Lepanto als Ereignis: Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto (1571) [1 ed.] 9783737007689, 9783847107682

160 15 11MB

German Pages [711] Year 2017

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Lepanto als Ereignis: Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto (1571) [1 ed.]
 9783737007689, 9783847107682

Citation preview

Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung

Band 21

Herausgegeben vom Vorstand des Forums Mittelalter – Renaissance – Frühe Neuzeit mit der Redaktion des Forums Mittelalter – Renaissance – Frühe Neuzeit, Berlin

Stefan Hanß

Lepanto als Ereignis Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto (1571)

Mit 35 Abbildungen

V&R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2198-6223 ISBN 978-3-7370-0768-9 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2017, V&R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Titelbild: Titelseite einer Nürnberger Lepanto-Flugschrift von 1571. Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg (…). Nürnberg 1571 (Bayerische Staatsbibliothek München, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9, Titelblatt, http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0002/bsb00026869/images/).

Meiner Familie.

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Vorbemerkungen zu Sprachen und Transkriptionen . . . . . . . . . . .

15

I. Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto . . . I.1. Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung . . . . . . . I.2. Diskursive Wirkmächtigkeiten: Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.3. Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.3.i. Histoire de l’événement . . . . . . . . . . . . . . . . I.3.ii. Wahrnehmen, übersetzen, dezentrieren . . . . . . . I.4. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

17 17

. . . . .

. . . . .

27 42 42 56 64

II. Lepanto: Ein europäisches Ereignis? . . . . . . . . . . . . . . . . . II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege II.2. Ein Sieg, viele Religionen: Muslime, Juden und Orthodoxe in Venedig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2.i. „Alle Türken, levantinischen Juden und anderen türkischen Untertanen“: Türkenfurcht, Lepanto und Venedig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2.ii. Unter Kooperationsverdacht: Türkenfurcht, Venedig und Orthodoxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2.iii. Lepanto, Gewaltexzesse und die Gründung des Fondaco dei Turchi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2.iv. Türkenfurcht, Lepanto und venezianische Orthodoxe II.2.v. Türkenfurcht, Lepanto und venezianische Juden . . . II.2.vi. Das Ereignis nach dem Ereignis: Der Friedensschluss (1573) und seine Auswirkungen auf in Venedig lebende Muslime und Juden . . . . . . . . . . . . . .

. .

73 73

.

135

.

135

.

149

. . .

154 164 172

.

179

8

Inhalt

II.3. Ein Sieg, viele Konfessionen: Lepanto und das Heilige Römische Reich Deutscher Nation . . . . . . . . . . . . . . . . II.3.i. Zwischen Universalität und Partikularität: Lepanto-Festivitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.3.ii. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Lutherisches Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.3.iii. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Bikonfessionelles Augsburg . . . . . . . . . . . . . . . II.3.iv. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Reformiertes Zürich und Genf . . . . . . . . . . . . . . II.3.v. Die Nähe und Ferne eines Ereignisses: Lepanto in Drucken und Selbstzeugnissen . . . . . . . . . . . . . . II.3.vi. Deutsche Soldaten bei Lepanto? Ein genereller Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.3.vii. Deutsche Galeerensträflinge bei Lepanto? Ein lokalgeschichtlicher Mythos . . . . . . . . . . . . . . . II.3.viii. Das Ereignis Lepanto und die Diskussionen um einen Liga-Beitritt: Die Debatten der Jahre 1571 bis 1573 . . . II.4. Ein Sieg, kein Verlierer: Lepanto und das Osmanische Reich . . II.4.i. (Ligistische) Lepanto-Reaktionen im Osmanischen Reich: Zur Inversion der Türkenfurcht . . . . . . . . . II.4.ii. Osmanische Perspektiven auf Lepanto: Zur Fragwürdigkeit eines dichotomisierenden Ereignisses . II.5. Ein Sieg, viele Regionen: Lepanto als glokales Ereignis . . . . . II.5.i. Ein König berichtet über das Ereignis: Lepanto-Nachrichten aus Spanien . . . . . . . . . . . . II.5.ii. Lepanto-Festivitäten in den spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika . . . . . . . . . . . . . . . . . II.5.iii. Lepanto: Ein mediterranes Ereignis und seine Rezeption in den spanischen Überseegebieten . . . . . II.5.iv. Ereignis und Monarchie: Die Seeschlacht auf einem mexikanischen Feder-Adarga (1571–1578) . . . . . . . II.5.v. Ereignis und Mission: Die Seeschlacht auf einem japanischen Wandschirm (frühes 17. Jahrhundert) . . . II.6. Ein Sieg, viele Nachrichten: Ein verbindendes Ereignis . . . . . II.6.i. Ein Forschungsdesiderat: Das Ereignis als Nachricht . II.6.ii. Die Nachricht als Ereignis: Eine Kartografie der ersten Lepanto-Nachrichtenzirkulation . . . . . . . . . . . . .

189

189 198 207 217 235 242 247 266 301 301 306 317 317 326 347 367 379 410 410 471

Inhalt

II.7. Ein Sieg, viele Lebensläufe: Lepanto als biografisches Ereignis . II.7.i. Mit Lepanto wirtschaften: Bittsteller und Belohnungen. II.7.ii. Bittsteller, Lepanto und imaginierte Lebensläufe . . . . III. Das Ereignis Lepanto: Dezentrierende Geschichtsschreibung und histoire de l’événement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.1. Universalität und Partikularität eines Ereignisses . . . . . . . . III.2. Silencing Lepanto: Die historische Ereignisproduktion und deren Reproduktion als Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . III.3. Revoicing Lepanto: Multiple Geschichten eines Ereignisses und Glocal Storytelling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.4. Connected Histories eines Ereignisses: Histoire de l’événement und die Dezentrierung der Geschichte . . . . . . . . . . . . . .

9 527 527 551

565 565 569 571 577

IV. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.1. Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.1.i. Handschriftliche Quellen und museale Artefakte . . . . IV.1.ii. Gedruckte und edierte Quellen . . . . . . . . . . . . . . IV.2. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.3. Verzeichnis der Abbildungen, Grafiken und Karten . . . . . . . IV.4. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.4.i. Allgemeine Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.4.ii. Abkürzungen von Archiven, Bibliotheken und Museen

591 591 591 607 649 694 696 696 697

V. Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

703

Vorwort

Es ist eine der Grundeinsichten der vorliegenden Arbeit, dass Geschichte nicht ist, sondern gemacht wurde und wird. Diesen Produktionsprozess selbst zu überdenken, bringt im Falle meiner Promotion ein Gefühl tiefer Dankbarkeit mit sich. Dass ich selbst mir die Zeit nehmen durfte, die historische Ereignisproduktion der Seeschlacht von Lepanto jahrelang zu erforschen, verdanke ich ganz wesentlich der tatkräftigen Unterstützung einer Vielzahl von Menschen. Das Resultat ist eine Dissertationsschrift, die ich im Dezember 2014 an der Freien Universität Berlin eingereicht und im Juni 2015 verteidigt habe. Sie liegt hier in stark überarbeiteter und wesentlich gekürzter Fassung vor. Diejenigen, die weitere Einzelnachweise und Ausführungen in der umfassenderen Datei nachschlagen wollen, seien auf den Dokumentenserver der Freie Universität Berlin verwiesen. Die hier vorliegende Monografie wird um eine zweite Studie ergänzt, die sich dezidiert der materiellen Kultur der Seeschlacht von Lepanto widmet. In dieser zeitnah erscheinenden Monografie untersuche ich, inwieweit Objekte zur historischen Ereignisverfertigung Lepantos beitrugen. Ein Dankeswort zu schreiben, ist (k)eine dankbare Aufgabe. Es belebt Erinnerungen an Situationen und Menschen, ohne die dieses Buch niemals hätte entstehen können, in dem Wissen, dass die wenigen Seiten eines Vorwortes niemals ausreichen werden, um allen Personen den Dank auszusprechen, der ihnen gebührt und den ich für sie empfinde. Die Dissertation ist in einem Klima interdisziplinärer und innovativer Frühneuzeitforschung an der Freien Universität Berlin entstanden. Besonders dankbar bin ich meiner Doktormutter, Claudia Ulbrich, die mich mit umsichtigem Rat, produktiver Kritik, zahllosen Empfehlungsschreiben und rundum ermutigender Betreuung seit meinem ersten Bachelorseminar im Jahr 2006 auf den Spuren Lepantos begleitet hat. Der Promotionsstudiengang History and Cultural Studies der Dahlem Research School ermöglichte die Verwirklichung eines internationalen und fächerübergreifenden Betreuungsverhältnisses. Mein besonderer Dank gilt daher ebenso Ulinka Rublack, Elke A. Werner, Václav Bu˚zˇek und Reinhard Bernbeck für ihre jahrelange Unterstützung und kreativen Impulse, ohne die die Arbeit nicht in

12

Vorwort

vorliegender Form hätte gedacht und geschrieben werden können. Viele Forscherinnen und Forscher, Archivarinnen und Archivare sowie Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die hier allesamt namentlich aufzuzählen unmöglich ist, haben meine kleinen und großen Fragen mit Kenntnisreichtum, Umsicht und Geduld beantwortet. Während verschiedenster Etappen waren an der Freien Universität Berlin ebenso Gabriele Jancke, Michaela Hohkamp und Claudia Jarzebowski verlässliche Ansprechpartnerinnen. Insofern es unter anderem dieses Berliner Umfeld war, das meine Lepanto-Forschungen maßgeblich prägte, bin ich überaus dankbar, dass die Dissertation mit dem Friedrich-MeineckePreis ausgezeichnet und in die Reihe ›Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung‹ aufgenommen wurde. Während all der Jahre, denen ich der Erforschung Lepantos widmete, stellten Auslandsreisen und -aufenthalte eine konstitutive Erfahrung dar. In London und Venedig erhielt ich wichtige Impulse von Alastair Hamilton, Andreas Gestrich, Dorothea McEwan, Mario Infelise und Maria Pia Pedani. Bei der Entzifferung osmanischer Stempelsiegel und dem Denken osmanischer Perspektiven auf Lepanto erhielt ich tatkräftige Unterstützung von Suraiya Faroqhi, Stefan Heidemann, Barbara Kellner-Heinkele, Claudia Römer, Karin Schweißgut, Henning Sievert und Nicolas Vatin. Besonderen Dank für produktive Einsichten darin, was Dezentrierungen Lepantos und Detailgeschichten des Ganzen bedeuten können, gebührt James Amelang, Renate Dürr, Bridget Heal, Alexander Koller und Hans Medick. Sich mit Juliane Schiel und Philip Hahn über die Versklavten und Klangwelten der Seeschlacht auszutauschen, stellten genauso ertragreiche Erfahrungen dar wie die Erstellung der Karten, die ohne die aufopfernde Tatkraft Félix Krawatzeks nicht möglich gewesen wäre. Ihnen allen gilt mein Dank ebenso wie jenen Doktorandinnen und Doktoranden sowie Mitstudierenden, die meine Wege in Berlin, Venedig, Rom, London oder anderswo in der Welt in Person oder aber im Geiste, jedenfalls aber mit zahlreichen Schreiben begleitet und mit bleibenden, freundschaftlichen Erinnerungen bereichert haben. Denn ganz wesentliche Einsichten dieser Dissertation sind in gemütlichen Gesprächen mit außergewöhnlich guten Freunden entstanden. Institutionell förderten die Dahlem Research School der Freien Universität Berlin, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutschen Historischen Institute in Rom und London sowie die Studienstiftung des deutschen Volkes e. V. meine Forschungen, denen ich dafür danke. Ohne diesen ideellen und finanziellen Rückhalt hätte die Studie nicht entstehen können. Im Laufe der Jahre begegnete mir Lepanto an den unterschiedlichsten Orten: auf Tagungen, während zahlreicher Vorträge und einem Radiointerview, in Cafés, U-Bahnstationen, Straßenzügen und Küstenstreifen, vor allem aber auf erlebnisreichen und zahllosen Archiv- und Bibliotheksreisen. Die Konsultation der Quellen war das eigentliche, persönliche Erlebnis, das die Entstehung dieser

Vorwort

13

Arbeit vorangetrieben hat. Hierfür brachten mich Reisen in Weltstädte und Dörfer, in Paläste, ein Gefängnis und in ein von einer Explosion erschüttertes Archiv. So war die Entstehung dieses Buches zugleich eine persönliche Reise; und ich möchte allen von Herzen danken, die mich auf dieser ehrlich begleitet haben. Mein ganz besonderer Dank gilt jedoch meinen ersten Lesern, Bärbel und Carsten Hanß sowie Gerhard Fricke, die Forscherenthusiasmus und massenhafte Lektüren mit endloser Geduld und bedingungsloser Unterstützung nicht allein hingenommen, sondern maßgeblich ermöglicht und gefördert haben. Cambridge, Januar 2017

Stefan Hanß

Vorbemerkungen zu Sprachen und Transkriptionen

Im Zuge der für diese Dissertation anfallenden Recherchen wurden historische Manuskripte und Drucke sowie Forschungsarbeiten in folgenden Sprachen konsultiert: Deutsch, Englisch, Flämisch, Französisch, Furlanisch, Griechisch, Hebräisch, Italienisch, Katalanisch, Latein, Nahuatl, Niederländisch, Osmanisch, Polnisch, Portugiesisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch und Ungarisch. Dabei sind nicht nur die erheblichen Diskrepanzen zu bedenken, die solche Sprachen über die Jahrhunderte hinweg in Schriftbild und Bedeutungsgehalt aufweisen. Einige Quellen sind darüber hinaus in historischen Dialekten wie etwa den neapolitanischen, piemontesischen, sizilianischen oder venezianischen Sprachformen des 16. Jahrhunderts verfasst. Außerdem existierten Soziolekte oder Sprachformen religiöser Minderheiten (zum Beispiel der in Venedig lebenden Juden).1 Um die Lesbarkeit des Textes zu erleichtern, werden Zitate deshalb im Fließtext in deutscher Übersetzung wiedergegeben. Jüngere kulturwissenschaftliche Arbeiten verdeutlichten jedoch, dass Übersetzungen umfassende kulturelle Praktiken darstellen, die Übertragungs-, Aushandlungs-, Adaptions- und Neuschöpfungsprozesse einschließen, mit denen auch grundlegende Konzepte wie ›Macht‹ und ›Fremdheit‹ thematisiert werden.2 Um diese als solche sichtbar zu machen, führe ich Zitate in den Fußnoten im Original an. Die Leserinnen und Leser können so auch den historischen Sprachduktus, gewissermaßen den Ton, erlesen, der in der deutschen Übertragung häufig verloren geht, ja, mitunter verlorengehen muss, wenn es sich etwa um die zahlreichen panegyrischen Texte zur Seeschlacht von Lepanto handelt. Da es zu dem grundlegenden Verständnis dieser geschichtswissenschaftlichen Arbeit gehört, ›Fremdheit‹ als heuristische Kategorie ernst zu nehmen, habe ich in den Transkriptionen keine Adaptionen beziehungsweise Modernisierungen vorgenommen. Dies betrifft auch offensichtliche Schreibfehler und Abwei1 Umberto Fortis/ Paolo Zolli: La parlata giudeo-veneziana. Assisi u. a. 1979. 2 Vgl. Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. 2. Aufl. Reinbek 2007, S. 238–283.

16

Vorbemerkungen zu Sprachen und Transkriptionen

chungen von Groß- und Kleinschreibungen oder der Setzung von Interpunktionen. Mit sic-Vermerken ist folglich sparsam umgegangen worden. Aufgrund der international verschiedenen Transkriptionsrichtlinien osmanischer Texte gebe ich hier eine Übersicht zu den in dieser Arbeit verwendeten Zeichen (Tab. 1).3 Folglich ist auf türkische Bezeichnungen (etwa Topkapı Sarayı) zugunsten osmanischer Transkriptionen (Topqapı Sara¯y) verzichtet worden. ˙ Ortsbezeichnungen sind dann behutsam modernisiert worden, wenn sie im 16. Jahrhundert keine diskursbezeichnende Funktion einnahmen. Insofern ist, wenn die Türkengefahr als diskursive Formation untersucht wird, von Konstantinopel und der Seeschlacht von Lepanto die Rede. Als Ortsbezeichnungen selbst beziehe ich mich hingegen auf Istanbul und Nafpaktos. Soll die osmanische Perspektive betont werden, verwende ich die historische Bezeichnung I˙nebahtı. Buchstabe ‫ﺍ‬ ‫ﺏ‬ ‫ﭖ‬ ‫ﺕ‬ ‫ﺙ‬ ‫ﺝ‬ ‫ﭺ‬ ‫ﺡ‬

Buchstabe a, a¯, e, ı, i, o, ö, ‫ﺥ‬ u, ü b ‫ﺩ‬ p ‫ﺫ‬ t ‫ﺭ‬ s ‫ﺯ‬ Umschrift

gˇ cˇ h ˙

‫ﮊ‬ ‫ﺱ‬ ‫ﺵ‬

Umschrift h ˘

Buchstabe ‫ﺹ‬

Umschrift

d z r z

‫ﺽ‬ ‫ﻁ‬ ‫ﻅ‬ ‫ﻉ‬

s ˙ z˙ t, d ˙ z˙ ʿ˙

zˇ s sˇ

‫ﻍ‬ ‫ﻑ‬ ‫ﻕ‬

g˙ f q

Buchstabe ‫ﻙ‬

Umschrift k, g, g˘, ñ

‫ﻝ‬ ‫ﻡ‬ ‫ﻥ‬ ‫ﻭ‬

l m n v, o¯, o, ö, u¯, u, ü (ı, i) ‫ﻩ‬ h (a, e, i) ‫ۃ‬ at, et ‫)ﻱ( ﻯ‬ y, e¯, ¯ı, i, ı, a¯ (u, ü)

Tab. 1: Transkriptionsübersicht der osmanischen Sprache.

3 Diese beruht auf Richard F. Kreutel: Osmanisch-türkische Chrestomathie. (Porta linguarum orientalum. Neue Serie, Bd. 7). Wiesbaden 1965, S. XIV.

I.

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

I.1.

Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung

Geschichte ist nicht, sondern wird aus Geschichten gemacht. Über kaum ein Geschehnis ist so viel geschrieben worden, wie über die Seeschlacht von Lepanto und die Geschichte jenes Gefechtes, das zwischen dem Osmanischen Reich und der sogenannten ›Heiligen Liga‹ am 7. Oktober 1571 stattfand. Die vorliegende Arbeit reiht sich in diese Tradition der Textproduktion ein, ohne jedoch ein additiver Zusatz sein zu wollen. Vielmehr beanspruche ich, die Debatte um die Seeschlacht als solches sowie deren Genese als historisches Produkt anhand zeitgenössischer Reaktionen zu untersuchen. Am Beispiel der Schlacht von Lepanto erforsche ich, wie frühneuzeitliche Akteure aus einem historischen Geschehnis ein Ereignis formten, das für binäre Weltkonstruktionen herangezogen wurde – und untersuche damit zugleich grundlegendere, geschichtstheoretische Fragen zur Historizität von Ereignissen und Geschehnissen. Statt also – wie bisher üblich – zu fragen, ob die Schlacht ein bedeutsames Ereignis darstellte oder nicht, geht es mir vielmehr darum, die historische Ereigniswerdung selbst zu erforschen und zu fragen, wer Lepanto wann und wie als Ereignis thematisierte oder nicht. Im Untersuchungsinteresse stehen also die historischen Praktiken der Bedeutungszuschreibung sowie damit einhergehende Selbst- und Fremdverortungen: Wann sprachen Akteure Lepanto unter welchen Umständen und wie Ereignischarakter zu oder ab und inwieweit prägten sie so transkulturelle Kontakte, beeinflussten Selbst- und Fremdthematisierungen und gestalteten deren Aushandlung im Alltag? Die Schlacht gilt als das »letzte große Marinegefecht der frühneuzeitlichen mediterranen Welt«4 und wird mitunter nicht nur als eine, sondern als die größte

4 Daniel Goffman: The Ottoman Empire and Early Modern Europe. (New Approaches to European History). Cambridge u. a. 2002, S. 159: »last great naval engagement in the early modern Mediterranean world«.

18

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Galeerenschlacht überhaupt bezeichnet.5 Andere Forscher benennen sie als »die blutigste [Schlacht] der Moderne«.6 Auf den knapp über 200 Galeeren der ›Heiligen Liga‹ und 230 bis 300 osmanischen Kriegsschiffen waren ungefähr 140.000 Menschen in die Kampfhandlungen eingebunden.7 Lediglich 30 osmanische Galeeren entflohen dem Gemetzel, das Fernand Braudel besonders anschaulich schildert: »In dem Seetreffen hatten die Türken mehr als 30 000 Tote und Verwundete und 3000 Gefangene verloren; 15 000 Galeerensklaven wurden befreit. Die Verluste der Christen betrugen zehn Galeeren, 8000 Tote, 21 000 Verwundete. Sie mußten ihren Erfolg teuer bezahlen, da mehr als die Hälfte ihrer Mannschaft außer Gefecht gesetzt wurde. Das Meer am Ort der Seeschlacht schien den erschöpften Kämpfern plötzlich rot von Menschenblut.«8

Braudel referiert in dieser Beschreibung vor allem zu zwei Aspekten, die auch andere Darstellungen des Sieges der ›Heiligen Liga‹ wesentlich prägen: die schiere Quantität und Brutalität des Zusammenstoßes. Entsprechend präsent war die Seeschlacht über die Jahrhunderte hinweg in populären Diskursen. Im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert dienten Verweise auf die Seeschlacht immer wieder den Legitimationsbestrebungen nationalistischer und kolonialistischer Bewegungen. Beispielsweise indem die Imagination einer Flotte mit ›glorreicher‹ Vergangenheit italienische Besitzansprüche auf Inseln im östlichen Mittelmeerraum artikulierte. Als 1911 zudem der Italienisch-Türkische Krieg ausbrach und sich wenige Tage darauf die Seeschlacht von Lepanto zum 5 Marita A. Panzer: Don Juan de Austria (1547–1578). Karriere eines Bastards. Regensburg 2004, S. 84; Bertrand M. Buchmann: Österreich und das Osmanische Reich. Eine bilaterale Geschichte. Wien 1999, S. 113; Angus Konstam: Lepanto 1571. The Greatest Naval Battle of the Renaissance. (Osprey Military Campaign Series, Bd. 114). Oxford 2003. 6 Giuseppe Praga: History of Dalmatia. Pisa 1993, S. 175: »the bloodiest [battle] of modern times«. 7 Alessandro Barbero: Lepanto. La battaglia dei tre imperi. 3. Aufl. Rom/ Bari 2010, S. 623–634; Fernand Braudel: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. Bd. 3. Übers. nach der vierten, durchges. u. berichtigt. Auflage (1979) v. Günter Seib. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 2001, S. 277; Hugh Bicheno: Crescent and Cross. The Battle of Lepanto 1571. London 2003, S. 300–318; Peter Pierson: Lepanto, Battle of. In: Encyclopedia of the Renaissance. Hg. v. Paul F. Grendler. Bd. 3. New York 1999, S. 413; Gábor Ágoston: Lepanto, Battle of. In: Encyclopedia of the Ottoman Empire. Hg. v. dems. u. Bruce Masters. New York 2009, S. 331–332. 8 Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 278. Zu den andauernden unterwasserarchäologischen Bemühungen, den Austragungsort der Schlacht zu identifizieren, siehe Peter Throckmorton/ Harold E. Edgerton/ Eleftherios Yalouris: The Battle of Lepanto Search and Survey Mission (Greece), 1971–72. In: The International Journal of Nautical Archeology and Underwater Exploration 2 (1973), H. 1, S. 121–130; Papatheodorou, George u. a.: The Battle of Lepanto Search and Survey Mission (Greece), 1971–72, by Throckmorton, Edgerton and Yalouris. Following their Traces 36 Years Later. In: 9th Symposium on Oceanography & Fisheries. Hg. v. Hellenic Centre for Marine Research. Bd. 1. Athen 2009, S. 134–139.

Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung

19

340. Mal jährte, wurden die zwischen Italien und dem Osmanischen Reich ausgetragenen Kämpfe um Libyen als ›Heiliger Krieg‹ und Kreuzzug gegen Ungläubige imaginiert. Ebenso erinnerten Festveranstaltungen im faschistischen Venedig an den Seesieg der ›Heiligen Liga‹, um die Vorstellung einer ›ruhmvollen‹ Vergangenheit im Sinne der faschistischen Ideologie zu nutzen.9 Die nationalistisch-faschistische Vereinnahmung der Seeschlacht ist auch für Spanien belegt. Während des Bürgerkrieges stilisierten hier hochrangige Geistliche wie die Erzbischöfe von Valladolid und Córdoba sowie die Bischöfe von Tui und Teneriffa die nationalistischen Truppen als Kreuzritter. Im Oktober 1937 sprach der Erzbischof Granadas sogar davon, dass »wir uns aufs Neue bei Lepanto befinden«.10 Die Rhetorik wurde auch von offizieller Seite aufgegriffen: Luis Carrero Blanco, »die graue Eminenz des Franco-Regimes«,11 verfasste 1947 eine Monografie zur Seeschlacht von Lepanto, in der er die Osmanen als »schreckliche Gefahr« definiert, die »Europa und […] die christliche Zivilisation« von außen her bedroht hätten. Carrero Blanco betont die »Ähnlichkeit«, die zwischen der Lage im Jahr 1571 und jener im Jahr 1947 bestehe: Zu beiden Zeitpunkten, so der Franquist, stünden sich »eine mystische, barbarische und antichristliche« Macht, die Menschen versklave und tyrannisch sei, sowie eine in sich zerstrittene »Christenheit« gegenüber; es würde sich ein »militanter Katholizismus« mit den »Feinden seines Glaubens« im Widerstreit befinden; Lüge und Wahrheit würden gegeneinander kämpfen, so Carrero Blanco. Was genau er darunter versteht, führt der Nationalist sogleich umso deutlicher aus: »Die Christenheit« sei damals vom Osmanischen Reich so bedroht worden, wie sie Carrero Blanco nun vom Kommunismus gefährdet sah. Der Sulta¯n und seine ˙ Admiräle glichen in der Einschätzung des Franquisten Stalin und seinem Politbüro »in ihrem Kampf um die Weltherrschaft«. So wie Philipp II. und Don Juan 1571 Spanien »unvergänglichem Ruhm« verliehen hätten, da sie »die Christenheit in Lepanto [retteten]«, so schätzte Carrero Blanco die Rolle Francos und seiner selbst als spanische Kreuzritter des 20. Jahrhunderts ein, die den »Geist Lepantos« aufrechterhielten.12 9 Anastasia Stouraiti: Costruendo un luogo della memoria. Lepanto. In: Storia di Venezia. Rivista 1 (2003), S. 75–87; Richard A. Webster: The Cross and the Fasces. Christian Democracy and Fascism in Italy. Stanford 1960, S. 29; Kate Ferris: Everyday Life in Fascist Venice. 1929– 40. Houndmills, Basingstoke 2012, S. 115. 10 Zitiert nach Stanley G. Payne: The Franco Regime, 1936–1975. Madison, Wisconsin/ London 1987, S. 206: »We find ourselves once more at Lepanto« [Kursivierung des Autors, S. H.]. 11 Javier Tusell: Carrero. La eminencia gris del regimen de Franco. Madrid 1993. 12 Luis Carrero Blanco: La victoria del Cristo de Lepanto. Madrid 1948, S. 9f., 12 (Kursivierungen im Original): »HACE cuatro siglos, Europa, y con ella la Civilización Cristiana, vivían bajo la terrible amenaza de otro grave peligro, pues el siglo XVI fué, como actual, testigo de una de las más graves crisis de la Cristiandad«; »similitud«; »De un lado, una mística bárbara y anticristiana, que esclaviza al hombre, con desprecio absoluto del alma de que es portador,

20

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Carrero Blancos Argumentation erfuhr im franquistischen Spanien durch eine Neuauflage seines Buches anlässlich des 400-jährigen Schlachtjubiläums weitere Verbreitung. Auch hier beschrieb er die Schlacht als Aufeinandertreffen »zweier Zivilisationen«, »zweier ethnischer Strömungen und zweier moralischen Weltanschauungen«.13 Der Abdruck von Auszügen dieses Buches in Magazinen trug zur weiteren Popularisierung der Argumentationsfigur bei, die Lepanto für diese Ideologie instrumentalisierte. Hinzu kamen populäre historische Filmproduktionen und fiktionale Novellen zu Don Juan de Austria als Helden im Kampf gegen Muslime.14 Mit explizitem Hinweis auf diese im franquistischen Spanien geläufige Argumentation griffen auch britische Konservative das einheitsstilisierende Moment dieser jahrhundertealten Kreuzzugsrhetorik auf, die nun für ideologische Interessen instrumentalisiert wurde. So publizierte Arthur F. Loveday 1939 seine Abhandlung über den spanischen Bürgerkrieg, der er ein Interview mit Franco beifügte, das er angibt, selbst geführt zu haben. Das Buch widmete er »Spanien, dem Retter Westeuropas – vor dem Halbmond (Lepanto, 1571); vor Sichel und Hammer (1936–1939).«15

bajo la firme unidad plasmada por el terror de una férrea autoridad tiránica; enfrente, la Cristiandad en eterna discorida interna, quebrada su unidad por celos, envidias y ambiciones. Frente a una mística falsa, la falta de una mística verdadera«; »catolicismo militante«;»enemigo de su fe«; »Ayer, el enemigo de la Cristiandad jugando en su provecho con la desunión de los cristianos; hoy, el Comunismo, aun más inhumao que antaño el Impero turco, maniobrando todos los días, y a la vista de todos, con la desavenencias y celos de los occidentales«; »[…] en su lucha por la dominación del mundo«; »Meditemos y, con confianza ciega en la Santa causa de España, sepamos conservar el espíritu de Lepanto«. Ebd., S. 214: »Para gloria imperecedera de España, la Cristiandad fué salvada en Lepanto, y, gracias a D. Juan de Austria, Europa puda respirar tranquila«. Weiterhin Michael Aronna: The Mapping of Empire. Evolving Notions of Christendom and Europe in the Poetry of Fernando de Herrera Commemorating the Battle of Lepanto. In: Europe and its Boundaries. Words and Worlds, Within and Beyond. Hg. v. Andrew Davison u. Himadeep Muppidi. Lanham, Md. u. a. 2009, S. 166f. 13 Luis Carrero Blanco: Lepanto (1571–1971). Madrid 1971. Zitat ebd., S. 9: »[…] las fuerzas armadas de dos grupos de naciones, sino dos civilizaciones, dos corrientes étnicas y dos concepciones morales«. 14 Magazin Estafeta literaria. Revista quincenal de libros, artes y espectáculos Nr. 477 (1971), S. 20–27; Carrero Blanco: Victoria, S. 9–12, 201–214 sowie die angehängten Karten zum Schlachtverlauf. Vgl. Fernando Sánchez-Marcos: Don Juan de Austria in European Historical Culture. The Twentieth-Century Metamorphosis of a Popular Hero. In: Popular History Now and Then. International Perspectives. Hg. v. Barbara Korte u. Sylvia Paletschek. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/ History in Popular Cultures, Bd. 6). Bielefeld 2012, S. 203–230; Christopher Vecsey: Following 9/11. Religion Coverage in the New York Times. Syracuse, New York 2011, S. 315. 15 Zitiert nach Bernhard Dietz: Neo-Tories. Britische Konservative im Ausland gegen Demokratie und politische Moderne (1929–1939). (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Bd. 71). München 2012, S. 259: »Dedicated to Spain. The Savior of Western Europe. From The Crescent, Lepanto, 1571. From the Sickle and Hammer, 1936–1939«.

Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung

21

In denselben Jahren, in welchen Lepanto als Selbstinszenierungsmetapher für Franquisten und Nationalisten diente, bot die Seeschlacht von 1571 allerdings zugleich die Gelegenheit, das Kriegsgeschehen aus distanzierter Perspektive zu beurteilen, wie sich am Beispiel von Felix Hartlaub verdeutlichen lässt. Seine 1940 in Berlin gedruckte Dissertation ›Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto‹ schloss der junge Historiker mit einem vielsagenden Nachwort. Lepanto stellte für ihn als Ereignis eine Art Zeitenwende dar, die sich nur bedingt in den politisch-militärischen Aktionen direkt nach der Schlacht zeige.16 »An die Seite solcher Überlegungen muß wohl die Ahnung treten, daß der Tag von Lepanto zu den seltenen Ereignissen gehört, die, wenn man es so ausdrücken darf, auf einer höheren Ebene der Geschichte liegen und bei denen die nach den tatsächlichen Folgen im letzten nicht angemessen ist. Nur materiell betrachtet, gehörte der Sieg freilich wohl zu den – im Verhältnis zu dem Erfolge – allzu verschwenderischen Blutopfern, an denen vor allem auch die deutsche Geschichte so reich ist.«17

Der Sieg der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto diente Hartlaub gewissermaßen als Metapher, um die Rolle Deutschlands nach dem Polenfeldzug historisch zu überdenken. Diese Metapher konzipierte Hartlaub in teleologischer Ausrichtung auf den Zweiten Weltkrieg, was der Autor erneut mit der Figur Juan de Austrias parallelisiert. So schließt Hartlaub seine Monographie mit einem Ausblick auf dessen Tod in den niederländischen Kriegswirren. Er betont, dass Don Juan seine Ernennung zum Statthalter der Niederlande annahm, wenngleich er sich seit Beginn der 1570er Jahre von den Niederlanden distanzierte. Hartlaubs Ausblick auf den Tod Don Juans nach dem überwältigenden Seesieg der Liga impliziert daher Parallelen zur Lage in Deutschland nach dem Polenfeldzug und vor dem (Welt)Kriegsausbruch. »Die Ahnung«, so beendet Hartlaub seine Arbeit im Hinblick auf Don Juans Annahme der Statthalterschaft, »daß nun eintreten würde, was er sich verhängt wußte. Er schauderte davor zurück und fühlte sich nur um so[sic!] mächtiger angezogen.« Diese abschließende Stellungnahme bettet nicht nur die Schlacht von Lepanto in Hartlaubs geradezu prophetisch konzipierte Biografie Don Juans, sondern bietet zugleich eine weitere Parallele des zuvor eröffneten Vergleichs mit der Lage Deutschlands vor dem Kriegsausbruch. Wie vom außergewöhnlich gefeierten Sieger bei Lepanto in Hartlaubs Einschätzung letztlich eine direkte Linie zu Don Juans Niedergang in den Niederlanden führe, so bot der Polenfeldzug eine Art »Ahnung« des aufziehenden Weltkrieges.18 Der junge Historiker sah den Krieg heraufziehen, den er im letzten 16 Felix Hartlaub: Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto. (Schriften der Kriegsgeschichtlichen Abteilung im Historischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, H. 28). Berlin 1940, S. 173. 17 Ebd., S. 176. 18 Ebd., S. 182.

22

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Satz seiner Lepanto-Monografie implizit ankündigt und der auch seinen weiteren Lebenslauf prägen sollte. Hartlaub wurde 1939 in eine Wehrmachts-Sperrballoneinheit eingezogen und 1940 in die Historische Archivkommission nach Paris versetzt. Ein Jahr darauf, 1941, war er als Wehrmachtssoldat in Rumänien und ab 1942 beim Oberkommando der Wehrmacht in Berlin in der kriegsgeschichtlichen Abteilung. Hier arbeitete er als Schriftführer in der Abteilung »Kriegstagebuch« des Führerhauptquartiers, bevor er 1945 spurlos verschwand und für tot erklärt wurde.19 Dass Lepanto in dieser Situation des aufziehenden Krieges Hartlaub eine Metapher zur mehrdeutigen Einschätzung und auch kritischeren Parodisierung der zeitgenössischen Lage bot, zeigen auch Hartlaubs persönliche Unterlagen. In den Jahren 1938 und 1939 brachte er zwei Zeichnungen zu Papier, die besonders aufschlussreich sind. Eine zeigt Don Juan, der Haremsdamen als Beute von Soldaten vorgeführt bekommt, mit der Bildunter˙ schrift: »Allgemeine bewunderung erweckte Don Juans gerechtes und von höchster sittlicher Reife zeugendes Verhalten bei der Verteilung der Beute; den Haremsweibern des Kapudan-pascha, die in Gefangenschaft geraten waren, widmete er keinerlei Aufmerksamkeit. Sein deutsches Rassegefühl machte ihn unempfindlich für die heissen Blicke der morgenländischen Schönheiten, die mit einem solchen Herren gerne vorlieb genommen hätten.«20

Hartlaub, dessen jüdische Freundin nach Paris emigrierte,21 nutzt hier das Ereignis Lepanto als Chiffre, um die nationalsozialistische Rasseideologie zu parodieren. Auf einer zweiten Zeichnung ist Don Juan zu sehen, der von seiner Schiffskabine aus mit einem Fernglas das sich dem Ende zuneigende Schlachtgeschehen beobachtet und euphorisch ruft »Victoria Hi Hi! A!!«. Hier lautet die Bildunterschrift: »Don Juan empfing die Nachricht [Einschub: vom Siege] am Bug des Flaggschiffes stehend, an der exponiertesten Stelle; sein Schild starrte von Pfeilen, drei Kugeln hatten seinen Helm durchschlagen. Für die Botschaft hatte er nur ein leichtes Lächeln. Er war des Sieges stets mit dämonischer Sicherheit gewiss gewesen.«22

19 Erna Krauss/ Gustav F. Hartlaub (Hg.): Felix Hartlaub in seinen Briefen. Tübingen 1958, S. 159f., 164 u. a.; Christian Wilke: Hartlaub, Felix. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 7. Berlin 1966, S. 718f.; Felix Hartlaub: »In den eigenen Umriss gebannt«. Kriegsaufzeichnungen, literarische Fragmente und Briefe aus den Jahren 1939 bis 1945. Hg. v. Gabriele L. Ewenz. 2 Bde. 3. Aufl. Frankfurt a. M. 2007; Felix Hartlaub: Kriegsaufzeichnungen aus Paris. Mit einem Nachw. v. Durs Grünbein. Berlin 2011. 20 Krauss/ Hartlaub: Hartlaub, S. 279. 21 Wilke: Hartlaub, S. 718. 22 Krauss/ Hartlaub: Hartlaub, S. 281.

Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung

23

Hier dient Hartlaub der Verweis auf Don Juans Verhalten nach der Seeschlacht von Lepanto als Metapher, um die nationalsozialistische Kriegsleichtgläubigkeit zu persiflieren. Es sind der aus der Ferne über das Kriegsgeschehen urteilende Anführer und die »dämonische[]« Siegesgewissheit trotz der, wie es Hartlaub in seiner Dissertation über Lepanto und Deutschland schreibt, »allzu verschwenderischen Blutopfern«,23 die Hartlaub in seiner Zeichnung vorführt. Dennoch war die Schlacht bei Lepanto nur eine unzulängliche Metapher für das, was ein Soldat erlebte. »Auf die Realitäten des Weltkriegs«, so schrieb er im September 1939 an seine Eltern, »war ich trotz allen Politisierens einfach nicht vorbereitet, ich bin völlig fassungslos.«24 Persönlich sei sein »Glaube an die Weltgeschichte als ein sinnvolles Ganzes« – und genau als solches hatte er das Ereignis Lepanto als »Ahnung« des weiteren Verlaufes der Geschichte in seiner Dissertation kurz zuvor noch dargestellt – »nun gänzlich erloschen«.25 Der Krieg steht außerhalb des Vergleichbaren. Dennoch ebbte die Referenzfunktion, die Lepanto als Ereignis zukommen konnte, nicht ab. Insbesondere nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001 erschien Lepanto als Bestandteil des Narratives vom »Zusammenstoß der Zivilisationen« (clash of civilizations), das Samuel P. Huntington auch historisch konzipierte. Demnach »war Europa fast tausend Jahre lang […] ständig der Bedrohung des Islams ausgesetzt. Der Islam ist die einzige Kultur, die das Überleben des Westens hat fraglich erscheinen lassen«.26 Diesem verabsolutierendem Narrativ zufolge stünden sich zwei homogen definierte Einheiten wie ›Europa‹ und ›Islam‹, ›Westen‹ und ›Osten‹ oder ›Abendland‹ und ›Morgenland‹ dichotomisch gegenüber.27 In der Argumentation Huntingtons und seiner Adepten werden kriegerische Auseinandersetzungen der Vergangenheit genutzt, um die zeitliche Allgemeingültigkeit der antithetischen Dialektik dieser Behauptung zu untermauern. Unmittelbar im Anschluss an die terroristischen Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon sowie den Flugzeugabsturz bei Shanksville (Pennsylvania) stellte auch Thomas L. Friedman in seinen New York Times-Artikeln den Vereinigten Staaten von Amerika ›die islamische Welt‹ gegenüber. Erstere definierte er durch Demokratieverbundenheit, Freiheitswillen sowie Toleranz und Bildung als Wertegemeinschaft; letztere als überkommene Zivilisation, deren Höhepunkt im Mittelalter gelegen habe, in deren Zeit Muslime christliche und jüdische Schriften 23 24 25 26

Hartlaub: Don Juan d’Austria, S. 176. Krauss/ Hartlaub: Hartlaub, S. 173. Ebd., S. 183; Hartlaub: Don Juan d’Austria, S. 182. Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. Hamburg 2007, S. 335f. 27 Z. B. Carl Göllner: Die Türkenfrage im Spannungsfeld der Reformation. In: SüdostForschungen 34 (1975), S. 77.

24

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

rezipiert hätten. Als er seine gesammelten Zeitungsartikel 2003 in einem Band überarbeitet herausgab, wählte er als Umschlagbild eine 1572 von Giorgio Vasari angefertigte Darstellung der Seeschlacht von Lepanto. Damit stellte er konstruierte historische Kontinuitäten dar: Nach 9/11, so die Aussage Friedmans, befände sich die Welt in einem ›Dritten Weltkrieg der Zivilisationen‹, der letztlich die als freiheitsliebend, demokratisch und tolerant konzipierten Vereinigten Staaten von Amerika in der Rhetorik der Kreuzzüge ›dem Islam‹ als rückständigüberholte Zivilisation, der ›westliche Werte‹ fehlten, gegenüberstellt und das Szenario eines universalen Kampfes inszeniert.28 Solche geschichtsteleologischen Konzeptionen werden besonders ausdrücklich in der populären Literatur aufgegriffen. Ein 2007 veröffentlichtes Handbuch, das die Abenteuer Harry Potters einer katholischen Leserschaft erläuternd näherbringen möchte, vergleicht beispielsweise leitmotivisch das Romangeschehen mit der Seeschlacht von Lepanto. So wie Don Juan de Austria 1571 gegen Sulta¯n Selı¯m II. gekämpft habe, so kämpfe nun auch Harry gegen Voldemort, um ˙ »das christliche Europa zu bewahren«.29 Die Analogien werden dabei sowohl zwischen dem jugendhaften Don Juan und Harry Potter als auch zwischen Voldemort und dem Sulta¯n gezogen, deren Politik als illegitimes Eroberungs˙ streben nach Macht, Land und Menschen charakterisiert wird. Eine weitere Parallele stellt die Autorin, Nancy C. Brown, zwischen der fehlenden Unterstützung des Zaubereiministeriums für Harry und Dumbledore sowie dem nicht erfolgten Liga-Beitritt Kaiser Maximilians II. her, dessen Herrschaftsbereich, so die Autorin weiter, durch die Reformation geschwächt gewesen sei.30 Dass Brown das Ereignis Lepanto zur Interpretation von fiktionaler Literatur heranzieht, ist insofern nicht besonders verwunderlich, als dass die Schlacht selbst Gegenstand historischer Romane wurde, die sich – so ist zumindest anzunehmen – einer recht weiten Leserschaft erfreuen. Zumindest werden sie ausführlich in Internetplattformen besprochen. Dort lobt beispielsweise ein Rezensent das Anliegen 28 Vecsey: Following 9/11, S. 294–318; Thomas L. Friedman: Longitudes and Attitudes. The World in the Age of Terrorism. New York 2003. 29 Nancy C. Brown: The Mystery of Harry Potter. A Catholic Family Guide. Huntington 2007, S. 22: »[p]reserving Christian Europe«. 30 Ebd. wünscht »to demonstrate how the spiritual warfare of Harry Potter is like the sea battle of 1571«: »Like Harry and his friends fighting against the evil Lord Voldemort, the odds were against the Christians in the battle of Lepanto. In the same way the Ministry of Magic won’t help Harry and Dumbledore, the Holy League would get no help from Germany, divided and weakened by the Protestant Reformation, or any of the other European monarchs. A youthful boy, Don John of Austria, like Harry, takes charge and leads the Christians to victory. […] Preserving Christian Europe is good. Defending land belonging to you and which is under attack is a just cause. Will the Christians succeed in keeping the invaders from taking over the land by force? The powerful head of the Turks, the sultan, Selim II, like Voldemort, wants more power, more land, more slaves. Selim’s desire for power leads him to believe, like Voldemort, he can take what isn’t his«.

Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung

25

des Romans ›The Spear of Lepanto‹, »die zahlenmäßig unterlegenen Heiligen Ligisten zu ehren, die Europa retteten.« Allerdings sei der Seesieg, so der Verfasser weiter, vor allem auf einen Siegeszug der Vernunft in Europa zurückzuführen, welcher die Liga mit fortschrittlicheren Waffen und einer überlegeneren Taktik ausgestattet habe, als die Osmanen. Ein Verdienst des historischen Romans sieht der Rezensent deshalb darin, dass er »ein nützliches Korrektiv zum derzeitig liberalen Konsens darüber bietet, wie tolerant der Islam doch zu sein pflegte.«31 Es ist genau diese narrative Tradition, welche die Seeschlacht als Sieg ›eines christlichen Europas‹ gegenüber ›dem Islam‹ imaginiert, die es letztlich Einzelnen erlauben, die Schlacht für ideologische Positionen bis heute zu instrumentalisieren. So veröffentlichte im Januar 2015 Konrad Adam, einer der damaligen AfD-Vorsitzenden und langjähriger Redakteur der ›Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‹, auf der zweiten Seite der FAZ einen Artikel über Lepanto. Illustriert mit einem Gemälde vom »Untergang des Morgenlandes« und überschrieben als »Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen«, ruft der AfDPolitiker die Erinnerung an eine historisch verfälscht und propagandistisch beschriebene Schlacht wach, um dadurch erstens die ideologische Positionierung PEGIDAs historisch zu untermauern und zweitens seine eigene Position als deren Führsprecher im parteiinternen Führungskampf zu behaupten.32 In Zeiten sich radikalisierender politischer Diskurse in Deutschland besitzt die bedenkenswerte Tradition der Instrumentalisierung Lepantos als historisches Ereignis von vermeintlich ahistorischer Bedeutsamkeit internationale Parallelen und ist an sich erklärungsbedürftig. Die italienische ›Lega Nord‹ polemisierte beispielsweise gegen einen möglichen EU-Beitritt der Türkei, indem sie Lepanto instrumentalisierte.33 Und so findet sich der entsprechende Hinweis auf die Seeschlacht von 1571 auch in Anders B. Breiviks ›2083. A Declaration of Independence‹, also in jenem Text, in welcher der rechtsextremistische Attentäter von Oslo und Utøya seine Weltsicht darlegte. Er führt Lepanto als eines von mehreren 31 Steve Weatherbe: The Spear of Lepanto by Leon J. Radomile. [Rezension]. In: Catholic Fiction.net, URL: http://catholicfiction.net/book-review/the-spear-of-lepanto-by-leon-j-radomi le/ [Zugriff: 05. Juli 2012], Abs. 6: »And the author’s intent is worthy – to honor the outnumbered Holy Leaguers who saved Europe«; ebd., Abs. 12f.: »The book does deliver some useful correctives to the current liberal consensus about how tolerant Islam used to be«. 32 Konrad Adam: Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen. Die Seeschlacht von Lepanto ist über 400 Jahre her. Der AfD-Politiker Konrad Adam ruft die Erinnerung wach. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 04. Januar 2015, S. 2 [Kursivierungen des Autors, S. H.]. Um diesen Artikel entspann sich eine öffentlichkeitsbreite Debatte. 33 Darauf verwies Harriet Rudolph: Lepanto – Die Ordnung der Schlacht und die Ordnung der Erinnerung. In: Militärische Erinnerungskulturen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Träger – Medien – Deutungskonkurrenzen. Hg. v. Horst Carl u. Ute Planert. (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, Bd. 15). Göttingen 2012, S. 101.

26

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Schlüsselereignissen zur Geschichte »des Islamisch-Osmanisch-Türkischen Reiches« auf – eine Bezeichnung, die bereits den dichotomischen, holistischen und essentialistischen Charakter dieser rechtsextremen Weltsicht verdeutlicht. In diesem teleologischen Narrativ stellt Lepanto eine Station neben der zweiten osmanischen Belagerung Wiens (1683) dar, die Breivik zum Anlass nimmt, um für das Jahr 2083 einen Aufstand einzufordern, in dem ›der Islam‹ sowie die »kulturmarxistisch-multikulturalistische Hegemonie« im »westlichen Europa« überwunden und »Europa […] erneut von Patrioten regiert« werden solle.34 Dieses Beispiel veranschaulicht als besonders extremer Fall die mit der dichotomischen Zuschreibung von Der-Westen-und-der-Islam-Konstruktionen einhergehenden Ansprüche von Hegemonie und die damit implizierte Dehumanisierung (muslimischer) Menschen. Dies, so argumentierte Judith Butler jüngst, legitimiert einerseits Gewaltausübung gegenüber Muslimen und schreibt genau dadurch andererseits wiederum ein solches Weltbild fort.35 Bis heute steht Lepanto also für mehr als für eine bloße Seeschlacht. Indem Akteure sie als Ereignis thematisieren, können sie ihre eigenen Positionen in diskursiven Feldern artikulieren. Dass dies nicht zwangsläufig allein in nationalen, konservativen oder rechtsextremen Ideologien geschehen kann, zeigt ein Beispiel aus Regensburg, in dem gewissermaßen genau diese diskursive Referenzfunktion Lepantos als Ereignisses zum Gegenstand des Anstoßes genommen wurde: Dort kletterte im Februar 2013 ein Marokkaner auf die Statue Juan de Austrias, bei der es sich um einen 1978 angefertigten Abguss einer 1572 in Messina errichteten Statue handelt. Auf den Brustharnisch klebte der Mann ein Blatt Papier, das die Fahne der Republik Türkei zeigt. Eine solche befestigte er an der linken Hand des Anführers der siegreichen Flotte der ›Heiligen Liga‹ direkt über dessen Schwert. In Don Juans rechter Hand brachte der Demonstrant die Fahne Andalusiens an. Die Regensburger Statue zeigt Don Juan als Sieger von Lepanto, mit seinem linken Fuß auf dem abgeschlagenen Kopf eines Osmanen stehend. Um diesen herum stellte der junge Mann im Februar 2013 Kerzen auf 34 Andrew Berwick [Anders B. Breivik]: 2083. A European Declaration of Independence. London 2011, S. 146f. (»the Islamic Ottoman Turkish Empire«), 1411f.: »We must rise and claim what is rightfully ours! By September 11th, 2083, the third wave of Jihad will have been repelled and the cultural Marxist/ multiculturalist hegemony in Western Europe, will be shattered and lying in ruin, exactly 400 years after we won the battle of Vienna on September 11th, 1683. Europe will once again be goverend by patriots.« Die fälschliche Datierung der Schlacht vom 12. September 1683 dient dazu, eine Bezugnahme zu den Anschlägen vom 11. September 2001 herzustellen: Simon Hadler: Zugehörigkeit durch Abgrenzung – Der Türke als der Andere Europas. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. Gregor Feindt u. a. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 93. 35 Judith Butler: Sexual Politics, Torture, and Secular Time. In: The British Journal of Sociology 59 (2008), H. 1, S. 1–23; dies.: Gefährdetes Leben. Politische Essays. (Edition Surhkamp, Bd. 2393). Frankfurt a. M. 2005.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

27

und legte rote Rosen nieder, die er zudem an die erstaunten Passanten verteilte. Immer wieder, so ist in den darauffolgenden Tagen in Regionalzeitschriften zu lesen, habe er »Frieden! Frieden!« und »Nein zu Faschismus. Nein zu Terrorismus. Aber das muss weg« gerufen. Schnell trafen Polizei und Feuerwehr ein und führten dreistündige Verhandlungen mit dem Mann, der drohte, sich selbst zu verletzen, wolle man ihn an der Ausübung der Aktion hindern. Auch Journalisten waren schnell vor Ort. Sie berichteten daraufhin über die polarisierten Reaktionen der Zuschauer. Dabei erregte die Statue nicht das erste Mal die Aufmerksamkeit der Lokalpresse. Bereits 2009 habe die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) einen Marsch organisiert, der bei dem Denkmal enden sollte, was couragierte Bürgerinnen und Bürger zu verhindern wussten. Bereits damals war der abgeschlagene Kopf des Osmanen zu Füßen der Don-Juan-Statue Projektionsfläche der Protestaktion, insofern dem Geköpften eine Hitler-Maske aufgesetzt wurde. Die 96 Kommentare, die der Bericht über die Statuen-Besetzung des Marokkaners auf einer Internetplattform der Lokalpresse allein in demselben Monat hervorrief, fielen polemisch aus. Sie reichten von intoleranter Unkenntnis, über unverhohlenen Rassismus bis hin zu offenen Morddrohungen – in ihnen treffen Diskurse von Europa, Nationalstaatlichkeit, Reinheit und Religion aufeinander, in denen Lepanto als Ausgangspunkt genommen wurde, um aktuelle Vorstellungen von (In)Toleranz eines dezidiert christlich verstandenen ›Europas‹ und ebenso ausschließlich muslimischen gedachten ›Osmanischen Reiches‹ zu verhandeln.36 Hier beziehen sich die Hinweise auf Lepanto nicht mehr allein auf die Geschehnisse vom 07. Oktober 1571, sondern werden in der Referenz auf die Seeschlacht als Ereignis dazu instrumentalisiert, um ganz andere Deutungsansprüche zu stärken und diskursive Positionen zu besetzen.

I.2.

Diskursive Wirkmächtigkeiten: Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

Diese Beispiele veranschaulichen deutlich die fragwürdigen, historischen Kontinuitäten von Ereignisinterpretationen, in welchen Lepanto als Referenzpunkt dient, um Machtansprüche über Gebiete und Menschen zu legitimieren sowie Fremdheit – ›der Kolonisierten‹, ›der Kommunisten‹ und ›der Muslime‹ – zu konstituieren. Für die Plausibilität solcher Interpretationen bedarf es spezieller 36 Anonym: Protest mit roten Rosen. Don Juan und sein Türkenschädel. In: regensburg-digital, URL: http://www.regensburg-digital.de/don-juan-und-sein-turkenschadel/05022013/ [Zugriff: 27. 01. 2014];https://www.facebook.com/Deutschlands.Einzelfaelle/posts/501119686596556[Zugriff: 28. 01. 2014].

28

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

narrativer Konstruktionen, die kulturelle und soziale Vielfalt homogenisieren. Christopher Vecseys Aussage ist daher vollkommen zutreffend: Lepanto habe wie die Kreuzzüge gleichfalls zu einer »theologisch-historischen Sprache« beigetragen, die es Christen und Muslimen ermöglichte, grenzziehende Linien zwischen sich zu entwerfen.37 Wird Vecseys Sprachmetapher ernst genommen, stellt sich vor allem die Frage, nach welchen Grammatiken, Gebrauchssemantiken und Sprechakten diese exkludierende Sprache funktionierte. Die spezifischen diskursiven Formationen, die solche Lepanto-Interpretationen in der Vergangenheit und heute noch immer ermöglichen, werden in der Forschung als Türkengefahr und Türkenfurcht bezeichnet. Diese etablierten und transportierten seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einen ›Europa‹Begriff, der mit der vielschichtigen, historischen Wirklichkeit kaum in Einklang zu bringen ist.38 Diesen generierten in der Folge der osmanischen Einnahme Konstantinopels am 29. Mai 1453 vor allem Gelehrte wie der spätere Papst Pius II., Enea Silvio Piccolomini, und weitere Humanisten und Prediger wie Capestrano, Giovanni da Castiglione und Johann Vitéz im Kontext der als ›Türkenreichstage‹ bezeichneten politischen Versammlungen in Frankfurt, Regensburg und Wien (1454/1455). Europa war darin als unitas christiana charakterisiert, das heißt als ein »genuin christliches Territorium«, das »in Opposition zu Asia und Africa« steht und im Laufe des 16. Jahrhunderts zunehmend als kulturell höherwertig konzipiert wurde. In Anlehnung an Kreuzzugsmotive war damit eine in der Forschung als humanist crusade literature oder humanist nationalism bezeichnete Bedrohungsrhetorik verbunden, welche die Idee eines geeinten Europas einer terra islamica gegenüberstellte. Dieser Diskurs überspielte somit einerseits innerchristliche Gegensätze, wie etwa Spaltungen zwischen den Konfessionen oder zwischen der römisch-katholischen und griechisch-orthodoxen Kirche. Andererseits bewirkten die in spezifischen Situationen mit durchaus unterschiedlichen Interessen auftretenden Gebrauchsweisen und Aktualisierungen dieses Diskurses zugleich dessen Reproduktion.39 37 Vecsey: Following 9/11, S. 315: »theological-historical language«. 38 Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Frankfurt a. M. 1983; Jerry Brotton: The Renaissance Bazaar. From the Silk Road to Michelangelo. Oxford u. a. 2002 (besonders prägnant ebd., S. 53); Almut Höfert: Den Feind beschreiben. »Türkengefahr« und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450–1600. (Campus Historische Studien, Bd. 35). Frankfurt a. M. u. a. 2003. 39 Ebd., S. 51–87 (Zitate: S. 63); dies.: The Order of Things and the Discourse of the Turkish Threat. The Conceptualisation of Islam in the Rise of Occidental Anthropology in the Fifteenth and Sixteenth Centuries. In: Between Europe and Islam. Shaping Modernity in a Transcultural Space. Hg. v. ders. u. Armando Salvatore. (Multiple Europes, Bd. 14). Brüssel u. a. 2000, S. 39–69; Carina L. Johnson: Cultural Hierarchy in Sixteenth-Century Europe. The Ottomans and Mexicans. Cambridge u. a. 2011; Margaret Meserve: Empires of Islam in Renaissance Historical Thought. (Harvard Historical Studies, Bd. 158). Cambridge, Massachusetts u. a. 2008; Brotton: Renaissance Bazaar, S. 10ff.; James Hankins: Renaissance Cru-

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

29

Ein solcher Europa-Begriff fand vor allem durch den Buchdruck Verbreitung. Die sogenannten Turcica, das heißt Druckerzeugnisse – zumeist kleinformatige Flugschriften und -blätter – über die Herrschafts- und Einflussgebiete des Osmanischen Reiches, gehörten zu den ersten und bedeutendsten Druckprodukten der Frühen Neuzeit.40 Dabei bildeten sich die durch diese kursierenden Beschreibungsmuster des ethnografischen Wissens über das Osmanische Reich vor allem im Kontext der diplomatischen Informationserhebung und somit im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Kontakten zwischen dem Reich am Bosporus, Venedig, Frankreich und den Habsburgern heraus. Wie Almut Höfert veranschaulichte, organisierte sich die frühneuzeitliche Beschreibung der osmanischen Gesellschaft entlang der Kategorien ›Hof, Regierung und Militär‹, ›Sitten und Gebräuche‹ sowie ›Religion‹. Letztere ermöglichte einerseits Hierarchisierungen, insofern auf häresiologische Deutungsmuster zurückgegriffen wurde, um den Islam »[a]ls diabolisch pervertiertes Derivat des Eigenen«, als »ein depraviertes Derivat der fides christiana«, zu beschreiben.41 Da die Kategorie der ›Religion‹ jedoch ebenso zur Beschreibung des Islams wie auch des Christentums genutzt wurde, seien andererseits dichotomische Zuordnungen in längerfristiger Perspektive unbeabsichtigt unterlaufen worden.42 saders. Humanist Crusade Literature in the Age of Mehmed II. In: Dumbarton Oaks Papers 49 (1995), S. 111–207; Nancy Bisaha: Creating East and West. Renaissance Humanists and the Ottoman Turks. Philadelphia, Pennsylvania 2004; Cemal Kafadar: Between Two Worlds. The Construction of the Ottoman State. Berkeley/ Los Angeles 1995; Caspar Hirschi: The Origins of Nationalism. An Alternative History from Ancient Rome to Early Modern Germany. Cambridge u. a. 2012, S. 119–179; Georg Schreiber: Deutsche Türkennot und Westfalen. In: Westfälische Forschungen. Mitteilungen des Provinzialinstituts für westfälische Landes- und Volkskunde 7 (1953/1954), S. 74f. 40 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 25f., 58; Carl Göllner: Tvrcica. Die europäischen Türkendrucke des XVI. Jahrhunderts. 3 Bde. Bukarest/ Berlin/ Baden-Baden 1961–1978. 41 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 22 [Kursivierungen des Verfassers, S. H.], 27–227; Thomas Kaufmann: »Türckenbüchlein«. Zur christlichen Wahrnehmung »türkischer Religion« in Spätmittelalter und Reformation. (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 97). Göttingen 2008, S. 20 (Zitat); Johnson: Cultural Hierarchy, S. 2–6, 21–70, 231–267. »Ethnographisches Wissen definiere ich«, so Höfert, »als die Informationen über das soziale Leben einer Gesellschaft, die auf empirischem Wege gewonnen und in einem abstrahierten Beschreibungsmuster gesellschaftlicher Realität dargestellt werden, das in der Herkunftskultur des oder der Ethnographin sowohl für die eigene Gesellschaft verwandt wird, als auch als Kategorierungsraster für die betrachtete Gesellschaft fungiert.« Höfert: Den Feind beschreiben, S. 29. 42 Ebd., S. 229–428; dies.: Ist das Böse schmutzig? Das Osmanische Reich in den Augen europäischer Reisender des 15. und 16. Jahrhunderts. In: Historische Anthropologie 11 (2003), H. 2, S. 176–192. Kaufmanns Versuch, Höferts These von der Durchsetzung der Beschreibungskategorie ›Religion‹ dadurch zu relativieren, dass er betont, diese sei an sich schon mit der Aufwertung des eigenen und der Abwertung des anderen Glaubens einhergegangen, ist nicht überzeugend. Denn Höfert betonte bereits, dass eine solche Beschreibungskategorie zwar »wertungs-, nicht aber wertfrei« genutzt worden sei. Vgl. Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 18, 33 sowie (hier auch das Zitat) Höfert: Den Feind beschreiben, S. 315.

30

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Dass diese historischen Diskurse der Türkengefahr und Türkenfurcht bis heute bei der Einschätzung Lepantos nachwirken, verdeutlichten die bereits angeführten Beispiele zu populären Lepanto-Bewertungen des 19., 20. und 21. Jahrhunderts. Allerdings finden sie sich nicht allein in gegenwärtiger fiktionaler, journalistischer und Ratgeberliteratur, sondern auch in wissenschaftlichen Studien.43 Hier sind sie in Allgemeinplätzen und unreflektierten Formulierungen wie »osmanischer Bedrohung« oder »europäischen Mächten« oder auch in der martialischen Rede vom »Todfeind […] der christlichen Zivilisation« anzutreffen.44 Ein Historiker beschreibt beispielsweise die Situation im Jahr nach der Seeschlacht von Lepanto, indem er auf die »skrupellose[], aggressive[] türkische[] Machtpolitik und Gewalttätigkeit« verweist.45 Dass diese Schilderung zweifelsohne standortgebunden ist, veranschaulicht das Gedankenexperiment einer Perspektivverschiebung, denn aus osmanischer Sicht wären die Monate nach dem überwältigenden Seesieg der ›Heiligen Liga‹ viel eher als Aggressionspolitik Roms, Spaniens und Venedigs zu charakterisieren. Autoren nehmen mit derartigen Formulierungen jedoch nicht allein Standortbestimmungen – und somit auch Selbst- und Fremdverortungen – vor. Darüber hinaus werden mit solchen nicht hinterfragten Wendungen über Zugehörigkeiten und Ausgrenzungen auch historische Machtambitionen und deren Legitimität verhandelt, womit die Vielfalt der Vergangenheit selbst auf die diskursstützenden Aspekte reduziert wird.46 So stehen sich in solchen Dichotomien »christliche Liebestätigkeit« auf der einen und osmanische »Gewaltherrschaft« auf der anderen Seite gegenüber.47 Derartige, die Rechtmäßigkeit historischer Machtansprüche 43 Es ist daher Rudolph: Lepanto, S. 101f. zu widersprechen, wonach die Deutung Lepantos im Sinne eines »triumphalischen Interpretationsmuster[s]« nicht im »wissenschaftsinternen Diskurs«, sondern »[a]ußerhalb der Geschichtswissenschaft« zu situieren sei. 44 Gaudenzio Claretta: Dell’Ordine Mauriziano nel primo secolo dalla sua ricostituzione e del suo grand’ammiraglio Andrea Provana di Leinì. Notizie storiche con documenti. Florenz/ Turin/ Rom 1890, S. 89: »l’Islamismo, nemico mortale del nome e della civiltà cristiana«. Vorbildlich aufgezeigt von Höfert: Den Feind beschreiben, S. 11, 51–56. 45 Albrecht P. Luttenberger: Kurfürsten, Kaiser und Reich. Politische Führung und Friedenssicherung unter Ferdinand I. und Maximilian II. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abt. Universalgeschichte, Bd. 12/ Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 12). Mainz 1994, S. 225. 46 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 53ff., 65f.; Klaus Malettke: Die Vorstöße der Osmanen im 16. Jahrhundert aus französischer Sicht. In: Europa und die Türken in der Renaissance. Hg. v. Bodo Guthmüller u. Wilhelm Kühlmann. (Frühe Neuzeit. Bd. 54). Tübingen 2000, S. 373–394. Zur theoretischen Reflexion von Inklusion, Exklusion und Vergangenheitsreduktion durch Erinnerungsakte vgl. Gregor Feindt/ Félix Krawatzek/ Daniela Mehler/ Friedemann Pestel/ Rieke Trimçev: Funktionen europäischer Erinnerung in der postnationalen Konstellation. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. dens. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 237–263. 47 Schreiber: Deutsche Türkennot, S. 70.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

31

verhandelnde Einschätzungen weisen häufig einen immanenten geschichtsteleologischen Charakter auf: »Der Seesieg v[on] Lepanto unter Don Juan de Austria 1571«, so ist in einem einschlägigen Lexikon-Artikel zu lesen, »befreite wohl das westl[iche], ließ aber das östl[liche] Mittelmeer immer noch im Herrschaftsbereich der Türken.«48 Osmanischen Sulta¯nen wird so in wissenschaftli˙ chen Studien retrospektiv die Legitimität ihrer Besitzansprüche abgesprochen, wenngleich diese vergleichbaren hegemonialen Bestrebungen folgten wie auch Habsburger, Päpste oder andere Herrscher des 16. Jahrhunderts. Zugleich gehen Autoren bei einer solchen Einschätzung implizit von einem finalen Sieg des – wie auch immer konzipierten – ›Christentums‹, ›des Westens‹ oder ›Europas‹ gegenüber ›den Muslimen‹ aus. Derartige auch in der Forschungsliteratur anzutreffende Stereotype konstruieren fragwürdige Zugehörigkeiten und Exklusionen, wobei sie sich unkritisch an Ansichten anlehnen, die aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert stammen. Denn die diskursbezeichnenden Begriffe Türkengefahr und Türkenfurcht fanden damals selbst erstmals im Kontext der Regional- sowie Reformationsgeschichtsschreibung und nach dem Zweiten Weltkrieg in der österreichischen Geschichtswissenschaft zu den Habsburgern Verwendung.49 Grundlegend ist in diesem Zusammenhang die 1904 erschienene Studie des Droysen-Schülers Richard Ebermann zur Türkenfurcht in der Reformationszeit. Denn es lässt sich anhand ihr veranschaulichen, inwieweit Autoren solcher Studien an Diskurse des 16. Jahrhunderts anknüpften und diese auf die Lage des Osmanischen Reiches um 1900 anwandten. Ebermann resümierte dahingehend, dass »der türkische Name […] noch lange Jahre ein Schreckenswort für die deutschen Lande [blieb]. Allmählich schwand jedoch mit der Gefahr auch die Furcht vor den Türken, die unter der Herrschaft launischer und unfähiger Sultane und durch innere Wirren geschwächt, nicht mehr die ungestümen Eroberer des grossen Soliman waren.« Er sah die abnehmende politische Bedeutung des Osmanischen Reiches um 1900 im Zusammenhang mit dem Erstarken Russlands, das Österreich und andere 48 Andreas Posch/ Heinrich Schauerte: Türkenkriege. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Hg. v. Josef Höfer u. Karl Rahner. Bd. 10. 2., völlig neu bearb. Aufl. Freiburg 1965, Sp. 410 [Hervorhebungen des Autors, S. H.]. 49 Brotton: Renaissance Bazaar, S. 53; Höfert: Den Feind beschreiben, S. 51. Stellvertretend: Richard Ebermann: Die Türkenfurcht, ein Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Meinung in Deutschland während der Reformationszeit. Halle a. d. S. 1904; Hugo Rossbach: Die Türkengefahr des Jahres 1541 und die Schlesier. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens 19 (1885), S. 338–353; Hugo Ehrensberger: Zur Geschichte der Türkensteuer, insbesondere in Franken, und das Subsidium charitativum des Kapitels Taubergau. In: Freiburger Diöcesan-Archiv. Zeitschrift des kirchengeschichtlichen Vereins für Geschichte, christliche Kunst, Altertums= und Litteraturkundes des Erzbistums Freiburg mit Berücksichtigung der angrenzenden Bistümer. Neue Folge 1 (1900), S. 396–433; Franz Thaller: Glaubensstreit und Türkennot. 1519–1648. Graz u. a. 1916.

32

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

»europäische[] Mächte« verhindern wollten: »Man fürchtete nicht mehr die Türken«, so Ebermann über das 19. Jahrhundert, »sondern für die Türken.« Er holt ausgehend von seiner historischen Arbeit über die Reformation zu einer grundlegenden, politischen Einschätzung aus: »Im 19. Jahrhundert erlebte die Welt das merkwürdige Schauspiel, dass die Staatskunst Österreichs weniger darauf bedacht war, neue Fetzen aus dem morschen Bau des Osmanenreiches herauszureissen, als vielmehr dem ›kranken Mann‹ zu einem möglichst langen Leben zu verhelfen. Anderseits richtet sich Russlands beharrliche Politik auf die Eroberung Konstantinopels […]. Allein diesem Bestreben hat Russland nicht nur mit der Feindschaft der Pforte und Österreichs zu rechnen. Alle europäischen Mächte, voran England, sind darin einig, dass Russland niemals Herr des Bosporus werden darf. So fristet die Türkei ihr Dasein weiter dank der Eifersucht der europäischen Regierungen, die sich über ihre Aufteilung durchaus nicht verständigen können. Sie erscheint aber vollkommen unfähig, durch grosse Reformen ihre politische Wiedergeburt anzubahnen, denn das osmanische Reich ist auf Eroberungen und Siege gegründet, nicht aber auf Ordnung und Gesetz.«50

Ebermann steckt hiermit das den Diskurs der Türkenfurcht und Türkengefahr beherrschende Narrativ ab: Vom ›eroberungssüchtigen Schrecken Europas‹, dem ›gesetzlosen Tyrannen‹, sei das Osmanische Reich zum ›kranken Mann am Bosporus‹ degradiert, der seine Existenz lediglich ›Europa‹ zu verdanken habe. Fortan fand dieses Narrativ eine breite geschichtswissenschaftliche Rezeption etwa in landesgeschichtlichen Untersuchungen, in denen »die Türken« als »die Schreckgespenster Europas« beschrieben wurden, die »das Abendland in Atem« gehalten hätten. Hier subsumierten Autoren unter den Begriffsketten »Abendland«, »[d]eutsche Türkennot« (in Abwandlung auch als »Sarazenennot«, »Türkenabwehr« oder »Türkensorgen« bezeichnet) und »Volkstum« ideologisch aufgeladene Positionen.51 Merkmal solcher Studien ist, dass sie die Türkenfurcht nicht als historischen Diskurs untersuchen, sondern als »seelische[s] Trauma« pathologisieren und unter dem Stichwort der »öffentlichen Meinung« die in Druckschriften proklamierten Diskurse undifferenziert übernehmen.52 So geht beispielsweise Georg Schreiber davon aus, dass »[d]er Türke […] volkspsychologisch in die Linie des Erbfeindes des christlichen Abendlandes [wuchs], vorab in den Flugschriften.« Entsprechend spricht er 1954 von einer »Volksnot«, die während der Frühen Neuzeit vorherrschend gewesen sei.53 In einem solchen Verständnis wird die Türkenfurcht als »Gefühlsbündel […] seelische[r] ›Trau50 Sämtliche Zitate von Ebermann: Türkenfurcht, S. 67ff. 51 Helmut Lahrkamp: Rückwirkungen der Türkenkriege auf Münster. 1560–1685. In: Westfälische Zeitschrift. Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 129 (1979), S. 89; Schreiber: Deutsche Türkennot. 52 Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 24. 53 Schreiber: Deutsche Türkennot, S. 68f.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

33

mata‹« interpretiert, die auf Ereignisse zurückgehe.54 In diesem Zusammenhang beziehen sich auch andere Autoren auf Lepanto als »[d]e[n] große[n] Seesieg der vereinigten Christenflotte über die Türken«.55 Dass die Türkenfurcht aber gerade seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert verstärkt in der historischen Forschung in das Blickfeld geriet und dabei zunehmend übernommen wurde, liegt einerseits an den Orientalismus-Diskursen und den mit ihnen zusammenhängenden Traditionen und Imaginationen.56 Andererseits sind die Gründe hierfür darin zu suchen, dass Archivfindbücher seit jener Zeit Bezeichnungen wie ›Türkensteuer‹, ›Türkengefahr‹ und ›Erbfeind‹ als Registereinträge besitzen, die das Quellenmaterial entsprechend dieser Diskurse vorsortieren.57 In Folge solcher, in Archivsortierungen und Studien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts präsentierten, Wissensbestände fanden derartige historischdiskursiven Vorannahmen implizit Eingang in spätere wissenschaftliche Studien. Ironischerweise finden sich solche einheitsstiftenden Zuschreibungen selbst in jenen Veröffentlichungen, die eigentlich die Pluralität des als geeint imaginierten Europas untersuchen.58 Ebenso geht Edward W. Said davon aus, dass der »Islam« die »europäische Christenheit« bis zur Seeschlacht von Lepanto in Angst und Schrecken versetzt und »bedroht« habe.59 Auch die 1978 publizierte, vielzitierte Arbeit Winfried Schulzes, in welcher er die Türkenfurcht im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation des 16. Jahrhundert untersucht, tradiert diese diskursiven Vorannahmen. Wenngleich Schulze betont, er wolle die Türkengefahr als »Kommunikationsprozeß« untersuchen, geht er doch von einem essentialistischen Furchtkonzept aus, denn bei seiner »Untersuchung der Vermittlung der

54 Hans J. Kissling: Türkenfurcht und Türkenhoffnung im 15./16. Jahrhundert. Zur Geschichte eines »Komplexes«. In: Südost-Forschungen 23 (1964), S. 2. 55 Lahrkamp: Rückwirkungen der Türkenkriege, S. 90. 56 Edward W. Said: Orientalism. London 1978; ders.: The Edward Said Reader. Hg. v. Moustafa Bayoumi. London 2001; Sebastian Conrad: Enlightenment in Global History. A Historiographical Critique. In: American Historical Review 117 (2012), H. 4, S. 999–1027; Suzanne L. Marchand: German Orientalism in the Age of Empire. Religion, Race, and Scholarship. Cambridge u. a. 2010. 57 Winfried Schulze: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung. München 1978, S. 19. 58 Paul Widmer: Bullinger und die Türken. Zeugnis des geistigen Widerstandes gegen eine Renaissance der Kreuzzüge. In: Heinrich Bullinger. Life – Thought – Influence. Hg. v. Emidio Campi u. Peter Opitz. Bd. 2. (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte, Bd. 24). Zürich 2007, S. 593: »Europa sah sich im 16. Jahrhundert im Osten und im Süden durch die osmanische Großmacht bedrohlich umzingelt«. 59 Edward W. Said: The Scope of Orientalism (1978). In: The Edward Said Reader. Hg. v. Moustafa Bayoumi. London 2001, S. 94: »From the end of the seventh century until the battle of Lepanto in 1571, Islam in either its Arab, Ottoman, or North African and Spanish form dominated or effectively threatened European Christianity«.

34

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Bedrohung in die Bevölkerung hinein« setzt er zuallererst eine tatsächliche Türkengefahr als »Bedrohungsfaktor« voraus.60 So thematisiert er »die Bedrohung des Reiches durch die Türken und deren augenscheinliches, unaufhaltsames Vordringen, das sich in einer Kette von für das christliche Abendland verlorenen Schlachten äußerte […].«61

In der deklarierten Dichotomie von »Türken« und »christliche[m] Abendland« schlummern genau jene bereits angeführten Gefahren kulturalistischer Homogenisierungen und darauf beruhender Wertungen von der Legitimation historischer Machtansprüche.62 Schulze sieht eine ›wahre Bedrohung‹, die vom Kaiser als Mittel genutzt worden sei, um eine einheitsstiftende Reichspolitik zu führen und die konfessionellen Standpunkte für seine Zwecke zu einen. Dementsprechend verurteilt er erstens die angesichts der sogenannten ›Türkensteuer‹ einsetzende Möglichkeit der landesfürstlichen Überbesteuerung der Untertanen als »Betrugsmanöver« und »ungerechtfertigt[]«, und bewertet zweitens die protestantischen Debatten um die verfassungsrechtliche Legitimität der ›Türkensteuern‹ vor dem Hintergrund einer »realen politischen Bedrohung« durch die Osmanen als lähmende Diskussion, die »das militärisch drängende Problem vernachlässigte.«63 In seiner Studie klassifiziert Schulze die Debatten um die Türkengefahr als Propaganda, womit er den »weltlichen und geistlichen Obrigkeiten« eine zwingende, intendierte und ideologisierte Ausnutzung unterstellt.64 Der Begriff ›Propaganda‹ war in den Entstehungsjahren der Publikation freilich doppelt konnotiert und zwar sowohl im Kontext der Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen als auch im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen West- und Ostblockstaaten. Es scheint, als habe Schulze in seiner zu Beginn der 1970er Jahre im geteilten Berlin entstandenen Habilitationsschrift 60 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 10, 46, 52–66, 364. Weiterführend Andreas Bähr: Furcht und Furchtlosigkeit. Göttliche Gewalt und Selbstkonstitution im 17. Jahrhundert. (Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung, Bd. 14). Göttingen 2013; ders.: Die Furcht der Frühen Neuzeit. Paradigmen, Hintergründe und Perspektiven einer Kontroverse. In: Historische Anthropologie 16 (2008), H. 2, S. 291–309. 61 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 24. 62 Zu den Gefahren solcher Zuschreibungen siehe Gadi Algazi: Kulturkult und die Rekonstruktion von Handlungsrepertoires. In: L’homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 11 (2000), H. 1, S. 105–119; Butler: Sexual Politics. 63 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 47, 51, 72, 131–155, 256, 260, 276–290; Zsuzsa BarbaricsHermanik: Reale oder gemachte Angst? Türkengefahr und Türkenpropaganda im 16. und 17. Jahrhundert. In: Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit und Mythos. Hg. v. Harald Heppner u. Zsuzsa Barbarics-Hermanik. (Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte, Bd. 1). Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 43–75. 64 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 41f., 33–46. Zum Begriff ›Propaganda‹ vgl. Peter Burke: Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs. Übers. v. Matthias Fienbork. 3. Aufl. Berlin 2009, S. 12–15.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

35

seine Ansichten zur zeitgenössischen Situation der Konfrontation auf das umfangreich gesammelte frühneuzeitliche Quellenmaterial übertragen und auf das im Türkengefahr-Diskurs stilisierte »gemeinschaftsmodellierende Moment«65 kritiklos angewandt. Schreibt er tatsächlich über das Heilige Römische Reich deutscher Nation und die Osmanen im späten 16. Jahrhundert oder doch über seine Einschätzung des Kalten Krieges, wenn er die »weitgehend einheitliche[] Haltung« schildert, »die im Kampf gegen die Bedrohung den Akt berechtigter Notwehr zur Erhaltung der eigenen Existenz sieht«?66 Das Denken in Feindbildern, das heißt in imaginierten und aktualisierbaren Dichotomien und SchwarzWeiß-Kategorien, die hier das tertium comparationis bilden, stellt allerdings keine ahistorische Konstante menschlichen Einschätzens, Denkens und Handelns dar, sondern muss vielmehr selbst als historisches Phänomen in den zeitgenössischen Kontexten untersucht werden.67 Demnach bedarf auch die mit dem Hinweis auf Kommunikationsprozesse vornehmlich kritiklos rezipierte Türkenfurcht-Monografie Schulzes weiterführender Reflexionen.68 Die Veränderungen um 1990 bewirkten eine Öffnung der Geschichtswissenschaft hin zu anderen Disziplinen, namentlich der Anthropologie, Ethnologie und Soziologie. Damit ging eine kulturwissenschaftliche Neuausrichtung einher, die holistische und homogenisierende Erklärungsversuche zunehmend selbst hinterfragte.69 Dennoch erweist sich die Türkengefahr als äußerst zählebig, anpassungsfähig und attraktiv. Sie findet sich auch in jüngeren Publikationen als Konstrukt wieder, die in der Forschung zu Recht als »Standardliteratur zu den Turcica«70 charakterisiert wurden. So dient Samuel Huntingtons kontrovers

65 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 62. 66 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 51. Zur »Aktualisierung« der ›Türken‹-Chiffre während des Kalten Krieges vgl. Hadler: Zugehörigkeit, S. 96–104 (Zitat ebd., S. 96). 67 In Anlehnung an Elke A. Werner: Feindbild. In: Handbuch der politischen Ikonographie. Hg. v. Uwe Fleckner, Martin Warnke u. Hendrik Ziegler. Bd. 1. München 2011, S. 301–305. Diese kritische Reflexionsebene gegenüber eigenen Analysekategorien kommt leider bei Martin Wrede: Feindbild. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Bd. 3. Stuttgart 2006, Sp. 878–890 zu kurz. 68 Sowohl Höfert: Den Feind beschreiben, S. 51, 58f. als auch Johnson: Cultural Hierarchy, S. 229 übersehen Schulzes fragwürdige Implikationen. Dies liegt m. E. in der »diskursive[n] Funktion«, die Schulze der Türkengefahr als »Kommunikationsprozeß« zusprach. Doch sein Diskursbegriff ist an jenem Habermas’ und der Diskussion um ›Öffentlichkeit‹ orientiert, womit er sich grundsätzlich von demjenigen Foucaults unterscheidet, der beispielsweise Höferts bedeutender Untersuchung zugrunde liegt. Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 10, 29; Höfert: Den Feind beschreiben, S. 66f. 69 Roger Chartier: Le monde comme représentation. In: Annales. Economies Sociétés Civilisations 44 (1989), H. 6, S. 1505–1520; Lynn Hunt (Hg.): The New Cultural History. Berkeley u. a. 1989. 70 Almut Höfert: Thomas Kaufmann, »Türckenbüchlein«. Zur christlichen Wahrnehmung »türkischer Religion« in Spätmittelalter und Reformation. (Forschungen zur Kirchen- und

36

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

diskutierte These eines clash of civilizations manchen wissenschaftlichen Publikationen als Anknüpfungspunkt, um für das 15. und 16. Jahrhundert einen »unvermeidlichen ›Kampf[] der Kulturen‹« zu postulieren.71 In dieser Ansicht wird Lepanto auch in jüngsten wissenschaftlichen Publikationen als »Konsequenz« eines clash of cultures angesehen.72 Von hier aus ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zu der Behauptung, dass die »kulturellen Profilierungen Lateineuropas […] in der Betonung des Individuums und in der Desakralisierung der ›Welt‹« lägen und sich »[i]m Horizont der Globalisierung […] diese Selbstdeutungen dialogisch zu bewähren« hätten.73 Historische, identitätsgenerierende Narrative werden hier aufgegriffen, um Machtdiskurse in einer fragmentiertglobalisierten Welt exkludierend zu positionieren.74 Diese erstaunliche diskursive Persistenz der Türkengefahr und Türkenfurcht in der Geschichtsschreibung ist allerdings nicht auf den deutschen Sprachraum zu begrenzen; sie findet sich auch in englischen, französischen, italienischen und spanischen Wissenschaftspublikationen. Besonders offensichtlich treten solche Diskurse dann auf, wenn von einer »türkischen Gefahr« (pericolo turco) gesprochen wird, in deren Angesicht sich das »Überleben einer Zivilisation« entschieden habe.75 Mancher Autor fühlt sich gemüßigt, seinen geschichtswissenschaftlichen Beitrag zur Erforschung der Beziehungen zwischen der griechischorthodoxen Gemeinschaft und der römischen und venezianischen Kirche mit einer fundamentalen Stellungnahme zu schließen: »Die erfolglose Hilfe für die Rettung (salvezza) Konstantinopels im Jahr 1453 war ein historischer europäischer Fehler, teilweise durch die Seeschlacht von Lepanto und

71 72 73

74

75

Dogmengeschichte, Bd. 97.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2008. 299 S., € 59,90. In: Historische Zeitschrift 151 (2010), Nr. 290, S. 417f., hier S. 418. Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 32. Andrew Pettegree: The Invention of News. How the World Came to Know About Itself. New Haven/ London 2014, S. 140 (»The battle of Lepanto was the consequence of a clash of cultures«); ders.: The Book in the Renaissance. New Haven/ London 2011, S. 154f. Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 76. Ähnlicher auch Holger T. Gräf: »Erbfeind der Christenheit« oder potentieller Bündnispartner? Das Osmanenreich im europäischen Mächtesystem des 16. und 17. Jahrhunderts – gegenwartspolitisch betrachtet. In: Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie. Hg. v. Marlene Kurz u. a. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 48). München 2005, S. 51. Formulierung in Anlehnung an Michel-Rolph Trouillot: Global Transformations. Anthropology and the Modern World. New York u. a. 2003, S. 47. Siehe auch ebd., S. 12: »the West is a historical projection, projection in history. But it is also a projection of history, the imposition of a particular interface between what happened and that which is said to have happened«. Giorgio Fedalto: La comunità greca, la chiesa di Venezia, la chiesa di Roma. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 92: »il pericolo turco per tutto l’Occidente«; »un problema […] di sopravvivenza di una civiltà«.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

37

– später – durch die Verteidigung Wiens erlöst (riscattato). Es ist schwierig die Vergangenheit wiedergutzumachen. Die Geschichte setzt sich immer in der Zukunft fort.«76

Giorgio Fedalto, von dem diese Formulierung stammt, stellt damit seine vorigen Ausführungen in den Schatten eines deterministischen Geschichtsbildes, das einen ahistorischen Kampf zwischen katholischer Kirche und Islam postuliert. Vielsagend ist dabei sein religiös konnotiertes Vokabular, das Aussage und Geschichtsverständnis als heilsähnlich beschreibt. Demnach sei laut Fedalto das Seelenheil Europas nur durch den Sieg über ›die Muslime‹ erreichbar. Die Ereignisse von Konstantinopel (1453), Lepanto (1571) und Wien (1683) werden von ihm als Geschehniszusammenhang begriffen, der Europa als dezidiert katholische Einheit einer essentialisierten Türkengefahr – umfassend als ›muslimische Gefahr‹ – gegenüberstellt. Seine beiden letzten Sätze führen überdeutlich vor Augen, dass der Autor die Geschehniskette bis in die Gegenwart und Zukunft fortschreibt. Zu welch problematischen Handlungen solche Interpretationen und Einstellungen in den vergangenen zwei Jahrhunderten geführt haben, ist bereits zu Anfangs dieser Einleitung am Beispiel Italiens und Spaniens veranschaulicht worden. Fedalto ist keine Ausnahme; vielmehr steht er stellvertretend für eine ganze Reihe von Wissenschaftspublikationen, die auf vergleichbare Weise die Seeschlacht von Lepanto untersucht haben, ohne deren Wechselwirkungen mit der Türkengefahr selbst als Untersuchungsgegenstand zu historisieren und zu problematisieren. Leopold von Ranke thematisierte 1877 die Seeschlacht als »Kampf zwischen der Levante […] und der westlichen Welt«. Dem Sieg der ›Heiligen Liga‹ maß er damit eine über die Schlacht hinausreichende, universalhistorische Bedeutung im Kräftemessen zwischen dem »Abendland« und dem Osmanischen Reich bei. Lepanto stellte dieser Logik zufolge einen »Sieg« dar, »de[r] […] für das gesammte Abendland heilbringend war und in der Nothwendigkeit der Dinge lag.«77 Doch auch Historiker des 20. und 21. Jahrhunderts präsentierten die Seeschlacht in demselben teleologisch und dichotomisch konzipierten Gedankengerüst, das sich bereits in Titelwortgruppen wie »der sinkende Halbmond« oder »eine europäische Entscheidung« niederschlägt.78 Allein in den Jahren 2005 76 Ebd., S. 102: »Il mancato aiuto per la salvezza di Costantinopoli nel 1453 fu un errore storico europeo, in parte riscattato dalla battaglia di Lepanto e, più tardi, dalla difesa di Vienna. È difficile rimediare al passato. La storia continua sempre nel futuro«. Siehe aber auch Angelo Tamborra: Gli stati italiani, l’Europa e il problema Turco dopo Lepanto. Florenz 1961. 77 Leopold von Ranke: Die Osmanen und die Spanische Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert. Leipzig 1877, S. 364, 366. 78 Wolfram zu Mondfeld: Der sinkende Halbmond. Die Seeschlacht von Lepanto im Jahre 1571. Vorbereitungen, Schlachtgeschehen, Auswirkungen. Würzburg 1973; Ferdinand Ludwig: Spanische Galeere »Maria von Castilien«. Lepanto 1571. Eine europäische Entscheidung. Bearb. v. Uwe Greve. Hamburg 1999.

38

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

und 2006 erschienen drei Bücher, deren Titel bereits einschlägige Referenzen aufweisen: Arrigo Petacco benannte seine Monografie ›La croce e la mezzaluna. Lepanto 7 ottobre 1571. Quando la cristianità respinse l’islam‹ (›Das Kreuz und der Halbmond: Lepanto, 07. Oktober 1571. Als die Christenheit den Islam abwehrte‹); Niccolò Capponis Untersuchung erschien unter dem Titel ›Victory of the West. The Story of the Battle of Lepanto‹ (›Sieg des Westens. Die Geschichte der Schlacht von Lepanto‹); und auf T. C. F. Hopkins Bucheinschlag ist zu lesen ›Confrontation at Lepanto. Christendom vs. Islam‹ (›Konfrontation bei Lepanto. Christentum gegen Islam‹).79 In diesem Narrativ wird die katholische Union gegen die Osmanen als Rettungsversuch ›eines christlichen Europas‹ konzipiert, der letztlich erfolglos blieb, weil die Reformation die postulierte Einheit der »christlichen Welt« unterlaufen habe.80 Besonders bedenklich wird es dann, wenn Giuseppe Praga den Sieg der ›Heiligen Liga‹ als eine Art Blutzoll (contribution in blood) darstellt, den die Republik Venedig für »die christliche, italienische und adriatische causa« auf sich genommen habe.81 Diese Formulierung erinnert an Vorgänger wie sie etwa in einer italienischen Monografie aus dem Jahr 1890 gebräuchlich waren, worin zur Ausfahrt der Liga-Kapitäne gen Lepanto zu lesen ist, dass sie in Bälde ihr »Blut für die causa der europäischen Zivilisation vergießen« würden.82 Solche Aussagen sind daher besonders fraglich, weil sie auch in anderen ideologischen Kontexten gebraucht wurden. Luis Carrero Blanco bezeichnete etwa den Einsatz der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto als »heilige causa Spaniens«, wobei er sich damit auch auf die imperiale Vergangenheit Spaniens und dessen Besitzungen in Lateinamerika und auf den Philippinen berief.83 Auch Wissenschaftler, die während der Zeit des Faschismus die Seeschlacht untersuchten, betteten Lepanto in dichotomische, entsprechend ideologisierte Narrative ein. Beispielsweise erschien 1938 in Rom ein Band, der Forschungen zu Marc’antonio Colonna, dem Oberbefehlshaber der päpstlichen Truppen bei Lepanto, und dem Triumphzug präsentierte, der zu Colonnas Rückkehr in Rom 79 Arrigo Petacco: La croce e la mezzaluna. Lepanto 7 ottobre 1571. Quando la cristianità respinse l’islam. Mailand 2005; Niccolò Capponi: Victory of the West. The Story of the Battle of Lepanto. London 2006; T. C. F. Hopkins: Confrontation at Lepanto. Christendom vs. Islam. New York 2006. Siehe aber auch Romano Canosa: Lepanto. Storia della »Lega Santa« contro i Turchi. Rom 2000. 80 Ivone Cacciavillani: Otto storie veneziane. Padua 1998, S. 77: »mondo cristiano«. 81 Praga: Dalmatia, S. 175: »such was the contribution in blood made by Venice to the Christian, Italian and Adriatic cause«. 82 Claretta: Ordine Mauriziano, S. 38: »quei capitani che fra breve dovevano versar il sangue per la causa della civiltà europea«. 83 Carrero Blanco: Victoria, S. 12 [Kursivierungen im Original, S. H.]: »Meditemos y, con confianza ciega en la Santa causa de España, sepamos conservar el espíritu de Lepanto«. Siehe aber auch Los Amigos de la Historia (Hg.): La batalla de Lepanto (1571). Textos basados en manuscritos y crónicas de la época existentes en el Archivo Histórico y Biblioteca del Museo Naval de Madrid y Biblioteca Nacional de Paris. Madrid 1972, S. 57.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

39

stattfand. »Der Sieger von Lepanto« sei, so berichtet darin der Mediävist Pietro Fedele, »einer der größten Kapitäne zu Lande und zu Meer des 16. Jahrhunderts, ausgestattet mit bedeutender Intelligenz, seltener Tapferkeit (valore) und einem edlen Herzen. Er verdiente es, hier in Rom gefeiert zu werden«. Wesentlich habe er zum Sieg bei Lepanto beigetragen, »der den Triumph der christlichen Zivilisation über den Halbmond sicherstellte«.84 Der Band, so Fedele weiter, werde »den Studenten unserer Geschichte nützen«, denn: »Wenn wir […] den Triumph erinnern, der in Rom zu Ehren Marc’antonio Colonnas gefeiert wurde, erhofften wir uns – und in unseren Gemütern (animi) war der Wunsch Gewissheit –, an einem anderen Triumph teilnehmen zu können: An dem Triumph unserer Truppen, die in jenem Moment einen zähen Krieg für Italiens gutes Anrecht kämpften.«85

Hier rechtfertigten also Historiker zur Zeit des italienischen Faschismus ihre Studien zur Seeschlacht von Lepanto und den römischen Triumphzügen des päpstlichen Kommandeurs damit, dass sie vor Augen führten, wie Italien die aus Äthiopien zurückkehrenden Soldaten ›ehren‹ könne.86 Es gilt also festzuhalten, dass die Instrumentalisierungen der Seeschlacht von Lepanto auf populärer und wissenschaftlicher Ebene entlang des Türkengefahr-Diskurses fragwürdige Erinnerungstraditionen tradieren. Über die Jahrhunderte hinweg transportierten geschichtswissenschaftliche Publikationen zu Lepanto immer wieder unwissenschaftliche Vorannahmen, anhand derer die Verfasser Weltanschauungen verhandelten. Unzählige solcher Veröffentlichungen trugen letztlich selbst zu einer Mystifizierung der Seeschlacht bei, die in das Narrativ eines wie auch immer konzipierten, überlegenen ›Westens‹ eingebettet sind.87 Derartigen Publikationen liegt 84 Giovanni B. Borino/ Alberto Galieti/ Giulio Navone: Il trionfo di Marc’Antonio Colonna. (Miscellanea della R. Deputazione Romana di Storia Patria). Rom 1938, nicht nummerierte Seite [Vorwort]: »Il vincitore di Lepanto«; »uno dei più grandi capitani per terra e per mare del secolo XVI, dotato di grande intelligenza, di raro valore e di cuor magnanimo, meritava di essere celebrato qui in Roma«; »che assicurò il trionfo della civiltà cristiana sulla Mezzaluna«. Francesco M. Biscione: Fedele, Pietro. In: Dizionario biografico degli italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 45. Rom 1995, S. 572–575. 85 Borino/ Galieti/ Navone: Il trionfo di Marc’Antonio Colonna, nicht nummerierte Seite [Vorwort]: »se ne avvantaggeranno gli studiosi della nostra storia«; »Ricordando […] il trionfo che fu celebrato in Roma in onore di Marcantonio Colonna, noi ci auguravamo, e negli animi nostri l’augurio era certezza, di poter assistere ad un altro trionfo, al trionfo delle nostre armi che in quel momento combattevano una dura guerra per il buon diritto d’Italia.« 86 Matteo Dominioni: Lo sfascio dell’impero. Gli italiani in Etiopia. 1936–1941. Rom u. a. 2008; Michael Thöndl: Der Abessinienkrieg und das totalitäre Potential des italienischen Faschismus in Italienisch-Ostafrika (1935–1941). In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 87 (2007), S. 402–419. 87 Auf diesen »mythical framework« verwies Andrew C. Hess: The Battle of Lepanto and its Place in Mediterranean History. In: Past & Present 57 (1972), S. 73.

40

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

die Vorannahme eines »subjektive[n] Gefühl[s] der Bedrohung der Menschen Mitteleuropas durch die Türken« zugrunde, das vereinzelt auch als »Türkenangst« bezeichnet worden ist.88 Allerdings stellt Almut Höfert zu Recht die Frage, »wo im 16. Jahrhundert außer auf dem Balkan und im Mittelmeer die angeblich ›ganz Europa‹ bedrohenden Osmanen denn zu finden sind. Wo ist die Seemacht, die England angreift und sich weiter nach Skandinavien aufmacht, wo die osmanischen Landheere, die Paris, Rom, Köln oder Prag bedrohen?«89 Aus dieser pointierten Formulierung ist zu schlussfolgern, dass die Diskurse der Türkengefahr und Türkenfurcht des 16. Jahrhunderts nicht einfach zu übernehmen, sondern selbst zu historisieren und mit dem vielschichtigen Mit- und Gegeneinander der Religionen zu kontextualisieren sind. In Anlehnung an Andreas Bähr ist zu berücksichtigen, dass die Beschreibungen von Furcht in den historischen Quellen textuelle Funktionen einnahmen und als »historisch-kulturelle[] Semantik« zu verstehen sind: »[F]rühneuzeitliche Furcht und Furchtlosigkeit [sind demnach] nicht als Stationen in einem diachronen historischen Prozess, sondern als synchrone semantische Einheit mit einer gesellschaftlichen Selbstbeschreibungsfunktion« zu untersuchen.90 Zunächst führt eine solche Perspektivverschiebung zu der Feststellung, dass die »semantische[n] Einheit[en]« der Türkengefahr – und die sie einschließenden Antichristzuschreibungen – eine erstaunliche Flexibilität besaßen: Nicht nur die Osmanen wurden als endzeitliche Bedrohung beschrieben, sondern auch der Papst erhielt in protestantischen Drucken das Attribut »Antichrist« und Karl der Kühne von Burgund wurde ebenso von der Eidgenossenschaft als »Türke« bezeichnet. Anhand dieser innerchristlichen »Turkisierung« und der innerhalb des Diskurses fortbestehenden Spannung zwischen christlichem Einigkeitspostulat und verschiedenen partikularen Interessen, wird am ehesten ersichtlich, wie Türkengefahr und Türkenfurcht als Topoi mit flexiblen Zuschreibungen auftraten.91 In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass während des 16. Jahrhunderts im Zuge der Türkenfurcht eine zunehmende Faszination für das Osmanische Reich festzustellen ist, die weite gesellschaftliche Bereiche umfasste: Diplomaten bewunderten die herrschaftliche und militärische Organisation der Osmanen;92 katholische Herrschaften wandten sich an die Sulta¯ne, um Allianzen ˙ 88 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 52; Schreiber: Deutsche Türkennot, S. 79; Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 7. 89 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 55. 90 Bähr: Furcht der Frühen Neuzeit, S. 292; ders.: Furcht und Furchtlosigkeit, S. 383, 381–446. 91 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 60f., 66; Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 42. 92 Stefan Hanß: »Io ritorno, serenissimo principe dal sultan Solimano […]«. Devs¸irme and Yeñi çeri in a Record of the Venetian Bailo Bernardo Navagero, 1553. In: Eurasian Studies 10 (2012), S. 97–125; Alastair Hamilton: Bridge of Knowledge. Western Appreciation of Arab and Islamic Civilization in the Arcadian Library. London/ Oxford 2011, S. 149.

Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto

41

zu schließen sowie Problemlösungen zu finden;93 Christen, die osmanische ›Antichristen‹ als göttliche Strafe interpretierten, verbanden mit deren Herrschaftskonsolidierung ganz eigene Endzeithoffnungen;94 antitrinitarisches Gedankengut, wie etwa der Sozinianismus, etablierte sich in Auseinandersetzung, Rezeption und Adaption muslimischer, religiöser und gelehrter Traditionen;95 Gelehrte erwarben und rezipierten arabische, osmanische, syriakische und persische Manuskripte und Reisende schwärmten ebenso für osmanische Architektur wie sie sich darüber wunderten, »daß das Reich des Bösen eine bemerkenswert saubere Lebensart seiner Einwohnerschaft aufweist«. Wie Almut Höfert klar herausstellte, galt diese augenscheinliche »Vorbildhaftigkeit der Türken«, der die Reisenden im Osmanischen Reich begegneten, als »List des Teufels« und Tücke des Antichristen. Damit war die Türkenhoffnung Bestandteil der Türkenfurcht.96 Darüber hinaus öffnet die Neuperspektivierung der Türkenfurcht als Selbstund Fremdbeschreibung die Augen für Semantiken, Praktiken und Akteure, die an der Konstitution der Diskurse beteiligt waren und solche, die aufgrund der vorherrschenden Einstellungen in Vergessenheit geraten sind.97 Eine solche Herangehensweise weist also essentialistische Furcht- und Erfahrungskonzeptionen zurück, um Türkenfurcht und Türkengefahr in ihren jeweiligen historischen Logiken als diskursive Realitäten in umstrittenen »gesellschaftlichen Feld[ern] von Vergangenheitsdeutungen«98 zu untersuchen. Denn Begegnungen sind, wie es Sanjay Subrahmanyam betonte, menschengemacht.99 Inwieweit

93 Giovanni Ricci: Appello al Turco. I confini infranti del Rinascimento. (La storia. Temi, Bd. 21). Rom 2011. 94 Vgl. Kissling: Türkenfurcht und Türkenhoffnung; Bähr: Furcht und Furchtlosigkeit, S. 381– 446, hier insbesondere S. 385f. 95 Martin Mulsow: Socinianism, Islam and the Radical Uses of Arabic Scholarship. El socinianismo, el islam y los usos radicales de la erudición árabe. In: Al-Qantara 31 (2010), H. 2, ˙ S. 549–586. 96 Höfert: Ist das Böse schmutzig?, S. 189f.; Alastair Hamilton: Arab Culture and Ottoman Magnificence in Antwerp’s Golden Age. Oxford u. a. 2001; ders.: Bridge of Knowledge, S. 31– 77, 149–159; Kissling: Türkenfurcht und Türkenhoffnung; Matthias Thumser: Türkenfrage und öffentliche Meinung. Zeitgenössische Zeugnisse nach dem Fall von Konstantinopel (1453). In: Europa und die osmanische Expansion im ausgehenden Mittelalter. Hg. v. FranzReiner Erkens. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 20). Berlin 1997, S. 78. 97 Michel-Rolph Trouillot: Silencing the Past. Power and the Production of History. Boston, Massachusetts 1995. 98 Gregor Feindt/ Félix Krawatzek/ Daniela Mehler/ Friedemann Pestel/ Rieke Trimçev: Europäische Erinnerung? Erinnerungsforschung jenseits der Nation. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. dens. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 25. 99 Sanjay Subrahmanyam: Courtly Encounters. Translating Courtliness and Violence in Early Modern Eurasia. Cambridge, Massachusetts 2012, S. 212.

42

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

formierten also die Zeitgenossen selbst die Ereigniswerdung Lepantos?100 Inwiefern trugen sie durch ihre Reaktionen dazu bei, die Seeschlacht selbst als Ereignis zu einer memorisierten und aktualisierbaren Metapher werden zu lassen, die eben nicht nur auf das Aufeinandertreffen der Flotten am 07. Oktober 1571 verwies, sondern derer sich Akteure verschiedener Zeiten selbst als Chiffre unterschiedlich bedienten, um eigene Ziel-, Wert- und Weltvorstellungen zu positionieren? Welche zeitgenössischen Aushandlungsprozesse um die Deutungshoheit über Lepanto als Ereignis werden bei einer Untersuchung der Ereigniswerdung Lepantos deutlich?

I.3.

Methode

I.3.i.

