Liebesgedichte - Amores. 3760817157, 9783760817156

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German, Latin Pages [200] Year 1999

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Liebesgedichte - Amores.
 3760817157, 9783760817156

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SAMMLUNG TUSCULUM

Wissenschaftliche Beratung: G e r h a r d l ink, M a n f r e d F u h r m a n n , fcrik H o r n u n g , J o a c h i m L a t a c z , R a i n e r N i c k e l

Pompeji, Haus der Vet tier, Bacchus und

Ariadne

PUBLIUS OVIDIUS NASO

LIEBESGEDICHTE

AMORES

Lateinisch-deutsch

Herausgegeben und übersetzt von Niklas Holzberg

ARTEMIS & WINKLER

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahmc O v i d i u s N a s o , Publius: Liebesgedichte: lateinisch/deutsch = A m o r e s / P u b l i u s Ovidius Naso. Hrsg. und übers, von Niklas Holzberg. - Düsseldorf; Zürich: Artemis und Winkler, 1999 (Sammlung Tusculum) Einheitssacht.: Amores ISBN 3-7608-1715-7

© Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf / Z ü r i c h 1999 Alle Rechte, einschließlich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks, der fotomechanischen und elektronischen Wiedergabe, vorbehalten. Satz: 1 B V Satz- und Datentechnik G m b H , Berlin Druck und Verarbeitung: Pustet, Regensburg Printed in G e r m a n y ISBN 3-7608-1715-7

INHALT TEXT UND ÜBERSETZUNG Erstes Buch Zweites Buch Drittes Buch

8 50 94

ANHANG Erläuterungen Einführung Literatur Nachwort

143 169 183 197

P. OVIDI NASONIS AMORUM LIBRI TRES P. OVIDIUS NASO LIEBESGEDICHTE IN DREI BÜCHERN

LIBER PRIMUS E P I G R A M M A IPSIUS Q u i m o d o N a s o n i s f u e r a m u s q u i n q u e libelli, Tres suraus; h o c illi praetulit a u c t o r o p u s . U t iam nulla tibi n o s sit legisse v o l u p t a s , A t levior d e m p t i s p o e n a d u o b u s erit.

I A r m a gravi n u m e r o v i o l e n t a q u e b e l l a p a r a b a m Edere, materia conveniente modis. Par erat i n f e r i o r versus; risisse C u p i d o Dicitur atque unum surripuisse pedem. " Q u i s tibi, saeve p u e r , dedit h o c in c a r m i n a i u r i s ? P i e r i d u m vates, n o n tua t u r b a s u m u s . Q u i d , si praeripiat flavae V e n u s a r m a M i n e r v a e , Ventilet a c c e n s a s flava M i n e r v a f a c e s ? Q u i s p r o b e t in silvis C e r e r e m r e g n a r e i u g o s i s , L e g e p h a r e t r a t a e virginis arva c o l i ? C r i n i b u s i n s i g n e m q u i s acuta c u s p i d e P h o e b u m Instruat, A o n i a m Marte m o v e n t e l y r a m ? S u n t tibi m a g n a , p u e r , n i m i u m q u e p o t e n t i a r e g n a : C u r opus adfectas, ambitiöse, n o v u m ? A n , q u o d u b i q u e , t u u m e s t ? tua s u n t H e l i c o n i a t e m p e ? V i x etiam P h o e b o iam lyra t u t a sua e s t ? C u m b e n e s u r r e x i t versu n o v a p a g i n a p r i m o , A t t e n u a t n e r v o s p r o x i m u s ille m e o s . N e c m i h i m a t e r i a est n u m e r i s l e v i o r i b u s a p t a , A u t p u e r aut l o n g a s c o m p t a p u e l l a c o m a s . " Q u e s t u s e r a m , p h a r e t r a c u m p r o t i n u s ille s o l u t a L e g i t in e x i t i u m spicula facta m e u m Lunavitque genu sinuosum f o r m e r a r c u m " Q u o d " q u e " c a n a s , vates, a c c i p e " d i x i t " o p u s . " M e m i s e r u m ! certas h a b u i t p u e r ille sagittas: U r o r , et in v a c u o p e c t o r e r e g n a t A m o r .

ERSTES B U C H VORSPRUCH DES DICHTERS Waren wir eben noch fünf G e d i c h t b ü c h e r Nasos, so sind wir Drei nun: Es zog dies Werk jenem der Dichter jetzt vor. U n s zu lesen mag dir auch jetzt kein Vergnügen sein, aber Leichter wird, da ja von uns zwei nun entfernt sind, die Pein.

I Waffen in wuchtigen R h y t h m e n besingen und blutige Kriege Wollt' ich, es sollte zum S t o f f passen die metrische Form. Gleich war dem ersten Vers der zweite. D a lachte, so sagt man, A m o r , und einen F u ß stahl aus dem Vers er mir weg. »Wer gab, wilder K n a b e , dir Rechtsgewalt über Gedichte? Schar der Musen sind wir Dichter, die deinige nicht. Was war' wohl, wenn Venus der blonden Minerva die Waffen Raubte, Minerva jedoch brennende Fackeln dann schwang'? Wer fänd's richtig, wenn C e r e s in Bergwäldern herrschte, die Jungfrau Mit dem K ö c h e r die M a c h t über den Ackerbau hätt'? Wer versah', während Mars die aonische Lyra schlüg', Phöbus Mit einem spitzen Speer, ihn, der so schönlockig ist? Knabe, du hast ein R e i c h , das groß ist und allzu gewaltig: Ehrgeiziger, warum willst du ein neues G e b i e t ? O d e r gehört dir denn alles? Sind dein des Helikons Täler? Ist auch die Lyra nicht m e h r sichrer Besitz für Apoll? W o mit Vers eins d o c h gut meine neue Seite grad anhob, Schwächt schon der nächste Vers mir meine Dichterpotenz. Stoff auch fehlt mir, geeignet fürs leichtere M e t r u m : ein Knabe O d e r ein Mädchen, das H a a r kunstvoll geordnet und lang.« Dies meine Klage. Sogleich machte auf er den K ö c h e r und wählte Pfeile aus - die waren nur mir zum Verderben gemacht - , K r ü m m t e mit Kraft ü b e r m Knie zur H a l b m o n d f o r m seinen B o g e n U n d sprach dann: »Für dein Lied, Dichter, empfange den Stoff!« Weh mir! Sichere Pfeile hatte der Knabe: Ich brenne, U n d mein Herz, das bisher frei war, beherrscht jetzt der G o t t .

10

LIBER

PRIMUS

Sex mihi surgat opus numeris, in quinque residat; Ferrea cum vestris bella valete modis. Cingere litorea flaventia tempora myrto, Musa per undenos emodulanda pedes.

Esse quid h o c dicam, q u o d tarn mihi dura videntur Strata, neque in lecto pallia nostra sedent, Et vacuus s o m n o noctem, quam longa, peregi, Lassaque versati corporis ossa dolent? N a m , puto, sentirem, si q u o temptarer amore. An subit et tecta callidus arte nocet? Sic erit: haeserunt tenues in corde sagittae, Et possessa ferus pectora versat A m o r . Cedimus, an subitum luctando accendimus ignem? C e d a m u s : leve fit, q u o d bene fertur, onus. Vidi ego iactatas mota face crescere flammas Et vidi nullo concutiente mori; Verbera plura ferunt quam quos iuvat usus aratri, Detractant prensi d u m iuga prima, boves; Asper equus duris contunditur ora lupatis: Frena minus sentit, quisquis ad arma facit. Aerius invitos multoque ferocius urget, Q u a m qui servitium ferre fatentur, A m o r . En ego, confiteor, tua sum nova praeda, C u p i d o ; Porrigimus victas ad tua iura manus. Nil opus est bello: veniam pacemque rogamus; N e c tibi laus armis victus inermis ero. N e c t e c o m a m m y r t o , maternas iunge columbas; Q u i deceat, currum vitricus ipse dabit; Inque dato curru, p o p u l o clamame triumphum, Stabis et adiunctas arte movebis aves. D u c e n t u r capti iuvenes captaeque puellae: H a e c tibi magnificus pompa triumphus erit. Ipse ego, praeda recens, factum m o d o vulnus h a b e b o E t nova captiva vincula mente feram. Mens B o n a ducetur manibus post terga retortis E t Pudor et castris quidquid A m o r i s obest. O m n i a te metuent, ad te sua bracchia tendens Volgus " i o " magna v o c e " t r i u m p h e " canet.

ERSTES BUCH

Mit sechs Metren soll steigen mein Werk, in fünfen sich senken; Eiserne Kriege mitsamt eueren Rhythmen, lebt wohl! Leg um die blonden Schläfen die Myrte vom Strande dir, Muse; In elf Versfüßen soll nunmehr ertönen das Lied.

2

Was bedeutet es nur, daß mir das Lager so hart scheint Und daß nicht auf dem Bett festsitzt das deckende Tuch, Schlaflos die Nacht ich verbracht hab'- wie lang war die! - und die müden Knochen im Leib, der sich oft wälzte, mir weh tun davon? Müßt' ich's doch, meine ich, merken, wenn Liebe mich heimsuchte - oder Schleicht sie sich ein, bringt schlau Schaden durch heimliche K u n s t ? So wird's sein: Es stecken die zierlichen Pfeile im Herzen; A m o r beherrscht meine Brust, wühlt sie, der wilde, mir auf. Weich' ich oder entflamm' ich das plötzliche Feuer durch K ä m p f e n ? Weich' ich denn: Leicht wird die Last, welche man gutwillig trägt. Sah ich das Feuer doch, wenn die Fackel bewegt wurde, wachsen, Sah doch auch, wie es, wenn niemand sie schüttelte, starb. Ö f t e r als Ochsen, die gerne den Pflug ziehn, schlägt man die grade Eingefangenen, die anfangs das J o c h noch verschmähn. Sträubt sich's, verletzt sich das Pferd an der harten Trense; die Zügel Spürt es weniger dann, wenn es dem Zaumzeug sich fügt. Den, der nicht will, bedrängt viel wilder und heftiger A m o r Als denjenigen, der zugibt, sein Sklave zu sein. Sieh, ich gesteh's, ich bin deine neue Beute, C u p i d o , Streck' meine Hände aus, f ü g ' deinem Befehl mich besiegt. Nicht bedarf es des Kriegs, um G n a d e bitt' ich und Frieden: Wehrlos durch Waffen besiegt, brächte ich niemals dir R u h m . Flicht dir Myrte ins Haar, schirr an die Tauben der Mutter; Ein Gefährt, das dir ziemt, gibt dir dein Stiefvater selbst. Stehen auf deinem Wagen wirst du, »Triumph« ruft die Menge, U n d mit Geschick wirst du lenken das Vogelgespann. Mitgeführt werden dann gefangene Männer und Frauen: Ein Triumph voller G l a n z wird dieser Festzug für dich. Als deine jüngste Beute werd' ich, frisch verwundet, die neuen Fesseln tragen, dabei sklavisch ergebenen Sinns. Mitgeführt wird die Vernunft, auf dem Rücken die H ä n d e gefesselt, Scham auch und alles, was sonst A m o r s Armeen bekämpft. Alles wird Angst vor dir haben; zu dir die Arme erhoben, Wird die Volksmenge laut rufen: » H u r r a ! « und »Triumph!«.

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L I B E R PRIMUS

Blanditiae comites tibi erunt E r r o r q u e Furorque, Adsidue p a n e s turba secuta tuas. His tu militibus superas hominesque deosque; Haec tibi si demas c o m m o d a , nudus eris. Laeta triumphant! de summo mater O l v m p o Plaudet et adpositas sparget in ora rosas. Tu pinnas g e m m a , g e m m a Variante capillos

Ibis in auratis aureus ipse rotis. Tunc quoque non paucos, si te bene novimus, ures; Tunc quoque praeteriens vulnera multa dabis. N o n possunt, licet ipse velis, cessare sagittae; Fervida vicino flamma vapore nocet. Talis erat domita Bacchus Gangetide terra: Tu gravis alitibus, tigribus ille fuit. Ergo cum possim sacri pars esse triumphi, Parce tuas in me perdere, victor, opes. Aspice cognati felicia Caesaris arma: Q u a vicit, victos protegit ille manu.

3 Iusta precor: quae me nuper praedata puella est Aut amet aut faciat cur ego semper amem. A, nimium volui! tantum patiatur amari: Audierit nostras tot Cytherea preces. Accipe, per longos tibi qui deserviat annos; Accipe, qui pura norit amare fide. Si me non veterum commendant magna parentum N o m i n a , si nostri sanguinis auctor eques, N e c meus innumeris renovatur campus aratris, Temperat et sumptus parcus uterque parens, At Phoebus comitesque novem vitisque repertor H a c faciunt et me qui tibi donat A m o r Et nulli cessura fides, sine crimine mores, Nudaque simplicitas purpureusque pudor. N o n mihi mille placent, non sum desultor amoris: Tu mihi, si qua fides, cura perennis eris; Tecum, quos dederint annos mihi fila s o r o r u m , Vivere contingat teque dolente mori; Te mihi materiem felicem in carmina praebe: Provenient causa carmina digna sua.

ERSTES BUCH

υ

Deine Begleiter sind dann Schmeicheleien, Verblendung und Wahnsinn, Eine Schar, welche stets deine Partei unterstützt. Du kannst Menschen und G ö t t e r mit diesen Soldaten besiegen; Nackt wirst du sein, wenn du dich solch eines Vorteils beraubst. Froh über deinen Triumph applaudiert vom O l y m p her die Mutter, Streut dir auch R o s e n , die neben ihr liegen, aufs Haupt. D u , mit Juwelen bedeckt die Flügel, das Haar mit Juwelen, Fährst auf Radern von G o l d , selber im Goldglanz, dahin. K e n n ' ich dich recht, wirst auch dann du nicht wenige Herzen entflammen, Viele Wunden auch schlägst du im Vorbeifahren dann. Magst du's auch wollen, es können nicht ruhn deine Pfeile; die heiße Flamme erzeugt durch die G l u t , wenn man ihr nahe k o m m t , Schmerz. Bacchus war so, der B e z w i n g e r des Landes am Ganges: Erhaben E r durch das Tigergespann, du durch das Vogelgespann. Also, da ich ein Teil des heil'gen Triumphzuges sein kann, Wolle du nicht deine M a c h t , Sieger, verschwenden an mich. Schau auf die glücklichen Waffen Caesars, deines Verwandten, D e r mit derselben H a n d siegt und Besiegte beschützt.

3 R e c h t ist, was ich erbitt': Sie, die mich erbeutet hat kürzlich, Liebe mich oder b e w i r k ' , daß ich sie lieben will stets. Ach, ich wollte zuviel! N u r dulden soll sie mein Lieben: D a n n hat, was oft ich sie bat, mir Kytherea gewährt. N i m m ihn an, der bereit ist, dir lange J a h r e zu dienen, Ihn, der's versteht, dir stets makellos treu zu sein, nimm! Wenn mich nicht meiner Vorfahren große N a m e n empfehlen, Wenn nur ein Ritter war, der U r a h n ist meines Geschlechts, U n d mein Ackerland nicht von zahllosen Pflügen verjüngt wird, Beide Eltern auch stets sparsame Wirtschafter sind, Stehn doch Apoll, die neun Schwestern sowie der Erfinder des Weinstocks M i r zur Seite und er, A m o r , der dir mich jetzt schenkt, Treue, die keiner nachsteht, ein einwandfreier Charakter, Ehrliche Schlichtheit, dazu purpurn errötende Scham. N i c h t gefallen mir tausend, ich bin in der Liebe nicht sprunghaft; G i b t es noch Treue, wirst du ewige Sehnsucht mir sein. Leben m ö c h t ' ich mit dir die Zeit, die die Fäden der Schwestern M i r noch schenken; du sollst traurig sein, wenn ich einst sterb'. Als ergiebigen Stoff gib dich für meine Gedichte! W ü r d i g des Anlasses strömt dann, was ich dichte, hervor.

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LIBER

PRIMUS

Carmine nomen habent exterrita cornibus l o Et quam fluminea lusit adulter ave Q u a e q u e super pontum simulato vecta iuvenco Virginea tenuit cornua vara manu. N o s q u o q u e per totum pariter cantabimur orbem Iunctaque semper erunt nomina nostra tuis.

4 Vir tuus est epulas nobis aditurus easdem: Ultima cena tuo sit, precor, ilia viro. Ergo ego dilectam tantum conviva puellam Aspiciam? tangi quem iuvet, alter erit, Alteriusque sinus apte subiecta fovebis? Iniciet collo, cum volet, ille manum? Desine mirari, posito quod Candida vino Atracis ambiguos traxit in arma viros; N e c mihi silva domus nec equo mea membra cohaerent: Vix a te videor posse tenere manus. Q u a e tibi sint facienda tarnen cognosce, nec Euris Da mea nec tepidis verba ferenda Notis. Ante veni quam vir; nec quid, si veneris ante, Possit agi video, sed tamen ante veni. C u m premet ille torum, vultu comes ipsa modesto Ibis ut accumbas, clam mihi tange pedem. M e specta nutusque meos vultumque loquacem: Excipe furtivas et refer ipsa notas. Verba superciliis sine voce loquentia dicam; Verba leges digitis, verba notata mero. C u m tibi succurret Veneris lascivia nostrae, Purpureas tenero pollice tange genas; Si quid erit, de me tacita quod mente queraris, Pendeat extrema mollis ab aure manus; C u m tibi, quae faciam, mea lux, dicamve, placebunt, Versetur digitis anulus usque tuis; Tange manu mensam, tangunt q u o more precantes, Optabis merito cum mala multa viro. Q u o d tibi miscuerit, sapias, bibat ipse iubeto; Tu puerum leviter posce quod ipsa voles. Q u a e tu reddideris, ego primus pocula sumam, Et, qua tu biberis, hac ego parte bibam.

ERSTtS

BUCH

'5

D i c h t u n g m a c h t e b e r ü h m t die durch H ö r n e r E r s c h r e c k t e , die I o , Sie auch, die d e r G a l a n täuschte in Vogelgestalt, U n d dann sie, die b e i m R i t t übers M e e r auf dem Trugbild des Stieres Mit ihrer M ä d c h e n h a n d hielt das g e w u n d e n e H o r n . Auch von uns als Paar wird in aller Welt man einst singen. U n d mein N a m e ist d a n n ewig mit d e i n e m vereint.

4 Zu d e m s e l b e n G a s t m a h l wie wir will dein M a n n gehn - ich w ü n s c h t e Sehnlichst, für deinen M a n n w ä r ' es das letzte B a n k e t t . N u r als einer d e r G ä s t e w e r d ' also mein M ä d c h e n ich s e h e n ? W i r d es d e r a n d r e sein, der L u s t spürt, w e n n du ihn b e r ü h r s t ? W ä r m e n des a n d e r e n B r u s t wirst du, d i c h eng an ihn s c h m i e g e n d ? J e n e r legt, w e n n er will, dir um den H a l s seinen A r m ? W u n d r e d i c h n i c h t , d a ß b e i m Wein die T o c h t e r des A t r a x die M ä n n e r Mit der Z w i t t e r g e s t a l t in einen W a f f e n k a m p f trieb! Weder sind W ä l d e r mein H e i m n o c h halb Pferd, halb M e n s c h meine G l i e d e r K a u m a b e r h a l t ' ich v o n dir, glaub' ich, die H ä n d e z u r ü c k . D e n n o c h : W a s du zu tun hast, v e r n i m m , und laß nicht den O s t w i n d M e i n e W o r t e v e r w e h n , auch nicht den l a u w a r m e n Süd. V o r d e i n e m M a n n sei da! Was man d a n n , w e n n du v o r h e r s c h o n da bist, M a c h e n k a n n , s e h ' ich n o c h nicht; v o r i h m sei jedenfalls da. W e n n auf d e r C o u c h er sich ausstreckt u n d du, k e u s c h b l i c k e n d i h m f o l g e n d , K o m m s t u n d d i c h n e b e n ihn legst, streife m i r h e i m l i c h den F u ß . S c h a u auf m i c h , m e i n e W i n k e und s p r e c h e n d e n B l i c k e ; v e r s t o h l n e Z e i c h e n e m p f a n g e v o n mir; send sie d a n n w i e d e r z u r ü c k . L a u t l o s r e d e n d e W o r t e S p r e c h ' ich mit d e n B r a u e n , und W o r t e Liest v o n den F i n g e r n du, liest W o r t e , g e s c h r i e b e n in W e i n . D e n k s t du daran, wie f r e c h wir's s c h o n t r i e b e n , d a n n fasse an deine P u r p u r n e n W a n g e n g a n z sanft mit d e i n e m D a u m e n dir hin. G i b t ' s e t w a s , das du an m i r zu beklagen hast, halte das u n t r e E n d e von d e i n e m O h r mit deiner zierlichen H a n d . W e n n dir a b e r , m e i n L i c h t , gefällt, was ich t u ' o d e r sage, D r e h mit den F i n g e r n den R i n g w i e d e r und w i e d e r h e r u m . F a ß mit d e r H a n d an d e n T i s c h , ganz w i e ' s b e i m B e t e n d e r B r a u c h ist, W e n n d e i n e m M a n n - er verdient's - allerlei Ü b e l du w ü n s c h s t . Sei vernünftig, laß ihn, w a s er mischt für d i c h , selber nur t r i n k e n ; F o r d r e v o m Sklaven diskret das, was du s e l b e r gern willst. R e i c h s t du d e n B e c h e r z u r ü c k , w e r d ' ich ihn als erster ergreifen, U n d an d e r Stelle, w o d u grade n o c h trankst, t r i n k ' dann ich.

ιέ

LIBER

PRIMUS

Si tibi forte dabit q u o d praegustaverit ipse, Reice libatos illius ore cibos. N e c premat inpositis sinito tua colla lacertis, Mite nec in rigido pectore pone caput, N e c sinus admittat digitos habilesve papillae; O s c u l a praecipue nulla dedisse velis. O s c u l a si dederis, fiam manifestus amator Et dicam " m e a s u n t " iniciamque manum. Haec tamen aspiciam, sed quae bene pallia celant, Ilia mihi caeci causa timoris erunt. N e c femori committe femur nec crure cohaere N e c tenerum d u r o cum pede iunge pedem. Multa miser timeo, quia feci multa proterve, Exemplique metu torqueor ipse mei: Saepe mihi dominaeque meae properata voluptas Veste sub iniecta dulce peregit opus. H o c tu non f a d e s ; sed ne fecisse puteris, Conscia de tergo pallia deme tuo. Vir bibat usque roga (precibus tamen oscula desint), D u m q u e bibit, furtim, si potes, adde merum. Si bene conpositus s o m n o vinoque iacebit, Consilium nobis resque locusque dabunt. C u m surges abitura d o m u m , surgemus et omnes, In medium turbae fac memor agmen eas: Agmine me invenies aut invenieris in illo; Q u i d q u i d ibi poteris tangere, tange, mei. M e miserum! monui, paucas q u o d prosit in horas; Separor a domina nocte iubente mea. N o c t e vir includet; lacrimis ego maestus obortis, Q u a licet, ad saevas prosequar usque fores. O s c u l a iam sumet, iam non tantum oscula sumet: Q u o d mihi das furtim, iure coacta dabis. Verum invita dato (potes hoc) similisque coactae: Blanditiae taceant sitque maligna Venus. Si mea vota valent, ilium q u o q u e ne iuvet opto; Si minus, at certe te iuvet inde nihil. Sed quaecumque tamen noctem fortuna sequetur, C r a s mihi constant! voce dedisse nega.

ERSTES BUCH

•7

Will er dir etwas, wovon er selbst schon gekostet hat, geben, Weise du, was sein Mund vorher berührt hat, zurück. L.aß ihn nicht deinen Hals mit den schweren Armen belasten; Leg ihm den feinen Kopf nicht an die kantige Brust. Seinen Fingern versag die zum Streicheln geschaffenen Brüste; Aber vor allem gilt dies: Nie sei zum Küssen bereit! Gibst du ihm Küsse, geb' ich als dein Liebhaber mich zu erkennen. »Mir gehört das«, sag' ich, lege auf dich meine Hand. Dies kann ich wenigstens sehn, doch was ein Cape gut versteckt hält, Das wird blinde Furcht ständig erregen in mir. Presse nicht Schenkel an Schenkel, verschränk nicht die Beine mit seinen Noch an den harten Fuß drück deinen zierlichen Fuß. Vieles fürchte ich Armer, ich selbst tat ja schamlos schon vieles, Und es quält mich die Angst, die mir mein Beispiel erweckt. Oft ist mein Verlangen und das der Geliebten in Eile Unter dem Schutze des Capes lustvoll zum Ziele gelangt. Du wirst das nicht tun; doch damit man nicht denke, du tatst es, Nimm von den Schultern das Cape - ist's dein Komplize doch - weg. Bitt ihn, daß ständig er Wein trinkt - doch küß ihn nicht, während du bittest; Trinkt er ihn, schütt, wenn du kannst, schwereren heimlich dazu. Liegt er dann da wie im Grab, vom Schlaf und vom Wein überwältigt, Geben Lage und Ort uns schon den richtigen Rat. Stehst du, um heimzugehn, auf und wir alle erheben uns gleichfalls, Sollst du inmitten des Schwanns gehen - vergiß es nur nicht! Mittendrin findest du mich, oder ich werd' dich finden; und alles Was du dann dort an mir anfassen kannst, fasse an. Weh mir! Belehrung, die nur für wenige Stunden nützt, gab ich! Weil es die Nacht will, bin ich von der Geliebten getrennt. Nachts sperrt der Mann sie ein; voll Trauer und Tränen vergießend Folg' ich ihr - das nur darf sein - bis zu der grausamen Tür. Küsse wird er sich jetzt, nein, nicht nur Küsse jetzt nehmen; Was mir heimlich du gibst, gibst du dann ihm, weil du mußt. Widerwillig jedoch gib's ihm, wie gezwungen - du kannst das; Sag ihm nichts Liebes, und das, was du geschehn läßt, sei fad. Nützt mein Gebet etwas, wünsch' ich, auch ihm soll Lust nicht vergönnt sein, Oder auch nur, daß du selbst keinerlei Lust dann verspürst. Doch, wie immer das Schicksal die Nacht gestalten wird - morgen Leugne - bestimmt sei dein Ton! - , daß er's gekriegt hat von dir.

I 8

I.IBKR

PRIMUS

5 Aestus erat, mediamque dies cxegerat horam; Adposui medio m e m b r a levanda toro. Pars adaperta fuit, pars altera clausa fenestrae, Q u a l e fere silvae lumen habere solent, Qualia sublucent fugiente crepuscula P h o e b o Aut ubi nox abiit nec tamen orta dies. Ilia verecundis lux est praebenda puellis, Q u a timidus latebras speret habere pudor. E c c e , C o r i n n a venit, tunica velata recincta, C a n d i d a dividua colla tegente coma, Qualiter in thalamos f o r m o s a Semiramis isse Dicitur et multis Lais amata viris. Deripui tunicam; nec multum rara nocebat, Pugnabat tunica sed tamen ilia tegi; Q u a e , cum ita pugnaret tamquam quae vincere nollet, Victa est non aegre proditione sua. U t stetit ante oculos posito velamine nostros, In t o t o nusquam c o r p o r e menda fuit: Q u o s umeros, quales vidi tetigique lacertos! Forma papillarum quam fuit apta premi! Q u a m castigato planus sub pectore venter! Q u a n t u m et quale latus! quam iuvenale femur! Singula quid referam? nil non laudabile vidi, Et nudam pressi corpus ad usque meum. Cetera quis nescit? lassi requievimus ambo. Proveniant medii sic mihi saepe dies.

6 Ianitor (indignum) dura religate catena, Difficilem m o t o cardine pande forem. Q u o d precor exiguum est: aditu fac ianua parvo O b l i q u u m capiat semiadaperta latus. Longus a m o r tales corpus tenuavit in usus Aptaque subducto pondere membra dedit; Ille per excubias custodum leniter ire Monstrat, inoffensos derigit ille pedes.

ERSTES BUCH

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5 Heiß war's, der Tag hatte eben die mittlere Stunde vollendet, U m zu ruhn, hatte ich mitten aufs Bett mich gelegt. N u r der eine Laden des Fensters war offen, der andre War geschlossen - ein Licht, wie man's im Waide oft sieht, Wie die D ä m m e r u n g schimmert, wenn Phöbus v o m H i m m e l weicht, oder Wenn vorbei ist die N a c h t , noch nicht erschienen der Tag. So ein Licht sei gewährt den schüchternen Frauen, denn H o f f n u n g Auf ein sichres Versteck gibt's da für furchtsame Scham. Siehe, C o r i n n a erscheint mit entgürtetem Kleide, und ihren Weißen Hals bedeckt ganz ihr gescheiteltes Haar. So betrat das G e m a c h die schöne Semiramis und, von Vielen Männern geliebt, Lais; so wird es erzählt. Ich entriß ihr das Kleid, das, dünn nur, leicht es mir machte, Sie aber, weil sie bedeckt bleiben noch wollte v o m Kleid, Kämpfte, doch kämpfte wie eine, die gar nicht Siegerin sein will, Mühelos schließlich besiegt durch ihren eignen Verrat. Als vor meinen Augen sie hüllenlos dastand, da war nun An dem ganzen Leib nirgends ein Makel zu sehn. Was für Schultern und A r m e ich sah und berührte! W i e war d o c h Ihrer Brüste Gestalt für die Liebkosung bestimmt! U n t e r dem straffen Busen wie eben der B a u c h ! Ihre H ü f t e n Schlank und v o l l k o m m e n ! U n d dann: Schenkel, wie jugendlich s c h ö n ! D o c h was zähl' ich es auf? Nichts, was nicht zu loben war, sah ich, U n d ihren nackten L e i b preßte an meinen ich fest. Wer weiß nicht, was dann folgte? Ermattet ruhten wir beide. Mittagsstunden wie die - stellten sie oft sich d o c h ein!

6 Pförtner, mit h a n e r Kette - schändlich! - gefesselt, den Riegel Setz in Bewegung, und dann öffne die trotzige T ü r ! Wenig erbitte ich: M a c h , daß, halbgeöffnet, die T ü r mich D u r c h einen schmalen Spalt seitwärts hineinschlüpfen läßt. D ü n n machte lange Liebe für solche Z w e c k e den L e i b mir, N a h m sein G e w i c h t , gab mir Glieder, die fit sind dafür. Wie man durch wachsame Posten hindurchschleicht, zeigt sie; die F ü ß e L e n k t sie so, daß sie nicht anstoßen müssen dabei.

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LIBER

PRIMUS

A t q u o n d a m noctem simulacraque vana timebam; M i r a b a r , tenebris quisquis iturus erat: Risit, ut audirem, tenera c u m matrc C u p i d o Et leviter " f i e s tu q u o q u e f o r t i s " ait. N e c m o r a , venit amor: n o n umbras nocte volantis, N o n t i m e o strictas in mea fata manus; Te nimium lentum timeo, tibi blandior uni: Tu, me q u o possis perdere, f u l m e n habes. A s p i c e (uti videas, inmitia claustra relaxa) U d a sit ut lacrimis ianua facta meis. C e r t e ego, c u m posita stares ad verbera veste, A d d o m i n a m p r o te verba tremente tuli. E r g o , quae valuit p r o te q u o q u e gratia q u o n d a m , H e u f a c i n u s ! p r o me nunc valet ilia p a r u m ? R e d d e vicem meritis: grato licet esse q u o d optas. T e m p o r a noctis eunt; excute poste seram. Excute: sic u m q u a m longa relevere catena, N e c tibi p e r p e t u o serva bibatur aqua. Ferreus orantem n e q u i q u a m , ianitor, audis: R o b o r i b u s d u n s ianua fulta riget. U r b i b u s obsessis clausae m u n i m i n a portae Prosunt: in media pace quid arma times? Q u i d facies hosti, qui sic excludis a m a n t e m ? T e m p o r a noctis eunt; excute poste seram. N o n e g o militibus v e n i o comitatus et armis: Solus eram, si non saevus adesset A m o r ; H u n c ego, si c u p i a m , n u s q u a m dimittere p o s s u m : A n t e vel a m e m b r i s dividar ipse meis. E r g o A m o r et m o d i c u m circa mea t e m p o r a v i n u m M e c u m est et madidis lapsa c o r o n a comis. A r m a quis haec timeat? quis non eat o b v i u s illis? T e m p o r a noctis eunt; excute poste seram. L e n t u s es, an s o m n u s , qui te male perdat, amantis Verba dat in ventos aure repulsa tua? A t , m e m i n i , p r i m o , c u m te celare v o l e b a m , Pervigil in mediae sidera noctis eras. Forsitan et tecum tua nunc requiescit arnica: H e u , m e l i o r q u a n t o sors tua sorte mea! D u m m o d o sic, in me durae transite catenae. T e m p o r a noctis eunt; excute poste seram. Fallimur, an v e r s o sonuerunt cardine postes, R a u c a q u e concussae signa dedere f o r e s ?

ERSTES B U C H

D o c h vor der Nacht und vor nichtigen Schreckbildern hatte ich einstmals Angst und bewunderte den, der sich ins Finstere wagt. A m o r - ich hörte es - hat da gelacht mit der lieblichen Mutter; »Tapfer wirst nun auch du«, sagte er leichthin zu mir. Liebe kam da sogleich: Nicht nächtlich fliegende Schatten Fürchte ich, nicht die Hand, die mit dem Tod mich bedroht. Dich nur, den allzu Sturen, fürchte ich, schmeichle auch dir nur, D u hältst den Blitz, womit du mich zu töten vermagst. Schau - und damit du es siehst, mach locker den grausamen Riegel - , Wie von den Tränen bereits naß ist geworden die T ü r . Als du entkleidet dastandst, um Schläge zu kriegen, war ich's doch, D e r bei der Herrin für dich, während du zittertest, sprach. Bringt somit dieser Dienst, der dir doch N u t z e n einst brachte Ο welche Schandtat! - , mir keinerlei N u t z e n jetzt ein? Zeig dich erkenntlich: Du kriegst, wenn du d a n k b a r bist, was du gern möchtest. N ä c h t l i c h e Stunden vergehn; stoße den Riegel zurück! Tu's! D a n n sollst irgendwann von der ewigen K e t t e du frei sein, Wasser der Knechtschaft nicht trinken, solange du lebst. Eisern, Türhüter, hörst du, wie ich vergeblich dich anfleh'; Fest aus der Eiche gefügt, steht da die starrende T ü r . G u t für belagerte Städte ist Schutz durch verschlossene Tore, D o c h was fürchtest du denn Waffen, w o Friede d o c h herrscht? Wie erst ergeht's einem Feind, wenn du so einen Liebenden ausschließt? N ä c h t l i c h e Stunden vergehn; stoße den Riegel z u r ü c k ! Ich k o m m ' nicht mit Waffen und nicht von Soldaten begleitet; G a n z allein wär' ich, wär' A m o r , der wilde, nicht da. D e n kann ich nirgendwohin wegschicken, auch wenn ich's wünschte; E h e r noch würde ich selbst von meinen Gliedern getrennt. A m o r , ein wenig Wein um die Schläfen herum und im feuchten H a a r ein Kranz, welcher nicht festsitzt, sind also bei mir. Wer soll diese A r m e e wohl fürchten, ging' ihr aus dem Wege? N ä c h t l i c h e Stunden vergehn; stoße den Riegel z u r ü c k ! Stur bist du, oder vertreibt vom O h r der Schlaf - dein Verderben Sei er! - des Liebenden Wort, läßt es v o m W i n d e verwehn? D o c h wenn ich früher dich hintergehen wollte - ich weiß noch Warst, bis der Mitternacht Sterne erschienen, du wach. J e t z t grad schläft vielleicht bei dir deine Freundin - ο weh mir! U m wieviel ist dein Los dann aber besser als meins! W ä r ' es nur meins! D a n n k o m m t doch zu mir, ihr grausamen Ketten! N ä c h t l i c h e Stunden vergehn; stoße den Riegel z u r ü c k ! T ä u s c h ' ich mich oder erklangen vom D r e h e n der Angel die Pfosten, K a m ein dumpfer Ton von der erschütterten T ü r ?

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LIBER

PRIMUS

Fallimur: inpulsa est animoso ianua venco. Ei mihi, quam longe spem tulit aura meam! Si satis es raptae, Borea, m e m o r Orithyiae, H u e ades et surdas flamine tunde foris. U r b e silent tota, vitreoque madentia rore T e m p o r a noctis eunt; excute poste seram, Aut ego iam ferroque ignique paratior ipse, Quern face sustineo, tecta superba petam. N o x et A m o r vinumque nihil moderabile suadent: Ilia pudore vacat, L i b e r A m o r q u e metu. O m n i a consumpsi, nec te precibusque minisque M o v i m u s , ο foribus durior ipse tuis. N o n te formosae decuit servare pueilae Limina: sollicito carcere dignus eras. Iamque pruinosos molitur Lucifer axes, Inque suum miseros excitat ales opus. At tu, non laetis detracta c o r o n a capillis, D u r a super tota limina nocte iace; Tu dominae, cum te proiectam mane videbit, Temporis absumpti tam male testis eris. Q u a l i s c u m q u e vale sentique abeuntis honorem, L e n t e nec admisso turpis amante, vale. Vos q u o q u e , crudeles rigido cum limine postes D u r a q u e conservae ligna, valete, fores.

7 Adde manus in vincla meas (meruere catenas), D u m furor o m n i s abit, si quis amicus ades. N a m furor in dominam temeraria bracchia movit; Flet mea vesana laesa puella manu. T u n c ego vel caros potui violare parentes Saeva vel in sanctos verbera ferre deos. Q u i d ? non et clipei d o m i n u s septemplicis Aiax Stravit deprensos lata per arva greges, E t vindex in matre patris, malus ultor, Orestes Ausus in arcanas poscere tela deas? E r g o ego digestos potui laniare capillos? N e c d o m i n a m motae dedecuere comae: Sic f o r m o s a fuit; talem Schoeneida dicam Maenalias arcu sollicitasse feras;

ERSTES B U C H

Ja, ich täusch' mich: Es traf nur ein starker Windstoß die Türe. Ach, meine Hoffnung! Wie weit trug sie der Luftzug hinweg! Boreas, wenn du dich noch des Raubs Orithyias erinnerst, Komm, stoß auf durch dein Wehn diese gehörlose Tür! Alles schweigt in der Stadt, und feucht vom kristallenen Frühtau Schwinden die Stunden der Nacht; stoße den Riegel zurück! Oder ich stürm' aggressiver noch als mein Schwert und das Feuer, Das meine Fackel ernährt, dies überhebliche Haus. Nacht und Amor und Wein - zur Mäßigung raten die niemals: Jene ist frei von Scham, Liber und A m o r von Furcht. Alles hab' ich versucht, doch weder durch Drohn noch durch Bitten Dich bewegt, ο du - härter noch als deine Tür! Hüter der Schwelle zu sein bei einer, die schön ist, verdienst du Gar nicht, des Kerkers bist du würdig, des qualvollen Orts. Luzifer setzt schon in Gang die Achsen, auf denen der Tau liegt; Arme Sterbliche ruft schon an die Arbeit der Hahn. Du, von den traurigen Haaren heruntergezerrt, auf der harten Schwelle liege, mein Kranz, nunmehr die restliche Nacht. Sieht dann am Morgen die Herrin dich hingeworfen, wirst du ihr Zeugnis geben, wie schlecht ich hier verbrachte die Nacht. Du, leb wohl, wie du bist, hör des Scheidenden Grußwort: D u schlössest Einen Liebenden aus, Sturer und Mieser! Leb wohl! Ihr auch, grausame Pfosten mit starrer Schwelle, und du da, Seine Mitsklavin, Tür, fühlloses Holzstück, lebt wohl!

7 Feßle die Hände mir - Ketten haben verdient sie - , bis gänzlich Aufhört die Raserei, Freund, wenn es hier einen gibt. Gegen die Herrin ließ Raserei mich die Hände erheben Blindlings; sie weint jetzt, verletzt von meiner tobenden Hand. Ebenso hätt' ich verletzen können die teueren Eltern, Heilige Götter sogar heftig mit Schlägen bedrohn! Griff nicht auch Ajax, der Herr des siebenhäutigen Schildes, Schafe und machte sie dann nieder weithin übers Feld? Wollte nicht Waffen gegen die mystischen Göttinnen richten Er, der den Vater gerächt an seiner Mutter, Orest? Wohlgeordnetes Haar zu zerraufen war ich also fähig? Doch, zerzaust wie es war, stand es der Herrin nicht schlecht: So war sie schön; so sah die Schoenei's aus, würde ich sagen, Wenn mit dem Bogen sie einst jagte mänalisches Wild,

LIBER

PRIMUS

Talis periuri p r o m i s s a q u e velaque T h e s e i Flevit praecipites C r e s s a tulisse N o t o s ; Sic, nisi vittatis q u o d erat C a s s a n d r a capillis, P r o c u b u i t t e m p l o , casta M i n e r v a , tuo. Q u i s mihi n o n " d e m e n s " , quis n o n mihi " b a r b a r e " di Ipsa nihil: pavido est lingua retenta m e t u . Sed taciti fecere tarnen c o n v i c i a vultus; Egit me lacrimis o r e silente r e u m . A n t e m e o s umeris vellem cecidisse l a c e r t o s ; U t i l i t e r potui parte carere mei. In mea vesanas habui dispendia vires Et valui p o e n a m fortis in ipse m e a m . Q u i d mihi v o b i s c u m , caedis s c e l e r u m q u e m i n i s t r a e ? D e b i t a sacrilegae vincla subite m a n u s . A n , si pulsassem m i n i m u m de p l e b e Q u i r i t e m , Plecterer, in d o m i n a m ius m i h i m a i u s erit? Pessima Tydides scelerum m o n i m e n t a reliquit: Ille deam p r i m u s perculit; alter e g o . Et minus ille n o c e n s : mihi q u a m p r o f i t e b a r a m a r e Laesa est; Tydides saevus in h o s t e fuit. I nunc, magnificos victor molire triumphos, C i n g e c o m a m lauro v o t a q u e r e d d e Iovi, Q u a e q u e tuos currus c o m i t a n t u m t u r b a s e q u e t u r , C l a m e t " i o ! forti victa puella v i r o e s t ! " A n t e eat effuso tristis captiva capillo, Si sinerent laesae, Candida t o t a , genae. A p t i u s inpressis fuerat livere labellis E t Collum blandi dentis h a b e r e n o t a m . D e n i q u e si tumidi ritu t o r r e n t i s a g e b a r C a e c a q u e m e praedam fecerat ira s u a m , N o n n e satis fuerat timidae i n c l a m a s s e puellae N e c n i m i u m rigidas i n t o n u i s s e m i n a s Aut t u n i c a m a s u m m a d i d u c e r e t u r p i t e r o r a A d mediam (mediae z o n a tulisset o p e m ) ? A t nunc sustinui raptis a f r o n t e capillis Ferreus ingenuas u n g u e n o t a r e genas. Astitit ilia amens a l b o et sine s a n g u i n e vultu, C a e d u n t u r Pariis qualia saxa iugis; E x a n i m i s artus et m e m b r a t r e m e n t i a vidi, U t c u m populeas Ventilat aura c o m a s , U t leni Z e p h y r o gracilis v i b r a t u r h a r u n d o S u m m a v e c u m tepido stringitur unda N o t o ;

ERSTES BUCH

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So die Kreterin, als sie, weil Schwüre und Segel des falschen Theseus die Südwinde ihr forttrugen, Tränen vergoß, So Kassandra, als sie, du keusche Minerva, in deinem Heiligtum hinsank (nur daß sie ihre Haarbinde trug). Wer hätte nicht zu mir »Barbar« gesagt, wer nicht »Du Irrer«? Sie sprach gar nichts; gelähmt war ihr die Zunge von Furcht. D e n n o c h machte der schweigende Blick mir Vorwürfe, ja sie Klagte, wenn auch ihr M u n d stumm war, durch Tränen mich an. Wären mir vorher doch nur von den Schultern die A r m e gefallen! Dieser Teil meiner selbst hätte mir besser gefehlt! Mir zum Schaden besaß ich die Kräfte des Wahnsinns; zu meiner Eignen Bestrafung hab' ich all meine Stärke benutzt. Was hab' mit euch ich zu schaffen, ihr H e l f e r bei M o r d und Verbrechen? Ruchlose Hände, jetzt tragt Fesseln! Verdient habt ihr sie! Schlüg' ich den einfachsten Bürger der Plebs, man würde mich strafen; Wird mehr R e c h t mir denn gegen die Herrin gewährt? Tydeus' Sohn hinterließ ein übles Beispiel für eine Untat: E s schlug zuerst er eine G ö t t i n , dann ich. Schuldiger bin ich als er: Die, die ich zu lieben erklärte, Schlug ich, Tydeus' Sohn fiel eine Feindin nur an. G e h jetzt, Sieger, und rüste p o m p ö s e Triumphe, mit Lorbeer Kränze das H a a r dir, und gib Jupiter, was du gelobt! Ausrufen soll die Schar der Begleiter, welche dem Wagen Nachfolgt: »Welch tapferer M a n n ! H o c h ! E r bezwang eine Frau!« Sie geh' traurig voran mit gelöstem H a a r als Gefangne, Strahlend schön, w ä r ' sie nicht an ihren Wangen verletzt. Passender wär's, sie zeigte die Spuren des Drucks meiner Lippen, Hätte von zärtlichem Zahn an ihrem N a c k e n ein Mal. Wenn ich aber getobt hab' nach Art des schäumenden Wildbachs, U n d eines blinden Z o r n s Beutestück wurde, nun denn: Hätte es da nicht genügt, das furchtsame Mädchen zu schelten, D o n n e r n d zu drohen dabei, freilich nicht z « vehement, O d e r das Kleid ihr schändlich vom o b e r e n Rand bis zur Mitte Aufzureißen (bis dort hätt' es der G ü r t e l erlaubt)? Dies aber brachte ich fertig: Ich riß von der Stirn ihr die Haare, G r u b meine Nägel brutal ihr in das feine Gesicht. Völlig verwirrt stand sie da, ganz weiß war ihr Antlitz und blutleer, Ahnlich dem Marmorgestein, wie man auf Paros es bricht. Leblos sah ich den L e i b und ängstlich zittern die Glieder, Wie an der Pappel das Laub, wenn es im Lufthauch erbebt, Wie das schlanke Schilf, das im sanften Westwind erschauert, O d e r die Woge, wenn lau über sie hin streift der Süd.

