ich spreche hier von Informationsveranstaltungen, weil diese Gruppen durch einen Projektmitarbeiter oder einen Tourismusexperten über die Idee von nachhaltiger Tourismusentwicklung informiert und dafür auch gewonnen werden sollten. Die Guides hingegen erhielten eine intensivere Ausbildung von drei Monaten, die sie dazu befähigen sollte, auch ohne die Anwesenheit von Experten nachhaltig weiter zu arbeiten. Ziele und Intensität dieser Ausbildung wurden bereits an anderer Stelle eingehend diskutiert. Die Rolle der Guides ist hier besonders interessant, da sie nicht nur selbst an partizipativen Maßnahmen teilnahmen, sondern diese zu einem späteren Zeitpunkt auch selbst in der Interaktion mit betroffenen Dörfern umsetzen sollten. Für die teilnehmenden Gemeinden war ebenfalls eine intensivere Form der Partizipation vorgesehen. Die Dorfbewohner sollten im Laufe eines Tourism Awareness Seminar über gemeindeorientierten Tourismus, seine Vorzüge aber auch Gefahren, informiert werden. Anschließend sollte ihnen die Möglichkeit gegeben werden, Bedenken und Empfehlungen auszusprechen, die dann im weiteren Verlauf des Projektes berücksichtigt werden (vgl. Schipani 2003). Im Laufe dieser Tourism Awareness Seminars sollten Dorfbewohner zudem kon2

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Vgl. hierzu auch Beyer (2003: 38, Tabelle A1), der bei dieser Form der Partizipation von funktioneller Partizipation spricht, die er wie folgt definiert: „Die Bevölkerung bildet Gruppen, die die vom Projekt bestimmten Ziele verfolgen. Die Einbeziehung der Bevölkerung erfolgt häufig erst, nachdem schon wesentliche Entscheidungen über Ziele und Strategie der Projekte gefällt worden sind. Die Gruppen (oder Institutionen) sind relativ abhängig von den Projektinitiatoren, können aber im Laufe der Zeit unabhängig werden.“

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krete Aufgaben und Schlüsselrollen im gemeindeorientierten Tourismus zugewiesen bekommen. Fortlaufende Evaluierungen in den Dörfern selbst sollten sicher stellen, dass Probleme und Konflikte im Umgang mit Touristen frühzeitig erkannt werden und Gemeinden Kontrolle über den Verlauf des Projektes haben. Schipani hält diese Vorgehensweise für überaus wichtig, erklärte aber, dass sie in Muang Sing nie in die Tat umgesetzt worden sind, „[...] despite the fact that the MSES has been conducting treks to remote ethnic minority villages for over one year“ (Schipani 2003: 11). Auch hier werden mögliche Konflikte lediglich in der Interaktion mit den Touristen gesehen, jedoch nicht zwischen den Gemeinden und den anderen lokalen Akteuren. Eine Maßnahme, die die Evaluierung der AkteursBeziehungen untereinander im Blick hat ist im Projektplan selbst nicht vorgesehen. Diese partizipativen Maßnahmen konnten von den Tourismusexperten nicht selbst umgesetzt werden, da sie sich nur für einen begrenzten Zeitraum im Projekt aufhielten; generell wurde diese Aktivität von Projektmitarbeitern, die nicht an der Planung beteiligt gewesen waren, als weniger relevant eingestuft und daher an das MSES und damit an die Guides weitergegeben. Die Guides fühlten sich durch diesen Auftrag jedoch überfordert, und bemängelten, dass es für sie keinerlei Unterstützung oder auch zusätzliche Bezahlung für die Tourism Awareness Seminars gäbe. „Wir haben keine Möglichkeit mit den Dorfbewohnern zu sprechen oder ihnen zu erklären, was wir hier tun. [...] Das liegt auch daran, dass das Projekt damals zu wenig Zeit hatte, um hier in Muang Sing alles richtig umzusetzen. Die Trainer sind viel zu schnell wieder nach Vientiane zurückgegangen. Weder die Dörfer wurden richtig informiert, noch funktioniert das Office richtig.“ (Khampone, 12.08.04)

Außer bei Khampone und den Projektentwicklern selbst sorgte die Tatsache, dass die Seminare schlicht aus dem Projekt gestrichen wurden, nicht für Besorgnis. Die Mitarbeiter des MSES waren der Auffassung, dass die GTZ dieses Problem lösen müsste, denn schließlich würde die Entwicklungsorganisation über entsprechend geschulte Mitarbeiter, Übersetzer und finanzielle Mittel verfügen. Die Mitarbeiter der GTZ wiederum sprachen sich dafür aus, dass die laotischen Tourismusbehörden und die Guides den Dialog mit den Gemeinden selbst suchen müssten. Die von Schipani entwickelten Workshops zum Thema Hospitality Management sollten ebenfalls ein Weg sein, die betroffenen Gemeinden in das Projekt einzubinden: „These two-day seminars focus on teaching village providers about sanitary procedures, tourist safety, village-guiding services, handicraft sales, basic accounting and the provision of food and accommodation for tourists. Workshops are held in villages where tourists sleep on overnight tours or eat lunch on day-trips.“ (Schipani 2003: 12)

Auch dieser Workshop fiel in den Aufgabenbereich des MSES, wurde jedoch im Gegensatz zum oben genannten Seminar als wichtig eingeschätzt. Meist 237

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war es der Manager persönlich, der für einen Tag in eines der Dörfer ging und zumindest mit einigen Dorfvertretern über die wichtigsten Punkte sprach: Wie die Einnahmen an das Dorf ausgezahlt werden, was dafür von den Dorfbewohnern erwartet wird und welche vor allem hygienischen Regeln z. B. bei der Zubereitung von Nahrung für die Touristen eingehalten werden müssen. Auch hier wurden die Gemeinden nicht in eigentliche Entscheidungsprozesse miteinbezogen, vielmehr wurde ihnen von den Guides eine Art Geschäftsbeziehung vorgeschlagen. Anreiz, diese Geschäftsbeziehung mit dem MSES einzugehen, sollten für die Gemeinden die in Aussicht gestellten Einnahmen durch Tourismus sein. Gegenstand der Verhandlungen waren somit die Dienstleistungen, die die Dorfgemeinschaft für die Touristen und das MSES erbringt, wobei Art und Umfang der Leistungen vom MSES festgesetzt wurden. Abstriche gegenüber den Projektentwürfen machte das MSES nicht nur bei der Länge der Workshops sowie deren Ablauf, sondern auch bei den Dörfern, die daran teilnehmen durften. Lediglich die Dörfer, in denen die Touristen übernachten sollten, wurden über das Projekt aufgeklärt. All jene Gemeinden, in denen die Touristen lediglich Pausen während der Trekkingtouren machen, wurden nicht informiert. Da diese Dörfer momentan nicht finanziell von den Trekkings profitieren, war es für das MSES schwierig, sie in das Projekt mit einzubeziehen: Eine Geschäftsbeziehung wie in den Übernachtungsdörfern war nicht denkbar, eine andere Möglichkeit der Teilnahme am Projekt konnte sich der Manager des MSES jedoch nicht vorstellen. Aus Sicht des MSES war vor allem wichtig, dass die Trekkingrouten von offizieller Seite, also von den jeweiligen Provinz-Tourismusbehörden genehmigt werden, und auch das geschah ohne eine Absprache mit den Dorfbewohnern. Für den Guide Khampone (12.08.04) ist diese Haltung des MSES problematisch, da gerade in diesen Dörfern immer wieder Bewohner auf die Touristen zukommen und um Geld oder Medizin bitten. Die Touristen, so berichtete er, reagieren meist mit Unverständnis auf diese Situationen, vor allem wenn es Kinder sind, die betteln. Für die Guides ist der Aufenthalt in den Dörfern daher eher unangenehm: „Ich weiß gar nicht, was ich den Touristen sagen soll, ich verstehe es ja selber nicht. Das passiert immer in den Dörfern, durch die wir nur durchlaufen. Die sind nämlich überhaupt nicht über uns informiert, wir haben uns nie mit den Leuten dort unterhalten. Es gibt mit diesen Dörfern keinerlei Abmachungen oder Vereinbarungen. Das ist sehr schlecht. Und die Touristen werden immer sehr wütend wenn Kinder betteln, sie mögen es überhaupt nicht und verstehen es auch nicht.“ (Khampone, 12.08.04)

Diese Aussage darf nun nicht als eine Forderung der Guides nach mehr Partizipationsmöglichkeiten für die betroffenen Akha verstanden werden. Was Khampone und einige andere Guides sich wünschen, ist nicht, dass die Akha aktiv in die Projektgestaltung miteinbezogen werden und Entscheidungen treffen können. Die Guides sind nicht der Auffassung, dass die Akha einen sinnvollen Beitrag zum Gelingen des Projektes leisten könnten, denn die Dorfbe238

AKTEURE UND IHRE HANDLUNGSSPIELRÄUME

wohner verfügen über wenig Bildung und besitzen auch nicht die notwendigen Fähigkeiten. Seine Forderung bezieht sich lediglich auf mehr Information für die Dorfbewohner, und zwar sowohl in den Übernachtungs- als auch Durchgangsdörfern. Diese Forderung zeigt, wie gering die tatsächliche Einbindung der Dorfbewohner in das Projekt ist. Wenn nicht einmal allgemeine Vereinbarungen zwischen den sozialen Akteuren im gemeindeorientierten Tourismus getroffen werden, so wirkt sich das nicht nur auf die Möglichkeit zur Selbstbestimmung der Dörfer negativ aus, sondern ist auch für die Arbeit der Guides erschwerend. Insgesamt zeigt sich, dass von der Idee der „Selbstbestimmung“ für Gemeinden im Tourismusprojekt, von der Häusler und Strasdas sprechen, nicht viel in Muang Sing übrig geblieben ist. Die Ursachen für die geringen Partizipationsmöglichkeiten der lokalen Akteure sind vielfältig und kompliziert miteinander verwoben. Zum einen wirkt sich auch in Muang Sing das Wissenspostulat westlicher Experten hemmend auf einen selbstbestimmten Handlungsspielraum lokaler Akteure im Projekt aus. Tourismusexperten in Laos gehen davon aus, dass ihr Wissen die unbedingte Voraussetzung für das Gelingen des Projektes ist. Folglich erscheint es ihnen nur konsequent, wenn sie selbst die Aktivitäten der anderen Akteure planen. Wenn lokale Akteure in den Planungsprozess nicht entscheidend eingreifen können wird dies dadurch gerechtfertigt, dass lokale Akteure schließlich nicht über das entsprechende Wissen und auch die notwendigen Fähigkeiten, die in einem Tourismusprojekt erforderlich sind, verfügen können. Williams, der als Tourismusexperte für Luang Namtha und Muang Sing gilt, erklärte, dass nachhaltige Tourismusprojekte in Laos deswegen schwierig wären, weil Laoten das Prinzip per se nicht verstünden und trotzdem nicht genug auf die westlichen Tourismusexperten vertrauten. Die Arbeit der Experten bestünde daher vor allem darin, den Vertretern von Behörden und wichtigen laotischen Institutionen zu verdeutlichen, dass nachhaltiger Tourismus immer auch westliche Experten benötige. „Würde ich einen laotischen Tempel bauen wollen, würde ich einen Laoten um Rat fragen. Von Tourismus verstehen allerdings wir mehr und so macht es Sinn, wenn sie bei Tourismus uns fragen.“ (Williams, 12.02.04) Aus diesem Grund nehmen Workshops, Ausbildungen und Seminare einen wichtigen Platz im gemeindeorientierten Tourismus ein. In diesen Veranstaltungen wird lokalen Akteuren auch vor Augen geführt, dass sie das für nachhaltigen Tourismus erforderliche Wissen erst noch erlernen müssen, bevor die Projekte sinnvoll umgesetzt werden können. Diese Botschaft hat sich in den Tourismusbehörden und auch bei den Guides bereits mehr durchgesetzt, als es die Tourismusexperten annehmen. Denn anders als bei anderen Entwicklungsprojekten wird bei Tourismus davon ausgegangen, dass die Menschen vor Ort abgesehen von Kenntnissen von Flora und Fauna kaum über lokales Wissen verfügen, dass sich sinnvoll in das Projekt einbringen ließe. Gerade 239