Histoire de l’événement

Dreh- und Angelpunkt dieser Untersuchung ist damit die historische Einschätzung der Seeschlacht als Ereignis. Doch den Begriff ›Ereignis‹ umgibt dabei die Aura jener »trügerischen Selbstverständlichkeit«,101 auf die bereits Paul Ricœur verwies. Zunächst ist es daher nötig, vergleichend darzulegen, wie Historiker Lepanto als Ereignis thematisierten und diese Bewertungen damit zu kontextualisieren, wie überhaupt ›Ereignis‹ in den Geschichtswissenschaften als Kategorie konzeptionalisiert worden ist. Ihren Ausgangspunkt muss eine solche Darstellung mit der traditionellen Ereignisgeschichte (histoire événementielle) nehmen, die nach dem Diktum Leopold von Rankes zu veranschaulichen vorgab, »wie es eigentlich gewesen«.102 Er selbst beschrieb Lepanto als »universal=historische Entscheidung«103 und damit als einschneidendes Ereignis, das – ganz im Sinne der Türkengefahr – nicht nur das Kräfteverhältnis im östlichen Mittelmeerraum zugunsten christlicher Herrschaften verschoben, sondern auch den Niedergang des Osmanischen Rei100 Wesentliche Anleihen hierfür bietet Palmira Brummett: The Lepanto Paradigm Revisited. Knowing the Ottomans in the Sixteenth Century. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. Anna Contadini u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 63– 93, wobei sie insbesondere auf jenes Phänomen verweist, das hier als Osmanenwahrnehmungen beschrieben wird (Kapitel I.3.ii.). 101 Paul Ricœur: Temps et récrit. Bd. 1. Paris 1983, S. 138: »l’évidence trompeuse«. 102 Leopold von Ranke: Geschichten der romanischen und germanischen Völker von 1494 bis 1514. Zur Kritik neuerer Geschichtsschreiber. (Sämmtliche Werke. Bd. 33/34). 3. Aufl. Leipzig 1885, S. VII; Rudolf Vierhaus: Rankes Begriff der historischen Objektivität. In: Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft. Hg. v. Reinhart Koselleck, Wolfgang J. Mommsen u. Jörn Rüsen. (Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 1). München 1977, S. 63–76; Friedrich Jaeger/ Jörn Rüsen: Geschichte des Historismus. Eine Einführung. München 1992, S. 41–53. 103 Ranke: Die Osmanen und die Spanische Monarchie, S. 364.

Methode

43

ches eingeleitet habe.104 In der Geschichtswissenschaft sollte diese Einschätzung der Schlacht als »Lepantosieg«, »der weltgeschichtlich mit den Seeschlachten von Aktium und Trafalgar verglichen werden« könne,105 lange Zeit vorherrschen. Noch 2001 bezeichnet ein Autor Lepanto daher als »ein zäsurales Ereignis (watershed event) in der Geschichte der Ost-West-Beziehungen«, die er als eine Geschichte des Aufstiegs ›des Westens‹ konzipiert.106 In diesem Verständnis der Seeschlacht stehen sich als homogene Konstrukte imaginierte ›Zivilisationen‹ gegenüber, genauer gesagt, ›der Islam‹ auf der einen und ›der Westen‹ auf der anderen Seite, dem Freiheitsdrang, Rationalismus, Unternehmergeist, technischer Fortschritt und Erfindertum zugeschrieben wird.107 In dieser Tradition der histoire événementielle erhielt die Seeschlacht in geschichtswissenschaftlichen Studien vor allem auf dreierlei Weise Ereignischarakter zugesprochen, wonach Lepanto auf das »Überschreiten eines Zeitalters« verweise: erstens, innerhalb des dargestellten, imaginierten Konfliktes zwischen Christentum und Islam; zweitens, als zäsurale Verlagerung des Weltgeschehens vom Mittelmeerraum weg in den Norden (Niederlande und England), Westen (Altlantik) und Osten (Indischer Ozean); drittens, als Beginn des Niederganges des Osmanischen Reiches.108 Tradiert wird eine solche Thematisierung der Seeschlacht als Zäsur zudem durch geschichtswissenschaftliche Studien, die Lepanto als themenexternen und als solchen nicht eigens begründeten Anfangs- oder Endpunkt ihrer historischen Analysen wählen.109 Doch die »machtpolitische Bedeutung dieser Seeschlacht« ist keineswegs so »zweifellos«, wie sie noch jüngst mancher Historiker postulierte.110 Vor allem 104 Dies entspricht Hayden Whites Einschätzung von Rankes Studien: »Seine Objektivität, seine kritischen Grundsätze, die Toleranz und die Sympathie für die jeweiligen Konfliktparteien, denen er in der Überlieferung begegnet, entwickeln sich in der hilfreichen Atmosphäre einer metahistorischen Vorstrukturierung des historischen Feldes als einer Reihe von Auseinandersetzungen, die notwendig in harmonischer Auflösung münden müssen und in denen die ›Natur‹ schließlich von einer ebenso gerechten wie stabilen ›Gesellschaft‹ verdrängt wird.« Hayden White: Metahistory. Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa. Frankfurt a. M. 1991, 219f., 214–250, hier S. 223ff. auch zur nationalstaatlichteleologischen »›Syntax‹ historischer Ereignisse« bei Ranke. 105 Schreiber: Deutsche Türkennot, S. 63; Alessandro M. Magno: Bound in Venice. The Serene Republic and the Dawn of the Book. New York 2013, S. 108. 106 Victor D. Hanson: Carnage and Culture. Landmark Battles in the Rise of Western Power. New York 2001, S. 267: »a watershed event in the history of East-West relations«. Siehe auch jüngere, ereignisgeschichtliche Studien wie etwa Barbero: Lepanto. 107 So umschrieb Vecsey: Following 9/11, S. 314 richtig die Darstellung Hansons. 108 Hess: Battle of Lepanto, S. 53 (»the passing of an age«); Brummet: Lepanto Paradigm. 109 Stephan K. Sander: Mobilität und Reisetätigkeit im venezianischen Adriaraum zwischen den Seeschlachten von Preveza und Lepanto. In: Migration und Reisen. Mobilität in der Neuzeit. Hg. v. Elena Taddei, Michael Müller u. Robert Rebitsch. (Innsbrucker Historische Studien, Bd. 28). Innsbruck/ Wien/ Bozen 2012, S. 29–42. 110 Hadler: Zugehörigkeit, S. 113.

44

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Fernand Braudel modifizierte nachhaltig diese Sichtweise auf Ereignisse im Allgemeinen sowie auf Lepanto im Speziellen. In seinem Monumentalwerk ›La Méditerranée et le Monde méditerranéen à l’époque de Philippe II‹ setzte er »eine[r] ruhelos wogende[n] Oberfläche«, der histoire événementielle als »Geschichte kurzer, rascher und nervöser Schwankungen«, zwei Sichtweisen gegenüber: einerseits die langfristigen sozialen Zyklen, eine »Geschichte langsamer Rhythmen« und damit evidenterweise eine »soziale Geschichte, die der Gruppen und Gruppierungen«. Andererseits kontrastierte Braudel die klassische Ereignisgeschichte mit der quasi zeitlosen geografischen Geschichte des Mittelmeerraumes, einer »gleichsam unbewegte[n] Geschichte«. Entsprechend dieser Gesamtkonzeption setzte Braudel der ereignisgeschichtlich inspirierten These Rankes eine auf Strukturen fokussierte Interpretation der Schlacht bei Lepanto entgegen, in der er das Zusammentreffen der Kriegsflotten als einen »folgenlosen Sieg« bezeichnet. Weil er das Ereignis Lepanto anhand dessen Konsequenzen, das heißt letztlich durch darauffolgende Ereignisse, bewertet, betont er, dass sich keine weiteren gemeinsamen Taten der Liga von ähnlicher Bedeutung der Seeschlacht anschlossen: Der Verbund war untereinander zerstritten und 1573 unterzeichnete die Republik Venedig einen Separatfrieden mit dem Osmanischen Reich. Für Braudel stellte Lepanto gewissermaßen ein Nicht-Ereignis dar, weil es den Lauf der Geschichte nicht strukturrelevant verändert habe.111 Diese Einschätzung aufgreifend, schrieb David Abulafia, der jüngst eine monumentale Biografie des Mittelmeers als historischen Kommunikationsraum von Menschen vorlegte, dass Lepanto ein machtpolitisches Gefüge konsolidierte, das sich bereits in den Monaten zuvor abgezeichnet hatte: die Zweiteilung des Mittelmeeres in einen spanisch dominierten Westen und einen osmanisch dominierten Osten. Wenn also Ereignisse als novitates definiert werden, kennzeichnet eine solche Beschreibung Lepantos als Konsolidierung des status quo die Schlacht als NichtEreignis.112

111 Braudel: Mittelmeer. Bd. 1, S. 20 [Kursivierungen im Original, S. H.]; ders.: La Méditerranée et le Monde méditerranéen à l’époque de Philippe II. Paris 1949, S. 923–942 (hier S. 939: »victoire sans conséquences«); ders.: Bilan d’une bataille. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 109–120; Aldo Stella: Lepanto nella storia e nella storiografia alla luce di nuovi documenti. In: Studi veneziani. N. S. 51 (2007), S. 255ff.; ders.: Geschichte als Schlüssel zur Welt. Vorlesungen in deutscher Kriegsgefangenschaft 1941. Hg. v. Peter Schöttler. Stuttgart 2013, S. 26; Jean Boutier: Fernand Braudel als Historiker des Ereignisses. In: Struktur und Ereignis. Hg. v. Andreas Suter u. Manfred Hettling. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001, S. 146f. 112 David Abulafia: The Great Sea. A Human History of the Mediterranean. Oxford u. a. 2011, S. 451ff. Dennoch wird Lepanto gerade als Nicht-Ereignis zu einer Zäsur stilisiert, wenn das Jahr 1571 als Kapitelend- bzw. -anfangspunkt fungiert.

Methode

45

Braudels Ansicht zu Ereignissen war wesentlich dem Umstand geschuldet, dass er sein Buch maßgeblich während seiner fünfjährigen deutschen Kriegsgefangenschaft konzipierte und schrieb. Dies verdeutlicht auch eine Vorlesung über die Ereignisgeschichte, die er 1941 vor seinen Mitgefangenen hielt und die erst vor kurzem wiederentdeckt wurde. Umzingelt von »[b]lutrote[n] Ereignissen« verstand Braudel diese als »diskontinuierliche Oberfläche des Weltgeschehens« und damit letztlich als eine »belanglose Geschichte«. Statt sich dieser erzählenden Oberfläche zuzuwenden, forderte Braudel eine Untersuchung der erklärenden Tiefenstrukturen. So prägte das Kriegsgewirr der sich überschlagenden Ereignisse, das er erlebte, auch seine Darstellungsweise des Vergangenen: »Nieder mit den Ereignissen, besonders den quälenden!«, forderte er in Reaktion auf die Kriegsgeschehnisse.113 Mit der Rezeption Braudels und der ›Annales‹ fand diese Relativierung historischer Ereignisse einen breiten Rückhalt in der Geschichtswissenschaft, weshalb Paul Ricœur das »Schwinden des Ereignisses«114 konstatierte. Allerdings sprach der ebenfalls der ›Annales‹ nahestehende Historiker Pierre Nora bereits 1974 – und zwei Jahre vor ihm auch Edgar Morin – von der »Rückkehr des Ereignisses«: Da geschichtswissenschaftliche Untersuchungen ihre Fragestellungen in Bezug zu Phänomenen der Gegenwart aufgreifen, wäre es angesichts »der Tyrannei des Ereignisses«, »der Herrschaft der Ereignisinflation«, nicht verwunderlich, dass eine zunehmende historiografische Beschäftigung mit Ereignissen einsetze.115 Eine der hierfür bedeutendsten Studien veröffentlichte Marshall Sahlins zur Ankunft James Cooks in Hawaii (1778). Dieser sei, so Sahlins, von den Inselbewohnern als Gottheit Lono verstanden worden, weil zu der Zeit, als Cook in Hawaii ankam, ein Fest zu Ehren der Gottheit gefeiert wurde, das mit der Erwartungshaltung verknüpft gewesen sei, Lono möge vom Ozean herkommend erscheinen. Sahlins zeigte damit, dass die Art und Weise, was als 113 Braudel: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 25–28, 31, 32–36 [Hervorhebung im Original, S. H.]; ders.: Die Suche nach einer Sprache der Geschichte. Wie ich Historiker wurde. In: Ders. u. a.: Der Historiker als Menschenfresser. Über den Beruf des Geschichtsschreibers. Berlin 1990, S. 14; Erato Paris: La genèse intellectuelle de l’œuvre de Fernand Braudel. La Méditerranée et le Monde Méditerranéen à l’époque de Philippe II (1923–1947). Vorwort v. Emmanuel Le Roy Ladurie. Athen 1999, S. 263–323. 114 Ricœur: Temps et récrit. Bd. 1, S. 138–159, hier S. 138: »L’éclipse de l’événement«. 115 Edgar Morin: Le retour de l’événement. In: Communications 18 (1972), S. 6–20; Pierre Nora: Le retour de l’événement. In: Faire de l’histoire. Nouveaux problèmes. Hg. v. Jacques Le Goff u. Pierre Nora. Bd. 1. Paris 1974, S. 210–228; Jacques Revel: Die Wiederkehr des Ereignisses – ein historiographischer Streifzug. In: Struktur und Ereignis. Hg. v. Andreas Suter u. Manfred Hettling. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001, S. 158–174; Nora: Retour de l’événement, S. 212 (»la tyrannie de l’événement«), 220 (»le règne de l’inflation événementielle«). Nora bezog sich vor allem auf den Algerienkrieg, die Mondlandung, die Watergate-Affäre, den Einmarsch sowjetischer Truppen in Prag und die Ermordung Kennedys.

46

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Ereignis wie wahrgenommen wurde, durchaus kulturell strukturiert sei. Die Interpretation von Ereignissen rekurriert damit auf zugrundeliegende, historisch und kulturell spezifische Interpretationsschemata, die zugleich durch Zuschreibungen von Ereignischarakter einem eigenen Wandel unterliegen konnten. Denn weiterhin argumentierte Sahlins, dass Cooks Ankunft auch kulturelle Bewertungskategorien wie etwa das Tabusystem reproduzierte und veränderte. Sahlins und – in kritischer Auseinandersetzung mit ihm – auch Gananath Obeyesekere stellten damit am Beispiel Hawaiis die ganz grundsätzliche Frage nach dem wechselseitigen Verhältnis zwischen Ereignissen und Strukturen und damit letztlich inwieweit Ereignisse mit Narrationen zusammenhängen und zugleich transformierend wirkten. Entsprechend sind historische Ereignisse in deren textueller und bildlicher Überlieferung sowie den Bedeutungszuschreibungen, die sie über die Jahrhunderte hinweg erfuhren, besonders geeignet, um historische Kontaktnahmen und Praktiken kultureller Hierarchisierungen zu untersuchen.116 An solche Überlegungen knüpfte 2005 William H. Sewell Jr. an. Um Sahlins in Anlehnung an de Saussure und Lévi-Strauss entwickeltes Konzept der Struktur als historisches Zusammenwirken von Strukturen zu pluralisieren, betont Sewell eher das Zusammenspiel kultureller Bewertungsschemata, materieller Ressourcen und Praktiken, sodass er die Handlungsspielräume der Akteure stärker hervorhebt. Deren creativity unterstreicht er zudem mit dem Hinweis auf Sahlins berühmte Formulierung der structure of the conjuncture. Damit beabsichtigt Sewell, zu umschreiben, welche Bedeutung retrospektiv scheinbar unbedeutende Begebenheiten für die Bedeutungskonstruktionen und die Sinnstiftungspotentiale von Ereignissen durch die historischen Akteure besaßen.117 Sewell definiert Ereignisse »als die relativ seltene Subkategorie von Begebenheiten, die Strukturen signifikant transformieren«, was Emmanuel Le Roy Ladurie als événement matrice bezeichnete. Sewell spezifiziert diese Definition dabei dahingehend, dass die sich jeweils aus spezifischen Voraussetzungen herleitenden Ereignisse 116 Marshall Sahlins: Islands of History. Chicago 1985; ders.: Historical Metaphors and Mythical Realities. Structure in the Early History of the Sandwich Islands Kingdom. Ann Arbor 1981, S. 8; Gananath Obeyesekere: The Apotheosis of Captain Cook. European Mythmaking in the Pacific. Princeton 1992; Peter Burke: History of Events and the Revival of Narrative. In: New Perspectives on Historical Writing. Hg. v. Peter Burke. Cambridge/ Oxford 1991, S. 233–248, hier S. 244ff.; William H. Sewell Jr.: Logics of History. Social Theory and Social Transformation. (Chicago Studies in Practices of Meaning). Chicago/ London 2005, S. 200. 117 William H. Sewell Jr.: Eine Theorie des Ereignisses. Überlegungen zur »möglichen Theorie der Geschichte« von Marshall Sahlins. In: Struktur und Ereignis. Hg. v. Andreas Suter u. Manfred Hettling. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001, S. 46–74; Sewell: Logics of History, S. 197–224. Siehe auch Slavoj Zˇizˇek: Event. Philosophy in Transit. London 2014, S. 3: »an event is thus the effect that seems to exceed its causes – and the space of an event is that which opens up by the gap that separates an effect from its causes.«

Methode

47

Strukturen reartikulieren und kulturelle Transformationen bewirken würden sowie durch herausragende Emotionen charakterisiert und als »Akte kollektiver Kreativität« verständlich seien.118 Auch dieses Verständnis von Ereignissen spiegelt sich in den jüngsten Bewertungen Lepantos wider. Nachdem Braudel harsche Kritik für seine historiografische Einschätzung der Seeschlacht als folgenloses Geschehnis geerntet hatte,119 nahmen jüngere Arbeiten eine vermittelnde Position zwischen der Überhöhung und Erniedrigung des Ereignisses Lepanto ein. Zwar seien der Seeschlacht, wie von Braudel betont, keine bemerkenswerten Siege christlicher Herrschaften gegen das Osmanische Reich gefolgt, doch griffen diese Studien pointiert Braudels Hinweis auf, wonach die Schlacht mit dem »realen Minderwertigkeitskomplex[] der Christenheit und einer nicht weniger realen türkischen Vorherrschaft Schluß gemacht« habe.120 Jüngere Forschungen, wie etwa jene Iain Fenlons, betonen daher dieses psychologische Moment, welches die Schlacht als Ereignis besessen habe: »Lepanto markierte das Ende einer genuinen Selbstbewusstseinskrise der Länder des christlichen Europas. Nach einer Zeitspanne von beträchtlichen 300 Jahren in denen der Osmanische Staat unbekannten Ursprüngen entsprang, um der Schrecken der christlichen Welt zu werden, schien es nun endlich so zu sein, als ob die türkische Macht schwand, die Bedrohung ausgetrieben wurde.«121

Die Seeschlacht von Lepanto stelle demnach ein événement matrice dar, »der Beginn eines neuen Zeitraumes im Mittelmeerraum«, der den Osmanen den »Nimbus der Unbesiegbarkeit« genommen habe.122 Dass auch eine solche Einschätzung letztlich das Narrativ der zäsuralen Bedeutung Lepantos als Ereignis 118 Sewell: Logics of History, S. 100 (»as that relatively rare subclass of happenings that significantly transforms structures«), S. 225–270, hier S. 250 (»acts of collective creativity«); Emmanuel Le Roy Ladurie: Événement et longue durée dans l’histoire sociale. L’exemple chouan. In: Communications 18 (1972), S. 72–84 ; ders.: Le territoire de l’historien. Paris 1973, S. 169–186; Burke: History of Events, S. 234. 119 Peter Burke: The French Historical Revolution. The Annales School, 1929–89. Cambridge 1990, S. 38. 120 Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 279. 121 Iain Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration in Counter-Reformation Rome. In: Ders.: Music and Culture in Late Renaissance Italy. Oxford 2002, S. 139–161, hier S. 139: »Lepanto marked the end of a genuine crisis of confidence among the countries of Christian Europe. After a period of some 300 years in which the Ottoman state had risen from obscure origins to become the terror of the Christian world, it now finally seemed that Turkish power was on the wane, that the threat had been exorcized.« 122 Praga: Dalmatia, S. 175 (»the beginning of a new period in the Mediterranean«), 179; Martin Wrede: Türkenkriege. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Bd. 13. Stuttgart 2011, Sp. 830; Hadler: Zugehörigkeit, S. 113; Noel Malcolm: Agents of Empire. Knights, Corsairs, Jesuits and Spies in the Sixteenth-Century Mediterranean World. London 2015, S. 172ff.

48

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

fortschreibe, das den Niedergang des Osmanischen Reiches eingeleitet habe, betonte zurecht Andrew C. Hess.123 Denn eine solche Einschätzung greift die Dichotomie der Türkengefahr auf und tendiert dazu, Versatzstücke dieser historischen Diskurse unhinterfragt für einen psychologisierenden Ansatz zu nutzen, der die zuvor erläuterten Probleme aufweist. Lepanto als psychologischen Wendepunkt einer – retrospektiv als uniform konstruierten – ›christlichen‹ Einschätzung der (Un)Besiegbarkeit des Osmanischen Reiches zu bewerten, führt einen weiteren Aspekt der Ereignis-Defintion Sewells vor Augen. Demnach gehen Ereignisse mit autoritativen Legitimationssanktionen einher, die letztlich räumlich und zeitlich vielschichtige Prozesse darstellen und von Betrachtern, wie insbesondere von Historikern, einen Deutungsakt verlangen, um als solche thematisiert und eingegrenzt zu werden.124 Dieser Aspekt der Definition von Ereignissen als Strukturen transformierende Begebenheiten unterstreicht letztlich vordergründig die Bedeutung des retrospektiven Urteils. In Übereinstimmung damit hat bereits Reinhart Koselleck hervorgehoben, dass eine durch »ein Minimum von Vorher und Nachher konstituiert[e] […] Sinneinheit […] aus einzelnen Begebenheiten ein Ereignis macht.« Dieses »Vorher und Nachher konstituiert den Sinnhorizont einer Erzählung«, welche die vorrangige Darstellungsweise von Ereignissen sei, wohingegen Strukturen zumeist beschrieben würden. Beide, »Ereignis und Strukturen[,] sind ineinander verschränkt, aber niemals läßt sich das eine auf das andere reduzieren.«125 Geschehnisse, so ist daraus zu schlussfolgern, erscheinen in der erzählenden Form geschichtswissenschaftlicher Studien letztlich also nur im Hinblick auf bestimmte narrative Schwerpunktsetzungen und Präsentationsmodi als Ereignisse. »Der Historiker ordnet die Ereignisse«, so formulierte es Hayden White treffend, »indem er ihnen […] jeweils unterschiedliche Funktionen beimißt, in einer Hierarchie der Bedeutsamkeit an und bringt so den formalen Zusammenhang eines Ensembles von Ereignissen als verständlichen Prozeß mit erkennbarem Anfang, Mitte und Schluß ans Licht.« Dieses Phänomen betitelte White als die »Poetik der Geschichte«.126 Wie bereits veranschaulicht, stellt das Narrativ, in welches die Seeschlacht von Lepanto in geschichtswissenschaftlichen Studien als Ereignis vornehmlich eingebettet worden ist, die sogenannte Türkengefahr und Türkenfurcht dar. Das verdeutlichen nicht allein die oben präsentierten inhaltlichen Analysen, sondern auch die wiederholt anzutreffenden Formalia. So sind zum Beispiel die häufig 123 124 125 126

Hess: Battle of Lepanto, S. 55f. Sewell: Logics of History, S. 225–270. Reinhart Koselleck: Zeitschichten. Studien zur Historik. Frankfurt a. M. 2003, S. 328ff. White: Metahistory, S. 20f., 15; ders.: Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen. Studien zur Tropologie des historischen Diskurses. (Sprache und Geschichte, Bd. 10). Stuttgart 1986, S. 104.

Methode

49

auftretenden fälschlichen Datierungen der Seeschlacht von Lepanto besonders aufschlussreich: Statt des 07. Oktobers 1571 wird mitunter der 06. oder 08. Oktober als Datum angegeben und manchmal sind auch 1541, 1570, 1572, 1573 oder 1574 als Jahresangaben der Schlacht angeführt worden. Derartige Falschdatierungen bringen die Klassifizierung des Geschehnisses als Ereignis mit erzählerischer Funktion innerhalb eines spezifischen Gesamtzusammenhanges zum Ausdruck: Lepanto steht hier als Gemeinplatz stellvertretend für ein Narrativ.127 Dieses wird folglich auch dann gestärkt, wenn Fernand Braudel und Andrew C. Hess Lepanto ein Strukturen transformierendes Moment absprechen und beispielsweise stattdessen die Schlacht von Alcácer-Quibir (04. August 1578) anführen, die vielmehr als Lepanto zu einer »neuen Ära imperialer Beziehungen im Mittelmeerraum« geführt habe.128 Ereignisse sind also vornehmlich im Hinblick auf Strukturen definiert worden,129 was, wie Ann Swidler treffend hervorhob, dem Phänomen nicht ausreichend gerecht wird. Denn ihr zufolge seien es letztlich Praktiken, welche soziale Relationen verschieden konstituieren, weshalb Strukturen und damit auch Ereigniszuschreibungen das Resultat von Praktiken darstellen.130 Folglich sind bei der Erforschung von Ereignissen letztlich die konkreten historischen Praktiken 127 Georg Graf: Geschichte der christlichen arabischen Literatur. Bd. 3: Die Schriftsteller von der Mitte des 15. bis zum Ende des 19. Jahrhundert. Melchiten, Maroniten. (Studi e testi, Bd. 146). Vatikan 1949, S. 10; Muzaffar Alam/ Sanjay Subrahmanyam: The Mug˙hal State. 1526–1750. (Oxford in India Readings. Themes in Indian History). Oxford u. a. 1998, S. 11; Goffman: Ottoman Empire, S. 159; StAN, Repertorium 52a, Eintrag Nr. 106; Notizen. In: Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunstund Historischen Denkmale. N. F. 19 (1893), S. 196; Helmut Bley u. a.: Expansionen. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Bd. 3. Stuttgart 2006, Sp. 701 (neben Bleys Fehldatierung weißt derselbe Artikel die korrekte Datierung in dem von Suraiya Faroqhi verfassten Abschnitt auf: ebd., Sp. 706); Eric R. Dursteler: Renegade Women. Gender, Identity, and Boundaries in the Early Modern Mediterranean. Baltimore 2011, S. ix; Suraiya Faroqhi: Geschichte des Osmanischen Reiches. 4. Aufl. München 2006, S. 37; Bernhard Zöpf: Geschichte der Pfarrei Obertaufkirchen und der zu dieser Pfarrei gehörigen Filialen und ehemaligen Edelsitze. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte 21 (1859–1861), S. 289; Claretta: Ordine Mauriziano, S. 79; Georg W. K. Lochner: Zur Sittengeschichte von Nürnberg in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. In: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Bilder und Züge aus dem Leben des deutschen Volkes 1 (1856), S. 221–236, hier S. 235; Pietro Verri: Storia di Milano. Bd. 5. Mailand 1836, S. 83. 128 Braudel: Méditerranée, S. 939; ders.: Bilan; Hess: Battle of Lepanto, S. 67–70. Zitat ebd., S. 69: »new era in imperial relations within the Mediterranean«. 129 Andreas Suter/ Manfred Hettling (Hg.): Struktur und Ereignis. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001; Zˇizˇek: Event. 130 Ann Swidler: What Anchors Cultural Practices. In: The Practice Turn in Contemporary Theory. Hg. v. Theodore R. Schatzki, Karin Knorr Cetina u. Eike von Savigny. London 2001, S. 74–92. Auch Andreas Suter: Theorien und Methoden für eine Sozialgeschichte historischer Ereignisse. In: Zeitschrift für Historische Forschung 25 (1998), H. 2, S. 225 betont, dass »Strukturen […] durch soziales Handeln perpetuiert werden«.

50

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

zu untersuchen, mit denen Akteure zur Ereigniswerdung der Geschehnisse beitrugen oder mit denen sie diese gerade auch unterliefen oder gar verhinderten. Eine solche Perspektive, die auch der vorliegenden Arbeit zugrunde liegt, stützt sich auf Pierre Noras Verständnis von Ereignissen, der vor allem die Medialität, Performativität und emotionale Imagination der Ereignisse betonte, die ihnen Kompensations- und Identifikationsmacht ermögliche. Den Neuartigkeitsanspruch der Ereignisse verortet Nora nicht vorrangig im historiografischen Urteil der Nachgeborenen,131 sondern vielmehr in den konkreten historischen Kommunikationsphänomenen und Sinnstiftungstechniken. Geradezu programmatisch formuliert er daher: »Das Ereignis wurde in Umlauf gebracht, übersandt, empfangen«. Damit fokussiert Nora die création von Ereignissen durch die Akteure selbst.132 Ereignisse, so ließe sich schlussfolgern, sind nicht einfach da; sie werden gemacht, indem sie in bestimmten Situationen von verschiedenen Akteuren als solche thematisiert werden.133 Für Nora ist es daher keineswegs zufällig, welcher Begebenheit wie Ereignischarakter zugesprochen wurde. Ereignisse stellen gewissermaßen Sonden dar, die es Historikerinnen und Historikern ermöglichen, fundamentale Einblicke in die grundlegenden historischen Bewertungskategorien, Mechanismen und Routinen von Gesellschaften sowie deren Akteuren und die von ihnen verhandelten Konflikte zu erlangen. Damit stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Seeschlacht von Lepanto ein historisches Geschehnis von Ereignisrang gewesen ist oder nicht, sondern vielmehr, wann und unter welchen Umständen die Seeschlacht wie als Ereignis thematisiert wurde oder nicht. Diese diskursiven Realitäten verweisen auf »gesellschaftliche[] Feld[er] von Vergangenheitsdeutungen«, in denen durch Deutungsansprüche auf Erinnerungszuschreibungen nicht nur »Erinnerungskonstruktionen« erprobt, sondern auch Ressourcen mobilisiert und soziale Positionen verhandelt und legitimiert wurden.134 131 Grundlegend ist hier Michel-Rolph Trouillots Feststellung: »participants in any event may enter into the production of a narrative about that event before the historian as such reaches the scene«. Trouillot: Silencing the Past, S. 26. Als literarische Verarbeitung dieses Themas ist Bertolt Brechts ›An die Nachgeborenen‹ grundlegend. Bertolt Brecht: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band. 12. Aufl. Frankfurt a. M. 2004, S. 722–725. 132 Nora: Retour de l’événement, S. 219 (»L’événement était émis, transmis, reçu«), 224, 226f. ; Suter: Sozialgeschichte historischer Ereignisse, S. 210 (»[k]ulturelle[n] Schöpfungsleistungen kollektiver Akteure«). 133 Vgl. hierzu White: Auch Klio dichtet, S. 276. 134 In Anlehnung an Feindt/ Krawatzek/ Mehler/ Pestel/ Trimçev: Europäische Erinnerung?, S. 11–36 (Zitate: 25f.); Gregor Feindt/ Félix Krawatzek/ Daniela Mehler/ Friedemann Pestel/ Rieke Trimçev: Entangled Memory. Toward a Thrid Wave in Memory Studies. In: History and Theory 53 (2014), S. 24–44; Félix Krawatzek/ Rieke Trimçev: Eine Kritik des Gedächtnisbegriffes als soziale Kategorie. In: Jahrbuch für Politik und Geschichte 4 (2013), S. 159– 176; Nora: Retour de l’événement, S. 224.

Methode

51

Eine solche Einschätzung kann in einer Braudelschen Metapher beschrieben werden, der Ereignisse als »Staubkörnchen« definiert: »sie blitzen kurz im Lichtstrahl der Geschichte auf und fallen alsbald dem Dunkel und häufig der Vergessenheit anheim. Jedes Ereignis aber, so kurzlebig es sein mag, erhellt ein Stückchen der Geschichtslandschaft und bisweilen auch ein großes Panorama.«135 Dieses Bild geht auf ein Erlebnis in Brasilien zurück, wo Braudel einen Schwarm leuchtender Glühwürmer sah. So wie die Insekten ein gedimmtes Licht auf »die ganze umliegende Landschaft« warfen, so stellen für Braudel Ereignisse »Lichtpunkte« dar, welche ihnen zugrundeliegende »Realitäten und Kraftlinien« aufzeigen.136 Bereits während der Kriegsgefangenschaft forderte Braudel zudem, die Historikerzunft dürfe die Ereignisse weder ignorieren noch ihnen und ihrer Bedeutungszuschreibung blindlings vertrauen. Entsprechend weist auch sein Mittelmeer-Buch einen umfangreichen Teil zur Ereignisgeschichte des Mediterraneums im 16. Jahrhundert auf.137 Eine andere Ereignis-Metapher Braudels kann ebenso zur Veranschaulichung von Noras Forderung herangezogen werden, wenn sie bewusst anders konzipiert wird, als es noch Braudel tat. Er verglich Ereignisse mit Kinotrailern: »Ereignisse vermitteln immer nur den Eindruck von trailern, also den kleinen Ausschnitten aus neuen Spielfilmen, die man in den Kinos vorführt, um das Programm der kommenden Woche anzukündigen. So packend diese trailer auch sein mögen, sie erzählen uns nie den Film als Ganzen, nie die gesamte Geschichte. Sie kündigen nur an, sie suggerieren etwas, und wir sollen davon träumen.«138

Braudel führt weiter aus, dass in diesen »Momentaufnahmen […] gegensätzliche Bilderreihen aufeinander[treffen] und [sich] vermischen […], so gut sie können. Pech für den Zuschauer, wenn er sie kaum noch versteht. Er hat ja seine eigenen Bilder […]«.Wenn Historikerinnen und Historiker nun aus dieser Metapher nicht die Schlussfolgerung ziehen, sich statt des Trailers – für Braudel »eine Lüge mit Wahrheit und Zauber vermischt« – lieber gleich den ›eigentlichen‹ Film anzusehen, verdeutlicht die Versinnbildlichung von Ereignissen als Kinotrailern einen wesentlichen Aspekt einer neu konzipierten histoire de l’événement. Denn Braudel versteht Ereignisse in Anlehnung an Lucien Febvre als Ergebnisse historische Abstraktionsprozesse, in denen »das Subjektive längst mitgewirkt hat«.139 In kritischer Anlehnung und bewusst abweichender Interpretation der 135 Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 13. Er führt fort: »Nicht nur ein politisches Panorama, denn auf jedem Teilgebiet – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, sogar Geographie – gibt es dieses Ereignisgeflimmer, diese aufblinkenden Stäubchen«. 136 Braudel: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 35; Paris: La genèse, S. 224–258. 137 Braudel: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 25; ders.: Méditerranée, S. 723–1088 (später als eigenständiger dritter Band: Braudel: Mittelmeer. Bd. 3). 138 Ders.: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 29. 139 Ebd., S. 31, 25f.

52

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Braudelschen Metaphorik wären Ereignisse dann als événements humaines zu verstehen,140 das heißt als menschlich wahrgenommene, medial vermittelte Vorkommnisse beziehungsweise Geschehnisse, denen innerhalb einer oder mehrerer Narrationen und diskursiver Formationen bestimmte Bedeutungen (oder auch gerade Bedeutungslosigkeit) zugeschrieben wurde und wird. Exakt hierin steckt die entscheidende Erweiterung Noras im Vergleich zu Braudels Position: Ereignisse liefern damit nicht nur Einblicke in geschichtliche Prozesse, sondern ermöglichen vielmehr zu rekonstruieren, wie Geschichte selbst historisch produziert wurde. Statt Ereignisse in einer histoire événementielle a priori vorauszusetzen oder sie auf exempla zugrundeliegender ökonomischer und geohistorischer Tiefenstrukturen zu reduzieren, werden sie in einer solchen histoire des événements selbst zum Untersuchungsgegenstand. Damit sind es die »Handlungen der Akteure, die ins Zentrum der Untersuchung gerückt werden«.141 Damit unterscheidet sich dieser Forschungsansatz zudem von jenen Studien, die sich historischen Geschehnissen mit einer spezifischen, vorab getroffenen Definition eines »Medienereignisses« nähern, die zumeist auf Konzeptionen des 18., 19. und 20. Jahrhunderts beruhen.142 Im Gegensatz zu diesen Forschungen liefert der Ansatz einer histoire des événements die Möglichkeit, die Ereigniskonstruktion in ihren eigensinnigen sozialen Kontexten mitsamt ihrer historisch spezifischen Eigenheiten zu rekonstruieren, weil hier der Fokus auf den historischen Akteuren und ihren Praktiken selbst sowie auf den Machtkonstellationen und Deutungsansprüchen liegt, in denen Geschehnissen situativ Ereignischarakter zu- oder abgesprochen werden konnte. Damit rückt die historische Er140 Hierzu ebd., S. 30: »Die Ereignisse, das sind lediglich Menschen, der eine spricht, der andere kommt, ein weiterer schreibt usw., Menschen, die wir von den anderen absondern, obwohl sie ohne diese anderen Menschen oft kaum etwas darstellen«. 141 Suter: Sozialgeschichte historischer Ereignisse, S. 231. 142 Besonders eingänglich wird dies bei Frank Bösch: Europäische Medienereignisse. In: Europäische Geschichte Online 2010, URL: http://www.ieg-ego.eu/de/threads/europaeischemedien/europaeische-medienereignisse [Zugriff: 26. 11. 2011]; Joachim Eibach/ Horst Carl (Hg.): Europäische Wahrnehmungen 1650–1850. Interkulturelle Kommunikation und Medienereignisse. (The Formation of Europe. Historische Formationen Europas, Bd. 3). Hannover 2008; Christine Vogel/ Herbert Schneider/ Horst Carl (Hg.): Medienereignisse im 18. und 19. Jahrhundert. Beiträge zur interdisziplinären Tagung aus Anlass des 65. Geburtstages von Rolf Reichardt. (Ancien Régime. Aufklärung und Revolution, Bd. 38). München 2009; Johannes Burkhardt: Deutsche Geschichte in der Frühen Neuzeit. München 2009, S. 21–32, der vom »Medienereignis Luther« und von der »Religion als Medienereignis« während der Reformation spricht. Thomas Weißbrich/ Horst Carl: Präsenz und Information. Frühneuzeitliche Konzeptionen von Medienereignissen. In: Europäische Wahrnehmungen 1650–1850. Interkulturelle Kommunikation und Medienereignisse. Hg. v. Joachim Eibach u. Horst Carl. (The Formation of Europe. Historische Formationen Europas, Bd. 3). Hannover 2008, S. 75–98 betonen, dass theoretische Reflexionen über jenes Phänomen, das dieser Ansatz »Medienereignis« nennt, erst seit circa 1700 anzutreffen sind.

Methode

53

eigniswerdung als eine »Detailgeschichte des Ganzen« in das Blickfeld der Forschung, wie sie Hans Medick postulierte.143 Dessen jüngere Studien zum Dreißigjährigen Krieg dienen zugleich als Ausgangspunkte einer Geschichtsschreibung, welche die Ereignisproduktion und -wahrnehmung durch die Zeitgenossinnen und -genossen in den Mittelpunkt einer historischen Rekonstruktion der Memoria einer Schlacht stellt. So veranschaulichte Medick am Beispiel der Eroberung und Zerstörung Magdeburgs im Jahr 1631, dass es – weit vor den Abhandlungen von Historikern – die Vorstellungen und Repertoires an Wahrnehmungen sowie Interpretationen der Zeitgenossen waren, die – gebrochen in ihren medialen Repräsentationen sowie persönlichen Erwartungshaltungen und divergierenden Aneignungsweisen – Magdeburg zum Erinnerungsort werden ließen.144 Dies galt gleichermaßen für andere Ereignisse, wie beispielsweise die Schlacht bei Lützen (1632), denen Zeitgenossen eine weltgeschichtliche Bedeutung zu-, nachkommende Historiker jedoch absprachen.145 Die zeitgenössischen Bedeutungszuschreibungen der Eroberung Magdeburgs beinhaltete retrospektiv sogar eine antizipierende Komponente, womit Magdeburg zu einem »Schlüsselereignis« wurde, bereits »bevor es geschah.«146 Auch am Beispiel der medialen Reaktionen auf Wallensteins Tod verdeutlichte Medick, dass es die Reaktionen der Zeitgenossen waren, welche die Gleisen für die längerfristige Memoria des Ereignisses stellten. Damit beschrieb Medick sowohl die Zerstörung Magdeburgs als auch den Tod Wallensteins als Ereignisse, deren »mediale[] […] Inszenierung […] nicht von den inhaltlichen Deutungen zu trennen [sind], die von den zeitgenössischen Vorstellungswelten selbst hervorgebracht wurden«, und die ihre eigenen Wirkmächtigkeiten besaßen. Innerhalb dieser Narrationen, die beispielsweise Magdeburg »schon damals als einprägsamstes Erinnerungsbild, zu-

143 Hans Medick: Weben und Überleben in Laichingen. 1650–1900. Lokalgeschichte als Allgemeine Geschichte. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 126). 2. Aufl. Göttingen 1997, S. 24. 144 Ders.: Historisches Ereignis und zeitgenössische Erfahrung. Die Eroberung und Zerstörung Magdeburgs 1631. In: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe. Hg. v. Benigna von Krusenstjern u. Hans Medick. (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte, Bd. 148). 2. Aufl. Göttingen 2001, S. 377–407. 145 Ders.: Sondershausen als »Schindershausen«. Selbstverortungen und Wahrnehmungshorizonte der Gewalt in Volkmar Happes Chronicon Thuringiae aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: Räume des Selbst. Selbstzeugnisforschung transkulturell. Hg. v. Andreas Bähr, Peter Burschel u. Gabriele Jancke. (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 19). Köln/ Weimar/ Wien 2007, S. 181ff. In diesem Zusammenhang aufschlussreich ist auch Walter Barton: Die Schlacht von Altenoythe (Weihnachten 1623) und das Ende von Mansfelds Herrschaft in Ostfriesland als Medienereignisse ihrer Zeit. (Oldenbourger Studien, Bd. 34). Oldenburg 1991, der die Nachrichtenwege und Kommunikationskanäle benannter Schlacht rekonstruiert und mit anderen medialen Repräsentationen vergleicht. 146 Medick: Historisches Ereignis, S. 378. [Hervorhebungen im Original, S. H.].

54

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

gleich aber auch als exemplarisches Verkündigungsbild [darstellten]«, positionierten sich die teilhabenden Akteure »als Handelnde und Reagierende«.147 Im Zusammenhang mit der medial gebrochenen Wahrnehmung und zugleich adaptierten Aneignung des Dreißigjährigen Krieges und seiner Schlachten als zusammenhängendes Gewaltereignis durch die Zeitgenossen148 ist ebenso Olivier Chalines Studie zur Schlacht am Weißen Berg (1620) grundlegend. Er verdeutlicht, wie nachhaltig die Erinnerung dieser Schlacht als Ereignis durch historische und historiografische Diskurse geprägt wurde. Daraus schlussfolgert Chaline, dass die »verfälschte Evidenz« historischer Schlachten selbst zum geschichtswissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand zu machen ist. Eine Schlacht sei demnach als événement recomposé in ihren Narrationen als konstruierter Erinnerungszusammenhang von Gewalt zu untersuchen, welche die »Illusion von Realität« herstellten und historische Erinnerungsakte nachhaltig prägten.149 Anhaltspunkte für eine derartige Untersuchung der Seeschlacht von Lepanto als Ereignis können jüngere Studien zur Memoria der Schlacht bei Manzikert (1071), der osmanischen Einnahme Konstantinopels (1453) und Otrantos (1480) sowie der Belagerungen Wiens (1529, 1683) liefern.150 Namentlich Juliane Schiel ver147 Ders.: Historisches Ereignis, S. 394, 401, 406; ders.: Wallensteins Tod, S. 120. 148 Zentral hierfür sind: Medick: Sondershausen als »Schindershausen«; ders.: The Thirty Years’ War as Experience and Memory. Contemporary Perceptions of a Macro-Historical Event. In: Enduring Loss in Early Modern Germany. Cross Disciplinary Perspectives. Hg. v. Lynne Tatlock. (Studies in Central European Histories, Bd. 50). Leiden/ Boston 2010, S. 25–49; Harald Tersch: Jankau und die Folgen. Kriegserfahrung und Identitätsstiftung in den habsburgischen Ländern. In: Spolecˇnost v zemích habsburské monarchie a její obraz v pramenech (1526–1740). Hg. v. Václav Bu˚zˇek u. Pavel Král. (Opera historica, Bd. 11). Budweis 2006, S. 507–540. Auch Andreas Suter: Der schweizerische Bauernkrieg von 1653. Politische Sozialgeschichte – Sozialgeschichte eines politischen Ereignisses. (FrühneuzeitForschungen, Bd. 3). Tübingen 1997 ist im Hinblick einer Geschichtsschreibung frühneuzeitlicher Ereignisse anzuführen. Einführend siehe auch Horst Carl/ Ute Planert: Einleitung. Militärische Erinnerungskulturen – Militär als Gegenstand und Träger kollektiver Erinnerung. In: Militärische Erinnerungskulturen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Träger – Medien – Deutungskonkurrenzen. Hg. v. dens. (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, Bd. 15). Göttingen 2012, S. 11–26. 149 Olivier Chaline: La Bataille de la Montagne Blanche (8 novembre 1620). Un mystique chez les guerriers. Paris 1999; ders.: La bataille comme objet d’histoire. In: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte 32 (2005), S. 1–14. Zitat ebd., S. 2f.: »La fausse évidence de l’objet-bataille«. »La bataille est bien définie par son mode de narration« und stelle somit ein »évenement recomposé« – »récit codifiè« – dar, das »donner l’illusion du réel« und das die »mémoire commune« beeinflusst habe. Siehe weiterhin auch Marian Füssel/ Michael Sikora (Hg.): Kulturgeschichte der Schlacht. (Krieg in der Geschichte, Bd. 78). Paderborn 2014. 150 Bähr: Furcht und Furchtlosigkeit, S. 381–446; Peter Rauscher: Die Erinnerung an den Erbfeind. Die »Zweite Türkenbelagerung« Wiens 1683 im öffentlichen Bewusstsein Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. (Vortrag im Rahmen des 46. Deutschen Historikertages, Konstanz, 19.–22. September 2006). URL: http://homepage.univie.ac.at/peter.rauscher/erinne rung%20an%20den%20erbfeind.pdf [Zugriff: 06. 06. 2012]; Hubert Houben (Hg.): La conquista turca di Otranto (1480) tra storia e mito. Atti del convegno internazionale di studio,

Methode

55

deutlichte, wie sehr solche Geschehnisse in zeitgenössische Narrationen eingebettet als Deutungsargumentationen fungierten, die dem Geschehenen in einer spezifischen Erzählung Sinn verliehen und dieses so als Ereignis in Geschichtsnarrative transformierten.151 Grundlegend ist ebenso Georges Dubys mediävistische Studie zur Schlacht bei Bouvines (1214). Diese Schlacht stelle, wie Duby mit Anleihen der Braudelschen Metaphorik betont, nicht nur eines jener Ereignisse dar, die »gewissermaßen der Schaum der Geschichte [sind], dicke oder winzig kleine Blasen, die an der Oberfläche zerplatzen und deren Aufbrechen Wirbel erzeugt.« Denn die Schlacht bei Bouvines habe Spuren (traces) hinterlassen, und »[a]llein diese Spuren verhelfen ihm [dem Ereignis, S. H.] zur Existenz. Ohne sie ist das Ereignis nichts.«152 Duby machte damit beispielhaft nicht nur die Erinnerung eines (Schlacht-)Ereignisses zum Forschungsgegenstand selbst, sondern stellte darüber hinaus die vorherrschende ereignisgeschichtliche Thematisierung der Schlacht in Frage: Sie als machtpolitisches Geschehnis im Narrativ der Staatenbildung auf dessen ›exakten‹ Verlauf und den ›wahren‹ Wirkungen und Folgen kausal zu untersuchen, so Duby, sei selbst anachronistisch und antiperspektivisch. Dies ist ebenso für Studien zur Seeschlacht von Lepanto festzustellen, wenn etwa die Seeschlacht als ein Großereignis (grande evento) präsentiert wird, auf das »der Okzident« seit Jahren gewartet habe.153 Stattdessen müsse der Historiker, so fordert Duby, die Schlacht mitsamt der sie umgebenden Erinnerungen wie ein Anthropologe in historischen und damit wandelbaren Kontexten untersuchen.154

151 152

153

154

Otranto-Muro Leccese, 28–31 marzo 2007. Galatina 2008; Juliane Schiel: Mongolensturm und Fall Konstantinopels. Dominikanische Erzählungen im diachronen Vergleich. (Europa im Mittelalter, Bd. 19). Berlin 2011; Thumser: Türkenfrage und öffentliche Meinung, S. 59– 78; Carole Hillenbrand: Turkish Myth and Muslim Symbol. The Battle of Manzikert. Edinburgh 2007. Schiel: Mongolensturm und Fall Konstantinopels. Georges Duby: Le dimanche de Bouvines. 27 juillet 1214. Paris 1973, S. 8: »Les événements sont comme l’écume de l’histoire, des bulles, grosses ou menues, qui crèvent en surface, et dont l’éclatement suscite des remous qui plus ou moins loin se propagent«; »Ces traces seules lui confèrent existence. En dehors d’elles, l’événement n’est rien«. Zit. nach Georges Duby: Der Sonntag von Bouvines. 27. Juli 1214. Berlin 1988, S. 7. Immacolata di Nocera: Lepanto. La preparazione di un grande evento. In: Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Hg. v. Archivio di Stato di Napoli. Neapel 1998, S. 56–63, hier S. 60: »L’Occidente avrebbe dovuto attendere ancora sei anni prima di arrivare a quell’evento a dir poco straordinario che fu la vittoria di Lepanto del 7 ottobre 1571 […]«. Duby: Dimanche de Bouvines, S. 11–14.

56

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

I.3.ii. Wahrnehmen, übersetzen, dezentrieren Eine solche Hinwendung dazu, die Ereigniswerdung (création)155 selbst als Untersuchungsgegenstand zu definieren, profitiert in methodologischer Hinsicht besonders von anthropologischen Studien. Robert Borofsky betonte etwa in ›Making History‹ am Beispiel des pazifischen Atolls Pukapuka, dass Vergangenheitserinnerung mit Praktiken des Erlernens und Übertragens von Wissen sowie dessen Organisation und Regeneration zusammenhängt.156 Ebenso thematisierte Michel-Rolph Trouillot die production of history selbst als historischanthropologisches Phänomen. Eindringlich veranschaulicht er anhand der Haitianischen Revolution, dass Geschichtsnarrative in historischen Machtkonstellationen zu situieren sind und in Aushandlungsprozessen von Machtansprüchen sozialer Gruppierungen produziert werden. Ereignisse, denen in spezifischen Konstellationen historische Relevanz zugesprochen wurde, sowie deren Interpretationen stellen somit selbst zu historisierende Produkte sozialer Aushandlungsprozesse um Macht-, Autoritäts- und Legitimationsansprüche dar, wie auch David W. Cohen betonte. Damit einher geht der Umstand, dass jedes Narrativ zwangsläufig bestimmte historische Positionen ausschließt und verschweigt.157 Die »Erzeugung von Fakten und Quellen« ist damit zugleich eine »Erzeugung von Stillschweigen (silences)«, wie insbesondere am Beispiel Zentralafrikas verdeutlicht worden ist.158 So wurde und wird, wie Eric R. Wolf klar herausarbeitete, über die Geschichtsproduktion selbst und deren diskursiver Teilhabe Menschen Geschichtsfähigkeit zu- oder abgesprochen.159 Ein solches »Vergessen der Geschichte«, so Bourdieu, wird »von der Geschichte selber erzeugt«, insofern diese durch historisch formierte »Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata« ihre eigene Objektivierung in »Scheinformen der Selbstverständlichkeit« mit sich bringe.160 Wenn Braudel seine Mitgefangenen dazu 155 Nora: Retour de l’événement, S. 224. 156 Robert Borofsky: Making History. Pukapukan and Anthropological Constructions of Knowledge. Cambridge u. a. 1987. 157 Trouillot: Silencing the Past; ders.: Global Transformations, S. 12; David W. Cohen: The Combing of History. Chicago/ London 1994; ders.: Further Thoughts on the Production of History. In: Between History and Histories. The Making of Silences and Commemorations. Hg. v. Gerald Sider u. Gavin Smith. (Anthropological Horizons). Toronto/ Buffalo/ London 1997, S. 302. Vgl. zudem die weiteren Beiträge dieses Sammelbandes. 158 Trouillot: Silencing the Past, S. 29 (»creation of facts and sources«; »creation of silences«); Ann B. Stahl: Making History in Banda. Anthropological Visions of Africa’s Past. (New Studies in Anthropology). Cambridge u. a. 2004, S. 1; Kandiyur N. Panikkar/ Terence J. Byres/ Utsa Patnaik (Hg.): The Making of History. Essays presented to Irfan Habib. (Anthem South Asian Studies). London 2002. 159 Eric R. Wolf: Europe and the People Without History. Berkeley/ Los Angeles/ London 1982. 160 Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt a. M. 1993, S. 101, 105.

Methode

57

aufforderte, in den Ereignissen, welche die Nachrichten verkündeten, und damit »in allem, was man uns mitteilt, nach den Dingen […] [zu] suchen, die man uns verschweigt«,161 verwies er ebenfalls auf den Zusammenhang von Erinnerung und Vergessen in der Produktion von événements humaines. Insofern ein Ereignis als »historische Wissensfigur« umschrieben werden kann, basiert die Syntax der Ereigniswerdung demnach auf programs of silence[s].162 Trouillot lokalisiert diesen komplexen Prozess des silencing the past in vier Stationen: zunächst in der Erschaffung von Fakten und Faktizität (Produktion von Quellen); dann in der Versammlung, Zusammensetzung und Aufbewahrung von Fakten (Überlieferung der Quellen sowie Produktion und Organisation von Archiven); anschließend in der Rekurrenz auf Fakten (Produktion von Narrativen); und in der Bedeutungszuschreibung zu Fakten (Produktion von Geschichte). Dieser Prozess der Geschichts- und Ereignisproduktion basiert demnach auf den Praktiken der daran beteiligten Akteure sowie ihren Stimmen (voices), die erhört oder verschwiegen wurden. Besonders nachhaltig sind solche narrativen Konstruktionen bei Gewalt-Ereignissen, die als Geschehenszusammenhang in umfassendere Erzählungen eingebettet wurden, die bis heute die Interpretation solcher Ereignisse beeinflussen.163 Vielversprechend ist daher eine Untersuchung der Ereigniswerdung Lepantos, zu der anzumerken ist, dass osmanische Quellen noch heute nur vereinzelt bei der wissenschaftlichen Bearbeitung der Seeschlacht einbezogen werden.164 Im Anschluss an diese anthropologischen Studien stellt sich für Historikerinnen und Historiker eine grundsätzliche Frage: Wer spricht wie für wen, und wie wird die Fremdheit im Prozess des revoicing selbst als heuristische Kategorie konzeptionalisiert?165 Um den Prozess des silencing in der Geschichtsproduktion 161 Braudel: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 35. 162 Tobias Nanz/ Johannes Pause: Politiken des Ereignisses. Einleitung. In: Dies. (Hg.) : Politiken des Ereignisses. Mediale Formierung von Vergangenheit und Zukunft. Bielefeld 2015, S. 7– 32, hier S. 13; Cohen: Combing of History, S. xxv. 163 Trouillot: Silencing the Past, S. 24ff.; ders.: Global Transformations, S. 12, 136. Siehe auch Kass Fleisher: The Bear River Massacre and the Making of History. Albany, New York 2004; Horst Carl/ Ute Planert: Einleitung. Militärische Erinnerungskulturen – Militär als Gegenstand und Träger kollektiver Erinnerung. In: Militärische Erinnerungskulturen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Träger – Medien – Deutungskonkurrenzen. Hg. v. dens. (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, Bd. 15). Göttingen 2012, S. 11–26. 164 Michel Lesure: Lépante. La crise de l’empire ottoman. Paris 1972; Halil I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. Florenz 1974, S. 185–192; Onur Yildirim: The Battle of Lepanto and its Impact on Ottoman History and Historiography. In: Mediterraneo in armi (secc. XV– XVIII). Hg. v. Rossella Cancila. Bd. 2. (Mediterranea. Ricerche storiche, quaderni 4). Palermo 2007, S. 533–556; Brummett: The Lepanto Paradigm. 165 Vincent Crapanzano: Hermes’ Dilemma. The Masking of Subversion in Ethnographic Description. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los

58

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

also selbst kenntlich zu machen, reflektieren Anthropologen, Archäologen und Historiker daher zunehmend die Darstellungsweise ihrer Forschungen. Bereits Robert Borofsky und Johannes Fabian verdeutlichten, dass diese häufig dazu tendieren, Machtdiskurse unhinterfragt zu tradieren und somit die silences selbst stillschweigend erneut zu verschweigen. Trouillot gab daher an, er wolle die Versatzstücke historischer Überlieferungen repositionieren, um so ein neues Narrativ zu modellieren, dass die silences selbst offenlege.166 Entsprechend etablierten sich in den Geschichtswissenschaften neue Darstellungsweisen mit dem Anspruch, historische Machtdiskurse sichtbar zu machen und so das methodologische Verständnis von Kausalität und historischen Relevanzkriterien selbst zu reflektieren.167 Diese Darstellungsweisen wurden maßgeblich von mikrogeschichtlichen Studien und deren fokussierten Untersuchungsrahmen, pluriperspektivischen Annäherungen sowie der grundsätzlichen Skepsis gegenüber teleologischen Erklärungsmodellen geprägt.168 Ebenso Angeles/ London 1986, S. 51–76; Robert Borofsky: Cook, Lono, Obeyesekere, and Sahlins. In: Current Anthropology 38 (1997), H. 2, S. 255–282 (mit Kommentaren von Herb K. Kane, Gananath Obeyesekere, Marshall Sahlins sowie Robert Borofsky); Joan W. Scott: Storytelling. In: History and Theory 50 (2011), H. 2, S. 203–209; Trouillot: Global Transformations, S. 136 (zur »native voice in ethnography«). 166 James Clifford / George E. Marcus (Hg.): Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986; Allison James/ Jenny Hockey/ Andrew Dawson (Hg.): After Writing Culture. Epistemology and Praxis in Contemporary Anthropology. (ASA Monographs, Bd. 34). London 1997; Reinhard Bernbeck: »La Jalousie« und Archäologie. Plädoyer für subjektloses Erzählen. In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 51 (2010), H. 1/2, S. 64–86; Borofsky: Making History; Johannes Fabian: Time and the Other. How Anthropology Makes its Object. Eingeleitet v. Matti Bunzl. New York 2002 [1983], S. 71–104; Trouillot: Silencing the Past, S. 27. 167 Lawrence Stone: The Revival of Narrative. Reflections on a New Old History. In: Past & Present 85 (1979), S. 3–24; Burke: History of Events, S. 245; Roy Bin Wong: Causation. In: A Concise Companion to History. Hg. v. Ulinka Rublack. Oxford 2011, S. 27–54, hier S. 53f.; Achim Landwehr: Die Kunst, sich nicht allzu sicher zu sein. Möglichkeiten kritischer Geschichtsschreibung. In: WerkstattGeschichte Nr. 61 (2013), S. 3–10. 168 Die Liste mikrohistorischer Studien ist in der Zwischenzeit lang geworden. Hier sollen daher nur die grundlegendsten Monografien angeführt werden: Emmanuel Le Roy Ladurie: Montaillou, village occitan de 1294 à 1324. Paris 1975; Carlo Ginzburg: Il formaggio e i vermi. Il cosmo di un mugnaio del ’500. Turin 1976; Edoardo Grendi: Micro-analisi e storia sociale. In: Quaderni storici 35 (1977), S. 506–520; Natalie Z. Davis: The Return of Martin Guerre. Cambridge, Massachusetts 1983; Giovanni Levi: L’eredità immateriale. Carriera di un esorcista nel Piemonte del Seicento. Turin 1985; David W. Sabean: Property, Production, and Family in Neckarhausen, 1500–1870. (Cambridge Studies in Social and Cultural Anthropology, Bd. 73). Cambridge u. a. 1990; ders.: Kinship in Neckarhausen, 1700–1870. Cambridge u. a. 1998; Medick: Weben und Überleben in Laichingen; Jürgen Schlumbohm: Lebensläufe, Familien, Höfe. Die Bauern und Heuerleute des Osnabrückischen Kirchspiels Belm in proto-industrieller Zeit, 1650–1860. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 110). Göttingen 1994; Michaela Hohkamp: Herrschaft in der Herrschaft. Die vorderösterreichische Obervogtei Triberg von 1737 bis 1780. (Veröffentlichungen des

Methode

59

verliehen die Postcolonial Studies sowie die Geschlechtergeschichte wesentliche Forschungsimpulse einer reflexiven Forschungspraxis im Umgang mit Geschichte und silences, indem die Handlungslogiken und Sinnstiftungen historischer Akteure in ihrem Eigensinn thematisiert wurden. Eurozentrische, fortschrittsgläubige und modernisierungsteleologische Großnarrative wie die Industrialisierung, die Individualisierung oder die Desakralisierung werden einerseits mit der Hinwendung zu »multiplen Modernitäten« hinterfragt, die gleichberechtigte Wege in das 21. Jahrhundert darstellen.169 Andererseits dient auch die gezielte Thematisierung subalterner Akteure dem »historiographische[n] Durcharbeiten und Diskutieren vieler möglicher Geschichten«, wie es Karin Hausen zurecht forderte.170 Demnach geht es hier vor allem darum, Vergangenheit anhand »multipler Sequenzen zu interpretieren statt als einzelnen Entwicklungsprozess«.171 Diese Ansätze aufgreifend, entwarf Natalie Z. Davis das Forschungsprogramm einer dezentrierenden Geschichtsschreibung, wobei Dezentrieren in doppelter Hinsicht auf »das Vorgehen und den Gegenstand« zu charakterisieren ist: »Dabei erzählt der Historiker die Geschichte nicht nur aus der Sicht einer Weltregion oder von Machteliten, sondern weitet seinen sozialen und geographischen Blick Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 142). Göttingen 1998; Claudia Ulbrich: Shulamit und Margarete. Macht, Geschlecht und Religion in einer ländlichen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. (Aschkenas/‫אשכנו‬, Beiheft 4). Wien/ Köln/ Weimar 1999. 169 Shmuel N. Eisenstadt: Multiple Modernities. New Brunswick u. a. 2002; Dominic Sachsenmaier (Hg.): Reflections on Multiple Modernities. European, Chinese and Other Interpretations. Leiden u. a. 2002; Natalie Z. Davis: Decentering History. Local Stories and Cultural Crossings in a Global World. In: History and Theory 50 (2011), H. 2, S. 188–202, hier S. 190–194; Natalie Z. Davis: Dezentrierende Geschichtsschreibung. Lokale Geschichten und kulturelle Übergänge in einer globalen Welt. In: Historische Anthropologie 19 (2011), H. 1, S. 144–156, hier S. 145. 170 Karin Hausen: Die Nicht-Einheit der Geschichte als historiographische Herausforderung. Zur historischen Relevanz und Anstößigkeit der Geschlechtergeschichte. In: Geschlechtergeschichte und Allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven. Hg. v. Hans Medick u. Anne-Charlott Trepp. (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 5). Göttingen 1998, S. 15–55, hier S. 39. Zentral in diesem Zusammenhang sind Fabian: Time and the Other; Gayatri C. Spivak: Can the Subalter Speak? In: Marxism and the Interpretation of Culture. Hg. v. Cary Nelson u. Lawrence Grossberg. Urbana/ Chicago 1988, S. 271–313; Homi K. Bhabha: The Location of Culture. London u. a. 1994; Dipesh Chakrabarty: Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference. (Princeton Studies in Culture/ Power/ History). Princeton/ Oxford 2000. 171 Natalie Z. Davis: Was ist an Geschichte universal? In: Historische Anthropologie 15 (2007), H. 1, S. 130. Im Original Natalie Z. Davis: What is Universal about History? In: Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien. Hg. v. Gunilla Budde, Sebastian Conrad u. Oliver Janz. 2. Aufl. Göttingen 2010, S. 19: »In urging the exploration of the past by the axis of exchange as well as the axis of power and its interpretation by multiple sequences rather than a single evolutionary scheme […].« Lucien Febvre: Ein Historiker prüft sein Gewissen. Antrittsvorlesung am Collège de France 1933. In: Ders.: Das Gewissen des Historikers. Hg. u. übers. v. Ulrich Raulff. Berlin 1988, S. 9–22.

60

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

und macht eine Vielzahl von Stimmen hörbar.« Grundlegend ist dabei das Verständnis von »Geschichtsschreibung [als] eine Geschichte von Beziehungen«, in denen soziale Machtkonstellationen verhandelt werden.172 Die Narrative – im Falle Lepantos die Türkengefahr und Türkenfurcht – mit der Existenz »vieler konkurrierender Geschichten«173 zu konfrontieren, bezweckt somit solche anhand konkreter Personen, Situationen und Lokalitäten zu relativieren und zu repositionieren.174 Um dies zu ermöglichen, soll das Ereignis Lepanto in dieser Untersuchung nicht erneut als trennendes Moment im Mittelpunkt stehen, sondern vielmehr die Frage danach, wie Akteure eine solche Interpretation historisch konstituierten. Die Schlacht fand vor dem Hintergrund »eine[r] verschüttete[n] gemeinsame[n] Geschichte« statt, die, wie es Suraiya Faroqhi generell für das Osmanische und Habsburgerreich betont, »über religiöse und politische Gegensätze, aber auch über die improvisierte Bündnissuche […] hinausgeht.«175 Sie war keineswegs das notwendige Resultat eines Aufeinanderprallens zweier getrennter Welten, sondern die Seeschlacht war vielmehr selbst Ausdruck einer, wie Molly Greene das Mediterraneum treffend umschrieben hat, »gemeinsamen Welt« (shared world).176 In dieser stellt Lepanto, wie es Palmira Brummett richtig 172 Davis: Dezentrierende Geschichtsschreibung, S. 150, 145. Im Original Davis: Decentering History, S. 190: »Decentering involves the stance and the subject matter of the historian. The decentering historian does not tell the story of the past only from the vantage point of a single part of the world or of powerful elites, but rather widens his or her scope, socially and geographically, and introduces plural voices into the account«; »history is always relational«. Zum methodologischen Verständnis von revoicing siehe Natalie Z. Davis: Die wahrhaftige Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre. Mit einem Nachwort von Carlo Ginzburg. Berlin 2004, S. 20; Scott: Storytelling, S. 206f.; Carlo Ginzburg: Kunst und soziales Gedächtnis. Die Warburg-Tradition. In: Ders.: Spurensicherung. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst. Übers. v. Gisela Bonz u. Karl F. Hauber. 4. Aufl. Berlin 2011, S. 83–173, hier S. 89. 173 Hausen: Nicht-Einheit der Geschichte, S. 38. 174 Alf Lüdtke: Einleitung. Was ist und wer treibt Alltagsgeschichte? In: Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen. Hg. v. dems. Frankfurt a. M./ New York 1989, S. 9–47, hier S. 13ff.; Trouillot: Silencing the Past, S. 27; Jürgen Schlumbohm: Mikrogeschichte – Makrogeschichte: Zur Eröffnung einer Debatte. In: Mikrogeschichte Makrogeschichte komplementär oder inkommensurabel? Hg. v. dems. (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 7). Göttingen 1998, S. 19f. 175 Faroqhi: Geschichte des Osmanischen Reiches, S. 10. 176 Molly Greene: A Shared World. Christians and Muslims in the Early Modern Mediterranean. Princeton 2000. Weiterführend vor allem Anna Contadini: Sharing a Taste? Material Culture and Intellectual Curiosity around the Mediterranean, from the Eleventh to the Sixteenth Century. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. ders. u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 23–61; Kafadar: Between Two Worlds; Francesca Trivellato: Renaissance Italy and the Muslim Mediterranean in Recent Historical Work. In: The Journal of Modern History 82 (2010), H. 1, S. 127–155; Gerald MacLean/ William Dalrymple (Hg.): Re-Orienting the Renaissance. Cultural Exchanges with the East. Houndmills, Basingstoke 2005.

Methode

61

betonte, »weder den Beginn noch das Ende der Geschichte« dar, sondern vielmehr »eine Episode« spezifischer Osmanenwahrnehmungen.177 In diesen kreuzten sich viele mögliche Geschichten, die im Diskurs der Türkengefahr und in der Ereigniswerdung Lepantos entweder stärkere Gewichtung fanden oder aber dadurch in Vergessenheit gerieten. Mit letzteren verschwanden nicht nur Geschichten, sondern auch ihre Erzähler und die Handelnden. Ihre Stimmen ernst zu nehmen, sie in ihren Kontexten zu verorten, so zu Wort kommen zu lassen und mit dem Großnarrativ der Türkengefahr zu brechen, dessen Historizität selbst im Angesicht der Seeschlacht neu zu überdenken und die in ihm als ahistorisch unterstellte und bis heute wirkmächtige Dichotomie zwischen ›Christen‹ und ›Muslimen‹ zu hinterfragen, beabsichtige ich mit meiner Arbeit. Damit rücken die Wahrnehmungen der Seeschlacht sowie deren Zirkulation und Übersetzung in den Mittelpunkt dezentrierender Geschichten, die lokale Besonderheiten ebenso wie deren überregionale oder gar globale Auswirkungen zu berücksichtigen haben. Jüngst betonte John-Paul A. Ghobrial das Potenzial einer solchen Perspektivierung: Eine global microhistory könne eine sich in Bewegung befindliche, verbundene Frühe Neuzeit jenseits dichotomischer und generalisierender Zuschreibungen rekonstruieren, indem global storytelling um die konkreten lokalen und persönlichen Kontexte der Akteure sowie die lokale Memoria gruppiert wird.178 Insofern storytelling, wie Joan W. Scott richtig betont, ein heuristisches Instrument des revoicing darstellt,179 das Fremdheit als heuristische Kategorie selbst ernst nimmt, indem deren erzählerische Darstellung die Vielzahl möglicher Geschichten widerspiegeln soll,180 ist sicherlich weniger 177 So Brummett: The Lepanto Paradigm, S. 68: »Lepanto was neither the beginning nor the end of the story; it was one episode, albeit a comforting one, in a saga, both epic and dreary, of the European endeavour to comprehend (in narrative, image, imagination and memory) the Ottoman Empire.« 178 John-Paul A. Ghobrial: The Secret Life of Elias of Babylon and the Uses of Global Microhistory. In: Past & Present 222 (2014), S. 51–93, hier insbesondere S. 56–60; Francesca Trivellato: Is There a Future for Italian Microhistory in the Age of Global History? In: California Italian Studies 2 (2011), H. 1, URL: http://escholarship.org/uc/item/0z94n9hq [Zugriff: 01. September 2014]; Bachmann-Medick: Cultural Turns, S. 259; Kirsten Rüther: Geschichte(n) des Globalen. Weltbilder für Europa und ein aufgeschobener Paradigmenwechsel. In: WerkstattGeschichte 19 (2010), H. 3 [56], S. 76–90; Maxine Berg (Hg.): Writing the History of the Global. Challenges for the 21st Century. Oxford u. a. 2013; Renate Dürr/ Ronnie Hsia/ Carina L. Johnson/ Ulrike Strasser/ Merry Wiesner-Hanks: Forum. Globalizing Early Modern German History. In: German History 31 (2013), H. 3, S. 366–382. 179 Scott: Storytelling. 180 Hierzu bereits Lüdtke: Einleitung, S. 13ff. Möglich wird dies, indem in einem Laboratorium vielschichtiger Perspektiven und methodenbewusster Spurensicherungen die Grenzen zwischen Fakten und Fiktionen, zwischen »Beweise[n] und Möglichkeiten« und als partial truths ausgelotet werden. Zitate von Carlo Ginzburg: Beweise und Möglichkeiten. Randbemerkungen zur Wahrhaftigen Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre. In: Natalie Z. Davis: Die wahrhaftige Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre. Mit einem

62

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

von global storytelling als von glocal storytelling zu sprechen,181 um dem frühneuzeitlichen Phänomen lokal zu situierender aber dennoch regionenübergreifender Vernetzungen und Zirkulationen gerecht zu werden, das Serge Gruzinski als mondialisation, Sanjay Subrahmanyam als connected histories und Natalie Z. Davis als cultural crossings bezeichnet haben.182 Dass das Osmanische Reich in diese Austauschbeziehungen aktiv eingebunden war, verdeutlichen insbesondere osmanistische Arbeiten.183 Diese Kontaktnahmen sind in der Forschung als alltägliche und damit situativ sowie lokal zu verortende Übersetzungspraktiken konzeptionalisiert worden, die den Akteuren dazu dienten, sich selbst innerhalb sozialer Beziehungen und Zugehörigkeiten zu verorten.184 Entsprechend basierte die Ereigniswerdung Lepantos auf historisch

181

182

183

184

Nachwort von Carlo Ginzburg. Berlin 2004, S. 185–213 und James Clifford: Introduction. Partial Truths. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 1–26. Siehe zudem Carlo Ginzburg: Spurensicherung. In: Ders.: Spurensicherung. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst. Übers. v. Gisela Bonz u. Karl F. Hauber. 4. Aufl. Berlin 2011, S. 7–57; Natalie Z. Davis: Fiction in the Archives. Pardon Tales and Their Tellers in Sixteenth-Century France. Stanford, California 1987; Paul Rabinow: Representations Are Social Facts. Modernity and Post-Modernity in Anthropology. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 234–261. Zu einer Geschichte von Ereignissen als Geschichte historischer Möglichkeiten siehe Revel: Wiederkehr des Ereignisses, S. 174. Auch diese kann – in bewusst reflektierender und damit auch kritischer Adaption – Anhaltspunkte bei Braudel finden. Siehe Braudel: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 33. Grundsätzlich vgl. Hans Medick: Quo vadis Historische Anthropologie? Geschichtsforschung zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Mikro-Historie. In: Historische Anthropologie 9 (2001), H. 1, S. 78–92; Schlumbohm, S. 22f.; Burke: History of Events, S. 238–245; Peter Burke: Historians, Anthropologists, and Symbols. In: Culture Through Time. Anthropological Approaches. Hg. v. Emiko Ohnuki-Tierney. Stanford, Calif. 1990, S. 268–323. In Anlehnung an Chakrabarty: Provincializing Europe und in Bezugnahme auf Glokalismus-Debatten. Zu diesen einführend: Ann Cvetkovich (Hg.): Articulating the Global and the Local. Globalization and Cultural Studies. (Politics and Culture, Bd. 5). Boulder/ Oxford 1997. Sanjay Subrahmanyam: Connected Histories. Notes towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia. In: Modern Asian Studies 31 (1997), H. 3, S. 735–762; ders.: From the Tagus to the Ganges. (Explorations in Connected History). Oxford u. a. 2005; ders.: Mughals and Franks. (Explorations in Connected History). Oxford u. a. 2005; Serge Gruzinski: Les quatre parties du monde. Histoire d’une mondialisation. Paris 2006; Davis: Decentering History. Giancarlo Casale: The Ottoman Age of Exploration. Oxford u. a. 2010; Thomas D. Goodrich: The Ottoman Turks and the New World. A Study of Tarih-I Hind-i Garbi and SixteenthCentury Ottoman Americana. (Near and Middle East monographs. New Series, Bd. 3). Wiesbaden 1990; Suraiya Faroqhi: The Ottoman Empire and the World Around It. London u. a. 2004. Bhabha: Location of Culture; Chakrabarty: Provincializing Europe, S. 72–96; BachmannMedick: Cultural Turns, S. 238–283, hier insbesondere S. 251. Zum Konzept der Übersetzung in der Anthropologie siehe Talal Asad: The Concept of Cultural Translation in British Social Anthropology. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of

Methode

63

konkreten Wahrnehmungen,185 deren symbolischer Kommunikation186 sowie alltäglichen Übersetzungskonstellationen, die anhand der Artikulation von Deutungsansprüchen über Lepanto zugleich Osmanenwahrnehmungen und damit ganz grundsätzlich Vorstellungen von Zugehörigkeit und Andersartigkeit verhandelten, die dann in der Perpetuierung der Lepanto-Diskurse auch die ReProduktion kultureller Hierarchien beinhalten konnte.187 Um es deutlich zu sagen: Es ist nicht zu bestreiten, dass die Geschichte der Seeschlacht als Konfrontationsgeschichte geschrieben werden kann (vielleicht liegt es sogar auf der Hand, dass sie über Jahrhunderte hinweg so geschrieben worden ist). Aufgrund der damit einhergehenden und aufgezeigten problematischen Vorannahmen ist es jedoch an der Zeit, die historischen (Macht-)Konstellationen selbst zu untersuchen, die zur Fraglosigkeit dieses Konfrontationsnarratives beitrugen, und somit die silences offenzulegen, die mit der Etablierung des Ereignisses Lepanto einhergingen. Letztlich bedeutet dies, die voices der Akteure zu rekonstruieren, die zur Ereigniswerdung beitrugen beziehungsweise in deren Zuge verschwiegen wurden. Bei einer solchen Betrachtungsweise ist Lepanto dann nicht mehr exklusiver Bestandteil einer Geschichte des clash of civilizations, sondern diese erscheint als eine Narration unter vielen, in denen die connected histories eines Ereignisses im Mittelpunkt einer dezentrierenden »Detailgeschichte des Ganzen«188 stehen. Eine solche historiografische Darstellungsweise ist bisher vor allem bei Lebensläufen frühneuzeitlicher Akteure und der Zirkulation von Gegenständen und Ideen erprobt worden.189 Hier soll sie der dezentrierenden Perspektivierung

185 186 187 188 189

American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 141–164. Als bedeutsames Beispiel der Frühneuzeitforschung sei auf Natalie Z. Davis: Trickster Travels. A Sixteenth-Century Muslim Between Worlds. London 2008; dies.: Decentering History, S. 194 verwiesen. Für Lepanto ansatzweise auch Ruth Schilling: Osmanische ›Bedrohung‹. Hier wie Peter Burke: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 13 in Anlehnung an Aby Warburg: »Die Wahrnehmung hat eine Geschichte.« Barbara Stollberg-Rilinger: Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven. In: Zeitschrift für Historische Forschung 31 (2004), S. 489–527. Hierzu auch Johnson: Cultural Hierarchy. Medick: Weben und Überleben, S. 24. Zu Lebensläufen vgl. Natalie Z. Davis: Metamorphosen. Das Leben der Maria Sibylla Merian. Berlin 2003; Natalie Z. Davis: Fame and Secrecy. Leon Modena’s Life as an Early Modern Autobiography. In: The Autobiography in Seventeenth-Century Venetian Rabbi. Leon Modena’s Life of Judah. Übers. u. hg. v. Mark R. Cohen. Princeton 1988, S. 50–70; Natalie Z. Davis: Women on the Margins. Three Seventeenth-Century Lives. Cambridge, Mass./London 1995, S. 5–62; Natalie Z. Davis: Trickster Travels. A Sixteenth-Century Muslim Between Worlds. London 2008; Davis: Decentering History, S. 197–202; Mercedes García-Arenal/ Gerard Wiegers: Un hombre en tres mundos. Samuel Pallache, un judío marroquí en la

64

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

der Seeschlacht von Lepanto als historisches Ereignis dienen. Die hierbei zugrundeliegende Fragestellung lautet, wie sich ein Ereignis, dem globale Relevanz zugeschrieben worden ist, lokal brach. Inwieweit genau konstituierten zeitgenössische Akteure die Memoria des Ereignisses Lepanto lokal und situationsspezifisch und inwiefern unterlag Lepanto durch Zirkulation und Übersetzungsleistungen Veränderungen? Ich untersuche daher die Ereigniswerdung Lepantos als lokal- und situationsspezifisches Aushandeln von Akteuren, die Stimmen hörbar oder verstummen ließen und so kulturelle Hierarchisierungen anhand der Interpretation der Schlacht als ›christlichen‹ oder ›europäischen‹ Sieg prägten.

I.4.

Quellen

Um diese methodischen Ansprüchen umzusetzen, basiert die vorliegende Studie großteils auf bis dato nicht edierten, historischen Handschriften und Drucken. Nötig war dies zum einen, weil die im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert vorgelegten Quellenedition häufig beabsichtigten, mit dem Verweis auf Lepanto eine ›ruhmreiche‹ Nationengeschichte oder ›patriotische‹ Regionalgeschichte zu imaginieren. Die von ihnen anvisierten Akteure waren folglich katholische Männer und zumeist Offiziere. Wenngleich bis heute neue, umsichtige Quelleneditionen erscheinen, belegen die für diese Studie vorgenommenen Recherchen vor allem, dass nach wie vor ein großer Anteil der Lepanto betreffenden Quellen in den Archiven und Bibliotheken der Sichtung wartete.190 Dieser Umstand brachte Recherchen in über 170 Archiven, BiblioEuropa protestante y en la católica. Madrid 1999; Dursteler: Renegade Women; Malcolm: Agents of Empire; James H. Sweet: Domingos Álvares, African Healing, and the Intellectual History of the Atlantic World. Chapel Hill, North Carolina 2011; Sanjay Subrahmanyam: Three Ways to Be Alien. Travails and Encounters in the Early Modern World. Waltham, Mass. 2011; Ghobrial: Secret. Zu Materialitäten und Ideen siehe Maxine Berg: In Pursuit of Luxury. Global History and British Consumer Goods in the Eighteenth Century. In: Past & Present Nr. 182 (2004), S. 85–142; Ulinka Rublack: Dressing Up. Cultural Identity in Renaissance Europe. Oxford u. a. 2010; Ulinka Rublack: Matter in the Material Renaissance. In: Past & Present 219 (2013), S. 41–85; Lisa Jardine/ Jerry Brotton: Global Interests. Renaissance Art Between East and West. London 2000; Gruzinski: Les quatre parties du monde; Giorgio Riello: Cotton. The Fabric That Made the Modern World. Cambridge u. a. 2013; Hans Belting: Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks. München 2008; Deborah Howard: Venice and the East. The Impact of the Islamic World on Venetian Architecture. 1100–1500. New Haven u. a. 2000; Charles H. Parker: Global Interactions in the Early Modern Age. Cambridge u. a. 2010. 190 Vgl. Borino/ Galieti/ Navone: Trionfo; Giuseppe A. di Montechiaro: La Sicilia nella Battaglia di Lepanto. Pisa 1886; Elizabeth R. Wright/ Sarah Spence/ Andrew Lemons (Hg.): The Battle of Lepanto. (The I Tatti Renaissance Library, Bd. 61). Cambridge, Massachusetts/ London 2014.

Quellen

65

theken und Museen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Tschechien und Ungarn sowie in den Niederlanden, in der Schweiz, der Türkei, im Vatikan und in den Vereinigten Staaten von Amerika mit sich. Die methodische Konzeption der Arbeit erforderte also einerseits die umfängliche Sichtung weit zerstreuten Archivmaterials. Sie erforderte andererseits aber auch gerade die bewusste Auswahl der Quellen im Hinblick auf die zu erzählenden Geschichten, die bisherige Lepanto-Narrative zu dezentrieren vermochten. In keiner dieser Institutionen befindet sich eine Bestandsgruppe an Archivalien, die eigens auf die Seeschlacht von Lepanto verweist und lediglich solche Quellen als Bestandszusammenhang aufbewahrt, die im Kontext der Seeschlacht entstanden. Folglich waren umfassende und umsichtige Recherchen – zumeist vor Ort – notwendig, die eine detaillierte Sichtung der jeweils (und großteils umfangreich) aufbewahrten Dokumentation der späten 1560er, 1570er und 1580er Jahre beinhaltete. Während dieser stieß ich auch auf Lepanto-Quellen des 17., 18., 19. und 20. Jahrhunderts. Die Bestände hier eingehend darzulegen, würde den Rahmen sprengen. Es soll jedoch nicht unterlassen werden, auf einige grundlegende Aspekte hinzuweisen, die die Quellenforschungen meiner viel umfangreicheren Dissertationsschrift betreffen, aus der der hier vorliegende Band entstand. Hauptanlaufpunkte stellten zunächst jene Institutionen dar, die Archivalien verwahren, die in jenen Herrschaften entstanden, die direkt an der ›Heiligen Liga‹ als Bündnispartner beteiligt gewesen sind. Zu nennen ist hier zunächst das Papsttum. Im Archivio Segreto Vaticano (ASVat) erwiesen sich insbesondere die Korrespondenzen der Nuntien als besonders ergiebig. Die Biblioteca Apostolica Vaticana (BAV) versammelt eine Fülle an Drucken und Manuskripten, die sich auf die Seeschlacht beziehen, darunter Schlachtenbeschreibungen, Selbstzeugnisse von Soldaten, die Aufzeichnungen des päpstlichen Zeremonienmeisters, Discorsi und die Sammlung der nach Urbino gesandten handschriftlichen Nachrichtenbriefe. Mit dem Briefjournal, das der zur Zeit Lepantos auf die Iberische Halbinsel gesandte päpstliche Legat verfasste, wurde in der Biblioteca Corsiniana (BCors) der Accademia Nazionale dei Lincei in Rom eine weitere für den päpstlichen Kontext zentrale Quelle aufgespürt. Was die stadtrömischen Zusammenhänge betrifft, erwieß sich das Archivio Storico Capitolino (ASC) und hier insbesondere der Bestand der Camera Capitolina als Fundgrube. Gleichermaßen ist das Archivio di Stato di Roma (ASR) zu nennen, wo vor allem das Archivio Santacroce, die Camerali sowie die Soldatesche e galere aufschlussreich waren. Komplettiert wurden diese Recherchen beispielsweise mit Manuskripten der Biblioteca Angelica (BAR), Biblioteca Casanatense (BCas) und Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II. Roma (BNCR). Für die venezianische Rekonstruktion war vor allem das Archivio di Stato (ASVe) bedeutsam, wo sich

66

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

neben den Akten zu städtischen Straf- und Handelsgremien auch jene des Collegio – mit den Zeremonialakten, Briefen, Relationen und Suppliken –, des Consiglio di dieci und des Senats – hier insbesondere die Deliberazioni sowie die Dispacci der verschiedenen diplomatischen Repräsentanten Venedigs – befinden. Darüber hinaus verfügt das Staatsarchiv über ausgiebige Bestände osmanischer Schriftstücke, Inquisitionsakten und Avvisi. Weiterhin hielten die Manuskript- und Druckbestände der Biblioteca Nazionale Marciana (BNM) und des Museo Civico Correr (BMCC und MCCV) Funde bereit. Für Spanien waren die Biblioteca Nacional de España (BNE), Real Academia de la Historia (RAH), Fundación Lázaro Galdiano (FLG) sowie das Archivo Histórico Nacional (AHN) in Madrid genauso zentrale Anlaufstellen, wie die Real Biblioteca des El Escorial (RB). Als besonders wichtig und ergiebig stellte sich jedoch die ausführliche Recherche im Archivo General de Simancas (AGS) heraus, wo unter anderem die Rechnungen und Estado-Bestände außergewöhnliche Quellen enthalten. Hinzu kam die lokale Überlieferung insbesondere in den Archiven in Barcelona (ACA, ACB, AHCB), Sevilla (ACS, AMS) und Valencia (ARV). Ein weiterer Aspekt der Liga-Überlieferung bezieht sich auf die spanischen und hispanophilen Herrschaften der Italienischen Halbinsel. Hier sind etwa die im genuesischen Archivio di Stato (ASGe) aufbewahrten Quellen zu den Galeeren (Magistrato delle galee) anzuführen. Im Archivio Segreto und in der Senarega fanden sich einige Quellen zu militärischen Vorbereitungen, mit welchen die Republik die Liga unterstützte, zu Festivitäten sowie umfangreich erhaltene Spionageberichte aus dem Osmanischen Reich. In Neapel stellten das Archivio di Stato di Napoli (ASN), die Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III Napoli (BNN) sowie das Conservatorio di Musica San Pietro a Majella (CMSPM) wichtige Anlaufstellen dar. In Mailand brachte zwar die Recherche im Archivio di Stato (ASMi) keine nennenswerten Funde mit sich, doch dafür jene in der Biblioteca Ambrosiana (BAM) umso mehr. Im Hinblick auf die spanischen Überseegebiete fungierte das Archivo General de Indias (AGI) in Sevilla als der zentrale Anlaufpunkt schlechthin. Besonders ertragreich gestaltete sich die Konsultation der Bestände Indiferente General und Patronato Real sowie der Dokumentation zu den einzelnen mesoamerikanischen Audiencias reales. Bedeutend war jedoch auch das Archivo Histórico Nacional (AHN) in Madrid. Bei der Erschließung der im direkten Umfeld der ›Heiligen Liga‹ entstandenen Quellen sind zudem die adligen Kommandanten und die in ihrem Milieu zu situierende Schriftlichkeit insofern zu berücksichtigen gewesen, als deren Dokumente im Laufe der Zeit beispielsweise in Sammlungen größerer Archive inkorporiert worden sind. So fand sich eine ausgiebige Sammlung von Dokumenten, die sich ursprünglich im Besitz des savoyischen Lepanto-Befehlshabers befand, im Archivio di Stato von Turin (AST). Die Korrespondenzen und Unterlagen Paolo Giordano Orsinis sind hingegen im Archivio Orsini aufbewahrt, das heute ein Bestandteil des Archivio

Quellen

67

Storico Capitolino (ASC) in Rom ist. Einige der Überlieferungen der LigaKommandeure sind darüber hinaus nach wie vor in adligem Privatbesitz. Die schriftliche Überlieferung im Kontext des genuesischen Liga-Kommandanten Giovanni Andrea Doria befindet sich heute im Archivio Doria Pamphilj (ADP) in Rom, wo sich einige Avvisi, Briefe, Discorsi-Entwürfe und Sklavenlisten aufspüren ließen. Die Korrespondenzen, Avvisi und Lepanto-Dokumente des päpstlichen Kommandeurs Marc’antonio Colonna sind heute im Archivio Colonna in der Biblioteca di Santa Scolastica (BSS) in einem Kloster in Subiaco verwahrt. Entsprechend ließen sich auch in anderen adligen Sammlungszusammenhängen, wie etwa dem Archivio Caetani, das heute Bestandteil der Fondazione Camillo Caetani (FCC) in Rom ist, wichtige Lepanto-Funde entdecken. Weiterhin wandte sich der Recherchefokus auf jene Herrschaften, die zwar der ›Heiligen Liga‹ nicht offiziell beigetreten waren, die diese aber dennoch aktiv unterstützten – wie etwa das Großherzogtum der Toskana. Die wohl umfangreichsten mediceischen Bestände zur Seeschlacht fanden sich im Archivio di Stato in Florenz (ASFi), wo das Archivio Mediceo del Principato, die Guardaroba Mediceo, die Manoscritti sowie der Bestand Miscellanea Medicea eine Fülle an Dokumenten verwahrt, die zu den Reaktionen auf die Seeschlacht in der Toskana sowie durch toskanische Repräsentanten in diplomatischen Diensten Auskunft geben. Ergiebig zeigte sich auch der Besuch der dortigen Biblioteca Nazionale Centrale (BNCF). Das im Archivio di Stato in Pisa (ASPi) aufbewahrte Ordensarchiv der Stephansritter brachte mitsamt der in der dortigen Biblioteca Universitaria (BUP) befindlichen Manuskripte wichtige Rückschlüsse auf die mediterranen Tätigkeiten dieses toskanischen Ritterordens sowie die von diesem verwahrten osmanischen Beutestücke mit sich. Anzuführen sind in diesem Zusammenhang auch die im Turiner Archivio di Stato (AST) anzutreffenden Funde, die sich vor allem in der savoyischen (diplomatischen) Korrespondenz mit Venedig, Rom, Spanien, Frankreich und dem Osmanischen Reich fanden. Als ertragreich stellten sich hier auch die Militärdokumentation sowie die piemontesischen Rechnungsbücher heraus. Aufgrund dieser Funde weitete ich die Suche auf die Überlieferung anderer italienischer Herzogtümer aus. Besonders gewinnbringend war die Konsultation des Archivio di Stato in Mantua (ASMa). Das dort befindliche Archivio Gonzaga hielt vor allem in der Korrespondenz der mantuanischen Repräsentanten in Venedig, Rom und am Kaiserhof erstaunliche Einsichten in die Zirkulation handschriftlicher und gedruckter Nachrichten zur Seeschlacht bereit. Ähnlich verhielt es sich mit der im Archivio di Stato von Modena (ASMo) aufbewahrten Dokumentation der d’Este. Jene, die in Ferrara (ASFe, ASCF) aufbewahrt wird, konnte leider aufgrund der Folgen eines Erdbebens, das im Frühjahr 2012 in Norditalien stattfand, nicht eingesehen werden.

68

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

Um die Reaktionen anderer Herrschaften auf die Seeschlacht zu rekonstruieren, die nicht direkt mit der Liga assoziiert waren, wandte ich mich deren historischen Überlieferungen zu. In Lissabon verwahrt die Biblioteca da Ajuda (BAL) ergiebige Quellen. Für die Recherchen zu englischen Reaktionen auf die Seeschlacht stellte sich die Konsultation der in den National Archives of the UK (TNA) erhaltenen Bestände als besonders ertragreich heraus. Nicht allein in Bezug auf die englischen Lepanto-Reaktionen lohnte sich der Besuch der Cambridge University Library (CUL), des Fitzwilliam Museum Cambridge (FMC) sowie der Bibliotheken des Magdalene College (MCC), wo die auch die Seeschlacht betreffenden Dokumente Samuel Pepys verwahrt werden, des Queens’ College (QCC) und des Trinity College (TCC), wo das sogenannte ›Freshfield Album‹ aufbewahrt wird. Ebenso brachte die Lektüre seltener, in der Bodleian Library (Bodl.) in Oxford aufbewahrter Drucke und Manuskripte – darunter eine die Osmanen betreffende Sammlung handschriftlicher Prophezeiungen – wichtige Einsichten. Besonders ergiebig zeigte sich die Einsicht der immensen, die Seeschlacht betreffenden Bestände an historischen Handschriften und Drucken in der British Library (BL). Für die französische Seite waren die Archives nationales (AN) und die Bibliothèque national de France (BnF) in Paris zentral. In ersterem ergaben sich vor allem aus den Parlamentsakten – den lettres reçues ou envoyées, den registres du Conseil sowie den minutes – Funde, aber auch die städtischen Beschluss- und Festakten sowie die klerikalen Kapitularregister sah ich ein. Zweitere Bibliothek umfasst einen umfangreichen Manuskriptbestand, der sich für meine Fragestellung als besonders fruchtbar herausstellte, da er unter anderem diplomatische Dokumente im Kontext der französisch-venezianischen Beziehungen zur Zeit der Seeschlacht aufbewahrt. Für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation wandte ich mich zunächst gen Wien, wo insbesondere im Österreichischen Staatsarchiv (ÖStA) mit dem Allgemeinen Verwaltungsarchiv (AVA), dem Finanz- und Hofkammerarchiv (FHKA) sowie dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) zentrale Überlieferungen aufbewahrt werden. In letzterem sind beispielsweise die Kriegsakten, das Mainzer Erzkanzlerarchiv, die Reichshofkanzlei und die Länder- sowie Staatenabteilungen mit den Beständen zu Rom, Spanien und Venedig sowie den Turcica und Hungarica bedeutsam gewesen. Besonders ertragreich gestaltete sich aber auch die Suche in den umfangreichen Manuskriptsammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB). Neben der in Wien aufbewahrten Quellenbestände wandte ich mich auch in ausgiebigen Recherchen den Archiven von Territorialherrschaften sowie den Stadt- und Regionalarchiven zu. Namentlich anzuführen ist hier das Stadtarchiv Augsburg (StadtAA), wo vor allem die reichsstädtische Dokumentation und hier die Chroniken, die Literaliensammlung und Protokolle des Rats sowie des Strafamtes Funde bot. Aber auch die in den Nürnberger reichsstädtischen Beständen – aufbewahrt im dortigen Staatsarchiv (StAN) – erhaltene Dokumen-

Quellen

69

tation bot mit den Ratsbüchern, den Briefbüchern des Inneren Rates, den Geheimen Verlässen der Herren Älteren sowie den Verlässen der Herren Älteren und des Inneren Rates einen für die vorliegende Studie wichtigen Bestand, der um die dort aufbewahrten zahlreichen Handschriften komplettiert werden konnte. Im Fugger-Archiv (FA) in Dillingen taten sich – neben der geplanten Konsultation von Hans Fuggers Korrespondenzen – überraschende Einsichten in die Involvierung dieser Familie in die Seeschlacht auf. Ebenso bewahren das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GstA PK), das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsHStA Dresden), die rheinländische und westfälische Abteilung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen (LA NRW), das Stadtarchiv Münster (StadtAM) und das Státní oblastní archiv im tschechischen Trˇebonˇ (SoaT) Quellen auf, die über lokale Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto sowie die Distribution der Siegesnachricht Aufschluss geben. In Budapest musste ein Besuch des Magyar Országos Levéltár (MOL) aufgrund von zeitweiliger Schließung entfallen; dafür erwies sich die Konsultation der Bestände des Országos Széchényi Könyvtár (OSK) als besonders ergiebig. Als wichtig stellten sich auch die im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (BHStAM) aufbewahrten Pfalz-Neuburger Quellen heraus, die unter anderem eine große Sammlung handschriftlicher Nachrichtenbriefe enthalten. Hinzu kamen Recherchen, die das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (Abteilung Dessau, LHASA, DE) betrafen. Bezüglich der verschiedenen Lepanto-Festivitäten konsultierte ich – neben Druckerzeugnissen und handschriftlichen Beschreibungen – vor allem die städtischen und kirchlichen Dokumentationen der jeweiligen, lokalen Stadt- und Domarchive. So ist beispielsweise in Barcelona sowohl das Arxiu de la Catedral (ACB) aufgesucht worden, das aufschlussreiche Quellen zur frömmigkeitsgeschichtlichen Verortung im historischen Umgang mit Lepanto-Memorabilia aufbewahrt, als auch das Arxiu Històric de la Ciutat (AHCB), in dem sich vor allem die städtischen Protokolle und Korrespondenzen mitsamt entsprechender Lepanto-Hinweise finden. Auf verlgeichbare Weise sind auch in Sevilla die Kapitularakten des Kathedral- (ACS) und des Stadtarchivs (AMS) im Hinblick auf Lepanto-Festivitäten untersucht worden. Weitere dezidiert städtische Archivdokumentationen konsultierte ich in Antwerpen (SA), Brüssel (AVB/ASB), Dresden (StadtAD), Konstanz (StadtAKon), Köln (HAStK), Leipzig (StadtAL), London (LMA), Madrid (AVM), Mühlhausen (StadtAMühlhausen, Thüringen), Münster (StadtAM), Nürnberg (StadtAN), Schwäbisch Hall (StadtASH), Paris (AN), Rom (ASR), Trujillo (AMT), Venedig (ASVe) und Wien (WStLA). Über die bereits genannten Beispiele hinaus sind klerikale Dokumentationen im Rijksarchief te Brussel I (Anderlecht, RBA/AEBA), im Archivio Capitolo Metropolitano Fiorentino (ACMF), im Archivio Diocesano in Genua (ADG) sowie in den Archives nationales in Paris (AN) eingesehen worden. Wenn sich das Augenmerk

70

Dezentrierende Geschichte(n) der Seeschlacht von Lepanto

auf Inquisitionsfälle richtete, die im Kontext mit der Seeschlacht standen, stellte das Archivio della Congregazione per la Dottrina della Fede (ACDF) im Vatikan die erste Anlaufstelle dar. Im Zusammenhang mit der Seeschlacht bot jedoch vor allem der im Archivio Storico Diocesano in Neapel (ASDN) verwahrte Bestand des Sant’Ufficio umfangreiche Schriftzeugnisse zu Konvertiten, die bei Lepanto gekämpft hatten. Der Bestand dürfte in seiner detailierten und umfangreichen Überlieferung einmalig sein. Bei der Einsicht von Handschriften und Drucken, die kurz nach der Seeschlacht zu dieser erschienen, waren vor allem die außergewöhnlichen Bestände der Biblioteca Nazionale Marciana (BNM) und Biblioteca Apostolica Vaticana (BAV) wichtig. Die zahlreichen kleineren und größeren Bibliotheken in Nord-, Mittel- und Süditalien, die weitere Drucke ans Tageslicht brachten, sollen hier nicht weiter im Einzelnen aufgelistet werden. Erwähnung bedarf jedoch, dass die Codices der Bayerischen Staatsbibliothek München (BSB) sich ebenfalls als zentral erwiesen. Vor allem erhielt ich in der Arcadian Library (Arc. Lib.) Zugang zu einer reichhaltigen und einzigartigen Manuskript- und Turcica-Sammlung, die viele seltene oder gar einmalige Quellen zur Seeschlacht beinhaltet. Im Kontext der Druckerzeugnisse ist zudem anzuführen, dass das Museum PlantinMoretus (MPM) mit dem Plantin-Moretus Archief einen bedeutsamen Bestand verwahrt, der nähere Einsichten in die in einer Druckwerkstatt zur Zeit der Seeschlacht anfallende Dokumentation gewährt. Hinzu kamen verstreute kleinere und größere Funde wie ein im Getty Research Institute (GRI) in Los Angeles aufbewahrtes florentinisches libro di ricordanze oder etwa ein erstaunlicher Traktatbestand in der Newberry Library in Chicago (NL). Eine vergleichbare Discorsi-Sammlung ist aus dem Archiv des Deutschen Historischen Institutes in Rom (DHIR) herangezogen worden. In der Selimiye Yazma Eser Kütüphanesi in Edirne (SYEK) wird zudem der Bericht eines Osmanen über seine im Anschluss an Lepanto erlebte mehrjährige Gefangenschaft auf der Italienischen Halbinsel aufbewahrt. Meine Recherchen führten mich darüber hinaus in zahlreiche Museen – neben den großen venezianischen, spanischen und vatikanischen Institutionen. In Dresden sah ich zudem Bestände des Kupferstichkabinetts, der Sächsischen Landesbibliothek (SLUB) und der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) ein. In Nürnberg bot das Germanische Nationalmuseum (GNM) einige spannende Funde. Gegenstände, die aus der Seeschlacht selbst stammen (sollen), fanden sich nicht allein in zahlreichen italienischen und spanischen Kirchen, sondern auch im Museum Czartoryski (MC) in Kraków, in der Leidener Universiteitsbibliotheek (UBLeid) sowie im Museo Naval (MNM) und in der Real Armería des Palacio Real (RA) in Madrid. Das British Museum (BM) ermöglichte mir darüber hinaus Einblicke in die außergewöhnlich umfangreichen Sammlungen von Drucken, Zeichnungen und Gegenständen.

Quellen

71

Während dieser geografisch weit ausladenden und dennoch lokal verorteten Forschungen gelangte ich durch umsichtige Recherchen zur Einsicht der Notwendigkeit einer anderen, dezentrierenden Geschichte der Seeschlacht von Lepanto. Der dieser Methodik eigene Anspruch an theoretische Reflexion, erzählerische Umsicht, detailgenaue Rekonstruktion und vielschichtige Quellenforschungen führte mich zugleich an die Grenzen des Machbaren – was sich im Umfang meiner stark gekürzten und hier nur teilweise publizierten Dissertationsschrift niederschlug. Die Auswahl des vorliegenden Bandes erfolgte im Hinblick auf das Dezentrierungspotential der einzelnen Lepanto-Geschichten, die nun auch andere Akteure wie Juden, Muslime, Protestanten oder Indigene in den Blick nehmen. Vor allem aber war der »Geschmack des Archivs«, der Forschungs- und Methodeneinsichten eben erst ermöglichte, als solcher darzustellen, wollte ich dem methodischen Anspruch eines umfangreichen revoicings gerecht werden.191

191 Arlette Farge: Le goût de l’archive. Paris 1989.

II.

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege Wenn Lepanto als ›europäisches Ereignis‹ beschrieben wurde, so verwiesen Autoren für gewöhnlich auf die Festakte, zu denen der Sieg »überall« in »den Städten Europas« geführt habe. Diese Feierlichkeiten sind dann bedeutender Bestandteil einer geschichtswissenschaftlichen Argumentation, wonach sich der »christliche Westen« mit Lepanto eines Sieges bewusst geworden sei, der die Überwindung der »osmanischen Überlegenheit« durch das »christliche Europa« dargestellt habe und als solche gefeiert worden sei.192 Deshalb sollen diese zeitgenössischen Feierlichkeiten hier nicht einfach kurz angeführt oder gar auf den Kontext der drei wesentlichen Liga-Herrschaften reduziert,193 sondern vielmehr selbst in ihrer lokalen Situierung zum Untersuchungsgegenstand erhoben werden.194 Venedig erreichte die Siegesnachricht am 19. Oktober 1571, als Onofrio Giustinianis Galeere an der Piazzetta San Marco anlegte. Schnell liefen die Menschen zahlreich zusammen und das Siegesgeschrei kursierte in der gesamten 192 Iain Fenlon: The Ceremonial City. History, Memory and Myth in Renaissance Venice. New Haven/ London 2007, S. 176: »[e]verywhere«; »cities of Europe«; »Christian West«; »Ottoman supremacy«; »Christian Europe«. Die Argumentation findet sich in zahlreichen weiteren Publikationen, z. B. Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 279f.; Capotorti: Lepanto tra storia e mito; Malcolm, Agents of Empire, S. 172; Schilling: Osmanische ›Bedrohung‹; Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration; Ivone Cacciavillani: Lepanto. Prefazione di Giannantonio Paladini. Venedig 2003, S. 173–180; Hartlaub: Don Juan d’Austria, S. 175f. 193 Fenlon: Ceremonial City, S. 176f.; Capotorti: Lepanto tra storia e mito, S. 19–42. 194 Das hiesige Kapitel stellt die Synthese einer Vielzahl an ausführlichen, mikrogeschichtlichen Fallstudien dar, die ich verfasst habe, die hier aber zwecks einer vergleichenden Argumentation notwendigerweise extrem stark gekürzt wurden. Einige Lepanto-Reaktionen sollen als Lokalstudien separat veröffentlicht werden. Zum Verbreitungsgrad frühneuzeitlicher »Türkenfeiern« siehe auch Andrea Sommer-Mathis: Türckische Tragödia und Christliche Comödia. Die ›Türkenfeiern‹ 1683 in Europa. In: Geschichtspolitik und »Türkenbelagerung«. Hg. v. Johannes Feichtinger u. Johann Heiss. (Kritische Studien zur »Türkenbelagerung«, Bd. 1). Wien 2013, S. 89–118.

