Mauscheln: Ein Wort als Waffe [Reprint 2020 ed.] 9783110886894, 9783110172904

The German word mauscheln is derived from the Yiddish language. It's original meaning is 'to talk like a Jewis

199 66 32MB

German Pages 501 [504] Year 2002

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Mauscheln: Ein Wort als Waffe [Reprint 2020 ed.]
 9783110886894, 9783110172904

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Erster Teil
1. Ein Wort als Waffe
2. Mauschels Sprache
3. Sprachvergnügen
4. Musikerpolemik
5. Ausgrenzungen
6. Schriftstellerfehden
7. Fälschungsvorwürfe
8. Sprachzweifel
9. Zerrbilder
10. Hetze
11. Kampf gegen ein Wort
Zweiter Teil
12. Wörterbucheinträge
13. Herkunftsvermutungen
14. Wortschatzparallelen
15. Wortgeschichte
16. Mundartgebrauch
17. Wortkontakte
18. Entwicklungstendenzen
19. Verwendungsaspekte
20. Ein Wort als Exempel
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsnachweis
Register

Citation preview

Hans Peter Althaus Mauscheln

Hans Peter Althaus

Mauscheln Ein Wort als Waffe

W DE

_G_ Walter de Gruyter • Berlin • New York 2002

® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN 3-11-017290-9 Bibliografische Information Der Deutschen

Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. © Copyright 2002 by "Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Umschlaggestaltung: +malsy, Bremen Druck und buchbinderische Verarbeitung: WB-Druck, Rieden/Allgäu

Inhalt

Einleitung

7

Erster Teil

21

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Ein Wort als Waffe Mauscheis Sprache Sprachvergnügen Musikerpolemik Ausgrenzungen Schriftstellerfehden Fälschungsvorwürfe Sprachzweifel Zerrbilder Hetze Kampf gegen ein Wort

23 29 45 67 79 93 109 127 145 172 196

Zweiter Teil

215

12 13 14 15 16 17 18 19 20

217 240 252 272 301 336 356 385 398

Wörterbucheinträge Herkunftsvermutungen Wortschatzparallelen Wortgeschichte Mundartgebrauch Wortkontakte Entwicklungstendenzen Verwendungsaspekte Ein Wort als Exempel

Anmerkungen Literaturverzeichnis Abbildungsnachweis Register

425 457 486 487

Einleitung Wenn man heutzutage genötigt wäre, im Gespräch von einer Mauschelei zu sprechen, könnte man sich fest darauf verlassen, von seinen Gesprächspartnern verstanden zu werden. Der Ausdruck ist allgegenwärtig und wird nicht nur in der privaten Alltagsrede verwendet, sondern massenhaft auch in der Öffentlichkeit. Man hört das Wort im Fernsehen und liest es in der Presse, wenn eine Handlungsweise bezeichnet werden soll, bei der etwas heimlich und gegen die Regeln zum Nachteil anderer vereinbart wird. Mauscheleien werden überall für möglich gehalten, vor allem in der Politik, in der Wirtschaft und im Sport. Würde man fragen, ob sie für Leute bestimmter Herkunft typisch seien oder für Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften, stieße man gewiß auf Unverständnis. Außer mit dem Wort Mauschelei könnte man sich auch mit anderen Wörtern der Wortfamilie leicht verständlich machen. Wenn es lakonisch heißt, es werde gemauschelt,1 dann ist für den Zuhörer oder Leser der Sachverhalt klar, ohne daß man wüßte, was verhandelt oder verabredet worden ist. Das gilt auch für das Mauscheln} das man sich hinter verschlossenen Türen denkt, oder für ein Gemauschel, wie man es zwischen Parteien oder in der Kommunalpolitik für möglich hält.3 Das Mauscheln als etwas Undeutliches, mehr Erahntes als Bekanntes, wird in vielen Lebensbereichen unterstellt. Da ist von Mauschelrunden4 und Sauna-Mauscheleien5 die Rede, von einer Mauschel-Lösung,6 einer Mauschel-Aktie7 und einem Mauschel-Prozess.8 Es werden Mauschel-Vorwütfe erhoben,9 Zweifel an einer Mauschel-Regelung geäußert,10 Mauschel- und Kungel-Zustände angeprangert11 und Entscheidtingen ausgemauschelt}2 Nur selten wird von einem Mauschier13 gesprochen, fast nie von einem Mauschel.

8

Einleitung

Auf Unverständnis würde man mit der Äußerung stoßen, ein Schauspieler mauschele den Franz Moor14 und ein anderer sei ein Mauschier von Gottes Gnaden.15 Man würde sich fragen, was eine mauschelnde Feuilletonistik16 sein könnte und wie man sich mauschelnde Hände17 oder mauschelnde Bewegungen18 vorzustellen habe. Daß Schüler den Homer vermauschelten19 oder ein Nachdichter Dante vermauscheln konnte, wie es das Wort Dantevermauscheler nahelegt,20 müßte Staunen hervorrufen, ebenso die Bemerkung in einem Privatbrief, man wolle zur Erheiterung einige Mauschelchens anschließen.21 Dazu brauchte man sich früher nicht einmal spezieller Mauschelausdrücke zu bedienen,22 die von manchen zur Mauschelsprache stilisiert wurden,23 heute aber »zu einer fremden Sprache geworden« sind, wie es Fritz Mauthner bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts für eine fernere Zukunft erhofft hat.24 Spricht man heute von Mauscheleien, dann ist dies alles nicht gemeint. Man befürchtet, daß es zu Mauscheleien kommen könne.25 Gerüchte über Mauscheleien machen die Runde.26 Personen werden der Mauschelei geziehen27 und sind genötigt, sich dagegen zur Wehr zu setzen.28 Es heißt dann, man sei nicht bestechlich und habe die Mauscheleien nicht mitgemacht.29 Einem abgewählten Politiker wird nachgesagt, er habe ein System aufgebaut, in dem Mauscheleien gedeihen konnten.30 Man behauptet eine profitable Mauschelei31 und beklagt peinliche Mauscheleien.32 Es wird von finanziellen Mauscheleien gesprochen,33 gefragt, ob rechtswidrige Mauscheleien stattgefunden haben könnten,34 an angebliche Mauscheleien erinnert35 und auf die übliche Mauschelei verwiesen.36 Wenn sich etwas der Nachprüfung entzieht, heißt es auch schon einmal, es lade geradezu zu Mauscheleien ein.37 Was in der internationalen Politik vertraulich behandelt wird, wird schnell mit dem Vorwurf der Mauschelei belegt.38 Sogar was öffentlich geschieht wie beispielsweise ein Fußballspiel, kann der Mauschelei verdächtigt werden.39 Da man Mauschelei überall vermutet, wird auch dagegen vorgegangen. So wird bei Krankenversicherungen »Wettbewerb statt Mauschelei« gefordert40 und glücklicherweise auch einmal festgestellt, daß von »Mauschelei keine Spur« zu beobachten

Einleitung

9

sei.41 Überhaupt gehört das Ungefähre zur Mauschelei, so daß einem Politiker, wenn sich Gerüchte und Vorwürfe nicht erhärten lassen, attestiert wird, er sei »wegen angeblicher Mauscheleien in die Schlagzeilen« geraten.42 Wie undeutlich alles oft ist, zeigt sich an einer Meldung, in der »an Gerüchte von irgendwelchen Mauscheleien in irgendwelchen Baugeschäften« erinnert wird.43 In einzelnen Fällen muß man den Vorwurf der Mauschelei auch schon einmal abschwächen oder ganz zurücknehmen und tritt dann mit der Bemerkimg den Rückzug an, Mauscheleien seien »bislang nicht wirklich vorgekommen« und »jedenfalls nicht nachgewiesen« worden.44 In anderen Fällen wird die Bewertimg geändert und von demselben Sachverhalt, der zunächst als Mauschelei bezeichnet wurde, heißt es dann, es handele sich um »berechtigte Ansprüche«.45 Gelegentlich wird die Mauschelei auch mit einer Stadt oder Gegend in Verbindung gebracht. Da wird eine Hamburger Mauschelei als Begründung für niveaulose Architektur genannt,46 Einwände des Bundes der Steuerzahler gegen die Finanzpolitik als Mainzer Mauscheleien47 und die Suche nach einer einvernehmlichen Lösung als Trierer Mauschel-Lösung charakterisiert.48 Aus diesen Beispielen darf jedoch nicht geschlossen werden, daß Mauschelei ein Phänomen ist, das nur in bestimmten Gegenden vorkommt. Es gilt im Gegenteil als überall verbreitet und wird nahezu jedermann zugetraut. Von diesem heutigen Sprachgebrauch unterscheidet sich der frühere ganz beträchtlich. Es kommt sehr darauf an, wer die Ausdrücke verwendet und in welchem Zusammenhang. So heißt es 1725: »Ein Mauschel wird täglich betrogen«.49 1848 ergänzt ein Setzer das vom ihm hergestellte Buch um die Fußnote: »Der liebe Gott kann das Mauscheln nicht lassen«.50 Kaiser Wilhelm IL notiert 1897 am Rand einer ihm vorgelegten Denkschrift: »Ich bin sehr dafür, daß die Mauscheis nach Palästina gehen«.51 Franz Kafka schreibt im Juni 1921 an Max Brod: »Der Witz ist hauptsächlich das Mauscheln«. Weiter heißt es: »Ich sage damit nichts gegen das Mauscheln, das Mauscheln an sich ist sogar schön«.52 In der nationalsozialistischen Presse heißt es 1942: »Radio London mauschelt«.53 Die wenigen Beispiele lassen

10

Einleitung

deutlich werden, daß Mauschel und mauscheln früher etwas ganz anderes meinten als heute. Wenn Anton Kuh vom Sprachkolorit des Mauschelnd gesprochen hat und Fritz Mauthner vom Mauscheldeutsch, das von Juden in Böhmen zu hören war,55 dann zeigt dies, daß das Mauscheln eine besondere Art des Sprechens war. Wie es aber kam, daß aus einem Wort, das >in der Redeweise der Juden, d.h. jiddisch, sprechen< bedeutet hat, ein Ausdruck für >betrügen< geworden ist, fragen sich aufmerksame Zeitgenossen sogar im Internet.56 Wenn man die Selbstverständlichkeit betrachtet, mit der die Wörter Mauscheln, Mauschelei und Gemauschel nebst einigen anderen Mitgliedern ihrer Wortfamilie zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Deutschen gebraucht werden, kann man kaum glauben, daß sie vor gut fünfzig Jahren von niemandem mehr in den Mund genommen wurden. Wie einige heute unverständliche Gebrauchsweisen deutlich machen, haben die Ausdrücke eine Geschichte, die zur Folge hatte, daß sie aus politischen Gründen bewußt mit einem Tabu belegt und deshalb aus dem allgemeinen Sprachbewußtsein weitgehend ausgeblendet worden. Obwohl die Wörter und der zugrundeliegende Sachverhalt die Öffentlichkeit seit dem 19. Jahrhundert stark beschäftigt haben, sind die Versuche, sich des Themas genauer anzunehmen, noch immer wenig zahlreich. Zwei frühe Schriften, die das Wort im Titel führen, sind polemischer, nicht wissenschaftlicher Natur. Theodor Herzls Aufsatz »Mauschel« vom Oktober 1897 stellt eine Abrechnung mit Gegnern seiner politischen Visionen dar.57 Die 1916 in Wien gedruckte »Mauschel-Predigt eines Fanatikers« von Abraham Schwadron ist bereits nach Titel und Aufmachving als kulturpolitische Streitschrift erkennbar.58 Von Lexika und Wörterbüchern wird die Wortfamilie Mauscheln seit dem 18. Jahrhundert beachtet.59 Bis heute ist unklar, inwieweit Ausdrücke ganz verschiedener Herkunft hier zusammengeflossen sind. So wird 1739 in Johann Heinrich Zedlers Lexikon ein Mauschel genanntes Gerät zur Kupferbearbeitung erwähnt und zugleich festgehalten, daß auch »die Juden Spottweise also genennet« würden.60 Seit dem 18. Jahrhundert werden die Wörter Mausche und mauscheln in Wörterbüchern aufge-

Einleitung

11

führt, doch sind die Zusammenhänge den Lexikographen erst nach und nach deutlich geworden.61 Bruno Kirschner führte 1929 wortgeschichtliche und politische Aspekte in seinem knappen Lexikonartikel »Mauscheln« zusammen, mit dem die wortund sachgeschichtliche Aufarbeitting des Themas beginnt.62 Die bisher einzige wortgeschichtliche Darstellung findet sich unter dem Stichwort »Mauschel M., mauscheln Ztw.« im 1943 erschienenen vierten Band von Trübners Deutschem Wörterbuch und ist stark vom Zeitgeist beeinträchtigt.63 Immerhin hat der Herausgeber die Ausdrücke in ein Werk aufgenommen, das nur »die sprachgeschichtlich anziehendsten und kulturgeschichtlich bedeutsamsten Wortgeschichten« enthalten sollte.64 Der Wert der Darstellung besteht in Belegen für den Wortgebrauch seit dem 17. Jahrhundert. Sie geben Aufschluß über die Frühgeschichte der Wortfamilie.65 Mit der Frage, ob mauscheln ein jiddisches Wort darstelle oder im Deutschen von einem jiddischen Ausdruck abgeleitet worden sei, haben sich jüdische Wissenschaftler nach 1945 wiederholt beschäftigt. Salomo A. Birnbaum bestritt 1955 dezidiert, daß es sich um ein jiddisches Wort handele,66 während Meir Fraenkel 1963 im Aufsatz »Mauscheln >plaudernmauscheln< bezeichnete früher die Art, wie manche Juden Deutsch sprachen. Heute hat es eine neue, mir unerklärliche Bedeutung bekommen, nämlich: mani-

12

Einleitung

pulieren, heimlich etwas regeln. Ich hoffe, daß man bei dieser Art mauscheln wenigstens nicht mehr an uns Juden denkt.«69 Siegbert S. Prawer zielte 1985 mit seinem Kongreßvortrag »Das verfluchte Gemauschel« nicht darauf, Erscheinungsformen des Mauscheins darzustellen, sondern behandelte die jiddische Literatur im Geflecht des innerjüdischen Sprachenkampfs.70 Die Sprache der deutschen Juden und deren Bezeichnung ist das Thema des Beitrags »Das >MauschelnMauschelnsMauscheln< oder >JournalistelnBetriegerMundschenk, Schenkwirth< angeführt.8 Eine Bedeutungsentwicklung über betrügerischer Wirt< zu >Betrüger< wäre denkbar. Bemerkenswert ist, daß offenbar auch Mauschel als jiddisches Wort eingeschätzt wurde und zwar nicht als Eigenname, sondern als Appellativum mit der Bedeutung >Judegemauscheltchesivo tauro< (glückliches neues Jahr), zur Hochzeit >massel und broche der ganzen Mischboge< (Glück und Segen der ganzen Gesellschaft). Redeten die einen zuviel, so verbat man sich das >Geseires< oder >Schmonzeskippewas machen die Gerichtskostendas sind dumme Redensartender Schlächter ist bankerott^ er war massig-gewul >er hat seinen Nächsten betrogenjetzt ist er bettelarmich borge nichter hat sein Fett bekommen< oder das is ketowes >das ist SpaßgutSchuldWechselGoldstück, Karolin, Louisdor< geworden ist?49 Zweimal ist der Plural als Kaflaim belegt.50 Wie dem auch sei, auch Gerhart Hauptmann hat einen Juden sprachlich charakterisiert, und dies ohne abwertenden oder diffamierenden Unterton. Der stellt sich in ganz drastischer Form erst in dem Augenblick ein, da in Wortschatz und Grammatik keine Abweichungen oder Fehler mehr nachgewiesen werden können und deswegen die Vorurteile triumphieren.51 Wagners Verdikt von der Minderwertigkeit der jüdischen Sprache und der Unfähigkeit der Juden zum wahrhaft künstlerischen Ausdruck52 wirkte im ganzen 19. Jahrhundert nach. Bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg führten solche Ansichten bei jüdischen Autoren zu großen Zweifeln an der eigenen sprachkünstlerischen Befähigung, die angesichts der literarischen Qualität als absurd erscheinen, aber auf erlebte Ängste und Nöte zurückgehen.53 Mit der Zeit wurden antisemitische Vorurteile so sehr Gemeingut, daß etwa der Germanist Oskar Weise den »prickelnde[n] Feuilletonstil« Heinescher Prägung als ein »Erzeugnis orientalischer Denkweise und Geistesart« bezeichnen konnte.54 Das Hauptkennzeichen dieses Stils sah Weise darin, »daß man in pikanter Art über alles mögliche schreibt, ohne tiefere Kenntnis davon zu haben, und den Leser nötigt, in angenehmer Gedankenlosigkeit über den Gegenstand hinwegzueilen, über den er sich eigentlich unterrichten wollte«. Dem Historiker Treitschke war es vorbehalten, dies als »undeutsch von Grund aus« zu brandmarken. 55 Weise schloß sich dem durch die Anführung von Zitaten an, auch von Viktor Hehn, der das »judaistische und heinisierende Deutsch« verurteilt

Mauscheis Sprache

43

hatte.56 Weises Kommentar bestand auch in einer Fußnote, in der darauf verwiesen wurde, daß jiddische Wörter im Deutschen verwendet würden, von denen Weise annahm, sie seien auf dem Wege über das Rotwelsche ins Deutsche gebracht worden.57 Hier wurde wieder einmal die Verbindungslinie zwischen Judenschaft und Gaunertum gezogen, die zum Repertoire antisemitischer Vorurteile gehörte. Die Überheblichkeit, die den Urteilen zum Sprachgebrauch von Juden zugrundelag, war jedoch weiter verbreitet, als es vielleicht den Anschein hatte. Goethe hatte sich schon über die Pedanterie beklagt, mit der die Sachsen ihre Sprache den anderen Sprachformen vorgezogen hatten.58 Grabbe karikierte den Hochmut der Hauptstädter 1831 in einem Gespräch, das er einen Berliner Kriegsfreiwilligen mit seinem Feldwebel führen läßt: FELDWEBEL: Das ist mir lieb - Adieu BERLINER: Herr Feldwebel FELDWEBEL: N u n ?

BERLINER: Sie steht die große Nase, die Sie haben, sehr gut - - Wahrhaftig, ich möcht Ihnen damit auf dem Brandenburger Tore sehen, statt die Siegsgöttin, so lange sie noch in Paris ist - Aber, Herr Feldwebel, ich muß Sie doch an etwas erinnern - Die deutsche Sprache, wie ich sie bei Herrn Professor Heinsius gelernt, verstehn Sie nicht im mindesten. Es heißt nicht wie Sie sagen: »es ist mir lieb«, sondern »es ist mich lieb«.

FELDWEBEL: W e s h a l b ?

BERLINER: Deshalb, Herr Feldwebel Nämlich: sagen Sie nicht: »mich wurde die Kuh gestohlen?« - He? FELDWEBEL: Ich sage so ohngefähr. BERLINER: Also? Verstehn Sie? - »Mich wurde die Kuh gestohlen« und »mich ist es lieb« - Das ist tout égal. FELDWEBEL: Möglich - Geht weiter BERLINER: Daß diese arme Würmer aus die Provinz durchaus nicht das Deutsche richtig sprechen lernen, oft gar zweifeln, daß in diese Hinsicht nichts über die Residenzer geht!59

Daß der Berliner auf dem ungrammatischen Gebrauch des Akkusativs in Wendungen mich wurde die Kuh gestohlen und mich ist es lieb besteht, ist nicht zu kritisieren, wenn man die

44

Zweites Kapitel

Kenntnis des erlernten Sprachsystems als Bewertungsinstanz akzeptiert. Der Berliner verhält sich damit nicht anders als jeder Linguist, der seine eigene Sprachkompetenz zur Grundlage der Sprachbeschreibung macht. Verwunderlich ist jedoch, daß er andere Formen nicht gelten lassen will. Die sprachliche Intoleranz gegenüber dem Andersartigen und Fremden erscheint in Grabbes Drama als Ignoranz. Im Grunde argumentierte Wagner auf demselben Niveau.60 Wenn der Berliner davon überzeugt ist, daß »nichts über die Residenzer geht« und darum meint, in der Hauptstadt des Königsreichs Preußen werde das edelste Deutsch gesprochen, so konnte der Sachse Richard Wagner mit noch größerem Recht aus der Sprachgeschichte das Gleiche für Dresden als Hauptstadt des Königsreichs Sachsen in Anspruch nehmen.61 Wie sehr die Hauptstädter in den Königreichen nördlich des Mains davon überzeugt waren, im Besitz der allein selig machenden sprachlichen Wahrheit zu sein, kann man auch an den Hannoveranern sehen, die sich in dieser Hinsicht allenfalls noch von den Göttingern übertreffen ließen.62

3 Sprachvergnügen Die Sprache der deutschen Juden haben christliche Wissenschaftler seit dem Humanismus beobachtet.1 Das erste JiddischKolleg an einer deutschen Universität hielt der Theologe Johann Heinrich Callenberg 1729 in Halle. Er machte seine Studenten mit der jüdischen Volkssprache vertraut, um sie so auf den Umgang mit Juden vorzubereiten.2 Damit war vor allem die Hoffnung auf größeren Erfolg in der Judenmission verbunden. Dieser Beweggrund trat um die Mitte des 18. Jahrhunderts schon wieder zurück. In seiner Schrift »Unterricht vom Nutzen des Juden-Teutschen«, mit der er vor allem Theologiestudenten für eine Beschäftigung mit dem Jiddischen gewinnen wollte, hat Wilhelm Christian Justus Chrysander im Jahre 1750 dargelegt, was die »Erlernung der Jüdisch-Teutschen Mund- und SchreibArt« zu einem lohnenden Unterfangen machte.3 Als Theologe betrachtete Chrysander Kenntnisse im Jiddischen als Schlüssel zu jenen Schriften der jüdischen Tradition, die in der Volkssprache vorlagen. Deren Beherrschimg war auch im Amtsverkehr dienlich, etwa dann, wenn ein Jude etwas beeiden sollte oder Geschäftsvorgänge, Verträge, Quittungen und Wechsel, Zeugnisse und andere Dokumente zu übersetzen waren. Fähigkeiten in der »Jüdisch-Teutschen Schreib-Art« waren für Briefwechsel mit jüdischen Partnern in halb Europa hilfreich, Kenntnisse in der »Jüdisch-Teutschen Mund-Art« ließen sich Kaufleuten andienen, die mit Juden im Handelsverkehr standen. Schließlich plädierte auch Chrysander dafür, daß man sich mit Juden in ihrer Muttersprache verständigen müsse, wenn man »an ihrer Bekehrung arbeiten« wolle.4 Da aber für Chrysander im Jiddischstudium das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden war, nannte er noch einen besonderen Grund

46

Drittes Kapitel

dafür, daß man sich der Erlernung dieser Sprache zuwenden solle: Einige wollen zu solchem Nutzen noch die Belustigung rechnen; da manche, aus dem Gehirn dieser Morgenländer geflossene, Schriften wegen ihrer feurigen Ausdrücke, verblümten Redens-Arten, anmuthigen Vorstellungen, sinnreichen Räzel, lehrvollen Gleichnissen, auch seltsamen Einfälle, ungereimten Meynungen, kühnen Muthmassungen und kurzweiligen Erdichtungen, sich als ein Anti-Melancholicum gebrauchen lassen.5

Für den Philologen entsprang das Vergnügen dem Exotischen der jiddischen Sprache und ihrer Literatur. Auch der Knabe Johann Wolfgang Goethe wurde durch Sprachunterricht frühzeitig mit dem Fremden konfrontiert.6 Neben den klassischen Sprachen und den modernen Verkehrssprachen galt der Unterricht dem Hebräischen. Unterricht beim Konvertiten Carl Christian Christfreund förderte Interesse auch an der jüdischen Volkssprache.7 Der jugendliche Goethe interessierte sich sogleich dafür, wie sich die Judensprache literarisch nutzen ließe. In »Dichtung und Wahrheit« erzählt er von seinem Versuch, die Fremdsprachenkenntnisse in der Zeit um 1762/63 zu einem polyglotten Briefroman zu verwenden, in dem sieben Geschwister Briefe in sieben Sprachen miteinander wechseln sollten.8 Darunter befand sich auch das Judendeutsche, auf das sich der Jüngste geworfen hatte, weil die Hauptsprachen von den Älteren beansprucht worden waren und sie ihm nichts anderes übrig gelassen hatten. Den Erfolg hat Goethe im Lebensrückblick beschrieben. Durch die »schrecklichen Chiffern« brachte der Jüngste »die übrigen in Verzweiflung, und die Eltern über den guten Einfall zum Lachen«.9 Daß sich mit dem Judendeutschen humoristische Wirkungen erzielen ließen, war Goethe also schon von Kind an bekannt. Möglicherweise hat er dieses Mittel deshalb auch als Leipziger Student noch einmal gebraucht. Fremdsprachen hatte er nach eigenem Bekunden »ohne Regel und ohne Begriff« gelernt, »die Worte, ihre Bildungen und Umbildungen in Ohr und Sinn« behalten und sich der Sprachen »mit Leichtigkeit zum Schreiben und Schwätzen« bedient.10 In der entsprechenden Umgebung

Sprachvergnügen

47

entwickelte sich ihm als Leipziger Student »ein verwegener Humor«. 11 Der Umgang mit dem Hofmeister Ernst Wolfgang Behrisch, der stets zu Scherzen aufgelegt war, forderte Goethe zu mancherlei Streichen heraus. 12 Zu den von Behrisch bevorzugten Possen gehörte die komische Darstellung einzelner Menschen, in der er offenbar eine große Virtuosität an den Tag legte. Die aus Leipzig überlieferte und Goethe zugeschriebene »Judenpredigt« würde sehr gut zu solchen Scherzen passen. 13 Es handelt sich dabei um den rabulistischen Monolog eines Juden, der eine christliche Behauptung widerlegen will: Sagen de Goyen wer hätten kä König, kä Käser, kä Zepter kä Cron; do will ich äch aber beweise daß geschrieben stäht: daß wer haben äh König, äh Käsr, äh Zepter äh Krön. Aber wo haben wer denn unsern Käser? Das will äch och sage. Do drüben über de grose grause rothe Meer. Und do wäre dreymalhunerttausend Johr vergange sey, do werd äh groser Mann, mit Stiefle und Spore grad aus, sporenstrechs gegange komme übers grose grause rothe Meer, und werd in der Hand habe äh Horn, und was denn ver äh Horn? äh Düt-Hom. Und wenn der werd in's Horn düte, do wären alle Jüdlich die in hunerttausend Johren gepöckert sind, die wären alle gegange komme an's grose grause rothe Meer. No was sogt ehr dozu? Un was äh gros Wonner sey werd, das will ich äch och sage: Er werd geritte komme of äh grose schneeweise Schimmel; un was äh Wonner wenn dreymalhunertunneununneunzigtausend Jüdlich wäre of den Schimmel sitze, do wären se alle Platz habe; un wenn äh enziger Goye sich werd ach drof setze wolle, do werd äh kenen Platz finne. No was sogt ehr dozu? Aber was noch ver äh greser Wonner sey werd, das well ich äch och sage: Un wenn de Jüdlich alle wäre of de Schimmel sitze, do werd der Schimmel Kertze gerode seine grose grose Wätel ausstrecke, do wären de Goye denke: kennen mer nich of de Schimmel setze wer uns of de Wätel. Und denn wäre sich alle of de Wätel nuf hocke; Un wenn se alle traf setzen, un der grose schnee weise Schimmel werd gegange komme dorchs grause rothe Meer zorick, do werd äh de Wätel falle lasse, un de Goye werde alle ronder falle in's grose grause rothe Meer. No was sogt ehr dozu?14 Es ist darüber gestritten worden, ob dieser Text als jiddisch oder als deutsch anzusehen sei.15 Dabei wurde übersehen, daß es dem Verfasser darauf ankommen mußte, mit dem Vortrag seiner »Judenpredigt« eine unmittelbare Wirkung zu erzielen.16