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LIBER

PRIMUS

Suspensaeque diu lacrimae fluxere per ora, Qualiter abiecta de nive manat aqua. Tunc ego me primum coepi sentire nocentem; Sanguis erat lacrimae, quas dabat ilia, meus. Ter tarnen ante pedes volui procumbere supplex; Ter formidatas reppulit ilia manus. At tu ne dubita (minuet vindicta dolorem) Protinus in voltus unguibus ire meos; N e c nostris oculis nec nostris parce capillis: Quamlibet infirmas adiuvat ira manus. Neve mei sceleris tam tristia signa supersint, Pone recompositas in statione comas.

8 Est quaedam (quicumque volet cognoscere lenam, Audiat), est quaedam nomine Dipsas anus. Ex re nomen habet: nigri non ilia parentem Memnonis in roseis sobria vidit equis. Ilia magas artes Aeaeaque carmina novit Inque caput liquidas arte recurvat aquas; Seit bene quid gramen, quid torto concita r h o m b o Licia, quid valeat virus amantis equae. C u m voluit, toto glomerantur nubila caelo; C u m voluit, puro fulget in orbe dies. Sanguine, si qua fides, stillantia sidera vidi; Purpureus Lunae sanguine vultus erat. H a n c ego nocturnas versam volitare per umbras Suspicor et pluma corpus anile tegi; Suspicor, et fama est; oculis quoque pupula duplex Fulminat et gemino lumen ab orbe venit. Evocat antiquis proavos atavosque sepulcris Et solidam longo carmine findit humum. Haec sibi proposuit thalamos temerare pudicos; N e c tamen eloquio lingua nocente caret. Fors me sermoni testem dedit; ilia monebat Talia (me duplices occuluere fores): " S c i s here te, mea lux, iuveni placuisse beato? Haesit et in voltu constitit usque tuo. Et cur non placeas? null! tua forma secunda est; M e miseram! dignus corpore cultus abest.

ERSTES B U C H

Tränen, die lang sie zurückhielt, flössen ihr über das Antlitz, Ä h n l i c h dem Wasser, wie's o f t aus einem Schneehaufen tropft. D a fing erstmals ich an, mich schuldig zu fühlen; die Tränen, D i e nun jene v e r g o ß , waren mein eigenes Blut. I m m e r h i n wollte ich dreimal zu Füßen ihr fallen, doch dreimal Stieß sie die H ä n d e , die sie fürchtete, von sich zurück. D u aber zögere nicht - deinen S c h m e r z w i r d die Rachetat lindern - , M i r s o f o r t ins G e s i c h t mit deinen N ä g e l n zu fahrn! Schone nicht meine A u g e n und nicht meine H a a r e ; den H ä n d e n , Sind sie auch noch so schwach, hilft jetzt ganz sicher der Z o r n . U n d damit nun nicht länger so traurige Spuren der Untat Bleiben, ordne dein H a a r , gib ihm z u r ü c k seine F o r m .

8 Eine g e w i s s e - w e r eine Kupplerin kennen will, höre E i n e alte Frau gibt es, die Dipsas sich nennt. K e n n z e i c h n e n d ist ihr N a m e : des dunkelhäutigen M e m n o n M u t t e r sah nüchtern sie nie auf ihrem R o s e n g e s p a n n . D o c h sie kennt die M a g i e und aeaeische Formeln; des klaren Q u e l l w a s s e r s L a u f lenkt sie kunstreich z u m U r s p r u n g z u r ü c k . Welche K r ä f t e die Kräuter, der Faden, b e w e g t am gedrehten Kreisel, v o n Stuten der Schleim haben, das weiß sie genau. Will sie's, dann ballen sich Wolken am ganzen H i m m e l zusammen; K l a r ist das Firmament, strahlend der Tag, w e n n sie will. Sterne, t r o p f e n d von Blut, hab' ich gesehen, falls G l a u b e n Ihr mir schenkt; das Gesicht Lunas w a r p u r p u r n von Blut. Wie ich v e r m u t e , fliegt sie verwandelt durch nächtliche Schatten; G a n z mit Federn bedeckt ist dann ihr ältlicher Leib. S o v e r m u t ' ich, so sagt man. A u c h blitzt eine D o p p e l p u p i l l e In ihren A u g e n ; ein Licht k o m m t auch aus beiden hervor. A h n e n und U r a h n e n ruft sie aus alten G r ä b e r n ; das feste E r d r e i c h spaltet sie auf mit einem langen G e s a n g . D i e hat v o r , unsres reinen Bettes B u n d zu beschmutzen; Schaden durch Redetalent kann ihre Z u n g e durchaus. Z u f ä l l i g w a r ich Z e u g e bei ihrer R e d e ; sie lehrte Solches (die D o p p e l t ü r hielt mich währenddessen versteckt): »Weißt d u ' s ? G e s t e r n gefielst du, mein L i c h t , dem begüterten Jüngling: Starr stand er da und sah f o r t w ä h r e n d dir ins Gesicht. U n d w a r u m denn auch nicht? Deiner Schönheit ist keine vergleichbar. A c h ! E l e g a n z nur fehlt, w i e sie dein K ö r p e r verdient.

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LIBER

PRIMUS

Tam felix esses quam formosissima vellem: N o n ego te facta divite pauper ero. Stella tibi oppositi nocuit contraria Martis; Mars abiit; signo nunc Venus apta suo. Prosit ut adveniens, en aspice: dives amator Te cupiit; curae, quid tibi desit, habet. Est etiam facies, quae se tibi conparet, illi: Si te non emptam vellet, emendus erat. E r u b u i t ! decet alba quidem p u d o r ora, sed iste. Si simules, prodest; verus obesse solet. C u m bene deiectis gremium spectabis ocellis, Q u a n t u m quisque ferat, respiciendus erit. Forsitan inmundae Tatio regnante Sabinae Noluerint habiles pluribus esse viris; N u n c Mars externis animos exercet in armis, At Venus Aeneae regnat in urbe sui. Ludunt formosae: casta est quam n e m o rogavit; Aut, si rusticitas non vetat, ipsa rogat. Has q u o q u e , quae frontis rugas in vertice portant, Excute, de rugis crimina multa cadent. Penelope iuvenum vires temptabat in arcu; Q u i latus argueret, corneus arcus erat. Labitur occulte fallitque volatilis aetas, U t celer admissis labitur amnis aquis. Aera nitent usu, vestis bona quaerit haberi, Canescunt turpi tecta relicta situ: F o r m a , nisi admittas, nullo exercente senescit; N e c satis effectus unus et alter habent. C e r t i o r e multis nec tam invidiosa rapina est; Plena venit canis de grege praeda lupis. E c c e , quid iste tuus praeter nova carmina vates D o n a t ? amatoris milia multa leges. Ipse deus vatum palla spectabilis aurea Tractat inauratae c o n s o n a fila lyrae. Q u i dabit, ille tibi magno sit maior H o m e r o ; C r e d e mihi, res est ingeniosa dare. N e c tu, si quis erit capitis mercede redemptus, Despice: gypsati crimen inane pedis. N e c te decipiant veteres circum atria cerae: Tolle tuos tecum, pauper amator, avos. Q u i , quia pulcher erit, poscet sine munere n o c t e m , Q u o d det amatorem flagitet ante suum.

LRSTES BUCH

Würde doch nur dein Glück deiner großen Schönheit entsprechen! Wirst du reich, ist's für mich bald mit der Armut vorbei. Dir brachte Schaden der Stern des feindlichen Mars, aber fort ist Mars nun, und günstig steht Venus im eigenen Haus. Sieh, wie ihr Kommen dir nützt! Ein reicher Liebhaber will dich: Er zerbricht sich den Kopf darüber, was dir noch fehlt. Auch ein Aussehen, welches mit deinem vergleichbar ist, hat er; Kaufenswert war' er, wenn nicht dich er gern kaufte für sich. Rot wird sie! Klar, eine Zierde des weißen Gesichtes ist Scham, doch Nützlich nur, wenn du sie mimst; echte pflegt schädlich zu sein. Während du mit gesenkten Augen brav in den Schoß blickst, Schätz einen jeden nach dem, wieviel er bringen könnt', ein. Daß die schmutzigen Fraun der Sabiner, als Tatius herrschte, Mehreren Männern sich nicht hingaben, mag ja wohl sein; Heute erprobt seine Tapferkeit Mars nur in Kriegen im Ausland, Doch des Aneas Stadt wird jetzt von Venus beherrscht. Schöne vergnügen sich; keusch ist nur die, bei der's niemand versucht hat; Oder sie selbst wird, wenn nicht Plumpheit sie abhält, aktiv. Die auch, die hoch bis zum Scheitel Stirnrunzeln tragen, die mußt du Schütteln nur: Manches Vcrgehn fällt aus den Falten heraus. Jungmannenkräfte erprobte am Bogen Penelope; ja, ein Bogen aus Horn war es, der nachwies, wer lendenstark war. Unbemerkt gleitet dahin auf Flügeln die Jugend und narrt uns, Wie eines schnellen Stroms Wasser sich eilends bewegt. Bronze wird blank durch Gebrauch, das Kleid will, daß man es trage, Häßlicher Schimmel macht stets grau das verlassene Haus. Schönheit wird alt, wenn du keinen heranläßt, aus Mangel an Nutzung; Einer oder nur zwei, das bringt zu wenig Ertrag. Sichrer ist, was man von vielen errafft: Es bringt weniger Mißgunst; Aus einer Herde kommt reichliche Beute dem Wolf. Schau, was schenkt dein Poet außer neuen Versen? Die vielen Tausend des Liebhabers kriegst hier zur Lektüre du nur! Selbst der Dichtergott, herrlich im goldnen Gewände, hat eine Lyra mit Goldschmuck, wenn tönende Saiten er schlägt. Wer dir was gibt, sei größer für dich als der große Homerus; Glaub mir, von reichem Talent zeugt es, wenn einer was gibt. Schau nicht verächtlich auf den, der für Geld seine Freiheit gekauft hat; Das ist ein Makel, der nicht wichtig ist: Kreide am Fuß. Laß dich von alten Porträts aus Wachs in der Halle nicht täuschen: Armer Liebhaber, nimm all deine Ahnen und geh! Wer, weil er schön ist, von dir eine Nacht will, ohne zu schenken, Fordre vom Liebhaber, den er hat, zuvor was für dich!



LIBER

PRIMUS

Parcius exigito pretium, dum retia tendis, N e fugiant; captos legibus ure tuis. N e c nocuit simulatus amor: sine credat amari Et cave, ne gratis hie tibi constet amor. Saepe nega noctes: capitis modo finge dolorem; Et m o d o , quae causas praebeat, Isis erit. M o x recipe, ut nullum patiendi colligat usum Neve relentescat saepe repulsus amor. Surda sit oranti tua ianua, laxa ferenti; Audiat exclusi verba reeeptus amans; Et quasi laesa prior nonnumquam irascere laeso: Vanescit culpa culpa repensa tua. Sed numquam dederis spatiosum tempus in iram: Saepe simultates ira morata facit. Q u i n etiam discant oculi lacrimare coacti, Et faciant udas illa vel ille genas; N e c , si quem falles, tu periurare timeto: C o m m o d a t in lusus numina surda Venus. Servus et ad partes sollers ancilla parentur, Q u i doceant apte quid tibi possit emi. Et sibi pauca rogent: multos si pauca rogabunt, Postmodo de stipula grandis acervus erit; Et soror et mater, nutrix quoque carpat amantem: Fit cito per multas praeda petita manus. C u m te deficient poscendi munera causae, Natalem libo testificare tuum. N e securus amet nullo rivale, caveto: N o n bene, si tollas proelia, durat amor. Ille viri videat toto vestigia lecto Factaque laseivis livida colla notis; Munera praeeipue videat quae miserit alter: Si dederit nemo, Sacra roganda Via est. C u m multa abstuleris, ut non tarnen o m n i a donet, Q u o d numquam reddas, c o m m o d e t ipsa roga. Lingua iuvet mentemque tegat: blandire n o c e q u e ; Impia sub dulei melle venena latent. Haec si praestiteris usu mihi cognita longo N e c tulerint voces ventus et aura meas, Saepe mihi dices vivae bene, saepe rogabis U t mea defunetae molliter ossa eubent — " Vox erat in cursu, cum me mea prodidit u m b r a ; At nostrae vix se continuere manus

ERSTES BUCH

3'

Sparsamer sei im Fordern, solang du die Netze spannst: Fliehen Könnten sie; hast du sie dann, trieze sie, wie's dir beliebt. Nie hat geheuchelte Liebe geschadet: Er glaube, du liebst ihn. Und paß auf, daß sich dann so eine Liebe rentiert! Oft verweigre die Nacht; bald sage, du habest heut Kopfweh, Bald sei es Isis, die dir passende Gründe verschafft. Rechtzeitig sag wieder ja, sonst kriegt er im Leiden Erfahrung, Und die Liebe, die oft abblitzte, läßt wieder nach. Taub sei die Tür gegen Bitten, doch offen für Gaben; es höre Der, den du einließest, dem, welchen du ausschlössest, zu. Manchmal spiel die Gekränkte und zürn, auch wenn du ihn gekränkt hast; Steht erst mal Schuld gegen Schuld, schwindet die deine dahin. Nie aber laß deinen Zorn über längere Zeit sich erstrecken: O f t bringt Zorn, der zu lang andauert, Feindschaft hervor. Mehr noch: Lehre die Augen die Kunst, auf Kommando zu weinen; Naß soll die Wange sein, weil's die da und diesen da gibt. Wenn du jemand betrügst, scheu nicht zurück vor dem Meineid: Taub stellt sich Venus ja, wenn Liebende falsch bei ihr schwörn. Ja, und ein Sklave muß her, eine Magd auch, die gut ihren Part spielt, Die ihn belehren, was paßt, wenn er was einkauft für dich, Und für sich selbst was erbitten: Wenn viele um wenig sie bitten, Werden zum riesigen Berg alle die Halme zuletzt. Laß deine Schwester, die Mutter, die Amme den Liebhaber rupfen: Betteln viele darum, mehrt sich die Beute dir schnell. Wenn's dir an Anlässen fehlt, Geschenke zu fordern, dann zeige Durch einen Kuchen ihm an, daß dein Geburtstagsfest ist. Schau, daß er nicht, weil's keinen Rivalen gibt, sorglos verliebt ist: Liebe hat keinen Bestand, räumst die Konflikte du aus. Spuren des anderen Mannes im ganzen Bett soll er sehen, Blau von den Flecken, die dir Liebeslust eintrug, den Hals, Sehen vor allem Geschenke, die dir der andre geschickt hat; Hast du von niemandem eins, helfe der Heilige Weg. Nahmst du schon viel, doch erreichst du dann nicht, daß alles er herschenkt, Bitt ihn um Leihgaben, die niemals er wiederbekommt. Was du denkst, das verdecke die Zunge als Helferin: Schmeichelnd Schade ihm; tückisches G i f t liegt unter Honig versteckt. Führst du nun all dies aus, was mich lange Erfahrung gelehrt hat, Und schlägst das, was ich dir beibrachte, nicht in den Wind, Wirst du, solange ich lebe, oft segnen mich, oftmals auch bitten, Daß, wenn ich sterben muß, sanft ruhe im Grab mein Gebein - « Immer noch sprach sie, doch da verriet mich plötzlich mein Schatten. Meine Hände jedoch hielten sich kaum noch zurück,

LIBER

PRIMUS

Q u i n albam raramque c o m a m lacrimosaque vino L u m i n a rugosas distraherentque genas. D i tibi dent nullosque Lares inopemque senectam Et longas hiemes perpetuamque sitim!

9 Militat o m n i s amans, et habet sua castra C u p i d o ; Attice, crede mihi, militat omnis amans. Q u a e bello est habilis, Veneri q u o q u e convenit aetas: Turpe senex miles, turpe senilis amor. Q u o s petiere duces animos in milite forti, H o s petit in socio bella puella viro: Pervigilant a m b o , terra requiescit uterque; Ille fores dominae servat, at ille ducis. Militis officium longa est via: mitte puellam, Strenuus e x e m p t o fine sequetur amans; Ibit in adversos montes duplicataque n i m b o Flumina, congestas exteret ille nives, N e c freta pressurus tumidos causabitur E u r o s Aptaque verrendis sidera quaeret aquis. Q u i s nisi vel miles vel amans et frigora noctis Et denso mixtas perferet imbre nives? Mittitur infestos alter speculator in hostes, In rivale oculos alter, ut hoste, tenet. Ille graves urbes, hie durae limen amicae O b s i d e t ; hie portas frangit, at ille fores. Saepe soporatos invadere profuit hostes Caedere et armata vulgus inerme manu; Sic fera Threicii ceciderunt agmina Rhesi, Et d o m i n u m capti deseruistis equi. N e m p e maritorum somnis utuntur amantes E t sua sopitis hostibus arma movent. C u s t o d u m transire manus vigilumque catervas Militis et miseri semper amantis opus. Mars dubius nec certa Venus: victique resurgunt, Q u o s q u e neges umquam posse iacere, cadunt. E r g o desidiam q u i c u m q u e vocabat amorem, Desinat: ingenii est experientis A m o r . Ardet in abducta Briseide magnus Achilles ( D u m licet, Argeas frangite, Troes, opes);

ERSTHS B U C H

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Ihr zu zerfetzen das weiße, spärliche Haar, die vom Weine Triefenden Augen, dazu auch ihr zerfurchtes Gesicht. Mögen die Götter dir ein Dach verwehrn und ein armes Alter und endlosen Frost geben und ewigen Durst.

9 Jeder, der liebt, ist Soldat, und sein eigenes Lager hat A m o r ; Atticus, glaube mir nur: Jeder, der liebt, ist Soldat. N u r die Jugend, welche zum Krieg taugt, paßt auch zur Liebe: Schlimm ist ein Greis als Soldat, schlimm ist ein Greis, welcher liebt. J a , Energie, wie die Feldherrn v o m tapfren Soldaten sie fordern, F o r d e n die Schöne vom Mann, welcher das Bett mit ihr teilt. Beide durchwachen die N a c h t , auf dem E r d b o d e n ruhen sie beide, Türhüter bei einer Frau dieser, beim Heerführer der. Lange Märsche sind Pflicht des Soldaten; schick eine Frau fort, Unaufhörlich und zäh folgt ihr der Liebende nach, Geht über schwer zu ersteigende Berge, durch Flüsse, die Regen Anschwellen ließ, und stapft mitten durch Haufen von Schnee. Muß er aufs Meer, dann schützt er nicht vor den tobenden O s t w i n d , Harrt nicht auf Sternbilder, die günstig für Rudernde sind. Wer wird Nachtfrost und Schnee, der mit Regen vermischt ist, ertragen? Wer, wenn nicht der Soldat oder der liebende Mann? Gegen gefährliche Feinde entsendet man jenen als Späher, Dieser hat stets als den Feind seinen Rivalen im Blick. Trutzige Städte belagert jener, die Schwelle der spröden Freundin dieser; er bricht Türen auf, jener ein Tor. O f t war ein U b e r fall auf die schlafenden Feinde von N u t z e n , Mord an wehrlosem Volk mit der bewaffneten H a n d . So starb Rhesus, dem Thraker, sein wildes Heer, und ihr Pferde Ließet, als man euch fing, euren Gebieter im Stich. Liebende machen natürlich des Gatten Schlaf sich zunutze, Setzen die Waffen in G a n g , während im Schlaf liegt der Feind. Scharen von Wächtern und Posten umgehn - von Soldaten und armen Liebenden Männern wird dies ständig als Leistung erbracht. Mars und Venus sind schwankend: Besiegte erheben sich wieder, Die, welche nichts, wie du meinst, fällen kann, fallen dann doch. Also: Wer sagt, die Liebe sei Müßiggang, möge doch damit Aufhören: A m o r besitzt eine aktive Natur. Fortgeführt wurde Briseis, entflammt ist der große Achilles Troer, während ihr's dürft, brecht die argivische Macht!

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I.IBER

PRIMUS

Hector ab Andromaches conplexibus ibat ad arma. Et galeam capiti quae daret, uxor erat; S u m m a ducum, Atrides visa Priameide fertur Maenadis effusis obstipuisse comis; Mars q u o q u e deprensus fabrilia vincula sensit: N o t i o r in caelo fabula nulla fuit. Ipse ego segnis eram discinctaque in otia natus; Mollierant animos lectus et umbra meos; Inpulit ignavum formosae cura puellae, Iussit et in castris aera merere suis. Inde vides agilem nocturnaque bella gerentem: Q u i nolet fieri desidiosus, amet.

Q u a l i s ab Eurota Phrygiis avecta carinis C o n i u g i b u s belli causa d u o b u s erat, Q u a l i s erat Lede, q u a m plumis abditus albis Callidus in falsa lusit adulter ave, Q u a l i s A m y m o n e siccis erravit in Argis, C u m premeret summi verticis urna comas, Talis eras: aquilamque in te taurumque timebam Et quicquid magno de love fecit A m o r . N u n c timor omnis abest animique resanuit error N e c facies oculos iam capit ista meos. C u r sim mutatus quaeris? quia munera poscis: Haec te non patitur causa placere mihi. Donee eras simplex, animum cum corpore amavi; N u n c mentis vitio laesa figura tua est. Et puer est et nudus A m o r , sine sordibus annos Et nullas vestes, ut sit apertus, habet. Q u i d puerum Veneris pretio prostare iubetis? Q u o pretium condat, non habet ille sinum. N e c Venus apta feris Veneris nec filius armis: N o n decet inbelles aera merere deos. Stat meretrix certo cuivis mercabilis aere Et miseras iusso corpore quaerit opes; Devovet imperium tarnen haec lenonis avari Et, q u o d vos facitis sponte, coacta facit. Sumite in exemplum pecudes ratione carentes: Turpe erit, ingenium mitius esse feris.

ERSTES BUCH

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H c k t o r ging in die Schlacht aus A n d r o m a c h e s A r m e n , und sie, die Ihm aufs H a u p t seinen H e l m setzte, das war seine Frau. Als der Atride, der Feldherr, die Priamustochter erblickte, Machte ganz starr und verzückt, heißt's, das Mänadenhaar ihn. Mars auch: Er wurde gefangen und spürte die Fesseln des Schmiedes; Keine G e s c h i c h t e war da besser im H i m m e l bekannt. Ich nun selber war faul und geboren zur M u ß e in lockrer Kleidung: Schatten und Bett hatten verweichlicht den Sinn. Sehnsucht nach einer S c h ö n e n trieb mich, den Trägen, zum Handeln, H i e ß mich dienen für Sold n u n m e h r in ihrer Armee. Daher siehst du mich jetzt aktiv und nächtliche K ä m p f e Führend. J e d e r , der nicht trag werden will, sei verliebt!

10 G a n z wie sie, die einst v o m Eurotas auf phrygischem Schiffe Wegfuhr und G r u n d z u m Krieg beiden G e m a h l e n dann war, G a n z wie Leda war, welche als falscher Vogel, in weißen Federn versteckt, der Galan listig zu täuschen verstand, G a n z wie A m y m o n e durchs vertrocknete A r g o s einst irrte, Als auf dem Scheitel ihr schwer ruhte des Kruges G e w i c h t , So warst du, und ich hatte um dich vor dem Stier und dem Adler Angst, und vor allem, was sonst A m o r aus J u p i t e r schuf. J e t z t ist die Angst ganz vorbei und geheilt meines Sinnes Verblendung; D e i n e schöne Gestalt bannt meinen B l i c k nun nicht mehr. Ja, warum ich verändert bin, fragst du? D u forderst G e s c h e n k e ! Dieser G r u n d läßt nicht zu, daß du mir jetzt n o c h gefällst. Als du ganz einfach noch warst, da liebte ich Seele und K ö r p e r ; Jetzt hat verworfener Sinn dir deine Schönheit entstellt. Knabe ist A m o r und nackt, hat ein Alter, das frei ist von Habgier, U n d keine Kleider, damit offen und ehrlich er ist. Venus' Sohn befehlt ihr, für G e l d sich zu prostituieren? Fehlt der G e w a n d b a u s c h ihm doch, welcher das G e l d ihm verwahrt. Weder ihr Sohn noch Venus sind tauglich für grimmige Waffen; G ö t t e r n , die friedliebend sind, ziemen nicht D i e n s t e um Sold. Jedermann käuflich zum Festpreis steht zur Verfügung die D i r n e , Strebt mit gefügigem L e i b nach dem erbärmlichen G e l d , D o c h ihres gierigen Zuhälters Macht über sie, die verwünscht sie; Was ihr freiwillig tut, tut unter Zwang sie ja nur. N e h m t als ein Beispiel das Vieh, das o h n e jede Vernunft ist: Schlimm wird es sein, wenn das T i e r milder veranlagt sich zeigt.

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LIBER

PRIMUS

N o n equa munus equum, non taurum vacca poposcit, N o n aries placitam munere capcat ovem. Sola viro mulier spoliis exultat ademptis, Sola locat noctes, sola locanda venit Et vendit, quod utrumque iuvat, quod uterque petebat, Et pretium, quanti gaudeat ipsa, facit. Q u a e Venus ex aequo ventura est grata duobus. Altera cur illam vendit et alter emit? C u r mihi sit damno, tibi sit lucrosa voluptas, Q u a m socio motu femina virque ferunt? N e c bene conducti vendunt periuria testes N e c bene selecti iudicis area patet; Turpe reos empta miseros defendere lingua, Q u o d facial magnas, turpe tribunal, opes; Turpe tori reditu census augere paternos Et faciem lucro prostituisse suam. Gratia pro rebus merito debetur inemptis; Pro male conducto gratia nulla toro: O m n i a c o n d u c t o r solvit mercede soluta; N o n manet officio debitor ille tuo. Parcite, formosae, pretium pro nocte pacisci: N o n habet eventus sordida praeda bonos. N o n fuit armillas tanti pepigisse Sabinas U t premerent sacrae virginis arma caput; Ε quibus exierat, traiecit viscera ferro Filius, et poenae causa monile fuit. N e c tamen indignum est a divite praemia posci: Munera poscenti quod dare possit habet; Carpite de plenis pendentes vitibus uvas, Praebeat Alcinoi poma benignus ager. O f f i c i u m pauper numeret studiumque fidemque; Q u o d quis habet, dominae conferat o m n e suae. Est q u o q u e carminibus meritas celebrare puellas D o s mea: quam volui, nota fit arte mea. Scindentur vestes, gemmae frangentur et aurum; Carmina quam tribuent, fama perennis erit. N e c dare, sed pretium posci dedignor et odi; Q u o d nego poscenti, desine velle, dabo.

ERSTES B U C H

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Kein Geschcnk will die Stute vom Hengst, die Kuh von dem Stiere; Mag der Widder ein Schaf, kriegt er's auch ohne Geschenk. Nur eine Frau frohlockt, hat dem Manne sie Beute entrissen, Sie nur bietet für Geld Nächte an, sie nur ist feil Und verkauft, was doch beiden gefällt und was beide sich wünschten; Nach dem Grad ihrer Lust richtet sich, was sie verlangt. Ist vom Liebesspiel gleiche Lust zu erwarten für beide, Ja, warum nur verkauft sie es, und Käufer ist er? Lust, die der Mann und die Frau, sich gemeinsam bewegend, erleben, Warum soll Nachteil sie mir bringen, Gewinn aber dir? Wenn der gemietete Zeuge den Meineid verkauft, ist das schlecht, ja, Schlecht, wenn der Richter - gewählt wurde er! - aufhält die Hand. Schlimm ist, wer mit gekaufter Zunge für arme Verklagte Redet, schlimm das Gericht, welches sich Reichtum erwirbt; Schlimm ist's, mit Einkünften, die das Bett bringt, das Erbe zu mehren, Ebenso schlimm, um Gewinn Schönheit zu prostituiern. Dank wird mit Recht für Dinge, die nicht gekauft sind, geschuldet, Hat man jedoch sich ein Bett schändlich gemietet, dann nicht. Hat er die Miete bezahlt, dann hat alles beglichen der Mieter; Für deine Leistungen bleibt nicht mehr ein Schuldner er dann. Laßt es doch sein, ihr Schönen, für Nächte Geld zu verlangen: Schmutzige Beute, die bringt letztlich nichts Gutes ja ein. Das war's nicht wert, sich sabinische Armspangen auszubedingen, Daß auf der Jungfrau Haupt Waffen gehäuft wurden dann. Mit dem Schwert durchbohrte den Schoß, aus dem er hervorkam, Einst der Sohn, und die Pein wurde dem Halsband verdankt. Dennoch ist's gar nicht verwerflich, vom Reichen Bezahlung zu fordern: Will eine Gaben, hat der, was er zu geben vermag. Pflückt die Trauben, die an den vollen Weinstöcken hängen, Obst seines fruchtbaren Lands schenke Alkinous her. Doch der Arme bezahle mit Hingabe, Eifer und Treue; Alles, was jeder so hat, trage der Herrin er hin. Frauen, die's wert sind, in Versen zu preisen, ist auch eine meiner Gaben: Berühmtheit verleiht der, die ich will, meine Kunst. Kleider werden zerreißen und Gold und Juwelen zerbrechen, Ewig ist aber der Ruhm, welchen Gedichte verleihn. Nicht das Geben, das Fordern verschmäh' ich und hass' ich; was ich dir, Wenn du es forderst, versag', wünsch dir's nicht mehr, und du kriegst's.

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LIBER

PRIMUS

II Colligere incertos et in ordine ponere crines Docta neque ancillas inter habenda N a p e Inque ministeriis furtivae cognita noctis Utilis et dandis ingeniosa notis, Saepe venire ad me dubitantem hortata Corinnam, Saepe laboranti fida reperta mihi, Accipe et ad dominam peraratas mane tabellas Perfer et obstantes sedula pelle moras. N e c silicum venae nec durum in pectore ferrum Nec tibi simplicitas ordine maior adest; Credibile est et te sensisse Cupidinis arcus: In me militiae signa tuere tuae. Si quaeret quid agam, spe noctis vivere dices; Cetera fert blanda cera notata manu. D u m loquor, hora fugit: vacuae bene redde tabellas, Verum continuo fac tamen ilia legat. Aspicias oculos mando frontemque legentis: Et tacito vultu scire futura licet. Nec mora, perlectis rescribat multa iubeto: Odi, cum late splendida cera vacat. Comprimat ordinibus versus, oculosque moretur Margine in extremo littera rasa meos. Q u i d digitos opus est graphio lassare tenendo? H o c habeat scriptum tota tabella " v e n i . " N o n ego victrices lauro redimire tabellas N e c Veneris media ponere in aede morer. Subscribam V E N E R I F I D A S SIBI N A S O M I N I S T R A S D E D I C A T . A T N V P E R V I L E FVISTIS A C E R .

12 Flete meos casus: tristes rediere tabellae; Infelix hodie littera posse negat. Omina sunt aliquid: m o d o cum discedere vellet, Ad limen digitos restitit icta Nape. Missa foras iterum limen transire memento Cautius atque alte sobria ferre pedem.

ERSTtS BUCH

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I I D u , die du wirres H a a r zu ordnen und kunstreich zu legen K u n d i g bist, N a p e , und die nicht zu den M ä g d e n ich zähl', D i e du nützlich erprobt bei Diensten in heimlicher N a c h t bist U n d erfinderisch, wenn Winke zu geben es gilt, O f t C o r i n n a ermahnend, w e n n zu mir zu k o m m e n sie zögert, O f t auch als treu erkannt, w e n n eine N o t l a g e war, N i m m die Täfelchen, die ich am M o r g e n beschrieb, und zur H e r r i n Trag sie, und paß gut auf, daß dich nichts aufhält und hemmt! N i c h t hast ein H e r z du aus Stein, kein hartes Eisen im Busen; Weniger schlau bist du nicht, als deinem Stande entspricht. Sicher bekamst auch du C u p i d o s Pfeile zu spüren: Hilf mir, denn deiner A r m e e Fahnen verteidigst du so! Fragt sie, w i e ' s geht, dann sag: die N a c h t e r h o f f e n d nur leb' ich; Weiteres meldet das Wachs; zärtlich beschrieb es die H a n d . Zeit verstreicht mir beim Reden: D i e T ä f e l c h e n gib ihr am besten, Wenn sie grad frei ist, d o c h schau, daß sie sie umgehend liest. Während sie liest, betrachte - das sag' ich dir! - A u g e n und Stirne; A u c h aus der Miene, die schweigt, läßt sich ersehn, was dann k o m m t . H a t sie's gelesen, laß gleich eine lange A n t w o r t sie schreiben: Ist es größtenteils leer, hass' ich das glänzende Wachs. Engzeilig schreibe sie mir; bis zum äußersten R a n d e noch sollen Buchstaben stehen, damit lange mein A u g e verweilt. A b e r w o z u die Finger durch Halten des G r i f f e l s ermüden? Q u e r übers Täfelchen soll dies nur zu lesen sein: » K o m m ! « Gleich mit L o r b e e r will ich die siegreichen T ä f e l c h e n kränzen, Weihe sie Venus und stell' mitten im Tempel sie auf. D r u n t e r schreib ich: »Es weiht hier N a s o der Venus die treuen H e l f e r . U n d doch wart ihr jüngst wertloses A h o r n h o l z nur.«

12 Weinet über mein L o s ! D i e Täfelchen kehrten voll Trauer Wieder: D e r Unglücksbrief meldet, sie k ö n n e heut nicht. E t w a s ist w a h r an den O m e n : A l s N a p e grad fortgehen wollte, Stieß an der T ü r s c h w e l l e sie sich ihren Fuß und blieb stehn. S c h i c k ' ich dich wieder, dann denke an dies: G e h über die Schwelle Vorsichtiger, und sei nüchtern und hebe den Fuß!

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LIBER PRIMUS

Ite hinc, difficiles, funebria ligna, tabellae, T u q u e , negaturis cera referta notis, Q u a m , p u t o , d e longae collectam flore cicutae Melle s u b infami C o r s i c a misit apis. A t t a m q u a m m i n i o penitus medicata r u b e b a s : Ille c o l o r vere s a n g u i n u l e n t u s erat. Proiectae triviis iaceatis, inutile l i g n u m , V o s q u e rotae frangat praetereuntis o n u s . Ilium etiam, qui v o s ex a r b o r e vertit in u s u m , C o n v i n c a m p u r a s non h a b u i s s e m a n u s . Praebuit ilia a r b o r m i s e r o s u s p e n d i a collo, C a r n i f i c i diras praebuit ilia cruces; Ilia dedit t u r p e s raucis b u b o n i b u s u m b r a s , Volturis in ramis et strigis o v a tulit. His ego commisi nostros insanus amores M o l l i a q u e ad d o m i n a m verba ferenda d e d i ? A p t i u s hae capiant v a d i m o n i a garrula cerae, Q u a s aliquis d u r o c o g n i t o r o r e legat; Inter e p h e m e r i d a s melius t a b u l a s q u e iacerent, In q u i b u s a b s u m p t a s fleret avarus o p e s . E r g o e g o v o s r e b u s d u p l i c e s p r o n o m i n e sensi: Auspicii n u m e r u s non erat ipse b o n i . Q u i d precer iratus, nisi v o s cariosa senectus R o d a t , et i n m u n d o cera sit alba situ?

13 l a m s u p e r o c e a n u m venit a s e n i o r e m a r i t o Flava p r u i n o s o q u a e vehit a x e diem. Q u o p r o p e r a s , A u r o r a ? m a n e : sic M e m n o n i s u m b r i s A n n u a sollemni caede parentet avis. N u n c iuvat in teneris d o m i n a e iacuisse lacertis; Si q u a n d o , lateri nunc b e n e iuncta m e o est. N u n c etiam s o m n i p i n g u e s et frigidus aer, Et l i q u i d u m tenui g u t t u r e cantat avis. Q u o p r o p e r a s ingrata viris, ingrata puellis? R o s c i d a p u r p u r e a s u p p r i m e lora m a n u . A n t e t u o s o r t u s melius sua sidera servat N a v i t a nec m e d i a nescius errat aqua. Te surgit q u a m v i s lassus veniente viator Et miles saevas aptat ad a r m a m a n u s .

ERSTES BUCH

4'

Miese Täfelchen, H o l z für die Leichenverbrennung, verschwindet! Du auch, voll Schriftzeichen, die absagen, Wachs, das gewiß Korsikas Biene aus Blüten des Schierlings mit länglichem Stengel Sammelte und in die Welt schickte, vom H o n i g verdeckt! D o c h du warst rot, als ob von Zinnober du gänzlich durchfärbt wärst! Aber in Wahrheit war's so: Das war die Farbe des Bluts. Unnützes Holz, auf dem Dreiweg sollst, weggeworfen, du liegen; Rollt dann ein Wagen vorbei, soll euch zerschmettern das Rad! Er auch, der aus dem Baumstamm euch schnitt und dann nutzbar gemacht hat. Den überführe ich nun: Schuldlos war nicht seine H a n d ! Einem Elenden bot der Baum einen Ast für die Schlinge; Für das gefühllose Kreuz gab er dem H e n k e r das H o l z . Heiser krächzenden Uhus gewährte er schändlichen Schatten, Eier von Aasgeiern trug, Eier von Eulen sein Ast. Anvertraut hab' ich denen, verrückt wie ich war, meine Liebe, Ließ zur Gebieterin sie tragen den zärtlichen Text? Passender würden die Täfelchen wortreiche Bürgschaften tragen, Welche ein Rechtskonsulent läse mit mürrischem Mund. Besser, sie lägen bei Büchern, die Eingang und Ausgang verzeichnen, Welche betrachtend der Filz seine Verluste beweint. Also erkannte ich euch als zwiespältig - klar, denn man nennt euch »Doppelt«; nichts Gutes ja war's, was mir die Zweizahl verhieß. Was soll im Zorn ich euch wünschen, als daß euch zersetzendes Alter Anfress' und unreiner Staub weißlich bedecke das Wachs?

!3 Schon k o m m t über das Meer von der Seite des greisen Gemahles Sie, die goldgelb den Tag bringt mit betautem Gespann. Wohin eilst du, Aurora? Ach, wart d o c h ! D a n n bringe dem Schatten M e m n o n s der Vogel sein Blut jährlich als Sühnopfer dar. J e t z t ist es herrlich, zu ruhn in den zarten Armen der Herrin, J e t z t , wenn je, ist sie mir eng an die Seite geschmiegt. J e t z t ist auch tief der Schlaf, und die Luft ist kühl, und aus sanfter Kehle singen jetzt hell allerlei Vögel ihr Lied. Wohin eilst du, jetzt nicht willkommen den Männern und Mädchen? Ziehe den tauigen Zaum fest mit der Purpurhand an! Ehe du aufgehst, beobachtet besser der Seemann die Sterne; Ahnungslos irrt er dann nicht mitten im Meere umher. K o m m s t du, erhebt sich der Wandrer, wie müd er auch ist, und nach seinen Waffen greift der Soldat jetzt mit der grimmigen Hand.

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LIBER PRIMUS

Prima bidente vides oneratos arva colentes, Prima ν ocas tardos sub iuga panda boves. Tu pueros s o m n o fraudas cradisque magistris, U t subeant tenerae verbera saeva manus, Atque eadem sponsum cultos ante Atria mittis, Unius ut verbi grandia damna ferant; N e c tu c o n s u l t o nec tu iucunda diserto: C o g i t u r ad lites surgere uterque novas. Tu, cum (eminei possint cessare labores, Lanificam revocas ad sua pensa manum. O m n i a perpeterer; sed surgere mane puellas Q u i s , nisi cui non est ulla puella, ferat? Optavi quotiens ne nox tibi cedere vellet, N e fugerent vultus sidera mota tuos! Optavi quotiens aut ventus frangeret axem Aut caderet spissa nube retentus equus! Invida, q u o properas? q u o d erat tibi filius ater, Materni fuerat pectoris ille color. [ Q u i d si non Cephali quondam flagrasset amore? An putat ignotam nequitiam esse suam?] T i t h o n o vellem de te narrare liceret: Femina non caelo turpior ulla foret. Ilium dum refugis, longo quia grandior aevo, Surgis ad invisas a sene mane rotas; At si quem manibus C e p h a l u m complexa teneres Clamares " l e n t e currite, noctis e q u i . " C u r ego plectar amans, si vir tibi marcet ab annis N u m me nupsisti conciliante seni? Aspice q u o t s o m n o s iuveni donarit amato Luna, neque illius f o r m a secunda tuae. Ipse deum genitor, ne te tam saepe videret, C o m m i s i t noctes in sua vota duas. Iurgia finieram. scires audisse: rubebat, N e c tamen adsueto tardius orta dies.

14 Dicebam " m e d i c a r e tuos desiste c a p i l l o s " ; Tingere quam possis, iam tibi nulla c o m a est. At si passa fores, quid erat spatiosius illis? Contigerant imum, qua patet, usque latus.

ERSTES BUCH

Du erblickst als erste mit H a c k e n Beladne beim Feldbau, Rufst als erste das Rind unters gebogene J o c h . Du betrügst um den Schlaf die K n a b e n und läßt bei den Lehrern Grausame Stockschläge dann leiden die zierliche Hand, Schickst auch zum Bürgen die Leute in feiner Toga zum Prätor, Wo dann ein einziges W o r t großen Verlust ihnen bringt. Nicht bist dem Anwalt du und nicht dem Redner w i l l k o m m e n : Aufstehn zu neuem Streit müssen sie beide ja nur. Während noch ruhen k ö n n t e n die Tätigkeiten der Frauen, Rufst du die webende H a n d schon an die Arbeit zurück. All das nähme ich hin, d o c h daß aufstehn am Morgen die M ä d c h e n , Wer erträgt das? D o c h nur der, zu dem keine gehört! Wie oft wünschte ich mir, daß die N a c h t dir zu weichen sich weigre, D a ß nicht vor deinem G e s i c h t flöhen die Sterne so schnell! Wie oft wünschte ich mir, der Wind zerbräch' deinen Wagen O d e r , von Wolken g e h e m m t , käme ein Pferd dir zu Fall! Neiderin, wohin eilst du? D a ß schwarz die H a u t deines S o h n s war, Das kam so: In der Brust war auch die Mutter ja schwarz. [Was, wenn für Kephalus nie Aurora in Liebe entbrannt w ä r ' ? O d e r glaubt sie, es sei u n b e k a n n t , wie sie es treibt?] W ä r e doch nur dem T i t h o n u s erlaubt, von dir zu erzählen! Keine verrufnere Frau gäb' es im H i m m e l als dich! Ihm zu entfliehn, weil für dich er zu alt ist, erhebst du dich m o r g e n s Von der Seite des M a n n s auf das verhaßte Gespann. Hieltst einen Kephalus du mit deinen Armen umschlungen, «Langsam«, riefest du dann, »lauft mir, ihr R o s s e der N a c h t ! « Ich, der Liebende b ü ß ' , daß dein M a n n mit den J a h r e n dahinwelkt? Trieb etwa ich dich dazu, daß du zum Mann nahmst den G r e i s ? Schau nur, wie oft dem geliebten Jüngling Schlaf schenkte Luna, U n d , was die Schönheit betrifft, steht sie dir keineswegs nach. Einst hat, um dich nicht so oft zu sehen, der Vater der G ö t t e r Aus zwei Nächten - ans Ziel kam er so - eine gemacht. So weit mein Schelten. M i r war, als hätt' sie's gehört, denn sie w u r d e R o t ! D o c h der Tag erschien keineswegs später als sonst.

14 O f t hab' zu dir ich gesagt: » H ö r auf, dir die Haare zu färben!« J e t z t hast du kein H a a r m e h r übrig, das färben du kannst. Hättst du in R u h sie gelassen, was gäb's, das noch üppiger wäre? Bis zur H ü f t e hinab hatten sie vorher gereicht.