74

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Stadt. In Umarmungen, Tränen und spontanen Festen tat sich die Freude kund, die, wie es der toskanische Repräsentant berichtete, »unendlich« und »unglaublich« gewesen sei sowie »dem Wohle dieser Republik und der gesamten Christenheit« diene.195 Giustiniani betrat den Dogenpalast, in dessen Hof sich die Menschenmenge drängte, und verlas der Signoria und dem Senat den Schlachtbericht des venezianischen Oberbefehlshabers, in dem Sebastiano Venier Lepanto als »glorreichen Sieg« beschrieb.196 Sogleich ordnete Doge Alviso Mocenigo I. – angeblich zu Tränen gerührt – zeremonielle Dankhandlungen an: zum Glockengeläut des Markusturms prozessierten die Signoria und Senatoren in die Markusbasilika, wo der Doge und spanische Botschafter gemeinsam das ›Te Deum laudamus‹ inthonierten, bevor eine Heilige Dankesmesse zelebriert wurde.197 195 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 315v, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 19. Oktober 1571: »la allegrezza q[ui] è i[n]finita«; ebd., fol. 316r–319r, ders. an dens., Venedig, 20. Oktober 1571: »i[n]credibile allegreza[sic!] p[er] il benefizio di questa Repub:ca et di tutta la xpanita«; ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648v, Sebastiano Venier, Astakos, 09. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40v f.; ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 15. Okt. 1571, Vermerk vom 19. Oktober 1571; Rocco Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE, SOLENNITÀ, E FESTE FATTE IN VENETIA PER LA FELICE VITTORIA, Al Clariss. Sig. Girolamo Diedo digniss. Consigliere di Corfù. Venedig 1571. (BL, 1312.c.47), fol. 3r f.; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 133r f., Venedig, 19. Oktober 1571; SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, fol. 20r–22v, Avvisi aus Venedig, 19. Oktober 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 272r f., Venedig, 19. Oktober 1571; Anonym: COPIA DELL’AVISO VENVTO da Vinegia della felicissima vittoria ottenuta dalla potentissima armata della santa lega Christiana. La Dominica che fu alli 7. D’ottobrio. 1571. Pesaro 1571. (AL, Turcica VI.95/ 15855), fol. 2r; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 111r, Venedig, 19. Oktober 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 103, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571; Agostino Valiero: DELL’UTILITÀ CHE SI PUÒ RITRARRE DALLE COSE OPERATE DAI VENEZIANI LIBRI XIV. DEL CARDINALE AGOSTINO VALERIO VESCOVO DI VERONA TRADOTTI DAL LATINO ED ILLUSTRATI DA MONSIGNOR NICCOLÒ ANTONION GIUSTINIANI VESCOVO DI PADOVA. Padua 1787. (SBB, Rp4048), S. 378. Fälschliche Datierungen finden sich bei Nocera: Lepanto, S. 62 (10. Oktober 1571); Ernst H. Gombrich: Celebrations in Venice of the Holy League and of the Victory of Lepanto. In: Studies in Renaissance and Baroque Art presented to Anthony Blunt on his 60th Birthday. London/ New York 1967, S. 62–68, hier S. 63 (09. Oktober 1571); Braudel: Mittelmeer, Bd. 3, S. 278 (18. Oktober 1571). 196 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648v, Sebastiano Venier, Astakos, 09. Oktober 1571: »gloriosa uittoria«; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 3v; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 316r, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; Sebastiano Venier: RAGVAGLIO Particolare della vittoria dell’armata Christiana contra la Turchesca. Per lettere del Capitan Generale di mare de Venetiani, infino alli noue del presente, date nel porto di Dragomeste, appresso la bocca del golfo di Lepanto. O. O. [Venedig] O. J. [1571] (BCas, Vol. Misc. 2244.4). 197 ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 3v f.; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 133v f., Venedig, 19. Oktober 1571;

Ein Sieg, viele Herrschaften

75

In den folgenden Tagen glich die Stadt einem Freudenspektakel, das die eingetroffene Nachricht von der osmanischen Einnahme Famagustas nebensächlich werden ließ.198 Die Glocken sämtlicher Kirchen ertönten tagelang, abends waren Lichter auf den Kirchtürmen und Feuerwerke in den verschiedenen Stadtvierteln entzündet sowie Freudenschüsse abgefeuert worden.199 Noch am 19. Oktober sind die Läden zum Zeichen der Freude geschlossen und durch den Collegio weitere Festakte beschlossen worden: Dankgebete sollten in sämtlichen Kirchen und Klöstern durchgeführt werden. Die wesentlichen Gottesdienste, Eucharistie und Prozessionen waren für den Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag der folgenden Woche (24., 26., 27., 28. Oktober) anberaumt worden.200 Bereits am Folgetag versammelten sich sämtliche adligen und klerikalen Würdenträger sowie die Botschafter zu einer Messe in San Marco und prozessierten durch den Dogenpalast und über den Markusplatz.201 Tags darauf, dem ersten Sonntag nach dem Eintreffen der Siegesnachricht, wiederholte sich das Prozedere noch symbolträchtiger. Diesmal nahmen auch sämtliche Scuole an der Prozession teil, die der spanische Botschafter vor dem Dogen anführte, indem er die Kreuzreliquie der Basilika unter einem Baldachin trug.202 Dienstags darauf ist

198

199

200

201 202

ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 315v, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 19. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 317r, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571. Zur Rolle des spanischen Botschafters erscheint Stefan Hanß: »The Catholic Ambassador will sing the Mass«. Ambassadorial Service and Venetian Festivities after the Battle of Lepanto (1571). In: Culture of Politics or Cultural Politics. Ambassadors as Cultural Actors in the OttomanEuropean Relations. Hg. v. Michael Hüttler u. Hans E. Weidinger. (Ottoman Empire & European Theatre). (Im Druck). Besonders deutlich wird dies in ÖNB, Cod. 8949, fol. 272r f., Venedig, 19. Oktober 1571. Hier wird über eine Folio-Seite (recto und verso) zu Lepanto berichtet und Famagusta nimmt letztlich nur einen Satz ein. Vgl. auch ebd., fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571; ebd., fol. 277r, Venedig, 02. November 1571. ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 4r f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 136r f., Venedig, 23. Oktober 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 11. November 1571 mit beigelegten, venezianischen Avvisi (03. November 1571), fol. 108v. Viele Händler erwarteten in der Folgezeit ansteigende Einnahmen, da ein Sieg gegen die Osmanen auch die Transportwege und Warenströme der venezianischen Händler verbessern könnte. BAV, Urb. lat. 1042, fol. 134r, Venedig, 19. Oktober 1571; SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, Avviso aus Venedig, 19. Oktober 1571, fol. 10r; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 5v; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40r; ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 168r f., 19. Oktober 1571. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 298v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 317v, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571. ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 4v; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 136r f., Venedig, 23. Oktober 1571

76

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Sebastiano Veniers Lepanto-Beschreibung im Maggior Consiglio verlesen worden, bevor freitags, also genau eine Woche nach Giustinianis Ankunft, in Exequien und Leichenpredigten in San Marco den bei Lepanto verstorbenen Venezianern gedacht wurde.203 Am zweiten Sonntag nach Giustinianis Ankunft zelebrierte erneut der spanische Botschafter Diego Guzmán de Silva eine Messe und verlieh dem Dogen, Collegio und Senatoren in der Markusbasilika pub[b]licamente die Eucharistie. Während der Feierlichkeiten sind Geldmünzen, Mehl und Öl als Almosen im Wert von 2.000 Dukaten durch die Klöster und Ospedali verteilt worden.204 Gleichfalls inszenierte die Obrigkeit einen besonderen Gnadenakt als Dank für Lepanto während der Festivitäten und ließ Gefängnisinsassen freisagen.205 Damit feierte die politische Führungsriege Venedigs Lepanto (mit falscher Datierung der Festivität); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 298v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 317v, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571. 203 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 136v, Venedig, 23. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 4v f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571. 204 ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40r, 41r; ÖNB, Cod. 8949, fol. 277r, Venedig, 02. November 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 112, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 31. Oktober 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1330, doc. 4, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 31. Oktober 1571; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 4r, 5r; Hanß: »The Catholic Ambassador will sing the Mass«. Zum spanischen Botschafter siehe auch Michael J. Levin: Diego Guzmán de Silva and Sixteenth-Century Venice. A Case Study in Structural Intelligence Failure. In: The Dangerous Trade. Spies, Spymasters and the Making of Europe. Hg. v. Daniel Szechi. Dundee 2010, S. 22–44. 205 So berichtet ein venezianischer Novellant über den Dankgottesdienst vom 28. Oktober und sogleich, dass 28 Häftlinge freigelassen wurden. Unter diesen befänden sich auch drei Jugendliche, denen per strengiattori di monete eine Hand abgehackt und ein Ohr abgeschnitten werden sollte. ÖNB, Cod. 8949, fol. 277r, Venedig, 02. November 1571. Bereits während der ersten Messe am 19. Oktober verbreitete sich das Gerücht, der Doge wolle sämtliche Kerker öffnen lassen und die Inhaftierten in einem Akt der Gnade befreien. Daraufhin nahmen die Geschehnisse auf der Straße ihren eigenen Lauf: Menschen übermannten die Wächter und befreiten die Gefangenen, die sich eiligst aus dem Staub machten. Schließlich bewilligten auch die Senatoren die Freilassungen der Gefangenen aus dem Gefängnis della Leona sowie der Kerker in Rialto und der Galeeren. Allerdings waren in diesen lediglich Schuldner inhaftiert, sodass diejenigen Straftäter, die sich zu »schweren Anklagen« zu rechtfertigen hatten, von den Freilassungen eigentlich ausgeschlossen waren. Ebenso ausgeschlossen waren solche Inhaftierte, die als galeerentauglich eingeschätzt und zum Ruderdienst verurteilt worden waren. Jedoch hatten diese nach der Seeschlacht von Lepanto lediglich für die Hälfte der veranschlagten Zeit auf den Galeeren zu dienen. Diejenigen, die bereits die Hälfte ihrer Galeerenstrafe verbüßt hatten, sollten freigelassen werden. ÖNB, Cod. 8949, fol. 272r, Venedig, 19. Oktober 1571; ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 169v f., 20. Oktober 1571; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 4r (»graui imputationi«); ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Valiero: DELL’UTILITÀ. (SBB, Rp4048), S. 378; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 136v, Venedig, 23. Oktober 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 273v, Venedig, 26. Oktober 1571 nennt als geringsten Schuldbetrag der Inhaftierten 25 Dukaten. Siehe auch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980,

Ein Sieg, viele Herrschaften

77

als einen göttlichen Sieg, der des liturgischen Dankes der Herrschaft dafür bedürfe, dass sich Gott gegenüber dieser durch den Ausgang der Seeschlacht gnädig gezeigt habe. Hierzu griff die Signoria auf die bereits anlässlich der Feierlichkeiten zur Verkündigung der ›Heiligen Liga‹ etablierte Festrhetorik zurück.206 Zu Christi Himmelfahrt war damals der Doge im Anschluss an die Venedigs Seemacht demonstrierende Zeremonie der ›Hochzeit mit dem Meer‹ auf die Treppen des Dogenpalastes gestiegen und verkündete den Liga-Abschluss. Wie der habsburgische Botschafter bemerkte, stilisierte diese Inszenierung Venedig als wehrhafte, göttliche Herrschaft.207 Damals fanden mehrtägige Dankgottesdienste und -prozessionen mit Glockengeläut, Leucht- und Feuerwerken statt, die am 02. Juli 1571 (Mariä Heimsuchung) in einer großangelegten Zeremonie mündeten: Guzmán de Silva zelebrierte in San Marco die Messe und führte daraufhin die Kreuzreliquie unter einem Baldachin in einer Prozession durch den Dogenpalast über den mit Tapisserien, Teppichen, Fahnen, Ghirlanden und Gemälden geschmückten Markusplatz. Am Pietra del bando verlas der Senatssekretär den mit Hilfe Gottes, der Jungfrau Maria sowie des Heiligen Markus herbeigeführten Schluss einer »ewigen Liga gegen den gemeinsamen Feind der Christenheit, den Türken«, zu deren Beitritt er die durch Botschafter vertretenen, auswärtigen Herrscher aufforderte.208 Während der Prozession selbst hatten sämtliche Scuole grande – auf obrigkeitlichen Geheiß hin – ihre kostbarsten Silber- und Goldwaren präsentiert und Wagen mit durch Schausteller dargestellten Szenerien auffahren lassen, die Osmanen als ›Antichristen‹ und die Ligisten – hierbei aber insbesondere Venedig – als durch Gott geheiligte, künftige fol. 298v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 120v, Venedig, 26. Oktober 1571; Pier C. Ioly Zorattini: Processi del S. Uffizio di Venezia contro ebrei e giudaizzanti (1571–1580). (Storia dell’ebraismo in Italia. Sezione veneta, Bd. 5/ Studi e testi, Bd. 6). Florenz 1985, S. 90f.; Brian Pullan: »A Ship with two Rudders«. »Righetto Marrano« and the Inquisition of Venice. In: The Historical Journal 20 (1977), H. 1, S. 25–58; Aldo Stella (Hg.): Nunziature di Venezia. Bd. 10: 26 maggio 1571-4 luglio 1573. (Fonti per la storia d’Italia, Bd. 132). Rom 1977, S. 61, 183. 206 Gombrich: Celebrations. 207 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 26. Mai 1571, fol. 1r; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 53, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 24. Mai 1571, fol. 1r [104r]. 208 ÖNB, Cod. 8949, fol. 250v, Venedig, 08. Juni 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 66v, Venedig, 11. Juni 1571; ebd., fol. 69v, Venedig, 05. Juni 1571; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 38v f. (»lega perpetua contra il Turcho comun inimico della Christianità«); ÖNB, Cod. 8949, fol. 250v, Venedig, 08. Juni 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 66v, Venedig, 11. Juni 1571; ebd., fol. 69v, Venedig, 05. Juni 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 03. Juni 1571, fol. 1r.

78

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Bezwinger der Osmanen imaginierten.209 Die symbolischen Parallelen dieser Festakte zur Verkündigung der ›Heiligen Liga‹ mit jenen nach Lepanto sind offensichtlich: Gerade durch das Aufgreifen einer liturgischen Festrhetorik und symbolischen Grammatik, die anlässlich des Liga-Schlusses zelebriert wurde, vermochte sich die venezianische Serenissima nach der Seeschlacht als eine Herrschaft zu inszenieren, der durch Lepanto ein Akt göttlicher Gnade entgegengebracht wurde.210 Damit wurde das Ereignis als göttlicher und venezianischer Sieg inszeniert: Der Löwe war durch Gottes Hand bei Lepanto gelenkt worden.211 Entsprechend ließ die Obrigkeit auch das Eingangsportal zum Arsenal neu gestalten: Fortan memorierte die Heilige Justina – an ihrem Tag im venezianschen Festkalender war Lepanto ausgefochten worden – den Ort, an dem die siegreichen Galeeren Venedigs produziert worden waren. Ebenso memorierten alljährliche Prozessionen die Schlacht an deren Jahrestag als dezidiert venezianischen Sieg.212 209 Ebd.; Anonym: IL BELLISSIMO ET SONTVOSO TRIONFO fatto nella Magnifica Città di Venetia nella publicatione della Lega; Con tutti i particolari degni, che in simile negotio sono occorsi. Et Appresso alcuni auisi di Famagosta & di Candia. Brescia 1571. (BL, 1071.g.7.(9.)); MCCV, Gabinetto dei Disegni e delle Stampe, Vol. St. E 9 bis; ÖNB, Cod. 8949, fol. 257r, Venedig, 22. Juni 1571; ebd., fol. 260v–262r, Venedig, 06. Juli 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 74v, Venedig, 01. Juli 1571; ebd., fol. 84r, Venedig, 02. Juli 1571; ebd., fol. 83v, Venedig, 04. Juli 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 07. Juli 1571, fol. 3r; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 74v, venezianische Avvisi, 07. Juli 1571; AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Venezia, m. 1, fasc. 6, Gioseffo Parpaglia, 07. Juli 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 177r, Cosimo Bartoli an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 04. Juli 1571; ebd., fol. 179v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 07. Juli 1571. 210 Noch im September fanden Prozessionen für einen »Sieg gegen Ungläubige« statt. Entsprechend waren religiöse Hymnen erschienen, in denen der militärische Entsatz gegen die Osmanen als Dienst für Jesu Christi dargestellt wurde. ASMa, Archivio Gonzaga, 1504, fasc. II(4), fol. 916v: »vittoria contra Jnfideli«; Giovanni F. Deciano: IO. FRANCISCI DECIANI IVRIS VTR. DOCTORIS, PSALMVS. Ad implorandum diuinum auxilium in Bello CLAVDIIQ. COR. FRANGIPANIS AD DEVM OPT. MAX. HYMNVS. Venedig 1570. (AL, Turcica VI. 100./15860). 211 Dieses Bildmotiv findet sich auf zeitgenössischen Drucken: Iain Fenlon: Old Testament Motets for the War of Cyprus (1570–71). In: »Recevez ce mien petit labeur«. Studies in Renaissance Music in Honour of Ignace Bossuyt. Hg. v. Mark Delaere u. Pieter Bergé. Leuven 2008, S. 74; ders.: Ceremonial City, S. 175–191. 212 Ralph Lieberman: Real Architecture, Imaginary History. The Arsenal Gate as Venetian Mythology. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 54 (1991), S. 117–126; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40r (159-1-1); ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, 19. Oktober 1571; Edward Muir: Civic Ritual in Renaissance Venice. Princeton 1981, S. 214; Iain Fenlon: The Memoralization of Lepanto in Music, Liturgy, and Art. In: Celebrazione e autocritica. La Serenissima e la ricerca dell’identità veneziana nel tardo Cinquecento. Hg. v. Benjamin Paul. (Venetiana, Bd. 14). Venedig 2014, S. 61–78. In diesem Zusammenhang ist auch die Einweihung der Befestigungsstadt Palmanova zum Jahrestag der Schlacht (1593) zu bedenken: Deborah Howard: Power and Practicality at Palmanova. The Role of Marc’An-

Ein Sieg, viele Herrschaften

79

Daher ließ die Serenissima Lepanto auch im Stato da Mar (Zadar)213 und in Terraferma-Gebieten feiern. Anlässlich der Siegesnachricht sind von deren Rettonio Barbaro. In: Celebrazione e autocritica. La Serenissima e la ricerca dell’identità veneziana nel tardo Cinquecento. Hg. v. Benjamin Paul. (Venetiana, Bd. 14). Venedig 2014, S. 107–121, hier S. 113; Deborah Howard: Venice Disputed. Marc’Antonio Barbaro and Venetian Architecture,1550–1600. New Haven/ London 2011, S. 193–207. 213 Onofrio Giustinianis Galeere war bereits am 16. Oktober in Zadar mit der Siegesnachricht eingetroffen, die der Provveditore generale von Dalmatien in der Stadthalle Zadars sogleich dem Burgkommandeur von Zemunik Donji als Abschrift aushändigte. Zeitgenössische Avvisi berichten, dass anschließend viele Artillerieschüsse als Zeichen der Freude abgefeuert wurden und einige turchi nach Zadar gekommen seien, um den Grund dafür zu erfahren. Eine ihrer Anführer sei daraufhin vorgelassen und von Lepanto berichtet worden. Auf die Schilderung von der Einnahme zahlreicher osmanischer Galeeren habe sich dieser verbeugt und geantwortet, dass der Sulta¯n viele weitere Galeeren besitze. Praga: Dalmatia, S. 175, 179; ˙ ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3736, fol. 692r, Girolamo da Correggio an Ferdinando I. de’ Medici, Ancona, 27. Oktober 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 23. Oktober 1571, an die Provveditori generali in Dalmatien und Albanien (Kotor). Dass die Nachricht vom Ereignis Lepanto in Zadar hohe Wellen schlug, belegt die lyrische Verarbeitung des Zadarer Dichters Sime Budnici. Er dichtete, dass sich der Sulta¯n den Bart herausreiße, nachdem er von der os˙ manischen Niederlage bei Lepanto gehört habe. Dieses Bild war offensichtlich für eine ambivalente Einschätzung des Ereignisses geeignet, denn der Bart, so ist weiter bei Budnici zu lesen, wuchs später dichter nach. Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 150. Venedig ließ nach Lepanto Sicherheitsberichte zu Dalmatien und Albanien im Allgemeinen sowie zu Split und Bar im Besonderen übersenden. ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 23. Oktober 1571, an die Provveditori generali in Dalmatien und Albanien (Kotor), fol. 1v f.; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, 30. Oktober 1571. Zu Giulio Savorgnano als venezianischen Statthalter von Dalmatien und seiner in militärischen Diensten geehrten Familie siehe Christopher Duffy: Siege Warfare. The Fortress in the Early Modern World. 1494–1660. London 1997 [1979], S. 38; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Giovanni Soranzo, venezianischer Botschafter in Rom, 31. Oktober 1571. Venedig beabsichtigte, auch Ragusa zu ersuchen, sich an den Kosten im Kampf gegen die Osmanen zu beteiligen. Ragusa habe dabei nichts zu befürchten, da die osmanische Flotte bei Lepanto großteils zerstört oder erbeutet worden sei. Von dort erhielt der Consiglio di dieci wenig später die Nachricht, dass im osmanischen Herceg Novi – einer an der Adriaküste Montenegros liegenden Stadt – die Pest grassiere, weshalb Venedig den Bewohnern von Ragusa und Kotor den Handel mit den in Herceg Novi lebenden Osmanen untersagte. Zugleich hoffte Venedig, dass Kotor Herceg Novi einnehmen und die dort sicherlich in großer Menge lagernde Munition erbeuten könne; falls nicht, so sollte doch zumindest für deren Niederbrennung gesorgt werden, sodass die Osmanen nicht weiter über sie verfügen könnten. Im Gegenzug bot Venedig an, die militärische Aktion unter der Führung Kotors durch einen genuesischen Spion in venezianischen Diensten namens Zuan Maria Renzo sowie durch den venezianischen General Zorzi zu unterstützen, der sich im Gefolge Veniers in der Nähe Korfus befand. Die Überlegungen rührten nicht von ungefähr, denn kurz zuvor war der venezianische Consiglio di dieci aus Kotor informiert worden, dass Herceg Novi leicht einzunehmen sei. In Venedig war das Szenario also bereits durchgespielt und über den Winter auch alle Vorbereitungen getroffen: Herceg Novi sollte im Frühjahr 1572 fallen und als Ausgangspunkt für weitere Eroberungen an der montenegrinischen und albanischen Adriaküste dienen. Im Mai 1572 begann dann die Belagerung, die jedoch nach knapp einem Monat erfolglos abgebrochen wurde. Zeitgenossen urteilten, dass die Truppenanzahl zu

80

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

tori auch die Abgabe enormer Summen zum Kampf gegen die Osmanen eingefordert worden. Denn der Seesieg stelle laut Collegio eine einmalige Gelegenheit für die venezianische Signoria, die Terraferma und die gesamte Christenheit dar.214 In der Terraferma ist Lepanto daher in unzähligen Gottesdiensten, Prozessionen, Festakten und zum Teil in lokalen Dialekten verfassten Drucken sowie in architektonischen Ehrkonstruktionen und Gemälden gefeiert worden.215 Doch gering für das Vorhaben war. Der Spion Zuan Maria Renzo aus Genua befand sich an Bord der Flotte der ›Heiligen Liga‹. ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, nach Ragusa, 01. Dezember 1571; ebd., zwei Schreiben nach Kotor, 01. Dezember 1571; ebd., an Sebastiano Venier, 19. November 1571, mit beiliegendem Schreiben des »Machio Soffich Ambassator di Catharo« (ebd., fol. 1r); ebd., die venezianischen Eroberungspläne Herceg Novis betreffend, 19. und 20. Dezember 1571. Martinengo leitete 1.000 Soldaten und erhielt dafür zum Jahresanfang 1572 ein Jahresgehalt von 1.200 Dukaten zugesprochen. Ebd., Sarra Martinengo betreffend, 04. Januar 1571 m. v. [1572]. Eine Auflistung der Galeerenladung Martinengos (Kanonen, Artilleristen, Munition u. a.) beinhaltet ebd., 16. Januar 1571 m. v. [1572]; Johannes Löwenklau: Neuwe Chronica Tu[e]rckischer nation von Tu[e]rcken selbs beschrieben […]. Frankfurt a. M. 1590. (BSB, 4 Turc. 109 l), S. 78; Sergio Anselmi: Motivazioni economiche della neutralità di Ragusa nel Cinquecento. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 33–70. 214 Es bestanden variierende Geldforderungen an die folgenden Städte: Bassano del Grappa (1.800 Dukaten), Belluno (4.590 Dukaten), Bergamo (10.000 Dukaten), Brescia (70.000 Dukaten), Cividale del Friuli (1.060 Dukaten und 21 grossi), Cologna Veneta (3.000 Dukaten), Conegliano (1.831 Dukaten und 21 grossi), Crema (7.800 Dukaten), Feltre (3.900 Dukaten), Legnago (656 Dukaten und 14 grossi) und Porto (183 Dukaten und 9 grossi), Pordenone (600 Dukaten), Padua (15.000 Dukaten), Salò (6.300 Dukaten), »Tadena«(?) (15.439 Dukaten und 3 grossi), Treviso (28.686 Dukaten 19 grossi; die Summe enthält San Polo di Piave, Mel, Lentiai sowie Cordignano mit 89 Dukaten und 10 grossi, 255 Dukaten, 255 Dukaten sowie 291 Dukaten und 20 grossi), Verona (35.000 Dukaten), und Vicenza (24.000 Dukaten). ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 10. und 11. November 1571, Briefe an die Rettori veneti di Terraferma, basierend auf einem Senatsbeschluss vom 09. November 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 277r, Venedig, 02. November 1571; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40r f., LepantoBeschluss vom 19. Oktober 1571. Die Adressaten werden hier lediglich als »tutti li Rettori di terra ferma« bezeichnet. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Empfänger der Siegesnachricht identisch mit jenen Empfänger der Schreiben vom 10. und 11. November 1571 gewesen sind. In diesen wurden die jährlichen finanziellen Kontributionen zur ›Heiligen Liga‹ mit dem nochmaligen Verweis auf den Seesieg bei Lepanto eingefordert. ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 10. und 11. November 1571, Briefe an die Rettori veneti di Terraferma, basierend auf einem Senatsbeschluss vom 09. November 1571. Diese sind nach Bassano del Grappa, Belluno, Bergamo, Cividale del Friuli, Cologna Veneta, Conegliano, Crema, Feltre, Legnago und Porto, Pordenone, Padua, Salò, »Tadena«(?), Treviso (ursprünglich auch separat aufgelistet: San Polo di Piave, Mel, Lentiai, Cordignano), Verona und Vicenza versandt worden. Siehe auch ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 168v f., 19. Oktober 1571. Zur Lepanto-Memoria in Udine siehe HL, EL 9 H 13, Nr. 25. 215 Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 5v; Anonym: IL FELICISSIMO SVCCESSO DELLA GIORNATA fatta dall’Armata Christiana contra l’Armata Turchesca; […]. Brescia 1571. (AL, Turcica VII.109/15869); Anonym: COMPOSITIONI DI DIVERSE SOPRA LA VITTORIA DE L’ARmata del Turcho cioe Stanze, Sonetti sopra, uarii suggetti in tal matteria. Et Vn sonetto in lingua Bergamascha ridichuloso tutte cose non piu

Ein Sieg, viele Herrschaften

81

nicht alle Rettori kamen den Geldforderungen so vorbildlich nach, wie beispielsweise Padua,216 was ein von Bürgern Cremas aufgesetztes Schreiben belegt, die die Abgabe der 7.800 Dukaten verweigerten. Der Consiglio di dieci beauftragte daraufhin den erst im August ernannten Podestà und Capitano Marco Cornaro, jene Kleriker vorzuladen, die eine »solch unüberlegte und skandalöse Aktion« befürworteten. Ihnen sollte er das Verbot der Sakramentsspendung androhen, sollten sie nicht von ihrer Position abrücken. Insofern Crema anderen Städten ein »furchtbares Beispiel« sein könnte, verlangte Venedig Stillschweigen über den Vorfall und Cornaro hatte so viel Geld wie möglich einzutreiben.217 Zwar sind die genauen Hintergründe nicht dokumentiert, die zu Cremas Widerwillen führten, sie dürften aber darin zu suchen sein, dass Venedig erst kurz vor dem Eintreffen der Siegesnachricht beschlossen hatte, die Gehälter aller sich in Ämtern befindlichen Adligen und Offizialen für sechs Monate einzubehalten.218 Amtsträger konnten also durch ihre Reaktionen auf den Seesieg herrschaftliche stampate. O. O.[Venedig] O. J. [1571?] (AL, Turcica VI.91/15850; BL, 1071.g.7.(93)); Anonym: CANZONE OVERO BARZELLETTA SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA CONTRA LA TVRCHESCA. In Lingua Forlana. Venedig 1571. (BL, 11426.d.15; BAless, N. C. 185.7). Zur Architektur vgl. die ›Loggia del Capitaniato‹ in Vicenza. Iain Fenlon: In Destructione Turcharum. The Victory of Lepanto in Sixteenth-Century Music and Letters. In: Andrea Gabrieli e il suo tempo. Atti del convegno internazionale (Venezia 16–18 Settembre 1985). Hg. v. Francesca Degrada. (Studi di musica veneta, Bd. 11). Florenz 1987, S. 293–317, hier S. 296. In Padua memorierte ein großformatiges, allegorisches Gemälde die ›Heilige Liga‹, das nicht grundlos im Palazzo del Podestà angebracht wurde. Den Bund zwischen König und Dogen als vom Papst im Beisein von örtlichen Amtsträgern, Liga-Helden und vor einem übermächtigen Kreuz gestiftet darstellend, wird hier der Kampfeinsatz als Herrschaftsakt glorifiziert. Wolfgang Wolters: Der Bilderschmuck des Dogenpalastes. Untersuchungen zur Selbstdarstellung der Republik Venedig im 16. Jahrhundert. Wiesbaden 1983, S. 215. 216 Padua stellte 15.000 Dukaten. Der dafür Entsandten wurde daraufhin zum Ritter geschlagen. ÖNB, Cod. 8949, fol. 277r, Venedig, 02. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3090, fol. 12r, Cosimo Bartoli, Venedig, 03. November 1571. 217 ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Marco Cornaro, Podestà und Capitano von Crema, 28. November 1571 und 29. November 1571, fol. 1r f.: »cosi imprudente et scandalosa operatione«; »cosa scandalosissima«; »formidabile essempio«. Zu Cornaro siehe Giovanni Solera (Hg.): Storia di Crema raccolta per Alemanio Fino dagli annali di m. Pietro Terni. Bd. 2. Crema 1845, S. 103. Die harsche Vorgehensweise Venedigs scheint aber auch innerhalb des Consiglio di dieci nicht unumstritten gewesen zu sein. In einem ersten Wahlgang standen acht Zustimmungen sechs Ablehnungen gegenüber. Damit musste über den Entwurf in einer weiteren Wahl entschieden werden, da für einen positiven Bescheid die Pro-Stimmen die Summe der Enthaltungen und Ablehnungen übersteigen mussten. In einem zweiten Wahlgang wurde das Schreiben schließlich mit acht Zustimmungen und drei Ablehnungen verabschiedet. Zu dieser Regel siehe Benjamin Ravid: The Socioeconomic Background of the Expulsion and Readmission of the Venetian Jews, 1571–1573. In: Essays in Modern Jewish History. A Tribute to Ben Halpern. Hg. v. Frances Mailno u. Phyllis Cohen Albert. Rutherfod u. a. 1982, S. 29. 218 Dies galt ebenso für die Terraferma-Gebiete: ÖNB, Cod. 8949, fol. 273v, Venedig, 26. Oktober 1571.

82

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Relationen verhandeln, gerade weil Venedig Lepanto als Sieg der Herrschaft verstanden und zelebriert wissen wollte. Entsprechend bewusst erlaubte die Obrigkeit ihren Untertanen ausgiebige Lepanto-Festivitäten (fest[e] priuat[e]).219 Zahlreiche Maskenbälle sowie spontane Siegesfeste und Triumphzüge (alla antica) sind von nachbarschaftlichen Festgruppen organisiert worden.220 Noch am 26. Dezember 1571 führten Venezianer dem Dogen ein Heiligenspiel auf, in dem David auftrat, was Lepanto als biblischen Sieg Venedigs gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner imaginierte.221 Auch die Botschafter veranstalteten in ihren Residenzen ausgiebige Festakte mit Feuerwerken und Banketten.222 Ein im Umfeld des toskanischen Diplomaten tätiger Beobachter beschrieb die venezianischen Festivitäten und »universelle Freude« anhand eines Vergleiches: Es sei so, als befände er sich »in einem allerglücklichsten Karneval«.223 Daher ist es kaum verwunderlich, dass die Fastnachtsfeste 1572 Lepanto als Motiv aufgriffen, während der es zur quasiprozessionalen Diffamierung von Osmanen und als solcher verkleideter Vene219 Ebd., fol. 277r, Venedig, 02. November 1571; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 8r. 220 Siegesfeste fanden bspw. in Cannaregio und bei der Kirche Madonna della Formosa statt. Aber auch im Rialto-Viertel versammelten sich einige Venezianer, die einen gran trionfo in antikisierendem Stil darboten. Zu diesem nutzten sie osmanische Beutestücke sowie ligistische Standarten und Rüstungen, die aus der Seeschlacht von Lepanto nach Venedig gebracht worden waren. Mithilfe dieser Utensilien sollte ihr Triumphzug jenen gleichen, die Publius Cornelius Scipio Africanus, Gnaeus Pompeius Magnus und Gaius Iulius Caesar feierten. Die Auswahl der in den Quellen angeführten antiken Namen spricht bereits Bände: Insofern sich die Personen vor allem in den Punischen und Mithridatischen Kriegen sowie im Kampf in Gallien und in der Konsolidierung Roms Verdient gemacht hatten, stehen sie stellvertretend für den Sieg einer geeinten und stabilen ›Heiligen Liga‹ gegen als ›Heiden‹ imaginierte ›Feinde‹ im südlichen und östlichen Mittelmeerraum. Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 6r, 7v; ÖNB, Cod. 8949, fol. 278v, Venedig, 09. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 325v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 03. November 1571. 221 Zudem erschienen der Heiligen Petrus, Jakob und Markus, die das Papsttum, die spanische Monarchie und die Republik Venedig repräsentierten. Ein Engelschor besang den Sieg als göttliches Zeichen. Die Heilige Justina trat als venezianische Namensheilige des 07. Oktobers und heilige Mutter sowie Amme der Herrschaft Venedigs in Erscheinung. Gabriel lobte den Sieg als Sieg Jesu Christo und forderte – die Zuschauer – zum Gesang als gegenüber Gott ausgedrückten Dank für den Sieg auf. Celio Magno: TRIONFO DI CHRISTO PER LA VITTORIA CONTRA TVRCHI RAPPRESENTATO AL SERENISS. PRENCIPE DI VENETIA IL DI DI SAN STEFANO. Venedig 1571. (AL, Turcica IX.139/15909). 222 ÖNB, Cod. 8949, fol. 278v, Venedig, 09. November 1571. 223 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 326r, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 03. November 1571: »Talche si puo dire, che noi siamo i[n] vn felicissimo carneuale, tanti suonj, feste, balli Maschere, et fuochj sono p[er] tutta la Terra, co[n] allegrezza vniuersale, se ben la carestia è assai gagliarda, rispetto al no[n] correr danari p[er] no[n] si far faccendo; et oltre alle feste, la stagione e gita, et ua cosi temperata che ci ritrouiamo hauer Rosi, si come di Maggio, con susine assai ben grosse«.

Ein Sieg, viele Herrschaften

83

zianer kam. Dabei fand die Logik der ›verkehrten Welt‹ auf die Türkengefahr Anwendung: im Rollentausch entpuppten sich die Verkleideten als langjährig zu Unrecht besiegte Venezianer, die nun die Welt durch Lepanto – als Triumph Jesu Christi und Venedigs imaginiert – wieder in die rechte, heilstheologische Ordnung gesetzt hätten.224 Gleichfalls feierten die deutschen Kaufleute seit dem 29. Oktober Lepanto drei Tage und Nächte lang in ihrem geschmückten Fondaco.225 Ab 11. November organisierten die venezianischen Tuchhändler und Goldschmiede mit Genehmigung des Senats vergleichbare Feste auf der geschmückten Rialto-Brücke. Läden stellten ihre Produkte neben Gemälden und Lepanto-Beutestücken aus. Gottesdienste und Prozessionen fanden vor San Giacomo di Rialto statt, Triumphbögen waren errichtet und Festwagen aufgeführt worden, die Venedig als Sieger über verspottete Osmanen glorifizierten. Bis in die Nacht hinein versammelten sich Menschen zum Ball.226 Vergleichbare Festivitäten veranstalteten schließlich auch die in Venedig tätigen toskanischen 224 Anonym: ORDINE, ET DECHIARATIONE DI TVTTA LA MASCHERATA, Fatta nella Città di Venetia la Domenica di Carneuale. M. D. LXXI. Per la Gloriosa Vittoria contra Turchi. Venedig 1572. (BL, 1071.g.7.(14.)); David D. Bryant: Liturgy, Ceremonial and Sacred Music in Venice at the Time of the Counter-Reformation. PhD thesis, King’s College, University of London. London 1981, S. 48; Fenlon: Ceremonial City, S. 186f. Die Figur des turco war bereits vor Lepanto ein zentraler Bestandteil venezianischer Karnevalsszenerien und wurde als solche nach Lepanto weiter stilisiert. Vgl. etwa il volo del turco oder Frederick von Falckenborchs ›Karneval in Venedig‹, Kunstsammlung des Stiftes Kremsmünster; MCCV, P.D. 8114; Eugene J. Johnson: Jacopo Sansovino, Giacomo Torelli, and the Theatricality of the Piazzetta in Venice. In: Journal of the Society of Architectural Historians 59 (2000), H. 4, S. 439f., 450; Margret A. Katritzky: The Art of Commedia. A Study in the Commedia dell’Arte 1560–1620 with Special Reference to the Visual Records. (Internationale Forschungen zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, Bd. 100). Amsterdam/ New York 2006, S. 150; Ernst R. Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. 8. Aufl. München 1973, S. 104–108, Peter Burke: Karneval in Venedig. In: Ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 146–154; Birgit Weichmann: Fliegende Türken, geköpfte Stiere und die Kraft des Herkules. Zur Geschichte des venezianischen Karnevals. In: Fastnacht – Karneval im europäischen Vergleich. Hg. v. Michael Matheus. (Mainzer Vorträge, Bd. 3). Stuttgart 1999, S. 175–198. 225 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 323r, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 27. Oktober 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 6r; ÖNB, Cod. 8949, fol. 277r, Venedig, 02. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 325v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 03. November 1571; Valiero: DELL’UTILITÀ. (SBB, Rp4048), S. 378. 226 Anonym: IL VERO E, MIRABILISSIMO APPARATO OVER CONCIERO con il glorioso trionfo Nell’inclita Città di Venetia, IN RIVOALTO CELEBRATO, PER I degnissimi, e integerrimi Merchanti Drapieri, in essaltatione de la Santa Fede con cerimonie Sante per la gloriosa, Vitoria auuta Contra lo in’humanissimo Selim imperator di Turchi. O. O. [Venedig] O. J. (BL, 1071.g.7.(87); AL, Turcica XIV.206/15997); Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 6r ff.; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 148r f., Venedig, 12. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 338r f., Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 09. November 1571; Valiero: DELL’UTILITÀ. (SBB, Rp4048), S. 378.

84

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Seidenhändler (aufgrund ihrer Gottesdienste, Feste und vorgenommenen Ausschmückungen, so schrieb es ein Zeitgenosse, habe Rialto einem irdischen Paradies geglichen), Juweliere, Kurzwaren- und Weinhändler.227 Gerade weil die Festivitäten der Signoria Lepanto als Ereignis der Herrschaft, nämlich als Sieg Venedigs, inszenierten, vermochten sich also Untertanen anlässlich Lepantos in Relation zu ihrer Herrschaft zu präsentieren.228 Eine solche Feststellung ist auch zu Spanien zu treffen. Als Philipp II. am 31. Oktober aus Venedig und Genua über den Seesieg informiert worden war, hatte er den venezianischen Botschafter die Schreiben des Dogen und des spanischen Botschafters von Venedig verlesen lassen und begegnete ihm mit einer gesungenen Lobpreisung Mariä für die Geburt Jesu Christi (Lukas, 1,46–55). Im Beisein des Hofes ließ der König sogleich einen Dankgottesdienst mit ›Te Deum laudamus‹ zelebrieren.229 Der Venezianer erhielt Audienzen bei Philipps Gemahlin Anna von Österreich sowie dessen Schwester Juana de Austria, um deren Vater und Sohn (den Kaiser des Reichs und König von Portugal) zu einem LigaBeitritt zu bewegen. Noch im Laufe des Abends hatte Philipp II. in den Straßen verkünden lassen, dass die Bewohner zu der am darauffolgenden Morgen – zu Allerheiligen (01. November) – stattfindenden Prozession zu erscheinen hatten. Zeitgleich sind die Gassen mit Fackeln, Lichtzügen und Feuerwerken erleuchtet worden.230 Tags darauf führte diese Dankprozession im Beisein Philipps II., des Hofstaates und der in Madrid residierenden, auswärtigen Botschafter zum Konvent des Heiligen Philipps, wo der römische Kardinal Michele Bonèlli die 227 Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 8r; ÖNB, Cod. 8949, fol. 278v, Venedig, 09. November 1571; ebd., fol. 285v, Venedig, 30. November 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 148r f., Venedig, 12. November 1571; Rafaello Toscano: LE FESTE ET TRIONFI DE LI HONORATI Mercanti della seta, CON IL SVPERBO apparato fatto in Rialto nuouo. PER L’ALLEGREZza della Vittoria, ottenuta contra Turchi. Quest’anno. M. D. LXXI. a di .7. D’ottobrio. O. O. [Venedig] 1571. (BL, 1071.g.7.(12.)); Toscano: FESTE ET TRIONFI. (AL, Turcica XIII.191/15982). 228 Hierzu auch Schilling: Osmanische ›Bedrohung‹. 229 ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 31. Oktober/ 07. November 1571, fol. 1r; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 103, Alvise Mocenigo I. an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., doc. 103 und 104, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571; BNE, MS 783, fol. 92r–93v, Juan Luis de Alçamora an Juan de Austria, Madrid, 11. November 1571. Einführend, doch verkürzend, zu spanischen Lepanto-Festen: Rosemarie Mulcahy: Celebrar o no celebrar: Felipe II y las representaciones de la Batalla de Lepanto. In: Reales Sitios 43 (2006), N. 168, S. 2–15; Michele Olivari: Los discursos festivos en Barcelona tras la Batalla de Lepanto. Alcance e implicaciones de un gran acontecimiento sentimental. In: Historia social Nr. 74 (2012), S. 145–166. 230 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 2v, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571; BNE, MS 783, fol. 92r– 93v, Juan Luis de Alçamora an Juan de Austria, Madrid, 11. November 1571.

Ein Sieg, viele Herrschaften

85

Messe zelebrierte. Daraufhin setzte sich die Generalprozession zur zentralen Marienkirche Madrids in Gang. Beobachtern zufolge zelebrierte Philipp II. Lepanto als einen von Gott der Monarchie verliehenen Sieg, den er auch als solche in seiner gesamten Herrschaft gefeiert wissen wollte:231 Dankgottesdienste, Prozessionen, Festumzüge, Maskeraden, Lanzenstechen und Turniere sind für Barcelona, Sevilla, Toledo und Valencia belegt, wo die Kleriker und Stadträte so einerseits Lepanto als Sieg der spanischen Monarchie memorierten und andererseits sich selbst als ergebene Untertanen eines glorreichen Königs stilisierten. Philipp II. wurde etwa in einer in Barcelona gehaltenen Predigt als unbesiegbarer, christlicher Herrscher gepriesen.232 In diesen Festakten war Lepanto zwar als einmaliger Sieg der »Christenheit« (christiandat) gefeiert, aber zugleich mit lokalen Traditionen der Obrigkeitsstilisierung, Geschichte und Frömmigkeit in Beziehung gesetzt worden.233 So war Lepanto in Barcelona mit dem lokalen 231 AVM, Actas 19 [Microfilm 396/87], fol. 29r ff., 172v-189v; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 2v, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571; ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 31. Oktober/ 07. November 1571, fol. 1r f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 286r, Rom, 01. Dezember 1571; BNE, MS 783, fol. 92r–93v, Juan Luis de Alçamora an Juan de Austria, Madrid, 11. November 1571; Georg Khevenhüller-Metsch (Hg.): Hans Khevenhüller an Kaiser Maximilian II. 1571–1574. Die geheime Korrespondenz des Kaiserlichen Botschafters am Königlich Spanischen Hof. 1. Band, 1. Teil. O. O. O. J. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 12v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 07. November 1571 [ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 15r– 17v]; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Spagna, b. 10, Giacomo Ferrari an Alfonso II. d’Este, Madrid, 05. November 1571, fol. 1r. Capotorti: Lepanto tra storia e mito, S. 35–42 und Mulcahy: Celebrar o no celebrar vernachlässigen die umfangreiche archivalische Dokumentation und gehen daher zu Unrecht von einer »moderata euforia di Filippo II« aus. Zur Anordnung von Lepanto-Festivitäten in sämtlichen spanischen Städten siehe ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 219v, venezianische Avvisi aus Rom (28. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz gesandt. 232 Francisco Martínez y Martínez: Fiestas en Valencia con motivo de la victoria de Lepanto. In: Estudios eruditos in memoriam de Adolfo Bonilla y San Martín (1875–1926). Mit einem Vorwort v. Jacinto Benavente. Hg. v. d. Facultad de Filosofía y Letras de la Universidad Central. Bd. 2. Madrid 1930, S. 163–175; Olivari: Los discursos festivos en Barcelona; José J. García Bernal: Velas y estandartes. Imágenes festivas de la Batalla de Lepanto. In: Revista científica de información y comunicación 99 (2007), H. 4, S. 178–217; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 73, Juan Gomez de Silva an Diego Guzmán de Silva, Toledo, 25. November 1571; Francisco Ribas: SVMA DE DOS SERMONES HECHOS POR EL MVY REdo. PADRE FRAY FRANCISCO RIBAS, De la Horden de los minimos de S. Franco. de Paula, El vno en la diputacio[n] de Barcelona, bispera de todos Santos, deste año de 1571. Da[n]do gracias a Dios, por la vitoria q[ue] nuestro Señor dio al Inuitissimo Señor Don IOAN Daustria, Contra el gran Turco. Y el otro hecho enel Asseu, dela dicha Ciudad, En las honras que los Señores Consejeros hizieron, por los Caualleros, hidalgos, y Soldados, que en la dicha jornada, murieron. Barcelona 1571. (BC, F.Bon. 2375), fol. 4v. 233 AHCB, Deliberacions, 1B. II-80, fol. 100r f., Barcelona, 31. Oktober 1571 (Zitat ebd., fol. 100r); AHCB, Deliberacions, 1B. II-80, fol. 100r, Barcelona, 31. Oktober 1571; Frederich Schwartz y

86

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Feiertag des festa col Angel verbunden und die auf dem Kirchturm in Sevilla zu Ehren des Seesieges angebrachten Fackeln sowie die dort geläuteten Glocken erinnerten zugleich daran, dass der Turm noch wenige Jahre zuvor als Minarett fungierte.234 Dadurch und mit der von moriscos sowie vormalig muslimischen Sklaven verfassten Lepanto-Panegyrik erhielt die Schlacht ihren Ereignischarakter in einer Zeit der gerade erst überwundenen, muslimischen Aufstände in den Alpujarras darüber zugesprochen, dass sie als Sieg in einer Ereigniskette gefeiert und memoriert wurde, in der die spanischen Monarchen als christliche Herrscher und Sieger über ›Ungläubige‹ imaginiert wurden.235 Damit ist Lepanto als spanisch-monarchischer Sieg zelebriert worden. Doch nicht allein dort, sondern auch in den spanischen Herrschaftsgebieten auf der Italienischen Halbinsel:236 In Mailand ließ der Statthalter Álvaro de Sande durch den Erzbischof, Kardinal Carlo Borromeo, Dankgebete in sämtlichen Kirchen zelebrieren, eine Prozession und Almosenabgaben durchführen. Vor der Residenz des venezianischen Diplomaten versammelten sich die Menschenmassen und am 28. Oktober waren Artilleriesalven vom Castello und Freudenfeuer entzündet worden. Im November fand ein großes Turnier zu Ehren des Seesieges statt und Häftlinge, die nicht der Häresie angeklagt waren, erhielten Luna/ Francesch Carreras y Candi (Hg.): Manual de Novells Ardits volgarment apellat Dietari del Antich Consell Barceloní. Bd. 5. Barcelona 1896, S. 122f. (basierend auf AHCB, Dietari, 19); RAH, 9/4247 (nº 139), fol. 1r, Barcelona, 31. Oktober 1571 (am 21. April 1804 angefertigte Abschrift Juan Sans y de Barutells der Dietari); Ribas: SVMA DE DOS SERMONES (BC, F.Bon. 2375), fol. 3r–11r; Pedro de Oviedo: RELACION DE LAS SVMPTVOSAS y ricas fiestas, que la insigne ciudad de Seuilla hizo, por el felice nascimie[n]to del principe nuestro señor. Y por el vencimiento de la batalla naual, contra el armada del Turco. Sevilla 1572 (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439), fol. 2v. 234 Schwartz y Luna/ Carreras y Candi: Dietari, S. 122f.; RAH, 9/4247 (nº 139), fol. 1r, Barcelona, 31. Oktober 1571 (am 21. April 1804 angefertigte Abschrift Juan Sans y de Barutells der Dietari). Zu den Lepanto-Festivitäten in Sevilla liegt eine reichhaltige archivalische Dokumentation vor, die ich in einer unpublizierten Fallstudie detailliert ausgewertet habe. Vgl. u. a. ACS, Secretaria, Actas Capitulares (Autos Capitulares), L.31; Oviedo: RELACION. (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439); AMS, Sec. X. Actas Capitulares, H-1534, fol. 336v–339v, 04. November 1571; Amy G. Remensnyder: The Colonization of Sacred Architecture. The Virgin Mary, Mosques, and Temples in Medieval Spain and Early Sixteenth-Century Mexico. In: Monks and Nuns, Saints and Outcasts. Hg. v. Sharon Farmer u. Barbara H. Rosenwein. Ithaca 2000, S. 189–219; García Bernal: Velas y estandartes. 235 Vgl. hierzu Elizabeth R. Wright: Narrating the Ineffable Lepanto. The Austrias Carmen of Joannes Latinus (Juan Latino). In: Hispanic Review 77 (2009), H. 1, S. 71–91; dies./ Spence/ Lemons: Battle of Lepanto, S. 228–405 (Edition und Übersetzung von Juan Latinos ›Austrias Carmen‹). 236 Zur politischen Formierung des ›spanischen Italiens‹ nach dem Frieden von CateauCambrésis (1559) siehe Thomas J. Dandelet/ John A. Marino (Hg.): Spain in Italy. Politics, Society, and Religion. 1500–1700. (The Medieval and Early Modern Iberian World, Bd. 32). Leiden/ Boston 2007; Thomas J. Dandelet: Spanish Rome. 1500–1700. New Haven u. a. 2001; Bruno Anatra/ Aurelio Musi (Hg.): Nel sistema imperiale. L’Italia spagnola. Neapel u. a. 1994; Braudel: Méditerranée, S. 723–1088.

Ein Sieg, viele Herrschaften

87

Amnestie. Ebenso wurden Lepanto-Dankgebete statt der Karnevalsfestivitäten (1572) anberaumt.237 Schnell erschienen zudem Drucke über die Seeschlacht und der spanische Generalleutnant von Lepanto wirkte anschließend als neuer Statthalter in Mailand.238 In Neapel und Sizilien, wo die Liga-Galeeren bereits beim Auslaufen vor Lepanto mit Festivitäten geehrt worden waren,239 wurde ebenso der Seesieg gefeiert. Bei der Einfahrt Don Juans mit den Liga-Galeeren in Messina (01. November 1571) zog der Oberbefehlshaber in einer aufwendigen Prozession durch die Stadt und wurde in der Kirche Santa Maria di Gesù als »wahrer Ritter Christi«

237 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 98, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo I., Mailand, 22. Oktober 1571; ebd., Nr. 100, ders. an dens., Mailand, 28. Oktober 1571; ebd., Nr. 103, ders. an dens., Mailand, 14. November 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand; AGS, Estado, Milán, leg. 1232, doc. 56, Álvaro de Sande an Philipp II., Asti, 22. Oktober 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1507, doc. 62, römische Avvisi, 05. Januar 1572, fol. 1r [127r]. Keine Resultate ergab die Recherche in ASMi, Archivio Ducale, atti sovrani, dispacci reali, 22; ASMi, Atti di governo, potenze estere post 1535, 91; 190; 219; 220; ASMi, Carteggio delle Cancellerie dello stato, 285. 238 AGS, Estado, Milán, leg. 1235; Anonym: Auusi nuouamente venuti da Corfù, ne quali si contengono alcuni segno apparsi auanti la giornata nauale, il vero numero delle galere Turchesche prese, delle artiglierie, delli Schiaui, & d’altri bottini ricchi. E la diuisione de tutte le sudette cose, tra il Papa, il Re nostro Signore, & Venetiani, e cosi anco de i prigioni di co[n]to, & altre cose notabili e degni, non piu stampate. Mailand 1571. (AGS, Estado (EST), Sicilia, leg. 1134, doc. 168); José M. March: El Comendador Mayor de Castilla. Don Luis de Requeséns en el gobierno de Milán. 1571–1573. Estudio y narración documentada de fuentes inéditas. Madrid 1943. Dass die Nachfolgeentscheidung bereits vor dem Bekanntwerden der Seeschlacht getroffen worden war, zeigt ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 19. Oktober 1571, fol. 1v. Es dauerte nicht lange, bis auch in Mailand gedruckte Lepanto-Hymnen erschienen, die Requesens y Zúñiga ebenfalls als Lepanto-Helden glorifizierten. Bernardino Baldini: BERNARDINI BALDINI libellus de bello a Christianis cum Ottomanicis gesto. Mailand 1571. (AL, Turcica III.60/15819); Bernardino Baldini: BERNARDINI BALDINI LIBER DE BELLO OTTOMANICORVM APVD MANES GESTO. Mailand 1572. (AL, Turcica III.61/15820). 239 Zu Neapel siehe: Guido d’Agostino: Napoli al tempo di Filippo II. In: Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Hg. v. Archivio di Stato di Napoli. Neapel 1998, S. 34; Nocera: Lepanto, S. 61f.; Claretta: Ordine Mauriziano, S. 37ff.; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Napoli, b. 11, Fulvio Quistelli an Alfonso II. d’Este, Neapel, 16. August 1571, fol. 1r f. Zu Messina siehe: BM, Department of Prints and Drawings, 1947,0319.26.75; Maria Sirago: La flotta napoletana. In: Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Hg. v. Archivio di Stato di Napoli. Neapel 1998, S. 42; Lorenzo Pallavicino: LETTERA DI LORENZO PALLAVICINO, AD ANTONIO PALLAVICINO IN SARAGOZA. SOPRA LA VITTORIA DI DON GIOVAN’ D’AVSTRIA. Genua 1571. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18), S. 14; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 110, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 23. September 1571, fol. 2r [222r].

88

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

stilisiert.240 Im Anschluss an diesen Gottesdienst kehrte Don Juan auf die Galeere zurück, wo ihn der sizilianische Vizekönig und Presidente del Regno mitsamt der städtischen Amtsträger Messinas empfing, die bei sämtlichen Galeeren erschienen und vorsprachen. Es ist anzunehmen, dass während dieser Empfänge die Absprachen für den kommenden Tag getroffen wurden. An diesem legten die Galeeren dann erneut ab und fuhren anschließend ein weiteres Mal in den Hafen Messinas ein, wobei die Schiffe Beutestücke zur Schau stellten. Mit deren Ankunft im Hafen sind Artillerie- und Arkebusenschüsse abgefeuert worden. In Reaktion darauf ertönten von den bedeutendsten Burganlagen im Raum Messina Kanonenschüsse. Wie bereits am Vortag legten die Galeeren von Don Juan und Colonna an der Porta Reale an, wo die Befehlshaber dieses Mal jedoch vom örtlichen Klerus empfangen wurden, der sie in einer Prozession zur Kathedrale begleitete. In diesem zelebrierte der Erzbischof die Messe, in deren Anschluss das ›Te Deum laudamus‹ gesungen wurde. Daraufhin ging Don Juan in Begleitung »einer Unmenge von Signori und Cavallieri« zum Palazzo; überall am Straßenrand hätten die Zuschauer, so ist in einer zeitgenössischen Flugschrift zu lesen, in großer Freude »Sieg! Sieg!« gerufen. Die Gefeierten beschrieben diese Festivitäten Messinas in ihrer Korrespondenz als ein Ereignis, das nicht größer hätte veranstaltet werden können.241 240 Juan de Austria: LA COPIA DELLA LETTERA DEL Serenissimo Signor Don Gio. d’Austria. MANDATA PER IL SIG. Don Pietro Zapada suo Ambasciatore. ALL’ILLVSTRISS. & Eccellentiß. Sig. Doge di Vinegia. Di più vi è la vera relatione di tutto quello, ch’è seguito dalli dieci d’Ottobre per fino allo arriuo di Sua Altezza in Messina. Con la pompa, & fausto della sua felicissima entrata. Bologna 1571. (BNCR, 69.4.A.22). Zitat ebd., fol. 7r: »vero Caualiere di Christo«. Lattantio Arturo: PREDICA DELLA VITTORIA NAVALE CONTRA TVRCHI L’ANNO M. D. LXXI. IL SETTIMO D’OTTOBRE. ALLA PRESENTIA DEL SERENISsimo Don Giouanni d’Austria ritornato vittorioso in Meßina. DEL R. P. M. LATTANTIO ARTVRO di Cropani di Calabria dell’Ordine Min. Con. di S. Francesco Theologo ordinario nel Vescouado di Squillaci dell’Illustrissimo & Reuereodissimo Card. Sirleto. Neapel 1577. (AL, Turcica II.53/15812); BAV, Urb. lat. 1042, fol. 140v, Rom, 10. November 1571; ebd., fol. 142v ff., Messina, 02. November 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 65, »Il Conte di landriano« (Graf Albrecht von Lodron?) an Diego Guzmán de Silva, Messina, 05. November 1571, fol. 1r [124r]; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 113, fol. 1r [336r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 21. November 1571; Anonym: Volkom[m]ne/ warhaffte vnnd gründtliche beschreibung/ der Christlichen Armada außfart/ erlangten herrlichen Victori wider den Erbfeind Christlichen nammens/ alles deß nechst verschinen 71. Jars verloffen. In welcher kürtzlich zufinden/ alle particulariteten, vn[d] was zu[o] volkomner historischer warhafften beschreibung zuwissen. Dergleich hieuor niemalen im druck außgangen. Alles von ansehenlichen Beuelchsleüthen/ die selbsten mit vnd darbey geweßt/ beschriben/ vnd auß Italianischer inn Teutsche Sprachen verdolmetscht. Dillingen 1572. (OSK, Röpl. 289 = Röpl. 283 (7); SUSBA, 4 Gs 2359-149), fol. 22v; BSB, Cod. ital., 300. 241 De Austria: COPIA DELLA LETTERA. (BNCR, 69.4.A.22), fol. 7r f.: »vn’infinità di Signori, & Caualieri«; »vittoria, vittoria«. Kanonen sind vom Castello del Santissimo Salvatore, Castello Matagrifone sowie von der Forte Gonzaga abgefeuert worden. ASFi, Archivio Mediceo del

Ein Sieg, viele Herrschaften

89

Ebenso sind die neapolitanischen Lepanto-Reaktionen als »äußerster Jubel« beschrieben worden, »den man sich vorstellen könne«.242 Der Vizekönig, Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle, hatte am 27. Oktober 1571 angeordnet, in sämtlichen Kirchen das ›Te Deum laudamus‹ zu singen. Später kam es zu Prozessionen und Festumzügen. Als Mitte November die päpstlichen Galeeren im Hafen Neapels einliefen, fand erneut eine festa incredibil[e] statt.243 In den folgenden Monaten memorierten Predigten Lepanto als von Gott gleichsam der Vernichtung des ägyptischen Heeres (Exodus 14–15) über ›Ungläubige‹ verliehenen Sieg des habsburgischen Spaniens.244 Genau darin lag die konstitutive Bedeutung der Feierlichkeiten in den spanisch-italienischen Gebieten: Lepanto war als herrschaftliches Ereignis bedeutsam, weil die Schlacht als Sieg Spaniens über ›Ungläubige‹ den Nutzen der Monarchie für die Christenheit – und damit auch der Italienischen Halbinsel – demonstrierte. So zelebrierte beispielsweise auch Genua, in denen spanische Faktionen einen starken Einfluss besaßen, Lepanto als durch Gott verliehenen, genuesischen und spanischen Sieg:245 Der Sieg

242

243

244 245

Principato, 567, fol. 106r, Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Messina, 01. November 1571. Siehe auch ebd., fol. 109r f., 112r, ebendieses Schreiben desselben an Ferdinando I. de’ Medici. ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, fol. 300r, Cesare Brumano an Girolamo Rusticucci, Neapel, 23. Oktober 1571: »estremo giubilo che si possa imaginare«. Siehe auch ebd., fol. 300v: »che ne sia lodata per sempre et ringratiata in eterno la suppreme bontà d’Iddio ad essaltatione della sua sta chiesa«. Pasquale Villani (Hg.): Nunziature di Napoli. Bd. 1: 26 luglio 1570-24 maggio 1577. (Fonti per la storia d’Italia. Nunziature d’Italia, Bd. 56). Rom 1962, S. 86. Zum venezianischen Residente siehe ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r–2v [326r-327v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571. ASN, Consiglio Collaterale, serie Curiae, vol. 24, 27. Oktober 1571, fol. 207v ff.; Archivio di Stato di Napoli (Hg.): Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Neapel 1998, S. 173; ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, Cesare Brumano an Girolamo Rusticucci, Neapel, 13. November 1571, fol. 316r; Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 87. BNN, Ms. XIII, AA. 63, fol. 103r–106v. An genuesischen Lepanto-Festivitäten sind nachweisbar: Prozessionen und Dankgottesdienste in den Kirchen mit Teilnahme der Signoria; Empfang Lope de Figueroas mit Präsentation von Beutestücken und weiteren Dankgebeten; Ankunft Giovanni Andrea Dorias und der genuesischen Lepanto-Galeeren aus Messina mit Freudenschüssen und Beutestücken; Lepanto-Exequien (07. und 09. November 1571). Pallavicino: LETTERA. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18), S. 36, 44f.; ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 6, Governo von Genua an Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, Genua, 03. November 1571; ebd., Governo von Genua an Philipp II., Genua, 03. November 1571; ASGe, Archivio Segreto, 816 (manuali, decreti del Senato, 1571), fol. 159r, 160v; ASGe, Senato, Senarega, 1385 (atti del Senato, 1571), 17. Dezember 1571. Vgl. die für die Ausfahrt der Liga-Galeeren nachweisbaren Einzüge auch mit Maria I. Aliverti: Visits to Genoa. The Printed Sources. In: Europa Triumphans. Court and Civic Festivals in Early Modern Europe. Hg. v. J. R. Mulryne, Helen Watanabe-O’Kelly u. Margaret Shewring. Bd. 1. (Modern Humanities Research Association, Bd. 15/1). Aldershot 2004, S. 222–235. Zu spanischen Einflüssen siehe Dandelet/ Marino:

90

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

sei aus Perspektive der genuesischen Obrigkeit Ausdruck der einzigartigen Frömmigkeit der unbesiegbaren Habsburgerfamilie, da Gott Philipp II. als Herrscher eine infinita gloria zukommen lassen habe.246 Dem als Sieg des spanischen Monarchen interpretierten Lepanto kam daher eine besondere zeremonielle Bedeutung zu, weil es die im Alltag herausgeforderte und durch die beteiligten Akteure neu verhandelte Herrschaftsausübung der spanischen Krone als – so inszeniertes – Ereignis legitimierte.247 Als solcher Sieg Spaniens ist Lepanto fortan auch in der städtischen Zeremonialtopografie Neapels memoriert worden.248 Und nicht nur dort, sondern ebenso in der Burganlage von Brindisi, wo drei Tage lang Lepanto gefeiert wurde.249 Zur Geburt des spanischen Thronfolgers wenige Monate nach der Seeschlacht und anlässlich eines Sieges gegen die

246 247

248

249

Spain in Italy, hier auch den Beitrag von James S. Amelang: Exchanges between Italy and Spain. Culture and Religion. In: Ebd., S. 433–455; Dandelet: Spanish Rome; Anatra/ Musi: Nel sistema imperiale; Braudel: Méditerranée, S. 723–1088. AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 180, Doge und Governatori Genuas an den spanischen König, Genua, 03. November 1571, fol. 1r: »dalla singolare pietà e Religione sua et l’Inuitt.ma Casa d’Austria«. Michael J. Levin: Agents of Empire. Spanish Ambassadors in Sixteenth-Century Italy. Ithaca/ London 2005; Aurelio Musi: Alle origini di una nazione. Antispagnolismo e identità italiana. Mailand 2003; Jocelyn N. Hillgarth: The Mirror of Spain, 1500–1700. The Formation of a Myth. (History, Languages, and Cultures of the Spanish and Portuguese Worlds). Ann Arbor 2000. In den Monaten nach Lepanto wurden die Kirche Sant’Anna di Palazzo und auf Juan de Austrias Wunsch hin auch die Karmeliterkirche Santa Maria della Vittoria a Lepanto (mit gleichnamigem Kloster) im Andenken an den Seesieg errichtet. Noch während des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts gedachte man in diesem Gebäude Lepanto am Jahrestag der Schlacht. Während solcher Jubiläen fanden zudem Messen in der Kirche San Giacomo degli Spagnoli im Beisein der Vizekönige sowie in weiteren Kirchen statt. Solche religiös geprägte Reaktionen auf die Seeschlacht sind nicht nur durch den Bau der Kirchen, sondern darüber hinaus durch die Bildung der spanischen Rosenkranzbruderschaft in Neapel belegbar. Doch die neapolitanischen Kirchenbauten nach Lepanto waren auch in den Kontext familialdynastischer Memoria eingebettet, in der Lepanto und die Marienfrömmigkeit ein entscheidendes Versatzstück darstellten. Nachdem die Karmeliterkirche Santa Maria della Vittoria a Lepanto den Theatinern überreicht worden war, führten diese im Jahr 1628 umfangreiche Neubauten unter der Schirmherrschaft Giovanna de Austrias, der Tochter Don Juans, durch, die 1646 durch Margherita d’Austria abgeschlossen wurden. Valeria Amitrano/ Stefano Moscatelli (Hg.): Cerimoniale del viceregno spagnolo e austriaco di Napoli. 1650–1717. Neapel 2012, S. 180, 182, 184; Francesco C. Grimaldi: Della città di Napoli al tempo della sua fondazione sino al presente. Neapel 1857, S. 320, 338, 348, 662f.; Andrea Zezza: Raffigurazioni di battaglie nell’arte meridionale del XVI secolo. In: La battaglia nel Rinascimento meridionale. Moduli narrativi tra parole e immagini. Hg. v. Giancarlo Abbamonte u. a. (I libri di Viella, Bd. 126). Rom 2011, S. 511–523; Filippo Ferrari: La battaglia di Lepanto e il P. Giovanni Battista da Guardiagrele. Guardiagrele 1925. ASN, Consiglio Collaterale, serie Curiae, vol. 24, 27. Oktober 1571, fol. 208r f.; ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 5, fol. 8r, Brindisi, 30. September 1572, auf das auch in Archivio di Stato di Napoli: Napoli e Filippo II, S. 173f. hingewiesen wird; ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 6, fol. 9r, Brindisi, 30. September 1572.

Ein Sieg, viele Herrschaften

91

Protestanten drei Jahre später seien in Brindisi nochmals in Anlehnung an die Lepanto-Feierlichkeiten Freudenschüsse abgefeuert worden.250 Während all dieser Feste war die spanische Königsflagge an einem Mast gehießt, auf dessen Spitze ein Eisenkreuz thronte.251 Die Feste beschworen damit letztlich den spanischen Monarchen als christlichen Sieger über ›Ungläubige‹. Damit erhielt Lepanto als spanischer Sieg auch in einem anderen Gebiet Bedeutung: in den Spanischen Niederlanden. In Brüssel waren bereits am 30. Oktober spontane Freudenfeste veranstaltet worden.252 Den folgenden Sonntag (04. November) ließ dann der Herzog von Alba im Beisein des gesamten Hofstaates und zahlreicher Zuhörer eine Lepanto-Messe in der Kathedrale St. Michael und St. Gudula zelebrieren. Im Anschluss daran fand eine Generalprozession statt, von der ein anonymer Novellant nach Mantua und Urbino schrieb, es sei »die schönste [Prozession], die man seit Menschengedenken in jenen Ländern je durchgeführt hat«.253 Gleichfalls ordnete der spanische Statthalter an, dass in ganz Flandern die nur denkbar frommsten Prozessionen mitsamt Almosenverteilungen durchgeführt werden sollten.254 In diesen Festivitäten fand 250 ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 5, fol. 8r, Brindisi, 30. September 1572. Auch überliefert in ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 6, Brindisi, 30. September 1572, fol. 9r; ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 5, fol. 9r, Brindisi, 10. Oktober 1574. 251 Ebd., fol. 10r–11v (27. November 1571, Bericht von Sebastiano Delbalso über die Zerstörung des Fahnenmastes durch einen Sturm), fol. 12r (01. November 1574, Bericht von Scipione Gorgona über den Neukauf des Fahnenmastes nach dem Sturm; der Neukauf fand am 17. Februar 1575 statt). Vgl. auch den von »Andres lopes de Gleanes« in den Jahren 1561 und 1573 angefertigten ›Conto‹, in dem zwei bandiere sowie der Fahnenmast detailliert angeführt werden: ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 6, fol. 1r–8r, hier fol. 2r. Im Burginventar von 1598/1599 wird dann lediglich »Vnestandarte[sic!] Nueuo Con las Armas Reales. y un Arbol bueno« genannt. ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 7, fol. 2r. 252 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 139v, Brüssel, 30. Oktober 1571; ASMa, Archivio Gonzaga, b. 1504, fasc. I, fol. 119r, Avviso aus Brüssel (30. Oktober 1571), übersandt durch Paolo Moro, Botschafter Mantuas in Venedig, an den Castellano von Mantua. Der Nachweis in Fenlon: Ceremonial City, S. 360, Endnote 3 ist demnach nicht richtig. Siehe auch Fernando Álvarez de Toledo: Epistolario del III Duque de Alba, Don Fernando Álvarez de Toledo. Bd. 2. Madrid 1952, S. 763f. 253 ASMa, Archivio Gonzaga, b. 1504, fasc. I, fol. 96r, Avviso aus Brüssel (19. November 1571), übersandt aus Venedig am 15. Dezember 1571 durch Paolo Moro, Botschafter Mantuas in Venedig, an den Castellano von Mantua, »la più bella, che mai si hà fatta à ricordo d’huo[min]i in questi paesi«. BAV, Urb. lat. 1042, fol. 153v, Brüssel, 19. November 1571: »la piu bella, che sia mai fatta à ricordo d’huo[min]i in queste parti«. Leider finden sich in der städtischen Überlieferung Brüssels keine weiteren Hinweise zu Lepanto-Gottesdiensten: AVB/ ASB, Cartulaires. Actes des magistrats. Registres aux privilèges. Règlements. Ordonnances et Placards, XIII, XV. Auch aus den acta capitularia der Kathedrale St. Michael und St. Gudula sind keine weiteren Rückschlüsse zu den Lepanto-Festivitäten in Brüssel zu ziehen: RBA/ AEBA, Oud archief van de kapittelkerk van Sint-Michiel en Sint-Goedele te Brussel, Acta Capitularia, 915, Einträge vom 27. Oktober bis 24. November 1571. 254 Fernando Álvarez de Toledo: COPIE. Don Fernando Aluarez de Toledo, Duc d’Alua, & c. Lieutenant, Gouuerneur, & Capitaine general. TReschiers & bien amez. Nous vous tenons

92

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

das Ereignis Lepanto als Sieg Spaniens symbolische Anwendung auf die vor Ort bestehenden Verhältnisse, wo sich Widerstand gegen die religiöse Herrschaftslegitimation der spanischen Obrigkeit seitens der Calvinisten militärisch formiert hatte.255 So prangerte die Lepanto-Predigt des Genter Bischofs Cornelius Janssen die religiösen Verfehlungen der Calvinisten und ihrer Sympathisanten sowie die Missstände in der Heiligenverehrung an und forderte angesichts der Seeschlacht die Gläubigen zu frommen, katholischen Dankgebeten auf. Er berichtete von Lepanto als »eine sonderlinghe victorie, die er [Gott] den Christen gegen die Türken dargeboten hat«. »Von solchen Siegen haben wir nicht viele aus anderen Zeiten gehört«, schrieb der katholische Advokat Philip van Campene hierzu in sein Tagebuch.256 Eine vergleichbare Sonntagspredigt folgte, bevor am 25. November erneut ein Gottesdienst Lepanto als wundersamen Sieg (miraculeuse victorie) Spaniens über die »ungläubigen Türken« stilisierte. Daraufhin fand eine Generalprozession statt, zu der die Spanier Freudensalven zum Dank für den glorioose victorie »der Christen über die Türken« abfeuerten. In den kommenden Adventspredigten griff der Genter Bischof dann Lepanto erneut auf, um religiös (katholisch) und herrschaftlich (spanisch) konformes Verhalten einzufordern. Er ermahnte die Zuhörer die Sonn- und Festtage zu ehren, was die Calvinisten nicht täten, wenngleich sogar Juden und »selbst die Türken« dies records des exhortations […]. Gent 1571. (UBGent, 1498), hier fol. 1v: »le plus deuotement & solempnellement que faire se pourra«; Elly Cockx-Indestege/ Geneviève Glorieux/ Bart Op de Beck: Belgica typographica 1541–1600. Catalogus librorum impressporum ab anno MDXLI ad annum MDC in regionibus quae nunc Regni Belgarum partes sunt. 4 Bde. Nieuwkoop 1968–1994, BT 9525 (Copie). Dass diese in den gesamten Niederlanden (Flandern und Brabant) veranstaltet worden seien, berichten auch zeitgenössische Chronisten wie Godevaert van Haecht: Kroniek over de troebelen van 1565 tot 1574 te Antwerpen en elders. Hg. v. Rob van Roosbroeck. Antwerpen 1929–1930, Eintrag vom 01. November 1571 (Original: SA, PK #106) sowie Gerard van Loon: Antwerpsch Chronykje, in het welk zeer veele en elders te vergeefsch gezogte geschiedenissen, sedert den jare 1500. tot het jaar 1574. zoo in die toen zoo zeer vermaarde koopstad, als de andere steden van Nederland […]. Leiden 1743. (UML, DH811.A6 A5), S. 235. 255 Peter Arnade: Beggars, Iconoclasts, and Civic Patriots. The Political Culture of the Dutch Revolt. Ithaca/ London 2008. Der Herzog von Alba sandte noch im Dezember 1571 einen Brief an den in Rom residierenden, spanischen Botschafter und feierte darin Lepanto als von Gott der Christenheit verliehenen Sieg, um für ein harsches Militärvorgehen im Jahr 1572 zu plädieren. DHIR, Cod. Min., 29, 23, fol. 237r–245r, »Copia de la Carta que el Duque d’Alua scrivio a Don Juan de Çuniga de Brussellas a Xvij Deçeembre M.D.LXXI Despues del abiso de la uittoria sobre la armada Turquesca« (Abschrift). 256 Frans de Potter (Hg.): Dagboek van Cornelis en Philip van Campene, behelzende het verhaal der merkwaardigste gebeurtenissen, voorgevallen te Gent sedert het begin der godsdienstberoerten tot den 5en april 1571. Gent 1870, S. XV ff., 362f.: »een sonderlinghe victorie, die hij [Gott, S. H.] den christenen verleent heeft jeghens de Turcken […]. Van zuleke victorie en hebben wij nyet vele up andere tijden ghehoort«; Monica Stensland: Habsburg Communication in the Dutch Revolt. (Amsterdam Studies in the Dutch Golden Age). Amsterdam 2012, S. 32, 34ff.

Ein Sieg, viele Herrschaften

93

nicht bestritten.257 Die implizite Aussage war eindeutig: Da Spanien bei Lepanto über die ›ungläubigen‹ Muslime gesiegt habe, so werde es nun auch über die Calvinisten siegen, die eine noch fälschlichere Lehre vertreten würden. Vergleichbare Dankprozessionen und -gottesdienste sind für das flandrische Ypern und ’s-Hertogenbosch im nördlichen Brabant belegt (18. November). Eine dort lebende Nonne notierte daraufhin eine bemerkenswert detaillierte Beschreibung der Seeschlacht von Libanus in ihrer Chronik. Die Ausführungen dazu begann sie mit dem Ausruf »So selten hören wir noch Wunder!«, um anschließend vom Sieg des spanischen Königs zu berichten, den er mit venezianischer Unterstützung gegen den »Großtürken« (groten Turck) errungen hatte. Des Königs Bruder sei mit »Prinzen und Kapitänen und frommen Soldaten von allen Nationen« ein Sieg gelungen, der, so die Nonne weiter, »mit der Hilfe Gottes« durch die »getreuen Diener der königlichen Majestät« fromm und tapfer erkämpft wurde.258 Gleichfalls ist Lepanto in Antwerpen als katholischer Sieg des spanischen Königs memoriert worden. Der Bischof präsentierte die Schlacht in einer Predigt vom 15. November als Himmelszeichen für die Errettung der gesamten Christenheit.259 Am darauffolgenden Sonntag fand eine neue Messe in der Liebfrauenkathedrale mit anschließender Generalprozession statt, an der klerikale und städtische Würdenträger sowie Vertreter der Stadtviertel und Gilden beteiligt waren. Während der Prozession wurde auch die Rosenkranz-Bruderschaft ›O. L. Vrouwe van Victorie‹ in der Sint-Pauluskerk feierlich gegründet. Sträflinge 257 Potter: Dagboek, S. 364–368 (Zitat ebd., S. 368: »ongheloovighe Turcken«), 370 (»zelfs de Turcken«); Philips de Kempenare: Vlaemsche kronijk, of Dagregister van al het gene gedenkweerdig voorgevallen is, binnen de stad Gent, sedert den 15 July 1566 tot 15 Juny 1585. Gent 1839, S. 98 (»om de victorie der Christenen op de Turken«), 124, 128, 223. 258 Augustyn van Hernighem: Eerste bouck van beschryfvinghe van alle gheschiedenesse (1562– 1572). Hg. v. A. L. E. Verheyden. Brüssel 1978, S. 86; Álvarez de Toledo: COPIE. (UBGent, 1498); H. van Alfen: Kroniek eener kloosterzuster van het voormalig bossche klooster »Marienburg« over de troebelen te ’s-Hertogenbosch e. e. in de jaren 1566–1575. ’s-Hertogenbosch 1931, S. 31 (»princen ende cappiteynen ende vrome soldaten von allen nacien«); R. A. van Zuijlen Jr.: Inventaris der Archieven van de Stad ’s Hertogenbosch, chronologisch opgemaakt en de voornaamste gebeurtenissen bevallende. 5. T. ’s Hertogenbosch 1863, S. 864. Der Lepanto-Eintrag macht knapp die Hälfte der Niederschrift des gesamten Jahres 1571. Zum nicht weiter bekannten Hintergrund der Verfasserin siehe Alfen: Kroniek, S. XVIII f., 31f.: »Voert soe seldi noch wonder horen!«; »ende hebben metter hulpen Gods gelijc als getrouwe dienaers der Conincx Mat haer vromelijc totten strijt gegeven«. 259 Daniel Papebroch: Annales Antverpienses ab urbe condita ad annum M.DCC. […]. Hg. v. F. H. Mertens u. Ern. Buschmann. Bd. 3. Antwerpen 1846. (BSB, Belg. 198 h-3), S. 208; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 142r, Franciscus Sonnius an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 29. November 1571 belegt, dass sich Sonnius anschließend auf eine Lepanto-Pilgerreise gen Rom begab und beabsichtigte, in Florenz eine Zwischenstation einzulegen, um sich über »questo cosi bono et honorato successo ch[e] ha hauto[sic!] la causa mia« zu erfreuen und dies den de’ Medici zu berichten.

94

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

erhielten Amnestie und während der Umzug die geschmückte Stadt durchquerte, wurden auf dem Marktplatz ein großer Holzhaufen entzündet und Almosen durch die Stadt und die Händlervereinigungen der bedeutendsten katholischen »Nationen« verteilt. Noch tags darauf waren Lepanto-Exequien gehalten und Freudenfeuer (trotz immensen Regens) entzündet worden.260 In den Spanischen Niederlanden, wo osmanische Kaufleute handelten, Turcica-Drucke zahlreich erschienen und Bewohner in ihren Selbstzeugnissen notierten, von osmanischer Gefangenschaft zu träumen,261 war Lepanto ein Sieg Spaniens über »Türken und Ungläubige«.262 So erschien in Antwerpen 1572 auch ein französischsprachiger Bericht über die Seeschlacht, worin Lepanto als Auseinandersetzung zwischen »Christen« (Christiens) und »Türken« (Turcqz) beschrieben wurde, um daraufhin als Sieg der katholischen Kirche Roms gefeiert zu werden.263 Als katholisch-spanischer Sieg bekam Lepanto also auch für den 260 An der Antwerpener Prozession vom 18. November beteiligten sich auch die auswärtigen »Nationen«, unter denen zeitgenössische Chronisten die Portugiesen, die vor ihrer Antwerpener Niederlassungen in Kipdorf Almosen verteilten, sowie die Spanier und »Italiener« hervorheben, die auch Wein reichlich ausschenkten. Als besonders spendabel erwiesen sich die Genueser, die kostbares Silbergeschirr mit einhundert Goldmünzen verschenkten. Auch deutsche Kaufleute verteilten großzügig Roggen. Loon: Antwerpsch Chronykje. (UML, DH811.A6 A5), S. 234f.; Papebroch: Annales Antverpienses. Bd. 3. (BSB, Belg. 198 h-3), S. 208f.; Jean C. Diercxsens: ANTVERPIA CHRISTO NASCENS ET CRESCENS SEU ACTA Ecclesiam Antverpiensem ejusque Apostolos ac Viros pietate conspicuos concernentia usque ad seculum XVIII. […]. Bd. 5: 1567–1579. Antwerpen 1773. (UBLeip, Hist.Belg.542t:5), S. 162; Haecht: Kroniek, Eintrag vom 01. November 1571. Es findet sich kein LepantoEintrag in den stadsprotocollen, jedoch im gebodboek des Stadtrates: SA, PK # 916, fol. 152v, 16. November 1571 (Processie van devotie over de groote en miraculeuse victorie tegens den Turk); ebd., fol. 153r, 17. November 1571 (Insolentien niet te bedryven in ’t vieren over de victorie tegens den Turk). F. H. Mertens/K. L. Torfs: Geschiedenis van Antwerpen sedert de stichting der stad tot onze tyden. T. 5. Antwerpen 1840, S. 55 datiert die Prozession fälschlicherweise auf den 16. November 1571. 261 Hamilton: Arab Culture; J. A. Goris: Turksche Kooplieden te Antwerpen in de XVIe eeuw. In: Bijdragen tot de Geschiedenis 14 (1922), S. 30–38; Alexander H. De Groot: The Ottoman Empire and the Dutch Republic. A History of the Earliest Diplomatic Relations 1610–1630. (Uitgaven van het Nederlands Historisch-Archeologisch Instituut te Istanbul, Bd. 43). Leiden/ Istanbul 1978, S. 83–87; David Beck: Spiegel van mijn leven. Een Haags dagboek uit 1624. Hg. v. Svend E. Veldhuizen. Hilversum 1993, Eintrag vom 13. Oktober 1624. Ich danke Prof. Dr. Rudolf Dekker (Amsterdam) für diesen Hinweis. Zu Beck als »schreibenden Leser« und »lesenden Schreiber« siehe Jeroen Blaak: Literacy in Everyday Life. Reading and Writing in Early Modern Dutch Diaries. Übers. v. Beverly Jackson. (Egodocuments and History Series, Bd. 2). Leiden/ Boston 2009, S. 41–111; Andreas Bähr: Furcht, divinatorischer Traum und autobiographisches Schreiben in der Frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für Historische Forschung 34 (2007), S. 1–32; ders.: Furcht und Furchtlosigkeit, S. 485–540. 262 Álvarez de Toledo: COPIE. (UBGent, 1498), fol. 1v: »œuures meritoires, pieuses & aggreables à Dieu nostre Createur, à fin de vouloir garder & conseruer la Chrestienneté contres les emprinses, forces & inuasions desdis Turcz & infidelles […]«. Siehe auch Stensland: Habsburg Communication, S. 34ff. 263 Anonym: Vray discours De la notable Victoire, dernierement obtenu sur la mer, par les

Ein Sieg, viele Herrschaften

95

Kampf gegen die Calvinisten Bedeutsamkeit zugesprochen. Dass diesen der Monarch in den Niederlanden zu erlangen wünschte, fand mit den Ernennungen der Schlachtteilnehmer Juan de Austria und Alessandro Farnese zu den Generalstatthaltern (1576, 1578) ihren wohl symbolträchtigsten Ausdruck. In prunkvollen Einzügen ließ sich Don Juan – die Symbolik der Lepanto-Festivitäten aufgreifend – als Bezwinger der Muslime und ›Ungläubigen‹ feiern. Das Motto seiner Statthalterschaft stellte den Kampf gegen die Calvinisten in die Tradition Lepantos (In hoc signo vici Turcos, in hoc signo vincam haereticos), was wiederum calvinistische Flugblätter polemisierten: Sie parodierten Don Juan insbesondere nach seinem Tod (1578) vom ›Türkenbezwinger‹ zum ›Christenschlächter‹.264 Damit waren die mit Lepanto auf Calvinisten angewandten Türkengefahr-Zuschreibungen durch diese invertiert und die Katholiken selbst als »türck« diffamiert,265 während katholische Lobdrucke auf Don Juans Tod die Rhetorik vom »glücklichen Sieg« (felice vittoria) zu jener des »unglücklichen Jahrhunderts« (infelice Secolo) wandelten: Der zu Siegen geborene Don Juan sei an den unglücklichen Umständen seiner Zeit verstorben.266 Chrestiens contre l’armée du grand Turcq, auecques tout le succes d’icelle, du commenceme[n]t iusques à la fin; Soub la conduitte du tresillustre Seigneur Don Iean d’Austriche. Aueques le nombre des galleres prinses, & mises à fond: les no[m]s des Capitaines morts & prisonniers, & choses plus notables aduenues en ladicte cruelle & sanglante battaille. Antwerpen 1572. (AL, Turcica XIV.210/16001), fol. 2r, 11v. 264 Panzer: Don Juan de Austria, S. 171–183; Helge Gamrath: Farnese. Pomp, Power and Politics in Renaissance Italy. Rom 2007, S. 113; Antonello Pietromarchi: Alessandro Farnese. L’eroe italiano delle Fiandre. (Le storie della storia, Bd. 13). Rom 1998. Zu den Einzügen Don Juans und deren Gegenstilisierung durch Wilhelm von Oranje sowie zu den Polemiken siehe Arnade: Beggars, Iconoclasts, and Civic Patriots, S. 198–211, 280–283; Jan B. Houwaert: Sommare beschrijuinghe va[n]de triumphelijcke Incomst vanden doorluchtighen ende hooghgheboren Aeerts-hertoge Matthias/ binnen die Princelijcke stadt van Brussele, in t’iaer ons Heeren M.D.LXXVIII. den xviij dach Januarij. Midtsgaders die tanneelen, poincten, figuren ende spectaculen, die inde voorseyde incompeste (ter eeren van sijne doorluchticheyt) zijn verthoont ghevveest, met meer ander saken, die doen ter tijt gheschiet zijn. Gheinventeert ende ghecomponeert deur IEAN BAPTISTA HOVWAERT, Consiellier ende Meester vanden Rekeninghen ons Heeren des Coninckx in Brabant. Antwerpen 1579. (BL, 9930.d.11); Wolfgang Harms/ Michael Schilling/ Andreas Wang (Hg.): Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 2/ 2: Die Sammlung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Kommentierte Ausgabe. Historica. München 1980, S. 46f., 50f., 66f. Den Standartenspruch führt auch Simona Slanicˇka: Bastarde als Grenzgänger, Kreuzfahrer und Eroberer. Von der mittelalterlichen Alexanderrezeption bis zu Juan de Austria. In: Werkstatt Geschichte 18 (2009), H. 51, S. 19 an. 265 »Jch denck«, so schrieb Georg von Espelbach aus Harlingen bereits im September 1570 an den Nürnberger Stadtrat Rieter von Kornburg, »wans lang vmb geet so werde der hailig vatter der türck.« BSB, Cod. germ. 5020, fol. 152r, Georg von Espelbach an Hans Rieter der Ältere von Kornburg in Nürnberg, Harlingen, 08. September 1570. 266 Giuliano Goselini: NELLA MORTE, DEL SERENISSIMO DON GIOVANNI D’AVSTRIA. Mantua 1579. (AL, Turcica VII.117/15877), fol. 2r f. (ebd., fol. 2v: »Giouane Augusto à le vittorie nato«); Francisci Bocchi: FRANCISCI BOCCHII ORATIO DE LAVDIBVS SERE-

96

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Nach Venedig und Spanien richtet sich nun der Blick auf das Papsttum: Als die venezianische Siegesnachricht durch den Nuntius nachts zum 22. Oktober in Rom eintraf, soll der Papst direkt in mehrstündige Dankgebete versunken sein.267 Am darauffolgenden Morgen verkündete Pius V. in einem in San Pietro zelebrierten Gottesdienst den anwesenden Kardinälen und spanischen, venezianischen und portugiesischen Botschaftern – angeblich unter Freudentränen – den Seesieg.268 Daraufhin prozessierten die Diplomaten und Kleriker bei Glockengeläut zu San Giacomo degli Spagnoli, um das ›Te Deum laudamus‹ zu singen und tags darauf von der spanischen Nationalkirche zu derjenigen der Venezianer (Basilica di San Marco Evangelista al Campidoglio) zu ziehen.269 Hiermit sowie durch weitere Prozessionen und Almosenverteilungen von Bruderschaften und Klöstern wurden die Liga-Herrschaften im städtischen Raum liturgisch-zeremoniell als Lepanto-Sieger sichtbar gemacht.270 Noch am selben Abend sind auf der Engelsburg Artilleriesalven und Feuerwerk – wie das als »Zeichen der Freude« üblich war (Abb. II.1.1) – entzündet und – kurz darauf – auch Stierkämpfe veranstaltet worden.271

267

268

269 270 271

NISSIMI IOANNIS AVSTRII, SVMMI, FORTISSIMIQVE DVCIS. Florenz 1578. (AL, Turcica IV.71/15830), hier u. a. fol. 2r. Ein Avviso berichtet weiterhin, Pius habe das ›Nunc dimittis‹ gesungen, das heißt den Lobgesang des Simeon aus dem Evangelium nach Lukas 2, 29–32. Der Brief zirkulierte noch in derselben Nacht abschriftlich in »ganz Rom«, wie es der venezianische Botschafter Giovanni Soranzo beschrieb, der selbst nur wenig später in derselben Nacht eine Nachricht vom Seesieg aus Venedig erhalten hatte. Stella: Nunziature di Venezia. Bd. 10, S. 117f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 276r, Rom, 27. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 137r f., Rom, 24. und 27. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 387r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3597, fol. 329r, Francesco Babbi an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 80r–82v, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 98r, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571 (»p[er] tutta Roma«). Von dessen Schreiben berichten auch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 387r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571. ÖNB, Cod. 8949, fol. 276r, Rom, 27. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 138r, Rom, 27. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 189v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 98r, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571; Nicole Lemaitre: Saint Pie V. Paris 1994, S. 315. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 98v, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 276r, Rom, 27. Oktober 1571. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 176, römische Avvisi, 26. Oktober 1571, fol. 1r [387r]; ASC, Camera Capitolina, cred. I, t. 25, fol. 154v, Beschluss des stadtrömischen Consiglio vom 30. Oktober 1571. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 27. Oktober 1571, Avvisi aus Rom

Ein Sieg, viele Herrschaften

97

Am 24. Oktober versammelten sich Römer vor der Kirche Santa Maria in Aracoeli, um dort einen Dankgottesdienst zu zelebrieren. Zu diesem Anlass gab Pius einen Zehn-Jahres-Ablass bekannt und verkündete, dass der 07. Oktober anlässlich dieses Sieges in memoria gehalten werde. Er selbst zelebrierte in den kommenden Tagen eine Lepanto-Vesper und erschien in den sieben Pilgerkirchen, um Gott für Lepanto zu danken. Aus diesem Grund ordnete Pius V. auch Gebete im Andenken an die während der Schlacht Verstorbenen an, die am 28. und 29. Oktober stattfanden.272 Zudem ließ der Papst alle Gefängnisinsassen, die aufgrund von Schuldzahlungen inhaftiert waren, befreien und die zum Tode Verurteilten zum Galeerendienst begnadigen, was allgemein als »Freudenzeichen« interpretiert wurde.273 Die liturgisch-zeremonielle Lepanto-Memoria war also in Rom unmittelbar nach der Seeschlacht auf den Papst ausgerichtet, wobei auch hier – gleichfalls wie in Venedig – die vor Ort etablierten, symbolischen Festelemente zur Liga-Verkündigung aufgegriffen wurden. Denn bereits Ende Mai 1571 hatte Pius V. den Liga-Schluss in San Pietro den Diplomaten und Kardinälen bei einem ›Te Deum laudamus‹ verkündet;274 gleichfalls waren auf der Engelsburg Freudensalven und (27. Oktober 1571), fol. 1r; Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 148. Vgl. ein wenige Jahre später gedrucktes illustriertes Flugblatt, das eine Vorstellung davon liefert, wie die Lepanto-Feuerwerke abgelaufen sein könnten. Dort sind Pulverfässer dargestellt, die auf verschiedenen Stellen der Engelsburg aufgestellt sind und aus denen das Feuerwerk emporsteigt, das die umliegende, sternenklare Nacht erleuchtet. Im Zentrum des Lichtkegels erscheint die Statue des Erzengels Michael. Weitere Feuerwerksfässer sind am gegenüberliegenden Flussufer aufgestellt, wo sich eine schier große Menge an Zuschauern versammelt hat und Fische an Ständen verkauft werden. Dieses Feuerwerk (GIRANDOLA) wird in der Bildunterschrift als »Zeichen der Freude« (Segno d’allegrezza) beschrieben, das jährlich zum Krönungstag Papst Gregors XIII. durchgeführt werde. BM, Department of Prints and Drawings, 1862,1011.588, Ambrogio Brambilla/ Claudio Duchetti, »CASTELLO S. ANGELO CON LA GIRANDOLA«, Rom, 1579. 272 ÖNB, Cod. 8949, fol. 276r f., Rom, 27. Oktober 1571; ebd., fol. 278r, Rom, 03. November 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 137r ff., 141r-142v, Rom, 24., 27. und 31. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 189v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 199r, venezianische Avvisi aus Rom (03. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt. 273 Ebd., fol. 189v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici: »segno di allegrezza«. Befreiungen sollten demnach zunächst »li prigioni p[er] debito da XXV [scudi] in giu« betreffen. Zur später abweichenden Umsetzung siehe ebd., fol. 199r, venezianische Avvisi aus Rom (03. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt: »Che p[er] segno di allegrezza SSta ha liberati molti prigioni p[er] debito da 80 [scudi] in giu con obbligo, ch[e] fra tre mesi paghino il debito loro, et uuole, ch[e] la Camra paghi li debiti di quelli sino alla soma di .8. [scudi]«. 274 Pius hatte selbst den Gesang inthonisiert und von der Loggia aus den Segensspruch erteilt. ÖNB, Cod. 8949, fol. 249v, Rom, 02. Juni 1571; ebd., fol. 252r, Venedig, 08. Juni 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 67v ff., Rom, 26. und 30. Mai 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 192r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 25. Mai 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 7, fol. 217r, Michiel

98

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.1.1: Feuerwerk auf der Engelsburg zu Ehren Papst Gregors XIII. (1579). Ambrogio Brambilla/ Claudio Duchetti, CASTELLO S. ANGELO CON LA GIRANDOLA, Rom, 1579. (MET, 2012.136.943, www.metmuseum.org). Surian und Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Mai 1571; ebd., fol. 219v, Michiel Surian und Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 29. Mai 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 199r, Francesco Gerini an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 01. Juni 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von

Ein Sieg, viele Herrschaften

99

Abb. II.1.2: Martin Rotas Flugblatt auf Papst Pius V. als Gründer der ›Heiligen Liga‹ und Sieger von Lepanto (1571). (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, 1873,0809.799). Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 09. Juni 1571, fol. 3r; ebd., ders. an dens., Venedig, 03. Juni 1571 mit Avvisi aus Rom (26. Mai 1571), fol. 5r; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 117v, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 26. Mai 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 54, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 25. Mai 1571.

100

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.1.3: Flugblatt-Darstellung des römischen Lepanto-Triumphzugs vom 04. Dezember 1571. Michele Tramezzino: L’entrata solenne fatta dall’ec.mo sig.r Marcant.o Colonna in Roma doppo la felicissima vittoria havvta dall’armata christiana contra tvrchi l’anno 1571. a IIIJ. di decembre. Rom 1571. (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, Y.8– 113).

Ein Sieg, viele Herrschaften

101

Feuerwerke entzündet worden;275 und der Papst war bereits damals zu Fuß gemeinsam mit Kardinälen, Klerikern und Diplomaten zu den spanischen und venezianischen Nationalkirchen prozessiert.276 Pius V. hatte dabei den LigaSchluss als göttlichen Beistand gegen den »gemeinsamen Feind« der Christenheit verkündet, der durch eine ihm vermittelte, göttliche Eingebung zustande gekommen sei. Damit inszenierte sich Pius V. als Vollstrecker eines göttlichen Willens, der durch die zahlreichen venezianisch-spanischen Streitigkeiten im Vorfeld der Liga beinahe verhindert worden wäre.277 Insofern sich, erstens, der 275 Ebenso in den Botschafterresidenzen ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 7, fol. 217r, Michiel Surian und Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Mai 1571. Die Freudenschüsse auf der Engelsburg fanden am 26. und 27. Mai 1571 statt. Der Papst verhinderte allerdings das Entzünden der girandole und die Durchführung weiterer allegrezze, um stattdessen die Prozessionen und spirituellen Reaktionen stärker im römischen Festkanon anlässlich der Liga-Verkündung hervorzuheben. BAV, Urb. lat. 1042, fol. 68v f., Rom, 30. Mai 1571. 276 Insgesamt handelt es sich um drei Prozessionen, während derer zahlreiche Beteiligte Psalme rezitierten. Diese Prozessionen stellten den Liga-Schluss zwischen Papsttum, Spanien und Venedig gewissermaßen als Ganzes symbolisch dar, denn eine päpstliche Prozession fand von San Pietro nach San Spirito (28. Mai) statt, wo eine Messe zelebriert wurde, woraufhin der Papst den Abend und die folgenden Tage in Santa Maria sopra Minerva zubrachte. Dann fanden weitere Prozessionen zur Kirche San Giacomo degli Spagnoli (30. Mai) und schließlich in der Basilica di San Marco Evangelista al Campidoglio statt (01. Juni). Während derer Übergab Pius reiche Geschenke, etwa 800 scudi an die Regionalkirche der Spanier, deren Monarch als Besieger der »Mori et […] Rebelli« gepriesen wurde. ÖNB, Cod. 8949, fol. 249v, Rom, 02. Juni 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 64v f., Rom, 23. Mai 1571; ebd., fol. 68v, Rom, 30. Mai 1571; ebd., fol. 71r, Rom, 02. Juni 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 188r–189v, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Mai 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 09. Juni 1571, fol. 3r; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 39, Galeazzo Cusano an Maximilian II., Rom, 25. Mai 1571, fol. 261r, 276r; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 7, fol. 219v, Michiel Surian und Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 29. Mai 1571. 277 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 67v, Rom, 26. Mai 1571 (»comu[n] nimico«). Die venezianischspanischen Konflikte um Umfeld der Liga-Verhandlungen sind vielfältig behandelt worden. Siehe z. B. Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 258–264; Rivero Rodríguez: La batalla de Lepanto. Cruzada, guerra santa e identidad confesional. Madrid 2008, S. 95–134. Sie sind aber vor allem in den diplomatischen Korrespondenzen dokumentiert. Vgl. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 7; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8; Luciano Serrano (Hg.): Correspondencia diplomática entre España y la Santa Sede durante el pontificado de S. Pio V. 4 Bde. Madrid 1914; A. Dragonetti de Torres: La Lega di Lepanto nel carteggio diplomatico inedito di Don Luys de Torres, nunzio straordinario di S. Pio V a Filippo II. Turin 1931. Zu finanziellen Aspekten der Liga siehe Felipe Ruiz Martin: Las finanzas de la monarquía hispanica y la Liga Santa. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 325–370; Geoffrey Parker / I. A. A. Thompson: The Battle of Lepanto, 1571. The Costs of Victory. In: I. A. A. Thompson: War and Society in Habsburg Spain. Selected Essays. Aldershot 1992, S. (I)13–21.

102

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Papst als wahrer Begründer der ›Heiligen Liga‹ zelebrierte, deren Zusammenschluss von Novellanten selbst als ein von Gott der Christenheit verliehener Sieg (vittoria) gegen die Osmanen gefeiert wurde, und da, zweitens, in durch den Papst anberaumten Gottesdiensten daraufhin für den Sieg der Ligisten gebetet worden war, inszenierten die römischen Lepanto-Feierlichkeiten das Ereignis vor allem als einen dem Papst verliehenen, göttlichen Sieg.278 Entsprechend wurde das Papsttum nach der Seeschlacht auch allegorisch als ›wahrer‹ Lepanto-Sieger imaginiert, wenn Martin Rotas illustriertes Flugblatt Pius V. zeigt, über dem Gott mitsamt Engeln und der weißen Taube als Heilig-Geist-Symbol erscheinen (Abb. II.1.2). Der Papst selbst trägt die Tiara und legt seine Hände auf die Schultern Philipps II. und des Dogen Alvise Mocenigo I., die vor ihm auf einem niedergestreckten, antichristlichen Drachen knien, sich die Hände reichen und gekrönt werden. Damit wird Pius V. als Gründer der ›Heiligen Liga‹ stilisiert, der Gottes Willen vollstreckt und so Lepanto erst ermöglicht habe. Entsprechend führten viele der Ligisten – unter ihnen auch Juan de Austria selbst – unmittelbar nach der Schlacht in ihren Beschreibungen, mündlichen Berichten und Briefen den Sieg auf die Gebete des Papstes und der Kardinäle zurück.279 Doch die römischen Feste inszenierten nicht allein den Papst als Sieger von Lepanto, sondern auch Marc’antonio Colonna. Zu Ehren des Oberbefehlshabers der päpstlichen Liga-Truppen ist am 04. Dezember 1571 ein Triumphzug beachtlichen Ausmaßes durchgeführt worden (Abb. II.1.3):280 Colonna ritt von der Porta di San Sebastiano aus über das Forum Romanum zum Kapitolshügel. Ihn begleiteten circa 5.000 aufgereihte Fußtruppen, die von unzähligen Trommlern angekündigt wurden. Es folgten die Vertreter verschiedener, römischer Berufsgruppen, während der Schlacht erbeutete, osmanische Sklaven, päpstliche Hellebardiere und römische Adlige. Daraufhin kündigten Trompeter die städtischen Amtsträger an (zwei Maestri di strada, zwei Sindachi, vier Sekretäre, zwei Senatsschreiber und vier Marescalchi). Direkt an diese schloss sich der Aufmarsch der Vorsteher (Caporioni) und Fahnenträger (Gonfalonieri) der 13 innerrömischen Distrikte (rioni) an. Hinter diesen ritt der städtische Priore Stefano dei Crescenzi, der von den Caporioni gewählt worden war. Es folgte ein Fahnenträger mit dem S.P.Q.R.-Signum. Die symbolische Klimax des Festzuges kündigten 278 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 71r, Rom, 02. Juni 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 249v, Rom, 02. Juni 1571. In diesem Sinne ist auch das von einem Novellanten angeführte Detail zu deuten, wonach sich der venezianische und spanische Botschafter während des ersten Lepanto-Dankgebetes umarmten. Ebd., fol. 276r, Rom, 27. Oktober 1571. 279 BM, Department of Prints and Drawings, 1873,0809.799; ÖNB, Cod. 8949, fol. 284v, Rom, 24. November 1571. 280 Hierzu sowie im Folgenden Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration; Borino/ Galieti/ Navone: Trionfo; Capotorti: Lepanto tra storia e mito, S. 27–35; Nicoletta Bazzano: Marco Antonio Colonna. (Profili, Bd. 32). Rom 2003, S. 149–161; Alberto Guglielmotti: Marcantonio Colonna alla battaglia di Lepanto 1570–1573, Florenz 1862.