48

Drittes Kapitel

Das konnte aber nicht mit wirklichem Jiddisch oder auch nur mit einer stark mit Hebraismen durchsetzten Textur geschehen, wie sie für Scherzgedichte bevorzugt wurde.17 Bei solchen Gedichten zielten die Autoren darauf ab, möglichst in jeder Zeile ein fremdes, unverständliches Wort zu gebrauchen, das dann mit Anmerkungen erklärt werden konnte. Der Witz dieser Gedichte erschloß sich daher erst, wenn der Text geschrieben oder gedruckt vorlag und sorgfältig studiert werden konnte. Die »Judenpredigt«, die erkennbar für den Vortrag konzipiert ist, mußte anders beschaffen sein. Wenn man den Text als jiddisch bezeichnen will, dann handelt es sich bestenfalls um ein Kindeljiddisch, also um eine Variante, die vorwiegend aus Elementen der deutschen Komponente besteht. Vielleicht bewahrt der Text so Erinnerungen an den Jiddischunterricht Christfreunds, der nicht weit über die Anfangsgründe hinaus gediehen war. Er kann aber auch Reflexe dessen wiedergeben, was Goethe in der Frankfurter Judengasse von Juden gehört und im Gedächtnis behalten hat. Daß er Fremdsprachen mit Leichtigkeit nach Gehör lernte, hat er ausdrücklich bezeugt. Vom Duktus her handelt es sich bei der »Judenpredigt« um ein Vortragsstück, bei dem die dargestellte Figur wie im modernen Kabarett mit derben Strichen gezeichnet ist. Das paßt gut zu den Possen, zu denen jugendlicher Übermut den Studenten Goethe veranlaßt hatte. Wenn die »Judenpredigt« durchaus auch groteske Züge trägt, so hat sich ihr Verfasser doch von allem ferngehalten, was in irgendeiner Weise als Herabsetzung hätte verstanden werden können. Der Sprecher geht von einer Behauptung aus, die er zu widerlegen vorgibt. Er führt seinen Gegenbeweis jedoch nicht aus der Realität, sondern als Schriftbeweis, »daß geschrieben stäht«. So mögen sich Goethe und die Zuhörer Disputationen unter Juden vorgestellt haben, wenn um die Ausdeutung der überlieferten Schriften gestritten wurde. Die Floskelhaftigkeit des Textes geht vielleicht nicht nur darauf zurück, daß hier Eindringlichkeit der Rede angestrebt wurde, sondern bildete auch das Vorformulierte ab, das bei solchen Auseinandersetzungen um den Schriftsinn unvermeidlich war. Rhetorische Fragen und Ansprachen an die Zuhörer erscheinen

Sprachvergnügen

49

wie Versatzstücke aus dem Repertoire eines Redners, der sein Publikum staunen machen will. Es liegt hier aber nicht nur ein Kabinettstückchen grotesker Unterhaltung vor, sondern es wird durchaus auch auf die jüdische Überlieferung von der Errettung der Juden Bezug genommen.18 Das deutet darauf hin, daß Goethe, falls er der Autor ist, im Umgang mit Juden sorgfältig zugehört und das Erfahrene gut im Gedächtnis bewahrt hat. Einen anderen Ton als der Verfasser der »Judenpredigt« haben die Parodisten angeschlagen, die im frühen 19. Jahrhundert Gegengesänge zu Gedichten von Schiller »in jüdischer Mundart« angestimmt haben. Unter diesen Perlen des bürgerlichen Humors findet sich auch eine Parodie auf »Hektors Abschied«, in der der Dialog zwischen Hektor und Andromache auf die Ebene von Itzig und Esther gezogen worden ist.19 Das Gedicht hatte Schiller ursprünglich für das Schauspiel »Die Räuber« als Lied für Amalia geschaffen und dann in veränderter Form im Jahr 1800 in die Sammlung seiner Gedichte aufgenommen.20 Da sich die Parodie auf diese Fassving bezieht, kann sie erst nach Erscheinen des Gedichtbandes entstanden sein. Aus diesem Detail läßt sich schließen, daß die parodistische Kontrafaktur aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt. Schon Schiller verwob in seinem Gedicht mehrere Szenen miteinander.21 Hektor, der im Kampf mit Achilleus fiel, war der größte Held der Trojaner. Seinen Abschied von der Gemahlin Andromache schildert Homer in der Ilias. Darauf bezog sich Plutarch, als er die Trennung Porcias von Brutus beschrieb, und auch Schiller ließ sich Amalia in die Rolle der Andromache hineindenken. Von dieser Ebene der antiken Helden hat der Parodist die Szene ins familiäre Milieu der Juden in Deutschland während der Befreiungskriege gegen Napoleon heruntertransponiert. Die Wechselrede zwischen Hektor und Andromache las sich in der ersten und vierten Strophe von »Itzigs Abschied« dann so: Esther Will sich Itzig eiwik vum mich wende, Gebt er mer zum Liebewouhl die Hände Schmayes bloeide schefft er in der Schlacht!

50

Drittes Kapitel

Nu, wenn du vun mich geihst, lieber Chusen, Sag, wer süll dann freundlick mit mich schmusen? Ouser, nahn, er geiht nit, denn er lacht. Itzig All mein Dain, was Schmuß! ich müßt mich schaeime, Hätt aß Balmach ich vor Mackes Aeime, Schmayes, was ahnfältiges Geschmuß! Giebt's aach Mackes - ich kenn se vertrage Tapfer will ich mich aß Balmach schlage Esther lieb, die Eihr ruft - noch ahn Kuß.

Anders als in der »Judenpredigt« sind hier zahlreiche jiddische Wörter verwendet, die dem nichtjüdischen Publikum kaum verständlich waren und ihm deshalb in barocker Manier durch Worterklärungen nahegebracht werden mußten. Im Jiddischen gab es teilweise beträchtliche Unterschiede in den Lautformen und im Wortschatz, die sich auch in der Parodie auswirkten. Schmayes, durch >Himmel< erklärt, ist die Abkürzung des Verses 1 yßVJ schma jisroeil >höre, Israel< (Deuteronomium 6,4), der von Juden als Ausruf der Überraschung verwendet wurde.22 In bloeide schefft er >fort geht er< erscheint das jiddische HU 7 ^ • pleto, pleite >FluchtBräutigam< war Lautform zu ]nn choson, chosen.2i ]iyiQVJ schmusen, in den zeitgenössischen Erläuterungen durch >sprechen< erklärt, hieß damals im Jiddischen >reden, erzählenliebkosenGeschwätz< besaßen aber schon eine deutlich pejorative Komponente. Ouser >wahrlich! < geilt als typisch jüdischer Ausruf. Dain stand für nUN"! daigos, daiges >SorgenEigenart< Mauscheis gar nachäffen wollten«.28 Die Nation ist in seinen Augen »bereits in sehr bedenklichem Maße vermauschelt«.29 Vermauschelt bedeutet hier, vom liberalen Gedankengut durchdrungen zu sein. Darum wird die rhetorische Frage gestellt, ob nicht »der

Ausgrenzungen

85

ganze >Liberalismusliberale< Volk in Deutschland ist«.31 Wer die Position der Juden vertritt oder unterstützt, gilt als mauschelig oder vermauschelt. Das deutsche Volk erscheint dem Anonymus teilweise bereits als so mauschelig, daß in seinen Augen »jeder Hammerschlag auf diesen vermauschelten Bastard ein Schlag auf Mauschel selbst« ist.32 Einen Grund für den katholischen Antisemitismus lieferte der Kulturkampf in Preußen, bei dem sich die liberale Presse auf die Seite der Staatsgewalt schlug und die Trennimg von Kirche und Staat befürwortete. Da sowohl bei den Nationalliberalen als auch im Pressewesen Juden führende Positionen einnahmen, wurden sie zur Zielscheibe der katholischen Reaktion, als Bismarck seine Position korrigierte und der Stern der liberalen Parteien seit der Reichtagswahl 1878 im Sinken war. Der Anonymus aus Paderborn unterschied dabei, wie der nachfolgende Ausschnitt aus seiner Streitschrift deutlich macht, kaum noch zwischen Juden und Christen, wenn sie die preußische Position befürwortet oder unterstützt hatten: Aber uns gegenüber darf der Mauschel es wagen, in unsere heiligsten Religionsangelegenheiten hineinzuschwatzen und hineinzucommandiren. Und warum? Weil es in Deutschland noch mehr Mauschel-Genossen als Mauschel gibt. Diese Nation ist bereits in einem sehr bedenklichen Grade vermauschelt. Darum hat Mauschel über sie eine so mächtige Hand. Wenn Mauschel »liberal« thut und das Christenthum begeifert, dann gefällt das den vermauschelten Gojim über die Maßen. Das weiß Mauschel und darum mauschelt er weiter und kann dabei »Fleisch und Wein genießen« alle Tage. Oder ist nicht der ganze »Liberalismus«, diese Domäne unserer Mauschel-Semiten, ist er nicht mit Haut und Haar vermauschelt?33

Das Strickmuster des Textes mit seinem Stakkato gleichartiger Ausdrücke weist mit Gojim >Nichtjuden< ein jüdisches Wort auf, das auf ein zweites Sprachmittel hindeutet, mit dem der Agitator gearbeitet hat. Es handelt sich um Ausdrücke aus der Sprache der Juden, einerseits um solche, die der hebräischen Kom-

86

Fünftes Kapitel

ponente des Jiddischen entstammen und sich in der Alltagssprache deutscher Juden noch bis ins 20. Jahrhundert finden lassen, andererseits um Floskeln, Lautformen und Satzmuster, die als typisch jüdisch galten und deswegen als Sprachsymptom wirkten. In beiden Fällen hat der Pamphletist nur zu ganz wenigen Ausdrücken gegriffen, diese aber teilweise wiederum sehr gehäuft verwendet. Bei den Hebraismen sind es nur Goi >Nichtjude< mit dem Plural Gojim und Rebbes >Gewinn, Profit^ 34 Wenn es heißt, Gojim würden für einen jüdischen Grundbesitzer die Arbeit tun, dann wird mit dem Audruck in der Formulierung nicht nur die jüdische Perspektive aufgerufen, sondern zugleich auch signalisiert, daß Christen von Juden durch den Gebrauch des Wortes auf Distanz gehalten würden. Heißt es an anderer Stelle, daß »Söhne Israels die Welt beherrschen und alle Gojim ihnen frohnen werden«, 35 dann ist dies alles immer zugleich mitgedacht. Deshalb soll der Leser glauben, ein Satz wie »Keinem Goi leihen ohne Wucher« 36 gebe die Maxime des jüdischen Geldhandels authentisch wieder, weil das Wort Goi ihn als Zitat aus jüdischem Mund erscheinen läßt. Auch bei den Floskeln hat sich der Pamphletist auf wenige Beispiele beschränkt: wie haißt als Fragefloskel, au waih als Ausruf und die Bezeichnung unsere Luit für >Glaubensgenossenunsere Lait< auch heute noch für das auserwählte Volk« halte,37 1869 in Leipzig »ein großes Concil von >unsere Lait«< aus dem In- und Ausland stattgefunden habe38 oder 1870/71 jüdische Heereslieferanten während des deutsch-französischen Krieges ihre Verbundenheit mit dem internationalen Judentum über die nationalen Interessen gestellt hätten. 39 Scheinzitate mit jüdischem Sprachkolorit sollen den Axtschein erwecken, der Pamphletist verfüge über Insiderwissen und stelle die behandelten Vorgänge aus der Sicht der Juden dar. Daß solche Zitate erfunden und gefälscht sind, mag das nachfolgende Beispiel verdeutlichen: Mit einem Kriegslieferant von »unsere Lait« kann concurriren kein Christ. Muß doch der Christ seinen Proviant, für die deutsche Armee

Ausgrenzungen

87

in Frankreich, kaufen im deutschen Reich und transportiren nach Frankreich unter großen Kosten. Aber ich als Jud gehe direkt nach Frankreich zu »unsere Lait«. Unsere Lait sind unsere Lait, ob sie sprechen deutsch oder französisch. Sag ich in Frankreich zu unsere Lait: »Ich muß liefern für die deutsche Armee; müßt Ihr mir hier kaufen und überlassen den Proviant für die deutsche Armee, als werd ich machen ein schönes Geschäft«. Natürlich unsere Lait in Frankreich sind nicht Franzosen, sondern sind von unsere Lait und Bruders von unsere Lait im deutschen Reich. Und also hab ich gemacht ein schönes, ein herrliches Geschäftche.40

Mit diesem Scheinzitat wird ein weiteres Phänomen der Diffamierung deutlich. Juden wird, wie es Richard Wagner schon 1850 und 1869 versuchte, auch noch am Ende des 19. Jahrhunderts die Beherrschung der deutschen Sprache rundweg bestritten. Statt dessen werden lautliche, morphologische und syntaktische Besonderheiten aus der Phase des Sprachwechsels vom Jiddischen zum Deutschen vorgeführt, die 1879 für den Großteil der deutschen Juden und schon gar für die international tätigen Handelshäuser völlig obsolet waren. Es sind dies hier vor allem die Betonung des a im Diphthong ei wie bei schmaißt oder raiti, Diphthongierung des o zu au wie bei staußen statt stoßen, die Verschiebung des Diphthongs eu zu ai wie bei nai oder daitsch, die Neigung zum Diminutiv wie bei Geschäftche und die syntaktische Ausklammerung in Sätzen wie Au zvaih! daß ich mußte erleben solche Sachen im naien daitschen Raich! (statt daß ich solche Sachen ... erleben mußte). Wenn die Scheinzitate so zugerichtet waren, sollte dies dem naiven Leser Authentizität vorgaukeln. Bei dem Satz »Laß dich staußen, laß dich schlagen schmaißt mer dich vorne rauß, geh hinten wieder rain - und wenn du nur machst ein Geschäftche«41 nahm der Anonymus deshalb für sich in Anspruch, der Leserschaft die Geschäftsgrundsätze jüdischer Handelsleute enthüllt zu haben. Hat der katholische Pamphletist des Jahres 1879 mit der sprachlichen Charakterisierung auf Muster zurückgegriffen, die schon seit dem 17. Jahrhundert zu parodistischen Zwecken benutzt wurden und seit dem frühen 19. Jahrhundert als Humorvehikel galten, weil sie mit den Resten der sprachlichen

88

Fünftes Kapitel

Vergangenheit spielten,42 so hatte er das Agitationsvokabular aus der Wortfamilie Mauscheln selbständig erweitert. Mit seinen Kampfparolen lieferte er das Material, das dann bis ins Dritte Reich zur Hetze und zum Schüren von Pogromstimmungen weiterverwendet wurde. Wenn der Anonymus 1879 fordert, »Keinem Mauschel oder Mauschelgenossen die Stimme«,43 dann ist das eine sehr polemisch formulierte Aufforderving im politischen Kampf nach der Niederlage der Nationalliberalen und Fortschrittlichen bei den Reichstagswahlen 1878. Wenn er aber fordert, »Mauschel muß geduckt werden«, und deswegen mit der Parole »Mit Mauschel keine Geschäfte mehr« zum Boykott aufruft,44 unterscheidet sich das nicht von der Boykotthetze gegen jüdische Geschäfte seit 1933. Dieser Aufruf wird 1879 in allen Details vorgebracht: »nicht an Mauschel veräußern«, »nicht von Mauschel beziehen«, »nicht zu Mauscheis Laden gehen«.45 Während sich Reymond von der Integration der assimilationsbereiten Juden sogar eine Stärkung des Deutschtums versprach, setzte der katholische Anonymus dezidiert auf Ausgrenzung: »Mauschel als Hahn in den Korb setzen, das taugt nicht; er muß vielmehr links liegengelassen, d. h. stets als Fremdling behandelt werden.«46 Von der für das katholische Landvolk bestimmten Warnung »Sehet Euch vor, nehmt Euch in Acht vor Mauschel!«47 war es dann nur noch ein kleiner Schritt bis zu jener Pogromstimmung, die sich im Frühjahr 1938 in Österreich und am 9. November desselben Jahres in Deutschland Bahn brach. Als die Broschüre »Der Mauscheljude« die vierte Auflage erreichte, trat ihm 1880 ein in Format und Aufmachung ähnliches Heft mit dem Titel »Der Mauschel-Christ« zur Seite.48 Diesmal nannte sich der Verfasser mit Namen. Ob aber Christian Ernst sein wirklicher Name ist, muß bezweifelt werden. Als Pseudonym wäre er sprechend: Ein Christ will Ernstes ernst zur Sprache bringen. Wagner hatte mit dem Pseudonym Freigedank auf einen ganz ähnlichen Typus redender Namen gesetzt. Die Parallelen zwischen den beiden polemischen Schriften »Der Mauscheljude« und »Der Mauschel-Christ« legen die Vermutung nahe, daß sie nicht von verschiedenen Verfassern, sondern aus

Ausgrenzungen

89

n

$ r

P

e

r

I t t á

3 t t d u f r t ) d - £ l ) r i f t .

feinem

J M e n

und

Sfreßen

bargeftellt

öon

gÇtifïiait

gtnfl.

Skiier&orn, 1 8 8 0 . S)rucf unb SScrtag ber 23ontfaciu3=®rucfereL (3. SB. S^rSber.)

90

Fünftes Kapitel

derselben Feder stammen. Dies wird am Text zu prüfen sein. Ernst nimmt sich ein Problem noch einmal vor, mit dem sich schon der Anonymus beschäftigt hatte. Gemeint ist die Unterstützung der preußischen Position im Kulturkampf durch christliche Politiker und ihre Wählerschaft. Im Pamphlet »Der Mauscheljude« waren sie als Mauschel-Genossen oder MauschelDeutsche bezeichnet worden, das Volk als schon teilweise mauschelig, die Nation als in sehr bedenklichem Maße vermauschelt. Nun führte Ernst mit Mauschel-Christ einen neuen Ausdruck in die Polemik ein. Im Gespräch zwischen einem Bauern und seinem Neffen wird das Pamphlet »Der Mauscheljude« diskutiert und um eine Absage an die Mauschel-Christen ergänzt. Zitate und inhaltliche Übereinstimmungen lassen den Eindruck entstehen, daß der Autor und sein Onkel sich die Tendenz und den polemischen Wortschatz der Broschüre vollkommen zu eigen gemacht haben. Dabei wird das pejorative Vokabular in barocker Manier erweitert: Haupt- und Erzgauner, General-Halsabschneider, Spitzbubengesicht, Galgenvogel, General-Mauschel. Was dem Mauschel-Juden an Schlechtem unterstellt wurde, wird nun auf den Mauschel-Christen projiziert, vor allem »unbändige Habgier und Gewinnsucht«.49 Der Hauptstoß zielt nach wie vor gegen den Liberalismus. Mauschelei wird mit »Unehrlichkeit, Betrug, Gaunerei« in einem Atemzug genannt.50 Den »>liberalen< Christen vulgo MauschelChristen« wird vorgeworfen, sie hätten mit dem Mauschel-Juden auf vielen Feldern konkurriert: »im Schwindeln, im Gründen, im Pleitemachen, im Waarenfälschen, im Wuchern und Halsabschneiden, im Ausbeuten und Mißachten des Arbeiters, im systematischen Ansammeln des Geldes und Handhaben der Geldherrschaft, im Fabriciren von Gesetzen zu Gunsten der Alleinherrschaft des Kapitals und zur Ruinirung der Landwirthschaft, des Gewerbes und des Handwerks, im Wahl- und Parlamentsterrorismus«.51 Mehr noch als im Pamphlet »Der Mauscheljude«, in dem antijüdische Aversionen und antisemitische Ressentiments das Politische überlagern, geht Ernst auf die Debatten im Zusammenhang mit dem Kulturkampf ein. Den Mauscheljuden-Blättern

Ausgrenzungen

91

stellt er die Mauschel-Christen-Presse an die Seite, den »Wahlund Parlamentsreden der Mauschel-Christen« die Reden und Aufsätze vermauschelter Christen. Sie hätten »das Lügen, das Verläumden, das Beschimpfen, das falsche und niederträchtige Denunciren, das gemeine Anklagen auf Reichsfeindschaft, Staatsfeindschaft, Rebellion, Socialismus, Regentenmord und dergleichen mehr gegenüber solchen Christen« gelernt, die an dem Glauben an Gott festhalten wollten.52 Einen Hauptfeind sieht Ernst in der »Zunft der mauschel-christlichen Buchhändler, Verleger, Redacteure und ähnlicher Geschäftsleute«,53 in mauschel-jüdischen Zeitungen, vermauschelten Geld-Lumpen und Bücher- und Preßmauscheln. Sprechen schon Tendenz und polemischer Wortgebrauch für die Annahme, daß beide Pamphlete vom selben Verfasser stammen, so wird diese Vermutung noch dadurch gestützt, daß Ernst auch die anderen sprachlichen Diffamierungsmittel aufgreift, die der Anonymus gebraucht hatte. Die vermauschelten Gojim werden aus dem Pamphlet »Der Mauscheljude« nur zitiert, aber das Wort Rebbes gebraucht Ernst in dem von ihm verfaßten Text.54 Auch die Diphthongierung des o zu au, die als ein Kennzeichen der jüdischen Sprache galt, taucht hier wieder auf. Neu ist ein Spottlied auf den Konkurs des jüdischen Geschäftsmannes Itzig Freudenthal, das folgendermaßen beginnt: Itzig Mauschel warf den Karren Drei Mal um mit graußem Krach. Pleitend läßt sich wacker scharren, Pleite ist 'ne rare Sach. Itzig wollte weiter pleiten, Itzig eilt zum vierten Krach; Denn die Mauschel sicher reiten, Nur die Christen trifft der Schlag. Doch im Club, im Freundesbunde Regt sich Scham und Wuth und Graus; Kräftig schallt's von Munde zu Munde: »Jetzo muß der Jude raus!«55

Jedoch mißlingt der Versuch, den Juden aus einem Klub auszuschließen, in dem von einundsechzig Mitgliedern nur zwei

92

Fünftes Kapitel

Juden sind. In geheimer Abstimmung werden nur fünfundzwanzig Stimmen für den Rauswurf abgegeben, aber fünfunddreißig dagegen.56 Das veranlaßt Ernst zu der Behauptung, der ganze Klub sei vermauschelt. Von seinen Mitgliedern seien »34 Mauschel-Christen und 2 Mauschel-Juden«, also »in Summa 36 ächte und rechte Mauschel«.57 Daß Ernst die Geschichte erfunden hat, war für seine Leserschaft vielleicht nicht zu durchschauen. Heute sieht man sofort, daß der Name Itzig Freudenthal den Namen der jüdischen Geschäftsleute Veitel Itzig und Hirsch Ehrenthal in Gustav Freytags

Roman »Soll und Haben« nachgebildet ist.58 Es wird ein stereotypes Judenbild zitiert, das mit antijüdischen Vorurteilen beladen ist.59 Noch stärker antisemitisch ist der Name im Spottlied als Itzig Mauschel zugerichtet. Hier ist der Vorname Itzig, der in den deutschen Mundarten auch als pejoratives Appellativum gebraucht wird,60 mit dem Schimpfwort Mauschel verbunden, das der anonyme Verfasser des Pamphlets »Der Mauscheljude« zum antisemitischen Kampfwort ausgestaltet hatte. Wie mit stereotypen Versatzstücken gearbeitet wird, kann man auch an einem Ausruf des Juden Itzig sehen: »Ach Gott, wie haiß ich? Aß mir ist erspart die Schmach!«61 Hier ist der Jude mit den Sprachmitteln charakterisiert, die schon 1827 von Wilhelm Hauff zu einer Satire benutzt worden waren.62 Die unterschwellige Behauptung, Juden hätten sich zwei Generationen später sprachlich noch immer nicht assimiliert, war als Diffamierung gemeint und wurde auch so verstanden. Wie sich die Vorurteile verfestigten und die denunziatorischen Mittel verbreiteten, lehrt das Pamphlet »Der ewige Preßjude oder: Die Mauschelperiode der deutschen Litteratur« von Athanas Wolf.63 Der Autor dieser antisemitischen Schmähschrift agitiert 1891 aus katholischer Sicht gegen jüdische Schriftsteller und Journalisten, denen er Geldgier und Gesinnungslosigkeit vorwirft. Wolf spricht von einer vermauschelten Litteratur,M greift die vermauschelte Kritikerkaste65 an und sagt der vermauschelten

Kritik66 den Kampf an. Mit seinem polemischen Repertoire steht Athanas Wolf zwischen den Pamphletisten des vergangenen Jahrzehnts und den Agitatoren des Nationalsozialismus.

6 Schriftstellerfehden Von den zahlreichen Streitsachen, die Karl Kraus im Laufe seines Lebens ausgetragen hat, war die Auseinandersetzung mit Franz Werfel eine der heftigsten und schärfsten. Sie zerstörte eine Freundschaft und hinterließ auf beiden Seiten unheilbare Verletzungen.1 Werfel verlor einen einflußreichen Förderer, der in ihm ein génie enfant, einen zweiten Loris, gesehen hatte. Kraus mußte auf seinen Verleger Kurt Wolff verzichten, der ihm den einzigartigen »Verlag der Schriften von Karl Kraus« eingerichtet hatte.2 Im Gegensatz zu anderen Fällen wurde der Streit nicht vor Gericht, sondern mit literarischen Mitteln und vor der Öffentlichkeit ausgetragen. Die Kontrahenten bezogen mit polemischen Gedichten, offenen Briefen, Glossen und Satiren Stellung3 und brachten ihre Abrechnving jeweils auch in einem Theaterstück vor.4 Wenn dieser Streit auch eines der größten Zerwürfnisse unter Schriftstellern im 20. Jahrhundert ist, so gewinnt er seine besondere Bedeutung doch erst dadurch, daß auch hier der Vorwurf des Mauscheins erhoben wird. Anders als bei der Fehde zwischen Borchardt und dem George-Kreis wurde er nicht nachträglich in den Wortwechsel eingebracht, sondern bildete den Ausgangspunkt, an dem sich die Auseinandersetzung entzündete. Mauscheln meint hier nicht nur eine Sprache auf jiddischem Substrat, sondern auch sehr verschiedene Gebrauchsweisen, die von stereotypem Reden bis zur Haarspalterei reichen. Wie Gundolf beim Vergeltungsangriff auf Borchardt nutzte auch Kraus den Vorwurf unreiner Sprachverwendung dazu, den Kontrahenten ernsthaft zu verletzen. Daß alle Beteiligten, Angreifer wie Angegriffene, Juden waren, läßt die Vorgänge als vergleichbar und zugleich als exemplarisch erscheinen.