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LIBER PRIMUS

Q u i d , q u o d erant cenues et q u o s ornare timeres, Vela colorati qualia Seres habent, Vel pede q u o d gracili deducit aranea filum, C u m leve deserta sub trabe nectit o p u s ? N e c tarnen ater erat neque erat tarnen aureus ille Sed, quamvis neuter, mixtus uterque color, Q u a l e m clivosae madidis in vallibus Idae Ardua derepto cortice cedrus habet. Adde quod et dociles et centum flexibus apti Et tibi nullius causa doloris erant. N o n acus abrupit, non vallum pectinis illos; Ornatrix tuto corpore semper erat; Ante meos saepe est oculos ornata nec u m q u a m Bracchia derepta saucia fecit acu. Saepe etiam nondum digestis mane capillis Purpureo iacuit semisupina toro; Tum q u o q u e erat neclecta decens, ut Thracia Bacche, C u m temere in viridi gramine lassa iacet. C u m graciles essent tarnen et lanuginis instar, Heu, mala vexatae quanta tulere comae! Q u a m se praebuerunt ferro patienter et igni, Ut fieret torto nexilis orbe sinus! C l a m a b a m "scelus est istos, scelus, urere crines. Sponte decent: capiti, ferrea, parce tuo. Vim procul hinc remove: non est, qui debeat uri; Erudit admotas ipse capillus a c u s . " Formosae periere comae, quas vellet Apollo, Q u a s vellet capiti Bacchus inesse suo; Illis contulerim, quas q u o n d a m nuda D i o n e Pingitur umenti sustinuisse manu. Q u i d male dispositos quereris periisse capillos? Q u i d speculum maesta ponis inepta manu? N o n bene consuetis a te spectaris ocellis: U t placeas, debes immemor esse tui. N o n te cantatae laeserunt paelicis herbae, N o n anus Haemonia perfida lavit aqua, N e c tibi vis morbi nocuit (procul omen abesto), N e c minuit densas invida lingua comas: Facta manu culpaque tua dispendia sentis; Ipsa dabas capiti mixta venena tuo. N u n c tibi captivos mittet Germania crines; Tuta triumphatae munere gentis eris.

KRSTES BUCH

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Ja, und fein waren sie; man scheute sich fast, sie zu ordnen, J e n e n Umhängen gleich, wie sie das Serervolk trägt, O d e r dem Faden gleich, den die Spinne mit zierlichem Fuß zieht, Wenn am verlaßnen G e b ä l k leichte G e w e b e sie knüpft. Ihre Farbe, die war nicht schwarz, und sie war auch nicht golden; Keine von beiden war's, sondern die beiden vermischt, Wie es die ragende Zeder, der B a u m in des Idagebirges Feuchten Talgründen zeigt, löst man die Rinde ihr ab. Ferner: Sie waren gelehrig, zu hundert Windungen fähig; Niemals haben sie dir A n l a ß gegeben zu S c h m e r z . N i c h t riß die Nadel an ihnen und nicht die Z a c k e des K a m m e s ; Sicher am ganzen L e i b war die Frisiersklavin stets. Wie die Herrin frisiert wurde, sah ich oft, aber niemals G r i f f sie zur Nadel und stach ihr in die A r m e damit. O f t m a l s ganz in der Früh, wenn das H a a r noch gar nicht gelegt war, Lag sie halb rückwärtsgelehnt auf ihrer purpurnen C o u c h ; Dann auch, noch u n g e k ä m m t , war sie schön wie die thrakische B a k c h e , Wenn sie im grünen G r a s daliegt ganz sorglos und matt. Aber waren sie fein auch, dem Flaume vergleichbar, die H a a r e Ach, wie mußten sie doch leiden, ganz übel gequält! Wie geduldig boten sie dar sich Eisen und Feuer, Bis, in sie eingedreht, L o c k e um L o c k e entstand. O f t rief ich aus: »Diese Haare b r e n n e n ? Verbrechen, Verbrechen! So, wie sie sind, sind sie schön. R o h e , verschon deinen K o p f ! Halte Gewalt ganz fern: Kein H a a r bedarf hier des Brennens. Wendest die Nadel du an, weist ihr das H a a r ihren Weg.« Bildschönes Haar ist dahin! Ein solches hätt' gerne A p o l l o , H ä t t e auch Bacchus gern auf seinem eigenen H a u p t . J e n e m vergleich' ich es, welches die nackte D i o n e mit feuchter H a n d einst hielt, ganz so, wie's auf G e m ä l d e n erscheint. Warum beklagst du, dein Haar, das »schlecht saß«, sei jetzt verloren? Warum, T ö r i c h t e , legst traurig den Spiegel du weg? Besser, du siehst dich nicht an mit Augen, die vorher dich ansahn; N i c h t an dich selbst darfst du denken, damit du dich magst. Schaden brachte dir nicht das Zauberkraut einer Rivalin, N i c h t mit hämonischem N a ß wusch eine A l t e das Haar; Keiner Krankheit G e w a l t ist schuld - ich will's nicht berufen! - , K e i n e Zunge hat dir neidisch das H a a r dezimiert. Diesen Verlust, den du spürst, brachte deine schuldige H a n d dir; Selbst hast das Gift du gemischt, gabst es dem eigenen K o p f . J e t z t wird Germanien H a a r von gefangenen Frauen dir schicken: R e t t u n g bringt das G e s c h e n k einer besiegten N a t i o n .

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LIBER PRIMUS

Ο quam saepe comas aliquo mirante rubebis Et dices "empta nunc ego merce probor: Nescioquam pro me laudat nunc iste Sygambram; Fama tarnen memini cum fuit ista mea." Me miserum! lacrumas male continet oraque dextra Protegit ingenuas picta rubore genas; Sustinet antiquos gremio spectatque capillos, Ei mihi, non illo munera digna loco. Collige cum vultu mentem: reparabile damnum est; Postmodo nativa conspiciere coma.

15 Quid mihi, Livor edax, ignavos obicis annos Ingeniique vocas carmen inertis opus, N o n me more patrum, dum strenua sustinet aetas, Praemia militiae pulverulenta sequi Nec me verbosas leges ediscere nec me Ingrato vocem prostituisse foro? Mortale est, quod quaeris, opus; mihi fama perennis Quaeritur, in toto semper ut orbe canar. Vivet Maeonides, Tenedos dum stabit et Ide, Dum rapidas Simois in mare volvet aquas; Vivet et Ascraeus, dum mustis uva tumebit, Dum cadet incurva falce resecta Ceres. Battiades semper toto cantabitur orbe: Quamvis ingenio non valet, arte valet. Nulla Sophocleo veniet iactura cothurno; Cum sole et luna semper Aratus erit. Dum fallax servus, durus pater, improba lena Vivent et meretrix blanda, Menandros erit. Ennius arte carens animosique Accius oris Casurum nullo tempore nomen habent. Varronem primamque ratem quae nesciet aetas Aureaque Aesonio terga petita duci? Carmina sublimis tunc sunt peritura Lucreti, Exitio terras cum dabit una dies. Tityrus et fruges Aeneiaque arma legentur, Roma triumphati dum caput orbis erit. Donee erunt ignes arcusque Cupidinis arma, Discentur numeri, culte Tibulle, tui.

ERSTES BUCH

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Ο wie oft wirst du, wenn dein H a a r einer anstaunt, errötend Sagen: »Gekauftem G u t d a n k ' K o m p l i m e n t e ich jetzt. Irgendeine Sugambrerin lobt jetzt der da statt meiner; Dieser R u h m aber war meiner einst, wie ich noch weiß.« Weh mir, sie hält die Tränen kaum noch zurück! Mit der Rechten Deckt sie das feine G e s i c h t , denn ihre Wangen sind rot, Hält ihre früheren Haare vorn auf dem S c h ö ß e und schaut drauf. Ach, einen anderen O n hätte die G a b e verdient! Glätte die Miene und faß dich: B e h e b e n läßt sich der Schaden. Bald schon bewundert man dich wegen des eigenen Haars.

15 Nagender Neid, warum der Vorwurf, ich lebte die J a h r e Träge dahin und ein Werk müßigen Sinns sei mein Lied, N i c h t auf die staubigen E h r e n des Kriegs sei ich aus nach der Väter Sitte, solang es die Zeit rüstiger Jugend erlaubt, Lernte auch nicht der G e s e t z e Wortschwall und prostituierte N i c h t auf dem Forum mich, das undankbar ist, durch mein Wort? Sterbliche Werke verlangst du; ich strebe nach ewigem R u h m e , Will, daß die ganze Welt stets, was ich dichtete, singt. Lebt doch der Lyder, solange noch Tenedos steht und der Ida U n d die reißende Flut meerwärts der Simois wälzt, Lebt doch auch der Askräer, solange die Traube v o m Saft schwillt U n d solange das K o r n unter der Sichel noch fällt. Stets wird die ganze Welt die Lieder des Battussohns singen; Wirkt er auch nicht durch G e n i e , wirkt er d o c h stark durch die Kunst. Keine E i n b u ß e wird der K o t h u r n des S o p h o k l e s leiden; Ewige Zeit wird Arat leben mit S o n n e und M o n d . Täuscht noch ein Sklave, ist hart ein Vater, kuppelt die Alte, Schmeichelt die D i r n e , solang ist auch M e n a n d e r noch da. Ennius, dem es an Kunst fehlt, und Accius, Meister des Pathos, Werden zu keiner Zeit ihre B e r ü h m t h e i t verliern. Varro, das erste Schiff und das goldene Vlies, welches Asons Sohn holte - welche Zeit wird sich nicht auskennen hier? Mit des erhabnen L u k r e z G e d i c h t ist es dann erst zu Ende, Wenn die Erde vergeht an einem einzigen Tag. Tityrus, Feldfrüchte, Waffen - die wird man lesen, solange R o m der besiegten Welt mächtiges O b e r h a u p t ist. Fackeln und Bogen und Waffen C u p i d o s - solang sie bestehen, Lernt man die Verse, die du dichtetest, feiner Tibull.

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LIBER PRIMUS

Gallus et Hesperiis et Gallus notus Eois, Et sua cum Gallo nota Lycoris erit. Ergo cum silices, cum dens patientis aratri Depereant aevo, carmina morte carent: Cedant carminibus reges regumque triumphi, Cedat et auriferi ripa benigna Tagi. Vilia miretur vulgus; mihi flavus Apollo Pocula Castalia plena ministret aqua, Sustineamque coma metuentem frigora myrtum Atque a sollicito multus amante legar. Pascitur in vivis Livor; post fata quiescit, C u m suus ex merito quemque tuetur honos. Ergo etiam cum me supremus adederit ignis, Vivam, parsque mei multa superstes erit.

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ERSTES BUCH

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Gallus kennt man im Westen, und Gallus kennt man im Osten, U n d mit Gallus ist auch seine Lycoris bekannt. Also: Während Gestein und der Zahn des geduldigen Pfluges Mit den Zeiten vergehn, trotzen Gedichte dem Tod. Könige, Königstriumphe - Gedichten sollen sie weichen. U n d der Tagusstrand, der reich ist vom G o l d e , dazu. Wertloses lobe das Volk, mir aber reiche den Becher, Den der kastalische Q u e l l füllte, der blonde Apoll, Und es trage mein Haar die kälteempfindliche Myrte; O f t m a l s lese mein Werk jeder, der kummervoll liebt. N u r von den Lebenden nährt sich der Neid; er ruht, wenn sie tot sind, Wenn der erworbene R u h m jeden beschützt nach Verdienst. Also werde auch ich, wenn v o m Feuer ich gänzlich verzehrt bin, Leben, und fortdauern wird ewig ein Teil meines Selbst.

LIBER SECUNDUS

H o c q u o q u e composui Paelignis natus aquosis I lie ego nequitiae N a s o poeta meae; H o c q u o q u e iussit A m o r ; procul hinc, procul este, N o n estis teneris apca theatra modis. M e legat in sponsi facie non frigida virgo Et rudis ignoco tacrus a m o r e puer; Atque aliquis iuvenum, q u o nunc ego, saucius arcu Agnoscat flammae conscia signa suae Miratusque diu " q u o " dicat " a b indice doctus C o n p o s u i t casus iste poeta m e o s ? " Ausus eram, memini, caelestia dicere bella C e n t i m a n u m q u e G y g e n (et satis oris erat), C u m male se Tellus ulta est ingestaque O l y m p o Ardua devexum Pelion O s s a tulit: In manibus nimbos et cum l o v e fulmen habebam, Q u o d bene pro caelo mitteret illo suo. Clausit arnica fores: ego c u m l o v e fulmen omisi; Excidit ingenio Iuppiter ipse meo. Iuppiter, ignoscas: nil me tua tela iuvabant; Clausa tuo maius ianua fulmen habet. Blanditias elegosque levis, mea tela, resumpsi: Mollierunt duras lenia verba fores. C a r m i n a sanguineae deducunt c o r n u a lunae E t revocant niveos Solis euntis equos; C a r m i n e dissiliunt abruptis faucibus angues Inque suos fontes versa recurrit aqua; C a r m i n i b u s cessere fores, insertaque posti, Q u a m v i s robur erat, carmine victa sera est. Q u i d mihi profuerit velox cantatus Achilles? Q u i d pro me Atrides alter et alter agent, Q u i q u e tot errando quot bello perdidit annos, Raptus et Haemoniis flebilis H e c t o r equis? At facie tenerae laudata saepe puellae Ad vatem, pretium carminis, ipsa venit.

ZWEITES BUCH

Dies auch schrieb ich, geboren im feuchten G e b i e t der Päligner, Ich, meiner Liederlichkeit Dichter, der N a s o sich nennt. Dies auch hat A m o r befohlen; bleibt weg hier, bleibt weg, Puritaner! Für den elegischen Vers paßt ihr als P u b l i k u m nicht. Lesen soll mich das M ä d c h e n , das, sieht's den Verlobten, nicht kalt bleibt, U n d der K n a b e , den Lust anrührt, von der er nichts weiß. Irgendein Jüngling, wie ich jetzt v o m B o g e n verwundet, erkenne J e n e S y m p t o m e , die ihm anzeigen eigene G l u t , Wundre sich lange und rufe: »Belehrt von welchem Verräter Schrieb der D i c h t e r da auf, was mir grad selbst widerfuhr?« Kühn hab' vom G ö t t e r k r i e g ich (noch weiß ich's) und G y g e s mit hundert Armen gekündet (und S c h w u n g hatte ich reichlich dabei), Als die E r d e sich bitter rächte, der Ossa, der steile, Auf den O l y m p u s getürmt, Pelions Steilhänge trug; Sturmwolken h a u ' ich zur H a n d , und mit J u p i t e r auch seinen Blitz, den Stilecht dem H i m m e l z u m Schutz losschleudern sollte der G o t t . D a verschloß mir die Freundin die Tür; mit J u p i t e r ließ ich Fallen den Blitz; es entschwand J u p i t e r selbst meinem Geist. Jupiter, mögst du verzeihn: N i c h t s nützten mir deine G e s c h o s s e ; Stärkere Blitze als du hat die verschlossene T ü r . Meine G e s c h o s s e - B e t ö r u n g und lockere Distichen - nahm ich Wieder; die harte T ü r machte das Schmeichelwort weich. Verse ziehen herab des M o n d e s blutrote H ö r n e r , Rufen v o m Fahrweg des Sol schneeweiße Pferde zurück. Verskunst läßt Schlangen zerplatzen und reißt ihnen weg ihren Rachen, Wasser kehrt um durch sie, läuft zu der Q u e l l e zurück. Versen gab nach die T ü r , und, im Pfosten fest steckend, der Riegel, War er auch noch so robust, wurde durch Verskunst besiegt. Was wär' der schnelle Achilles, besänge ich ihn, mir dann nütze? Was nur werden für mich beide Atriden wohl tun? Er, welcher gleich viel J a h r e durch Irrfahrt und K ä m p f e vertan hat? H e k t o r , erbärmlich geschleift von dem h ä m o n ' s c h e n Gespann? D o c h w e n n er oftmals gelobt hat die Schönheit der zarten Geliebten, K o m m t sie als L o h n für das Lied selbst zu dem Sänger herbei.

LIBER SECUNDUS

Magna datur merces: heroum clara valete N o m i n a : non apta est gratia vestra mihi; Ad mea formosos vultus adhibete puellae Carmina, purpureus quae mihi dictat Amor.

Q u e m penes est dominam servandi cura, Bagoe, D u m perago tecum pauca, sed apta, vaca. Hesterna vidi spatiantem luce puellam Ilia quae Danai porticus agmen habet. Protinus, ut placuit, misi scriptoque rogavi; Rescripsit trepida " n o n l i c e t " ilia manu, Et, cur non liceat, quaerenti reddita causa est, Q u o d nimium dominae cura molesta tua est. Si sapis, ο custos, odium, mihi crede, mereri Desine: quem metuit quisque, perisse cupit. Vir q u o q u e non sapiens: quid enim servare laboret U n d e nihil, quamvis non tueare, perit? Sed gerat ille suo morem furiosus amori Et castum, multis quod placet, esse putet; Huic furtiva tuo libertas munere detur, Q u a m dederis illi, reddat ut ilia tibi. Conscius esse velis: domina est obnoxia servo; Conscius esse times: dissimulare licet. Scripta leget secum: matrem misisse putato; Venerit ignotus: postmodo notus erit; Ibit ad affectam, quae non languebit, amicam: Visat, iudiciis aegra sit ilia tuis. Si faciet tarde, ne te mora longa fatiget, Inposita gremio stertere fronte potes. N e c tu linigeram fieri quid possit ad Isin Quaesieris, nec tu curva theatra time. C o n s c i u s assiduos commissi toilet honores: Quis minor est autem quam tacuisse labor? Ille placet versatque d o m u m neque verbera sentit, Ille potens; alii, sordida turba, iacent. Huic, verae ut lateant, causae fingantur inanes, Atque a m b o domini, quod probat una, probant. C u m bene vir traxit vultum rugasque coegit. Q u o d voluit fieri blanda puella, facit.

ZWEITES BUCH

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G r o ß ist der Preis, der so gegeben wird. Aber ihr hehren Namen der Helden, lebt wohl! Nichts ist für mich euer Dank. Mädchen, richtet nun ihr eure lieblichen Blicke auf meine Verse hier, die mir diktiert A m o r im Purpurgewand.

1 Der du als H ü t e r der Herrin amtierst, Bagous, gib acht jetzt, Während ich wenig, jedoch Nützliches sage zu dir. Gestern sah ich ein Mädchen, das ging gerade spazieren, D o r t in der Portikus, w o Danaus' Töchterschar steht. Sie gefiel mir, ich schrieb ihr sogleich, um ein Treffen sie bittend, Aber mit hastiger Hand schrieb sie »Ich darf nicht« zurück. Als ich nun fragte: »Warum nicht?«, da gab sie mir diese Begründung: Allzu lästig ist ihr, daß du die Herrin bewachst. G l a u b mir, ο Wächter, du mußt, wenn du weise bist, aufhören, H a ß dir Zuzuziehn: Fürchtet man wen, wünscht man sein E n d e herbei. Auch der Mann ist nicht weise: Was hütet er eifrig, wovon doch N i c h t s verlorengeht, auch wenn du es gar nicht beschützt. Aber verrückt wie er ist, mag er denn seiner Leidenschaft frönen, Mag er denn glauben, es sei sittsam, was vielen gefällt. Ihr sei als dein Geschenk verstohlene Freiheit gegeben, D a ß sie dir diese, die du ihr gibst, zurückgebe dann. M ö c h t e s t du Mitwisser sein, ist die Herrin dem Sklaven verpflichtet; Scheust du die Mitwisserschaft, kannst du verhehln, was du weißt. Liest einen Brief sie für sich, dann glaub, daß die Mutter ihn schickte; K o m m t einer, den du nicht kennst, wirst du ihn kennen alsbald. Sie will die kranke Freundin, die gar nicht erkrankt ist, besuchen: Laß sie, und sei überzeugt, jene sei wirklich erkrankt. Ist sie verspätet, kannst du, damit dich das Warten nicht müd macht, D e i n e Stirn auf den S c h o ß legen und schnarchen dabei. Frag du nicht, was bei Isis, der linnengewandeten, vorgehn K ö n n t e , und fürchte das R u n d eines Theaterbaus nicht. Ständig kassiert der K o m p l i z e für seine Dienste ein Trinkgeld. Was macht weniger M ü h , als daß man Schweigen bewahrt? Er ist beliebt, macht im Haus, was er will, kennt die Rute nicht; er ist Mächtig, die andren jedoch kuschen, das elende Pack. Scheingründe werden erdacht für den H e r r n , damit er die wahren N i c h t kennt; alles, was sie gutheißt, ist beiden dann recht. Erst macht ein strenges Gesicht der Mann, zieht die Stirne in Falten, D o c h was die schmeichelnde Frau wollte, das tut er gleichwohl.

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LIBER SECUNDUS

Sed tamen interdum tecum quoque iurgia nectat Et simulet lacrimas carnificemque vocet; Tu contra obicies quae tuto diluat ilia. Et veris falso crimine deme fidem. Sic tibi semper honos, sic alta peculia crescent; Haec fac, in exiguo tempore liber eris. Aspicis indicibus nexas per colla catenas? Squalidus orba fide pectora carcer habet. Quaerit aquas in aquis et poma fugacia captat Tantalus: hoc illi garrula lingua dedit; D u m nimium servat custos Iunonius l o . Ante suos annos occidit: ilia dea est. Vidi ego compedibus liventia crura gerentem U n d e vir incestum scire coactus erat; Poena minor merito: nocuit mala lingua duobus; Vir doluit, famae damna puella tulit. Crede mihi, nulli sunt crimina grata marito, Nec quemquam, quamvis audiat, ilia iuvant: Seu tepet, indicium securas perdis ad aures; Sive amat, officio fit miser ille tuo. Culpa nec ex facili quamvis manifesta probatur: ludicis ilia sui tuta favore venit. Viderit ipse licet, credet tamen ille neganti Damnabitque oculos et sibi verba dabit. Aspiciat dominae lacrimas, plorabit et ipse Et dicet " p o e n a s garrulus iste dabit." Q u i d dispar certamen inis? tibi verbera victo Adsunt, in gremio iudicis ilia sedet. N o n scelus adgredimur, non ad miscenda coimus Toxica, non stricto fulminat ense manus; Quaerimus ut tuto per te possimus amare: Quid precibus nostris mollius esse potest?

3 Ei mihi, quod dominam nec vir nec femina servas, Mutua nec Veneris gaudia nosse potes. Q u i primus pueris genitalia membra recidit, Vulnera quae fecit debuit ipse pati. Mollis in obsequium facilisque rogantibus esses, Si tuus in quavis praetepuisset amor.

ZWEITES B U C H

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Laß es jedoch zuweilen geschehn, daß sie Streit mit dir anfängt, Tränen vortäuscht, ja auch dich einen Galgenstrick nennt. Du wiederum wirf ihr vor, was sie leicht entkräftet; der Wahrheit N i m m die Glaubwürdigkeit, fälschlich verklagend die Frau. So wird stetig dein Trinkgeld, so wird das Ersparte dir wachsen. Handle so, und du hast bald schon die Freiheit erlangt. Siehst du? Verrätern umschließt den Hals eine Kette; die Kerker Halten, starrend vor Schmutz, treulose Seelen in Haft. Wasser im Wasser sucht er, und es hascht nach fliehenden Früchten Tantalus: Durch ihr Geschwätz trug ihm die Zunge das ein. Während, von J u n o geschickt, zu sorgsam er Io bewachte, Starb der Wächter noch jung, Göttin dagegen ist sie. Ich sah einen, dem waren schon blau von den Fesseln die Schenkel: Wissen vom Fehltritt der Frau mußte der Gatte durch ihn. Unverdient mild war die Strafe; es schadete beiden die böse Zunge: Gekränkt war der Mann, Schaden am Ruf litt die Frau. Glaub mir, Anschuldigungen sind keinem Gatten willkommen; Keiner hat, mag er gleichwohl zuhören, Freude daran. Ist sie ihm gleich, verrätst du um nichts sie den sorglosen Ohren, Liebt er sie aber, dann macht elend dein Diensteifer ihn. Ist sie auch offenkundig, ist Schuld nicht leicht zu beweisen: Durch ihres Richters Gunst ist die Geliebte geschützt. Hat er's auch selbst gesehn, wird er doch, wenn sie leugnet, ihr glauben, Zeiht dann die Augen des Trugs, schwindelt sich selbst etwas vor. Sieht er die Tränen der Frau, wird er selber weinen und sagen: » D a f ü r wird dieser Kerl, der mit dem Schwatzmaul, bestraft.« Was wagst ungleichen Kampf du? Besiegt wirst du werden und kriegst noch Schläge, jedoch auf den Schoß setzt sich dem Richter die Frau. Kein Verbrechen soll hier geschehn, nicht um Gifte zu mischen Treffen wir uns, kein Schwert funkelt gezückt in der Hand. Ungestört möchten wir mit deiner Erlaubnis uns lieben; Was könnte harmloser sein als unsre Bitte an dich?

3 Weh mir! D u , weder Mann noch Frau, bewachst meine Herrin, D u , der nicht wissen kann, wie Freuden der Venus man tauscht. Er, der als erster den Knaben die Hoden abschnitt, ihm hätte Selbst zu erleiden gebührt Wunden, wie er sie da schlug! Weich und gefügig wärst du und zu Willen denen, die bitten, Hätte dich jemals zuvor irgendein Mädchen erwärmt.

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L I B E R SECUNDUS

Non tu natus equo, non fortibus utilis armis. Bellica non dextrae convenit hasta tuae. Ista mares tractent; tu spes depone viriles: Sunt tibi cum domina signa ferenda tua. Hanc inple mentis, huius tibi gratia prosit; Si careas ilia, quis tu us usus erit? Est etiam facies, sunt apti lusibus anni: Indigna est pigro forma perire situ. Fallere te potuit, quamvis habeare molestus: Non caret effectu quod voluere duo. Aptius at fuerit precibus temptasse: rogamus. Dum bene ponendi munera tempus habes.

4 Non ego mendosos ausim defendere mores Falsaque pro vitiis arma movere meis. Confiteor, si quid prodest delicta fateri; In mea nunc demens crimina fassus eo. Odi, nec possum, cupiens, non esse quod odi: Heu quam, quae studeas ponere, ferre grave est! Nam desunt vires ad me mihi iusque regendum; Auferor ut rapida concita puppis aqua. Non est certa meos quae forma invitet amores: Centum sunt causae cur ego semper amem. Sive aliqua est oculos in me deiecta modestos, Uror, et insidiae sunt pudor ille meae; Sive procax aliqua est, capior quia rustica non est Spemque dat in molli mobilis esse toro; Aspera si visa est rigidasque imitata Sabinas, Velle sed ex alto dissimulare puto; Sive es docta, places raras dotata per artes; Sive rudis, placita es simplicitate tua. Est quae Callimachi prae nostris rustica dicat Carmina: cui placeo, protinus ipsa placet; Est etiam quae me vatem et mea carmina culpet: Culpantis cupiam sustinuisse femur. Molliter incedit: mom capit; altera dura est: At poterit tacto mollior esse viro. Huic quia dulce canit flectitque facillima vocem, Oscula cantanti rapta dedisse velim;

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N i c h t z u m Reiten bist d u g e b o r e n , nicht t a u g l i c h für t a p f r e Waffen, des K r i e g s m a n n e s S p e e r steht d e i n e r R e c h t e n nicht an. S o l c h e s ist M ä n n e r g e s c h ä f t ; h ö r auf, wie M ä n n e r z u h o f f e n ! Feldzeichen trage allein auf deiner H e r r i n B e f e h l ! Ihr mach dich s t ä n d i g verdient, dir n u t z e d i e G n a d e d e r H e r r i n ; H ä t t e s t du sie nicht, w o z u w ä r e s t d u d a n n w o h l n o c h g u t ? Ihre G e s t a l t , ihre J u g e n d - z u m L i e b e s s p i e l p a s s e n sie b e s t e n s ; Schönheit verdient es d o c h nicht, d a ß sie g a n z n u t z l o s v e r k o m m t . T ä u s c h e n hätt' sie dich k ö n n e n , u n d giltst d u als n o c h s o p e d a n t i s c h : Wollen ihn b e i d e , d a n n stellt i m m e r sich ein d e r E r f o l g . B e s s e r ist d o c h ein Versuch, d i c h z u bitten: I n d e m wir d i c h bitten, K r i e g s t d u die letzte C h a n c e , d a ß d e i n e G u n s t sich rentiert.

4 M e i n e d e f e k t e M o r a l z u v e r t e i d i g e n , m ö c h t ' ich nicht w a g e n , F ü r meine L a s t e r auch nicht h e u c h l e r i s c h W a f f e n z u f ü h r n . Ich gestehe ( s o f e r n es w a s n ü t z t , die V e r g e h n z u g e s t e h e n ) , K l a g ' mich, v e r r ü c k t w i e ich bin, s e l b s t a n , i n d e m ich g e s t e h ' . M i c h selbst h a s s ' ich, d o c h m u ß - w i d e r s t r e b e n d - ich sein, w a s ich hasse; O h , wie s c h w e r trägt m a n d a s , w a s m a n d o c h a b l e g e n will. D e n n mir fehlt es an K r a f t u n d B e h e r r s c h u n g , m i c h s e l b s t z u regieren; W e g g e s p ü l t w e r d e ich w i e S c h i f f e in reißender Flut. K e i n e b e s t i m m t e G e s t a l t lädt m i c h ein z u r L i e b e ; ich h a b e H u n d e r t f a c h A n l a ß , u n d d r u m bin ich a u c h s t ä n d i g verliebt. H ä l t eine z ü c h t i g d i e A u g e n g e s e n k t , gleich s t e h ' ich in F l a m m e n ; Ihre Sittsamkeit ist's, w e l c h e z u m F a l l s t r i c k mir w i r d . K e c k ist eine, u n d die e r o b e r t m i c h , weil sie nicht p l u m p ist; H o f f e n läßt sie, sie sei r e g e i m m o l l i g e n B e t t . Scheint eine s p r ö d in d e r A r t einer s t r e n g e n S a b i n e r i n , d e n k ' ich: D i e will s c h o n , d o c h tief hält sie's i m H e r z e n versteckt. Bist d u gebildet, gefällst d u d u r c h d e i n e r l e s e n e s K ö n n e n , Bist d u es nicht, d a n n e m p f i e h l t d i c h d e i n e E i n f ä l t i g k e i t . E i n e sagt, des K a l l i m a c h o s D i c h t u n g sei p l u m p im Vergleich mit M e i n e r : S o f o r t gefällt sie m i r , weil ich ihr gefall'. E i n e bekrittelt m i c h , d e n D i c h t e r , u n d m e i n e G e d i c h t e : D i e s e r K r i t i k e r i n S c h e n k e l , d i e t r ü g e ich g e r n . E i n e b e w e g t sich g e s c h m e i d i g : C h a r m a n t f i n d ' ich's. Steif ist d i e andre, D o c h w e n n ein M a n n sie b e r ü h r t , w i r d s i e g e s c h m e i d i g s o g l e i c h . D i e singt lieblich, die S t i m m e s p i e l e r i s c h leicht m o d u l i e r e n d ; K ü s s e ihr r a u b e n m ö c h t ' ich, k ü s s e n sie, w ä h r e n d sie singt.



L I B E R SECUNDUS

Haec querulas habili percurrit pollice chordas: Tam doctas quis non possit amare manus? Ilia placet gestu numerosaque bracchia ducit Et tenerum molli torquet ab arte latus: Ut taceam de me, qui causa tangor ab omni, Illic Hippolytum pone, Priapus erit. Tu, quia tarn longa es, veteres heroidas aequas Et potes in toto multa iacere toro; Haec habilis brevitate sua est: corrumpor utraque; Conveniunt voto longa brevisque meo. Non est culta: subit quid cultae accedere possit; Ornata est: dotes exhibet ipsa suas. Candida me capiet, capiet me flava puella; Est etiam in fusco grata colore Venus. Seu pendent nivea pulli cervice capilli, Leda fuit nigra conspicienda coma; Seu flavent, placuit croceis Aurora capillis: Omnibus historiis se meus aptat amor. Me nova sollicitat, me tangit serior aetas: Haec melior specie, moribus ilia placet. Denique quas tota quisquam probat Urbe puellas, Noster in has omnis ambitiosus amor.

5 Nullus amor tanti est (abeas, pharetrate Cupido), Ut mihi sint totiens maxima vota mori. Vota mori mea sunt, cum te peccasse recordor, Ο mihi perpetuum nata puella malum. Non mihi deceptae nudant tua facta tabellae Nec data furtive munera crimen habent. Ο utinam arguerem sic, ut non vincere possem! Me miserum, quare tam bona causa mea est? Felix, qui quod amat defendere fortiter audet, Cui sua " n o n feci" dicere arnica potest. Ferreus est nimiumque suo favet ille dolori, Cui petitur victa palma cruenta rea. Ipse miser vidi, cum me dormire putares, Sobrius apposito crimina vestra mero: Multa supercilio vidi vibrante loquentes; Nutibus in vestris pars bona vocis erat.

ZWEITES B U C H

Diese läuft mit dem Daumen geschickt über klagende Saiten. So eine kundige Hand! Wer wäre da nicht verliebt? Jene bezaubert durch Gestik, und rhythmisch bewegt sie die Arme, Tanzt geschmeidig und biegt kunstreich den zierlichen Leib. Stell den Hippolytus hin (von mir ganz zu schweigen, den jede Ursache gleich stimuliert), und ein Priap wird aus ihm. Die du so groß bist, du gleichst den Heroinen der Vorzeit, Eines ganzen Betts Raum nimmst du, lang ausgestreckt, ein. Die ist handlich, weil klein: Ich bin beiden verfallen; die Lange Wie die Kurze entspricht dem, was fur mich ich gern hätt'. Diese pflegt sich nicht: Ich stell' mir vor, wie sie war', wenn sie's täte. Die ist geschmückt: Sie selbst stellt ihre Gaben zur Schau. Hellhäutig ist sie? Mich fängt sie; mich fängt die Blonde ein, aber Auch mit der farbigen Frau macht mir das Liebesspiel Spaß. Dunkle Locken fallen herab auf den schneeweißen Nacken? Für ihr schwarzes Haar war eine Leda berühmt. Ist sie blond? Es gefiel Aurora durch goldgelbe Locken. Allen Geschichten von einst paßt meine Liebe sich an. Mich stimuliert die Jugend, mich reizt auch das reifere Alter; Diese sieht besser aus, die ist vom Wesen her nett. Kurz: Auf alle die Mädchen, die irgendwer in der ganzen Hauptstadt gut findet, ist meine Libido erpicht.

5 Keine Liebe ist's wert (geh fort, A m o r , du mit dem Köcher!), Daß ich mir Tag für Tag sehnlichst herbeiwünsch' den Tod. Sterben möcht' ich, sooft deine Untreue mir in den Sinn kommt, Mädchen, geboren allein mir zu unendlicher Qual! Nicht sind's heimliche Briefe, die mir deine Taten enthüllen, Nicht beschuldigen dich Gaben, verstohlen gesandt. Spräch' ich als Kläger doch so, daß ich nicht zu gewinnen vermöchte! Ach ich Armer, warum steht meine Sache so gut? Glücklich, wer unverzagt zu verteidigen wagt seine Freundin, Wem »Ich hab's nicht getan« sagen kann die, die er liebt! Der ist aus Eisen und liebt zu sehr seinen Kummer, der grausam Seinen Triumph feiern will, wenn die Beklagte verliert. Als du vermeintest, ich schliefe, da sah ich selber, ich Armer, Nüchtern - der Wein stand noch da - eueren Schandtaten zu. Vieles habt ihr - ich sah's - durch Bewegung der Brauen gesprochen, Wenn ihr euch zunicktet, kam's fast einem Wortwechsel gleich.

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N o n oculi tacuere tui conscriptaque vino Mensa, nec in digicis littera nulla fuic. Sermonem agnovi, q u o d non videatur, agentem Verbaque pro certis iussa valere notis. lamque frequens ierat mensa conviva relicta; Conpositi iuvenes unus et alter erant: Inproba tum vero iungentes oscula vidi (Ilia mihi lingua nexa fuisse liquet), Qualia non fratri tulerit germana severo, Sed tulerit cupido mollis arnica viro, Qualia credibile est non P h o e b o ferre Dianam, Sed Venerem Marti saepe tulisse suo. " Q u i d f a c i s ? " exclamo " q u o nunc mea gaudia defers? Iniciam dominas in mea iura manus. Haec tibi sunt m e c u m , mihi sunt c o m m u n i a tecum: In bona cur quisquam tertius ista v e n i t ? " Haec ego, quaeque d o l o r linguae dictavit; at illi C o n s c i a purpureus venit in ora pudor. Q u a l e coloratum Tithoni coniuge caelum Subrubet, aut sponso visa puella novo; Q u a l e rosae fulgent inter sua lilia mixtae Aut, ubi cantatis Luna laborat equis; Aut quod, ne longis flavescere possit ab annis, Maeonis Assyrium femina tinxit ebur: His erat aut alicui c o l o r ille simillimus horum, Et numquam casu pulchrior ilia fuit. Spectabat terram: terram spectare decebat; Maesta erat in vultu: maesta decenter erat. Sicut erant (et erant culti) laniare capillos Et fuit in teneras impetus ire genas; Ut faciem vidi, fortes cecidere lacerti: Defensa est armis nostra puella suis. Q u i m o d o saevus eram, supplex ultroque rogavi O s c u l a ne nobis deteriora daret. Risit et ex a n i m o dedit optima, qualia possent Excutere irato tela trisulca Iovi. Torqueor infelix, ne tam bona senserit alter, Et volo non ex hac ilia fuisse nota. H a e c quoque, quam docui, multo meliora fuerunt, E t quiddam visa est addidicisse novi. Q u o d nimium placuere, malum est, quod tota labellis Lingua tua est nostris, nostra recepta tuis.

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Nicht waren stumm deine Augen, mit Wein war der Tisch vollgeschrieben, Manchen Buchstaben habt ihr mit den Fingern geformt. Konversation mit verbrämter Bedeutung war's, wie ich merkte, Eure Wortwahl entsprach einem vereinbarten Code. Fort waren schon die meisten Gäste, die Tische verlassen, Ein, zwei Jünglinge nur lagen betrunken noch da: Da hab' ich selbst gesehn, wie ihr schamlose Küsse getauscht habt (Eure Zungen - na klar! - waren verschlungen dabei), Wie sie nicht die Schwester dem strengen Bruder gibt, sondern Wie einem lüsternen Mann zärtlich die Freundin sie schenkt, Wie sie zwischen Diana und Phöbus nicht vorstellbar wären, Aber wie ihrem Mars häufiger Venus sie gab. »Was«, ruf ich, »tust du? An wen vergibst du die Freuden, die mir nur Zustehn? Auf das, was das Recht mir nur gibt, leg' ich die Hand. Das gehört dir mit mir zusammen, gemeinsames Gut ist's. Warum drängt sich nun hier irgendein Dritter hinein?« Das sprach ich, und was sonst der Schmerz meiner Zunge diktierte; Ihr stieg die Scham - sie war schuldbewußt - rot ins Gesicht. So, wie der Himmel erglüht, gefärbt von Tithonus' Gemahlin, Oder die junge Frau, wenn sie der Bräutigam sieht, So, wie die Rosen, vermischt mit ihren Lilien, leuchten, Oder wie Luna sich färbt, sind ihre Rosse verhext, Oder so wie assyrisches Elfenbein, welches, damit es Nicht vergilbt mit der Zeit, färbt die Mäonierin, So wie diese Farben oder wie eine von ihnen War die ihre, und nie sah man sie schöner als jetzt. Sie aber sah zu Boden; es stand ihr, wie sie herabsah. Trauer verriet ihr Gesicht; traurig zu sein stand ihr auch. So, wie es war (und es war gepflegt), ihr Haar zu zerzausen Trieb's mich, das zarte Gesicht ihr zu zerkratzen zugleich. Als ihr Gesicht ich dann sah, ließ ich sinken die tapferen Arme. Von den Waffen der Frau wurde mein Mädchen geschützt. Der ich gerade noch wild war, ich bat sie von mir aus auf Knien, Küsse zu geben auch mir und nicht von schlechterer Art. Sie hat gelacht und mir gerne die besten gegeben; dem grimmen Jupiter schmetterten sie wohl seinen Blitz aus der Hand. Unglücklich quäl' ich mich, fürchtend, der andere spürte so gute Gleichfalls; von der Qualität waren sie hoffentlich nicht! Diese waren zudem weit besser als die, welche ich sie Lehrte; sie hat offenbar noch etwas Neues gelernt. Daß sie zu gut mir gefielen, daß ganz deine Zunge in meinen Lippen verschwand und zugleich meine in deinen, ist schlimm.

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N e c tamen hoc unum doleo, non oscula t a n t u m Iuncta queror, quamvis haec quoque i u n c u q u e r o r : Ilia nisi in lecto nusquam potuere doceri; Nescioquis pretium grande magister habet.

6 Psittacus, Eois imitatrix ales ab Indis, O c c i d i t : exsequias ite frequenter, aves; Ite, piae volucres, et plangite pectora pinnis Et rigido teneras ungue notate genas; Horrida pro maestis lanietur pluma capillis, P r o longa resonent carmina vestra tuba. Q u o d scelus Ismarii quereris, Philomela, tyranni, Expleta est annis ista querela suis; Alitis in rarae miserum devertere funus: Magna sed antiqua est causa doloris Itys. O m n e s quae liquido libratis in aere cursus, Tu tamen ante alios, turtur amice, dole. Plena fuit vobis omni concordia vita Et stetit ad finem longa tenaxque fides. Q u o d fuit Argolico iuvenis Phoceus O r e s t a e , H o c tibi, dum licuit, psittace, turtur erat. Q u i d tamen ista fides, quid rari forma coloris, Q u i d vox mutandis ingeniosa sonis, Q u i d iuvat, ut datus es, nostrae placuisse puellae? Infelix, avium gloria, nempe iaces. Tu poteras fragiles pinnis hebetare smaragdos, T i n c t a gerens rubro Punica rostra c r o c o . N o n fuit in terris vocum simulantior ales: Reddebas blaeso tam bene verba sono. Raptus es invidia: non tu fera bella movebas; Garrulus et placidae pacis amator eras. E c c e , coturnices inter sua proelia vivunt, Forsitan et fiant inde frequenter anus. Plenus eras minimo, nec prae sermonis a m o r e In multos poterant ora vacare cibos: N u x erat esca tibi causaeque papavera somni, Pellebatque sitim simplicis u m o r aquae. Vivit edax vultur ducensque per aera gyros Miluus et pluviae graculus auctor aquae;

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Aber mich schmerzt nicht nur dies, über Zungenküsse alleine Klage ich nicht (gewiß, darüber klage ich auch!): Solche Küsse, die ließen allein im Bett sich erlernen; Irgendein Lehrer bekam dort einen stattlichen L o h n .

6 Tot ist der Papagei, der indische Vogel, der gerne Nachahmt; ihr Vögel, zuhauf k o m m t zur Bestattung herbei! K o m m t , die ihr Mitgefühl habt, Gefiederte, schlagt mit den Flügeln Euch an die Brust und zerkratzt scharfkrallig euch das G e s i c h t ! Trauernd zerrauft den sich sträubenden Flaum euch anstelle der Haare; E u e r Gesang ersetz' langer Trompeten G e t ö n . Was deine Klage über die U n t a t des T h r a k e r t y r a n n e n Angeht, hat die mit der Zeit sich, Philomela, erschöpft. Widme dem traurigen Tod des seltenen Vogels dich nunmehr: Anlaß zum Schmerz ist gewiß Itys, d o c h neu ist das nicht. Alle, die ihr in klarer Luft eure Bahnen zieht, trauert, Du, Turteltaube, jedoch allen voran als sein Freund! Während er lebte, verband euch beständig v o l l k o m m e n e Eintracht; Eure Treue, die hielt lange und fest bis z u m T o d . Was dem Argiver O r e s t der P h o k ä e r war, das, Papagei, war, Während das Schicksal es noch zuließ, die Taube für dich. Was aber nützt deine Treue, die Schönheit erlesener Farben, Was die Stimme, begabt, oft zu verändern den T o n ? D a ß dich mein Mädchen gleich mochte, als sie dich bekam, ja, was nützt es? Armer, jetzt liegst du da doch, Zierde des Vogelgeschlechts! Stumpf ließ der G l a n z deiner Flügel feine Smaragde erscheinen, R o t war dein Schnabel; er schien gleichsam mit Safran gefärbt. Nirgends kopierte ein Vogel geschickter S t i m m e n : D i e W ö r t e r Gabst du ja so perfekt wieder mit schnarrendem Ton. Mißgunst riß dich hinweg: N i e fingst du grimmigen Streit an; D u warst ein Plauderer, hast Ruhe und Frieden geliebt. Wachteln dagegen - schau an! - , die leben in ständigem Kampfe, U n d sie werden vielleicht deshalb nicht selten so alt. Wenig nur machte dich satt, und vor lauter Freude am Sprechen Hatte dein Schnabel auch nie Zeit für ein reichliches Mahl. Nüsse und K ö r n e r des M o h n s , der einschläfert, waren dein Futter; Deinen Durst hat dir stets einfaches Wasser gelöscht. D o c h der gefräßige Geier, der Falke, der gern in der Luft kreist, U n d die Dohle, die uns Regen bringt, leben; es lebt

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Vivit et armiferae cornix invisa M i n e r v a e , Ilia q u i d e m saeclis vix m o r i t u r a n o v e m . O c c i d i t ille l o q u a x humanae vocis i m a g o Psittacus, e x t r e m o m u n u s ab o r b e datum. O p t i m a p r i m a fere manibus rapiuntur avaris; Inplentur numeris deteriora suis: Tristia P h v l a c i d a e Thersites f u n e r a vidit I a m q u e cinis vivis fratribus H e c t o r erat. Q u i d referam timidae p r o te pia vota puellae, Vota p r o c e l l o s o per mare rapta N o t o ? Septima lux venit non exhibitura sequentem, Et stabat v a c u o iam tibi Parca c o l o ; N e c tamen ignavo stupuerunt verba palato: C l a m a v i t moriens lingua " C o r i n n a , v a l e . " C o l l e sub E l v s i o nigra nemus ilice f r o n d e t U d a q u e p e r p e t u o gramine terra viret. Si qua fides dubiis, v o l u c r u m locus ille piarum Dicitur, obscenae q u o p r o h i b e n t u r aves. Illic innocui late pascuntur olores Et vivax p h o e n i x , unica s e m p e r avis; Explicat ipsa suas ales I u n o n i a pinnas, O s c u l a dat c u p i d o blanda c o l u m b a mari. Psittacus has inter nemorali sede receptus C o n v e r t i t volucres in sua verba pias. O s s a tegit tumulus, tumulus p r o c o r p o r e magnus, Q u o lapis exiguus par sibi c a r m e n habet: C O L L I G O R EX IPSO D O M I N A E PLACVISSE SEPVLCRO. O R A F V E R E M I H I PLVS A V E D O C T A L O Q V I .