Ein Sieg, viele Herrschaften

103

berittene Trompeter an: Hinter ihnen trabte Romegas als Galeerenkapitän mit der päpstlichen Standarte. Ihm folgten Papstnepoten und schließlich Marc’antonio Colonna selbst. Er ritt mit Hut, Mantel und Degen auf einem prächtig geschmückten Pferd gefolgt vom damaligen Senatorenvorsteher sowie den drei Konservatoren in ihren Amtstrachten. Zuletzt ritten weitere, städtische Adlige, unter ihnen Fabrizio Colonna (Marc’antonios Sohn), Marzio Colonna (der Sohn des Herzoges von Zagarolo und damit der künftige Vertreter der zweiten, bedeutenden Besitzung der Colonna) sowie Giacopo Rusticucci (Bruder des Kardinals). Der Triumphzug endete am Kapitolsplatz, wo Feuerwerke brannten und Artilleriegeschosse ertönten. Gemeinsam mit den Schweizergardisten zog Colonna an der Engelsburg vorbei zum Petersplatz, wo er mit Salven begrüßt und in einer Audienz empfangen wurde. Dort zelebrierte dann der Papst eine Dankmesse, zu der auch die Kardinäle das ›Te Deum laudamus‹ sangen.281 Damit refigurierten die Stationen des Einzugs sowie die Reihenfolge der Aufmarschierenden deren Relationen und Ehre in ligistischen und städtischen Kontexten in einer symbolischen Trias: Erstens, glorifizierte der Triumphzug den päpstlichen Befehlshaber als miles christianus und quasi-antiken Triumphator. Colonna ist durch die Triumphbogen-Inschriften als Verteidiger der Würde des Christentums sowie des Senates und der Menschen Roms inszeniert worden, der dem Papst und Rom gedient habe. Durch seinen Einsatz, so war weiter zu lesen, stünde die Einnahme Jerusalems bevor.282 Als Vorbild für Colonnas Verehrung als christlichen Triumphator über Muslime von antiker Größe 281 Domenico Tassolo/ Baldassare Mariotti: LA FELICISSIMA ET HONORATA INTRATA In Roma del Illustrissimo Signor Marcantonio Colonna con li trionfi e mostre de liuree fatte dalli Signori Conseruatori & Populo Romano & da tutte le arte di Roma. Cosa marauigliosa & bella si come legendo possete vedere. Viterbo 1571. (WIL, DCH 3246 c.2); dies.: I TRIONFI FESTE, ET LIVREE FATTE DALLI SIGNORI CONSERVAtori, & Popolo Romano, & da tutte le arti di Roma, nella felicissima, & honorata entrata dell’Illustrissimo Signor Marcantonio Colonna. Venedig 1571. (BL, 811.d.31.(5); GRI, 94-B13228); Francesco Albertonio: L’ENTRATA CHE FECE L’ECCLLENTISSIMO SIGNOR MARC’ANTONIO COLONNA IN ROMA ALLI 4. DI DECEMBRE 1571. Doue minutamente si narra il viaggio, il numero delle genti, l’ordin, e le liuree, & altre cose simili, che v’interuennero. Con l’auiso della solennità, che fu poi fatta in Santa Maria d’Aracæli il giorno di Santa Lucia. Cauata d’vna lettera di M. Francesco Albertonio Gentil’huomo Romano. Viterbo 1571. (BCas, Vol. Misc. 2244.13; BnF, Italian books before 1601, 190.4); BM, Department of Prints and Drawings, Y.8-113; Francesco Cancellieri: Storia de’ solenni possessi de’ sommi pontefici […]. Rom 1802, S. 112–119; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 157v f., Rom, 05. Dezember 1571; AGS, Estado, Roma, leg. 915, Juan de Zúñiga an Philipp II., Rom, »Reçibimo que se hizo en Roma en la entrada de marco Antonio colona a IIIJ.o de dezie 1571«, fol. 241r; ÖNB, Cod. 8949, fol. 287v, Rom, 08. Dezember 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 163r, Paolo Tiepolo Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 04. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3597, fol. 402r, Francesco Babbi an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 04. Dezember 1571. 282 Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration, S. 154ff.

104

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

diente hierbei die Route, die Karl V. nahm, als er 1536 von seinem Tunis-Feldzug zurückkehrte.283 Gerade weil dieser Einzug Colonna stilisierte, ließ er diesen nach Vorlage eines zeitgenössischen Flugblattes als Freskenzyklus im Familiensitz in Paliano darstellen. Im 17. Jahrhundert ist das Lepanto-Motiv dann im Stadtpalast der Colonna prominent aufgegriffen worden.284 Zweitens war der Papst als Initiator der Liga mit diesem Triumphzug geehrt worden, insofern er in San Pietro mit einer Audienz und einem Gottesdienst endete und sein Wappen (Standarte und Triumphbögen) sowie seine Gefolgsleute (Nepoten, Kardinäle und Gardisten) präsent waren. Drittens inszenierten sich die verschiedenen Stadtgremien als funktionierende, gute Obrigkeit – in antiker Tradition als Senatus Popolusque Romanum –, die die Vorbereitung und Ausführung des Triumphzuges übernommen und so auch die eigene Stilisierung geplant hatte.285 Im Rückgriff auf zeitgenössische Vorstellungen über die Antike ist in diesem Triumphzug Lepanto demnach als Sieg Colonnas, des Papstes und der Stadt Rom gefeiert worden, um so die Idee einer vereinten, katholischen Christenheit mit Rom als Zentrum im Kampf gegen ›Ungläubige‹ zu kommunizieren.286 In dieser auf Rom fokussierten Lepanto-Inszenierung nahm vor allem der Kapitolshügel eine zentrale Rolle als Symbol der Renovatio Imperii ein, die nun mit katholischen Kreuzzugsrhetoriken verbunden war.287 Der Platz verband das 283 Christoph Scheurl: Einrit Keyser Carlen in die alten Keyserlichen Haubtstatt Rom/ den 5. Aprili. 1536. […]. Nürnberg 1536. (BSB, Res/4 Eur. 412,28); Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration, S. 154; Alfred Kohler: Karl V. 1500–1558. Eine Biographie. 3. Aufl. München 2005, S. 106f. 284 Fausto Nicolai: Pittura di storia e nascita di un mito. Il Trionfo di Marcantonio Colonna nella fortezza di Paliano. In: Arte e committenza nel Lazio nell’età di Cesare Baronio. Hg. v. Patrizia Tosini. Rom 2009, S. 267–292; Iris M. Contant: Kruisbeeld tegen kromzwaard. De neerslag van de zeeslag van Lepanto in de Italiaanse kunst ten tijde van de Contrareformatie. Rotterdam 2005, S. 67–112; Christina Strunck: Berninis unbekanntes Meisterwerk. Die Galleria Colonna in Rom und die Kunstpatronage des römischen Uradels. (Römische Studien der Bibliotheca Hertziana, Bd. 20). München 2007. 285 ASC, Camera Capitolina, cred. I, t. 24; ebd., cred. I, t. 25; Borino/ Galieti/ Navone: Trionfo, S. 43–58. Beobachter beschrieben den angestrebten Triumphzug Colonnas als Wunsch der Stadtbürgerschaft, dem der Papst nachgegeben habe. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 72, Juan Antonio de Tassis (Taxis) an Diego Guzmán de Silva, Rom, 24. November 1571. 286 Den Zeitgenossen war durchaus bewusst, dass der Empfang Colonnas denen antiker römischer Feldherren gleichen solle. So wurde etwa der Sekretär des ferraresischen Herzogs bereits im November von Tivoli aus informiert, dass es sich bei Colonnas Empfang weniger um einen Einzug (Intratta), sondern vielmehr um einen Triumphzug (Trionfo) handle. ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Roma, b. 84, fasc. 373 I, Francesco Priorati an Giovanni Battista Pigna, »secre.rio del signor Duca di Ferrara«, Tivoli, 24. November 1571, fol. 1r; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 160r, Rom, 29. November 1571. 287 Roger C. Aikin: Romae de Dacia Triumphantis. Roma and Captives at the Capitoline Hill. In: The Art Bulletin 62 (1980), H. 4, S. 583–597; Charles L. Stinger: The Campidoglio as the Locus of Renovatio Imperii in Renaissance Rome. In: Art and Politics in Late Medieval and Early

Ein Sieg, viele Herrschaften

105

antike Rom (vom Forum Romanum kommend) mit dem Papsttum (zu San Pietro weiterziehend) und der städtischen Obrigkeit (dem dortigen Konservatorenpalast). Entsprechend bedeutsam war die nahegelegene Kirche Santa Maria in Aracoeli – die traditionsreiche Stadtkirche vom Himmelsaltar der Kaiserin Helena –, wo zum ersten Monatstag ein neapolitanischer Minoritenmönch die Euphorie über Lepanto als himmlisches Ereignis mit der Freude der Engel verglich.288 Am Morgen nach dem Triumphzug fand hier ein Gottesdienst zu Ehren Colonnas statt, im Zuge dessen der Befehlshaber ein Geschenk des römischen popolo erhielt. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um die S.P.Q.R.-Ehrentafel handelt, die noch heute zu Ehren des Lepanto-Befehlshabers im Konservatorenpalast hängt (Abb. II.1.4). Die Tafel wird von zwei Reliefsäulen umsäumt, die von Schiffsrümpfen geziert werden. Eine solche columna rostrata war erstmals 1565 auf dem Forum Romanum als 260 v. Chr. vom Senat gestiftete Ehrengabe entdeckt worden und hatte als archäologische Sensation humanistische Abhandlungen nach sich gezogen, sodass hier auch deshalb die antike Triumphrhetorik der römischen Lepanto-Reaktionen aufgegriffen wurde, weil das Wappenmotiv der Colonna (Säule mit Krone) antik stilisiert werden konnte. Zudem besaß eine solche Säulen-Allegorie selbst eine humanistisch-panegyrische Tradition, denn bereits Jahrzehnte zuvor war das Wappen der Colonna in Dichtungen mit den von Cäsar und Marcus Antonius errichteten Säulen verglichen worden.289 Renaissance Italy. 1250–1500. Hg. v. Charles M. Rosenberg. (Notre Dame Conferences in Medieval Studies, Bd. 2). London 1990, S. 135–156; Charles L. Stinger: Roma Triumphans. Triumphs in the Thought and Ceremonies of Rome. In: Medievalia et humanistica 10 (1981), S. 189–201; Chiara Savettieri: Lo spettacolo del potere. I luoghi, i simboli, le feste. In: Roma del Rinascimento. Hg. v. Antonio Pinelli. (Storia di Roma dall’antichità a oggi, Bd. 3). Rom/ Bari 2001, S. 161–198; Hankins: Renaissance Crusaders. 288 Giovanni Vollari: F. IOANNIS VOLLARI NEAPOL. THEOL. ET MINORITAE ORATIO, […]. Neapel 1571. (AL, Turcica XIV.209/16000); Arduino Colasanti: S. Maria in Aracoeli. Rom 1922; Laura Russo: Santa Maria in Aracoeli. Rom 2007; Marianna Brancia di Apricena: Il complesso dell’Aracoeli sul colle capitolino (IX–XIX secolo). Rom 2000. 289 ÖNB, Cod. 8949, fol. 284r f., Rom, 24. November 1571; ebd., fol. 287v, Rom, 08. Dezember 1571 (»publico banchetto a cinque biatti«); ebd., fol. 289r, Rom, 12. Dezember 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 145r, Rom, 31. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 208v f., venezianische Avvisi aus Rom (21. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; AGS, Estado, Roma, leg. 915, Juan de Zúñiga an Philipp II., Rom, »Reçibimo que se hizo en Roma en la entrada de marco Antonio colona a IIIJ.o de dezie 1571«, fol. 241v. Colonnas Ehrentafel befindet sich im Konservatorenpalast, Sala della lupa. Damals kursierte sie als Flugblatt: BM, Department of Prints and Drawings, 1872,0608.515. Ursprünglich sollte am 10. Dezember 1571 im Konservatorenpalast auf dem Kapitol ein »publico banchetto zu fünf Gängen« stattfinden, doch wenig später fiel die Entscheidung, die dafür aufzubringenden Aufgaben als fromme Gaben (opere pie) zu verwenden. Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration, S. 158; Onofrio Panvinio: F. O. PANVINII EREMITAE AVGVSTINIANI DE TRIVMPHO COMMENTARIVS. Venedig 1571. (BL, 144.g.2.(1.)), S. 10.BAV, Vat. lat. (Vaticani latini), 3351, Gedicht des Fausto Maddalena

106

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Auch Marc’antonio selbst griff diese Stilisierung anlässlich der Seeschlacht auf. Er vermachte der Santa Maria in Aracoeli als Lepanto-Votivgabe eine silberne columna rostrata, auf deren Kapitell eine Christusfigur das Kreuz umarmt. In der Inschrift feierte sich Colonna als Sieger gegen die Osmanen. Die Übergabe fand am 13. Dezember nach einem Gottesdienst in Aracoeli statt, zu dem sich die Senatoren und der popolo romano versammelt hatten. Colonna war zur Kirche begleitet worden, wo Marc-Antoine Muret eine lateinische Lobrede auf den päpstlichen Befehlshaber hielt.290 Der Humanist führte Lepanto darin auf die »die wundersame Macht Gottes« zurück, die sich in der Tugendhaftigkeit der Kapitäne und Soldaten gezeigt habe. In seiner Rede war der Sieg vor allem das Werk Gottes, der Jungfrau Maria, des Papstes und Colonnas. Allein Papst Pius V. habe die Anstrengungen (fatica) unternommen, die Betriebsamkeit (industria) bewiesen und letztlich auch die göttliche Autorität (auttorita) besessen, die ›Heilige Liga‹ zu bilden und Colonna zum Kapitän der päpstlichen Flotte zu bestimmen, der nun virtù und grandezza bewiesen habe. Es waren laut Muret letztlich »die Tränen, Fasten, Almosen und Gebete« des Papstes, die Lepanto als Ereignis herbeigeführt hätten. Er glorifizierte also durch seine Interpretation Lepantos das Ereignis als päpstlichen Sieg der Kirche Roms, wo die (katholische) Religion und das (antike) Imperium ihren Sitz hätten.291 Nicht zuletzt durch zeitgenösCapodiferro, »In vexillo .M. Antonij Columnae«. Ich danke Dr. Bernhard Schirg (Freie Universität Berlin) für diesen Quellenhinweis. 290 Casimiro Romano: MEMORIE ISTORICHE DELLA CHIESA E CONVENTI DI S. MARIA IN ARACELI DI ROMA. RACCOLTE DAL P. F. CASIMIRO ROMANO Dell’Ordine de’Minori. Rom 1736. (DHIR, Lb 1159 m), S. 330; BM, Department of Prints and Drawings, 1872,0608.515. ›Beobachter schätzten Wert der Säule auf 600 Dukaten bzw. 700 escudos. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 225v, venezianische Avvisi aus Rom (15. Dezember 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ÖNB, Cod. 8949, fol. 287v, Rom, 08. Dezember 1571; ebd., fol. 289r, Rom, 12. Dezember 1571 und 15. Dezember 1571; AGS, Estado, Roma, leg. 915, Juan de Zúñiga an Philipp II., Rom, »Reçibimo que se hizo en Roma en la entrada de marco Antonio colona a IIIJ.o de dezie 1571«, fol. 241v; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 158r, Rom, 05. Dezember 1571. Zu Muret siehe Charles Dejob: Marc-Antoine Muret. Un professeur français en Italie dans la seconde moitié du XVIe siècle. Paris 1881. 291 Marc A. Muret: ORATIONE DI M. ANTONIO MVRETO DOTTORE ET CITTADINO ROMANO RECITATA Per ordine del Popolo Romano dopo’l ritorno in Roma de l’Illustrissimo, & Eccellentissimo Signor MARC’ANTONIO COLONNA, da la felicissima vittoria di mare contra Turchi. Tradotta di latino in volgare. Rom 1571. (BNCR, 68.13.D.8), fol. 4v., 2r f.: »la mirabile potenza del signor Dio, la virtù, & valore de gl’huomini, la singolar prudenza de capitani«; »le lagrime, i, digiuni le limosine, le preghiere de la sua santa Chiesa, à le quali opre Pio Quinto di nome«; ders.: M. ANTONII MVRETI. I. C. AC CIVIS ROMANI. ORATIO Mandatu S. P. Q. R. habita in reditu ad vrbem. M. ANTONII. COLUMNAE post Turcas nauali proelio victos. Rom O. J. [1571]. (BSS, Archivio Colonna, II. C.D. 1, fasc. a); ders.: M. ANTONII MVRETI. I. C. AC CIVIS ROMANI ORATIO mandatu S. P. Q. R. habita in reditu ad urbem. M. ANTONII. COLUMNAE post Turcas nauali prœlio uictos. HABITA. EST. IN. AEDE. SACRA. BEATAE. MARIAE. VIRGINIS. QVAE EST. IN. CAPITOLIO. IDIB. DECEMBR. MDLXXI […]. Padua 1572. (AL, Turcica XV.217/16019).

Ein Sieg, viele Herrschaften

107

sische Papstbiografien, Pastgrabmäler und den Rosenkranzkult ist Lepanto als göttlicher Sieg memoriert worden, den Gott dem Papst während des Rosenkranzgebetes als Vision angekündigt habe, was Lepanto in ein dezidiert päpstliches Ereignis transformierte.292 Doch Santa Maria in Aracoeli ist nicht allein durch die Festivitäten mit der römischen Lepanto-Memoria verbunden. Am Hochaltar ist direkt neben Engelsfiguren und S.P.Q.R.-Wappen ein Schwert beim Marienbildnis angebracht. Einer mündlichen Überlieferung zufolge soll es sich dabei um Colonnas LepantoSchwert handeln. Sollte dem so sein, dürfte er auch dieses als Votivgabe während der Feste überreicht haben.293 Bereits am 20. November 1571 hatte der Consiglio beschlossen, dass zur memoria an den Seesieg bei Lepanto ein »wunderschöner Soffitto« in der Kirche angebracht werden solle. Angedacht war damals, dass dieser mit Schriftzügen und Bildern ausgestaltet werde, die an den Zypernkrieg und den Seesieg erinnern. Die Anfertigung der Decke nahm sieben Jahre in Anspruch (Abb. II.1.5). Bereits 1575 wurde jedoch eine Inschrift angebracht, die Colonna als Bezwinger der Osmanen feierte.294 Die Deckenkonstruktion zeigt die Papstwappen Pius V. und Gregors XIII., in dessen Amtszeit der Soffitto fertiggestellt wurde und der die Kreuzzugsprogrammatik seines Vorgängers aufgriff, indem er Ende der 1570er Jahre – vergeblich – den Kaiser für ein antiosmanisches Bündnis zu gewinnen suchte.295 Neben der päpstlichen Memorierung Lepantos

292 Girolamo Catena: VITA DEL GLORIOSISSIMO PAPA PIO QVINTO SCRITTA DA GIROLAMO CATENA DEDICATA AL SANTISSIMO Signor Nostro SISTO Quinto. Con vna raccolta di lettere di Pio V. à diuersi Principi, & le risposte, con altri particolari. E i Nomi delle Galere, & di Capitani, così Christiani, come Turchi, che si trouarono alla battaglia nauale. Dall’istesso Autore riueduta & ampliata. Rom 1587. (DHIR, Fk 1140), S. 215; Volker Reinhardt: Metahistorische Tatenberichte. Die Papstgrabmäler der Cappella Sistina in S. Maria Maggiore. In: Totenkult und Wille zur Macht. Die unruhigen Ruhestätten der Päpste in St. Peter. Hg. v. Horst Bredekamp u. Volker Reinhardt. Darmstadt 2004, S. 141–157; Domenico Cambiaso: L’anno ecclesiastico e le feste dei Santi in Genova nel loro svolgimento storico. (Estratto dagli atti della società ligure di storia patria, Bd. 48). Genua 1917, S. 97; Andreas Heinz: Rosenkranz. II. Im Christentum. In: Theologische Realenzyklopädie. Hg. v. Horst Balz u. a. Bd. 29. Berlin/ New York 1998, S. 403–407; Stefano Andretta: Le biografie papali e l’informazione politica tra Cinque e Seicento. In: L’informazione politica in Italia (secoli XVI–XVIII). Hg. v. Elena F. Guarini u. Mario Rosa. Pisa 2002, S. 239–279. 293 ÖNB, Cod. 8949, fol. 276v, Rom, 27. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 137r, Rom, 24. Oktober 1571. 294 ÖNB, Cod. 8949, fol. 284v, Rom, 24. November 1571: »et per memoria di questa Vittoria il popolo ha risoluto di far’ uno bellissimo soffitato alla detta chiesa d’Araceli, doue sarà descritta et depinta tutta l’historia di questa guerra et Vittoria Nauale«; ASC, Camera Capitolina, cred. I, t. 25, fol. 163r f., 167r f., Beschlüsse des stadtrömischen Consiglio von 19. und 20. November 1571. Die Inschrift befindet sich unterhalb der Decke zum Hauptaltar hin. 295 Hierzu eingehender Alexander Koller: Traiano Mario, seine Gehimmission nach Graz und Prag und der gescheiterte antiosmanische Liga-Plan Gregors XIII. von 1579. In: Päpste, Privilegien, Provinzen, Festschrift für Werner Maleczek zum 65. Geburtstag. Hg. v. Johannes

108

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

finden sich auch ein S.P.Q.R.-Wappen sowie weitere dieser stadtrömischen Signa neben einer Darstellung Gottes als Weltenherrscher. Hinzu kommt eine MariaTriumphans-Darstellung, die die Jungfrau mit dem Kind auf dem Arm von Wolken umgeben zeigt. Weitere Deckenkassetten führen die Trophäen vor, aus deren Metall das Gold der Deckenkonstruktion hergestellt und bezahlt wurde.296 Zu sehen sind osmanische Kleidungsstücke, Turbane, Rundschilde, Pfeile und Köcher sowie osmanische Schiffsrümpfe – die verkehrt herum als Zeichen der Niederlage dargestellt wurden.297 Der Kirchenraum selbst war damit ein LepantoMemorialensemble, das durch liturgische Praktiken, Memorabilia, Festakte und architektonische Erinnerungsmaßnahmen die Schlacht als Sieg der Religion darstellte. Ein englischer Katholik schwärmte zehn Jahre nach der Seeschlacht, dass der Soffitto die generelle »Ausrottung der Häresie« zeige. Während der nach der Seeschlacht in der Ewigen Stadt veranstalteten Festivitäten wurde Lepanto demnach nicht als Sieg eines venezianisch-spanisch-römischen Verbundes gefeiert, sondern gerade mit der Interpretation Lepantos als Sieg gegen Ungläubige ist das Ereignis als christlicher Sieg der Stadt Roms, des Papstes und Colonnas inszeniert worden. Das römische Beispiel machte Schule, sodass der Soffitto in Santa Maria in Aracoeli als Vorlage einer Deckenkonstruktion des toskanischen St.-StephansOrdens diente (Abb. II.1.6). Hier sind zusätzlich durch eine Bilddarstellung der Seeschlacht die Ordensmitglieder als Schlachtteilnehmer und der Großherzog als Lepanto-Sieger über Muslime imaginiert worden.298 Wenngleich Cosimo I. de’ Medici die Liga-Kapitulation nicht unterzeichnet hatte und somit auch kein offizielles Liga-Mitglied war, hatte die Toskana insgesamt zwölf Galeeren mitsamt Besatzung, Ausstattung, Waffen und Munition dem Papst gestellt, die unter dem Kommando Alfonso d’Appianos bei Lepanto kämpften.299 Ein Grund für die

296 297 298

299

Gießauf, Martin Schennach u. Rainer Murauer. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 55). Wien 2010, S. 197–212. Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 150. Russo: Santa Maria in Aracoeli, S. 43, 46f. Beobachtungen vor Ort (2013) sowie Christina Strunck: Ein Machtkampf zwischen Florenz und Pisa. Genealogische Selbstdarstellung der Medici in der Pisaner Ordenskirche Santo Stefano dei Cavalieri. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 32 (2005), S. 167–202. Zwischen 1561 und 1572 verzeichnete der Orden immerhin 444 Ordensträger. ASFi, Manoscritti, 659. Laut ASFi, Inventarbd. 187, S. 266; Rodolfo Bernardini: L’istituzione dei Cavalieri di Santo Stefano. Origine, sviluppo, attività. Pisa 2005; St.-Stephans-Orden (Hg.): L’ordine di Santo Stefano e il mare. (Istituzione dei Cavalieri di S. Stefano). Pisa 2001. Insgesamt hatte der Großherzog für jeder der zwölf Galeeren 60 marinarj e offitiali zu stellen. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2131/3, fol. 15v–17v, »Capitulatione tra la S:ta di N[ost]ro Sig:re Pio Quinto et il Ser:mo Gran Duca di Toscana per l’asiento delle xij Galere di .S. A. per l’effetto della lega«; ASFi, Archivio Die Inschrift befindet sich unterhalb der Decke zum Hauptaltar hin und lautet Mediceo del Principato, 3290, fol. 145r ff., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 04. Mai 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato,

Ein Sieg, viele Herrschaften

109

Abb. II.1.4: Die stadtrömische Lepanto-Ehrentafel Marc’antonio Colonnas in einem anonymen, zeitgenössischen Druck. (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, 1872,0608.515).

110

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.1.5: Lepanto-Soffitto in der Kirche Santa Maria in Aracoeli, Rom (2012). 241, fol. 17r, 06. Juli 1572; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 75r, Lionetto Attavanti an Cosimo I. de’ Medici, Portoferraio, 16. September 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 79, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo I., Genua, 08. Juni 1571, fol. 1r [310r]; ÖNB, Cod. 8949, fol. 255v, Rom, 16. Juni 1571; ebd., fol. 260r, Rom, 30. Juni 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 210r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’

Ein Sieg, viele Herrschaften

111

Abb. II.1.6: Lepanto-Soffitto in der Chiesa di Santo Stefano dei Cavalieri, Pisa (2013). Medici, Rom, 09. Juni 1571; ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 536v. Das Papsttum hatte für die Hälfte der anvertrauten Galeeren die Soldauszahlungen zu übernehmen. Dabei fielen 500 scudi d’oro monatlich für jede Galeere an, wobei die Galeere Capitana auf 750 scudi d’oro taxiert wurde. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2131/3, fol. 17r, »Capitulatione tra la S:ta di N[ost]ro Sig:re Pio Quinto et il Ser:mo Gran Duca di

112

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

toskanische Unterstützung Roms im Kampf gegen die Osmanen mag darin liegen, dass Cosimo I. de’ Medici dem Papst erst 1570 – anlässlich der Verleihung des Großherzogstitels – geschworen hatte, sich aktiv für die »Verteidigung« des katholischen Glaubens einzusetzen.300 Wie um die toskanische Teilhabe an der Liga zu bestätigen, erschien auch in Florenz die Kapitulation als Druck. Ebenso ist im Florentiner Dom eine Heilige Messe »im Zeichen der Freude über die Liga« zelebriert worden, woraufhin eine Prozession einsetzte. Der gesamte Klerus verließ den Dom, hielt am Baptisterium und ging weiter zur Kirche Santissima Annunziata, von wo aus die Prozessierenden die Via Larga entlang zum Dom zurückkehrten.301 Gleichfalls fanden in Livorno und Pisa Freudenfeuer zum LigaSchluss statt.302 Toscana per l’asiento delle xij Galere di .S. A. per l’effetto della lega«. Zur Zahlung durch Giovanni Battista Altoviti siehe ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 219r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 14. Juni 1571. Schwierig gestalteten sich freilich insbesondere bezüglich obrigkeitlicher Zugriffe: Als beispielsweise ein Soldat namens Muccio, der aus dem toskanischen Cortona stammte, venezianische Soldaten beleidigte und beschimpfte, ließ Venier ihn am Galeerenmast aufhängen. Daraufhin beschwerte sich Don Juan, dass Venier dazu kein Recht besäße, da Muccio nicht auf Kosten der Venezianer diente, sondern seine Zahlungen von den Spaniern erhielt. Valiero: DELL’UTILITÀ. (SBB, Rp4048), S. 375. Noch 1573 stellte die Toskana – neben den Galeeren – Don Juan einen Waffenkonstrukteur zur Verfügung. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4153, 13. März 1573. Zu den skeptischen Reaktionen auf die Waffe siehe u. a. ebd., 18. Juli 1573. Zu den Galeeren siehe ebd., 18. August 1573. Zu Materiallieferungen zum Galeerenbau siehe auch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 231, fol. 26r, 27. Oktober 1575. 300 Im Herbst des Vorjahres war den toskanischen Herrschern der Großherzogtumstitel durch den Papst verliehen worden. Am 18. Februar 1570 zog Cosimo I. de’ Medici »molto pomposa, et solen[n]e« in Rom ein, um zum Großherzog gekrönt zu werden. Die berittene Papstgarde, die Schweizer Garde, Kardinäle und deren famiglie, zwei Konsuln, 27 Vorsteher und Fahnenträger der florentinischen Nation in Rom sowie eine unüberschaubar große Anzahl an reich gekleideten Adligen und Dienern begleiteten Cosimo gemeinsam mit den »Deutschen« (todeschi), die dessen Leibgarde stellten. Darüber hinaus nahmen 32 Bischöfe, weitere Prälaten und eine große Anzahl an Rittern des St.-Stephans-Ordens. Cosimo selbst trug einen mit gefütterten Seidenmantel in antikisierendem Stil. Die darauf folgenden Tage fanden Prozessionen von San Giovanni in Laterano zur Scala Santa und zu San Pietro sowie weitere Reliquienschauen, Kirchgänge (auch in San Lorenzo fuori le mura) und Festakte statt. Am 25. Februar wurde Cosimo schließlich von Pius V. im Beisein des Kardinalskollegiums sowie auswärtiger Botschafters zum Großherzog der Toskana gekrönt. Der Zeremonie folgten Feuerwerke. BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 244r, Rom, 08. März 1570 (»diffensione«); ebd., fol. 229v ff., Rom 18. Februar 1570; ebd., fol. 234r, Rom, 01. März 1570; ebd., fol. 242v-244r, Rom, 08. März 1570; ASFi, Miscellanea Medicea, 370, Nr. 1, päpstliche Bulle zur Verleihung des Großherzogtitels, 26. August 1569; ASFi, Miscellanea Medicea, 513, Nr. 14– 15. ASFi, Inventarbd. 49 (Miscellanea Medicea 358–513), Nr. 513. 301 Anonym: AVISO DE CAPITOLI DELLA LEGA Tra Sua Santità, e’l Re Cattolico, e la Signoria di Vinezia, contro allo stato, e confederati del Turco. […]. Florenz 1571. (AL, Turcica III.58/ 15817); ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 529v: »in segno di allegrezza p[er] la Lega«. Die Festivitäten sind für den 27. Mai 1571 angeführt. 302 Das wusste der venezianische Residente in Mailand, Francesco Gerardo, nach Venedig zu

Ein Sieg, viele Herrschaften

113

So fanden auch am 23. Oktober in Florenz »große Allegrezzen« anlässlich des »glücklichen Tages gegen die Feinde des Glaubens Christi« statt: In der Kathedrale Santa Maria del Fiore ist eine Dankmesse zelebriert und in den anderen Stadtkirchen das ›Te Deum laudamus‹ gesungen worden. Den gesamten Tag ertönten die Kirchglocken, vormittags blieben die Läden auf obrigkeitlichen Geheiß hin verschlossen, nachmittags versammelten sich Festgruppen vor dem Palazzo Vecchio zu spontanen Aufführungen und abendlichen Feuerwerken.303 Am 05. November ist im Florentiner Dom direkt im Chor unter der Kuppel eine Totenmesse für die bei Lepanto Verstorbenen veranstaltet worden. Weitere Exequien folgten in Pisa.304 Die Teilhabe an solchen Lepanto-Feierlichkeiten memorierten die Verfasser florentinischer libri di ricordanze in familialen (Kon-)Texten.305 Gerade aufgrund personeller und materieller Verluste, die in berichten, da er sich im Frühsommer 1571 auf einer Reise von Korsika über Livorno, Pisa und Genua nach Mailand befand. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 79, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Genua, 08. Juni 1571, fol. 1r [310r]: »fuoghi et grand’allegrezze«. Die Reiseroute Gerardos ist aus ebd. sowie ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 80, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 13. Juni 1571 zu rekonstruieren. Gerardo traf am 12. Juni wieder in Mailand ein. 303 ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 552r (»grandi allegrezze«); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 54a, Konzeptschreiben Cosimo I. und Francesco de’ Medici, fol. 132r f., an Philipp II., 02. November 1571 (»felicissima giornata contra l’Inimico della fede di xpo«); Christopher Hibbert: The Rise and Fall of the House of Medici. London u. a. 1979, S. 266. In der klerikalen Dokumentation findet sich bedauerlicherweise kein Hinweis auf die florentinischen Lepanto-Festivitäten: ACMF, Libri di feste e uffizi, 12 (scaffale G-92); ACMF, Atti in originale e in copia, scritture varie, 14 (scaffale H-137); ACMF, Atti in originale e in copia, scritture varie, 3 (scaffale H-139); ACMF, Partiti e deliberazioni, 3 (scaffale A-16) (1538–1579, mit Hinweisen auf die Fronleichnam-Prozession von 1571 auf fol. 162v). Keine Hinweise finden sich auch in ASFi, Consiglio dei Dugento, 5–6. 304 ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 553v. 305 Ein solches, im Kontext der familialen Memoria zu verortendes Schriftstück ist von einem gewissen Giovanbattista Incontri erhalten. Der aus Volterra stammende Incontri war in den 1530er Jahren als Diener (cameriere) der Familie del Monti tätig und hatte als solcher, wie er in dem Memorialbuch schrieb, während einer Messe im Jahr 1536 die Hände Kaisers Karl V. mit Wasser besprenkelt. Entsprechend schilderte er den Einzug Karls V. in die Stadt Florenz besonders ausführlich. Es folgen einige Anmerkungen zu städtischen und militärischen Geschehnissen, etwa die florentinischen Kämpfe um Siena und Porto Ercole. Die letzten Seiten stellen Geburtsvermerke von Kindern dar, die dem Verfasser und den de’ Medici zwischen 1538 und 1552 geboren worden waren. Danach blieb das Manuskript über Jahre hin unbenutzt, bis 1571 eine andere Person das Heft Giovannbattistas erneut zur Hand nahm und eintrug, dass Francesco am 30. September 1571 Vater einer Tochter geworden sei. Als damals Isabella de’ Medici – das vierte Kind der Ehe Francesco und Giovanna de’ Medicis – geboren und abends getauft wurde, war Florenz Austragungsort umfangreicher Feste gewesen. Der neue Autor, bei dem es sich aufgrund der familialen Einbettung der Schrift-

114

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

toskanischen Diensten während der Seeschlacht erlitten worden waren,306 sowie wegen des als Lepanto-Helden verehrten großherzoglichen Schwiegersohns lichkeit vermutlich um einen nahen Verwandten, handelte, griff also 1571 bewusst die Praxis der genealogischen Memorierung auf, welche die Familie Incontri mit jener der de’ Medici in einen Zusammenhang textueller Memoria stellte. Es folgt ein weiterer Eintrag besagter zweiter Hand, als knapp einen Monat später, am 23. Oktober, »die Nachricht von der Niederlage des Türken« eintraf. Der Verfasser schrieb einige Details der zirkulierenden Informationen ab und nannte Datum, beteiligte Kapitäne, Anzahl der Schiffe und die reichhaltig eroberte Beute (zwei Söhne Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇas sowie »viele tesoro und robbe«), um den uitoria grande näher zu umschreiben. Es handelt sich um den letzten Eintrag in das Manuskript, was auf die Bedeutung der Seeschlacht verweist: der Hinweis auf dieses Ereignis scheint dem Verfasser ein gelungenes Ende für das familiale MemoriaBüchlein gewesen zu sein. Dabei dient auch der explizite Hinweis auf Don Juan als Sohn Karls V. als Bogenschluss zum Beginn des Textes: Denn sowohl bei den Einzugsfestivitäten Karls V. 1536 – kurz nach dessen Eroberung von Tunis – als auch bei den Feierlichkeiten zum Seesieg Don Juans und der ›Heiligen Liga‹ war Florenz zu einem Ort geworden, an dem habsburgische Gloria als Sieg gegen die Osmanen in Festakten begangen wurde. Die ausdrückliche Beschreibung der familialen Teilhabe an diesen Festivitäten darf als Indiz auf deren historische Wahrnehmung verstanden werden: Durch die Feierlichkeiten waren diejenigen, die diesen beiwohnten, mit der Ehrung der Sieger über die Osmanen symbolisch verbunden, was die Feste auch in familialem Kontext als Siegesfeierlichkeiten memorierungswürdig werden ließen. Zudem verwiesen sie auf herrschaftliche Genealogie (Don Juan als Sohn Karls V. und die Geburten der de’ Medici) im Zusammenhang mit familialer Genealogie (die Teilhabe Giovannbattista Incontris und seines – vermuteten – Sohnes an den Festen 1536 und 1571 sowie die Notierung der familialen Geburten gemeinsam mit jenen der de’ Medici). GRI, Accession Number, 940050; ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 539v; Claudia Ulbrich: Libri di casa e di famiglia in area tedesca nel tardo medioevo. Un bilancio storiografico. In: Memoria, famiglia, identità tra Italia ed Europa nell’età moderna. Hg. v. Giovanni Ciappelli. Bologna 2009, S. 39–61; James S. Amelang: The Flight of Icarus. Artisan Autobiography in Early Modern Europe. Stanford, California u. a. 1998. Aufschlussreich ist auch das Beispiel Francesco Settimannis, der in seinen ›Memorie Fiorentine‹ besonders ausführlich über die Lepanto-Reaktionen in Florenz berichtet, da er selbst Ritter des Stephansordens war. So wird auch verständlich, weshalb Settimanni so nachdrücklich betont, dass sich auf den florentinischen Liga-Galeeren zahlreiche Stephansritter befanden. Für seine Schilderungen griff er auf zeitgenössische Schriften zurück. ASFi, Inventarbd. 187 (»Manoscritti«), S. 61; ASFi, Manoscritti, 125–147, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, für den hier behandelten Zeitraum vor allem ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574 (ebd., fol. 536v). Vgl. z. B. die Abschriften zeitgenössischer Lepanto-Schilderungen in ebd., fol. 544r–550v (u. a. eine Abschrift des Berichts des Cosimo Bartolli zum Eintreffen Giustinianis aus Venedig). 306 Während der Seeschlacht waren toskanische Edelleute wie etwa Tommaso de’ Medici, Carlo Lioni, Giannozzo da Magnale, Antonio Salutati, Giovanni Guccini und Federigo Martelli verstorben, vor allem jedoch gente ordinaria. Andere waren verletzt worden. Mit dem Eintreffen des toskanischen Lepanto-Kommandanten Alfonso d’Appiano in Livorno (im November) wurden weitere Verluste ersichtlich. Beispielsweise musste die Galeere Fiorentina aufgrund ihrer schweren Schäden aufgegeben werden. ASFi, Inventarbd. 815, Nr. 87; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 576r–580r, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566,

Ein Sieg, viele Herrschaften

115

Paolo Giordano Orsini, der in venezianischen Diensten an der Schlacht teilnahm,307 konnten sich fortan die Großherzöge durch die Glorifizierung einer siegreichen Marine als Lepanto-Sieger inszenieren:308 Noch während der berühmten Hochzeitsfeierlichkeiten von 1589 ließ der Großherzog den Palazzo Pitti fol. 1r f., 46r f., Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Astakos, 09. Oktober 1571; ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 554v; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 418r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 23. November 1571. 307 Orsini hatte den Cavaliere Fabio Romano über Rom nach Florenz entsandt, um den Schwiegervater, Cosimo I. de’ Medici, und seine eigene Ehefrau, Isabella de’ Medici, über die Schlacht und die progressi della felice Vittoria zu unterrichten. Der Lepanto-Brief an seine Gattin ist überliefert in ASC, Archivio Orsini, b. 158 I, doc. 102, Lepanto-Brief Paolo Giordano Orsinis an Isabella de’ Medici, 10. Oktober 1571. Zugleich hatte sein Maggiordomo Antonio Egizio über die Schlacht und den heldenhaften Einsatz Orsinis berichtet, zwar verletzt aber in guter Verfassung sei. Daher war beispielsweise auch ein florentinisches Canzone zu Ehren Don Juans von Michel Capri Isabella de’ Medici aus Freude, wie der Diener (seruidore) schreibt, gewidmet worden. Seine Wahl begründet er damit, dass der Druck ein Dank an Gott darstelle und sowohl Schönheit (bellezza) als auch Freude (allegrezza) der Dichtkunst, des Ereignisses und der daran beteiligten Herrschaft darstelle. Die Eroica Poesia glorifizierte damit nicht allein Juan de Austria, sondern auch die Widmungsempfängerin als Adlige, die als de’ Medici-Herzogin von Bracciano mit dem Großherzog der Toskana und Orsini mit gleich zwei Lepanto-Helden verwandt war, womit die Bedeutungszuschreibung an das Ereignis zugleich mit der Bedeutungszuschreibung der Herrschaft korrelierte – die der Poet für sich zu nutzen wusste. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 53, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 24. Mai 1571, fol. 1r [104r]; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 189v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici. Zitat von ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 388r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 25. Oktober 1571; Antonio Egizio: AVISI Particulari ultimamente mandati dal magnifico m. Antonio Egiptio maggiordomo dell’Illustrissimo & Eccellentissimo Signor Pauolo Giordano, Al Mag. M. Pietro Egiptio suo fratello, Doue minutamente si narra tutto il successo, e conflitto fra l’armata Turchesca, e Christiana. O. O. O. J. (BCas, Vol. Misc. 2244.3; AL, Turcica VII.105/15867); Michele Capri: DELLE LODI DEL SERENISSIMO SIGNOR DON GIOVANNI D’AVSTRIA. Alla Illustrißima, et Eccellentissima Signora D. ISABELLA de Medici Orsina, Duchessa di Bracciano. CANZONE DI MICHEL CAPRI. Florenz 1571. (AL, Turcica V.85/15844), fol. 1v (»insieme bellezza, & allegrezza«). 308 So ließ Cosimo eine Marinestation in Elba errichten und betonte gegenüber dem venezianischen Botschafter, dass sich die Machtfülle eines Herrschers zu Land und See berechne. Der 1575 auf der Piazza della Signoria errichtete, berühmte Neptun-Brunnen sollte die maritime Stärke des toskanischen Großherzogs symbolisieren. Siehe aber auch das ›Monumento dei quattro mori‹ in Livorno. Hibbert: Rise and Fall, S. 266f., 327; Jessica MackAndrick: Pietro Tacca. Hofbildhauer der Medici (1577–1640). Politische Funktion und Ikonographie des frühabsolutistischen Herrscherdenkmals unter den Großherzögen Ferdinando I., Cosimo II. und Ferdinando II. Weimar 2005; Gregory Murry: The Medicean Succession. Monarchy and Sacral Politics in Ducke Cosimo dei Medici’s Florence. (I Tatti Studies in Italian Renaissance History). Cambridge, Mass. 2014; St.-Stephans-Orden: L’ordine di Santo Stefano. Dass sich diese großherzogliche Inszenierung nachteilig auf die nach Lepanto einsetzenden toskanisch-osmanischen Verhandlungen auswirkte, kann hier nur am Rande erwähnt bleiben.

116

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

in Florenz fluten und vor Publikum eine an Lepanto angelegte Seeschlacht zwischen Christen und Muslimen mit 18 Galeeren aufführen (Abb. II.1.7). Eine solche ist zu gleichem Anlass auch auf dem Arno in Pisa veranstaltet worden.309

Abb. II.1.7: Eine Darstellung der Naumachia im Palazzo Pitti in Florenz. (Orazio Scarabelli da Bernardo Buontalenti, 1589). (MET, 31.72.5(11), www.metmuseum.org).

Eine ganz ähnliche Situation bestand für das Herzogtum Savoyen, das offiziell gleichfalls nicht der Liga beigetreten war, aber dennoch drei Galeeren gestellt hatte, die unter der Kommandantur Andrea Provana di Leynìs für Venedig bei Lepanto kämpften.310 Allein auf dessen Capitana befanden sich 114 savoyische 309 Roy Strong: Art and Power. Renaissance Festivals. 1450–1650. Woodbridge 1984, S. 144, Abb. 96; Maria Alberti: Battaglie navali, scorrerie corsare e politica dello spettacolo. Le Naumachie medicee del 1589. In: California Italian Studies 1 (2010), H. 1, S. 1–33. Die Vorbereitungen für die Schlachtaufführung in Pisa sind ausführlich durch ASFi, Guardaroba Mediceo, 142 dokumentiert: für die Bekleidung von 350 auf den Galeeren auftretenden Sklaven wurden Unsummen ausgegeben; der Aufbau der Schiffe ist zuvor in Zeichnungen festgehalten worden; Stoffproben und nummerierte Stechmuster der während der Festivität zu verwendenden Stoffe sind noch heute erhalten; und Künstler wurden eigens angeheuert, die Feierlichkeiten darzustellen. 310 Vergleichbar zum toskanischen St.-Stephans-Orden war der Ritterordens der heiligen Mauritius und Lazarus für das Herzogtum Savoyen zentral, in dem Adlige für ihren katholisch-dynastischen Dienst belobigt und an das Herrscherhaus gebunden worden. Bereits im Gründungsmanifest des Ritterordens (1573, es bestand aber die längere Tradition einer Vorgängerinstitution) stand geschrieben, der Orden fungiere als religione militare, die der Heiligen Kirche (Santa Chiesa) dienen und die Waffen gegen ihre Feinde (inimici) richten

Ein Sieg, viele Herrschaften

117

Adlige.311 Daher ließ Herzog Emanuel Philibert am 23. Oktober eine vom Erzbischof gehaltene Lepanto-Dankmesse in Turin zelebrieren, in deren Anschluss der gesamte Hof im Beisein der Bewohner mit einer großen Festprozession durch die Stadt zog. Freudensalven, Feuerwerke und »andere Freudendemonstrationen« waren zu hören und zu sehen, welche die Turiner, so ein venezianischer Beobachter, einen besonders intensiven, religiösen Trost empfinden ließen. Gerade aufgrund der hochrangigen Toten und zahlreichen weiteren Verlusten war der Seesieg der Liga in Turin als savoyischer Sieg inszeniert worden.312 Bereits zwei Tage nach der Seeschlacht hatte dazu auch der Oberbefehlshaber beigetrasolle. Trotz anfänglich geringer Erfolge verknüpften die Herrscher Savoyens den antiosmanische Ritterorden zunehmend mit der Selbststilisierung des eigenen Hauses und förderten so den Kult des Ordens wie etwa durch die Ernennung des Lepanto-Teilnehmers Andrea Provana di Leynì zum Ordens-Großadmiral sowie die Überführung von Reliquien des Heiligen Mauritius nach Turin. Andrea Merlotti: Un sistema degli onori europea per Casa Savoia? I primi anni dell’Ordine dei santi Maurizio e Lazzaro (1573–1604). In: Rivista storica italiana 114 (2002), H. 2, S. 477–514, insbesondere S. 496ff.; Claretta: Ordine Mauriziano, S. 154–158. 311 Enrico Stumpo: Emanuele Filiberto, duca di Savoia. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 42. Rom 1993, S. 553–566; Cacciavillani: Otto storie, S. 82 spricht von fünf savoyischen Galeeren. Ercole Ricotti: Storia della monarchia piemontese. Bd. 2. Florenz 1861, S. 331f. nennt drei Galeeren, genauso wie Eugenio Albèri: Relazioni degli ambasciatori veneti al Senato. Serie II. Bd. 2. Florenz 1841, S. 221, relazione des Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen (1573); Guido A. Quarti: La guerra contro il turco a Cipro e a Lepanto. MDLXX-MDLXXI. Storia documentata. Venedig 1935, Tafel 40; AST, Archivio Provana di Leynì, Conti per le galere, categoria prima, m. 1, fasc. 7, 06. März 1573. Der Dienst Andrea Provana di Leynìs ist auch aus finanzhistorischer Perspektive gut dokumentiert: Emanuel Philibert von Savoyen beauftragte im November 1570 Cristoforo Centurione während der kommenden zwei Jahre in vier Raten (also alle sechs Monate) Andrea Provana di Leynì 2.275 scudi d’oro d’Italia und 45 soldi di Nizza zu bezahlen. Wie die savoyische Camera dei Conti am selben Tag bestätigte, hatte Andrea Provana di Leynì zwischen 10. Januar 1567 und 10. November 1570 von Emanuel Philibert von Savoyen 9.805 scudi, 10 soldi und 9 denari erhalten und 14.081 scudi, 1 soldo und 9 denari ausgegeben, womit er als Gläubiger (creditore) des Herzogs in Höhe von 4275 scudi und 45 soldi di Nizza angeführt wird. Im Juni 1571 beauftragte Emanuel Philibert von Savoyen Cristoforo Centurione mit der Zahlung von 1.018 scudi d’oro d’Italia, 35 soldi und 2 denari an Andrea Provana di Leynì. AST, Archivio Provana di Leynì, Conti per le galere, categoria prima, m. 1, fasc. 1, Nr. 4, fol. 6r, Turin, 15. November 1570; ebd., Nr. 5, fol. 7r, 15. November 1570; AST, Archivio Provana di Leynì, Conti per le galere, categoria prima, m. 1, fasc. 2, Nr. 1, fol. 1r, Turin, 19. Juni 1571. Siehe auch die lista di polizze e fedi des Andrea Provana di Leynì. AST, Archivio Provana di Leynì, Conti per le galere, categoria prima, m. 1, fasc. 2, Nr. 2, fol. 2r, 20. Juni 1571. 312 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105ar, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571 (»estrema consolatione«); AGS, Estado, Milán, leg. 1230, Juan de Vargas Mexia an Philipp II., Turin, 24. Oktober 1571, fol. 2v (»otras demostraçiones de alegria«);Cacciavillani: Otto storie, S. 77–100; AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petala, 09. Oktober 1571.

118

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

gen, indem er dem Herzog den Austragungsort der Schlacht vielsagend als zwischen der Insel Atokos, der Heimat Herkules’, und dem Gebiet Achaia gelegen beschrieb, dem einstigen savoyischen Herrschaftsgebiet. Damit bezog sich Leynì auf die Linie Savoy-Achaia, die mit den Kreuzzügen als Regenten dieses Fürstentums herrschten. So verbandt der savoyische Kommandant Lepanto mit einer der bedeutendsten mythologischen Heldenfiguren und zugleich mit der glorreichen Vergangenheit seiner Herrschaft. Auf textueller Ebene wird so der osmanische Herrschaftsbereich gewissermaßen ›entosmanisiert‹ und mit mythologisch-savoyischen Traditionen überschrieben. Lepanto wurde so in einem textuellen Rahmen präsentiert, der das Schlachtgeschehen selbst vorstrukturiert und den savoyischen Erfolg gewissermaßen retrospektiv vorwegnimmt oder doch zumindest andeutet.313 Aufschlussreich sind die savoyischen Lepanto-Feierlichkeiten aber nicht allein deshalb, weil sie erneut belegen, dass die Schlacht als jeweils eigener Sieg zelebriert wurde, sondern auch, da spanische und venezianische Botschafter ihren Herrschaften gegenüber die Turiner Festivitäten nicht als Inszenierung eines savoyischen Sieges, sondern als Demonstration der sayoischen Wertschätzung Spaniens und Venedigs beschrieben.314 Damit waren die Lepanto-Feierlichkeiten polysem und glorifizierten nicht allein die eigene Herrschaft als Sieger, sondern im Sinne der Botschafter die Ehre der jeweilig anderen Liga-Obrigkeit. Auch hier war die Lepanto-Ehre folglich nur einzelnen ligistischen Mächten zugeschrieben worden, was zugleich der Selbststilisierung der Botschafter diente.315 Dabei war 313 Ebd., fol. 1r. Ähnlich beschreibt eine Handschrift aus Katalonien den Austragungsort der Seeschlacht als »golfo de Lepanto, entre Acaya, y la Morea mares de la corona de Aragon«. RAH, 9/4254 (nº 2), fol. 1v. 314 AGS, Estado, Milán, leg. 1230, doc. 158, Juan de Vargas Mexia an Philipp II., Turin, 24. Oktober 1571 (mit Auflösung der chiffrierten Textstellen aus ebd., doc. 155): »de tan gran victoria«, »reputacion y calor fresco«; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1 (Einzelnachweise siehe unten); Albèri: Relazioni degli ambasciatori veneti. Bd. 5 (II, 2), S. 113f., 221, 223, relazione des Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen (1573). 315 Zugespitzt ließe sich sagen, dass Girolamo Lippomano letztlich, indem er gegenüber dem Dogen die savoyischen Lepanto-Reaktionen als Handlungen beschreibt, die Gott für den Sieg der ›Heiligen Liga‹ priesen und Venedig als Sieger von Lepanto ehrten, seinen erfolgreichen Dienst als Botschafter für Venedig betonte. Damit diente die Nachricht von Lepanto und den Feierlichkeiten in Turin Lippomano vor allem dazu, seinen persönlichen Verdienst für die Republik Venedig zu manifestieren. Der venezianische Botschafter in Savoyen in den Folgejahren weiter auf der diplomatischen Karriereleiter emporklettern. Nach Turin wurde Lippomano mit Gesandtschaftsmissionen in Neapel, Paris, Madrid betraut und schließlich als Bailo nach Istanbul gesandt. Lippomanos weiterer Ämterverlauf verdeutlicht jedoch zunächst vor allem, dass seine Tätigkeit als venezianischer Botschafter in Savoyen auf positive Reaktionen gestoßen sein dürfte. Dass der Seesieg von Lepanto in Lippomanos Amtszeit, die vom 30. August 1570 bis zum 23. Juli 1572 reichte, eine zentrale Bedeutung für dessen Tätigkeit und Selbstdarstellung gegenüber Venedig einnahm, verdeutlichen im ve-

Ein Sieg, viele Herrschaften

119

der Dienst der Diplomaten als Amts- und Familienehre konzipiert, insofern der Bruder des venezianischen Botschafters bei Lepanto gekämpft und so der Diplomat selbst seitens Venedigs und Savoyens besondere Wertschätzung erfahren hatte.316 Möglich war diese botschafterliche Selbststilisierung aber vor allem aufgrund konkreter Maßnahmen, mit denen die savoyische Herrschaft Deutungsansprüche über Lepanto erhob. Emanuel Philibert hatte den die LepantoNachricht überbringenden, venezianischen Botschafter in einer Audienz umarmt und unter Tränen den lateinischen Psalm 118, 24 rezitiert: »Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; lasset uns freuen und fröhlich darinnen sein.«317 Den nezianischen Staatsarchiv überlieferte Quellen. Cacciavillani: Otto storie, S. 84; Carla Coco/ Flora Manzonetto: Baili veneziani alla sublime porta. Storia e caratteristiche dell’ambasciata veneta a Costantinopoli. Venedig 1985, S. 51–55; Archivio di Stato di Venezia (Hg.): Dispacci degli ambasciatori al Senato. Indice. (Ministero dell’interno. Pubblicazioni degli archivi di stato, Bd. 31). Rom 1959, S. 263. 316 Girolamo Lippomano beendete sein dem Dogen übersandtes Schreiben vom 23. Oktober mit dem Hinweis darauf, dass der trostvermittelnde Charakter der Siegesnachricht sich dadurch für ihn noch vermehre, weil er vernommen habe, wie tapfer sich sein Bruder Niccolò im Kampf gegen die Osmanen geschlagen habe. Dessen Schlachtbeschreibung war bereits am 19. Oktober mit der Galeere Giustinianis nach Venedig gesandt worden. Bereits einen Tag später lag sie dem habsburgischen Botschafter vor und offensichtlich erhielt auch Niccolòs Bruder in Turin innerhalb weniger Tage eine Abschrift. Wenig später war der venezianische Botschafter dann auch vom Herzog über den tapferen Einsatz seines Bruders informiert worden, nachdem di Leynì über Lippomanos heldenhaften Kampfeinsatz berichtet und Emanuel Philibert um Bekanntgabe dieser Neuigkeit an den venezianischen Botschafter Girolamo Lippomano gebeten hatte. Dieser hatte allerdings bereits in den ersten Siegesnachrichten vom Einsatz seines Bruders im Schlachtgeschehen bei Lepanto erfahren und bezeichnete dies als Schuldigkeit, Verpflichtung und Verbindlichkeit (debito) im Dienst für Venedig und vergleicht den militärischen Einsatz seines Bruders mit seinem eigenen diplomatischen Dienst. Denn es sei genauso sein Wunsch, dieser durch Gottes Hand begünstigten Republik zu jedweder Gelegenheit mit ganzem Herzen – und, wenn nötig, auch mit dem eigenen Leben – dienen zu können. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105br, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift eines Briefes von Niccolò Lippomani, Astakos, 08. Oktober 1571, fol. 1r; AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petalas, 09. Oktober 1571, fol. 3v; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105br, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571. Zur Rhetorik der göttlich erwählten Republik siehe David Rosand: Myths of Venice. The Figuration of a State. Chapel Hill 2001. 317 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 104ar, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 22. Oktober 1571. Das Konzeptschreiben findet sich im ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, an Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen. Zum Eingang der Nachricht siehe ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105ar–105bv, Girolamo Lippomano, veneziani-

120

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Lepanto-Festivitäten schloss sich auch ein Bankett an, währenddessen die Herzogin Margarethe als Tochter von Franz I. gegenüber dem venezianischen Botschafter Girolamo Lippomano versicherte, noch am selben Tag einen Brief aufzusetzen und sich gegenüber Caterina de’ Medici für einen Liga-Beitritt Frankreichs und die Aufstellung eines Heeres unter dem Kommando des Königssohnes François-Hercule de Valois stark zu machen. Lippomano stilisierte dies nun als pro-venezianisches Verhalten, wozu er die Madama bewegt habe.318 Ebenso soll ihm der Herzog nach Lepanto berichtet haben, in einer alten Chronik von den »allerhöchsten Geschenken und Ehren«, die Venedig bereits den savoyischen Grafen Amedeus V. für dessen Einsatz im Kampf gegen Muslime bei Rhodos (1310) zukommen ließ, gelesen zu haben. Der Herzog sei daher gewillt, zum Wohle der Republik Venedig zu handeln, womit Lippomano erneut den Erfolg seiner Botschaftertätigkeit darlegte.319 Auch soll ihn der savoyische Herzog zu Lepanto-Festen in seiner Residenz aufgefordert haben, was Lippomano sogleich als Gelegenheit wahrnahm, um materielle Zuwendungen seitens der Serenissima zu erbeten. Denn bereits nach der Turiner Lepanto-Dankprozession (23. Oktober) hatte sich eine Menschenmenge vor seinem Haushalt versammelt, und die Lebensmittelvorräte (insbesondere Getreide) geplündert, die für den Rest des Jahres gehortet worden waren. Der Botschafter beschrieb dies nun als beklagenswerten Umstand, dem er aber nicht Einhalt geboten hatte, weil dies als Lepanto-Almosen verstanden worden sei und er die Ehre Venedigs befördern wollte.320 Gerade indem Lepanto als göttlicher Sieg Savoyens inszeniert wurde, scher Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571 (»et soggiongendo he˛c est dies quam fecit dominus exultemus, et le˛ctemur in ea«); AGS, Estado, Milán, leg. 1230, doc. 154, Doge Alvise Mocenigo I. an Herzog Emanuel Philibert von Savoyen, Venedig, 19. Oktober 1571 (»hauendo ella dati cosi uiui segni dell’animo suo in ogni tempo«; »di cosi grande, et honorata Vittoria«); ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 169v, 19. Oktober 1571. 318 Auch mit dem französischen Botschafter habe Lippomano darüber debattiert, der diesem zufolge ebenfalls auf einen Ligabeitritt seines Königs hoffe, aber aufgrund der innerfranzösischen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Hugenotten Bedenken hatte. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 108ar f., Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 19. November 1571; ebd., fol. 105av, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571; AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Francia, m. 3, fasc. 1, Nr. 9, Signore di S. Paolo, savoyischer Botschafter in Frankreich, an Emanuel Philibert von Savoyen, 18. Dezember 1571; AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Francia, m. 3, fasc. 2, Konzeptschreiben eines Briefes von Emanuel Philibert von Savoyen an den Signore di S. Paolo, savoyischer Botschafter in Frankreich, Turin, 08. Dezember 1571. 319 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 110ar– 110bv, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 02. Dezember 1571 (»grandiss:mi presenti, et honori«). 320 Ebd., fol. 105av, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Herrschaften

121

den es mit Dankfestivitäten zu erwidern gelte, war das savoyische Lepanto eine Möglichkeit, Relationen zu anderen Liga-Herrschaften zu thematisieren.321 Lepanto war dann ein eigener Sieg und ein Sieg der Anderen, der zum eigenen Nutzen dargestellt werden konnte. Darüber hinaus dürfte Lepanto von weiteren italienischen Herzögen gefeiert worden sein, deren Familienmitglieder an der Seeschlacht teilgenommen hatten und durch Verwandte als Lepanto-Helden glorifiziert wurden oder sich selbst als solche stilisierten (Parma, Mantua, Urbino).322 Aber auch in Herrschaften, die selbst keinen direkten Anteil am Seesieg besaßen, ist Lepanto gefeiert worden. 321 So hatte Emanuel Philibert auch einen Gesandten nach Madrid geschickt, um dem spanischen König zum Sieg über die »Feinde des Heiligen Glaubens« zu gratulieren. AGS, Estado, Milán, leg. 1232, doc. 66, Herzog Emanuel Philibert von Savoyen an Philipp II., Turin, 27. November 1571, fol. 1r: »uictoria que .N. S.or Dios asido seruido dar al Armada de .V. M.d contra los enemigos de su s.ta ffe«. Siehe auch ebd., doc. 68, Emanuel Philibert von Savoyen an Philipp II., Turin, 27. November 1571; AGS, Estado, Milán, leg. 1230, doc. 158, Juan de Vargas Mexia, Turin, 24. Oktober 1571, fol. 1r f. 322 Vgl. etwa Ottavio Gonzaga als Lepanto-Teilnehmer und -Held: AGS, Estado, Sicilia, leg. 1135, doc. 80, Ottavio Gonzaga an Antonio Perez, Echinaden, 10. Oktober 1571; Simona Mammana: Lèpanto. Rime per la vittoria sul Turco. Regesto (1571–1573) e studio critico. (Studi e testi. Serie di Filologia e Letteratura, Bd. 33). Rom 2007, S. 85f. verweist auf Curzio Gonzaga: Tre canzoni del molto illustre Curtio Gonzaga nella felicissima vittoria christiana contra turchi. Dillingen 1572; Roberta M. Ridolfi: Gonzaga, Curzio. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 57. Rom 2001, S. 704ff.; Tamborra: Stati italiani, S. 51–68. Siehe aber auch ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua; Ottavio Farnese, Herzog von Parma; Guidobaldo II della Rovere, Herzog von Urbino; Alfonso II d’Este, Herzog von Ferrara, Modena und Reggio. Beinahe wortgleiche Schreiben gingen an Giannotto Lomellini, Doge von Genua, sowie Elisabeth I., Königin von England. Einführend hierzu siehe Ricci: Appello al Turco. Zu den in Mantua eingehenden Lepanto-Nachrichten vgl. ASMa, Archivio Gonzaga, 1504, fasc. 1, Schreiben des mantuanischen Botschafters Paolo Moro in Venedig an den Castellano von Mantua und Guglielmo Gonzaga; Pietromarchi: Alessandro Farnese; Léon van der Essen: Alessandro Farnese, duca di Parma, Piacenza e Castro. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 2. Rom 1960, S. 219–230; BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 279v, Ferrara, 30. Mai 1570; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 67r, Venedig, 11. Juni 1571; ebd., fol. 71v, Rom, 02. Juni 1571. Alessandro Farnese ging über Otranto an Land, sprach am 13. November in einer Audienz beim Papst vor und reiste erst am 19. November aus Rom ab, um über die Abruzzen, wo er seine Mutter, die Madama, besuchte, nach Parma zurückzukehren. Er hatte selbst eine Schlachtbeschreibung verfasst, die er dem spanischen König sandte. Darin beschrieb er Philipp II. den Sieg als Gnadenakt Gottes, der die Tapferkeit und Ehre Juan de Austrias zeige. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 111 fol. 1r–2v [330r-331v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 01. November 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 278r, Rom, 03. November 1571; ebd., fol. 283r, Rom, 17. November 1571; ebd., fol. 284r, Rom, 24. November 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 180(1), fol. 1v [395v]; AGS, Estado, Sicilia, leg. 1135, doc. 81, Alessandro Farnese an Philipp II., »boca de Lepanto«, 11. Oktober 1571, fol. 1r; Gino Benzoni: Guidubaldo II Della Rovere. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 61. Rom 2003, S. 478–488; Anonym: COPIA DELL’AVISO VENVTO da Vinegia. (AL, Turcica VI.95/15855).

122

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

So etwa in Ferrara, wo die gesamte herzögliche Familie der d’Este durch ihren in Venedig residierenden Botschafter über Lepanto informiert worden ist.323 Die erste Siegesnachricht traf am 20. Oktober in Ferrara ein, woraufhin Alfonso II. d’Este Heilige Messen, Prozessionen und »feierliche Orationen« am 21., 22. und 23. Oktober veranstalten ließ.324 Gleichfalls ließ sich der Herzog durch seine 323 Der Herzog selbst, dessen Gemahlin und der Onkel: ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Venezia, b. 54, fasc. 96 X, Claudio Ariosto an Alfonso II. d’Este (Abschrift eines ursprünglich an dessen Gattin, Barbara von Österreich, sowie eines ursprünglich an dessen Onkel, Francesco d’Este, gesandten Schreibens), Venedig, 19. Oktober 1571. Der Herzog verfügte über ein extensives Netzwerk der Informationsübermittlung, sodass auf diesem Wege auch weitere Details zur Seeschlacht von Lepanto eingetroffen sein dürften. Die Familie d’Este verfolgte aufmerksam die Geschehnisse in der Levante und ließ sich über den Zypernkrieg und die Flottenbewegeungen aus Kreta, Neapel und Rom informieren. Noch zwei Jahre nach Lepanto besaß der Herzog von Ferrara einen Informanten, der Don Juan während des Tunis-Feldzuges begleitete und von Palermo und Tunis aus Nachrichten nach Ferrara sandte. Im bereits im August hofften die Familienmitglieder gemeinsam mit ihren Korrespondenten auf einen »Sieg der Christen gegen den Türken«. Vgl. ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Levante, b. 1, Baldassare Boschettis Schreiben, Juni 1570 bis Mai 1571; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Napoli, b. 11, Fulvio Quistelli an Alfonso II. d’Este, Neapel, 16. und 17. August 1571; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Roma, b. 84, fasc. 368, Antonio Scaino an den Kardinal d’Este, Rom, 27. August 1571, fol. 12v f.; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Tunisia, b. 1, Fra Alfonso Maleguzzi an Alfonso II. d’Este, Palermo, 13. September 1573 sowie ebd., ders. an dens., Tunis, 11. Oktober 1573; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Roma, b. 84, fasc. 368, Antonio Scaino an den Kardinal d’Este, Rom, 27. August 1571, fol. 12v (»uittoria delli christiani contro il Turco«). Während meiner Recherchen vor Ort (März 2013) war ASMo, Cancelleria ducale, Estero, avvisi e notizie dall’estero, 7 aufgrund der Folgen eines schweren Erdbebens auf absehbare Zeit nicht einsehbar. Laut ASMo, Inventarbd. 41, nicht nummerierte Seite (Eintrag »AVVISI E NOTIZIE DALL’ESTERO (1393–1796)«) befinden sich in dieser busta Avvisi aus den Jahren 1569 bis 1572 u. a. aus Antwerpen, Brüssel, Genua, Lyon, Neapel, Paris und Venedig. Es kann daher nur zu vermuten, dass einige der in diesem Bestand aufbewahrten Avvisi Informationen zur Seeschlacht von Lepanto enthalten könnten. 324 So informierte bspw. der nach Venedig gesandte, ferraresische Lepanto-Gratulant den dortigen spanischen Botschafter, dass in Ferrara sacrificios y oraciones zu Ehren des LigaSieges und als Dank für Gottes Wirken abgehalten werden, an denen er unbedingt teilnehmen wolle. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 106, Don Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 22. Oktober 1571, fol. 1v [214v]. Zu den Festen siehe vor allem ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2892, Bernardo Canigiani an Francesco I. de’ Medici, Ferrara, 22. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2892, Bernardo Canigiani an Francesco I. de’ Medici, Ferrara, 22. Oktober 1571: »orazioni solemneme[n]te«. Zu Ferrara und dem Osmanischen Reich vgl. auch Giovanni Ricci: Ossessione turca. In una retrovia cristiana dell’Europa moderna. Bologna 2002; Marina Formica: Lo specchio turco. Immagini dell’altro e riflessi del sé nella cultura italiana d’etá moderna. (Saggi. Storia e scienze sociali). Rom 2012, S. 89, 99. Details zu den Festivitäten sind kaum nachweisbar. Womöglich erinnerten die Feste an die im Januar 1570 gefeierten Vermählungsfestivitäten und -turniere Lucrezia d’Estes mit dem Herzog von Urbino oder an den noch im Juli 1571 veranstalteten, festlichen Auszug der ferraresischen Herzogin Barbara von Österreich. ASMo, Casa e stato, corte, 455, I, fol. 28v[sic!], Januar 1570; ebd., Juli 1571. Es darf vermutet

Ein Sieg, viele Herrschaften

123

Botschafter über Lepanto-Festivitäten in Rom, Madrid, Venedig und Frankreich unterrichten.325 Wie kam es also zu dieser informativen und zeremoniellen Partizipation an zeitgenössischen Lepanto-Festivitäten? Weshalb feierte eine Herrschaft einen Seesieg, an dem sie nicht teilgenommen hatte? Aufschlussreich hierzu ist eine Formulierung des toskanischen Repräsentanten vor Ort. Bernardo Canigiani schrieb, dass Lepanto in Ferrara als Wunder Gottes wahrgenommen worden sei. Nun ist das angesichts zeitgenössischer Wunderdiskurse zur Seeschlacht keineswegs verwunderlich, besaß allerdings für das Herzogtum eine besondere Bedeutung. Denn die Herrschaft war 1570/71 von mehreren, verheerenden Erdbeben heimgesucht worden. Noch im Mai hatten zwei Erdbeben kurz hintereinander gewütet, Anfang November folgte ein Weiteres, das besonders schwere Schäden hinterließ.326 Diese Naturkatastrophen besaßen einen großen Einfluss auf die Schrift- und Wissensproduktion, denn einerseits verfassten Humanisten Traktate zu Erdbeben und deren (möglicherweise zu verhindernden) Folgen, während andererseits eine Reihe an prophetischen Schriften entstand. In diesen sahen christliche und jüdische Autoren in den Erdbeben vor allem eines: Gottes Wirken.327 Einer solchen Prophezeiung zufolge, sollte Ferrara werden, dass weitere Lepanto-Festivitäten auch in Modena veranstaltet wurden. Denn hierbei handelte es sich neben Ferrara um die zweite bedeutende Stadt des Herrschaftsgebietes Alfonso II. d’Este, in denen während des 16. und 17. Jahrhunderts zahlreiche Turniere, Rennen, Tanzveranstaltungen und andere Festivitäten, darunter besonders solche zu Pferd (feste a cavallo), stattfanden. Einen guten Einblick hierzu liefern ASMo, Archivio per materie, spettacoli pubblici, 9/A; ASMo, Archivio per materie, spettacoli pubblici, 9/B. 325 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Francia, b. 60, Borso Trotti an Alfonso II. d’Este, Durtal, 12. November 1571, fol. 1v f. sowie ebd., ders. an dens., Durtal, 13. November, fol. 1v f.; ebd., Antonio Ariosto an Alfonso II. d’Este, 31. Oktober 1571; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Roma, b. 84, fasc. 373 I, Francesco Priorati an Giovanni Battista Pigna, »secre.rio del signor Duca di Ferrara«, Tivoli, 24. November 1571; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Spagna, b. 10, Giacomo Ferrari an Alfonso II. d’Este, Madrid, 05. November 1571; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Venezia, b. 54, fasc. 96 X, Claudio Ariosti an Alfonso II. d’Este (Abschrift eines ursprünglich an dessen Gattin, Barbara von Österreich, gesandten Schreibens), Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., Claudio Ariosti an Alfonso II. d’Este (Abschrift eines ursprünglich an dessen Onkel, Francesco d’Este, gesandten Schreibens), Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., Claudio Ariosti to Alfonso II. d’Este, Venedig, 07. November 1571. Zu den engen ferraresischen Beziehungen mit Frankreich siehe auch ASMo, Casa e stato, ramo ducale, principi regnanti, 331. 326 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2892, Bernardo Canigiani an Francesco I. de’ Medici, Ferrara, 22. Oktober 1571: »cosa poco sp[er]ata, et co[n]seguita p[er] miracolo d[i] Dio«. Ebd., Bernardo Canigiani an Cosimo I. de’ Medici, Ferrara, 24. Mai 1571; ebd., Bernardo Canigiani an Cosimo I. de’ Medici, Ferrara, 07. November 1571; Achille Olivieri: Il significativo escatologico di Lepanto nella storia religiosa del Mediterranea del Cinquecento. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 257–278; Letizia Pierozzi: La vittoria di Lepanto nell’escatologia e nella profezia. In: Rinascimento S. S. 34 (1994), S. 317–363. 327 Craig Martin: Renaissance Meteorology. Pomponazzi to Descartes. Baltimore 2011, S. 60–79;

124

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

in der Nacht vom 15. auf den 16. November 1571 durch ein weiteres Erdbeben endgültig zugrunde gehen. Sogleich am Morgen darauf schrieb der toskanische Botschafter von Ferrara aus nach Florenz, dass die Stadt mit Gottes Hilfe kein weiteres Erdbeben erlebt habe.328 Dass diese Prophezeiung in diplomatischen Kreisen so eifrig rezipiert wurde, zeigt, wie sehr die Katastrophen in der damaligen Wahrnehmung die göttliche Fundierung der Herrschaft selbst betrafen. Und genau deshalb dürfte auch Lepanto in Ferrara feierlich begangen worden sein: Denn wenn der Ausgang der Schlacht als das Resultat göttlichen Wirkens interpretiert wurde, dann stellte dies einen Gnadenakt dar, für den es sich als fromme Herrschaft durch liturgische Handlungen erkenntlich zu zeigen galt. Damit präsentierte sich das Herzogtum selbst als gute, christliche Herrschaft und inszenierte damit zugleich Lepanto als ein Ereignis, das für Ferrara und Modena Bedeutung besitze: Denn wenn die Monate zuvor Gott die d’Este und ihre Untertanen mit den Erdbeben hart geprüft hatte, so stellte Lepanto eine qualitative Veränderung im Heilsplan dar, die auf göttliches Wohlwollen gegenüber Christen schließen ließ.329 Durch die Festivitäten präsentierte sich Ferrara als Teil dieser Gemeinschaft, um Gottes Wohlwollen durch Zelebrationen auch für diese Herrschaft zu beanspruchen. Damit war Lepanto als göttlicher Sieg zugleich ein ferraresisches Ereignis. Ebenso ließ der gleichfalls nicht an der ›Heiligen Liga‹ beteiligte französische Monarch noch am 29. Oktober 1571 umfangreiche Freudenfeste durchführen.330 Noch am 31. Oktober setzte Karl IX. ein Schreiben auf, das den Maréchal de France Artus de Cossé, den Präsidenten des Parlaments von Paris Christophe de Thou sowie den Pariser Bischof Kardinal Pierre de Gondi über »den glücklichen Sieg« informierte. Insgesamt, so teilte der König mit, seien bei nur geringem, ligistischem Verlust 20.000 »Türken« (Turcqs) getötet und 5.000 gefangengeMaurice-Ruben Hayoun: La filosofia ebraica. Dall Medioevo all’età contemporanea. Mailand 2009, S. 69; Michael Wyatt: Technologies. In: The Cambridge Companion to the Italian Renaissance. Hg. v. dems. Cambridge u. a. 2014, S. 116. 328 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2892, Bernardo Canigiani an Francesco I. de’ Medici, Ferrara, 16. November 1571. 329 Bestätigung fand diese Interpretation in einer dem Herzog von Ferrara übersandten päpstlichen Breve. Hier übermittelte der Papst die Nachricht vom »gefeierten Sieg (celeberrimam victoriam) […] gegen die höchst ungeheuerlichen türkischen Feinde« und versicherte ihn der Freude, mit der die Christen der Gnade Gottes dankten. ASMo, Cancelleria ducale, Carteggio principi esteri, b. 1300/15 (Nr. 151), Breve Papst Pius V., an Alfonso II. d’Este, Rom, 23. Oktober 1571: »celeberrimam victoriam […] contra immanißimos hostes Turcas«; »Christiani populi beneficio gaudens gratias Deo misericordiarum«. Eine Recherche in ›Edit 16‹ ergab sechs in Modena erschienene, zeitgenössische Lepanto-Drucke. 330 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 139v, Paris, 29. Oktober 1571: »allegrezze«; »gran festa vniuersalm:te«. Zum Eingang der venezianischen Lepanto-Schreiben am Hof von Paris siehe AN, Parlement de Paris, registres du Conseil, X1A 1633, fol. 352v, Karl IX. an das Parlament von Paris, Vaujours, 31. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 139v, Paris, 29. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Herrschaften

125

nommen worden. Unter den Verstorbenen habe sich auch einer der ranghöchsten Pasˇas (bassatz/ bachatz) befunden. Weitere 14.000 Christen seien befreit. Der König ordnete an, dass die Adressaten die Durchführung einer Generalprozession sicherzustellen hatten, die dazu dienen sollte, Gott für einen solch »glücklichen Erfolg« (heureux succez) zu danken.331 Nachdem die Neuigkeiten Christophe de Thou erreicht hatten, verabschiedete das Pariser Parlament am 03. November eine Anordnung zur Durchführung dieser Prozession. Am darauffolgenden Sonntag (04. November) hatte sich de Thou um 7 Uhr morgens am Hôtel de Ville einzufinden. Von dort aus sollten – ursprünglich »pünktlich« geplant, dann allerdings doch mit einiger Verzögerung gegen 9 Uhr – die städtischen Amtsträger und Notabeln in Richtung der Note-Dame-Kathedrale marschieren. Dieser Festmarsch wurde von 500 Hellebardieren, 500 Arkebusieren sowie weiteren 500 Pistolen- und Armbrustschützen begleitet. Die in ihren schwarzen Roben gekleideten Parlamentsmitglieder versammelten sich hingegen in der Berufungskammer des Parlaments auf der Île de la Cité, da die Große Kammer so kurzfristig nicht entsprechend ausgeschmückt werden konnte. Von dort aus gingen sie separat zur nahegelegenen Kathedrale. An Note-Dame setzte sich schließlich die Generalprozession in Bewegung, die entlang des Palais de la Cité zur Sainte-Chapelle und schließlich wieder zurück zur Kathedrale NotreDame führte, wo der Kantor die Lepanto-Messe zelebrierte. Dort war bereits am 02. November das königliche Lepanto-Schreiben durch den Vikar verlesen und das ›Te Deum laudamus‹ angestimmt worden.332 331 Paul Guérin (Hg.): Registres des délibérations du Bureau de la Ville de Paris publiés par les soins du service historique. Bd. 6: 1568–1572. Paris 1892, S. 384. Das Schreiben wird aufbewahrt in: AN, Parlement de Paris, registres du Conseil, X1A 1633, fol. 352v, Karl IX. an das Parlament von Paris, Vaujours, 31. Oktober 1571: »l’heureuse Victoire«; »estant bien mort en ceste Victoire Vingt mil Turcqs auec l’un des principaux. bassatz [Einschub: bachatz]. Cinq mil prisonniers Cent quatre Vingtz gallaires prinses Et deliuré bien quatorze mil [chrét]iens qui estoien Captifz sur lesd. gallaires Et esté le tout executé auec bien petite perte de lad. Armée [chrét]ienne«. 332 AN, Parlement de Paris, registres du Conseil, X1A 1633, fol. 352r, Eintrag vom 04. November 1571; AN, Archives du Bureau de la Ville de Paris, Registres des délibérations, H 1786, fol. 228r; AN, Archives du Bureau de la Ville de Paris, Registres des délibérations, H 1786², fol. 147r; AN, Monuments ecclésiastiques, registres, archevêché et église cathédrale de Paris, Chapitre de Notre-Dame et établissements dépendants, Registres capitulaires, LL 157, S. 583; AN, Monuments ecclésiastiques, registres, archevêché et église cathédrale de Paris, Chapitre de Notre-Dame et établissements dépendants, Registres capitulaires, LL 158, fol. 159v; Guérin: Registres des délibérations du Bureau de la Ville de Paris. Bd. 6, S. 384f. Amtsträger waren die »Prevost des Marchans, Eschevins, Procureur, Recepveur, Greffier, Conseillers, Quarteniers et bourgeois de lad. Ville« (ebd., S. 385). Keine Hinweise barg AN, Archives du Bureau de la Ville de Paris, troisième série chronologique, fêtes et céremonies organisées par le corps de ville ou auxquelles il a participé à l’occasion d’événements divers, K 998 (1562– 1620). Weitere Hinweise auf die Pariser Lepanto-Festivitäten sind in AN, Monuments ecclésiastiques, registres, archevêché et église cathédrale de Paris, Chapitre de Notre-Dame et

126

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Die Verwunderung muss bei einigen Zeitgenossen groß über die in Paris und auch in Lyon stattfindenden Lepanto-Feste gewesen sein,333 denn noch Anfang November war in Turin die Annahme verbreitet, dass sich der französische Hof nicht allzu sehr über die Nachricht vom Ausgang der Seeschlacht bei Lepanto freuen werde.334 Entsprechend überraschend dürfte die Mitte Dezember verfasste Nachricht des savoyischen Botschafters in Frankreich in Turin aufgenommen worden sein, der berichtet, dass die Freude in Paris anlässlich des Seesieges der ›Heiligen Liga‹ sehr groß gewesen sei. Vor allem in Venedig, Spanien und Rom sind die Pariser Festakte daher als ein Zeichen verstanden worden, dass Frankreich einen Liga-Beitritt in Betracht ziehe.335 Im toskanischen Botschafterumfeld Venedigs hielt sich gar das Gerücht, dass der Königssohn und Herzog von Alençon, François-Hercule de Valois, höchstpersönlich den Seesieg als ein noch nie dagewesenes »ehrenwertes Unterfangen« bezeichnet habe.336 Doch was die Liga-

333

334 335

336

établissements dépendants, Extraits de Sarrasin, LL 260 sowie AN, Monuments ecclésiastiques, registres, archevêché et église cathédrale de Paris, collégiales et paroisses du diocèse de Paris, Sainte-Chapelle du Palais, Registres capitulaires, LL 599 zu vermuten. Die Akten waren allerdings nicht zur Benutzung freigegeben. Dasselbe gilt für die Minutes vom Conseil (AN, X1B 625; ebd., X1B 626). Die lettres reçues ou envoyées par le Parlement, registres de la Chancellerie du Palais ou Petite chancellerie sowie Maison du Roi setzen erst zu einem späteren Zeitpunkt ein. Zu Lyon siehe Rawdon Brown/ G. Cavendish Bentinck (Hg.): Calendar of State Papers and Manuscripts, relating to English Affairs, existing in the Archives and Collections of Venice, and in other Libraries of Northern Italy. Bd. 7: 1558–1580. London 1890, S. 478; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Francia, filza 7 (aufgrund des schlechten Materialzustandes für die Konsultation gesperrt); ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Francia, b. 60, Antonio Ariosto an Alfonso II. d’Este, 31. Oktober 1571; Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 148; Clarence D. Rouillard: The Turk in French History. Thought and Literature (1520–1660). Paris 1938, S. 72. Ähnliche Gottesdienste dürfen für Tours und ein gewisses »Rosciedin« angenommen werden. »Rosciedin« muss entweder als italophone Form eines französischen Ortsnamens oder aber als Transkriptionsfehler gedeutet werden. Entsprechend hätte auch hier die Konsultation des Originals weitere Hinweise liefern könnten, dessen Einsichtnahme jedoch nicht möglich ist. Lynn Martin (Hg.): Correspondance du Nonce en France Fabio Mirto Frangipani (1568–1572 et 1586–1587), Nonce extraordinaire en France en 1574, 1575–1576 et 1578. (Acta Nuntiaturae Gallicae, Bd. 16). Rom 1984, S. 176f.; Brown/ Bentinck: Calendar of State Papers. Bd. 7, S. 478; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Francia, filza 7. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 107av, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 07. November 1571. AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Francia, m. 3, fasc. 1, Nr. 9, Signore di S. Paolo, savoyischer Botschafter in Frankreich, an Emanuel Philibert von Savoyen, 18. Dezember 1571; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Alvise Contarini, venezianischer Botschafter in Frankreich, 25. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 154r, Rom, 01. Dezember 1571; Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 265–269; Ernest Charrière: Négociations de la France dans le Levant […]. Bd. 3. Paris 1853, S. 205–214. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 357r, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 21. November 1571. Vergleichbar erschienen auch in Frankreich Drucke, die

Ein Sieg, viele Herrschaften

127

Herrschaften als Indiz für einen Beitritt zum Bündnis verstanden, dürfte sich vielmehr um eine auf innerfranzösische Angelegenheiten hin gerichtete, symbolische Positionierung gehandelt haben. Denn durch die Feste selbst präsentierte sich der König als zu den »christlichen Herrschern« zugehörig, denen sich Gottes Wille zum Sieg durch Lepanto gezeigt habe: so wie diese Katholiken im Mittelmeer die muslimischen Osmanen besiegt hatten, so demonstrierte Karl IX. nun Stärke gegen die französischen Hugenotten.337 Lepanto war dann gerade als Liga-Sieg ein katholisches Ereignis, das durch dessen Zelebration zu einem französischen Ereignis gemacht werden konnte. Ebenso sind Lepanto-Festivitäten im Königreich Portugal belegt, das gleichfalls kein Mitglied der ›Heiligen Liga‹ war. Bezeichnenderweise sind diese für die Route des von Madrid nach Lissabon reisenden päpstlichen Legaten nachweisbar, der dort König Sebastian I. zum Liga-Beitritt bewegen sollte. Beispielsweise war der Kardinal Michele Bonèlli am 28. November vom Bischof von Évora mitsamt ranghohen Klerikern, Hofleuten, städtischen Würdenträgern und knapp 200 Menschen zu einem Bankett empfangen worden. Trompeter und Trommler kündigten Hellebardiere und Gardisten, aber auch Dunkelhäutige (mori), spielende und mit Palmenzweigen prozessierende Knaben sowie zahlreiche »Ägypterinnen oder Zigeunerinnen« an. Antikisierende Ehrenpforten hießen den Kardinal in Portugal willkommen, das von den »Mohren« befreit worden sei.338 Am 03. Dezember war der Kardinal schließlich in Lissabon eingezogen. Er selbst beschrieb das Spektakel als ehrenvollen Empfang durch den König. Die Gesandtschaft hatte sich auf einem reich mit Tapisserien geschmückten sowie mit einem Seidenbaldachin ausgestatteten Schiff der Stadt genähert. Sie wurde durch den Patriarchen von Lissabon mit einem entgegenfahrenden Schiff empfangen. Dabei war durch die Trommler eine solche Geräuschkullisse evoziert worden, dass ein Gesandtschaftsmitglied schrieb, »dass es Lepanto als Vereinigung von Europa und Asia in mythologischen Zusammenhängen glorifizierten. Siehe den Druck des griechischstämmigen Jacques de Vintimille: DE VITTORIA NAVALI CHRISTIANORVM ADVERSVS TVRCAS, […]. Dijon 1572. (AL, Turcica XIV.208/ 15999). 337 Guérin: Registres des délibérations du Bureau de la Ville de Paris, S. 384 (»princes chrestiens à l’encontre du Turc«); Nancy L. Roelker: One King, One Faith. The Parlement of Paris and the Religious Reformations of the Sixteenth Century. Berkeley u. a. 1996; Mack P. Holt: The French Wars of Religion, 1562–1629. (New Approaches to European History, Bd. 8). Cambridge u. a. 1995; Barbara B. Diefendorf: Beneath the Cross. Catholics and Huguenots in Sixteenth-Century Paris. New York/ Oxford 1991. 338 ASVat, Fondo Pio, 117, Giovanni Battista Venturino da Fabriano, »Del Viaggio fatto dall’ Ill:mo e Reu:mo Card.le Alelessandrino Legato Apostolico«, fol. 305r–308r (Zitat ebd., fol. 306v: »Egittiane ò Zingare«) (für eine spätere Abschrift siehe auch SLUB, Mscr. Dresd., F.128); BCors, Cod. 33-G-24 (»Littere & Negotiati Del Sig.r Card. Alessandrino Legato in Spagna In Portogallo & in Francia Scritte Al Card. Rusticucci & ad altri [in anderer Handschrift: negli anni 1571 e 1572«), fol. 33v f.

128

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

mir erschien, bei Lepanto zu sein«. An Land wartete der Erzbischof, der gemeinsam mit den Ankömmlingen und Mönchen in einer Kreuz-Prozession durch die Stadt zur Kirche ging, wo der Legat selbst eine Predigt hielt und daraufhin zum Palast geleitet wurde, um eine Audienz beim König zu erhalten.339 Dort bat er allerdings vergeblich um dessen Beitritt zum Liga-Bündnis. In Portugal stellte Lepanto also eine Gelegenheit dar, das Königreich als umworbene Herrschaft im Kampf gegen Muslime zu präsentieren, die dadurch als eine solche inszeniert wurde, die in der Vergangenheit bereits erfolgreich gegen mori gekämpft hatte. Die Auseinandersetzungen zwischen ›Heiliger Liga‹ und Osmanen waren hier auf die Afrika-Expeditionen der Portugiesen transferiert worden. Durch die Lepanto-Festivitäten in dieser Nicht-Liga-Herrschaft ist also eine glorreiche, monarchische und koloniale Vergangenheit Portugals gefeiert worden.340 Auch der polnisch-litauische König Sigismund II. August, der zunächst durch einen Boten aus der Walachei und später aus Venedig über Lepanto informiert wurde, ließ in Kraków viele Adlige zusammenkommen und, so ist in einem Avviso zu lesen, habe im gesamten Land eine grandissima allegrezza veranstaltet.341 Venedig hob in dem an den polnischen König gesandten Schreiben besonders hervor, dass es sich bei Lepanto um einen venezianischen Sieg Gottes handle, den dieser der gesamten Christenheit zukommen lassen habe. Da die Serenissima um des polnischen Königs Eifer um das Wohl der Christenheit sowie sein Wohlneigen gegenüber der Republik wisse, habe der Collegio ihn über den Seesieg informieren und sich gemeinsam mit ihm darüber erfreuen wollen. Im 339 Ebd., fol. 34r f., an Kardinal Rusticucci, Lissabon, 05. Dezember 1571; ASVat, Segreteria di Stato, Spagna, 2, fol. 428r–431v, Filippo Aldobrandini an Giovanni Battista Castagna, Lissabon, 05. Dezember 1571. Zitat ebd., fol. 428v: »un Rumore ch[e] mi pareua esser à lepanto à combatter coi Turchi«. GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 29v f., römischer Avviso, 19. Januar 1572 (mit fälschlicher Datierung). Zum päpstlichen Lepanto-Schreiben an Sebastian I. von Portugal siehe Luigi Nanni/ Tomislav Mrkonjic´ (Hg.): Epistolae ad principi. Bd. 2: S. Pius V-Gregorius XIII (1566–1585). Vatikan 1994, S. 219f. 340 Anthony R. Disney: A History of Portugal and the Portuguese Empire. Bd. 2. Cambridge u. a. 2009. Daraufhin hatte der portugiesische König auch einen Lepanto-Gratulanten zu Juan de Austria entsandt. BAL, BA – 49-X-5, fol. 30r–31v, Miguel de Moura an Duarte de Castelo Branco, Lissabon, 20. Dezember 1571. Darin erkundigt sich der Lepanto-Gratulationsgesandte (de Moura) über die korrekte Anrede des Liga-Oberbefehlshabers. Vgl. auch Manuel da Costa Fontes: The Batalha de Lepanto in the Portuguese Oral Tradition. In: Hispanic Review 47 (1979), H. 4, S. 487–503. 341 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 161r, Kraków, 03. November 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, Sigismund II. August, König von Polen. Siehe auch ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua; Ottavio Farnese, Herzog von Parma; Guidobaldo II della Rovere, Herzog von Urbino; Alfonso II. d’Este, Herzog von Ferrara, Modena und Reggio; Giannotto Lomellini, Doge von Genua, sowie Elisabeth I., Königin von England.

Ein Sieg, viele Herrschaften

129

Anschluss daran appellierte Venedig an Sigismund, der ›Heiligen Liga‹ zum »Gewinn der christlichen Völker (populi) und zur Lobpreisung unseres heiligen katholischen Glaubens« beizutreten. Durch seinen Liga-Beitritt, so der venezianische Collegio weiter, könne Sigismund einen wesentlichen Anteil beitragen, Christen von der »Tyrannei der Türken zu befreien« und »deren Arroganz und Macht zugunsten der Herrlichkeit unseres Gottes niederzuschmettern«.342 Doch auch hier war die lang gehegte und durch Lepanto intensivierte, ligistische Hoffnung um einen polnischen Beitritt, um den ihn auch ein päpstlicher Legat ersuchte, erfolglos, wohl auch deshalb, weil Sigismund wechselseitige, diplomatische Beziehungen mit dem Osmanischen Reich pflegte.343 Entsprechend hatte der osmanische Großwesir Soqollu Mehmed Pasˇa auch dem polnischen Ge˙ ˙ sandten vor Ort mitgeteilt, dass der von den Christen so gefeierte Sieg letztlich ungenutzt verhalle.344 Folglich nutzte der polnische Monarch Lepanto als Fest, 342 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, Sigismund II. August, König von Polen, fol. 1r ff.: »beneficio delli populi x.mi, et di essaltatione della n[ost]ra S.ta fede catt.ca«; »con lequali no[n] tanto si uenghje à liberarli dalla tiranide de Turchi mà à deprimere l’arroga[n]tia [Einschub: et potentia] loro à gloria de n[ost]ro S.r Dio«. Am 24. Oktober 1571 verfassten die Mitglieder des venezianischen Collegio ein weiteres Schreiben, in dem sie den polnischen König sogar als den »prudentiss.o fortissimoq[ue] d[e]fensore communis« bezeichneten. ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, Brief an Sigismund II. August, König von Polen, ursprünglich adressiert an »Regi Transiluanie˛«: »prudentiss.o fortissimoq[ue] d[e]fensore communis«. 343 In Rom bestanden bereits vor der Seeschlacht Hoffnungen auf einen Ligabeitritt Polens. Der in Polen residierende Nuntius sollte nach Moskau weiterreisen, um dort den Zaren über den Liga-Schluss zu informieren. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 03. Juni 1571 mit Avvisi aus Rom (26. Mai 1571), fol. 5r; ebd., ders. an dens., Venedig, 09. Juni 1571, fol. 3r; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 186, fol. 1v [560v] f., Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 07. November 1571. Noch im Frühjahr 1570 hatte der polnische Botschafter den bestehenden Friedensvertrag in Istanbul verlängert, wie der venezianische Bailo nach Venedig berichtete. Im März 1570 reiste sowohl der »Botschafter des Türken« als auch der polnische Istanbul-Agent aus Warschau ab. BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 31r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 13. Mai 1570; ebd., fol. 36v, ders. an dens., 05. Juni 1570; BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 245r, Warschau, 12. März 1570. Im Juli 1571 informierte ihn Sigismund II. August von Polen, dass er den Vorschlag zurückweise, dem »Christlichen Pündtnus« beizutreten. Entsprechend sprachen sich päpstliche Gesandtschaftsmitglieder bei Pius V. für ein stärkeres Entgegenkommen aus. ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. B, fol. 3r–10v, Sigismund II. August von Polen an die kaiserlichen Gesandten, 14. Juli 1571 (Zitat ebd., fol. 6r); BAV, Urb. lat. (Urbinati latini), 855, fol. 326r–348v, »Discorso di Mons.r Giulio Ruggieri Prothonotario Apostolico intorno alti aiuti di Polonia à fauore della santissima Lega contra il Turco«. Auch nach der Bekanntwerdung Lepantos instruierte der polnische König seine Botschafter am Kaiserhof, sie sollten dort verkünden, dass er gut über die Geschehnisse im Liga-Umfeld informierte sei. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 186, fol. 1v [560v], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 07. November 1571. 344 ÖStA, HHStA, Staatenabteilungen, Türkei I (Turcica), 28, Konv. 3, fol. 135r f., Andreas

130

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

um sich durch den als christlichen Sieg gefeierten Ausgang der Schlacht auch selbst als christlichen Monarchen zu zelebrieren, ohne dass dies jedoch konkrete, politische Maßnahmen notwendig machte.345 Zuletzt soll noch auf England eingegangen werden, wo die Königin Elisabeth I. erstmals durch den spanischen Botschafter über Lepanto informiert worden war.346 Wenig später dürfte auch die Siegesnachricht aus Venedig eingetroffen sein. Dort hatte der Collegio bereits einen Tag nach der Ankunft Giustinianis ein Schriftstück aufgesetzt, in dem Elisabeth I. las, dass es am 7. Oktober zur beinahe vollständigen Zerstörung der osmanischen Flotte gekommen sei. Auch die gegnerischen Befehlshaber seien getötet worden. Man wolle sich, so der Collegio, gemeinsam mit Elisabeth I. ob des erlangten göttlichen Sieges sowie der zukünftigen Erfolge erfreuen, die Lepanto verheiße.347 Diese venezianische und spanische Rhetorik der Freude aufgreifend, sind in London zahlreiche Festakte (alegrias publicas) zu Ehren des Seesieges durchgeführt worden. Die Königin ließ sogleich das ›Te Deum laudamus‹ singen und in Anwesenheit des Londoner Oberbürgermeisters, des Stadtrates und der Gilden eine Lepanto-Predigt ob dieses ›christlichen‹ Sieges halten. In den Londoner Kirchen St Martin-in-theFields und St Michael’s Cornhill sind Rechnungsbelegen zufolge für den »Sturz des Türken« die Glocken geläutet worden. Festbankette wurden veranstaltet; in der Stadt waren abendliche Freudenfeuerwerke zu hören und zu sehen. Insbesondere in der Residenz des spanischen Botschafters fanden Festivitäten statt, zu denen sich allerhand Menschen versammelten.348

345

346

347

348

Tharanowsky, polnischer Gesandter in Istanbul, an den kaiserlichen Orator am polnischen Hof (»Joanni Cyro Abbati Wratislauien[sis]«). Einführend siehe Tetiana Grygorieva: Zur Selbstdarstellung polnisch-litauischer Botschafter im frühneuzeitlichen Istanbul. In: Die Audienz. Ritualisierter Kulturkontakt in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Peter Burschel u. Christine Vogel. Köln/ Weimar/ Wien 2014, S. 81–99. Die diplomatischen und merkantilen Beziehungen zwischen Polen und dem Osmanischen Reich prosperierten zu dieser Zeit: Ataullah Bogdan Kopanski: Muslim Communities of the European North-East Frontiers. Islam in the Former Polish-Lithuanian Commonwealth. In: The Islamic World and the West. Managing Religious and Cultural Identities in the Age of Globalisation. Hg. v. Christoph Marcinkowski. Zürich/ Berlin 2009, S. 96f.; Baki Tezcan: The Second Ottoman Empire. Political and Social Transformation in the Early Modern World. Cambridge u. a. 2010, S. 136f.; Faroqhi: Ottoman Empire and the World Around It, S. 142ff. So ein in Brüssel aufgesetzter, an den spanischen Botschafter von Venedig gesandter und von diesem abschriftlich nach Madrid weitergeleiteter Avviso. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 68, »Prado« an Diego Guzmán de Silva, Brüssel, 03. Dezember 1571, fol. 1r [135r]. ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Elisabeth I., Königin von England, fol. 1r f. Beinahe wortgleiche Schreiben gingen an Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua; Ottavio Farnese, Herzog von Parma; Guidobaldo II. della Rovere, Herzog von Urbino; Alfonso II. d’Este, Herzog von Ferrara, Modena und Reggio; Giannotto Lomellini, Doge von Genua. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 68, »Prado« an Diego Guzmán de Silva,

Ein Sieg, viele Herrschaften

131

Auffällig ist die in den Festbeschreibungen anzutreffende Gegenüberstellung von spanischen und royalen Lepanto-Festivitäten in London, die auch dann unterstrichen wird, wenn ein in diplomatischen Kreisen kursierender Handschriftenbrief betont, dass die Londoner Lepanto-Audienz in einer großen Einmütigkeit zwischen Spanien und England gemündet habe.349 Ganz so dürfte es nicht gewesen sein, denn in ihren Briefen tauschten sich ranghohe Höflinge und Vertraute der Königin darüber aus, dass Lepanto wohl vor allem Spaniens Ansehen maximiere. Vor allem Walsingham hatte solche Befürchtungen.350 Bedenklich war das vor allem deshalb, weil der von ihm geleitete, elisabethanische Geheimdienst gerade eine gegen Elisabeth I. gerichtete Verschwörung aufgedeckt hatte, in der englische Katholiken diese mit der Unterstützung der schottischen Königin Maria Stuarts und Spaniens vom Thron zu stürzen gedachten. Erst wenige Wochen vor dem Eintreffen der spanischen Lepanto-Nachricht war deshalb der Herzog von Norfolk inhaftiert worden. Und auch nach der Seeschlacht ersuchten englische Katholiken und der Papst Don Juan, der als Lepanto-Held und illegitimer Sohn Karls V. nach einer Krone strebte, die gleichfalls inhaftierte Maria Stuart aus der Gefangenschaft zu befreien und – dann als König von England – zu ehelichen.351 Brüssel, 03. Dezember 1571, fol. 1r [135r]; Dorothy M. Vaughan: Europe and the Turk. A Pattern of Alliances. 1350–1700. Liverpool 1954, S. 162; Cressy: Bonfires and Bells, S. 76, 91; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 218r, venezianische Avvisi aus Antwerpen (17. November 1571), ein von Cosimo Bartoli nach Florenz gesandter, venezianischer Avviso, der auf Schreiben aus London und Antwerpen basierte; William H. Overall (Hg.): The Accounts of the Churchwardens of the Parish of St. Michael, Cornhill, in the City of London, from 1456–1608. With Miscellaneous Memoranda contained in the Great Book of Accounts, and Extracts from the Proceedings of the Vestry, from 1563 to 1607. London 1871, S. 166 (»ffyrste paide for the Ringinge of the belles at the overthrowe geven to the Turke«); John V. Kitto (Hg.): St. Martin=in=the=Fields. The Accounts of The Churchwardens. 1525–1603. London 1901, S. 263 (»It’m payde for brede and dryncke for the Ringers at the overthrowe of ye tork«). Ein Eintrag zu 1566 belegt, dass bereits damals Predigtbücher für Gebete gegen die Osmanen erworben wurden. Katharine A. Esdaile: St. Martin in the Fields. New and Old. London 1944, S. 57; Raphael Holinshed: Holinshed’s Chronicles of England, Scotland, and Ireland. In Six Volumes. Bd. 4: England. London 1808, S. 262ff. 349 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 68, »Prado« an Diego Guzmán de Silva, Brüssel, 03. Dezember 1571, fol. 1r [135r]. 350 Allan J. Crosby (Hg.): Calendar of State Papers. Foreign, Elizabeth. Bd. 9: 1569–1571. London 1874, hier der Brief von Francis Walsingham an William Cecil (Lord Burghley), Paris, 07. November 1571; TNA, SP 70/120, fol. 93r–98v, venezianischer Lepanto-Avviso von Federico de Toledo, 20. Oktober 1571; TNA, SP 70/120, fol. 14r–15v, an Elisabeth I., Brüssel, 25. November 1571. 351 Alan Haynes: The Elizabethan Secret Service. Spies and Spycathers, 1570–1603. Stroud 2000; Francis Edwards: Plots and Plotters in the Reign of Elizabeth I. Dublin 2002; John A. Wagner: Voices of Shakespeare’s England. Contemporary Accounts of Elizabethan Daily Life. Santa Barbara, California 2010, S. 81; Panzer: Don Juan de Austria, S. 157–165. Den Zusammenhang zwischen Lepanto als göttlich verliehenem Sieg und der katholischen Konspiration gegen sie ließ die Königin selbst durch den Botschafter in Frankreich dem venezianischen

132

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Daraus ist zu schlussfolgern, dass die Londoner Siegesfeierlichkeiten von 1571 in diesen Kontexten zu verorten sind. Gerade weil Lepanto als herrschaftlicher Sieg wahrgenommen und als spanischer Sieg inszeniert wurde, bedurfte es also eines englischen Lepanto-Festaktes und, um diese Formulierung aufzugreifen, da Lepanto als christlicher Sieg interpretiert und als katholischer Sieg inszeniert wurde, bedurfte es auch anglikanischer Lepanto-Festivitäten.352 Denn dann präsentierte sich Elisabeth I., weil sie Lepanto als Sieg Gottes feiern ließ, als christliche Monarchin. Damit war der Seesieg als Ereignis in der Memoria elisabethanischer Herrschaftslegitimität präsent und konnte als solches auch aktualisiert werden. Gerade deshalb griff Maria Stuarts Sohn, Jakob VI. von Schottland, die Herrschaftsmetapher Lepanto auf, als er nach Elisabeths Tod (1603) zum neuen König Jakob I. von England ernannt wurde. Er ließ zum einen das von ihm verfasste Lepanto-Gedicht in London drucken.353 Zum anderen waren auf einem Triumphbogen, der zu dem während der Krönungsfeierlichkeiten veranstalteten Triumphzug ihm zu Ehren errichtet worden war, LepantoDarstellungen und Herrschaftsallegorien zu sehen, die Jakob I. als Monarchen stilisierten und eine siegreiche sowie friedensreiche Regentschaft verkünden sollten.354 Mit seiner Thronbesteigung transformierte Jakob I. demnach Lepanto Repräsentanten gegenüber vorbringen, wobei sie die Teilhabe der Liga (womöglich bewusst) negierte: Brown/ Bentinck: Calendar of State Papers. Bd. 7, S 479 sowie den Eintrag Nr. 538. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Francia, filza 7 ist aufgrund des schlechten Materialzustandes für die Einsicht gesperrt. 352 Siehe auch einen zeitgenössischen, englischen Lepanto-Druck: Anonym: LETTERS sent from Venice. ANNO. 1571. Containing the certaine and true newes of the most noble victorie of the Christians ouer the armie of the great Turke: And the names of the Lordes & Gentlemen of the Christians slaine in the same battell. Translated oute of the Frenche Copie Printed at Paris by Guillem de Niuerd, with the Kings Priuiledge. London O. J. [1571]. (BL, C.33.a.7.). 353 Jakob I.: HIS MAIESTIES LEPANTO, or, HEROICAL SONG, being part of his Poeticall exercises at vacant hours. 2. Aufl. London 1603. (HUL, 14379.3); ders.: NAVPACTIADOS, SIVE LEPANTIADOS IACOBI MAGNI, Britanniarum, Franciæ, & Hiberniæ Regis, fidei verè Christianæ vindicis, [et] assertoris verè Christianissimi. METAPHRASIS POETICA Authore THOMA MORAVIO Scoto. […]. London 1604. (NLS, H.31.c.40); Robert Appelbaum: War and Peace in The Lepanto of James VI and I. In: Modern Philology 97 (2000), H. 3, S. 333– 365. 354 Emrys Jones: Othello, Lepanto and the Cyprus Wars. In: Aspects of Othello. Articles reprinted from Shakespeare Survey. Hg. v. Kenneth Muir u. Philip Edwards. Cambridge 1977, S. 61–66; David M. Bergeron: Harrison, Jonson and Dekker. The Magnificent Entertainment for King James (1604). In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 31 (1968), S. 445– 448; Thomas Dekker: THE MAGNIFICENT ENTERTAINMENT: Giuen to King Iames, Queene Anne his wife, and Henry Frederick the Prince, vpon the day of his Maiesties Tryumphant Passage (from the Tower) through his honourable citie (and chamber) of London, being the 15. of March. 1603. As well as by the English as by the Strangers: VVith the speeches and Songes, deliuered in the seuerall Pageants. London 1604. (HL, 53895); ders.: THE VVhole Magnifycent Entertainment: GIVEN TO KING James, Queene Anne his wife, and Henry Frederick the Prince, vpon the day of his Majesties Tryumphant Passage (from

Ein Sieg, viele Herrschaften

133

von einer elisabethanischen zu einer jakobitischen Herrschaftsmetapher, die dann übrigens auch von Shakespeare als solche aufgegriffen wurde.355 Sowohl Elisabeth I. als auch Jakob I. stilisierten damit allerdings Lepanto in Festkontexten als ein englisches Ereignis, das dezidiert gegen eine Interpretation der Schlacht als spanischer Sieg gerichtet war. So läuteten die Glocken von St Martinin-the-Fields nicht allein zu Lepanto, sondern auch beim englischen Sieg gegen die spanische Armada (1588).356 Somit haben diese hier angeführten Beispiele veranschaulicht, dass die zeitgenössischen Lepanto-Feste keineswegs als gefeierte Bewusstwerdung des Sieges eines »christlichen Westens« und »christlichen Europas« über eine »osmanische Überlegenheit« zu interpretieren sind.357 Bei einer solchen Deutung handelt es sich vielmehr um eine retrospektive Zuschreibung, die historische Diskurse entkontextualisiert. Denn wenn 1571 Lepanto als christlicher Sieg zelebriert wurde, dann ging es den Akteuren nicht um die Gemeinschaftszuschreibung eines – wie auch immer konzipierten – ›Europas‹, ›Westens‹ oder ›Abendlandes‹, wie das geschichtswissenschaftliche Studien annahmen. Es ging ihnen vielmehr darum, dass Lepanto in der Interpretation als durch Gott verliehener Sieg eine liturgisch-zeremonielle Dankerweisung einforderte, der Obrigkeiten dann nachthe Tower) through his Honorable Citie (and Chamber) of London, 15. of March. 1603. Aswell by the English, as by the Strangers, with his speeches and Songs, deliuered in the seuerall Pageants. And those speeches that before were publish’t in Latin, now newly set forth in English. London 1604. (Bodl., A2 B-I4); ders.: THE MAGNIFICENT ENTERTAINMENT: Giuen to King James, Queene Anne his wife, and Henry Frederick the Prince, vpon the day of his Maiesties Tryumphant Passage (from the Tower) through his Honorable Citie (and Chamber) of LONDON, 15. of March. 1603. As well by the English as by the Strangers: With his speeches and Songs, deliuered in the seuerall Pageants. […]. Edinburgh 1604. (BL, C.33.d.15.). 355 Das wohl prominenteste Beispiel stellt sein 1604 uraufgeführter ›Othello‹ dar. Hierzu siehe Jones: Othello, Lepanto and the Cyprus Wars. Weiterführend auch Daniel J. Vitkus: Turning Turk in Othello. The Conversion and Damnation of the Moor. In: Shakespeare Quarterly 48 (1997), H. 2, S. 145–176; Richmond Barbour: Before Orientalism. London’s Theatre of the East, 1576–1626. Cambridge 2003; Nabil I. Matar: Islam in Britain, 1558–1685. Cambridge u. a. 1998; Gerald MacLean: Looking East. English Writing and the Ottoman Empire Before 1800. Basingstoke 2005; Daniel Vitkus: Turning Turk. English Theatre and the Multicultural Mediterranean, 1570–1630. New York 2003; Matthew Dimmock: New Turkes. Dramatizing Islam and the Ottomans in Early Modern England. Aldershot 2005; Jonathan Burton: Traffic and Turning. Islam and English Drama, 1579–1624. Newark 2005. 356 Ronald G. Asch: Jakob I. (1566–1625). König von England und Schottland. (KohlhammerUrban-Taschenbücher, Bd. 608). Stuttgart 2005; James McDermott: England and the Spanish Armada. A Necessary Quarrell. New Haven/ London 2005; Esdaile: St. Martin in the Fields, S. 57f. 357 Fenlon: Ceremonial City, S. 176 (»[e]verywhere«; »cities of Europe«; »Christian West«; »Ottoman supremacy«; »Christian Europe«). Zu weiteren solcher Interpretationen vgl. Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 279f.; Capotorti: Lepanto tra storia e mito; Schilling: Osmanische ›Bedrohung‹;Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration; Cacciavillani: Lepanto, S. 173–180; Hartlaub: Don Juan d’Austria, S. 175f.