94

Sechstes Kapitel

Die Beziehung zwischen Kraus und Werfel war anfangs von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Kraus druckte Werfeis Gedichte in der »Fackel«5 und nahm zwei sogar in das Programm eines Leseabends auf.6 Werfel gab seiner Verehrung für Kraus einen schwärmerischen Ausdruck.7 Kraus, der den jungen Prager Autor als Mitarbeiter bezeichnet hatte,8 setzte sich für dessen lyrischen Erstling »Der Weltfreund« öffentlich ein.9 Attitüden des Überschwangs und den Gebrauch der Phrase übersah Kraus oder achtete sie gering. Robert Neumann hat diese literarischen Züge zwei Jahrzehnte später bereits in Werfeis frühen Gedichten ausgemacht. Er parodierte das auch in der »Fackel« abgedruckte Gedicht »An den Leser in der Nacht«10 mit einem Verschnitt aus dem Werk des jugendlichen Autors,11 dem er noch 1969 im Rückblick eine expressionistische »>oh Menschder Ochse kennt seine Kraft nichtMelancholie< und hätte damit zum Verständnis der Weimarischen Richtung in der neueren deutschen Lyrik genug profitiert. Vielleicht war es aber noch nötig, auch zur besseren Einführung in den Eurípides zu erfahren, daß auf deutsch Frechheit heißt.«39 Hinter der Schreibung mit griechischen Buchstaben verbirgt sich das jiddische Wort HOYin, das Avé-Lallemant als chuzpo >UnverschämtheitFreiheit< umschreibt,41 was sicher ein Druckfehler für >Frechheit< ist. Da chuzpe >Frechheit, Dreistigkeit, KeckheitBlödsinnnonsenseschmunzelnGeredeGeschwätz, leeres Gerede< zum polemischen Wortschatz der deutschen Presse.95 In Frankfurt hieß Schmonzes »einfältiges oder unglaubwürdiges GeredeGeseires< oder >SchmonzesJiddischGebenschtes Ganeffköppelenicht gesundkränklichkrank< und sogar >schwer krankvon SinnenNur dort drüben, beim Pick, is' dunkel.< >Jader Pick, der pickt!Nu, natierlich, man werd doch nicht geben a Leuchte!Volkes< sein kann, darüber entscheiden Blut und Abkunft; ob er aber wirk-

174

Zehntes Kapitel

lieh dazu gehört, entscheidet vor allem die Muttersprache.«9 Diese verstand er als »ein geprägtes völkisches Weltbild«, die Beschäftigung mit ihr als ein »völkisches Anliegen«.10 Grundsätze für die Sprachwissenschaft entnahm Stroh der Staatsideologie: Bestimmend für den Aufbau von Wortkunde und Wortforschung ist für uns der völkische Gesichtspunkt: volkseigen, volksfremd. Das Überfremdungsproblem im engern Sinn, die Scheidung von Erbwort, Lehnwort, Fremdwort ist zwar nur eine Teilfrage, doch wichtig genug. Es erfordert nicht bloße entwicklungsgeschichtlich-voraussetzungslose, sondern wertende Betrachtung. Man erkennt diese Aufgabe, wenn man einmal flüchtig die Felder unserer Lehnwörter aus der verwandten römischen Sprache mit den Feldern etwa des Rotwelsch vergleicht, das anderer, zumeist hebräischer Abkunft ist: etwa mit den Schacher, Pleite, Dalles, schofel, kapores, meschugge, Schickse, Gauner u.a.11

Das Infame der Argumentation unter dem Deckmantel strenger Wissenschaftlichkeit zeigen die Wortbeispiele. Sie entstammen in der Mehrzahl dem Jiddischen und sind von Stroh so ausgewählt, daß sich ein Gesamtbild ergibt, in dem das Negative, Täuschende, Geistesverwirrte und Gaunerische überwiegt. Die Auswirkungen dieser alle Bereiche des Lebens erfassenden geistigen Gleichschaltung wurden immer stärker, je länger die nationalsozialistische Herrschaft dauerte und je mehr absehbar war, daß die politischen Abenteurer dabei waren, das deutsche Volk in den Untergang zu führen. Ende April 1944, ein Jahr vor dem Zusammenbruch des Dritten Reichs, notierte der Romanist Victor Klemperer in seinem Tagebuch: Im nationalsozialistischen Staate gilt die Sprache nicht mehr als ein Mechanismus, sondern sie wird erkannt und gewertet als Gestalt von eigenem Wesen, als Ausprägung des Seelentums der biologisch-geistigen Gemeinschaft Volk und Mensch.12

Das war die Sicht eines Menschen, der im Dresdner »Judenhaus« eingeschlossen und täglich mit dem Tode bedroht war, sich aber dennoch mühte, die alltäglichen Ereignisse seismographisch festzuhalten und dadurch für die Nachwelt von den Schrecken und Verblendungen der Zeit Zeugnis abzulegen. Wie sehr Juden unter Schikanen und Demütigungen zu leiden hat-

Hetze

175

ten, wie sie bedroht und umgebracht wurden, hat Klemperer unter dem Einsatz seines Lebens dokumentiert.13 Indem er die sprachlichen Details der Agitation überliefert, zeigt er auch, wie leichtfertige oder fahrlässige Wissenschaft zu verbrecherischen Zielen mißbraucht werden kann. Wenn man aufzeigen will, wie mit Ausdrücken der Wortfamilie Mauscheln agitiert worden ist und auf welche Weise das als Mauscheln bezeichnete jüdische Sprachverhalten zitiert, imitiert und gebrandmarkt worden ist, dann reicht ein Vergleich von Wörterbucheinträgen aus der Zeit vor und nach dem Dritten Reich nicht aus.14 Ein genaueres Bild läßt sich erst durch die Beurteilung einzelner Situationen und Texte gewinnen, doch steht dafür oft kein geeignetes Material zur Verfügung. Es ist darum ein Glücksfall, daß mit den Tagebüchern Victor Klemperers eine umfangreiche Quelle zum Sprachgebrauch in den Jahren von 1918 bis 1945 vorliegt,15 die auch im Hinblick auf den Bedeutungs- und Gebrauchswandel der Wortfamilie Mauscheln aussagekräftig ist. Auf mehr als dreitausend Seiten der heutigen Buchausgabe finden sich knapp dreißig Eintragungen, in denen auf Mauscheln Bezug genommen wird. Davon entfallen sechsundzwanzig Einträge auf die Jahre 1921 bis 193216 und drei auf die Jahre 1942 und 1943.17 Anfangs verwendete Klemperer das Wort mauscheln, wie es zu seiner Zeit üblich war, auch mit einem ironischen, gelegentlich sogar leicht aggressiven Unterton. An den Berichten eines jüdischen Privatdozenten aus Leipzig, der sich im Kollegenkreis über die Verhältnisse an der dortigen Universität geäußert hatte, beobachtete er 1921 eine »etwas mauschelnde Feuilletonistik«.18 In einem Cabaret sah er 1929 Tanzdarbietungen, die er als »Imitation russischen Nationaltanzes mit mauschelnden Bewegungen u. dem Gesäßrutschen der Baker vermischt« bezeichnete.19 1932 notierte er sich im Tagebuch, wie er den jüdischen Herausgeber einer Tageszeitung, in der er gerne publizierte, insgeheim einschätzte: »Sehr jüdisch, sehr eitel, sehr mauschelnd«.20 Die meisten Einträge betreffen das Kartenspiel. Allein dreiundzwanzig Geselligkeiten, bei denen im Freundeskreis gemauschelt wurde, hat Klemperer zwischen 1922 und 1932

176

Zehntes Kapitel

im Tagebuch festgehalten. Dadurch sind die gesellschaftlichen Umstände des Spiels gut dokumentiert. Die Aufzeichnungen ergänzen das Bild, das sonst von Spielbeschreibungen sowie Wörterbuch- und Lexikoneinträgen bestimmt wird.21 Aus den wenigen bisher bekannten literarischen Zeugnissen war nur zu entnehmen, daß dieses Glücksspiel allen Verboten zum Trotz bereits im Kaiserreich öffentlich im Wirtshaus gespielt wurde.22 Wie sehr man dem Spiel verfallen konnte, macht eine Bemerkung aus dem Jahr 1928 deutlich: »es wurde die Nächte durchgemauschelt«.23 Mit Klemperers Tagebüchern wird das soziale Umfeld, in dem Mauscheln als Spiel Verwendung fand, über die lexikographischen Einträge und die Regelbücher hinaus sichtbar. Für das Ehepaar Klemperer stellte das Mauscheln eine Abendvinterhaltung unter guten, meist jüdischen Freunden dar. Über den ersten Spielabend notierte Klemperer: Jule stiftete zwei Flaschen leider sauren Rotwein, wir bekamen eine Lampe auf unser Zimmer, er brachte uns das Mauscheln bei u. nun hasardierten wir bis nach 3 Uhr. Wir fingen bei 20 Pf ein u. stiegen in die Hunderte, aber schließlich wußte er's so abzuschließen, daß ich an ihn nur etwa 20, die übrigen 600 M aber an Eva verloren hatte. Die Emotion des Spiels packte mich sehr.24

Obwohl auch andere Spiele geschätzt wurden - Pokern, Skat, »vingt et un oder >17+4ei waih, ei waih!«. Fremdartigkeit, die nach nationalsozialistischer Auffassung den Ausschluß aus der Gemeinschaft des Volkes bedeutete, wurde aufgrund des Sprachgebrauchs behauptet: »Das tat der Jud mit >Au< und >WaihRebekkaleben, da schau her!< I Dann nimmt er seinen Riemen I Und mauschelt mit den Kiemen«.60 Daß der Autorin im letzten Satz auf (Gebets)Riemen kein anderer Reim eingefallen ist, zeigt vielleicht am besten, welch Geistes Kind sie war. Mauscheln steht hier als Leerwort mit diffamierender Komponente für >betenVorteil, Gewinn, Interesse, ZinsJude< bedeuten sollte.19 Auf diesen Wortgebrauch bezog sich Hebel 1814 mit der Kalendergeschichte »Glimpf geht über Schimpf«, die in der Sprachgeschichte wohl ihresgleichen sucht:

Ein Hebräer, aus dem Sundgau, ging jede Woche einmal in seinen Geschäften durch ein gewisses Dorf. Jede Woche einmal riefen ihm die mutwilligen Büblein durch das ganze Dorf nach: »Jud! Jud! Judenmauschel!« Der Hebräer dachte: Was soll ich tun? Schimpf ich wieder, schimpfen sie ärger, werf ich einen, werfen mich zwanzig. Aber eines Tages brachte er viele neugeprägte, weißgekochte Baselrappen mit, wovon fünf soviel sind als zwei Kreuzer, und schenkte jedem Bübchen, das ihm zurief: »Judenmauschel!« einen Rappen. Als er wiederkam, standen alle Kinder auf der Gasse: »Jud! Jud! Judenmauschel! Schaulem lechem!« Jedes bekam einen Rappen, und so noch etliche Mal, und die Kinder freuten sich von einer Woche auf die andere und fingen fast an den gutherzigen Juden liebzugewinnen. Auf einmal aber sagte er: »Kinder, jetzt kann ich euch nichts mehr geben, so gern ich möchte, denn es kommt mir zu oft und euer sind zuviel.« Da wurden sie ganz

Kampf gegen ein Wort

199

betrübt, so daß einigen das Wasser in die Augen kam, und sagten: »Wenn Ihr uns nichts mehr gebt, so sagen wir auch nicht mehr Judenmanschel.« Der Hebräer sagte: »Ich muß mir's gefallen lassen. Zwingen kann ich euch nicht.« Also gab er ihnen von der Stund an keine Rappen mehr und von der Stund an ließen sie ihn ruhig durch das Dorf gehen.20

An der Geschichte ist zunächst einmal zu sehen, wie damals mit dem Wort Mauschel Spott getrieben werden konnte. Die Kinder rufen, wie es auch heute noch geschehen kann, hinter einem Unbekannten etwas her, das als Neckerei, aber auch als Schimpfwort gemeint sein kann. Oft handelt es sich dabei um Mutproben, mit denen Kinder sich vor ihren Gespielen hervortun oder schon mit Erwachsenen ihre Kräfte messen wollen. In der Kalendergeschichte legte ihnen Hebel dazu die Ausdrücke Jud und Judenmauschel in den Mund. Judenmauschel könnte man für eine kindliche Tautologie halten, wie sie im spielerischen Umgang mit der Sprache entsteht.21 Es könnte sich aber auch um eine Bezeichnung handeln, die einen Namen mit dem Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe verbindet. Die Kinder könnten von Erwachsenen gehört haben, daß der Ausdruck etwas Herabsetzendes enthält. Die Reaktion des Juden müßte sie in dieser Einschätzung bestätigt haben. Daß sie Gehörtes wiedergeben, beweist ihr Zuruf beim zweiten Besuch des Juden im Dorf. Denn jetzt rufen sie auch Schaulem leckem und wissen vielleicht gar nicht, was das bedeutet. Es handelt sich um eine westjüdische Form des Grußes CG "Oy •l'PV? scholem aleichem >Friede mit euchJiddische Mauschel umschrieb Götze mit >Schacherjudereden wie ein Judesich wie der kleine Moses benehmen< angegeben war, wurde gefolgert, mauscheln erhalte »daher [sie] zunächst [sie] im Volksmund die Bedeutung >betrügenSchacherjude< verstanden worden: Dazu würde sich mauscheln ungezwungen stellen, wenn es mach Judenart schachern< bedeutete. Es ist aber seit 1622 [...] >reden wie ein Judeabteilen, messen, in gemessener Rede sprechen, maßgebend redengemessen sprechen< zu >sprechen< überhaupt zeigt auch obd. [oberdeutsch] Sprüch' machen.™

An dieser nunmehr veränderten Erklärung waren wohl nicht nur der wissenschaftliche Fortschritt auf dem Gebiet der Etymologie, sondern auch eine neue Sensibilisierung für alles Jüdische und die Folgen jenes Antisemitismus verantwortlich, der sich bis in lexikographische Erörterungen hinein gezeigt hatte. Götze hatte die Lexikographie im nationalsozialistischen Sinne ausrichten wollen, was er schon 1934 als Beitrag zur »geistigen Wehrpflicht« verstand.17 Bemerkenswert war deshalb, daß nunmehr nach dem Ende des Dritten Reichs die Bedeutung mach Judenart schachern< für mauscheln ganz bestritten wurde, obwohl ähnliche, aber weniger diffamierend gemeinte Bedeu-

244

Dreizehntes Kapitel

tungsparaphrasen seit 1809 belegt sind.18 Wie man von einem hebräischen Partizip, und sei es auch nur in aschkenasischer Aussprache, zu einem deutschen Verbum gelangen kann, ohne daß ein entsprechendes jiddisches Zwischenglied belegt ist, wird nicht erklärt. Statt dessen wird mit mogeln auf eine scheinbare Parallele in der Studentensprache des ausgehenden 18. Jahrhunderts verwiesen, knapp zwei Jahrhunderte nach dem ersten Nachweis für das Wort mauscheln in einem deutschen Text. Schließlich wurde eine semantische Analogie beigezogen. Dabei schien den Bearbeiter nicht zu stören, daß es hier um einen völlig anderen Sprachbereich und ganz anderes Material geht. Diese Erklärungen mußten zwangsläufig Widerspruch herausfordern. Salomo A. Birnbaum meldete ihn 1955 an, als er die etymologischen Konstruktionen zum Verbum mogeln, auf die im Wörterbuch von Kluge/Götze verwiesen worden war, sorgfältig nachprüfte und als unhaltbar zurückwies.19 Er fügte Bemerkungen zu anderen auf das Jiddische zurückgeführten Wörtern an, von deren Etymologien er viele für fehlerhaft und rund ein Drittel für falsch erklärte.20 Bei mauscheln verwies er noch einmal darauf, daß das Wort im Jiddischen nicht existiere und Ableitungen wie die von Kluge/Götze sich daher von selbst erledigten.21 Widerspruch gegen die Erklärungen von Kluge/Götze legte 1956 auch Siegmund A. Wolf im »Wörterbuch des Rotwelschen« ein.22 Er unterschied für die Gaunersprache zwei lautgleiche Wörter Mauschel, von denen das eine auf jidd. moschel, mauschel >Herrscher, Gewaltiger, Regent^23 das andere mit der rotwelschen Bedeutung >armer Jude< auf die Koseform des Namens Mausche zurückgehe.24 Auch bei mauscheln nahm er zwei lautgleiche Wörter an, das eine mit der Bedeutung >in jüdischer Sprechweise redenbetrügen(falsches Geld) absetzen, in Umlauf bringen< gehört, bezog Wolf etymologisch auf ähnlich lautende deutsche Mundartwörter, die schon vom Grimmschen Wörterbuch zitierte bairische Wendving täuschein und mauscheln

Herkunftsvermutungen

245

>sich mit heimlichen und unerlaubten Geschäftchen abgebenheimlich, besonders aber: betrügerisch verfahren, zumal im Kartenspiel, betrügen beim Mischen, Geben< und schließlich das nordthüringische muschele >heimlich etwas tun, besonders: betrügerisch verfahrene Daß Wolf diese Herleitting bevorzugte, lag vielleicht auch daran, daß er Rotwelsch-Belege nur aus drei Quellen der Jahre 1906 und 1922 vorlegen konnte und ein wirklicher Nachweis des Vorkommens in der Gaunersprache dadurch nicht geleistet war.27 Für das andere mauscheln war Wolfs Materialbasis noch schmaler. Er kannte es mündlich aus Berlin und belegte es aus einer im ganzen eher zweifelhaften Quelle des Jahres 1916.28 Wenn Wolf auch keinen wirklichen Nachweis für den Gebrauch des Wortes mauscheln mit der Bedeutung >in jüdischer Sprechweise reden< im Rotwelschen geben konnte, so war er umso entschiedener mit einer Behauptung zur Etymologie zur Hand. Dabei bezog er sich auf das Aperçu von Heinrich Heine, was in Norddeutschland Mauscheln genannt werde, sei »nichts anderes als die eigentliche Frankfurter Landessprache«,29 und behauptete, es handele sich »nur um eine volksetymologische Angleichung oder Verbindung der Bezeichnung Mauschel >Jude< an das dt. muscheln >undeutlich redenSchacherjudereden wie ein Jude< umschrieben. Auch Elmar Seebold hat sich 1989 und 1995 im wesentlichen auf diese Angaben beschränkt, wobei er die Angaben zu Mansche noch einmal variierte.32 So ergaben sich, von den etymologischen Irritationen 1951 einmal abgesehen, in verschiedenen Ausgaben und Bearbeitungen des etymologischen Wörterbuchs von Friedrich Kluge Veränderungen im Verlauf von neunzig Jahren vor allem bei den Bedeutungs- und Gebrauchsangaben:

246

Dreizehntes Kapitel

1899 Manschet Jude, jüdischer HändlermosaizareSchacheijudereden wie ein JudeSchacherjudereden wie ein Jude*36 1989 Mausche Übername der Handelsjuden; mauscheln >reden wie ein Judeundeutlich reden, Heimlichkeiten treiben, zweifelhafte und undurchsichtige Geschäfte machen, betrügen*. Das Verb, im 17. Jh. zuerst bezeugt, dürfte aus dem Rotw[elschen] stammen und aus verschiedenen Vorstufen zusammengeflossen sein. Heranzuziehen sind rotw. mauscheln >betrügenin jüdischer Sprechweise reden«, abgeleitet von rotw. Mauschel >armer JudeJude< Mauschel, männlicher Personenname; >Jude< Mauschel >Gerät für die Kupferbearbeitung< Mauschel >Polizeidirektor< mauscheln sprechen wie ein Judehandeln wie ein Judebetrügenstehlendas Kartenspiel Mauscheln spielen«

Etymologisch ganz eindeutig ist zunächst einmal der Personenname Mausche, der die bei Westjuden übliche Lautform des biblisch-hebräischen Namens iWß Mösche darstellt.43 Mauschel ist der Form nach Diminutivum von Mausche, doch als Personenname nur wenig belegt. Der Gebrauch dieser Koseform als Personenname bei Westjuden kann jedoch wegen ähnlicher

248

Dreizehntes Kapitel

Diminutiva und der vergleichbaren ostjiddischen Form Mojschele als sicher unterstellt werden. Der Übergang vom Nomen proprium Mausche/Mauschel zum Nomen appellativum mit der Bedeutimg >JudeDeutscherRusseJude< ausgehen, sind abwegig. Bemerkenswert ist, daß in der deutschen Sprache ein Kosewort zur Gattungsbezeichnung für Jude wurde. Das schließt eigentlich aus, daß der Gebrauch von Anfang an bösartig gewesen ist. Erklärungsbedürftig ist Mauschel als Handwerkszeug zur Kupferbearbeitung.45 Für die Bezeichnung dieses zwischen 1739 und 1885 in Lexika und Wörterbüchern genannte Instrument ist eine Herleitung nicht versucht worden. Daher ist ungeklärt, ob es sich um eine Bedeutungsübertragung vom Wort Mauschel >Jude< handelt, oder ob das Wort etymologisch ganz anders anzuschließen ist. Gerätebezeichnungen, die auf Volksnamen zurückgehen, sind nicht gerade üblich, kommen aber vor, wie die Beispiele Engländer und Holländer beweisen.46 Adelung hoffte, aus genauer Kenntnis des Gegenstands Mauschel die Herkunft der Bezeichnung eruieren zu können. Das Motiv für eine Bedeutungsübertragung könnte man vielleicht in der Form oder in der Handhabung des Geräts suchen. Das vor allem im Rotwelschen gebrauchte Mauschel, das >PolizeidirektorRichter< usw. bedeutete, läßt sich eindeutig als Übernahme aus dem Jiddischen erklären.47 Das Wort ist im 19. Jahrhundert dreimal in der einschlägigen Literatur bezeugt, 1822 von v. Grolmann, 1840 von Thiele und 1862 von AveLallemant. Großmauschel als Bezeichnung eines Menschen, der große Gewalt besitzt, haben Thiele und Ave-Lallemant nachgewiesen, den Ausdruck mauschel sein für >Gewalt haben< v.

Herkunftsvermutungen

249

Grolmann und Ave-Lallemant. Reich wird man diese Überlieferving nicht nennen dürfen. Es ist daher verwunderlich, daß das Wort ohne weiteres von Domseiff in seine Sammlung des deutschen Wortschatzes nach Sachgruppen aufgenommen worden ist.48 Beim Verbum mauscheln, als dessen wichtigste Bedeutungen >sprechen wie ein Judehandeln wie ein Judebetrügenstehlen< und >das Kartenspiel Mauscheln spielen< angegeben worden sind, hat man darum gestritten, ob es sich um ein Wort handelt, dessen semantisches Potential sich im Laufe der Zeit entwickelt hat, oder um verschiedene Ausdrücke, die sich aus ganz unterschiedlicher Herkunft in der Lautgestalt solange angenähert haben, bis sie in formgleichen Wörtern aufgetreten sind. Eine allgemein akzeptierte Herleitung gibt es noch immer nicht, wenn widersprüchliche Einträge in den maßgeblichen etymologischen Nachschlagewerken dafür als Beleg genommen werden dürfen.49 In lexikographischen Werken, die keine eigene etymologische Forschimg betrieben, sondern nur den Stand des Wissens notiert haben, sind die Angaben ganz widersprüchlich. So wurde 1955 ein jiddisches Manschet mit der Bedeutung >Judearmer Jude< behauptet.51 1972 galt Mauschel als hebräisch-jiddisches Wort.52 Mauscheln »jiddisch sprechen< wurde 1972 als hebräisch-jiddisch bezeichnet,53 aber bis 1975 auch aus dem Hebräischen hergeleitet.54 1966 wurde an anderer Stelle wieder erwogen, mauscheln mit hebr. möschel »gemessen reden< in Verbindung zu bringen.55 Noch 1986 fand sich der Hinweis »aus dem Jiddischen«.56 Die Bezeichnung des Kartenglücksspiels Mauscheln wurde 1972 als hebräisch,571980 als hebräisch-jiddisch angesehen.58 Die Doppelstrafe Mauschelbete galt 1972 als hebräisch-lateinisch-französisch59 und 1980 als hebräisch.60 Bei der Klärimg der Herkunft sind ganz unterschiedliche Ansätze verfolgt worden. Als naheliegend wurden Herleitungen empfunden, die von der Lautgestalt ausgehen. Heyse hatte mit der Angabe »Mausche oder Mauschel (von dem jüdischen Eigennamen Mausche = Moses)« 1849 diese Erklärung bevorzugt,61

250

Dreizehntes Kapitel

Sanders war ihm 1876 mit seiner dezidierten Bezugnahme auf die Lautform des Namens »Mäüsche, Mauschel in gewönlicher Aussprache der Juden«62 gefolgt. Mit der Bemerkung »Wir Wetterauer sprechen das Wort mouschele aus« suchte Crecelius solche lautlichen Anknüpfungspunkte freilich nicht in der Ausgangssprache, sondern in der Zielsprache.63 Mochte diese Bezugnahme auf die Lautgestalt des Wortes in einem deutschen Dialekt die Besonderheiten der mundartlichen Sprachentwicklung vielleicht noch zu sehr außer acht lassen, so hat Seebold den Einfluß eines Mundartwortes muscheln nach Wolf ernsthaft in Betracht gezogen.64 Ein anderer Ansatz wurde bei den Bedeutungen gesucht, bei denen häufig Vorurteile für das Erklärungskonzept verantwortlich waren. Auf diese Weise konnte man von der Bedeutungsparaphrase >sich auf jüdische Art verhalten< über >auf jüdische Art handeln< schnell zu >betrügen< kommen und dies mit einem ironischen Zitat aus dem Werk eines deutsch-jüdischen Autors belegen, nicht ohne zum Autor hinzuzufügen: »der es wissen mußte«.65 Zur Erklärung der Wörter Mauschel und mauscheln sind bislang sehr verschiedene Hypothesen vorgebracht worden. Die Reihe mausen > mauschen > mauscheln >stehlen< klang schon 1777 bei Adelung an.66 Noch 1838 wurde mauscheln etymologisch daher als Ableitung von mauschen in diese Nachbarschaft gestellt: mausen, 1) Mäuse fangen, 2) beschleichen und etwas listig in der Stille entwenden; in der letzten Bedeutung ein Wort mit mausen, wechseln; br. [bairisch] mausen, mäuseln, langsam und leise gehen, abmausen, heimlich davonschleichen, sterben, mauschen, mauscheln, still schleichen, sich heimlich mit Unerlaubtem abgeben67

Einen Zusammenhang muscheln > mauscheln >heimlich reden< hat Wolf 1956 hergestellt.68 Geht man vom Personennamen Mansche aus, dann läßt sich mauscheln entweder in der Reihe Mausche > mauschen > mauscheln ableiten oder in der Reihe Mausche > Mauschel > mauscheln. Im ersten Fall wäre mauscheln

durch die Suffixerweiterung mit -l- entstanden, wobei dieser Vorgang bei vergleichbaren Wörtern sowohl intensivierend als auch iterativ gewirkt hat.69 Im zweiten Fall hätte man sich zu-

Herkunftsvermutungen

251

erst die Ableitung Manschet zu Mansche zu denken, von der dann wiederum das Verbum gebildet worden wäre. Im Trübner wurde dies behauptet und unterstellt, daß Manschet als »spöttische Verkleinerung« während des Dreißigjährigen Krieges entstanden sei.70 Wenn diese Ansicht richtig ist, hätte mauschetn von Anfang an eine pejorative Komponente enthalten. Die Herleitung in der Reihe hebr. möschel > jüd. mouschel sein > mauscheln leidet darunter, daß mauscheln im Jiddischen nicht vorkommt und ist deswegen abwegig.71 Die Verbindung von jidd. moschel (mauschel) >der Herrscher, Gewaltige, Regent< > rotwelsch Mauschel >Polizeidirektor< leistet nichts für die Erklärung der deutschen Wortfamilie Mauschel/mauscheln. Wenn man diese Versuche etymologischer Erklärung überblickt, dann fällt auf, daß bis heute Beobachtungen zum Wortgebrauch für die Herleitung der Wörter wenig genutzt worden sind. Deshalb kommt es noch immer vor, daß zwischen der Verwendving in der Gaunersprache und in deutschen Mundarten nicht linterschieden wird. Auch ist kaum geprüft worden, ob sich die Wortfamilie mauscheln in den Gebieten einer engen Wohn- und Lebensgemeinschaft zwischen Juden und Christen anders entwickelt hat als dort, wo Juden kaum zu Hause waren. Ebenso wenig sind die Zusammenhänge der Wortfelder und Wortfamilien betrachtet worden, in die mauscheln und seine Wortverwandten eingetreten sind. Schließlich blieben auch die Analogien im Sprachsystem weitgehend unbeachtet, so daß Rückschlüsse aus ähnlichen Bezeichnungsvorgängen nicht gezogen werden konnten. Darum wird versucht, diesen Ansätzen in den folgenden Kapiteln nachzugehen.