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für die Mitarbeiter der laotischen Tourismusbehörden und die Guides, die sich ihre Kenntnisse über nachhaltige Tourismusformen mit Hilfe von Experten erarbeitet haben, erscheint es daher nicht sinnvoll, Dorfbewohner, die kaum der Landessprache mächtig sind, aktiv einzubeziehen. Auch hier fand, wie in so vielen Entwicklungsprojekten weltweit, das statt, was Evers et al. (2003) als Hierarchisierung von lokalem Wissen und Expertenwissen bezeichnet. Auch wenn gerade im gemeindeorientierten Tourismus das Prinzip von Partizipation einen hohen Stellenwert einnimmt, so ist es das westliche Expertenwissen, dass die Richtung in der Entwicklungszusammenarbeit vorgibt. Hinzu kommt, dass sowohl in Muang Sing als auch in den Dörfern die Menschen daran gewöhnt sind, dass Entwicklung von der laotischen Regierung angeordnet und mit Hilfe der Parteiorganisationen umgesetzt wird. Den Forderungen der laotischen Regierung kann man sich kaum entziehen, partizipative Maßnahmen spielen nur in der Zusammenarbeit mit ausländischen Institutionen eine Rolle. Damit ist es die Mischung aus westlichem Wissenspostulat, einer laotischen Ethnienhierarchie, bei der die Akha auf unterster Stufe stehen, sowie das hierarchische Bürokratiesystem, dass eine Einflussnahme der beteiligten Dörfer auf den Verlauf des gemeindeorientierten Tourismus sehr schwierig macht. Die Ausgrenzungsstrategien, die in Muang Sing von Akteuren des Projektes vor allem gegenüber anderen lokalen Akteuren des Tourismusfeldes wirksam werden, wurden bereits an früherer Stelle beschrieben. Sie sind auch bei der Frage nach der möglichen Einflussnahme der lokalen Akteure auf gemeindeorientierten Tourismus interessant. Vor allem das MSES und die Guides haben all jene Akteure, die im lokalen Tourismusfeld bereits vor Beginn des Projektes sehr aktiv waren, ausgeschlossen. Es wurden zwar Partizipationsangebote gemacht, die jedoch den bereits bestehenden Handlungsspielraum der Akteure im Tourismusfeld stark eingegrenzt hätten und daher abgelehnt wurden. Dies wird besonders am Beispiel der Akha-Souvenirverkäuferinnen deutlich. Bei diesen lokalen Akteuren sind ein bestimmtes Wissen und Erfahrungen im Umgang mit Touristen vorhanden. Es wäre also durchaus möglich gewesen, diese Frauen aktiv in gemeindeorientierten Tourismus einzubeziehen, wie es Schipani vorgeschlagen hatte. Sowohl auf Ebene der lokalen Behörden, des MSES als auch der GTZ waren Ausgrenzungsmechanismen gegenüber den Souvenirverkäuferinnen jedoch wirkungsvoller als das Prinzip der Partizipation. Angesichts dieser Überlegungen liegt der Schluss nahe, dass die touristische Entwicklung Muang Sings von Tourismusexperten und den beteiligten Entwicklungsinstitutionen auf der einen, sowie von den laotischen Behörden auf der anderen Seite bestimmt und gelenkt wird. Schließlich sind die Partizipationsmöglichkeiten der lokalen Akteure durch das westliche Wissenspostulat sowie laotische Entwicklungshierarchie stark eingeschränkt. Dies würde jedoch auch bedeuten, dass Longs Ansatz der sozialen Akteure hier nicht mehr 240

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greift und lokale Akteure durch äußeren Zwang in eine passive Rolle gedrängt würden. Genau an dieser Stelle bietet es sich jedoch an, den Blickwinkel des Projektes zu verlassen und um eine andere Dimension zu öffnen. Geht man einen Schritt zurück und betrachtet nicht ausschließlich das Tourismusprojekt, sondern zusätzlich die Akteure und ihre Tourismuswelten im Tourismusfeld Muang Sing, so zeigt sich, dass sich die Handlungsspielräume der lokalen Akteure nicht ausschließlich an den Vorgaben von Regierung und Entwicklungsorganisationen orientieren. Vielmehr eröffnet das Tourismusfeld Muang Sing den lokalen Akteuren zusätzlich zu den institutionell vorgegebenen Handlungsspielräumen viele Handlungsspielräume, verschiedene Handlungsrahmen und Einschränkungen. Damit haben die einzelnen Akteure ganz unterschiedliche Möglichkeiten, ihren Teil zur touristischen Entwicklung Muang Sings beizutragen. Wie sie diese Möglichkeiten wahrnehmen und wie sie sie umsetzen ist Gegenstand der folgenden Überlegungen. Setzt man die Handlungsspielräume der lokalen Akteure im Tourismusfeld Muang Sing gegenüber, so erscheint auch gemeindeorientierter Tourismus in einem anderen Licht. Alle lokale Akteure werden in ihren Handlungen und Entscheidungen von bestimmten Zwängen beeinflusst, die eigenen Interessen müssen dabei manchmal in den Hintergrund treten. Doch gerade dieses Hin und Her zwischen eigenen Interessen und Verpflichtungen anderen Gegenüber, die Kompromisse, Verhandlungen, Zwänge und Ablehnungen der lokalen Akteure sind es, die die touristische Entwicklung ausmachen und damit das Tourismusfeld Muang Sings prägen.

Planung und Diplomatie: Handlungsspielraum von Tourismusexperten Die Tourismusexperten etwa trafen in Muang Sing auf ein bereits bestehendes Tourismusfeld, auf das sie gestaltend einwirken sollten. Sie sind für die Planung des gemeindeorientierten Tourismus zuständig und eröffnen anderen Akteuren durch ihre Vorschläge und Projektentwürfe Wege, ebenfalls am Projektverlauf teilzunehmen. Von ihnen gehen die Partizipationsangebote an andere Akteure aus. Tourismusexperten bewegen sich gleichermaßen auf nationaler wie auf lokaler Ebene und haben dadurch verschiedene Möglichkeiten, auf das Tourismusfeld Muang Sing einzuwirken. Auf nationaler Ebene wirken sie an neuen Gesetzesgebungen mit und können die Institutionalisierung nachhaltiger Tourismusformen anstoßen. Als Berater und Trainer sind sie an der Einrichtung von laotischen Tourismusbehörden und der Ausbildung derer Mitarbeiter beteiligt. In Muang Sing waren die Tourismusexperten für einen kurzen Zeitraum vor Ort aktiv und dabei vor allem in den Unterricht der Guides involviert. Stärker als andere Akteure im Tourismusfeld Muang Sing müssen sie bei ihren Vorschlägen und Ideen politische Rahmenbedingungen beachten und in 241

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der Zusammenarbeit mit laotischen Behörden Kompromisse eingehen. Zudem bewegen sich die Tourismusexperten sowie auch Mitarbeiter von Entwicklungsinstitutionen in einem stark eingeschränktem Handlungsrahmen. Sie sind innerhalb des Tourismusfeldes auf die kleine Nische des gemeindeorientierten Tourismus beschränkt. Die Regeln für diese Nische wurden auf einer internationalen Ebene in langwierigen Prozessen entwickelt und sind sehr komplex. Dass heißt, Experten können nicht frei über Art und Umfang der ‚Partizipationsangebote‘ an die anderen Akteure im Tourismusfeld verfügen. Ebenso wie Entwicklungshelfer sind sie den Institutionen verpflichtet, für die sie arbeiten. Damit wird von ihnen erwartet, dass sie Vertreter einer ‚culture of modernity‘ sind: „[…] a formal commitment to a particular view of reality and a faith in ‚rationality‘“ (Stirrat 2000: 35). Stirrat, der lange Zeit selbst als Experte in der Entwicklungszusammenarbeit tätig war, beschreibt wie eingrenzend die Angaben internationaler Institutionen sein können und wie wenig Spielraum für tatsächliche Beratung bleibt:3 „While explicitly short-term consultants are hired to deal with specific empirically defined problems, implicitly the situation is rather different. Frequently it appears that they are hired to tell their clients what the clients want to hear, and even more frequently their advice or their findings are ignored.“ (2000: 36)

Eine solche ‚Beratungsresistenz‘ erfuhren auch die Tourismusexperten in Muang Sing. Auf nationaler Ebene gab es immer wieder Institutionen der laotischen Regierung, die Entwürfe und Vorschläge nicht wahrnahmen oder aber blockierten. Auf lokaler Ebene waren es laotische Behörden oder aber Entwicklungsinstitutionen, die den Handlungsrahmen der Experten einschränkten, etwa durch das Verweigern von Genehmigungen und finanzieller Unterstützung oder durch Verträge, die die Länge des Aufenthaltes vor Ort und die exakten Aufgabenbereiche festsetzen. Ein Tourismusexperte4 beschrieb das Verfassen und Planen von Projektdokumenten als eine Zwickmühle. Entspricht der Entwurf nicht den Vorstellungen der Auftraggeber so wird er einfach verworfen und ein anderer Experte wird beauftragt. Da die Konkurrenz groß ist, neige man also eher dazu, den Auftraggebern das zu liefern, was sie hören möchten, selbst wenn man Zweifel hegte. Andererseits möchte man als Experte nicht an einem Projekt beteiligt sein, von dem sich bereits im Vorfeld abzeichnet, dass es kaum durchführbar oder zumindest problematisch sei. 3

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Besonders auffällig ist dies seiner Meinung nach bei der Vorgabe für Dokumente und Berichte. So gibt etwa die Weltbank den beratenden Experten vor, wie viele Kapitel für welches Thema (Berichte zur Umsiedelung, Berichte zur Armut) bei einem Dokument vorliegen müssen, selbst die Titel der einzelnen Überschriften sind bereits vorgegeben: „What is striking about these documents is that they become both templates for knowing the world and also epitomize a particular view of the world. They are characterized by a set of assumptions about the nature of the world which are more or less shared by all those who work in development.“ (Stirrat 2000: 36) Jackson, 16.07.04.