134

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

kamen, um sich selbst als christlich zu inszenieren. In Bezugnahme darauf konnten Akteure auch herrschaftliche und zwischenherrschaftliche Relationen präsentieren. Das zeigen zwei Beispiele besonders deutlich: Erstens, wenn florentinische Händler aus Antwerpen den Großherzog de’ Medici um Geldzahlungen baten, weil sie enorme Summen für die toskanischen Lepanto-Feste in Antwerpen ausgegeben hätten, was sie wohl als akzeptables Argument für ihre Geldknappheit einstuften.358 Zweitens, wenn Venedig den Papst um eine Aufhebung des gegen Desenzano del Garda 1569 verhangenen Interdikts ersuchte, um Lepanto gebührend zu ehren.359 Gerade weil Akteure Lepanto als christlichen Sieg zelebrierten, stellte die Schlacht also kein ›europäisches‹ Ereignis dar, sondern war immanent als herrschaftliches beziehungsweise herrschaftsrelationales Ereignis konzipiert. Lepanto war dann kein Sieg der ›Christenheit‹, sondern in dieser Imagination ein venezianischer, römischer, spanischer, toskanischer oder savoyischer Sieg und konnte ebenso von nicht-ligistischen Akteuren als herrschaftlich relevantes Ereignis inszeniert werden. Damit sind Lepanto-Feste in ihren jeweils spezifisch lokalen Kontexten zu situieren und nicht durch retrospektive Zuschreibung als ›europäisch‹ zu entkontextualisieren, was letztlich die Diskurse fortschreibt, die ahistorische Dichotomien suggerieren. Eine dezentrierende Geschichte der historischen Ereignisformierung Lepantos besteht dann vor allem aus lokal zu situierenden, partikularen und verflochtenen Geschichten.360

358 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 122r f., Console Francesco Lotti, Consigliere Lodovico Guicciardini und Consigliere Francesco Cambi an Cosimo I. de’ Medici, Antwerpen, 24. November 1571. 359 Zwar konnten Soranzo und Tiepolo offensichtlich Pius V. nicht von einer sofortigen Aufhebung des Interdikts überzeugen, aber es gelang ihnen, zumindest zu erwirken, dass zwei Principali des Ortes in Rom vor dem Papst erscheinen durften. Venedig beraumte eine zügige Abwicklung der Angelegenheit an. ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Giovanni Soranzo und Paolo Tiepolo, venezianische Botschafter in Rom, 22. Dezember 1571; ebd., an Giovanni Soranzo und Paolo Tiepolo, venezianische Botschafter in Rom, 04. Januar 1571 m. v. [1572]. 360 Davis: Decentering History; Ulbrich: Shulamit und Margarete; dies.: Verflochtene Geschichte(n). Ausgewählte Aufsätze zu Geschlecht, Macht und Religion in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Andrea Griesebner u. a. Köln/ Weimar/ Wien 2014.

Ein Sieg, viele Religionen

135

II.2. Ein Sieg, viele Religionen: Muslime, Juden und Orthodoxe in Venedig II.2.i. »Alle Türken, levantinischen Juden und anderen türkischen Untertanen«: Türkenfurcht, Lepanto und Venedig Wenn Lepanto als ›europäisches Ereignis‹ thematisiert und dabei als dichotomischer Kampf zwischen ›Christentum‹ und ›Islam‹ imaginiert wird, dann impliziert dies die Gegenüberstellung als homogen gedachter Entitäten, die jedoch schon allein deshalb nicht haltbar sind, weil auch die in solchen Diskursen als ›christlich‹, ›abendländisch‹ oder ›europäisch‹ bezeichneten Herrschaften religiöse Begegnungsräume darstellten. Daher bedarf es einer nuancierteren Untersuchung der konkreten Wechselwirkungen, die zwischen der Ereigniswerdung Lepantos und den in katholischen Herrschaften, wie etwa in der Republik Venedig, lebenden Muslimen bestanden.361 Darüber hinaus wird in der Forschung behauptet, dass die mit der Türkenfurcht einhergehenden Exklusionsrhetoriken ›einer‹ unitas christiana gegenüber ›dem‹ Islam keine Auswirkungen auf »Andersgläubige innerhalb Europas« besessen hätten. Während »aus dem Kontext der Türkengefahr keine gegen Juden gerichtete Pogrome überliefert« seien, könne sogar festgestellt werden, »daß […] die Juden in den Kampf gegen den Glaubensfeind der Christen eingebunden wurden.«362 Dies mag im Einzelfall zutreffen, nicht jedoch für die Geschichte der in Spanien lebenden Juden und Muslime sowie der judeoconversos und moriscos, deren Lebensumstände James S. Amelang jüngst zurecht als »parallele Geschichten« untersuchte.363 Ebenso wenig ist diese in der Forschung zur Türkengefahr anzutreffende Behauptung für den venezianisch-osmanischen Zypernkrieg zutreffend, denn in Venedig beschlossen die Senatoren im Dezember 1571, dass die hiesigen Juden innerhalb der kommenden zwei Jahre die Lagunenstadt zu verlassen hatten.364 Diesbezüglich verwies Benjamin Ravid zurecht darauf hin, dass die Seeschlacht von Lepanto von grundsätzlicher Bedeutung für die obrigkeitlichen Umgangsweisen mit in Venedig lebenden Juden gewesen sein dürfte. Wenn er deren nach der Seeschlacht beschlossene Ausweisung jedoch als einen Entscheidungskonflikt 361 Einführend zu Muslimen in Venedig: Cemal Kafadar: A Death in Venice (1575). Anatolian Muslim Merchants Trading in the Serenissima. In: Journal of Turkish Studies 10 (1986), S. 191–218; Ella-Natalie Rothman: Becoming Venetian. Conversion and Transformation in the Seventeenth-Century Mediterranean. In: Mediterranean Historical Review 21 (2006), H. 1, S. 39–75. 362 Höfert: Den Feind beschreiben, S. 71. 363 James S. Amelang: Historias paralelas. Judeoconversos y moriscos en la España moderna. (Akal universitaria. Serie Historia moderna, Bd. 321). Madrid 2011. 364 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 58, 18. Dezember 1571.

136

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

politischer Organe skizzierte, dann bleiben Ravids Ausführungen darüber, inwieweit die Ereigniskonzeption Lepantos genau christlich-jüdische Beziehungen in Venedig beeinflusste, jenseits des generellen Hinweises auf die in Venedig verbreitete, allgemeine Kreuzzugsstimmung eher unpräzis.365 Wie die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ das interreligiöse Zusammenleben in Venedig prägte, ist deshalb nach wie vor zu untersuchen. Umso dringlicher wird eine solche Studie dann, wenn auch die zahlreich in der Lagunenstadt lebenden Griechisch-Orthodoxen berücksichtigt werden.366 Daher soll in diesem Kapitel am Beispiel der in Venedig lebenden Muslime, Juden und Orthodoxen untersucht werden, inwieweit das Ereignis Lepanto und die damit einhergehenden Türkenfurcht-Diskurse einerseits die Lebenswelten dieser Menschen mitgestalteten und inwiefern andererseits diese als nichtchristliche Akteure Lepanto nutzen konnten, um Zugehörigkeiten und Fremdheit im venezianischen Alltag zu verhandeln. Eine solche Fragestellung eröffnet den Blick auf ein Ensemble von Lepanto-Reaktionen, das an sich vielschichtiger war, als dies bisherige Forschung zum mito di Venezia aus obrigkeitlicher Perspektive nahelegen.367 Beginn einer solchen Untersuchung stellt der Kriegsausbruch selbst dar, der in Venedig mit intensiven Vorbereitungen auf die Kampfhandlungen einherging. Die Senatoren zahlten hohe Geldsummen an die gegen die Osmanen kämpfen365 Ravid: Socioeconomic Background thematisiert die Ausweisungsdebatten als Entscheidungsfindungsprozess zwischen dem Collegio, der sich mehrheitlich für den Verbleib der Juden aussprach, und dem Senat, in dem eine Ausweisung der Juden mehrheitlich erwünscht war. Die allgemeinen Lepanto-Verweise finden sich in ebd., S. 40, 45, 47. Eine detailliertere, kulturgeschichtliche Darstellung liefert Riccardo Calimani: Storia del ghetto di Venetia. Mailand 2001, S. 110–118. 366 Maria F. Tiepolo/ Eurigio Tonetti (Hg.): I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Venedig 2002; Deno J. Geanakoplos: Greek Scholars in Venice. Studies in the Dissemination of Greek Learning from Byzantium to Western Europe. Cambridge, Massachusetts 1962; Molly Greene: Catholic Pirates and Greek Merchants. A Maritime History of the Mediterranean. Princeton/ Oxford 2010. 367 Iain Fenlon: Lepanto. Le arti della celebrazione nella Venezia del rinascimento. In: Crisi e rinnovamenti nell’autunno del rinascimento a Venezia. Hg. v. Vittore Branca u. Carlo Ossola. (Civiltà veneziana. Saggi, Bd. 38). Florenz 1991, S. 373–406; Fenlon: Ceremonial City; Cecilia Gibellini: L’immagine di Lepanto. La celebrazione della vittoria nella letteratura e nell’arte veneziana. (Saggi Marsilio). Venedig 2008; Benjamin Paul: Identità e alterità nella pittura veneziana al tempo della battaglia di Lepanto. In: Venezia Cinquecento 29 (2005), S. 155–187; Ruth Schilling: Die ganze Stadt und die Christenheit? Feiern und Gedenken an die Schlacht von Lepanto im frühneuzeitlichen Venedig und Rom. In: Stadt und Religion in der frühen Neuzeit. Soziale Ordnungen und ihre Repräsentationen. Hg. v. Vera Isaiasz u. a. (Eigene und fremde Welt, Bd. 4). Frankfurt a. M./ New York 2007, S. 103–124; Ruth Schilling: Osmanische ›Bedrohung‹, ›christliche Identität‹? Konfessionelle und politische Repräsentationen von Gruppenzugehörigkeit in den Reaktionen auf den Sieg von Lepanto in Venedig um 1600. In: Identität und Krise? Zur Deutung vormoderner Selbst-, Welt- und Fremderfahrungen. Hg. v. Christoph Dartmann u. Carla Meyer. (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme, Bd. 17). Münster 2007, S. 137–154.

Ein Sieg, viele Religionen

137

den Befehlshaber aus und stellten Waffen, Munition und enorme Ausgaben für das Arsenal bereit. Zu diesem Zeitpunkt erschien der wenige Monate zuvor – im September 1569 – ausgebrochene Brand im venezianischen Arsenal umso verheerender: Nun fehlten die dadurch begründeten Verluste im militärischen Schiffsbau umso mehr für die schnell zu mobilisierenden Ressourcen. Entsprechend setzte der Consiglio di Dieci für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führten, eine Belohnung von 1.000 Dukaten aus.368 Schnell verbreitete sich daraufhin das Gerücht, die Juden hätten das Feuer gelegt.369 Zusätzlich gingen zeitgenössische venezianische Beobachter davon aus, dass Sulta¯n Selı¯m II. durch ˙ seinen langjährigen, sephardisch-jüdischen Berater Joseph Nasi zum Krieg gegen Venedig angehalten worden sei. Der Herzog von Naxos, so vermutete es zumindest eine Vielzahl von Venezianern, beabsichtige die osmanische Einnahme Zyperns und erhoffe sich dadurch, zum osmanischen Statthalter der Insel ernannt zu werden. Er stand daher im Verdacht, den Sulta¯n zum Krieg gegen ˙ Venedig anzustacheln. Als bereits 1568 Gerüchte zirkulierten, Nasi habe in Famagusta zahlreiche Konspiranten um sich geschart, verwies Venedig deshalb die nicht in Zypern geborenen Juden der Stadt. Gleichzeitig folgten Kontrollen und Durchsuchungen jüdischer Haushalte in Korfu und Kreta. Auch in Zadar wurden ansässige Juden aus Angst vor deren etwaiger Konspiration mit den Osmanen vertrieben.370 Die kurz vor und nach Kriegsbeginn auftretenden antijüdischen Haltungen zeigen sich auch im Jahr 1568, als ein Feuer nahe der Residenz der venezianischen Baili in Istanbul ausbrach, für dessen Urheberschaft Juden vermutet wurden. 1570 ist in Venedig schließlich ein entfernter Verwandter Nasis inhaftiert und Spionage vorgeworfen worden.371 Als der Sulta¯n Anfang 1570 die Waren venezianischer Händler in Istanbul ˙ beschlagnahmen und diese Anordnung auch in Kairo verkünden ließ, reagierte Venedig prompt: Am 06. März beschlossen die Senatoren mit überwältigender Mehrheit, Waren, Bargeld und ausstehende Kredite »aller Türken, levantinischen Juden und anderen türkischen Untertanen« zu konfiszieren, die sich in Venedig,

368 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, Schriftstücke vom März und April 1570; BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 147v ff., Venedig, 14. und 29. September 1569. 369 Calimani: Ghetto di Venezia, S. 110f. 370 In Venedig wurde er als eine Art ›jüdischer König‹ wahrgenommen, der auch die jüdische Besiedelung von Tiberias beabsichtigt haben soll. Zu Joseph Nasi gibt es eine umfangreiche Literatur. Vgl. u. a. Paul Grunebaum-Ballin: Joseph Naci duc de Naxos. (Études juives, Bd. 13). Paris/ La Haye 1968. Zu seiner Rolle im Zypernkrieg siehe ebd., S. 133–150; Benjamin Arbel: Venezia, gli ebrei e l’attività di Salomone Ashkenasi nella guerra di Cipro. In: Gli Ebrei e Venezia. Secoli XIV–XVIII. Hg. v. Gaetano Cozzi. Mailand 1987, S. 168–171; Ravid: Socioeconomic Background, S. 46; Halil I˙nalcık/ Donald Quataert: An Economic and Social History of the Ottoman Empire. Bd. 1. 5. Aufl. Cambridge 2005, S. 212f. 371 Pullan: »A Ship with two Rudders; Arbel: Venezia, S. 171.

138

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

der Terraferma, dem Stato da Mar oder auf venezianischen Schiffen befanden.372 Abschriften des Beschlusses schickten die Senatoren nach Dalmatien, Kefalonia, Korfu, Kreta, Zakynthos und Zypern sowie an die Capitani da Mar. Venezianische Galeerenkapitäne beschlagnahmten daraufhin auch auf See die Güter von Sulta¯nsuntertanen und sandten sie mitsamt erstellter Inventare nach Venedig. ˙ Für den Fall, dass trotz aller Vorkehrungen überwachte Güter verloren gingen, sollten die Verantwortlichen den entsprechenden Schaden begleichen.373 In Venedig selbst hatten sämtliche Sulta¯nsuntertanen innerhalb von zwei ˙ Tagen die Anzahl und Art der von ihnen verwahrten Gelder und Waren den Governatori delle entrate zu melden, die dann die beschlagnahmten Güter in venezianische Magazine transferierten. Zugleich wurde öffentlich bekannt gegeben, dass auch jene Personen innerhalb von zwei Tagen vor den Governatori zu erscheinen hatten, die Waren und Gelder für die osmanischen Kaufleute aufbewahrten oder aber deren Schuldner waren. Zuwiderhandelnden drohte die ewige Verbannung. Die Meldebereitschaft dürfte sich dadurch erhöht haben, dass Denunzianten ein Viertel der beschlagnahmten Güter sowie Anonymität zugesichert wurde.374 Einen Monat später, am 08. April, trafen die Senatoren weitere Anordnungen, wie mit den zahlreichen in Venedig lebenden Schuldnern der von den Konfiskationen betroffenen Sulta¯nsuntertanen zu verfahren sei. ˙ Diese hatten ihre Schulden bei den Governatori innerhalb von zehn Tagen zu begleichen. Wer der Kundmachung nicht nachkam, hatte den Schuldbetrag zuzüglich eines Viertels der eigentlichen Geldsumme abzugeben, ohne auf eine 372 Ravid: Socioeconomic Background, S. 40f.; ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 06. März 1570 (167 Pro-, 15 Kontra-Stimmen und 14 Enthaltungen): »tutti i Turchi, hebrei leuantini, Et altri sudditi Turcheschi«. Keinen Hinweis fand ich hingegen in ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 39. Zum Eingang der Nachricht von der Warenbeschlagnahmung venezianischer Händler im Osmanischen Reich siehe BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 254r, Venedig, 16. April 1570 (aus Zypern, 27. Februar 1570). Dennoch berichtete der Bailo noch im Mai 1570, dass »[a]lli nostri mercanti che si ritrouano qui non è stata data molestia alcuna«. BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 27r f., Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 07. Mai 1570; ebd., fol. 172r–174r, ders. an dens., Istanbul/ Pera, 11. Juni 1571. Zur weiteren Entwicklung und den Unterhandlungen Ragazzonis siehe BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 159r–185r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, Juni 1570. 373 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 28. April 1570 (143 Pro-, 4 Kontra-Stimmen und 8 Enthaltungen) bezüglich der von Zorzi Corner in »Tadamoco« beschlagnahmten Güter eines Schiffes aus Alexandria und der Überführung der Waren zu den venezianischen Governatori delle entrate (Information aus einem am 21. April 1570 aufgesetzten Brief Sebastiano Veniers). Siehe auch ebd., 24. Mai 1570 (172 Pro-, 5 Kontra-Stimmen und 2 Enthaltungen) zu den bei Korfu beschlagnahmten Waren von sieben jüdischen Händlern aus Nordafrika, die sich auf dem Weg nach Venedig befanden: ».23. colli di tra sede et pennachi, de ragion di hebrei, Et 27. sachi, et, Diece suore de Gottonj di ragion di hebrei et le p[er]sone di .7. hebrei [Einschub: di Barbaria] Et di cinq[ue] xani sudditi del Turcho […]« (ebd., fol. 1r). 374 Ebd., 06. März 1570; BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 244v, Venedig, 11. März 1570.

Ein Sieg, viele Religionen

139

etwaige Begnadigung hoffen zu können. Diejenigen, die in einem zeitlich definierten Schuldverhältnis mit den Sulta¯nsuntertanen standen (debitori a tempo) ˙ und vor den Beschlagnahmungen ihre Schulden noch nicht beglichen hatten, mussten innerhalb von acht Tagen bei den Governatori vorstellig werden. Offensichtlich gingen die Senatoren davon aus, dass manch einer versuchte, seine Schulden bereits in den Tagen unmittelbar nach den Konfiskationen in günstigere Zahlungsbedingungen umzuwandeln. Mit dem 08. April waren solche zuvor getroffenen Zahlungen nichtig, und die betreffenden Schuldner wurden juristisch als Betrüger definiert. Wer derartige Betrugsfälle meldete, erhielt die betreffende, um ein Viertel ihrer selbst erhöhte Gesamtsumme des jeweiligen Schuldbetrages sowie Geheimhaltung als Belohnung zugesichert.375 Die Governatori versteigerten die beschlagnahmten Waren zum höchstmöglichen Preis auf öffentlichen Auktionen und führten die Einnahmen der venezianischen Zecca zu. Als Entschädigung erhielten die Governatori einen Prozent des Verkaufswertes ausgezahlt. Ein cittadino bewachte tags- und nachtsüber die inhaftierten »Türken und Juden« für monatlich zehn Dukaten. Zusätzlich ernannten die Governatori vier deputati, die sich für monatlich jeweils vier Dukaten mit den Konfiskations-Angelegenheiten beschäftigten. Sämtliche Gelder sollten aus den Verkäufen selbst bereitgestellt werden.376 Diese zahlreich erlassenen obrigkeitlichen Bestimmungen veranschaulichen den Aufwand, der für die Beschlagnahmungen betrieben wurde. Es lässt sich daraus schlussfolgern, dass es sich um Konfiskationen in beträchtlichem Ausmaß gehandelt haben dürfte. Zugleich verdeutlichen die Anordnungen, die immer mehr Spezialfälle berücksichtigten, dass die Betroffenen offensichtlich die ›Schlupflöcher‹ solcher normativer Festsetzungen in der Praxis zu nutzen wussten, die sich ihnen ergaben, um den Konfiskationen zu entgehen. Dass die Senatoren gewillt waren, solche zu schließen, zeigt ein Erlass vom 21. April über die »tausenden betrügerischen Täuschungen und Unwahrheiten«, die sich bezüglich der Beschlagnahmungen ereignet hätten, ohne dass jemand eine Bestrafung habe befürchten müssen.377 Die Governatori wurden daher mit außergewöhnlichen Strafbefugnissen ausgestattet: Sie durften Kriminalverfahren einleiten, wenn die zu konfiszierenden Waren durch Dritte versteckt oder auch 375 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 08. April 1570 (180 Pro-, 1 Kontra-Stimme, 2 Enthaltungen): »Si trouano Jn questa citta molti debitori d[e]lli Turchi et hebrei, sudditi Turcheschi, […].« 376 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 08. April 1570 (141 Pro-, 25 Kontra-Stimmen und 24 Enthaltungen); ebd., 11. April 1570 (132 Pro-, 33 Kontra-Stimmen, 26 Enthaltungen): »Turchi et hebrei«; BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 260v, Venedig, 10. April 1570. 377 Ebd., 21. April 1570 (161 Pro-, 1 Kontra-Stimme sowie 5 Enthaltungen), fol. 1r: »Intendendosi ch[e] segueno ogni di et sono ancho state fatte [Einschub: seguite] mille fraude ingani [Einschub: et] falsite […] p[ro]posito delle robbe de turchi et de hebrei subditi turcheschi senza timora de pena alcuna […]«.

140

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

andere Mittel genutzt wurden, um deren Verbleib, Menge und Wert zu verschleiern. Eigens ernannte Rettori durchsuchten nun auch Schiffe auf etwaig versteckte Waren. Für diesen Senatsbeschluss gab es einen konkreten Anlass, denn Marco Antonio Celesta wurde nachgewiesen, dass er auf seinem in jenen Tagen aus Alexandria nach Venedig zurückkehrenden Schiff auch Waren von Sulta¯nsuntertanen transportiert und so der Beschlagnahmung entzogen hatte.378 ˙ Angesichts dieses enormen administrativen Aufwandes stellt sich die Frage, welche Ausmaße die Konfiskationen genau besaßen. Wie viele und welche Händler waren von ihnen betroffen und was für Güter welchen Wertes wurden beschlagnahmt, dass sie einen derartigen Aufwand rechtfertigten? Zwar legimitierte Venedig das Vorgehen gegenüber osmanischen Untertanen damit, dass auch Venezianer im Osmanischen Reich Beschlagnahmungen und Inhaftierungen erdulden mussten, doch die zügig angeordnete, möglichst hohe Versteigerung der konfiszierten Waren sowie das peinlich genaue Achten der Senatoren darauf, dass die Einnahmen der venezianischen Staatskasse zugutekamen, unterstreichen die ökonomische Bedeutung der Anordnungen.379 Die Konfiskationen müssen auch dann einen beträchtlichen finanziellen Gewinn abgeworfen haben, wenn dafür zusätzliche Ausgaben – wie für das Wachpersonal, die Deputati oder Rettori – anfielen sowie Einnahmen ausfielen, falls die Personen von Dritten denunziert wurden. Dieser finanzielle Gesichtspunkt wird bereits durch den quantitativen Aspekt der durch die Beschlagnahmungen betroffenen Händler ersichtlich. Ein nicht weiter bekannter osmanischer Jude aus Kairo, der in Venedig mit Arzneimitteln (droghe) im Wert von 300.000 aqcˇa handelte, war ebenfalls unter den Inhaftierten. Mithilfe eines befreundeten Christen (firenk, franco), dessen Kleidungsstücke er anzog, hatte er nachts nach Istanbul fliehen können. Dort bat er dann den Sulta¯n um Engagement für die Freilassung der ˙ Händler sowie deren Entschädigung. Insgesamt, so schrieb der Kairoer Jude, seien 75 Muslime und 97 Juden in Venedig inhaftiert worden. Eine Anzahl, welche die offiziell registrierten, anderen auswärtigen Händler in der Lagunenstadt bei weitem überschritt. Den Gesamtwert der beschlagnahmten Waren

378 Ebd., fol. 1r ff. Die Governatori erhielten damit vergleichbare Strafbefugnisse wie die Avogadori, um die Beschlagnahmungen zu vollstrecken und entsprechende Vergehen zu ahnden, die deren Durchführung behinderten oder wertmindernd wirkten. Die exakten Vorwürfe blieben ungenau: »[…] ch[e] debbano mandar soi homeni sopra la naue scuda [Einschub: patro[n] marco antonio celesta] ch[e] hora uiene d’alexandria co[n] q[ue]ll’ordine, ch[e] à loro perera bono p[er] prohibir li Ingen[n]i felsita et occultatione delle robbe ch[e] siano sopra essa naue« (ebd., fol. 2r). 379 Paolo Preto: Venezia e i turchi. (Pubblicazioni della Facoltà di magistero dell’università di Padova, Bd. 20). Florenz 1975, S. 128f.; Ravid: Socioeconomic Background, S. 40f. Zur Verkaufsanordnung: ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 08. April 1570 (141 Pro-, 25 Kontra-Stimmen und 24 Enthaltungen).

Ein Sieg, viele Religionen

141

schätzte der unbekannte Autor auf beachtliche 400.000 Dukaten.380 Neben den angeführten Arzneimitteln gehörten auch Gewürze und Stoffe sowie feine Kleidungsstücke aus seltenen Ziegenhaaren (zambelotti) zu den von Osmanen in Venedig verkauften Waren.381 Unter den Konfiskationen befanden sich aber ebenso Seidenballen und Federbüsche.382 Die Menge solcher hochwertigen Güter lag darin begründet, dass der venezianische Handel osmanischen Kaufleuten ein ˇ elebi bin Ha¯gˇ¯ı Hız˙ır bin I˙lya¯s, der 1574/ gutes Einkommen versprach. Hüseyin C ˙ ˙ ˘ 1575 in Venedig mit feinen Textilprodukten aus Ziegenhaar (so¯f) handelte, ver˙ erbte immerhin 128.000 aqcˇa. Nach seiner Ermordung stellte sein ebenfalls in Venedig lebender Onkel Ahmed bin Qassa¯b, der in den Dokumenten als Lehr˙ ˙˙ meister (hogˇa) bezeichnet wird, ein muslimisches Begräbnis sicher. Solche Ein˘ zelschicksale führen vor Augen, wie zahlreich und kostbar die konfiszierten Waren gewesen sein mussten.383 Doch nicht allein wegen der Aktivitäten der Kaufleute, Pilger und Reisenden stellte Venedig einen Schmelztiegel zwischen Ost und West dar.384 Ebenso trugen die zahlreichen Einwanderer, die sich in der Lagunenstadt niederließen und in Korporationen organisierten, zu Venedigs kosmopolitischer Position bei. Eine griechisch-orthodoxe Bruderschaft bestand seit 1498; 1577 endeten auch die langjährigen Bauarbeiten an der Kirche San Giorgio dei Greci.385 Die griechische Gemeinde war ein Ort großer Gelehrsamkeit: Humanistische Studien entstan380 Das Schreiben wurde ediert von Quarti: Guerra contro il turco, S. 345f. Zum Tauschwert der aqcˇa vgl. S¸evket Pamuk: A Monetary History of the Ottoman Empire. Cambridge u. a. 2004; Kafadar: A Death in Venice, S. 200f. 381 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Schreiben von Giacomo di Nores, 29. März 1621. Zum Textilhandel und zambelotti vgl. vor allem Suraiya Faroqhi: Ottoman Textiles in European Markets. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. Anna Contadini u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 231–244; Benjamin Arbel: Jews in International Trade. The Emergence of the Levantines and Ponentines. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/London 2001, S. 84. 382 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 24. Mai 1570 (172 Pro-, 5 Kontra-Stimmen und 2 Enthaltungen), fol. 1r: »sede et pennachi«. ˇ elebi bin Ha¯gˇ¯ı Hız˙ır bin I˙lya¯s wird ausführlich untersucht in 383 Der Fall des Händlers Hüseyin C ˙ ˙ ˘P. Pedani: Venezia porta d’Oriente. Bologna Kafadar: A Death in Venice, S. 213–218; Maria 2010, S. 211–242. 384 Ebd.; Deborah Howard: Cultural Transfer between Venice and the Ottomans in the Fifteenth and Sixteenth Centuries. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Herman Roodenburg. Bd. 4: Forging European Identities, 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 138– 177; Deborah Howard: Venezia città »orientale«. In: Venezia e l’Islam. 828–1797. Hg. v. Stefano Carboni. Venedig 2007, S. 79–105. 385 Michela Dal Borgo: Le corporazioni di mestiere veneziane e le attività economico-commerciali delle nation foreste. Ebrei, turchi, tedeschi, greci e armeni. In: Mediterranean World 16 (2001), S. 192; David Jacoby: I greci e altre comunità tra Venezia e oltremare. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 42; Ersi Brouscari: La Chiesa di San Giorgio dei Greci a Venezia e l’architettura. In: Ebd., S. 533f.

142

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

den, Kopisten arbeiteten an Handschriften und der Buchdruck florierte. Mehr als die Hälfte aller frühneuzeitlichen griechischen Drucke stammte, so betonen Forscher, aus Venedig. Auch Künstler wie El Greco befanden sich unter den griechischen Zuwanderern, die aus unterschiedlichen Schichten stammten und selbst verschiedener Herkunft waren: Häufig arbeiteten sie als Reederer, Versicherer für Schifffahrten, im Arsenal oder als Schiffskapitäne, aber auch als Goldschmiede, im Seidenhandel oder als Hausbedienstete. Einige Griechen erhielten eine Anstellung in der venezianischen Administration, unter anderem als Schreiber, und bekamen so das venezianische Bürgerrecht zugesprochen.386 Eine zweite beachtliche Gruppe an Zuwanderern stellten die Armenier dar. Bereits im 12. Jahrhundert errichteten sie ein Hospiz und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielt die Gemeinde die Erlaubnis zur Nutzung einer eigenen Kirche mitsamt eines separaten Friedhofes. Einige betätigten sich im Handel mit Seide aus Persien, andere im Buchdruck. 1512 erschien daher in Venedig der erste Druck in armenischer Sprache. Durch die 1568/69 verfassten Aufzeichnungen ˇ elebi ist zudem bekannt, dass ein Dichter ¯ sˇıq C des osmanischen Schriftstellers ʿA armenischer Herkunft namens Mesı¯h¯ı, der selbst aus Diyarbakır stammte und ˙ als Kaufmann nach Venedig gereist war, in der Lagunenstadt geblieben und dort als Osmanisch- und Persisch-Lehrer wirkte.387 Eine dritte beachtliche Gruppierung bildeten die albanischen Einwanderer. Auch sie hatten in der Mitte des 15. Jahrhunderts eine Bruderschaft gegründet, für die auch Carpaccio Gemälde anfertigte. Bereits im Jahr 1497 zählte die Organisation beachtliche 150 Mitglieder. Die in Venedig lebenden Albaner gingen vor allem dem Handel (insbesondere von Wolle und Öl) nach oder arbeiteten als Tuchscherer und Färber. Viele betätigten sich zudem in der Glasfabrikation, als Handwerker, Bäcker, Lebensmittelhändler, Barbiere oder Hausangestellte.388 Auch die vierte große levanti386 Geanakoplos: Greek Scholars in Venice. Zum griechischen Buchdruck in Venedig vgl. Dal Borgo: Corporazioni, S. 193; Nikolaos G. Moschonas: La comunità greca di Venezia. Aspetti sociali ed economici. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 226f., 229–232; Lionello Puppi: El Greco a Venezia. In: Ebd., S. 643–667; Georghios Ploumidis: Le tipografie greche di Venezia. In: Ebd., S. 365–379; Ugo Tucci: I greci nella vita marittima veneziana. In: Ebd., S. 243–255; Magno: Bound in Venice, S. 103–122; Jacoby: Greci, S. 51–64; Brunehilde Imhaus: Le minoranze orientali a Venezia. 1300–1510. Rom 1997, S. 259–277. 387 Dal Borgo: Corporazioni, S. 194; Magno: Bound in Venice, S. 103–122; Kafadar: A Death in ˇ elebi: Mes¸a¯ʿir üs¸-s¸uʿara¯ or Tezkere of ʿA ¯ ˇsıq C ¯ s¸ık Çelebi. Hg. v. Glyn M. Venice, S. 212; ʿA Meredith-Owens. (E. J. W. Gibb Memorial. New Series, Bd. 24). London 1971, fol. 129r (hier Zeilen 7–15). 388 Silvia Moretti: Gli albanesi a Venezia tra XIV e XVI secolo. In: La città italiana e i luoghi degli stranieri. XIV–XVIII secolo. Hg. v. Donatella Calabi u. Paola Lanaro. (Biblioteca di cultura moderna, Bd. 1141). Rom/ Bari 1998, S. 5f., 8f., 14; Lucia Nadin: Migrazioni e integrazione. Il caso degli albanesi a Venezia (1479–1552). (Contesti adriatici, Bd. 1). Rom 2008, S. 107, 188f.; Dal Borgo: Corporazioni, S. 186; Jacoby: Greci, S. 64–67.

Ein Sieg, viele Religionen

143

nische Einwanderergruppe, die dalmatinischen Zuwanderer (schiavoni), besaßen ein Armenhospiz und eine Bruderschaft, die mit Gemälden Carpaccios ausgestaltet wurde.389 Damit lassen diese Ausführungen auf venezianische Gruppenkulturen schließen, die zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto hochgradig differenziert, aber zugleich auch administrativ und korporativ etabliert waren. Häufig arbeiteten die Einwanderer auch als sogenannte sensali. Solche Makler regelten die Geschäfte zwischen Käufern und Verkäufern, wenn einer der Vertragspartner nicht aus Venedig stammte. Von den insgesamt 190 venezianischen sensali waren knapp 20 auf den veneto-osmanischen Handel spezialisiert und in Rialto ansässig.390 Sämtliche osmanischen Kaufleute mussten sich zunächst an die Makler wenden, sodass einige Zuwanderer die ersten Anlaufstellen muslimischer Kaufleute waren, die nur für wenige Monate in der Lagunenstadt lebten. Für die Geschäftsanbahnungen erhielten die Makler eine beachtliche Provision, die häufig ein Drittel des erzielten Gewinns einnahm. Claudia Naumann-Unverhau wies daher zurecht darauf hin, dass die sensali auch entsprechende Möglichkeiten besaßen, muslimische Kaufleute zu betrügen und so ihren Gewinn zu maximieren.391 Mit der Vergabe der Privilegien, als sensali tätig zu werden, ging die Signoria allerdings restriktiv um. Wenige Monate vor dem Ausbruch des venezianisch-osmanischen Krieges wandte sich ein gewisser Andrea aus dem griechischen Arta, das sich damals unter osmanischer Herrschaft befand, mit einer solchen Bitte an das Collegio. In seiner Supplik vom April 1569 präsentierte sich Andrea als »armer Elender«, der es beabsichtige, »von den teuflischen Ketten loszukommen, um unter dem glücklichen Schutz Eurer Durchlaucht zu leben und zu sterben.« Der Bittsteller – Vater von fünf Kindern – war zum Katholizismus konvertiert und von Arta nach Venedig geflohen. Um seine Familie ernähren zu können, bat er darum, das Amt des ordentlichen Handelsmaklers (sanser ordinario) ausüben zu dürfen. In diesem könne er durchaus nützlich sein, da er, so Andrea, die osmanische und noch weitere Sprachen beherrsche.392 Daraufhin verfassten einige Gremien Stellungnahmen 389 Dal Borgo: Corporazioni, S. 186; Moretti: Albanesi a Venezia, S. 15. 390 Giorgio Vercellin: Mercanti turchi e sensali a Venezia. In: Studi veneziani N. S. 4 (1980), S. 45– 79, hier S. 58; Eric R. Dursteler: Venetians in Constantinople. Nation, Identity, and Coexistence in the Early Modern Mediterranean. Baltimore 2008, S. 170; ders.: Commerce and Coexistence. Veneto-Ottoman Trade in the Early Modern Era. In: Turcica 34 (2002), S. 105– 133; Imhaus: Minoranze orientali, S. 164; Pedani: Venezia porta d’Oriente, S. 223–229. 391 Claudia Naumann-Unverhau: Die Aufnahme türkischer Kaufleute bei Senat und Bevölkerung Venedigs. In: Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Hg. v. Odilo Engels und Peter Schreiner. Sigmaringen 1993, S. 166. Zu den sensali vgl. auch Jacoby: Greci, S. 53f. ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Schreiben von Giacomo di Nores, 29. März 1621 führt eine Kommissions-Zahlung der sensali von 8 Dukaten pro collo an. 392 Die beiden folgenden Fälle wurden erstmals vorgestellt von Michela Dal Borgo: Neo-convertiti aspiranti sensali (1569). In: Veneziani in Levante. Musulmani a Venezia. Hg. v.

144

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

gegenüber dem Collegio. Wenngleich die Provveditori di Comun, Consoli dei mercanti und Ufficiali alla messetteria eine Vergabe der Maklerlizenz befürworteten, ergab die Abstimmung des Collegio schließlich zwei Pro-, ebenso viele Gegenstimmen und eine Enthaltung, weshalb die Bittschrift unbeantwortet blieb.393 Auch auf eine wenige Tage später eingereichte Supplik des vormaligen Muslimen Antonio, der »jetzt Diener Gottes« sei und Handelsmakler werden wolle, wurde nicht reagiert. Er schrieb, dass er lange in der venezianischen Flotte unter den ehrenwerten Herren Giacomo da Mosto, Nicolò Dandolo und Piero Pisani gedient habe. Antonio hielt sich demnach vor allem auf Zakynthos, Korfu und Zypern auf, wo er wahrscheinlich als Galeerenruderer im Einsatz war.394 Indem Antonio in seinem Schreiben drei Adlige aufführte, deren Familien zu den einflussreichsten Venedigs zählten,395 präsentierte er sich gewissermaßen als ihr Schützling und nutzte die sich ihm auf der textuellen Ebene der »formulierte[n] Beziehungskonzept[e]«396 bietenden Handlungsmöglichkeiten, um sich in Patronagenetzwerke einzuschreiben. Er verband damit die Hoffnung, dass sich das symbolische Kapital der drei Adligen auch auf ihn übertragen würde. Denn letztlich stand, genau wie bei Andrea, die eigene Ehre zur Disposition und das

393

394

395

396

Francesca Lucchetta. (Quaderni di studi arabi, Suppl. al n. 15). Rom 1997, S. 163ff. ASVe, Collegio, Suppliche, filza 3, fol. 156r: »pover[o] miserabil[e]«; »ussir delle catene diaboliche per uiuer, et morir sotto la felice ombra di V. Ser.ta«. ASVe, Collegio, Notatorio, filza 33, Stellungnahme der Provveditori di Comun, 11. Juni 1569; ebd., Stellungnahme der Consoli dei mercanti, 27. Juni 1569; ebd., Stellungnahme der Ufficiali alla messetteria, undatiert; ebd., 21. September 1569; ASVe, Collegio, Notatorio, reg. 38, 21. September 1569, fol. 84v. ASVe, Collegio, Suppliche, filza 3, fol. 165r: »Io Antonio gia Turco et hora seruo di DIO«. Giacomo da Mosto war ab 1552 auf Zakynthos stationiert. Nicolò Dandolo wurde 1560 Bailo und Generalinspektor von Korfu und am 12. Oktober 1567 vom venezianischen Senat zum Statthalter von Zypern gewählt. Auch Piero Pisani hielt sich in Nikosia auf, bevor er, wie Nicolò Dandolo auch, im Herbst 1570 bei der Eroberung Zyperns durch die Osmanen starb. Vgl. ASVe, Miscellanea Codici, s. I: storia veneta, registro 4 [20, Marco Barbaro: Arbori de’patritii veneti], S. 184; ebd., registro 5 [21, Marco Barbaro: Arbori de’patritii veneti], S. 137, 398; Giuseppe Gullino: Dandolo, Nicolò. In: Dizionario biografico degli italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia italiana fondata da Giovanni Treccani. Bd. 32. Rom 1986, S. 502f. Für seinen Ruderdienst spricht auch, dass Nicolò Dandolo zahlreiche Einsätze gegen Korsaren an der adriatischen Küste fuhr und im Januar 1560 die Obhut über jene Galeeren übernahm, in denen Verurteilte eingesetzt wurden. Ebd., S. 502f. Die Familien stellten bereits einige Dogen, den vicebailo Istanbuls sowie mehrere Kapitäne in der Schlacht von Lepanto. Vgl. ASVe, Collegio, Relazioni, busta 4, fol. 54r [Marcantonio Donini: Expositio (1562)]; Anonym: L’ordine Delle Galere Et Le Insegne Loro, Con li Fanò, Nomi, & cognomi delli Magnifici, & generosi patroni di esse, che si ritrouorno nella armata della santissima Lega, al tempo della vittoriosa, & miracolosa Impresa ottenuta […]. Venedig 1571. (BNM, Misc. 2573, op. 33, cc. 6), fol. 2v–4r; Henri Pigaillem: La bataille de Lépante (1571). Paris 2003, S. 110–113. Gabriele Jancke: Autobiographie als soziale Praxis. Beziehungskonzepte in Selbstzeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 10). Köln/ Weimar/ Wien 2002, S. 34.

Ein Sieg, viele Religionen

145

Collegio entschied darüber, ob er ein »anständiger Mann«397 sei (und konnte sich dahingehend gerade nicht entscheiden). Antonios’ und Andreas’ Bittschriften zeigen eindeutige Parallelen: Beide betonten ihren Ehestand, die Kinder, die Güte der Serenissima und die eigenen Sprachkenntnisse, was auf den stark formalisierten Charakter solcher Schriften hinweist. Die Bittgesuche verdeutlichen vor allem, wie die historischen Akteure dachten, einen Antrag gestalten zu müssen, um letztlich bestmögliche Chancen auf Bewilligung zu erhalten: Welche Begebenheiten sie erwähnen, welche verschweigen sollten, auf welche Formeln sie zurückzugreifen hatten und welche Form das Schreiben selbst einnehmen musste.398 Womöglich war es weniger die Art und Weise, wie die Bittschriften verfasst waren, die den Collegio dazu veranlasste, sie abzulehnen, sondern vielmehr die Konstitution der personalen Beziehungen der Bittsteller.399 Es könnte die Tatsache entscheidend gewesen sein, dass zwei zum Katholizismus konvertierte, ehemalige Muslime einer Tätigkeit nachzugehen beabsichtigten, in der sie regelmäßigen Kontakt mit Muslimen besessen und als kulturelle Vermittler eine zentrale Position in den merkantilen, interreligiösen Netzwerken eingenommen hätten.400 Weil die Verhinderung von Kontakten mit früheren Glaubensgenossen für den Umgang mit ehemaligen 397 ASVe, Collegio, Notatorio, filza 33, Stellungnahme der Ufficiali alla messetteria, undatiert: »[…] esser homo da bene«. Zur Bedeutung der Ehre für die Handelsmakler vgl. Eric R. Dursteler: Venetians in Constantinople. Nation, Identity, and Coexistence in the Early Modern Mediterranean. Baltimore 2008, S. 148f. 398 Natalie Z. Davis: Der Kopf in der Schlinge. Gnadengesuche und ihre Erzähler. Berlin 1988. So findet sich in beiden Bittschriften kein Hinweis darauf, dass der Glaubensübertritt mit Gewaltausübung verbunden war. Dies war beispielsweise bei Al-Hasan ibn Muhammed alWazza¯n al-Fa¯sı¯ (Leo Africanus) der Fall: dies.: Trickster Travels, ˙S. 62–69, 78f. ˙ 399 Die Selbstthematisierungen der Supplikanten fanden in Beziehungskonzepten statt, also in Bezugnahme auf andere horizontale und vertikale Referenzen wie die eigene Familie, Herrschaftsträger oder Gott. Vgl. Gabriele Jancke/ Claudia Ulbrich: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung. In: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung. Hg. v. dens. (Querelles. Jahrbuch für Frauen- und Geschlechterforschung. Bd. 10). Göttingen 2005, S. 7–27; Natalie Z. Davis: Boundaries and the Sense of Self in Sixteenth-Century France. In: Reconstructing Individualism. Autonomy, Individuality, and the Self in Western Thought. Hg. v. Thomas C. Heller, Morton Sosna u. David E. Wellbery. Stanford 1986, S. 53. 400 Freilich waren die Tätigkeiten eines »sanser ordinario« (ASVe, Collegio, Suppliche, filza 3, fol. 156r) grundsätzlich nicht auf osmanische Handelspartner beschränkt. Doch die nachdrückliche Betonung ihrer osmanischen Sprachkenntnisse verweist auf die Wichtigkeit der muslimischen Kaufleute. Maria P. Pedani: Between Diplomacy and Trade. Ottoman Merchants in Venice. In: Merchants in the Ottoman Empire. Hg. v. Suraiya Faroqhi u. Gilles Veinstein. (Collection Turcica, Bd. 15). Paris/ Louvain/ Dudley 2008, S. 12. Zudem gerieten derartige Mittlerfiguren häufig unter Spionageverdacht. Faroqhi: Honour and Hurt Feelings, S. 73; Paolo Preto: I servizi segreti di Venezia. (La cultura. Saggi, Bd. 499). Mailand 1994.

146

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Muslimen eine zentrale Position darstellte, ist anzunehmen, dass das Collegio den religiösen Status der Konvertiten bezweifelte.401 Weniger Bedenken besaßen die Venezianer offensichtlich bei Marc’antonio di Eletti, einem konvertierten Juden, der im September 1569 die Erlaubnis erhielt, als Handelsmakler tätig zu sein.402 Damit veranschaulichen diese Ausführungen besonders deutlich die kulturelle Vielfalt Venedigs, angesichts derer das, was im historischen Sprachgebrauch als Charakteristikum von »Türken« (turchi) verstanden wurde, als Resultat vielschichtiger Aushandlungsprozesse erscheint, die im alltäglichen Neben-, Mit- und Gegeneinander stattfanden. Wer also genau den beträchtlichen Konfiskationen, die 1570 »alle Türken, levantinischen Juden und anderen türkischen Untertanen«403 betreffen sollten, tatsächlich ausgesetzt war, stellte das Ergebnis zu verhandelnder Zugehörigkeiten dar. So tat sich im Zuge der befohlenen Beschlagnahmungen angesichts der in Venedig lebenden albanischen, anatolischen, armenischen, dalmatinischen, griechischen und jüdischen Zuwanderer und Kaufleute schnell die Frage auf, wer nun genau als turco mit den Konfiskationen belangt werden sollte. Noch im März 1570 präzisierten die Senatoren daher, dass von den »türkischen Untertanen« Christen ausdrücklich nicht betroffen seien, die als Nichtmuslime (zimmı¯) und Angehörige einer gesonderten Steuerklasse (reʿa¯ya¯) im Osmanischen Reich lebten.404 Daraufhin verfassten elf Christen von der osmanischen Peloponnes eine gemeinsame Petition an den venezianischen Dogen, die sie mit pathetischem Ton begannen: »Obgleich das Schicksal uns Unterzeichnende zu Untertanen des Türken gemacht hat, hat es jedoch nicht jenes Wohlwollen aus unseren Herzen entfernt, das die meisten von uns gegenüber diesem felicissimo dominio hatten, als sie unter seinem Schirm lebten, und [welches sie] als Christen [noch heute empfinden].«405 401 Kim Siebenhüner: Glaubenswechsel in der Frühen Neuzeit. Chancen und Tendenzen einer historischen Konversionsforschung. In: Zeitschrift für Historische Forschung 34 (2007), H. 2, S. 257; Rothman: Becoming Venetian. 402 ASVe, Collegio, Notatorio, filza 33, die Bittschrift von Marc’antonio di Eletti (vormalig: »Isach di Manachon«) betreffend, 20. September 1569. 403 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 06. März 1570 (167 Pro-, 15 Kontra-Stimmen und 14 Enthaltungen): »tutti i Turchi, hebrei leuantini, Et altri sudditi Turcheschi«. 404 Ebd., 11. März 1570 (137 Pro-, 30 Kontra-Stimmen und 19 Enthaltungen); I˙nalcık/ Quataert: Economic and Social History, S. 16f.; Claude Cahen: Dhimma. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Bernard Lewis, Charles Pellat und Joseph Schacht. Bd. 2. Leiden/ London 1965, S. 227–231; Clifford E. Bosworth/ Suraiya Faroqhi: Raʿiyya. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Clifford E. Bosworth u. a. Bd. 8. Leiden 1995, S. 403– 406; Bruce Masters: Christians and Jews in the Ottoman Arab World. The Roots of Sectarianism. (Cambridge Studies in Islamic Civilization). Cambridge u. a. 2001; Greene: Catholic Pirates. 405 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 18. April 1570, undatierte Supplik von Manoli Archiopulo, Nicolo Methocopo, Zorzi Pologniti, Carito Milonopulo (im Senatsbeschluss als

Ein Sieg, viele Religionen

147

Die Bittsteller präsentierten sich folglich als Venedig wohl geneigte osmanische Untertanen. Sie kamen alljährlich nach Venedig, um hier ihre Waren zu verkaufen und anschließend wieder zurückzukehren. Als sie sich 1570 jedoch auf der Galeere des Zuan Balbi befanden, inhaftierte der Kapitän, wie befohlen, die an Bord befindlichen »Türken und Juden« und konfiszierte deren Güter sowie jene der christlichen Sulta¯nsuntertanen. Sie gaben an, Venedig beinahe mittellos ˙ erreicht und in der Zwischenzeit auch den Restbetrag, der ihnen noch verblieben war, ausgegeben zu haben, weshalb ihnen nun der Hungertod drohe. Die Quittungen und Rechnungen hierfür hatten sie bereits als Belege bei den Governatori eingereicht. Unter Anflehung Jesu Christi erbaten sie daher die Rückerstattung ihrer Waren. Hierfür bezogen sie sich auf eine Auflistung, die sie eigens aufgesetzt hatten und welche für jeden der einzelnen elf Bittsteller gesondert sämtliche Waren und die damit zusammenhängenden Rechnungsbeträge anführte.406 Ihr so nachdrücklich vorgebrachtes Gesuch blieb jedoch zunächst erfolglos. In einem zweiten Schreiben beklagten die »elenden und unglücklichen Christen von der Peloponnes« deshalb, dass sich ihre Waren nun bereits seit 50 Tagen in venezianischem Gewahrsam befänden, was sie zu Bettlern habe werden lassen. Sie führten weiter aus, dass sie sich von Abfällen ernährten und kein einziges Hemd mehr besäßen. Damit aktualisierten die sich als fromme Christen stilisierenden orthodoxen Sulta¯nsuntertanen Topoi christlicher Nächstenliebe. In ˙ diesem zweiten Bittschreiben verwiesen sie empört darauf, dass sie lediglich elf von insgesamt 200 Menschen in Venedig sind, die von der Peloponnes stammen. Den anderen seien bereits sämtliche Güter rückerstattet worden.407 Die Händler »Caritò Molinopulo« angeführt), Zuan Gardigioti (von den Senatoren als » Zua[n] Gardiglioti« benannt), Piero Polizoni (»Piero Polizzoni« im Senatsbeschluss), Zuan Pergando, Thodorin Comagnizi (von den Senatoren leicht abweichend als »Thodorin Comagnici« angeführt), Zorzi Sauasto (später als » Zorzi Sanasto« bezeichnet), Marino Zarza und Zorzi Corsari. In dem betreffenden Senatsbeschluss werden die Bittsteller als »Christiani della Morea« bezeichnet. Ebd., 18. April 1570 (164 Pro-, 4 Kontra-Stimmen, 11 Enthaltungen). Siehe auch die Eigenbezeichnung in ebd., 18. April 1570, weitere undatierte Supplik, fol. 1r: »Se ben la fortuna ha fatto noi infrascritti sudditi del Turco no[n] però ha leuato da cuori n[ost]ri quella affettione, che i maggiori n[ost]ri haueuano à questo felicissimo Dominio mentre uiueuano sotto l’ombra sua, et come christiani«. 406 Ebd., 18. April 1570, undatierte Supplik, fol. 1r f.: »Turchi, et hebrei« (deren Anzahl wird nur ungenau als »alci« angegeben); »habbimo […] fatto una scrittura nella quale habbiamo distinta, et particolarmente à capo p[er] capo descritte tutte le robbe, che si confrontano co[n] le bollette«. 407 Ebd., 18. April 1570, weitere undatierte Supplik von Manoli Archiopulo, Nicolo Methocopo, Zorzi Pologniti, Carito Milonopulo (im Senatsbeschluss als »Caritò Molinopulo« angeführt), Zuan Gardigioti (von den Senatoren als » Zua[n] Gardiglioti« benannt), Piero Polizoni (»Piero Polizzoni« im Senatsbeschluss), Zuan Pergando, Thodorin Comagnizi (von den Senatoren leicht abweichend als »Thodorin Comagnici« angeführt), Zorzi Sauasto (später als » Zorzi Sanasto« benannt), Marino Zarza und Zorzi Corsari, fol. 1r: »noi miseri, et infelici christiani dalla Morea« sowie »noi miseri et sfortunati«.

148

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

waren also gut informiert und situierten sich in einer umfangreichen Gruppe an Landsleuten, was ihnen zugleich ermöglichte, den Umgang Venedigs mit ihnen als unrechtmäßig zu beschreiben. Daraufhin setzte sich dann doch die administrative Maschinerie Venedigs in Gang, und die Senatoren beschlossen am 18. April 1570 die Restitution sämtlicher Waren. Sollten sich die Bittsteller jedoch als Betrüger herausstellen, verlören sie alle Güter und waren zu bestrafen.408 Damit hatte Venedig einen Präzedenzfall geschaffen, denn kurz darauf begründeten vier weitere osmanische Christen namens Christofolo Zaculiti, Zuan Orfano, Zuan Capsocavadi und Zorzi Mauropodi ihr Rückerstattungsgesuch mit dem Verweis auf die »Elf aus Morea«. Sie baten um die Restitution von insgesamt 16 Kupfer- und Zinnteilen, 34 Helmen, von roten und schwarzen Stoffen (die ursprünglich auf 22 beziffert waren, dann aber doch ohne Zahlenangabe angeführt wurden) sowie 50 verschiedenfarbigen Stoffen. Zusätzlich listeten sie 250 Dolche, drei Kisten und 36 Schmelzgeräte auf, deren Rückgabe sie erbaten.409 Die Senatoren stimmten dem Gesuch zu und übermittelten den Governatori delle entrate den Entscheid, dass auch diesen vier Bittstellern als Christen die Güter zu restituieren waren. Zugleich schienen die Senatoren die Ausführung dieser Angelegenheit nicht dem Zufall überlassen zu wollen, da sie von den Governatori eine Erklärung darüber einforderten, wie mit den Waren der christlichen Sulta¯nsuntertanen bisher verfahren wurde.410 Dass der Senat eine einheitliche ˙ Verfahrensweise im Umgang mit den von christlichen Osmanen beschlagnahmten Gütern entworfen hatte, wird auch in einer weiteren Reaktion im Mai 1570 ersichtlich. Als damals Briefe eintrafen, dass an Bord eines venezianischen Schiffes in Korfu die Güter von fünf Christen konfisziert wurden, die aus dem Osmanischen Reich nach Venedig kamen, ordneten die Senatoren die Freisetzung der Christen und die Restitution ihrer Waren – explizit ohne zusätzliche Kostenaufwendungen für die Betroffenen – an.411 Die Ausführungen zu den Konfiskationen von 1570 belegen nicht allein einen florierenden veneto-osmanischen Handel, sondern vor allem, dass die im Zuge des Zypernkrieges aktualisierte Dichotomie der Türkengefahr, die ›Christen‹ mit Venedig und ›Muslime‹ mit dem Osmanischen Reich gleichsetzt(e), komplexe 408 Ebd., 18. April 1570 (164 Pro-, 4 Kontra-Stimmen, 11 Enthaltungen). 409 Ebd., 02./ 08. Mai 1570 (der dazugehörige Senatsbeschluss weist beide Datierungen auf), undatierte Supplik von Christofolo Zaculiti (im Senatsbeschluss als »Christophoro Zaculiti« angeführt), Zuan Orfano, Zuan Capsocavadi (später benannt als »Zua[n] Capsouacadi«) und Zorzi Mauropodi, fol. 1r: »xi dalla Morea«. 410 Die Senatoren wünschten also eine Rückmeldung darüber, dass die Governatori wie angewiesen verfuhren. Darüber hinaus informierten sie die Savi des Collegio über den Beschluss. Ebd. (161 Pro-, 1 Kontra-Stimme und 6 Enthaltungen), fol. 1r. 411 Ebd., 24. Mai 1570 (172 Pro-, 5 Kontra-Stimmen und 2 Enthaltungen), fol. 1r: »Li Xani novamenti sopradetti farene liberare [Einschub: [durchgestrichenes Wort] et restituirle la loro robbe senza spesa alc.a] si ch[e] possino andar doue si parera«.

Ein Sieg, viele Religionen

149

Vergangenheiten reduziert(e): So wie im Osmanischen Reich und in Venedig Christen und Juden als Untertanen lebten, so waren auch die christlichen und jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig sowie diejenigen Venedigs im Osma˙ nischen Reich präsent. Sie unterliefen damit die Kriegsrhetorik, die homogene Entitäten als religiöse Herrschaftskonstrukte einander gegenüberstellte. Zugleich bedurfte es aber auch seitens der Obrigkeiten juristischer Regeln, wie nun angesichts des Zypernkrieges mit dieser Situation umzugehen sei. Für die Republik Venedig ist dabei festzustellen, dass die Türkengefahr-Diskurse hier in die Rechtsprechung aufgenommen wurden, die Dichotomien anhand obrigkeitlicher und religiöser Zuschreibungen konstituierte: Von den Konfiskationen waren »alle Türken, levantinischen Juden und anderen türkischen Untertanen«,412 nicht aber christliche Osmanen. Damit förderte die Rhetorik der Türkengefahr einerseits homogenisierende, juristische Zuschreibungen, unterlief die implizierte Gegenüberstellung von Venezianern und Osmanen aber vor allem deshalb, weil sie andererseits eine juristische Kategorie der ›christlichen Sulta¯nsuntertanen‹ in Venedig etablierte, die auch im Osmanischen Reich (reʿa¯ya¯ ˙ und zimmı¯) existierte.413 Dabei verdeutlichten jedoch die Suppliken, dass jenseits dieser Zuschreibungen ›christliche Sulta¯nsuntertanen‹ als doppeltsituierte Ak˙ teure (als Sulta¯nsuntertanen, die im Zuge der Türkenfurcht in Venedig als ˙ Christen eine gesonderte Behandlung im Vergleich zu anderen Sulta¯nsunterta˙ nen erfuhren) eigene Handlungsräume besaßen, ihre Selbstsituierung als turco oder cristiano situativ zu verhandeln.

II.2.ii. Unter Kooperationsverdacht: Türkenfurcht, Venedig und Orthodoxe Eine Zusatzverordnung vom 11. März 1570 drohte zudem denjenigen mit Verbannung, die osmanische Juden oder Muslime versteckten und sie so der Inhaftierung entzogen.414 Es ist davon auszugehen, dass auch dieser Beschluss vornehmlich auf Orthodoxe zielte, die in Venedig als Untertanen der Serenissima oder aber des osmanischen Sulta¯ns lebten. Dies legen auch die zu Francesco di ˙ Demetri Litino angefertigten Inquisitionsakten aus dem Jahr 1573 nahe.415 412 Ebd., 06. März 1570 (167 Pro-, 15 Kontra-Stimmen und 14 Enthaltungen): »tutti i Turchi, hebrei leuantini, Et altri sudditi Turcheschi«. 413 I˙nalcık/ Quataert: Economic and Social History, S. 16f.; Cahen: Dhimma; Bosworth/ Faroqhi: Raʿiyya; Masters: Christians and Jews. 414 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 11. März 1570. 415 Hierzu siehe insbesondere Ersie Burke: Francesco di Demetri Litino, the Inquisition and the Fondaco dei Turchi. In: Θησαυρίσματα/ Thesaurismata 36 (2006), S. 79–96. Dr. Ersie Burke (Monash University, Australia) danke ich für die großzügige Bereitstellung ihrer Transkriptionsnotizen.

150

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Im August war Francesco inhaftiert und vor das Tribunal zitiert worden, um sich zu Vorgängen zu äußern, die bereits zwei Jahre zurücklagen. Im Sommer 1571 soll er einen von seinem Herrn entlaufenen Haussklaven Unterschlupf geboten, ihm zur Flucht verholfen und letztlich auch seine Rekonversion zum Islam begünstigt haben. Der turco namens Zorzi war zum Katholizismus konvertiert und floh nach 18-monatigem Dienst im Haushalt des Patriziers Marco Falier gemeinsam mit drei weiteren Haushaltssklaven des Sekretärs Barbaro, Bernardo Tiepolos und Luca Faliers. Die aus dem Osmanischen Reich stammenden und in Venedig lebenden Sklaven hatten ihre Fluchtaktion auf einem Marktplatz abgesprochen und beabsichtigten, auf einem Schiff in das Osmanische Reich zurückzukehren, das einigen muslimischen Händlern gehörte. Zorzi gab gegenüber den Inquisitoren an, dass Battista – Sklave aus dem BarbaroHaushalt – die Flucht durch entsprechende Absprachen mit den Händlern vorbereitet hatte. Zorzi selbst habe, so beteuerte er, niemals mit den Kaufleuten gesprochen. Die vier Männer hielten sich nach ihrer Flucht im Haus des orthodoxen Francesco in Castello nahe der Chiesa di San Giovanni Nuovo in einem Zimmer auf, in dem auch der turco »Pricheilim« mit seinen Verwandten wohnte. Als der Schiffspatron den Entflohenen jedoch mitteilte, er wolle nicht alle drei auf ein Mal mitnehmen, blieb Zorzi als einziger zurück in Venedig, wo er auf die Rückkehr des muslimischen Kaufmannes hoffte, um so in das Osmanische Reich reisen zu können.416 Insgesamt gab Zorzi an, fünf Tage in Francescos Haus verbracht zu haben. Im Anschluss daran erfragten die Inquisitoren weitere Details zum Umgang, den Zorzi mit den Muslimen im Haus des GriechischOrthodoxen pflegte: Zorzi habe die Nacht nicht bei dem turco, sondern auf dem Dachboden verbacht. Dennoch hatte er mit ihm gemeinsam in dem Wissen, etwas ›Falsches‹ zu tun, an einem Freitag Rindfleisch verzehrt und Wein getrunken. Auch hatten ihn die Familienangehörigen des Muslims einer Rasur unterzogen und anschließend in osmanischer Art eingekleidet, was Inquisitoren für gewöhnlich als Akt der Konversion deuteten.417 In dem Verhör gab Zorzi weiterhin 416 ASVe, Savi all’eresia (Santo Ufficio), b. 35, Francesco di Demetri Litino, fol. 1r ff., 9v, 10v, 12r, 17r. Zorzis Status wurde sowohl als »schiav[o]« wie auch als »garzone« definiert. Für Battistas Rädelsführerschaft spricht auch eine andere Zeugenaussage, wonach Battista mit den »Sklaven des Türken« (»schiavi del Turco«) von einer Brücke aus gesprochen habe, während sich diese auf einem Balkon des Hauses aufhielten. Zur Problematik von (Re-)Konversionen siehe auch Bartolmé Bennassar/ Lucile Bennassar: Les Chrétiens d’Allah. L’histoire extraordinaire des renégats. XVIe-XVIIe siècles. Paris 1989; Gino Benzoni: Il »farsi turco«, ossia l’ombra del rinnegato. In: Venezia e i Turchi. Scontri e confronti di due civiltà. Hg. v. Carlo Pirovano. Mailand 1985, S. 91–133; Dursteler: Renegade Women. 417 ASVe, Savi all’eresia (Santo Ufficio), b. 35, Francesco di Demetri Litino, fol. 2r f., 10r, 11r, 17v, 19v; Lucia Rostagno: Mi faccio turco. Esperienze ed immagini dell’islam nell’Italia moderna. (Supplemento n. 1 a »Oriente Moderno«. Studi e materiali sulla conoscenza dell’Oriente in Italia, Bd. 4). Rom 1983.

Ein Sieg, viele Religionen

151

an, dass Francesco zunächst nichts von ihm gewusst habe, wohl aber dessen Frau Giulia. Eines Abends habe sie ihn auch aus dem Haus geschickt und ihrem Sohn Giorgio aufgetragen, darauf zu achten, dass Zorzi nichts zustoße und dass er nicht entdeckt werde. Beide verbrachten daraufhin die Nacht im Freien. Giulia sei es auch gewesen, die Zorzi vor den nach ihm suchenden Adligen gewarnt und ihn in einem leeren Raum versteckt habe, als Marco Falier gemeinsam mit seinem Sohn Michiel sowie mit drei weiteren Venezianern vor dem Haus Francescos erschien. Falier gab schließlich zu Protokoll, dass Giulia ihm – nachdem er mit der Aussage vor Gericht gedroht hatte – vertraulich mitteilte, dass sich Zorzi in den Magazinräumen des Hauses versteckt halten dürfte, wo er sich allerdings nicht befand. Als Falier auf dem Rückweg Francesco traf, teilte er diesem die ganze Angelegenheit aufgebracht mit. Weil Francesco tags darauf, am 15. August 1571, Zorzi zu Falier gebracht hatte, vermutete Falier, dass Francesco nur aus Furcht so gehandelt habe. Jedoch gab auch Zorzi gegenüber den Inquisitoren an, dass Francesco ihn damals erstmalig gesehen und sogleich zurückgebracht hatte. Aus seinem nächtlichen Versteck habe ihn erneut Giulia geholt, woraufhin er eine Nacht in einem anderen Haus in der Nähe der Chiesa dei Santi Giovanni e Paolo verbracht habe, das Giorgios Verwandten gehörte.418 Zorzi gab also an, durch die Familie unterstützt worden zu sein. Zusätzlich dazu bezichtigte ein Zeuge, der sich während der Tage im Haus aufhielt und die nächtliche Aktion beobachtet hatte, Francesco, selbst daran beteiligt gewesen zu sein und gemeinsam mit dem osmanischen Kaufmann die geheime Unterbringung Zorzis geplant zu haben. Einer dessen jungen Sklaven (schiavetto), bei dem es sich jedoch sicherlich um einen seiner mit anwesenden Söhne handelte, sei ebenso in die Fluchtaktion involviert gewesen.419 Insofern der Zeuge auch anzugeben wusste, dass sich »ein anderer Türke mit seinem Sohn« bei dem bei Francesco wohnenden Muslim zum Essen eingefunden hatte, kann Francescos Haushalt für die Zeit des Zypernkrieges als ein Ort osmanisch-orthodoxer Kontakte beschrieben werden.420 Wenngleich Francesco und seine Angehörigen beschuldigt wurden, Zorzis Flucht und (vermutete) Konversion unterstützt zu haben, bestritt Francesco sowohl gegenüber Falier als auch gegenüber den Inquisitoren, von der Angelegenheit gewusst zu haben: Er dachte, Zorzi sei ein Christ. Auch nahm er Giulia in 418 ASVe, Savi all’eresia (Santo Ufficio), b. 35, Francesco di Demetri Litino, fol. 2v–4r, 11r. 419 Ebd., fol. 16v: »[…] Frangia parlava con il turco in schiavonesco. et un Schiavetto del Turco, che sa parlar un poco Italian li aiutava a parlare insieme«. Francescos Sohn Giorgio und Marco Falier sprechen von Söhnen des osmanischen Kaufmannes, die sich gemeinsam mit ihrer Mutter in dem Haus aufgehalten haben. Hingegen berichtet ein Zeuge, es habe sich um Sklaven gehandelt. Auf Nachfragen konnte dieser jedoch nicht angeben, ob sie getauft waren oder nicht. Vgl. ebd., fol. 3v, 9r ff., 19v. 420 Ebd., fol. 17r: »è l’soleva venir a mangar co’l Turco un altro Turco con suo fiol«. Diese hätten sich mit einer Gondel in Venedig fortbewegt, in der sie auch »bisinelle« hatten. (ebd., fol. 17r f.).

152

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Schutz, die nicht gewusst habe, dass Zorzi auf der Flucht gewesen sei. Ironischerweise führte Francesco, der als Handelsmakler (sanser) für die griechische Sprache und die im Mittelmeerraum von Christen und Muslimen gesprochene lingua franca arbeitete, angeblich bestehende Sprachbarrieren an, wodurch er die gegen ihn vorgebrachten Anklagepunkte zu entlasten hoffte. Eine Kommunikation sei nicht möglich gewesen, da weder Francesco turco noch Zorzi franco sprechen könne. Auch habe Francesco auf keinen Dolmetscher zurückgegriffen.421 Im Gegensatz zu dieser Aussage führte jedoch Francescos Sohn Giorgio an, dass er seinen Vater im Gespräch mit einem der Söhne des muslimischen Händlers gesehen hatte, der wohl ein wenig Italienisch sprach. Auf Giorgios Nachfragen meinte dann dieser Junge, dass sich Francesco bei ihm wegen des Sklaven (schiavo) Zorzi erkundigt habe. Demnach hätte er also sehr wohl um den servilen Status des Entflohenen gewusst. Giorgios Ausführungen sprechen dafür, dass auch die Aussage eines weiteren Zeugen stimmte, wonach ein Junge die Kommunikation zwischen Francesco und dem Osmanen verbesserte, sie aber letztlich untereinander schiavonesco (die lingua franca) gesprochen haben. Auch Giulia wurde eigens verhört. Sie betonte, nicht zu wissen, wer in ihrem Haus einund ausgeht. Dass sie Falier nach seinem Erscheinen fälschlicherweise zu den Magazinräumen geführt hatte, entschuldigte sie vor dem Inquisitionstribunal damit, dass Zorzi unter einer der Treppen oder in einem kleinen Raum zu vermuten war.422 Wenige Tage nach dem ersten Verhör riefen die Inquisitoren Zorzi erneut vor das Tribunal, um zu examinieren, ob er nach wie vor Christ oder aber in der Zwischenzeit konvertiert sei. Zorzi gab an, dass seine Eltern Christen waren und aus Bulgarien stammten, er aber von Christen geraubt und Muslim geworden sei. Noch in Bosnien getauft, habe Zorzi gegenüber Francesco und Giulia ausgesagt, Muslim (und nicht etwa Christ) zu sein. Gegenüber den Inquisitoren berichtete er, dass Francesco von seinen Fluchtplänen gewusst und ihm eine gute Reise gewünscht habe. Auf die Frage, ob Zorzi ein weiteres Mal den Muslim kontaktiert habe, bei dem er sich 1571 versteckt hielt, antwortete er während seiner Befragung im Jahr 1573, dass er gerade erst gestern bei ihm gewesen sei. Offensichtlich besaßen die beiden also eine mindestens zwei Jahre andauernde Bekanntschaft, die Zorzi dann jedoch sogleich relativierte: Dies sei das erste Mal gewesen, dass er zu ihm zurückgekehrt sei. Als sich der Verhörte schließlich erneut den Fragen ausgesetzt sah, inwieweit er an muslimischen Ritualpraktikten teilgenommen hatte, betonte er ausweichend, dass er zu seiner Mutter zurückkehren wollte, die 421 Ebd., fol. 2r, 4r, 5r, 6v, 10r, 17r f.; Hugo Schuchardt: On Lingua Franca. In: Ders.: The Ethnography of Variation. Selected Writings on Pidgins and Creoles. (Linguistica extranea, Bd. 3). Ann Arbor 1979 [1909], S. 26–47. 422 ASVe, Savi all’eresia (Santo Ufficio), b. 35, Francesco di Demetri Litino, fol. 9r ff., 12r f., 16v, 19r.

Ein Sieg, viele Religionen

153

Christin sei. Das Urteil fiel am 10. September 1573: Gegen eine Zahlung von 200 Dukaten wurde Francesco freigelassen.423 Dieser Inquisitionsprozess belegt damit eindrücklich, dass im Venedig zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto alltägliche Kontakte zwischen Orthodoxen und Muslimen gang und gäbe waren. Sie führten Gespräche, teilten Wohnräume und kooperierten in Handelsangelegenheiten. Giulias Aussage zufolge hielt sich der muslimische Kaufmann 20 oder 22 Tage in dem Haus auf. Zum Zeitpunkt der Befragung (1573) waren erneut Muslime aus Ragusa in dem Haus untergebracht, die in Venedig Wolle zu erwerben beabsichtigten. Ursprünglich, so Giulia weiter, hatte das orthodoxe Ehepaar Zimmer an Christen vermietet, doch bestand die Kundschaft verstärkt aus muslimischen Sulta¯nsuntertanen und orthodoxen ˙ Kaufleuten aus dem venezianischen Zakynthos.424 Die scheinbar ungezwungenen religionsübergreifenden Kontakte in Francescos Haus beunruhigten die Inquisitoren. Sie fragten daher den Familienvater, ob er Vorkehrungen zum (religiösen) Schutz der sich im Haus aufhaltenden christlichen Kinder treffe. Francesco bestätigte daraufhin, dass Kinder christlicher Eltern mit Osmanen Umgang pflegten; allerdings handele es sich bei ihnen um Sklaven anderer muslimischer Kaufleute, weshalb keine Vorkehrungen seinerseits zu treffen seien.425 Noch zwei Jahre nach dem Vorfall, der auf wenige Tage vor der Seeschlacht von Lepanto zu datieren war, sah sich die orthodoxe Familie dem Kooperationsverdacht ausgesetzt, dem Sklaven geholfen zu haben, seinen servilen und religiösen Status zu überwinden. Offensichtlich war es auch nicht zu abwegig, verwandtschaftliche Motive als Hintergründe der Fluchthilfe anzunehmen. So vermutete ein Zeuge, dass Chiara – die Tochter Francescos und Giulias – für das Verstecken Zorzis verantwortlich gewesen ist, da sie auf eine Hochzeit aus sei. Um sich diesem Verdacht zu entziehen, verwies Francesco darauf, dass er früher als Kornhändler tätig war und 1551 einem turco mit seiner Ehefrau in Patras – nahe des Austragungsortes der Seeschlacht von Lepanto – zur Flucht und anschließenden Taufe verholfen habe.426 Ebenso zogen die Inquisitoren Erkundigungen darüber ein, weshalb sich Francesco gegenüber dem von Barbaro, dessen Sklave ja geflohen war, vorgebrachten Vorschlag verweigert hatte, aktiv gegen die in seinem Haus wohnenden Muslime vorzugehen. Francesco rechtfertigte sein Verhalten damit, dass sich der Muslim an die Signoria mit einer Beschwerde hätte wenden und so seine Familie in Unehre fallen lassen können.427 Die potentiell gefährdete Familienehre führte Francesco also gemeinsam mit seinem Wissen um ein ver423 Ebd., fol. 10r–11v; Urteil vom 10. September 1573. 424 Ebd., fol. 12v, 14r. 425 Ebd., fol. 19r: »Ho detto che in casa mia vengano fioli di Christiani pratticar con li Turchi ma altri Turchetti schiavi de altri mercandanti«. 426 Ebd., fol. 15v, 19v. 427 Ebd., fol. 19r f.

154

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

meintlich obrigkeitstreues Verhalten an, um so den Kooperationsverdacht zu entkräften. Dennoch belegt gerade diese Antwort, dass es zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto in Venedig offensichtlich möglich war, dass sich zwischen Orthodoxen und Muslimen (die als cristiani und turchi dichotomisch imaginiert wurden) im Alltag situierte Loyalitätsverbünde herausbildeten, die auch den Einwänden von Christen standhielten.

II.2.iii. Lepanto, Gewaltexzesse und die Gründung des Fondaco dei Turchi Neben Orthodoxen konnte der Verdacht der pro-osmanischen Kooperation auch Konvertiten treffen. So berichtete der habsburgische Botschafter im Juni 1571 an den Kaiserhof, man habe einen ›Renegaten‹ gefangengesetzt, der sich als Kapuzinermönch verkleidet hatte und nun der Spionage bezichtigt wurde. Ein Grieche soll ihn als Konvertiten identifiziert haben. Als der Vorwurf jedoch nicht belegt werden konnte, ließ die Serenissima ihn gehen.428 Solche im Alltagsleben bestehenden religionsübergreifenden Allianzen stellten den Hintergrund dar, vor dem sich die spontanen Reaktionen der Venezianer auf die Seeschlacht von Lepanto abspielten. Eine Flugschrift führt an, dass es nach dem Eintreffen der Siegesnachricht zu Übergriffen auf die im Rialto-Viertel lebenden Muslime und osmanischen Juden gekommen sei. Diese turchi flüchteten sich in die von ihnen bewohnten Häuser – so vielleicht auch besagter »Pricheilim« auf sein Zimmer in Francescos Haus in Castello – sowie in den Palazzo des Marc’antonio Barbaro im Viertel Cannaregio. Barbaro lebte zu jenem Zeitpunkt als venezianischer Bailo in Istanbul, womit die in Venedig lebenden Sulta¯nsuntertanen offensichtlich seinen ˙ diplomatischen Status, der in der Lagunenstadt und am Bosporus anerkannt war, für ihren Schutz in Anspruch nahmen. In dessen Haus in Venedig verbarrikadierten sich nun die turchi für ganze vier Tage, bis die Knaben und Jugendlichen abgezogen waren, die sie mit Steinen bewarfen und angriffen.429 Während dieser 428 ÖNB, Cod. 8949, fol. 250v, Venedig, 08. Juni 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 09. Juni 1571, fol. 1r. 429 Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 3v. Hierzu auch Fenlon: Ceremonial City, S. 179; Bernard Lewis: The Muslim Discovery of Europe. New York/ London 2001 [1981], S. 122; Preto: Venezia e i turchi, S. 129; Stefan Hanß: »PER LA FELICE VITTORIA«. Venezianische Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto (1571). In: Frühneuzeit-Info 22 (2011), H. 1/2, S. 98–111. Zu den Baili siehe auch ders.: Baili e ambasciatori. Bayloslar ve Büyükelçiler. In: Il Palazzo di Venezia a Istanbul e i suoi antichi abitanti: I˙stanbul’daki Venedik Sarayı ve Eski Yas¸ayanları. Hg. v. Maria P. Pedani. (Hilâl: studi turchi e ottomani, Bd. 3). Venedig 2013, S. 35–52. Es ist nicht feststellbar, ob im Zuge derartiger Ausschreitungen auch Todesfälle zu beklagen waren. Die Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, die sich auf Todesdaten zwischen 1570 und 1573 beziehen, ermöglichen ebenfalls

Ein Sieg, viele Religionen

155

Aktionen sangen sie vermutlich auch einige der nach Lepanto zahlreich erschienen, in Reimen und wiederkehrenden Refrains verfassten Spottgedichte. Diese Barzellette waren in venezianischem Dialekt verfasst, enthielten aber auch hebräische und osmanische Worte, die in Marginalien übersetzt wurden, und folglich darauf abzielten, dass Osmanen und Juden, die diese gesungenen Parodien hörten, deren Diffamierung zu verstehen vermochten – und Venezianer diese zugleich imaginieren konnten. Entsprechend betonte ein Flugschriftenautor, dass sich die in Venedig aufhaltenden Osmanen als Zeichen der Trauer über Lepanto auf die Brust geschlagen, die Gesichter und Haut zerkratzt sowie die Schnurrbärte abgeschoren hätten.430 Inhaltlich thematisierten sie beispielsweise ein fiktives Gespräch zwischen Selı¯m II. und einem iberischen Juden namens »Giosuf«, dem gegenüber der Sulta¯n darüber klagt, wie Jesus Christus ihm ˙ – durch Lepanto – Schmerzen zugefügt habe. Die Satire parodisiert hier durch das Ereignis Lepanto den in der Parodie als Tatsache dargebotenen Kooperationsverdacht.431 Derartige Barzellette dürften das Spottrepertoire der Übergriffe nach der Seeschlacht mit geprägt haben. Solche Übergriffe sind während der gesamten Frühen Neuzeit in Venedig festzustellen: So waren die ersten, diplomatischen Unterhändler des osmanischen Großwesirs nach der Seeschlacht von Lepanto noch 1574 in Venedig als Gehörnte, Juden und Hunde – gleichfalls in osmanisch-venezianischem Wortlaut (brè can) – beschimpft worden, was zu Handgreiflichkeiten mit venezianischen Soldaten führte, die beinahe in einer Messerstecherei mündeten.432 Ein osmanischer Händler namens Mehmed wurde 1633 nachts von Matrosen angegriffen ˙ und noch 1750 hatten venezianische Soldaten auf dem Lido vier Osmanen teilweise schwer verwundet.433 Dass es gerade während Kriegszeiten zu solchen

430 431

432

433

keine Rückschlüsse auf einen etwaigen gewaltsamen Tod. Vgl. Aldo Luzzatto (Hg.): La comunità ebraica di Venezia e il suo antico cimitero. Bd. 1. Mailand 2000, S. 124 (Nr. 300), 134 (Nr. 468), 156 (Nr. 750), 176 (Nr. 1076), 196 (Nr. 1352), 207 (Nr. 1499), 208 (1510). Es kann vermutet werden, dass sich die Ausschreitungen auch an symbolisch mit dem Osmanischen Reich verbundenen Orten entluden (etwa – so ist auch der Hinweis auf Cannaregio zu deuten – am Campo dei Mori, Casa del Cammello oder venezianischen Ghetto). Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 3v. Antonio Molino: DIALOGO DE SELIN, CON GIOSVF HEBREO DI MANOLI BLESSI. Et vna Barzelletta contra Mustafà Baßà. De tonda Theriarcchi Cipriotto. Venedig O. J. (AL, Turcica IV.68/15827); ders.: MANOLI BLESSI NELLA ROTTA DELL’ARMATA DE SVLTAN SELIN, VLTIMO RE DE TVRCHI. Venedig 1571. (AL, Turcica IV.69/15828); ders.: MANOLI BLESSI SOPRA LA PRESA DE MARGARITIN. Con vn Dialogo piaceuole di vn Greco, [et] di vn Fachino. […]. Venedig 1571. (AL, Turcica IV.70/15829; BNCF, Palat. 12.3.4.38XIII). Der Fall wurde ausgiebig besprochen in Hanß: »PER LA FELICE VITTORIA«, S. 103ff.; ders.: Udienza und Divan-ı Hümayun. Venezianisch-osmanische Audienzen des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Die Audienz. Ritualisierter Kulturkontakt in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Peter Burschel u. Christine Vogel. Köln/ Weimar/ Wien 2014, S. 192–195. ASVe, Senato, Deliberazioni, Costantinopoli, reg. 22, fol. 71r ebd., reg. 46, fol. 92v ff.

156

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Ausschreitungen kam, belegt auch ein Fall aus dem sogenannten ›Langen Türkenkrieg‹. Im Jahr 1594 beschwerten sich einige jüdische und muslimische Händler in Venedig, von Einwohnern beschimpft worden zu sein. Der Plebs hätte ihnen auf der Straße zugerufen, dass sie den Krieg schon jetzt verloren hätten. Daraufhin gaben die Avogadori di comun bekannt, dass derartige Übergriffe mit Bann-, Galeeren- und Gefängnisstrafen geahndet werden, denn die Signoria wolle, dass die Kaufleute in Venedig »ruhig leben und handeln können«.434 Dass obrigkeitliche Strafbekanntmachungen, die muslimische und jüdische Kaufleute angreifende und beleidigende Christen mit 15-monatigem Galeerendienst drohten, explizit anführten, dass auch Knaben und Frauen von der Inhaftierung, Verbannung, Galeeren- oder oder Geldstrafe betroffen seien, ist aufschlussreich für die beschriebenen Gewaltexzesse nach der Seeschlacht. Denn sie bestätigen diese durch ihre Formulierung, wonach »Jugendliche, Frauen und andere Personen bösen Charakters« gegen osmanische Kaufleute »gewisse teuflische und ruchlose Aktionen begehen« würden.435 Bezüglich der Formationen und Dynamiken der gewaltausübenden Menge ist zu schlussfolgern, dass sie durch Gruppenstrukturen gekennzeichnet waren, zu denen Jugendgruppen, Verbrüderungen, Nachbarschaften und Festgruppen zählten. Neben den Steine werfenden Jugendlichen versammelten sich vor Barbaros Haus beispielsweise auch Venezianer, um den Sieg in spontanen nachbarschaftlichen Festumzügen zu feiern.436 Ähnlich wie Natalie Z. Davis für die Gewaltausschreitungen in den französischen Religionskriegen gezeigt hat, sind auch die venezianischen Exzesse gegen Osmanen als Rituale der religiösen Reinigung lesbar: Muslime galten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Islam vor allem beim gente popolare, aus denen die Akteure der Gewaltszenerien stammten, häufig als nicht getaufte ›Ungläubige‹ schlechthin.437 Die Autoren von Flugblättern und -schriften, die, in Anlehnung an das Buch Daniel und die Johannesapokalypse, die Osmanen als endzeitlichen Antichrist beschrieben,438 trugen 434 ASVe, Senato, Deliberazioni, Costantinopoli, reg. 8, 02. August 1594, fol. 156v f. Zitat in ebf., fol. 157r: »possino uiuere, et negotiar quietamente«. 435 Agostino Sagredo/ Federico Berchet: Il Fondaco dei Turchi in Venezia. Studi storici ed artistici. Mailand 1860, S. 26 (Gesetz von 1612/ 1613): »giovani, donne, et altre persone di cattiva qualità«; »commettere qualche diabolica et scelerata operazione«. 436 Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 6r; Edward Muir: The Idea of Community in Renaissance Italy. In: Renaissance Quarterly 55 (2002), H. 1, S. 13. 437 ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, reg. 8, fol. 156v; Natalie Z. Davis: The Rites of Violence. In: Past & Present 59 (1973), S. 51–91; Mary Douglas: Purity and Danger. An Analysis of Concepts of Pollution and Taboo. New York u. a. 1966; Peter Burke: Cultura popolare nell’Europa moderna. Introduzione di Carlo Ginzburg. Mailand 1980. S. 163; Richard van Dülmen: Wider die Ehre Gottes. Unglaube und Gotteslästerung in der Frühen Neuzeit. In: Historische Anthropologie 2 (1994), S. 30; Naumann-Unverhau: Aufnahme türkischer Kaufleute, S. 160. 438 Michael Wolter: Der Gegner als endzeitlicher Widersacher. Die Darstellung des Feindes in

Ein Sieg, viele Religionen

157

ihr Übriges dazu bei, dass sich in fragilen Situationen, wie der Verkündung von Verlustzahlen und bei zu Übermut verleitenden Siegesnachrichten, ein Gewaltpotential in Ausschreitungen entladen konnte. Die Gewalttätigkeiten verbargen eine bestimmte soziale Logik: Durch die Ausschreitungen wurde die Ehre Gottes und die Reinheit der Gesellschaft wieder hergestellt. Zudem konnten sich die Akteure in ihrem Selbstverständnis auf biblische Gewaltlegitimationen berufen, die sie in Kirchenmessen und auf Marktplätzen in jenen Tagen verstärkt hörten.439 Die als Vollstrecker auftretenden Akteure zeigten vermutlich in ihrem Handeln Parallelen zur obrigkeitlichen Strafgerichtsbarkeit und religiösen Praxis:440 Die charivari dürften ähnlich verlaufen sein, wie die rituelle Vorführung der 140 als osmanische Sklaven verkleideten Personen zum Karneval 1572, als vier maskierte »Flegel« (villani) auftraten und ihre spöttischen Lieder über die »mordenden Türken, ihr Hunde«, sangen.441 Zudem konnten sich die Ausschreitungen der Jugendgruppen an Prozessionen wie jener zur Verkündung der ›Heiligen Liga‹ (Juli 1571) orientieren, als mehrere prunkvoll gekleidete Jugendliche mit ihren Schwertern auf eine Figur einstachen, die einen Osmanen in endzeitlicher Drachengestalt darstellte.442 Zusätzlich füllten die Siegesfeierlichkeiten, gedruckten Lieder sowie visuelle Darstellungen den Imaginationshaushalt, wenn eine der Flugschriften beispielsweise dazu aufforderte, zu den Waffen zu greifen, nun, da sich der Schmerz gegenüber den Osmanen in Gelächter und Gesänge verwandelt habe.443

439 440 441 442 443

der jüdischen und christlichen Apokalyptik. In: Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit. Hg. v. Franz Bosbach. (Bayreuther Historische Kolloquien, Bd. 6). Köln/ Weimar/ Wien 1992, S. 23–40; Ulrich Andermann: Geschichtsdeutung und Prophetie. Krisenerfahrung und -bewältigung am Beispiel der osmanischen Expansion im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. In: Europa und die Türken in der Renaissance. Hg. v. Bodo Guthmüller u. Wilhelm Kühlmann. (Frühe Neuzeit, Bd. 54). Tübingen 2000, S. 29–54. Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 2v f.; Pierozzi: La vittoria di Lepanto nell’escatologia. Davis: Rites of Violence, S. 61ff. Anonym: ORDINE, ET DECHIARATIONE DI TVTTA LA MASCHERATA. (BL, 1071.g.7.(14.)), fol. 2r, 3v: »Turco sassin,/ Can, laro«. Anonym: IL BELLISSIMO ET SONTVOSO TRIONFO. (BL, 1071.g.7.(9.)), fol. 2r. Santo Fabretti: NVOVA CANZONE SOPRA LA SANTISS. LEGA FATTA INNANZI LA CONSEGVITA VITTORIA. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica VII.106/15865; BNM, Miscellanea 2573, op. 12, cc. 4), fol. 2r; Muir: Civic Ritual, S. 214; Paul: Identità e alterità; Lieberman: Real Architecture; Fenlon: In Destructione Turcharum; ders.: Old Testament Motets for the War of Cyprus (1570–71). In: »Recevez ce mien petit labeur«. Studies in Renaissance Music in Honour of Ignace Bossuyt. Hg. v. Mark Delaere u. Pieter Bergé. Leuven 2008, S. 71–82; Iain Fenlon: Sung Histories. The Battle of Lepanto between Orality and Print. In: Antropologia della musica nelle culture mediterranee. Interpretazione, performance, identità. Alla memoria di Tullia Magrini. Hg. v. Philip V. Bohlman u. Marcell Sorce Keller. Bologna 2009, S. 71–80; Guido A. Quarti: La battaglia di Lepanto nei canti popolari dell’epoca. Mailand 1930; Wolfgang Harms: Feindbilder im illustrierten Flugblatt der Frühen Neuzeit. In:

158

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Im Zuge dieser Gewaltausschreitungen trat auch ebenjener Francesco di Demetri Litino in Erscheinung, der damals Unterkünfte an Muslime vermietet hatte: Er nahm die nach Lepanto eintretenden Gewaltexzesse zum Anlass, um bei der Signoria eine Neuordnung des Aufenthaltes osmanischer Händler zu supplizieren.444 Am 28. Oktober 1574 reichte er eine Bittschrift ein, in der er die Signoria ersuchte, den osmanischen Kaufleuten eine eigene Unterkunft vergleichbar jener zuzugestehen, die auch andere auswärtige Kaufleute in Venedig besaßen. Dabei dachte er sicherlich an den Fondaco dei tedeschi, der den deutschen Händlern seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts als Unterkunft und Warenmagazin diente. Auch deshalb war das Ersuchen nicht ungewöhnlich, weil Ancona bereits 1514 einen Handelskontor für muslimische Kaufleute eingerichtet hatte.445 Francesco verwies aber auch darauf, dass christliche Kaufleute, die im Osmanischen Reich ihrem Handel nachgingen, dort gleichfalls eigene Sammelunterkünfte bezogen. Er bat dabei um das Privileg, einer solchen Unterkunft vorstehen zu dürfen. Sich selbst präsentierte er als »unglücklichen Bittsteller«, der seine Frau und ihre neun gemeinsamen Kinder zu ernähren hatte. Zudem seien zwei Neffen im Krieg von den Osmanen gefangengenommen worden.446 Dabei machte sich Francesco in seiner Rhetorik auch das Bild der ordnungsstiftenden Obrigkeit zu eigen und verwies ausdrücklich auf die Ausschreitungen, die seit Lepanto geschehen waren. Da er schon immer verhindern wollte, dass die Ehre Venedigs durch Skandale in Mitleidenschaft gezogen wird, fühle sich der Supplikant verpflichtet, der Signoria die Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen zu melden, die sowohl von den turchi als auch gegen sie am helllichten Tage verübt werden. Immer wieder komme es zu Diebstählen und unehrenhaftem Verhalten zwischen Osmanen und venezianischen Burschen und Frauen. Aber zugleich beklagten die Osmanen, dass sie in

Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit. Hg. v. Franz Bosbach. (Bayreuther Historisches Kolloquium, Bd. 6). Köln/ Wien/ Weimar 1992, S. 141–173. Zu venezianischen Riten der Gewalt vgl. Guido Ruggiero: Violence in Early Renaissance Venice. New Brunswick 1980. 444 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Supplik von Francesco di Demetri Litino, 28. Oktober 1574. Vgl. Kapitel II.2.ii. Unter Kooperationsverdacht: Türkenfurcht, Venedig und Orthodoxe. 445 Olivia R. Constable: Housing the Stranger in the Mediterranean World. Lodging, Trade, and Travel in Late Antiquity and the Middle Ages. Cambridge u. a. 2003, S. 316, 330. 446 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Supplik von Francesco di Demetri Litino, 28. Oktober 1574, fol. 1r: »infelic[e] supplicant[e]«. Francesco bezog sich damit auf die Karawansereien und ha¯ns. Suraiya Faroqhi: Subjects of the Sultan. Culture and Daily Life in the Ottoman Empire.˘London u. a. 2005, S. 29; Nikita Elisséeff: Kha¯n. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Bernard Lewis u. a. Bd. 4. Leiden 1978, S. 1010–1017; Ays¸ıl Tükel Yavuz: The Concepts that Shape Anatolian Seljuq Caravanserais. In: Muqarnas. An Annual on the Visual Cultures of the Islamic World 14 (1997), S. 80–95.

Ein Sieg, viele Religionen

159

ihren jetzigen Unterkünften ausgeraubt und bedroht werden. Mitunter komme es auch zu Morden.447 Francescos Supplik stieß zunächst auf kein Gehör, weshalb er im August 1575 eine weitere Bittschrift mit demselben Ziel einreichte, eine Unterkunft für die muslimischen Händler leiten zu dürfen, die zugleich als Warenhaus diene. Erneut wies er auf die »große Gefahr«448 hin, der viele Osmanen bei der derzeitigen Wohnsituation ausgesetzt seien. Francesco selbst wolle für die Öffnung und Schließung des »Hauses der türkischen Nation« (Casa della Nation Turchesca) zu den jeweiligen Tag- und Nachtzeiten sowie für dessen Bewachung sorgen. Zusätzlich benötige es jedoch drei oder vier weiterer Angestellter (ministri), da »diese Nation von Natur aus schmutzig« sei.449 Für jeden Warenposten, so schlug der Bittsteller weiter vor, der in dem Haus aufbewahrt, bewacht und schließlich verkauft werde, müsse der Käufer vier soldi bezahlen. Die Senatoren besprachen Francescos Anliegen überaus positiv und übernahmen in ihren Aufzeichnungen dessen Argumentation: Die jetzige Situation gefährde die Ehre Gottes und der Stadt, insofern die turchi in der Stadt verstreut lebten und auch nachts in den christlichen Haushalten zu tun hätten und folglich Skandale drohten. Die Senatoren forderten deshalb eine Stellungnahme der Savi des Rialto-Viertels dazu ein, welche Unterkunft für dieses Vorhaben geeignet sei. Bei der Auswahl sollte ihnen der Übersetzer Michiel Membrè behilflich sein.450

447 Vermutlich führte Francesco bewusst doppeldeutig an, dass in Venedig weilende Muslime mit christlichen Frauen zu tun hätten. Ebd.: »L’immenso desiderio, che Jo pouero Franc:co de Dimitri li[tin]o ho sempre hauuto di ueder questa Ill[ustrissi]ma Città, et Patria mia libera da ogni sorte de scandali, massimam.te da quelle, che con segnalata offesa del Sig.r Iddio, infamia del nome Christiano, et disonor della sua Città, possono occorrere, mi spona à riuerentemente esponerli, et riccordar à V[ost]ra Ser:, e p[er] fuggir gl’inconuenie[n]ti che alla giornata solleua succedere nella Nation Turchesca di q[ues]ta Città, di rubbar, et condur uia garzoni, usar con donne Christiane, et esser da molti oue alloggiano rubbati, et assasinati, come ben spesso lor Turchi si lamentano, et diuerrà altra sorte di errori, che possono commettersi si da lor Turchi, come contro di loro sia ottima, et neccessaria deliberatione il prouedere à d.a Natione Turchesca di un lor ridutto, et Albergo particolar […]«. 448 Ebd., fol. 1r: »gran pericolo«. 449 Ebd., Supplik von Francesco di Demetri Litino, zweites Schreiben vom 16. August 1575;ebd., Supplik von Francesco di Demetri Litino, erstes Schreiben vom 16. August 1575, fol. 1r: »[…] che di continuo bisogna hauer trè, et quatro ministri, che ad altro n[on] attendano, che à tener essa Casa monda, essendo tal natione per natura sporca«. Dass die sichtbare Reinlichkeit der osmanischen Gesellschaft und muslimischen Rituale von den Autoren zeitgenössischer Reiseberichte in ein Feindbildnarrativ eingebaut wurde, hat Almut Höfert betont. Die scheinbare Sauberkeit sei nichts als teuflisches Blendwerk und hing demnach mit der gleichzeitigen Zuschreibung religiöser Unreinheit zusammen. Francesco machte sich hier diese Argumentation zunutze. Höfert: Ist das Böse schmutzig? 450 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b.187, Supplik von Francesco di Demetri Litino, erstes Schreiben vom 16. August 1575, fol. 1r; ebd., Reaktion auf die Supplik von Francesco di Demetri Litino, 16. August 1575, »in Pregadi«, fol. 1r: »[…] che hanno di andar la Notte doue

160

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Am 31. März 1576 empfahlen die Cinque Savi alla Mercanzia schließlich ein Haus von Bortolamio Vendramin oder – als Ersatzlösung, da dieses viele Baumaßnahmen erfordern würde – von Andrea Malipiero. Zugleich merkten sie an, dass es einer persona diligente bedürfe, wie es Francesco di Demetri Litino hoffentlich sei, um die Aufsicht über ein solches Haus zu übernehmen. Doch es gerieten noch weitere Lokalitäten in das nähere Blickfeld des Senats und Collegio, die den Adelsfamilien Gabriel, Donado, Gradenigo und Zane gehörten. Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erhielt schließlich Vendramins Haus.451 Allerdings wurde diese Entscheidung sogleich hinterfragt, weil Zaccaria Gabriel in zwei an den Collegio adressierten Schreiben betont hatte, dass sich sein Haus im San-Polo-Viertel besonders gut für das Vorhaben eigne.452 Im Laufe der Monate, die mit den Nachforschungen vergangen waren, war Francesco selbst verstorben. Daher wandte sich nun seine Frau Giulia an die Obrigkeit. Weil das Haus Vendramins als nicht »gut und tauglich« eingeschätzt worden war, das Haus von Gabriel allerdings noch nicht fertig gebaut und eingereicht war, bat die Witwe darum, die osmanischen Kaufleute bis zur Fertigstellung des Gebäudes von Gabriel in einem anderen Haus unterbringen zu dürfen. Im Dezember wurde Giulia gewährt, selbst eine solche Unterkunft zu suchen und die Osmanen dort zwischenzeitlich wohnen zu lassen. Sie hatte allerdings täglich dem Collegio die vollständigen Namen der turchi sowie deren Abreisedaten zu unterbreiten.453 Bereits einen Tag darauf war wieder ein Haus des Andrea Donado im Gespräch, doch offensichtlich konkurrierten die Adelsfamilien um die Einnahmen versprechende Nutzung ihrer Wohntrakte. Denn in demselben Jahr schlug Zaccaria Gabriel vor, bis zur Fertigstellung seines Hauses in San Polo könne Venedig auch die ihm gehörenden Magazine in der Nähe der Kirche San Giovanni Crisostomo nutzen. Er zählte immerhin sieben verschiedene Vorteile auf, die das Gebäude für die Unterbringung der Osmanen und ihrer Waren zu bieten habe: Erstens habe man einen hervorragenden Blick auf den Canal Grande. Zweitens gäbe es eine eigene und geräumige Anlegestelle, auf der man viele Waren verladen könne. Drittens befinde sich das Gebäude in der Nähe zum Rialto-Viertel, wo die Osmanen handelten, sodass die Lage den Muslimen nicht die »Gelegenheit« gäbe, sich viel außerhalb der Wasserwege zu bewegen. Viertens beinhalte der Bau più gli piace pratticar nelle Case de Christiani con scandolo, et pericolo de molti inconuenienti«. 451 Ebd., Stellungnahme der Cinque Savi alla Mercanzia, 31. März 1576, fol. 1r f.; ebd., die Abstimmung im Collegio zur Unterkunft und Warenhaus osmanischer Kaufleute betreffend, Senat, 23. Januar 1578 m. v. [1579]; ebd., die Abstimmung im Collegio zur Unterkunft und Warenhaus osmanischer Kaufleute betreffend, Collegio, 24. März 1579. 452 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, die Häuser von Bortolamio Vendramin und Zaccaria Gabriel betreffend, Collegio, 04. August 1579. 453 Ebd., die Supplik Giulia Litinos betreffend, 16. Dezember 1579, fol. 1v f.: »buona, et abile«.