14 Wortschatzparallelen Von den verschiedenen Herleitungen für mauscheln hat die Annahme, das Wort stelle eine Übernahme aus dem Jiddischen dar, nichts für sich.1 Wenig spricht für die Behauptung, es sei aus dem Rotwelschen ins Deutsche gelangt. Die These, mauscheln sei vom jüdischen Namen Mausche in der Diminutivform Mauschel erst im Deutschen abgeleitet worden, muß hingegen gründlich geprüft werden. Hierzu sind die Bedingungen zu eruieren, tinter denen der Ausdruck gegebenenfalls hat entstehen können. Die Überlegungen haben dabei zunächst Mustern der Wortbildung zu gelten, in die ein Wort wie mauscheln sich einfügen muß. Wie bei Kindern immer wieder zu beobachten ist, werden neue Ausdrücke in Analogie zu schon bekannten geprägt. Die Sprecher abstrahieren Elemente und Regeln aus ihrem Sprachgebrauch, wodurch ein Potentiell für Neubildungen entsteht. Kindliche Fehler wie gebte und bürokratische oder gelehrte Prägungen wie entbuschen oder erwüten lassen die schöpferische Anwendving der Sprachregeln auf die verfügbaren Elemente gleichermaßen sichtbar werden. Auf diese Weise werden Leerstellen des Zeichensystems im Analogieverfahren besetzt. Daß sie von der Sprachgemeinschaft nicht ausgefüllt worden sind, wird dem Einzelnen erst mit der Entfaltung seiner Sprachkompetenz bewußt. Wenn neue Ausdrucksbedürfnisse eine Veränderung oder Erweiterung des Zeichenrepertoires fordern, können die Sprecher hier ihre sprachliche Kreativität ausleben. In seinem Tagebuch aus dem Dritten Reich hat Victor Klemperer immer wieder Neuprägungen festgehalten. Zum Jahresbeginn 1942 notierte er: »>Es wurde gegreuelU, das Ausgehverbot werde für Sonnabend und Sonntag in Permanenz erklärt wer-

Wortschatzparallelen

253

den. Ist das NS-Judendeutsch? Wie verreist sein für Sitzen, Konzertlager für Konzentrationslager?«2 Wenig später hieß es: »Kartoffeln morgens, mittags, abends, >kartoffeln< ein von mir gebildetes Verbum für Abbürsten von Pellkartoffeln, die ich dann mit der Schale kalt und warm esse.«3 Ausdrucksbedürfnisse, wie sie hier deutlich werden, mögen auch bei der Bildung des Wortes mauscheln vorgelegen haben. Dabei ist unklar, ob die Ableitung ursprünglich auf Mausche, auf Mauschel oder auf beide Ausdrücke bezogen war, und welche Muster noch eingewirkt haben. Adelung hat bei der Herleitung das bairische mauschen >stehlen< als Parallele in Betracht gezogen.4 Das würde dann zu der Reihe Mausche - mauschen mauscheln führen und mauscheln als diminuierendes oder intensivierendes Verbum zu einer Grundbedeutung wie >stehlen< erscheinen lassen. Andere Herleitungen gehen vom Wort Mauschel aus. Das Verbum mauscheln wäre dann Ableitung von einem Nomen, das Personenname oder Appellativum sein kann.5 Da die Überlegungen zur Entstehung und Entwicklung des Wortes mauscheln viel Ungefähres enthalten, scheint es sinnvoll zu sein, das sprachliche Umfeld genauer zu betrachten, in das es nach Wortbildung und Inhalt eingefügt worden ist. In der Gruppe der deutschen Verben auf -ein sind so unterschiedliche Wörter vereinigt, daß neuere Darstellungen darauf verzichten, sie als Verwirklichung eines einheitlichen Musters zu begreifen.6 Verben wie deuteln weisen das -Z- im Suffix als Erweiterung auf, die das Wort vom zugrundeliegenden deuten unterscheidet. Hingegen besitzen Ausdrücke wie bündeln das -ldadurch, daß es schon im Ausgangswort Bündel enthalten ist, das wiederum als Ableitung zu Bund entstanden ist. Die älteren Wortbildungslehren haben noch stärker auf den Zusammenhang der Verben hingewiesen, die teils zur Bezeichnung einer Neigung dienen, teils verkleinernd wirken und auch Wiederholung ausdrücken können. Hermann Paul hob hervor, daß sich in dieser Gruppe Ausdrücke wie bimmeln, bammeln, bummeln befinden, die zumindest ursprünglich einen deutlich onomatopoetischen Charakter besessen haben.7 Walter Henzen führte als oberdeutsche Besonderheit Verben wie böckeln, älteln, schweißein

254

Vierzehntes Kapitel

an, deren Bedeutung die Komponente mach etwas riechen, schmecken< enthalte.8 Hierzu stellte er auch jüdeln, schwäbeln und französeln. Wolfgang Fleischer betrachtete französeln, sächseln, schwäbeln mit der Bedeutung >in der Art eines Franzosen, Sachsen, Schwaben sprechen< und hänseln >necken< als Ableitung von Eigennamen.9 Es fällt auf, daß etliche dieser Ausdrücke von Personennamen, Stammes- und Volksbezeichnungen und Wörtern zur Bezeichnimg einer Religionszugehörigkeit abgeleitet sind. Das bekannteste deutsche Wort dieser Art ist hänseln. Es kommt in der Hochsprache und in den Mundarten vor, doch ist die Ableitung vom Personennamen Hans in der Diminutivform Hansel nicht unumstritten. Kluge hatte für hänseln zwei verschiedene Etyma angenommen.10 Mit der Bedeutung jemanden in eine Korporation aufnehmen< stellte er es zu hans, hanse >KaufmannsgildeNarr< fand Kluge in Komposita wie Hansdumm, Hansnarr und Hanswurst. Wolfgang Stammler bestritt im Trübner, daß hänseln eine Ableitung von Hans darstelle.11 Götze folgte ihm insoweit, als er unterstellte, hänseln mit der Bedeutung >frotzeln< sei in den oberdeutschen Mundarten wenig gebräuchlich und dort allenfalls sekundär auf Hans bezogen worden.12 In der Etymologie geht es manchmal zu wie in der Pharmazie. Je länger etwas beobachtet wird, desto komplizierter scheint es zu werden. Elmar Seebold hat darum für hänseln 1989 auch andere etymologische Zuordnungen in Erwägung gezogen, etwa zu Hohn, was im nassauischen hohnsein >hänseln< zum Ausdruck komme, und bei oberdeutschem hanzeln >tätscheln, streicheln< auch zu Hand.13 Die Verunsicherung des Etymologen formulierte er so: »Im allgemeinen wird der Ableitung von Hanse der Vorzug gegeben, doch könnten zusätzliche Belege das Bild leicht ändern.« Solche Belege finden sich in dem reichhaltigen Material, das in Mundartwörterbüchern vorliegt. So liefern das Südhessische und das Pfälzische Wörterbuch Anhaltspunkte dafür, daß der Personenname Johannes in den Kurzformen Hann, Hanne, Hannes

Wortschatzparallelen

255

und Hans in vielfältiger Weise mit Bedeutungen aufgeladen und über Ableitungen und Zusammensetzungen als Grund- und Bestimmungswort zu neuen Ausdrücken verwendet worden ist.14 In vielen dieser Wörter klingen Spott und üble Nachrede an, ob nun ein >einfältiger< oder ein >geistig beschränkter Mensch< gemeint ist, ein >gutmütiger Einfaltspinsel< oder eine >unordentMche Persona Wenn sich schon an das Ausgangswort in seinen verschiedenen Formen Neckerei und Stichelei anlagern, fällt die Vorstellung schwer, daß Verben wie hansen und verhansen, hänseln und verhänseln und ein Adjektiv wie hänsig, die von ihrer

Bedeutung her sich genau in dieses Bedeutungsfeld einpassen, einen ganz anderen Ursprung haben sollen. Die Sprecher kümmern sich oft wenig um sprachgeschichtliche Unterschiede und bauen unbefangen Brücken von einem Ausdruck zum anderen. Unsicherheit gibt es auch bei anderen Bezeichnungen, die möglicherweise von Personennamen abgeleitet worden sind. Andresein bezeichnete in oberdeutschen Mundarten einen Brauch, der in der Andreasnacht ausgeübt wurde.15 Noch am Ende des 19. Jahrhundert konnten Mundartforscher nicht in Erfahrung bringen, worum es sich handelte, da sich die Befragten wortkarg gaben.16 Das Andresein soll darin bestanden haben, unbekleidet und rückwärts die Stube auszufegen, wenn man zu erfahren wünschte, wen man eines Tages heiraten werde. Dieser Volksaberglaube wurde in Baden so geheimnisvoll bewahrt, daß den Forschern »nicht einmal die grammatische Auffassving des Wortes« gesichert schien. Eine Berührimg mit dem Diminutiv von Andreas war ihnen aber gewiß.17 In Baden kannte man auch den vom Personennamen Christoph, Christophel abgeleiteten Ausdruck kristoffeln, der wie andresein abergläubische Bräuche bezeichnete.18 Zum Personennamen Klaus, der Kurzform zu Nikolaus, gehören die Verben klausen und kläuseln,19 schweizerisch Mause" und chläusle" oder chläusele",20 badisch

chlüsle}1

Damit werden Bräuche am Nikolaustag und in der Weihnachtszeit benannt. Das Wort bedeutet aber auch >leise sprechen, flüstern^22 Die Adjektivableitving (jf-)chlausig steht, wohl aufgrund der Erfahrungen mit den Weihnachtsbräuchen, für >bunt, geschmacklos gekleidet^23

256

Vierzehntes Kapitel

Bei diesen Verben spielen Bedeutungsentwicklungen der zugrundeliegenden Wörter eine Rolle. Deshalb ist es notwendig, auch bei jüdischen Personennamen, die den Ausgangspunkt für die Bildung eines Zeitworts darstellen könnten, den jeweiligen semantischen Hof abzustecken, in dem sich ein Verbum möglicherweise entfaltet hat. Zu diesem Zweck werden Namen betrachtet, an die sich weitere Bedeutungen besonders intensiv angelagert haben. In seinem Drama »Fausts Leben« 1778 hat Maler Müller drei Juden Itzick, Mauschel und Schummel genannt. 24 Daß er dabei an Eigennamen dachte, beweist der Umstand, daß er sich die Juden auch untereinander so anreden ließ. Dabei erscheint sogar die Koseform Mauschelche. Maler Müller gibt auf diese Weise einen Anhaltspunkt dafür, daß Mauschel gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch für ein christliches Publikum noch als Personenname zu erkennen war und nicht, wie im Trübner suggeriert wird, nur noch ein Appellativum mit pejorativen Zügen darstellte.25 In Frankfurt am Main war Mausche Eck eine stadtbekannte Figur wie Fischers Maathes in Trier. Mausche konnte auch in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts noch Eigenname sein. Der Frankfurter Mundartdichter Friedrich Stoltze reimte 1852: »Mausche Eck I Is eweck I Mausche Eck is doote I Wannelt fem I Uff de Stern I Bei de annern Schode.«26 Gustav Freytag hat in seinem Roman »Soll und Haben« 1855 einem Juden den Namen Mausche Vischel gegeben.27 Mausche und Mauschel sind historische Namenformen, die nach dem Sprachwechsel der Westjuden spätestens im 19. Jahrhundert außer Gebrauch geraten sind. Aussprache und Bedeutung des biblischen Namens flVJQ Mosche bei den Juden in Deutschland und bei Christen ihrer Umgebimg war schon Schudt zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine Bemerkung wert gewesen. 28 Mouschi und Mauschel waren danach schon zu jener Zeit Appellativa. Picander gebrauchte Mauschel in diesem Sinne schon im Jahr 1720: »der Kauffmann aber wolt ihm seinen Irrtum lehren und schrie, was er kund: >Du Schelm! du ErtzFilouN, da schlüge Groß und Klein auff meinen Mauschel zu«.29 Den Übergang vom Personennamen zum Appellativum kann

Wortschatzparallelen

257

man an mundartlichem Material, das sich hochsprachlicher Normierung und den Tendenzen gesellschaftlicher Diskriminierung weitgehend entzieht, gut beobachten. Im Südhessischen war Mausche mit den Lautformen Mösche, Mgsche, MöscheT, MQSCM, Mqschi und Mausche, die hier aus drucktechnischen Gründen nicht exakt wiedergegeben werden können, zunächst einmal Personenname.30 Dann bedeutete es >Jude< und jüdischer Viehhändler^ wodurch der Übergang vom Nomen proprium zum Nomen appellativum gut motiviert wurde. Eine jeweils geringe Veränderung der Merkmalsmenge beim Simplex und in Zusammensetzungen entfaltete das semantische Potential in verschiedenen Einzelbedeutungen von >gerissener Geschäftemacher und >Wortführer< über >liebedienerischer Mensch< bis zu schlechter Kerl< und >Schmutzfinkhabgieriger MenschSchmutzfinkAngeberJüdinmit schwäbischem Accent sprechend Das beträfe dann nicht die Mundart, sondern Umgangssprache und Hochsprache, bei denen die Schwaben ihr lautliches Substrat noch heute in der Regel ebenso schwer abzulegen vermögen wie in den beiden vergangenen Jahrhunderten die Westjuden das ihre. Ob das Wort schwäb(e)ler" der Mundart selbst angehört, war für Fischer zweifelhaft. Nur für die Halbmundart, also das Honoratiorenschwäbische und ähnliche Formen einer vom Dialekt getränkten Sprache, wollte er es gelten lassen. Solche feinen Unterschiede haben sich in der Gegenwart verflüchtigt.62 Entweder gibt es sie nicht mehr, oder sie sind den heutigen Lexikographen des Schwäbischen keinen Hinweis mehr wert. Die Bedeutungsbeschreibung des Wortes schwäbeln in den letzten anderthalb Jahrhunderten läßt erkennen, daß sich in dieser Zeit das Schwäbeln als Sprachform, aber auch die lexikographische Darstellving des Wortes schwäbeln verändert haben. In Wörterbüchern wurden die folgenden Paraphrasen gegeben: 1849 >in schwäbischer Mundart sprechen, oder dahin neigen< (Heyse)63 1876 >in der Mundart die Eigenthümlichkeiten der Schwaben zeigen< (Sanders)64 1899 >im schwäbischen dialecte sprechen oder zu ihm hinneigen« (DWb.)65 1906 >wie ein Schwabe reden< (Heyne)66 1920 >mit schwäb. Accent reden< (Schwab. Wb.)67 1976 schwäbische Mundart sprechen, schwäbisch reden< (WddG)68 1980 >schwäbisch gefärbtes Hochdeutsch, schwäbisch, schwäbische Mundart sprechen« (Duden)69 1980 »schwäbisch sprechen« (Deutsches Wb.)70 1985 schwäbischen Dialekt sprechen oder nachahmen« (Österreich. Wb.)71 1994 schwäbisch gefärbtes Hochdeutsch, schwäbische Mundart sprechen« (Duden)72

262

Vierzehntes Kapitel

Diesen Angaben zufolge kann unter schwäbeln eine Sprache verstanden werden, die von einem Hauch des Dialekts in der Aussprache bis zum Gebrauch der Vollmundart reicht. Neben Entwicklungen der Mundart und der Umgangssprache, neben sozialen und kulturellen Veränderungen und neben Schwankungen in der lexikographischen Erfassving sind für die Divergenzen der Bedeutungsbeschreibung auch Einflüsse verantwortlich, die aus dem Sprachsystem selbst herrühren. Auch dies macht schwäbeln dem Ausdruck mauscheln vergleichbar. Eine Beziehung zu dem lautlich ähnlichen Verbum schwabein hat bereits 1899 das Grimmsche Wörterbuch hergestellt.73 Es notierte dafür vier verschiedene Bedeutungen, >albern, viel und geschwind schwätzen^ >albernes zeug schwatzen (besonders in schwäbischer mundart)wie die Schwaben reden< und schließlich >verworren schwätzen, unstät umherrennenunnötig viel reden, schwatzen< gebucht75 und sie 1994 als mitteldeutsche und niederdeutsche Nebenform zu schwabben = schwappen erklärt, die außer >sich als schwabbelige Masse zitternd, in sich wackelnd hin und her bewegen< und >mit Hilfe von rotierenden Scheiben glätten< auch >unnötig viel reden, Unsinn von sich geben; schwatzen< bedeute.76 Das oben behauptete assoziative, von der Ausdrucksgestalt her motivierte Verständnis einzelner Sprachmittel läßt sich an diesen Wörterbucheinträgen gut beobachten. Bei der lexikographischen Darstellung des Wortes sächseln fällt auf, wie sehr sie von den Paraphrasen für schwäbeln beeinflußt ist. Sanders hatte 1876 als Bedeutung >in sächsischem Dialekt sprechen< angegeben,77 doch waren die anderen Wörterbücher ihm nicht gefolgt und hatten das Wort nicht einmal aufgenommen. Auch Müller-Fraureuth, der Lexikograph der obersächsi-

Wortschatzparallelen

263

sehen und erzgebirgischen Mundarten, hatte auf die Buchung des Wortes sächseln verzichtet.78 Bei den Wörterbüchern der Gegenwart fallen markante Unterschiede ins Auge. Das OstBerliner »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache« formulierte die Paraphrasen von sächseln und schwäbeln vollkommen parallel: >sächsische Mundart sprechen, sächsisch reden< und schwäbische Mundart sprechen, schwäbisch redensächsische Mundart, sächsisch, stark sächsisch gefärbtes Hochdeutsch sprechenschwäbisch gefärbtes Hochdeutsch, schwäbisch, schwäbische Mundart sprechen^80 In der zweiten Auflage fielen 1994 die Paraphrasen >sächsisch sprechen< und >schwäbisch sprechen< fort. Aus der Umschreibung >stark sächsisch gefärbtes Hochdeutsch sprechen< wurde, wohl als Folge der deutschen Wiedervereinigung, das viel neutralere >ein sächsisch gefärbtes Deutsch sprechen^81 Hier läßt sich wieder gut studieren, wie die Lexikographen dokumentierend und paraphrasierend die Verankerung eines Ausdrucks im Sprachsystem beeinflussen. Auch dies läßt Rückschlüsse auf die Beschreibung und den Gebrauch des Wortes mauscheln zu.

Ein weiterer Ausdruck, der als Parallele zu mauscheln verstanden werden kann, ist böhmakeln. Wegen seiner gleichfalls pejorativen Komponente und wegen des breiten Spektrums von aggressiver Abwertung bis zu humoristischer Nutzung ist er mauscheln von seinem Bedeutungspotential her noch enger benachbart als schwäbeln und sächseln. Die Wörterbücher nahmen das Wort erst zu einem Zeitpunkt auf, als das damit bezeichnete Sprachphänomen schon nicht mehr existierte. Peter Wehle nannte das Böhmakeln 1980 »eine aussterbende Art des Wienerischen, wie es von den eingewanderten Tschechen gesprochen wurde«. Den Dialog »KalHwoda, wo seins denn? Na wo wer ich schon bin? In Kuchl« bezeichnete er als klassisches Beispiel.82 Das Böhmakeln gehörte zum Repertoire der Wiener Komiker. An Heinrich Eisenbach, einem der bedeutendsten,

264

Vierzehntes Kapitel

rühmte Alfred Polgar eine Sprachkunst, die mit dem »Jüdeln, Böhmakeln, Ungarisch- und Ottakringerisch-Sprechen« vier verschiedene und doch jeweils ganz typische Register umfaßte.83 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser Ton gelegentlich noch auf der Bühne und im Film verwendet. Das Wort böhmakeln ist von der Bezeichnung Böhtnak >Böhme, Tscheche< abgeleitet, bei dem die deutsch-tschechische Sprachmischung schon mit der tschechischen Endung am deutschen Wort verwirklicht ist.84 Da die ursprünglich so bezeichnete Sprachform kaum noch existiert, konnte sich die Bedeutung des Wortes, das allgemein als Austriazismus verstanden wird, weiterentwickeln. 1976 wurde es als österreichischer umgangssprachlicher und abwertend gemeinter Ausdruck bezeichnet, der >Deutsch mit starkem böhmischem, d. h. tschechischem Einschlag sprechen< bedeute.85 1980 lautete die Umschreibung dann schon >mit tschechischem Akzent redentschechisch-deutsch radebrechen^88 1993 war jeder Bezug auf das Böhmische oder Tschechische entfallen. Böhmakeln wurde nur noch mit der Bedeutung »schlechtes Deutsch sprechen, radebrechen wiedergegeben.89 Der 1983 von Küpper aufgestellten Behauptung, böhmakeln bedeute seit 1950 auch >die deutsche Sprache verderben^90 sollte hingegen mit Vorsicht begegnet werden, weil die Angaben dieses Lexikographen von Pauschalisierungen nicht immer frei sind.91 An dem wenig gebrauchten Ausdruck deutschein kann man sehen, wie das Muster einer Suffixerweiterung durch -l- zum Ausdruck einer abwertenden Nuance verwendet wird. Deutschen, heute noch im Verbum verdeutschen >übersetzen< enthalten, galt Heyse 1833 schon als veraltet.92 Sanders führte das Wort 1876 noch mit den Bedeutungen >etwas deutsch machenins Deutsche übersetzen^ und >einen deutsch machen auf.93 Die Bedeutung >deutschthümeln< bezeichnete er zu diesem Zeitpunkt schon als selten. In diesem Sinne hatte Goethe das Wort kritisch gebraucht: »Und wer franzet oder britet, I Italiänert oder teutschet, I Einer will nur wie der andre I Was

Wortschatzparallelen

265

die Eigenliebe heischet.«94 Von einem pejorativen Unterton war auch die Äußerung nicht frei, die Eckermann aus den Gesprächen mit Goethe überliefert hat: »Unsere guten altdeutschelnden Künstler [...] wenden sich mit persönlicher Schwäche und künstlerischem Unvermögen zur Nachahmimg der Natur«.95 Wieder wird ein Wort durch die Suffixerweiterung mit einer negativ gefärbten Bewertung aufgeladen. Ganz ähnlich hatte Goethe auch eine Bemerkimg gefaßt, die von den Nazarenern als »dem bomirten deutsch ältelnden Lumpenpack« sprach.96 Sanders umschrieb 1876 das seltene Wort deutschein recht neutral mit >dem Deutschen ähneln< und >eine Deutschheit affektierendeutsches Wesen affektieren« versah,98 läßt sich die pejorative Komponente auch noch einmal aus dem Zusammenhang belegen. Da es sich hier um einen äußerst selten gebrauchten Ausdruck handelt, kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Wort lexikalisiert ist. Es ist vielmehr als ad-hoc-Bildung zu verstehen, bei der jeweils das Wortbildungspotential der deutschen Sprache genutzt worden ist. Anton Kuh machte sich dies zunutze, als er den Sprachgebrauch jener Juden, die »die Bildungssprache wie eine Demonstration gegen den Jargon« sprechen, mit dem Wort schriftdeutschein belegte.99 Negative Assoziationen wurden auch mit dem Ausdruck französeln aufgerufen. Bernd verstand französeln mit der Bedeutung >französische Sitten, Gebräuche, Sprache und Denkart nachahmen« als Synonym zu französiren.100 Sanders faßte die Bedeutimg nach der Niederlage Frankreichs im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 mit >französisches Wesen nachäffen« noch schärfer,101 ebenso das Grimmsche Wörterbuch 1878 mit >Gallos male imitari, nachäffen«.102 Die Distanzierung war auch schon in den Beispielen zum Ausdruck gekommen, die Campe angeführt hatte. Da war schon von einem stark französelnden Ge-