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Vor diesem Hintergrund erscheint der Handlungsrahmen der Tourismusexperten und auch der Mitarbeiter von Entwicklungsorganisationen, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten, eng abgesteckt. Im Tourismusfeld Muang Sing können Experten vor allem auf und über die Akteure, mit denen sie in Workshops und Trainings zusammenarbeiten, Einfluss auf die touristische Entwicklung ausüben. Der persönliche Kontakt mit den Guides etwa war für Foster und Jackson auf einen Zeitraum von drei Monaten beschränkt, aber trotzdem, wie beide berichten, sehr intensiv. Durch die Ausbildung zu ‚Ecoguides‘ entstand zwischen den Guides und den Experten nicht nur ein LehrerSchüler-Verhältnis, sondern es konnte auch Vertrauen aufgebaut werden. Als die Experten zwei Jahre später für einige Tage nach Muang Sing kamen waren die Guides bereit, mit ihnen über die Probleme des Projektes offen zu sprechen. Aufgrund dieser Vertrauensbasis ist im Tourismusfeld Muang Sing die Gruppe der Guides für die Empfehlungen der Experten am empfänglichsten. Wenig bis gar keinen Einfluss haben die Experten auf die übrigen lokalen Akteure.

Legalisierung und Hierarchie: Handlungsspielraum von Behörden und Institutionen Die Rolle verschiedener Institutionen und Behörden im Tourismusfeld Muang Sing wurde bereits unter mehreren Gesichtspunkten behandelt. Institutionen und Behörden agieren generell auf einer institutionellen Ebene und können dadurch auf das Tourismusfeld einwirken. Dies gilt für Behörden und Institutionen unabhängig ihrer Einbindung und damit für unterschiedliche Akteure wie das RDMA, die GTZ, die Provincial Tourism Administration und laotische Verwaltungsbehörden. Für all diese Akteure ergeben sich strukturell ähnliche Einschränkungen und Handlungsmöglichkeiten. Auch hier muss die Ebene der Handlungsmöglichkeiten in zwei Schritten untersucht werden: Im Bereich des gemeindeorientierten Tourismus und im Tourismusfeld Muang Sing allgemein. Behörden und Institutionen waren in Muang Sing die Initiatoren für die Entstehung von gemeindeorientiertem Tourismus. Sie waren und sind noch immer die Auftraggeber für Tourismusexperten und stecken den Rahmen für gemeindeorientierten Tourismus durch ihre Vorstellungen über den Verlauf des Projektes und über personelle Entscheidungen ab. Institutionen wie etwa die GTZ entscheiden, ob sie bestimmte Maßnahmen wie die Ausbildung der Guides oder Workshops in Gemeinden finanziell und personell unterstützen oder nicht. Diese Entscheidungen bahnen den Weg für die Vorschläge der Tourismusexperten. Ausländische Entwicklungsinstitutionen können zudem Behörden beim Entwurf neuer Richtlinien und Gesetzte beraten und unterstützen – und ebenso können sie Beratung und Unterstützung, vor allem finanzieller Art, verweigern, wenn ihnen die entsprechenden Maßnahmen nicht sinnvoll erscheinen. Auf der anderen Seite können laotische Behörden ebenfalls 243

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finanzielle und personelle Unterstützung nicht annehmen und bis zu einem bestimmten Grad den Einfluss ausländischer Akteure auf ihre Tourismuspolitik regulieren. Nicht nur auf nationaler, sondern auch auf Provinz- und Distriktebene können laotische Behörden Maßnahmen von Entwicklungsinstitutionen verhindern und eigene Interessen durchsetzen. Dadurch sind die Rahmenbedingungen etwa für gemeindeorientierten Tourismus das Ergebnis von Aushandlungen der verschiedenen Institutionen und Behörden. Verhandlungen über die Interessen verlaufen nicht willkürlich, sondern sind jeweils an einen politischen und auch diplomatischen Kontext gebunden. Institutionen und Behörden haben im Gegensatz zu lokalen Akteuren wie den Guides oder den beteiligten Gemeinden die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zu institutionalisieren und zu legalisieren. Dies gilt nicht nur für gemeindeorientierten Tourismus, sondern greift auch für das Tourismusfeld Muang Sing. Ein neues Gesetz, das das Tourismusfeld und damit auch die touristische Entwicklung Muang Sings stark beeinflusst hat, ist die Lizenzierung der Guides. Nur die Behörden haben die Möglichkeit, Abweichungen von dieser Regelung zum Beispiel durch Geldbußen zu bestrafen und damit durchzusetzen. Eine der wichtigsten Regelungen war die Einführung einer Geldbuße für Touristen, die Opium konsumieren. Sowohl Projektmitarbeiter als auch Guides und Akha erzählten, dass seither der Konsum von Opium bei Touristen stark zurückgegangen sei und damit auch die Besucherzahlen abgenommen hätten. Mittels Plakaten, öffentlichen Aushängen und über Radio machen Institutionen und Behörden auf ihre Regeln aufmerksam. Ein Beispiel hierfür sind Plakate der NTAL, die das Verhalten der Touristen thematisieren und beeinflussen sollen. Dies ist eine Form der Kommunikation, die für andere lokale Akteure in Muang Sing und Umgebung nicht gegeben ist. Da es sich um keine wechselseitige Form der Kommunikation handelt, haben einige lokale Akteure, etwa die Akha oder Touristen, kaum Möglichkeit, mit den Institutionen und Behörden zu kommunizieren. Auf bestimmte Handlungsoptionen haben Behörden und Institutionen gegenüber den andere Akteuren somit ein Monopol. Gleichzeitig sind sie jedoch durch die Institutionalisierung im Vergleich zu anderen Akteuren auch stark eingeschränkt und müssen Kompromisse eingehen. Die Beziehungen zu anderen lokalen Akteuren im Tourismusfeld finden nicht auf einer persönlichen Ebene statt und auch die Vertrauensbildung ist gering.

Die Macht der Vermittler: Handlungsspielraum der Guides Die Guides erhielten durch ihre Ausbildung zu lizenzierten Ecoguides Zugang zu gemeindeorientiertem Tourismus. Bereits zuvor haben sie im Tourismusfeld Muang Sing eine wichtige Rolle gespielt und für viele Touristen das Bindeglied zu den Dörfern der Akha dargestellt. Dabei waren sie nicht, wie es heute der Fall ist, an das Tourism Office gebunden. Durch die Ausbildung er244

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hofften sich viele, auch weiterhin im Tourismusfeld Muang Sing eine wichtige Position einzunehmen – vielleicht sogar eine bedeutendere als zuvor, da sie Zugang zur Welt der Entwicklungszusammenarbeit und deren Wissen erhielten. Die Einrichtung eines offiziellen Ecoguide Service bedeutete für die Guides eine Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten und zugleich einen Zuwachs. Eingeschränkt wurde der Spielraum der Guides durch die straffe Hierarchie der laotischen Behörden: Sie mussten sich nun den Anweisungen aus dem Provincial Tourism Office in Luang Namtha fügen und hatten zum Beispiel kaum noch Einfluss darauf, wie oft sie Trekkings begleiten und wie viel sie dabei verdienen. Auf die eigentliche Planung von gemeindeorientiertem Tourismus konnten sie nicht einwirken, und auch bei behördlichen Neuregelungen, die den Tourismus in Muang Sing betreffen, gibt es keine Gelegenheit, ihre Interessen einzubringen. Die bereits dargestellten Fallbeispiele und insbesondere das Beispiel eines boykottierten Meetings zeigen, dass die Guides auf dieser Ebene vor allem durch Verweigerungshaltungen ihre Interessen zumindest zum Ausdruck bringen können. Eine deutlich aktivere Einflussnahme auf das Tourismusfeld haben die Guides während ihrer eigentlichen Arbeit. Während den Touren liegt die Verantwortung für den Ablauf des Trekking alleine bei den Guides, die Touristen und auch die Dorfbewohner sind auf sie angewiesen. Dadurch ergeben sich für die Guides Möglichkeiten, eigene Interessen zu verfolgen. Durch den intensiven, wenn auch auf ein bis zwei Tage beschränkten Kontakt mit den Touristen können Guides Werbung für sich und ihre Arbeit machen. Je begeisterter die Touristen von der Tour sind, desto positiver wird ihre Beurteilung in den Fragebögen ausfallen und desto öfter werden die Guides vom Tourism Office gebeten, Touren zu übernehmen. Guides, die bereits viel Erfahrung im Ungang mit Touristen gemacht haben, können diese auch beeinflussen und instrumentalisieren. Als seine Touristengruppe bei einem Trekking aus einem Akha-Dorf vertrieben wurde, erklärte Khampone seinen Kunden, der Manager des Tourism Office wäre an allem Schuld und hätte sie wider besseren Wissens auf diese Tour geschickt. Verständlicherweise waren die Touristen darüber sehr erbost und beschwerten sich anschließend im Tourism Office über das Management. Khampone erwähnte in einem späteren Gespräch, dass solche Beschwerden von Touristen sich schnell herum sprechen und dem Ruf des Managers nachhaltig schaden könnten. Andere Guides erwähnen gegenüber Touristen während den Touren ihre eigenen Plänen, etwa dass sie sich selbstständig machen möchten und zukünftig Mountain-Bike-Touren anbieten wollen. In den Gesprächen erfahren die Guides, welche Vorlieben Touristen haben und wie man ein TourismusUnternehmen aufbauen könnte. Senpeth traf sich auch nach den Touren abends mit den Touristen um seine Zukunftspläne zu besprechen und gute Tipps, etwa zur benötigten Mountain-Bike-Ausrüstung, zu erhalten. In den vorherigen Kapiteln hat sich gezeigt, dass die Guides ihre Rolle als Vermittler zwischen Projektplanern und den Gemeinden nutzen, um für sich 245

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selbst neue Einflussmöglichkeiten und Handlungsspielräume zu schaffen. Besonders deutlich wurde dies zum Beispiel an der konfliktreichen Frage nach der Verteilung der Einnahmen durch Tourismus. Die Guides haben gegenüber den Gemeinden einen besseren Zugang zur ‚Ressource Tourist‘ und können diese auch besser in ihrem Sinne nutzen. Da es mit dem Wegfall der Tourismusexperten keinerlei Kontrollinstanz mehr gibt, die zum Beispiel verhindern könnte dass Guides Nahrungsmittel bei ihren Verwandten statt in den Dörfern kaufen, können die Guides diesen Ressourcenzugang auch in Zukunft weiter nutzen. Es wurde auch deutlich, dass Guides gegenüber den Gemeinden Druck ausüben können in dem sie den Dörfern den Zugang zur ‚Ressource Tourist‘ gänzlich versperren und die Dörfer auf den Touren meiden. Damit versuchen sie, Beschwerden über die Verteilung der Einnahmen ganz zu unterbinden.