Ein Sieg, viele Religionen

161

insgesamt mehr als 45 große Magazinräume, die fünftens um einen überdachten Innenhof gruppiert sind, der sechstens einen Brunnen aufweise. Siebtens seien zur Straße hin »hohe Fenster nach levantinischer Art« eingebaut worden, die einen entsprechend guten Lichteinfall im Inneren des Hauses gewährleisten.454 Die Supplik zeigt damit, welche Argumente der venezianische Adlige als Besonderheiten seines Domizils gedachte anbringen zu müssen, um dessen Nutzung zu erlangen. Es waren Lage und Bau, die das Haus zu einer ökonomisch vielversprechenden Nutzung prädestinierten, was zugleich die Kontakte zwischen Christen und Muslimen auf ein Minimum reduzieren sollte. Ein anderes Schreiben aus dem Jahr 1601 zu einem bei der Kirche Santi Giovanni e Paolo befindlichen Gebäudekomplex, der ebenfalls in Betracht gezogen wurde, zeigt, dass auch die rituellen Waschungen der Muslime bei der Auswahl des Standortes in Betracht gezogen wurden.455 Erst am 04. Juni 1588, also knapp 17 Jahre nach den Lepanto-Exzessen und neun Jahre nachdem Giulia die Lizenz zur Findung einer Herberger als Übergangslösung erteilt worden war, griffen die Senatoren das Vorhaben erneut auf und übertrugen dem Collegio das Anliegen, zwischen den verschiedenen adligen Hausangeboten zu entscheiden und entsprechende Vorkehrungen und Reglements zu erlassen. Beispielsweise waren Festlegungen für den Lohn des Wächters oder zu den Zimmerpreisen zu treffen, welche die muslimischen Kaufleute zu zahlen hatten. Alle Handelsmakler (sensali) sollten zudem verpflichtet werden, jeden in Venedig eintreffenden osmanischen Händler zu besagter Unterkunft zu bringen. Die Senatoren beauftragten die Cinque Savi alla Mercanzia zur erneuten Suche nach einem geeigneten Ort für dieses Vorhaben.456 Wenige Tage darauf setzte Giorgio Litino ein Schreiben auf, in dem er der Obrigkeit berichtet, dass er der »wahre Erbe« Francescos sei. Es handelt sich um jenen Sohn, der bereits im Inquisitionsprozess von 1573 ausgesagt hatte. Nun, 1588, berichtete Giorgio, dass er seit dem Tod Francescos als Wächter im Haus der Familie Vendramin arbeite, wo die in Venedig eintreffenden turchi als Interims-Lösung untergebracht 454 Ebd., 17. Dezember 1579; ebd., Schreiben des Zaccaria Gabriel, 1579, hier fol. 1v f.: »occasione di caminare molto per la Terra«; »finestre alte alla usanza di Leuante«. Hierzu siehe vor allem Howard: Venice and the East. 455 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, 04. Januar 1600 m. v. [1601], fol. 1v. Sagredo/ Berchet: Fondaco dei Turchi, S. 25. 456 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Senat, 04. Juni 1588. Die Bestimmungen für die sensali wurden nach Gründung des Fondaco dei turchi umgesetzt. Ebd., Konvolut 9, Proklamationen der Cinque Savi alla Mercanzia vom 11. April 1669, 23. November 1701, 04. Mai [= 01. August] 1719, 14. Februar 1723, 27. August [= 31. August] 1723; Pietro Duodo/ Antonio Venier/ Pietro Basadonna: CAPITOLI, ORDINI, E TERMINATIONI De gl’Illustrissimi, & Eccellentissimi Signori CINQVE SAVII ALLA MERCANTIA. De di 28. Luglio 1723. In Materia de Sanseri, & altri che Negotiano con Turchi, Armeni, & simili Nationi. Venedig 1723. (ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Konvolut 9); ebd., 31. Juli 1728.

162

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

wurden. Das Haus – eine gewisse Osteria dell’angelo – befand sich in der Nähe zur Kirche San Matteo di Rialto.457 Es ist also davon auszugehen, dass die Litinos 1579 die Gelegenheit ergriffen, selbst tätig zu werden, als Giulia die Erlaubnis zur Interims-Unterbringung der Osmanen übertragen wurde und seit der ersten Supplik Francescos bereits fünf Jahre ohne handhabbare Resultate verstrichen waren. Offenbar hatten sie sich mit Vendramin auf eine entsprechende Nutzung seines Hauses geeinigt,458 ohne dass jedoch die Senatoren bis 1588 darüber informiert gewesen wären. Es ist daher genauso davon auszugehen, dass Giulia und Giorgio die ursprünglich geforderten Berichte über die Namen und Abreisedaten der muslimischen Händler nicht einreichten; und dass offensichtlich niemand offiziell nachfragte. Als Giorgio im Sommer 1588 dann von dem Senatsbeschluss erfuhr, der eine Neuregelung veranlasste, reichte er eilig das Schreiben ein, in dem er die aktuelle Handhabung der Angelegenheit darlegte, in der Hoffnung, dass die Unterbringung der Kaufleute nicht anderweitig geregelt und er seinen Verdienst verlieren würde. Im darauffolgenden Frühjahr fiel schließlich die Entscheidung zugunsten der griechischstämmigen Bittsteller: Francesco Vendramin vermietete nun offiziell seine Herberge an Giorgio Litino, der eine jährliche Miete von 145 denari gesplittet in vier Teile alle drei Monate im Voraus zu zahlen hatte. Noch 1613 ist die osteria unter Giorgios Leitung als casa dei Turchi überliefert.459 Damit zeigen die Verhandlungen um die Gründung eines Magazins und einer Sammelunterkunft für osmanische Händler vor allem zwei Punkte. Zum einen verdeutlichen sie, dass die Errichtung einer solchen Casa della Nation Turchesca460 aufgrund der im Umfeld der Seeschlacht von Lepanto stattgefundenen Ausschreitungen zwischen Christen und Muslimen notwendig erschien, insofern Francesco argumentativ auf diese verwies und die venezianische Obrigkeit diese Argumentation der Supplik aufgriff. Diese Konflikte zwischen Osmanen und Venezianern waren demnach als Gefährdung städtischer, religiöser und sexueller Ehre sowie merkantilen Profits zentral, um das Vorhaben überhaupt in Betracht 457 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Schreiben des Giorgio Litino, 05. März 1592, fol. 1r: »Erede giusto«; ebd., Schreiben von Giorgio Litino, 20. Juni 1588, fol. 2r: »come anco al p[rese]nte già molti anni doppo l’aricordo datto mi attrouo alla custodia, et gouerno della Casa delli Clariss:mi Vendramini in San Mattio all’Insegna dell’Anzelo, nella quale in q[ue]sto interim si reducono li Turchi, che in q[ue]sta Città uengono«. ASVe, Savi all’eresia (Santo Ufficio), b. 35, Francesco di Demetri Litino, fol. 9r ff. 458 Dal Borgo: Corporazioni, S. 189 führt an, dass die Osteria nur bosnische und albanische Sulta¯nsuntertanen beherbergt habe. ˙ Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Schreiben des Giorgio Litino, 05. März 1592. 459 ASVe, Dennoch wurden im Laufe der folgenden Jahre auch andere Gebäudekomplexe in Betracht gezogen: ebd., 04. Januar 1600 m. v. [1601]. Sagredo/ Berchet: Fondaco dei Turchi, S. 26. 460 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Supplik von Francesco di Demetri Litino, zweites Schreiben vom 16. August 1575, fol. 1r.

Ein Sieg, viele Religionen

163

zu ziehen und letztlich voranzutreiben. Die Reaktionen einiger Venezianerinnen und Venezianer auf die Siegesnachricht bei Lepanto beeinflussten damit letztlich auch die Situation zukünftig in Venedig verweilender muslimischer Kaufleute. Zum anderen wird in den Verhandlungen um die Errichtung des Hauses auch die Stellung der orthoxen Familie Litino ersichtlich, die bereits in den Jahren zuvor muslimischen Kaufleuten Zimmer vermietet hatte und die Gewaltausschreitungen nach Lepanto – kurz nachdem sie selbst durch den Inquisitionsprozess als Herberge für Muslime aktenkundig geworden waren – als Gelegenheit nutzte, ihre Position als Vermittler zwischen Osmanen und venezianischer Obrigkeit auszubauen – und sich selbst als christliche Untertanen Venedigs zu stilisieren. Dabei stellte ihre Tätigkeit ihnen vor allem eine gute ökonomische Absicherung in Aussicht: 1575 zahlten muslimische Kaufleute 4 soldi pro Nacht und Kopf für ein Zimmer und noch um 1600 bezahlten in Venedig lebende anatolische, armenische und levantinische Händler monatlich für ein großes Zimmer sechs bis sieben Dukaten. Ein Warenraum sowie ein kleines Zimmer kosteten damals vier bis fünf beziehungsweise zwei bis drei Dukaten.461 Als 1621 der sogenannte Fondaco dei turchi in das an den Canal Grande – gegenüber der Kirche San Marcuola – umzog, behielten die Litinos weiterhin ihr Privileg als Aufseher des Hauses.462 Damit beaufsichtigte die orthodoxe Familie jahrzehntelang ein für die Republik zentrales Wirtschaftssegment.463 Noch 1621 spielte die von Francesco 1574 angestimmte Rhetorik der unehrenhaften Skandale zwischen Christen und Muslimen eine große Rolle, insofern Vorkehrungen getroffen wurden, solche zu verhindern: Der Fondaco blieb nachts verschlossen, es war verboten, Waffen mit in das Gebäude zu nehmen. Gleichfalls war Frauen und Jünglingen – also jenen Gruppen, die auch während der Ausschreitungen gegen Muslime nach Lepanto als Akteure in Erscheinung getreten waren – der Zutritt bei Strafe verboten.464 461 Ebd., filza 9, Niccolò Quirini, 21. September 1575; ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Schreiben von Giacomo di Nores, 29. März 1621; ebd., 04. Januar 1600 m. v. [1601]. 462 Ebd., zweites Schreiben Giacomo di Nores, 29. März 1621, fol. 2v. Zum Hintergrund des Fondaco dei Turchi im Jahr 1621 siehe Sagredo/ Berchet: Fondaco dei Turchi, S. 27f. 463 Besonders die Aufzeichnungen aus den Jahren 1720 und 1721 geben Einblicke in die Ausmaße, die der offizielle veneto-osmanische Handel einnahm: Allein im Juli 1720 brachten die Händler 3.474 Pelzbündel nach Venedig und im Laufe eines Jahres (April 1720 bis April 1721) waren damals 109 osmanische Kaufleute mit ihrem Dienstpersonal an- und 105 abgereist. ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Konvolut 9, Turchi ò sia Mercanzie de Turchi in Fontico (1720/ 1721), fol. 4r, 7r. Die Verzeichnisse belegen, dass der Handel saisonalen Rhythmen unterlag, insofern die Anreisen häufig in den ersten Monaten des Jahres (Februar, April) und die Abreisen ebenso im späten Frühjahr oder aber im Herbst stattfand (Mai, September). Kafadar: A Death in Venice, S. 214 vermutet, dass solche saisonalen ˇ elebi bin Ha¯gˇ¯ı Hız˙ır bin I˙lya¯s Rhythmen auch den Reisedaten des Händlers Hüseyin C ˙ ˙ ˘ zugrundelagen. 464 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, zweites Schreiben Giacomo di Nores, 29. März 1621, fol. 3v f.

164

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Die unmittelbar nach der Seeschlacht von Lepanto auftretenden Gewaltausschreitungen boten damit den Anlass einer jahrelang sich hinziehenden administrativen Neuordnung des veneto-osmanischen Handels, in deren Zuge venezianische Adlige und orthodoxe Vermittler profitieren konnten.

II.2.iv. Türkenfurcht, Lepanto und venezianische Orthodoxe Die Vermittlerrolle der in Venedig lebenden Orthodoxen resultierte zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto in einer hybriden Doppelsituiertheit. Zwar bestanden gegen sie im Vergleich zu anderen Einwanderergruppierungen weniger Vorurteile, da sie sich besonders gut in die bestehenden venezianischen Strukturen integrierten und mitunter auch das Stadtbürgerrecht erhielten.465 Dass jedoch einzelne Orthodoxe unter dem Verdacht standen, mit muslimischen Osmanen zu kooperieren, ist bereits anhand des gegen Francesco di Demetri Litino geführten Inquisitionsprozesses verdeutlicht worden. Zudem stellten die teils unter osmanischer, teils unter venezianischer Herrschaft stehenden griechischen Gebiete Räume religionsübergreifender Kontakte dar, welche die venezianischen Behörden – insbesondere in Kriegszeiten – zu regulieren suchten.466 Eine derartige Kontrolle ebenso für die Lagunenstadt zu erreichen, war im 16. und 17. Jahrhundert ein grundsätzliches Anliegen der Obrigkeit. Das 1537 – in demselben Jahr, in dem Venedig Korfu an die Osmanen verlor – zur Ahndung von Blasphemie gegründete Gremium der Esecutori contro la bestemmia richtete seine Aktivitäten, wie Elizabeth Horodowich gezeigt hat, vornehmlich gegen Zuwanderer: Unter den 218 Personen, die zwischen 1550 und 1570 wegen Blasphemie oder Verbalinjurien verurteilt worden waren, befanden sich nachweislich 82 Nicht-Venezianer und mehrheitlich solche Berufsgruppen, denen zumeist Einwanderer nachgingen. Die Historikerin schlussfolgert daraus, dass die Esecutori Venedig als Ehr- und Sprachgemeinschaft konstituierten, deren Zugehörigkeit sie durch den korrekten Sprachgebrauch regulierten. Die damit erhobene obrigkeitliche Definitionsmacht, so Horodowich weiter, diente ebenfalls dazu, die bestehende Heterogenität der venezianischen Untertanen unter anderem im Hinblick auf Sprache, Herkommen und Religiosität zu vereinheitlichen. Damit ahndete das Gremium Blasphemie als ein delitto pubblico, das als gegen Gott und die Gemeinschaft gerichtetes Verbrechen galt, deren Sicherheit, Stabilität sowie derer Mitglieder Seelenheil die Verurteilten gefährdeten.467 Diese 465 Jacoby: Greci, S. 53ff., 57; Imhaus: Minoranze orientali, S. 259–277. 466 Elizabeth Horodowich: Language and Statecraft in Early Modern Venice. Cambridge u. a. 2011, S. 113f. 467 Ebd., S. 57ff., 62f., 65, 70, 72, 76, 78–82, 89f.; dies.: Civic Identity and the Control of Blasphemy in Sixteenth-Century Venice. In: Past & Present 181 (2003), S. 18, 26f.

Ein Sieg, viele Religionen

165

Konzeption religiös konnotierter Beleidigungen dürfte auch das Verständnis eines nach der Seeschlacht zirkulierenden Berichtes geprägt haben, wonach in der auf Lepanto folgenden Nacht einige Turchj von Land aus den an der Küste liegenden Liga-Schiffen Schimpfwörter (villanie) zugerufen hätten.468 Dass sich die Aktivitäten der Esecutori insbesondere gegen Zuwanderer richteten, belegen auch die von ihnen erlassenen Proklamationen, die sie nicht nur drucken, sondern auch in Stein hauen ließen.469 Zusätzlich zur Verkündigung der Verbote in Kirchen wurden besagte Steintafeln insbesondere dort angebracht, wo auch Zuwanderer verkehrten: Der Campo San Polo lag in unmittelbarer Nähe zum Rialtoviertel, in dem zahlreiche osmanische Untertanen ihren Geschäften nachgingen, und auch die Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari, wo eine andere Bekanntmachung angebracht wurde, war von hier aus schnell zu erreichen. Weitere Steintafeln prangten am Campo San Zaccaria und Campo Santo Stefano. Bei ersterem Platz befand sich, in direkter Nachbarschaft zu Wohn- und Kultstätten griechischer Einwanderer, eines der wichtigsten venezianischen Nonnenklöster. Direkt neben letzterem Platz hatte die albanische Bruderschaft ihren Sitz. Die Calle Ghetto Vecchio, wo eine weitere Tafel angebracht wurde, war hauptsächlich von levantinischen Juden bewohnt. Und das Beispiel einer privat in der Calle larga in Cannaregio angebrachten Tafel gegen Gotteslästerungen zeigt, dass im 17. und 18. Jahrhundert die Aktivitäten der Esecutori Nachahmer fanden.470 Diese Steintafel lag nur einige Minuten vom jüdischen Ghetto und wenige Schritte vom Campo dei Mori entfernt. Auf letzterem befanden sich steinerne, turbantragende Männer, von denen die Nase einer Figur genutzt wurde, um anonyme Schmähbotschaften, Spottverse und Denunziationen anzubringen.471 468 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 81v f., Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571. 469 Zu den Steintafeln der Esecutori contro la bestemmia vgl. im Folgenden Horodowich: Language and Statecraft, S. 65–70 sowie dies.: Civic Identity, die allerdings nur auf jene Tafeln verweist, die sich auf den Campi di Santo Stefano, San Polo und San Zaccaria sowie in der Calle larga befanden. 470 BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 260r, Venedig, 10. April 1570 (Wettverbot); Kate Lowe: Elections of Abbesses and Notions of Identity in Fifteenth- and Sixteenth-Century Italy, with Special Reference to Venice. In: Renaissance Quarterly 54 (2001), H. 2, S. 389–429; Jean-François Chauvard: Scale di osservazione e inserimento degli stranieri nello spazio veneziano tra XVII e XVIII secolo. In: La città italiana e i luoghi degli stranieri. XIV–XVIII secolo. Hg. v. Donatella Calabi u. Paola Lanaro. (Biblioteca di cultura moderna, Bd. 1141). Rom/ Bari 1998, S. 88, 92–104; Jacoby: Greci, S. 67, 77; Horodowich: Civic Identity, S. 11. 471 Für die Bewohner des frühneuzeitlichen Venedigs gab es weitere solcher Orte, die es ermöglichten, Verdächtigungen anonym vorzubringen. Wenn die Anzeigen beispielsweise einmal in die »Löwenmäuler« (bocche di leone) am Dogenpalast eingeworfen worden waren, fanden sie direkt ihren Weg in die Hände der obrigkeitlichen Strafgremien. Und wenn ein verleumdender Zettel am »Buckligen von Rialto« (gobbo di Rialto) angebracht war, dauerte es nicht lange und die Händler des Viertels wussten um die Vorwürfe. Pedani: Venezia porta

166

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Doch selbst wenn Zuwanderer durch die venezianische Obrigkeit normativ als homogene Einheit behandelt wurden, zeichneten sie sich letztlich gerade durch ihre lebensweltliche Heterogenität aus. Deutlich wird dies unter anderem bei den ebrei, die mindestens acht Synagogen besaßen. Auffällig ist zudem, dass levantinische Juden die obrigkeitlich vorgeschriebene gelbe Kopfbedeckung trugen, während viele venezianische Juden rote Hüte aufsetzten.472 Diese hybride Situierung tritt besonders augenscheinlich bei den Orthodoxen in Erscheinung: Sie erreichten Venedig in beträchtlichen Flüchtlingswellen, als Osmanen griechische und albanische Ortschaften einnahmen. Sogar ein Fassadenrelief der albanesischen Bruderschaft zeigt die osmanische Einnahme Shkodras (1479).473 Viele Albaner, Griechen und Armenier unterstützten daher tatkräftig die Venezianer als wichtige Informanten, Soldaten oder Matrosen. Ein auf in venezianischen Diensten bei Lepanto kämpfender Armenier soll gar ein Loch im Schiffsrumpf der Galeere Francesco Duodos zu schließen im Stande gewesen sein und habe so die Galeere vor dem sicheren Untergang bewahrt.474 Enrique García Hernán schätzte sogar die Anzahl der in der Liga-Flotte bei Lepanto gegen die Osmanen kämpfenden Griechen auf knapp 30 Prozent der Gesamtmannschaft!475 Aufgrund dieser Spannungen zwischen geflohenen Griechen und Osmanen muss es in Venedig unter den Zuwanderern und Osmanen nicht ausschließlich zu Kooperationen, sondern vor allem auch zu beachtlichen Spannungen gekommen sein.476 Daher sind im Fondaco dei Turchi Kaufleute aus Istanbul und Anatolien nicht grundlos getrennt von denen aus Bosnien und Albanien untergebracht

472 473

474

475 476

d’Oriente; Peter Burke: Beleidigung und Gotteslästerung im frühneuzeitlichen Italien. In: Ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 96–110; Preto: Servizi segreti; ders.: Venezia e i turchi; Elizabeth Horodowich: The Gossiping Tongue. Oral Networks, Public Life and Political Culture in Early Modern Venice. In: Renaissance Studies 19 (2005), H. 1, S. 22–45. Benjamin Ravid: The Venetian Government and the Jews. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/London 2001, S. 21ff. Die Fassade wurde 1532 fertiggestellt. Vgl. Horodowich: Language and Statecraft, S. 77ff. Diesbezüglich zu Albanern: Dal Borgo: Corporazioni, S. 186; Moretti: Albanesi a Venezia, S. 9, 14f.; Nadin: Migrazioni, S. 11–65. Speziell zu Griechen siehe Jacoby: Greci, S. 48f., 61; Heleni Porfyriou: La presenza greca. Roma e Venezia tra XVe XVI secolo. In: La città italiana e i luoghi degli stranieri. XIV–XVIII secolo. Hg. v. Donatella Calabi u. Paola Lanaro. (Biblioteca di cultura moderna, Bd. 1141). Rom/ Bari 1998, S. 21; Moschonas: Comunità greca, S. 222. ÖNB, Cod. 8949, fol. 256v, Venedig, 22. Juni 1571; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Leonardo Contarini, venezianischer Gesandter bei Don Juan de Austria in Sizilien, 30. Januar 1571 m. v. [1572] nennt einen »Giouanni d[i] stai greco« (ebd., fol. 1r), der als Informant für die ›Heilige Liga‹ tätig war. Vgl. generell auch Dal Borgo: Corporazioni, S. 186, 193; Jacoby: Greci, S. 51ff.; Magno: Bound in Venice, S. 109. Enrique García Hernán: The Price of Spying at the Battle of Lepanto. In: Eurasian Studies 11 (2003), H. 2, S. 240. Imhaus: Minoranze orientali.

Ein Sieg, viele Religionen

167

worden, weil sie – so schreibt es der offizielle Dolmetscher – »von Natur und Bräuchen her verschieden und unterschiedlich« seien. Auch persische und armenische Händler wurden wegen der Unterschiede zwischen schiitischem und sunnitischem Islam getrennt von den osmanischen Kaufleuten untergebracht. Der Dolmetscher rechtfertigte dies zudem damit, dass die safawidischen Händler eher zum Luxus neigen würden. Die räumliche Separierung der Gruppen erfolgte so streng, dass die verschiedenen Wohntrakte eigene Eingänge besaßen.477 Diese doppelte Situiertheit der Orthodoxen zwischen der Unterstützung der Ligisten einerseits und der Osmanen andererseits kam mit der Seeschlacht von Lepanto besonders eindringlich zum Vorschein, als Venezianer einerseits auf eine Revolte der Orthodoxen gegen das Osmanische Reich hofften (bereits 1568 war es zu einer solchen gekommen), andererseits jedoch bekannt wurde, dass zahlreiche griechische Bewohner auf den osmanischen Galeeren gegen die Ligisten gekämpft hatten.478 Doch auch innerhalb der venezianischen nazione greca existierten Konflikte, die sich offenbar nach der Herkunft ihrer Protagonisten richteten. Deshalb entschied die griechische Bruderschaft mit Zulassung der venezianischen Provveditori di Comun im Mai 1572, dass die vierzig Vorsteherposten gleichmäßig geografisch zu besetzen waren: Jeweils sieben Vorsteher (patrie) sollten erstens aus Zypern, zweitens aus Kreta und dem griechischen Archipel, drittens aus Nafplio und Monemvasia, viertens aus Zakynthos und Kefalonia sowie fünftens aus Korfu stammen. Weitere fünf Posten waren mit Zuwanderern zentral- und nordgriechischer Herkunft zu besetzen.479 In diesem für Orthodoxe zwiespältigen Klima zwischen antiosmanischer Agitation und Kooperationsverdacht erschienen am 12. März 1572 die ›Dankeshandlungen‹ (›GRATIARVM ACTIONES‹), ein bis dato unbekanntes griechisches Dankgebet anlässlich des Seesieges bei Lepanto mitsamt dessen lateinischer Übersetzung.480 Ein vorangestellter Holzschnitt zeigt die gekrönte 477 ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, zweites Schreiben Giacomo di Nores, 29. März 1621, fol. 1v (»di natura, et di costumi diuersi, e differenti«), 2r, 3r (»hauendo le lor porte, entrate, et fori separati, non haueran[n]o comunicazione, ne corrispondenza con quelle dei Turchi«). 478 García Hernán: Price of Spying, S. 243; Manoussos Manoussacas: Lepanto e i Greci. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 215–241. 479 Moschonas: Comunità greca, S. 232, 235. 480 Gregorios Malaxos: GRATIARVM ACTIONES, GRAECE SCRIPTAE, PRO A DEO NOSTRIS DONATA nauali Victoria contra Turcicam classem. Anno D. 1571. Non. Oct. Interprete CORNELIO Franciscio Veneto, Monacho Benedictino se˛uerioris instituti sacre˛ Congregationis Melitensis. Venedig 1572. (AL, Turcica IX.141/15911). Das Datum ist ebd., fol. 8v zu entnehmen. Evro Layton: The Sixteenth Century Greek Book in Italy. Printers and Publishers for the Greek World. (Library of the Hellenic Institute of Byzantine and Post-Byzantine Studies, Bd. 16). Venedig 1994, S. 373 glaubt den Druck verschollen: »It is not known if the work was ever published, for no copies have survived«. Auch in den einschlägigen Biblio-

168

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Darum gruppiert, steht auf griechisch geschrieben: »Freue dich, Maria, Heil der Gläubigen«. Die Formulierung nimmt einen zentralen Stellenwert ein, da sie in der bildlichen Darstellung, zu Beginn des griechischen Textes und auch im lateinischen Text – als einzige Wortgruppe in griechischer Schreibweise – angeführt wird. Die Formulierung verbindet damit die Eingangsstrophe des ›Ave Maria‹ mit einer Wortgruppe, die sich auch in den Marienhymnen von Ephräm dem Syrer finden lässt.481 Das gesamte Gebet ist in die Marienverehrung eingeschrieben: Die Anrufung der Heiligen Dreifaltigkeit und Ehrung Marias diene, so die Einleitung, dem religiösen Dank für den von Gott der Christenheit verliehenen Sieg gegen die Osmanen.482 Das Gebet wird als Triodion (Τριῴδιον) bezeichnet, womit es sich als liturgisches Werk für die Fastenzeit des ostkirchlichen Osterfestes identifizieren lässt, welche die Gebete enthielten, die beginnend mit dem Sonntag vom Pharisäer und Zöllner bis zum Karsamstag gesungen wurden.483 Das Lepanto-Triodion ist untergliedert in verschiedene Hymnen auf die Dreifaltigkeit (Triadikon, Τριαδικόν) und zu Ehren der Mutter Gottes (Theotokion, Θεοτοκιον). Alle preisen Maria als Siegerin über »unsere Feinde«, die »Barbaren«. Dieser Sieg gegen die Osmanen bei Lepanto wird mit der Überwindung der ägyptischen Knechtschaft sowie der Ausweisung Ismaels verglichen.484 Der dem griechischen Text vorangestellte Holzschnitt zeigt Maria mit dem Jesuskind sowie an Triptychen erinnernde Bildfelder. Auf deren Mitteltafeln sind der venezianische Löwe und spanische Adler zu sehen, denen sich jeweils eine Person auf den vier aufgeklappten Flügeltafeln mit erhobener Hand zuwendet. Die nicht eindeutig zu bestimmenden Personen ähneln in ihrer Statur und insbesondere in der charakteristischen Haltung ihrer Hände den Propheten- und Heiligenabbildungen auf zeitgenössischen, orthodoxen Marien-

481

482 483

484

grafien werden die ›GRATIARVM ACTIONES‹ nicht erwähnt: Mammana: Lèpanto. Tatsächlich existieren weltweit mindestens zwei Exemplare des Druckes: AL, Turcica IX.141/ 15911; BNM, MISC 2380. 020. Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 2v, 3r (»χαῖρε Μαρία, τώ ϖιsῶμ σωτηρία«), 6r (»Capita versuum Græcè sic habent, χαῖρε Μαρία τώ πιsῶμ σωτηρία, idest, Aue Maria fidelium salus.«); Pius Zingerle (Hg.): Marien-Rosen aus Damaskus. Gesänge zur Ehre der allerseligsten Jungfrau, aus dem Syrischen. 2. Aufl. Innsbruck 1855, S. 31 (»Gegrüßt seist Du, sicheres Heil der Gläubigen!«). Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 6r. Die ersten griechischen Triodion-Drucke stammen aus Venedig. Sie sind zwischen 1522 und 1568 nachweisbar und erstaunlich heterogen. Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 3r, 6r. Zur Definition vgl. Maja A. Momina/ Nikolaos H. Trunte (Hg.): Triodion und Pentekostarion nach slavischen Handschriften des 11.–14. Jahrhunderts. Teil I: Vorfastenzeit. (Abhandlungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 110/Patristica Slavica, Bd. 11). Paderborn 2004, S. *3-*7, *91-*111; Layton: Sixteenth Century Greek Book, S. 140. Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 6v (»hostes nostros«), 7r (»barbaros«), 8r (»inimicos nostros«).

Ein Sieg, viele Religionen

169

Ikonen, die noch heute im venezianischen Museo delle icone aufbewahrt werden. Die Druckseite stellt folglich eine Allegorie auf die ›Heilige Liga‹ dar, die vom Papst und Glauben gestiftet und zusammengehalten wurde, wie die Mariendarstellung und die floralen Bänder versinnbildlichen.485 Analog ist auch der lateinischen Übersetzung ein ovaler Holzschnitt vorangestellt, der zwei Engel zeigt, die einen mit Bändern und Schleifen verzierten Kelch halten. In diesem schwebt eine runde Plakette, die sowohl an eine Hostie als auch an die zahlreichen nach Lepanto geprägten Medaillen erinnert, sodass auch diese Komposition als Versinnbildlichung einer göttlich gestifteten Liga verstanden werden kann. Während das darauf abgebildete Kruzifix das Papsttum veranschaulicht, dürften die Betenden als der venezianische Doge und spanische König identifiziert werden. Darüber thront ein die Herrschaft symbolisierender Baldachin-Schirm. Die von den Engeln gehaltenen Bänder präsentieren den Spruch »Das Wort ist Fleisch geworden« (VERBU[M] CARO FACTV[M] [EST]), einen Vers aus dem Angelus-Gebet, der die Verkündigung der Empfängnis Mariä durch die Engel des Herren preist und ebenfalls die in der griechischen Allegorie angeführte χαῖρε Μαρία und im Lateinischen als Ave Maria übersetzte Wortgruppe drei Mal aufweist.486 Insofern Papst Pius V. das Angelus-Gebet im Jahr 1571 zum spirituellen Beitrag im Kampf gegen die Osmanen erhob, griff diese dem lateinischen Text vorangestellte Allegorie also bewusst katholische Elemente auf, um die ›Heilige Liga‹ als göttlichen Bund zu inszenieren. Auch in der Stilistik erinnern die Engel mit ihren feingliedrigen Flügeln sowie dem schwungvollen Faltenwurf ihrer Gewänder eher an florentinische und venezianische Verkündigungsengel-Darstellungen um 1500 als an orthodoxe Ikonen.487 Der Druck stellt damit einen Versuch dar, die orthodoxe Osterliturgie im Jahr nach der Seeschlacht zusammen mit römisch-katholischen Elemten vor dem Hintergrund 485 Vgl. u. a. die Altartafel ›Madonna con il Bambino, Profeti, Apostoli e Santi‹ (frühes 14. Jahrhundert) sowie ›Vergine in gloria e profeti‹ (16. Jahrhundert). Beide im Istituto Ellenico di Studi Bizantini e Postbizantini di Venezia, Museo delle icone. Siehe einführend Maria Constantoudaki-Kitromilides: Le icone e l’arte dei pittori greci a Venezia. Maestri in rapporto con la confraternita greca. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 569–641. Dort auch ebd., S. 625. Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/ 15911), fol. 2v. 486 Ebd., fol. 5v f. Das Motiv findet sich nicht in J. Graham Pollard: Medaglie italiane del Rinascimento nel Museo Nazionale de Bargello. Bd. 2: 1513–1640. Florenz 1985, S. 1068– 1088; ders.: Medaglie italiane del Rinascimento nel Museo Nazionale de Bargello. Bd. 3: 1513–1640. Florenz 1985, S. 1277–1286. 487 Theodor Schnitzler: Angelusläuten. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Hg. v. Josef Höfer u. Karl Rahner. Bd. 1. 2., völlig neu bearb. Aufl. Freiburg 1957, Sp. 542f.; Andreas Heinz: »Der Engel des Herrn«. Erlösungsgedächtnis als Volksgebet. In: Heiliger Dienst 33 (1979), S. 51– 58. Vgl. z. B. Sandro Botticelli, Annunciazione di Cestello (1489–1490), Galleria degli Uffizi, Florenz.

170

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

des Türkengefahr-Diskurses zu präsentieren, um die Osmanen als gemeinsamen Widersacher der Katholiken und Orthodoxen zu imaginieren. Die zweisprachige Ausgabe zielte auf ein griechisches und lateinisches Publikum, das an liturgischen und politischen Fragen interessiert gewesen sein dürfte. Ein solcher Leser war zweifelsfrei auch der Bischof von Bergamo, dem das Büchlein gewidmet war. Der Widmungsrede ist zu entnehmen, dass die Gebete von den in Venedig lebenden griechisch-orthodoxen Brüdern anlässlich Lepantos auch gehalten wurden.488 Das Titelblatt verweist auf keinen Autor; nur der in Venedig geborene und in Montecassino lebende Benediktinermönch Cornelio Franceschi wird namentlich als Übersetzer angeführt.489 Lediglich am Ende der griechischen und lateinischen Texte findet sich der Name des Verfassers: Gregorios Malaxos. Er stammte ursprünglich aus Nafplio, einer auf der östlichen Peloponnes gelegenen Stadt, wo seine Familie zur gehobenen Schicht zählte: Sein Vater Demetrios und dessen älterer Sohn Nikolaos hatten hohe orthodoxe Kirchenämter inne. Mit der Einnahme der Stadt durch die Osmanen im Jahr 1540 flohen Gregorios, Nikolaos, dessen Frau und Kinder nach Kreta, wo Gregorios auch blieb, nachdem sein Bruder bereits nach Venedig gezogen war. In Kreta erhielt er Entschädigungszahlungen für seine Verluste in Nafplio; und in den 1560er Jahren wurden die Brüder auch für ihren Dienst in Kreta durch Venedig ausgezeichnet. Seit 1552 wirkte Gregorios aktiv in der orthodoxen Bruderschaft Venedigs. Zwei Jahre später wurde auch seine verwitwete Schwester Mitglied der Bruderschaft, in der er seit 1563 verschiedenen führenden Ämtern nachging. Bekannt ist auch, dass sein Bruder Nikolaos in Venedig das Priesteramt der orthodoxen Kirche San Giorgio dei Greci begleitete (1553/54), sich zwischenzeitlich erneut in Kreta aufhielt und erst 1572 nach Venedig zurückkehrte, wo er im Juni erneut Priester wurde.490 Am 27. Februar erhielt Gregorios schließlich die Drucklizenz des

488 Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 1v f. 489 Ebd., fol. 1r. Vgl. Jean François: Bibliothèque générale des écrivains de l’ordre de Saint Benoît, patriarche des moines d’Occident. Bd. 1. Bouillon 1777. (BnF, département Littérature et art, Q-463), S. 339. 490 Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 5r (Γρηγoρίο Μαλαξóς), 8r (»Et hæc quidem Christi gratia est, ò amice, labor vero est Gregorij Malaxi«). Zu Gregorios Malaxos und seinen Aktivitäten u. a. in der zonta (1563) und banca (1564) vgl. Georghios Ploumidis: Tipografie greche, S. 369; Layton: Sixteenth Century Greek Book, S. 372–380. Familienmitglieder der Malaxoi finden sich auch in Istanbul, wo ein Mönch namens Ioannes Malaxos und ein Kopist namens Manouel Malaxos nachzuweisen sind. Letzterer arbeitete auch auf der Italienischen Halbinsel, insbesondere Venedig. Hierzu siehe Giuseppe de Gregorio: Il copista greco Manouel Malaxos. Studio biografico e paleografico-codicologico. Eingeleit. v. Paul Canart. (Littera antiqua, Bd. 8). Vatikan 1991, S. 1ff., 5, 19–39. Zum Venedig-Aufenthalt von Manouel Malaxos siehe ebd., S. 31–34, 126ff. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch Manouel Malaxos – wie Gregorios Malaxos,

Ein Sieg, viele Religionen

171

Consiglio dei dieci für seine ›GRATIARVM ACTIONES‹, was zu seinen weiteren Tätigkeiten passt: Zwischen 1558 und 1586 veröffentlichte er mindestens 25 Büchlein – darunter zahlreiche liturgische Texte. Auch sein Bruder Nikolaos gab lithurgische Schriften wie insgesamt sechs orthodoxe Fest- und Gebetskalender (Menaia, Μηναία) heraus. Alles in allem befanden sich unter den orthodox-liturgischen Drucken Venedigs im 16. Jahrhundert noch 19 weitere Triodion-Ausgaben, davon allein fünf solcher aus den 1560er und 1570er Jahren.491 Es lag auf der Hand, dass Gregorios sein Interesse an Liturgie mit der sogenannten Türkenfrage verband, denn bereits kurz nach Kriegsausbruch reiste er heimlich auf die Peloponnes, um Venedig über die erhoffte osmanenfeindliche Stimmung der dortigen Bewohner zu informieren. Sein Bericht fiel jedoch ernüchternd aus: Er glaubte nicht, dass sich die Orthodoxen gegen die Osmanen erheben würden, da sie befürchteten, unter den Venezianern zum Katholizismus konvertieren zu müssen.492 Sicherlich auch aufgrund seines Berichtes unterstütze Venedig fortan nicht mehr die auf der Peloponnes bereits 1568 gegen die Osmanen revoltierenden Bewohner. Daraufhin wandte sich 1572 eine griechische Gesandtschaft stattdessen in Messina an Juan de Austria, der die Unternehmungen finanziell förderte.493 Das venezianische Lepanto-Triodion drückt – trotz Gregorios’ pessimistischer Einschätzung bezüglich der osmanischen Orthodoxen – die Freude der in Venedig lebenden Orthodoxen anlässlich des Seesieges der ›Heiligen Liga‹ aus. Dass der griechische Autor im Druck so wenig präsent ist, dürfte daran liegen, dass er die Gemeinschaft der venezianischen Orthodoxen darzustellen suchte. Es ging weniger um das Lob eines Einzelnen, als um den von einer Gemeinschaft vorgebrachten religiösen Dank für Lepanto. Die prominente Platzierung des Übersetzers hingegen dürfte die Qualität des Textes und der Übersetzung unterstrider seine ›GRATIARVM ACTIONES‹ dem Bischof von Bergamo widmete – seine Handschriften Klerikern wie dem Patriarchen von Aquileia übereignete (ebd., S. 126ff.). 491 Eine Auflistung – ohne die ›GRATIARVM ACTIONES‹ – findet sich bei Layton: Sixteenth Century Greek Book, S. 373f. Solche liturgischen Drucke stellten einen wesentlichen Bestandteil der griechischen Erzeugnisse der Druckerwerkstätten Venedigs dar. Vgl. ebd., S. 131–178, 377ff. 492 Ebd., S. 372. Zu venezianisch-peloponnesischen Kontakten zur Zeit Lepantos siehe auch Manoussacas: Lepanto e i Greci. 493 Zunächst 56 escudos als Zeichen der Ehre gegenüber den Gesandten und später weitere 134 escudos für vier rebellierenden Griechen. Enrique García Hernán und Manoussos Manoussacas sehen in dieser Gesandtschaft einen wesentlichen Anstoß für eine spanischgriechische und dezidiert antiosmanische Zusammenarbeit der darauffolgenden Jahre; und damit letztlich auch die stärkere Fokussierung einiger Griechen auf die spanischen Besitzungen in Süditalien (statt auf die Republik Venedig). Daraufhin entsandte Don Juan einen Militärexperten nach Griechenland, der eine Rebellion vorbereiten sollte, und erklärte sich auch zu Waffenlieferungen bereit. García Hernán: Price of Spying, S. 243ff., 247f.; Manoussacas: Lepanto e i Greci, S. 215–241.

172

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

chen haben. Damit inszenierte Gregorios die Loyalität der venezianischen Orthodoxen zu den Katholiken im Angesicht der Osmanen – eine Interpretation, die mit der typographisch hervorgehobenen Drucklizenz als eine durch die venezianischen Obrigkeiten gebilligte Interpretation erschien.494 Dieselbe Funktion dürfte auch Antonios Achelis im Mai 1571 erschienener reich illustrierter griechischsprachiger Bericht von der Belagerung Maltas im Jahr 1565 besessen haben. Nach dem Ausbruch des venezianisch-osmanischen Krieges verkündeten solche Drucke die Loyalität der Griechen zur Republik Venedig.495 Dort lebende Orthodoxe nutzten Lepanto damit als Gelegenheit, um die Türkengefahr-Rhetoriken selbst aufzugreifen und so Zugehörigkeiten zu demonstrieren.496

II.2.v. Türkenfurcht, Lepanto und venezianische Juden Wenn die zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto in Venedig anzutreffenden Zugehörigkeits- und Fremdheitszuschreibungen untersucht werden, ist dies auch für die dort lebenden Juden eingehender zu unternehmen. Jüdische Sulta¯nsun˙ tertanen waren bereits von den 1570 beschlossenen Konfiskationen betroffen. Wenngleich die Bemühungen des osmanischen Großwesirs bewirkten, dass die inhaftierten 172 osmanischen Muslime und Juden ab Mai 1571 aus der Haft entlassen und wieder partiell ihren Handelsaktivitäten nachkommen durften,497 wirkte sich der Krieg um Zypern maßgeblich auf diese Kaufleute durch immense Einschränkungen aus. Zudem ist festzustellen, dass die durch die Konfiskationen zur Anwendung gebrachten Zuschreibungscharakteristika, die Zugehörigkeiten durch Untertänigkeit und Religion demarkierten, für Juden eine problematische Doppelsituierheit mitsichbrachten: Wenn durch die Konfiskationen Muslime und levantinische Juden als turchi katholischen und orthodoxen Sulta¯nsunter˙ tanen gegenübergestellt wurden, so war damit auch der Status venezianischer Juden durch die im Zuge des Kriegsausbruchs juristisch kodifizierten Türkenfurcht-Diskurse fragwürdig geworden. Denn obwohl diese Konfiskationen offiziell nur die in Venedig lebenden muslimischen und jüdischen Sulta¯nsunterta˙ nen betrafen, führten sie dennoch zu einer Anspannung des Verhältnisses zwischen Christen und venezianischen Juden. 494 Malaxos: GRATIARVM ACTIONES. (AL, Turcica IX.141/15911), fol. 8v. 495 Layton: Sixteenth Century Greek Book, S. 45, 124, 207. 496 Dass dies insbesondere durch die humanistischen Diskurse um die Wertschätzung des Griechischen in den zur Verehrung Lepantos erschienenen, gelehrten Gedichten Niederschlag fand, belegt Anonym: RACCOLTA DI VARII POEMI Latini, Greci, e Volgari. (BSS, Archivio Colonna, II. C.D. 1, fasc. b). 497 Quarti: Guerra contro il turco, 345f.; Kafadar: A Death in Venice, S. 200f.; Preto: Venezia e i turchi, S. 129.

Ein Sieg, viele Religionen

173

Der in Monferrato lebende Joseph ha-Kohen berichtete 1575 in seiner Chronik ›Das Tal der Tränen‹ (‫)ספר עמק הבכה‬, dass Venedig bereits im März 1570 einige Juden auf offener See festgenommen und zum Galeerendienst verurteilt hatte. Diese waren auf dem Weg in das Osmanische Reich, da ihnen der Aufenthalt in Urbino, wo sie ursprünglich lebten, aufgrund der antijüdischen Umtriebe des Papstes verwehrt wurde. Ha-Kohen führte in seinen Aufzeichnungen zudem an, dass auch die bei der venezianischen Signoria eingereichten Suppliken erfolglos blieben.498 Ein anonymer Chronist, der sich selbst als »Korrektor« der Schrift haKohens bezeichnet, beschrieb nachträglich die Situation der venezianischen Juden als »eine Zeit der Noth für Israel. Man setzte Fasttage fest, spendete zu heiligen Zwecken, wendete sich von Groß bis Klein zu Gott mit Fasten, Weinen und Klagen und auch in allen italienischen Ländern wurden in jener Zeit Fasttage festgesetzt.«499 Dabei kam es auch verstärkt zu Konfrontationen zwischen in Venedig lebenden Christen und Juden. So geschah es im April 1571, dass ein christlicher Träger (fachin) Brot durch das Ghetto Vecchio und Ghetto Nuovo – ein Zeuge betonte, es handele sich um jenes Viertel, wo sich auch die ›Armenbanken‹ (banchi dei poveri) befinden – zu transportieren hatte. Dort wurde er von jüdischen Frauen, Jugendlichen und Kindern mit Dreck, Schlamm und Steinen beworfen, sodass sich der Träger übermannt fühlte. Die Teigwaren zurücklassend geflohen, brachte er den Vorfall vor der Inquisition zur Anklage. Dabei berichtete der Brotträger zudem, dass ihm ein Jude namens Polenta währenddessen gedroht habe, den Kopf einzuschlagen. Insofern sich im Laufe der Verhöre herausstellte, dass es bereits mehrfach zu derartigen Übergriffen gekommen war – Zeugen bestätigten, dass es sich um einen lokalen Brauch zur Zeit des Pessachfestes handelte, der den Übergang vom Verzehr von Matzen zu gesäuertem Brot ritualisierte –, veranschaulicht der Fall vor allem, dass im Frühjahr 1571 offenbar die Bereitschaft existierte, solche als Vergehen empfundene Übergriffe der Inquisition zu melden.500 498 Ich beziehe mich auf die deutsche Ausgabe: Joseph Ha-Kohen: Emek habacha von R. Joseph ha Cohen. Hg. u. übers. v. M. Wiener. Leipzig 1858, S. 108. Joseph Ha-Kohen: Sefer ʽEmeq Ha-Bakha (The Vale of Tears) with the chronicle of the anonymous corrector. ‫ספר עמק הבכה‬. Hg. v. Karin Almbladh. (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Semitica Upsaliensia, Bd. 5). Uppsala 1981, S. 96f. Zu seiner Biografie siehe ebd., S. 11–15. 499 Joseph Ha-Kohen: Emek habacha, S. 116. Der letzte Eintrag des »Korrektors« bezieht sich auf das Jahr 1605 (ebd., S. 146f.). Ders.: Sefer ʽEmeq Ha-Bakha (The Vale of Tears), S. 103f. 500 ASVe, Savi all’eresia (Santo Ufficio), b. 29, »offese a cristiani«, »Contra He˛breos«. Die Anklage wurde angebracht von »Bettin del quondam Zuan Bergametti bergamasco, fa essercitio de fachin a San Hieremia et habita in la parochia di San Lunardo« (ebd., fol 2r). Die Drohung und Zeugenaussagen auf ebd., fol. 2v, 3v ff. Der Fall ist ediert in Pier C. Ioly Zorattini: Processi del S. Uffizio di Venezia contro ebrei e giudaizzanti (1571–1580). (Storia dell’ebraismo in Italia. Sezione veneta, Bd. 5/ Studi e testi, Bd. 6). Florenz 1985, S. 43–46. Vgl. auch Brian Pullan: The Jews of Europe and the Inquisition of Venice, 1550–1670. Oxford 1983, S. 163f. Aufgrund der Festbedeutung ist es zudem vielsagend, dass der als potentielle Mörder auf-

174

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Diese im Umfeld der Seeschlacht von Lepanto zu beobachtenden Zusammenstöße zwischen christlichen und jüdischen Venezianern bedürfen einer generellen Kontextualisierung des jüdischen Lebens in Venedig. Insgesamt stellten Juden circa 1 bis 2,5 Prozent der Gesamtbevölkerung, wobei bereits zwanzig Jahre nach der Gründung des ersten Ghettos dessen Bevölkerung um 25 Prozent angestiegen war. Jüdisches Leben war dabei sowohl durch die obrigkeitliche Segregationspolitik als auch durch die Kontakte mit Christen gekennzeichnet.501 Erstere trat vor allem durch die Errichtung überwachter jüdischer Viertel, der sogenannten Ghetti, sowie entsprechender Kleiderordnungen in Kraft. Die in der Praxis zu beobachtende Durchlässigkeit dieser Segregation wurde allerdings bereits dadurch normativ gewährleistet, dass Juden der Verleih von Geldern an Christinnen und Christen erlaubt war. Die Forschung betont vor allem die normativen Aspekte dieser Regulierung: jüdisch-christliche Geldleihaktivitäten hätten für die katholische Obrigkeit die Vorteile besessen, dass erstens christliche Untertanen keine religiös geächteten Zinsgeschäfte vorzunehmen hatten und zweitens Venedig dadurch dennoch sicherstellte, dass die anwachsende Schicht der Armen Geld leihen konnte.502 Insofern erfuhren die Geldleihaktivitäten von Juden, wenngleich diese vielfach im Alltag verschiedenen anderen Arbeiten nachgingen, besondere obrigkeitliche Regulierung. Die genauen Konditionen, zu denen die Geldgeschäfte durchgeführt wurden, schrieb Venedig in Chartas fest, die den Juden jeweils für einige Jahre den Aufenthalt in der Lagunenstadt zu spezifischen Bedingungen gewährten und anschließend neu verhandelt wurden.503 Solche Maßnahmen verdeutlichen einen in der Forschung generell hervorgehobenen Aspekt: Die Aktivitäten der jüdischen Geldleiher wurden von der Obrigkeit als so wichtig eingeschätzt, dass sie spezifische Regulierungen erfuhren, die auch das Leben sämtlicher Juden betrafen, wenngleich es sich bei den Geldleihern lediglich um einen Bruchteil aller in Venedig lebenden Juden handelte, die jedoch für das soziale Gefüge der Stadt von besonderer Wichtigkeit waren.504 Im Zusammenhang mit dem venezianisch-osmanischen Zypernkrieg ist hierbei zentral, dass die Charta des Jahres 1566 bereits im Februar 1571 abgelaufen war. Doch statt eine Verlängerung des damit für venezianische Juden verbundenen Aufenthaltsrechts für weitere fünf Jahre zu beschließen, wurde die

501 502 503 504

tretende Akteur als Polenta (entsprechend des venezianischen Maisgrieß-Gerichtes) bezeichnet wurde. Ravid: Venetian Government, S. 21f., 28; Calabi: »City of the Jews«, S. 38, 49. Ravid: Venetian Government, S. 8, 21 mit Verweisen auf Exodus 23, 24, Levitikus 25, 35–38 und Deuteronomium 23, 20–21. Zu den Chartas siehe ebd., S. 4–14. Brian Pullan: Jewish Banks and Monti di Pietà. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/ London 2001, S. 53–72; ders.: Rich and Poor in Renaissance Venice. The Social Institutions of a Catholic State, to 1620. Oxford 1971.

Ein Sieg, viele Religionen

175

Charta zunächst lediglich als Interim bis Dezember 1571 verlängert.505 Vor diesem Hintergrund der generellen Ungewißheit über den weiteren Verbleib der venezianischen Juden fanden auch die Ausschreitungen zwischen Juden und Christen statt. Die Nachricht vom Seesieg bei Lepanto führte jedoch nicht nur zu den auch von Juden noch später erinnerten, venezianischen Lepanto-Festivitäten.506 Sie beeinflusste zugleich die ins Stocken geratenen Verhandlungen um die Verlängerung der Charta. Nach den Verhandlungen vom 20. September und 11. Oktober 1571 einigte sich der Collegio auf einen Entwurf, der den venezianischen Juden statt der bisher fünf Banken nur noch die Führung von drei Banken erlaubte und deren Sicherheitseinlagen auf 10.000 Dukaten verdoppelte. Das Aufenthaltsrecht wurde ihnen darin zugestanden. Nachdem jedoch am 19. Oktober die Siegesnachricht in Venedig eintraf, blieb der Gesetzesentwurf erneut liegen.507 Als die Senatoren diesen schließlich am 18. Dezember besprachen, hatte er durch das Ereignis Lepanto an Aktualität und Zustimmung verloren. In leidenschaftlichen Wortgefechten wurde nicht nur für eine Verlängerung der Charta Stellung bezogen. Alvise Grimani, selbst Mitglied des Collegio, plädierte für eine vollständige Ausweisung aller in Venedig lebenden Juden, die er als »interne Feinde der Venezianer« klassifizierte, der Spionage bezichtigte und für den Arsenalbrand im Jahr 1569 sowie die gestiegenen Kornpreise verantwortlich machte.508 Demgegenüber bestritt Alvise Zorzi zwar nicht die möglichen Spionageaktivitäten, betonte aber, dass nur eine Charta-Verlängerung das finanzielle Gefüge Venedigs sichere und die angestrebte Konversion der Juden ermögliche. Wiederum andere Senatoren, unter ihnen der Savio di Terraferma Gabriel Corner, drängten auf die Ausarbeitung eines alternativen Gesetzesvorschlags.509 Diese Einblicke in die Senatsdiskussionen sind nicht allein aus Grimanis und Corners Propositionen, sondern auch aus den autobiografischen Aufzeichnungen des Bischofs von Verona, Agostino Valiero, zu rekonstruieren. Dieser verfolgte mit deren Darlegung eine bestimmte Erzählabsicht: Die Senatsverhandlungen um die Verlängerung der venezianischen Juden dienten Valiero als exemplum, um zu verdeutlichen, 505 Ravid: Socioeconomic Background, S. 41. 506 Die Anmerkung des »Korrektors«, dass der Sieg bei Lepanto in sämtlichen unter venezianischer Herrschaft stehenden Städten mit Freudenfeuern gefeiert, zum Festtag erhoben und an andere Herrschaften berichtet wurde, verdeutlicht, dass die venezianischen Siegesfeierlichkeiten auch bei Juden mit der Erinnerung an Lepanto verbunden waren. Ha-Kohen: Emek habacha, S. 117. 507 Ravid: Socioeconomic Background, S. 42; ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 180r–184v, 18. Dezember 1571, hier fol. 184v mit den Collegio-Verweisen auf den 20. September und 11. Oktober 1571. 508 Valiero: DELL’UTILITÀ. (SBB, Rp4048), S. 358 (»nemici interni dei Veneti«); ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 185r f., 18. Dezember 1571. 509 Ebd., fol. 185v, 18. Dezember 1571.

176

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

dass es mitunter nötig sei, »kleinere Übel« einzugehen, »um größere zu vermeiden«.510 Am 18. Dezember 1571 beschlossen die Senatoren dann mit 108 zu 37 Stimmen, dass sämtliche Juden bis Februar 1573 Venedig zu verlassen hatten. Zugleich wurden deren Gläubiger und Schuldner inhaftiert.511 Begründet wurde das Vorgehen mit dem expliziten Verweis auf die Seeschlacht von Lepanto: Anlässlich des von Gott der Republik verliehenen Seesieges sei es angebracht, als Zeichen des Dankes gegenüber dem Herrn auch in Venedig gegen die »Feinde seines heiligen Glaubens« vorzugehen.512 Die ursprünglich bestehende Unklarheit und letztliche Ablehnung der Charta führten zu zahlreichen Auswanderungen, auf die auch ha-Kohen verwies. Der wohl berühmteste Vertreter unter ihnen ist Leone da Modena, der am 23. April 1571 (5331) in Venedig geboren wurde. Mitte Dezember 1571, als die antijüdischen Einstellungen sich in konkreten obrigkeitlichen Maßnahmen niederzuschlagen abzeichneten, verließen die Eltern mit dem Säugling die Stadt.513 Die Nachricht vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto führte also dazu, dass antijüdischen Haltungen, die bereits mit dem Ausbruch des Krieges ein Jahr zuvor bestanden, konkrete judenfeindliche Taten folgten. Solche betrafen bis dahin hauptsächlich iberische ›Marranen‹, die bereits zwanzig Jahre zuvor mit dem Vorwurf der Stadt verwiesen wurden, heimlich weiterhin 510 Ebd., fol. 185r f., 18. Dezember 1571; Valiero: DELL’UTILITÀ. (SBB, Rp4048), S. XIII, 358ff., 403–408; Ravid: Socioeconomic Background, S. 42–45, 51: »He used the case of the Jews to point out the general principle that it was sometimes necessary to tolerate lesser evils in order to avoid greater ones«. 511 Ravid: Socioeconomic Background, S. 42–46; Calimani: Ghetto di Venetia, S. 113f. Die Senatoren rechtfertigten die Ausweisung mit den bereits 1527 erlassenen antijüdischen Gesetzgebungen, Argumenten der Ehre (wonach ›unehrenhafte Tätigkeiten‹ der Juden auch den Ehrstatus der Republik gefährdeten) und Spionagevorwürfen (ebd., S. 45f.). ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 179v–184v, 18. Dezember 1571 (ebenso die »patrini delle case di ghetto habitate per li sopradetti hebrei« betreffend). 512 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 29. Juni und 07. Juli 1573, beiliegende Abschrift zum 18. Dezember 1571, fol. 1r: »nemici della sua santa fede«. Das Original befindet sich in ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 58, 18. Dezember 1571. Siehe auch Pullan: Rich and Poor, S. 537. Zur Wahrnehmung eines Novellanten vgl. ÖNB, Cod. 8949, fol. 290r, Venedig, 21. Dezember 1571. Vgl. die Formulierung ebenso mit Grimani in ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 185r, 18. Dezember 1571: »Hauendo la M.tà d[e]l S.or Jddio concessa gratia alla Christianità tutta, et massimamente à questa Repub.ca di cosi felice, et segnalata uittoria contra il Turco, per la rotta della sua armata, è cosa conueniente dimostrar qualche segno di gratitudine uerso Giesù Christo benedetto difensor, et protettor nostro, facendo dimostratione contra quelli, che sono nimici della sua santa fede, come sono li HEbrei […]«. 513 Ha-Kohen: Emek habacha, S. 109; Mark R. Cohen (Hg.): The Autobiography of a Seventeenth-Century Venetian Rabbi. Leon Modena’s Life of Judah. Princeton u. a. 1988, S. 76, 194. Wenngleich der spätere venezianische Rabbiner in seiner Autobiografie keine weiteren Gründe anführt, geht die Forschung von der naheliegenden Vermutung aus, dass die Auswanderung der Familie mit dem Senatsbeschluss jener Tage zur Ausweisung der Juden zusammenhängt.

Ein Sieg, viele Religionen

177

jüdischen Glaubens zu sein, wenngleich sie außerhalb des Ghettos unter Christen lebten. Nach Lepanto richteten sich solche dezidierten Judenausweisungen als Novum gegen sämtliche in Venedig lebenden Juden, also sowohl gegen aschkenasische, sephardische und levantinische Juden.514 Nicht allein in der Lagunenstadt wurde die Ausweisung beschlossen, sondern auch in der eher ländlich und durch Dörfer sowie Kleinstädte geprägten Terraferma. Cividale del Friuli begründete die antijüdischen Maßnahmen zudem mit Wuchervorwürfen.515 Wie reagierten Juden – jenseits der Ausreise – auf diese Anfeindungen? Bereits im Sommer 1571 verfasste der bekannte jüdische Arzt David de Pomis einen ›Wunderdiskurs‹ (Discorso meraviglioso), in dem er der ›Heiligen Liga‹ einen Sieg gegen die Osmanen vorhersagte.516 Nach der Seeschlacht von Lepanto schrieb er dann einen ›Kurzen Discorso‹ (Breve discorso), den er dem venezianischen Dogen und Senat überreichte. Darin suchte er nachzuweisen, dass die politische Konstitution Venedigs die »himmlische Ordnung« biblischer Institutionen repräsentiere.517 Hierzu bezog er sich vor allem auf zwei Bibelstellen. Zum einen auf die im Zweiten Buch Mose überlieferte Aussage Jitros: »Siehe dich aber um unter allem Volk nach redlichen Leuten, die Gott fürchten, wahrhaftig und dem Geiz Feind sind; die setze über sie, etliche über tausend, über hundert, über fünfzig und über zehn, daß sie das Volk allezeit richten; wo aber eine große Sache ist, daß sie dieselbe an dich bringen, und sie alle geringen Sachen richten. So wird dir’s leichter werden, und sie werden mit dir tragen.«518

Wie unter zahlreichen christlichen und jüdischen Autoren des 15. und 16. Jahrhunderts üblich, bezog auch de Pomis diese Aussage auf zeitgenössische politische Verfassungen. Er versteht die Bibelstelle als Hinweis auf den venezianischen Maggior Consiglio, den Senat, die Quarantia und den Consiglio dei Dieci. Zudem interpretierte de Pomis die venezianische Ämterverteilung analog zur Verteilung des Ostjordanlandes durch Moses.519 514 David Kaufmann: Die Vertreibung der Marranen aus Venedig im Jahre 1550. In: The Jewish Quarterly Review 13 (1901), H. 3, S. 520–532; Arbel: Venezia, S. 173; Calimani: Ghetto di Venetia. 515 Pullan: Rich and Poor, S. 540ff. Ähnliche Bestrebungen sind in Brescia festzustellen. 516 Guido Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico rinascimentale. Un testo ritrovato di David de Pomis. In: Rinascimento. Seconda Serie 44 (2004), S. 226f. Zu David de Pomis vgl. Aldo Luzzatto: Comunità ebraica. Bd. 1, S. 191 (Nr. 1261). Siehe allgemein ebenso Achille Olivieri: Il medico ebreo nella Venezia del Quattrocento e Cinquecento. In: Gli Ebrei e Venezia. Secoli XIV–XVIII. Hg. v. Gaetano Cozzi. Mailand 1987, S. 449–468. 517 Der Text galt lange als verschollen und wurde erst durch Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico in der Biblioteca Estense, Fondo Estense, Italiano 981, alpha H.9.2 wiederentdeckt. Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico, S. 241: »celeste ordine«. 518 Exodus 18, 21–22. 519 Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico, S. 242; Deuteronomium 3, 12–22. Zur exegetischen Tradition dieser Bibelstelle in politischen Traktaten des Spätmittelalters und

178

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Zusätzlich schrieb de Pomis, dass der Sieg bei Lepanto durch den Propheten Jesaja vorhergesagt worden sei: »Zu der Zeit wird der HERR heimsuchen mit seinem harten, großen und starken Schwert beide, den Leviathan, der eine flüchtige Schlange, und den Leviathan, der eine gewundene Schlange ist, und wird den Drachen im Meer erwürgen. Zu der Zeit wird man singen von dem Weinberge des besten Weins: Ich, der HERR, behüte ihn und feuchte ihn bald, daß man seine Blätter nicht vermisse; ich will ihn Tag und Nacht behüten.«520

Während de Pomis den Leviathan beziehungsweise die Schlange als den osmanischen Sulta¯n identifizierte, setzte er den Weinberg mit Venedig gleich. Denn ˙ wie sich der gute Wein aus verschiedenen, guten Weinreben zusammensetze, so bestehe auch Venedig als gute Ordnung aus verschiedenen Ämtern. Zudem verweist er auf die Namensähnlichkeit Venedigs und des Weingartens (vinetum). De Pomis schlussfolgert daher, dass Gott durch Jesaja verlautbart habe, er werde Venedig vor dem tiranno beschützen und gegebenenfalls von ihm befreien. Die Tag-und-Nacht-Formulierung (Jesaja 27, 3) interpretiert de Pomis als Hinweis darauf, dass es einen zweimaligen Schlag gegen die Osmanen geben werde, weshalb er zu weiteren Militäraktionen aufrief.521 Beide Schriften sind grundsätzlich als Stellungnahmen zu den antijüdischen Einstellungen lesbar.522 De Pomis positionierte sich, indem er sich in zwei bestehende Diskurse einschrieb: Einerseits in jenen der (bibel-exegetischen) Politiktraktate, die für Venedig durch Isaac Abravanel und Gasparo Contarini eine der Frühen Neuzeit vgl. Abrahàm Melamed: Jethro’s Advice in Medieval and Early Modern Jewish and Christian Political Thought. In: Jewish Political Studies Review 2 (1990), S. 3–41. 520 Jesaja 27, 1–3. 521 Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico, S. 244f., 247. 522 Der genaue Zeitpunkt der Niederschrift des ›Breve discorso‹ ist nicht zweifelsfrei zu bestimmen: In der Forschung wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass de Pomis den Text direkt nach Lepanto verfasste. Allerdings beinhaltet das erst jüngst wiederentdeckte Manuskript einen dritten Textabschnitt, in welchem de Pomis vorherige Deutungen einer teilweisen Revision und Neuinterpretation unterzog. Diese Handschrift ist auf einen Abfassungszeitraum zwischen 1577 und 1587 zu datieren. Insofern die Datierung der Handschrift in Modena auf dem dritten Textteil beruht, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der erste und zweite Textteil ursprünglich unter dem direkten Einfluss der Geschehnisse von 1571 entstanden; zumal de Pomis in dem vor Lepanto verfassten ›Discorso meraviglioso‹ ähnlich argumentiert. Abrahàm Melamed: The Myth of Venice in Italian Renaissance Jewish Thought. In: Italia Judaica. Atti del I convegno internazionale, Bari, 18– 22 maggio 1981. Hg. v. Ministero per i Beni Culturali e Ambientali. Rom 1983, S. 405; Calimani: Ghetto di Venetia, S. 97f. De Pomis bezog sich in dem Manuskript auch auf die osmanischen-safawidischen Auseinandersetzungen: Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico, S. 228, 244–247. Im Vortwort seines italienisch-lateinisch-hebräischen Wörterbuches führt er die Fertigstellung des ›Breve discorso‹ an: David de Pomis: ‫]…[ חמצ דוד‬. DITTIONARIO NOVO Hebraico, molto copioso, […]. Venedig 1587. (BSB, 2 L. as. 58), unpaginiert (Einleitung); Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico, S. 227f.

Ein Sieg, viele Religionen

179

christlich-jüdische Tradition besaßen.523 Andererseits interpretierte de Pomis – wie weit verbreitet – den Sieg der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto als direktes Eingreifen Gottes. Letztlich sind seine kurz vor und nach der Seeschlacht verfassten Traktate als Plädoyer lesbar, Juden als gehorsame und treue venezianische Untertanen zu sehen und jeden Zweifel einer Kollaboration mit den Osmanen zu zerstreuen. Damit nutzte de Pomis Lepanto als eine Möglichkeit, um jüdische Positionen und antijüdische Einstellungen innerhalb Venedigs zu verhandeln.

II.2.vi. Das Ereignis nach dem Ereignis: Der Friedensschluss (1573) und seine Auswirkungen auf in Venedig lebende Muslime und Juden Das venezianisch-osmanische Friedensabkommen von März 1573 veränderte signifikant die Situation der in Venedig lebenden Muslime und Juden. Sogleich erbaten die von den Konfiskationen betroffenen muslimischen Kaufleute die Restitution ihrer drei Jahre zuvor beschlagnahmten Waren, da auch der Sulta¯n ˙ die Freigabe sämtlicher venezianischer Waren Güter und Schiffe veranlasst habe. Insofern die Bittsteller nicht eigens ihre Namen anführten, sondern sich als »wir Muslime« sowie »wir arme Händler« an die Serenissima wandten, ist davon auszugehen, dass sie annahmen, dass den Empfängern des Schreibens die Identität der Absender vollkommen klar war.524 Folglich handelte es sich um eine Sammelsupplik derjenigen Muslime, die mit den Konfiskationen des Frühjahrs 1570 aktenkundig und unter Arrest gestellt wurden. Sie berichteten, dass sie langsam wieder begonnen hätten, ihren Handelsaktivitäten nachzugehen, und sich bemühten, den Schaden zu minimieren, der ihnen in den letzten Jahren zugefügt worden war. Auch wollten sie schnell zu ihren Familien und Haushalten in das Osmanische Reich zurückzukehren. Die muslimischen Händler wussten auch, dass ein Teil ihrer Waren im Auftrag Venedigs durch Marco Querini über Ancona nach Ragusa gebracht und dort verkauft worden waren. Allerdings war ihnen nichts über den aktuellen Verbleib dieser Waren bekannt.525 Bereits am

523 Als dritte wesentliche Quelle bezog sich de Pomis auf Maimonides: Bartolucci: Venezia nel pensiero politico ebraico, S. 228–239, 244. 524 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 21. April 1573, beiliegende, undatierte Supplik einiger »Mussulmani« (von der Obrigkeit als »Turchi, & hebrei« notiert), ohne Angabe zu Namen oder Anzahl der Bittsteller, fol. 1r (»noi Mussulmani«; »noi poueri mercanti«). 525 Ebd.: »Poiche per gratia dell’onnipotente Jddio è succeßa buona pace fra il Ser.mo S.or Jmperator nostro Sultam Selin, et la Ser.tà V. noi Mussulmani humilme[n]te supplichiamo, che la Ser.tà V. ne facci gratia di com[m]andar, che dopò tanto patire ne sia concesso il retratto della uendita delle nostre robbe, acciòche possiamo à poco à poco mettersi all’ord.e e comprar quelle mercantie, che parerà à noi più à proposito per ristoro, e ricompe[n]sa delli

180

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

21. April 1573 entschieden sich die Senatoren für die Restitution: Sie hielten die Provveditori sopra denaro pubblico an, sämtliche von den Governatori delle entrate über die Jahre hinweg ausgestellte Belege zu den Verkäufen und zur Aufbewahrung der Waren zu sichten. Die noch existierenden Güter hatten die Provveditori sofort vollständig an die Bittsteller zu überreichen; bereits getätigte Verkäufe waren durch Geldzahlungen zu begleichen.526 Dass diese Maßnahmen jedoch einige Zeit in Anspruch nahmen (ein Novellant notierte für Oktober 1573, dass wieder mehr osmanische Kaufleute in Venedig seien),527 lässt sich am Beispiel der jüdischen Händler zeigen, die in einer vergleichbaren Supplik die Rückerstattung ihrer beschlagnahmten Waren erbaten. Diese waren gleichfalls zumindest teilweise in Korfu und Zakynthos verkauft worden. Die Juden erinnerten Venedig an die 1514 erteilten Zollprivilegien, wonach die aus dem osmanischen Herrschaftsbereich der Balkanhalbinsel in Venedig verkauften Güter lediglich in der Lagunenstadt zu verzollen waren. In der Bittschrift supplizierten die osmanischen Juden für die Beibehaltung dieser Zollregulierung, da dies auch dem Wohle Venedigs und seines merkantilen Lebens diene.528 Als die Sichtung der Belege durch die Provveditori allerdings schon einige Zeit im Gange war, ohne dass Waren zurückgegeben worden wären, wandten sich die jüdischen Sultansuntertanen Ende Juni 1573 in einer weiteren Supplik an Venedig. Darin erbaten sie die schnellstmögliche Restitution der Güter, da sie zügig in ihre Heimat zurückkehren wollten.529 Insgesamt unterschrieben 19 Bittsteller die Supplik in Latein sowie in hebräischer oder osmanischer Sprache. Da einige von ihnen aber nicht nur für ihre eigenen Waren gegenzeichneten, sondern auch für die Güter anderer Juden, sollte das Schreiben die Interessen von insgesamt 27 osmanischen Juden vertreten. Einige derjenigen, die nicht selbst unterschrieben, wurden explizit als Sohn oder Schwager des Unterzeichnenden angeführt. Die Beziehungen zu anderen blieben unerwähnt. Für zwei der betreffenden Juden sind Patras und Thessaloniki als Herkunftsorte eigens angeführt.530 Insofern die Vorgängersup-

526 527 528 529 530

molti incom[m]odi, et danni, che qui habbiamo patito, et acciò possiamo con celerità andar à uisitar le famiglie, e case nostre«. ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 21. April 1573 (140 Pro-, 5 Kontra-Stimmen, 13 Enthaltungen im Senat; 5 Zustimmungen im Collegio). ÖNB, Cod. 8949, fol. 500r, Venedig, 30. Oktober 1573. ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, beigelegte, undatierte Supplik der jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig, fol. 1r. Ebd. Das Datum ˙der Supplik lässt sich rekonstruieren aus ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, Stellungnahme der Provveditori sopra denaro pubblico Domenego Duodo, Zuanfrancesco di Priuli und Andrea Bernardo (20. Juli 1573), fol. 1r. ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, zweite undatierte Supplik der jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig, fol. 1r–2v: »judat aiat, ch[e] uuol dir lion d[e] ˙ venturo«;»samaria sar[r]bit azar«;»josef d[e] abraam carob« (mitunterzeichned für »caym sardo d[e] Patras«, »jsaac erisa d[e] salonichio« und »josef merchian«); »Moyse d[e] juda

Ein Sieg, viele Religionen

181

plik ausdrücklich die Zollprivilegien der Güter anspricht, die aus dem nördlichen und südlichen Ru¯m-e˙li stammten,531 kann davon ausgegangen werden, dass die Unterzeichner mehrheitlich aus diesen Gebieten kamen. Die Händler bildeten dabei Gruppen (compagni[e]), die sich durch gemeinsame regionale, soziale und familiale Bezüge konstituierten und die nun ihre Interessen gebündelt einforderten. Insofern die auf dem jüdischen Friedhof bis heute aufgestellten Grabsteine viele der Familiennamen aufweisen, die auch die Bittsteller führten, kann davon ausgegangen werden, dass die Händler verwandschaftliche Netzwerke in Venedig besaßen, wo die Handelsaktivitäten levantinischer Juden in den 1560er und 1570er Jahren mehr und mehr anstiegen.532 So befand sich unter den Unterschreibern auch ein gewisser Samuel Carabon. Auf den jüdischen Grabsteinen Venedigs finden sich insgesamt neun Namen dieser »wohlhabenden Familie« aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert, darunter auch Shemuel Carabon. Dieser starb jedoch 1617 im dalmatinischen Zadar im Alter von 26 Jahren, sodass es sich bei ihm nicht um den Samuel Carabon handeln kann, der 1573 die Supplik abenini«; »Daniel cadì«; »josef coem d[e] menachen« (mitunterzeichnend für »subà d[e] Abraa[m] conè«); »josef d[e] jacob« (mitunterzeichned für »mia compagnia«, »Moyse rosso mio fr[ate]llo«, »Dauid Sabà«, »salon Zicri«); »Moyse nafusi«; »rubem Seyt«; »jsaac d[e] Moyse Dauilla«; »jsaac d[e] caym« (mitunterzeichnend für »Abraa[m] coem d[e] Larta«); »salamon d[e] caym«; »salamon d[e] Meyse mozazon«; »Abraa[m] copio«, »Moyse d[e] josef abenini« (auch aufgelistet als »moisse de Josef abeninj«); »juda abadanel« (ebenfalls angeführt als »Juda ababanell«); »joan[n]i riberi« (auch als »goane Riberi« genannt); »Samuel carabon« (auch als »Semuel charabom« aufgeführt; mitunterzeichnend für »Moyse alalbo mio cugnato« bzw. »mose alalbo«). Vgl. weiterführend Benjamin Braude: The Rise and Fall of Salonica Woollens, 1500–1650. Technology Transfer and Western Competition. In: Mediterranean Historical Review 6 (1991), H. 2, S. 216–236. 531 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, beigelegte, undatierte Supplik der jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig, fol. 1r: »[…] le mercantie che vengono dalla ˙ et dalla morea […]«. Vgl. auch die generelle Auflistung bei Arbel: Jews Romania alta e bassa in International Trade, S. 84. Zu Ru¯m-e˙li siehe Halil I˙nalcık: Ru¯meli. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Clifford E. Bosworth u. a. Bd. 8. Leiden 1995, S. 607–611. 532 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, zweite undatierte Supplik der jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig, fol. 2r: »mia compagnia«, so wie »Moyse rosso mio ˙ fr[ate]llo«, »Dauid Sabà« und »salon Zicri« (Eintrag des »josef d[e] jacob«); Benjamin Arbel: Trading Nations. Jews and Venetians in the Early Modern Eastern Mediterranean. (Brill’s Series in Jewish Studies, Bd. 14). Leiden/ New York/ Köln 1995; Luzzatto: Comunità ebraica. Bd. 1, S. 104 (Abenini, spätes 16. und frühes 17. Jahrhundert), 105f. (Abravanel, 17. Jahrhundert; Alalbo, 17. Jahrhundert), 128f. (Carabon, 16. und 17. Jahrhundert; Carob, 17. Jahrhundert), 139f. (Copio, 16. bis 18. Jahrhundert), 172 (Menahem, 16. und 17. Jahr˙ hundert), 192 (Ribeiro, 17. und 18. Jahrhundert), 196 (Said, 17. Jahrhundert); Arbel: Jews in International Trade, S. 83. Dass in diesen levantinischen Handelsaktivitäten auch Nafpaktos (Lepanto/ I˙nebahtı) einen großen Stellenwert einnahm, zeigt ein Zwischenfall von 1567, als jüdische Händler ein osmanisches und kein kretisches Schiff anheuerten, weshalb der Kapitän des letzteren Schiffes den osmanischen Kapitän und die Besatzung getötet und mit den Waren weggesegelt sein soll (immerhin Leder, zambelotti und Seide im Wert von 70.000 scudi). ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3080, fol. 116r, Avvisi aus Venedig (26. Juli 1567), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt.

182

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

unterschrieb. Insofern Shemuels Vater, Shelomoh (Salamon), als Händler im Mittelmeerraum tätig war, ist aber anzunehmen, dass auch Samuel Carabon mit den in Venedig lebenden gleichnamigen Juden verwandt war.533 Samuel unterzeichnete die Petition auch für seinen Schwager Mosheh Alalbo. Und tatsächlich befindet sich auf dem Friedhof der Grabstein der 1608 verstorbenen Ester Alalbo, die als Witwe eines gewissen Mosheh genannt wird.534 Die merkantilen Netzwerke des Mediterraneums beruhten folglich auch auf verwandtschaftlichen Konstellationen, die jüdische Venezianer und jüdische Osmanen verbanden. Diese schützten sie zwar nicht vor den Konfiskationen von 1570, ermöglichten es aber 1573, ihre Forderungen durch Suppliken strategisch im sozialen und politischen Gefüge Venedigs zu positionieren. Im Juli 1573 verfassten die Provveditori sopra denaro pubblico schließlich eine Stellungnahme zur Regulierung der Rückerstattungen: Diejenigen, die 1570 ihre eigenen Güter den Governatori delle entrate überreicht hatten, durften sie nun wieder abholen. Hatten sie diese für andere gebracht, waren sie ebenfalls berechtigt, sie nun wieder einzufordern. Insofern die Güter bereits in die Levante weitertransportiert worden waren, gingen die Ausgleichszahlungen an die in den Frachtbriefen und Schiffsbüchern namentlich angeführten Eigentümer. Dabei sollten auch durch Zeugen bestätigte Teilbesitzansprüche berücksichtigt werden. Die restituierten Waren oder ausgezahlten Geldbeträge durften auch Dritte abholen, wenn sie entsprechende Beglaubigungsschreiben vorweisen konnten. Schließlich bestätigten die Governatori die von den Provveditori aufgesetzten Vorschläge. Im August stimmten auch die Senatoren zu.535 Im Sommer 1573 kam es dann auch zu einer erneuten Verhandlung der nach Lepanto beschlossenen Ausweisung aller in Venedig lebenden Juden. Die 533 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, zweite undatierte Supplik der jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig, fol. 1r, 2v (»Semuel charabom«; »Samuel carabon«); ˙ Luzzatto: Comunità ebraica. Bd. 1, S. 128, 309 (»famiglia benestante«); Luzzatto: Comunità ebraica. Bd. 2, S. 1000. Shelomoh (Salamon) starb am 19. Siwan/31. Mai 1619 und war mit Ordonia (Dona) verheiratet, die 1612 im Alter von 48 Jahren verstarb. Beide hatten zwei Söhne: Mosheh (Moise), der 1605 im Alter von 21 Jahre getötet wurde, und Shemuel, der 1617 mit 26 Jahren in Zadar starb. Letzterer war der Vater zweier Kinder: Refael (†1625, 8 Jahre) und Ordonia (†1619, 5 Jahre). Zusätzlich sind die Grabsteine von Simhah Carabon ˙ (†1583, verheiratet mit David) und Shelomoh (†1634, 24 Jahre) erhalten. 534 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, zweite undatierte Supplik der jüdischen Sulta¯nsuntertanen in Venedig, fol. 1r, 2v (»Moyse alalbo mio cugnato«; »mose ˙ alalbo mio cugnato«); Luzzatto: Comunità ebraica. Bd. 1, S. 106 (Nr. 60). 535 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 22. August 1573, Stellungnahme der Provveditori sopra denaro pubblico Domenego Duodo, Zuanfrancesco di Priuli und Andrea Bernardo (20. Juli 1573), fol. 1r f.; ebd., 22. August 1573, Stellungnahme der Governatori delle entrate Zuane Corner, Marco Cicogna und Michiel Surian (Juli 1573); ebd., 22. August 1573 (157 Pro-, 2 Kontra-Stimmen, 14 Enthaltungen). Darin wurden auch die Lohnansprüche der Provveditori und Magristrati geklärt.

Ein Sieg, viele Religionen

183

Avogadori di Commun Hieronimo di Prioli und Zuane Gritti wandten sich in dieser Angelegenheit an den Senat. Zwar seien die Senatoren im Dezember 1571 zum Dank Jesus Christi und des von ihm herbeigeführten Sieges bei Lepanto gegen die »Feinde seines heiligen Glaubens, wie es die Juden sind«, vorgegangen,536 doch ein solches Vorgehen widerspräche einer Gesetzgebung vom 20. April 1524. Damals wurde die Errichtung einer sogenannten Monte di pietà abgelehnt, bei denen es sich um kommunal kontrollierte, christliche Leih- und Pfandhäuser handelte, wie sie in anderen Städten Italiens gang und gäbe waren. Bei Androhung der Todesstrafe durfte nicht über eine solche Einrichtung gesprochen werden, es sei denn der Rat der Zehn würde dies ausdrücklich mit 17 Stimmen bewilligen.537 Das von den Avogadori gegen die Ausweisung der Juden vorgetragene Argument war simpel: Die Ausweisung der Juden bringe auch den Fortgang der jüdischen Geldleiher mit sich, was wiederum die Gründung einer Monte di pietà erzwinge, über die jedoch keine Zustimmung des Rates der Zehn vorliege. Demnach sei auch der Senatsbeschluss vom 18. Dezember 1571 zur Vertreibung der Juden nichtig. Die Einwände stießen unter den Senatoren offensichtlich auf geteilte Meinungen, insofern erst im dritten Wahlgang eine Mehrheit die Einwände bewilligte.538 Daraufhin unterbreiteten die Juden Marcuzzo Fricele und Sanson Pescaruol den Vorschlag einer einmaligen Zahlung von 50.000 Dukaten für das Recht zum Verbleib in der Lagunenstadt. Noch am 23. Juni wurde das Gesuch im zweiten Wahlgang im Collegio bewilligt; am 12. September schließlich auch im Senat.539 Damit war diese Summe Armen für Leihgeschäfte zugänglich gemacht worden. Ebenso stellten die Konditionen, zu denen fortan die christlich-jüdischen Geldgeschäfte durchzuführen waren, die wesentliche Änderung der neuen Charta dar. 1573 waren diese bei bis zu 3 Dukaten verpflichtend zu 5 Prozent 536 Ebd., 29. Juni und 07. Juli 1573, beiliegende Abschrift zum 18. Dezember 1571, fol. 1r: »nemici della sua santa fede, come sono li hebrei«. 537 Pullan: Jewish Banks, S. 53–72; ders.: Rich and Poor, S. 499–504; Arbel: Venezia, S. 174; ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 29. Juni und 07. Juli 1573, beiliegende Abschrift zum 20. April 1524. 538 Ravid: Socioeconomic Background, S. 47f.; ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 29. Juni und 07. Juli 1573 (1. Wahlgang: 83 Pro-, 91 Kontra-Stimmen, 10 Enthaltungen; 2. Wahlgang: 85 Pro-, 89 Kontra-Stimmen, 10 Enthaltungen; 3. Wahlgang: 104 Pro-, 67 Kontra-Stimmen, 9 Enthaltungen); Pullan: Rich and Poor, S. 538ff. 539 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573 (am 23. Juni 1573 fanden hierzu zwei Wahlgänge im Collegio statt: 3 Pro-, 2 Kontra-Stimmen, keine Enthaltung im ersten Wahlgang; 4 Pro-, 1 Kontra-Stimme und keine Enthaltungen im zweiten Wahlgang; 101 Pro-, 47 Kontra-Stimmen und 18 Enthaltungen im Senat); ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 49, fol. 164v–169v, 11. Juli 1573. Der Vorschlag betraf ausschließlich venezianische Juden, also nicht in Venedig lebende, osmanische Juden sowie Juden aus Korfu. Vgl. ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573, beiliegende undatierte Supplik von Marcuzzo Fricele und Sanson Pescaruol, fol. 1r; Ravid: Socioeconomic Background, S. 47ff.

184

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Zinsen vorzunehmen. Ein solcher Beschluss bevorzugte eindeutig diejenigen, die Geld von den Juden liehen. Damit griffen die Senatoren eine Tendenz auf, die sich bereits in der vorhergehenden Charta aus dem Jahr 1566 abzeichnete. Denn bereits damals wurde der ursprünglich auf freiwilliger Basis stattfindende Geldverleih unter Androhung einer Geldstrafe dahingehend reguliert, dass die Juden jedem bis zu 5 Dukaten zu leihen hatten, der sie darum ersuchte. 1573 verschoben die Senatoren die Reglements schließlich weiterhin zugunsten der Geldleiher. Wie Brian Pullan bereits hervorhob, sollten damit die jüdischen Geldgeschäfte vergleichbar zu den Leihaktivitäten der Monti di pietà funktionieren, die in Venedig verboten waren.540 Doch wie kam es zu diesem Gesinnungswandel? Wenngleich zeitgenössische Beobachter die Geldzahlungen als letztlich ausschlaggebendes Argument einschätzten,541 führt Ha-Kohen die Charta-Verlängerung auf das Engagement des jüdischen Arztes Salomon Aschkenasi zurück, der in den Friedensverhandlungen zwischen venezianischem Bailo und osmanischem Großwesir vermittelte.542 Der in Udine geborene Arzt wandte sich auch im Frühjahr 1573 diverse Male mit dem Anliegen an den Bailo, dass Venedig im Zuge der Friedensverhandlungen auch seine judenfeindliche Politik einstellen müsse.543 Zu dieser Einschätzung passt auch, dass sich Salomon Aschkenasi bezüglich venezianisch-jüdischer Geldleiher auch beim Herzog von Ferrara engagierte, wo er Verwandtschaft besaß.544 Dass diese projüdische Intervention auch bei den zeitgenössischen Juden als letztlich entscheidend für die Verbesserung ihrer Lage angesehen wurde, belegt auch der besondere Empfang, der Aschkenasi während seines VenedigAufenthaltes 1574 im Ghetto bereitet wurde. Während diesem, so wird berichtet, herrschte große Freude unter den Juden, die ihm zu Ehren ein Gebet hielten und ihn für seinen Einsatz für »das Wohl des Volkes Israels« priesen.545 Während die Siegesnachricht von Lepanto zunächst also aktive Maßnahmen zur Ausweisung 540 Ebd., S. 40, 48f.; Pullan: Rich and Poor, S. 540. 541 So Joseph Stevenson (Hg.): Calendar of State Papers. Foreign Series of the Reign of Elizabeth. Bd. 10: 1572–1574. London 1876, S. 380–396. Hier wird allerdings eine Zahlung von 60.000 Golddukaten angeführt. Die venezianische Dokumentation belegt, dass es sich tatsächlich um 50.000 Dukaten handelte: ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573; Ravid: Socioeconomic Background, S. 49f. 542 Ha-Kohen: Emek habacha, S. 109f. 543 Arbel: Venezia, S. 175–181. 544 Das ergibt sich aus den in ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Levante, b. 1, fasc. »Lettere da Costantina (Costantinopoli) di Salamone Natan Aschanasi 1574 (Nov:re) – 1575. (Maggio)« überlieferten Briefen. Als »mio nepotte« wird hier »ysaque Defan[n]o […] Jn Ferrara« angegeben. Ebd., Salomon Aschkenasi an Alfonso II. d’Este, Istanbul, 01. Dezember 1574, fol. 1r, 2v. 545 Ha-Kohen: Emek habacha, S. 109f.; Arbel: Venezia, S. 181 (»la salute del popolo d’Israele«, wobei es sich um eine italienische Übersetzung des 1893 in hebräischer Sprache edierten Gebetes handelt); Calimani: Ghetto di Venetia, S. 116.

Ein Sieg, viele Religionen

185

der in Venedig lebenden Juden als imaginierte Feinde des Christentums und der Republik bewirkte, waren demnach 1573 pragmatischere Überlegungen vorherrschend.546 Die antijüdische Politik Venedigs während des Krieges um Zypern nahm auch in anderen Herrschaften eine Schlüsselrolle ein. Das erste Beispiel betrifft das Papsttum, für dessen Besitzungen Pius V. 1569 die Ausweisung sämtlicher nicht in Rom und Ancona lebenden Juden verordnet hatte – im jüdischen Ghetto Roms kam es selbst zu Übergriffen seitens ligistischer Soldaten.547 Venedig versuchte nun den päpstlichen Nuntius davon zu überzeugen, auch die Juden in Ancona zu vertreiben. Als Argument stellten die Venezianer in Aussicht, die Juden nicht nur der Lagunenstadt selbst, sondern konsequent aus allen venezianischen Besitzungen auszuweisen.548 Als zweites Beispiel ist auf das Großherzogtum der Toskana hinzuweisen, wo im Jahr 1571 das jüdische Ghetto von Florenz errichtet wurde. Unmittelbar nach den ersten Siegesnachrichten holte Cosimo I. de’ Medici zudem Erkundigungen über die Anzahl der in Siena und Umgebung lebenden jüdischen Familien ein, um jüdisches Leben auch dort stärker zu reglementieren.549 Das dritte Beispiel führt nach Süddeutschland: In Nürnberg er546 Erstens sicherten einige derjenigen Juden, die als Geldleiher tätig waren, das soziale Gefüge der Stadt zwischen Reichen und Armen. Das äußerte sich bereits in den Bestrebungen der Senatoren, Beauftragte einzusetzen, die sich des Problems der Armut nach der Ausweisung der Juden annehmen sollten. Zweitens besaßen andere, in den levantinischen Handel involvierte Juden einen immensen Anteil an Venedigs Macht und Reichtum. ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 49, fol. 63v f., 29. Juni 1572. 547 Zur Bulle ›Hebraeorum gens‹ siehe Solomon Grayzel: Bulls, Papal. In: Encyclopaedia Judaica. Hg. v. Fred Skolnik u. a. 2. Aufl. Bd. 4. Detroit u. a. 2007, S. 278; Paul Rieger/ Hermann Vogelstein: Geschichte der Juden in Rom. Bd. 2: 1420–1870. Berlin 1895, S. 167. Noch am 20. März 1573, dem Karfreitag und zugleich zweiten Tag des Pessach, stürmten die in Rom lagernden Soldaten der ›Heiligen Liga‹ das jüdische Ghetto, wo sie – entsprechend der Aufzeichnungen des Chronisten Joseph Ha-Kohen – Juden bedrohten und beschimpften. Daraufhin kam es an den Toren zum Ghetto zu bewaffneten Auseinandersetzungen, die erst durch das Eingreifen der Autorität des Papstes und Stadtmagistrats beendet werden konnten. Die Soldaten wurden daraufhin außerhalb der Stadt quartiert und Übergriffe gegen Juden unter (Todes-)Strafe gestellt. Ha-Kohen: Emek habacha, S. 109. Grundsätzlich vgl. auch Kenneth Stow: Jewish Life in Early Modern Rome. Challenge, Conversion, and Private Life. (Variorum Collected Studies Series). Aldershot u. a. 2007. 548 Arbel, S. 173f. 549 Mit Stefanie B. Siegmund: The Medici State and the Ghetto of Florence. The Construction of an Early Modern Jewish Communit. (Stanford Studies in Jewish History and Culture). Stanford, California 2006 liegt eine exzellente Studie vor, weshalb das Beispiel hier nicht weiter ausgeführt werden soll. Zum sienesisch-florentinischen Briefwechsel siehe jedoch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 8r, Federico de Conti di Monteaguto an Cosimo I. de’ Medici, Siena, 21. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 141r–143v, ders. an dens., Siena, 16./ 26. November 1571. Gemeldet wurde, dass in Siena 14 jüdische Familien lebten und in Chianciano, Sovana sowie in anderen toskanischen Gebieten ungefähr weitere 50. Diesbezügliche Schreiben finden sich auch in ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 8r f., 51r f., ders. an dens., Siena, 03. Dezember 1571; ebd.,

186

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

schien 1572 ein Bericht über die osmanische Einnahme Famagustas, in dem Venedigs Umgang mit den Juden einen zentralen Stellenwert einnahm. Der anonyme Flugschriftenautor schlussfolgert aus den zypriotischen Geschehnissen, dass weder den Muslimen noch den Juden zu trauen sei. Er wirft Juden vor, des venezianisch-osmanischen Krieges »anfenger und vrsacher gewesen [zu] seyen«, sich im Kauf und Handel versklavter christlicher Kinder zu engagieren und die venezianischen Admiräle Zyperns zu verspotten. Außerdem sollen sie sich der Blasphemie schuldig gemacht haben. Aus diesen Gründen, so der Autor weiter, habe Venedig sämtliche Juden ausgewiesen.550 Doch er geht in seinem Bericht noch weiter: »Darzu seyen die gedachten Juden/ nit allein Verrehter der gantzen Christenheyt/ sondern auch ein vrsache/ aller Vnterhanen[sic] verderben/ welche alle mißtha[e]tige Personen vnterschleyffen/ vnd bey der gegenwetigen[sic] schweren vnd Tewern zeytten/ an gemeynen Wucher/ sich nit settigen oder benu[e]gen lassen. Sondern wol 40. 50. 60 auch mehr Gu[e]lden/ vom hundert ein Jar/ nehmen do[e]rffen/ Dessen der arme gemeyne Mann vnd Vnderthanen/ nit acht oder war nemen/ weil sie es mit Ha[e]ller oder Pfenning zurechnen pflegen/ vnd dann mit jren gefelschten Judenzetteln/ allerley betrugs/ u[e]ben vnd treiben/ Auch jre selbs Richter sein wo[e]llen/ Als/ so jrem anzeigen nach/ zu rechter zeyt die vorsatzte Gu[e]ter nit gelo[e]st/ auß dem Reich/ an Gold vnd Silber vber grosses Gut/ andern jren Juden an den Grenitzen/ vnd mit dern hulff/ dasselbe auch gar dem Tu[e]rcken zuschicken/ Alles wider des heyligen Reichs Constitutiones/ zu abbruch der gantzen Christenheit.«551

fol. 22r f., ders. an dens., Siena, 11. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 30r, an Federico de Conti di Monteaguto, Florenz, 01. Dezember 1571. Siehe auch Benjamin Ravid: A Tale of Three Cities and their Raison d’État. Ancona, Venice, Livorno, and the Competition for Jewish Merchants in the Sixteenth Century. In: Mediterranean Historical Review 6 (1991), H. 2, S. 138–162. 550 Anonym: Warhafftige Vnd Vnterschiedliche Beschreibung/ wie die Tu[e]rcken die Statt vnd Portum Famagustam in Cypern bela[e]gert/ gestu[e]rmet/ vnd auß mangel Prophiant vnd Munition/ durch einen vortrag vnter jren gewalt gebracht. Verrers: Wie Tyrannisch vnd vnmenschlicher weiß/ wider allen trawen vnd glauben/ der Herrschafft zu Venedig Oberisten/ Beuelchs vnd gemeyne Ehrliche Kriegsleut/ zum teyl ja[e]mmerlichen vmbbracht/ zum teyl/ zu ewiger gefengknus angenommen haben. Nürnberg 1572. (SUSBA, 4 Gs 2359–150), fol. 21v. Es handelt sich um einen anonym überarbeiteten Nachdruck von Philippus Membré: WArhafftige vnd vnterschiedliche Beschreibung/ wie die Tu[e]rcken anfengklich das treffliche Ko[e]nigreich vnd Jnsel Cypern/ mit grosser Macht vberfallen/ vn[d] darinnen die Hauptstadt Nicosia mit gewalt erobert/ Auch volgent solches ausserhalb der eynigen Statt vnd Port Famagusta/ vnter jhren gewalt gebracht. Erstlich/ beschrieben in Jtalienischer Sprach/ Durch Philippum Membre/ gewesnen Tolmetsch/ in Tu[e]rckischer vnd Arabischer Sprach/ zu Nicosia/ Vnd jetzt ins Teutsch verfertigt. Sampt einer kurtzen Vorred Vnd Summarische beschreibung/ der Jnsel Cypern/ sehr nu[e]tzlich zu lesen. Nürnberg 1571. (BSB, Res/4 Turc. 84, 27; SUSBA, 4 Gs 2359-144). 551 Ebd., fol. 21v f.

Ein Sieg, viele Religionen

187

Die Argumentation des anonymen Autors führte also von der antijüdischen Politik Venedigs direkt zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Den dort lebenden Juden warf er – unter Rückgriff auf gängige, antijüdische Stereotype – Wucher und Betrug mit dem kaiserlichen Judenregal vor. Zudem kritisierte er deren eigene Gerichtsbarkeit und behauptete, sie würden ihre Güter über andere jüdische Mittelsmänner an die Osmanen verkaufen, um der Christenheit im Allgemeinen und dem Reich im Besonderen zu schaden.552 Deshalb ruft er anschließend die Obrigkeiten und Untertanen des Reichs zu einem Krieg gegen die Osmanen und Juden auf: »Dieser erzelter vrsachen halben/ solten billich die gedachten Obrigkeiten/ alle jre hu[e]lff/ macht vnd sterck/ wider den Tu[e]rcken anstellen/ vnd den gedachten Juden/ jr bo[e]se stra[e]fliche mißhandlung nit vorstatten/ Die auch zu eynigen ehrlichen a[e]mptern/ (wie leyder beschicht/ Das bey vilen Sta[e]ndten/ die scha[e]ndlichen Gottlosen Juden/ mehr vertrawens/ dann die Christen/ haben) nicht befu[e]rdern noch gebrauchen/ Daselbsten sie leichtlichen vil geheymnus im Reich erfaren/ Darnach jre verrha[e]terey anzustellen wissen.«553

Der Autor beendet seinen Text mit diesem Appell zum Krieg »wider die Erbvheind Christlichen glaubens«,554 der explizit das militärische Vorgehen gegen die Osmanen außerhalb des Reichs mit dem Vorgehen gegen die Juden innerhalb des Reichs verbindet. Das zeigt erstens, dass Venedigs Judenausweisung regionenübergreifend rezipiert wurde. Belege hierfür finden sich auch in den aus Venedig an die Fugger gesandten, handschriftlichen Nachrichtenbriefen, in denen immer wieder über die Vertreibung der Juden zu lesen war.555 Zweitens verdeutlicht der Nürnberger Druck, dass es auch in Süddeutschland Stimmen gab, die zu einem vergleichbaren, antijüdischen Vorgehen aufriefen. Wie die Mandate der Reichsstadt Nürnberg zeigen, stießen solche Stimmen auf obrigkeitliches Gehör. Die Nürnberger Ratsmitglieder warnten 1572 vor Geschäften mit Juden und am 27. August 1573, als Kaiser Maximilian II. die Ausweisung von Juden per Mandat anordnete, Verbot Nürnberg sämtliche Geschäftsbeziehungen zwischen Christen und Juden, wenngleich das Mandat des Kaisers, der regelmäßig über die Verbannung der venezianischen Juden informiert wurde, nur lokal begrenzt umgesetzt wurde.556 Der Umstand, dass Nürnberg noch 1575 und

552 Weiterführend siehe Ulbrich: Shulamit und Margarete, S. 199–210. Tatsächlich ist für den Februar 1572 in Nürnberg die Verhörsanordnung derjenigen überliefert, »so mit den Juden also Contrahirn«. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, fol. 14v. 553 Anonym: Warhafftige Vnd Vnterschiedliche Beschreibung. (SUSBA, 4 Gs 2359-150), fol. 22r. 554 Ebd., fol. 22v [Kursivierung durch den Autor, S. H.]. 555 ÖNB, Cod. 8949, fol. 290r, Venedig, 21. Dezember 1571; ebd., fol. 295r, Venedig, 15. Januar 1572. 556 StadtAN, A 6/I, 1572, 27. August 1573; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zei-

188

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

1586 erneut Pfand- und Geldleihe bei Juden sowie den Handel mit Juden verbot, spricht sowohl dafür, dass ein längerfristiges obrigkeitliches Interesse am Vorgehen gegen die Juden bestand, als auch dafür, dass die zuvor erlassenen Mandate offensichtlich nicht zur vollsten Zufriedenheit des Stadtrates befolgt wurden.557 Offenbar konnte die Strafe von 10 Gulden einige weder davon abhalten, mit Juden »zuthun« zu haben, noch mit »einig Pfandt, es seÿ von Haußrath oder anderm, [bei Juden, S. H.] [zu] versetzen noch [zu] verpfenden«.558 Das belegt auch ein Verlass vom 01. Februar 1572, in welchem die Mitglieder des Inneren Rates der Stadt Nürnberg verordneten, dass alle jene, »so mit den Juden […] Contrahirn«, befragt werden sollen.559 Zu bedenken sind ebenfalls die lokalgeschichtlichen Konkurrenzen, beispielsweise im obrigkeitlichen Umgang mit Juden zwischen Nürnberg, Fürth, Bamberg und Ansbach. So ließ sich Bamberg 1573 für den Flecken Fürth das Recht verbriefen, Juden aufzunehmen, wogegen Nürnberg harsch protestierte.560 Dieser Exkurs zu Nürnberg, ausgehend von den venezianischen LepantoReaktionen im Hinblick auf Juden, veranschaulicht zugleich die Universalität und Flexibilität der Türkengefahr-Rhetorik und ihrer exkludierenden Mechanismen gegenüber Nicht-Christen – das heißt Muslimen und Juden. Wer letztlich als »Erbvheind Christlichen glaubens«561 galt – ob Muslime, Juden, Orthodoxe oder Christen – war das Ergebnis situationsspezifischer Aushandlungsprozesse, während derer sich Akteure verschiedentlich auf Lepanto berufen konnten, um eigene Zugehörigkeiten zu veranschlagen und Positionen durchzusetzen. Damit ging die im Rückgriff auf die Türkengefahr- und Türkenfurcht-Diskurse stattfindende Ereigniskonzeption Lepantos mit der Rhetorik einer christlich-muslimischen Dichotomie einher, die sowohl Juden als auch Orthodoxe betraf: Sie setzte sie einerseits vermehrten obrigkeitlichen Übergriffen sowie antijüdischen Polemiken und Aktionen aus, ermöglichte es ihnen jedoch andererseits zugleich auch, ihre Zugehörigkeiten als jüdische oder orthodoxe Untertanen zu verhandeln.

557 558 559 560 561

tungen, Fasc. 8, fol. 195r, Venedig, 19. Juni 1573; ebd., fol. 211v, Venedig, 10. Juli 1573; Hugo Barbeck: Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth. Nürnberg 1878, S. 48–52. StadtAN, A 6/I, 16. August 1575; ebd., 31. August 1586. StadtAN, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 228r–228v. Zitat auf ebd., fol. 228v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, fol. 14v, 01. Februar 1572. Vgl. Barbeck: Geschichte der Juden, S. 47f. Anonym: Warhafftige Vnd Vnterschiedliche Beschreibung. (SUSBA, 4 Gs 2359-150), fol. 22v.