7 E r g o s u f f i c i a m reus in n o v a crimina s e m p e r ? U t v i n c a m , totiens dimicuisse piget. Sive ego m a r m o r e i respexi s u m m a theatri, Eligis e multis unde dolere velis; C a n d i d a seu tacito vidit me f e m i n a vultu, In vultu tacitas arguis esse notas; Si q u a m laudavi, miseros petis ungue capillos, Si c u l p o , crimen dissimulare putas; Sive b o n u s c o l o r est, in te q u o q u e frigidus esse, Seu malus, alterius d i c o r a m o r e mori.

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Auch die Krähe, verhaßt der waffentragenden Pallas, Sic, die neunhundert J a h r mindestens braucht, bis sie stirbt. Aber der Plauderer starb, das Abbild der menschlichen Stimme, Ein Papagei - ein G e s c h e n k war er v o m E n d e der Welt! Meist ist's das Beste, das früh von den gierigen Händen entrafft wird, M i n d e r w e n i g e s bleibt stets in der M e n g e konstant. Als man den Phylakiden begrub, sah zu ein Thersites; H c k t o r war tot, doch nach ihm lebte die Brüderschar noch. Was erwähn' ich des bangenden Mädchens f r o m m e G e l ü b d e N u r für dich? U b e r s M e e r trug sie der stürmische Süd. Dann kam der siebente Tag - kein weiterer sollte ihm folgen Schon stand die Parze bereit, leer war ihr Spinnrocken schon. D o c h deine Kehle, o b w o h l sie schon schwach war, k o n n t e noch Worte Bilden; die Zunge rief sterbend: » C o r i n n a , leb w o h l ! « Einen Hain gibt's am F u ß des elysischen Hügels mit schwarzen Steineichen; feucht ist das Land, f o n w ä h r e n d grünt dort das Gras. Darf man den M y t h e n vertraun, wird der O r t »der Wohnsitz der f r o m m e n Vögel« genannt; er bleibt garstigen Vögeln verwehrt. Schuldlose Schwäne grasen in Scharen dort und der Phönix, D e r so lange lebt, einzig ja auch in der Art. J u n o s Vogel entfaltet von selbst sein Gefieder; die Taube G i b t dem verliebten G e m a h l zärtliche Küsse dort stets. Hier im Haine empfängt man den Papagei nun, und dieser Schafft's, daß die f r o m m e Schar aufmerksam hört, was er sagt. Seine G e b e i n e bedeckt, zu g r o ß für den K ö r p e r , ein Hügel, E b e n s o klein wie der Stein ist das G e d i c h t , das er trägt: » D a ß ich der Herrin gefiel, läßt allein schon das G r a b m a l erschließen. M e h r als ein Vogel sonst spricht, wußte zu sprechen mein M u n d . «

7 Soll ich denn ewig das Ziel sein für neue Anschuldigungen? Selbst wenn ich siege, so oft kämpfen zu müssen verdrießt. Seh' ich im Marmortheater hinauf zu den oberen Rängen, Wählst von den vielen du dir eine als Eifersuchtsgrund. Blickt eine strahlende Schönheit mich an mit schweigender Miene, Liest du in ihrem Gesicht heimliche Zeichen für mich. L o b e ich eine, dann fährst du mir A r m e m ins H a a r mit den Nägeln, Tadle ich, schließt du auf Schuld, die ich verheimlichen will. Seh' ich gesund aus, dann heißt es, du ließest mich kalt; seh' ich schlecht aus, H e i ß t ' s , für ein anderes Weib stürb' ich vor Liebe dahin.

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A t q u e e g o peccati vellem mihi conscius essem: A e q u o a n i m o p o e n a m , qui meruere, ferunt. N u n c temere insimulas c r e d e n d o q u e o m n i a frustra Ipsa vetas iram p o n d u s habere tuam: Aspice, ut auritus miserandae sortis asellus A d s i d u o d o m i t u s vcrbere lentus eat. Ecce, n o v u m crimen: sollers o r n a r e C y p a s s i s O b i c i t u r d o m i n a e contemerasse t o r u m . Di melius, q u a m me, si sit peccasse libido, Sordida contemptae sortis arnica iuvet! Q u i s Veneris f a m u l a e c o n u b i a liber inire Tergaque conplecti verbere secta velit? A d d e q u o d ornandis ilia est o p e r o s a capillis Et tibi per doctas grata ministra manus: Scilicet ancillam, quae tarn tibi fida, r o g a r e m ? Q u i d , nisi ut indicio iuncta repulsa f o r e t ? Per Venerem i u r o puerique volatilis arcus M e non admissi criminis esse reum.

8 Ponendis in mille m o d o s perfecta capillis, C o m e r e sed solas digna C y p a s s i deas, Et mihi i u c u n d o non rustica cognita f u r t o , A p t a q u i d e m d o m i n a e , sed magis apta mihi, Q u i s fuit inter nos sociati c o r p o r i s index? Sensit c o n c u b i t u s unde C o r i n n a tuos? N u m tamen e r u b u i ? num v e r b o lapsus in ullo Furtivae Veneris conscia signa dedi? Q u i d q u o d , in ancilla si quis delinquere possit, Ilium ego contendi mente carere bona? Thessalus ancillae facie B r i s e i d o s arsit, Serva M y c e n a e o P h o e b a s amata duci: N e c sum e g o Tantalide maior, nee m a i o r Achille; Q u o d decuit reges, cur mihi turpe p u t e m ? U t tamen iratos in te defixit ocellos, Vidi te totis erubuisse genis. A t q u a n t o , si f o r t e refers, praesentior ipse Per Veneris feci numina magna f i d e m ! (Tu, dea, tu iubeas animi periuria puri C a r p a t h i u m tepidos per m a r e ferre N o t o s . )

ZWEITES

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War' es doch wirklich so, daß ich mir eines Fehltritts bewußt war'! Wer eine Strafe verdient, nimmt sie auch gleichmütig hin. Blindlings jedoch beschuldigst du mich, glaubst alles und jedes Grundlos: Du selbst nimmst so alles Gewicht deinem Zorn. Schau, wie langsam das Langohr, dessen bemitleidenswertes Schicksal es ist, daß es stets Prügel bezieht, sich bewegt. Hier nun das neue Vergehn: Die geschickte Friseuse Cypassis Hat - so der Vorwurf - entweiht ihrer Gebieterin Bett. Gott bewahre! Gesetzt, es trieb mich zum Seitensprung, wäre Eine von niedrigem Stand dann als Geliebte mir recht? Welcher Freie schliefe mit einer Sklavin und legte Um einen Rücken, den schon Hiebe zerschnitten, den Arm? Noch dazu, wo diese sich abmüht, dein Haar zu verschönern, Dir als Bedienstete lieb dank ihrer kunstreichen Hand! Klar, ich spiel' bei der Magd, die dir so treu war, den Freier, Nur damit sie dann mich abweist und dich informiert! Bei des geflügelten Knaben Bogen, bei Venus! Ich schwöre, Daß ich die Tat, die man mir anlastet, niemals beging.

8 Du, perfekt in der Kunst, auf tausend Arten, Cypassis, Haare zu legen, doch wert, Göttinnen nur zu frisiern, Du, die als keineswegs täppisch beim heimlichen Spiel ich erkannte, Du, die zur Herrin gut paßt, aber noch besser zu mir, Wer hat der Herrin gemeldet, daß wir unsre Körper vereinten? Wie hat Corinna bemerkt, daß du mit jemandem schliefst? Bin ich am Ende errötet? Entschlüpfte irgendein Wort mir, Das im Bewußtsein der Schuld heimliches Treiben verriet? Aber sagte ich nicht, wer jemals vergehen sich könne An einer Magd, der sei nicht bei gesundem Verstand? Feuer fing der Thessaler beim Anblick der Sklavin Brisei's, Und der mykenische Fürst liebte Kassandra, die Magd. Ich bin bedeutender nicht als des Tantalus Sproß, als Achilles; Warum ist schändlich, was doch Fürsten geziemte, für mich? Als sie dann aber nur dich mit zornigen Augen fixierte, Sah ich, wie dein Gesicht Schamröte ganz überzog. Wieviel mehr zeigte ich an Geistesgegenwart! Weißt's noch? Venus rief ich und schwor bei ihrer göttlichen Macht. (Laß doch die Meineide eines Gemütes, das rein ist, ο Göttin, Ubers karpathische Meer tragen vom lauwarmen Süd!)

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LIBER SECUNDUS

Pro quibus officiis pretium mihi dulce repende C o n c u b i t u s hodie, fusca Cypassi, tuos. Q u i d renuis fingisque novos, ingrata, timores? U n u m est e dominis emeruisse satis. Q u o d si stulta negas, index ante acta fatebor Et veniam culpae proditor ipse meae, Q u o q u e loco tecum fuerim quotiensque, Cypassi, N a r r a b o dominae quotque quibusque modis.

9 Ο numquam pro re satis indignande, C u p i d o , Ο in corde m e o desidiose puer, Q u i d me, qui miles numquam tua signa reliqui, Laedis, et in castris vulneror ipse meis? C u r tua fax urit, figit tuus arcus amicos? Gloria pugnantes vincere maior erat. Q u i d ? non Haemonius, quem cuspide perculit, hero C o n f o s s u m medica p o s t m o d o iuvit ope? Venator sequitur fugientia, capta relinquit, Semper et inventis ulteriora petit. N o s tua sentimus, populus tibi deditus, arma; Pigra reluctanti cessat in hoste manus. Q u i d iuvat in nudis hamata retundere tela O s s i b u s ? ossa mihi nuda reliquit amor. Tot sine amore viri, tot sunt sine a m o r e puellae: H i n c tibi cum magna laude triumphus eat. R o m a , nisi inmensum vires promosset in orbem, Stramineis esset nunc q u o q u e tecta casis. Fessus in acceptos miles deducitur agros, Mittitur in saltus carcere liber equus, Longaque subductam celant navalia pinum, Tutaque deposito poscitur ense rudis: M e quoque, qui totiens merui sub a m o r e puellae, D e f u n c t u m placide vivere tempus erat.

ZWEITES B U C H

All diese Dienste vergilt mir durch eine süße B e l o h n u n g , Braune C v p a s s i s : N o c h heut teile das Lager mit mir. U n d a n k b a r e , du willst nicht, befürchtest schon wieder was N e u e s ? Einem von beiden H e r r n dich zu verpflichten genügt! Wenn du dich weigerst, du Törichte, sag' ich ihr alles, bekenne, Was schon passiert ist, verrat' selbst meine Schuld und erzähl' Dann der G e b i e t e r i n , w o und w i e oft w i r es machten, C v p a s s i s , Wieviele Stellungen w i r jeweils probierten und wie.

9 D u , den man niemals so sehr, wie's der L a g e entspräche, C u p i d o , Schelten kann, K n a b e , der du träge im H e r z e n mir sitzt, Warum v e r w u n d e s t d u mich, deinen K r i e g e r , der nie desertierte, Warum w e r d ' ich verletzt in meinem eignen Kastell? Warum versengt deine Fackel und trifft dein B o g e n die Freunde? G r ö ß e r w ä r e dein R u h m , hättest du K ä m p f e r besiegt! Half der hämonische H e l d dem M a n n , welchen er mit der L a n z e Traf und durchstach, etwa nicht später mit ärztlicher K u n s t ? J ä g e r v e r f o l g e n , was flieht, lassen hinter sich das, w a s sie fangen; I m m e r streben sie weit übers Erreichte hinaus. Wir, die ergebene Schar, b e k o m m e n die W a f f e n zu spüren, Untätig bleibt deine H a n d , w e n n sich der Feind widersetzt. N ü t z t es w a s , hakige Pfeile a b z u s t u m p f e n am nackten K n o c h e n ? D a s nackte G e b e i n ließ mir die Liebe ja nur. Leben d o c h o h n e L i e b e noch so viel M ä n n e r und M ä d c h e n : H o l beim T r i u m p h über sie dir doch bedeutenden R u h m ! Hätte R o m seine M a c h t nicht ausgedehnt über den E r d k r e i s , G ä b e es dort noch heut H ü t t e n mit Strohdächern nur. E i n e m e r s c h ö p f t e n K r i e g e r teilt man sein Land zu; das R e n n p f e r d , Wenn's einmal ausgedient hat, w i r d auf die Weide geschickt; Z o g man das Schiff an L a n d , w i r d im D o c k es geborgen; d e r Fechter, Wenn er das S c h w e r t nicht mehr f ü h r t , fordert den hölzernen Stab. A u c h f ü r mich, der so o f t unterm B a n n e r der L i e b e z u m M ä d c h e n Diente, w ä r ' s Zeit, daß ich frei lebte in friedlicher R u h .

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LIBER SECUNDUS

9b (IO) " V i v e " deus " p o s i t o " si quis mihi dicat " a m o r e " , Deprecer: usque adeo dulce puella malum est. C u m bene pertaesum est animoque relanguit ardor, N e s c i o q u o miserae turbine mentis agor. U t rapit in praeceps dominum spumantia frustra Frena retentantem durior oris equus, Ut subitus prope iam prensa tellure carinam Tangentem portus ventus in alta rapit, Sic me saepe refert incerta Cupidinis aura N o t a q u e purpureus tela resumit A m o r . Fige, puer: positis nudus tibi praebeor armis; Hie tibi sunt vires, hie tua dextra facit, Hue tamquam iussae veniunt iam sponte sagittae; Vix illis prae me nota pharetra sua est. Infelix, tota quicumque quiescere nocte Sustinet et somnos praemia magna vocat. Stulte, quid est somnus gelidae nisi mortis imago? Longa quiescendi tempora fata dabunt. M e modo decipiant voces fallacis amicae, Sperando certe gaudia magna feram; Et modo blanditias dicat, modo iurgia nectat; Saepe fruar domina, saepe repulsus earn. Q u o d dubius Mars est, per te, privigne Cupido, est, Et movet exemplo vitricus arma tuo; Tu levis es multoque tuis ventosior alis Gaudiaque ambigua dasque negasque fide. Si tarnen exaudis, pulchra cum matre, Cupido, Indeserta meo pectore regna gere: Accedant regno, nimium vaga turba, puellae; A m b o b u s populis sic venerandus eris.

io(ll) Tu mihi, tu certe, memini, Graecine, negabas U n o posse aliquem tempore amare duas. Per te ego decipior, per te deprensus inermis Ecce duas uno tempore turpis amo.

Z« KITES BUCH

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Der da ist's, den A m o r , der wilde, entflammt.« Anlaß gibst du zum Klatsch ganz R o m , d o c h du merkst es nicht einmal, Während du ohne Scham von deinen Taten erzählst. Zeit wär's, vom ernsten T h y r s u s sich inspirieren zu lassen. D u hast genug nun gesäumt: Auf, an ein größeres W e r k ! Dein Sujet unterdrückt dein Talent. Sing Taten von M ä n n e r n ! »Würdig ist dieses G e b i e t · , sagst du dann, »meines Esprits.· Lieder für zarte Mädchen gab tändelnd dir ein deine Muse; Du hast die Jugend durchlebt, wie's ihrem R h y t h m u s entspricht. Ich, die Tragödie R o m s , will durch dich jetzt B e r ü h m t h e i t erlangen. Was meine Gattung verlangt, das wird erfüllen dein Geist.« So sprach sie und bewegte, stelzend auf bunten K o t h u r n e n , Dreimal und viermal ihr H a u p t , welches umwallt war von H a a r . Lächelnd - erinnr' ich mich recht? - sah mich an von der Seite die andre, Hielt einen Myrtenzweig - wenn ich mich nicht täusch' - in der H a n d .

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LIBER TERTIUS

" Q u i d gravibus verbis, animosa T r a g o e d i a , " dixit " M e p r e m i s ? an n u m q u a m non gravis esse potes Inparibus tarnen es numeris dignata moveri; In me pugnasti versibus usa meis. N o n e g o contulerim sublimia carmina nostris: O b r u i t exiguas regia vestra fores. S u m levis, et m e c u m levis est, mea cura, C u p i d o : N o n sum materia f o r t i o r ipsa mea. R u s t i c a sit sine me lascivi mater A m o r i s : H u i c e g o proveni lena c o m e s q u e deae. Q u a m tu non poteris d u r o reserare c o t h u r n o , H a e c est blanditiis ianua laxa meis. Et tarnen emerui plus q u a m tu p o s s e f e r e n d o M u l t a supercilio n o n patienda tuo: Per me d e c e p t o didicit c u s t o d e C o r i n n a L i m i n i s adstricti sollicitare (idem D e l a b i q u e toro tunica velata soluta A t q u e inpercussos nocte m o v e r e pedes. Vel quotiens f o r i b u s duris incisa pependi N o n verita a p o p u l o praetereunte legi! Q u i n e g o me memini, d u m custos saevus abiret, Ancillae missam delituisse sinu. Q u i d , c u m me m u n u s natali mittis, at ilia R u m p i t et adposita barbara mergit aqua? Prima tuae m o v i felicia semina mentis; M u n u s habes, q u o d te iam petit ista, m e u m . " Desierat; coepi " p e r v o s u t r a m q u e r o g a m u s , In vacuas aures verba timentis eant. Altera me sceptro decoras altoque c o t h u r n o : l a m nunc c o n t a c t o m a g n u s in ore sonus. A l t e r a das nostro v i c t u r u m n o m e n amori: E r g o ades et longis versibus adde brevis. E x i g u u m vati c o n c e d e , Tragoedia, tempus: Tu labor aeternus; q u o d petit ilia, breve e s t . " M o t a dedit veniam. teneri p r o p e r e n t u r A m o r e s , D u m vacat: a tergo grandius urguet o p u s .

DRITTKS

BUCH

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»Warum, du stolze Tragoedia, drückst du mich nieder, voll Pathos Sprechend?« sagte sie. »Kannst stets nur pathetisch du sein? Dennoch geruhtest du, Verse von ungleicher Länge zu sprechen; Meine Metren hast du, mich attackierend, benutzt. Nicht möcht' erhabne Gedichte ich mit den meinen vergleichen. Euer Palast überstrahlt meine bescheidene Tür. Leicht bin ich, leicht wie ich ist Cupido, er, der am Herzen Stets mir liegt: Nicht bin stärker ich als mein Sujet. Ohne mich wär' die Mutter des losen Amor ein Trampel; Sic begleit' ich, für sie bin ich als Kupplerin da. Sie, die du nie mit den harten Kothurnen entriegeln kannst, meinen Schmeichelnden Worten hat sie weit sich geöffnet, die Tür. Daß ich mehr kann als du, hab' ich mir verdient, weil ich vieles Auf mich nahm, was dein Stolz nie zu ertragen vermöcht'. Ihren Wächter zu täuschen, zu sprengen die sonst so verläßlich Zugeriegelte Tür, lernte Corinna durch mich, Auch mit der lockeren Tunika aus dem Bette zu gleiten Und in der Nacht ganz leis vorwärts zu setzen den Fuß. Oder: Wie oft hing ich, geritzt in Wachs, an der harten Pforte und schämte mich nicht, daß, wer vorbeiging, mich las! Ja, ich erinnere mich, wie in Briefform ich, bis der grimme Wächter verschwand, bei der Magd mich im Gewandbausch verbarg. Wenn als Geburtstagsgeschenk du mich schickst, da zerbricht mich doch ' Und ins Wasserbassin neben sich taucht sie mich roh! Ich ließ aufgehen erstmals die fruchtbare Saat deines Geistes; Mir verdankst du sogar, daß dich jetzt die da umwirbt.» »Bei euer beider Namen« begann ich, als sie zu End war, »Bitt' ich: Ein offenes O h r schenkt meinem schüchternen Wort. Du hier stattest mich aus mit dem Szepter und hohen Kothurnen: Jetzt schon ertönt, von dir angerührt, mächtig mein Mund. Du aber schenkst meiner Liebe Berühmtheit von ewiger Dauer. Bleib! An den längeren Vers knüpfe den kürzeren an. Gönn noch ein wenig Zeit, Tragoedia, deinem Poeten; Du schaffst ewige Müh; kurz ist, was jene verlangt.« Sie, gerührt, hat's gewährt. Schnell, zarte Amores, solang noch Zeit ist! Von hinten bedrängt jetzt mich ein größeres Werk.

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L IBtR TERTIUS

N o n ego nobilium scdeo studiosus e q u o r u m ; C u i tamen ipsa faves, vincat ut ille, precor. Ut loquerer tecum, veni, tecumque sederem, N e tibi non notus, quem facis, esset amor. Tu cursus spectas, ego te: spectemus uterque Q u o d iuvat atque oculos pascat uterque suos. O , c u i c u m q u e faves, felix agitator e q u o r u m ! E r g o illi curae contigit esse tuae? H o c mihi contingat, sacro de carcere missis Insistam forti mente vehendus equis Et m o d o lora dabo, m o d o verbere terga notabo, N u n c stringam metas interiore rota. Si mihi currenti fueris conspecta, m o r a b o r , D e q u e meis manibus lora remissa fluent. A, quam paene Pelops Pisaea concidit hasta, D u m spectat vultus, H i p p o d a m i a , tuos! N e m p e favore suae vicit tamen ille puellae: Vincamus dominae quisque favore suae. Q u i d frustra refugis? cogit nos linea iungi; H a e c in lege loci c o m m o d a C i r c u s habet. Tu tamen, a dextra q u i c u m q u e es, parce puellae: C o n t a c t u lateris laeditur ilia tui; Tu q u o q u e , qui spectas post nos, tua contrahe crura Si pudor est, rigido nec preme terga genu. Sed nimium demissa iacent tibi pallia terra: Collige, vel digitis en ego tollo meis. Invida vestis eras, quae tam bona crura tegebas; Q u o q u e magis spectes - invida vestis eras. Talia Milanion Atalantes crura fugacis O p t a v i t manibus sustinuisse suis; Talia pinguntur succinctae crura Dianae, C u m sequitur fortes fortior ipsa feras. His ego non visis arsi; quid fiet ab ipsis? In flammam flammas, in mare fundis aquas. Suspicor ex istis et cetera posse placere, Q u a e bene sub tenui condita veste latent. Vis tamen interea faciles arcessere ventos, Q u o s faciet nostra mota tabella manu?

DRITTES

BUCH

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Nein, ich sitze hier nicht als ein Liebhaber rassiger Pferde; Dem, zu dem du hältst, wünsche ich freilich den Sieg. Nur um mit dir zu sprechen, kam ich, bei dir will ich sitzen, Daß dir nicht unbekannt sei, welch eine Liebe du weckst. Du betrachtest das Rennen, ich dich: Betrachten wir beide. Was uns gefällt; laß uns beide die Augen erfreun! Ach, zu wem du auch hältst, der Wagenlenker ist glücklich! Ihm also wurde zuteil, daß du besorgt bist um ihn? Würde doch mir das zuteil! Wenn heraus aus der heiligen Schranke Stürmend die Pferde mich ziehn, stehe ich da voller Mut. Bald laß die Zügel ich schießen, bald peitsch' ich den Rücken der Pferde, Streif mit dem inneren Rad bald an den Wendepunkt hin. Schau' ich in voller Fahrt dann dich an, halte ich inne, Und es entgleiten der Hand lose die Zügel zugleich. Ach, der pisäischen Lanze wär' beinahe Pelops erlegen, Während auf dein Gesicht, Hippodamia, er sah! Aber dank der Gunst des Mädchens konnte er siegen: Siege ein jeder von uns durch der Gebieterin Gunst! Du rückst ab? Doch umsonst! Die Markierung zwingt uns zusammen! So ist der Circus gebaut, das ist der Vorteil an ihm. Du aber, rechts von dem Mädchen, nimm, wer du auch bist, bitte Rücksicht. Sie wird belästigt, weil du sie mit der Hüfte berührst. Du, der du hinter uns zuschaust, zieh deine Beine ein; hast du Anstand, dann drücke ihr nicht hart in den Rücken das Knie. Aber dein Kleid, zu weit hängt's runter und schleift auf dem Boden. Zieh es herauf, oder . . . ich hebe es - schau! - mit der Hand. Mißgünstig warst du, Gewand, verbargst so herrliche Beine, Und je mehr man sie sieht - mißgünstig warst du, Gewand! Solche Beine, die hat Atalanta gehabt, die geschwinde; Gern hätt' Milanion sie mit seinen Händen gestützt. So malt mancher die Beine der hochgeschürzten Diana, Dann, wenn sie starkes Wild, selber noch stärker, verfolgt. Eh' ich sie sah, erglüht' ich - was werden sie selbst noch bewirken? Flammen zur Glut trägst du, Wasser ins Meer schüttest du. Daraus schließe ich nun, auch das übrige könnt' mir gefallen, Was sich noch gut versteckt unter dem dünnen Gewand. Hast du inzwischen Verlangen nach einem erfrischenden Lüftchen, Das dir mein Täfelchen bringt, wenn mit der Hand ich's beweg'?

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LIBER TERTIUS

A n magis hie m e u s est animi, non aeris, acstus, C a p t a q u e f e m i n e u s p e c t o r a torret a m o r ? D u m l o q u o r , alba levi s p a r s a est tibi pulvere vestis: S o r d i d e de niveo c o r p o r e pulvis abi. Sed lam p o m p a venit: linguis a m m i s q u e favetc; T e m p u s adest plausus: aurea p o m p a venit. Prima l o c o fertur passis Victoria pinnis: H u e ades et m e u s hie fac, dea, vincat a m o r . Plaudite N e p t u n o , n i m i u m qui creditis undis: Nil mihi c u m p e l a g o ; me mea terra capit. P l a u d e t u o Marti, miles: n o s o d i m u s arma; Pax iuvat et media p a c e repertus a m o r . A u g u r i b u s P h o e b u s , P h o e b e venantibus adsit; Artifices in te verte, M i n e r v a , m a n u s . R u r i c o l a e C e r e r i t e n e r o q u e adsurgite B a c c h o ; Pollucem pugiles, C a s t o r a placet eques. N o s tibi, blanda Venus, p u e r i s q u e p o t e n t i b u s arcu P l a u d i m u s : inceptis a d n u e , diva, meis D a q u e n o v a e m e n t e m d o m i n a e , patiatur amari; A d n u i t et m o t u signa s e c u n d a dedit. Q u o d dea p r o m i s i t , p r o m i t t a s ipsa r o g a m u s : Pace l o q u a r Veneris, tu d e a m a i o r eris. Per tibi tot iuro testes p o m p a m q u e d e o r u m Te d o m i n a m nobis t e m p u s in o m n e peti. Sed p e n d e n t tibi crura: p o t e s , si f o r t e iuvabit, C a n c e l l i s p r i m o s inseruisse p e d e s . M a x i m a iam v a c u o p r a e t o r spectacula C i r c o Q u a d r i i u g o s a e q u o carcere misit e q u o s . C u i s t u d e a s , video; vincet, c u i c u m q u e favebis: Q u i d cupias, ipsi scire videntur equi. M e m i s e r u m ! m e t a m s p a t i o s o circuit orbe: Q u i d facis? a d m o t o p r o x u m u s axe subit. Q u i d facis, infelix? perdis b o n a vota puellae; Tende, precor, valida lora sinistra manu. F a v i m u s ignavo. sed enim revocate, Q u i r i t e s , Et d a t e iactatis u n d i q u e signa togis. E n revocant; at, ne turbet t o g a m o t a capillos, In n o s t r a s a b d a s te licet u s q u e sinus. I a m q u e patent iterum reserato carcere p o s t e s , E v o l a t a d m i s s i s d i s c o l o r a g m e n equis. N u n c saltern s u p e r a s p a t i o q u e insurge patenti: Sint mea, sint d o m i n a e fac rata vota meae.

DRITTES

BUCH

ΙΟΙ

Oder ist nicht die Luft so heiß, ist's mein Herz? Ist's die Liebe Zu der Frau, die mich bannt, die mir erglühn läßt die Brust? Während ich sprach, ist aufs weiße Gewand etwas Staub dir gefallen; Schmutziger Staub, geh du weg von dem schneeweißen Leib! Aber da naht sich schon der Festzug: Schweiget voll Andacht! Zeit zum Applaus ist es, weil golden der Festzug sich naht. F.rst kommt die Göttin des Sieges mit ausgebreiteten Schwingen; Göttin, stehe mir bei, schenk meiner Liebe den Sieg! Applaudiert dem Neptun, die zu sehr ihr vertraut auf die Wogen! Mir liegt nichts an der See, mich hält im Banne mein Land. Applaudier deinem Mars, Soldat! Ich hasse die Waffen. Friede gefällt mir, sowie Liebe, wenn Friedenszeit herrscht. Phöbus mag den Sehern, Phöbe den Jagenden helfen; Hände, die kunstfertig sind, wende, Minerva, zu dir. Landbewohner, erhebt euch vor Ceres und Bacchus, dem zarten; Kastor fleh' an, wer zu Pferd, Pollux, wer boxend sich wehrt. Schmeichelnde Venus, dir und dem bogenkundigen Knaben Klatsch' ich nun zu. Meinem Plan, Göttin, nick zustimmend zu. Gib meiner neuen Herrin ein Einsehn: Sie lasse sich lieben! Sie hat genickt, und Erfolg zeigt die Bewegung mir an. Was die Göttin versprach, versprich auch du mir, ich bitt' dich. Venus möge verzeihn: Du wirst mir göttlicher sein. Dich - vor so viel Zeugen schwör' ich's beim Festzug der Götter Werd' ich auf ewige Zeit als meine Herrin begehrn. Aber es fehlt deinen Beinen ein Halt; die Fußspitzen kannst du Hier in das Gitter hinein setzen, sofern dir's beliebt. Frei ist die Rennbahn. Aus Schranken, die gleich sind für alle, als größtes Schauspiel vom Prätor entsandt, brechen Quadrigen hervor. Wen du begünstigst, das seh' ich; zu wem du auch hältst, er wird siegen: Selbst die Pferde, so scheint's, wissen, was du dir jetzt wünschst. Ach, um den Wendepunkt fährt er in weitem Bogen! Was tust du? Dicht mit der Achse an ihm folgt schon der nächste dir nach. Unglücksvogel, was tust du? Dem Mädchen verdirbst du die Hoffnung! Ziehe die Zügel doch links an dich mit kräftiger Hand! Der Favorit hat versagt. Aber ruft sie zurück, ihr Quiriten! Schwenkt zum Zeichen dafür allseits die Togen herum. Da! Man ruft sie zurück. Doch damit die Togen die Haare Dir nicht verwehen, versteck an meiner Brust dich solang. Schon sind aufs Neue die Schranken entriegelt, die Tore geöffnet: Vielfarbig schießt die Schar schneller Gespanne hervor. Wenigstens jetzt sei siegreich, presch vor auf offener Strecke; Laß, was die Herrin und ich wünschen, erfüllt werden jetzt.

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LIBER TERTIUS

Sunt dominae rata vota meae, mea vota supersunt; Ille tenet palmam, palma petenda mea est. Risit et argutis quiddam promisit ocellis; H o c satis hie; alio cetera redde loco.

3 Esse deos, i, crede: fidem iurata fefellit, E t facies illi quae fuit ante manet. Q u a m longos habuit nondum periura capillos, Tarn longos, postquam numina laesit, habet. Candida, candorem roseo suffusa rubore, A n t e fuit: niveo lucet in ore rubor. Pes erat exiguus: pedis est artissima forma. L o n g a decensque fuit: longa decensque manet. Argutos habuit: radiant ut sidus ocelli, Per q u o s mentita est perfida saepe mihi. Scilicet aeterni falsum iurare puellis Di q u o q u e concedunt, formaque numen habet. Perque suos illam nuper iurasse recordor Perque meos oculos: et doluere mei. Dicite, di, si vos inpune fefelierat ilia, Alterius meriti cur ego damna tuli? At non invidiae vobis Cepheia virgo est Pro male formosa iussa parente mori? N o n satis est, quod vos habui sine pondere testis, Et mecum lusos ridet inulta deos? U t sua per nostram redimat periuria poenam, Victima deceptus decipientis ero? Aut sine re nomen deus est frustraque timetur Et stulta populos credulitate movet, Aut, si quis deus est, teneras amat ille puellas: N i m i r u m solas omnia posse iubet. N o b i s fatifero Mavors accingitur ense, N o s petit invicta Palladis hasta manu, N o b i s flexibiles curvantur Apollinis arcus, In nos aha Iovis dextera fulmen habet; Formosas superi metuunt offendere laesi Atque ultro, quae se non timuere, timent. Et quisquam pia tura focis inponere curat? C e r t e plus animi debet inesse viris.

DRITThS BUCH

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Z w a r sind die Wünsche der Herrin erfüllt, doch noch o f f e n sind meine; Er hat die Palme, doch mir bleibt noch, daß ich sie erring'. Sie hat gelacht und mit sprechenden A u g e n etwas verheißen. Hier mag's genug sein. Den Rest schenke mir anderen O r t s !

3 G l a u b , wenn du magst, an die G ö t t e r : D e n Treueid hat sie gebrochen, U n d ihr Gesicht, es ist immer noch schön w i e zuvor. Langes H a a r hatte sie, b e v o r sie meineidig w u r d e . Jetzt hat sie G ö t t e r gekränkt: E b e n s o langes hat sie. Weiß w a r sie vorher, das Weiß hatte einen rosigen Schimmer: Aus dem weißen Gesicht leuchtet es immer noch rot. Klein war ihr Fuß; die Gestalt des Fußes ist immer noch zierlich. Sie war groß und schön; groß ist sie jetzt noch und schön. Sprechende Augen besaß sie; sie strahlen noch jetzt w i e die Sterne, Augen, mit denen mich oftmals sie treulos belog. Offensichtlich erlauben die ewigen G ö t t e r den M ä d c h e n , Falsche E i d e zu s c h w ö r n ; Schönheit hat göttliche Macht. Ich erinnere mich, w i e bei ihren A u g e n und meinen N e u l i c h sie schwor: Ich bekam A u g e n s c h m e r z e n danach. Sagt mir, ihr G ö t t e r , w e n n sie euch straflos durfte betrügen, Warum büße danach ich f ü r ein fremdes Vergehn? Bringt's euch nicht H a ß ein, daß K e p h e u s ' Tochter den Tod f ü r die Mutter Leiden sollte, weil die schön war z u m Schaden f ü r sie? Ist's nicht genug, daß als Z e u g e n ihr nicht verläßlich wart, daß sie Euch wie mich hintergeht, straflos euch G ö t t e r verlacht? Soll ich, damit sie v o m Meineid sich loskauft durch meine B e s t r a f u n g , Ich, betrogen von ihr, auch noch der S ü n d e n b o c k sein? G o t t ist entweder nur ein Wort und w i r d grundlos gefürchtet, Hält die V ö l k e r in A n g s t , nur weil sie leichtgläubig sind, O d e r , w e n n es ihn gibt, dann liebt er die zärtlichen M ä d c h e n . Klar, denn nur ihnen gewährt alle L i z e n z e n der G o t t . N u r gegen uns umgürtet sich M a r s mit dem tödlichen Schwerte, Auf uns richtet den Speer Pallas mit siegreicher H a n d , N u r f ü r uns wird g e k r ü m m t A p o l l o s biegsamer B o g e n , Hält mit erhobener H a n d J u p i t e r Blitze bereit: Schönen Fraun was zu tun, scheun G ö t t e r sich selbst als G e k r ä n k t e ; M e h r noch: sie fürchten sie - die kennen die G ö t t e r f u r c h t nicht! Wer legt da auf Altäre noch f r o m m und beflissen den Weihrauch? Wahrlich, größerer M u t sollt' in den Männern schon sein!

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LIBER TERTIUS

I u p p i t e r igne s u o l u c o s iaculatur et arces M i s s a q u e p e r i u r a s tela ferire vetat. T o t m e r u e r e peti: S e m e l e miserabilis arsit. O f f i c i o est illi p o e n a reperta s u o ; A t si v e n t u r o se s u b d u x i s s e t a m a n t i , N o n pater in B a c c h o matris haberet o p u s . Q u i d q u e r o r et toti facio c o n v i c i a c a e l o ? D i q u o q u e habcnt o c u l o s , di q u o q u e p e c t u s habent. Si d e u s ipse f o r e m , n u m e n sine f r a u d e liceret F e m i n a m e n d a c i falleret o r e m e u m ; I p s e e g o iurarem v e r u m i u r a s s e p u e l l a s E t n o n de tetricis d i c e r e r esse d e u s . T u tarnen i l l o r u m m o d e r a t i u s u t e r e d o n o , A u t o c u l i s certe p a r c e , puella, meis.

4 D u r e vir, i n p o s i t o tenerae c u s t o d e puellae N i l agis: i n g e n i o est q u a e q u e t u e n d a s u o . Si q u a m e t u d e m p t o casta est, ea d e n i q u e casta est; Q u a e , q u i a n o n liceat, n o n facit, ilia facit. U t iam servaris b e n e c o r p u s , a d u l t e r a m e n s est N e c c u s t o d i r i , ne velit, ulla p o t e s t ; N e c c o r p u s s e r v a r e p o t e s , licet o m n i a c l a u d a s : O m n i b u s o c c l u s i s intus a d u l t e r erit. C u i p e c c a r e licet, p e c c a t m i n u s : ipsa p o t e s t a s S e m i n a n e q u i t i a e l a n g u i d i o r a facit. D e s i n e , crede mihi, vitia inritare v e t a n d o ; O b s e q u i o v i n c e s a p t i u s ilia t u o . Vidi e g o n u p e r e q u u m c o n t r a s u a vincla tenacem O r e reluctanti f u l m i n i s ire m o d o ; C o n s t i t i t , ut p r i m u m c o n c e s s a s sensit h a b e n a s F r e n a q u e in e f f u s a laxa iacere iuba. N i t i m u r in v e t i t u m s e m p e r c u p i m u s q u e negata: Sic interdictis inminet aeger a q u i s . C e n t u m f r o n t e o c u l o s , c e n t u m cervice gerebat A r g u s , et h o s u n u s s a e p e fefellit A m o r ; In t h a l a m u m D a n a e f e r r o s a x o q u e p e r e n n e m Q u a e f u e r a t v i r g o tradita, m a t e r erat: Penelope mansit, quamvis custode carebat, Inter tot i u v e n i s intemerata p r o c o s .

DRITTES

BUCH

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Jupiter schleudert die Blitze auf Haine und Burgen, doch daß sie Frauen, die meineidig sind, töten, das läßt er nicht zu. So viele hätten's verdient! D o c h verbrennen mußte die arme Semelc. Die war treu, aber als Strafe gab's dies! Hätt' sie sich, als er erschien, entzogen dem L i e b h a b e r , müßte Bacchus' Erzeuger nicht tun, was eine M u t t e r sonst tut. D o c h was klag' ich und leg' mit dem ganzen H i m m e l mich an hier? G ö t t e r haben ja auch Augen und haben ein H e r z . Wäre ich selber ein G o t t , einer Frau erlaubt' ich voll G r o ß m u t , D a ß sie mit lügendem Mund täuscht meine göttliche Macht. Schwören würd' ich, daß wahr geschworen hätten die Mädchen. Nein, als humorlosen G o t t sollte dann niemand mich sehn! Maßvoller mach aber du Gebrauch von der G a b e der G ö t t e r , O d e r , Geliebte, verschon mir meine Augen, wenn's geht.

4 Grausamer Mann, unter Aufsicht die zarte Geliebte zu stellen Hat keinen Zweck; bewahrn muß eine jede sich selbst. Ist eine keusch, auch wenn nichts zu befürchten ist, ist sie es wirklich; Die, die's nur deshalb nicht tut, weil's ihr verboten ist, tut's. Magst du den Leib auch bewachen, so bricht sie im Geiste die Treue; D a ß sie's gern möchte, davor kann man nicht eine bewahrn. Sperrst du auch alles zu, du bewahrst nicht einmal ihren Körper; Riegle nur alles ab: Drinnen wird sein der Galan. Weniger sündigt, wer's darf: Allein schon die Freiheit zu handeln Führt zur Schwächung der Kraft, die uns zu Fehltritten treibt. Glaube mir dies: H ö r auf, durch Verbote z u m Laster zu reizen; Wenn du es duldest, besiegst du's auf geschicktere Art. Neulich sah ich ein Pferd, das sich gegen sein Z a u m z e u g beharrlich Wehrte mit störrischem Maul, blitzschnell davongaloppiern; D o c h als es spürte, daß ihm auf der wallenden M ä h n e die Zügel Lagen, weil man sie ihm locker ließ, stand es gleich still. Ständig begehrn wir Verbotnes und trachten nach dem, was versagt ist: So ist der Kranke voll G i e r nach dem verweigerten Trank. Argus trug auf der Stirne hundert, im N a c k e n auch hundert Augen, und ganz allein täuschte C u p i d o sie oft; Festgefügt war das Verlies aus Eisen und Stein, das die Jungfrau Danae aufnahm, und doch kam sie als M u t t e r heraus; Unberührt blieb jedoch Penelope unter so vielen Jungen Freiern, o b w o h l nirgends ein Aufpasser war.

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LIBER TERTIUS

Q u i d q u i d servatur, cupimus magis, ipsaque furcm C u r a v o c a t ; pauci, q u o d sinit alter, a m a n t . N e c f a c i e p l a c e t ilia s u a , s e d a m o r e m a r i t i : N e s c i o q u i d , q u o d te c e p e r i t , e s s e p u t a n t . N o n p r o b a fit, q u a m vir s e r v a t , s e d a d u l t e r a c a r a : Ipse t i m o r pretium c o r p o r e maius habet. I n d i g n e r e licet, iuvat i n c o n c e s s a voluptas: S o l a p l a c e t , " t i m e o " d i c e r e si q u a p o t e s t . N e c t a m e n i n g e n u a m ius est s e r v a r e p u e l l a m ; H i e m e t u s e x t e r n a e c o r p o r a gentis agat. S c i l i c e t ut p o s s i t c u s t o s " e g o " d i c e r e " f e c i " . In l a u d e m s e r v i c a s t a sit ilia t u i ? R u s t i c u s est n i m i u m , q u e m l a e d i t a d u l t e r a c o n i u n x . E t n o t o s m o r e s n o n satis U r b i s h a b e t , I n q u a M a r t i g e n a e n o n s u n t s i n e c r i m i n e nati R o m u l u s Iliades Iliadesque R e m u s . Q u o t i b i f o r m o s a m , si n o n n i s i c a s t a p l a c e b a t ? N o n p o s s u n t u l l i s ista c o i r e m o d i s . Si s a p i s , i n d u l g e d o m i n a e v u l t u s q u e s e v e r o s E x u e n e c r i g i d i i u r a t u e r e viri Et cole quos dederit (multos dabit) uxor amicos: G r a t i a sic m i n i m o m a g n a l a b o r e venit; Sic poteris i u v e n u m convivia s e m p e r inire Et, quae non dederis, multa videre dorm.

5 " N o x e r a t , et s o m n u s l a s s o s s u b m i s i t o c e l l o s ; T e r r u e r u n t a n i m u m talia visa m e u m : C o l l e s u b a p r i c o c r e b e r r i m u s ilice lucus S t a b a t , e t in r a m i s m u l t a l a t e b a t a v i s . Area gramineo suberat viridissima prato U m i d a de guttis lene sonantis aquae. Ipse sub arboreis vitabam frondibus aestum, F r o n d e s u b a r b o r e a sed t a m e n aestus erat. E c c e p e t e n s variis i n m i x t a s f l o r i b u s h e r b a s C o n s t i t i t a n t e o c u l o s Candida vacca m e o s , C a n d i d i o r nivibus, tum cum cecidere recentes, In liquidas n o n d u m quas m o r a v e n i t aquas, Candidior, quod adhuc spumis stridentibus albet Et m o d o siccatam, lacte, reliquit o v e m .