Verweigerung und Selbstbestimmung: Handlungsspielraum der Akha Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätten Akha im Tourismusfeld kaum Handlungsspielraum, sei es im gemeindeorientierten Tourismus oder als Souvenirverkäuferinnen in Muang Sing. Denn die Diskriminierung, die die Akha in der laotischen Gesellschaft erfahren, wiederholt sich auch im Tourismusfeld und lässt scheinbar kaum aktive Rollen zu. Doch auch die Akha sind in verschiedene soziale Netze verstrickt und deuten ihre Position anders, als es die anderen Akteure tun. Im gemeindeorientierten Tourismus waren ursprünglich Partizipationsmöglichkeiten für die beteiligte Akha-Gemeinden, aber auch für die Souvenirverkäuferinnen vorgesehen. In modifizierter Form erhielten die Akha Partizipationsangebote: Den Dörfern, in denen die Touristen übernachten, wurde eine Beteiligung an den Einnahmen in Aussicht gestellt; den Souvenirverkäuferinnen bot man einen festen Verkaufsplatz und damit auch eine Integration in gemeindeorientierten Tourismus an. In der Entwicklungszusammenarbeit werden diese Partizipationsmöglichkeiten als Hilfe für Menschen, die wenig Handlungsspielraum haben, verstanden. Wird die angebotene Teilnahme, und damit Hilfe, nicht angenommen, so reagieren andere Akteure mit Unverständnis. Dass die Souvenirverkäuferinnen beispielsweise auf diese Art von Hilfe verzichteten wurde von Projektmitarbeitern als Affront aufgefasst. Zudem wurde die Verweigerungshaltung als ein Beweis dafür gesehen, dass die Akha wenig vernünftig handeln. In Ban Kao, wie auch in anderen Übernachtungsdörfern, wurde das Angebot angenommen. Der Manager des Tourism Office und die Guides betonten gegenüber den Dörfern zwar ihre Angliederung an die GTZ und verstanden gemeindeorientierten Tourismus als eine Hilfe für arme Dorfbewohner. Von den Dörfern selbst wurden sie jedoch nicht wie Vertreter von Entwicklungsinstitutionen, sondern wie Geschäftspartner behandelt. Dementsprechend wird 246

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gemeindeorientierter Tourismus von den Akha auch nicht einfach als Hilfe, sondern als ein Geschäft verstanden, bei dem die Dorfbewohner für bestimmte Dienstleistungen (Bau und Pflege der Gästehütte und der Wanderwege, Versorgung mit Trinkwasser) bezahlt werden. Damit verstehen sich die Akha im gemeindeorientierten Tourismus nicht einfach als Empfänger von Hilfe, sondern als Geschäftspartner des Tourism Office. Als solche sind sie auch nicht darauf angewiesen, dass ihnen Partizipation angeboten wird. Denn sobald die Konditionen aus Sicht des Naiban für das Dorf nicht mehr haltbar sind, wird die ‚Geschäftsbeziehung‘, um bei diesem Bild zu bleiben, aufgekündigt. Der Naiban von Ban Kao erklärte während einem Gespräch über Tourismus: „Wenn es Probleme mit den Guides gibt, wenn sie uns das Geld für die Übernachtung nicht geben, dann dürfen sie auch nicht mehr in dieses Dorf kommen. Dann lasse ich sie mit den Touristen nicht mehr hierher.“ (Mapah, 20.05.04) Damit wird die ‚Verweigerungshaltung‘ zu einer Handlungsoption der Akha im gemeindeorientierten Tourismus, die ebenfalls eine gewisse Einflussnahme auf die Guides zulässt. Verweigerung ist nicht zuletzt deswegen eine Option für die Gemeinden, weil gemeindeorientierter Tourismus wirtschaftlich keine große Rolle spielt. Die Einnahmen waren bisher so gering, dass ein kompletter Wegfall zwar ärgerlich wäre, aber nicht katastrophal. Es gab weder im Bezug auf die eingesetzte Arbeit noch finanziell größere Investitionen in Tourismus, und auch das jetzige Engagement in den Dörfern hält sich in Grenzen. Dadurch bleiben den Akha flexible Handlungsmöglichkeiten gegenüber dem Tourism Office offen, das einzugehende Risiko ist gering. Der Naiban von Ban Kao war sich der Tatsache bewusst, dass er und sein Dorf mehr an Touristen verdienen könnten und noch andere Handlungsmöglichkeiten im Tourismusfeld offen stehen. Diese ‚anderen Möglichkeiten‘ haben die Souvenirverkäuferinnen aus Ban Mai wahrgenommen und ausgebaut. Ihre Strategien und Vorgehensweisen innerhalb des Tourismusfeldes wurden bereits beschrieben. Dabei wurde auch deutlich, dass diese Frauen im Tourismusfeld eine äußerst aktive Rolle spielen und – sehr zum Leidwesen anderer Akteure – das Tourismusfeld Muang Sing in der Wahrnehmung der Touristen prägen. Bleibt man bei dem Bild der Geschäftsbeziehungen, so haben die Akha-Frauen das Angebot der Entwicklungsinstitutionen ausgeschlagen, da sie bereits eine bessere Geschäftsposition im Tourismusfeld inne hatten. Das Partizipationsangebot ist im Vergleich zu ihren bisherigen Geschäften wenig attraktiv, da sie auf ihre erprobten Strategien und ihre Selbstständigkeit hätten verzichten müssen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Verweigerungshaltung der Akha als logische Konsequenz und als das Resultat von RisikoNutzen-Erwägungen – nicht als unvernünftig. Dass die Frauen auch weiterhin und trotz aller Einschnitte seitens der Behörden ‚erfolgreich‘ sind erklärt sich dadurch, dass sie direkten Zugang zu einem sehr wichtigen Akteur haben – zu den Touristen. Durch diesen Zugang, den sie sich selbst jeden Tag neu erschaffen, können sie ihren eigenen Tou247

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rismusbereich innerhalb des Tourismusfeldes definieren, eigene Regeln mit Touristen aushandeln und ihre Handlungsmöglichkeiten wahrnehmen. Da Tourismus für diese Frauen einen weitaus höheren Stellenwert im alltäglichen Leben einnimmt als bei den Dörfern in den Bergen, ist die Abhängigkeit von Touristen höher. Die Abhängigkeit zu den Reisenden gehen die Frauen aus den Dörfern rund um Muang Sing ein, eine zusätzliche Abhängigkeit zu anderen Akteuren im Tourismusfeld aufzubauen, ist jedoch zu riskant.

Der Einfluss der Touristen In Interviews äußerten Touristen oft die Vermutung, dass ihr Besuch in den Dörfern der Akha die Menschen stark beeinflusse und Kulturwandel in Gang setze. Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, dass kultureller Wandel zwar innerhalb des Tourismusfeldes Muang Sing eine Rolle spielt, aber nicht unbedingt auf den direkten Einfluss der Reisenden zurückzuführen ist. Touristen spielen als beteiligte Akteure im Tourismusfeld Muang Sing eine wichtige Rolle, jedoch nicht die, in der sie sich selbst sehen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an die Bedenken einer jungen englischen Touristin erinnern. Sie hatte sich auf dem Weg in eines der Trekking-Dörfer gefragt, ob es moralisch zu verantworten sei, die Dörfer der Akha zu besuchen. Sie fürchtete, dass ihre Andersartigkeit die Menschen in den Dörfern dazu bewegen könnte, ihre eigene, ‚ursprüngliche‘ Kultur abzulegen und die westliche Kultur zu imitieren (vgl. hierzu Kapitel 4). Sie ging allerdings auch davon aus, dass sie diese Entwicklung in Muang Sing durch ihr Verhalten zu einem Teil positiv beeinflussen könne. Ihre Entscheidung für ein Trekking des Tourism Office wertete sie selbst als einen Beitrag zur positiven Entwicklung von Tourismus in Muang Sing – oder zumindest als eine Einschränkung von negativen Auswirkungen. Tatsächlich stehen Touristen in Muang Sing vor der Wahl, an welcher der Tourismusebenen sie teilnehmen wollen. Sie können sich zwischen gemeindeorientiertem Tourismus, illegalen Guides, den Akha-Frauen entscheiden, sie können aber auch jede Form der Interaktion ablehnen und z. B. die Landschaft rund um Muang Sing ‚auf eigene Faust’ entdecken. Die Akteure, die mit den Touristen in Kontakt treten sind sehr aufmerksam, was deren Bedürfnisse und Wünsche angeht. Sowohl die Guides als auch die Akha-Frauen orientieren sich in ihren Strategien an den Erfahrungen, die sie mit Touristen gemacht haben. Welche Geschichten hören sie gerne, welche Nahrungsmittel bevorzugen sie? Welche Orte wollen sie besichtigen, welche Erlebnisse kann man ihnen anbieten? Jeder Tourist, der seinem Gegenüber im Tourismusfeld Muang Sing seine Bedürfnisse kommuniziert, Begeisterung oder Ablehnung zeigt, trägt auf diese Weise dazu bei, dass die anderen Akteure ihre Strategien überdenken und gegebenenfalls modifizieren. Ziel dieser Anpassung ist meistens nicht einfach die Zufriedenheit der Touristen, sondern auch die damit in Verbindung stehende Maximierung des eigenen Profits. Ei248

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nige Strategien entsprechen nicht den Bedürfnissen der Touristen, haben sich jedoch als Erfolg versprechend erwiesen: Hierzu zählen etwa die Verkaufsstrategien der Souvenirverkäuferinnen, die von vielen Reisenden als ‚Belästigung‘ empfunden werden. Der Einfluss von Touristen auf diese Strategien ist gering. Weitaus größeres Gewicht nimmt die Meinung der Touristen im gemeindeorientierten Tourismus ein. Angesichts der Tatsache, dass Touristen nur temporäre Akteure im Tourismusfeld Muang Sing sind, wird ihnen im Vergleich zu lokalen Akteuren deutlich mehr Einfluss auf die Projektplanung eingeräumt. Bereits vor Beginn des eigentlichen Projektes waren Experten darum bemüht, ‚den Touristen‘ so gut wie möglich kennen zu lernen. Es wurden Erhebungen gemacht, Interviews geführt, Fragebögen ausgewertet, Statistiken erstellt um die Wünsche und Bedürfnisse der Touristen möglichst genau zu erfassen. Die Vorschläge, die Touristen während dieser Untersuchungen gegenüber den Experten äußerten, flossen in das Konzept des Projektes ein. Für die Ergebnisse dieser Umfragen interessieren sich nicht nur die Tourismusexperten in Muang Sing, sondern sie sind auch für die laotischen Tourismusbehörden interessant und sorgen dafür, dass Dienstleistungen etwa in einem Tourism Office an die Reisenden angepasst werden. Für die Phase der Umsetzung wurden mit Fragebogenaktionen Kontrollinstrumente eingesetzt, die den Tourismusbehörden regelmäßig Auskunft über die Zufriedenheit der Touristen geben können. Diese Fragebögen geben der Position der Touristen innerhalb des gemeindeorientierten Tourismus ein ungewöhnliches Gewicht. Es werden nicht nur die Vorstellungen und Bedürfnisse der Touristen erfragt, sondern auch deren Eindruck von den Verhältnissen vor Ort. Durch die Fragebögen erhalten die Touristen die Rolle der Beobachter und evaluieren auch die Guides, die Dörfer und die Beziehung zwischen den Guides und den Akha. So sollen sie etwa beantworten, ob der Guide während der Tour die Gruppe zusammenhalten konnte („While on the trail did your guides keep your group together?“), ob er sie den Dorfbewohnern vorgestellt hat („Were you introduced to your village hosts ?“) und ob sich die Dorfbewohner angemessen verhalten haben („Did you experience any of the following in the village: Begging -- Rudeness/resentment -- Agressive Selling of Handicrafts -- Insincere display of cultural tradition for monetary gain?“).5 Da die Touristen nach ihrem Besuch die Region und damit das Tourismusfeld Muang Sing wieder verlassen, können sie anders als die Guides oder die Akha keinen persönlichen Nutzen aus der Evaluierung ziehen. Das macht sie sicherlich zu einer interessanten Gruppe, deren Sicht auf das Projekt einige Missstände aufdecken könnte. Trotzdem wird die Möglichkeit, Trekkingtouristen als neutrale Beobachter und damit als Krisen-Messinstrumenten des Projektes einzusetzen, bei weitem überschätzt. Touristen tragen Erwartungen in die Be5