Ein Sieg, viele Konfessionen

189

II.3. Ein Sieg, viele Konfessionen: Lepanto und das Heilige Römische Reich Deutscher Nation II.3.i. Zwischen Universalität und Partikularität: Lepanto-Festivitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation Wenn die ›Christen‹ und ›Muslime‹ dichotomisierenden Diskurse um das Ereignis Lepanto sowie die damit einhergehenden ›europäischen‹, ›abendländischen‹ und ›westlichen‹ Zuschreibungen regional und religiös zu differenzieren sind, so ist mit einer solchen Neuperspektivierung auch danach zu fragen, inwieweit konfessionelle Pluralität für die historische Formierung Lepantos bedeutsam war. Wie deuteten Protestanten den Seesieg, den eine katholische ›Heilige Liga‹ gegen das Osmanische Reich erlangt hatte, und welche Brüche sind hierbei in zeitgenössischen Bedeutungszuschreibungen Lepantos zwischen und innerhalb der verschiedenen Konfessionen festzustellen? Inwieweit prägten solche Deutungsdifferenzen und -gemeinsamkeiten die historische Ereignisformierung Lepantos sowie die (dis-)kontinuierliche Tradierung der Zuschreibungsakte durch Lepanto? Dabei richtet sich aus historiografischen und historischen Gründen der Blick auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Erstens benannten Studien zur Seeschlacht von Lepanto die konfessionelle Vielfalt des Reichs als wesentlichen Grund, der die Nutzung des Seesieges zu einem weiteren, militärischen Schlag gegen die Osmanen zu Wasser und zu Land verhindert habe. Eine solche Argumentation greift folglich in der Türkengefahr historisch imaginierte, diskursive Zuschreibungen auf, um sie als faktische Norm zu postulieren und historisches Handeln daran zu messen. Anders formuliert: Wenn Lepanto als Sieg ›Europas‹, ›der Christenheit‹ oder ›des Westens‹ imaginiert wurde und wird, dann hätte der Kaiser als ›christlicher‹ Monarch ›Europa‹ unterstützen müssen. Dass es nicht dazu kam, wird deshalb innerhalb dieser Logik durch die reformatorischen Veränderungen zu erklären versucht, die mit religiöser und herrschaftlicher Instabilität gleichgesetzt werden. Die dem Ereignis zugesprochene, universale Bedeutung wird so als dem Ereignis immanent definiert, indem die Partikularität des Sieges als Verhinderung einer ›eigentlichen‹ Universalität des Ereignisses beschrieben wird. Letztlich werden durch solche retrospektiven und historisch wertenden Einschätzungen Lepanto-Zuschreibungen als ›europäisches Ereignis‹ genauso tradiert, wie katholische Konfessionspolemiken gegen ›türkische‹ Lutheraner, ohne dass jedoch eine Studie vorliegt, die zeitgenössische Lepanto-Reaktionen im Reich untersucht hätte.562 Wenn auf Lepanto-Reaktio562 Exemplarisch siehe Hopkins: Confrontation at Lepanto, S. 50–53; Capponi: Victory of the West, S. 53, 98–102; Adam Wandruszka: L’impero, la casa d’Austria e la sacra lega. In: Il

190

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nen im Reich verwiesen wird, dann finden sich vor allem Hinweise auf spätere Jahrhunderte und hier insbesondere auf die Rosenkranzbruderschaften und die Ausgestaltung von Kircheninnenräumen während des 17. und 18. Jahrhundert. Dabei wurden diese allzu lange als »ungewöhnliche[r] Nachhall« der Seeschlacht »[i]m Erlebnis des deutschen Volkstums« ideologisch gedeutet.563 Eine Studie zu den zeitgenössischen Lepanto-Reaktionen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation wird, zweitens, umso dringlicher, da das Reich des 16. Jahrhunderts als multikonfessionelle(r) Ort(e) beschrieben und die Bedeutung hervorgehoben wurde, welche die Türkenfrage für die reformatorischen Bewegungen und die Legitimierung, Beanspruchung sowie Durchsetzung von Herrschaftspraktiken besaß.564 Zudem nahm Lepanto in der Gegenreformation eine zentrale Bedeutung für die Praktizierung, Imaginierung und Memorierung konfessioneller Glaubensinhalte ein.565 Daher lege ich hier erstmals ein eigenes Kapitel zu den zeitgenössischen Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und angrenzenden Regionen vor. Unter den zahlreichen Herrschaften, die Venedig über den Seesieg informerte, befanden sich auch deutsche Obrigkeiten. Bereits am 19. Oktober beschlossen, setzte der Collegio fünf Tage darauf die Siegesnachricht für Kaiser Maximilian II. auf. Ein solches Schreiben ging ebenso an seine beiden Brüder, die Erzherzöge von Österreich und Innerösterreich. Gleichfalls verschickte der Collegio die Nachricht an den Herzog von Bayern, die Kurfürsten von Brandenburg, der Pfalz und Sachsen sowie an die Erzbischöfe von Köln, Mainz, Salzburg und Trier – Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 435–443. Zu solchen, populären Diskursen vgl. auch Brown: Mystery, S. 22. Auch Pettegree: Book, S. 145; ders.: Invention of News, S. 143f. verweist lediglich auf wenige Lepanto-Drucke. Vergleichbares ist für Hölzle: »MARIA die Siges=Frau«, S. 532–538 festzustellen. Dass Lutheraner als ›Türken‹, ›turkophil‹ und Verursacher der ›türkischen‹ Erfolge imaginiert wurden, hat Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 45f. gezeigt. Für gewöhnlich liegt der Fokus der Studien zur Wahrnehmung der Osmanen im Reich auf dem 17. Jahrhundert. Siehe z. B. Zsuzsa Barbarics: »Türck ist mein Nahm in allen Landen…«. Kunst, Propaganda und die Wandlung des Türkenbildes im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae 54 (2001), H. 2/3, S. 257–317. 563 Schreiber: Deutsche Türkennot, S. 63. Zu späteren Lepanto-Reaktionen siehe ebd., S. 77f. 564 Thomas M. Safley (Hg.): A Companion to Multiconfessionalism in the Early Modern World. (Brill’s Companions to the Christian Tradition, Bd. 28). Leiden 2011; Kaufmann: »Türckenbüchlein«; Stephen A. Fischer-Galati: Ottoman Imperialism and German Protestantism. 1521–1555. (Harvard Historical Monographs, Bd. 43). Cambridge, Massachusetts 1959; Schulze: Reich und Türkengefahr; Johnson: Cultural Hierarchy. 565 Bridget Heal: The Cult of the Virgin Mary in Early Modern Germany. Protestant and Catholic Piety. 1500–1648. (Past and Present Publications). Cambridge u. a. 2007, S. 158, 201, 258, 272, 304; Schilling: Osmanische ›Bedrohung‹; Rita Haub: Die Lepanto-Monstranz in Maria de Victoria in Ingolstadt. Würzburg 2008; Clemens Kieser: Die Memorialmonstranzen von Ingolstadt und Klosterneuburg. Studien zur Ikonologie der barocken Goldschmiedekunst. Heidelberg 2006.

Ein Sieg, viele Konfessionen

191

folglich an die gesamte politische, katholische und evangelische Führungsriege des Reiches.566 Dieses Schreiben stellt keineswegs den einzigen Hinweis darauf dar, dass die politische Elite des Reiches konfessionsübergreifend gut – das heißt zügig und umfassend – über Lepanto informiert war. Parallel zu diesen ersten Siegesnachrichten hatte der Kaiser im November 1571 auch die bayerischen, fränkischen und schwäbischen Reichskreise über die osmanische Einnahme Famagustas informieren lassen, was ebenfalls auf eine breite Zirkulation von Informationen über den Zypernkrieg im Allgemeinen und über Lepanto im Besonderen in den politischen Reichseliten hindeutet. Einem Novellanten zufolge habe der Papst nicht allein den König und die Erzherzöge, sondern auch die Herzöge von Bayern und Kleve sowie die (Erz-)Bischöfe von Mainz, Trier, Salzburg, Würzburg, Münster, Speyer, Passau, Bamberg, Eichstätt und Hildesheim über den Seesieg informiert. Knapp vier Monate nach der Schlacht betonten gleichfalls August von Sachsen, Johann Georg von Brandenburg und Friedrich III. von der Pfalz gegenüber dem Kaiser, dass sie über das Ereignis Lepanto wohl informiert seien.567 Ein Charakteristikum der ersten Lepanto-Nachrichten ist es dabei, dass die konfessionelle Pluralität des Reiches keineswegs als Hindernis der beanspruchten Universalität des Sieges gedeutet wurde. So hatte Venedig konfessionsübergreifend den deutschen Adressaten zu Lepanto geschrieben, dass Gott der Res publica christiana damit einen glorreichen Sieg gegen die »Feinde christlichen Namens« verliehen habe. Der »christlichen Angelegenheit« sei damit eine einmalige Gelegenheit allgemeinen Nutzens zuteilgeworden.568 Indem Lepanto hier 566 ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Albrecht V., Herzog von Bayern; Salentin von Isenburg, Erzbischof von Köln; Daniel Brendel von Homburg (Erzbischof von Mainz); Jakob III. von Eltz (Erzbischof von Trier); Johann Jakob von KuenBelasy (Erzbischof von Salzburg); August von Sachsen; Johann Georg von Brandenburg; Friedrich III. von der Pfalz; Ferdinand II., Erzherzog von Österreich; Karl II. Franz von Innerösterreich; Kaiser Maximilian II. Zur Versendung dieses Schreibens siehe ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 119v, Venedig, 26. Oktober 1571. Zu Kontaktnahmen siehe einführend Bernd Roeck: Kulturtransfer im Zeitalter des Humanismus. Venedig und das Reich. In: Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance. (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 19). Hg. v. Bodo Guthmüller. Wiesbaden 2000, S. 9–29. 567 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 1967; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 127r f., Rom, 03. November 1571; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 8r–11v, Kurfürst August von Sachsen an Kaiser Maximilian II., Dresden, 23. Februar 1572, hier fol. 8r f. Zu in den sächsischen und brandenburgischen Kurfürstentümern zirkulierenden Lepanto-Zeittungen vgl. Kapitel II.6.i. Ein Forschungsdesiderat: Die Nachricht als Ereignis. 568 ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Albrecht V., Herzog von Bayern; Salentin von Isenburg, Erzbischof von Köln; Daniel Brendel von Homburg (Erzbischof von Mainz); Jakob III. von Eltz (Erzbischof von Trier); Johann Jakob von KuenBelasy (Erzbischof von Salzburg); August von Sachsen; Johann Georg von Brandenburg;

192

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

innerhalb der Türkengefahr-Diskurse als Ereignis stilisiert wurde, war ›die Christenheit‹ als konfessionsübergreifende Einheit konzipiert worden, die eben auch angesichts der beanspruchten Universalität des Ereignisses die Überwindung konfessioneller Partikularität einforderte. Mit den venezianischen Schreiben war auch der Nachrichtenbrief abschriftlich verschickt worden, in dem Sebastiano Venier Venedig über den Ausgang des Schlachtgeschehens informiert hatte. Wie die »glückliche Siegesnachricht« den Kaiser erreichte, beschrieben die vor Ort tätigen, toskanischen Botschafter besonders eindringlich. Insgesamt trafen drei Reiter ein: erstens der nach Polen gesandte venezianische Bote (am 25. Oktober); zweitens der vom habsburgischen Botschafter aus Venedig dem Kaiser geschickte Kurier; und drittens der von der Signoria zum venezianischen Botschafter in Wien gesandte Bote, dessen Schreiben in einer Audienz dem Kaiser überreicht wurde (am 26. Oktober).569 Die Übermittlung der zweiten Nachricht, also jener des habsburgischen Botschafters, verlief derart ungewöhnlich, dass es den toskanischen Repräsentanten notwendig erschien, sie dem Großherzog in Florenz folgendermaßen zu schildern: »man kann eher sagen, dass Seine Majestät derjenige war, der die Neuigkeit dem Kurier sagte«, als dass es umgekehrt der Fall gewesen wäre. Demnach habe der sich außerhalb der Stadt zur Jagd aufhaltende Kaiser den dort eintreffenden Boten, bevor er überhaupt von Lepanto berichten konnte, gefragt, ob er die Neuigkeit von der »Niederlage der türkischen Armada« überbringe.570 Indem die toskanischen Repräsentanten diese ungewöhnliche Nachrichtenübermittlung derart ausführlich beschrieben, hoben sie die aktive Rolle des Kaisers im Umgang mit der Siegesnachricht hervor und präsentierten ihn so – in der Hoffnung auf dessen Liga-Beitritt – als einen über Lepanto erfreuten Herrscher.571 Friedrich III. von der Pfalz; Ferdinand II., Erzherzog von Österreich; Karl II. Franz von Innerösterreich; Kaiser Maximilian II., fol. 1r: »[…] accidere christianæ Reip. uniuersæ aut salubrius, aut gloriosius ea uictoria, quam, Deo opt. max. in primis auctore, et adiutore, contra immanissimos christiani nominis hostes nauali pugna est consecuta, […]«; »christianas res«; »tam magnam, tamq[ue] illustrem occasionem«; »de communi utilitate«. 569 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 10r, Maximilian II. an Johann Georg von Brandenburg, Wien, 26. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 205v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571: »feliciss.a nuoua della uittoria«. 570 Ebd.: »Ma si può piu tosto dire, che .S. M.tà fusse quella, che desse Lei la nuoua al Corr.ro«; »l’Imp.re med.o le domando se portaua la nuoua che fusse stata rotta l’Armata Turchesca ». Bei ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 111r–112v, Venedig, 19. Oktober 1571 sowie ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571 dürfte es sich um die hiermit übermittelte Lepanto-Zeittung gehandelt haben. ÖNB, Cod. 8949, fol. 278v, Venedig, 09. November 1571. 571 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 205r–211v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Konfessionen

193

Die beschriebene Lepanto-Freude war in Wien weit verbreitet. Der Nuntius Giovanni Delfino schrieb an den Papsthof, dass »die Freude, die ich wegen des glücklichsten Sieg der christlichen Armada spüre, die größte ist, die ich während all meiner Tage gefühlt habe«, weil der Papst durch seine Gebete die Christenheit »von den Händen der Feinde befreit« habe.572 Ebenso berichteten Spanier von der »generellen Freude«, die angesichts »solch guter Nachrichten« vor Ort herrsche.573 Auch beim päpstlichen Legaten Giovanni F. Commendone herrschte große Euphorie über die »glückliche Siegesnachricht«: Er zeigte diese sämtlichen Botschaftern und wurde auch vom Kaiser, der wohl nächtelang vor Freude nicht schlafen konnte, zu Lepanto beglückwünscht. Maximilian habe dabei den Sieg als einen solchen verstanden, den Gott auf päpstliche Gebete hin der Christenheit verliehen habe.574 Gerade weil Lepanto durch »die Hand Gottes«575 geschehen sei, habe der Kaiser publicamente den Seesieg feiern lassen: Am Sonntagmorgen, dem 28. Oktober, zelebrierte Commendone in Anwesenheit der kaiserlichen Familie und des gesamten Hofstaates die Messe mit anschließendem ›Te Deum laudamus‹ in der Hofkapelle. Der Lobgesang war zudem in sämtlichen anderen Kirchen Wiens zu vernehmen. Noch am 02. November sollte in der Jesuitenkirche eine Lepanto-Predigt mitsamt anschließender Prozession gehalten werden.576 572 Johann Rainer (Hg.): Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571–1572. (Nuntiaturberichte aus Deutschland 1560–1572 nebst ergänzenden Aktenstücke. 2. Abt., 8. Bd.). Graz/ Köln 1967, Giovanni Delfino an Girolamo Rusticucci, Wien, 01. November 1571, S. 136f.: »L’allegrezza ch’io sento per la felicissima vittoria dell’armata christiana, è la maggiore che habbi sentita a i miei dì«; »ci habbi essauditi et liberati dalle mani di nemici«. Der päpstliche Nuntius selbst war nicht anwesend, als die Siegesnachricht eintraf. BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571. Zum Nuntiaturwesen und habsburgischpäpstlichen Kontakten vgl. Alexander Koller (Hg.): Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung. (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Bd. 87). Tübingen 1998; ders.: Imperator und Pontifex. Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555–1648). (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 13). Münster 2012. 573 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1504, doc. 89, Conde de Monte Acuto an Diego Guzmán de Silva, Wien, 31. Oktober 1571, fol. 1r [192r]: »general contentamiento«; »tan buenas nueuas«. 574 Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone, Giovanni F. Commendone an Girolamo Rusticucci, Wien, 30. Oktober 1571, S. 127f. Ebd., S. 127: »felice nuova della vittoria«. 575 Ebd., Giovanni F. Commendone an Girolamo Rusticucci, Wien, 30. Oktober 1571, S. 128: »la mano di Dio«. 576 Ebd., S. 127f.; ebd., Giovanni Delfino an Girolamo Rusticucci, Wien, 01. November 1571, S. 136f.; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 346r, Avvisi Cosimo Bartolis aus Wien (31. Oktober 1571) nach Florenz; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1504, doc. 89, Conde de Monte Acuto an Diego Guzmán de Silva, Wien, 31. Oktober 1571, fol. 1r [192r]. Zu den Lepanto-Festivitäten in Wien fanden sich leider keinerlei Hinweise in folgenden kaiserlichen Zeremonial-Beständen: ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Ältere Zeremonialakten, Varia, 1; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Zeremonialakten, Fasz. 35a; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Zeremonialakten, Fasz. 35b. Mit den Lepanto-Festivitäten dürf-

194

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Schnell kursierten in Venedig und Florenz ausführliche Berichte über die »allergrößte Freude[n] und Fest[e]« und ebenso die Nachricht, dass man sich am Kaiserhof noch nie so sehr über eine Neuigkeit gefreut habe – zumal erst wenige Tage zuvor Nachrichten von habsburgischen Erfolgen gegen die Osmanen in den kroatischen Regionen eingetroffen waren.577 Doch nicht allein in Wien sind Lepanto-Festivitäten nachweisbar, sondern in zahlreichen weiteren, katholischen Regionen des Reichs. Im Bistum Münster, wo gerade umfangreiche Aktivitäten zur Einführung der im Konzil von Trient festgeschriebenen Frömmigkeitspraktiken unternommen wurden, bezahlte der Rat nach dem Eintreffen der Siegesnachricht sieben Prediger dafür, in den Münsteraner Kirchen den Ausgang der Schlacht als einen von Gott den Christen verliehenen Sieg zu verkünden.578 Festakte sind ebenso für Innsbruck belegt: Dort ist während des am Martinstag (11. November 1571) veranstalteten Gottesdienstes einerseits vor »falschen Christen« gemahnt worden, die »der gantzen Kirchen spotten«. Anderseits war auf Geheiß des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol hin eine für den Folgetag vorgesehene »[c]hristliche Procession« angekündigt worden, die zu Ehren des am 07. Oktober erlangten »Seesieges […] gegen die Türken« durchgeführt wurde. Die Ankündigung erfolgte, um die beim sonntäglichen Gottesdienst Anwesenden zu ermahnen, allesamt auch am Folgetag zu erscheinen und jegliche Arbeit ruhen zu lassen.579 Am 12. November begann gegen 7 Uhr in der Pfarrkirche das Glockengeläut. Gefolgt von einem ›Te Deum laudamus‹ setzte sich die Prozession zum Prämonstratenserkloster St. Wilten in Gang. An der Prozession nahm Erzherzog Ferdinand persönlich teil; ten den Teilnehmern auch Erinnerungen an frühere Siegesfeierlichkeiten gekommen sein: Johann Fabri: SERMO IOANNIS FABRI Episcopi Vienen[sis], pro fœlici victoria, aduersus infideleis, habitus in sancta ecclesia Metropolitana Pragen[sis]. Anno à Christo nato Ihesu. M D XXXVII. Quinta die Mensis Augusti. Prag 1537; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 200r, venezianische Avvisi aus Wien (30. Oktober 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571. 577 ÖNB, Cod. 8949, fol. 278v, Venedig, 09. November 1571 (»grandissima allegrezza, et festa«); BAV, Urb. lat. 1042, fol. 149r, Wien, 31. Oktober 1571 (»grandissime allegrezza«); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 200r, venezianische Avvisi aus Wien (30. Oktober 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 201r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 23. Oktober 1571; ebd., fol. 205r–211v, dies. an dens., Wien, 31. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 346r, Avvisi Cosimo Bartolis aus Wien (31. Oktober 1571) nach Florenz. 578 Namentlich bestanden diese Anstrengungen aus Visitationen, Kapitulationen und der Einführung des römischen Katechismus in der Diözese. Ludwig Keller: Die Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein. Actenstücke und Erläuterungen. T. 1: 1555–1585. (Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven, Bd. 9, T. 1). Osnabrück 1965 [1881], S. 285–290, 377–388; Lahrkamp: Rückwirkungen der Türkenkriege, S. 90. 579 Otto Braunsberger: Petri Canisii epistolae et acta. Bd. 6, S. 629f. (»falsis Christianis«; »uictoriam in mari […] contra Turcas 7 Octob.«).

Ein Sieg, viele Konfessionen

195

ihn begleiteten Räte und Gesinde im Beisein der Bürgerschaft. Dort eingetroffen, wurden eine Messe zelebriert und eine Lepanto-Predigt gehalten.580 Wie die am Vortrag getroffene Ankündigung die Zuhörer wissen ließ, geschehe dies »darumb, das man Gott dem Almechtigen Himlischem Vatter will vnnd soll sonderichen lob vnnd danckh sagen der grosmechtigen wunderbarlichen vnnd vnerhörten neugeschenen Victorj halben, so vnser Christliche vnnd Catholische Armada auf dem Meer dermassen erlangt, vnnd erobert hatt, das billih alle Christenliche Hertzen darumb sich trösten vnnd ihn Gott frolockhen sollen, der vns vnd der gantzen Christenhait so grosse gnad ertzaigt, vnd ein solchen trutzigen blutgierigen feindt so gewaltiglich gesturtzet hat.«581

Hier wurde Lepanto als katholischer Sieg inszeniert, infolgedessen von den Untertanen als Akt des Gehorsams gegenüber Gott und Obrigkeit das Beiwohnen der Festivitäten zum Dank und zur Lobpreisung Gottes verlangt wurde, als dessen Verdienst der Sieg letztlich imaginiert wurde. In der am Folgetag zu hörenden Predigt deutete Peter Canisius den Sieg als christlich und habsburgisch,582 womit der Festakt einer Ehrung des ihr beiwohnenden habsburgischen Erzherzogs gleichkam. Solche katholischen Dankgottesdienste dürften sich in Form und Inhalt an jene ›Türkengebete‹ angelehnt haben, wie sie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation weit verbreitet waren. Noch zehn Jahre nach Lepanto notierte eine Kölner Nonne in ihre Predigtenhandschrift ein Gebet, dass Gott um Hilfe gegen den »Eyrff vyant dess christlichen namens«, den »Tuyrcksche[n] Tyran«, bat, der in »dyn [Gottes, S. H.] Erffdeill geuallen« sei.583 Archivalische Belege für Lepanto-Feierlichkeiten finden sich ebenso für Böhmen. Dort schrieb Ladislaus d. Ä. von Lobkowitz aus Vysoký Chlumec an Allerheiligen an Heinrich d. Ä. von Schwanberg, der sich damals vornehmlich in Hrad Zvíkov aufhielt, er solle in sämtlichen Städten und Pfarreien am darauffolgenden Sonntag die Glocken läuten und das ›Te Deum laudamus‹ singen lassen.584 Von Lobkowitz interpretierte den Sieg als ein göttliches Zeichen, das für die Christenheit auch zukünftig auf gute Zeiten hindeute. So schrieb er in demselben Brief, Gott wolle auch die anderen »vielen armseligen Christen, die von dem Heiden geplagt und gequält werden, die Erlösung geben«. Entsprechend ist davon auszugehen, dass auch in Vysoký Chlumec Lepanto-Dankgottesdienste

580 581 582 583 584

Ebd. Ebd., S. 630. Ebd., S. 638: »ab von exercitu Christiano, ab von Generalj Austriaco«. HAStK, Best. 7008 (Handschriften (GB oktav)), 170, fol. 203v f., hier fol. 204r. SoaT, Sammlung Historica, 4813, fol. 1v, Ladislaus d. Ä. von Lobkowitz an Heinrich d. Ä. von Schwanberg, Vysoký Chlumec, 01. November 1571. Zu Zvíkov siehe Václav Bu˚zˇek: Ferdinand von Tirol zwischen Prag und Innsbruck. Der Adel aus den böhmischen Ländern auf dem Weg zu den Höfen der ersten Habsburger. Wien/ Köln/ Weimar 2009, S. 104.

196

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

»zu Ehre und Lob Gottes« stattfanden.585 Über den Ausgang der Seeschlacht freuten sich gleichfalls die katholischen Regionen Ungarns. Zu deren LepantoFestivitäten informierte Giovanni Correr, der venezianische Botschafter am Kaiserhof, den Dogen. Ihm zufolge seien in den habsburgisch-osmanischen Grenzregionen in Ungarn Freudenschüsse abgefeuert, Feuerwerke entzündet und Kirchturmglocken als »Zeichen der Freude über den Sieg« geläutet worden. Correr zufolge würden einige Ungarn den Sieg der Liga als Zeichen dafür deuten, dass nun die Zeit gekommen sei, die von den Osmanen angerichteten »Schmähungen und Schäden« heimzuzahlen.586 Die Nachricht vom Seesieg ließ der Kaiser durch Trautson sogar dem Pasˇa von Buda übermitteln, der dann in einem Antwortschreiben die Nachricht von der Niederlage der osmanischen Flotte bestätigte, woraus einerseits auf Verwirrung und Furcht und andererseits auf Angriffe zu Land geschlossen wurde. Diese Nachricht überbrachte Maximilian sogleich dem päpstlichen Nuntius, der sie dann dem venezianischen Botschafter übermittelt haben dürfte.587 Für die habsburgisch-ungarisch-osmanischen Grenzgebiete berichteten handschriftliche Nachrichtenbriefe, christliche Ungarn hätten Muslime verjagt. In Wien wurde zudem schnell bekannt, dass der Erzbischof von Esztergom die Kirchturmglocken habe läuten lassen. Die Bewohner hätten sich in der Kirche versammelt, wo das ›Te Deum laudamus‹ gesungen wurde. Die Nachricht von ungarischen Lepanto-Festen und erfreuten, katholischen Ungarn, dürfte aber vor allem bei den Venezianern positiv aufgenommen worden sein.588 Denn Ende Oktober wurde in der Lagunenstadt und in der Folge 585 SoaT, Sammlung Historica, 4813, fol. 1v. Für die Übersetzung des tschechischsprachigen ˇ eské Originals danke ich Mgr. Katerˇina Prazˇáková, Ph. D. (Südböhmische Universität C Budeˇjovice). 586 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 186, fol. 1r [560r], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 07. November 1571 (»segni di allegrezza per la uittoria«). Formulierung in Anlehnung an ebd.: »iniure, et danni«. 587 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 205v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 227v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 21. November 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 187, fol. 1r [563r] f., Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 13. November 1571; Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone, Giovanni Delfino an Girolamo Rusticucci, Wien, 07. November 1571, S. 148 (»molto confusi et pieni di timore«). Zur Inversion der Türkenfurcht als Beschreibungsprinzip osmanischer Lepanto-Reaktionen siehe Kapitel II.4.i. 588 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 148v f., Wien, 31. Oktober 1571. All das erregte auch die Aufmerksamkeit italienischer Diplomaten, so etwa der toskanischen Repräsentanten, die dies nach Florenz schickten. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 205v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571; ebd., fol. 219r, dies. an dens., Wien, 13. November 1571 (»in tanta allegrezza, et tanto animati«). Der Kaiserhof stand bezüglich in engem Kontakt mit ungarischen Klerikern wie

Ein Sieg, viele Konfessionen

197

auch in Rom bekannt, dass im osmanischen Ungarn Freudenfeste mit Feuerwerken und Artilleriesalven anlässlich der Einnahme Famagustas veranstaltet worden waren.589 Von Wien aus ist die Nachricht, dass »die Türken in Ungarn« angesichts Lepantos wenig, die Katholiken jedoch sehr erfreut gewesen seien, auf der Italienischen Halbinsel rasch und mit einiger Genugtuung distribuiert worden. Infolgedessen erschien 1572 in Venedig ein dem Erzbischof von Esztergom, Antun Vrancˇic´, gewidmeter Druck, in dem Giovanni M. Verdizzotti das Ereignis Lepanto als Götterspruch (ORACVLVM) pries, der auch für die ungarischen Gebiete bedeutsam sei, weil es auf die Überwindung der Osmanen durch Italia und Germania hinweise.590 Folglich ist festzuhalten, dass es zu einer Reihe an Lepanto-Festivitäten im Reich sowie in den ungarischen Grenzregionen kam, die vor allem vom Papsttum, in Venedig und in der Toskana als Bestätigung der für das Ereignis Lepanto veranschlagten Universalität gedeutet wurden. Die hier beschriebenen Feierlichkeiten sind allesamt im katholischen Milieu zu verorten, was auch einer zeitgenössischen Wahrnehmung entsprach. Die »große Neuigkeit vom Sieg der Armada«, so berichtete der genuesische Agent aus Wien, habe zwar alle Guten (boni), aber eben doch noch nicht ganz Deutschland erfreut. Ähnlich äußerte sich auch Filippino Doria gegenüber den in Wien residierenden spanischen Botschafter, wie bald darauf auch die toskanischen Diplomaten wussten.591 Ebenso führte der Mainzer Erzbischof Daniel Brendel von Homburg in einer kaiserlichen Stellungnahme an, dass er gleich nach dem Erhalt der Siegesnachrichten seine Räte gefragt habe, »ob sÿ auch vermeindten, das sich iederman im Reich diser Christenlich Victorien erfrewen würde, darauff sich aber befunden, das man ann merern orten inn den Kirchen, wie sonst in dergleichen fällen gebreuchig, nicht ainich Zaichen der freiden oder danckhsagung gegeben vnnd erzaiget wor-

etwa dem Bischof von Veszprém. Siehe hierzu ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. A, fol. 19r, Maximilian II. an János Liszti, Prag, 31. Januar 1571. 589 ÖNB, Cod. 8949, fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 574r, römische Avvisi aus Wien (24. September 1571). 590 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 144r, Wien, 13. November 1571: »Li Turchi in Ongaria«. Siehe neben den bereits angeführten Schreiben aus den Kontexten der päpstlichen, venezianischen und toskanischen Diplomatie auch ebd., fol. 149r, Wien, 31. Oktober 1571; ebd., fol. 150r, Rom, 17. November 1571; Giovanni M. Verdizzotti: IO. MARII VERDIZOTI ORACVLVM Pro magna nauali victoria Christianorum de Turcis habita anno Christi 1571. nonis Octobris. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.204/15995; BNM, Misc. 2046.20). 591 ASGe, Archivio Segreto, 2525, m. 8, erstes Schreiben des Agente Georgi nach Genua, Wien, 07. November 1571, fol. 2r (»[…] qui non ci e altro di nouo doppo la gran noua della uittoria dell’armata, laq[u]ale ha rallegrato tutti i boni, ma non gia tutta la Germania«); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 211r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 07. November 1571.

198

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

den«.592 Diesen katholischen Beobachtern zufolge kam es also zu keinen flächendeckenden Lepanto-Festivitäten im Reich, wobei eine konfessionelle Trennung zwischen den Seesieg feiernden Katholiken und ihn nicht feiernden NichtKatholiken veranschlagt wurde. Dass es sich hierbei zumindest teilweise um konfessionspolemische Aussagen handelte, die den Protestanten die Freude am ›christlichen‹ Sieg absprachen und so der Stilisierung Lepantos als katholischen Erfolg »vnser[er] Christliche[n] vnnd Catholische[n] Armada«593 dienten, zeigen die folgenden Ausführungen. In diesen veranschauliche ich, dass die zeitgenössischen Reaktionen auf Lepanto im plurikonfessionellen Reich wesentlich vielschichtiger waren, als dies solche polemisierenden Aussagen nahelegen. Dafür soll nicht von einer protestantischen Wahrnehmung Lepantos ausgegangen, sondern vielmehr konfessionelle Deutungen der Schlacht lokal situiert werden. Hierzu wende ich mich exemplarisch dem lutherischen Nürnberg, bikonfessionellen Augsburg, zwinglianischen Zürich und calvinistischen Genf zu. Bereits jetzt sei jedoch betont, dass Lepanto-Festivitäten nicht allein in katholischen Gebieten nachweisbar sind, sondern konfessionsübergreifend zelebriert wurden.594

II.3.ii. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Lutherisches Nürnberg Nürnberg erreichte die Nachricht vom Ausgang der Schlacht am 26. Oktober 1571: Mit Ausnahme von 140 Galeeren sei die gesamte osmanische Flotte »gantz zu grund geschossen« worden. 161 noch intakte, osmanische Kriegsschiffe hätte 592 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 61r–66v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572, hier fol. 64v. 593 Braunsberger: Petri Canisii epistolae et acta. Bd. 6, S. 630. 594 Hier sei auch angemerkt, dass die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg sowie der Pfalzgraf gegenüber dem Kaiser betonten, dass Gott für einen derartigen Sieg in alle Ewigkeit zu danken sei, weshalb angenommen werden kann, dass auch in Berlin, Dresden und Heidelberg im Oktober beziehungsweise November 1571 Lepanto-Dankgottesdienste abgehalten wurden. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 8r–11v, Kurfürst August von Sachsen an Kaiser Maximilian II., Dresden, 23. Februar 1572, hier fol. 8v (»Dafür dann seÿner Almacht billich danck zusagenn, Vnd Sein Almacht ferner zu bittenn Vnd antzuruffenn, Damit solcher Victorj zu Lob seines Götlichenn heiligenn Nahmens ferner nachgesetzt werde«); ebd., fol. 1r–7v, Kurfürst Johann Georg von Brandenburg an Kaiser Maximilian II., Cölln/ Berlin, 29. Februar 1572, hier fol. 2v (»[…] deme [Gott, S. H.] vor solche milde guete vnd gnade, vnd das sein Gottliche Barmhertzigkeit vor die arme Christenheitt so väterlich gestrittenn haben, Pillich in ewigkeit lob vnd danck zusagen […]«); ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 53r–56v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 03. April 1572, hier fol. 54r (»gögen Gott zum höchsten zu bedancken, vnnd zu erfrewen«).

Ein Sieg, viele Konfessionen

199

man erobert und darüber hinaus seien 7.000 Muslime gefangengenommen worden, während die Verluste der Konföderierten mit 14.000 verstorbenen Christen »nicht sonderlich groß gewest« sind. Bekannt waren allerdings auch die Namen von siebzehn venezianischen Adligen, die während der Schlacht verstorben waren.595 Anlässlich eines solch »lieblichen Sieg[es]« brach unter den Einwohnern ein allgemeiner Freudentaumel aus. Spontan wurden Kanonen abgefeuert und die Glocken sämtlicher Kirchtürme ertönten zum gemeinsamen Geläut. Sofort versammelten sich die Ratsmitglieder und Adligen der Stadt zu einem Dankgottesdienst.596 Im evangelischen Nürnberg fanden also religiöse Dankdarbietungen anlässlich des Sieges der »Heiligen Liga« statt – und auch ein Novellant schrieb nach Augsburg, von wo aus der Bericht kopiert und nach Dresden übermittelt wurde, dass es sich um eine »[m]echtige Victoria« handelt, »darfur billich die ganntze Cristenheit den Almechtigen zudanncken, dergleichen Jn vill hundert Jaren von ankonnfft der Turcken, der Erbfeind nieh kein […] solchen schaden erlitten«.597 Lepanto-Nachrichten waren folglich in protestantischen und konfessionell übergreifenden, herrschaftlichen Korrespondenznetzwerken präsent. Denn auch der Nürnberger Innere Rat ließ noch am 26. Oktober den Markgrafen Georg Friedrich I. von Brandenburg-AnsbachKulmbach, den Kurfürsten von Mainz sowie die Bischöfe von Bamberg und Würzburg informieren. Dort müssen die Nachrichten Ende Oktober beziehungsweise Anfang November eingetroffen sein.598 Wenige Tage nach den ersten 595 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, fol. 4v f.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 19v f.; StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 296r. Insgesamt existieren 8 Bde. der Lüderschen Chronik (StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 46–53), mit Einträgen bis 1615. 596 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 20r f. (hier ist von der Kirche S. Warro die Rede). Die Lepanto-Feierlichkeiten werden im Ratsbuch (Einträge für den 3. und 31. Oktober 1571) sowie in den Verlässen der Herren Älteren nicht eigens erwähnt: StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 168r–176r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe der Herren Älteren, Nr. 6; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Geheime Verlässe der Herren Älteren, Nr. 1, hier fol. 36r (aus dem Jahr 1569) und fol. 36v (aus dem Jahr 1578). Auch in weiteren den Stadtchroniken StadtAN, F 1, Nr. 25 (laut StadtAN: Repertorium F 1. Nürnberger Chroniken und chronikähnliche Aufzeichnungen, S. 11: »Kurtz gegründtete Chronica der weit- und weltberiemten Reichsstatt Nürnberg« aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts) finden sich keine Hinweise. 597 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, fol. 24v, Zeittung aus Nürnberg, 28. Oktober 1571. 598 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, 26. Oktober 1571, fol. 5r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 153r, Nürnberg, 27. Oktober 1571, Innerer Rat an Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Kurfürst Daniel Brendel von Homburg, Bischof von Mainz, und Friedrich von Wirsberg, Bischof von Würzburg; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, a, fol. 4v, 03. November 1571 (Eingang des vom Würzburger Bischof Friedrich von Wirsberg aufgesetzten Dankschreibens beim Nürnberger Rat); ebd., fol. 5v, 05. November 1571 (Eingang des vom Mainzer Bischof und Kurfürsten

200

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Informationen folgten weitere Nürnberger Nachrichten an besagte Herrschaften.599 Am Sonntag, dem 28. Oktober 1571, fanden schließlich auf Beschluss des Rates in sämtlichen Kirchen Dankgottesdienste statt.600 Wegen der so »grose[n] Victorj«601 hatte der Innere Rat allen Prädikanten auferlegt, im Anschluss an die gehaltene Predigt »dem gemeinen Volck solchen Sieg zuuerkunden[] vnd Sie zuuermanen dem Almechtigen Got vmb solche Verliehene Victorj zu dancken.«602 So berichteten die Prediger in überfüllten Gotteshäusern von den Einzelheiten des Sieges, wobei die zahlreichen Anwesenden »andächtig« lauschten.603 In den vier Hauptkirchen der Stadt sangen die Gläubigen im Anschluss an die Predigt »das Teütsche Te Deum Laudamus […], alle miteinander einmüttiglich in einem Geist zu Gott, da ein thail vor freuden gesungen, ein thail vor frewden gewainet«.604 Lepanto war also auch im evangelischen Nürnberg als ein Sieg Gottes zelebriert worden, der Festakte als Dank für Gottes Wirken erforderte, wobei hier freilich die lutherische Version des in Konfessionspolemiken wichtigen Gesanges »Herr Gott, dich loben wir« (1529) zum Einsatz kam. Währenddessen wurden erneut die Kirchenglocken geläutet, was Gott zu einem weiterhin gütigen Eingreifen gegen die Osmanen bewegen sollte. Damit fand die Tradition des ›Türkenläuten‹, die in der Nürnberger Kirche St. Sebald im Jahr 1542 einsetzte, auf Lepanto Anwendung.605

599

600

601 602 603 604 605

Daniel Brendel von Homburg aufgesetzten Dankschreibens); ebd., fol. 12r, 10. November 1571 (Eingang des vom Markgrafen Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach verfassten Dankschreibens). StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, b, Freitag, 02. November 1571, fol. 1v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 167r, Nürnberg, 07. November 1571, Innerer Rat an Kurfürst Daniel Brendel von Homburg, Bischof von Mainz, Friedrich von Wirsberg, Bischof von Würzburg, und Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, fol. 5r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 21v f., hier Zitat auf fol. 22r; StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 296r; StadtAN, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 222v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, fol. 5r. Zitat von ebd., fol. 5r. Vgl. auch StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 296r. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 21v f., hier Zitat auf fol. 22r. Ebd.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, fol. 5r. Patrice Veit: Entre violénce, résistance et affirmation identitaire. A propos du cantique de Luther »Erhalt uns Herr bei deinem Wort«. In: Religion und Gewalt. Konflikte, Rituale, Deutungen (1500–1800). Hg. v. Kaspar von Greyerz u. Kim Siebenhüner. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 215). Göttingen 2006, S. 267–304; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22r. Siehe auch StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, fol. 5r; StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 296r; StadtAN, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 222v; Carl C. Hirsch/Andreas Würfel: DIPTYCHORVM ECCLESIARVM

Ein Sieg, viele Konfessionen

201

Täglich trafen in Nürnberg weitere Neuigkeiten und detailliertere Berichte zum Sieg »der Christen Armada« gegen »des Turcken Armada« ein.606 Diese wurden fleißig gesammelt, wie sich am Beispiel des Nürnberger Rats Hans Rieter den Älteren von Kornburg zeigen lässt. Er führte eine persönliche Sammlung von »[a]llerleÿ Missiff«, die er »von Kaÿser, Khönig, Chür vnd Fürsten[,] Geistlich vnd Weltlich[,] Cardinale, Grauen[,] freÿen Ritter[n] vnd Adelßpersonen« erhalten hatte und in die er auch eine detaillierte Beschreibung der Seeschlacht von Lepanto einfügte. Dem Überlieferungszusammenhang ist weder zu entnehmen, wann genau noch von wem Rieter über Lepanto informiert worden ist.607 Belegt wird durch dieses ihm geschickte Schreiben jedoch, dass Korrespondenten den Nürnberger Stadtrat ausführlich über die Schlacht informierten. Darüber hinaus erhielten Räte wie Rieter detaillierte Berichte zu den damaligen Geschehnissen in Nordafrika sowie über die Geschenke, die Selı¯m II. Don Juan zur Freilassung gefangener Osmanen anbot.608 Sein Interesse am Zypernkrieg und an der Seeschlacht von Lepanto dürfte sich aber auch aus seiner familialen Tradition her erschließen, da die (fiktive) Herkunft der Familie in der Frühen Neuzeit auf Zypern zurückgeführt wurde, »woselbsten dieses [Geschlecht, S. H.] vor undencklichen jahren in Adelichen Wu[e]rden gewohnet«.609 Hans Rieters Vater Eustachius legte deshalb auch während seiner Pilgerreise eine Zwischenstation in Zypern ein.610 Wie Hans Rieters d. Ä. zwischen 1543 und 1583 aufbewahrten »Missiff[en]« zeigen, war sein Interessensfeld keineswegs auf Konflikte mit Osmanen beschränkt, sondern richtete sich grundsätzlich auf Politica und Militaria.611 Dass er derart ausführlich (auch über Lepanto) informiert wurde, lag zum einen an seinen politischen Funktionen in der Reichsstadt. Er war 1561/62 in den Größeren und Inneren Rat, 1565 dann zum Kriegsherrn und Zeugmeister sowie 1567 zum Jüngeren Bürgermeister Nürnbergs gewählt worden. Zum anderern stellte er aufgrund seiner Biografie aber auch ein wichtiges Bindeglied zwischen der evangelischen Reichsstadt und katholischen Herrschern dar. Als

606 607 608 609

610 611

NORIMBERGENSIVM SVCCINTA ENVCLEATIO, das ist: Ausfu[e]hrliche Beschreibung aller und jeder Kirchen, Klo[e]ster, Capellen und der annoch in denenselben befindlichen merkwu[e]rdigen Monumenten, […] in und vor Nu[e]rnberg, […]. Nürnberg 1766, S. 8. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 21r. Zitate ebd., fol. 19v. BSB, Cod. germ. 5020, fol. Ir, IIv (»Turckische Niderlag vffm Möhr«), 158r-165v. Ebd., fol. 141r–142v (Wolf Söll von Aichberg, 16. Februar 1570), 166r-167r. Johann H. Zedler: Rieter, die Rieter von Kornburg. In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 31. Leipzig/ Halle a. d. S. 1732, Sp. 1579. Zur familialen Memoria siehe auch die Wappenrolle der Rieter: BSB, Cod. icon. 392a; Albert Bartelmeß: Lebensbeschreibung des Hans Rieter von Kornburg (1522–1584) und seine beiden Kopial-und Stammbücher. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 56 (1969), S. 360f. Ebd., S. 361. BSB, Cod. germ. 5020, fol. Ir.

202

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Söldner diente er Karl V., Edward VI. und Philipp II. Für seine kaisertreuen Dienste erhielt er 1560 vom Papst eine Goldkette als Ehrung überreicht und wurde in den Ritterstand erhoben, wobei das Privileg ausdrücklich anführt, »daß Hans Rieter die Ritterwürde […] auch wegen seiner Beihilfe im Kampf gegen die Türken erhalten hat«, die allerdings nicht genauer zu rekonstruieren ist.612 Die biografische, genealogische und amtsdienstliche Verkettung Rieters zwischen katholischem Söldnerdienst und evangelischer Reichsstadt sowie die an Zypern angelehnte Familienmemoria dürften Rieters Wahrnehmung der Seeschlacht, die ein Jahr nach der Ausstellung seines Ritterprivilegs stattfand, als Nürnberger Patrizier besonders geprägt haben. Wenngleich sich seine Reaktionen auf Lepanto nicht eingehender rekonstruieren lassen, verdeutlicht seine Lepanto»Missiff[e]«,613 dass die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ unter den Amtsträgern der städtischen Führungselite zirkulierte. Damit liefert sie zugleich einen personifizierbaren Hintergrund zur Bekanntheit Lepantos in Nürnberg, der sich sonst zumeist nur über Verordnungen oder Chroniken erschließen lässt, in denen die Autoren häufig ungenannt bleiben. In einer solchen anonym verfassten, chronikalen Aufzeichnung findet sich ein besonders ausführlicher Lepanto-Bericht, dem zu entnehmen ist, dass damals die osmanische Belagerung und Einnahme Zyperns, die Fahrtstrecke der Liga-Flotte sowie Details zur Route der osmanischen Flotte und Details zum Schlachtgeschehen in Nürnberg bekannt waren. Wenngleich die persönlichen Hintergründe des Verfassers unbekannt sind, ist der Textgestaltung doch zu entnehmen, dass die Siegesnachricht für ihn von zentraler Bedeutung gewesen sein muss. So beendete er den Text seiner Nürnberger Stadtchronik mit der besagten Schlachtschilderung.614 Eine Lektüre zeigt, dass es sich um die Abschrift eines zeitgenössischen Druckes des Nürnbergers Wendel Borsch handelt. Dessen acht FolioSeiten zählende Flugschrift fiel bereits durch die Titelseite auf, die mit einer detailreichen Abbildung des Schlachtgetümmels versehen war (Abb. II.3.1). Der unbekannte Chronist kopierte Borschs Druck Wort für Wort und behielt auch 612 Michael Diefenbacher: Rieter v. Kornburg. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 21. Bd. Berlin 2003, S. 611; Bartelmeß: Lebensbeschreibung des Hans Rieter von Kornburg, S. 362–376, 372 (Zitat). Wie bereits Albert Bartelmeß in seiner Studie zu der von Rieter angefertigten Lebensbeschreibung anführte, fehlt in dieser jedoch ein Verweis auf dessen militärischen Einsatz gegen die Osmanen. Ebd., S. 372f. 613 BSB, Cod. germ. 5020, fol. Ir. 614 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88r–91r. Zum unbekannten Hintergrund des Verfassers siehe auch StAN, Repertorium 52a, Eintrag Nr. 106. Als vormaliger Besitzer wird ein gewisser Christof Göpner angeführt. Das Manuskript war zunächst im Besitz des Ungarischen Nationalmuseums. Vor der Schlachtbeschreibung finden sich Einträge bis in das Jahr 1569 und ein weiterer Eintrag zum 27. Oktober 1571. Darauf folgen unvollständige Skizzen mit Tieren, Tierkreiszeichen und Gottessprüchen.

Ein Sieg, viele Konfessionen

203

dessen Textgestaltung etwa in Form der Absatzsetzung bei. Allerdings beendete er die Abschrift nach dem Verweis auf den während der Schlacht wechselnden Wind, was manche Zeitgenossen als Zeichen des göttlichen Eingreifens in die Seeschlacht verstanden. Damit dürfte auch der Chronist Lepantos Ereigniskonzeption als Wirken Gottes unterstrichen haben. Borschs Flugschrift führt im Anschluss daran jedoch noch die Heldentaten der Soldaten »von Italianern vnd andern Nationen«, eine quantitative Übersicht über die Resultate der Schlacht, die Überbringung der Siegesnachricht nach Venedig sowie Listen mit den teilnehmenden Kapitänen und verstorbenen Liga-Offizieren und hochrangigen Osmanen an.615 Darüber hinaus berichtet Borsch ausführlich von den ersten venezianischen Reaktionen auf die Seeschlacht: Als Giustinianis Galeere mit osmanischen Fahnen und Artilleriefeuer in Venedig eintraf, hätten die Venezianer befürchtet, die Osmanen seien erschienen. Doch als die »gute Zeitungen« sich verbreitete, »ist der Hertzog vnd die Herrschaft auch in die Kirchen gangen/ vn[d] hat man alda das Te Deum laudamus gesungen/ vnd alle Glocken in Venedig geleutet/ auch Jung vnnd Alt fu[e]rfrewden geweinet.«616 Die Nürnberger Flugschrift verdeutlicht, wie ausführlich die Reichsstadt über das Ereignis Lepanto und die venezianischen Festakte informiert war617 und veranschaulicht zugleich, dass sich die 615 Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wider den Tu[e]rcken/ so bey dem Porto Le Pante (sonsten Naupactus genandt) auss sonderbarer schickung Gottes erhalten worden ist/ Den 7. Octobris/ Jm 1571. Sampt einer verzeychnuss/ was auff beyden seitten/ von fu[e]rtreflichen Leuten gewesen/ vnd zum theyl gefangen vnd bliben sein. Nürnberg 1571. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 1r. Nur kleinere Abweichungen wie etwa »gebliwenn« statt »bliben« sind zu bemerken. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 89r; Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 3r; Giambattista Rasario: IO. BAPTISTAE RASARII, DE VICTORIA CHRISTIAnorum ad Echinadas: Oratio. Venedig 1571. (AL, Turcica XI.174/15950), fol. 4r. Das Ende von StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 91r entspricht Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 5v. 616 Ebd., fol. 7r. 617 Borsch, dessen Flugschrift im Wesentlichen eine deutsche Übertragung verschiedener venezianischer Berichte – namentlich der Avvisi von Sebastiano Venier und Giovannbattista Contarini sowie der Flugschrift von Rocco Benedetti – ist, irrte freilich in Details: Die Galeere hieß nicht »Iustiniana«, sondern segelte unter dem Kommando von Onofrio Giustiniani; auf ihr waren nicht »vugeuerlich biß in 40. Gefangene Tu[e]rcken«, sondern insgesamt 43 erbeutete Osmanen. Vgl. Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 7r f.; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47; AL, Turcica IV.65/15824; BNM, Misc. 2096.28); Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 7r; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 04. November 1571, 08. November 1571, an Giacomo Soranzo, mit der Abschrift der Supplik des Joan de Barrio, fol. 2r. In Nürnberg erschien 1571 noch eine weitere Flugschrift über den Zypernkrieg, die ursprünglich venezianischen Kontextes war: Philippus Membré: WArhafftige vnd vnterschiedliche Beschreibung/ wie die Tu[e]rcken anfengklich

204

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.3.1: Titelseite einer Nürnberger Lepanto-Flugschrift von 1571. Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9, Titelblatt). das treffliche Ko[e]nigreich vnd Jnsel Cypern/ mit grosser Macht vberfallen/ vn[d] darinnen die Hauptstadt Nicosia mit gewalt erobert/ Auch volgent solches ausserhalb der eynigen

Ein Sieg, viele Konfessionen

205

Art und Weise, wie die Lepanto-Festivitäten im evangelischen Nürnberg beschrieben wurden, grundsätzlich nicht von den Nürnberger Schilderungen der Lepanto-Feierlichkeiten im katholischen Venedig unterschieden. Freudenschüsse, Dankgottesdienste, Lobpreisungen Gottes, Andachten und Freudentränen gehörten zu den in Nürnberg gängigen, konfessionsübergreifenden Beschreibungsrepertoires katholischer und lutherischer Lepanto-Feste.618 Eine konfessionelle Differenzierung betonte lediglich der Chronist Wolfgang Lüder, der sich seit 1574 als Pfarrer in Entenberg und Feucht sowie seit 1598 als Diakon an der Nürnberger Edigienkirche und im darauffolgenden Jahr an der Kirche St. Sebald aufhielt. Lüder, dessen chronikale Aufzeichnungen mindestens auf das Jahr 1595 zurückgehen, betonte ausdrücklich, dass in Nürnberg »das Teütsche Te Deum Laudamus« gesungen wurde.619 Seitens der obrigkeitlichen Erlässe ist hingegen lediglich vom ›Te Deum laudamus‹ die Rede – schon allein deshalb, weil den evangelischen Ratsmitgliedern eine konfessionelle Verortung freilich nicht nötig erschien.620 So legen die Nürnberger Quellen dar, dass das Ereignis Lepanto folglich nicht als katholischer Sieg, sondern als ein »Grosse[r] Christen Sieg«621 wahrgenommen wurde. Im lutherischen Nürnberg sowie in evangelischen Nachrichtenkorrespondenzen ist Lepanto folglich als ein Sieg stilisiert worden, für den es Gott zu danken gelte. Damit unterschied sich die lutherische Konzeption Lepantos als ›christliches Ereignis‹ (weil Sieg Gottes) nicht von derjenigen zeitgenössischer Katholiken. Ebenso hatte beispielsweise der Kaiser den evangelischen Kurfürsten von Brandenburg darüber informiert, dass »vnnser Christlichen Armaden auf dem Mor, so diß Monnatts mit dem Erbveindt furganngen«, einen Sieg erlangt hatten.622 Im multikonfessionellen Reichsverband bot die Kunde von Lepanto im

618 619

620 621 622

Statt vnd Port Famagusta/ vnter jhren gewalt gebracht. Erstlich/ beschrieben in Jtalienischer Sprach/ Durch Philippum Membre/ gewesnen Tolmetsch/ in Tu[e]rckischer vnd Arabischer Sprach/ zu Nicosia/ Vnd jetzt ins Teutsch verfertigt. Sampt einer kurtzen Vorred Vnd Summarische beschreibung/ der Jnsel Cypern/ sehr nu[e]tzlich zu lesen. Nürnberg 1571. (BSB, Res/4 Turc. 84, 27; SUSBA, 4 Gs 2359-144). StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 20r–22r; Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 7r. StadtAN, Repertorium F 1 (›Nürnberger Chroniken und chronikähnliche Aufzeichnungen‹), Eintrag Nr. 153; Friedrich Bock: Der Chronist Wolfang Lüder. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 47 (1956), S. 297–312; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22r. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, fol. 5r. Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 1r. GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 10r, Maximilian II. an Johann Georg von Brandenburg, Wien, 26. Oktober 1571 [Hervorhebung durch den Autor, S. H.].

206

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Hinblick auf die dichotomischen Diskurse der Türkengefahr offensichtlich die Möglichkeit, den Sieg der Liga nicht als katholischen, sondern als christlichen Sieg zu postulieren, der »dermassen geschaffen, das wir vnns dero, sambt der gantzen Christenhait hochlich zuerfreÿen, vnnd dem Allmechtigen güettigen Gott, von wegen verleihung ainer so stattlichen Victorj billich lob vnnd danckh zusagen«.623 Die festliche Einbettung der Kunde von Lepanto in protestantischen Reichsgebieten stellte also für den Kaiser eine nicht in Frage zu stellende Notwendigkeit dar – auf die er aber dennoch in seinem Schreiben hinwies. Die kaiserliche Interpretation Lepantos als christlichen Sieg, der dezidiert nicht auf dessen katholische Dimension reduziert sein sollte, einte Protestanten und Katholiken rhetorisch.624 Diese Rhetorik widersprach jedoch der offiziellen Deutung Lepantos durch das Papsttum. Schnell erfuhr der brandenburgische Kurfürst aus Venedig, dass in Rom Lepanto als päpstlicher Sieg gegen muslimische und lutherische ›Ungläubige‹ gewertet werde, gegen die die Inquisition nun verstärkt vorzugehen beabsichtige.625 Dennoch ist festzustellen, dass die Interpretation Lepantos als ›christlicher‹ Sieg Gottes, der Dankaktionen nach sich ziehen müsse, Lutheranern und Katholiken eigen war. Allerdings differierten die Frömmigkeitspraktiken (wie das Beispiel des ›Te Deum laudamus‹ zeigt), die Gott als Dank für dessen Wirken entgegenzubringen waren, um so in der Demonstration des ›wahren Glaubens‹ Gott zu weiteren Taten gegen die Osmanen zu bewegen. Wenngleich Lepanto demnach von Lutheranern und Katholiken als Exemplum göttlichen Wirkens gedeutet wurde, ging mit der Reaktion auf den ›christlichen‹ Sieg die konfessionelle Positionierung einher. Entsprechend ist auch der Schluss von Borschs Nürnberger Lepanto-Flugschrift zu deuten: »So nun der Allmechtig Gott/ one zweifel/ auff d[a]z Senlich vnd her[r]lich anruffen/ souil Tausent Armer gefangener Christen/ disem gewalttigen Feindt widerstandt gethon hat/ vn[d] in der eussersten noth den anruffende[n] zu hilff kum[m]en ist/ So soll auch menigklich hierab ein Exempel nemen/ Alle seine zuuersicht vnd hoffnung auff den Herrn Christum zustellen/ vnd in gedult des Herrn zuerwarten/ welcher do wir zu jme von Hertzen Ruffen werden/ auß allen no[e]ten vns erreten kan/ Amen.«626

Gerade als ›christliches Ereignis‹ eines Exempels göttlichen Eingreifens vermochte dieser Nürnberger Flugschrift zufolge Lepanto für einen allumfängliches

623 Ebd. 624 Zur parallelen, lutherischen und katholischen Wahrnehmung der Osmanen als göttliche Strafe siehe auch Göllner: Türkenfrage, S. 76ff. 625 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 27v, Avvisi aus Venedig, 11. November 1571. 626 Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 8r.

Ein Sieg, viele Konfessionen

207

irdisches Gottvertrauen sprechen und die Gnade eines lutherischen Gottverständnisses verdeutlichen.627

II.3.iii. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Bikonfessionelles Augsburg Wenn Lepanto also von Lutheranern und Katholiken als ›christlicher‹ Sieg imaginiert wurde, der jedoch konfessionell verschiedene Implikationen auf Gottes Wirken kolportierte sowie unterschiedliche Frömmigkeitspraktiken mit sich brachte, so stellt das bikonfessionelle Augsburg ein vielversprechendes Forschungsfeld dar, um die Wahrnehmung Lepantos als Ereignis im Hinblick auf das Zusammenleben der Konfessionen im Reich zu untersuchen.628 Ein dort tätiger Novellant gibt an, er habe die Siegesnachricht am 23. Oktober aus Venedig erhalten. Ebenso hatten die Fugger einem am 19. Oktober in Venedig aufgesetzten Schreiben den Ausgang der Schlacht entnommen.629 Dass die Nachrichten von den Geschehnissen im östlichen Mittelmeerraum während der Jahre des 627 So verkündeten Drucke noch wenige Wochen später die Nachricht von der Einnahme zypriotischer Städte und interpretierten diese Ereignisse als göttliche Strafe, weshalb sie die Leser zur Buße und Geduld vermahnten. Ein entsprechendes Gebet ist gesondert mitabgedruckt worden. Anonym: Zwo erschro[e]ckliche Newe Zeittung/ welche sich diß lxxj. Jar. hant zugetragen. Die erst ist/ Wie der Tu[e]rck/ die Statt Nicosiam/ in Cypern hat eingenommen/ auch wie vil Tausent Christen er gefangen/ etliche Tausent Gesebelt/ Was von gmeinem Kriegsuolck/ gewesen ist/ was aber Junckern/ vnd ansehenliche Leute waren/ hat er gehn Constantinopel/ vnd Alexandria geschickt/ etliche Tausent haben sich/ jhr Weib vnd Kindt/ das sie den Tu[e]rcken nicht in die Hende kemen/ jemmerlich erstochen/ vnd vmbbracht. Die ander ist/ Von dem Christlichen Ritter/ Herrn Turj Georgs/ wie er von den Tu[e]rcken durch verra[e]terey/ diß 1571. Jars erba[e]rmlich vmbkommen ist/ in der Vestung Cammiß. O. O. 1571. (SUSBA, 4 Gs 2359–148), fol. 1v: »IR Christen schawt die grosse not/ Wie straffet vnser Herre Gott. Will vns reitzen zur Busse nun/ Das wir vns sollen bessern thun.« Der Hinweis auf die Herkunft der Nachricht aus Venedig (25. November 1571) stammt von ebd., fol. 2v. Das Gebet befindet sich auf ebd., fol. 3v. Zur Straf- und Gnadentheorie und lutherischen Turcica siehe Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 23, 43–47, 139 u. a. 628 Carl A. Hoffmann u. a. (Hg.): Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden. Regensburg 2005; B. Ann Tlusty (Hg.): Augsburg During the Reformation Era. An Anthology of Sources. Indianapolis, Indiana 2012; Lyndal Roper: The Holy Household. Women and Morals in Reformation Augsburg. (Oxford Studies in Social History). Oxford u. a. 1989; Bernd Roeck: Rich and Poor in Reformation Augsburg. The City Council, the Fugger Bank and the Formation of a Bi-Confessional Society. In: The Impact of the European Reformation. Princes, Clergy, and People. Hg. v. Bridge Heal u. Ole P. Grell. (St. Andrews Studies in Reformation History). Aldershot u. a. 2008, S. 63–84. 629 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, fol. 20r, Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, Augsburg, 24. Oktober 1571; ÖNB, Cod. 8949, fol. 272r f., Venedig, 19. Oktober 1571. Zur Zirkulation der Fuggerzeitungen über die Seeschlacht von Lepanto siehe das Kapitel II.6.i. Ein Forschungsdesiderat: Das Ereignis als Nachricht.

208

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Zypernkrieges in Augsburg begierig aufgenommen und ausgetauscht wurden, belegt ein Brief vom November 1572, in dem Hans Fugger schrieb, dass es in Augsburg »gantz still« sei, »weill die Christlich Armada Jnn Jtalia wid[er]ankhum[m]en, desgleich[en] die Türghische Armada […] nach haus getzogen«.630 Dass neben den Fuggern und den örtlichen Novellanten ebenso die städtischen Räte detailliert über Lepanto informiert waren, zeigt ein in Augsburg am 30. Oktober 1571 aufgesetzter Brief. Zwar sind dessen Absender und Adressat unbekannt, doch legt die Überlieferung des Schreibens in der Literaliensammlung nahe, dass der Absender im Umfeld des städtischen Rates zu suchen ist. Ein Vermerk führt an, dass eine Kopie besagten Schreibens auch Herrn Doktor Alexander Reifsteck zugestellt werden sollte, der als Advokat des Reichskammergerichts in Speyer tätig war.631 Wie dem Brief zu entnehmen ist, hatte der Adressat zuvor selbst zwei missiuen an Johann Baptist Hainzel und Anthon Christoph Rehlinger verfasst, zweier evangelischer und katholischer Mitglieder des Rates, die bedeutenden Patrizierfamilien angehörten und hohe, städtische Ämter wie das Bürgermeister- und Stadtpflegeramt bereits begleitet hatten oder aber zukünftig innehaben sollten.632 Folglich ist das Schreiben als städtische Antwort auf die am Vorabend eingetroffenen Nachrichten des Reichskammergerichts zu verstehen, in dem insbesondere juristische Angelegenheiten im Umgang mit einem Reichsabschied behandelt wurden. Im Anschluss daran ist ebenso von »neuen Zeittung[en]« die Rede, wonach der Augsburger Rat die Nachricht vom Seesieg bei Lepanto »für gwiß empfang[en]« habe. Es werden die quantitativen Ausmaße der getöteten Osmanen und versenkten osmanischen Galeeren sowie der befreiten Christen angeführt. Erwähnung finden ebenso die Verluste auf der Seite der Liga, genauer gesagt, »[v]ff vnser seitten«.633 Dass Possesivpronomen kennzeichnet die Zugehörigkeit des paritätischen Rates der Stadt Ausgburg, deren Bikonfessionalität gewissermaßen in den beiden Räten Johann Baptist Hainzel und Anthon Christoph Rehlinger personifiziert wird, zur ›Heiligen Liga‹. Auf obrigkeitlicher Ebene präsentierten sich hier Katholiken und 630 FA, 1.2.6a, S. 348, Hans Fugger an Andreas Pühler, Augsburg, 22. November 1572; Christl Karnehm (Hg.): Die Korrespondenz Hans Fuggers von 1566 bis 1594. Regesten der Kopierbücher aus dem Fuggerarchig. Bd. 1: 1566–1573. (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns, Bd. 3). München 2003, S. 385. 631 StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Augsburg, 30. Oktober 1571. Zu Alexander Reifsteck siehe auch LA BW Abt. StAS, Dep. 30/1 T 3 Nr. 2071, Quittung der Auszahlung noch ausstehender Besoldungen durch die Witwe des verstorbenen Alexander Reifsteck, 1579. 632 StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Augsburg, 30. Oktober 1571, fol. 1r; Güntzer Grünsteudel (Hg.): Augsburger Stadtlexikon. 2. Aufl. Augsburg 1998, hier die Einträge zu »Hainzel« (von Inge Keil) und »Rehlinger« (von Peter Geffcken). 633 StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Augsburg, 30. Oktober 1571, fol. 1v f.

Ein Sieg, viele Konfessionen

209

Lutheraner folglich als zugehörig zu einer Christenheit. Besondere Betonung findet diese Selbstdarstellung des Rates anlässlich der Seeschlacht von Lepanto in den letzten Zeilen des Briefes: »Also das es, Gott seÿ lob, nach gelegenheit der Türkisch[en] sehr mechtig[en] armaden glücklich vnd wol vff der Christ[en] seitt[en] abgegang[en]. der Allmechtig Gott, wolle sein gnad vnd seg[en] verleihen, vff das wir solliches siegs mit freiden geniessen vnd in vngern mit der Zeit gleichmessigen sig erhalt[en] möchte[en]. hab ich euch, wo fer[sic!] euch solliche nouitates noch nit zukhom[m]en, zuwissen wollen mach[en], vnd damit, was euch lieb vnd dienst.«634

Der Sieg der katholischen Liga gegen die Osmanen wird hier vom Rat der bikonfessionellen Stadt als Gnadenakt Gottes interpretiert, den es »mit freiden [zu] geniessen«635 heiße, und der auf weitere Siege ›der Christen‹ in den ungarischen Gebieten hoffen lasse. Die Neuigkeiten aus dem Mediterraneum stellten also keinen einfachen Sieg dar, sondern eröffneten als Sieg Gottes zugleich Einblicke in das Heilsgeschehen und in eine imaginierte, glorreiche Zukunft des Reichs und habsburgischen Kaisers. Der Umstand, dass in dem Brief ein evangelischer sowie ein katholischer Rat angeführt werden, lässt auf eine Selbstdarstellung des reichsstädtischen Rates schließen, die eine konfessionell geeinte Freude über den Seesieg bei Lepanto nachdrücklich betont und so in Übereinstimmung mit der kaiserlichen Sichtweise auf das Ereignis war. Weil die städtische Ratskorrespondenz des Jahres 1571 nur sporadisch erhalten ist, lassen sich keine genaueren Angaben über die weiteren Reaktionen des Rates auf die Siegesnachricht treffen.636 Dass der Selbstentwurf des politischen Organs im Hinblick auf die mediterranen Liga-Aktivitäten als konfessionsübergreifend geeinte Christenheit gegenüber dem Osmanischen Reich durchaus von Wichtigkeit war, belegt ein am 15. Oktober aufgesetztes Schreiben, dass der Stadtrat dem Herzog von Braunschweig übermittelte. Damals – als die Siegesnachricht von Lepanto offensichtlich noch nicht eingetroffen war – bedankten sich die Räte für die übersandte Nachricht zu den Aktivitäten der ›Heiligen Liga‹ und erwiderten diese mit der aus 634 Ebd., fol. 2v. Zum Paritätsprinzip vgl. Eberhard Naujoks: Vorstufen der Parität in der Verfassungsgeschichte der schwäbischen Reichsstädte (1555–1648). Das Beispiel Augsburgs. In: Bürgerschaft und Kirche. Hg. v. Jürgen Sydow. (Stadt in der Geschichte, Bd. 7/ Südwestdeutscher Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, Bd. 17). Sigmaringen 1980, S. 38–66. 635 StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Augsburg, 30. Oktober 1571, fol. 2v. 636 Zur Überlieferungssituation der städtischen Ratskorrespondenz siehe StadtAA, Rep. 15, S. 11 (Zeittungen zu Don Juan de Austrias Aktivitäten in den Niederlanden während der Jahre 1577 und 1578), 120 (Zeittungen zu Osmanen aus den Jahren 1550 bis 1553 und 1593 bis 1595 sowie zur Einnahme Famagustas im Jahr 1571). Bedauerlicherweise sind auch den Ratsprotokollen keine eindeutigen Lepanto-Hinweise zu entnehmen, da häufig nur darauf verwiesen wurde, die Schreiben entsprechend der Konzepte anzufertigen. StadtAA, Reichsstadt, Rat, Protokolle, Nr. 37, fol. 27r–41r (20. Oktober bis 29. November 1571).

210

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Venedig in Augsburg eingetroffenen Information, dass »Famagusta durch den Erbfeind auch erobert vnd eingenomen word[e]n« ist. Es war folglich die im Türkengefahr-Diskurs implizierte Imagination der Osmanen als »Erbfeind«, der es dem Augsburger Stadtrat ermöglichte, »vnß[] gemaine Rhat vnnd Burgerschafft« so zu präsentieren, dass das Bild einer in Anbetracht der Militäraktivitäten der ›Heiligen Liga‹ geeinten Augsburger Stadtbevölkerung entstehen ließ, die konfessionsübergreifend den Verlust Famagustas bedauerte und sich genauso geeint über den Seesieg bei Lepanto als göttlichen Gnadensakt erfreute.637 Entsprechend sind auch für Augsburg – nicht weiter nachweisbare – obrigkeitlich angeordnete, katholische und lutherische Lepanto-Dankgottesdienste anzunehmen. Auf der Ebene der obrigkeitlichen Nachrichtenkorrespondenz mag eine solche Selbstrepräsentation einer geeinten, christlichen Stadtbürgerschaft durchaus zugetroffen haben. Diese Ereigniskonzeption Lepantos als Selbstdarstellung der städtischen Obrigkeit traf auch zweifelsfrei auf exponierte katholische Familien wie etwa die Fugger zu, in deren Kreisen beispielsweise Hans Fugger die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ als »v[er]trostung« aufnahm.638 Noch im April 1573 schrieb er in Reaktion auf den venezianisch-osmanischen Separatfrieden, dass er diesen beweine und den Venezianern ihren »verdienten Lo[h]n« geben solle; »Amen!«639 Hans Fugger verstand Lepanto in ähnlicher Weise, wie der Sieg auch in der Ratskorrespondenz als Ereignis konzipiert war, nämlich als eine Schlacht mit göttlichem Ausgang, die auf weitere Liga-Erfolge hoffen ließ, bis diese Hoffnungen durch den venezianisch-osmanischen Friedensschluss schließlich zerplatzten.640 Dass diese obrigkeitliche Selbstdarstellung jedoch nicht für die gesamte Stadtbevölkerung zutraf, belegt ein Eintrag in der zweibändigen Chronik des Achilles P. Gasser. Der lutherische Arzt und humanistische Chronist notierte in seiner handschriftlichen Chronik auch den Seesieg der Venezianer, Spanier und des Papstes gegen die Osmanen bei Lepanto. Dazu führt er eine aufschlussreiche Bemerkung an: Wenig später, nämlich im Dezember, habe der Stadtrat es verboten, dass »weder Schüler noch andere Betteljungen« öffentlich (in publico) das Lied ›Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort‹ singen

637 StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, 15. Oktober 1571, Augsburger Stadtrat an den Herzog von Braunschweig, fol. 1r, 2v. 638 FA, 1.2.5, Hans Fugger an Herzog Ludwig III. von Württemberg, Augsburg, 06. November 1571, fol. 63r. 639 Karnehm: Korrespondenz Hans Fuggers. Bd. 1, S. 426 zu FA, 1.2.6b, Hans Fugger an Hieronimus von Lodron, Augsburg, 25. April 1573. 640 Vgl. hierzu auch Karnehm: Korrespondenz Hans Fuggers. Bd. 1, S. 437 zu FA, 1.2.6b, Hans Fugger an Peter Rosmarin, Augsburg, 09. Mai 1573; Karnehm: Korrespondenz Hans Fuggers. Bd. 1, S. 454 zu FA, 1.2.6b, Hans Fugger an Niklas Heller in Genua, Augsburg, 13. Juni 1573.

Ein Sieg, viele Konfessionen

211

dürften.641 Bei diesem seit den frühen 1540er Jahren nachweisbaren Lied Martin Luthers, handelt es sich um eine endzeitlich-konnotierte Anrufung Gottes, der der Christenheit seine Macht durch die Herbeiführung des Todes von Papst und Sulta¯n zeigen werde. Seit seiner Einführung war das lutherische Lied als Kin˙ derlied konzipiert, das von Chorknaben im Gottesdienst und von Jungen in der Schule sowie auf der Straße gesungen werden sollte.642 Den Grund hierfür gab Luther selbst in einer Tischrede aus dem Jahr 1542 an: Denn wider die Osmanen helfe, so Luther damals, keine Waffengewalt. Selbst Mauern zu erbauen sei nutzlos, weil »der Turck vnd Teuffel auff ire mauer scheist.« Die einzige Mauer, die helfe, sei der »Wall der Engel« (vallum angelorum), den das ›Vater Unser‹ als geistliche Fürbitte errichte. Darum forderte der Reformator zum allgemeinen Gebet wider die Türken auf und präzisiert seine Forderung dahingehend, dass vor allem Kinder den Sturz der als Antichristen imaginierten Osmanen herbeizuführen vermögen: »Wen dem Turcken nimant soll thun, so werdens die armen kindrichen thun, die beten das Vatter vnser etc.«643 Diese allgemeine Forderung zum Gebet der Kinder gegen den osmanischen Antichristen findet in ›Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort‹ seine konsequente, frömmigkeitspraktische Umsetzung. Denn hier beteten Kinder als Seelen, die frei von Sünden imaginiert wurden, für die durch Gott bewirkte Überwindung des Antichristen, den sowohl der Papst als auch der osmanische Sulta¯n verkörpere. Entsprechend gibt ein Gesangbuch von ˙ 1543 folgende Anweisung für das Lied: »LJEBER Christenkinder, Singet und betet getrost, wider die zween rechten und gro[e]sten Ertzfeinde Christi und seine Glieder, Das doch Gott der Barmhertzige Vater, umb Christus willen seiner heiligen Kirchen fortan Frieden wolle geben […].«644

Der Antichrist ist hier doppelter Natur und erscheint in Form des Papstes als Mörder christlicher Seelen und in Form des osmanischen Sulta¯ns als Mörder ˙ christlicher Leiber, die beide die Verkündigung des göttlichen Wortes gefährdeten: »Der Papst«, so beschrieb es jüngst Johannes Ehmann in Bezug auf das hier besprochene Kinderlied, »ist Feind des Wortes Gottes und deshalb neigt er zur Gewalt; der Türke ist gewalttätig und bedroht deshalb auch das Wort Got641 StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 14/I–II (Chronik des Achilles P. Gasser), hier Nr. 14/II, S. 1128: »ne scholaris et alij pueri mendicantes«. Zur Biografie siehe Friedrich Blendinger: Gasser (Gassarus), Achilles Pirminius. In: Neue deutsche Biographie. Hg. v. Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 6. Berlin 1964, S. 79f. 642 Martin Luther: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort. In: Ders.: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe [Weimarer Ausgabe]. Bd. 35. Weimar 1923, S. 235–248; Markus Jenny (Hg.): Luthers Geistliche Lieder und Kirchengesänge. Vollständige Neuedition in Ergänzung zu Band 35 der Weimarer Ausgabe. (Archiv zur Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers. Texte und Untersuchungen, Bd. 4). Köln/ Wien 1985, S. 118f. 643 Martin Luther: Tischreden. Bd. 5. [Weimarer Ausgabe]. Weimar 1919, S. 127. 644 Luther: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort, S. 244.

212

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

tes.«645 Diese doppelte Natur des Antichristen, der »die Christenheit mit aller macht auff allen seiten angreiffe, beide leiblich und geistlich«,646 findet sich darüber hinaus in Luthers ›Heerpredigt wider den Türken‹ (1529). Gleichfalls beendete Luther seine Schrift ›Vom Kriege wider die Türken‹ (1529) mit einer Formulierung, die stark an die den Tod des Papstes und Sulta¯ns herbeisehnende ˙ Zeile des Kinderliedes ›Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort‹ erinnert: »[…] so helffe unser lieber Herr Jhesus Christus und kome vom hymel erab mit dem iungsten gericht und schlage beide Turcken und Bapst zu boden sampt allen tyrannen und gottlosen Und erlo[e]se uns von allen sunden und von allem ubel.«647 Im eschatologischen Verständnis des Antichristen als göttliche Strafe für irdische Sünden waren es folglich die christlichen Kinder, also jene lutherischen Gemeindemitglieder, die aufgrund ihres Seelenstatus’ und ihrer kurzen Zeit auf Erden als sündenfrei imaginiert wurden, aus deren Kehlen Gott zum Eingreifen und zur Vernichtung der Antichristen bewegt werden sollte. Diejenigen unter der sündigen Gemeinschaft, die keine oder aber zumindest die wenigsten Sünden auf sich geladen hatten, sollten zu einem als gnädig verstandenen Gott beten und singen, dass dieser von seiner Bestrafung der Christen aufgrund deren Sünden ablasse.648 Der Augsburger Chronist Gasser berichtet nun also, dass einige lutherische Knaben die Seeschlacht von Lepanto zum Anlass nahmen, um auf für die Stadtgemeinschaft wichtigen Orten, wie etwa Märkten und Straßen, ein Lied zu singen, das den Seesieg in einen eschatologischen und konfessionspolemischen Rahmen einband, in dem sich Antichrist und Antichrist bekämpften, was vom nahenden Jüngsten Gericht künde. Entsprechend ist Vers »und steur des Papsts und Türcken Mord« auch in einer 1572 erschienenen, lutherischen Liedsammlung prominent abgedruckt worden.649 Dass dieses Verhalten, das letztlich in reformatorischer Tradition die »›Papisten‹ als ›Türken‹«650 diffamierte, in der bikonfessionellen Stadt leicht als konfessionelle Polemik angesehen wurde, liegt 645 Siehe hierzu im Hinblick auf ›Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort‹ Johannes Ehmann: Luther, Türken und Islam. Eine Untersuchung zum Türken- und Islambild Martin Luthers (1515– 1546). (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. 80). Heidelberg 2008, S. 416; Veit: Entre violénce, résistance et affirmation identitaire. 646 Martin Luther: Herrpredigt wider den Türken. In: Ders: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe [Weimarer Ausgabe]. Bd. 30, 2. Weimar 1909, S. 196. 647 Ders.: Vom Kriege wider die Türken. In: Ebd., S. 148. 648 Diese Logik ist vergleichbar mit bei Hinrichtungen singenden Kinderchören. Vgl. einführend Hermann T. Wangemann: Kurze Geschichte des Evangelischen Kirchenliedes […]. 5. Aufl. Berlin 1865, S. 67. Zu Kindern in Augsburg des 16. Jahrhunderts gerieten vor allem die Waisenhäuser in das Blickfeld der Forschung. Dazu siehe Thomas M. Safley: Children of the Laboring Poor. Expectation and Experience Among the Orphans of Early Modern Augsburg. (Studies in Central European Histories, Bd. 38). Leiden/ Boston 2005. 649 Zit. nach Veit: Entre violénce, résistance et affirmation identitaire, S. 289. 650 Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 44.

Ein Sieg, viele Konfessionen

213

auf der Hand. Das Verbot durch den Stadtrat wiederum sollte den Gemeindefrieden obrigkeitlich garantieren.651 Der Umstand, dass dem lutherischen Chronisten Gasser weniger die Tatsache notierenswert erschien, dass nach der Seeschlacht von Lepanto Augsburger Kinder ›Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort‹ sangen, als vielmehr die Reaktion des Rates, der dies verbot, legt nahe, dass Gasser das Vorgehen des Rates als obrigkeitlichen Eingriff verstand, der den lutherischen Vorstellungen vom Weltenlauf entgegenstand.652 So notierte der Lutheraner in seiner handschriftlichen Chronik ausdrücklich, dass der Gesang von den katholischen Einwohnern als ehrabschneidende Beleidigung (iniuria) empfunden wurde.653 Folglich kann davon ausgegangen werden, dass die Augsburger obrigkeitliche Darstellung einer im Kampf gegen die Osmanen anlässlich Lepantos in Freuden geeinten Christenheit im Alltag vielschichtiger zu situieren ist: In den alltäglichen Praktiken brachte Lepanto eine konfessionell verschiedenartige Deutung des Sieges mit sich, die in polemisierenden Frömmigkeitspraktiken ihren Ausdruck fanden. In Augsburg verstanden sowohl Lutheraner als auch Katholiken den Sieg bei Lepanto als ein Ereignis göttlicher Gnade, das auch auf weitere Gnadenakte hoffen ließ. Diese betrafen einerseits die Lage im fernen Ungarn; sie betrafen aber auch die konkrete Situation im konfessionell gespalteten Reich.654 Denn für manche Lutheraner versinnbildlichte der mediterrane Kampf zwischen Katholiken und Osmanen den endzeitlichen Kampf des Antichristen. Die nach Lepanto einsetzenden und schließlich verbotenen Gesänge des lutherischen Knabenchors begründete der Chronist Gasser ausdrücklich damit, dass zuvor katholische Lepanto-Drucke in Augsburg erschienen seien, die eine solche Reaktion provoziert hätten. Ausdrücklich verwies Gasser hierzu auf eine 651 Zur Bikonfessionalität in Augsburg siehe einführend Peter Rummel/ Wolfgang Zorn: Kirchengeschichte 1518–1650. In: Welt im Umbruch. Augsburg zwischen Renaissance und Barock. Ausstellung der Stadt Augsburg in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. Bd. 1. Augsburg 1980, S. 35f. 652 StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 14/II (Chronik des Achilles P. Gasser), S. 1128. In StadtAA, Reichsstadt, Rat, Protokolle, Nr. 37, fol. 41r–52r (01. bis 29. Dezember 1571) fand sich kein Hinweis auf das Verbot. Siehe aber den Hinweis auf die Ratsdekreta in Paul von Stetten: Geschichte der Heil. Ro[e]m. Reichs Freyen Stadt Augspurg/ Aus Bewa[e]hrten Jahr=Bu[e]chern und Tu[e]chtigen Urkunden gezogen […]. Frankfurt a. M. 1743. (BSB, 4 Bavar. 3157 f-1), S. 599. 653 Als seine Chronik jedoch über zwanzig Jahre nach den Geschehnissen in Basel als Druck erschien, wurde zwar der Hinweis auf das Verbot des Liedes als solcher belassen, jedoch ist der textuelle Bezug zur Seeschlacht von Lepanto aufgehoben worden, den der Lutheraner in seinem Manuskript noch so nachdrücklich betonte. Achilles P. Gasser: Dritter Theil/ Der Weitberhu[e]mpten Keyserlichen freyen Reichßstatt Augspurg in Schwaben/ historischer Beschreibung vnd Chronicen. Basel 1596. (BSB, Res/2 Germ.sp. 160-1/4), S. 132. 654 StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Augsburg, 30. Oktober 1571, fol. 2v.

214

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Schrift des Hieronymus Wolf.655 Der in griechischer und lateinischer Dichtung geübte Humanist, der in Wittenberg seine Ausbildung erhalten hatte, ist vor allem im Umfeld Melanchthons zu verorten. In Augsburg hatte er lange Zeit als Bibliothekar der Fugger und später als evangelischer Rektor gewirkt.656 Weshalb sollte also sein Druck eine konfessionspolemische Reaktion nach sich ziehen? Der renommierte Humanist hatte in Augsburg einen Druck herausgegeben, in dem er Lepanto als göttlichen Sieg der Christen gegen die »Türken« interpretierte und lateinische Gedichte der griechsichen und römischen Antike zusammentrug. In gelehrter Tradition hatte er diese aber gemeinsam mit einer Rede des Humanisten Muret abgedruckt, die dieser in Rom zu Ehren des Seesieges gehalten hatte. Darin war der Seesieg als göttliches Eingreifen glorifiziert worden, das auf die Gebete des Papstes zurückzuführen sei!657 Genau weil Wolf also nun in Augsburg eine solche Rede abdruckte, die er unter dem Gesichtspunkt humanistischer Gelehrsamkeit veröffentlicht wissen wollte, barg sie ein konfessionspolemisches Potential, das zumindest einigen der in der Stadt lebenden Lutheranern als katholische ›Fehlinterpretation‹ Lepantos erschienen sein muss. Dass Wolfs humanistisches Anliegen als katholische Konfessionspolemik gedeutet wurde, lag auch daran, dass in Augsburg neben konfessionsneutralen Drucken, die den Geschehnisverlauf der Schlacht schilderten und so sowohl eine katholische als auch eine lutherische Leserschaft ansprachen,658 auch weitere Drucke erschienen, die gezielt eine katholische Deutung Lepantos präsentierten. So war dem Augsburger Domdekant eine Lepanto-Predigt gewidmet worden (was für katholische Lepanto-Gottesdienste in St. Ulrich und Afra spricht). In ihr war zu lesen, dass »[d]er Ro[e]mer glaube[n]« nach Lepanto »in aller Welt gelobt [wirdt]« und die Schlacht gezeigt habe, dass die Lutheraner und »[k]etzerischen

655 StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 14/II (Chronik des Achilles P. Gasser), S. 1128. 656 G. Mezger: Wolf: Hieronymus W. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 43. Leipzig 1898, S. 755–757. 657 Hieronymus Wolf/ Marc A. Muret: DE CHRISTIANÆ CLASSI DIVINITVS CONcessa victoria contra Turcos. Anno Domini M. D. LXXI. Nonis Octobris, Carmina quædam Hieronymi VVolfij: Et M. A. Mureti &c. oratio. Augsburg 1571 (SUSBA, 4 Gs 2359-145); Dejob: Marc-Antoine Muret; Muret: ORATIO mandatu S. P. Q. R. (AL, Turcica XV.217/16019); ders.: ORATIO Mandatu S. P. Q. R. (BSS, Archivio Colonna, II. C.D. 1, fasc. a). 658 Vgl. etwa das illustrierte Flugblatt des Formschneiders Hans Rogel d. Ä. Wolfgang Harms/ Michael Schilling (Hg.): Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2: Die Sammlung der Zentralbibliothek Zürich. Kommentierte Ausgabe. Die Wickiana II (1570–1588). Tübingen 1997, S. 20f. Ebenso erschienen Flugschriften über die osmanische Belagerung Zyperns und die Einnahmen von Famagusta und Nikosia. Anonym: Aigentlicher Bericht: Wie es mit vbergebung der gewaltigen Statt Famagosta inn der Insel Zippern gelegen/ (nach lang werender vnd harter Belegerung deß Tu[e]rckischen Erbfeindes) ergangen ist. O. O. [Augsburg] O. J. (SUSBA, 4 Gs 2359-140); Anonym: Zwo erschro[e]ckliche Newe Zeittung. (SUSBA, 4 Gs 2359–148).

Ein Sieg, viele Konfessionen

215

Predicanten« »der Kirchen Affen/ vnnd falsche vngesaltzne Pfaffen« seien.659 Ein anderer Augsburger Druck versammelte eine Vielzahl an Gedichten dezidiert katholischer Provenienz, die Pius V., Juan de Austria und Sebastiano Venier als göttliche Lepanto-Helden stilisierten. Hier waren sowohl venezianische Gedichte des Humanisten Luigi Groto als auch süddeutsche Lepanto-Poesie zu lesen. Unter letzteren befand sich ein in Ingolstadt vorgetragenes Gedicht sowie ein weiteres, dessen Anfangsbuchstaben nacheinander den Spruch ergaben, mit dem Pius V. Don Juan als biblischen Lepanto-Helden glorifizierte: »Es ward ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes«.660 Ebenso enthielt der Druck ein Lepanto-Carmen, dass der Kaplan von Landsberg, Augustin Neser, dem Fürstensohn Ferdinand von Bayern gewidmet hatte.661 Wenige Monate später sollte Neser auch eine Lepanto-Predigt in München veröffentlichen, in der er den Seesieg durch jede »[c]atholische Zung« als »Gottes wunderwerck« so verehrt wissen wollte, wie er das auch in den in Landsberg durchgeführten LepantoDankprozessionen tat: als durch Gott verliehenen, katholischen Sieg über ›Ungläubige‹.662 Dass sich unter den katholischen Lepanto-Gedichten, die der Augsburger Druck versammelte, auch solche befanden, die durch Reimschemata sowie ihre

659 Johannes Nas: Ein scho[e]ne Tro[e]stliche Neweiarspredig. Vber das Euangeliu[m]/ wie Christus im Schifflein schlaffend/ von seinen Ju[e]ngern/ in ho[e]chsten no[e]ten erweckt/ vnd das vngestüm Meer gestilt wirt. Matth. 8. Darinn vnder andern Exempeln auch zu[o]m thail beschriben wirt/ die Go[e]ttlich gu[o]t bottschafft der gewaltigen sighafften newenzeytung/ welche Gott seinen glaubigen/ wider den grewlichen Türcken/ vn[n] Ertzfeind des Christlichen Namens/ gena[e]digst verliehen hat/ Anno Christi 1571. den 7. Octo. Ehr sey Gott in der ho[e]he/ vnd auff Erden fridden Menschen/ so eines gu[o]ten willens sein Luc. 2. Ingolstadt 1572. (BSB, Hom. 1069), fol. 2v, 3v. 660 Anonym: OB SALVATORIS IESV PERPETVAM LAVDEM, Sacræq[ue] triplicis confœderationis classium Christianarum in Turcam insignem Victoriam quorundam & pioru[m] & doctorum virorum carmina xenij loco ædita. Augsburg O. J. (SUSBA, 4 Gs 2359-143b), fol. 4r, 5r f. (»FVIT HOMO MISSVS A DEO CVI NOMEN ERAT IOANNES«). Hierzu siehe auch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 199v, venezianische Avvisi aus Rom (03. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; Panzer: Don Juan de Austria, S. 127. 661 Anonym: OB SALVATORIS IESV PERPETVAM LAVDEM. (SUSBA, 4 Gs 2359-143b), fol. 4v. 662 Augustin Neser: Ein newe Catholische Predig. Auff des Türcken Niderlag/ mit hu[e]lff Gottes/ durch den drifachen heiligen Catholischen Bundt/ beschehen. Darinn vermeldet: 1. Warumb der Allmechtig Gott/ Gaisel vnd ruth (wie der Tu[e]rck ist) vber die Christenheit verhenge. 2. Ob man solcher Gaisel vnnd Ruth mit gegenwehr mo[e]ge begegnen. 3. Wie man sich/ wo solche Ruth gebrochen/ mit dancksagung von Hertzen vnnd Mundt/ zu Gott soll aufrichten. Darbey Ein kurtze Instruction an alle Stend der Christenheit/ wie sie jrem Erbfeindt/ dem Blutdurstigen Tyrannen dem Tu[e]rcken/ mit Gebet/ Waffen/ vnnd in ander weg begegnen ko[e]nden vnd so[e]llen. Durch M. Augustinus Neser, von Fu[e]rstenberg/ Theologiæ Candidatum, Fu[e]r: Bay: Capellan/ vnd Prediger zu Landsperg/ in Druck verfertigt. München 1572. (BSB, Res4 Asc. 663#Beibd.1), fol. 2r.

216

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

dialogische Struktur besonders gut als Gesänge geeignet waren,663 legt zudem nahe, dass nicht allein Lutheraner konfessionspolemische Lepanto-Lieder auf den Augsburger Straßen und Plätzen sangen. Der Seesieg muss im Alltag des bikonfessionellen Augsburgs eine Konfessionspolemik über die Deutung Lepantos als Ereignis mit sich gebracht haben, die sich in Drucken und Gesängen niederschlug und die der Stadtrat schon allein deshalb zu unterbinden suchte, weil sich die Obrigkeit anderen Herrschaften gegenüber als Reichsstadt präsentierte, in der Katholiken und Protestanten gleichermaßen glücklich über den Seesieg seien. Das mag zwar bis zu einem gewissen Grade stimmen, denn ein Augsburger Novellant beendete eine dem sächsischen Kurfürsten gesandte Lepanto-Beschreibung mit der Formel »Got seÿ Lob in Ewigkeit«, denn der »[a]llmechtige Gott, hatt seiner Christenheit, Victoria p[er] mar, Wieder denn Erbfeind gnedikhlich verliehenn«.664 Entsprechend dürften die zahlreichen Augsburger Lepanto-Drucke, die ein Dankgebet enthielten oder aber den Geschehensverlauf als Wirken Gottes interpretierten, konfessionsübergreifend aufgenommen worden sein.665 Doch im städtischen Alltag führte gerade diese konfessionsübergreifende Deutung Lepantos als Sieg Gottes, der Freude und Dankbarkeit mit sich bringe, zu einer konfessionellen Debatte darüber, wie Lepanto als durch Gott verliehener Sieg zu deuten sei. Diese konfessionellen Differenzen betrafen aber nicht die Deutung Lepantos als Ereignis, sondern vielmehr die Reaktionen, die dieses erfordere, um Gottes Wirken selbst zu befördern. Das brachte letztlich im Alltag ausgetragene Konfessionspolemiken darüber mit sich, wer nun genau als Antichrist zu gelten habe und wie der Sieg Gottes zu deuten und mit Frömmigkeitspraktiken zu begegnen sei.666 Lepanto war damit kein katholisches Ereignis, sondern ein ›christliches‹, das einerseits im Diskurs der Türkengefahr konfessionelle Differenzen negierte, indem die Schlacht als Dankbarkeit erfordernder Sieg Gottes imaginiert wurde, andererseits aber auch mit konfessionellen Deutungszuschreibungen versehen werden konnte, indem die Dankbarkeit selbst konfessionell verschieden konzipiert war (›Te Deum laudamus‹, ›Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort‹, Rosenkranz). Dadurch konnte Lepanto zu einem lutherischen oder katholischen Ereignis gemacht werden.

663 Anonym: OB SALVATORIS IESV PERPETVAM LAVDEM. (SUSBA, 4 Gs 2359-143b), fol. 8r f. 664 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, fol. 20r, 21r, Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, Augsburg, 24. Oktober 1571. 665 Anonym: Warhafftige Newe Zeitung von den gewaltigen vnd freudenreichen Sieg. (GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253), fol. 3v f.; Harms/ Schilling: Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2, S. 20f. 666 Zu solchen siehe Kaufmann: »Türckenbüchlein«; Ehmann: Luther, Türken und Islam; Fischer-Galati: Ottoman Imperialism and German Protestantism.

Ein Sieg, viele Konfessionen

217

II.3.iv. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Reformiertes Zürich und Genf Aber wie gestaltete sich die Wahrnehmung der Seeschlacht von Lepanto jenseits von Katholiken und Lutheranern? Hierzu lohnt ein Blick auf reformierte Lepanto-Deutungen, die ich zuerst für das zwinglianische Zürich und später für das calvinistische Genf rekonstruiere. Hierbei werden zunächst die Schriften von Heinrich Bullinger im Fokus der Untersuchung stehen. Der Reformationstheologe war 1531 zum Zürcher Antistes und damit zum Nachfolger Huldrych Zwinglis erwählt worden. Da Bullinger dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1575 innehatte, leitete er auch zur Zeit Lepantos die zwinglianische Kirche.667 In seinem ›Diarium‹, bestehend aus tagebuch- und chronikartigen Aufzeichnungen, verzeichnete er, dass die Armada »de[s] punt[s]«, bestehend aus Rom, Spanien und Venedig, am »7. Octobris ein schiffstrit mit dem Türggen [tatend] und obsigetend inen mit unerhörter victoria.« Bullinger erschien der Seesieg der ›Heiligen Liga‹ demnach als eine solch »unerhörte[] victoria«, dass er ihr Stattfinden niederschrieb – und nicht nur er: Denn »[d]arvon sind trück ußgangen«, fügt er als Nachsatz in sein ›Diarium‹ hinzu.668 Da in Zürich selbst im Jahr 1571 keine Lepanto-Drucke erschienen, dürfte der Theologe bei dieser Formulierung vor allem an Basler Drucke gedacht haben, die nachweislich in Bullinger-nahen Kreisen zirkulierten. In ihnen sind Sebastiano Veniers Schlachtbeschreibung wiedergegeben und deren Eintreffen in Venedig geschildert worden.669 Der Antistes selbst erfuhr vom Ausgang der Seeschlacht durch sein ausgeprägtes Korrespondenznetwerk. Noch heute verdeutlichen über 12.000 überlieferte Briefe, die von ihm aufgesetzt und an ihn geschickt worden, die umfassenden Ausmaße des Nachrichtennetzwerkes von Bullinger, das von Russland bis Frankreich und den Britischen Inseln bis zur Italienischen Halbinsel reichte. Die 667 Vgl. einführend Rudolf Pfister: Bullinger, Johann Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 3. Berlin 1957, S. 12f. 668 Heinrich Bullinger: Diarium (Annales vitae) der Jahre 1504–1574. Hg. v. Emil Egli. (Quellen zur schweizerischen Reformationsgeschichte, Bd. 2). Basel 1904, S. 107. Zum Hintergrund des seit 1541 (auch retrospektiv) angefertigten ›Diarium‹ siehe Max Engammare: Tägliche Zeit und recapitulatio bei Heinrich Bullinger. Von der Studiorum ratio zum Diarium. In: Heinrich Bullinger. Life – Thought – Influence. Hg. v. Emidio Campi u. Peter Opitz. Bd. 1. (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte, Bd. 24). Zürich 2007, S. 62–65. 669 Anonym: Newe Zeittung/ Des wunderbarlichen Sigs/ so die Venediger/ mit hilff des Babsts/ vnd des Künigs auß Hispanien/ wider den Türcken erlangt haben/ auff den vij. Weinmonat/ dises 1571. Jars. Basel 1571. (ZBZ, 3.279,3); Anonym: Zeytung vnd bericht/ Von der gantz Herrlichen vnnd seer gewaltigen obsigung vnnd Victoria, der Christlichen/ wider die Türckische Armada/ dergleychen hieuor niemals vorgangen ist. Beschehen 40. Welscher Meyl/ oberhalb Lepantho/ Son[n]tags den 7. Octobris/ diß 1571. Jars. Basel 1571. (ZBZ, Ms F 19, Bl 320r–323v (110)). Letzterer Druck befand sich in der Sammlung Johann J. Wicks.

218

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Korrespondenten übermittelten nicht nur Informationen, sondern auch handschriftliche Nachrichtenbriefe (Zeittungen), von denen Bullinger eine beachtliche Anzahl aufbewahrte. Aus diesem Korrespondenznetzwerk hatte er auch vom Sieg der Ligisten bei Lepanto erfahren. So hatte der Pfarrer Tobias Egli am 29. Oktober aus Chur nach Zürich geschrieben, dass die Siegesnachricht am 19. Oktober durch Giustiniani in Venedig eingetroffen war. Er füllte seinen Brief auch mit weiteren Informationen zum Schlachtgeschehen selbst.670 Ob daraufhin eine Lepanto-Predigt im Zürcher Großmünster stattfand, ist nicht zu belegen. Allerdings ist festzustellen, dass Zürich just zu dem Zeitpunkt, als dort die Nachricht vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ eintraf, einer verheerenden ökonomischen Entwicklung ausgesetzt war: Aufgrund anhaltender extremer Wetterbedingungen kam es zu erheblichen Ernteausfällen und in deren Folge wiederum zu einer allgegenwärtigen Teuerung, einer »türi aller dingen«, wie es Bullinger schrieb. Den Grund hierfür sah er jedoch nicht einzig in den Wetterverhältnissen; diese waren vielmehr Bestandteil eines umfassenderen, göttlichen Geschehenszusammenhangs, denn »alein Gott gab di gnad, das das ops richlich fürkam. Sonst was es so tüwr, das zu besorgen, vil hettend müsen hungers sterben.« Die »tüwre und not« war im Laufe des Jahres 1571 jedoch so verheerend geworden, dass der Zürcher Rat am 05. und 18. September zusammentraf und am 19. sowie 23. September entschied, »supplicationen« und »gmein gebätt[] an[zu]stelle[n]«.671 Im Zürcher Großmünster fand daraufhin am 25. September ein entsprechender Gottesdienst statt, deren an Gott gerichtete Bitten eigens von Heinrich Bullinger verfasst wurden.672 Darüber hinaus erschien eine theologische Abhandlung, die der Archidiakon des Großmünsters, Ludwig Lavater, verfasst hatte, der zugleich der Schwiegersohn des Antistes war und 1585 in dieses Amt 670 Am 07. Oktober seien unter der Anführung Don Juans der osmanische Oberbefehlshaber und 20.000 Osmanen getötet, 5.000 Osmanen gefangengenommen und 150 osmanische Schiffe erbeutet sowie 20.000 versklavte Christen befreit worden. ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa sei geflohen. Traugott Schiess (Hg.): Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3: Oktober 1566-Juni 1575. (Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 25). Basel 1906, S. 262–266 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 29. Oktober 1571); Franz Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier. Die »Wickiana« zwischen Reformation und Volksglaube. (Frühneuzeit-Forschungen, Bd. 15). Epfendorf a. Neckar 2011, S. 180ff.; Max Niehans: Die Bullinger-Briefsammlung. In: Zwingliana 8 (1944), H. 1, S. 141–167; Leo Weisz: Die Bullinger Zeitungen. Zur Halbjahrhundertfeier des Vereins der Schweizerischen Presse. Zürich 1933. Zum Stand der Edition der Briefsammlung siehe Alexandra Kess: Heinrich Bullinger’s Correspondence. A Brief Insight into a Long Story. In: Reformation Sources. The Letters of Wolfgang Capito and His Fellow Reformers in Alsace and Switzerland. Hg. v. Erika Rummel u. Milton Kooistra. Toronto 2007, S. 131–145. 671 Bullinger: Diarium, S. 104, 107; Erland Herkenrath: Bullinger zu Teuerung und Bettel im Jahre 1571. In: Heinrich Bullinger. 1504–1575. Gesammelte Aufsätze zum 400. Todestag. Hg. v. Ulrich Gäbler u. Erland Herkenrath. Bd. 1. Zürich 1975, S. 337. 672 Bullinger: Diarium, S. 107.

Ein Sieg, viele Konfessionen

219

gewählt werden sollte.673 In diesem Traktat definierte Lavater die Teuerung und Hungersnot als Strafe Gottes für die Sünden der Weltenbewohner. In seiner Abhandlung, bestehend aus drei Predigten, rief Lavater die Zürcher zu einem gottgefälligen Leben im Sinne christlicher Tugenden auf.674 Bullinger teilte eine solche Einschätzung der Lage, wenn er mehrfach angesichts der Wetter-, Ernteund Lebensverhältnisse in sein ›Diarium‹ notierte: »Gott komme uns zu hilff.« Der Anlass für diese göttlichen Fürbitten war ganz konkret: »Niemand mocht verdänken ellenderen herbst«. »Die armen leelüt lidtend groß angst und not.« Bei einem solchen Verständnis der Ernteausfälle, Hungersnot und Inflation als göttliche Strafe, das auf einem geschichtstheologischen Deutungsmodell vom Weltenlauf beruhte, achtete Bullinger – und sicherlich auch andere Zürcher – sehr genau auf mögliche Zeichen, die Rückschlüsse auf den göttlichen Heilsplan liefern könnten. Das ›Diarium‹ weist etwa für das Jahr 1572 den Vermerk auf, dass »[d]ie witterung dis jars was gar wunderbar.« Die Bezeichnung »wunderbar« ist dabei in den wundertheoretischen Diskursen der Zeit zu verorten.675 Außergewöhnliche Geschehnisse wurden als potentielle Zeichen, deren Gehalt jedoch erst nachträglich, also dann, wenn das Bezeichnete eingetreten war, erkennbar gewesen ist, beobachtet und notiert, da sie – eben genau wegen des erst retrospektiv erkennbaren Bedeuteten – auch für später noch als Geschehnis der Interpretation zugänglich sein mussten.676 So notierte auch Bullinger in seinem ›Diarium‹ ausführlich Naturkatastrophen wie die Erdbeben in Ferrara oder die Flut in Antwerpen, Gestirnskonstellationen und außergewöhnlichen Hagel sowie »ein wunderbar gesicht, das sich der himmel ufftat«, und »andere gesichten am himmel«.677 Dass er diese Geschehnisse in Bezugnahme auf die Ereignisse im Mittelmeerraum deutete, schrieb er selbst in einem Brief an Tobias Egli, den Pfarrer von Chur. Nachdem Bullinger durch Zeittungen aus Antwerpen, Augsburg und Straßburg über die Fluten in Antwerpen informiert worden war, während derer »[v]il tusend menschen söllend ertruncken sin«, schrieb er Egli, dass ein solcher Jammer den Menschen lehre, »die Augen auf[zu]tun«:678

673 G. v. Wyß: Lavater, Ludwig L. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 18. Leipzig 1883, S. 83f. 674 Ludwig Lavater: Von thüwre vn[d] hunger dry Predigen/ vß dem 6. cap. deß anderen bu[o]chs Paralipom oder der Chronick geprediget/ vnd volgendts zur leer vnd zum trost beschriben/ durch Ludwig Lauater/ diener der kyrchen zu[o] Zürych […]. Zürich 1571. (ZBZ, 5.344). 675 Bullinger: Diarium, S. 107, 109f. 676 Vgl. Bähr: Furcht, divinatorischer Traum und autobiographisches, S. 27. 677 Bullinger: Diarium, S. 104, 107, 109f. 678 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 229f. (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 01. Dezember 1570).