DRITTES B U C H

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Stärker begehren w i r das, was bewacht w i r d , und grade die Vorsicht R u h nach dem Dieb; w e r liebt, wenn ihn der andere läßt? M a n c h e gefällt, weil ihr Mann sie gern hat, doch nicht, weil sie schön ist; Irgendwas muß es doch sein, glaubt man, was dich einst b e z w a n g . Die, die der G a t t e bewacht, wird nicht treu - eine teure Geliebte Wird sie: D i e Furcht macht sie kostbarer noch, als sie ist. Magst du dich auch entrüsten: Verbotnes Vergnügen macht Freude; J e n e gefällt nur, die sagen kann: »Ich habe Angst.« A b e r es gibt auch kein Recht, eine Freie gefangenzuhalten; A n g s t , daß dieses geschieht, sollen nur Fremde verspürn. Soll sie etwa, damit der Wächter sagen kann: »Ich war's, Ich hab's fertiggebracht«, keusch sein z u m R u h m deines Knechts? A l l z u bäurisch ist der, den es kränkt, w e n n fremdgeht die Gattin; Ü b e r die Sitten in R o m weiß er nicht richtig Bescheid. Schon die M a r s k i n d e r w u r d e n nicht ohne Vergehn hier geboren, R e m u s , Ilias Sohn, R o m u l u s , Ilias Sohn. Was brauchst du, wenn sie dir nur gefiel, solange sie keusch war, Eine S c h ö n e denn noch? Beides verträgt sich d o c h nicht! Hast du Verstand, ü b Nachsicht gegen die H e r r i n , die finstre M i e n e leg ab, auf des Manns Rechten beharre nicht starr, U n d zu den Freunden, die sie dir schenkt - das sind viele - sei freundlich: Wenige M ü h e verschafft so dir enormen G e w i n n . S o kannst du Teilnehmer sein bei den Festen der J u g e n d und vieles A n s c h a u n daheim, was nicht du ihr übergabst als G e s c h e n k .

5 » N a c h t w a r ' s , es hatte der Schlaf mir die müden A u g e n geschlossen; F o l g e n d e Traumvision hat mir die Seele erschreckt: Dicht von Steineichen stand am Fuß eines sonnigen H ü g e l s D a ein H a i n ; im G e ä s t saßen viel Vögel versteckt. I eucht von den T r o p f e n des Baches, der sanft dort murmelte, z o g sich U n t e n ein Wiesengrund hin, leuchtend von saftigem G r ü n . U n t e r dem Laubdach der B ä u m e w o l l t ' ich die H i t z e vermeiden, A b e r die heiße G l u t herrschte auch unter dem L a u b . Schau, auf der Suche nach Gräsern und bunten B l u m e n dazwischen Blieb eine weiße K u h da v o r den A u g e n mir stehn. D i e w a r weißer als Schnee, wenn er frisch grad fiel und in klares Wasser der Fortgang der Zeit ihn noch nicht u m g e f o r m t hat, Weißer als M i l c h , die hell noch schimmert im sprudelnden Schaume U n d soeben das Schaf während des M e l k e n s verließ.

I 08

LIBER THRTIUS

Taurus erat comes huic, feliciter ille maritus, C u m q u e sua teneram coniuge pressit h u m u m . D u m iacet et lente revocatas ruminat herbas A t q u e iterum pasto pascitur ante cibo, Visus erat, s o m n o vires adimente ferendi, C o r n i g e r u m terra deposuisse caput. H u e levibus cornix pinnis delapsa per auras Venit et in viridi garrula sedit h u m o Terque bovis niveae petulanti pectora rostro Fodit et albentes abstulit ore iubas. Ilia locum taurumque diu cunctata reliquit, Sed niger in vaccae pectore livor erat; U t q u e procul vidit carpentes pabula tauros (Carpebant tauri pabula laeta procul), Illuc se rapuit gregibusque inmiscuit illis Et petiit herbae fertilioris h u m u m . Die age, nocturnae, q u i c u m q u e es, imaginis augur, Si quid habent veri, visa quid ista f e r a n t . " Sic ego; nocturnae sic dixit imaginis augur, E x p e n d e n s animo singula dicta suo: " Q u e m tu mobilibus foliis vitare volebas, Sed male vitabas, aestus amoris erat. Vacca puella tua est: aptus color ille puellae; Tu vir et in vacca conpare taurus eras. Pectora q u o d rostro cornix fodiebat acuto, Ingenium dominae lena movebit anus; Q u o d cunctata diu taurum sua vacca reliquit, Frigidus in v i d u o destituere toro. L i v o r et adverso maculae sub pectore nigrae Pectus adulterii labe carere n e g a n t . " Dixerat interpres: gelido mihi sanguis ab ore Fugit, et ante oculos nox stetit alta meos.

6 A m n i s harundinibus limosas obsite ripas, A d d o m i n a m propero: siste parumper aquas. N e c tibi sunt pontes nec quae sine remigis ictu C o n c a v a traiecto cumba rudente vehat. Parvus eras, memini, nec te transire refugi, S u m m a q u e vix talos contigit unda meos;

DRITTES BUCH

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Mit ihr kam als Begleiter ein Stier als glücklicher Gatte, Und auf dem weichen Grund ließ er sich nieder mit ihr. Wie er so dalag und langsam wiederkäute die Gräser Und das genossene Mahl wieder von neuem genoß, Sah ich, wie auf die Erde das Haupt, das gehörnte, er legte, Weil ihm der Schlaf die Kraft, welche es aufrecht hielt, nahm. Hierher kam, durch die Lüfte mit leichtem Flügelschlag gleitend, Eine Krähe, und die setzte sich schwatzend ins G r ü n , Bohrte der schneeweißen Kuh in die Brust ihren Schnabel, den frechen, Dreimal und zupfte ihr so schimmernde Haare heraus. Die hat den O r t und den Stier nach langem Zögern verlassen, Aber ein dunkler Fleck saß nun der Kuh auf der Brust. Als sie weiter entfernt dann weidende Stiere erblickte (Weiter entfernt rupften da Stiere das üppige Gras), Eilte sie hin und mischte sich unter die Herde und suchte D o r t einen Boden, der ihr fettere Kräuter versprach. Sag also, wer du auch bist, du Deuter des nächtlichen Bildes: Was prophezeit mir das Bild, wenn's etwas Wahres verbirgt?« Dies sprach ich und dies der Deuter des nächtlichen Bildes, Während er jedes Wort in seinem Inneren wog: »Die unter schwankenden Blättern du meiden wolltest, die Hitze, Die du dann nicht vermiedst, Hitze der Liebe ist sie. Die, die du liebst, ist die Kuh; die Farbe paßt zu dem Mädchen; Du als der Mann warst der Stier, hattest als Freundin die Kuh. D a ß eine Krähe die Brust mit dem spitzen Schnabel durchbohrte, Heißt: D e r Gebieterin Sinn ändert ein kuppelndes Weib. D a ß die K u h ihren Stier nach langem Zögern zurückließ, Heißt: Auf einsamem Bett bleibst du dann frierend zurück. Vorn auf der Brust das Mal und die schwarzen Flecken besagen: Frei von der Treulosigkeit Makel ist nicht ihre Brust.« So der Deuter. Das Blut wich aus dem Gesicht mir, und eisig Wurde mir; tiefe Nacht stieg vor den Augen mir auf.

6 Fluß, dessen schlammige U f e r von Schilfrohr bewachsen sind, meine Herrin zu sehn eil' ich: H e m m für ein Weilchen die Flut! Keine B r ü c k e n sind hier, kein bauchiger Kahn, der mich ohne Ruderschlag transportiert, fest an das Fährseil gespannt. Klein, ich weiß es noch, warst du, und dich zu durchwaten, hab' ich mich Niemals gescheut, und kaum netzte den Knöchel das N a ß .

I 10

LIBER TERTIL'S

N u n c ruis adposito nivibus dc monte solutis Et turpi crassas gurgite volvis aquas. Q u i d properasse iuvat, quid parca dedisse quieti T e m p o r a , quid nocti conseruisse diem, Si tarnen hie standum est, si non datur artibus ullis U l t e r i o r nostro ripa premenda pede? N u n c ego, quas habuit pinnas Danaeius heros, Terribili densum c u m tulit angue caput, N u n c o p t o currum, de q u o Cerealia primum Semina venerum in rude missa solum. Prodigiosa loquor, veterum mendacia vatum: N e c tulit haec u m q u a m nec feret ulla dies. Tu potius, ripis effuse capacibus amnis, (Sic aeternus eas) labere fine tuo. N o n eris invidiae, torrens, mihi crede, ferendae, Si dicar per te forte retentus amans. Flumina debebant iuvenes in a m o r e iuvare; Flumina senserunt ipsa quid esset amor. Inachus in Melie Bithvnide pallidus isse Dicitur et gelidis incaluisse vadis. N o n d u m Troia fuit lustris obsessa duobus. C u m rapuit vultus, X a n t h e , N e a e r a tuos. Q u i d ? non Alpheon diversis currere terris Virginis Arcadiae certus adegit amor? Te q u o q u e promissam X u t h o , Penee, C r e u s a m P t h i o t u m terris occuluisse ferunt. Q u i d referam A s o p o n , quem cepit Martia T h e b e , N a t a r u m T h e b e quinque futura parens? C o r n u a si tua nunc ubi sint, Acheloe, requiram, Herculis irata fracta querere manu; N e c tanti C a l y d o n nec tota Aetolia tanti, U n a tamen tanti Deianira fuit. Ille fluens dives septena per ostia Nilus, Q u i patriam tantae tam bene celat aquae, Fertur in Euanthe collectam Asopide flammam Vincere gurgitibus non potuisse suis. Siccus ut amplecti Salmonida posset, Enipeus C e d e r e iussit aquam: iussa recessit aqua. N e c te praetereo, qui per cava saxa volutans Tiburis Argei pomifer arva rigas, Ilia cui placuit, quamvis erat horrida cultu U n g u e notata comas, ungue notata genas.

DRITTES

BUCH

II 1

Jetzt ein reißender S t r o m , weil im nahen G e b i r g e der Schnee s c h m o l z , Wälzt du im Strudel herab häßlich die schlammige Flut. D a ß ich mich eilte, was nützt m i r ' s , und was, daß zur Rast ich mir wenig Zeit gegönnt habe, was, daß mir zum Tag ward die N a c h t , Wenn ich dennoch hier stehn muß und wenn kein Mittel ermöglicht, D a ß ich zu setzen vermag drüben ans U f e r den Fuß? Flügel, wie Perseus sie hatte, als er das Haupt, das von grausen Schlangen wimmelte, trug, hätt' ich jetzt gerne für mich, Jetzt auch den Wagen, von dem die Samen der Ceres zur Erde, Welche noch jungfräulich war, erstmals gestreut worden sind. Doch ich Sprech' von Mirakeln, von Lügen der alten Poeten; Nie sah solches die Welt, niemals auch wird sie es sehn. Fluß, der du über die weiten U f e r getreten bist, gleite Lieber in deinem B e r e i c h ! D a n n mögest ewig du sein! Glaube mir, Wildbach, du wirst nicht ertragen können die Mißgunst, Falls sich's herumspricht, du hättst mich, den Verliebten, gestoppt. Beistehn müßten die Flüsse den jungen M ä n n e r n , die lieben, Denn was Liebe ist, das haben auch Flüsse verspürt. Bleich lief Inachus, sagt man, herum: Bis in eisige Tiefen Ließ ihn Melia erglühn, eine Bithynierin. U n d noch nicht war T r o j a zweimal fünf J a h r e belagert, Da hat Neaera dir, X a n t h u s , die Augen betört. Hat den Alpheus nicht Liebe zu jener arkadischen Jungfrau Dazu getrieben, daß er fremde G e b i e t e durchfloß? Du, Peneus, verstecktest, so sagt man, im Lande von Phthia Einst die Kreusa; dabei war sie mit X u t h u s verlobt. Was nenn' Asopus ich, den Mars' Tochter T h e b e - die T h e b e , Die dann fünf T ö c h t e r gebar - durch ihre Liebe b e z w a n g ? Frage ich dich, Achelous, w o jetzt deine H ö r n e r sind, wirst du Klagen, daß H e r k u l e s ' H a n d sie dir im Z o r n e zerbrach; So viel wert war dir nicht das ganze Ätolien, auch nicht Kalvdon, nein, allein Dei'anira war's wert. Er auch, der siebenfach mündet, der segenspendende Nilus, Der so geschickt den Q u e l l all seiner Wasser verbirgt, Konnte die Liebesglut für Asopus' T o c h t e r Euanthe Nicht mit der ganzen Flut löschen; so wird uns erzählt. U m des Salmoneus T o c h t e r trocken umarmen zu k ö n n e n , Hieß Enipeus die Flut weichen: Sie wich auch zurück. Dich übergeh' ich auch nicht: D u r c h hohle Felsen dich windend, Bringst du, Spender des O b s t s , Tiburs Gefilden dein N a ß . War sie auch ungepflegt - ihr Gesicht trug Spuren der Nägel, Spuren der Nägel ihr H a a r - , mochtest du Ilia doch.

I 12

LIBER TERTIUS

Ilia g e m e n s p a t r u i q u e nefas d e l i c t a q u e M a r l i s E r r a b a t n u d o per loca sola p e d e . H a n c A n i e n rapidis a n i m o s u s vidit a b u n d i s R a u c a q u e de mediis sustulit o r a v a d i s A t q u e ita " Q u i d n o s t r a s " dixit " t e r i s anxia ripas. Ilia ab I d a e o L a o m e d o n t e g e n u s ? Q u o cultus abiere tui? q u i d s o l a v a g a r i s , Vitta nec evinctas inpedit alba c o m a s ? Q u i d fies et m a d i d o s lacrimis c o r r u m p i s o c e l l o s P e c t o r a q u e insana plangis a p e r t a m a n u ? Ille habet et silices et vivum in p e c t o r e f e r r u m , Q u i t e n e r o lacrimas lentus in o r e videt. Ilia, p o n e metus: tibi regia n o s t r a p a t e b i t , T e q u e colent a m n e s : Ilia, p o n e m e t u s . Tu c e n t u m aut plures inter d o m i n a b e r e n y m p h a s , N a m c e n t u m aut p l u r e s f l u m i n a n o s t r a tenent. N e me s p e r n e , p r e c o r , t a n t u m , T r o i a n a p r o p a g o : Munera promissis uberiora feres." D i x e r a t ; illa o c u l o s in h u m u m deiecta m o d e s t o s S p a r g e b a t t e p i d o flebilis i m b r e s i n u s ; Ter molita f u g a m ter ad altas restitit u n d a s C u r r e n d i vires eripiente m e t u ; Sera tarnen s c i n d e n s i n i m i c o p o l l i c e c r i n e m Edidit indignos ore tremente sonos: " O u t i n a m m e a lecta forent p a t r i o q u e s e p u l c r o C o n d i t a , d u m p o t e r a n t virginis o s s a legi! C u r , m o d o Vestaiis, taedas i n v i t o r ad ullas T u r p i s et Iliacis infitianda f o c i s ? Q u i d m o r o r et digitis d e s i g n o r a d u l t e r a v o l g i ? D e s i n t f a m o s u s q u a e notet o r a p u d o r . " H a c t e n u s , et vestem t u m i d i s p r a e t e n d i t ocellis A t q u e ita se in rapidas p e r d i t a misit a q u a s ; S u p p o s u i s s e m a n u s ad p e c t o r a l u b r i c u s a m n i s D i c i t u r et socii iura d e d i s s e tori. Te q u o q u e credibile est aliqua c a l u i s s e p u e l l a , Sed n e m o r a et silvae c r i m i n a vestra t e g u n t . D u m l o q u o r , increvit latas s p a t i o s u s in u n d a s , N e c capit a d m i s s a s alveus a l t u s a q u a s . Q u i d m e c u m , f u r i o s e , tibi? q u i d m u t u a d i f f e r s G a u d i a ? q u i d c o e p t u m , r u s t i c e , r u m p i s iter? Q u i d , si l e g i t i m u m flueres, si n o b i l e f l u m e n , Si tibi per terras m a x i m a f a m a f o r e t ?

DRITTES BUCH

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Ihres Oheims Vergehn und die Untat des Mavors beklagend, Irrte mit nacktem Fuß sie übers einsame Feld. Anio sah sie, der wilde, aus seinen reißenden Wogen; Mitten aus seiner Flut hob er den rauschenden Mund. »Warum, Ilia, du von des Phrvgers L a o m e d o n Sippe, Streifst du an meinem Strand«, sprach er, »voll Sorge umher? Wie siehst du aus? Was schweifst du allein umher hier, und keine Weiße K o p f b i n d e hält fest dein entfesseltes Haar? Warum weinst du, entstellst dir die feuchten Augen mit Tränen, Schlägst die entblößte Brust dir mit der rasenden H a n d ? Steine hat der in der Brust und rohes Eisen, der Tränen Auf einem zarten Gesicht ungerührt anschauen kann. Ilia, fürchte dich nicht: Mein Königsschloß wird sich dir öffnen, Dich werden Flüsse verehrn. Ilia, fürchte dich nicht. Über hundert N y m p h e n oder noch mehr wirst du herrschen; Hundert oder noch mehr wohnen bei mir ja im Fluß. Eins nur erbitt' ich von dir: Verschmäh mich nicht, Trojaentsproßne: Mehr noch, als ich dir versprach, wird dir an Gaben zuteil.« Sprach's, doch sie schlug sittsam die Augen nieder; ein Regen Warmer Tränen ergoß ihr auf den Busen sich da. Dreimal wollte sie fliehen und dreimal blieb vor dem tiefen Wasser sie stehen; vor Angst war sie zum Laufen zu schwach. Spät erst zerraufte sie sich mit feindlichen Fingern die Haare, U n d mit bebendem M u n d rief voll E m p ö r u n g sie aus: »Wär' mein Gebein doch gesammelt und dann im Grabe des Vaters Beigesetzt worden, solang das einer Jungfrau es war! Mir, noch vor kurzem Vestalin, entehrt und von Trojas Altären Jetzt zu verleugnen, mir bietet die Ehe man an! Warum warte ich, bis auf die H u r e mit Fingern das Volk zeigt? Fort mit dem Angesicht, das schmachvolle Röte entstellt!« Sprach's und z o g das G e w a n d vor ihre geschwollenen Augen, Sprang in die reißende Flut, all ihrer H o f f n u n g beraubt. Ihr an die Brüste griff da schlüpfrig von unten der Flußgott, Heißt's, und nach Recht und Gesetz nahm er sie auf in sein Bett. D u hast vermutlich doch auch mal geglüht für irgendein Mädchen, Aber durch Wald und Gebüsch wurde verdeckt, was ihr triebt. Während ich sprach, schwoll er an und breitete aus seine Wogen, Und sein tiefes Bett faßt nicht die reißende Flut. Warum, du Rasender, ich? Was verzögerst du zweien die Freuden? Was unterbrichst du den Weg, den ich begann, du Prolet? Schön, wenn als anerkannter, bedeutender Fluß du daherkämst, Wenn in der ganzen Welt eine Berühmtheit du wärst!

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LIBER TERT1US

N o m e n habes nullum, rivis collecte caducis, N e c tibi sunt fontes nec tibi certa domus: Fontis habes instar pluviamque nivesque solutas, Q u a s tibi divitias pigra ministrat hiemps; Aut lutulentus agis brumali t e m p o r e cursus Aut premis arentem pulverulentus h u m u m . Q u i s te tum potuit sitiens haurire viator? Q u i s dixit grata voce " p e r e n n i s e a s " ? D a m n o s u s pecori curris, d a m n o s i o r agris: Forsitan haec alios, me mea damna movent. H u i c ego vae demens narrabam fluminum amores? Iactasse indigne nomina tanta pudet. N e s c i o q u e m hunc spectans A c h e l o o n et Inachon amnem Et potui n o m e n , Nile, referre tuum? At tibi pro meritis opto, non candide torrens, Sint rapidi soles siccaque semper hiemps.

7 At non f o r m o s a est, at non bene culta puella, At, puto, non votis saepe petita meis? H a n c tarnen in nullos tenui male languidus usus, Sed iacui pigro crimen o n u s q u e toro N e c potui cupiens, pariter cupiente puella, Inguinis effeti parte iuvante frui. Ilia quidem n o s t r o subiecit eburnea collo Bracchia Sithonia candidiora nive O s c u l a q u e inseruit cupide luctantia lingua Lascivum femori supposuitque femur Et mihi blanditias dixit d o m i n u m q u e vocavit Et quae praeterea publica verba iuvant. Tacta tamen veluti gelida mea m e m b r a cicuta Segnia propositum destituere meum. Truncus iners iacui, species et inutile pondus, Et non exactum, corpus an u m b r a forem. Q u a e mihi Ventura est, siquidem Ventura, senectus, C u m desit numeris ipsa iuventa suis? A, pudet a n n o r u m ! q u o me iuvenemque virumque? N e c iuvenem nec me sensit arnica virum. Sic flammas aditura pias aeterna sacerdos Surgit et a caro fratre verenda soror.

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Aber keinen Namen hast du, aus dürftigen Bächen Fließt du zusammen, dir fehlt Quelle und ständiger Sitz. Regen und Schmelzwasser hast du statt einer Quelle; der träge Winter ist es, der dir solcherlei Schätze verschafft. Entweder führst du Schlamm, wenn die Wintersonne sich wendet, Mit dir, oder du liegst staubig auf trockenem Grund. Welcher Wanderer kann, wenn er durstig ist, dann von dir trinken, Wer sagt dankbar zu dir: »Fließe auf ewig dahin«? Schädlich fürs Vieh ist dein Strom und noch mehr für die Acker; der Schaden Ärgert andre vielleicht - mir macht der meine Verdruß. Weh mir! Dem da erzählte ich Narr von Amouren der Flüsse? Namen - ich schäm' mich! - von Rang hab' ich verschleudert um nichts. Mit der Null da im Blick könnt' ich Achelous beim Namen Nennen und Inachus, ja, dich bei dem deinigen, Nil? Unlautrer Wildbach, ich wünsch' dir, wie du's verdient hast, im Sommer Sengende Sonne und stets Dürre, wenn Winterzeit herrscht!

7 Aber ist's denn nicht schön, ist es nicht gepflegt, dieses Mädchen, Und hab' ich sie mir nicht oft in Gedanken gewünscht? Dennoch: Im Arme sie haltend war schlaff ich, zu nichts zu gebrauchen, Nein, als schmachvolle Last lag ich im ruhigen Bett. Und obwohl ich es wollte und sie nicht weniger, könnt' ich, Schwach an den Lenden, des Teils, der mir sonst hilft, mich nicht freun. Z w a r schlang mir um den Hals sie die elfenbeinfarbenen A r m e Weißer schimmerten die als der sithonische Schnee - , Schob in den Mund mir beim Küssen die Zunge zum lüsternen Zweikampf, Legte mir unter das Bein lüstern ihr eigenes Bein, Sagte mir Koseworte und nannte mich ihren Gebieter, Sprach, was man sonst noch so spricht zur Stimulierung der Lust, Doch mein Glied - wie berührt vom frostigen Schierlingskraut war es, Ließ mich träge bei dem, was mir im Sinn war, im Stich. Stumpf lag ich da wie ein Klotz, eine nutzlose Last und ein Schatten; Körper oder Gespenst, das zu bestimmen war schwer. Welches Alter blüht mir (sofern ich es jemals erreiche), Wenn bei dem Werk, das ihr ziemt, schon meine Jugend versagt? Ach, ich schäme mich ihrer: Was nützt's, daß ich jung und ein Mann bin? Gar nicht zu spüren bekam Jugend und Mannheit die Frau. So steht auf die Vestalin und tritt - stets keusch - an das heil'ge Feuer, die Schwester erhebt neben dem Bruder sich so.

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LIBER TERTIUS

At nuper bis flava Chlide, ter Candida Pitho, Ter Libas officio continuata meo est; Exigere a nobis angusta nocte C o r i n n a m , Me memini numeros sustinuisse novem. N u m mea Thessalico languent devota veneno Corpora, num misero carmen et herba nocent, Sagave poenicea defixit nomina cera Et medium tenuis in iecur egit acus? Carmine laesa Ceres sterilem vanescit in herbam, Deficiunt laesi carmine fontis aquae; Ilicibus glandes cantataque vitibus uva Decidit et nullo p o m a movente fluunt. Q u i d vetat et nervös magicas torpere per artes? Forsitan inpatiens sit latus inde meum. H u e pudor accessit facti: p u d o r ipse nocebat; Ille fuit vitii causa secunda mei. At qualem vidi tantum tetigique puellam! Sic etiam tunica tangitur ilia sua. Illius ad tactum Pylius iuvenescere possit Tithonosque annis fortior esse suis. Haec mihi contigerat, sed vir non contigit illi. Q u a s nunc concipiam per nova vota preces? C r e d o etiam magnos, q u o sum tarn turpiter usus, Muneris oblati paenituisse deos. O p t a b a m certe recipi: sum nempe receptus; Oscula ferre: tuli; proximus esse: fui. Q u o mihi fortunae tantum? q u o regna sine usu? Q u i d , nisi possedi dives avarus opes? Sic aret mediis taciti vulgator in undis Pomaque, quae nullo tempore tangat, habet. A tenera quisquam sic surgit mane puella, Protinus ut sanctos possit adire deos? Sed, puto, non blande non optima perdidit in me Oscula, non omni sollicitavit o p e ? Ilia graves potuit quercus adamantaque d u r u m Surdaque blanditiis saxa movere suis: Digna movere fuit certe vivosque virosque, Sed neque tum vixi nec vir, ut ante, fui. Q u i d iuvet ad surdas si cantet Phemius aures? Q u i d miserum Thamyran picta tabella iuvat? At quae non tacita formavi gaudia mente, Q u o s ego non finxi disposuique m o d o s !

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Jüngst hab' ich Chlide, die blonde, doch zweimal und dreimal die weiße Pitho, auch Libas so oft hintereinander bedient. Ja, neun N u m m e r n verlangte Corinna in einer so kurzen Nacht einst, ich weiß es noch gut: Ich hab' es fertiggebracht. Ist mein Körper erschlafft, weil thessalisches Gift ihn verhext hat, Schaden mir Ärmstem vielleicht Kräuter und magischer Spruch, Hat meinen N a m e n geritzt in purpurnes Wachs eine Hexe, Trieb in die Leber sie mir winzige Nadeln hinein? Daß zu trockenem Stroh das Korn wird, bewirken Gesänge, Daß eine Q u e l l e versiegt, wird durch Gesänge bewirkt, Auch daß von Steineichen Eicheln, vom Weinstock Weintrauben fallen, Apfel vom Baum, obwohl niemand ihn schüttelt zuvor. Warum soll Zauberkraft nicht auch Nerven abstumpfen können? Ohne Gefühl ist vielleicht dadurch der Unterleib mir. Scham kam dann noch hinzu: Geschadet hat grade die Scham mir; Für mein Versagen war jene der G r u n d N u m m e r zwei. Welch ein Mädchen war sie, die ich lediglich sah und berührte! So eng wird sie ja sonst nur von dem H e m d noch berührt. Wieder zum Jüngling werden könnt' N e s t o r durch ihre Berührung, Stärker Tithonus sein, als es sein Alter erlaubt. Sie wurde mir zuteil, aber ihr kein Mann. Was für neue Wünsche soll ich denn nun aussprechen, welches Gebet? Daß sie mir dieses Geschenk, das ich so schmählich verspielt hab', Machten, das, denke ich mir, hat auch die Götter gereut. Ja, ich wollte, daß sie mich empfing, und ich wurde empfangen, Wollte sie küssen - und tat's, wollte ihr nah sein - und war's. Was nützte soviel G l ü c k mir, ein Reich, das ich gar nicht regierte? N u r daß ich Schätze besaß wie ein vermögender Filz! So muß dürsten inmitten der Flut der Geheimnisverräter; Apfel, welche er nie greifen kann, hat er zur H a n d . Wer steht denn so am Morgen auf von der zarten Geliebten, Daß vor die Götter er gradewegs hintreten kann? Hat sie denn nicht liebkosend an mich verschwendet die schönsten Küsse, nicht alles getan, um mich zu reaktiviern? Wuchtige Eichen hätt' sie durch ihre Liebkosungen, harten Stahl und taubes Gestein zu stimulieren vermocht, Hätt' es gewiß verdient, das, was lebt und was Mann heißt, zu reizen. Ich aber lebte grad nicht, war auch kein Mann wie zuvor. Was kann es nützen, wenn Phemius vorsingt vor Ohren, die taub sind? Können den armen Mann Thamyras Bilder erfreun? Und welche Freuden hatt' ich mir nicht ausgemalt in der Stille, Welche Stellungen nahm ich nicht im Geiste schon ein?

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LIBER TERTIUS

N o s t r a tamen iacuerc velut praemortua m e m b r a Turpiter hesterna languidiora rosa. Q u a e nunc ecce vigent intempestiva valentque, N u n c opus exposcunt militiamque suam. Q u i n istic pudibunda iaces, pars pessima noscri? Sic sum pollicitis captus ec ante cuis. Tu d o m i n u m fallis, per te deprensus inermis Tristia cum magno damna pudore tuli. H a n c etiam non est mea dedignata puella Molliter admota sollicitare manu; Sed postquam nullas consurgere posse per artes I n m e m o r e m q u e sui procubuisse videt, " Q u i d me l u d i s ? " ait " q u i s te, male sane, iubebat Invitum nostro ponere membra t o r o ? Aut te traiectis Aeaea venefica lanis Devovet, aut alio lassus a m o r e v e n i s . " N e c mora, desiluit tunica velata soluta (Et decuit nudos proripuisse pedes), N e v e suae possent intactam scire ministrae, Dedecus hoc sumpta dissimulavit aqua.

8 E t quisquam ingenuas etiamnunc suspicit artes Aut tenerum dotes carmen habere putat? Ingenium q u o n d a m fuerat pretiosius auro, At nunc barbaria est grandis, habere nihil. C u m pulchre dominae nostri placuere libelli, Q u o licuit libris, non licet ire mihi; C u m bene laudavit, laudato ianua clausa est: Turpiter hue illuc ingeniosus eo. E c c e recens dives parto per vulnera censu Praefertur nobis sanguine pastus eques. H u n c potes amplecti formosis, vita, lacertis? Huius in amplexu, vita, iacere potes? Si nescis, caput hoc galeam portare solebat, E n s e latus cinctum, quod tibi servit, erat; Laeva manus, cui nunc serum male convenit aurum, Scuta tulit; dextram tange, cruenta fuit. Q u a periit aliquis, potes hanc contingere dextram? Heu, ubi mollities pectoris ilia tui?

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Dennoch lag da - eine Schande! - wie abgestorben und schlaffer Als eine Rose, die gestern geblüht hat, mein Glied, Das - sieh mal an! - ganz zur Unzeit jetzt wieder stark und gesund ist, Seine Arbeit jetzt tun und in den Kampf ziehen will. Schäme dich doch und bleib, du schlechtestes Stück von mir, liegen! Früher schon hast du mich so durch dein Versprechen getäuscht. Du betrügst deinen Herrn, hast bewirkt, daß ich, wehrlos ergriffen, Große Schande sowie kläglichen Schaden erlitt. War doch mein Mädchen sogar sich nicht zu schade, mit ihrer Hand ihn sanft zu berührn, um ihn zu reaktiviern! Doch als sie sah, daß keine Kunst ihn zum Stehen bewegen Konnte, so daß er da lag und, wer er war, ganz vergaß, Sprach sie: »Was treibst du mit mir für ein Spiel, wer hieß dich, du Irrer, Wenn du's nicht willst, dich bei mir niederzulassen im Bett? Eine aeaeische Zauberin hat dich verhext mit durchbohrter Wolle, oder erschöpft kommst von 'ner andern du her.« Gleich sprang vom Bett sie, umhüllt von der lockeren Tunika (wie auf Nackten Füßen sie dann wegeilte, war allerliebst!), Und damit es den Mägden entging, daß sie unberührt aufstand, Nahm sie ein Bad und hat dadurch die Schande verdeckt.

8 Gibt es einen, der heut noch die freien Künste bewundert Oder glaubt, einen Wen habe ein zartes Gedicht? Kostbarer noch als G o l d war einstmals Genie, doch als große Barbarei wird es jetzt eingeschätzt, wenn man nichts hat. Zwar gefielen recht gut der Gebieterin meine Gedichte, Aber dorthin, wohin sie dürfen, darf ich nicht gehn. Sie hat mich hoch gelobt, doch versperrt ist die Tür dem Gelobten: Peinlich lauf ich herum mit meinem ganzen Talent. Schau: Einen neureichen Ritter, gemästet mit Blut - sein Vermögen Hat durch Gemetzel er sich zugelegt - , zieht man mir vor. Ihn kannst du mit den schönen Armen umfangen, mein Leben, Kannst, mein Leben, sogar ruhen, umfangen von ihm? Falls du's nicht weißt: Einen Helm hat oftmals der Kopf da getragen; An der Lende, die dir Dienste erbringt, hing ein Schwert. Einen Schild trug die Linke, der schlecht das spät erst erworbne Gold steht; die Rechte war blutig einst: Faß sie nur an! Anfassen kannst du die Hand, die Menschen ums Leben gebracht hat? Wehe, dein weiches Herz, w o ist denn das im Moment?

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LIBER TERTIUS

Cerne cicatrices, veteris vestigia pugnae: Q u a e s i t u m est illi corpore, quicquid habet. Forsitan et quotiens hominem iugulaverit ille Indicet: hoc fassas tangis, avara, manus? Ille ego Musarum purus Phoebique sacerdos A d rigidas canto carmen inane fores. Discite, qui sapitis, non quae nos scimus inertes, Sed trepidas acies et fera castra sequi, Proque bono versu primum deducite pilum: N o x tibi, si belles, possit, H o m e r e , dari. Iuppiter, admonitus nihil esse potentius auro, Corruptae pretium virginis ipse fuit. D u m merces aberat, durus pater, ipsa severa, Aerati postes, ferrea turns erat; Sed postquam sapiens in munere venit adulter, Praebuit ipsa sinus et dare iussa dedit. At cum regna senex caeli Saturnus haberet, O m n e lucrum tenebris aha premebat humus: Aeraque et argentum cumque auro pondera fern Manibus admorat, nullaque massa fuit. At meliora dabat, curvo sine vomere fruges Pomaque et in quercu mella reperta cava. N e c valido quisquam terras scindebat aratro, Signabat nullo limite mensor humum. N o n freta demisso verrebant eruta remo: Ultima mortali tum via litus erat. Contra te sollers, hominum natura, fuisti Et nimium damnis ingeniosa tuis. Q u o tibi turritis incingere moenibus urbes, Q u o tibi discordes addere in arma manus? Q u i d tibi cum pelago? terra contenta fuisses. C u r non et caelum tertia regna facis? Q u a licet, adfectas caelum quoque: templa Q u i r i n u s , Liber et Alcides et m o d o Caesar habent. Eruimus terra solidum pro frugibus aurum; Possidet inventas sanguine miles opes. Curia pauperibus clausa est, dat census honores: Inde gravis iudex, inde severus eques. O m n i a possideant: illis C a m p u s q u e F o r u m q u e Serviat, hi pacem crudaque bella gerant; Tantum ne nostras avidi liceantur amores Et (satis est) aliquid pauperis esse sinant.

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Sieh seine Narben dir an, die Spuren früherer Schlachten: Alles, was er besitzt, ist mit dem K ö r p e r erkauft. Wieviel Menschen er schlachtete, wird er vielleicht dir verraten: Gierige, faßt du des M a n n s Hand an, der sowas gesteht? Ich, der schuldlose Priester des P h ö b u s Apoll und der M u s e n , Singe vergeblich mein Lied vor der gefühllosen T ü r . Seid ihr klug, lernt nicht, was wir M ü ß i g e n k ö n n e n , nein, sondern D a ß nach des Lagers Drill und dem Gefechtslärm ihr strebt. Statt eines guten Verses piaziert die erste Abteilung! Wärst du Soldat, eine N a c h t könntest du kriegen, H o m e r ! Weil dem J u p i t e r klar war, daß nichts so mächtig wie G o l d ist, Wurde zum Kaufpreis er selbst für die Verführung der Maid. Als noch kein L o h n winkte, war ihr Vater hart und sie selber Spröde, der Pfosten am T o r ehern und eisern der Turm. Aber als schlau der Verführer in F o r m einer G a b e zu ihr k a m , Hielt sie ihr Kleid hin und gab, was er sie geben hieß, selbst. Aber die E r d e hielt, als der greise Saturnus im H i m m e l Herrschte, im Finstern und tief jede G e w i n n s u c h t versteckt: Erz und Silber und G o l d und das schwere Eisen, das hatte Sie zu den Toten gebracht; auch kein Metall gab es da. D o c h sie gab Besseres: K o r n ohne Hilfe der Pflugschar, der k r u m m e n , Fruchte und H o n i g auch, der tief in der E i c h e sich fand. Niemand zerfurchte den B o d e n mit schwerem Pfluge, nicht hatten Feldmesser irgendein L a n d durch eine G r e n z e markiert. Nicht mit gesenkten R u d e r n fegte man wirbelnde Fluten, U b e r die Küste hinaus führte für M e n s c h e n kein Weg. Menschennatur, geschickt warst du gegen dich selber und hattest Allzugroßes Talent zu deinem eignen Verderb. Wozu mit turmbewehrten Mauern die Städte umgürten? Wozu die streitbare H a n d auch noch mit Waffen versehn? Was soll das M e e r dir? D u hättst mit dem Lande zufrieden sein müssen. Mache den H i m m e l doch jetzt zu deinem dritten B e r e i c h ! Auch nach dem H i m m e l greifst du, soweit dir's erlaubt ist: Quirinus, Liber, Herkules, auch Caesar hat jetzt seinen Kult. Statt des Getreides wühlt man gediegenes G o l d aus der Erde; Schätze besitzt der Soldat, die er durch Bluttat erwarb. Armen verschließt sich die Kurie; A m t e r verschafft das Vermögen: Geld gibt dem R i c h t e r Prestige, Geld gibt dem Ritter den Stolz. Mögen sie alles besitzen; den einen soll Marsfeld und F o r u m Dienen, in Frieden und Krieg seien die andren die H e r r n . N u r sollen sie voller H a b g i e r nicht meine Geliebte auch kaufen; Etwas - nicht viel m u ß es sein - sei auch dem A r m e n g e w ä h n .

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At nunc, exaequet tetricas licet ilia Sabinas, Imperat ut captae, qui dare multa potest. Me prohibet custos, in me timet ilia maritum; Si dederim, tota cedet uterque domo. Ο si neclecti quisquam deus ultor amantis Tam male quaesitas pulvere mutet opes!

9 Memnona si mater, mater ploravit Achillem, Et tangunt magnas tristia fata deas, Flebilis indignos, Elegia, solve capillos: A, nimis ex vero nunc tibi nomen erit! Ille tui vates o p e n s , tua fama, Tibullus Ardet in extructo corpus inane rogo. Ecce puer Veneris fert eversamque pharetram Et fractos arcus et sine luce facem; Aspice, demissis ut eat miserabilis alis Pectoraque infesta tundat aperta manu. Excipiunt lacrimas sparsi per colla capilli, O r a q u e singultu concutiente sonant. Fratris in Aeneae sic ilium funere dicunt Egressum tectis, pulcher Iule, tuis. N e c minus est confusa Venus moriente Tibullo Q u a m iuveni rupit cum ferus inguen aper. At sacri vates et divum cura vocamur, Sunt etiam qui nos numen habere putent. Scilicet omne sacrum mors inportuna profanat; O m n i b u s obscuras inicit ilia manus. Q u i d pater Ismario, quid mater profuit O r p h e o , Carmine quid victas obstipuisse feras? Et Linon in silvis idem pater " a e l i n o n " altis Dicitur invita concinuisse lyra. Adice Maeoniden, a quo ceu fonte perenni Vatum Pieriis ora rigantur aquis: H u n c q u o q u e s u m m a dies nigro submersit Averno; Defugiunt avidos carmina sola rogos. Durat opus vatum, Troiani fama laboris Tardaque nocturno tela retexta dolo: Sic Nemesis longum, sic Delia nomen habebunt, Altera cura recens, altera primus amor.

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Heute befiehlt, wer viel gibt, der Frau wie einer Gefangnen, Mag sie auch spröde sein wie ein sabinisches Weib. Mich hält der Wächter fern; bei mir hat sie Angst vor dem Gatten; G e b ' ich genug, dann verläßt jeder von beiden das Haus. G ä b ' s für verschmähte Verliebte doch nur einen Gott, der sie rächte! Mach' er den Schatz, der so schnöd angeschafft wurde, zu Staub!

9 Hat eine Mutter um Memnon geweint, um Achill eine Mutter Und rührt düstres Geschick mächtige Göttinnen an, Klagend lös, Elegia, dein Haar, das jetzt unverdient leidet; Ach, nur allzusehr zeigt jetzt sich dein N a m e als wahr! Er, deiner Gattung Meister, Tibull, durch den du berühmt bist, Brennt, ein lebloser Leib, hoch auf dem Feuergerüst. Sieh, der Knabe der Venus trägt umgekehrt seinen Köcher, Hat seinen Bogen zerstört und seine Fackel gelöscht. Schau, wie bemitleidenswert er mit hängenden Flügeln daherkommt Und seine offene Brust schlägt mit der feindlichen H a n d . Seine Tränen nimmt auf das Haar, das ihm wirr übern Hals fällt; Aus seinem Munde ertönt heftiges Schluchzen zugleich. So trat bei der Bestattung seines Bruders Aneas Aus deinem Haus er - so heißt's - , herrlicher Julus, hervor. U n d nicht mehr als beim Sterben Tibulls war Venus erschüttert, Als ihres Jünglings Leib wütend der Eber zerriß. Heilige Seher und Gegenstand göttlicher Fürsorge nennt man U n s doch, und mancher glaubt, in uns, da wohne ein G o t t ! Freilich, der ruchlose Tod entweiht alle heiligen Dinge, Und an alles legt er seine düstere Hand. Was hat der Vater genützt, was die Mutter dem thrakischen O r p h e u s , Was, daß, gebannt vom Gesang, staunte das wilde Getier? Angestimmt haben soll tief im Walde für Linos derselbe Vater das »Ailinon«, doch hat sich die Lyra gesträubt. N i m m noch H o m e r , der wie eine ewig fließende Q u e l l e Netzt den Poeten den Mund mit dem pierischen Naß: Ihn auch versenkte der letzte Tag im schwarzen Avernus; N u r die Gedichte entfliehn gierig verzehrender Glut. Dauerhaft bleibt Poesie: der Ruhm der Mühen von Troja, Stockende Webarbeit auch, aufgelöst listig bei Nacht. So wird man Delias N a m e n und Nemesis lange noch nennen: Jene hat er zuerst, diese als letzte geliebt.

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LIBER TERTIUS

Q u i d vos sacra iuvant? quid nunc Aegvptia prosunt Sistra? quid in vacuo secubuisse toro? C u m rapiunt mala fata bonos, (ignoscite fasso) Sollicitor nullos esse putare deos. Vive pius: moriere; pius cole sacra: colentem M o r s gravis a templis in cava busta trahet. C a r m i n i b u s confide bonis: iacet ecce Tibullus; Vix manet e toto, parva quod urna capit. Tene, sacer vates, flammae rapuere rogales, Pectoribus pasci nec timuere tuis? Aurea sanctorum potuissent templa deorum Urere, quae tantum sustinuere nefas. Avertit vultus, Erycis quae possidet arces; Sunt q u o q u e qui lacrimas continuisse negant. Sed tamen hoc melius, quam si Phaeacia tellus Ignotum vili supposuisset humo. H i e certe madidos fugientis pressit ocellos Mater et in cineres ultima dona tulit; H i e s o r o r in partem misera c u m matre doloris Venit inornatas dilaniata comas, C u m q u e tuis sua iunxerunt Nemesisque priorque O s c u l a nec solos destituere rogos. Delia discedens " f e l i c i u s " inquit "amata Sum tibi: vixisti, dum tuus ignis e r a m . " C u i N e m e s i s " q u i d " ait " t i b i sunt mea damna dolori? M e tenuit moriens deficiente m a n u . " Si tamen e nobis aliquid nisi nomen et umbra Restat, in Elysia valle Tibullus erit. O b v i u s huic venies hedera iuvenalia cinctus Tempora cum C a l v o , docte Catulle, tuo; Tu q u o q u e , si falsum est temerati crimen amici, Sanguinis atque animae prodige Galle tuae. H i s c o m e s umbra tua est; si qua est modo corporis umbra, Auxisti numeros, culte Tibulle, pios. O s s a quieta, precor, tuta requiescite in urna, E t sit humus cineri non onerosa tuo.