266

Vierzehntes Kapitel

schmücke und von der französelnden Unverschämtheit die Rede gewesen.103 Dieses Potential an Bedeutungsnuancen wurde dem Ausdruck jüdeln in ganz besonders reichem Maße zugedacht. Das Wort stand früher in Konkurrenz mit juden und judenzen und war so eher intensivierende Ableitung als eine selbständig auf das Diminutivum Judel bezogene Verbform. Das deutsche Wort Jude wird über lateinisch ludaeus auf griechisch ' IouSaioq zurückgeführt und dies auf den hebräischen Namen KIT 1 Juda.m Heute ist der Ausdruck jüdeln durch nationalsozialistische Diffamierung so sehr belastet, daß er zu den deutschen Tabuwörtern gehört. In das repräsentative »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache« wurde er darum schon nicht mehr aufgenommen.105 Sowohl im Journalismus wie in der Wissenschaft werden im Umfeld dieses Ausdrucks Emotionen bewegt. Im Vorwort zu einer kommentierten Ausgabe ostjiddischer Alltagstexte hieß es noch im Jahr 1995: »Das in Deutschland vielerorts noch immer tradierte >Jüdeln< hat mit dem Jiddischen nichts zu tun - es reflektiert bestenfalls ungelungene Imitation, schlimmstenfalls die ideologischen Projektionen seiner Betreiber.«106 Wo in Deutschland das Jüdeln heute noch weitergegeben werde, wurde nicht ausgeführt. Es genügte bereits das Wort, um das Faktum zu behaupten. Schon 1949 hatte sich Max Frisch gesorgt, daß eine von ihm als jiddisch konzipierte Rolle in seinem Schauspiel »Als der Krieg zu Ende war« auf der Bühne sprachlich nicht angemessen realisiert werden könnte und sich darum zu einer expliziten Anweisung veranlaßt gesehen: Die Rolle des Jehuda Karp ist in yiddischer Sprache geschrieben, die, wie bekannt sein dürfte, aus dem Mittelhochdeutschen hervorging durch Mischung mit hebräischen Elementen. Wenn kein Darsteller verfügbar ist, der ein wirkliches Yiddisch sprechen kann, wird es ratsam sein, auf dieses besondere Idiom zu verzichten; auf gar keinen Fall darf es durch sogenanntes »Jüdeln« ersetzt werden. Unter diesen Umständen wird man sich damit begnügen müssen, daß der Bursche ein slawisch-gebrochenes Deutsch spricht.107

Um die innere Wahrhaftigkeit des Stückes auch in der Aufführung zu gewährleisten, wollte der Autor alles vermieden

Wortschatzparallelen

267

wissen, das auch nur einen Hauch der Mißdeutung an sich haben würde, mit der in der Vergangenheit so viel Unheil angerichtet worden war. 108 Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts war das Bedeutungsspektrum des Wortes jüdeln nicht so eindeutig negativ besetzt gewesen. Abraham Tendlau hatte den Spruch »Wie es sich jüdelt, so christelt's sich« im Jahre 1860 unter den jüdischen Klugheitsregeln und Erfahrungen an vorderer Stelle genannt und hinzugefügt: Ueberhaupt: Die Menschen sind in Begierden, Leidenschaften u.s.w. sich gleich, welcher Religion sie auch angehören mögen; im Besonderen: Neben- und untereinander Lebende ahmen sich gegenseitig nach. Daher läßt sich's mit Recht auch umgekehrt sagen: »Wie es sich christelt, so jüdelt's sich.«109 Beide Sprüche, den im jüdischen Volk verbreiteten und die von Tendlau in der Hoffnung auf Toleranz formulierte Umkehrung, hatte Wander 1867 mit den Erklärungen in sein Sprichwörterbuch aufgenommen.110 Dabei ergänzte er Tendlaus Satz von der Gleichheit der Menschen untereinander durch die Folgerung, daß ein Wechsel der Religion »auf Charakter und allgemeine Sitte wenig Einfluss« habe.111 Diese noble Ansicht war jedoch nicht unumstritten, wie sich schon an den Wörterbucheinträgen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert ablesen läßt. Adelung hatte 1798 juden und jüdeln mit der Bedeutung >auf Jüdische Art wuchern, einen übermäßigen unerlaubten Gewinn zu bekommen suchen< umschrieben.112 Das Beispiel er judet (jüdelt) ärger als ein Jude zeigte nicht nur den negativen Bedeutungsgehalt, sondern auch, daß beide Wörter bereits das Verhalten von Nichtjuden bezeichnen konnten. Bernd bevorzugte 1808 in Campes Wörterbuch das Wort jüdeln gegenüber juden und gab eine differenziertere Bedeutungsbeschreibving: 1. Einen übermäßigen und unerlaubten Gewinn wie die Juden zu bekommen suchen; dann auch wol, auf eine jüdische Art zu betrügen suchen. 2. Sich im Reden oder Schreiben solcher Ausdrücke und Redensarten bedienen, welche der jüdischen d. h. hier hebräischen Sprache eigen, aber der Sprache in welcher man spricht oder schreibt fremd sind (hebraisiren), und in engerer Bedeutung, jüdisch deutsch sprechen.113

268

Vierzehntes Kapitel

Auch Heyse buchte 1833 beide Bedeutungen in dieser Reihenfolge.114 Dabei wurden sie mit den Umschreibungen >wuchern, übermäßigen, unerlaubten gewinn zu erlangen suchen; auch jüdisch sprechen, schreiben, sich jüdisch ausdrücken< noch schärfer gefaßt. Unter Jüdelei verstand Heyse >unmäßige Gewinnsucht, Wucher; auch jüdische Sprech- und Ausdrucksweisedie Weise eines Juden haben oder zeigen< an, dann >wuchernjüdisch markten und feilschen, knausernwie ein Jude sprechen und schließlich als bairisch die Bedeutung >wie ein Jude riechendie Weise eines Juden haben oder zeigenerwuchern< an, verjuden für »zum Juden werdenin der Juderei überbieten, überlisten^119 Schließlich erschien bei Sanders noch einmal die ältere Form judenzen für >in der Weise eines Juden sein oder handeln< und mit der zusätzlichen Paraphrase >judenthümlich seinVerßeih'n Se - < fiel der And're ein, I >Diesmal war's bloß der Moses!«Anführer< verwiesen, der Herr im Hause war und d e n T o n angab. 6 3 D e r S a t z Wann die Katz ford iß, sinn die Mais

>Mäuse< Räwwemousche war sprichwörtlich.64 Wie der Ausdruck ursprünglich gelautet hat, zeigt die Formulierung dear will de Räwwe Mousche spihn >spielenkleines, drolliges MännchenJudeHandelsjuden< bezeichnete,71 in Frankfurt, wo sich zwischen der jüdischen und der christlichen Bevölkerung ein enger Kontakt herausgebildet hatte,72 in Kurhessen,73 Schwaben74 und Tirol.75 In der Hamburger Lokaloper hatte Mauschel schon 1725 >Jude< bedeutet.76 Noch 1959 wurde das

310

Sechzehntes Kapitel

Wort aus dem Hadeler Land an der Unterelbe ohne abwertenden Unterton belegt.77 Im Berlinischen ist die Grundbedeutung >Jude< nur aus einem literarischen Text nachgewiesen: »du bist doch trotz ... den Büchern, mit denen dir der Mauschel den Kopp verkeilt, ein armes Luder«.78 Auch für die historische schlesische Mundart gibt es nur Nachweise aus zweiter Hand.79 Das weist darauf hin, daß das Wort Mauschel dort im Verlauf von nicht einmal zweihundert Jahren nicht nur seine Namenfunktion, sondern auch den Gebrauch als Nomen appellativum vollständig eingebüßt hat. Der Vorgang läßt sich im preußischen Dialektgebiet gut verfolgen. 1883 wurde Mauschel für >Jude< noch ohne jede Einschränkimg genannt.80 Enqueten nach 1945 belegten jedoch, daß das Wort nur noch vereinzelt von Mundartsprechern, die aus Ostpreußen stammten, angegeben wurde. Außerdem hieß es, man habe es mit der Bedeutung >Jude< nur spöttisch gebraucht. Neue Bedeutungen, die es hundert Jahre zuvor noch nicht gegeben hatte, zeigen jedoch auch hier, daß sich die Bezeichnungsfunktion innerhalb von drei Generationen stark verändert hat.81 Eine Übertragung besonderer Art ist aus verschiedenen Gegenden des deutschen Sprachgebiets berichtet worden. Hier konnte mit Mausche und Mauschel auch eine weibliche Person bezeichnet werden. Das ist nicht so ungewöhnlich, wenn man die Konventionen berücksichtigt, die bis zum Erstarken der Emanzipationsbewegung Anrede und Benennung regelten. Ehefrauen wurden früher in manchen Situationen ganz offiziell nur mit dem Namen ihres Gatten bezeichnet, ganz gleich, ob es sich dabei um die Kaiserin Friedrich oder eine Frau Wilhelm Müller handelte. Wenn jedoch behauptet wird, Mausche sei eine »jüdische Benennung der Ehefrau« gewesen, dann kann das nur Scherz oder Irrtum sein.82 Anders verhält es sich mit dem schweizerischen Mauschi, das eine >träge, unreinliche, einfältige Weibsperson< bezeichnete und als verächtlicher Ausdruck für >Frau< benutzt wurde.83 Damit das Wort so gebraucht werden konnte, hatte es das grammatische Geschlecht wechseln müssen lind war vom Maskulinum zum Neutrum mutiert. Es entsprach so Bezeichnungen wie das Mensch >Frau< oder auch elliptischen

Mundartgebrauch

311

Formen wie das Erna statt das Mädchen Erna. In einem Text aus dem Jahr 1855 hieß es daher: »Das Einsiedler Mauschi [gieng] mit einem Gulden zur Kartenlegerin.«84 Bestätigt werden Genuswechsel und Bedeutungsentwicklung aus Norddeutschland. Im Nordharz war das Mauschel im Jahr 1927 ein Scheltwort »für ein schmieriges Frauenzimmer«, an der Oberweser wurde Mauschel noch nach 1945 als mißbilligender Ausdruck für ein Flüchtlingsmädchen verwendet.85 Im Südhessischen wurde mit dem Suffix -in eine Ableitung gebildet, die Ansprüchen an eine differenzierte Bezeichnung genügen konnte. Dort lautete das weibliche Pendant zu Mosche einfach die Moschin.86 Die Verwendung des Wortes Mauschel als Schimpfwort hatte sich schon vor Generationen angedeutet. In einem Text aus Schwaben hieß es 1738 »Verfluchter Mauschel, guck heraus!«87 und ein Mecklenburger beklagte »so'n frechen Mauschel«.88 In Köln wurde Mauschel zum Spottnamen für Juden,89 im Rheinland gebrauchte man das Wort zur Verächtlichmachung.90 In Lothringen war es schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts Bezeichnung für einen >unehrlichen Handelsjuden< und sogar für einen >Betrügerverschlagener, feiger Mensch, der schwer durchschaubar ist und andere verleumdet^ aber auch >maulfauler, verstockter MenschWarekleines, mit Zucker bestreutes Brötchen< und in Wintrich an der Mosel der >Schwamm an den Obstbäumen als Mauschel bezeichnet wurden." Unklar ist auch, ob die Verwendimg des Wortes für >OhrdrüsenschwellungMoseskopf< vor.100 Ebenso unerklärlich erscheint, daß in Ostpreußen Mauschel als Hundename gebraucht worden ist.101 Der Vorgang wird mit einem Blick auf den Ausdruck Mosche verständlicher, der im Südhessischen als »Schelte an ein widerspenstiges Tier« benutzt wurde.102 Von den Appellativa Mausche und Mauschel sind die Verben mauschen und mauscheln abgeleitet. Mauschen kommt in den Mundarten kaum vor. Aus Schwaben ist es mit dem Satz »Der Kauffmann wirdt mit der Wahr mauschen« belegt. Die Bedeutimg wurde >mit Kleinigkeiten Handel treiben< umschrieben.103 In Thüringen hieß es dagegen >beim Kartenspiel betrügenjüdisch, oder so unverständlich und wortreich wie ein Jude red e n schon 1883 für das Preußische gebucht.105 In den Darstellungen für die Mundarten Hessens, des Rheinlandes und Badens wird die erste dieser beiden Bedeutungen mit Formulierungen wie >sprechen, von den Juden untereinander^106 >Judendeutsch reden, 107 >jiddisch sprechen 108 und >jüdisch redenjüdisch-deutsch sprechen bedeutet,112 dann konnten damit beide Varianten des jüdischen Sprachgebrauchs in Frankfurt gemeint sein, das relikthafte Westjiddisch der traditionellen jüdischen Stadtmundart und das Ostjiddische der Immigranten.113 In manchen Mundarten bezeichnete mauscheln auch eine Art des Sprechens, die der jüdischen nur ähnlich war. Frischbier hatte dies für das Preußische 1883 mit der Paraphrase >so unverständlich und wortreich wie ein Jude reden< umschrieben.114 Follmann hat 1909 für das Lothringische die Bedeutung >herummurmeln wie die Juden in der Synagoge< festgehalten.115 Diese Sprachvarianten wurden in den rheinischen Mundarten durch die Formulierungen mach Art der Juden, näselnd sprechen und >in kauderwelscher, fremder Sprache sprechen umschrieben.116 Das Motiv für die Bedeutungsänderung lieferte der religiöse Ritus der Juden, der in seiner Andersartigkeit für die christliche Landbevölkerung schwer zu begreifen und wegen des Hebräischen als Sakralsprache unverständlich war.

314

Sechzehntes Kapitel

Während hier die Verwendungsweise des Wortes mauscheln ziemlich eindeutig ist, lassen sich andere Angaben verschieden ausdeuten. Wenn Fischer für das Schwäbische >reden wie ein Judewie ein Jude sprechend18 als Bedeutungsparaphrase wählten, dann konnte damit sowohl der Sprachgebrauch von Juden als auch eine Redeweise von Nichtjuden gemeint sein, die der jüdischen ähnelte. Luise Berthold bevorzugte für die Mundarten des nördlichen Hessens die Formulierung >nach Art der Juden redenjüdelnmit jiddischem Tonfall redenin kauderwelscher, fremder Sprache sprechen< wieder, die für mauscheln aus dem Rheinland belegt ist.131 Das Andersartige der jüdischen Sprache hat auch dazu geführt, daß man Nasalierung im Westen wie im Osten als mauscheln bezeichnete.132 Der Ausdruck wurde auch für >in den Bart brummenleise redenleise ins Ohr sagenin die Ohren zischelnwispelntuschelnundeutlich sprechen< kannte man im Westen wie im Osten, wenn auch die Nachweise aus dem Westen reichhaltiger sind.139 In Südhessen bezeichnete man mit mauscheln die Gewohnheit alter Leute, Selbstgespräche zu führen,140 in Frankfurt a. M. hieß es, undeutlich und zugleich unverständlich zu reden.141 Ein Ausdruck für >schnell und unverständlich sprechen< war mauscheln im Lothringischen.142 In Österreich bedeutet es noch

316

Sechzehntes Kapitel

heute, schwer verständlich zu reden.143 In Obersachsen sagte

man, der mauschelt was zesamttt', das kann kee Mensch verstehn,

wenn man ausdrücken wollte, daß leise und undeutlich gesprochen wurde.144 Unverständlich 2x1 sprechen, konnte mauscheln auch dort bedeuten, wo Juden auf dem Lande und in Kleinstädten lebten.145 Daß ein derartiges Sprechen undeutlich oder sogar unverständlich wirkte, führte dazu, den Sprechern Absicht zu unterstellen. Darum konnte mauscheln >heimlich reden^46 und geheimnisvoll reden< bedeuten,147 auch sich >im Geheimen miteinander verabreden^148 In Wien fragte man, was mauschelts denn miteinander, wenn man Heimlichkeiten beobachtet hatte.149 Ein gemeiner Unterton wie in Baden, wo mauscheln auch >heimlich und hinterhältig sprechen< bedeuten konnte, war aber eher selten.150 Immerhin hieß es im Obersächsischen auch >verleumden^151 Wie groß die Spannbreite der Redeweisen war, die mit dem Ausdruck mauscheln benannt wurden, machen einzelne Angaben deutlich. Im Rheinland hieß mauscheln auch »durcheinander erzählenhandelntauschen< und »heimlich tauschen< stehen158 und im Schwäbischen bedeuten, daß Kinder Spielwaren untereinander austauschten.159 Auch in Obersachsen wurde als mauscheln bezeichnet, daß Kinder untereinander handelten oder tauschten.160 In West- und Südwestdeutschland, wo Juden auf dem Lande als Händler tätig waren,

Mundartgebrauch

317

wurde mit mauscheln eine Besonderheit der Abwicklung der Geschäftsvorgänge benannt, die heute durch Reisen in fremde Länder allgemein bekannt ist, damals aber wegen ihrer Andersartigkeit negativ bewertet wurde. Denn wenn der Preis in langwierigen Gesprächen ausgehandelt wird, kann das auch ein Gesellschaftsspiel sein, bei dem beide Partner ihr Vergnügen finden. Wer dies nicht schätzt oder die Regeln nicht durchschaut, muß das Gefühl bekommen, übervorteilt zu werden. In solchen Fällen stand mauscheln für feilschend handelnd61 oder >schachernim Geheimen verhandele bedeuten,164 aber auch, >kleine, unerlaubte Geschäfte machenunsaubere Geschäfte tätigenunklare Sachen machenunordentlich arbeiten^168 >ohne Sauberkeit, schmierig bei der Arbeit seinim Schmutz arbeiten^ 170 Einen weiteren Schub erhielt die Bedeutungsentfaltung des Wortes dadurch, daß das Unverständliche und Unerklärliche der mit mauscheln benannten Handlungen als planvoll und vorsätzlich angesehen wurde. Nim konnte nicht nur heimliches Reden, sondern überhaupt alles, was im Geheimen getan wurde, als mauscheln bezeichnet werden. Es stand für verheimlichen^ 71 und geheimnisvoll tunim Geheimen verhandeln^ 73 und »heimlich etwas tunheimlich tauschend75 und >heimlich betrügenheimlich verstecken, verschieben^ 77 und »heimlich etwas in einer Sache machen wie es nicht sein sollheimlich spielen* als für sich hin mauscheln bezeichnet wurde,179 und für Kleinhandelsformen, bei denen täuschein und mäuscheln >sich mit heimlichen und unerlaubten Geschäftchen abgeben< bedeutete.180 Mit dem Heimlichen war in der Vorstellving der Landbevölkerung das Unklare, Unsaubere, Unerlaubte und Unehrliche verbunden. Mauscheln konnte daher auch heißen, unklare Sachen zu machen,181 unsaubere Geschäfte zu tätigen,182 kleine, unerlaubte Geschäfte zu machen,183 unehrlich zu handeln184 und sogar zu stehlen.185 Damit kommt ein weiteres Benennungsmotiv zum Vorschein, das dem Ausdruck mauscheln in vielen Verwendungen zugrundeliegt. Schon 1820 wurde mauscheln in Mundarten der Provinz Posen mit >betrügen< gleichgesetzt186 und seither immer wieder so bestätigt.187 Daß dabei auf Vorgänge beim Warenhandel verwiesen wurde, deutet darauf hin, daß auch hier das Benennungsmotiv aus den Handelspraktiken abgeleitet worden ist. Schon 1866 war mauscheln in Tirol, wo es wenig Juden gab, gleichbedeutend mit >im Handel betrügenBetrügen, schachern< bedeutete es auch in Baden,189 >betrügen< und besonders >in betrügerischer Absicht bessere Waren mit schlechteren mischen* im Rheinland,190 >in der Obststeige schlechte Waren nach unten und gute nach oben legen< sowie >Wein fälschen* in den Obst- und Weinanbaugebieten des ehemaligen Großherzogtums Hessen.191 Während hier unlautere Geschäftspraktiken von Obsterzeugern und Weinhändlem angeprangert wurden, hieß mauscheln schon im vorigen Jahrhundert weithin, in einer Sache den eigenen Vorteil zum Schaden anderer zu suchen.192 Auch Betrug beim Kartenspiel galt offenbar als mauscheln, doch ist dies weniger klar, weil es den Lexikographen hier vielfach an Sachkenntnis mangelte und die Angaben in den Mundartwörterbüchern daher oft ungenau und manchmal sogar falsch sind. Wenn in Obersachsen jemand sagte, iech hoo's gesah, der hoot gemauschelt, dann bezichtigte er einen anderen des Spielbetrugs.193 Im Vergleich mit mauscheln wirkt die Verbableitung vermauscheln wie eine Steigerung. Mit ihr konnten verschiedene Hand-

Mundartgebrauch

319

lungen und Tätigkeiten bezeichnet werden, in denen jeweils ein geheimnisvoller, mitunter betrügerischer Zug zum Vorschein kam. Der Bezug zur Grundbedeutung wurde mit der Paraphrase >auf jüdische Weise verhandele nur in Schwaben ausdrücklich aufgezeigt.194 Für die Verwendung in der Frage Mensch, was willst du dann noch vermauscheln? gab Frischbier 1883 zwar die

Bedeutungsangabe »verkaufen, verschachernverschachern< deutlich genug. Sie war auch für die Verwendung des Wortes in den schwäbischen Mundarten genannt worden.196 Sonst hieß vermauscheln >vertuschenverhehlenverschleppen< oder >durch Stöbern, Wühlen in Unordnung bringend" und >heimlich beiseite schaffenein Ding auf heimliche Weise wegpracticierenein Kartenspiel^207 aus Südhessen Mauschele als >ein (verbotenes) Kartenspiel< gemeldet.208 Hier hat sich der Lexikograph, der seine Belege aus der Wortfamilie Mauscheln im Wörterbuch unter verschiedenen Leitformen genannt hat, selbst ein Schnippchen geschlagen. Da er neben Mauschele auch Moschele als Name eines Spiels anführt, hat er es, vielleicht um einen Unterschied zu postulieren, mit der abweichenden Erklärung >ein Kartenspiel versehen.209 Während die Sprachforscher mit dem Glücksspiel ihre Schwierigkeiten

320

Sechzehntes Kapitel

hatten, gab es in der Bevölkerung hervorragende Kenner, besonders in Ostpreußen, wo das Spiel überall bekannt war.210 Mauscheln hieß auch, das Kartenspiel Mauscheln zu spielen, Mauschier war derjenige Spieler, der das Spiel machen mußte.211 Eine korrekte Umschreibung des Spiels findet man erstaunlicherweise selten.212 Es wurde durch die Formulierung >mit Karten eine Art Glücksspiel spielenein bestimmtes Kartenspiel spielenKarten spielenJudeJude, der mauschelt^231 Obwohl in den Wörterbucheinträgen entsprechende Hinweise fehlen, muß doch unterstellt werden, daß in Ostpreußen nicht jeder Jude und im Rheinland nicht jeder, der in irgendeiner Bedeutung des Wortes mauschelte, als Mauscheljude bezeichnete werden konnte. Der Ausdruck wurde wohl vor allem für jüdische Kleinhändler oder für Ostjuden gebraucht, die das rezente Ostjiddisch oder ein stark jiddisch gefärbtes Deutsch sprachen. Diese Vermutung wird aus Köln bestätigt, wo Mauschelsjüd und Mauschelsjüdde für >Handelsjude< standen.232 In dem Ausdruck ahle fahle Muschelsjüdd aus dem Jahr 1859 kommt zudem ein starkes Vergnügen am Sprachklang zum Vorschein.233 Die Vermutung, das Kompositum habe der Spezifikation gedient, wird vom schwäbischen Ausdruck Mauschejude für >Krämerjude< gestützt.234 Die Bezeichnung Judenmauschel, in der die beiden Bestandteile in umgekehrter Reihenfolge angeordnet sind, hat Johann Peter Hebel in einer Kalendergeschichte problematisiert.235 Noch im 20. Jahrhundert wurde Judenmauschel im Rheinland als Spitzname für Juden gebraucht.236 Daß das Wort auch Bezeichnung für einen Pilz war, erklärt sich wohl daraus, daß die Mund-

322

Sechzehntes Kapitel

artlautungen der Wörter Mauschel und Morchel zur spielerischen oder ironischen Vertauschung Anlaß gaben.237 Bei der Ableitung von Personenbezeichnungen begegnen in den Mundarten die Typen Mauscher, Mauschier und Mauscheier.