Die Fragen sind dem „Visitor Feedback Questionnaire“ entnommen, den die Touristen nach jeder Tour ausfüllen. Vgl. auch Schipani (2003: 56 f.) und Anhang. 249

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gegnung mit den Akha und den Guides, und je nachdem ob diese Erwartungen im positiven Sinne erfüllt wurden fällt auch ihre Beurteilung der Trekkings aus. Ob die Beziehungen zwischen Guides und Akha nun tatsächlich harmonisch sind, ob die Dorfbewohner zufrieden sind und ob sich Tourismus in irgendeiner Weise auf die Dorfgesellschaft auswirkt („Did you feel that the village(s) you visited had been negatively impacted by ecotourism in any way ?“) sind Faktoren, die von den Touristen nicht bewertet werden können. Dessen ungeachtet wird ihnen vor allem seitens der Kontrollinstitutionen, also den Entwicklungsinstitutionen und den laotischen Tourismusbehörden, mehr Urteilsvermögen zugetraut als den Guides oder den Akha selbst. Damit haben die Touristen im Vergleich zu lokalen Akteuren viel Einflussmöglichkeit, ohne dass sie Partizipation einfordern mussten. Die Touristen stehen im Mittelpunkt des Projektes und gestalten dabei – unwissentlich – die Entwicklung des Tourismusprojektes in Muang Sing und anderen Regionen Laos’. Aus marktwirtschaftlicher Perspektive mag diese Orientierung an den Kunden des gemeindeorientierten Tourismus sinnvoll sein; aus der Perspektive der Entwicklungswelt, die sich eigene Maßstäbe von Partizipation lokaler Akteure gesetzt hat, ist diese Gewichtung problematisch. Im Tourismusfeld Muang Sing beeinflussen Touristen in der Interaktion mit lokalen Akteuren deren Strategien und Handlungen und sind somit auch hier an den Prozessen beteiligt, die das Tourismusfeld ausmachen. Allerdings ist das Gewicht der Touristen stärker durch das Zusammenspiel mit den lokalen Akteuren und durch deren eigene, lokale Interessen eingeschränkt. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Handlungsspielräume der einzelnen Akteure zeigt, dass die Frage „Wer bestimmt die touristische Entwicklung in Muang Sing?“ nicht einfach zu beantworten ist. Erst hier zeigt sich der tatsächliche „tourist impact“, der in den Tourismuswissenschaften und der Öffentlichkeit so häufig diskutiert wird – allerdings nicht unter dem hier vorgestelltem Gesichtspunkt, sondern unter dem Aspekt eines vermuteten Kulturverlustes (Neudorfer 2006b). Aber auch die Handlungsmöglichkeiten und Beeinflussung der Touristen sind in die Beziehungen eingebettet, die diese zu den übrigen Akteuren unterhalten. Die Machtposition der Entwicklungsinstitutionen sowie der staatlichen Behörden gegenüber lokalen Akteuren erscheint weitaus geringer, als es von Ethnologen oftmals angenommen wurde. Longs Konzept der Agency, das der Schnittstellenanalyse zugrunde liegt, lässt Fragen nach den Handlungsmöglichkeiten aller Akteure mehr zu als tourismuskritische Ansätze aus der Ethnologie. Insgesamt ergeben die unterschiedlichen Handlungsoptionen, Verhandlungen, Verweigerungshaltungen und Machtkämpfe der verschiedenen Akteure die Dynamik, die das Tourismusfeld Muang Sing charakterisiert – und letztlich die touristische Entwicklung dieser Region bestimmt.

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8. „M EET THE A KHA – HELP THE A KHA ?“ NEUE H ILFE DURCH NEUEN T OURISMUS

Tourismus im Spannungsfeld von globaler Entwicklung, Nationalpolitik und lokalen Konflikten Die Schnittstellenanalyse hat gezeigt, dass das Tourismusfeld Muang Sing höchst komplex ist. Verschiedene soziale Ebenen und ihre Akteure treffen dort aufeinander, wobei die Akteure im Rahmen ihres Handlungsspielraumes jeweils eigene Interessen und Ziele verfolgen. Es werden Schnittstellen erkennbar, an denen Akteure diese Interessen verhandeln und auskämpfen. Dadurch geben sie dem Tourismus in Muang Sing ein charakteristisches Gesicht. Im Tourismusfeld Muang Sing spiegelt sich letztlich die laotische Gesellschaft in vieler ihrer Facetten wider. Sowohl innenpolitische und soziale Faktoren als auch außenpolitische Verstrickungen und die Teilnahme an einer globalen Weltpolitik wirken in der ein oder anderen Form auf das Tourismusfeld Muang Sing ein. So hat die vorsichtige politische Öffnung des Landes Tourismus in Laos überhaupt erst möglich gemacht. Die Entwicklungsbestrebungen der Regierung sowie die außenpolitischen Beziehungen zu Geberländern haben dafür gesorgt, dass Laos’ Interesse an Ökotourismus geweckt wurde. Der gemeindeorientierte Tourismus in Muang Sing ist nicht das einzige Beispiel für den Versuch, Tourismus und Entwicklungsbestreben in Laos in Einklang zu bringen, im Gegenteil. Der Rolle von nachhaltigen Tourismusformen in Laos muss auch zukünftig mehr Beachtung geschenkt werden, denn das Land hat es sich zum Ziel gesetzt, als „world-class ecotourism destination“ (National Tourism Authority of Laos PDR 2003: 1) eine führende Rolle auf dem internationalen Ökotourismus-Markt einzunehmen. Dieses Interesse an nachhaltigen Tourismusformen ist nur bedingt Ausdruck einer politischen Öffnung, denn tatsächlich ermöglicht dieser Tourismus der laotischen Regierung weit mehr Kontrolle, als es bei anderen Formen der Fall ist. Laos’ Bestrebungen im Bereich Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Erhaltung der Biodiversität werden von der internationalen Gebergemeinschaft begrüßt und entsprechend unterstützt. Dafür werden in anderen Bereichen wie etwa der Regierungsführung, Zugeständnisse gemacht und Kompromisse eingegangen. Denn nach wie vor entsprechen die politischen Verhältnisse in Laos nicht den internationalen Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Nichtregierungsorganisationen sind in Laos verboten, und der Bevölkerung bleibt außer den Parteikadern keine Möglichkeit, poli251

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

tisch aktiv zu werden. So sehr die laotische Regierung einen nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Wandel auch anstrebt, auf der politischen Ebene pocht sie weiterhin auf Beständigkeit und Selbstbestimmung. Für das Entwicklungsstreben der Nation stellt die multiethnische Zusammensetzung der Bevölkerung ein Problem dar. Die verschiedenen Ethnien lassen sich nur schwer in den Nationalstaat integrieren, die Erschaffung einer laotischen Gesamt-Identität ist ebenso problematisch (Rehbein 2006) wie die Kommunikation mit den unterschiedlichen, zum Teil kaum erreichbaren Gruppen. Besonders Minderheiten wie die Akha, die in den bergigen Regionen Laos’ siedeln, stellen die Regierung in der Hauptstadt Vientiane vor ein Problem. Die Subsistenzwirtschaft der Akha, die auf Brandrodungsfeldbau basiert stört das Bild der nachhaltigen Entwicklung ebenso wie der Anbau und Konsum von Opium, die hohe Analphabetenrate und die niedrige Lebenserwartung. Damit Laos in der Rangliste der Least Developed Countries aufsteigen kann, müssen gerade die marginalisierten Gesellschaftsgruppen in den Entwicklungsstrom integriert und deren unterentwickelte Lebensweise überwunden werden. Vor dem Hintergrund, dass eben diese Lebensweise sowie auch die Sprache der Akha in der Hauptstadt Vientiane weitest gehend unbekannt sind, stellt sich ein solches Entwicklungsbestreben äußerst schwierig dar. Die Lebensweise der Akha ist jedoch auch ein Anziehungspunkt für den internationalen Tourismus geworden, sodass neben dem Wunsch, diese Ethnie zu entwickeln, gleichzeitig das Bedürfnis auftritt, die Akha vor kulturellem Wandel zu bewahren. Denn die Begegnungen mit ausländischen Touristen, deren Werten und Moralvorstellungen, stellt sowohl für die laotische Regierung als auch Entwicklungsorganisationen eine potenzielle Gefahrenquelle für die Kultur der Minderheiten dar. Daher wird versucht, die Kontakte zwischen Touristen und den ethnischen Gruppen möglichst genau zu kontrollieren. Hier stellt sich natürlich die Frage, was genau eigentlich vor Wandel bewahrt werden soll, und wo Wandel im Sinn einer nationalen Entwicklungsstrategie aus Sicht globaler und nationaler Akteure notwendig ist. Die Darstellung der Schnittstellen im Tourismusfeld Muang Sing hat gezeigt, dass dieser von außen verordnete Spagat zwischen Wandel und Starrheit lokal nicht ohne Konflikte verläuft. Staatliche Institutionen und Entwicklungsorganisationen haben im Tourismusfeld Muang Sing nur begrenzt Einfluss auf die Handlungsweisen lokaler Akteure, insbesondere auf die der ethnischen Minderheiten. Gerade bei der Frage nach dem Verlauf von gesellschaftlichem Wandel, sei es in Form von Entwicklungszusammenarbeit oder anders verursachtem Kulturwandel, haben die Akteure sehr verschiedene Vorstellungen und Ziele, die den Vorgaben von nachhaltigen Tourismusformen nicht immer entsprechen. Der Wunsch der Dorfbewohner von Ban Kao nach einer alljährlich befahrbaren Straße, nach Elektrizität im Dorf, moderner Kleidung sowie täglichen Besuchen von Touristen mit entsprechenden Einnahmen kann hier als Beispiel dienen. Dieses Bedürfnis nach gesellschaftlichem, aber vor allem ökonomischen Wandel wird sowohl in der sozialwissenschaftlichen Diskussion als auch in 252