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Was hilft Opfern euch, was nützen jetzt die ägyptischen Klappern, Was die Nächte, verbracht züchtig im einsamen Bett? Wenn auch Gute hinwegrafft das bose Geschick, dann - verzeiht mir Bin ich zu glauben versucht, daß es die Götter nicht gibt. Lebe fromm: Du wirst sterben; Opfere fromm: Aus dem Tempel Reißt in die hohle Gruft dich der gefühllose Tod. Guten Gedichten vertraue: Sieh da, dort liegt ein Tibull jetzt! Leicht faßt das kleine Gefäß, was von dem Ganzen verbleibt. Heiliger Seher, dich verschlangen des Holzstoßes Flammen, Deine Brust zu verzehrn, hatten sie keinerlei Scheu? Die hätten goldene Tempel der heiligen Götter verbrennen Können, ließen sie doch solch einen Frevel geschehn. Sie, die die Höhen des Eryx besitzt, sie wandte den Blick ab; Manche berichten: Sie könnt' nicht sich der Tränen erwehrn. Besser ist's so doch, als wenn das phäakische Land ihn als Fremden Aufgenommen hätt' dort in ein verachtetes Grab. Wenigstens Schloß dem Scheidenden hier seine Mutter die feuchten Augen; die letzte Pflicht hat sie der Asche erfüllt. Um mit der armen Mutter den Schmerz zu teilen, kam hierher Auch die Schwester; zerrauft hat sie ihr schmuckloses Haar. Und mit den Deinen vereint, gab Nemesis, gab deine erste Freundin dir Küsse, und sie kamen vom Holzstoß nicht los. Als sie schied, sprach Delia: »Besser ging's dir, als du mich noch Liebtest: Du lebtest, solang ich dir entflammt hab' das Herz.« Nemesis sagte zu ihr: »Mein Verlust - wie kann er dich schmerzen? Mich hielt sterbend er fest mit der ermattenden Hand.« Wenn denn von uns noch etwas bleibt außer Namen und Schatten, Wird im elysischen Tal künftig Tibullus auch sein. Du begegnest ihm dort, umkränzt mit Efeu die jungen Schläfen, gelehrter Catull, du und dein Calvus mit dir, Du auch, der du dein Blut und dein Leben sinnlos vertan hast, Falls man des Freundesverrats, Gallus, zu Unrecht dich zieh. Ihnen gesellst du dich zu; wenn's ein Schattenbild gibt von dem Körper, Hast du der Seligen Schar, feiner Tibullus, vermehrt. Ruht, ihr Gebeine, so bitt' ich, friedlich im Schutze der Urne, Und deiner Asche sei niemals die Erde zu schwer.

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LIBER TERTIUS

Annua venerunt Cerealis tempora sacri: Secubat in vacuo sola puella toro. Flava Ceres, tenues spicis redimita capillos, C u r inhibes sacris commoda nostra tuis? Te, dea, munificam gentes, ubi quaeque, loquuntur, N e c minus humanis invidet ulla bonis. Ante nec hirsuti torrebant farra coloni, N e c notum terris area nomen erat, Sed glandem quercus, oracula prima, ferebant: Haec erat et teneri caespitis herba cibus. Prima Ceres docuit turgescere semen in agris, Falce coloratas subsecuitque comas; Prima iugis tauros supponere colla coegit Et veterem curvo dente revellit humum. H a n c quisquam lacrimis laetari credit amantum Et bene tormentis secubituque coli? N e c tamen est, quamvis agros amet ilia feraces, Rustica nec viduum pectus amoris habet. Cretes erunt testes; nec fingunt omnia Cretes: Crete nutrito terra superba love. Illic sidercam mundi qui temperat arcem Exiguus tenero lac bibit ore puer. Magna fides testi: testis laudatur alumno; Fassuram Cererem crimina nota puto. Viderat Iasium Cretaea diva sub Ida Figentem certa terga ferina manu; Vidit et, ut tenerae flammam rapuere medullae, Hinc pudor, ex ilia parte trahebat amor. Victus amore pudor: sulcos arere videres Et sata cum minima parte redire sui. C u m bene iactati pulsarant arva ligones, Ruperat et duram vomer aduncus humum Seminaque in latos ierant aequaliter agros, Inrita decepti vota colentis erant. Diva potens frugum silvis cessabat in altis; Deciderant longae spicea serta comae. Sola fuit Crete fecundo fertilis anno: O m n i a , qua tulerat se dea, messis erat;

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Wiedergekehn ist im Jahr die Zeit des Festes der Ceres, Und im verlassenen Bett liegt die Geliebte allein. Du mit den Ähren im Haar, du blonde Ceres, warum nur Stehst du mit deinem Fest unserem Vorteil im Weg? Spenderin nennen dich, Göttin, sämtliche Völker, und keine Gibt's, die so wenig wie du Gutes den Menschen mißgönnt. Keinen Weizen rösteten vormals die struppigen Bauern; Nicht war da der Begriff »Tenne« auf Erden bekannt, Hichen, Orakelstätten der Frühzeit, trugen da Früchte, Zartes Wiesenkraut diente als Speise wie sie. Ceres lehrte als erste den Samen, in Ackern zu keimen, Schnitt das goldene » H a a r « mit einer Sichel zuerst. Sie zwang Stiere zuerst, unters Joch den Nacken zu beugen, Riß mit dem krummen Zahn auf den verhärteten G r u n d . Und da glaubt einer noch, sie sei froh über Trinen Verliebter, Einsam im Bett sein und Q u a l seien ein sinnvoller Kult? Ist sie doch nicht, obwohl sie das fruchtbare Ackerland gern hat, Bäurisch und trägt in der Brust nicht ein gefühlloses H e r z ! Zeugen sind mir die Kreter: Nicht jedesmal lügen die Kreter. Kreta ist stolz, denn es wuchs Jupiter auf in dem Land. Der die gestirnte Feste der Welt regiert, hat als kleiner Knabe mit zartem Mund einst seine Milch dort gesaugt. Glaubwürdig ist die Zeugin: Der Pflegesohn bürgt für die Zeugin. Ihr bekanntes Vergehn wird, glaub' ich, Ceres gestehn. Sie sah Jasius, wie er am Fuße des kretischen Ida Tiere im Rücken traf mit seiner sicheren Hand, Sah ihn, und schon war ihr zartes Herz in Flammen: Zerrissen War sie im Innern dadurch nun zwischen Liebe und Scham. Liebe besiegte die Scham: D u hättest gesehn, wie die Furchen Ausdörrten und die Saat winzig nur war im Ertrag. Hatten auch tüchtig geschwungen die Hacken die Fluren erschüttert, Krumme Pflugscharn den Grund, war er auch spröde, zerwühlt, War auch aufs weite Land gleichmäßig Saatgut gefallen, Dennoch: U m s o n s t war's, enttäuscht wurde des Bauern Gebet. Sie, die Herrin des Korns, die Göttin, verweilte im tiefen Walde; der Ährenkranz fiel ihr aus dem offenen Haar. N u r in Kreta gab's ein fruchtbares Jahr, denn wohin auch Sich die Göttin begab, war eine Ernte hernach.

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LIBER TERTIUS

Ipse locus nemorum canebat frugibus Ide Et ferus in silva farra metebat aper. Optavit Minos similes sibi legifer annos; Optasset, Cereris longus ut esset amor. Q u i tibi secubitus tristis, dea flava, fuissent, H o s cogor sacris nunc ego ferre tuis. C u r ego sim tristis, cum sit tibi nata reperta Regnaque quam Iuno sorte minore regal? Festa dies Veneremque vocat cantusque merumque: Haec decet ad dominos munera ferre deos.

Multa diuque tuli; vitiis patientia victa est: C e d e fatigato pectore, turpis amor. Scilicet adserui iam me fugique catenas, Et, quae non puduit ferre, tulisse pudet. Vicimus et domitum pedibus calcamus A m o r e m : Venerum capiti cornua sera meo. Perfer et obdura: dolor hie tibi proderit olim: Saepe tulit lassis sucus amarus opem. Ergo ego sustinui, foribus u m saepe repulsus, Ingenuum dura ponere corpus humo? Ergo ego nesciocui, quem tu conplexa tenebas, Excubui clausam servus ut ante d o m u m ? Vidi, cum foribus lassus prodiret amator Invalidum referens emeritumque latus; H o c tarnen est levius quam quod sum visus ab illo: Eveniat nostris hostibus ille pudor. Q u a n d o ego non fixus lateri patienter adhaesi, Ipse tuus custos, ipse vir, ipse comes? Scilicet et p o p u l o per me comitata placebas: Causa fuit multis noster amoris amor. Turpia quid referam vanae mendacia linguae Et periuratos in mea damna deos, Q u i d iuvenum tacitos inter convivia nutus Verbaque conpositis dissimulata notis? Dicta erat aegra mihi: praeceps amensque cucurri; Veni, et rivali non erat aegra meo. His et quae taceo duravi saepe ferendis: Q u a e r e alium pro me qui velit ista pati.

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S e l b s t d i e w a l d i g e G e g e n d a m Ida w a r w e i ß v o n G e t r e i d e , U n d es e r n t e t e g a r W e i z e n d a s W i l d s c h w e i n im Wald. M e h r s o l c h e J a h r e w ü n s c h t e sich M i n o s , d e r S t i f t e r d e s R e c h t e s ; Kr h ä t t ' g e w ü n s c h t , d a ß n o c h lang C e r e s d i e L i e b e e m p f a n d ' . K i n s a m z u l i e g e n im B e t t - f ü r d i c h w ä r ' s t r a u r i g g e w e s e n , B l o n d e G ö t t i n , j e d o c h m i c h z w i n g t d e i n Fest jetzt d a z u . W a r u m h a b ' ich d e n K u m m e r ? D u f a n d s t d o c h w i e d e r d i e T o c h t e r , D i e als K ö n i g i n n u r J u n o n o c h ü b e r sich hat. Venus, G e s a n g u n d W e i n - d a n a c h r u f t h e u t e d e r F e s t t a g , D a s s i n d G e s c h e n k e , d i e G ö t t e r n z u b r i n g e n sich z i e m t .

Vieles e r t r u g ich u n d l a n g . D e i n e L a s t e r e r s c h ö p f t e n d i e L a n g m u t . Schimpfliche Liebe, hinweg aus der ermüdeten Brust! J a , s c h o n s p r a c h ich m i c h l o s u n d bin d e n K e t t e n e n t r o n n e n ; T r u g ich sie o h n e S c h a m , s c h ä m ' ich m i c h j e t z t , d a ß ich's tat. M e i n ist d e r S i e g ; ich t r e t ' d e n b e z w u n g e n e n A m o r mit F ü ß e n : H ö r n e r wuchsen hervor aus meinem H a u p t , wenn auch spät. H a r r e a u s u n d w e r d ' h a r t : D i e s e r S c h m e r z w i r d dir d e r m a l e i n s t n ü t z e n ; O f t hat ein b i t t e r e r S a f t M ü d e n d i e R e t t u n g g e b r a c h t . A l s o e r t r u g i c h ' s , d e n L e i b a u f d e n h a r t e n B o d e n z u legen, Ich, ein F r e i e r , o b w o h l sie m i r d i e T ü r w i e s s o o f t ? A l s o hielt ich w e r w e i ß f ü r w e n , d e n u m s c h l u n g e n d u hieltest, W i e ein S k l a v e d i e W a c h t v o r d e m v e r s c h l o s s e n e n H a u s ? W i e ein L i e b h a b e r m ü d a u s d e r T ü r trat, s a h ich, u n d w i e er Forttrug den Unterleib, der kraftlos u n d ausgedient war. D e n n o c h ist d a s n i c h t s o s c h l i m m w i e d i e s : d a ß er d a n n a u c h n o c h mich M e i n e n F e i n d e n allein w ü n s c h e ich s o l c h eine S c h m a c h . W a n n bin ich n i c h t g e d u l d i g a n d e i n e r Seite g e w e s e n , Selber dein Wächter, dein M a n n und dein Begleiter zugleich? J a , a u c h d e n L e u t e n h a s t d u in m e i n e r G e s e l l s c h a f t g e f a l l e n ; M e i n e L i e b e , s i e hat v i e l e z u r L i e b e g e r e i z t . Was soll ich s a g e n , w i e s c h ä n d l i c h u n d l e i c h t f e r t i g l o g d e i n e Z u n g e , Wie du z u m Schaden f ü r mich meineidig G ö t t e r beschworst, Was v o n v e r s t o h l e n e n W i n k e n j u n g e r M ä n n e r b e i m G a s t m a h l U n d von Worten, getarnt durch den vereinbarten C o d e ? K r a n k sei sie, s a g t e m a n m i r : I c h s t ü r z t e z u ihr w i e v o n S i n n e n , K a m , u n d k e i n e s w e g s k r a n k f ü r d e n R i v a l e n w a r sie. D i e s e s u n d m e h r - ich v e r s c h w e i g ' d a s - e r t r u g ich o f t u n d bin hart n u n . S u c h e i n e n a n d r e n , d e r d a s g e r n e statt m e i n e r e r t r ä g t .

sah:

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LIBER TERTIUS

lam mea votiva puppis redimita corona Lenta tumescences aequoris audit aquas. Desine blanditias et verba potentia quondam Perdere: non ego sum stultus, ut ante fui. L u c t a n t u r pectusque leve in contraria tendunt H a c a m o r , hac odium; sed, puto, vincit amor. O d e r o , si potero; si non, invitus amabo: N e c iuga taurus amat; quae tarnen odit, habet. Nequitiam fugio, fugientem forma reducit; Aversor m o r u m crimina, corpus amo. Sic ego nec sine te nec tecum vivere possum Et videor voti nescius esse mei. Aut f o r m o s a fores minus aut minus inproba vellem: N o n facit ad mores tam bona forma malos. Facta merent odium, facies exorat amorem: M e miserum! vitiis plus valet ilia suis. Parce per ο lecti socialia iura, per omnis Q u i dant fallendos se tibi saepe deos, Perque tuam faciem, magni mihi numinis instar, Perque tuos oculos, qui rapuere meos. Q u i c q u i d eris, mea semper eris; tu selige tantum. M e q u o q u e velle velis anne coactus amem. Lintea dem potius ventisque ferentibus utar E t q u a m , si nolim, cogar amare, velim.

Q u i s fuit ille dies, q u o tristia semper amanti O m i n a non albae concinuistis aves? Q u o d v e putem sidus nostris occurrere fatis, Q u o s v e deos in me bella movere querar? Q u a e m o d o dicta mea est, quam coepi solus amare, C u m multis vereor ne sit habenda mihi. Fallimur, an nostris innotuit ilia libellis? Sic erit: ingenio prostitit ilia meo. E t merito: quid enim formae praeconia feci? Vendibilis culpa facta puella mea est. M e lenone placet, duce me perductus amator, Ianua per nostras est adaperta manus. A n prosint dubium, nocuerunt carmina certe: Invidiae nostris ilia fuere bonis.

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S c h o n ist mein Schiff g e s c h m ü c k t mit d e m K r a n z e , den ich g e l o b t h a b ' ; G l e i c h m ü t i g h ö r t ' s , wie d e s M e e r s Wasser z u schwellen b e g i n n t . H ö r jetzt auf, S c h m e i c h e l e i n z u v e r s c h w e n d e n und Worte, d i e e i n s t m a l s W i r k u n g s v o l l w a r e n : Ich bin nicht m e h r der N a r r , der ich war. R i n g e n d ziehen mein leichtes H e r z bald hierhin, bald d o r t h i n L i e b e und H a ß , d o c h erringt, g l a u b e ich, L i e b e den Sieg. K a n n ich es, h a s s ' ich, wenn nicht, will ich widerwillig dich lieben; Liebt auch d e r Stier nicht sein J o c h , trägt er d o c h das, w a s er haßt. D e i n e V e r w o r f e n h e i t flieh' ich, z u r ü c k bringt d e n Flüchtling d i e S c h ö n h e i t ; D e i n e schlechte M o r a l m a g ich nicht, aber d e n L e i b . S o kann ich w e d e r mit dir n o c h kann ich o h n e dich leben, U n d ich weiß, w i e m i r scheint, selber nicht recht, w a s ich will. Wenn d u d o c h w e n i g e r s c h ö n o d e r w e n i g e r lasterhaft w ä r e s t ! S o eine s c h ö n e G e s t a l t paßt nicht z u übler M o r a l . H a ß verdient, w a s d u treibst, es verlangt nach L i e b e dein A n t l i t z Weh mir, s t ä r k e r w i r k t sie als ihre Fehler auf mich! S c h o n e mich, bei der G e m e i n s c h a f t d e s Bettes, bei sämtlichen G ö t t e r n , D i e dir gestatten, d a ß du sie wiederholt hintergehst, Bei d e i n e m A n t l i t z , d a s mir als g r o ß e göttliche M a c h t gilt, Bei deinen A u g e n , d i e mir m e i n e g e r a u b t haben einst! Was d u auch sein wirst, d u wirst stets mein sein; entscheide n u r , o b d u Willst, d a ß ich ebenfalls will o d e r g e z w u n g e n dich lieb'. L i e b e r ließ ich d i e Segel d e m W i n d , ließ mich treiben u n d hätte D i e , die ich, w o l l t ' ich's a u c h nicht, lieben müßt', freiwillig lieb.

Was für ein T a g w a r ' s , an d e m ihr d e m L i e b e n d e n , finstere V ö g e l , Vorzeichen, w e l c h e stets schlecht w a r e n , z u g e k r ä c h z t h a b t ? Welches G e s t i r n , soll ich g l a u b e n , steht m e i n e m Schicksal im W e g e ? Welche G ö t t e r soll ich zeihen d e s A n g r i f f s auf m i c h ? Sie, die k ü r z l i c h n o c h mein hieß, die a n f a n g s als einz'ger ich liebte, M u ß ich mit vielen hinfort teilen - s o f ü r c h t e ich jetzt. T ä u s c h e ich m i c h o d e r w u r d e b e k a n n t sie d u r c h meine G e d i c h t e ? J a , d u r c h mein eignes Talent w u r d e sie prostituiert. U n d ich verdien's. D e n n w a r u m h a b ' ich ihre S c h ö n h e i t g e p r i e s e n ? M e i n e G e l i e b t e ist nun käuflich, und ich trag' die S c h u l d . Sie gefällt - u n d ich w a r ihr Zuhälter, h a b e ihr ihren L i e b h a b e r z u g e f ü h r t , selbst ihm g e ö f f n e t die T ü r . Z w e i f e l h a f t ist, o b G e d i c h t e w a s nützen; d o c h brachten sie sicher S c h a d e n : Sie haben N e i d auf mein B e s i t z t u m gelenkt.

LIBER TERTIUS

C u m Thebae, cum Troia foret, cum Caesaris acta, Ingenium movit sola Corinna meum. Aversis utinam tetigissem carmina Musis, Phoebus et inceptum destituisset o p u s ! N e c tamen ut testes mos est audire poetas: Malueram verbis pondus abesse meis, Per nos Scylla patri caros furata capillos Pube premit rabidos inguinibusque canes; N o s pedibus pinnas dedimus, nos crinibus angues; Victor Abantiades alite fertur equo. Idem per spatium Tityon porreximus ingens Et tria vipereo fecimus ora cani; Fecimus Enceladon iaculantem mille lacertis, Ambiguae captos virginis ore viros; Aeolios Ithacis inclusimus utribus Euros; Proditor in medio Tantalus amne sitit; D e N i o b e silicem, de virgine fecimus ursam; Concinit O d r y s i u m Cecropis ales Ityn; Iuppiter aut in aves aut se transformat in aurum Aut secat inposita virgine taurus aquas. Protea quid referam Thebanaque semina, dentes. Q u i vomerent flammas ore, fuisse boves, Flere genis electra tuas, auriga, sorores, Q u a e q u e rates fuerint, nunc maris esse deas, Aversumque diem mensis furialibus Atrei, D u r a q u e percussam saxa secuta lyram? Exit in inmensum fecunda licentia vatum, Obligat historica nec sua verba fide: Et mea debuerat falso laudata videri Femina; credulitas nunc mihi vestra nocet.

13 C u m mihi pomiferis coniunx foret orta Faliscis, Moenia contigimus victa, Camille, tibi. Casta sacerdotes Iunoni festa parabant Et celebres ludos indigenamque bovem. G r a n d e morae pretium ritus cognoscere, quamvis Difficilis clivis hue via praebet iter. Stat vetus et densa praenubilus arbore lucus; Aspice, concedes numinis esse locum.

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7.war hätt's T h e b e n und Troja und Caesars Taten gegeben, Aber C o r i n n a allein setzte in G a n g mein G e n i e . H ä t t ' ich doch gegen den Willen der Musen zu dichten begonnen, H ä t t ' doch mein Werk, als ich's grad anfing, verlassen A p o l l ! Freilich ist es nicht Brauch, die D i c h t e r als Zeugen zu hören; Mir wär's lieber, mein W o n hätt' keine Geltung gehabt. D a n k uns Dichtern hat sie, die dem Vater das kostbare H a a r stahl, Skvlla, an Lenden und Scham H u n d e voll rasender Wut. Wir haben Füßen Federn, Haaren Schlangen gegeben; Abas' siegreichen S p r o ß trägt ein geflügeltes R o ß . Wir sind es auch, die weithin den T i t y o s ausgestreckt haben, U n d drei K ö p f e verpaßt haben dem Schlangenhund wir, Ließen mit tausend A r m e n Enkeladus schleudern die Felsen, Doppelgestaltige Fraun M ä n n e r betörn mit dem M u n d , Sperrten des Aolus O s r w i n d e ein in Ithakerschläuchen. Mitten im Fluß hat D u r s t Tantalus wegen Verrats. N i o b e machten zu Stein wir, zu einer Bärin die Jungfrau; K e k r o p s ' Vogel beklagt Itys, den T h r a k e r , im Lied. Jupiter nimmt die Gestalt von Vögeln oder von G o l d an O d e r zerteilt als Stier, auf ihm die Jungfrau, die Flut. Was soll von Proteus ich sagen, von T h e b e n s Aussaat, den Zähnen, U n d von den Stieren, die Flammen einst spien aus dem Maul, Davon, daß Bernstein weinten die Schwestern, L e n k e r des Wagens, G ö t t i n n e n nun im M e e r die sind, die Schiffe einst warn, D a ß sich der Tag vom A n b l i c k der gräßlichen Tafel des Atreus Abwandte, hartes Gestein Leierklang nachgefolgt ist? Ins Unendliche schweift die fruchtbare W i l l k ü r der D i c h t e r : D a ß sie historisch korrekt darstellen, fordert sie nicht. Als Fiktion hätte man das L o b meines M ä d c h e n s betrachten Müssen; es schadet mir jetzt euere Leichtgläubigkeit.

13 Da meine Frau aus dem Land der Falisker, dem obstreichen, herstammt, Haben die Stadt wir, die du einnahmst, Camillus, besucht. Priesterinnen bereiteten J u n o ein heiliges Fest grad, Spiele, von vielen besucht, und eine K u h , dort geborn. Lohnend ist's, dort zu verweilen, damit man die Bräuche erkundet, Mag auch ein steiler Weg einem die Reise erschwern. D o r t steht, alt schon, ein Hain; er ist düster, denn dicht sind die B ä u m e . Schau ihn dir an: D u gibst zu, daß eine G o t t h e i t hier w o h n t .

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LIBER TERTIUS

Accipit ara preces votivaque tura piorum, Ara per antiquas facta sine arte manus. H u e , ubi praesonuit sollemni tibia cantu, It per velatas annua pompa vias. D u c u n t u r niveae populo plaudente iuvencae, Q u a s aluit campis herba Falisca suis, Et vituli nondum metuenda fronte minaces Et minor ex humili victima porcus hara D u x q u e gregis cornu per tempora dura recurvo; Invisa est d o m i n a e sola capella deae: Illius indicio silvis inventa sub altis Dicitur inceptam destituisse fugam. N u n c q u o q u e per pueros iaculis incessitur index Et pretium auctori vulneris ipsa datur. Q u a ventura dea est, iuvenes timidaeque puellae Praeverrunt latas veste iacente vias. Virginei crines auro gemmaque premuntur, E t tegit auratos palia superba pedes; M o r e patrum G r a i o velatae vestibus albis Tradita supposito vertice sacra ferunt. O r e favent populi tum cum venit aurea pompa, Ipsa sacerdotes subsequiturque suas. Argiva est pompae facies: Agamemnone caeso E t scelus et patrias fugit Halaesus opes Iamque pererratis profugus terraque fretoque M o e n i a felici condidit alta manu. Ille suos docuit Iunonia sacra Faliscos: Sit mihi, sit populo semper arnica suo.

14 N o n ego, ne pecces, cum sis formosa, recuso, Sed ne sit misero scire necesse mihi; N e c te nostra iubet fieri censura pudicam Sed tamen ut temptes dissimulare rogat. N o n peccat, quaecumque potest peccasse negare, Solaque famosam culpa professa facit. Q u i s furor est, quae nocte latent, in luce fateri Et, quae clam facias, facta referre palam? I g n o t o meretrix corpus iunctura Quiriti O p p o s i t a populum submovet ante sera;

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Hin Altar empfängt Gebete, Gelübde und Weihrauch Frommer; er war das Produkt kunstloser Handarbeit einst. Hierher zieht, wenn das Vorspiel der Tibia festlich ertönt ist, Jährlich der Festzug; der Weg ist mit Gewändern belegt. Schneeweiße Kühe, genährt mit faliskischem Grün auf des Landes Auen, führt man dort mit unter dem Beifall des Volks, Stierkälber, deren drohende Stirne noch niemandem Angst macht, U n d aus niedrigem Pferch, kleineres Opfer, ein Schwein Und den Führer der Herde, das H o r n gekrümmt an der harten Schläfe. Der Göttin ist einzig die Ziege verhaßt. Die verriet sie, so heißt's: Im tiefen Walde gefunden, Hat der begonnenen Flucht jene ein Ende gesetzt. Heute noch werfen mit Spießen nach der Verräterin Knaben; Wer sie verwunden kann, dem wird sie als Preis überreicht. Wo die Göttin sich naht, wird von jungen Männern und scheuen Mädchen der breite Weg vorher mit Tüchern gefegt. Gold und Edelstein drücken schwer auf die Haare der Jungfrau; Bis zum vergoldeten Schuh reicht ihr das prächtige Kleid. Und in weißem Gewand, nach der Väter griechischer Sitte, Trägt auf dem Kopf sie daher uraltes Opfergerät. Andächtig schweigt das Volk, wenn der goldene Festzug kommt; ihrer Priesterinnen Schar folgt dann die Göttin gleich selbst. Argos' Brauch zeigt der Festzug: Haläsus, nach A g a m e m n o n s Tod von dem O r t des Vergehns und seinem Erbgut geflohn, Hat, als flüchtig er schon über Länder und Meere geirrt war. Mit gesegneter H a n d ragende Mauern erbaut. Er hat seine Falisker gelehrt die Feste der J u n o : Ihrem Volke und mir möge stets gnädig sie sein.

14 Nicht daß du fremdgehst, lehne ich ab - denn du bist eine Schönheit - , Doch daß mir A r m e m es dann auch noch bekannt werden muß. Nein, kein Zensor bin ich, der dir Keuschheit befiehlt, doch ich bitt' dich, Daß du zumindest versuchst, mir zu verhehln, was du treibst. Jede, die abstreiten kann, daß sie schuldig ist, ist auch nicht schuldig. In Verruf k o m m t sie nur, wenn sie sich schuldig bekennt. Was für ein Wahnsinn, ans Licht, was die Nacht versteckt hält, zu zerren Und, was du heimlich treibst, öffentlich dann zu erzähln! Eh' eine Hure mit einem unbekannten Quiriten Schläft, schiebt den Riegel sie vor und hält das Volk auf Distanz.

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LIBER TERTIUS

Tu tua prosticues f a m a e peccata sinistrae C o m m i s s i perages i n d i c i u m q u e tui? Sit tibi mens melior, saltemve imitare pudicas, T e q u e p r o b a m , q u a m v i s non eris, esse p u i e m . Q u a e facis, haec facito: tantum fecisse negato N e c pudeat coram verba modesta loqui. Est qui nequitiam locus exigat: o m n i b u s ilium Deliciis inple, stet procul inde p u d o r . H i n c simul exieris, lascivia protinus o m n i s Absit, et in lecto crimina p o n e tuo. Illic nec tunicam tibi sit posuisse p u d o r i N e c f e m o r i inpositum sustinuisse f e m u r ; Illic purpureis condatur lingua labellis, Inque m o d o s Venerem mille figuret a m o r ; Illic nec voces nec verba iuvantia cessent, S p o n d a q u e lasciva mobilitate tremat. Indue c u m tunicis metuentem crimina v u l t u m , Et p u d o r o b s c e n u m d i f f i t e a t u r o p u s . D a p o p u l o , da verba mihi: sine nescius errem Et liceat stulta credulitate frui. C u r totiens v i d e o mitti recipique tabellas? C u r pressus prior est interiorque torus? C u r plus q u a m s o m n o turbatos esse capillos C o l l a q u e conspicio dentis habere n o t a m ? Tantum non o c u l o s crimen deducis ad ipsos; Si dubitas f a m a e parcere, parce mihi. M e n s abit et m o r i o r , quotiens peccassc fateris, Perque meos artus frigida gutta fluit. Tunc a m o , tunc odi frustra, q u o d amare necesse est; Tunc ego, sed tecum, m o r t u u s esse velim. N i l e q u i d e m inquiram, nec, quae celare parabis, Insequar, et falli muneris instar erit. Si tamen in media deprensa tenebere culpa Et fuerint oculis p r o b r a v i d e n d a meis, Q u a e bene visa mihi fuerint, bene visa negato: C o n c e d e n t verbis lumina nostra tuis. P r o n a tibi vinci cupientem vincere palma est, Sit m o d o " n o n f e c i " dicere lingua m e m o r : C u m tibi contingat verbis superare d u o b u s , Etsi non causa, iudice vince tuo.

DRITTES BUCH

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Du willst bösem Gerede preisgeben deine Vergehen? Anzeigen möchtest du selbst, was du so alles begingst? Sei doch vernünftiger: Ehrbare Fraun imitiere zumindest; Laß mich glauben, du seist sittsam, auch wenn du's nicht bist. Tu, was du tust, nur streite dann ab, daß du es getan hast; Schäme dich nicht, vor der Welt biedere Reden zu führn. Einen Ort gibt's, der f o r d e n lockeres Treiben: Mit allen Lüsten füll ihn; es sei jegliche Scham von ihm fern. Aber sobald du dort weggehst, sei jede Ausschweifung ferne Augenblicks, und im Bett laß die Vergehen zurück. Auszuziehen das Kleid und Schenkel an Schenkel zu pressen, Davor bewahre dich dort niemals die Schamhaftigkeit. Dort sollen purpurne Lippen die Zunge umschließen; auf tausend Arten gestalte dabei Liebe das Liebesspiel aus. Dort darf's nicht an Lauten und Worten, die anregen, fehlen, Und in Erschüttrung versetz' wilde Bewegung das Bett. Doch mit den Kleidern zieh an eine Miene, die Vorwürfe fürchtet, Und verleugnen soll jetzt Scham das verworfene Tun. Täusche die Leute und mich! Laß mich ahnungslos sein und mich irren, Und vergönn mir das Glück törichter Gutgläubigkeit. Warum seh' ich so oft, daß Täfelchen kommen und gehen? Warum ist vorne das Bett und in der Mitte zerdrückt? Warum seh' ich von mehr als vom Schlaf verwirrt deine Haare Und bemerk", daß ein Zahn Male am Hals hinterließ? Hehlt nur noch, daß du mir vor die Augen bringst dein Vergehen! Willst du schon nicht deinen Ruf schonen, dann schone doch mich! Ich verlier' den Verstand und sterbe, wenn du einen Fehltritt Zugibst, und kalter Schweiß rinnt mir dann über den Leib. Dann muß ich lieben, dann hass' ich vergebens das, was ich lieben Muß, dann wollt' ich, ich wär' tot, doch zusammen mit dir. Nachforschen werd' ich gewiß nicht, nicht dem, was du vor mir geheimhältst, Nachgehen: Werd' ich getäuscht, wird's ein Geschenk sein für mich. Wenn du aber von mir ertappt wirst mitten im Fehltritt Und mit den Augen ich selbst Schmachvolles ansehen muß, Dann behaupte, ich hätt', was ich bestens sah, nicht gesehen! Weichen werden dem Wort dann meine Augen sogleich. Den, der besiegt werden will, zu besiegen, ist leicht für dich, wenn nur Nicht deine Zunge vergißt, daß sie »Ich tat es nicht!« sagt. Da vier Worte nur zum Sieg dir verhelfen, so siege! Wenn's auch nicht rechtens geschieht, steht doch dein Richter zu dir.

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LIBER T E R T I U S

Quaere novum vatem, tenerorum mater Amorum: Raditur haec elegis ultima meta meis; Q u o s ego conposui, Paeligni ruris alumnus, (Nec me deliciae dedecuere meae) Si quid id est, usque a proavis vetus ordinis heres, N o n modo militiae turbine factus eques. Mantua Vergilio gaudet, Verona Catullo; Paelignae dicar gloria gentis ego, Q u a m sua libertas ad honesta coegerat arma, C u m timuit socias anxia Roma manus. Atque aliquis spectans hospes Sulmonis aquosi Moenia, quae campi iugera pauca tenent, " Q u a e tantum" dicet "potuistis ferre poetam, Quantulacumque estis, vos ego magna voco." Culte puer puerique parens Amathusia culti, Aurea de campo vellite signa meo; Corniger increpuit thyrso graviore Lyaeus: Pulsanda est magnis area maior equis. Inbelles elegi, genialis Musa, valete, Post mea mansurum fata superstes opus.

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DRITTES

BUCH

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15 Mutter der zarten Amores, such dir einen anderen Dichter! Das ist die letzte Bahn, die meine Dichtung durchläuft. Der sie verfaßte, war ich, ein Sohn des Lands der Päligner (Keine Schande gebracht hat mir mein lockeres Spiel). Wenn es was wen ist: Mein Stand ist ererbt aus Urväterzeiten, Wechselndem Kriegsglück verdank' ich, daß ich Ritter bin, nicht. Mantua rühmt sich Vergils, Catulls Verona, doch mich wird Einst man nennen den Ruhm jenes pälignischen Stamms, Den zu ehrendem Kampf sein Freiheitssinn einte, als vor der Bundesgenossenarmee ängstlich erzitterte Rom. Wenn des wasserreichen Sulmos Mauern, die wenig Fläche umschließen, dereinst irgendein Fremder erblickt, Wird er sagen: »Ihr habt einen großen Dichter geboren; Deshalb muß ich euch groß nennen, so klein ihr auch seid.« Feiner Knabe und du, amathusische Mutter des Feinen, Reißt die Standarten aus Gold aus meinem Felde heraus! Bacchus, er ließ, der Gehörnte, den Thyrsus, der schwerer ist, rasseln: Mit einem stolzen Gespann muß ich auf größere Bahn. Friedliche Elegien, heitere Muse, lebt wohl denn, Werk, welches fortleben wird, wenn es zu End ist mit mir.

A N H A NG

ERLÄUTERUNGEN ERSTES BUCH Ep. Man kann den Text als Hinweis des Dichters darauf verstehen, daß er eine bereits veröffentlichte Fassung der Amores, die »erste Auflage« (die uns dann nicht überliefert wäre) nun in einer »zweiten Auflage« publiziert, die nur noch drei Bücher umfaßt. Wahrscheinlich spielt Ovid aber lediglich mit dem bekannten Ausspruch des Kallimachos, ein »großes Buch« sei einem »großen Übel« gleich; vgl. Einführung S. 178. 1 Waffen ... : Der Ich-Sprecher wollte ein Epos in der Art von Vergils Aeneis (mit ganz ähnlichem Anfang: Arma virumque cano), deren Hauptthema Waffentaten und Kriege sind, schreiben. 2 die metrische Form: fortlaufende Hexameter, die jeweils aus sechs daktylischen Versfüßen bestehen. 4 einen Fuß stahl... er ... weg: Der jeweils zweite Vers wurde so zu dem aus zweimal zweieinhalb Daktylen, also sozusagen »fünf (Vers-)Füßen« bestehenden Pentameter und damit das, was als Epos begonnen hatte, zur Elegie, in der Hexameter und Pentameter (die zusammen das elegische Distichon bilden) miteinander abwechseln. 8 brennende Fackeln: als Symbol der Liebesglut, die (außer Amor) normalerweise Venus verursacht. 9 in Bergwäldem: w o Diana, die Jungfrau mit dem Köcher, jagt. 11 57

14 8 schrecklichen Sand: Vor dem Kampf der Gladiatoren wurde fri(15) scher Sand in die Arena gestreut. 11 Sterne: Nachdem die Götter die Menschheit durch die Große Flut vernichtet haben, lassen sie aus Steinen, die Deukalion und Pvrrha, die einzigen Uberlebenden, hinter sich werfen, neue Menschen entstehen (Ov. Met. 1.165 ^ 13 die rechtmäß'ge Bürde: Achilles. 15 Ilia: Rhea Silvia, die Mutter der 2nilhnge Romulus und Remus, der Gründer Roms (zu 3.6.48). 17 Äneas: ihr Sohn von Anchises; s. auch zu 1.2.51. 29 Medea: Sie tötet ihre beiden Söhne aus Rache an deren Vater Jason, der eine andere Frau geheiratet hat. 30 Itys: zu 2.6.7. 15 4 stecke ... in dir: Durch gezielte Wortwahl weckt der lateinische (16) Text in diesem Vers und im nächsten Distichon Assoziationen von einem Koitus; die deutsche Ubersetzung versucht, einen gewissen Eindruck davon zu geben. Ein besonderer Witz des Gedichtes liegt darin, daß nicht nur der Sprecher in seiner Wunschvorstellung, sondern auch der Ring eine »Verwandlung« durchläuft: Hier verhält er sich noch wie eine Vagina, später hat er ein erigiertes Glied. 9 Circes Kunst: zu 1.8.5. Der karpathische Greis ist Proteus, ein sich ständig verwandelnder Gott, der im karpathischen Meer (zu 2.8.20) wohnt. 16 1 Sulmo: s. Einführung S. 173. (17) 4 der ikarische Hund: der Hundsstern, dessen Aufgang Anfang August die Zeit der größten Hitze einleitet. Seinen Namen hat er von dem Hund des Atheners Ikarus; er wird wegen seiner Treue als Stern an den Himmel versetzt. 8 Pallas' Baum: die Olive, das Geschenk der Göttin. 13 Pollux: zu 2.11.29. 21 Syrien: zu 2.11.20. 23 Jungfrau: zu 2.11.17. Skylla, von Circe in ein Meerungeheuer verwandelt, hat am Unterleib bellende Hunde (Ov. Met. 14.11 ff.). Malea ist ein gefährliches Kap an der Spitze der Peloponnes. 2 5 Charyhdis: zu 2.11.17. 27 Neptun: der oberste Meeresgott. Mit den Göttern sind die Figuren von Schutzgottheiten am Heck des Schiffes gemeint. 31 Hero: Aus Liebe zu ihr durchschwimmt Leander jede Nacht den Hellespont, bis er ertrinkt, weil die von ihr angezündete Fackel, die ihm den Weg weist, erlischt (vgl. Ov. Her. 18/19).

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ERLÄUTERUNGEN

39 Kilikier: Bewohner einer Küstenlandschaft in Südkleinasien. Die Britanmer werden wegen ihrer Gesichtsbemalung als grün bezeichnet. Skythen bewohnten das heutige Südrußland. Weil Prometheus den von ihm aus Ton erschaffenen Menschen das Feuer gibt, läßt Jupiter ihn an den Kaukasus schmieden, wo ihm der Adler des Gottes täglich die Leber benagt. 17 3 sie: Venus, der die Insel Kythera (zu 1.3.4) und die Stadt Paphos (18) auf Zypern heilig sind. 15 Kalypso: Die Nymphe hält Odysseus während seiner Irrfahrten auf ihrer Insel Ortvgia gegen seinen Willen fest (vgl. Horn. Od. 5). 17 Numa: der (mythische) zweite König Roms, dessen Geliebte und Beraterin die Nymphe Egeria ist. Die Nymphe des Meers ist Thetis, die von demphthiotischen Fürsten Peleus verführt wird und ihm dann den Achilles gebärt (Ov. Met. 11.221 ff.). 19 Vulkan: zu 1.2.24. 21 Gedichtgattung: zu 1.1.4. 31 Eurotas: Fluß in Sparta. Der Padus (Po) fließt durch Norditalien. 18 1 zum Zorn des Achilles: Macer schreibt also ein Epos über die Er(19) eignisse des Trojanischen Krieges, die der Handlung von Homers Ilias (zu 1.9.33) vorausgehen. 3 Macer: zu 1.9.2. Auch über diesen Adressaten ist fast nichts bekannt. An ihn ist noch die Elegie Ex Ponto 2.10 gerichtet. 13 des Trauerspiels Ansehen mehrte mein Bemühn: Das elegische Ich spricht m. E. (wie Aristoteles in Kap. 4 der Poetik; vgl. bes. 1449a 13: »sie [die Tragödie] dehnte sich dann allmählich aus«) von der Gattung (zu deren »Fortschritt« er beigetragen haben will) tragoedia, nicht von einem bestimmten Stück. Biographisches Interpretieren bezieht den Vers auf die Medea, die Ovid laut Seneca d. Α., Quintilian und Tacitus verfaßt haben soll (die aber in seinem Werk nirgendwo erwähnt ist und von der nur zwei Verse erhalten sind). Aber in dem ganzen Gedicht geht es um die Konfrontation der »kleinen« Gattung Elegie mit ihren Variationsmöglichkeiten (Amores, Heroides) mit den »großen« Gattungen Epos und Tragödie, nicht um eine autobiographische Aussage über Ovids Entwicklung als Dichter (vgl. Holzberg 1997). 15 den Mantel: wie das Szepter und die bunten Kothurne (zu 1.15.15) typische Requisiten der Tragödienschauspieler. 16 Mit eines Bürgersmanns Hand: Die Tragödie, in der Könige die Protagonisten sind (daher auch das Szepter), paßt nicht zu der Person des Ich-Sprechers, der als Elegiker einer Gegenwelt zur Welt

ZUM ZWEITEN

BUCH

159

der H a u p t - und Staatsaktionen angehört (s. E i n f ü h r u n g S. 172) und insofern ein »einfacher Bürger« ist. 19 von Künsten des zärtlichen Amor ... was ich da lehre: D e r vorausgehende Text, in dem es um die Rechtfertigung der Tatsache geht, daß der Ich-Sprecher weiterhin elegische Liebesgedichte verfaßt, legt nahe, dies auf die Amores und nicht auf die Ars amatona zu beziehen, wie es in biographischen Interpretationen in der Regel geschieht. Also: »Ich darf entweder die Amores weiterführen, oder (V. 21 ff.) Heroides schreiben 21 Penelopes Brief: Anspielung auf Heroides 1. Im folgenden wird (in dieser Reihenfolge) auf Her. 2, 5, 11, 6, 10, 4, 7 und 15 angespielt. Penelope schreibt in Her. 1 an ihren noch nicht aus Troja zurückgekehrten Gatten Odysseus. Ii Phyllis: Thrakische Königin, die von Theseus' Sohn D e m o p h o o n verlassen wird und deshalb an ihn schreibt (Her. 2). 23 Paris: A n ihn schreibt die von ihm verlassene N y m p h e O n o n e (Her. 5). Jason: An ihn schreibt die von ihm verlassene Hypsipyle, die Königin von Lemnos (Her. 6). V. 33 zufolge ist dieser Brief gemeint, nicht der der Medea an Jason (Her. 12). 24 Makareus: An ihn schreibt seine Schwester Kanake, die er geschwängert hat, nach der Entdeckung des Kindes d u r c h den Vater und vor ihrem Selbstmord (Her. 11). Hippolyts Vater: Theseus, an den Ariadne von N a x o s aus schreibt (Her. 10; s. zu 1.7.15). Hippolyte: A n ihn schreibt Phädra (s. zu 2.4.31). 25 Dido: Sie schreibt an Aneas, der sie verlassen hat (Her. 7). Sappho: griechische Lyrikerin (daher die Kithara, ein Saiteninstrument) aus Lesbos (um 600 v. Chr.). In Her. 15 schreibt sie an Phaon, der sie verlassen hat. 27 Sabinus: U b e r ihn ist nichts weiter bekannt. 31 Elissa: Dido. 37 die Geliebte: Helena; zu 1.10.1. 38 Laodamia: die Frau des Protesilaus (zu 2.6.41), die, nachdem ihr Mann sie aus der Unterwelt besucht hat, ihm d o r t h i n folgt (vgl. Ov. Her. 13). 19 27 Danae: Tochter des Akrisius, der sie, weil ihm prophezeit wird, (20) ihr Sohn werde ihn töten, in ein ehernes G e m a c h sperrt. Jupiter schwängert sie in Gestalt eines Goldregens, sie gebärt Perseus, und dieser erschlägt versehentlich den Großvater. 29 lo: zu 1.3.21 und 2.2.45.

DRITTES BUCH 1

7 Elegta: die personifizierte Gattung Elegie. Bezeichnenderweise ist ihre äußere Erscheinung derjenigen Corinnas auffallend ähnlich: Als vom Dichter frei erfundene Figur ist auch sie sein »Werk« (vgl. Wyke 1989). 8 ihr einer Fuß ...: Anspielung auf die ungleiche Länge der beiden Verse des elegischen Distichons (zu 1.1.4). 12 Tragoedia: Auch sie ist die personifizierte Gattung, nicht etwa die Personifikation eines bestimmten tragischen Stücks des realen Autors Ovid. Allein schon die Tatsache, daß sie den Ich-Sprecher auffordert, »Taten von Männern« zu singen und sich als die Romana Tragoedia bezeichnet, wodurch die Beschränkung auf römische Stoffe angedeutet sein könnte (vgl. V. 2 5 und 29), spricht gegen eine Gleichsetzung der Tragoedia mit der Medea (s. zu 2.18.13). 13 Königsszepter ... Kothurn: zu 1.15.15 und 2.18.15 u n d 16. 23 Thyrsus: mit Weinlaub oder Binden umwundener Stab, den der Weingott Dionysos/Bacchus und seine Anhänger tragen. Da Dionysos der Gott der Tragödie ist, kann er offenbar den Ich-Sprecher mit dem Thyrsus zum Tragödiendichter machen, indem er ihn damit berührt oder schlägt (zu 3.15.17). 34 Myrtenzweig: zu 1.1.29. 37 Verse von ungleicher Länge: zu 1.1.4 und V. 8. 40 Euer Palast: zu 2.18.16. 53 geritzt in Wachs: zu 1.11.7. Man hat sich offenbar vorzustellen, daß der von der Geliebten ausgeschlossene elegische Liebhaber sein Täfelchen mit der (Brief-)Elegie an die Tür hängt. 57 zerbricht mich: das Wachstäfelchen. 64 ertönt, von dir angerührt, mächtig mein Mund: wohl eine Art Sprachwunder, erzeugt durch magische Berührung. 70 Von hinten ...: Da opus auch für pems verwendet werden kann, könnte eine derb obszöne Anspielung vorliegen, zumal Tragoedia als Mannweib dargestellt wird und von dem Ich-Sprecher das Besingen der »Taten von Männern« (V. 25) verlangt (vgl. Kennedy 1993,62).