Davon ist Mauscher am seltensten belegt; es wäre als Ableitung vom ebenso wenig gebrauchten Verbum mauschen zu verstehen.238 Das ist vielleicht ein Grund dafür, daß der südhessische Ausdruck Mousch€ >Betrügermischen, kneten< bezogen wurde.239 Die Verbindung zu Mausche hatte Zaupser mit dem bairischen Mauscherl >Jude< bereits im Jahr 1789 hergestellt.240 Mauschier und Mauscheier lautete die Form der Personenbezeichnung vom Rheinland bis nach Lothringen.241 Während hier der Konnex mit dem Ausgangswort durch die Angabe > unehrlicher Handelsjude, Betrüger< noch sichtbar blieb,242 war dieser Hintergrund andernorts verblaßt. In den Mundarten an Saar und Obermosel stand Mauscheier darum nicht mehr für >Judeunehrlicher Händler< und für >Betrüger< überhaupt.243 In Saarbrücken wurde Mauscheier durch Mauschier erklärt.244 Für die südhessischen Mundarten unterschieden die Lexikographen zwischen der Lautform Mauscheier als Bezeichnung für einen >Einflüsterer der Gaunersprache^ was auch immer das sein mag,245 und der Lautform MquschW, die als Ableitung vom Verbum moschein mit der Bedeutung feilschend handeln< angesehen wurde.246 Eine Sonderform stellt die aus Schwaben belegte Bezeichnimg Maunscheler für >Jude< dar, die auf die Nebenform maunscheln des Verbums mauscheln mit der Bedeutung >verborgen handeln< zurückgeführt wird.247 Nasalierung galt als typisches Merkmal jüdischer Sprechweise,248 so daß mauscheln sogar eine Bezeichnving für nasale Artikulation werden konnte.249 In Südhessen war ein Mau"scheler ein Mensch, der nicht ehrlich ist.250 Die mit mauschen und mauscheln bezeichneten Tätigkeiten wurden früher zusammenfassend Mauscherei genannt. Schwä-

Mundartgebrauch

323

bische Quellen belegen das Wort mit der Bedeutung betrügerischer Handel, Schachen schon aus den Jahren 1623 und 1642.251 Die rheinischen Mundartwörter Mauscherei und Gemausch standen für >Gemisch, Durcheinander^ aber auch für >Geschwätz, das durcheinandergehfc.252 In Mittelhessen war Gemauschel, in den Lautformen auch Gemuschel oder Gemouschel, ein > Durcheinander^253 Gemauscheis ließ an Saar und Obermosel an Gaunerei denken.254 Im Rheinland war Gemauschel oder Gemauscheis ein Ausdruck, mit dem die Handlungen zusammenfassend benannt werden konnten, die durch das Verbum mauscheln ausgedrückt wurden.255 In der Pfalz war Gemauschel >unverständliches Reden der JudenBetrügereiUnordnung, Verwirrung^258 In den preußischen Mundarten war Mauschelei 1883 ein Ausdruck, der in beiden dort üblichen Bedeutungen des Verbums mauscheln, >jüdisch, oder so unverständlich und wortreich wie ein Jude reden< und >handeln, schachern, mit dem Nebenbegriff der Unredlichkeit^ gebraucht wurde.259 Aus dem Hadeler Land an der Unterelbe wurde Mauschelee 1959 mit der etwas unbeholfen klingenden Bedeutung >Jüdischsprecherei< gebucht.260 Neben Mauscherei, Gemauschel und Mauschelei wurde auch Mauschelerei als zusammenfassender Ausdruck gebraucht261 In Lothringen war das Wort gleichbedeutend mit >Betrügereijüdisch, oder so unverständlich und wortreich wie ein Jude redenhandeln, schachern, mit dem Nebenbegriff der Unredlichkeit^265 Wenn man es genau besieht, hat der Lexikograph sogar drei Einzelbedeutungen unterschieden, denn die erste besteht aus der Teilbedeutung >jüdisch reden< und einer zweiten, übertragenen, die er mit der Paraphrase >so unverständlich und wortreich wie ein Jude reden< umschrieben hat. Ein Jahrhundert später sind im Preussischen Wörterbuch für mauscheln sechs Bedeutungen angeben: erstens »unverständlich, näselnd sprechen; heimlich redenetwas vermischen^ drittens >mit zahnlosem Munde kauenmit zahnlosem Munde kauen< hat Frischbier vielleicht deshalb nicht genannt, weil er sich der etymologischen Zuordnung und daher auch der Lautform nicht sicher war.268 Da er die Wortfamilie Mauscheln auf Mauschel und Mausche zurückführte, ließ sich eine Bedeutung wie >mit zahnlosem Munde kauen< nur schlecht mit dem Wort in Verbindung bringen. Im Gegenzug ist in den Bedeutungsangaben des neuen Wörterbuchs kein Hinweis mehr darauf enthalten, daß mauscheln ein Ausdruck war, der auf etwas Jüdisches Bezug nahm. Wichtige semantische Details, die 1883 dokumentiert wurden und bis 1945 nicht völlig in Vergessenheit geraten sein können, treten hier nicht mehr in Erscheinung. Da die Lexikographen das Material nicht gefiltert haben, muß vermutet werden, daß solche Angaben von der sprachlichen Selbstkontrolle der Informanten unterdrückt wurden. Das würde wiederum darauf hindeuten, daß auch die Mundartsprecher auf ein Tabu reagiert haben, mit dem nach 1945 alles Jüdische und ganz besonders das Wort mauscheln belegt worden sind.269 So verschieden wie diese beiden Darstellungen des Wortes mauscheln in den preußischen Mundarten sind auch zwei Wörterbucheinträge, mit denen der Gebrauch in Obersachsen wiedergegeben wird. Müller-Fraureuth nannte für mauscheln 1914 zwei Bedeutungen, bezweifelte aber, daß sie »zu jüd. mauschel«

326

Sechzehntes Kapitel

zu stellen sind.270 Die erste Bedeutung >beim Kartenspiel Tippen heimlich spielengeringe Freßlust zeigen, wenn eine Krankheit im Anzug istleise und undeutlich sprechen^ davon übertragen >miteinander tuscheln, jemanden verleumden^ zweitens >ein Kartenspiel machen, bei dem man die Mitspieler bewußt täuschtbetrügen (beim Kartenspiel)< und >handeln und tauschen (unter Kindern)wortkarg und in sich gekehrt umhergehen, unpäßlich sein, kränkelnbeim Kartenspiel Tippen heimlich spielen< mit dem mauscheln in Verbindung brachte, das auf Mauschel zurückzuführen ist, haben seine heutigen Kollegen das Wort sogar in d e m Satz ich mächt bluß wissen, ivos mit ne Helmut lus is, seit e paar Togen maschelt e remm w i e d e r g e f u n d e n . A u c h w e n n m a n

etymologische Überlegungen außer acht läßt, bleibt bemerkenswert, daß mauscheln hier gerade das Gegenteil von dem ausdrückt, was sonst in den Mundarten mit dem Wort verbunden wird. Ein drittes Beispiel für den Umgang der Lexikographen mit dem mundartlichen Wortschatz liefern zwei Wörterbücher für das Schwäbische. Auf der Grundlage reichhaltigen Materials dokumentierte Hermann Fischer das Wort mauscheln 1914 mit zwei Bedeutungsgruppen.272 Die erste umfaßte vierzehn Bedeutungsvarianten, die von Nuancierungen bis zu unterschiedlichen Teilbedeutungen reichten: mach Judenart schachernim Geheimen verhandeln^ >verschachernverheimlichenim Geheimen miteinander verabredenheimlich plaudern< und >in die Ohren zischeln^ Die zweite Gruppe enthielt nur die Bedeutung >ohne Zähne kauenschachernim Geheimen verhandeln^ >verschachernim Geheimen miteinander verabredenheimlich plaudern< und >in die Ohren zischelnKapitalistpassionierter Viehliebhaber< für Kuhmosche275 und Leidenschaft-

328

Sechzehntes Kapitel

licher Pferdeliebhaber für Gäulsmosche276 nur noch einen Reflex der Zustände, wie sie bis 1933 bestanden. Deutlicher treten sie noch in den Ausdrücken Kuhjude jüdischer Viehhändler und Gäulsjude jüdischer Pferdehändler hervor.277 Die Wörter Hundsmosche und Katzenmosche für Hunde- und Katzenliebhaber278 zeigen indes, wie sehr das Wort Mausche sich vom jüdischen Personennamen über das Appellativum mit der Bedeutung >Jude< bis zur Bezeichnung für eine Person entwickelt hat, die durch nichts anderes als die Leidenschaft für eine bestimmte Sache charakterisiert ist. Ob der Katzenmoscher von Mausche oder von moschen abgeleitet ist, dessen erschlossene Bedeutimg >kneten< der Lexikograph in diesem Kompositum als >liebkosend abdrücken< empfand, ist von untergeordneter Bedeutung.279 Neben dem Katzenmosche und dem Katzenmoscher kannte man in Südhessen auch den Katzenmoscheler und die Katzenmoschelerin-280 Es ist kaum denkbar, daß die Sprecher zwischen diesen gleichbedeutenden Ausdrücken einen Unterschied gemacht haben. Leidenschaft für das Kartenspiel war im Rheinland für den Kartenmausche charakteristisch,281 Leidenschaft für das Klickerspiel in Südhessen für den Klickermosche,282 Als Schmiermosche galt dort ein >Kind, das sich gerne anschmiegtschmutzige Weibsperson< ein obszönes Wort anderer Herkunft anklingen könnte, ist möglich. Mit Spitznamen werden die Wörter Mausche und Mauschel in die Namenfunktion zurückgeführt. Blechmosche war im Südhessischen der Übername eines Spenglers,285 Brillenmauschel in Baden ein Scherzwort für einen Brillenträger.286 Daß Brillennazi dort ein Schimpfwort war, das auch scherzhaft verwendet werden konnte, darf nicht verwundern. Nazi war hier nur die Koseform des Namens Ignatius.287 Auf Details der jüdischen Lebensführung deuten die Wörter Mauschelzahn und Mauschelzehe hin, die in Koblenz-Vallendar

scherzhaft für >Knoblauch< gebraucht worden sein sollen.288 Inwieweit es sich dabei um Bildungen handelt, die bloß einen momentanen Einfall wiedergeben, oder in welchem Umfange

Mundartgebrauch

329

sie wenigstens in diesem Ort allgemein bekannt waren, ist nicht überliefert. Der Lexikograph Heinz Küpper hat in seine Sammlungen zur deutschen Umgangssprache viele Scherzausdrücke aufgenommen, die ihm sogenannte Sprachfreunde eingesandt haben.289 Vielleicht enthält auch der im Jahre 1941 veröffentlichte Band des Rheinischen Wörterbuchs mit Mauschelzahn und Mauschelzehe Beispiele des rheinischen Humors. Das Mauschspil, das in einer schwäbischen Quelle des Jahres 1623 genannt worden ist, steht für betrügerisches SpielWein fälschen< heute als Hauptbedeutung des Wortes mauscheln gilt.294 Dabei deutet nichts darauf hin, daß Juden hier ihre Hand im Spiel haben könnten. Das gilt auch für stehende Wendungen und Redensarten. Sie sind ein Zeichen dafür, wie tief einzelne Ausdrücke in die Mundarten integriert worden sind. Hockelmosche mache hieß in Südhessen, ein Kind huckepack zu tragen.295 Moschepapi, in Mainz als Bezeichnung für einen Großkopfeten gebraucht,296 war vielleicht ursprünglich ein scherzhafter Ausdruck für denjenigen, auf dem ein Kind Hockelmosche machen durfte. Die Wendung dau kans mech mauscheln wurde in der Eifel schon 1860 anstelle des Götz-Zitats gebraucht.297 Die Mundartforscher umschrieben dies 1941 schamhaft dadurch, daß sie den Satz als

330

Sechzehntes Kapitel

»abschließende] Antwort« bezeichneten. Die Aufforderung de kannsch misch mauschele, wie sie in Saarbrücken bekannt war, wurde durch die Formulierung >du kannst mich gern haben< nicht weniger verschämt wiedergegeben.298 Vielleicht liefern diese beiden Belege auch eine Erklärung dafür, warum mauschel(e)n an Saar und Obermosel sowie in Saarbrücken ein Ausdruck für sexuelle Belästigung war.299 Während sich die zuletzt genannte Verwendung des Wortes mauscheln als Ergebnis eines Prozesses verstehen läßt, durch den sich die Bedeutung von >reden< über >schmeicheln< bis zu >mißbrauchen< veränderte, sind in anderen Fällen Zweifel daran angebracht, daß dem abweichenden Wortgebrauch derartige Übertragimgsvorgänge zugrundeliegen. In Baden konnte man das mühevolle Essen älterer, zahnloser Leute auch mauscheln nennen,300 in den Ostgebieten Ostpreußens hieß mauscheln vereinzelt auch >mit zahnlosem Munde kauenmit vollen Backen kauengierigunlustig essen< umschrieben,302 in den Mundarten an Saar und Obermosel bedeutete mauschel(e)n auch >tüchtig essenganz gemächlich arbeiten«, >langsam, ohne rechten Appetit essendie Liebenswürdige spielen«, was besonders »gefallsüchtigen Weibern« nachgesagt wurde.306 Dieses Spektrum der Wortformen und Bedeutungen stützt die Vermutving, daß hier andere Etyma mit dem Wort mauscheln, wie es von Mausche oder Mauschel abzuleiten ist, verschmolzen wurden.

Mundartgebrauch

331

Diese Annahme wird durch den Wortgebrauch im Ostmitteldeutschen bestätigt. In Obersachsen wurde mit der Formulierung ein Kalb mauschelt ausgedrückt, daß das Tier geringe Lust zum Fressen zeigte, woraus auf eine beginnende Krankheit geschlossen wurde.307 In Schlesien stand mauscheln in diesem Sinne für »kränklich sein, ohne im Bett zu liegen^308 Herummauscheln gilt in Obersachsen noch immer als Ausdruck dafür, daß sich jemand >wortkarg und in sich gekehrt verhältkränkeltErnährer, Kostgeber, Vorsteher, Pfleger, Gemeindevorsteher^315 wobei das Wort in den jüdischen Gemeinden vor allem in der letzten Bedeutung gebraucht wurde. In Südhessen war Barnes der >Vorsteher der JudengemeindeRädelsführerOberamtmannBürgermeister< und >Rädelsführer< noch eine gleichsam adäquate Übertragung darstellt, so gilt das nicht für die Ausdrücke Schammes und Meschores, die sich in den südhessischen Mundarten offenbar noch größerer Beliebtheit erfreuten. schammesch, schammes hieß im Jiddischen der >Synagogendiener, Schuldiener, Küster< 320 In der Gaunersprache war Schammes seit Anfang des 19. Jahrhunderts ein Wort für >Diener, Gerichtsdiener, Schuldiener, Küster, KantorVorgesetzter, ChefVorarbeiterAngeber< und >WichtigtuerDiener, Bedienter, KnechtAbdeckerknechtwillfähriger Dienerum geringen Lohn als Knecht oder Diener die niedrigsten Arbeiten zu verrichtenRädelsführerHauptanführerHauptanführer, Rädelsführer< bedeuteten.327 Ein Tamburmaschores war der Tambourmajor. 328 Auch bei Oberschote als Ausdruck für den Vorgesetzten329 mußte das Grundwort ironisch umgewertet werden. Das jiddische FlUTU? schote >NarrSchlauberger< und >Spaßvogelvertuscheneiner, der nicht ehrlich ist«.79 In den westmitteldeutschen Mundarten werden mit mauscheln zahlreiche Bedeutungen aufgerufen. Soweit ein Zusammenhang mit Mausche und Mauschel noch erkennbar ist, wird fast nur die Lautform mauscheln verwendet. Im Rheinland stand mauscheln in dieser Hinsicht für >sprechen, von den Juden untereinander«,80 in Südhessen für >Judendeutsch reden«,81 in der Pfalz für

346

Siebzehntes Kapitel

>jiddisch sprechen^82 Wenn mauscheln im Rheinland und in Hessen-Nassau dagegen mach Art der Juden sprechen< bedeutete83 und dies im Rheinland als >näselnd< oder >in kauderwelscher, fremder Sprache sprechen< erklärt wurde, dann hatte sich die Bedeutung des Wortes aus dem ursprünglichen Zusammenhang bereits entfernt. In diesen Gebrauchsweisen konnte mauscheln in den westmitteldeutschen Mundarten nicht durch einen Ausdruck wie moschein oder muscheln ersetzt werden. Das läßt vermuten, daß hier der Ausgangspunkt oder Kern des Bedeutungsspektrums liegen könnte. Sollten andere Formen des Redens bezeichnet werden, konnten die Sprecher in vielen Gebieten zwischen den Formen mauscheln, moschein und muscheln wählen. Im Rheinland stand mauscheln dann für >undeutlich sprechen^ >in den Bart brummenundeutlich redenschwätzen< und >räsonierenunverständlich sprechen^ aber auch >leise ins Ohr sagen< und heimlich redenUndeutlich sprechen< konnte man im Rheinland auch moschein und muscheln nennen.87 Muscheln bedeutete dort aber auch, im Flüsterton zu sprechen oder zu tuscheln. Wenn kleine Kinder undeutlich redeten, nannte man das im Rheinland nicht mauscheln, sondern muscheln. Das war auch eine Bezeichnung dafür, sich mit jemandem heimlich zu verabreden oder heimlich zu tun. Im nördlichen Hessen hieß muscheln >unverständlich sprechen^88 wofür in Südhessen mauscheln stand.89 In der Pfalz galt muscheln als >heimlich tun< und >miteinander flüstern^90 Eine der wichtigsten Funktionen des Wortes mauscheln bestand in ganz Deutschland darin, Handelspraktiken zu bezeichnen, an denen Juden beteiligt waren.91 Daß dies 1941 für das Rheinland nicht ausdrücklich betont wurde, kann daran liegen, daß dieser Umstand damals noch allgemein bekannt war, aber auch daran, daß man zu dieser Zeit den politischen Umständen

Wortkontakte

347

Tribut zollen mußte. Die Bedeutungsparaphrase >handeln, schachern, besonders im Tausch< vermied allzu viele Worte und war für den Mundartkenner doch eindeutig.92 Jahrzehnte später konnte das Südhessische Wörterbuch den Sachverhalt mit feilschend handeln, z.B. vom Viehjuden< umschreiben,93 ohne daß dies anstößig wirkte. Daß mauscheln in Südhessen auch für >unsaubere Geschäfte machen< stehen konnte, zeigt an, in welcher Weise sich die Bedeutung hier bereits verändert hatte. Einige Bedeutungszüge wurden auf moschein und muscheln übertragen. Moschein konnte danach im Südhessischen feilschend handeln< heißen, aber auch >geschäftig sein, doch ohne klares Ziel und ohne rechten Erfolg< und >herumwurstelnheimlich einen Kauf verabreden und bezeichnete einen Tauschhandel, den Kinder betrieben oder Frauen, ohne daß der Ehemann etwas davon wußte.95 In diesem Eintrag aus dem Jahr 1941 spiegeln sich noch Rechts- und Sozialnormen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg langsam verändert werden konnten. Im Südhessischen ist davon nichts mehr erkennbar, wenn muscheln als >unlautere Händel machen< bezeichnet wird.96 Moschein und muscheln wurden in den Dialekten zur Bedeutungsdifferenzierung verwendet. Dabei war der Bezug auf Juden, der vielleicht auch in diesem Bereich ursprünglich einmal assoziiert worden war, in den Dialekten schon bedeutungslos geworden. Aus der Bedeutung >unverständlich reden< entwickelte sich die Bedeutung >unverständlich handelnetwas heimlich tun, geheimnisvoll tun< verstanden wird.97 Auch in der Pfalz ist das Wort in diesem Sinne bekannt.98 Wieder läßt sich beobachten, daß dieses Bedeutungspotential auch mit muscheln verbunden wird. Im Rheinland stand das Wort nicht nur für >heimlich einen Kauf verabreden^ sondern auch für >heimlich in etwas stöbern und in Verwirrung bringenzum Schein, ohne Appetit essen< steht.158 Eine weitere Verschiebung führt zur Bedeutung »heimlich naschen«, für die mit mautschen nochmals ein klanglich motiviertes Synonym zur Verfügung steht.159 In den westmitteldeutschen Mundarten bezeichnen manschen und manschein fast immer >essen< auf eine besondere Art: schmatzend, unappetitlich, mit vollen Backen, gierig, ohne Zähne, breüg, langsam, wie das Vieh.160 In Südhessen heißt auch moschein >mit vollen Backen kauen, gierig essenein wenig essengierig essen< und »zahnlos kauen< demnach auch die harten Lebensumstände der Juden zum Ausdruck bringen, wie sie schon Heinrich Heine in Polen beobachtet hatte.163 Wie bei der Bedeutung >essen< sind besondere Einflüsse auch zu vermuten, wenn mauscheln zur Bezeichnving eines Krankheitszustands gebraucht wird. Wiederum stammen die Belege nur aus einer Gegend des deutschen Sprachraums. Während die

354

Siebzehntes Kapitel

Nachweise dafür, daß mauscheln auch für >essen< stehen kann, im wesentlichen aus westmittel- und westoberdeutschen Dialekten mit Nähe zum französischen Sprachgebiet geliefert wurden, handelt es sich diesmal mit dem Obersächsischen und Schlesischen um Mundarten in der Nähe zum slawischen Sprachgebiet. In Schlesien hieß mauscheln >kränklich sein, ohne im Bett zu liegenkränkelnkränklich, matt< in der Wendung mauschel aussehen >schlecht aussehen< und mauschel tun >krank spielenmißmutig, unpäßlich, ein wenig krank< wird aus Obersachsen in den Wendungen mauschlig sein oder mauschlig tun gebraucht, kommt aber selten vor.167 Auch für den Ausdruck mauschelig aussehen für >schlecht aussehen gibt es nur wenige Nachweise aus Schlesien.168 Die geringe Belegdichte zeigt an, daß diese Ausdrücke nur gelegentlich zu hören waren. Müller-Fraureuth hat Wort und Bedeutung schon 1914 aus Obersachsen nachgewiesen, allerdings in anderem Verwendungszusammenhang. Damals sagte man, ein Kalb mauschelt oder es tut mauschlig, wenn es nicht richtig fressen wollte und sich die Vorboten einer Krankheit zeigten.169 Während Müller-Fraureuth bezweifelte, daß die Bezeichnimg etymologisch etwas mit dem Jüdischen zu tun habe, haben seine Nachfolger etymologische Bedenken entschlossen über Bord geworfen und mauschlig >krank< mit Mauschel >Jude< in Verbindung gebracht.170 Es ist aber nicht ersichtlich, wie ein Konnex von der Bedeutung mach Art der Juden handeln< zur Bedeutung >kränkeln< beschaffen sein kann. Vielleicht ist daher dem Hinweis von Müller-Fraureuth nachzugehen, der einen Zusammenhang mit Mauche >Unwohlsein< in Erwägung zog und dies auf ein slaw. muka >Plage< zurückführte.171 Die Bedeutung von mauscheln für >kränkeln< hätte sich dann wie bei mauscheln für >essen< unter dem Einfluß eines Fremdworts entwickelt. Ein etymologischer Zusammenhang von mauschlig mit Mauschel ist nicht nur dann zu bestreiten, wenn das Wort für >krank< steht, sondern auch, wie in Obersachsen, für >unbe-

Wortkontakte

355

stimmt, trübe (vom Wetter)behäglich< von mauschlig »unbestimmt, trübe< getrennt und zu muscheln gestellt.174 Wieder haben seine Nachfolger anders entschieden und die drei Bedeutungen »unbestimmt, unsicher (vom Wetter)feuchtwarm< und >behaglich< aus dem Rheinland176 und mit es muscheld für »es fällt Schneeregen< aus Südhessen177 zwei weitere Belege dafür beibringen, daß es hier um Witterungsbezeichnungen geht. Sowohl mit feucht-warm wie mit Schnee-Regen werden Witterungsphänomene bezeichnet, bei denen die Verbindung verschiedener Eigenschaften besonders auffällig ist. In muschelig wie mauschlig dürfte deshalb der Bedeutungskern des Mischens und Mengens aufscheinen, der für das Verbum muscheln konstitutiv ist. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, daß das obersächsische Adjektiv mauschlig eine Ableitung von Mauschel darstellt. Die hessischen Bezeichnungen Miselrvetter und Muselwetter für »Tauwetter sowie Muselwetter und Muschelwetter für >Schneeregenhinter dem Rücken von jemandem über etwas redenmauschelnstimmtekomisches LaufenMenge nutzloser Dinge< oder Getimple >Gefasel< illustrieren, in welchem sprachlichen Umfeld Arno Schmidt das Gemauschele gesehen haben muß.29 Für einen Autor, der in seinem Werk von einem universalen Zugriff des Menschen auf alle ihm bekannten Sprachen ausging und dabei nationalsprachliche, dialektale oder soziolektale Unterschiede unberücksichtigt ließ, konnte es zwischen dem Gemauschele und einem schlesischen Gezischle oder Abergegläuble

Entwicklungstendenzen

361

sprachlich und stilistisch keine Grenze geben. Mit Hessengemauschel und dem schlesischen Gemauschele verwies Schmidt auf Mundarten oder Formen eines mundartlich gefärbten Hochdeutschs, die ihm gleichermaßen unangenehm waren. Auch in dieser Verwendimg blieb dem Wort Gemauschel jener pejorative Bedeutungszug erhalten, der ihm schon hundert Jahre zuvor seine aggressive Spitze gegeben hatte.30 Der genaue Zeitpunkt, von dem an Wörter aus der Wortfamilie Mauscheln wieder benutzt wurden, ist ebensowenig bekannt wie die Umstände, die es erlaubten, einen tabuisierten Ausdruck wieder zu gebrauchen. Da es aber geschah, muß entweder der Grund für den Verzicht in Vergessenheit geraten oder das Tabu bewußt mißachtet worden sein. Denn anders läßt sich nicht erklären, daß ein zur politischen Diskriminierung mißbrauchtes und danach tabuisiertes Wort ganz tinbekümmert wieder in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen worden ist. Heute gehört mauscheln bereits zum aktiven Wortschatz von Kindern im Vorschulalter.31 Das wäre ohne massenhaften Gebrauch in der Sprachgemeinschaft nicht denkbar. Die dazu notwendige Frequenz war jedoch in den Jahren 1966 und 1967 noch nicht vorhanden. Innerhalb von zwölf Monaten sind damals Wörter der Wortfamilie Mauscheln in den Tageszeitungen »Die Welt« und »Süddeutsche Zeitung« nicht ein einziges Mal verwendet worden.32 Die Duden-Redaktion hat 1994 zwei Textstellen aus den fünfziger und sechziger Jahren nachgewiesen, in denen das Wort mauscheln schon im später üblichen Sinn gebraucht zu sein scheint. Doch lassen sich die Formulierungen Dieser blöde Heini hat mit der Kommune gemauschelt aus dem Jahr 1958 33 und Was habt ihr denn da so heimlich zu

mauscheln? aus dem Jahr 196634 auch mit dem Verständnis des Wortes mauscheln um 1900 erklären. Schon zu dieser Zeit hatten einzelne Beobachter die Bedeutungen >die Hände übervorteilend in einer Sache haben, heimlich etwas in einer Sache machen wie es nicht sein sollheimlich etwas thunA11gemeiner Studenten-Ausschuß< legen die Vermutung nahe, daß das Wort mauscheln in Studentenkreisen mit neuem Inhalt wieder in Gebrauch genommen worden ist. Auch der älteste Beleg, über den das Institut für deutsche Sprache in seiner Dokumentation verfügt, gibt zufällig eine studentische Wortschöpfung wieder: »Studentenvertreter befürchten, daß es künftig Studienplätze für schöne Augen geben wird und reden unverblümt von einer >MauschelquoteArbeitsessen< teilnehmen (Küpper)54 1992 unterderhand, in undurchsichtiger Weise Vereinbarungen treffen; Gerüchte in die Welt setzen und weitertragen (Röhrich)55 1994 unterderhand in undurchsichtiger Weise Vorteile aushandeln, begünstigende Vereinbarungen treffen, Geschäfte machen (Duden)56 Diese Übersicht zeigt, wie sich Lexikographen bemühen, neue Entwicklungen in der Verkehrssprache darzustellen u n d dabei zu recht verschiedenen Ergebnissen kommen. Andererseits läßt sich aber auch beobachten, wie die Wörterbuchredaktionen in solchen Situationen bereit sind, bei den Bedeutungsparaphrasen voneinander zu lernen.