NEUE HILFE DURCH NEUEN TOURISMUS

der Entwicklungspraxis nur allzu oft als negativer Einfluss von Touristen auf die lokalen Gemeinden wahrgenommen. Auch in Muang Sing war die Befürchtung groß, dass die Akha durch den Kontakt mit westlichen, wohlhabenden Touristen ihre traditionellen Werte sowie ihre gesamte Lebensweise zugunsten einer materialistisch-kapitalistischen Weltsicht aufgeben würden. Wie die verschiedenen Fallbeispiele gezeigt haben, wurde gerade das Souvenirverkaufen und Verhalten der Akhafrauen aus umliegenden Dörfern Muang Sings von anderen Akteuren als offensichtlicher Beweis des schädlichen Einflusses von Touristen gesehen. Ein genauerer Blick auf das Tourismusfeld Muang Sing macht jedoch deutlich, dass die Ursachen für die Handlungsstrategien der lokalen Akteure nicht unbedingt in der touristischen Entwicklung begründet sind. Vielmehr sind es die sozio-ökonomischen Bedingungen der laotischen Gesellschaft sowie die gesellschaftlichen Veränderungen, die dafür sorgen dass Menschen immer wieder neue Überlebensstrategien entwerfen müssen. Dies gilt nicht zuletzt auch in einem neu entstehenden Tourismusfeld, das lokalen Akteuren neue Chancen und Probleme eröffnet. Im Fall von Muang Sing hat nicht Tourismus die Gesellschaft zerstört, sondern er hat dafür gesorgt, dass die Probleme der laotischen Gesellschaft für Außenstehende besonders deutlich sichtbar werden. Die Armut unter den Akha, die Ressourcenknappheit umgesiedelter Dörfer, soziale Ungleichheit und Opiumabhängigkeit – all das gab es bereits vor dem Eintreffen der ersten Rucksacktouristen. Mit dem Erscheinen der Touristen in Muang Sing ergaben sich jedoch für lokale Akteure jeglicher sozialer Gruppen neue Handlungsräume. Gebildete Jugendliche aus Muang Sing konnten sich als Guides verdient machen und ihre Fremdsprachenkenntnisse erweitern – was einer weiteren Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit nur förderlich sein konnte. Und einige Angehörige der ethnischen Minderheiten, darunter die Akha, entdeckten ihr touristisches Kapital. Das, was die Touristen auf ihren Reisen suchten, nämlich Einblick in eine traditionelle Lebensweise, konnten die Akha-Frauen bieten. Sie schufen sich ihre eigene Marktnische, lernten den Geschmack der Touristen kennen, entwarfen ihre Souvenirs immer wieder aufs Neue. Lokale Akteure verstehen es durchaus, den touristischen Wunsch nach Andersartigkeit und Exotik für sich zu nutzen. Unter anderen Umständen wären die Bemühungen dieser Frauen auch von Entwicklungsexperten als innovativer und vielversprechender Ansatz einer Selbsthilfe gewertet und vielleicht sogar unterstützt worden. Tourismus ist jedoch ein sensibles Feld, bei dem es um weit mehr geht als Ökonomie. Die Öffnung für fremde Besucher macht es notwendig, Bilder zu erschaffen und touristische Räume zu produzieren. Nicht umsonst waren in Muang Sing Vorstellungen von Tradition und Kultur und nicht etwa die Armut der Dorfgemeinschaften ausschlaggebend für die Auswahl der Zielgruppen von gemeindeorientiertem Tourismus. Die Unterschiede zwischen gemeindeorientiertem Tourismus und dem Tourismus, den lokale Akteure in Eigenregie organisieren, sind zumindest in einem Punkt sehr gering: In beiden Fällen steht die Kultur und Lebensweise der Akha im Mittelpunkt des touristischen Interesses. Im Falle von Projekttou253

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

rismus wird diese Kultur von Außenstehenden an Touristen vermittelt und vermarktet, die Anteilnahme der besuchten Dörfer sowie der Ertrag für die Gastgeber ist relativ gering. Dafür, so wird argumentiert, würde Tourismus die Dörfer nur wenig belasten und die Kultur intakt bleiben. Lokale Selbstvermarktungsstrategien bringen den Souvenirverkäuferinnen mehr Gewinn durch Tourismus, werden jedoch von übrigen Akteuren negativ bewertet. Ein weiteres Beispiel aus der Provinz Luang Namtha zeigt, dass die Konzepte von nachhaltigem Tourismus der Entwicklungsorganisationen nicht vollends von laotischen Behörden geteilt werden. Das von verschiedenen Institutionen mit Preisen und Auszeichnungen bedachte Namha Ökotourismusprojekt hatte unter anderem das Ziel, den Akha in Dörfern, die im Gebiet des Nationalparks siedelten, durch Tourismus die Möglichkeit zu geben, auch weiterhin in ihren Dörfern zu bleiben. Tatsächlich lief das Projekt gut, die betroffenen Dörfer verdienten an den Besuchergruppen. Schließlich beschloss die zuständige Behörde, eines der Dörfer doch aus dem Schutzgebiet des Nationalpark auszusiedeln und in die Nähe der einzigen befestigten Straße zu bringen. Nicht nur, dass das Dorf nun für den Anbau von Reis kein Land mehr besaß, zusätzlich beschloss die Tourismusbehörde der Provinz, dass das Dorf durch seine neue Lage nicht mehr attraktiv genug für die Touristen sei. Touristen konnten das Gebiet weiterhin in Begleitung eines staatlichen Guides besuchen, die Akha konnten davon jedoch nicht mehr profitieren und versuchen vor allem über Arbeit auf Gummibaumplantagen Einnahmen zu erhalten. Genauso wenig, wie Tourismus für Kulturzerstörung in einer Region alleine verantwortlich ist, kann Tourismus alle Missstände und Probleme einer Gesellschaft lösen. Tourismus kann nur dann einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung einer Region beitragen, wenn die gesellschaftlichen Vorzeichen stimmen und wenn sich die beteiligten Akteure zumindest grob darauf einigen können, wohin die Entwicklung denn eigentlich gehen soll. Muang Sing hat gezeigt, dass es kein Universalrezept für nachhaltigen Tourismus geben kann. Die abstrakten Konzepte der Entwicklungswelt wie Partizipation und Nachhaltigkeit sind nicht einfach per se Lösungen, sondern müssen jeweils lokal und in der Interaktion mit den verschiedenen Akteuren mit Sinn gefüllt werden. Sonst werden Tourismusformen wie gemeindeorientierter Tourismus zu nichts anderem als einem Kompromiss zwischen staatlichen und globalen Interessen.

Neue Anforderungen für die Tourismusethnologie In den Tourismuswissenschaften gibt es zahlreiche Untersuchungsansätze, die versuchen, die Folgen von Tourismus für lokale und internationale Akteure zu bestimmen und zu analysieren. Vor allem dort, wo Tourismus Eingang in die Entwicklungszusammenarbeit gefunden hat, ist das Bedürfnis, Auswirkungen von Tourismusprojekten zu verstehen und damit auch beeinflussen zu können, groß. 254

NEUE HILFE DURCH NEUEN TOURISMUS

Die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen sind dabei höchst unterschiedlich: Auf der einen Seite wird Tourismus als Entwicklungsinstrument befürwortet und entsprechende Untersuchungen betonen die positiven Einflüsse auf die lokale Kultur und Umwelt; diese Ansätze gehen davon aus, dass durch das Interesse internationaler Touristen Traditionen wiederaufleben, etwa in Form von Kunsthandwerk, und das Interesse lokaler Gruppen für Umwelt- und Artenschutz steigt.1 Auf der anderen Seite werden negative Auswirkungen von Tourismus betont, insbesondere im Zusammenhang mit ethnischen Minderheiten und ihrer oftmals als traditionell eingestuften Lebensweise. Hier überwiegen Beschreibungen von Kulturverlust durch Kommerzialisierung, Umweltzerstörung, Ausbeutung, häufig werden gastgebende Gemeinschaften als Globalisierungsopfer im Tourismus dargestellt.2 Diese beiden entgegensetzten Positionen haben zu einer regen Debatte geführt, sie haben jedoch wenig dazu beigetragen, lokale Prozesse tatsächlich verständlich zu machen. In der Entwicklungsforschung kann eine ähnlich verlaufende wissenschaftliche Debatte ausgemacht werden, allerdings ist hier das Bewusstsein für die Komplexität von Akteursbeziehungen und der Einfluss von Mikro- und Makroebenen auf Projektentwicklungen ausgeprägter. Entsprechend gibt es hier verstärkt Bemühungen, sich analytisch mit dieser Komplexität auseinander zusetzen. Allgemeine und zugleich fundierte Aussagen zu diesen Beziehungen, zu den Wechselwirkungen und Verflechtungen zu formulieren, bleibt jedoch nach wie vor ein schwieriges Unterfangen. (Long 1997: 18) Dies trifft nicht nur für die Entwicklungsforschung, sondern in verstärktem Maße auch auf die Tourismusethnologie zu.

Schnittstellenanalyse in der Tourismusethnologie Long hat mit seinem akteursorientierten Ansatz einen theoretischen Rahmen und mit der Schnittstellenanalyse analytisches Werkzeug bereitgestellt, um Prozesse in Entwicklungsprojekten und die Beziehungen der Akteure zueinander besser fassen zu können. Zu Beginn dieser Arbeit wurde ein Ansatz entworfen, der eine Übertragung von Longs Vorgehensweise auf das Forschungsgebiet Tourismus ermöglichen sollte. Ein wichtiger Schritt, um auf die Schnittstellenanalyse zurückgreifen zu können, bestand darin, den Begriff des Tourismusfeldes einzuführen. Wenn eine Untersuchung Tourismus lediglich als etwas begreift, das von Touristen oder der Tourismusindustrie geschaffen und charakterisiert wird, so ist eine Schnittstellenanalyse wenig sinnvoll. Der akteursorientierte Ansatz verlangt einen weiteren, offeneren Blick auf Prozesse und Veränderungen und 1 2

Diese Argumentation lässt sich wiederfinden bei Vorlaufer (1996), Palm (2000), McKean (1989). Als Beispiel sei hier der Sammelband Eingeborene ausgebucht, herausgegeben von Euler (1989) genannt, sowie Nash (1989), Van den Berghe (1980), West und Carrier (2004). 255