2

1 hier: beim Wagenrennen im Circus. 12 den Wendepunkt: die Wendemarke, die in möglichst engem Bogen zu umfahren besonderes Geschick verlangte.

ZUM D R I T T E N

BUCH

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r 3 m voller Fahrt: Wieder (s. zu 2 . 3 . 7 ) verwendet Ovid Wörter, die auch als Metaphern bei der Schilderung eines Koitus gebraucht werden können (vgl. bes. Ov. Ars 2 . 7 2 5 ff.). 15 Pelops: König Onomaus von Pisa will ihm nur dann seine Tochter Hippodamia zur Frau geben, wenn er ihn beim Wagenrennen besiegt; verliert er, droht ihm der Tod durch die Lanze des Königs. Er siegt dank einer List Hippodamias. 19 die Markierung ...: zu 2 . 7 . 3 . 2 9 Atalanta: Als Jägerin (zu 1.7.13) ist sie wie die Jagdgöttin Diana aufgeschürzt, so daß man ihre Beine sieht. Milanion, der sie liebt, folgt ihr in die Wälder. 3 0 mit seinen Händen gestützt: zu 2 . 4 . 2 2 . 38 Täfeichen: Vermutlich eine Wachstafel zum Notieren der Gespanne und Lenker. 4 3 der Festzug: Römische Spiele welcher An auch immer sind Teil des Kults und daher mit religiösem Zeremoniell verbunden. Hier ist es ein Festzug mit getragenen oder gefahrenen Götterbildern, der, vom Kapitol kommend, vor dem Wagenrennen die Bahn entlanggeht. 45 die Göttin des Sieges: Nike-Viktoria, die mit ausgebreiteten Flügeln dargestellt wurde. 51 Phöhe: Diana. 66 Prätor: Er gibt das Zeichen zum Start. Quadrigen: Viergespanne. 7 3 Quiriten: römische Bürger. 8 3 Sie hat gelacht: Wie schon mehrere frühere Bemerkungen im Text ist auch diese offensichtlich beiseite gesprochen wie das α parte in der antiken Komödie. Es besteht also kein Grund, die Rede des Ich-Sprechers mit V. 8 2 enden, ihn V. 8 3 als Erzähler und die von ihm angeredete Frau V. 8 4 sprechen zu lassen. 3

17 Kepheus' Tochter: Andromeda, die dafür büßen soll, daß ihre Mutter Kassiope sich den Nereiden gegenüber ihrer Schönheit gerühmt hat: Sie wird als Opfer für ein Meerungeheuer ausgesetzt. Aber Perseus rettet sie (Ov. Met. 4 . 6 0 4 ff.). 3 8 Semele: Sie verbrennt, als sie, von der als alte Frau auftretenden Göttin Juno dazu verleitet, ihren Liebhaber Jupiter bittet, ihr in seiner wahren, göttlichen Gestalt zu erscheinen und er dann mit Donner und Blitz zu ihr kommt. Bacchus, ihr noch ungeborenes Kind von ihm, näht der Gott in seinen Schenkel ein und trägt den Embryo so aus (Ov. Met. 3 . 2 5 3 ff.).

ERLÄUTERUNGEN

1 62

4

19 22 2} J9

Argus: zu 2.2.45. Danae: zu 2.19.27. Penelope: zu 1.8.47 u n £ l 3·9· 2 9· nicht ohne Vergehn: zu 3.6.48.

5

1 »Nachts war's ...·: Der Sprecher redet einen Traumdeuter an. Aus überlieferungsgeschichtlichen, sprachlich-stilistischen und inhaltlichen Gründen hält die Mehrzahl der Erklärer die Elegie für unecht (vgl. bes. Kenney 1969a, dagegen aber Semmlinger 1988). Motivisch erinnert sie aber in mehrfacher Hinsicht an 1.5 (»Mittag war's . . . « ! ) , nur daß das Verhältnis der puella zum Ich-Sprecher jetzt genau ins Gegenteil verkehrt ist. D a beim Vergleich zwischen den fünfzehn Gedichten des dritten Buches mit den fünfzehn G e dichten des ersten ständig thematische Verwandtschaft zwischen den einander von der Zählung her entsprechenden Gedichten erkennbar wird, fügt sich die Elegie (deren besondere Diktion und deren mittelalterliche Überlieferungsgeschichte durch das Thema »Traumdeutung und Allegorie« bedingt sein dürften) gut in die Motivstruktur des dritten Buches.

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1} Perseus: D e r Held, der Andromeda vor dem Meerungeheuer rettet (zu 3.3.17), bewegt sich mit Hilfe von Flügelschuhen durch die Lüfte und trägt dabei das Haupt der Medusa mit dem Schlangenhaar, deren Anblick versteinert (Ov. Met. 4.604 ff.). 15 Wagen: der von Drachen gezogene Wagen des Triptolemus, mit dem er im Auftrag der Göttin Ceres durch die ganze Welt fährt, um die Menschen den Ackerbau zu lehren (Ov. Met. 5.645 ff.). 25 Inachus: D e r Fluß(gott) von Argos auf der Peloponnes, der mit der Nymphe Melia verheiratet ist. 28 Xanthus: der Fluß von Troja, auch Skamander genannt. Über seine Liebesgeschichte mit Neaera ist nichts weiter bekannt. 29 Alpheus: der größte Fluß auf der Peloponnes. Verliebt in die arkadische N y m p h e Arethusa, verfolgt er sie, die vor ihm flieht, bis nach Sizilien, wo sie in Syrakus wieder als Quelle zum Vorschein kommt (Ov. Met. j . J 7 i ff.). 31 Peneus: Fluß in Thessalien, der Kreusa in der Einsamkeit von Phthia vor (ihrem späteren Gatten) Xuthus versteckt. 33 Asopus: der Fluß von Theben. Ü b e r die Geschichte seiner Liebe zu Thehe, nach der die Stadt benannt wurde, ist nichts weiter bekannt. 35 Achelous: der größte griechische Fluß. Er kämpft in der Gestalt eines Stiers mit Herkules um Deianira, wobei der Held ihm ein

ZUM DRITTEN BUCH

.63

Horn (hier: die Hörner) abbricht. Deianira kommt aus Kalydon, dem Hauptort Ätoliens (Ov. Met. 9.1 ff.). 39 Nilus: Der Ort seiner Quellen war in der Antike unbekannt. Zu seiner Liebe zu Euanthe ist nichts weiter überliefert. 43 des Salmoneus Tochter: Tyro, die von dem thessalischen Fluß Empeus geliebt wird. 45 Dich: den Anio, Nebenfluß des Tiber. Tibur ist das heutige Tivoli. Es wird im lateinischen Text als argivisch bezeichnet (was in der deutschen Wiedergabe nicht unterzubringen war), weil es von Argos aus gegründet wurde. 48 Ilia: Rhea Silvia, Tochter des Königs Numitor von Alba Longa, die, nachdem ihr Oheim Amulius ihren Vater aus der Herrschaft verdrängt hat, Vestalin werden und somit ein Keuschheitsgelübde ablegen muß. Sie wird von Mavors (Mars) vergewaltigt (Ov. Fasti 3.1 ff.) und gebärt Romulus und Remus, die späteren Gründer Roms. Die hier geschilderte Szene spielt unmittelbar nach der Vergewaltigung durch Mars. 53 Laomedon: König von Troja und Vater des Priamus. Ilia stammt über Aneas von ihm ab. 5 5 keine weiße Kopfbinde: eine solche würde sie als Vestalin normalerweise tragen. 77 die Hure: d. h. »auf mich als Hure, Ehebrecherin«: Vergewaltigte Frauen galten in der Antike in der Regel nicht als Opfer einer Gewalttat, sondern als Schande für die Angehörigen. 81 schlüpfrig: Die deutsche Übersetzung versucht, wenigstens einen Eindruck von den obszönen Wortspielen des lateinischen Textes zu geben. 7

8 sithonisch: thrakisch. 13 Schierlingskraut: zu 1.12.9. 21 die Vestalin: zu 3.6.48. 27 thessalisches Gift: zu 1.14.40. 31 Gesänge: zu 2.1.23. 41 Nestor: König von Pylos, der als Kämpfer vor Troja bereits im dritten Menschenalter steht. 42 Tithonus: zu 1 . 1 3 . 1 . 51 der Geheimnisverräter: Tantalus (zu 2.2.44). 61 Phemius: Sänger auf Ithaka (erwähnt u. a. Horn. Od. 1.154)· 62 Thamyras: thrakischer Sänger, den die Musen mit Blindheit schlagen, weil er sich mit ihnen mißt (Horn. II. 2.594 ff.). 78 dich ... niederzulassen: im Lateinischen membra ponere »die

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ERLAUT?: RUNG KS Glieder niederlegen«, aber man kann auch »das Glied« verstehen (dichterischer Plural wie 2.15.25; 3.7.13 und 65). 79 eine aeaeische Zauberin: zu 1.8.5.

8

15 das spät erst erworbne Gold: ein Ring als Abzeichen des Ritterstandes. 28 eine Nacht: bei einer habgierigen Frau. 29 da β nichts so mächtig wie Gold ist: Man sagte normalerweise nihil est Potentins love (bzw. deo) - »Nichts ist so mächtig wie / mächtiger als Jupiter (bzw. Gott)« (Hinweis von Gerlindc Bretzigheimer). j o der Maid: der Danae (zu 2.19.27). 35 Saturnus: der Vater Jupiters, der im Goldenen Zeitalter (Ov. Met. 1.89 ff.) der oberste Gott ist. 51 Quirinus: N a m e des Romulus nach seiner Vergöttlichung. Zu Göttern erhoben werden auch Liber (Bacchus), Herkules und der Diktator C . Iulius Caesar. 5 5 die Kurie: der Ort der Sitzungen des römischen Senats. 57 Marsfeld und Forum: Orte für politische Reden und Wahlversammlungen. 62 wie ein sabinisches Weih: zu 1.8.39.

9

1 eine Mutter ... eine Mutter: Aurora und Thetis. 4 dein Name: In der Antike leitete man elegeia volksetymologisch von e e legein (griech., »weh und ach sagen«) ab. 5 Tibulle: Z u dem um 19 v. Chr. verstorbenen Elegiker s. Einführung S. 1 7 1 . 7 der Knabe der Venus: Amor. 13 seines Bruders Äneas: Beide sind Söhne der Venus. Julus (Askanius) ist der Sohn des Äneas. 16 ihres Jünglings: des Adonis (Ον. Met. 10.503 ff.). 21 der Vater ... die Mutter: Apollo und die Muse Kalliope. Der Gesang des Orpheus verzaubert nicht nur Menschen, sondern auch Tiere und Pflanzen (Ov. Met. 10.1 ff.). 23 Linos: Sohn des Apollo, der bei seinem Tod das Ailinon (»Wehe um Linos«) anstimmt. 26 mit dem pierischen Naß: dem Musenquell. Pierien am O l y m p ist die Musenlandschaft. 27 Avemus: See in Kampanien, der als Eingang in die Unterwelt galt. 29 Mühen von Troja: der Kampf um Troja als Thema von H o mers Ilias. Mit dem Stichwort Webarbeit wird auf die Odyssee

ZUM D R I T T E N

BUCH

angespielt: Penelope, die Frau des lange von zu Hause abwesenden Trojakämpfers Odvsseus, hält ihre Freier dadurch hin, daß sie erklärt, sie müsse, bevor sie wieder heiratet, ihrem Schwiegervater Laertes das Totenhemd weben, und daß sie jede Nacht auftrennt, was sie tagsüber gewoben hat. 31 Delia ... Nemesis: In Tibulls Elegiensammlung ist Delia die Geliebte des Ich-Sprechers in 1.1-3 und 5-6, Nemesis in 2.3-6. 33 die ägyptischen Klappern: zu 2.13.11. Als Anhängerin des IsisKultes, der den Frauen auch Enthaltsamkeit vorschrieb, erscheint Delia in Tib. 1.3.23 ff. 45 Sie: Venus (zu 2.10.11). 47 das phäakische Land: Anspielung auf die Situation, in der sich der Ich-Sprecher in Tib. 1.3 befindet: Er liegt todkrank auf der Insel der Phäaken und fürchtet ein Begräbnis, bei dem seine Mutter und seine Schwester nicht anwesend sein können. 49 hier: in Rom (ebenso hierher in V. 51). 58 Mich hielt sterbend er fest: Anspielung auf Tib. 1.1.60, wo der Sprecher sich vorstellt, Delia werde, wenn er stirbt, seine Hand halten. Hier behauptet Nemesis, daß sie das getan habe. 60 im elysischen Tal: zu 2.6.49. 62 Catull: s. Einführung S. 173. Wie er war Calvus (82 - 47 v. Chr.) Verfasser erotischer Gedichte (die alle verloren sind). 64 Gallus: s. Einführung S. 173. Er starb 26 v. Chr. durch Selbstmord, zu dem ihn wahrscheinlich Augustus zwang. 10

1 die Zeit des Festes der Ceres: Sie begann am 12. April (Ov. Fasti 4.393 ff.). Zu den Zeremonien gehörte u. a. kultische Keuschheit. 9 Orakelstätten: Ein berühmter Orakelbaum war die Eiche in Dodona. 19 die Kreter: Sie galten in der Antike als notorisch verlogen. 20 Jupiter: Er wird als Säugling auf Kreta vor seinem Vater Saturnus versteckt, damit dieser ihn nicht verschlingt, und von einer Ziege gesäugt (Ov. Fasti 5.111 ff.). 25 Jasius: Kreter, mit dem Ceres Plutus, den Gott des Reichtums, zeugt. 41 Minos: König von Kreta, als gerechter Richter bekannt. 45 die Tochter: Proserpina, die, nachdem sie von Pluto, dem Gott der Unterwelt entführt worden ist, von Ceres gesucht wird (Ov. Met. 5.341 ff. und Fasti 4.417 ff.).

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6 Hörner: zum Gegenstoß. 29 ist mein Schiff geschmückt

mit dem Kranze:

den Göttern zum

ERLÄUTERUNGEN

Dank für die glückliche Heimkehr in den Hafen, der hier Metapher für ein Leben ohne elegische Liebe (und Dichtung) ist. 33 Ringend ziehen mein leichtes Herz ...: Viele Erklärer meinen, hier beginne ein neues Gedicht. Vgl. aber Holzberg 2 1998, S. 70 f. 12

15 Theben und Troja und Caesars Talen: Stoffe für ein mythologisches bzw. historisches Epos, das der Ich-Sprecher statt der erotischen Elegien hätte verfassen können (zu 1.1.1); mit Caesar ist hier zweifellos Augustus gemeint. 18 Apoll: als Dichtergott. 22 Skylla: Das Meerungeheuer (zu 2.11.17 und 2.16.23) wird hier gleichgesetzt mit der gleichnamigen Tochter des Königs Nisus von Megara. Sie schneidet ihrem Vater das magische Haar ab, das die Stärke der Stadt garantiert (Ov. Met. 8.1 ff.). 23 Füßen Federn ...: Anspielung auf die Flügelschuhe des Perseus und das Schlangenhaar der Medusa (zu 3.6.13). Perseus, der Nachkomme des Abas, reitet auf dem geflügelten Roß Pegasus (auf dem allerdings normalerweise Bellerophon sitzt). 25 Tityos: Gigant, der, weil er Latona zu vergewaltigen versucht, in der Unterwelt büßen muß. D o n liegt er über neun Klafter hingestreckt. Der Schlangenhund ist Kerberus, der Wächter der Unterwelt, dessen drei Köpfe von Schlangen bedeckt sind. 27 Enkeladus: einer der Giganten (zu 2.1.11). Doppelgestaltige Fraun sind die Sirenen, Dämonen mit Vogelleib und Frauenkopf, die Seeleute durch ihren Gesang betören, so daß diese an den Klippen, auf denen die Sirenen sitzen, scheitern (Horn. Od. 12.39 ff.). 29 Äolus: der Gott der Winde, der, um Odysseus eine sichcre Heimfahrt nach Ithaka zu ermöglichen, ihm einen Schlauch, in dem Winde eingesperrt sind, mitgibt (Od. 10.19 ff.). Tantalus: zu 2·2·44' 31 Niobe: Weil sie, stolz auf ihre vierzehn Kinder, Latona, die Mutter von nur zwei Kindern, Apollo und Diana, lästert, töten diese beiden Götter ihre Kinder, und sie wird vor Schmerz zu Stein (Ov. Met. 6.146 ff.). Die Jungfrau ist Kallisto, die, nachdem Jupiter sie vergewaltigt hat, in eine Bärin verwandelt wird (Ov. Met. 2.401 ff.), Kekrops ist der erste König Athens, die Cecropis ales also Philomela (zu 2.6.7). 33 Jupiter: Anspielung auf die Mythen von Leda, Danae und Europa (zu 1.3.22 und 23 sowie 2.19.27). 35 Proteus: zu 2.15.9. Thebens Aussaat: Kadmus sät die Zähne eines Drachens, den er tötet, und gründet mit den Helden, die aus der Saat hervorgehen, Theben (Ov. Met. 3.1 ff.). Stiere, die Flammen ...

ZUM D R I T T E N

BUCH

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spien: Jason (zu 1.15.21) muß in Kolchis mit feuerspeienden Stieren pflügen (Ov. Met. 7.100 ff.). 37 Lenker des Wagens: Phaethon, der Sohn des Sonnengottes, der den Wagen des Vaters so ungeschickt lenkt, daß Jupiter ihn töten muß. Aus den Tränen, die seine Schwestern, die Heliaden, deswegen weinen, entsteht Bernstein (Ov. Met. 2.iff). Die Schiffe des Aneas werden in Meergöttinnen verwandelt (Ov. Met. 14.5 27 ff. nach Verg. Aen. 9.77 ff.). 39 Atreus: Er setzt seinem Bruder Thvestes dessen Kinder als Speise vor, weswegen sich die Sonne voll Grausen abwendet. Hartes Gestein ...: Anspielung auf den Mythos, demzufolge der Sänger Amphion durch sein Lyraspiel bewirkt, daß Steine sich von selbst zu den Mauern Thebens fügen. 13

1 meine Frau: Zwar gehört coniunx zu den Wörtern, die auch für eine elegische Geliebte verwendet werden können, aber hier spricht das elegische Ich offensichtlich von seiner Ehefrau. Das geschieht nicht zufällig in einem der letzten Gedichte der Sammlung, sondern dient der impliziten Ankündigung des nahe bevorstehenden Endes der elegischen Liebe (und der »subjektiven« elegischen Liebespoesie) des Sprechers. Zum Beleg kann man Remedia amoris (»Heilmittel gegen die Liebe«) V. 565 f. heranziehen (Hinweis von Mario Labate): »Lebt einer ärmlich mit seiner Frau, deren Mitgift nur klein war, / Denk' er, zu seinem Pech komme die Frau noch hinzu«; d. h. auch hier dient die Gattin als »Heilmittel« gegen die elegische Liebe. Biographische Überlegungen dazu, welche seiner drei Frauen der reale Autor Ovid meinen könnte, sind also müßig. Land der Falisker: Gemeint ist die Etruskerstadt Falerii nördlich von Rom, die 394 v. Chr. von dem römischen Diktator Camillas unterworfen wurde. 11 Tibia: Flöte, die die Griechen aulös nannten und die unserer Klarinette ähnelte. 19 Die verriet sie: Über diese Ursprungssage ist sonst nichts weiter bekannt. 27 nach der Väter griechischer Sitte: Falerii galt als Gründung des Haläsus aus Argos (s. V. 31 ff.), eines unehelichen Sohnes Agamemnons. 31 Agamemnons Tod: zu 1.7.9.

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3 Zensor: römischer Beamter, der u. a. die Einhaltung der von den Vorfahren überkommenen Sitten überwacht. 9 Quirit: römischer Bürger.

ERLÄUTERUNGEN

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ι Mutter der zarten Amores: Venus, die M u t t e r d e r E r o t e n , a b e r a u c h ( z u s a m m e n mit A m o r ) I n s p i r a t i o n s g o t t h e i t d e r Amores. 2 die letzte Bahn: Beim W a g e n r e n n e n m u ß die B a h n z w i s c h e n z w e i Wendemarken mehrfach durchfahren werden. 3 Päligner: s. E i n f ü h r u n g S. 173. 7 Vergil: z u 1.15.25. Catull: zu 3.9.62. 10 Bundesgenossenarmee: A n s p i e l u n g auf d e n italischen B u n d e s g e n o s s e n k r i e g (91 - 88 v. C h r . ) , in d e m R o m s H e g e m o n i e b e d r o h t war. 15 amathusische Mutter: Venus, n a c h i h r e m K u l t o r t A m a t h u s aut Zypern. 17 Bacchus: D e r W e i n g o t t , d e r gelegentlich mit S t i e r h ö r n e r n d a r g e stellt w i r d , ist z u g l e i c h d e r G o t t d e r T r a g ö d i e . E r p r a k t i z i e r t hier e i n e A r t D i c h t e r w e i h e , i n d e m er m i t d e m Thyrsus (zu 3.1.23) rasselt ( u n d d e n I c h - S p r e c h e r schlägt?). D e r schwerere T h y r s u s u n d d i e größere B a h n sind M e t a p h e r n f ü r d i e T r a g ö d i e , die als G a t t u n g » g r ö ß e r « ist als die z u r » K l e i n p o e s i e « g e h ö r e n d e Elegie (zu 2.18.13).

EINFÜHRUNG Moderne Erklärer lyrischer Gedichte, die die Person des darin »ich« Sagenden von derjenigen des Dichters trennen und folglich den IchSprecher als Produkt poetischer Phantasie ansehen, könnten sich, wenn sie wollten, auf einen antiken Mythos berufen, der gewissermaßen das Aition (»Ursprungssage«) der Metamorphose eines realen in ein fiktives Ich darstellt. Dieser Mythos wird im ersten der insgesamt fünfzig Liebesgedichte (Amores) Ovids erzählt: Der Dichter, den der Leser zunächst mit dem Ich-Sprecher identifizieren durfte, behauptet, er sei in dem Moment, als er begonnen habe, ein Epos zu schreiben, von Amor gezwungen worden, statt dessen erotische Elegien zu verfassen; dieses Verwandeln eines Epikers in einen Elegiker habe der Liebesgott dadurch bewirkt, daß er dem Dichter erst einmal aus dem zweiten Vers seines Epos, einem Hexameter, einen Versfuß stahl, wodurch das erste Verspaar zu einem elegischen Distichon wurde, und dann dadurch, daß er den Dichter durch einen Pfeilschuß verliebt machte. Es liegt auf der Hand, daß der Entschluß Ovids, Liebeselegien zu dichten, in der Realität auf diesem Wege nicht herbeigeführt worden sein kann. Man darf deshalb vermuten, daß der Dichter uns hier in mythischer Form mitteilt, er beginne mit dem ersten Gedicht seiner Amores die von der Gattungstradition der Elegie vorgegebene Rolle des elegischen Ich-Sprechers zu spielen, also diejenige einer von ihm erfundenen Person, die in elegischen Distichen von ihren Erfahrungen mit der elegischen Liebe berichtet. Was ist das nun, »elegische« Liebe? Es ist die literarische Spielart der erotischen Verfallenheit eines Mannes an eine Frau oder einen Knaben. »Literarisch« bedeutet, daß die Berichte des elegisch Verliebten über seine Gefühle und seine Erfahrungen mit dem Objekt seiner Leidenschaft nicht (oder zumindest nicht primär) auf persönlichen Erfahrungen des realen Autors, sondern auf der Anwendung der Gesetze einer literarischen Gattung, also einer Art »Grammatik« erotischen Denkens und Handelns fußen. Wie eine solche »Grammatik« angewandt werden kann, wissen die meisten heutigen Rezipienten von Fiktionalität am besten aus Detektivgeschichten, deren besonderer Reiz bekanntlich gerade darin liegt, daß man sie in Kenntnis bestimmter Erzählmotive, wie sie u. a. von berühmten Autoren von Kriminalromanen wie Conan Doyle oder Agatha Christie kreiert und mehrfach verwendet wurden, liest oder auf der Leinwand bzw. dem Bildschirm

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EINFÜHRUNG

dargestellt sieht. Wie hier ζ. B. die Person des Detektivs (der ja auch als I c h - E r z ä h l e r fungieren kann) das sich ihm stellende P r o b l e m der A u f klärung eines M o r d e s mit H i l f e von M e t h o d e n , die einer literarischen Tradition verpflichtet sind, zu lösen versucht, so versucht der elegisch Verliebte sein P r o b l e m - er m ö c h t e die uneingeschränkte Z u n e i g u n g der von ihm geliebten Frau (bzw. des K n a b e n ) gewinnen b z w . sich erhalten, o b w o h l das o f f e n s i c h t l i c h nicht möglich ist - in B e f o l g u n g der Regeln der » G r a m m a t i k « elegischen Liebens zu lösen. »Elegisches« Lieben w i e d e r u m bedeutet vergebliches b z w . nicht in der gewünschten Weise erwidertes L i e b e n . U n t e r der Elegie als einer S o n d e r f o r m lyrischen Sprechens verstand man im R o m der zweiten Halindes i. J a h r h u n d e r t s v. C h r . , als O v i d seine Amores schrieb, die K l a g e eines Ich-Sprechers, insbesondere die Klage ü b e r M i ß e r f o l g e in der L i e besbeziehung zu einer Frau bzw. einem K n a b e n ; da der z w e i t e Fall in den Amores nicht v o r k o m m t , bleibt er hier ausgespart. D i e M i ß e r f o l g e ergeben sich aus V o r a u s s e t z u n g e n , die f o l g e n d e Personenkonstellation schafft: Bei d e m elegisch Verliebten handelt es sich u m einen z w a r k a u m über finanzielle Mittel, d a f ü r aber über e n o r m e literarische B i l d u n g und ein großes poetisches Talent v e r f ü g e n d e n R ö m e r aus gutem H a u s e - der Ich-Sprecher der Amores gehört d e m »zweiten Stand«, d e m der Ritter, an (1.3.8; 3 . 1 5 . 6 ) - , dessen ganzes Dasein die L i e b e zu einer einzigen Frau ausfüllt. Diese dagegen - bei O v i d heißt sie C o r i n n a - ist eine H e t ä r e , die, weil sie von der »Liebe« lebt, d e m D i c h t e r einen reichen L i e b h a b e r v o r zieht und ihm deshalb ihre G u n s t allenfalls gelegentlich schenkt. Meist verschließt sie ihm w ä h r e n d der N a c h t ihre T ü r , so daß er sich g e z w u n gen sieht, bis z u m M o r g e n g r a u e n in der H o f f n u n g , die G e l i e b t e w e r d e ihn doch noch einlassen, auf der Schwelle zu liegen und dabei ein Paraklausithyron (»an der T ü r gesungenes Klagelied bzw. rezitiertes K l a gegedicht«) ertönen zu lassen (vgl. Am. 1.6). D i e Situation des exclusus amator (»ausgeschlossener L i e b h a b e r « ) ist emblematisch und überdies erotische Metapher, da ja jedem vergeblich liebenden M a n n v o n der G e liebten ihr »Eingang« nicht g e ö f f n e t w i r d . A u s den genannten Voraussetzungen f ü r eine L i e b e s b e z i e h u n g ergibt sich ferner dies: E i n D i c h t e r , d e r sich die M a s k e des elegisch L i e b e n d e n und deshalb elegisch D i c h t e n d e n aufsetzt, kann durch sukzessive Schilderung der Situationen, in denen sein fiktives Ich klagt, und solchen, in denen es v o n erotischen E r f o l g e n berichtet, eine S e q u e n z v o n G e d i c h ten schaffen. D i e s e kann er so a n o r d n e n , daß der L e s e r bei f o r t l a u f e n d e r L e k t ü r e der G e d i c h t e in der R e i h e n f o l g e , in d e r sie in der S a m m l u n g stehen, den E i n d r u c k g e w i n n t , der I c h - S p r e c h e r erzähle ihm die G e s c h i c h t e seiner elegischen Liebe. In der Tat ist in den erhaltenen S a m m l u n g e n römischer Liebeselegien - außer O v i d s Amores sind das die S a m m l u n g e n

EINFÜHRUNG

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des Properz (um 5 0 - 1 5 v. Chr.) und Tibulls (um 50 - 18/17 v- Chr.) sowie das Elegienbuch Pseudo-Tibulls (Buch 3 des Corpus Tibullianum; wohl i.Jh. n. Chr.)-meist folgende Struktur zu beobachten: Am Anfang ist vom Beginn der elegischen Liebe(vgl. äußerem. 1.1-3 Prop· 1 1 sowie Tibull und Pseudo-Tibull, deren Sammlungen in elegische Zyklen zerfallen, 1.4, 2.1 und 3.8-12), dann in einer (z.T. längeren) Gedichtsequenz vom Auf und A b der elegischen Liebe (wobei das »Ab« überwiegt) und am Schluß von ihrem Ende (vgl. ä u ß e r e m . 3.15 Prop. 3.24/25) bzw. von einer Situation, die das Ende als unvermeidlich erscheinen läßt (Tib./Ps.Tib. 1.6, 1.9, 2.6, 3.5 und vielleicht 3.18), die Rede. Man kann deshalb geradezu von »Liebesromanen« sprechen, wobei freilich die Einschränkung zu machen ist, daß die Gedichte, die von den Episoden des Auf und Ab der elegischen Liebe ihren Ausgang nehmen, nicht nach dem Prinzip der eindeutig festzumachenden Chronologie eines Handlungsverlaufes angeordnet sind. Strukturprinzip ist eher das einer kunstvollen Variation typisch »elegischer« Situationen, die man als linear aufeinander folgende Episoden einer Geschichte lesen kann (vgl. ζ. B. Holzberg 1 1 9 9 8 , S. 5 5 ff.), aber nicht muß. Obwohl die elegische Liebe dem Ich-Sprecher weit mehr Leid als Freude bringt, kann ihre »Geschichte« von langer Dauer sein, d. h. sie kann in einer langen Reihe von Gedichten erzählt werden; bei Properz umfaßt der Cynthia-»Roman« der Bücher 1-3 entsprechend der Zählung unserer Ausgaben sogar 81 Elegien, also 31 mehr als Ovids Corinna-»Roman«. Der Grund für die Länge der »Geschichte« ist, daß elegische Liebe ebenso wie das Dichten von elegischer Liebe davon lebt, ja überhaupt nur dadurch ermöglicht wird, daß der »ich« sagende poeta/amator (»Dichter/Liebhaber«) trotz der Vergeblichkeit seines Liebens, trotz der häufigen Zurückweisungen und Demütigungen durch die von ihm geliebte Frau an seinem heftigen Verlangen, sie einmal doch noch für sich alleine zu gewinnen, beharrlich festhält. Die Trotzhaltung, die er einnimmt, bis er schließlich dann doch keinen Sinn mehr darin sieht, kommt in der Elegiensammlung in mehreren ständig wiederkehrenden Motiven zum Ausdruck. Als Liebhaber vergleicht er sich ζ. B. immer wieder entweder mit einem Sklaven, der trotz der permanenten Uberforderung und Mißhandlung durch seine despotische domina (»Herrin«) unverdrossen seine harte Arbeit tut, in diesem Falle als einen »Sklavendienst der Liebe« (servitium amoris·, ζ. B. Amores 2.17). Oder mit einem Soldaten, der trotz aller Strapazen und Entbehrungen, denen er sich unterziehen muß, alle Befehle befolgt, und zwar im Bereich der Liebe diejenigen Amors, dem er den »Kriegsdienst der Liebe« (militia amoris) leistet (ζ. B. Am. 1.9). Analog dazu kann der Ich-Sprecher einer römischen Elegie auf der Ebene

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seiner Tätigkeit als Dichter die Trotzhaltung der sogenannten recusatio (»Weigerung«) einnehmen: Er hält, obwohl er mit dem Abfassen eines Epos oder einer Tragödie, also »großer« Poesie, mehr Ehre und Ruhm gewinnen könnte als mit seinen Liebeselegien, an dieser »Kleinpoesie« so lange fest, wie er an der Liebe zu seiner puella (»Mädchen, junge Frau, Geliebte«) festzuhalten vermag (Am. 2 . 1 , 2.18 und 3.1). Wie man sieht, lebt der elegische poeta/amator in einer Welt mit anderen Normen als denen, die in einer bürgerlichen Gesellschaft gelten. Was speziell die römische Oberschicht des 1. Jahrhunderts v. Chr. betrifft, wurden ihre Wertbegriffe durch die elegischen regelrecht ins Gegenteil verkehrt. Denn es hätte größten Anstoß erregt, wenn ein Senator oder ein Ritter sich wie ein Sklave bedingungslos der Willkür einer Frau und noch dazu einer Freigelassenen unterworfen und dies öffentlich bekannt hätte. Als Soldat wiederum hatte ein Römer im Krieg zu kämpfen, nicht beim Minnedienst, zumal in den Senatorenfamilien um eine Frau nicht einmal geworben zu werden brauchte: Ehen wurden mit Rücksicht auf politische und finanzielle Interessen geschlossen, kamen also durch Vereinbarungen zwischen den Familienoberhäuptern zustande. Und spätestens nach dem Sieg Oktavians in der Schlacht bei Aktium (31 v. Chr.), durch den der Imperator die entscheidenden Voraussetzungen für die Errichtung des Prinzipats geschaffen hatte, erwartete man von einem Dichter, daß er in einem Werk der »großen« Dichtung die Taten des Herrschers, der sich ab dem Jahre 27 V. C h r . Augustus nannte, schilderte und verherrlichte. Amor, Palindrom zu Roma, wurde von der Oberschicht der Stadt, die die Welt regierte, geradezu als Gegenprinzip zu Staatsräson und Standesethik angesehen. Wer sich dem Gott so uneingeschränkt verschrieb wie die Ich-Sprecher der Liebeselegien, bekannte sich folglich zu einer alternativen Daseinsform. Mit gutem Grund hat man daher in dem Bekenntnis des elegischen poeta/amator zur Gegenwelt eines Lebens für die Liebe eine Protesthaltung und die indirekte Artikulation von Systemkritik erblickt; zum Vergleich wies man dabei auf die Staatsverdrossenheit der amerikanischen Jugend der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit ihrer Devise Make love, not war hin. Wirklich hatte in R o m in der Zeit des Ubergangs von der Republik zum Prinzipat die Nachwuchsgeneration der Senatorenkaste allen Grund, mit dem Staat unzufrieden zu sein. Schon seit der Zeit des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pompeius, also seit dem Ende der fünfziger Jahre des 1. Jahrhunderts v. Chr., war die Konvention, wonach jeder Angehörige der Oberschicht eine reelle Chance hatte, auf legalem Wege zu einer Machtposition innerhalb der Senatsaristokratie aufzusteigen, mehr und mehr außer Kraft gesetzt worden; jetzt wurden die wichtigen Ämter von den großen Imperatoren nach Gutdünken vergeben.

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Diese Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt, als der Sieger von A k tium bereits den Ehrennamen Augustus trug und erste Überlegungen anstellte, wie er seine Familie zur Herrscherdynastie machen könnte. Genau in dieser Zeit - das war Mitte der zwanziger Jahre - veröffentlichten Properz und Tibull ihre ersten Elegienbücher, nachdem bereits dreißig Jahre zuvor, also noch unter Caesar, Catull (um 84 - 54 v. Chr.) u. a. Elegien und elegische Epigramme mit erotischer Thematik und in den vierziger Jahren Cornelius Gallus (um 69/68 - 27/26 v. Chr.), der eigentliche Begründer der Gattung »Liebeselegie«, die (verlorene) erste Elegiensammlung mit dem Titel Amores publiziert hatte. Und um 15 v. Chr., als die Augusteische Monarchie fest etabliert war, erschienen Ovids Amores. Waren die Verfasser erotischer Elegien nun wirklich Systemkritiker, zumindest zwischen den Zeilen? Wenn man diese Frage beantworten will, muß man zunächst bedenken, daß nicht eine einzige derjenigen Stellen in den Texten des Properz, Tibull und Ovid, die man als antiaugusteisch interpretiert hat, nur so und nicht anders erklärt werden kann. Außerdem ist darauf zu verweisen, daß es explizite Äußerungen der Ich-Sprecher bei Properz und Ovid sowie motiwerwandte implizite Äußerungen des Sprechers bei Tibull gibt, durch die Positives über die Herrschaftsideologie des Augustus ausgesagt wird. Im Grunde können diejenigen, die die römische Elegie als systemkritisch interpretieren, sich nur auf zwei Textzeugen berufen. Diese belegen historisch einigermaßen glaubwürdig zwei Ereignisse der Ära des Augustus, bei denen wir Verfasser von Liebeselegien in Konflikt mit dem Kaiser und damit zwangsläufig auf der »Gegenseite« sehen: die Enthebung des Gallus von seinem Amt als (erster) Präfekt von Ägypten und seinen anschließenden Selbstmord 27/26 v. Chr. sowie die Verbannung Ovids um 8 n. Chr. Bei Gallus jedoch spricht alles dafür, daß er als Politiker, nicht als Dichter Anstoß bei Augustus erregt hatte. U n d wie steht es mit Ovid? Es ist an der Zeit, daß wir uns kurz seiner Vita zuwenden. Leider wissen wir nur wenig über das Leben des Dichters der Amores. Er wurde am 20. März 43 v. Chr. in Sulmo, der 90 Meilen von Rom entfernten Hauptstadt des italischen Volksstamms der Päligner, als Mitglied einer alten Familie des Landadels geboren und gehörte in Rom, w o er in seiner Jugend zum Juristen ausgebildet wurde, zum Ritterstand. O b wohl er die Möglichkeit zu einer senatorischen Karriere gehabt hätte, verzichtete er darauf - er konnte sich das vermutlich aufgrund eines gewissen Wohlstandes leisten - und widmete sich ganz einem Dasein als Dichter. Als er bereits eine stattliche Reihe von poetischen Werken publiziert hatte - um 15 v. Chr. die Amores, bald danach die Epistulae Heroidum 1 - 1 5 und die Medicamina faciei femineae, zwischen 1 v. und 4

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EINFÜHRUNG

η. Chr. die Ars amatorui und die Remedia amorts, vielleicht schon vor 8 n. Chr. die Metamorphosen und Buch i - 6 der Fasti sowie weitere uns nicht überlieferte Werke, darunter vielleicht eine Tragödie (Medea) - , traf ihn das Verbannungsurteil des Augustus. Er mußte den Rest seines Lebens in Tomi in der Dobrudscha am Schwarzen Meer verbringen, durfte allerdings sein Bürgerrecht und sein Vermögen behalten. Nach Vollendung weiterer Werke in den Jahren 8 - i 6 - Tnstia, Ibis, Epistulae ex Ponto, wahrscheinlich Epistulae Heroidum 1 6 - 2 1 und vielleicht Metamorphosen und Fasti (Buch 1 - 6 ) - starb der Dichter um 17/18 n. Chr. (wahrscheinlich) in Tomi. Was die Gründe für seine Verbannung betrifft, sind wir ganz auf die Aussagen des Ich-Sprechers in den Exilelegien angewiesen. Ihnen läßt sich nicht eindeutig entnehmen, ob Ovid dem Kaiser als Elegiker ein Ärgernis war oder nicht. Denn wenn sein elegisches Ego von zwei Verbannungsgründen spricht, aber nur einen nennt, die Abfassung des elegischen Lehrgedichtes Ars amatoria, und diesen Grund mit zahlreichen Argumenten als unzureichend darzustellen versucht, kann das ein Ablenkungsmanöver sein. Der Verbannte verrät uns nämlich, daß Augustus es nicht gern gesehen hätte, wenn der zweite Verbannungsgrund allgemein bekannt geworden wäre, und das gibt uns Anlaß zu folgender Annahme: Dieser zweite Grund war ein rein politischer; vermutlich hatte Ovid durch falsches Verhalten im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Augustus zur Sicherung der Thronfolge dessen Zorn erregt. Es ist also durchaus denkbar, daß der Verbannungsgrund »Liebeskunst« kaum von Bedeutung war oder sogar von Ovid erfunden wurde und daß folglich der Dichter ebenso wie Gallus vom Kaiser gar nicht in seiner Eigenschaft als Verfasser von Elegien bestraft wurde. Gibt es also neben der Möglichkeit, den betonten Rückzug des elegischen poeta/amator in ein alternatives Dasein als Artikulation der Kritik am Augusteischen Herrschaftssystem zu lesen, noch eine andere? N u n , eine Gegenwelt - oder sagen wir besser: eine verkehrte Welt - kannte man in der römischen Literatur schon lange vor der Zeit, in der die Elegiker schrieben, und zwar in der römischen Komödie. In den uns noch erhaltenen Stücken des Plautus (um 240 - 184 v. Chr.) und Terenz (um 19 5 nach 159 v. Chr.) finden wir wie in den Elegien des Properz, Tibull und Ovid den Typus des jungen Mannes aus gutem Hause, der - sehr zum Mißfallen seines die gesellschaftliche N o r m repräsentierenden Vaters ganz seiner heftigen Leidenschaft für eine Hetäre lebt und deshalb ζ. B. gelegentlich die Nacht auf ihrer Türschwelle verbringt. Dieser Jüngling kann auch ein Soldat sein, der in erster Linie einepuella erobern möchte, während seine kriegerischen Heldentaten lediglich in seinen Prahlereien existieren (vgl. Am. 1.9). U n d es gibt weitere Figuren im traditionellen

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Personeninventar der Komödie, die auch in der Elegie eine Rolle spielen und hier wie dort zusammen mit dem amator in einem monde a l'envers agieren: den Freund, an den sich der verliebte Jüngling vertrauensvoll wendet (Am. 1.7, 1.9, 2.10 und 2.18), die alte Kupplerin (Am. 1.8), die Magd der Hetäre (Am. 1 . 1 1 / 1 2 und 2.7/8) und natürlich die Hetare selbst. Wie die Lycoris des Gallus, die Cynthia des Properz, Tibulls Delia und Nemesis, Ovids Corinna und die Neaera des Lygdamus bei Pseudo-Tibull trägt sie einen griechischen Namen. Uberhaupt war es das griechische Milieu in seiner komödienhaften Verzerrung - vor allem Plautus läßt das Leben in Athen, w o die Stücke meist spielen, als allein Wein, Weib und Gesang gewidmetes Dasein erscheinen was das römische Publikum des Plautus und Terenz als Gegenwelt zu der eigenen bürgerlich-biederen Existenzform empfand. Doch die beiden Dramatiker, die diese Art von monde α l'envers inszenierten, begriffen sich schwerlich als Systemkritiker. Sie gaben ihren Zuschauern lediglich die Gelegenheit, zumindest für die Dauer der Vorführung einer Komödie sich im Geist aus ihrem römischen Alltag der strengen sittlichen Normen in ein diesem diametral entgegengesetztes Ambiente zu versetzen, um sich angesichts seiner Andersartigkeit zu erheitern, zu entspannen und seelisch für die Rückkehr in die vertraute Welt zu stärken. Wenn aber nun der allzu heftig verliebte Jüngling der Komödie nichts weiter ist als die Hauptfigur einer Verkehrten Welt, über die man in R o m ganz einfach lachte, warum sollte es dann mit dempoeta/amator der Elegie nicht ähnlich sein? Das gegenüber der K o mödie Neue an dieser Gattung ist, daß die Verkehrte Welt nach R o m versetzt ist. Aber vielleicht diente das allein der Verstärkung des komischen Effektes. Es ist ohne weiteres vorstellbar, daß römische Senatoren, wenn ihnen ein Elegiker seine Gedichte vortrug, in denen er in der fiktiven Rolle des poeta/amator Verkehrte Welt spielt, also ζ. B. wie ein griechischer Komödienjüngling übertrieben pathetisch und entsprechend »unrömisch« über sein Liebesleid jammert, sich nur darüber amüsierten. Im übrigen schließt Komik ja eine kritische Haltung keineswegs aus, im Gegenteil: Die »Wahrheit« wurde schon im R o m des Augustus gerne lachend gesagt, ζ. B. in der Horazischen Satire. Mancher zeitgenössische Rezipient der Elegie mag die Devise des Make love, not war lediglich lustig gefunden haben. Aber manchem verging vielleicht vorübergehend das Lachen, wenn er daran dachte, daß die politische Lage unter einem Herrscher, der den Senatoren das Mitregieren nur noch zum Schein gestattete, dazu einladen könnte, sich mit der Trotzhaltung eines poeta/amator zu identifizieren und sie als Ausdruck der Systemkritik zu verstehen. Es läßt sich wohl kaum entscheiden, ob die Elegiker ihr zeitgenössi-