Entwicklungstendenzen

365

In grammatischer Hinsicht sind den Lexikographen beim neuen Sprachgebrauch die unpersönliche Passivkonstruktion vom Typ es wurde gemauschelt und die Fügung mit jemandem mauscheln aufgefallen. In Formulierungen wie in dieser Angelegenheit wurde gemauschelt,57 im Gemeinderat wird viel gemauschelt58 und was weiß ich, was da oben (im Aufsichtsrat) alles gemauschelt wird59 ist das Heimliche dieses neuen Mauscheins bereits durch die Wahl der Konstruktion zum Ausdruck gebracht. Der Urheber oder Veranlasser des mit mauscheln benannten Vorgangs kann so unerwähnt bleiben. Die Sprachwissenschaft hat dies als Kennzeichen eines auf Verschleierung bedachten Sprachstils erkannt, wie er in neuerer Zeit besonders von Politik und Presse geschätzt wird. Die Konstruktion mit jemandem mauscheln60 fordert hingegen, denjenigen zu nennen, der sich des Mauscheins bedient. Offenbar nicht durchgesetzt hat sich der Typ mit etwas mauscheln,61 der mit der Frage Mauscheln Vorstände unterderhand mit Kleingartenparzellen? einmal belegt ist.62 Das Wort unterderhand scheint den Lexikographen so sehr gefallen zu haben, daß sie es immer wieder zur Bedeutungsparaphrase von mauscheln benutzt haben.63 Die Fügungen etwas mauscheln und über etwas mauscheln sind erst 1994 ins Wörterbuch aufgenommen worden.64 Sie werden vom Sprachgebrauch der jüngeren Generation bestätigt.65 Einheitlicher als die syntaktischen Hinweise, aber wenig aussagekräftig sind die stilistischen Angaben. 1975 wird der Gebrauch als »salopp abwertend« bezeichnet,66 1978 als »umgangssprachlich abwertend«67 und 1982 als »umgangssprachlich«.68 Mauschelei umschreibt Küpper 1984 durch betrügerisches Verhandeln zum Schaden eines Dritten; GeheimpolitikGerüchtemacherei< als Bedeutving an, was von keinem anderen Wörterbuch, wohl aber 1996 aus mündlichem Sprachgebrauch bestätigt wird.70 1992 wird Mauschelei als >undurchsichtiges Geschäft am Rande der Legalität^71 1994 als >dauerndes Mauscheln< bezeichnet.72 Das beigefügte Zitat Mauscheleien und Ämterpatronage sind ... an der Tagesordnung3 läßt erkennen, daß der Ausdruck Mauscheleien schon 1980 zum Repertoire des Enthüllungsjournalismus gehörte. Für Mauschier,

366

Achtzehntes Kapitel

früher nur aus dem Mauschelspiel bekannt,74 hat Küpper 1970 die Bedeutung >einseitig mit Bleistift beschriebenes Löschblatt als Täuschungsmittel< gebucht.75 Das deutet darauf hin, daß der Ausdruck aus Schule oder Seminar stammt. Viele der von Küpper aus dem Schüler- und Studentenjargon angeführten Neuprägungen waren okkasionell und sind darum nicht dauerhaft in den Wortschatz aufgenommen worden. Das könnte auch für den Mauschier gelten, den so kein anderes Wörterbuch bezeugt. Vielleicht bezeichnete er zunächst den Schüler oder Studenten, der die Täuschung begeht, und wurde dann zum Ausdruck für das Mittel. Auf diese Weise wäre auch hier eine Entagentivierung bewirkt worden, die den Ausdruck wiederum gut in den semantischen Zusammenhang einordnen würde. Neuen Zusammensetzungen hat nur Küpper Aufmerksamkeit geschenkt. Bereits 1970 hat er mit Mauschelgremium und Mauschelverein Bezeichnungen angeführt,76 die den ironischen Umgangston unter Studenten in charakteristischer Weise wiedergeben. Mauschel-Essen für >Arbeitsessen von Politiken^ hat Küpper dagegen erst 1984 aufgenommen.77 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der neue Gebrauch des Wortes mauscheln längst über Studentenkreise und Universitätsgremien hinaus in den Bereich der allgemeinen Politik und der sie begleitenden Presse verbreitet. Wenn man aktuelle Entwicklungen im Wortschatz nachzeichnen will, dann reichen dazu die Wörterbücher in der Regel nicht aus. Das gilt ganz besonders für die Wortfamilie Mauscheln, deren lexikographischer Nachweis noch immer vom früheren Mißbrauch und vom Tabu der Nachkriegsjahre beeinträchtigt ist. Daher soll anhand von Pressetexten geprüft werden, auf welche Inhalte und Funktionen sich die Veränderungen erstrecken, die die einzelnen Wörter in den letzten Jahrzehnten erfahren haben.78 Mauscheleien werden zumeist in der Politik enthüllt,79 in der großen Politik ebenso wie in der Lokalpolitik.80 Daneben werden sie aber auch im Sport81 und in der Kulturszene ausgemacht.82 In der Wirtschaft scheinen sie entweder weniger verbreitet zu sein, seltener entdeckt oder anders bezeichnet zu

Entwicklungstendenzen

367

werden.83 Die Presse bringt Hinweise auf Mauscheleien in der Regel nicht als Nachricht, sondern behandelt sie in Berichten und Kommentaren. Das deutet darauf hin, daß mit dem Wort noch immer etwas nicht genau Faßbares beschrieben wird, das zudem als ehrenrührig empfunden werden muß. Nicht ungewöhnlich ist, daß diese Ausdrücke in Berichten erscheinen, die auf Pressemitteilungen basieren oder sonstige Meinungsäußerungen wiedergeben. Damit sie Aufmerksamkeit erregen, sind die zugrundeliegenden Informationen offenbar gepfeffert formuliert. Mit ihrer Wiedergabe können die Presseorgane ihrer Informationspflicht genügen, ohne in Gefahr zu geraten, ehrenrührige Behauptungen aufstellen zu müssen. Auch diejenigen Redaktionen, die sich der Aufdeckimg von Mauscheleien verschrieben haben, heben den Ausdruck gelegentlich für den Höhepunkt einer Kampagne auf. Das war 1985 im »Stern« bei Berichten über Verträge der hessischen Landesregierung mit der Atom-Industrie zu beobachten84 und 1988 bei Veröffentlichungen im »Spiegel« über Affären in RheinlandPfalz.85 In beiden Fällen gab es für das journalistische Interesse einen besonderen Anlaß. Es hatten sich jeweils neue Konstellationen in der Landespolitik ergeben. Als deren Wortführer daraufhin ins Licht der journalistischen Suchscheinwerfer gerieten, wurden sie mit Verdächtigungen überzogen, für die der Vorwurf der Mauschelei wohl besonders geeignet schien. Daß dieses Verfahren bis heute üblich ist, konnte man im Sommer 1996 sehen. Wieder war der »Spiegel« mit dem Vorwurf der Mauschelei an die Öffentlichkeit gegangen.86 Diesmal trat ihm die »Frankfurter Allgemeine« öffentlich entgegen und bezichtigte die Hamburger Kollegen der Manipulation: Vermutungen zum Thema Mauschelei pünktlich zur Session des IOC [...] »Angeblich« und »soll« und »wenn« - an derart vage Wörter ist der soeben veröffentlichte Verdacht geknüpft, daß [...] ein Mauschier sei, der von einer zehn Jahre zurückliegenden Wahlmanipulation in der internationalen Sportpolitik zumindest gewußt haben könnte. Reichlich viele Sicherungen sind in eine sogenannte Enthüllungsgeschichte eingebaut, die der »Spiegel« pünktlich zur 105. Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) vor den Jahrhundertspielen in Atlanta auf den Spekulationsmarkt gebracht hat. Ein Beitrag über zwei

368

Achtzehntes Kapitel

verschiedene Themen und zwei unterschiedliche Männer mit ein und demselben Effekt: Die Deutschen werden auf internationaler Bühne ins Zwielicht gezogen.87

Was hier vorgebracht wurde, läßt sich auch auf die Lokalpolitik übertragen. Dort findet man vergleichbare Vorgänge, bei denen Politiker aller Parteien mit dem Repertoire der Mauschel-YJörter als gesunkenem Kulturgut hantieren. Im Stadtrat einer Kleinstadt waren sich 1986 zwei Fraktionen wegen eines Bebauungsplans in die Haare geraten.88 Während die eine unterstellte, es sollten einem Grundbesitzer wirtschaftliche Vorteile verschafft werden, verwies die andere darauf, daß die Beschlüsse rechtmäßig und demokratisch gefaßt worden seien. Als die im Stadtrat unterlegene Fraktion danach von »Mauscheleien« sprach, wies die andere diesen Vorwurf empört zurück. Das Ringen um eine Entscheidimg war durch Pressemitteilungen in die Öffentlichkeit verlagert worden und wurde dort mit dem Kampfwort Mauscheleien ausgetragen. Die beiden Parteien, die sich hier mit Worten bekämpften, mußten sich in einer Nachbarstadt ein paar Jahre später bei einer vergleichbaren Sache gegen eine dritte Partei zur Wehr setzen.89 Diesmal lautete der Vorwurf, zwei Fraktionen hätten die Besetzung einer gut dotierten Stelle »untereinander >ausgemauscheltHinter verschlossenen Türen< sei >gemauschelt< worden bei der Einstellung des neuen Geschäftsführers«.92 Wieder blieb von den Vorwürfen bei näherem Zusehen nichts übrig, doch hatte die Behauptung so viel Aufsehen erregt, daß die Urheber allein schon damit zufrieden sein konnten. Auch in Österreich galten Versuche, einen Geschäftsführer aus seiner Position zu drängen und einen anderen an seine Stelle zu bringen, als Mauschelei. »Politische Hörigkeiten und Mauschelei rund um die Kärntner Tourismus Gesellschaft«, titelte daraufhin die Presse.93 Mit Mauscheln oder Mauschelei werden »sachfremde«,94 »einträgliche«95 oder »dubiose Geschäfte«96 in Verbindung gebracht. »Mauschelei zum eigenen Vorteil oder zu dem einer Gruppe« gilt einem Geistlichen, der sich mit Fragen der Beziehungen zwischen Menschen beschäftigt, als »unverantwortlich bis verwerflich«.97 Sie wird mit Arrangements verglichen,98 unterscheidet sich aber von erlaubten oder wünschenswerten Kompromissen durch Einseitigkeit und Vorteilsnahme.99 Mauschelei zielt darum nach allgemeiner Ansicht auf die Erlangung von Privilegien,100 für die auch Manipulationen in Kauf genommen werden.101 Sie kann an die Grenze der Korruption führen102 oder sogar in Korruption ausarten.103 Dann wird erwartet, daß man auch »seinerseits gefällig« ist.104 Man vermutet Mauschelei in politischen Zirkeln und Gremien,105 vor allem in inoffiziellen Gesprächsrunden und Arbeitskreisen,106 Kommissionen und Ausschüssen,107 bei Regierungen,108 Verwaltungen und in der Industrie,109 also überall da, wo einzelne Personen oder kleine Gruppen Entscheidungen vorbereiten und herbeiführen, die der Kontrolle durch Außenstehende entzogen sind. Mauscheleien sind offenbar die Kehrseite einer Gesellschaft, in der nicht nur Volksvertreter, sondern auch Vereinigungen und Verbände, Interessengruppen und Lobbyisten Politik machen oder zumindest durch ihren Einfluß zur Entscheidungsfindung beitragen. Dementsprechend wird im Zusammenhang mit Mauscheln und Mauschelei von Geheimgesprächen gesprochen.110 Mauschelei wird vielen zugetraut. Man

370

Achtzehntes Kapitel

stellt sich vor, daß sie ebenso von Fraktionen111 wie von Verbänden112 betrieben wird. Man behauptet sie mit einem Politiker113 oder mit SED-Bonzen,114 zwischen Architekten, Bauherren und Verwaltung,115 zwischen Ministerium und Industrie116 sowie zwischen Personen.117 Mauschelei wird im Bauausschuß118 aufgedeckt, Gemauschel mit der PDS119 unterstellt. Mauscheln und Mauschelei verschaffen Vorteile, bei Wahlen,120 wenn man vorher die Chancen sondiert, bei der Vergabe von Subventionen,121 bei der die Mittel nicht ausreichen, um alle Anträge zu bewilligen, bei der Besetzung einer Stelle,122 die nur einmal vergeben werden kann, bei Lizenzen und Konzessionen,123 tun die sich konkurrierende Bewerber bemühen, bei der Marktaufteilung durch Preisabsprachen,124 die nicht erlaubt sind, einen ruinösen Wettbewerb aber gleichwohl verhindern. Als Mauschelei wird auch Vertuschung bezeichnet, etwa durch Vorenthalten von Informationen, die für die Öffentlichkeit von Interesse sind.125 Mauschelei dient dem Interessenausgleich auf unredliche Weise.126 Der Ort, an dem die Machenschaften verabredet werden, wird »hinter verschlossenen Türen«127 oder »hinter den Kulissen«128 vermutet. Sie werden einem Kuratorium129 ebenso zugetraut wie Kommissionen,130 Verbänden131 oder »mauschelnden Zirkeln«.132 Hinter undurchsichtigen Vorgängen auf einem Landesparteitag und Unregelmäßigkeiten bei Feststellung und Bekanntgabe von Wahlergebnissen wurde Schlamperei oder Manipulation vermutet, die als Mauschelei gedeutet wurden.133 Nicht nur in diesem Großstadt-Dschungel glaubte man, dunklen Mächten ausgeliefert zu sein.134 Ungewöhnlich ist da ein Mauscheln »zum Zwecke des Selbstbetruges«.135 Aber nicht nur anonymen Gremien, sondern auch namentlich genannten Personen wird unterstellt, sie würden auf diese Weise ihren Vorteil suchen.136 Sportfunktionäre137 und Lokalpolitiker,138 Minister139 und sogar ein deutscher Bundeskanzler140 mußten sich so an den Pranger stellen lassen. Als unter der Überschrift »Ein Topf für Freunde« über die Vergabe von Fördermitteln aus einem Kunstfonds berichtet wurde, hieß es, das Kuratorium verweise darauf, »daß bisher

Entwicklungstendenzen

371

noch niemand den Vorwurf der Interessenkollission oder der Mauschelei erhoben habe«.141 Was der Journalist wirklich dachte und seiner Leserschaft nahebringen wollte, las sich hingegen so: »Ein Schelm natürlich, wer dabei an Mauschelei denkt«.142 Ein einflußreicher Sportfunktionär wurde »Spezialist für Ämterhäufung« genannt. Die Begründung lautete: »Im Geschäft mit dem Fußball sind schließlich international Arrangements üblich, selbst wenn diese oft wie Mauscheleien aussehen.«143 Damit wurden Absprachen und Vereinbarungen, wie sie zur Vorbereitung von Entscheidungen im kleinen Kreis herbeigeführt werden, zwar nicht als Mauscheleien bezeichnet, doch suggeriert die Formulierung, daß man sie durchaus in diesem Zusammenhang zu sehen habe. Wo Schurken am Werke sind, sind Saubermänner nicht weit. Die Hauptrollen beansprucht die Presse für sich selbst. Einem Parteivorsitzenden wurde attestiert, er versuche, »seinem Ruf als >SaubermannMauschelei< zu ersparen, hat die Ministerin die Stellen der 38 Direktoren und 152 Abteilungsleiter neu ausgeschrieben.«149 Auch solche Vorgänge werden mit dem diffamierenden Ausdruck belegt, an denen sogar nach gerichtlicher Feststellung nichts auszusetzen ist. Als das Gericht in einem Prozeß wegen vermuteter verbotener Preisabsprachen auf Freispruch erkannt hatte, wurden die Angeklagten in der Presse dennoch durch die Art der Berichterstattung verurteilt: »Gericht wertet Mauschelei unter Firmen nicht als Betrug.«150 Allerdings wurden die Absprachen als Ordnungswidrigkeit eingeschätzt, die in diesem Fall jedoch verjährt war. Will man sich einen Eindruck von den Wirkungen verschaffen, die mit dem Wort mauscheln und seinen Verwandten erzielt werden können, dann muß man den neuen Wortgebrauch auch in der Textumgebung beobachten. Das soll nachfolgend an einigen Beispielen geschehen. Im Oktober 1985 berichtete der »Stern« im Zusammenhang mit der öffentlichen Auseinandersetzung über die Kernenergie und die deutsche Nuklearindustrie, das Land Hessen habe mit einer Firma, die ihre Produktion ohne die erforderliche Genehmigimg betreibe, einen Vertrag geschlossen.151 Er sehe vor, daß eine neue Produktionsanlage errichtet und bis zum Vorliegen der Betriebsgenehmigung mit der alten, ungenehmigten Anlage weiterproduziert werden solle.152 Dies wurde als doppelzüngig angeprangert. Die hessische Landesregierung widersetze sich zwar in der Öffentlichkeit den Vorstellungen der Bundesregierung hinsichtlich der Nutzung der Atomenergie, habe sich aber dessen ungeachtet mit der hessischen Atomindustrie arrangiert und dabei auch gegen bestehende Gesetze verstoßen.153 Die Grünen im hessischen Landtag tolerierten dies, weil sie ihr Bündnis mit der SPD nicht gefährden wollten.154 Redakteure, die den designierten ersten Minister der Grünen, Joschka Fischer, eine Woche später im Interview befragten, nannten die Vereinbarungen Geheimverträge.155 In einer ganzseitigen Werbeanzeige für den »Stern« wurden der Sachverhalt und die Leistung der Redaktion besonders herausgestellt:

Entwicklungstendenzen

373

Aufräum-Minister Joschka Fischer! Stern kaufen! Atom-Mauschelvertrag: S. 208, im neuen Stern. Da staunst Du, Joschka. In Hessen brauchen Atom-Fabriken keine Genehmigung. Ein geheimgehaltenes Dokument beweist es. Der Stern deckt auf.156

Der Vorwurf wurde mit sehr verschiedenen Bezeichnungen vorgebracht. Sie reichten von nicht veröffentlicht über der Öffentlichkeit vorenthalten und geheimgehalten bis zu Geheimvertrag und Atom-Mauschelvertrag. Auf diese Weise wurde der Vorwurf mit jeder Wiederholung verstärkt, ohne daß neue Fakten beigebracht worden wären. Im Ausdruck Atom-Mauschelvertrag waren das Nachforschungsergebnis und der Vorwurf plakativ zusammengefaßt. Dem Wort wurde offensichtlich ein so großer Wert für die Erregung von Aufmerksamkeit beigemessen, daß die Werbestrategen sich entschlossen, die Anzeige vor allem darauf abzustellen.157 Dabei spielte wohl auch eine Rolle, daß die aus der Protestbewegung der siebziger Jahre entstandene Partei »Die Grünen« mit dem Anspruch hervorgetreten war, Absprachen und Schiebereien schonungslos aufzudecken. Nun wurde ihr vorgehalten, selbst in derartige Vorgänge verstrickt zu sein. Bemerkenswert blieb dabei jedoch, daß der Ausdruck Mauschelvertrag weder im Bericht158 noch im Interview159 verwendet wurde. Er war der vergröbernden Produktwerbung vorbehalten. Drei Jahre später nahm sich der »Spiegel« eines anderen Vorgangs an, der als »Mainzer Spielbankaffäre« bezeichnet wurde.160 Diesmal ging es um den Verdacht der Bestechlichkeit und der Bestechung, zu dem eine Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hatte. Die Verdächtigten und auch andere in die Vorgänge involvierte Personen waren jeweils mit vollem Namen genannt. Die Redaktion forderte einen Minister auf, sich zu »Kungeleien bei der Vergabe von Spielbankkonzessionen«161 zu äußern und behauptete, ein anderer Minister habe sich bei »Verhandlungen über die Konzessionsverlängerung [...] wie ein gewiefter Zocker«162 gebärdet. Das Wort Mauschelei fiel nicht, doch gaben andere Ausdrücke einen deutlichen Hinweis darauf, zu welchen Schlüssen die Leserschaft gelangen sollte. Von den Reizwörtern, die das Verständnis ganz unterschwellig lenken

374

Achtzehntes Kapitel

AtomMauschelvertrag: S.208, im neuen Stern. Da staunst Du, Joschka. IQ Heran bfindwi AlsB-ftbrfcstauefViiriwif/jqj. So pwhtunyhytoin (MonatfcsweslB. Oer Stan iedA td.

Q

Entwicklungstendenzen

375

können, wurden neben Kungelei und Zocker auch miese Tricks erwähnt.163 Die aus dem Jiddischen stammenden Ausdrücke mies und Zocker trugen wesentlich zur Tendenz des Artikels bei. Während mies als jüdisches Wort für >schlecht< auch aus der Nachbarschaft mit Juden ins Deutsche gelangt ist, hat sich Zocker, ein typisches Wort der Gaunersprache, wie Zoff erst in den letzten Jahren explosionsartig in der deutschen Alltagssprache ausgebreitet.164 Sein Gebrauch an dieser Stelle sollte demnach wohl auch anklingen lassen, daß die Journalisten im Verhalten der Politiker und Geschäftsleute den Ruch des Gaunerischen wahrgenommen haben wollten. Drei Wochen später wurden abermals Politiker aus Rheinland-Pfalz der Korruption bezichtigt: Filz in Rheinland-Pfalz: Wie bei den Spielbanken wurde auch bei der Rundfunk-Lizenzvergabe gemauschelt. Der Mainzer CDU-Parteichef [...] gerät gleich zu Beginn seiner Amtszeit in schwere Bedrängnis: Ein enger Vertrauter, der in seinem Auftrag Rundfunkpolitik machte, hat sich Zeugenaussagen zufolge von einem Medienunternehmen schmieren lassen. [...] kungelte mit einem Verlagsmanager, der unter Betrugsanklage steht.164

Im Gegensatz zur ersten Veröffentlichung gebrauchte die Redaktion diesmal das Wort mauscheln, und zwar für beide Fälle. Denn es hieß, »daß nicht nur bei der Vergabe von Spielbankkonzessionen gemauschelt wurde [...], sondern auch bei der Verteilung der begehrten Lizenzen für den privaten Rundfunk«.166 Um dubiose Geschäfte und Nepotismus zu kennzeichnen, wurde neben den Wörtern kungeln und mauscheln auch der Ausdruck Filz eingesetzt. Von dessen Potential waren die Journalisten offensichtlich so begeistert, daß sie das Bundesland Rheinland-Pfalz in »den schwarzen Affärenstaat >RheinlandFilzallerley kleinen Handel treiben< an. Schwäb. Wb. 4,1561f., belegt mauscheln >mit Kleinigkeiten Handel treibenein Kartenspiel machen, bei dem man die Mitspieler bewußt täuscht< (dabei werden bes. hohe Gewinne u. Verluste erzielt) veraltet«. [222] Preuss. Wb. 3 (1989), 1186. [223] Trübner 4 (1943), 584. Vgl. oben S. 228. [224] Vgl. oben S. 229. [225] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3 (1994), 183. [226] Preuss. Wb. 3 (1989), 1185f. [227] Pfalz. Wb. 4, 1250. [228] Schles. Wb. 2, 858. [229] Ebd., 859. [230] Preuss. Wb. 3, 1186. [231] Rhein. Wb. 5, 1007. [232] Wrede 2, 187. [233] Ebd. [234] Schwäb. Wb. 4, 1561. [235] Vgl. oben S. 198ff. [236] Rhein. Wb. 3, 1227. [237] Für beide Bedeutungen werden unterschiedliche Vokalqualitäten angegeben. Sie legen nahe, den Ausdruck einmal mit Mauschel und einmal mit Morchel in Verbindung zu bringen. Ebd., 1227. [238] Vgl. oben S. 250. [239] Südhess. Wb. 4, 776. [240] Zaupser 1789, 51; zitiert bei Schmeller 1, 1680. [241] Rhein. Wb. 5, 1007. [242] Follmann 1909, 357. [243] Conrath 21977, 152. [244] Braun/Mangold 1984, 174. [245] Südhess. Wb. 4, 592. [246] Ebd. 4, 775. [247] Schwäb. Wb. 4, 1561f. [248] Vgl. oben S. 190. [249] Schles. Wb. 2, 859; Preuss. Wb. 3, 1186. [250] Südhess. Wb. 4, 592. [251] Schwäb. Wb. 4,1562. [252] Rhein. Wb. 5,1007. [253] Winter 21985, 300. [254] Conrath 21977, 152. [255] Rhein. Wb. 5,1007. [256] Pfälz. Wb. 3,188. [257] Rhein. Wb. 5,1007. [258] Schambach 1858, 132. [259] Frischbier 2 (1883), 58. [260] Teut 3, 118. [261] Rhein. Wb. 5, 1007. [262] Follmann 1909, 357. [263] Braun/Mangold 1984,174. [264] Schwäb. Wb. 4, 1562. [265] Frischbier 2 (1883), 58. [266] Preuss. Wb. 3, 1186. [267] Frankf. Wb., 1982. Klemperer 1996, H 508. [268] Frischbier 2 (1883), 58. [269] Vgl. unten S. 357ff. [270] Müller-Fraureuth 2, 223. [271] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183. [272] Schwäb. Wb. 4, 1561f. [273] Fischer/Taigel 1986, 300. [274] Südhess. Wb. 2, 1220f. [275] Ebd. 4, 25. [276] Ebd. 2, 1127; ähnlich 4, 774. [277] Ebd. 4, 22 u. 2, 1126. [278] Ebd. 3, 804 u. 4, 774. [279] Ebd. 3,1203. [280] Ebd. [281] Rhein. Wb. 4, 212. [282] Südhess. Wb. 3, 1417. [283] Ebd. 5, 534. [284] Ebd. 1, 1686. [285] Ebd. 1, 930. [286] Bad. Wb. 1, 326. [287] Ebd. 1, 326. [288] Rhein. Wb. 5, 1007. [289] Küpper: Umgangssprache 2 (21963), 9-11. [290] Schwäb. Wb. 4,1562. [291] Rhein. Wb. 5, 1007. [292] Wb. d. elsässischen Mdaa. 1, 730. [293] Vgl. Althaus 1993,18. [294] Südhess. Wb. 4, 592. [295] Ebd. 3, 637. [296] Schramm 3 1966,182. [297] Rhein. Wb. 5,1007. [298] Braun/Mangold 1984, 174. [299] Conrath 21977, 152; Rhein. Wb. 5, 1007. [300] Bad. Wb. 3, 592. [301] Preuss. Wb. 3, 1186. [302] Südhess. Wb. 4,592. [303] Rhein. Wb. 5,1007; Conrath 2 1977,152. [304] Schweizer. Idiotikon 4, 447: mausche[305] Ebd.: mauschle". [306] Ebd.: mausele". [307] Müller-Fraureuth 2, 223. [308] Schles. Wb. 2, 859: mauscheln5. [309] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183. [310] Vgl. unten S. 352ff. [311] Jersch-Wenzel 1996,59. [312] Ebd., 62. [313] Althaus 1963/64b; Post 1992. [314] Südhess. Wb. 5, 176. [315] Avé-Lallemant 4 (1862), 437. [316] Südhess. Wb. 1, 589. [317] Ebd. 4,1041. [318] 5. A. Wolf 1956, Nr. 4049. [319] Südhess. Wb. 1, 589. [320] Avé-Lallemant 4 (1862), 472. [321] S. A. Wolf 1956, Nr. 4799. [322] Südhess. Wb. 5, 176. Die dort genannte Herleitung von jidd. YJOUi schemesch >Sonne< ist unzutreffend und wohl durch die Lautform des Mundartworts verursacht. [323] Avé-Lallemant 4 (1862), 478. [324] S. A. Wolf 1956, Nr. 3562. [325] Südhess. Wb. 4, 558. [326] Ebd. 4,

448

Anmerkungen

1046. [327] Ebd. 3,174; 5, 842. [328] Ebd. 1,1337. [329] Ebd. 4,1048. [330] Av6Lallemant 4 (1862), 467. [331] Südhess. Wb. 5, 735f. [332] Ebd. 4, 774f. u. 1166. [333] Ebd. 4,1046. [334] Ebd. 4, 557f.