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

geht davon aus, dass alle Akteure handlungsfähig sind und Einfluss nehmen. Die Vorstellung eines Tourismusfeldes, indem verschiedenste Akteure ihre Ziele verfolgen, strategisch handeln und miteinander in Konflikt geraten, bietet einen Rahmen, der eine Schnittstellenanalyse möglich macht. Dies bedeutet auch, das Tourismus nicht ausschließlich als eine Aktivität von Touristen verstanden wird. Tourismus ist eben nicht nur das, was Touristen ‚tun‘, oder gar, was Touristen einer lokalen Bevölkerung ‚antun‘, sondern er ist ein äußerst komplexes Feld, das durch Interaktionen und Vorstellungen verschiedenster Akteure bestimmt wird. Durch die Interaktion und Kommunikation werden Prozesse in Gang gesetzt, Gruppen bilden sich, Ziele werden formuliert, Strategien eingesetzt. Das Tourismusfeld wird damit zu einem dynamischen Feld, das ständigem Wandel ausgesetzt und in lokale Bedingungen eingebettet ist. Im Fall von Muang Sing hat sich dies sehr deutlich gezeigt. Auf den ersten Blick scheint die gängige Theorie vom negativen Einfluss von Tourismus auf lokale Gemeinschaften schlüssig, sowohl Touristen als auch Entwicklungsexperten berichten von negativen Auswirkungen von Tourismus und nehmen Probleme wahr. Insbesondere Touristen, Entwicklungsexperten und laotische Vertreter verschiedener Institutionen bestätigen sich gegenseitig in ihrer Annahme, dass diese Probleme auf Tourismus, genauer: auf das Aufeinandertreffen von Touristen und Akha, zurückzuführen sei. Umweltverschmutzung, herumliegender Müll, Armut und Prostitution kommen jedoch auch in solchen laotischen Städten vor, die kaum von Touristen besucht werden. Die Provinzhauptstadt Oudomxai, die eine halbe Bus-Tagesreise östlich von Luang Namtha entfernt liegt, hat mit ähnlichen Problemen wie Muang Sing zu kämpfen, ist jedoch für Touristen lediglich ein Durchreiseort. Die Annahme, Tourismus zerstöre Kultur, ist trotzdem so stark, dass sie Eingang in die Praxis einiger Akteure gefunden hat. Das Bewahren der Kultur der Akha ist so zu einem Leitmotiv im Tourismusfeld Muang Sing geworden, das seinerseits jedoch Schnittstellen und damit Konflikte zwischen den Akteuren heraufbeschwört. Diese Schnittstellen lassen sich eben nicht durch die gängige Formel vom kulturzerstörenden Tourismus erklären, sondern sie sind weitaus komplexerer Art. Globale Diskurse, die Konzepte wie nachhaltige Entwicklung, Partizipation, Gender und Kultur stark abstrahieren, treffen auf lokale Akteure und ihre konkreten Lebenswelten. Um die Konflikte zu verstehen, die bei dem Aufeinandertreffen dieser verschiedenen Ebenen entstehen, müssen diese lokalen Akteure ebenso betrachtet werden wie die nationalen und globalen Bedingungen, in die sie verstrickt sind. Der verstehende Ansatz ist nach wie vor ein Markenzeichen der Ethnologie und bildet das Fundament für die spezifischen Methoden, die Ethnologen zur Untersuchung heranziehen. Eine Tourismusethnologie sollte sich genau auf diese spezifischen Ansätze und Methoden konzentrieren, sie weiterentwickeln und durch sie einen wichtigen Beitrag zum diffusen Feld der Tourismuswissenschaften liefern. 256

NEUE HILFE DURCH NEUEN TOURISMUS

Für eine praxisorientierte Tourismusethnologie Der Fokus dieser Arbeit lag auf einer theoretisch fundierten Weiterentwicklung von Konzepten und Ansätzen der Entwicklungsethnologie. In einem weiteren Schritt wurde dieses theoretische Gerüst auf seine konkrete Umsetzbarkeit in der Feldforschung hin überprüft. Von einer wissenschaftlichen Perspektive aus gesehen ist damit ein bestimmter Praxisbezug hergestellt worden. Wenn mir während meiner Feldforschung sowie bei späteren Vorträgen und Diskussionen jedoch die Frage nach dem Praxisbezug meiner Forschung gestellt wurde, so war damit sicherlich nicht die Feldforschungspraxis gemeint. Vielmehr wollten Kollegen und Kolleginnen aus der Ethnologie und Nachbardisziplinen, aber auch Experten und Vertreter von Entwicklungsinstitutionen wissen, wie die Erkenntnisse dieser Arbeit in die Weiterentwicklung nachhaltiger Tourismusformen und die Verbesserung bestehender Projekte einfließen könnten. Die Antwort, die ich auf diese Anfragen gab, war wohl vor allem für „Praktiker“ aus dem Tourismusbereich wenig befriedigend. Die in dieser Arbeit beschriebenen Konflikte sind so sehr in komplexe gesellschaftliche Strukturen eingebettet und sowohl mit globalen als auch lokalen Diskursen verstrickt, dass Handlungsempfehlungen zum einen vage bleiben müssen, oder aber in der Realität nicht umsetzbar sind. Dies erklärt sich dadurch, dass es in dieser Arbeit in erster Linie eben nicht um eine Projektevaluierung mit Optimierungsvorschlägen ging, sondern darum, die Prozesse innerhalb eines bestimmten Tourismusfeldes zu verstehen. Gerade im deutschsprachigen Raum hat sich eine Tourismusethnologie entwickelt, die sich sehr stark auf die Praxis konzentriert. Da Tourismus als Thema noch kaum in der akademischen Ethnologie etabliert ist, haben sich die wenigen Tourismusethnologen Einsatzbereiche fern von Universitäten gesucht. Dies hatte zur Folge, dass Ethnologen an der Entwicklung neuer Tourismuskonzepte beteiligt waren, aber auch in der Praxis blieben.3 Eine parallel laufende Weiterentwicklung theoretischer Konzepte sowie eine objektive Auseinandersetzung mit den praxisorientierten Tourismusethnologie hat es dadurch kaum gegeben. Die folgenden Anmerkungen richten sich somit weniger an die Entwicklungspraxis, sondern sollen einige Ansätze für eine anwendungsbezogene Tourismusethnologie diskutieren. Tourismusethnologen sind nicht einfach nur besonders kompetente Reiseleiter oder interkulturelle Pädagogen für den globalen Touristen. Es gibt bereits sehr viele Disziplinen, die sich darum bemühen, das Reiseerlebnis für Touristen zu optimieren und ein besseres touristisches Angebot zu entwickeln. Ethnologen können hier sicherlich auch einen wertvollen Beitrag leisten, aber darin sollte sich eine angewandte Tourismusethnologie nicht erschöpfen. Auch von den in der Tourismusdiskussion immer wieder auftauchenden Konzepten vom „interkulturellen Dialog“ und „Weltfrieden durch Tourismus“ sollte sich eine angewandte Tourismusethnologie nicht vereinnahmen lassen. Zu hoch gesteckte idealistische Ziele führen in der 3

Vgl. hierzu die Ausführungen von Neudorfer (2006c). 257

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

Praxis zu unrealistischen Erwartungshaltungen, die einer verstehenden Analyse im Wege stehen können. Was Tourismusethnologie im anwendungsorientierten Bereich leisten kann und sollte, ist 1. einen anderen Blick auf den Tourismus zu erreichen. Dies bedeutet, dass nicht nach Opfern und Tätern im Tourismus gesucht wird, sondern Untersuchungen sich an vorhandenen und von Akteuren genutzten Handlungsspielräumen orientieren. 2. eine möglichst objektive Analyse von lokalen Tourismusfeldern. Noch immer sind viele tourismusethnologischen Überlegungen von einer verkappten Kritik an der eigenen Gesellschaft geleitet und lassen dabei die emische Sicht lokaler Akteure außen vor. 3. das Aufzeigen der Verbindungen und Wechselwirkungen von Mikro- und Makrostrukturen sowie die Analyse von Rahmenbedingungen lokaler Tourismusprozesse. 4. ‚stumme‘ und scheinbar unbeteiligte Akteure zu Wort kommen lassen und in die Analysen mit einzubeziehen. 5. das Aufdecken von sozialen Schnittstellen, die konfliktbeladen sind. 6. eine Untersuchung der Kommunikationsstrukturen und Netzwerke der sozialen Akteure im Tourismusfeld. 7. eine Analyse und Gegenüberstellung der Problemsichtweisen verschiedener Akteure im Bezug auf touristische Entwicklungen. 8. ein kritisches Hinterfragen der Selbstbestimmungsmöglichkeiten und Interessenvertretung der verschiedenen sozialen Akteure. Die Position von Entwicklungsinstitutionen und ihren Mitarbeitern sollte dabei genauso mit einbezogen werden wie die von Projekten betroffenen und nichtbetroffenen Gemeinden. Dieser Punkt ist auch wichtig, falls eine Institution, die als sozialer Akteur auftritt, der eigentliche Auftraggeber einer tourismusethnologischen Forschung ist. Denn wie anhand des Tourismusfeldes Muang Sing ersichtlich wurde, sind die Handlungsspielräume der sozialen Akteure zwar grundsätzlich verschieden und werden unterschiedlich genutzt, haben aber dennoch alle Einfluss auf die touristische Entwicklung. Entsprechend darf der Handlungsspielraum und damit auch die Möglichkeiten von Entwicklungsinstitutionen, auf ein Tourismusfeld einzuwirken, nicht überbewertet werden. In der deutschsprachigen Ethnologie haftet der Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Tourismus noch immer ein Ruf des Populären und Unseriösen an. Die Beschäftigung mit Tourismus bedeutet jedoch nicht nur neue Berufe für Ethnologen außerhalb des universitären Bereichs. Vielmehr bietet eine Beschäftigung mit Tourismus für die Ethnologie sowohl eine theoretische als auch eine methodische Herausforderung. Diese Herausforderung sollte ernsthafter angenommen werden, um im interdisziplinären Feld der Tourismusforschung einen Beitrag zu innovativen Ansätzen leisten zu können. 258

G LOSSAR

ak. = Akha; la. = laotisch; A poe mi yeh akha – zang/zahˇ/Zangr

aniu; jilaman aniu baci Backpacker ban boemow cibeu dzoema/dzoma falang hill tribe(s) kip

ladhi lagha lahÿ lakha lanji Lao Issara lao loum/lum lao soung/sung lao theung laolao

ak.; höchstes Wesen ak.; Bezeichnung für traditionelle Lebensweise (Regeln, Glaubenssystem, gesellschaftliche Ordnung usw.) der Akha ak. ; Haus; „deutsches Haus“, d. h. Gästehaus für Touristen la.; Zeremonie mit Bindefäden bei Hochzeiten, wichtigen Reisen, Krankheitsfällen usw. allgemeine Bezeichnung für Rucksackreisende, s. a. Traveller la; Dorf (administrative Einheit) ak.; Ritualspezialist ak.; Reisschnaps ak.; ritueller Anführer eines Dorfes la.; Bezeichnung für Europäer, Amerikaner und Australier allgemeine Bezeichnung für ethnische Minderheiten, die in bergigen Regionen siedeln laotische Währung; zum Zeitpunkt der Feldforschung entsprachen 11.000 laotische Kip ca.1 Euro; ak.; bestickte Stulpen der Akha-Frauen ak; kurzer Baumwollrock ak; innen ak.; Dorftore ak; außen la.; Freies Laos (Laotische Wiederstandsregierung) la.; Bezeichnung für Bewohner des Tieflandes la.; Bezeichnung für Bewohner des Hochlandes la.; Bezeichnung für Bewohner in höheren Gebieten (Berghänge, Hügel) la.; Reisschnaps 259

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

lascha luang muang naiban nak tong tiao neh Neo Lao Issara pehã sabai dii sinh Traveller tuktuk uceu Village Volunteer

260

ak.; besticktes Oberteil der Akha-Frauen la.; Provinz, Provinzhauptstadt la.; Distrikt, Distrikthauptstadt la.; Dorfvorsteher la.; Tourist, reisende Person ak.; Geist la.; Front Freies Laos (Laotische Freiheitsbewegung) ak; Jacke la.; Guten Tag!, Hallo (allg. Grußformel) la.; langer Wickelrock für Frauen allgemeine Bezeichnung für Individualtouristen, oft auch für Rucksackreisende la; kleiner Bus (öffentliches Transportmittel) ak.; Kopfschmuck der Akha-Frauen Person, die innerhalb eines Dorfes für medizinische Fragen verantwortlich und Ansprechpartner der Entwicklungsinstitutionen und Behörden ist