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EINFUHRUNG

sches Publikum nur unterhalten und erheitern oder darüber hinaus auch zu kritischem Nachdenken über das Augusteische Rom anregen wollten. Versuchte man eine solche Entscheidung herbeizuführen, fiele das am schwersten bei den Amores, da Ovid weit stärker als seine Vorgänger im Bereich der Liebeselegie an die literarische Tradition anknüpft, die die Gattung mit der römischen Komödie verbindet. Das zeigt sich zunächst einmal darin, daß er offensichtlich bestrebt war, die Sprechsituationen seiner Elegien möglichst eng an diejenigen von Komödien anzugleichen. Während man bei Properz und Tibull oft große Mühe hat zu erkennen, unter welchen situativen Voraussetzungen der poeta/amator spricht - ζ. B. sind sich die Erklärer bis heute nicht einig, ob Tib. 1.2 ein Paraklausithyron ist oder nicht - , inszeniert Ovid sehr anschaulich. So präsentiert er uns in Elegie 1.8 die traditionelle Negativcharakteristik einer Kupplerin, die sich auch bei den anderen beiden Elegikern findet (Prop. 4.5; Tib. ι. 5.47 ff.), als eine Lauscherszene: Hinter einer Tür versteckt, verfolgt der Ich-Sprecher, wie die alte Frau seine Geliebte in den von einer Hetäre zu erlernenden Fertigkeiten unterweist. Der Dichter kann sein Alter ego bei der Anrede an eine als anwesend zu denkende Person so lebendig agieren und gleichzeitig das durch sein Sprechen ausgelöste Geschehen beschreiben lassen, daß man sich dieses genau vorstellen kann; besonders meisterhaft angewandt hat Ovid die Technik des Aufbauens einer »Wortkulisse«, wie die Theaterwissenschaft das nennt, in dem Gedicht 3.2, wo der Ich-Sprecher als Zuschauer beim Wagenrennen im Circus versucht, einepuella zu erobern: Der Leser sieht im Geist ganz genau die Reaktionen dieser Frau auf das, was der poeta/amator sagt, und überdies »erlebt« er, wie andere Zuschauer reagieren und was gleichzeitig auf der Rennbahn geschieht. In diesem Zusammenhang ist außerdem hervorzuheben, daß Monologisieren in den Amores weniger an das reflektierende Selbstgespräch eines lyrischen Ich als an die Rede einer Komödienfigur erinnert, die allein auf der Bühne steht. Ein Kabinettstück Ovidischer Monologkunst ist die Elegie 3.7, in der der Ich-Sprecher darüber klagt, daß er bei einem Rendezvous impotent war. Hier berichtet er simultan über die Abfolge der Ereignisse bei jenem peinlichen Erlebnis und über die Abfolge seiner durch die Erinnerung ausgelösten Gedanken. Der Monolog erreicht seinen Höhepunkt an der Stelle, w o die »Wortkulisse« uns den Körperteil, der beim Rendezvous versagte, in voller Größe vor das innere Auge stellt. Komik wird bei Ovid jedoch nicht nur durch die Vergegenwärtigung einer komödienhaften Szenerie erzeugt, sondern auch und vor allem durch ein ebenso witziges wie kunstvolles Spiel mit den für die Liebeselegie typischen Gattungselementen. Während man bei Properz und Tibull den Eindruck hat, hier nähmen die »ich« Sagenden die elegischen

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»Wcribegriffe« noch ernst - bei näherem Hinsehen erkennt man freilich auch bei ihnen spielerisches Abwandeln von Motiven, die sich ja z. T. schon in der archaischen griechischen Liebespoesie finden - , nimmt Ovid der elegischen Liebe ihr Pathos oder führt sie sogar ad absurdum. Als Beispiel diene sein Umgang mit der Situation der Klage vor der verschlossenen Tür. Auch der Ich-Sprecher der Amores erzählt uns einmal von einer dort verbrachten Nacht (1.6). Aber sein Paraklausithyron richtet sich nicht, wie sonst üblich, an die Tür oder die dahinter befindliche puelL1, sondern er bittet den Türsklaven, ihm aufzumachen. Derjenige, der sich der »Sklaverei der Liebe« unterzieht, führt einen Dialog mit einem »anderen« Sklaven, solidarisiert sich sogar mit ihm und erscheint so selbst als »echter« Sklave. Der poeta/amator nimmt also eine in der Elegie häufig verwendete Metapher beim Wort. Das tut er in gewisser Weise auch an der Stelle des Gedichtes, wo er sagt, der Sklave brauche die Tür nur einen Spalt zu öffnen, da ihn, den amator, die lange Liebe dünn gemacht habe (V. 5 f.). Ovids Spiel mit der Bildersprache erotischer Poesie grenzt oft an Eulenspiegelei. Während der poeta/amator in der Elegie 1.6 insofern noch im Sinne der Gattungstradition handelt, als er darüber klagt, daß die Tür der puella verschlossen ist, beschwert er sich in 2.19 darüber, daß ihm der Zugang zu einer Frau zu leicht ermöglicht werde. Er wendet sich damit an ihren Mann (oder ständigen Partner), der die puella nicht bewachen läßt. Die Rolle des ausgeschlossenen Liebhabers fordert der poeta/amator jetzt deshalb ganz ausdrücklich, weil der Reiz des Verbotenen für ihn ein unverzichtbares sexuelles Stimulans darstellt. Doch während der elegisch Liebende hier das Leiden an der Liebe bewußt in Kauf nimmt, zeigt er sich in einem anderen Gedicht, der Elegie 3.14, gerade dazu nicht bereit, indem er seiner Geliebten, die ihn ständig betrügt, folgenden Vorschlag macht: Sie dürfe weiterhin fremdgehen, solle das aber vor ihm verheimlichen, ja, falls er doch etwas bemerke, alles abstreiten, damit ihm der Liebesschmerz erspart werde. Betrachtet man diesen Gedanken aus der Sicht der Tradition der Elegie, sieht man die Grenzen der Gattung - das Gedicht steht nicht zufällig unmittelbar vor dem Epilog der Amores (3.15) - endgültig gesprengt. Denn Leiden ist geradezu das Wesen elegischen Liebens und kann deswegen nicht einfach durch einen Kompromiß ausgeschaltet werden. Das Spiel der Amores mit der Gattung kann der Leser nur dann adäquat würdigen, wenn er die elegischen Referenztexte, die bei Ovid zur Zielscheibe von Parodie und Persiflage werden, gut kennt. Aber dieses Wissen reicht nicht aus, da in der Gedichtsammlung auch zu Werken anderer Gattungen der antiken Dichtung intertextuelle Bezüge hergestellt werden; gleich in den ersten Worten der ersten Elegie klingt die Ein-

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gangszeile von Vergils Aeneis an (s. S. 143). S c h o n den epigrammatischen V o r s p r u c h der Amores kann man w o h l nur richtig verstehen, wenn man seine literarischen A n s p i e l u n g e n w a h r n i m m t . D i e E r k l ä r e r pflegen diesen Text als a u t o b i o g r a p h i s c h e A u s s a g e des realen A u t o r s O v i d über die E n t s t e h u n g der E l e g i e n s a m m l u n g zu lesen. D e n n die in dem E p i g r a m m sprechenden G e d i c h t b ü c h e r v e r k ü n d e n , sie seien, eben noch fünf an der Z a h l , jetzt nur noch drei, weil f ü r den Fall, daß die L e k t ü r e dem Leser so i m m e r noch kein Vergnügen bereite, die Pein a u f g r u n d der Verminderung u m z w e i B ü c h e r wenigstens geringer werde. U n d das soll nun besagen, O v i d habe die Amores zunächst in fünf B ü c h e r n und viele J a h r e später in einer auf drei B ü c h e r z u s a m m e n g e k ü r z t e n zweiten A u f l a g e publiziert, die somit alleine überliefert w ä r e . Vielleicht trifft das zu. A b e r m u ß O v i d den u m f a n g r e i c h e r e n Text, w e n n es ihn denn wirklich gab, der Ö f f e n t l i c h k e i t vorgelegt haben? Warum sind v o n der -ersten A u f lage« nicht einmal w i n z i g e Fragmente erhalten? Soll es etwa ernst gemeint sein, w e n n die drei B ü c h e r v e r k ü n d e n , der L e s e r w e r d e weniger »Pein« bei ihrer L e k t ü r e als bei der der längeren Fassung haben? Z u den Amores als einer D i c h t u n g , die ständig mit literarischen B e z ü gen spielt, paßt eine Interpretation, die v o n solchen B e z ü g e n ausgeht, besser. O v i d erwartet o f f e n b a r v o m Leser, daß dieser sich an ein berühmtes Wort des K a l l i m a c h o s (um 3 2 0 - 245 v. C h r . ) erinnert: D e r »Klassiker« der recusatio, der p r o g r a m m a t i s c h e n A b l e h n u n g des Verfassens »großer« Poesie, in dessen N a c h f o l g e sich nicht nur C a t u l l und die E l e g i k e r , sondern ζ. B . auch Vergil und H o r a z stellten, spricht einmal v o n einem »großen B u c h « als einem »großen Ü b e l « . D e m e n t s p r e c h e n d erklären die B ü c h e r bei O v i d einfach - und das ist sicherlich ironisch gemeint - , sie seien als w e n i g e r großes Werk das kleinere Ü b e l . D a s impliziert nicht z w a n g s l ä u f i g , daß sie als »großes« Werk bereits publiziert w u r d e n , sondern kann bedeuten - und ich d e n k e , daß es so ist - , daß O v i d eine v o n i h m zunächst zusammengestellte größere Textmasse im U m f a n g v o n fünf P a p y r u s r o l l e n noch v o r der V e r ö f f e n t l i c h u n g auf den U m f a n g v o n drei R o l l e n kürzte. D a m i t hätte er voll und ganz die Ford e r u n g einer an K a l l i m a c h o s orientierten Poetik nach sorgfältig ausgearbeiteter und auf w i r k l i c h gelungene Verse beschränkter Poesie erfüllt. Vielleicht spielt er in d e m E p i g r a m m auch auf seinen Vorgänger Prop e r z an. D i e s e r verfaßte vier (oder, w e n n man sich mit einigen Erklärern das überlange z w e i t e B u c h der mittelalterlichen K o d i z e s aus zwei antiken B ü c h e r n z u s a m m e n g e s e t z t d e n k t , f ü n f ) E l e g i e n b ü c h e r . O v i d könnte also indirekt sagen wollen: »Ich hätte ein B u c h m e h r als P r o p e r z « (oder: »ebenso viele B ü c h e r w i e P r o p e r z « ) »publizieren k ö n n e n , aber als guter K a l l i m a c h e e r habe ich mir das versagt.« D e r I c h - S p r e c h e r der Amores

äußert sich also in seinem epigrammati-

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sehen Vorspruch sowohl direkt als auch zwischen den Zeilen theoretisch über seine Tätigkeit als poeta. Es gibt mehrere Gedichte in der Sammlung, die ganz ausdrücklich diesem Thema gewidmet sind - sie stehen jeweils am Anfang und am Ende der drei Bücher (1.1, 1.15, 2.1, 2.18, 3.1 und 3.15) aber gleichzeitig zieht sich implizite Metapoetik wie ein roter Faden quer durch die Elegien. So kann man ζ. B. vieles, was der poeta/amator über die puella erzählt, auf einer zweiten Bedeutungsebene, die durch die Polysemie bestimmter lateinischer Begriffe ermöglicht wird, als Aussage über seine Dichtung lesen. Voraussetzung dafür ist, daß die puella wie die Elegiensammlung »sein Werk« ist, und das trifft, zumindest auf der poetologischen Ebene, in der Tat zu. Während biographisches Interpretieren einst versuchte, die von den Ich-Sprechern der Elegiensammlungen geliebten Frauen zu »enttarnen«, also als real existierende Personen zu identifizieren, geht man heute mit Recht davon aus, daß sie allesamt fiktive Gestalten sind, von den Elegikern in der Absicht erschaffen, als Reflektoren der Gedanken ihres poetischen Ego zu dienen. Cynthia, Delia, Nemesis, Corinna und Neaera sind, wie Alison Sharrock es treffend formuliert hat, Produkte von »womanufacture«. Man kann folglich, wenn der Sprecher von Amores 1.5 in den Versen, in denen er die Schönheit der nackten Corinna beschreibt, von ihrem corpus (»Körper«) spricht, welches keine menda (»Makel«) aufweise, das auch so verstehen, als spräche er von dem Korpus seiner Elegien als einer von (Kunst-)Fehlern freien Dichtung; eine solche wurde ja auch gemäß der an den Forderungen des Kallimachos orientierten Poetik der augusteischen Dichter von Ovid zu seiner Zeit erwartet. Und wenn der poeta/amator in der Elegie 2.4 erklärt, er sei polygam, und damit von der Gattungsnorm abweicht, die von ihm die sklavische Hingabe an eine einzige puella verlangt, dürfen wir das auf einer zweiten Leseebene so verstehen, daß er als poeta ein Auge auf Spielarten der Gattung Elegie geworfen hat, in denen nicht die Liebe eines männlichen Ich-Sprechers zu einer puella (oder einem Knaben) im Zentrum steht. Wirklich lesen wir bereits in den Amores, und zwar nicht zufällig im dritten Buch, in dem der poeta/amator von großen Problemen mit der ihn betrügenden Geliebten spricht, mehrere Elegien, die, nur locker mit der erotischen Thematik der Sammlung verknüpft, andere für die Gattung geeignete Themen behandeln. Das beginnt mit 3.6, wo der Ich-Sprecher angesichts der Tatsache, daß ein über die Ufer getretener Fluß ihm den Weg zu der puella versperrt, in einer Scheltrede gegen den »liebesfeindlichen« Fluß die Namen mehrerer verliebter Flußgötter nennt und dann die Geschichte von der Liebe des Anio zu Ilia erzählt. 3.9 enthält die Klage des Sprechers über den Tod Tibulls, 3.10 den Mythos von der Liebe der Ceres zu Jasius und 3.13 das Aition (»Ursprungssage«) zu bestimmten

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Ritualen des jährlichen Junofestes in Falerii. Die elegische Mythenerzählung, zu der auch die aitiologische Geschichte gehört, und die elegische Klage über etwas anderes als Liebesleid - das sind Variationsformen der Gattung, die sich in Ovids späterem CEuvre mehrfach finden: in den Fasti einerseits und in den Exilgedichten andererseits. Es dürfte klar geworden sein, welche Bedeutungsvielfalt des Textes der Amores sich dem Leser erschließt, wenn er die darin versteckten literarischen Bezüge und die Wortspiele wahrnimmt. Was die mehrdeutigen lateinischen Begriffe betrifft, liegt es bei erotischer Poesie nahe, daß diejenigen mit obszöner Konnotation besonders häufig sind. Doch sie sind nicht für jedermann leicht erkennbar und bereiten auch einem Ubersetzer große Schwierigkeiten. Freilich gibt es Möglichkeiten, in einer deutschen Wiedergabe des Ovidtextes wenigstens einen Eindruck davon zu vermitteln, wie zotenhaft der poeta/amalor sich gelegentlich (zumindest indirekt) ausdrücken kann. Die bereits vorliegenden Verdeutschungen haben das zu ihrem Schaden ignoriert, weshalb ich mich nach Kräften bemüht habe - speziell einer metrischen Ubersetzung sind da enge Grenzen gesteckt - , das bisher Versäumte wenigstens an einigen signifikanten Stellen nachzuholen. Die hier gegebenen Erläuterungen zum Text können freilich im Rahmen eines Tusculum-Bandes auf dem Gebiet der Kommentierung von sprachlichem Double-entendre, Intertextualität und impliziter Metapoetik nur erste Hilfe leisten und auch diese nur sporadisch; der Interessierte sei deshalb auf die sehr ergiebigen wissenschaftlichen Kommentare von M c K e o w n (1987/1989/1998) und Booth ( 1 9 9 1 ) verwiesen. Das soeben zum Anspielungsreichtum des Textes der Amores Ausgeführte soll keineswegs den Eindruck erwecken, als müsse man ein Klassischer Philologe sein, um die Gedichtsammlung mit Gewinn lesen zu können. Denn für den Elegiker Ovid gilt, daß er ein modernes Lesepublikum, welches wenig oder gar nichts von der Geschichte und Kultur des griechisch-römischen Altertums weiß, so direkt anspricht wie kaum ein anderer antiker Autor; die besonders in jüngerer Zeit sehr lebhafte Auseinandersetzung mit seinem Werk, bei der man geradezu von einem »Ovid-Boom« sprechen kann, belegt das zur Genüge. Es ist außer dem geistreichen Witz der Amores, der, wie ich zu zeigen versucht habe, allein schon durch die komödienhafte Präsentation der elegischen Thematik hervorgerufen wird und der auf dieser Ebene ohne jede Vorkenntnis goutiert werden kann, vor allem Ovids erotische Psychologie, die die heutigen Leser der Elegiensammlung und anderer Werke des Römers fasziniert. Den liebenden Menschen in seinem Denken und Handeln möglichst wirklichkeitsnah darzustellen, hat dieser Dichter sich immer sehr bemüht. Einen Hinweis auf sein Bemühen

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gibt er selbst, wenn er in der Elegie ζ. ι einen jungen Leser an der Person des Ich-Sprechers der Amores die Symptome seiner eigenen Verliebtheit erkennen und voll Staunen ausrufen läßt: »Belehrt von welchem Verräter, / schrieb der Dichter da auf, was mir grad selbst widerfuhr?« (V. 9 t'.)· I η der Tat ist es ein Identifikationsangebot an den Leser, das von Ovids Amores ausgeht. Was hier der poeta/amator mit seiner Corinna und anderen puelLte erlebt, entspricht einer denkbar breiten Palette von Möglichkeiten erotischer Erfahrungen, sodaß zweifellos «für jeden etwas dabei· ist, das ohne weiteres nachvollzogen werden kann. Mit Recht hat man deswegen den im Deutschen nicht adäquat wiederzugebenden Titel Amores - es ist der Plural sowohl des Eigennamens Amor als auch des Wortes amor (»Liebe«) - außer mit »Liebesgedichte« auch mit »Liebeserfahrungen« übersetzt. Von solchen ist bereits in den Elegiensammlungen des Properz und Tibull ausführlich die Rede, aber Ovid hat das Themenspektrum beträchtlich erweitert, vor allem im Bereich der Krisensituationen in einer erotischen Beziehung. E r läßt uns erstmals miterleben, wie sich ein junger amator verhalten kann, nachdem er die Geliebte geschlagen hat (1.7), wenn ihr, weil sie sich - vermutlich um einem anderen Mann zu gefallen - die Haare gefärbt hat, diese ausgefallen sind (1.14), während sie ihn vor seinen Augen mit einem anderen Mann betrügt (2.5), nachdem sie abgetrieben hat ( 2 . 1 3 / 1 4 ) oder wenn er impotent ist (3.7). Doch auch Momente des Liebesglücks werden in den Amores nicht ausgespart, und hier erschließt Ovid der erotischen Poesie gleichfalls Neuland. So gibt es ζ. B. kein antikes Gedicht, das man mit der Elegie vergleichen kann, in der der Ich-Sprecher während einer Siesta in einem halbdunklen Raum der keineswegs widerstrebenden Geliebten das Kleid vom Leibe reißt, um mit ihr zu schlafen (1.5). Ebensowenig kennen die Vorgänger Ovids den (erst seit dem Mittelalter häufiger anzutreffenden) Gedichttyp, den die Literaturwissenschaft »Tagelied« nennt. In Ovids Elegie dieses Typs sagt der poeta/amator zu Beginn in besonders schönen Versen, wie herrlich es ist, zur Zeit des Tagesanbruchs im Bett in den Armen derpuella zu liegen (1.13). Gedichte, die die rund zweitausend Jahre alte Elegiensammlung besonders »modern« erscheinen lassen, sind diejenigen, die das Thema »Untreue in der Liebe« behandeln. Nehmen wir als Beispiel noch einmal die Elegie 3.14, in der der poeta/amator die Seitensprünge seiner puella unter der Bedingung duldet, daß sie ihm, der keine Eifersuchtsqualen leiden will, diese verheimlicht. Man kann sich gut vorstellen, daß heutzutage, w o Liebe, Partnerschaft und Ehe in die gefühlsarme Welt von Business und Elektronentechnologie eingebunden sind, Männer und Frauen, die sich nicht durch die mit Eros und Sex verbundenen

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Unwägbarkeiten in ihrem modern life eingeschränkt sehen wollen, sich auf ein solches agreement mit dem ständigen Partner einlassen und vielleicht sogar damit leben können. Ovid ging es wohl gar nicht darum, auch das Thema von 3.14 zu einer Art Modellfall zu machen, da er es, wie wir gesehen haben, aus der Motivtradition der Gattung Elegie entwickelte, um damit deren Grenzen aufzuzeigen. Aber ein literarisches Werk muß ja nicht zu allen Zeiten so gelesen werden, wie es in der Epoche, in der es entstand, vielleicht gelesen werden wollte. Im Gegenteil: Wenn es die Zeiten überdauert, weil es Menschen späterer Epochen etwas sagt, das es den Zeitgenossen noch nicht sagte, dann ist gerade das ein Zeichen von hoher literarischer Qualität. Und diese Qualität der Zeitlosigkeit ist Ovids Amores mit ihrer ebenso humorvollen wie psychologisch eindringlichen Darstellung von Szenen aus dem Leben eines liebenden jungen Dichters unbedingt zuzugestehen.

LITERATUR Von dem großen »Ovid-Boom« der achtziger und neunziger Jahre haben alle Werke des Dichters, sogar der Ibis , profitiert, aber die Amores nicht in dem Maße, wie man es sich gewünscht hätte. Von jeher das Stiefkind der Ovid-Forschung, haben sie es immer noch nicht zu einem vollständigen modernen Kommentar und einer überzeugenden Monographie gebracht. So fehlt denn auch eine Spezialbibliographie, die so verläßlich wäre, daß die vorliegende daran anknüpfen könnte. Deshalb wurden etwas mehr Titel aufgenommen als sonst üblich. Sie werden in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt und anschließend nach den einzelnen Büchern und Gedichten aufgeschlüsselt. Vorweg seien die für die Interpretation unentbehrlichen Hilfsmittel genannt: Bibliographien und Forschungsberichte·. Barsby 1978, Coletti 1981, Marty η 1981, 2449-2459; textkritische Ausgaben·. Munari 1951, Kenney 1961 ( i 1994), Lenz 1965, Goold 1977; Kommentare: Brandt 1911 [I-III], Barsby 1973 [I], McKeown 1987/1989/1998 [I-II], Booth 1991 [II]; Übersetzungen: Harder/Marg 1956, Lenz 1965, Goold 1977, von Albrecht 1997; Konkordanzen: Deferrari/Barry/McGuire 1939, Purnelle 1990. Die Abkürzungen entsprechen denen der Annee Philologique. Albrecht, M. v. (1997): Ovid: Amores. Liebesgedichte. Lateinisch/Deutsch. Übers, u. hg. von Μ. ν. Α., Stuttgart. - / E. Zinn (1968): O v i d , Darmstadt (Wege der Forschung 92). Athanassaki, L. (1992): The Triumph of L o v e and Elegy in O v i d ' s A m o r e s 1,2, M D 28, 1 2 5 - 1 4 1 . Barchiesi, A . (1989): Voci e istanze narrative nelle Metamorfosi di O v i d i o , M D 23. 55-97- (1988 [1997]): O v i d the Censor, A J A H 1 J, 96-105. Barsby, J . (1973): O v i d ' s Amores, B o o k O n e , O x f o r d , Nachdr. Bristol 1979. - (1978): O v i d , O x f o r d (Greece & Rome: N e w Surveys in the Classics 12). - (1996): O v i d ' s Amores and R o m a n C o m e d y , in: F. C a i r n s / M . Heath (Hgg.), Roman Poetry and Prose, G r e e k Poetry, E t y m o l o g y , Historiography, Leeds (Papers of the Leeds International Latin Seminar 9 = Area 34), 1 3 5 - 1 5 7 . Bertini, F. (1976): La Ringkomposition negli A m o r e s ovidiani e l'autenticitä dcll' elegia III j . R C C M 18, 1 5 1 - 1 6 0 . - (1995): Amores III 5 e l'elegia pseudoovidiana D e sompnio, in: I. G a l l o / L . Nicastri (Hgg.), Aetates Ovidianae. Lettori di O v i d i o dall'antichita al rinaseimento, Neapel, 223-237.

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Hp

Cameron 1968; Ginsberg 198}, 20-2); Conte 1986, 84-87; McKeown 1987/1989/1998, II, 1-6; Barchiesi 1988 [1997], 1 0 1 - 1 0 3 ; Döpp 1992, i 9 i . ; Martin 1994, 17-19; Boyd 1997, 142-147; Holzberg 1997, 10-14; Holzberg 2 1998, 41-43.

1.1

Reitzenstein 1935, 67-73 = 2 1 1 - 2 1 8 ; Wimmel i960, 300-305; Korzeniewski 1964, 187-189; Stroh 1971, 144-148; Barsby 1973, 40-45; Hoffmann 1976, 131 f.; Morgan 1977, 9 - 1 1 ; Lvne 1980, 15 9 f.; Ginsberg 1983, 29-31; Labate 1984, 17-22; Buchheit 1986; McKeown 1987/1989/1998, II, 7-30; Glatt 1991, 143-149; Moles 1991; Döpp 1992, 36-39; Keith 1992; Kennedy 1993, 58-63; Martin 1994, 2of.; Zimmermann 1994, 4-8; Booth 1995, 1 0 7 - 1 1 2 ; Buchan 1995, 54-56; Tarrant 1995,64 f.; Boyd 1997, 97 f. 137 f. 147-149; D'Anna 1 9 9 9 , 7 1 .

1.2

Reitzenstein 1935, 73-76 = 218-222; Jäger 1967, 136f.; Barsby 1973, 45-51; Morgan 1 9 7 7 , 1 1 f.; Lyne 1980,257-259; Phillips 1980; Ginsberg 1983,31-34; Labate 1984,67-69; McKeown 1987/1989/1998, II, 31-59; Moles 1991; Athanassaki 1992; Zimmermann 1994, 9f.; Booth 1995, 1 1 3 - 1 1 9 ; Buchan 1995, 56-66; Boyd 1997, 98 f. 1 4 9 - 1 5 1 .

ι .3

Curran 1966; Barsby 1 9 7 3 , 5 1 - 5 5 ; Olstein 1975; Hoffmann 1976, 132140; Burck 1977; Morgan 1977,46-48; Lyne 1980,257; Ginsberg 1983, 37f.; McKeown 1987/1989/1998,II,6o-75;Cairns 1993; Zimmermann 1994, 10-12; Woytek 1995; Boyd 1997, 1 5 1 - 1 5 3 .

1.4

Daube 1966; Barsby 1973, 56-65; Hoffmann 1976, 172; Stroh 1979, 328 f.; Ginsberg 1983,38 f.; McKeown 1987/1989/1998, II, 76-102; Dimundo 1991, 276-286; Martin 1994, 35-38; Zimmermann 1994, 12; Buchan 1995, 72-76; Barsby 1996, 149f.

1.5

Barsby 1973, 66-71; Rudd 1976, 199-210; Nicoll 1977; Lyne 260 - 264; Martyn 1981, 2440; Hinds 1987, 4 - 1 1 ; M c K e o w n 1989/1998, II, 103-120; Papanghelis 1989; Schubert 1993; •994/95. 29-33; Martin 1994, 38-40; Zimmermann 1994, Buchan 1995,67-72; Boyd 1997, 154-157.

1.6

Stroh 1 9 7 1 , 1 5 1 A. 38; Barsby 1973,70-81; Scivoletto 1976, 23 f.; Morgan 1977, 56-58. 69f.; Yardley 1978, 29-34; Lyne 1980, 246-249; Martyn 1981, 2440f.; Watson 1982; McKeown 1987/1989/1998, II, 1 2 1 161; Barsby 1996, 140-143; Boyd 1997, 36-38.

1980, 1987/ Keith 12-14;

192

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Frankel 1 9 4 ; , 18-20 = 84-87; Khan 1966; Pirker 1969, 84-87; Barsby 1973,82-91; Lyne 1980,249-2;!. 254f.;Gößl i98i;Martyn 1 9 8 1 , 2 4 4 1 ; Kcul 1989, 1 9 0 - 1 9 ; ; McKeown 1987/1989/1998, II, 162-197; Gauly 1990, 120-129; Morrison 1992; Martin 1994, 46-50; Boyd 1997, 122 i j o . 157-160.

1.8

Barsby 1973, 90-107; Labate 1977, 285-298; Morgan 1977, 59-67; Ginsberg 1983, 44f.; McKeown 1987/1989/1998, II, 198-256; Gross 1995/1996; Barsby 1996, 138-140; Myers 1996.

1.9

Barsby 1 9 7 3 , 1 0 6 - 1 1 5 ; Scivoletto 1976, 36f.; Lyne 1980, 251 f.; Oistein i98o;Labate 1984,92-96; McKeown 1987/1989/1998, II, 257-280; Pianezzola 1990; Glatt 1991, 149-153; Woytek 1995, 420f.; Boyd 1997, 160-163.

1.10

Lee 1962, 154f.; Curran 1964; Parker 1969, 88-90; Stroh 1971, 155 f.; Barsby 1973, 1 1 4 - 1 2 7 ; Morgan 1977, 70-72; Lyne 1980, 252-254; Labate 1984, 1 1 6 - 1 2 0 ; Keul 1989, 104-106; McKeown 1987/1989/1998, II, 281-307; Gauly 1990, 27; Barsby 1996, 149; Boyd 1997,104-109.

1 . 1 1 / 1 2 Jäger 1967, 15-20; Barsby 1973, 128-139; DuQuesnay 1973, 30 bis 40; Davis, 1977, 76-85; Morgan 1977, 78 f.; Erbse 1978; McKeown 1987/1989/1998, II, 308-336; Damon 1990, 276f. 278 f.; Labate 1991, 48 f. 1.13

Frankel 1945, 1 1 - 1 7 = 12-18; Parker 1969, 80-84; Müller 1971; Barsby 1 9 7 3 , 1 4 0 - 1 4 7 ; Gransden 1979; McKeown 1987/1989/1998,11, 337 bis 363; Döpp 1992,60-68.

1.14

Parker 1969, 9of.; Barsby 1973, 146-157; DuQuesnay 1973, 2of.; Scivoletto 1976, 27f.; McKeown 1987/1989/1998, II, 364-386; Gauly 1990,129-136; Kennedy 1993,71-77; Martin 1994,49-51; Zetzel 1996; Boyd 1997, 1 1 7 - 1 2 2 .

1.15

Wimmel i960, 302f.; Barsby 1973, 156-164; Morgan 1977, 21-24; Giangrande 1981, 25-33 = 515-523; Vessey 1981; Miller 1983,290-292; Buchheit 1986, 258; McKeown 1987/1989/1998, II, 387-421; Glatt 1991, 158-164; Martin 1994, 23-25; Zimmermann 1994, 16-20; Boyd 1997, 166-170; Woytek 1997; D'Anna 1999, 71 f.

LITERATUR

193

BUCH 2 Jäkel 1970, 1 5 - 2 1 ; Lörcher 1975, 49-74; Wille 1984, 406-415; Holzberg 1990, 98-108; Holzberg 1 1 9 9 8 , 62-68. 2.1

Reitzenstein 1935, 77-81 = 222-227; Wimmel 1960, 303-305; Korzeniewski 1964, 1 8 9 - 1 9 1 ; Stroh 1971, 1 4 9 - 1 5 4 ; Morgan 1977, 1 2 - 1 7 ; G i angrande 1981, 33-40 = 523-530; Ginsberg 1983, 23-27. 39-44; Labate 1984, 22f.; Gauly 1990, 18-24; Booth 1991, 24f. 99-104; Döpp 1992, 39-43; Martin 1 9 9 4 , 2 5 - 2 7 ; Boyd 1 9 9 7 , 1 9 1 - 1 9 4 ; Califf 1997; M c K e o w n 1987/1989/1998, III, 1-25; D ' A n n a 1999, 72 f.

2.2/3

J * g e r '967, 2 5 - 3 1 ; Hoffmann 1976, 145 f.; Davis 1977, 86-97; Stroh 1979, 339; Lyne 1980, 267f.; Damon 1990, 280-285; Gauly 1990, 203210; Booth 1991, 30-33. 1 0 5 - 1 1 3 ; Labate 1 9 9 1 , 5 1 f.; Barsby 1 9 9 6 , 1 4 4 146; McKeown 1987/1989/1998, III, 26-63.

2.4

Hoffmann 1976, 1 5 6 - 1 5 8 ; Labate 1977, 3 2 1 - 3 2 5 ; Morgan 1 9 7 7 , 50-54; Lyne 1980, 268 f.; Gauly 1990, 27 f.; Booth 1991, 34 f. 1 1 3 - 1 1 8 ; Keith 1994/95, 3 3 - 3 5 ; McKeown 1987/1989/1998, III, 64-84.

2.5

Frankel 1945, 30 = jof.; Daube 1966, 2 2 8 - 2 3 1 ; Jäger 1967, 1 2 8 - 1 3 2 ; Hoffmann 1976, 1 7 3 - 1 7 6 ; Lyne 1980, 264 f.; Keul 1989, 1 8 1 - 1 9 0 ; Booth 1991, 38-41. 1 1 8 - 1 2 4 ; Dimundo 1991, 286-291; B o y d

1997,

1 1 0 - 1 1 6 ; McKeown 1987/1989/1998, III, 85-107. 2.6

Lyne 1980, 265; Schmidt 1 9 8 ; ; Davis 1989, 89-98; Myers 1990; Booth 1991, 44f. 1 2 4 - 1 3 1 ; Woytek 1995, 438 A . 93; Boyd 1997, 1 7 0 - 1 7 9 ; Schmitzer 1997; McKeown 1 9 8 7 / 1 9 8 9 / 1 9 9 8 , 1 1 1 , 108-145.

2.7/8

Lee 1962, 1 5 5 - 1 5 8 ; Jäger 1 9 6 7 , 9 - 1 4 . 1 1 8 f . ; Hoffmann 1976, 147. 149; Davis 1977, 98-107; Lyne 1980, 2 6 9 - 2 7 1 ; Martyn 1981, 2442-2449; Watson 1983; Damon 1990, 279f.; Booth 1991, 48 f. 1 3 1 - 1 3 7 ; Henderson 1991/92; Döpp 1 9 9 2 , 4 7 - 5 0 ; Booth 1995, 1 1 9 - 1 2 3 ; James 1997; McKeown 1 9 8 7 / 1 9 8 9 / 1 9 9 8 , 1 1 1 , 146-168.

2.9

Jäger 1967, 1 4 8 - 1 5 3 ; DuQuesnay 1973, 28f.; Lörcher 1975, 18-23; Morgan 1977, 30f. 3 7 f . 82f.; Cairns

1979, 1 2 5 - 1 3 1 ;

Giangrande

1 9 8 1 , 40-51 = 5 3 0 - 5 4 1 ; Labate 1984, 69-78; Keul 1989, 1 9 5 - 2 1 1 ; Damon 1990, 274-276. 285-288; Booth 1991, 52-55. 1 3 7 - 1 4 3 ; M c K e o w n 1 9 8 7 / 1 9 8 9 / 1 9 9 8 , 1 1 1 , 169-197.

LITERATUR

•94 2.10

Jäger 1967, 1 54-156; DuQuesnay 1973, 21 f.; Hoffmann 1976,152-156; Labate 1977, 3 1 5 - 3 2 1 ; Morgan 1977, 5of. 54-56; Lyne 1980, 271-274; Labate 1984, 102 A. 79; Booth 1 9 9 1 , 5 6 f . 143-146; Kennedy 1993, 60; Keith 1994/1995, 36 f.; Bovd 1997,38-40; McKeown 1987/1989/1998, III, 198-221.

2.11

Lee 1962, 164-168; Görler 1965; Jäger 1967, 3 1 - 3 3 . 120-124; Kühn 1970; Hoffmann 1976, 162-166; Labate 1977, 327-333; Morgan 1977, 75-77; Davis 1981, 2496-2498; Booth 1991, 60-63. 146-1 ί3; Boyd 1997, 20-30; McKeown 1987/1989/1998, III, 222-262; Fabre-Scrris •9 99

2.12

Jäger 1967, 31-33; Hoffmann 1976, 164-166; Pianezzola 1987; Cahoon 1988, 298; Booth 1991, 64Γ 1 5 3 - 1 5 7 ; Barsby 1996, 150; Bovd 1997, 81-89; McKeown 1987/1989/1998, III, 263-275.

2 . 1 3 / 1 4 Jäger 1967, 20-25; Parker 1969, 87f. 91 f.; Davis 1977, 1 0 8 - 1 1 7 ; Morgan 1977, 80-82; Stroh 1979, 343 f.; Due 1971-1980; Labate 1984,65 t.; Cahoon 1988, 299t.; Gamel 1989; Damon 1990, 280; Gauly 1990, 411-420; Booth 1 9 9 1 , 7 0 - 7 3 . 157-167; Martin 1994,51-54; McKeown 1987/1989/1998, III, 274-3 1 5· 2.1 5

Lebek 1976; Scivoletto 1976, 34-37; Semmlinger 1981; Davis 1989, 89 bis 98; Booth 1991, 74t. 1 6 8 - 1 7 1 ; Woytek 1995, 438 A. 93; McKeown 1987/1989/1998, III, 316-327.

2.16

Scivoletto 1976, 25-27; Davis 1981, 2499-2502; Booth 1991, 78-81. 172-179; Boyd 1997,53-66; McKeown 1987/1989/1998, III, 328-366.

2.17

Stroh 1 9 7 1 , 156f.; Hoffmann 1976, i4of.; Morgan 1977, 72-75; Lyne 1980, 265 f.; Cahoon 1988, 301 f.; Booth 1 9 9 1 , 8 2 f. 179-183; McKeown 1987/1989/1998, III, 367-381.

2.18

Wimmel i960, 305-307; Cameron 1968; Stroh 1 9 7 1 , 1 4 1 - 1 4 3 ; DuQuesnay 1973, 25-27; Morgan 1977, 14f.; Davis 1981, 2477^; Neumeister 1982; Labate 1984, 24f.; Booth 1991, 86f. 183-190; Döpp 1992, 32-35; Heldmann 1994; Boyd 1997,194 f.; Holzberg 1997, 11 bis 13; Holzberg 1 1 9 9 8 , 42-44; McKeown 1987/1989/1998, III, 382-405; D'Anna 1999, 73-75.

2.19

Lee 1962,159 f.; Hoffmann 1 9 7 6 , 1 5 0 - 1 5 2 ; Labate 1977,301-305; Morgan 1977, 35 f.; Lateiner 1978; Stroh 1979,337-339; Lyne 1980, 274 bis

LITERATUR

•95

ζ77; Labate 1984, 66 f.; Booth 1991,90-92. 190-195; Glatt 1991, 154 bis 157; Bovd 1997, 195 f.; McKeown 1987/1989/1998, III, 406-433.

BUCH 3 Jäkel 1970, 21-25; Lörcher 1975, 74-98; Morgan 1977, 87-105; Wille 1984, 416-421; Holzberg 1990, 108-118; Holzberg 2 1998, 68-74. 3.1

Reitzenstein 1935, 81-85 = " 7 " * } * ; Wimmel i960, 295-297; Lee 1962, 169 f.; Stroh 1971, 143 f.; Schrijvers 1976; Morgan 1977, 17-21; Labate 1984, 25-28; Wyke 1989; Döpp 1992,43-47; Martin 1994, 27-29; Boyd •997. 195-200; D'Anna 1999, 75 f.; Mazzoli 1999.

3.2

Jäger 1967,132-135; Thomas 1969; Jäger 1970; Hoffmann 1976, 146f.; Davis 1979; Lyne 1980, 28of. 283; Labate 1984, 79-81; Gauly 1990, 137-202; Miller 1991, 46-50; Labate 1991, 49f.; Booth 1995, 124-132; Boyd 1997, 204-210.

3.3

Jäger 1967, 156-159; DuQuesnay 1973, 13-15; Morgan i977,34;Keul 1989, 172-180; Keith 1 9 9 4 / 1 9 9 5 , 3 7 f ; Boyd 1997, 40-46.

3.4

Morgan 1977, 38-41; Stroh 1979, 339-341; Lyne 1980, 277-280.

3.5

Jäger 1967,125-128; Kenney 1969; Lörcher 1975, 23-25; Bertini 1976; Semmlinger 1988; Keul 1989, 168-171; Bertini 1995.

3.6

Scivoletto 1976, 24f.; Morgan 1977, 88-90; Barchiesi 1989, 62 f.; Connors 1994,108-112; Martin 1994,41 f.; Boyd 1997, 2 1 1 - 2 1 9 .

3.7

DuQuesnay 1973, 22f. 28; Hoffmann 1976, 149f.; Scivoletto 1976, 34f.; Morgan 1977, 90-92; Labate 1991, 53; Martin 1994,42-44; Keith 1994/1995,38; Sharrock 1995; Holzberg 2 1998, 25; Obermayer 1998, 283-289.

3.8

Stroh 1971, 153 f.; Hoffmann 1976, 166-169; Morgan 1977, 92-94; Labate 1984,93 A. 61. 1 1 5 f.; Martin 1994, 44-46; Barsby 1996, 146-148.

3.9

Morgan 1977, 94-97; Perkins 1993; Martin 1994, 61-65; Boyd 1997, 179-189; Rced 1997.

3.10

DuQuesnay 1973, 24 f.; Morgan 1977, 97; Boyd 1997,67-79.

LITERATUR

196 3.11

Lee 1961, 1 6 0 - 1 6 4 ; J ä g e r 1967, 1 4 1 - 1 4 8 ; Lörcher 1975, 1 5 - 1 7 ; H o f f m a n n 1976» 1 7 6 - 1 8 1 ; M o r g a n 1 9 7 7 , 8 3 - 8 5 . 9 7 f . ; C a i r n s 1 9 7 9 , 1 3 1 - 1 4 1 ; G r o s s 1985, 1 5 9 - 1 6 8 ; Keul 1989; D a m o n 1990, 288-190; D ö p p 1992, 51-60.

3.12

Jäger 1967, 1 3 8 - 1 4 1 ; Stroh 1 9 7 1 , 1 5 7 - 1 7 3 ; H o f f m a n n 1976, 1 6 9 - 1 7 1 ; S c i v o l e t t o 1 9 7 6 , 28 f. 1 4 7 - 1 5 1 ; M o r g a n 1 9 7 7 , 4 8 - 5 0 . 9 8 - 1 0 1 ; M c K e o w n >979·

3.13

M o r g a n 1 9 7 7 , 97; L e B o n n i e c 1 9 7 9 ; M i l l e r 1 9 9 1 , 5 0 - 5 7 ; B o y d

1997,

51-53· 3.14

H o f f m a n n 1 9 7 6 , 1 8 2 - 1 8 8 ; S c i v o l e t t o 1 9 7 6 , 2 9 - 3 1 ; M o r g a n 1 9 7 7 , 1 0 1 bis 104; Stroh 1979, 3 4 1 - 3 4 3 ; G r o s s 1985, 1 6 8 - 1 7 5 ; Keul 1989, 2 1 3 - 2 4 7 .

3.1}

L e e 1 9 6 2 , 1 7 6 - 1 7 8 ; M o r g a n 1 9 7 7 , 2 4 f . i 0 4 f . ; S c h m i t z e r 1994; B o y d 1 9 9 7 , 2 0 1 f.; D ' A n n a 1 9 9 9 , 76 f.

NACHWORT Der lateinische Text der vorliegenden Bilingue basiert auf demjenigen der bisherigen Tusculum-Ausgabe (7. Auflage 1992), ist aber an Stellen, wo die Ausgabe von Kennev und die Kommentare von M c K e o w n und Booth eine meines Erachtens bessere Lesart bieten, dementsprechend verändert; das Wichtigste dazu ist in den Erläuterungen gesagt. Die Übersetzung wurde von mir nach den Prinzipien angefertigt, die ich in der Einführung zu meiner Tusculum-Ausgabe der Ars amatoria und der Remedia amons dargelegt habe. Sie dürfte ähnlich wie die Prosaübersetzung Michael von Albrechts, die ich mit Gewinn herangezogen habe, modernen Bedürfnissen eher entsprechen als die Verdeutschung von Harder und Marg, die noch stark den Vorstellungen des 18. und 19. Jahrhunderts vom metrischen Ubersetzen verpflichtet und deshalb teils sprachlich schwer zugänglich, teils zu frei ist. Für eine gründliche Durchsicht meiner Ubersetzung und zahlreiche wertvolle Verbesserungsvorschläge bin ich Gerlinde Bretzigheimer ebenso zu Dank verpflichtet wie für ungemein anregende Gespräche, die ich mit ihr über die Interpretation der Amores führen durfte. Wichtige Hinweise verdanke ich außerdem Karin Prasch und Sven Lorenz, die auch bei der Manuskriptgestaltung unschätzbare Hilfe leisteten. München, im Frühjahr 1999

Niklas

Holzberg