17 Wortkontakte [1] Küpper. Lexikon 7 (1984), 2699: Sputnik, sputniken. [2] Vgl. oben S. 254f. [3] Vgl. oben S. 255. [4] Vgl. oben S. 266ff. [5] Vgl. oben S. 260ff. [6] Vgl. oben S. 265f. [7] Dornseiff '1970, Nr. 13.13. [8] Ebd., Nr. 18.8; Äugst 1984,104. [9] Sanders 1873,533. [10] Ebd., 535. [11] Ebd. [12] Dornseiff'1970, Nr. 13.13. [13] Ebd., Nr. 18.8. [14] Ebd., Nr. 16.56. [15] Ebd., Nr. 19.29. [16] Vgl. oben S. 241 u. 248f. [17] Wehrle-Eggers 121961. [18] Äugst 1984, Nr. 545. [19] Duden. Sinn- u. sachverw. Wörter 21986, 622. [20] Vgl. oben S. 225f. [21] Beranek 21957, 1956. [22] Althaus 1993, 163-173, bes. 168. [23] Vgl. oben S. 223f., 226 u. 230. [24] Vgl. unten S. 409ff. [25] Äugst 1984, Nr. 545. [26] Verweise im Südhess. Wb. 4, 592 (mauscheln). [27] Ebd. 4, 775 (moschein). [28] Ebd. 1,570 (bantschen). [29] Südhess. Wb. 4, 531f. (manschen II). [30] Südhess. Wb. 3,1479f. (knauschein II). [31] Ebd. 1, 737 (betrügen). [32] Ebd. 4,775 (moschein 4). [33] z.B. hälmen, hälmeln, härmeln und herbein im Wortfeld »unlustig essen«. [34] Ebd. [35] Schmeller 1,1680. [36] DWb. 6 (1885), 1820. [37] Frankf. Wb., 1982. [38] Vgl. Kluge/Seebold "1995, 539 (mantschen, auch manschen, matschen) u. 610 (pantschen, auch panschen, patschen). [39] Zur Unterscheidung ebd., Xmf. [40] Südhess. Wb. 4, 592. [41] z.B. Rhein. Wb. 5,1007; Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183. [42] Pfälz. Wb. 4,1250; Bad. Wb. 3, 592. [43] Pfälz. Wb. 4,1250 (mauscheln 1). [44] Bad. Wb. 3, 592 (I mauscheln). [45] Pfälz. Wb. 4, 1250 (mauscheln 2). [46] Bad. Wb. 3, 592 (II mauscheln). [47] Pfälz. Wb. 4,1250 (mauscheln 2); Bad. Wb. 3, 592 (11 mauscheln). [48] Hess.-Nass. Wb. 2, 248f. (mancheln, manschen 1); Südhess. Wb. 4, 531 (manschein II, manschen II); Rhein. Wb. 5, 845 (manschein, manschen 2). [49] Rhein. Wb. 5, 1007; Südhess. Wb. 4, 592. [50] Pfälz. Wb. 4, 1250; Bad. Wb. 3, 592. [51] Vgl. oben S. 340f. [52] Zu den Grundsätzen der Lemmatisierung s. Rhein. Wb. 1, X f. (Nr. IV, 1); Hess.-Nass. Wb. 2, V (Nr. 4); Südhess. Wb. 1, XX; Pfälz. Wb. 1, XV. [53] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3, XIV. [54] Südhess. Wb. 4, 592 (mauscheln), 775 (moschein) u. 830 (muscheln II). [55] Ebd. 4, 592. Da die Lautschrift aus drucktechnischen Gründen nicht korrekt wiedergegeben werden kann, ist das gestürzte e, das den Schwa-Laut in Nebensilben repräsentiert, hier durch f ersetzt. [56] Südhess. Wb. 4, 775. [57] Ebd. 4, 830. [58] Ebd. 4, 592 u. 775. [59] Vgl. oben S. 304f. [60] Dazu wurden die großlandschaftlichen Mundartwörterbücher herangezogen, für die ehemalige preußische Rheinprovinz vom Niederrhein bis zum Saarland das Rhein. Wb., für Hessen nördlich des Mains das Hess.-Nass. Wb., für die ehemals hessen-darmstädtischen Provinzen Starkenburg und Rheinhessen das Südhess. Wb. und für die ehemals bayerische Rheinpfalz das Pfälz. Wb. [61] Vgl. Kluge/Seebold M1995, XXIX. [62] Südhess. Wb. 4, 775. [63] Vgl. Kluge/Seebold B 1995, XXVm. [64] Zum Wortbildungstypus vgl. oben S. 253f. [65] Rhein.

Anmerkungen

449

Wb. 5, 1167f.; Hess.-Nass. Wb. 2, 338; Südhess. Wb. 4, 677f.; Pfalz. Wb. 4,1339. [66] Rhein. Wb. 5,1305; Südhess. Wb. 4, 775; Pfälz. Wb. 4,1431 (moschein). [67] Rhein. Wb. 5,1447f.; Hess.-Nass. Wb. 2, 397; Südhess. Wb. 4, 830; Pfälz. Wb. 4, 1475f. (muscheln). [68] Rhein. Wb. 5,1007; Südhess. Wb. 4, 592. [69] Vgl. oben S. 253. [70] Pfälz. Wb. 4, 1250 (maunscheln) u. 1255 (mauntscheln). [71] Rhein. Wb. 5,1314 (motschen); Südhess. Wb. 4,775 (*moschen) u. 780f. (motschen). [72] Rhein. Wb. 5,1446f. (muscheln) u. 1470 (mutschein); Hess.-Nass. Wb. 2, 397 (muscheln) u. 401 (mutschein); Südhess. Wb. 4, 830 (muscheln) u. 842 (mutschein I u. II); Pfälz. Wb. 4, 1488 (mutschein). [73] Winter 21985, 300. [74] Thüring. Wb. 4, 564. [75] Schwäb. Wb. 4, 1562; Schweizer. Idiotikon 4, 503. [76] Schmeller 1, 1680. [77] Schwäb. Wb. 4,1561. [78] Schöpf 1866,430. [79] Südhess. Wb. 4,592 (mauscheln). [76] Pfälz. Wb. 4, 1255. [80] Rhein. Wb. 5, 1007. [81] Südhess. Wb. 4, 592. [82] Pfälz. Wb. 4, 1250. [83] Rhein. Wb. 5,1007; Hess.-Nass. Wb. 2, 293. [84] Rhein. Wb. 5, 1007. [85] Hess.-Nass. Wb. 2, 293. [86] Südhess. Wb. 4, 592. [87] Rhein. Wb. 5, 1305 u. 1447. [88] Hess.-Nass. Wb. 2, 397. [89] Südhess. Wb. 4, 592. [90] Pfälz. Wb. 4, 1475. [91] Vgl. oben S. 226 u. 316ff. [92] Rhein. Wb. 5, 1007. [93] Südhess. Wb. 4,592. [94] Ebd. 4, 775. [95] Rhein. Wb. 5,1447. [96] Südhess. Wb. 4, 830 (muscheln II). [97] Ebd. 4, 592. [98] Pfälz. Wb. 4,1250. [99] Rhein. Wb. 5, 1447. [100] Hess.-Nass. Wb. 2, 397. [101] Südhess. Wb. 4, 775. [102] Rhein. Wb. 5,1167f.; Hess.-Nass. Wb. 2,338; Südhess. Wb. 4, 677t.; Pfälz. Wb. 4,1339. [103] Rhein. Wb. 5,1072ff.; Hess.-Nass. Wb. 2, 311; Südhess. Wb. 4, 627; Pfälz. Wb. 4, 1292f. [104] Rhein. Wb. 5, 1007; Südhess. Wb. 4, 592; Pfälz. Wb. 4, 1250. [105] Rhein. Wb. 5, 1007, Hess.-Nass. Wb. 2, 293, u. Pfälz. Wb. 4, 1250, führen diese Bedeutung an erster Stelle. Im Südhess. Wb. 4, 592, wird von der Bedeutung »mischen, mengen< ausgegangen. [106] Diese Unterstellung war der wichtigste Beweggrund für die Herausgabe von Enthüllungsschriften zur sog. Marktsprache. Vgl. oben S. 38 u. 184f. [107] Rhein. Wb. 5,1007; Südhess. Wb. 4, 592; Pfälz. Wb. 4,1250. [108] Hess.-Nass. Wb. 2,293. [109] Südhess. Wb. 4, 592. [110] Pfälz. Wb. 4, 1431 u. 1475f. [111] Südhess. Wb. 4, 775 (moschein); 1, 689 (bemoscheln, bemuscheln). [112] Rhein. Wb. 5, 1447. [113] Südhess. Wb. 4, 592. [114] Rhein. Wb. 5, 1007. [115] Ebd. 5, 1447. [116] Hess.-Nass. Wb. 2, 397; Südhess. Wb. 4, 830 (muscheln II). [117] Südhess. Wb. 4, 775 u. 830. [118] Ebd. 4,775. [119] Ebd. 4, 830. [120] Rhein. Wb. 5, 1007. [121] Südhess. Wb. 4, 775 u. 830; Rhein. Wb. 5,1447. [122] Südhess. Wb. 4,592 u. 830. [123] Ebd. 4, 775 u. 830. [124] Ebd. [125] Ebd. 4, 592, 775 u. 830. [126] Pfälz. Wb. 4, 1488. [127] Ebd. 4, 1255. [128] Rhein. Wb. 5, 1007; Hess.-Nass. Wb. 2, 293; Südhess. Wb. 4, 592; Pfälz. Wb. 4, 1250. [129] Rhein. Wb. 5, 1305; Südhess. Wb. 4, 775; Pfälz. Wb. 4, 1431. [130] Hess.-Nass. Wb. 2, 397; Südhess. Wb. 4, 830; Pfälz. Wb. 4, 1475f. [131] Rhein. Wb. 5, 1167; Hess.-Nass. Wb. 2, 338; Südhess. Wb. 4, 677; Pfälz. Wb. 4, 1339. [132] Pfälz. Wb. 4,1339. [133] Hess.-Nass. Wb. 2,397; Südhess. Wb. 4,830; Pfälz. Wb. 4,1475f. [134] Vgl. oben S. 227ff. [135] Rhein. Wb. 5,1007; Hess.-Nass. Wb. 2, 293; Südhess. Wb. 4, 592 u. 775; Pfälz. Wb. 4,1250. [136] Pfälz. Wb. 4,1250. [137] Südhess. Wb. 4,592 u. 775. [138] Ebd. 4,592. [139] Pfälz. Wb. 4,1250. [140] Hess.-Nass. Wb. 2, 397. [141] Südhess. Wb. 4, 592, 775 u. 830. [142] Hess.-Nass. Wb. 2, 397. [143] Rhein. Wb. 5,1447. [144] Vgl. Kluge/ Seebold B 1995, XX f. u.

450

Anmerkungen

XXm-XXVI. [145] Rhein. Wb. 5,1447. [146] Hess.-Nass. Wb. 2, 397. [147] Ebd. 5, 1447f. [148] Südhess. Wb. 4, 775. [149] Ebd. 2,401. [150] Vgl. oben S. 330. [151] Kluge/Seebold "1995, 539. [152] Rhein. Wb. 5, 1007. [153] Pfalz. Wb. 4, 1250 (;mauscheln 2); Südhess. Wb. 4, 592. [154] Bad. Wb. 3, 592 (mauscheln IT). [155] Schwab. Wb. 4,1561f. [156] Preuss. Wb. 3,1186. [157] Südhess. Wb. 4,592. [158] Schweizer. Idiotikon 4, 447. [159] Ebd. [160] Rhein. Wb. 5, 845 (auch manschieren); Hess.-Nass. Wb. 2, 248 (mancheln, manschen 1); Südhess. Wb. 4, 531f. (manschein II, manschen II); Pfalz. Wb. 4, 1173 (manschein, manschen 2). [161] Südhess. Wb. 4, 775. [162] Pfalz. Wb. 4, 1475f. [163] Heine 7, 194. Vgl. oben S. 33. [164] Schles. Wb. 2, 859 (mauscheln 5). [165] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183 (mauscheln). [166] Schles. Wb. 2, 858. [167] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183. [168] Schles. Wb. 2, 858. [169] Müller-Fraureuth 2, 223 (mauscheln). [170] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183 (Mauschel, mauschelig, mauscheln). [171] Müller-Fraureuth 2, 223 (Mauke Nr. 1). Vgl. Wb. d. obersächs. Mdaa. 3, 176 (Mauke 3), wo Anschluß an mhd. müche erwogen wird; Eichler 1965, 84. [172] Müller-Fraureuth 2, 223 (mauscheln). [173] Ebd. [174] Ebd. (mauschlig). [175] Wb. d. obersächs. Mdaa. 3,183 (mauschelig). [176] Rhein. Wb. 5,1446. [177] Südhess. Wb. 4, 830 (muscheln II). [178] Südhess. Wb. 4, 679 u. 830f. Muschelwetter >Schneeregen< war auch in Hinterpommern gebräuchlich (frdl. Mitteilung von Frau Dagmar Wehle).

18 Entwicklungstendenzen [1] Der Spiegel, 29/1996, 140. [2] Ebd., 140f. [3] Busch 1996, 84. [4] Frdl. Mitteilung der Krankengymnastin Uschi S., 27 )., über Beobachtungen bei Verwandten und Bekannten in Rüsselsheim im Juli 1996. [5] Ebd. [6] Klemperer 1995, II 144, 372f„ 398. [7] Briefl. am 11. März 1936; vgl. oben S. 28. [8] Klemperer 1999, I 84. [9] Klemperer 1996, 1 146, H 707. [10] Klemperer 1999, 1 50. [11] Vgl. dazu die Groteske von Oscar Panizza, oben S. 147ff. [12] Klemperer 1999, 184f„ 126. [13] Vgl. oben S. 266. [14] Vgl. oben S. 29ff. [15] Klemperer 1999,143. [16] Richard Dehmel briefl., 15. Mai 1908; zitiert nach Trübner 4 (1943), 584. [17] Th. Mann 1974b, 518. [18] Althaus 1993, 67-85. [19] Vgl. oben S. 159ff. [20] Althaus 1993, 76. [21] Schmidt 1958, 114. [22] Frankf. Wb., 1982. Vgl. oben S. 34f. [23] Vgl. oben S. 236ff. [24] Vgl. oben S. 238. [25] Vgl. oben S. 236ff. [26] Gätjens 1991, Nr. 208. [27] Schmidt 1986, 17f. [28] Schles. Wb. 1 (1963), 372. [29] Ebd., 381, 401 u. 414. [30] Uhlig 1850, 30; Sanders 1885, 351; vgl. oben S. 68f. u. 230. [31] Äugst 1984, 104. [32] Rosengren 1972-77. [33] Bruno Apitz, Nackt unter Wölfen (1958). Zitiert nach Duden Wb. 5 (21994), 2222. [34] Henry Jaeger, Das Freudenhaus (1966). Zitiert nach Duden Wb. 5 ('1994), 2222. [35] Crecelius 1897/99, 584. [36] Autenrieth 1899, 92. [37] Küpper: Umgangssprache 6 (1970), 208. [38] Althaus 2002c, 45-47. [39] Die Zeit, 31. Mai 1985, 29 (IDS). [40] Über Flugblätter an einer Universität: Unijoumal Trier-Kaiserslautern, 11. Jan. 1973, 11. [41] Sammlung von studentischen Flugblättern im Archiv des Verfassers. [42] Studentisches Flugblatt, Trier, 17. März 1972. [43] Aus studentischen Flug-

Anmerkungen

451

blättern, Trier 1972-1974. [44] Studentisches Flugblatt, Trier, 16. Jan. 1973. [45] Ebd., 17. März 1972. [46] Ebd. [47] Ebd. [48] Ebd., 17. Okt. 1972. [49] Vgl. dazu Frühwald 1995. [50] Küpper: Umgangssprache 6 (1970), 208. [51] WddG 4 (1975), 2468. [52] Duden Wb. 4 (1978), 1754. [53] Brockhaus Wahrig 4 (1982), 619. [54] Küpper: Lexikon 5 (1984), 1881. [55] Röhrich 2 (1992), 1017. [56] Duden Wb. 5 (21994), 2222. [57] WddG 4 (1975), 2468. [58] Duden Wb. 4 (1978), 1754; Duden Wb. 5 (21994), 2222. [59] Brockhaus Wahrig 4 (1982), 619. [60] WddG 4 (1975), 2468; Duden Wb. 4 (1978), 1754; Duden Wb. 5 (21994), 2222. [61] Fehlt im Duden Wb. 5 (21994), 2222. [62] Berliner Morgenpost, 10. Juni 1977,17. Zitiert nach Duden Wb. 4 (1978), 1754. [63] Duden Wb. 4 (1987), 1754; Röhrich 2 (1992), 1017; Duden Wb. 5 (21994), 2222. [64] Röhrich 2 (1992), 1017. [65] Vgl. oben S. 357. [66] WddG 4 (1975), 2468. [67] Duden Wb. 4 (1978), 1754; so auch Duden Wb. 5 (21994), 2222. [68] Brockhaus Wahrig 4 (1982), 619. [69] Küpper: Lexikon 5 (1984), 1881. [70] Vgl. oben S. 357. [71] Röhrich 2 (1992), 1017. [72] Duden Wb. 5 (21994), 2222. [73] Der Spiegel, 52/1980,14. Zitiert nach Duden Wb. 5 (21994), 2222. [74] Brockhaus 12 (1932), 276. [75] Küpper: Umgangssprache 6 (1970), 208. [76] Ebd.; Küpper: Lexikon 5 (1984), 1881. [77] Küpper: Lexikon 5 (1984), 1881. [78] Aus den Dokumentationen, die im Institut für deutsche Sprache, Mannheim (IDS), verwaltet werden, konnten aus dem Zeitraum 1985-1993 Belege für den veränderten Gebrauch der Wortfamilie mauscheln nachgewiesen werden. Sie sind im folgenden mit IDS gekennzeichnet. Frühere Nachweise für die Reaktivierung des Wortes mauscheln und seiner Verwandten fehlen in diesen Sammlungen. Zeitungslektüre erbrachte ein Mehrfaches an Zufallsbelegen. Sie sind nicht repräsentativ für die Frequenz, jedoch im Einzelfall charakteristisch für den Gebrauch. [79] Die Zeit, 28. Juni 1985, 6 (IDS); ebd., 6. Dez. 1985, 5 (IDS); ebd., 3. Okt. 1986, 7 (IDS); FAZ, 2. Dez. 1986, 4; ebd., 5. Juli 1988, 10; ebd., 6. Mai 1993,14; ebd., 20. Okt. 1995, 3; ebd., 3. Dez. 1996, 1; MM, 17. Sept. 1985, 2 (IDS); ebd., 17. April 1986,15 (IDS); 11. Aug. 1987,2 (IDS); HNA, 16. März 1987; TV, 24. Febr. 1988, 8; Stern, 43/1988, 284; Focus, 20/1993, Tagebuch. [80] TV, 6. Juni 1986, 12; ebd., 9. Febr. 1991, 6; ebd., 11. Febr. 1991, 6; ebd., 21. April 1993; ebd., 24. Aug. 1996,12. [81] FAZ, 22. Febr. 1985,12; TV, 27. Nov. 1989,15; FAZ, 29. Febr. 1992, 26; ebd., 12. Aug. 1996, 24; TV, 27. Aug. 1996, 19. [82] Die Zeit, 31. Mai 1985, 37 (IDS); FAZ, 11. Dez. 1989, 33. [83] MM, 11. Aug. 1987, 2 (IDS); TV, 28. Juli 1990, 17; FAZ, 23. Mai 1991, 8. [84] Stern, 45/1985, 208-210; dazu Annonce in: FAZ, 31. Okt. 1985, 29; Stern, 46/1985, 76-80. [85] Der Spiegel, 45/1988, 28-30; ebd., 48/1988, 30-32; TV, 28. Nov. 1988, 1. [86] Der Spiegel, 29/1996, 140f. [87] FAZ, 15. Juli 1996, 26. [88] TV, 6. Juni 1986, 12. [89] TV, 9. Febr. 1991, 6. [90] TV, 11. Febr. 1991, 6. [91] Ebd. [92] TV, 24. Aug. 1996,12. [93] SN, 21. Dez. 1996, 16. [94] TV, 24. Febr. 1988, 8. [95] Der Spiegel, 48/1988, 30; TV, 28. Nov. 1988, 1. [96] Der Spiegel, 48/1988, 32; Stern, 42/1988, 284. [97] Kölner Stadt-Anzeiger, 9. Juli 1996, 12. [98] FAZ, 22. Febr. 1985, 12. [99] Der Spiegel, 48/1988, 30; TV, 28. Nov. 1988,1; ebd., 11. Febr. 1991, 6; FAZ, 12. Aug. 1996, 24; TV, 27. Aug. 1996, 19. [100] Die Zeit, 31. Mai 1985, 29 (IDS). [101] Focus, 20/1993, Tagebuch; HNA, 16. März 1987; Der Spiegel, 29/1996,140. [102] FAZ, 11. Dez. 1989,33; ebd., 3. Mai 1991,8. [103] FAZ, 23. Mai 1991, 8. [104] Der

452

Anmerkungen

Spiegel, 48/1988, 30; TV, 28. Nov. 1988, 1. [105] Die Zeit, 28. Juni 1985, 5 (IDS); ebd., 17. April 1986,15 (IDS); FAZ, 6. Mai 1993,14. [106] Die Zeit, 6. Dez. 1985, 5 (IDS); taz, Sonderheft 1/2, 8. März 1990 (IDS); TV, 24. Aug. 1996,12. [107] Die Zeit, 31. Mai 1985, 37 (IDS); ebd., 28. Juni 1985, 5 (IDS); MM, 17. April 1985,15 (IDS). [108] FAZ, 31. Okt. 1985, 29; Die Zeit, 6. Dez. 1985, 5 (IDS). [109] TV, 6. Juni 1986, 12; FAZ, 23. Mai 1991, 8; ebd., 29. Febr. 1992, 26. [HO] TV, 9. Febr. 1991, 6. [111] TV, 9. Febr. 1991, 6; ebd., 11. Febr. 1991, 6. [112] FAZ, 29. Febr. 1992,26. [113] taz, Sonderheft 1/2, 8. März 1990 (IDS). [114] FAZ, 11. Dez. 1989, 33. [115] FAZ, 23. Mai 1991, 8. [116] MM, 11. Aug. 1987, 2 (IDS). [117] TV, 28. Nov. 1988, 1. [118] MM, 17. April 1986, 15 (IDS). [119] FAZ, 3. Dez. 1996, 1; ähnlich auch FAZ, 20. Okt. 1995, 3. [120] HNA, 16. März 1987; Focus, 20/1993, Tagebuch. [121] Die Zeit, 31. Mai 1985, 37 (IDS). [122] TV, 9. Febr. 1991, 6; ebd., 11. Febr. 1991, 6. [123] Der Spiegel, 48/1988, 30; TV, 28. Nov. 1988,1. [124] TV, 28. Juli 1990, 17. [125] Stern, 45/1985, 208-210. [126] TV, 6. Juni 1986, 12. [127] TV, 24. Aug. 1996,12. [128] FAZ, 5. Juli 1988,10. [129] Die Zeit, 31. Mai 1985,37 (IDS). [130] Die Zeit, 28. Juni 1985, 5 (IDS). [131] FAZ, 29. Febr. 1992, 26. [132] FAZ, 6. Mai 1993, 14. [133] HNA, 16. März 1987. [134] FAZ, 29. Febr. 1992, 26. [135] Die Zeit, 28. Juni 1985, 5 (IDS). [136] TV, 28. Nov. 1988,1; taz, Sonderheft 1/2, 8. März 1990; TV, 21. April 1993, 9. [137] Der Spiegel, 29/1996, 140f. [138] TV, 9. Febr. 1991, 6; ebd., 11. Febr. 1991, 6. [139] TV, 24. Febr. 1988, 8; Stern, 43/1988, 284. [140] Die Zeit, 6. Dez. 1985, 5 (IDS). [141] Die Zeit, 31. Mai 1985, 37 (IDS). [142] Ebd. [143] FAZ, 22. Febr. 1985, 12. [144] FAZ, 2. Dez. 1986, 4. [145] MM, 17. April 1986,15 (IDS). [146] MM, 11. Aug. 1987, 2 (IDS). [147] TV, 24. Febr. 1988, 8. [148] HNA, 16. März 1987. [149] FR, 6. Juni 1990, 6 (IDS). [150] TV, 28. Juli 1990, 17. [151] Stern, 45/1985, 208-210. [152] Ebd., 210. [153] Ebd., 208. [154] Ebd., 209. [155] Stern, 46/1985, 78. [156] FAZ, 31. Okt. 1985, 29. [157] Vgl. die Abb. S. 374. [158] Stern, 45/1985, 208-210. [159] Stem, 46/1985, 76-80. [160] Der Spiegel, 45/1988, 28-30. [161] Ebd., 28. [162] Ebd., 28. [163] Ebd., 29. [164] Althaus 2002c, 64-90. [165] Der Spiegel, 48/1988, 30. [166] Ebd., 30. [167] Ebd., 32. [168] TV, 28. Nov. 1988,1. [169] Stem, 43/1988, 284. [170] SN, Aktuelles aus Stadt und Land, 18. Febr. 1997, 2. [171] TV, 9. Febr. 1985,4; FAZ, 15. Juli 1996, 26. [172] Ebd., 6. Mai 1993, 14. [173] Frischbier 2 (1883), 58; Schöpf 1866, 430; vgl. oben S. 230f. [174] Sanders 1885, 351. [175] S. A. Wolf 1956, Nr. 3479. [176] FAZ, 5. Juli 1988, 10. [177] TV, 9. Febr. 1991, 6. [178] Uhlig 1850, 30. Vgl. oben S. 68. [179] Sanders 2,1 (1876), 265. [180] Sanders 1885, 351. [181] Stern, 43/1988, 284. [182] FAZ, 3. Dez. 1996, 1. [183] Heinz Ludwig, in: Opemwelt, Juni 1985. [184] Küpper: Umgangssprache 2 (21963), 271. [185] WddG 5 (1976), 3526. Ein jüngerer Rechtsanwalt war in der DDR unter dem Spitznamen Sputnik bekannt. [186] Althaus 2002c. [187] Duden Wb. 7