A NHANG

Tabelle 7: Überblick über Konflikte zwischen den Akteuren im Tourismusfeld Muang Sing

Haltung von

Naiban Schmidt Foster

gegenüber Schmidt

Maesy Khampone Senpeth Bounthan

Kao --

Foster

--

Naiban Ban Kao Maesy

Ban

-+++

+++

++

++

--

++

+

++

Khampone

+++

++

--

+++

+++

Senpeth

++

++

+++

--

+++

++

++

+++

+++

--

Bounthan

+

+ Meinungsverschiedenheit, bzw. Verhalten des anderen wird missbilligt ++ Meinungsverschiedenheit wird ausgetragen +++ Konflikt; Verhalten des anderen wird kritisiert und/oder als Einschränkung des eigenen Raumes gewertet

Anmerkung: Die Konflikt-Beziehungen verlaufen nicht immer symmetrisch, die Beziehungen zueinander werden von den einzelnen Akteuren durchaus verschieden gewertet; Schmidt beispielsweise findet Maesys Verhalten äußerst problematisch und thematisiert das in Interviews, Maesy hingegen nimmt Schmidt kaum wahr; außer Acht gelassen wurde die konfliktreiche Beziehung von Schmidt und Foster zum Provincial Tourism Office;

261

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA? Questionnaire for guides (anonymous) 1) What do you think is important when you work as a guide? guides very important

important

not so

not

important important

Activity:

should not do this

ask the tourists to buy handicraft







ask the tourists to give the villagers money







ask tourists for medicine for villagers







carry food







cooking







create contacts between tourists and villag-













ensure that the tourists have fun







explain culture







explain ecotourism







explain history







explain nature







help the tourists when they have problems







help the villagers to sell handicraft







help the villagers to sell much food to tour-







help the villagers to understand ecotourism







help the villagers to understand tourists







introduce the tourists to villagers







meet and discuss with other guides







show the way







take care that the tourists behave polite







take care that the tourists don’t consume







take care that the villagers behave polite







talk to tourists







ers ensure that the relationships between villagers and tourists are good

ists

any drugs

262

ANHANG talk to villagers







translate for tourists and villagers







2) What do you think: not so

very important

important impor-

A good guide

not important

tant

… can speak many foreign languages.





… can speak the language of the villagers (Hmong,





… is from the mountain villages.





… is originally from Muang Sing region.





… knows how to joke with tourists.





… knows much about culture of Muang Sing.





… knows much about culture of villagers.





… knows much about history.





… knows much about nature.





… knows much about the religion of villagers.





… knows what tourists want.





… knows what villagers want.





… speaks really good English.





Akha, …).

3) Who is responsible for ecotourism? much re-

not so

sponsibil- responsibility responsiity

ble

not important

Guides





Manager of the Muang Sing tourism information





Projects like GTZ or UNESCO





Provincial Tourism Office in Luang Namtha





Tourists





Villagers





Thank you for your help! Your answers are anonymous. 263

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VISITOR FEEDBACK QUESTIONNAIRE

We would like to thank you for participating in the trek or river trip and hope you enjoyed your journey. Your feedback and suggestions are very important to the guides and to the Tourism Office in determining how this trip can be developed as a culturally sensitive and successful ecotourism operation. We would therefore much appreciate if you could spend a few minutes to answer the following questionnaire.

Date of your trek : ________

How old are you ? _______

What is your Nationality____________

Who were your guides ? __________________________ Which trek did you take ? _______________

1) Before leaving on your trek did you receive a good orientation about what to expect and on the cultural do’s and don’ts when in the village ?

Yes

No

If No, please explain what aspects were not explained well. : ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________

2) While on the trail did your guides keep your group together ?

3) Did you take enough rest breaks ?

4) Did you feel safe on the trip ?

Too many

Yes

Enough

No

Yes

No

Not Enough

If ‘no’, please explain :

______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________

5) Did you have enough water ?

264

Yes

No

ANHANG

6) Was boiled water provided for you in the village ? No

Yes, plenty

Yes but not enough

7) Before every meal, were you provided with soap and water to wash your hands ? Yes

No

8) Were dishes, bowls, glasses and eating utensils clean ?

9) How was the food ?

Great

O.K

Yes

No

Not Good (could be improved)

If ‘ not good’ please explain : ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________

10) Were you served any wildlife ?

Yes

No

11) Was the lodging in the village comfortable ?

Yes

No

If No, please explain : ______________________________________________________________________

12) Were you introduced to your village hosts ?

Yes

No

13) How was the information about the following : ExNam Ha Protected Area

cellent

Good

O.K

Not

No In-

Enough

formation

Plants and wildlife Ethnic groups /village History of the region

265

MEET THE AKHA – HELP THE AKHA?

14) Did you experience any of the following in the village : Begging

Yes

No

Rudeness / resentment

Aggressive Selling of Handicrafts

Yes

Yes

No

No

Insincere display of cultural tradition for monetary gain

Yes

No

If you answered ‘yes’ to any of the above, please explain briefly : ________________________________________________________________ ________________________________________________________________

15) Did you feel that the village(s) you visited had been negatively impacted by ecotourism in any way ?

Yes

No

If you answered ‘Yes’, can you please say which village(s) and describe in what way. ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________

16) Overall how do you rate the quality of your cultural experience in the village(s) you visited ?

Amazing - as if I was the first one to ever visit .

Very special - as though tourists had been there before but still felt it to be relatively untouched. O.K but nothing special – like I was just another one passing through but still felt comfortable in the village . Didn’t Feel Comfortable – felt like a voyeur and that the people were bored with tourists. Please feel free to provide another description if these don’t fit. __________________________________________________________ __________________________________________________________

266

ANHANG

16) How many nights will you stay in Muang Sing township in total (not including the nights you spent in the villages on the trek) : ____________ nights

18) Did you come to Luang Namtha especially for ecotourism ?

Yes

No

19) How did you first learn of the ecotourism activities here ?

When you arrived

Friends / other travelers

The Internet

Brochures/

books

20) What is your estimated average daily expenditure while in Luang Namtha province ? US $ ___

21) Please suggest a fair price for the trek including food, transport, lodging, guides and trekking permits ? $ ________

22) Lastly, what do you think can be done to improve the trip both for the ecotourists and the villagers ? ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________

Thank You for Your Time

(Quelle: Schipani 2003: 56ff.) 267

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269

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Kultur und soziale Praxis Katharina Zoll Stabile Gemeinschaften Transnationale Familien in der Weltgesellschaft

Halit Öztürk Wege zur Integration Lebenswelten muslimischer Jugendlicher in Deutschland

Juni 2007, ca. 240 Seiten, kart., ca. 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-670-0

März 2007, ca. 300 Seiten, kart., ca. 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-669-4

Klaus Müller-Richter, Ramona Maria Uritescu (Hg.) Imaginäre Topografien Migration und Verortung

Pascal Goeke Transnationale Migrationen Post-jugoslawische Biografien in der Weltgesellschaft

April 2007, ca. 340 Seiten, kart., ca. 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-594-9

März 2007, 350 Seiten, kart., ca. 33,80 €, ISBN: 978-3-89942-665-6

Magdalena Nowicka (Hg.) Von Polen nach Deutschland und zurück Die Arbeitsmigration und ihre Herausforderungen für Europa

Reinhard Johler, Ansgar Thiel, Josef Schmid, Rainer Treptow (Hg.) Europa und seine Fremden Die Gestaltung kultureller Vielfalt als Herausforderung

April 2007, ca. 260 Seiten, kart., ca. 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-605-2

Martin Baumann, Jörg Stolz (Hg.) Eine Schweiz – viele Religionen Risiken und Chancen des Zusammenlebens April 2007, ca. 325 Seiten, kart., ca. 15,80 €, ISBN: 978-3-89942-524-6

März 2007, ca. 300 Seiten, kart., ca. 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-368-6

Daniel Münster Postkoloniale Traditionen Eine Ethnografie über Dorf, Kaste und Ritual in Südindien März 2007, ca. 264 Seiten, kart., ca. 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-538-3

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Kultur und soziale Praxis Elias Jammal, Ulrike Schwegler Interkulturelle Kompetenz im Umgang mit arabischen Geschäftspartnern Ein Trainingsprogramm

María do Mar Castro Varela Unzeitgemäße Utopien Migrantinnen zwischen Selbsterfindung und Gelehrter Hoffnung

Februar 2007, 210 Seiten, kart., 21,80 €, ISBN: 978-3-89942-644-1

Januar 2007, 304 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-496-6

Corinne Neudorfer Meet the Akha – help the Akha? Minderheiten, Tourismus und Entwicklung in Laos

Sabine Mannitz Die verkannte Integration Eine Langzeitstudie unter Heranwachsenden aus Immigrantenfamilien

Februar 2007, 298 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-639-7

2006, 346 Seiten, kart., 30,80 €, ISBN: 978-3-89942-507-9

Holger Michael Kulturelles Erbe als identitätsstiftende Instanz? Eine ethnographisch-vergleichende Studie dörflicher Gemeinschaften an der Atlantik- und Pazifikküste Nicaraguas

Manfred Glagow Die Mkandawires auf Livingstonia Eine afrikanische Familie in Zeiten der Mission, des Kolonialismus und der Diktatur, Malawi 1875-1994

Februar 2007, 230 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-602-1

TRANSIT MIGRATION Forschungsgruppe (Hg.) Turbulente Ränder Neue Perspektiven auf Migration an den Grenzen Europas

2006, 210 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN: 978-3-89942-573-4

Annette Hornbacher (Hg.) Ethik, Ethos, Ethnos Aspekte und Probleme interkultureller Ethik 2006, 432 Seiten, kart., 31,80 €, ISBN: 978-3-89942-490-4

Januar 2007, 252 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN: 978-3-89942-480-5

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Kultur und soziale Praxis Maria Wurm Musik in der Migration Beobachtungen zur kulturellen Artikulation türkischer Jugendlicher in Deutschland

Karin Scherschel Rassismus als flexible symbolische Ressource Eine Studie über rassistische Argumentationsfiguren

2006, 248 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-511-6

2006, 254 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-290-0

Michael Craanen, Antje Gunsenheimer (Hg.) Das ›Fremde‹ und das ›Eigene‹ Forschungsberichte (1992 – 2006)

Thomas Hüsken Der Stamm der Experten Rhetorik und Praxis des Interkulturellen Managements in der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit

2006, 364 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-598-7

2006, 306 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-444-7

Heidrun Schulze Migrieren – Arbeiten – Krankwerden Eine biographietheoretische Untersuchung 2006, 282 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-495-9

Kerstin Hein Hybride Identitäten Bastelbiografien im Spannungsverhältnis zwischen Lateinamerika und Europa 2006, 472 Seiten, kart., 31,80 €, ISBN: 978-3-89942-447-8

Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de