220

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

»Dann es der gwüssen zeychen eins Lucæ 21.: ›Erunt signa‹ etc. Und was joch die Venediger dissimulierend, söllend sy Cyprum verloren haben, und das arm volck darin zerhacket oder gefangen hinwäg gfürt etc. Premium inquisitionis receptæ etc.«679

Bullinger las also Geschehnisse, wie die Antwerpener Flut und die osmanische Einnahme Zyperns, in einem eschatologischen Verständnis vor dem Hintergrund des Lukas-Evangeliums, in dem durch Zeichen das Kommen des Menschensohns angekündigt werde.680 Solche Zeichen würden erscheinen, wenn ein Heer Verwüstung und irdische Not anrichtet und Christen gefangengenommen oder mit dem Schwert getötet werden, so ist im Lukas-Evangelium zu lesen; solche als Zeichen gedeutete Geschehnisse bezeichneten folglich die nahende Erlösung der Gläubigen.681 In diesem Verständnis betraf die biblisch antizipierte Not der Christen sowohl »das arm volck« in Zypern, die von den Osmanen getötet wurden, als auch die in Venedig lebenden Reformierten, die durch die dort wirkende Inquisition verfolgt wurden.682 Auch die Siegesnachricht von Lepanto muss in Zürich vor dem Hintergrund dieser eschatologischen Wunderdiskurse aufgenommen worden sein. Zumal sie wenige Tage später eintraf, nachdem die gemeineidgenössische Tagsatzung nach Zürcher Vorbild das Halten öffentlicher Gebete angeordnet und sündliches Verhalten nachdrücklich verboten hatte.683 In diesem Zusammenhang ist auch die ausführliche Aufbewahrung von illustrierten Lepanto-Flugblättern in der sogenannten ›Wickiana‹ zu verstehen, der nach ihrem Besitzer benannten Wundersammlung des reformierten Zürcher Pfarrers Johann Jacob Wick. In seiner 24 Foliobände zählenden Wunderchronik bewahrte er einige Drucke zur Seeschlacht auf, was deren Status als in Bezug auf das Heilsgeschehen bedeutsames Ereignis unterstreicht.684 Nach dieser historischen Logik hatten göttliche Zeichen das Ereignis Lepanto und dessen Stellenwert innerhalb des Weltgeschehens sogar vorweggenommen. So notierte Bullinger in sein ›Diarium‹ – sicherlich nicht grundlos als Eintrag direkt vor der Notiz zu Lepanto: »29. Septembris was die sonn schier den ganzen tag rot und blutfarb.«685 Das Ereignis beobachtete auch der Zürcher Prediger Johann Jacob Wick aufmerksam und notierte diesbezüglich, dass wenig später die Venezianer mit Gottes Hilfe die

679 680 681 682

Ebd., S. 230. Vgl. Lukas 21, 25–28. Vgl. Lukas, 21, 20–28. Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 230 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 01. Dezember 1570). 683 Beschluss vom 30. September 1571. Herkenrath: Bullinger zu Teuerung und Bettel, S. 337. 684 Vgl. Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier und die dortigen Hinweise auf die Seeschlacht von Lepanto: ebd., S. 15, 120, 125, 127, 323, 337. 685 Bullinger: Diarium, S. 106.

Ein Sieg, viele Konfessionen

221

Osmanen bei Lepanto vernichtend geschlagen hätten.686 Zunächst mag auch Bullinger dieses Spektakel als Verweis auf die blutige Schlacht bei Lepanto gedeutet haben, doch es liegt in der Natur derartiger Zeichen, dass sie in ihrem Zeichengehalt polyvalent sind. Anders gesagt: Nach dem Eintreffen der Nachricht vom Tod unzähliger Christen bei der osmanischen Einnahme Famagustas mochte die Himmelserscheinung eher dieses Ereignis angedeutet haben. Zumal bereits im März 1571 die Nachricht zirkulierte, dass zwölf päpstliche Galeeren, die gemeinsam mit den Venezianer gegen die Osmanen kämpfen sollten, vom Blitz beschädigt worden seien.687 Ein Zeichen, dass bereits Monate vor dem Eintreten der Schlacht bei Lepanto im reformierten Verständnis angedeutet hatte, dass der Sieg der ›Heiligen Liga‹ von keiner großen Bedeutung sein könne. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass Bullinger die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Osmanischen Reich und der ›Heiligen Liga‹ genau beobachtete und sich dies auch in seinem ›Diarium‹ niederschlug. Bereits zum Reichstag in Speyer (1570) notierte er verwundert, dass der Kaiser eine ›Türkensteuer‹ (türggenstür) durchzusetzen vermochte, wenngleich die Kurfürsten nicht persönlich in Speyer erschienen.688 Als in demselben Jahr der venezianisch-osmanische Krieg um Zypern ausbrach, schrieb Bullinger in sein ›Diarium‹: »Die Venediger verliesend sich uff die püntnus, die sie gmacht mit dem pabst und Hispanien, die inen aber wenig hulfend, furtend ein krieg wider den Türggen um Cypren. Die verlurend’s schandtlich. Hattend hievor hispanicam inquisitionem angenommen. Das was ir lon.«689

Für den Theologen war der Verlust des venezianischen Zyperns an die Osmanen keineswegs das Resultat des osmanischen Militärs. Der ›wahre‹ Grund für die osmanische Herrschaft auf Zypern lag vielmehr in der Einführung der Inquisition in den venezianischen Territorien, die zur Verfolgung Andersgläubiger, Bullingers Verständnis nach ›wahrer‹ Christen, geführt hatte und die Gott nun mit dem für Venedig schmerzlichen Verlust Zyperns bestrafte. Darüber hinaus sah er in der Leichtgläubigkeit der Venezianer den Grund für die osmanische Einnahme Zyperns, die auf die Bündnisse mit dem spanischen König und römischen Papst vertraut hatten. Eine Abschrift des Liga-Abkommens hatte Bullinger von Tobias Egli erhalten.690 Dieser war ein wichtiger Zwischeninformant 686 Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 120. 687 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 242 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 05. März 1571). 688 Bullinger: Diarium, S. 103. Zur ›Türkensteuer‹ vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr. 689 Bullinger: Diarium, S. 103. 690 Widmer: Bullinger und die Türken, S. 611; Hippolyte Aubert (Hg.): Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12: 1571. (Travaux d’humanisme et renaissance, Bd. 212). Genf 1986, S. 162; Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 256 (Tobias Egli an

222

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

für Bullinger zur Lage in Italien (und damit auch zur Liga-Flotte), weshalb er regelmäßig um Nachrichten bat. Eglis Qualität als Informant zeichnete sich zudem dadurch aus, dass er schnell Neuigkeiten erhielt. So war er mitunter über Geschehnisse in Italien und Schlachtereignisse zwischen Liga und Osmanen eher informiert, als der Churer Domprobst selbst.691 Von Chur aus erfuhr Bullinger 1571 vom Liga-Abkommen und der Seeschlacht und bereits 1570 erbat er sich von Egli nähere Nachrichten aus Italien, ob nun Frieden oder Krieg herrsche. Entsprechend antwortete dieser wenige Tage später, dass Spanien Hilfstruppen nach Venedig schicke. Um an diese Informationen zu gelangen, tauschte sich Egli nicht allein mit Reformierten aus, sondern auch mit Katholiken, insbesondere in ausgiebigen Spaziergängen mit dem Probst. Während einer dieser Spaziergänge habe er auch Neuigkeiten zu den venezianisch-osmanischen Kampfhandlungen erhalten.692 Bullinger selbst reagierte bestürzt auf die Kunde, dass ein Krieg zwischen Venedig und dem Osmanischen Reich unter Mitwirken Spaniens auszubrechen drohe. Er bat um weitere Informationen zum genauen Kriegsverlauf – insbesondere im Hinblick auf die Peloponnes und Euböa. Wenngleich es vorerst nur Gerüchte waren, die ihn im Juli 1570 erreichten, so hoffte er doch, dass sie sich als falsch herausstellen mögen.693 Vergebens. Für 1571 vermerkte Bullinger in seinem ›Diarium‹ nicht nur den »schiffstrit« bei Lepanto, sondern auch, dass Famagusta im August an die Osmanen fiel, womit »die Venediger […] Cyprus gar verloren«.694 Eine Nachricht, die auch die Aufmerksamkeit anderer Zürcher Reformatoren wie beispielsweise Rudolf Gwalthers erregte.695 Die osmanische Einnahme Famagustas kam für Bullinger nicht überraschend. Aus Chur hatten ihn bereits im August 1570 Nachrichten erreicht, wonach es im lombardischen Tirano als sicher gelte, dass 200.000 Osmanen Zypern eingeschlossen hätten.696 Die Interpretation des venezianischen Verlust Zyperns als

691

692 693 694 695 696

Heinrich Bullinger, Cur, 17. Juli 1571): »Mitto articulos pacificationis sive coniurationis inter pontificem, Venetos et Hispanum, quibus connexi vim Turcicam, si diis placet retundent«. Zu Egli siehe ebd., S. IX–XII. Zu Bullingers Liga-Einschätzung siehe auch ebd., S. 258 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 27. Juli 1571). So etwa ebd., S. 212 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 01. September 1570), 506 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 17. Oktober 1574). Andere Informationen über die Liga-Flotte erhielt Bullinger aber auch aus Augsburg: Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 349. Ebd., S. 199 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 30. Juni[?] 1570), 201 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 11. Juli 1570), 203f. (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 24. Juli 1570). Ebd., S. 202 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 21. Juli 1570), 205 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Chur, 28. Juli 1570). Bullinger: Diarium, S. 107. Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 189 (Rudolf Gwalther an Théodore de Bèze, Zürich, 25. Oktober 1571). Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 208 (Tobias Egli an

Ein Sieg, viele Konfessionen

223

fehlende Unterstützung Spaniens und Roms stimmt mit der Einschätzung überein, die Bullinger von anderen Kriegsereignissen besaß. Die Einnahme von Rhodos (1522/23) sah er ebenso darin begründet, dass »die Christen ein andern selbs bekriegtend«,697 wie er in seiner ›Reformationsgeschichte‹ schrieb. Sicherlich unter dem Eindruck der Seeschlacht verfasste der Zürcher Theologe im Jahr 1572 seine ›Vermanung An alle Diener des worts Gottes vnd der kyrchen Jesu Christi‹.698 Bereits im Titel forderte er die Leser auf, »daß sy jre spa[e]nn/ die sy gegen andern habend vnd u[e]bend/ hinlegen/ vnd in disen letsten verderbten gefaarlichen zyten/ der wa[e]lt einha[e]llig allein vnnd einfaltig den waaren glouben in Jesum Christum/ vn[d] die besserung des la[e]bens/ predigen wo[e]llind«. In dem Text bezieht er sich auch auf die Apostel und darauf, wie Paulus »vnder die Heiden« gezogen ist, um diese zum Christentum zu bekehren. Das Resultat der Bekehrungen, so Bullinger weiter, sei gewesen, dass »[d]ie sa[e]ligen Apostel vnnd jre jünger habend in kurtzer zyt mit einha[e]lliger einfalter obuermeldter leer/ die gantzen wa[e]lt/ zu[o] Christo bekeert«. Diese »einfaltigkeit« der Urkirche sei jedoch im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen, insbesondere durch die wider die apostolische Lehre gerichteten Ansichten der »Valentinianer/ Marcioniten/ Samosatener/ Arianer/ Nestorianer/ Eutychianer/ Monotheliter […] ist die kyrch verworre[n]/ geschwecht/ ja sy ist in vil secten zerspallten vnd zerfallen/ vnd ist endtlich der grewenlich grewel Machomet/ nach den 600. jaren/ vß ermelter verwirrung entstande[n]. Von welchem har/ wir die Saracenen vnnd Türgken habend mit jrem verflu[e]chten vnd gottslesterische[n] Alcoran.«699 Diese Textstelle gibt nicht nur Auskunft über Bullingers Verständnis des Islams als Sekte, die sich in Reaktion auf das durch Irrlehren geschwächte Christentum herausbilden habe können;700 die folgenden Zeilen geben auch Einblick in Bullingers Einschätzung von Lepanto: »Vnd vermeldte grusame[n] find der Christenheit [die Osmanen, S. H.] habend yngenommen den gantzen Orient/ vn[d] nun etlich hunder jar gepeyniget vnd bekrieget den gantze[n] Occident. Damit vns Gott hat wo[e]llen anzeigen vnnd zu[o] verston ga[e]ben/ wie jm so hochlich mißfalle wenn man in der kyrchen nit blybt by der frommen alten einfaltigkeit vnnd einigkeit/ wie er vns die in sine[m] wort geleert hat.

697 698 699

700

Heinrich Bullinger, Chur, 11. August 1570). Die Informationen stammten von Ulrich Campell. Zu diesem siehe ebd., S. XII–XIX. Heinrich Bullinger: Reformationsgeschichte. Hg. v. J. J. Hottinger u. H. H. Vögeli. Bd. 1. Zürich 1984 [1838], S. 83. Ders.: Diarium, S. 108. Ders.: Vermanung An alle Diener des worts Gottes vnd der kyrchen Jesu Christi/ daß sy jre spa[e]nn/ die sy gegen andern habend vnd u[e]bend/ hinlegen/ vnd in disen letsten verderbten gefaarlichen zyten/ der wa[e]lt einha[e]llig allein vnnd einfaltig den waaren glouben in Jesum Christum/ vn[d] die besserung des la[e]bens/ predigen wo[e]llind/ […]. Zürich 1572. (ZBZ, 5.253,3), fol. 30v, 33v-35[sic]r. Vgl. Widmer: Bullinger und die Türken, S. 595–598.

224

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Gott hat vns ouch das dardurch zu[o] versto[n] gebe[n]/ d[a]z durch vneinigkeit zersto[e]rt wirt/ was vfgebuwen ist durch einigkeit.«701

Bullinger, der das Werden des Osmanischen Reiches mit all seinen Gebietsgewinnen als Geißel Gottes für die Sünden auf Erden und insbesondere für die Uneinigkeit der Christen sowie deren Abkehr von der apostolischen Lehre verstand, führt diese Interpretation den Lesern als Exemplum dar, das von einer gottgefälligen Lebensführung überzeugen soll. Die osmanische ›Expansion‹ verdeutliche damit die göttliche Strafe gegenüber jenen, die nicht in christlicher Einfalt und Eintracht leben. Zugleich ist Bullingers Formulierung eindeutig in einer abgeschlossen Zeitform gehalten: Die Osmanen »habend yngenommen den gantzen Orient/ vn[d] nun etlich hunder jar gepeyniget vnd bekrieget den gantze[n] Occident. Damit vns Gott hat wo[e]llen anzeigen vnnd zu[o] verston ga[e]ben/ d[a]z durch vneinigkeit zersto[e]rt wirt/ was vfgebuwen ist durch einigkeit.«702 Diese Formulierung legt nahe, dass die Ausbreitung des Islams im reformierten Verständnis das Resultat einer zerstrittenen Christenheit war. Ließ nun der Ausgang der Seeschlacht von Lepanto – nach dem in Bullingers Interpretation durch christliche Uneinigkeit herbeigeführten Verlust Zyperns – als göttliches Zeichen auf eine stärkere christliche Eintracht schließen? Aufmerksam verfolgte Bullinger die Informationen zu einem möglichen Liga-Beitritt Kaiser Maximilians II. und des polnischen Königs Sigismund II. August.703 Der nach Lepanto nächste Eintrag, den Bullinger in seinem ›Diarium‹ zum Zypernkrieg notierte, behandelt den venezianisch-osmanischen Friedensschluss: Im Frühjahr 1573 »machtend die Venediger ein friden mit dem Türggen, das von anderen inen gar übel uffgenommen ward. Si verharrtend aber in dem friden wie nachteilig er joch inen was«.704 Mit dem Verweis auf die »anderen«705 führt er zugleich implizit an, dass er nicht zu jenen gehört, die den Venezianern den Friedensschluss mit den Osmanen verübelten. Das widerspräche auch seinem Eintrag aus dem Jahr 1570 zu Zypern: Für den Theologen lag die Schuld für die Gebietsgewinne der Osmanen nicht bei den Venezianern, sondern vielmehr bei Papst Pius V. und König Philipp II., auf welche die Venezianer im Verbund ihr Vertrauen gesetzt hatten und wofür sie dieses nun mit dem zypriotischen Gebietsverlust »[ent]lon[t]«706 bekamen. Dass Venedig diesem durch einen Friedensschluss – wenngleich durch noch so nachteilige Tributzahlungen – zu umgehen versuchte, müsse man daher nicht Venedig, sondern Rom und Spanien 701 Bullinger: Vermanung. (ZBZ, 5.253,3), fol. 35r. 702 Ebd. 703 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 285 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 07. Januar 1572). 704 Bullinger: Diarium, S. 115f. 705 Ebd., S. 115. 706 Ebd., S. 103.

Ein Sieg, viele Konfessionen

225

vorwerfen. Lepanto stellte für Bullinger damit nur einen kurzen Hoffnungsschimmer auf – seiner theologischen Ansicht folgend – christliche Eintracht dar; jene Eintracht, an der es bereits in den vergangenen Jahrhunderten seiner Ansicht nach mangelte und die das Erstarken der Osmanen erst heraufbeschwört habe. Sie war nun in den Liga-Streitigkeiten erneut sichtbar; und Bullinger schrieb diese vor allem dem Papst und spanischen König zu. Der Zürcher Antistes charakterisierte das Weltgeschehen der 1570er Jahre als ibero-römisches Schauerkabinett. Ausführlich verfolgte er die »grüwenlichen tyranny« des Herzogs von Alba, der die Spanischen Niederlanden »über alle maaß [tyrannisiert]«. Doch nicht nur dort wirkte die »Albaische[] und hispanische[] tyranny«; auch als in England ein Komplott des Herzogs von Norfolk gegen Königin Elizabeth I. zu Tage trat, war Bullinger der Ansicht, der Herzog sei vom Papst und Herzog von Alba zu diesem Plan »betört« worden.707 Das politische Geschehen der 1570er Jahre schien ihm vor allem eine römische, spanische, ja, letztlich katholische Tyrannei zu sein, in die sich 1572 auch Frankreich mit der Bartholomäusnacht einreihte. Schockiert schrieb Bullinger über die geschätzten 30.000 bis 50.000 Toten: »Derglichen trüwlosen mord wird nit bald funden, und Gott wirdt’s finden. Wie dise mär in die Eidtg(noschaft) kommen, ward allerlei geredt«.708 Zu der Interpretation der Ereignisse in Frankreich und in den Niederlanden als Verfolgung ›wahrer Christen‹ gesellte sich das harrsche Vorgehen Venedigs gegen die Reformierten als ein weiteres Mosaiksteinchen der Weltsicht dieses Reformierten.709 Unter dem Eindruck der Übergriffe in Frankreich und den Niederlanden verfasste Bullinger Ende des Jahres 1572 eine Schrift, in der er darzulegen versuchte, weshalb »daß dieser zyt grosse veruolgu[n]g geu[e]bt wirt an vielen orten […]/ das fromme vnschuldige lüt/ von wa[e]gen jres gloubens/ vnuerschuldet verradten/ dura[e]chtet/ veriagt/ gemarteret vnd geto[e]det werdend«. In ihr wendet er sich aber auch ausführlich der »langwirigen vnd schwa[e]rlichen Machometischen veruolgung/ durch die Sarvcenen vnd Türcken wider die Kirch Christi« zu. Erneut stellt er die Ausbreitung des Islams als göttliche Strafe dar, der einen »falsch prophet vnd mo[e]rderisch verfu[e]rer der wa[e]lt« auf die Christenheit gelassen habe.710 Diese Interpretation legte nicht nur nahe, dass der Krieg 707 Ebd., S. 104, 106, 111. 708 Ebd., S. 111. Siehe auch ebd., S. 116 zur Flucht vieler Franzosen nach Genf. Siehe auch Weisz: Bullinger Zeitungen, S. 51–60. 709 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 208 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 11. August 1570); ebd., S. 232f. (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 19. Dezember 1570); ebd., S. 286ff. (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 21. Januar 1572). 710 Heinrich Bullinger: Veruolgung Von der schweren/ langwirigen veruolgung der Heiligen Christlichen Kirchen: ouch von der vrsachen der veruolgung: vnd vermanung zur gedult/

226

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

gegen die Osmanen wirkungslos sein müsse, da sie als Strafe Gottes nur durch dessen Allmacht zur Niederlage bewegt werden könnten und deshalb allein in Gott vertraut werden müsse.711 Bei einem solchen Verständnis standen sich im Krieg zwischen Venedig, dem Papsttum und Spanien sowie dem Osmanischen Reich Mächte gegenüber, die allesamt Protestanten verfolgten. Wie Bullinger in einem Brief an Tobias Egli im August 1570 schrieb, seien die osmanischen Erfolge zwar zu bedauern; sie müssten allerdings als göttliches Zeichen gegen die Katholiken verstanden werden.712 Dieses Verständnis deckt sich mit Bullingers Reaktion auf die Einnahme Famagustas. Er führte an, dass Venedig kurz zuvor die spanische Inquisition eingeführt habe und dass der Verlust Zyperns nun »ir lon« dafür sei.713 Die Verfolgung der ›wahren Christen‹ durch die katholischen Venezianer büßten diese also nun durch die Erfolge der Osmanen, die er als von Gott gesandte Strafe verstand. Diese Strafe, so Bullinger Ende 1572 weiter, »[wa[e]ret] noch vff hüttigen tag«.714 Um dies zu illustrieren, legt er nicht nur seine Interpretation der muslimischen Glaubensgrundsätze und Frömmigkeitspraktiken dar, sondern reißt auch die Geschichte des Osmanischen Reiches – mit besonderer Betonung der Kreuzzüge – in chronologischer Abfolge an. Dem Zürcher Theologen zufolge habe Selı¯m II. 1570 »das edel Künigrych Cypern gewunnen/ vil tusend Christen gemarteret/ erwürgt vnd hinwa[e]g zu[o] jmmerwa[e]render/ vyhischer dienstbarkeit/ gefu[e]rt«. Hier unterbricht er die chronologische Erzählstruktur – in welcher als nächstes Lepanto hätte Erwähnung finden müssen – um ausführlich denen zu widersprechen, die die osmanischen Siege nicht als »Saracenische[] vnd Türckische[] veruolgungen«, sondern lediglich als »burgerliche oder landtskrieg« ansehen.715 Die Ursache für die osmanischen Eroberungen sieht er im Wirken des Teufels, der sich am Blutvergießen und der Prüfung der rechten Christen ergötze und die Osmanen – als göttliche Strafe eingebettet in den Heilsplan – dafür nutze. Mit Bezug auf das Buch Daniel erläutert der Autor dann abschließend, dass die Osmanen die »letste[]/grewenliche[] vnd verho[e]rte[] veruolgung vnd verderbung« seien, die mit dem Jüngsten Gericht und der Erlösung der Christen ende, das, so Bullinger, »nun me nit vast wyt« sein könne.716

711 712 713 714 715 716

vnd bestant/ sampt erzellung der raach vnnd straff Gottes/ wider die veruolger […]. Zürich 1573. (ZBZ, Zm IDC PBU-248), fol. 2r, 58r-72v (58r, 60v); ders.: Diarium, S. 112. Zu dieser Überzeugung Bullingers siehe Widmer: Bullinger und die Türken, S. 598ff. Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 208 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 18. August 1570). Bullinger: Diarium, S. 103. Diese Position vertritt Bullinger auch in Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 230 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 01. Dezember 1570). Bullinger: Veruolgung. (ZBZ, Zm IDC PBU-248), fol. 60v. Ebd., fol. 70v. Ebd., fol. 71v, 72v.

Ein Sieg, viele Konfessionen

227

In eine solche geschichtstheologische Interpretation des Osmanischen Reiches unter Rückgriff auf eschatologische Deutungsmuster passte der Ausgang der Seeschlacht von Lepanto offensichtlich nicht herein. Anscheinend fürchtete Bullinger keineswegs eine etwaige Inkonsistenz seiner Erzählung durch das Verschweigen von Lepanto; das Ereignis muss zu dem Zeitpunkt in Zürich angesichts der Bartholomäusnacht, der Kriege in den Spanischen Niederlanden und der ausbleibenden Erfolgsnachrichten der Liga bereits so sehr in den Hintergrund gerückt sein, dass Bullinger Lepanto nicht erwähnen und so auch nicht in sein theologisches Narrativ einbauen musste. In dem Zusammenhang hatte der Erfolg der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto anscheinend – nach reformiertem Verständnis – katholische Kräfte freigesetzt, die nun nicht mehr gegen die Osmanen forciert, sondern verstärkt gegen innerchristliche Feinde eingesetzt wurden.717 Bullinger schrieb diese Zeilen knapp ein Jahr nach der Schlacht und wenige Monate vor dem venezianisch-osmanischen Frieden. Dieser muss dann seine Ansicht des Weltgeschehens als Verfolgungen der ›wahren‹ Christen als gottgewollte Strafe aufgrund christlicher Uneinigkeit bestätigt haben.718 Denn in seine eschatologischen Deutung des Krieges zwischen der katholischen ›Heiligen Liga‹ und dem Osmanischen Reich als die Endzeit signalisierender Widerstreit zwischen den Antichristen passte zwar die Schlacht von Lepanto, nicht aber der für die Katholiken siegreiche Ausgang. Denn bereits im August 1570 hatte er angenommen, dass die Venezianer – sollte es zu einem Zusammenstoß der Flotte mit den Osmanen kommen – als Verlierer aus einer Schlacht hervorgehen würden, weil sie im Begriff waren, sich mit dem Papsttum und Spanien einzulassen, wo »die Anhänger des Evangeliums«719 verfolgt werden. Bullinger ging davon aus, dass Gott die Venezianer dafür bestrafe.720 Der »christliche[] […] Sieg« bei Lepanto drohte jedoch mit der einsetzenden ›Verfolgung‹ zu einem »katholische[n] Sieg« zu werden.721 Erst mit dem venezianischen Separatfrieden hatte Lepanto sein Bedrohungspotenzial für die Reformierten mit der sich äußernden katholischen Uneinigkeit verloren.722 Vor dieser Deutung des Weltgeschehens und Lepantos in Bezug auf die von Bullinger beschriebene ›Christenverfolgung‹ fand auch eine ganz besondere Himmelserscheinung vor Lepanto eine Umdeutung, nämlich jenes außergewöhnlich rote Erscheinungsbild der Sonne im September 1571, das Heinrich Bullinger und Johann Jacob Wick detailliert beschrieben und als Verweis auf die Seeschlacht von Lepanto oder die osmanische Einnahme Famagustas eingestuft 717 718 719 720 721 722

Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 125. Bullinger: Diarium, S. 115f. Widmer: Bullinger und die Türken, S. 611. Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 208. Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 125. Bullinger: Diarium, S. 103.

228

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

hatten. Ein Jahr nach dem Seesieg der ›Heiligen Liga‹ und nach der Bartholomäusnacht beurteilten Zürcher Reformierte die ›Blutsonne‹ nicht mehr als Zeichen »der Christen sig vnd Turggisch verlurst […], sonder Christen blu[o]tt vergiesen so A. 1572 ervolgt.«723 Diese Umdeutung verdeutlicht eindringlich das polyvalente Verhältnis zwischen angenommenen Zeichen und dem interpretierten Bezeichneten. Die Seeschlacht von Lepanto nahm im Zürcher Reformiertentum daher zwar einen durchaus zentralen Stellenwert im Heilszusammenhang ein, dieser Stellenwert selbst aber war immer wieder Interpretationen ausgesetzt und wandelte sich insbesondere nach der Bartholomäusnacht zum endzeitlichen Signum der Verfolgung der ›wahren Christen‹ durch den Antichristen, den Papst.724 Nach dem venezianischen Friedensschluss finden sich zwei weitere Einträge im ›Diarium‹, die auch Bullingers Einschätzung Lepantos im Speziellen und des venezianisch-osmanischen Krieges im Allgemeinen ein Stück weit erhellen. Für das Jahr 1573 vermerkt Bullinger die Einnahme von Tunis durch Juan d’Austrias Flotte mit zynischen Worten: »Dis jars hielt Johan di Austria, der Hispanier (Hänsli von Osterrich, nohtbub Carolis, ein größerer buler dann kriegsman), uff dem meer und schwankt zu herbsts zit uff Affricam, gen Thunis, und wie ietz die red gat, hat Thunis sich im uffgäben), und hat er volk da ligen lassen, und ist wider herus kommen in Siciliam, in Spanien zu schiffen.«725

Während nach Lepanto unzählige katholische Autoren Don Juan als Kaisersohn und damit als neuen Karl V. feierten, der – in Anlehnung an das Evangelium nach Johannes (Johannes 1, 6) – von Gott geschickt worden sei, greift Bullinger Don Juans Status als illegitimen Sohn Karls V. auf, um daran anschließend sein Kriegsgeschick in Frage zu stellen. Juan, hier in der Koseform des deutschen Namens Johannes als »Hänsli« angeführt, sei der »nohtbub Carolis« und »ein größerer buler dann kriegsman«.726 Er kenne sich also eher in Liebesangelegenheiten und im Erschleichen von Gunst und anderen Dingen als etwa in Militaria aus. Die Einnahme im späten Herbst, als die mediterrane Schiffssaison sich dem Ende zuneigte, ließ nichts Gutes für das kommende Jahr vermuten, und so notierte Bullinger 1574:

723 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 242 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 05. März 1571); Bullinger: Diarium, S. 106. Das Zitat zur Bartholomäusnacht stammt vermutlich von Johann Jacob Fries. Zit. nach Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 120. Siehe ebd., S. 111–129. 724 Siehe hierzu auch die Rezeption der Bartholomäusnacht in der ›Wickiana‹: Matthias L. Senn: Johann Jakob Wick (1522–1588) und seine Sammlung von Nachrichten zur Zeitgeschichte. Zürich 1973, S. 88–111. 725 Bullinger: Diarium, S. 116. 726 Ebd.

Ein Sieg, viele Konfessionen

229

»Und wie hievor im 1573. jar gesagt, das Thunis gewunen, ist diß jars der Türgg mit macht herüber geschiffet, hat es blägeret, nach langem und redlicher gägenwer gewunen, alles erschlagen und zu Thuns, Gulotha [La Goulette, S. H.] und in der nüwen veste, das er alles in grund geschleizt, gefunden in 400 stuck büchsen uff rederen, vil harnisch und andere rüstung und gut. Redlicher lüten sind etlich 1000 erschlagen. Das beschach im September. Jo. de Austria, der hievor den stäcken ins hurnusennäst wie bös buben gestossen, dorft sich an Ochiali, den obersten, nit wagen, schiffet nach disem schaden in Hispanien. Aber mit bulen hette er mer ußgericht, dann gägen dem Türggen.«727

Der reformierte Theologe schreibt den Tod etlicher tausend, ehrenwerter Menschen dem Leichtsinn Don Juans zu, der im vorigen Herbst wie ein kleiner, unbedachter, böswilliger Junge in das Hornissennest gestochen und nun beachtlichen Schaden herbeigeführt habe.728 Deshalb dürfe er nicht einmal ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa nachstellen, sondern müsse sich in Spanien blicken lassen. Bullinger greift seine Rede vom Vorjahr auf, wonach Don Juan »ein größerer buler dann kriegsman«729 sei, und schlussfolgert scharfzüngig, er hätte mit buhlen weitaus mehr erreichen können, als im Kriege gegen die Osmanen. Aus Chur hatte Bullinger handschriftliche Nachrichtenbriefe aus Mailand, Rom und Venedig erhalten: »In Italia sye ein gmeine red und forcht, die Türggen lassinnd sich hörenn: ee 6 oder 7 monat vergangind, müsind ire pferd uff denn altären zu[o] Rom fressenn.«730 Die Metapher von der Schlachtung und Verzehrung der Pferde auf römischen Altären führt erneut Bullingers Verständnis des osmanischen Aufstiegs als göttliche Strafe für zerstrittene Christen vor Augen, die zu osmanischen Siegen führen, ja, zur Einnahme des Zentrums des alten, zerstrittenen Glaubens und zu dort ausgeübten, götzendienerischen Praktiken führe.731 Hierbei handelt es sich um den letzten Eintrag im ›Diarium‹, bevor der Verfasser am 17. September 1575 in Zürich verstarb. Auf textueller Ebene schließt sich dennoch der Bogen zum Anfang der Aufzeichnungen, die Bullinger mit dem Verweis auf Psalm 31 begann, womit er sein Gottvertrauen bekannte (»Du bist mein Gott!«) und Gott bat, ihn in seinem Erbarmen vor den Feinden zu schützen.732 Der letzte Eintrag im ›Diarium‹ führt angesichts der Geschehnisse im 727 Ebd., S. 124. 728 Auch den Vormarsch Kaiser Maximilians II. in Ungarn beschrieb Bullinger als das Stoßen in ein Hornissennest. Vgl. Widmer: Bullinger und die Türken, S. 618f. 729 Bullinger: Diarium, S. 116. 730 Zur Eroberung von Tunis in der Korrespondenz zwischen Bullinger und Egli siehe Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 506f. (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 17. Oktober 1574 sowie Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 22. Oktober 1574). Nach Eglis Tod auch ebd., S. 508 (Scipio Lentulus an Heinrich Bullinger, Chiavenna, 31. Dezember 1574). 731 Das Bildmotiv der osmanischen Pferdeopferung war ein fester Bestandteil der Topoi der Türkenfurcht: Alan Mikhail: The Animal in Ottoman Egypt. Oxford u. a. 2014, S. 109. 732 Bullinger: Diarium, S. 1: »PSAL. XXXI. Ego in te speravi Domine. Dixi DEVS MEVS ES TU, in manu tua sortes meæ. Eripe me de inimicis meis, et salvum me fac in MISERICORDIA tua«.

230

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Mittelmeer (Lepanto und Tunis) gewissermaßen vor Augen, wer Bullingers Feinde (inimicis meis) waren: Weniger die Osmanen, als vielmehr Spanien und das Papsttum. In dieser himmlischen Weltordnung des Kampfes zwischen Antichrist und Antichrist war Lepanto zwar ein beachtenswertes, aber letztlich belangloses Zeichen, das seinen reformierten Ereignischarakter mit der Bartholomäusnacht eingebüßt hatte, weil Gott diejenigen bestrafen würde, die die ›wahren‹ Christen verfolgten. Angesichts solcher theologischer Standpunkte sahen sich Reformierte in der zeitgenössischen Konfessionspolemik häufig dem Vorwurf des ›Philoturkismus‹ ausgesetzt. Mitunter war gar die Rede vom CALVINO-TVRCISMVS, um religiöse Ansichten als Irrlehren zu diffamieren. Manche Protestanten hofften auch, die Osmanen könnten die Vorherrschaft der Papisten brechen und so zur Verkündung des (protestantischen) Wort Gottes produktiv beitragen.733 Aufschlussreich ist daher, dass sich in den Monaten vor der Seeschlacht eine osmanische Gesandtschaft in den eidgenössischen Gebieten aufhielt. Am 02. März 1571 traf »des türgischen keissers legat« in Chur ein, wo er empfangen wurde und im Schloss Haldenstein residierte. Der hiesige Pfarrer Tobias Egli berichtete daraufhin an Bullinger, dass der Osmane gesagt habe, »das der Türg sich nie so woll grüst als jetz und sye fürnemens, die christenheit zu[o] verderben mit brand und füwr.« Eine solche Nachricht muss im eschatologischen Weltbild der Reformierten als Bestätigung der nahenden Erlösung von der Verfolgung des katholischen Antichristen verstanden worden sein. Eine solche Deutung erklärt auch Eglis milden Nachsatz angesichts der drohenden Worte des Osmanen, der »gar ein fründtlicher, demütiger man [ist]«. Der Dolmetscher, der mitreiste, erschien sogar noch am 02. März als Gast auf der Hochzeit der Bürgermeistertochter mit einer auffälligen Kette.734 Wenn diese osmanische Gesandtschaft sowie die Seeschlacht von Lepanto in der Korrespondenz Heinrich Bullingers thematisiert wurde, so führt diese auf eine weitere, wichtige Spur der reformierten Wahrnehmungen des Ereignisses Lepanto: nämlich zum calvinistischen Genf.735 733 William Rainolds: CALVINO-TVRCISMVS ID EST, CALVINISTICÆ PERFIDIAE, CVM MAHVMETANA COLLATIO, ET DILVCIDA VTRIVSQVE SECTAE CONFVSIO. Quatuor libris explicata. Ad stabiliendam, S. Romanæ Ecclesiæ, contra omnes omnium hæreses, fidem orthodoxam, accommodatissima. Authore GVGLIELMO REGINALDO Anglo, sacræ Theologiæ quondam in collegio Pontificio Anglorum apud Rhemenses professore. Antwerpen 1597. (BSB, Polem. 2282); Kaufmann: »Türckenbüchlein«, S. 46; Franco Cardini: Europa und der Islam. Geschichte eines Mißverständnisses. München 2004, S. 225; István G. Tóth: Der Islam in Mitteleuropa – Türkengefahr und Koexistenz. In: Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden. Hg. v. Carl A. Hoffmann u. a. Regensburg 2005, S. 153. 734 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 242 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 05. März 1571). 735 Vgl. einführend zur Vorgeschichte Edward W. Monter: Calvin’s Geneva. (New Dimensions

Ein Sieg, viele Konfessionen

231

Aufschlussreich ist, dass bereits vor der Seeschlacht von Lepanto das Ereignis in Genf erwartet worden ist. Der Vorsteher Théodore de Bèze schrieb bereits drei Wochen vor dem Stattfinden der Schlacht an Heinrich Bullinger, dass es zwischen Venedig und dem Osmanischen Reich zu einer Seeschlacht kommen werde. Ein Sieg der Venezianer habe, so de Bèze weiter, das Potenzial, große Änderungen herbeizuführen und die Macht der Osmanen, die Venedig zu Wasser und Land gegenüberstehen, ins Wanken zu bringen.736 Angesichts der reformierten Deutung einer zeichenhaften Welt war der Zeichencharakter des Ereignisses also bereits antizipiert worden. Allerdings findet sich in der folgenden Korrespondenz de Bèzes zunächst kein Hinweis auf die Schlacht und auch in den ›Registres de la Compagnie des pasteurs‹ ist kein Lepanto-Verweis anzutreffen.737 Hingegen erfuhr de Bèze von der osmanischen Einnahme Famagustas, die der Zürcher Theologe und spätere Bullinger-Nachfolger Rudolf Gwalther am 25. Oktober aus Zürich nach Genf versandt hatte.738 Erst am 25. Dezember 1571 nahm de Bèze das Weihnachtsfest zum Anlass, um die Bedeutung des Sieges der ›Heiligen Liga‹ abzuwägen. An den flämischen Theologen Petrus Dathenus schrieb der Genfer daher, dass er den »Sieg der Konföderierten gegen den Türken« als »von so großer Bedeutung« einschätze, dass er das gesamte Osmanische Reich und all seine griechischen und afrikanischen Einflussgebiete in Furcht und Schrecken vor ligistische Eroberungen versetze. Zugleich verleihe er den ligistischen Herrschaften einen so ausgeprägten Stolz über das Ereignis, dass der Genfer auf Gottes Beistand gegen diese überstolzen Ligisten hoffe, sollten sie Lepanto als Exemplum heranziehen, um auch gegen die Reformierten in Genf und in den spanischen Niederlanden vorzugehen.739

736

737 738 739

in History. Historical Cities). New York u. a. 1967. Eine umfängliche Untersuchung der Wahrnehmungen des Osmanischen Reiches im calvinistischen Genf steht noch aus und kann hier nur im Hinblick auf die Reaktionen auf Lepanto angerissen werden. Auch Kaufmann: »Türckenbüchlein« behandelt Genf nicht eingehender. Es ist zu erwarten, dass die voranschreitende Edition von Bullingers umfangreicher Korrespondenz weitere Einblicke zur reformierten Wahrnehmung Lepantos mit sich bringen wird. Vgl. Kess: Bullinger’s Correspondence. Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 189 (Théodore de Bèze an Heinrich Bullinger, Genf, 19. September 1571): »Venetiis audimus valdre trepidari, classe Turcica in ipsum pene urbis conspectum prodeunte, et alio Turcarum terrestri exercitu, expugnatis plurimis urbibus, totam Sclavoniam crudelissime populante. Videntur ista magnam rerum conversionem portendere, praesentim si, quod nonnulli putant, navali decernatur, quocunque tandem victoria inclinarit«. Hierzu auch ebd., S. 183 (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 17. September 1571). Ich beziehe mich auf die edierte Korrespondenz: ebd.; Olivier Fatio/ Olivier Labarthe (Hg.): Registres de la Compagnie des pasteurs de Genève. Bd. 3: 1565–1574. Genf 1969. Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 189 (Rudolf Gwalther an Théodore de Bèze, Zürich, 25. Oktober 1571). Ebd., S. 267 (Théodore de Bèze an Petrus Dathenus, Genf, 25. Dezember 1571): »Victoria haec confoederatorum adversus Turcam, tanti mihi videtur momenti, ut si illa recte uti

232

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Über die katholischen Lepanto-Reaktionen holte de Bèze ausgiebige Erkundigungen ein: So konnte er im Januar 1572 an Peter Tossanus schreiben, dass man überall in Italien den umfänglichen Sieg gegen die Osmanen besinge.740 Wie Tossanus, der im Vorjahr aufgrund seiner theologischen Ansichten im württembergischen Mömpelgart als Prediger pensioniert worden war, auf die ihm zugetragene italienische Lepanto-Euphorie reagierte, ist nicht bekannt.741 Dass de Bèze gerade Tossanus diese Nachricht zukommen ließ, dürfte jedoch kein Zufall gewesen sein. Bereits im Februar 1571 hatte Tossanus’ Sohn Daniel, der schließlich während der besagten württembergischen Inspektion des Landes verwiesen wurde, den Genfer Theologen aus Mömpelgart infomiert, dass er befürchte, die Protestanten würden sich gegenseitig zerfleischen, wenngleich die Ecclesias Evangelicas von den Turcae et Papistae gefährdet werde.742 Dass de Bèze knapp ein Jahr später Tossanus’ Vater informierte, die italienischen Katholiken erfreuten sich einmütig des Ausgangs der Seeschlacht, muss daher vor diesem Hintergrund verstanden werden: Die Nachricht führte die Geschlossenheit der Katholiken im Angesicht der Osmanen, die auch schon im Liga-Schluss selbst zu sehen war,743 und damit zugleich die Zerstrittenheit der Protestanten vor Augen. Unter den Reformierten war diese Meinung weit verbreitet. Aus Heidelberg las de Bèze noch im April 1573, dass mit dem katholischen Papst und osmanischen Sulta¯n ein Antichrist gegen den anderen kämpfe, von denen einer schlimmer als ˙ der andere sei.744 Mit der Bartholomäusnacht, in deren Anschluss viele Franzosen nach Genf flohen, sollte sich diese Wahrnehmung auch bei de Bèze verstärken,745 sodass in Genf, gleichfalls wie in Zürich, Lepanto eine Drohkulisse darstellte. In dieser wurde der Schlacht gerade deshalb ein bedeutsamer Ereignischarakter zugesprochen, weil Lepanto die Verfolgung der ›wahren‹ Christen durch die Katholiken in Aussicht stellte, die dann mit der Bartholomäusnacht das ei-

740 741 742 743 744 745

norint, iste ne terra quidem metuendus videatur, nisi omnes suas regiones, id est omnia Graeciae, Asiae, Aegipti totiusque adeo Africae litora, velit hostium direptioni exponere. Quid nos interea? Certe excubandum est, et eorum saltem exemplum in conjungendis viribus sedulo imitandum. Ipsi vero quo superbiores fuerint, eo magis judicium Domini accellerabunt, ut qui superbis praecipue resistat.« Hippolyte Aubert (Hg.): Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 13: 1572. (Travaux d’humanisme et renaissance, Bd. 229). Genf 1988, S. 26 (Théodore de Bèze an Peter Tossanus, Genf, 11. Januar 1572). Zu Tossanus siehe John Biénot: Toussain (Tossanus), Peter. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Hg. v. Albert Hauck. Bd. 20. 3. Aufl. Leipzig 1908, S. 5–7. Ebd., S. 7; Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 49 (Daniel Tossanus an Théodore de Bèze, Mömpelgart/ Montbéliard, 24. Februar 1571). Ebd., S. 161 (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 23. Juli 1571). Hippolyte Aubert (Hg.): Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 14: 1573. (Travaux d’humanisme et renaissance, Bd. 242). Genf 1990, S. 73–82. Henry M. Baird: Theodore Beza. The Counsellor of the French Reformation. 1519–1605. New York 1970, S. 248–254.

Ein Sieg, viele Konfessionen

233

gentlich bedeutsame Ereignis innerhalb dieser Diskurse antizipierte – womit das reformierte Lepanto dann nebensächlich wurde. Im Hinblick auf die Wahrnehmung Lepantos sind an der Genfer Korrespondenz drei Aspekte auffällig: Erstens, de Bèze und seine Kommunikationspartner tauschten sich ausgiebig über den Zypernkrieg sowie über das Osmanische Reich und die ›Heilige Liga‹ aus.746 Zweitens, Zürich nahm dabei eine zentrale Mittlerposition ein. Drittens, dieser Informationsaustausch über das Osmanische Reich und den Zypernkrieg war dabei auch immer mit theologischen Deutungen verbunden. Letzteres verdeutlicht nicht nur die Übersendung der Nachricht von der italienischen Lepanto-Euphorie, sondern noch ein weiteres Beispiel. Ende Mai 1571 tauschten sich Bullinger und de Bèze über den Tod des Fürsten von Siebenbürgen aus. Das Ableben Johann Sigismund Zápolyas prädestinierte die Region nach der Einschätzung der reformierten Korrespondenten für einen Einfall der Osmanen.747 Wenige Tage darauf schrieb der Genfer Theologe deshalb an Girolamo Zanchi, dass er dem Erscheinen von dessen Buch entgegenfiebere, wenn ihm nur die Osmanen nicht mit dem Schwert zuvorkämen! 748 Was ist mit dieser Formulierung genau gemeint? Der italienische Theologe Zanchi lebte seit drei Jahren in Heidelberg, wo er 1571 als Universitätsrektor wirkte und sich dort in reformiert-theologischen Debatten positionierte. Bei dem von de Bèze im Mai 1571 ersehnten Werk handelt es sich um die Abhandlung ›DE TRIBVS ELOHIM‹, die Zanchi Ende 1572 in Druck gab und in welcher er sich gegen antitrinitarische Positionierungen aussprach. Somit richtete sich Zanchis Abhandlung auch gegen die theologischen Positionen der Antitrinitarier in Siebenbürgen und zielte letztlich auf die Überzeugung der Leser.749 Mit dem Tod 746 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 13, S. 41 (Hubert Languet an Théodore de Bèze, Zürich, 11. Februar 1572). 747 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 117f. (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 26. Mai 1571). Siehe auch Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 247 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 27. April 1571); ebd., S. 248f. (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 25. Mai 1571). Siehe grundsätzlich Erich Bryner: Bullinger und Ostmitteleuropa. Bullingers Einfluss auf die Reformation in Ungarn und Polen. Ein Vergleich. In: Heinrich Bullinger. Life – Thought – Influence. Hg. v. Emidio Campi u. Peter Opitz. Bd. 2. (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte, Bd. 24). Zürich 2007, S. 799–820. 748 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 127 (Théodore de Bèze an Girolamo Zanchi, Zürich, 03. Juni 1571): »Tuum te Trinitate scriptum avide expecto, ut isti tandem prorsus jugulentur Dei verbo, nisi fortasse praevenerit Turcarum gladius«. Vgl. auch PaulFrédéric: Théodore de Bèze. Genf 1967, S. 292. 749 Zur biografischen Verortung siehe Girolamo Zanchi: De religione christiana fides. Confession of Christian Religion. Hg. v. Luca Baschera u. Christian Moser. Bd. 1. (Studies in the History of Christian Traditions, Bd. 135). Leiden u. a. 2007, S. 1–14; Girolamo Zanchi: DE TRIBVS ELOHIM, AETERNO PATRE, FILIO, ET SPIRITV SANCTO, VNO EODEMQVE IEHOVA, […]. Frankfurt a. M. 1573. (BSB, Res/2 Dogm. 363-1/2). Zu den religiösen Positionen siehe Mihály Balázs: Early Transylvanian Antitrinitarianism (1566–1571). From

234

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

von Zápolya fürchtete de Bèze, die Osmanen könnten Siebenbürgen erobern und somit auch Zanchis schriftlichen Bemühungen um die ›christlichen Seelen‹ mit dem Schwert zuvorkommen.750 Angesichts der osmanischen Unterstützung revoltierender moriscos in Spanien debattierte de Bèze auch gemeinsam mit dem Berner Nikolaus Zurkinden darüber, ob ein eventueller osmanischer Angriff auf Spanien Auswirkungen auf die katholisch-calvinistischen Kampfhandlungen in den Spanischen Niederlanden besäßen. Das verdeutlicht abermals, dass der Genfer Theologe die Nachrichten vom Zypernkrieg und Lepanto auf aktuelle, kontroverstheologische Debatten, Deutungen und Geschehnisse anwandte.751 Die konfessionelle Deutung der Nachrichten ging dabei häufig mit der Informationsübermittlerrolle Zürichs einher. Im April 1573 berichtete Bullinger die ihn beunruhigenden Neuigkeiten über den militärischen Entsatz der Osmanen. Dafür schrieb er de Bèze, man habe in Zürich Bedenken, Sulta¯n Selı¯m II. ˙ sei der neuzeitliche Nebukadnezar, womit Bullinger auf dessen Eroberung Jerusalems anspielte (Jeremia 39). Dieselbe Deutung findet sich ebenfalls in seiner Korrespondenz mit Tobias Egli in Chur.752 Auch als de Bèze die Nachricht vom venezianisch-osmanischen Friedensschluss vernahm und gegenüber Bullinger die Befürchtung aussprach, Spanien und Rom würden nun Venedig angreifen, deutete er die Neuigkeit im biblischen Kontext mit einer Referenz auf das LukasEvangelium und einer Anrufung Gottes, der den Menschen den wahren, vom Heiligen Geist präfigurierten Frieden zugestehen möge. Vergleichbare Vermu-

Servet to Palaeologus. (Bibliotheca dissidentium. Scripta et studia, Bd. 7). Baden-Baden/ Bouxwiller 1996. 750 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 127 (Théodore de Bèze an Girolamo Zanchi, Zürich, 03. Juni 1571): »Tuum te Trinitate scriptum avide expecto, ut isti tandem prorsus jugulentur Dei verbo, nisi fortasse praevenerit Turcarum gladius«. Vgl. grundsätzlich Geisendorf: Théodore de. Genf 1967, S. 292. Zur Bedeutung der Muslime für die kontroverskonfessionelle Thematisierung reformierter Glaubensinhalte siehe auch Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 13, S. 54, 59 (Théodore de Bèze an August von Sachsen, Genf, 18. Februar 1572). 751 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 141 (Nikolaus Zurkinden and Théodore de Bèze, Bern, 12. Juli 1571); Casale: Ottoman Age of Exploration, S. 137f.; Andrew C. Hess: The Moriscos. An Ottoman Fifth Column in Sixteenth-Century Spain. In: The American Historical Review 74 (1968), H. 1, S. 1–25. Information über das osmanischspanische Schlachtgeschehen gingen daher bei de Bèze auch über den venezianisch-osmanischen Friedensschluss hinaus ein. Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 14, S. 164f. (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 02. August 1573); ebd., S. 204f. (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 30. August 1573). 752 Ebd., S. 88 (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 20. April 1573); Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 507 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 22. Oktober 1574) in Reaktion auf ebd., S. 506 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 17. Oktober 1574).

Ein Sieg, viele Konfessionen

235

tungen über einen zwischen den Ligisten ausbrechenden Krieg äußerte im Mai 1573 auch Bullinger.753 Das unterstreicht, wie sehr die zwinglianischen Positionen in Zürich mit den calvinistischen Deutungen in Genf bei der heilstheologischen Einschätzung der mediterranen Kämpfe zwischen Katholiken und Osmanen zusammenhingen. Zugleich haben diese Ausführungen demonstriert, dass die Frage nach den multikonfessionellen Wahrnehmungen Lepantos nicht auf eine Gegenüberstellung von protestantischen und katholischen Deutungen dieser Schlacht zu reduzieren ist, wie dies katholische Zeitgenossen einerseits und Historiker andererseits taten.754 Vielmehr waren nicht-katholische Deutungen Lepantos selbst zu vielschichtig, als dass sie als eine Position beschreibbar wären. Als endzeitliches Ereignis konnte Lepanto in reformierten Kontexten antizipierende Zeichenhaftigkeit zugesprochen werden, die damit einherging, dass die Schlacht ihren Ereignischarakter verlor, als die Bartholomäusnacht das antizipierte Vorgehen des katholischen Antichristen gegen die ›wahren‹ Christen als eingetretenes Ereignis bezeichnete.

II.3.v. Die Nähe und Ferne eines Ereignisses: Lepanto in Drucken und Selbstzeugnissen Bei der Frage nach der Nähe und Ferne des Ereignisses Lepanto für deutschsprachige Akteure sind jedoch nicht allein die konfessionellen Wahrnehmungen und zeitgenössischen Festivitäten aufschlussreich, sondern auch die Drucke, die im Reich über die Seeschlacht erschienen.755 Dass sich die Siegesnachricht zeitnah in Druckerzeugnissen niederschlug, veranschaulicht ein Wiener Beispiel. Als dort die Lepanto-Nachricht am 25. Oktober beim Kaiser eintraf, ließ er keine Zeit verstreichen und gab diesen – »trewlich verdeutscht« – bereits am 09. November durch Caspar Stainhoffer im Sankt-Anna-Hof in Druck. Die Flugschrift enthielt allgemeine Informationen zum Schlachtverlauf, nannte die geringen und hohen 753 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 14, S. 96 (Théodore de Bèze an Heinrich Bullinger, Genf, 30. April 1573): »En quae sit pax filiis hujus seculi. Utinam vero nobis Dominus veram ilam pacem concedat, cujus arrhabonem habemus Spiritum ipsius.« Ebd., S. 99 (Verweis auf Lukas 16, 8 und Lukas 20, 34), 121f. (Heinrich Bullinger an Théodore de Bèze, Zürich, 16. Mai 1573). 754 Hierzu siehe Kapitel II.3.i. Zwischen Universalität und Partikularität: Lepanto-Festivitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation mit Einzelnachweisen. 755 Formulierung in Anlehnung an Hans Medick/ Benigna von Krusenstjern: Einleitung. Die Nähe und Ferne des Dreißigjährigen Krieges. In: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe. Hg. v. dens. (Veröffentlichungen des Max-PlanckInstituts für Geschichte, Bd. 148). Göttingen 1999, S. 13–36. Zu im Reich erschienenen Lepanto-Drucken siehe einführend Pettegree: Book, S. 145; ders.: Invention of News, S. 143f.

236

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Verluste der Liga- beziehungsweise osmanischen Flotte und führte die Namen verstorbener und verletzter, venezianischer Kapitänen an. Der ›bericht‹ endet mit dem Hinweis darauf, dass es sich um einen von Gott vermittelten Sieg handelt, woraufhin sich ein kurzer Gebetstext anschließt: »Der Allmechtig gu[e]tig Gott/ wo[e]lle sich einmal seiner Armen betrangten Christenheit erbarmen/ vnd durch sturtzung dises Blutdu[e]rstigen Tyranens vnnd seines Namens Erbfeindt erzaigen/ Daß er allein der Herr sey/ vnnd kein gewalt wider jhnen bestehen mo[e]ge. Amen.«756 Dieser Spruch drückt die im Vertrauen auf den göttlichen Heilsplan begründete Hoffnung auf sich anschließende Siege aus, die im Vokabular der Türkengefahr als göttliche Überwindung beschrieben werden. Zugleich erschien ein illustriertes Flugblatt, das den Verlauf der Flottenbewegungen bis zur Seeschlacht visualisierte und textuell beschrieb. Deutschsprachige Lepanto-Publikationen sind aber nicht allein in Wien, sondern auch in den Buchdruckzentren Augsburg, Nürnberg, Leipzig,757 Frankfurt a. M.758 und Basel produziert worden.759 Weitere Lepanto-Drucke er-

756 Anonym: Warhafftiger vnnd khurtzer bericht der Freydenreichen vnnd Herrlichen Victori, So die Christlich Armada der Bundtsverwanten inn Jtalia auff dem Adriatischen Meer/ Nechst verschienens Sibenden Tags diß Monats Octobris, vnnd lauffenden Einvndsibentzigsten Jahrs/ Vermittelst Go[e]ttlicher verleyhung/ gegen den gemainen Erbfeindt Christliches Namens/ dem Türcken erhalten hatt/ Auß ainem Schreiben der Herrschafft Venedig Obristen selbst/ vnter Dato des Neundten beru[e]rts Monats/ an den Hertzogen daselbst gethan/ trewlich verdeutscht. Wien 1571. (BSB, Res4 Turc. 84,23), fol. 1r, 2r-3v. Zur Datierung siehe Harms/ Schilling: Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2, S. 18. 757 Giambattista Rasario: Ein Oration Von dem Sig/ welchen die Christen bey den Jnseln/ so vorzeiten Echinades/ jetzt Salie genant/ erhalten haben. Gethon durch den Hochgelerten Herrn Johann Battista Rasario &c. an den Hertzogen vnd Rath zu Venedig/ Jnn S. Marxen Kirchen alda/ den 19. Octobris/ im Jar &c. 1571. [Leipzig?] 1571. (BSB, 4 Hom. 1873); Nickel Nerlich: Eigentliche Contrafactur vnd verzeichnis der grossen gewaltigen Niderlage vnd Schlacht/ so die Christen mit dem Erbfeinde dem Tu[e]rcken gehalten haben auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ ausser der Meerporten Leopanto/ zwischen Cephalonia vnd Cursolari/ Vnd aus sonderlicher schickung des Allmechtigen Gottes/ die gantze Tu[e]rckische Armada in die flucht geschlagen/ Ein grossen Teil erobert/ vnd viel gefangene Christen erlediget/ den 7. Octob. Anno 1571. Leipzig O. J. (GNM, HB5824); Anonym: Andere Warhafftige Newe Zeitung/ von dem grossen Sieg der Christen/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wider den Tu[e]rcken/ so bey dem Porto Le Pante (sonsten Naupactus genandt) aus sonderbarer schickung Gottes erhalten worden/ den 7. Octobris/ Jm Jar 1571. Sampt gewisser verzeichnus/ was auff beiden seiten/ von fürtrefflichen Leuten gewesen/ vnd zum theil gefangen vnd blieben sein. Leipzig 1571. (ULB Sachsen-Anhalt, AB 155691 (7)). 758 Anonym: Zeytungen/ Von dem grossen Christen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer, wider den/ Türcken, so bey dem Porto Le Pante […]erhalten worden ist, Den sibenden/ Octobris, im Jahr 1571. Frankfurt a. M. 1571. (VD 16, Z 325). 759 Anonym: Newe Zeittung/ Des wunderbarlichen Sigs. (ZBZ, 3.279,3); Anonym: Zeytung vnd bericht/ Von der gantz Herrlichen vnnd seer gewaltigen obsigung. (ZBZ, Ms F 19, Bl 320r– 323v (110)).

Ein Sieg, viele Konfessionen

237

schienen in Brixen,760 Dillingen,761 Ingolstadt,762 München,763 Wolfenbüttel764 und auch in Wrocław,765 wo die Leser aufgefordert wurden, Gott für die Victoria zu danken und in Gebeten zu lobpreisen.766 Solche gedruckten Lepanto-Relationen, -Gedichte, -Predigten, -Reden, -Flugschriften sowie -Flugblätter zeugen von dem geografisch weiten Bekanntheitsgrad der Siegesnachricht im Reich, der sich mitunter nicht in der überlieferten, archivalischen Dokumentation niedergeschlagen hat.767 Damit ist auch die ältere Forschungsthese zu revidieren, wonach

760 Giovanni F. Olmi: ODAE TRES IN AMPLISSIMAM CHRISTIANORVM ADVERSVS TVRCAS VICTORIAM. IO: FRANCISCI VLMI MEDICI. BRIXIANI. AD ILLVSTRISS. D. VINCENTIVM GONZAGAM BARVLI PRIOREM. Brixen 1572. (BMCC, Op. P. D. 11774); Giovanni Canevari: IN MVSTAFAM. Brixen 1572. (BNM, Misc. 2046.28); Giovanni A. Taigeto: IO. ANTONII TAYGETI BRIXIANI. DE CHRISTIANORVM VICTORIA CONTRA TVRCAS ELOGIVM. LVDOVICO FEDERICO IVRECON. Clarissimo Patritio Brixiano. Brixen 1571. (BNM, Misc. 168.30). 761 Curzio Gonzaga: Tre canzoni del molto illustre Curtio Gonzaga nella felicissima vittoria christiana contra turchi. Dillingen 1572. (EDIT 16, CNCE 75848); Mammana: Lèpanto, S. 85f.; Anonym: Volkom[m]ne/ warhaffte vnnd gründtliche beschreibung. (OSK, Röpl. 289 = Röpl. 283 (7); SUSBA, 4 Gs 2359-149). 762 Nas: Ein scho[e]ne Tro[e]stliche Neweiarspredig. (BSB, Hom. 1069). 763 Neser: Ein newe Catholische Predig. Auff des Türcken Niderlag. (BSB, Res4 Asc. 663#Beibd.1). 764 Anonym: Warhafftige Zeittung/ Von dem grossen CHristen Sieg. (ULB Sachsen-Anhalt, AB 155711 (5)). 765 Anonym: Warhafftiger vnd kurtzer Bericht/ der frewdenreichen vnnd herrlichen Victori, So di Christlich Armada der Bundßverwandten in Italia/ auff dem Adriatischen Meer/ Nechst verschienens Siebenden tages diß Monats Octobris, vnnd lauffenden Ein vnd siebentzigisten Jahrs/ Vormittelst Go[e]ttlicher verleihung/ gegen dem gemainen Erbfeind Christliches Namens/ dem Tu[e]rcken erhalten hat: Auß einem Schreiben der Herrschafft Venedig Christen selbst/ vnter Dato des Neundten berurts Monats/an den Hertzogen daselbst gethan/trewlich verdeutscht. Wrocław 1571. (AL, Turcica I.36./15795); Anonym: Warhafftige newe Zeittung/ Von dem gewaltigen vnnd frewdenreichen Sieg/ welcher den VII. Octobris/ inn einem Golfo oder Port auff dem Meer/ Delepando genant/ von der Venediger vnd des Ko[e]nigs aus Hispanien Kriegßvolck/ wider den grewlichen Erbfeind der gantzen Christienheit den Tu[e]rcken (durch Gottes hu[e]lff) ritterlich erhalten worden/ &c. Wrocław 1571. (ULB Sachsen-Anhalt, Ung VI 67 (19)); Anonym: Zeittungen/ Von dem grossen Christen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wider den Tu[e]rcken/ so bey dem porto Le Pante (sonsten Naupactus genant) aus sonderbarer schickung Gotees erhallten worden ist/ […]. Wrocław 1571 (VD 16, Z 324). 766 Anonym: Warhafftige newe Zeittung/ Von dem gewaltigen vnnd frewdenreichen Sieg. (ULB Sachsen-Anhalt, Ung VI 67 (19)), fol. 1v. 767 Beispielhaft kann dies für Leipzig verdeutlicht werden. Hier finden sich in den Beständen des Stadtarchivs keine Hinweise auf die eingetroffene Nachricht vom Ausgang der Seeschlacht, wenngleich einige Drucke hierzu erschienen. StadtAL, Jahresrechnung des Rats, 1571; StadtAL, Ratsbücher, 1571, 1572; StadtAL, Ratsbeschlüsse 1479–1531 (die Ratsbeschlüsse des Jahres 1571 sind nicht überliefert, wie sich aus dem Inventar VIII, S. 2, Nr. 11b ergibt); Rasario: Oration Von dem Sig. (BSB, 4 Hom. 1873); Nerlich: Eigentliche Contrafactur. (GNM, HB5824); Anonym: Andere Warhafftige Newe Zeitung. (ULB Sachsen-Anhalt, AB 155691 (7)).

238

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

die Seeschlacht in der deutschsprachigen Dichtung kaum Widerhall gefunden habe.768 Doch darüber hinaus lassen die Drucke selbst Rückschlüsse auf die weitläufige Memorierung Lepantos im Reich zu, weil die Autoren und Drucker auf etablierte Mnemotechniken zurückgriffen, um die Interpretation des Ereignisses bei den Leserinnen und Lesern als christlichen Sieg zu memorieren.769 Sie beschrieben den Schlachtverlauf, der zum »freudenreichen Sieg[]« geführt hatte, in eingängigen Reimen. Wenn die Anfangsbuchstaben eines anderen Lepanto-Gedichts nacheinander gelesen wurden, ergaben sie das ABC, was einerseits der Memorierung des Gedichtes behilflich gewesen sein dürfte und andererseits dessen Einsatz im Schulwesen vermuten lässt.770 Wiederum ein anderer, katholischer Reim erinnerte an Lepanto und dessen Datum wechselseitig in lateinischen und deutschen Versen, deren Groß- und Kleinschreibung die gegenseitige Einprägsamkeit beförderte: »SeptIMVs OCtobrIs TVrCIs fVit eXItIosVs. ChrIstICoLIs Verò fœLIX faVstVsqVe nItebat.

768 So noch Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 150. Göllner legt ein sehr enges Verständnis von Dichtung dieser Aussage zugrunde, das für die Frühe Neuzeit jedoch stärker im Gesamtzusammenhang der Druckerzeugnisse zu situieren ist. So erschienen zahlreiche Lobgesänge und Gedichte auf die Seeschlacht und deren Teilnehmer: Olmi: ODAE TRES. (BMCC, Op. P. D. 11774); Canevari: IN MVSTAFAM. (BNM, Misc. 2046.28); Taigeto: DE CHRISTIANORVM VICTORIA. (BNM, Misc. 168.30); Nerlich: Eigentliche Contrafactur. (GNM, HB5824); Gonzaga: Tre canzoni. (EDIT 16, CNCE 75848); Wolf/ Muret: DE CHRISTIANÆ CLASSI DIVINITVS CONcessa victoria contra Turcos. (SUSBA, 4 Gs 2359-145); Anonym: OB SALVATORIS IESV PERPETVAM LAVDEM. (OSK, Röpl. 283 (8); SUSBA, 4 Gs 2359-143b). Zudem ist eine kommentierte, deutsche Übertragung der venezianischen Lepanto-Rede Rasarius’ überliefert. In dieser wurden beispielsweise die Namen der verstorbenen Venezianer latinisiert wiedergegeben, was der Übersetzter auf einer Marginalie folgendermaßen kommentiert: »dise namen Jtalianisch zu machen/ hab ich on net geacht«. Rasario: Ein Oration Von dem Sig. (BSB, 4 Hom. 1873), fol. 11v. Vgl. diesen Druck mit Rasario: DE VICTORIA CHRISTIAnorum. (AL, Turcica XI.174/15950). Zur Rezeption italienischsprachiger Lepanto-Drucke im Reich siehe auch Annette Gerstenberg: Perspektiven einer länderund textsortenvergleichenden Nachrichten-Geschichte. In: Historische Sprachwissenschaft als philologische Kulturwissenschaft. Festschrift für Franz Lebsanft zum 60. Geburtstag. Hg. v. Michael Bernsen, Elmar Eggert u. Angela Schrott. Göttingen 2015, S. 427–437. 769 Gerhard Hölzle: »MARIA die Siges=Frau«. Die literarische Marienverehrung in Bayern im Zuge der Lepanto-Schlacht. In: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 36 (2002), S. 530–550. Zu Mnemotechniken, Memorierungs- und Kontemplationspraktiken siehe Karl A. E. Enenkel/ Walter S. Melion (Hg.): Meditatio – Refashioning the Self. Theory and Practice in Late Medieval and Early Modern Intellectual Culture. (Intersections. Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture, Bd. 17). Leiden/ Boston 2011. 770 Siehe u. a. Nickel Nerlich: Eigentliche Contrafactur. (GNM, HB5824); Anonym: OB SALVATORIS IESV PERPETVAM LAVDEM. (SUSBA, 4 Gs 2359-143b), fol. 4v.

Ein Sieg, viele Konfessionen

239

Ans VVeInMonats SIbenten tag/ Deß TIIrcken hItzIg trVtz erLag.«771

Jenseits der Drucke sind es vor allem Selbstzeugnisse, die ausführlichere Auskünfte zur Frage nach der Ferne und Nähe Lepantos für deutschsprachige Akteure liefern. Hier sticht die Chronik des 1550 in Fürth geborenen Lutheraners Wolfgang Wagner als besonders aussagekräftig heraus.772 Während seines Schulbesuches in Nürnberg lebte er unter anderem bei einem dortigen Bürger und Tuchmacher, bevor er im April 1571 in den Dienst der Händler Sebald IV. Ayrer und Balthasar König trat. In deren Auftrag ging er noch in demselben Jahr nach Wien, um in einer dortigen Handelsniederlassung zu arbeiten. 1586 heiratete er schließlich Elisabeth Klainer, die der Oberschicht von Linz angehörte, wohin Wagner 1588 zog; in demselben Jahr erhielt er das Bürgerrecht.773 Seine chronikalen Aufzeichnungen betitelte er als ›Memorya vonn Wolff Wagner. Beschrieben worden Alls sein Cronnica.‹ Es handelt sich folglich, wie Harald Tersch es formulierte, um eine »Familienchronik […], die Erinnernswertes festhalten sollte.«774 In ihr notierte der Verfasser Angaben zum Lebensweg, zu Familienmitgliedern und grundsätzlichere Vorkommnisse, die sich in den Orten zutrugen, in denen er sich gerade aufhielt. So vermerkte er die Nürnberger Werbung von Landsknechten für Herzog August von Sachsen im Kontext der Belagerung Gothas im Jahr 1567 oder den Einzug Kaiser Maximilians II. in Nürnberg 1570.775 Für den 07. Oktober 1571 notierte Wagner: »1571 Adi 7. October Schlugen die Venediger dem Turckhen sein gewalttige Armatta aus dem meehr, bey 150 Galla ertrunckhen vnd bey 5000 gefanngen Cristen ledig gelassen, bey 180 Gallea gefanngen vnd bey 130 gallea wider zurechtt gebrachtt.«776

Damit erschien der Seesieg der ›Heiligen Liga‹ für Wagner als »der alleinige Erfolg der Venezianer«.777 Die genauen Bezifferungen hat er sicherlich den zirkulierenden Drucken entnommen, die auch in Nürnberg und Wien erschienen waren. Dabei vertauschte er allerdings die prominente Zahl von 5.000 gefangenge771 Ebd., fol. 5r (»Numerale Carmen tàm germanicum quàm latinum sacri triplicis fœderis diem & annum continens«). 772 Das Original ist überliefert in der ÖNB, Cod. 8880*. Eine Regestedition ist erschienen als Wolfgang Wagner: Die Chronik des Wolfgang Wagner. 1566–1612. In: Linzer Regesten. Hg. v. Franz Wilflingseder. Bd. E 2. Linz 1953, S. 14–59. Einführend siehe Harald Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (1400–1650). Eine Darstellung in Einzelbeiträgen. Wien/ Köln/ Weimar 1998, S. 423–434. 773 Ebd., S. 423; Wagner: Chronik, S. 14f., 17, 28; Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 423. 774 Wagner: Chronik, S. 14; Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 424. 775 Wagner: Chronik, S. 14f. 776 Ebd., S. 15. 777 Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 427.

240

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nommenen Osmanen mit den auf 15.000 geschätzten, durch die Liga ›befreiten‹ christlichen Sklaven.778 Ein solches Vorgehen war für Wagner keineswegs unüblich, ja, in zwei Fällen thematisierte er sogar selbst, Abschriften von Flugschriften in seine Chronik inkorporiert zu haben. Zunächst schrieb er 1588 eine in Olomouc gedruckte ›Newe Zeittung vnd Bericht‹ zur polnischen Thronfolge ab und 1602 nahm er ein konfessionspolemisches Flugblatt zum Ausgangspunkt, um über die moralischen Verfehlungen der in München lebenden Jesuiten zu berichten, die eine Wirtstochter entführt, vergewaltigt und ermordet haben sollen. Harald Tersch führte an, dass letztere Erzählung als eine an die Nachkommen vermittelte Exempelgeschichte verstanden werden kann, mit der Wagner diese vor den im Zuge der Gegenreformation zunehmend in Linz tätig werden Jesuiten warnt.779 So dürften auch einige der von ihm verzeichneten Ereignisse des sogenannten ›Langen Türkenkrieges‹ und eben auch sein Lepanto-Vermerk den gedruckten Zeittungen entnommen worden sein.780 Dieser Umstand erinnert an Autoren anderer Selbstzeugnisse, die wenige Jahrzehnte später die Greueltaten des Dreißigjährigen Krieges beschrieben, indem sie gedruckte Texte adaptierten. Hans Medick betonte diesbezüglich, dass es sich »um ein Beispiel identifikatorischer emphatischer Intertextualität [handelte] – einen Fall von Selbstübersetzung in einen fremden Erfahrungstext hinein, um die eigene Selbstzeugenschaft dadurch zu steigern.«781 Solche intertextuellen Adaptionsleistungen frühneuzeitlicher Selbstzeugnisautoren stellen folglich schriftliche Aneignungsprozesse imaginierter Teilhabe dar. Somit konnte die »weite Entfernung« der Seeschlacht bei Lepanto von Wagner »als nah empfunden werden«,782 weil das Schlachtgeschehen in seiner Wahrnehmung – wie eben in den zeitgenössischen Wiener Drucken auch783 – religiös überhöht war und somit (s)eine Positionierung in diesem Ereigniszusammenhang ermöglichte.

778 Vgl. Harms/ Schilling: Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2, S. 18f.; Anonym: Warhafftiger vnnd khurtzer bericht der Freydenreichen vnnd Herrlichen Victori. (BSB, Res4 Turc. 84,23), fol. 3r; Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 6r. 779 Wagner: Chronik, S. 29; Anonym: Newe Zeittung, Und Bericht des Jemmerlichen Polnischen Kriegßwesens. (HAB, H: K 348.4° Helmst. (15)); Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 429. 1602 berichtete Wagner zudem vom Tod des Herzogs von Mercoeur: »ist Zeittung gen Lincz komen […], auch wahr gewest«. Wagner: Chronik, S. 48. Dies belegt ebenfalls, dass Wagner bei der Erstellung seiner Chronik aktiv auf mündliche und schriftliche Nachrichtennetzwerke zurückgriff. 780 Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 427f. 781 Medick: Sondershausen als »Schindershausen«, S. 182. 782 Formulierung in Anlehnung an ebd. 783 Anonym: Warhafftiger vnnd khurtzer bericht der Freydenreichen vnnd Herrlichen Victori. (BSB, Res4 Turc. 84,23); Harms/ Schilling: Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2, S. 18f.

Ein Sieg, viele Konfessionen

241

Die Textstelle Wagners zur Seeschlacht von Lepanto ist bei der Frage nach der Ferne und Nähe des Ereignisses für die Akteure im Heiligen Römischen Reich jedoch nicht nur aus einer räumlichen Perspektive zwischen Mittelmeer und Wien aufschlussreich, sondern auch aus einer zeitlichen Perspektive. Denn das Konzept der Gesamtchronik ist vor dem Hintergrund der Hochzeit Wolfgang Wagners mit Elisabeth Klainer (03. Februar 1586) entstanden, was durch den Umstand belegt wird, dass die Aufzeichnungen zwischen 1566 und 1586 »weitgehend in einem Zug geschrieben« wurden.784 Entsprechend beginnen die chronologisch angelegten Aufzeichnungen auch nicht etwa mit der Geburt Wolfgang Wagners, sondern mit der Geburt seiner Ehefrau Elisabeth. Diese Datierung – und womöglich auch andere seiner Einträge – entnahm Wagner »ältere[n] tagebuch- oder kalenderartige[n] Niederschriften«.785 Es stellt sich also die Frage, wieso er ausgerechnet die Seeschlacht von Lepanto im Jahre 1586 retrospektiv überhaupt als erwähnenswert für seine Familienchronik erachtete. Schließlich fand diese nicht nur hunderte von Kilometern entfernt von jenen Örtlichkeiten statt, an denen sich Wagner und seine Familie aufhielten, sondern er notierte sie auch erst im Jahr 1586 in sein Selbstzeugnis, also zu einem Zeitpunkt, als sich die ereignisgeschichtlichen Konsequenzen der Schlacht bereits als folgenlos herausgestellt hatten.786 Dass er auch die späteren Eintragungen zumeist in umfassenderen Schreibblöcken über mehrere Monate nachträglich niederschrieb, spricht für den Umstand, dass er genau abgewägte, welche Begebenheiten er wie und wann notierte. Umso mehr dürfte der Lepanto-Eintrag von 1586 als eine bewusste Entscheidung angesehen werden. Tersch führt an, dass die Funktion dieser zeitgeschichtlichen Einträge darin bestanden haben dürfte, eine persönliche Standortbestimmung im historischen Geschehenszusammenhang zu ermöglichen. So folgte seiner Übersiedlung von Nürnberg nach Linz eine breite Darstellung der Geschichte Maximilians II. und Rudolfs II., die auf »die Notwendigkeit einer Neudefinition des politischen Rahmens« deute.787 Zugleich betonte Wagner biografische Überschneidungen mit solchen historischen Geschehnissen, wie etwa seine Teilhabe am Einzug Rudolfs II. in Wien und am Urteilsspruch gegen einen Soldaten in Linz.788 Doch was bedeutet dies für Wag784 Wagner: Chronik, S. 21, 25; Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 424. 785 Wagner: Chronik, S. 15; Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 424. Die Geburtsdatierung Elisabeth Klainers habe Wagner dem von deren Vater angelegten »Vertzaichnus« entnommen. Auf die Bedeutung von Geburtsdatierungen in Selbstzeugnissen des 16. und 17. Jahrhunderts ist bereits an anderer Stelle verwiesen worden: Stefan Hanß: »Bin auff diße Welt gebohren worden«. Geburtsdatierungen in frühneuzeitlichen Selbstzeugnissen. In: Frühe Neue Zeiten. Zeitwissen zwischen Reformation und Revolution. Hg. v. Achim Landwehr (Mainzer Historische Kulturwissenschaften, Bd. 11). Bielefeld 2012, S. 105–153. 786 Braudel: Méditerranée, S. 939; ders.: Bilan. 787 Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 424, 432. 788 Ebd., S. 433.

242

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

ners Lepanto-Vermerk? Wenn seine Chronik als im Haushalt situierte, schriftlich fixierte Weitergabe von Wissen und Ressourcen verstanden wird,789 dann dürfte Lepanto gleichfalls als Exempel konzipiert gewesen sein, das Wagner als von unmittelbarem Nutzen für seine Familie und Nachkommen einschätzte und deshalb in seine ›Cronnica‹ aufnahm. Als solche Exempel wollten auch die lutherischen und katholischen Autoren der Nürnberger und Wiener LepantoFlugschriften das Ereignis verstanden wissen, auf die Wagner zurückgriff, um Lepanto in seiner Lebensgeschichte zu beschreiben. Ihnen erschien Lepanto als Exempel dafür, welche Siege solch immenser Ausmaße möglich seien, wenn die Beteiligten in Gott und dessen Heilsplan vertrauten. Diese Wahrnehmung des Ereignisses dürfte es gewesen sein, die auch Wolfgang Wagner 15 Jahre nach der Seeschlacht dazu bewegten, sie in seiner Familienchronik zu erwähnen. Die Interpretation Lepantos als Exempel machte das Ereignis in der Wahrnehmung des Lutheraners Wert, in die familiale ›Memorya‹ eingeschrieben zu werden, um seinen Söhnen den Ertrag von Gottvertrauem zu versinnbildlichen.790 Selbstzeugnisse wie dasjenige von Wolfgang Wagner verdeutlichen zeitgenössische Aneignungsweisen historischer Geschehnisse und damit auch, welche Handlungsräume die Akteure im Umgang mit den faktischen Begebenheiten besaßen, um sich diese in einer spezifischen, biografischen Narration anzueignen.791 Die geografische Ferne des Geschehnisses konnte folglich aufgrund der lutherischen und katholischen Konzeption Lepantos als göttlichen Sieg in eine biografische Nähe des Ereignisses transformiert werden.

II.3.vi. Deutsche Soldaten bei Lepanto? Ein genereller Überblick Zur Beantwortung der Frage nach der Nähe des Ereignisses für die Bewohner des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation ist ebenso die Klärung der Teilnahme deutscher Soldaten an der Seeschlacht zentral, auf die in der Forschung 789 Jancke/ Ulbrich: Vom Individuum zur Person; Gabriele Jancke/ Daniel Schläppi: Ökonomie sozialer Beziehungen. Wie Gruppen in frühneuzeitlichen Gesellschaften Ressourcen bewirtschafteten. In: L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft 22 (2011), H. 1, S. 85–97. 790 Wagner: Chronik, S. 14; Anonym: Warhafftiger vnnd khurtzer bericht der Freydenreichen vnnd Herrlichen Victori. (BSB, Res4 Turc. 84,23), fol. 3v; Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9), fol. 8r. Zum Exempelcharakter von Selbstzeugniseinträgen siehe auch Hanß: »Bin auff diße Welt gebohren worden«, S. 127; Bähr: Furcht, divinatorischer Traum und autobiographisches Schreiben, S. 27. 791 Im Falle des Dreißigjährigen Krieges zeigen die Selbstzeugnisse Umgangsweisen mit Gewalterfahrungen und Strategien des alltäglichen Überlebens. Siehe Medick: Historisches Ereignis; ders.: Sondershausen als »Schindershausen«, S. 182.

Ein Sieg, viele Konfessionen

243

bisher eher am Rande verwiesen wurde.792 Dass auswärtige Söldner für LigaGaleeren ruderten, war keineswegs ungewöhnlich. Bereits 1564 hatte Jakob Hannibal Hohenems ein kaiserliches Patent erhalten, das ihm die Anwerbung von 3.000 Soldaten genehmigte, die für Spanien gegen marokkanische Muslime in den Krieg ziehen sollten. Womöglich waren also auch wenige Jahre später, Söldnerführer als Mittelsmänner in der Anwerbung deutscher Soldaten engagiert, deren Dienst stattliche Einnahmen versprach (Hohenems selbst hatte noch 1578 für Juan de Austria Landsknechte geworben).793 In einer undatierten Supplik bat eine verwitwete Mutter aus dem bayerischen Falkenstein den Kaiser um finanzielle Unterstützung für den Loskauf ihrer beiden Söhne, die »in Venetiänischen Reichs diennsten« in osmanische Gefangenschaft gekommen und nach Istanbul gebracht worden waren.794 Konkretere Hinweise auf Soldaten, die aus den Gebieten des Reiches kamen und für die ›Heilige Liga‹ in den Krieg zogen, sind jedenfalls immer wieder anzutreffen. Ein zeitgenössischer Beobachter schrieb etwa, dass die Anfang Februar 1570 nach Zypern gesandten venezianischen Galeeren mit 2.000 Infanteristen besetzt seien, die allesamt nicht aus Venedig stammten. Ebenso berichtete ein Novellant im August 1570 nach Urbino, dass »viele Deutsche« für Venedig gegen die Osmanen kämpften.795 Auch in zeitgenössischen Drucken zu Lepanto findet sich häufig der – wenngleich nur allgemeine – Hinweis auf ›deutsche‹ Soldaten, die für die Liga in den Krieg zogen. Die »Deutschen« (tedeschi), denen italienische Flugschriftenautoren einen ehrenwerten und tapferen Kampf bescheinigten, wurden gemeinhin auf mehrere Tausend geschätzt. Juan de Austria bescheinigte in seiner Schlachtbeschreibung immerhin 3.000 Deutschen (alemánes) die Schlachtteilnahme, wenngleich dem Kaiser aus Rom berichtet wurde, dass die »Schiffe mit den Deutschen« nicht mitgekämpft hätten.796 792 Vgl. z. B. Barbero: Lepanto, S. 643. 793 ÖStA, HHStA, Reichshofrat, Grat. et Feud., Mandate 3–36. Zu diesem Einsatz sowie zu biografischen Hintergründen siehe Ludwig Welti: Hohenems, Jakob Hannibal. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 9. Berlin 1972, S. 480f.; G. v. Wyß: Hohenems, Jakob Hannibal. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 13. Leipzig 1881, S. 510. Zur »gepurliche[n] besoldung« vgl. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 67v, Johann Hegenmüller an den Vizekanzler von Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572. 794 ÖStA, HHStA, Reichshofrat, Grat. et Feud., Patentes und Steckbriefe 2–95, Anna Maria Hundtin, Falkenstein, undatiert, fol. 1r. Bereits der Ehemann beziehungsweise der Vater Johann Andlauer hatte als kaiserlicher Hauptmann bei Pavia und Mailand gegen die Franzosen gekämpft. 795 BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 221r, Venedig, 03. Februar 1570; BAV, Urb. lat. 1041, 2, fol. 319r, Venedig, 13. August 1570: »molti tedeschi«. 796 Pallavicino: LETTERA. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18), S. 12, 17 (»Tedeschi«), 35; ÖNB, Cod. 8949, fol. 250v, Venedig, 08. Juni 1571; RAH, 2/Ms Caja 3 nº 39, fol. 6r; ÖStA, HHStA,

244

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Deren Einzelschicksale zu rekonstruieren, gestaltet sich jedoch eher schwierig: Bekannt sind vor allem einzelne Adlige des Reichs, die an Lepanto teilnahmen, wie zum Beispiel Sebastian von Haunsperg oder Maximilian Fugger, der als 21jähriger Deutschordenskomtur zu Sterzing bei Lepanto kämpfte.797 Auch für Fugger-nahe Familien ist bekannt, dass ihre Mitglieder Ritterorden beitraten, die gegen die Osmanen kämpften.798 Der Johanniterritter Joachim Sparr, deutscher Großbailo und Komtur von Mainz, verstarb an den Folgen einer Schussverletzung, die er sich während der Seeschlacht von Lepanto zugezogen hatte, und soll in Malta beigesetzt worden sein. Neben ihm beklagten Schlachtteilnehmer den Tod weiterer 30 Johanniterritter. Zeitgenössischen Drucken ist zu entnehmen, dass 1571 60 Johanniterritter mitsamt deren »Bailo aus Deutschland« auf der genuesischen Galeere des Nicolò Doria die ›Heilige Liga‹ unterstützten.799 Das Grab eines gewissen Wechsler Franz, der laut Inschrift 1572 auf einem spanischen Kriegsschiff verstarb, ist in der Pfarrkirche von Radkersburg erhalten, sodass auch diesbezüglich über dessen Teilnahme an der Seeschlacht spekuliert worden ist.800 Darüber hinaus belegen die spanischen Rechnungsbücher, dass mehr als 3.000 deutsche Soldaten dem Grafen Albrecht von Lodron unterstanden (einem Avviso aus Korfu zufolge waren es sogar 3.600 Alemanni), der wiederrum vier Kapitäne und vier Leutnante besaß.801 Im September 1571 gab Francisco de Ibarra an, dass sich insgesamt 4.987 ›deutsche‹ Soldaten unter den Ligisten be-

797 798 799

800 801

Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 80v, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571: »Nauj co[n] gli Aliman[n]j«. Zöpf: Pfarrei Obertaufkirchen, S. 289; Götz von Pölnitz: Die Fugger. 6. Aufl. Tübingen 1999, S. 314; FA, Geschichte des Fuggerschen Hauses. Verfasst von Dr. Dobel. Teil II, S. 9; Anonym: Stammtafel des mediatisierten Hauses Fugger. O. O. 1904, Tafel 2. Matthäus Ulrich Schwarz, erster Sohn des Fugger-Buchhalteres Matthäus Schwarz, starb nur ein Jahr vor der Seeschlacht bei Lepanto als Ritter des St.-Stephans-Ordens in Pisa. August Fink (Hg.): Die Schwarzschen Trachtenbücher. Berlin 1963, S. 17. Georg Wislicenus: Deutschlands Seemacht. Leipzig 1896, S. 41; Friedrich W. Barthold: Geschichte der deutschen Seemacht. In: Historisches Taschenbuch 3 (1850), S. 115; RB, Fondo Gondomar, II/2211, 56, Nicolás Augusto de Benavides an Lope de Acuña y Avellaneda, Palairos, 10. Oktober 1571; Pallavicino: LETTERA. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18), S. 33: »Bailo di Alemagna«. Zur Wahl von Sparrs Nachfolger vgl. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 73r, Johann Hegenmüller an Maximilian II., Speier, 10. Mai 1572. Notizen, S. 196. García Hernán: Price of Spying, S. 236. Zu zwei »colonnelli de Thedeschi« im Umfeld der Liga und in spanischen Diensten siehe auch ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, 16. März 1571, fol. 1v; Gerhard Rill: Geschichte der Grafen von Arco 1487–1614. Reichsvasallen und Landsassen. Horn 1975, S. 78f.; Reinhard Baumann: Das Söldnerwesen im 16. Jahrhundert im bayerischen und süddeutschen Beispiel. Eine gesellschaftliche Untersuchung. (Miscellanea Bavarica Monacensia, H. 79). München 1978, S. 91f.; Barthold: Geschichte der deutschen Seemacht, S. 115; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 164v, venezianischer Avviso aus Korfu, von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt, 29. September 1571.

Ein Sieg, viele Konfessionen

245

fänden und vor allem an Board de Negrons, de Maris und Dorias, aber ebenso Farneses, della Roveres, Zúñiga y Requesens’ und Orsinis untergebracht waren.802 Einer der Kapitäne dieser »Regimenter der Deutschen« war ein gewisser Cornelius, der von Messina aus am 12. Dezember 1571 Genua über den Seesieg von Lepanto informierte. Sein Schreiben bestätigt, dass viele der deutschen Söldner für die genuesischen, neapolitanischen und spanischen Galeeren kämpften.803 Entsprechend hielten sich die »deutschen Kapitäne« im Winter nach der Seeschlacht zunächst in Messina und Neapel sowie später in Rom auf. Zeitgenössische, italienische Novellanten berichteten zudem, dass einige Alamanni die Liga auch bei ihren Unternehmungen gegen Tunis und Algier unterstützten und in Genua sowie in Neapel an Bord gingen.804 Zwei Monate vor der Seeschlacht, als sich die Liga-Flotte noch in Neapel aufhielt, berichtete ein ferraresischer Informant an den Herzog d’Este, dass die Lodron unterstehenden, deutschen Fußsoldaten (Fanteria Thedesca) erst an Bord gehen wollten, wenn sie im Voraus bezahlt würden, und dass, obwohl viele der mit Giovanni Andrea Doria aus Genua eingetroffenen »Deutschen« (Alemanni) mit leichtem Fieber erkrankt seien.805 Diese Information lässt sich auch aus der Korrespondenz des habsburgischen Botschafters in Venedig mit dem Kaiserhof rekonstruieren, wo angeführt wird, dass die soldati Tedeschi, et Milanesi bei Giovanni di Cordona an Bord gingen, um nach Trapani transferiert zu werden, wo sie zur Liga-Flotte stoßen sollten.806 Dies dürfte der habsburgische Botschafter in Venedig auch deshalb in seinen Briefen notiert haben, weil einer der Schlachtteilnehmer Mitglied seines Botschafterhaushaltes gewesen ist und nach der Seeschlacht seinem Herrn (mio S:r), dem Botschafter Veit von Dornberg, über Lepanto berichtete.807 Ein anderer 802 Academia de la Historia (Hg.): Colección de documentos inéditos para la historia de España. Bd. 3. Madrid 1843, S. 209–215. 803 ASGe, Archivio Segreto, 1967 (Litterarum [Fogliazzi], 1571–1574), Kapitän Cornelius an die Signoria von Genua, Messina, 12. Dezember 1571, fol. 1r: »Regimenti d’Alemani«. Bereits 1570 gingen einige tedeschi in Genua auf die Galeeren Don Juan de Austrias. BAV, Urb. lat. 1042, fol. 84r, Rom, 07. Juli 1571. 804 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 132, fol. 2v [384v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 21. Dezember 1572 (»cap:ni Todeschi«); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2860, fol. 80r, Avviso aus Genua nach Florenz, 06. Juli 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, fol. 46r, Antonio Tiepolo an Alvise Mocenigo I., Genua, 01. August 1571. 805 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Napoli, b. 11, Fulvio Quistelli an Alfonso II. d’Este, Neapel, 16. August 1571; ebd., ders. an dens., Neapel, 17. August 1571, fol. 1v. 806 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 30. Juni 1571. 807 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift einer

246

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Luogotenente de’ tedeschi war ein gewisser Christoforo d’Arco, der in den Wintermonaten nach Lepanto durch eine Arkebuse in Kalabrien verstarb. Er war ein Neffe des in Rom residierenden habsburgischen Botschafters Prospero d’Arco. Einem anderen Familienmitglied, Vinciguerra d’Arco, unterstanden einem Avviso zufolge immerhin 3.500 Alemanni, die in Liga-Angelegenheiten kämpften – Francisco de Ibarra berichtete Philipp II. noch im September, es seien 4.287 Söldner. Daher werden Vinciguerra d’Arco und Albrecht von Lodron in den Schreiben des venezianischen Residente von Neapel als Oberste (collonelli) bezeichnet, denen »deutsche Kapitäne« unterstanden.808 Noch im Dezember 1571 forderte Fernando de Mendoza, den Don Juan anlässlich Lepantos zum Kaiser entsandt hatte, 6.000 »deutsche Infanteristen« ein, die 1572 im Dienste d’Arcos und Lodrons für die Liga kämpfen sollten. Dass sie dies noch 1573 taten, belegt eine überlieferte Rechnung, wonach Vinciguerra d’Arco durch den spanischen Botschafter in Venedig insgesamt 4.500 escudos de oro en oro als Bezahlung (por l’aufguelt) von immerhin 3.000 ihm unterstehenden Alemanes erhielt.809 Da Lodron zudem einen namentlich unbekannten Spion in Istanbul installierte, kann nur spekuliert werden, ob Bewohner des Heiligen Römischen Reichs auch auf diese Art die Liga unterstützten.810 Jedenfalls hatte Albrecht von Lodron bereits 1565 Infanteristen angeworben, die für italienische Truppen gegen die Osmanen kämpfen sollten.811 Sicher ist auch, dass 3.300 ›deutsche‹ Soldaten auf den Galeeren von Juan de Cardona segeln sollten, sich deren An-Bord-gehen aber aufgrund der schlechten Bezahlung verzögerte. Gleichfalls befanden sich Schweizergardisten an Bord der von Marc’antonio Colonna geleiteten päpstlichen Galeere.812 Darüber hinaus ist durch ein am

808

809

810 811 812

Schlachtrelation vom 09. Oktober 1571. Eine zweifelsfreie Identifikation des Namens war mir leider nicht möglich. ÖNB, Cod. 8949, fol. 295v, Rom, 12. Januar 1572; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 164v, venezianischer Avviso aus Korfu, von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt, 29. September 1571; Academia de la Historia: Colección de documentos inéditos para la historia de España. Bd. 3, S. 210; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 132, fol. 2v [384v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 21. Dezember 1572 (»cap:ni Todeschi«; »collonelli«). ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 7, 38, fol. 36r, Fernando de Mendoza an Maximilian II., Messina, 04. Dezember 1571 (»Jnfantes Alemanes«); AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1330, doc. 112, Quittung von Vinciguerra d’Arco. Siehe auch ebd., doc. 131, 25./ 27. Juli 1573. García Hernán: Price of Spying, S. 248. ÖStA, HHStA, Reichshofrat, Grat. et Feud., Patentes und Steckbriefe 4–93. Darin wird auch ersichtlich, dass er ein Jahr später gemeinsam mit Paris von Lodron für einen Einsatz in den Niederlanden Werbungen durchführte. ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 6, Governo von Genua an Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, Genua, 27. Juli 1571, fol. 1r; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 578v, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Konfessionen

247

17. März 1570 durch Heinrich von Braunschweig-Dannenberg aufgesetztes und Venedig übermitteltes Schreiben bekannt, dass deutsche Territorialherrscher den Liga-Verbündeten nach der venezianisch-osmanischen Kriegserklärung auf Eigeninitiative Fußsoldaten und berittene Söldner anboten.813 Folglich ist von einer doch beachtlichen Anzahl an Männern auszugehen, die aus dem Reich stammten und als Söldner die ›Heilige Liga‹ im Kampf mit den Osmanen unterstützten. Deren Einzelschicksale, genaue Teilnahme am Schlachtgeschehen sowie deren persönliche Wahrnehmungen des Ereignisses zu rekonstruieren, ist jedoch schwerlich möglich. Dennoch zeugt deren Präsenz auf den Liga-Galeeren davon, dass nach ihrer Rückkehr im Reich viele Geschichten über Lepanto erzählt und gehört worden sein dürften.

II.3.vii. Deutsche Galeerensträflinge bei Lepanto? Ein lokalgeschichtlicher Mythos Auch wenn die Teilnahme der Söldner an der Schlacht im Einzelnen nur schwer zu belegen ist, so ist allerdings in der Lokalgeschichtsschreibung zu lesen, dass sich deutsche Untertanen als Galeerenruderer bei Lepanto beteiligt hätten.814 Begründet wird dies durch zweierlei Aspekte: Erstens habe ein beachtlicher Bedarf an menschlicher Ruderkraf seitens ligistischer Herrschaften bestanden und zweitens sei es in Folge einer Hungersnot zu vermehrtem Diebstahl gekommen, weshalb Wiederholungstäter zum Galeerendienst im Kampf gegen die Osmanen geschickt wurden.815 Zweifelsfrei ist die Hungersnot belegt: In Folge klimatischer Veränderungen herrschten damals in zahlreichen deutschsprachigen Gebieten notstandsähnliche Situationen. Wiederholte Missernten in den Jahren 1569 und 1570 führten zunächst zu einer allgemeinen Preissteigung. Nürnberger Chro813 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 44, 08. April 1570. Dankschreiben des venezianischen Senates »[a]ll’Ill.mo Et. Duca henrico di Bransuich E Lunemburg« für »[l]e amoreuoli offerte, di giente da piedi et da cauallo, che per occasione d[e]lla guerra mossane [Einschub: al p[rese]nte] dal Turco, e piacciuto alla Eccia u[ost]ra di farne con le l[ette]re sue di .17. d[e]l passato ci sono ueram.te stat gratissime, uedendo la continuata sua buona uolonta uerso di noi et cose nostre […]«. Dass dies keineswegs unüblich gewesen ist, zeigen auch Beispiele aus dem 17. Jahrhundert. Etwa erklärte Fürst Emanuel von Anhalt-Plötzkau (AnhaltKöthen) noch 1662 seine Absicht, Venedig gegen die Osmanen zu unterstützen: LHASA, DE, Z 70, A 17a, Nr. 48. 814 Bernd Roeck: Geschichte Augsburgs. München 2005, S. 127. 815 ASN, Archivio dei vicerè, Carte delle galere, n. 7 (Manual de alardes de gente de cabo de las infrascriptas galeras del Regno de Napoles que vales desde primero de março 1572 en adelante). Eine vergleichbare Liste aus dem Jahr 1573 ist überliefert in ASN, Archivio dei vicerè, Carte delle galere, n. 10 (mit Auflistung von schiavi und forzati). StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22v; Roeck: Geschichte Augsburgs, S. 127.

248

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nisten notierten den Beginn der »groß Theurung« für den 13. August 1570, als enorme Anstiege für Korn- und Brotpreise einsetzten. Als dies im folgenden Jahr jedoch auch andere Lebensmittel wie Gerste, Schmalz, Fleisch, Wein, Bier und Milch, aber auch andere Waren wie etwa Holz betraf, notierte der Chronist, dass »die gros vnd schwer theurung erst recht angefangen [hat]«.816 1572 unterschied sich die Lage dann nicht wesentlich zu derjenigen im Vorjahr.817 Die in Folge der Preisanstiege einsetzende Hungersnot ging mit epidemischen Krankheitsausbrüchen einher. Im August 1570 seien in Nürnberg knapp 1.600 Einwohner »an den Kindsplattern« gestorben (was zugleich den problematischen Heilsstatus versinnbildlichte)818 und auch im Jahr 1574 habe in der Reichsstadt »ein gewaltiges sterben« grassiert, »d[a]z man schie nit wißen kann, wie vill Jr gestorben, wo es Jn ein haüß kam da liß es nit ein Menschen vber alt vnd Junge verschonen.«819 In dieser Lage zirkulierten Flugblätter mit Mirakelberichten, die in religiösen Lehr-Exempla schilderten, wie Gott das in ihn gesetzte Vertrauen belohne und das aufgrund der Hungersnot ins Wanken gebrachte soziale und religiöse Gefüge der Gemeinschaft wie etwa nachbarschaftliche Beziehungen, Nächstenliebe und die elterliche Fürsorge überwinde.820 Vergleichbar mit der Lage in Nürnberg war auch die Situation in Augsburg, wo Missernten, Hunger und Pestwellen trotz subventionierter Brotpreise und massiver Getreideimporte in »mehrere[n] tausend Tote[n]«821 resultierten. Die Ereignisse verankerten sich in der städtischen Erinnerungskultur: Zeitgenössische Chronisten notierten die »grosse Theurung vnd Hungers Not«, die in Augsburg zudem mit einem Pestausbruch einherging, und noch Anfang des 17. Jahrhunderts klagten Chronisten rückblickend über das »Jammerthal« der Bewohner.822 Bei der Lektüre der eher allgemein gehaltenen 816 StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 291r, 296r f.; StadtAN, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 222r f. 817 StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 298v. 818 Ebd., fol. 291v. Zur chronikalen Schilderung von Kindstoden vgl. Jeremy Goldberg: The Drowned Child. An Essay in Medieval Cultural History. In: WerkstattGeschichte Nr. 63 (2013), S. 7–23. 819 StadtAN, F 1, Nr. 33, fol. 95r. 820 Harms/ Schilling: Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2, S. 30f. 821 Roeck: Geschichte Augsburgs, S. 127. 822 StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 15/I–II (›Chronica. Darinnen Die furnembsten vnnd Namhafftesten geschichten. Auch Geistlichen vnnd weltlichen Historien die sich vor vnnd nach Christj geburt, bis auff Anno. i587: verlauffen vnnd zue Aügspürg beschehen […]‹, Chronik des Notars Abraham Schiess), hier Nr. 15/II, fol. 933r; StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 22 (chronikale Auszüge); StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 23 (›Chronica der Weitberhüempten dess hailigen Römischen Reichs Statt Augspurg‹), S. 29 (mit Verweis auf fol. 491r, heute fehlend), 579r; StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 24 (›Chronik der Stadt Augsburg vom Ursprung bis 1580‹), fol. {30}v, {60}r; StadtAA, Reichsstadt, Chroniken, Nr. 25 (›Aügspürger Chronick. dar Jnnen Gaistlich vnnd weltliche Händel so vor Villen Jaren alda sich zue getragen, vnnd, begeben haben, gar annemlich zuuernemen, vnnd,

Ein Sieg, viele Konfessionen

249

lokalgeschichtlichen sowie der eher rechtshistorisch-theoretischen Studien zu deutschen Galeerensträftlingen im mediterranen Einsatz gegen Osmanen stellt sich allerdings die Frage nach der Praxis: In welchem Ausmaß fanden also genau diese Verurteilungen zur Zeit Lepantos statt? Zunächst ist belegbar, dass die Liga in Person des Genuesers Ambrosio Spinola bei »vielen Fürsten vnd Herren« im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation darum bat, ihm solche Verurteilten zum Galeerendienst gegen die Osmanen zu überlassen, die nicht der Tod erwartete, die aber dennoch als Verurteilte in den Gefängnissen inhaftiert waren.823 Spinola sprach auch bei Herzog Albrecht V. von Bayern vor, wo sich sein Gesuch erfolgreich gestaltete: Er entsandte während der 1570er und 1580er Jahre Galeerensträflinge auf die Italienische Halbinsel.824 Am 07. August 1571 schrieb dieser dann auf Bitten des Genuesers an den Nürnberger Stadtrat und berichtete, dass er bereits »[m]ißthätige Personen« zum Galeerendienst verurteilt und Spinola übermittelt habe. Dennoch bedürfe es einer größeren Anzahl, weshalb er dem Genueser schließlich beim »Rath zu Nürnberg, vnnd anderen benachbarten, befürderlich […] sein« wolle.825 Die Mitglieder des Inneren Rats reagierten prompt mit der Nachfrage, welche Kosten für die Übersendung solcher zum Galeerendienst Verurteilten anfallen würden und wer diese zu übernehmen gedenke. Weiterhin entschieden sie, dass »man die sach bei den gelerten vorschlagen [sol]«.826 Wenig später entsandte

823

824

825 826

zu lesen ist von anno 1457 bis auf i586 Jar, geen thut‹), fol. 118v; StadtAA, Evangelisches Wesensarchiv, Akten, Nr. 48, ›Poetische Beschreibung der Theuerung alhie zu Augspurg In A.o 157i. und 1572. auch Was sich sonsten damalen in einem vnd anderem zugetragen‹ (ebd., fol. 1r). Der (unbenannte) Verfasser bezeichnet sich im Vorwort (ca. 1635) als »guetherzigen, […] Christlichenn patrioten« (ebd., fol. 2r). Zu diesem Dokument und seiner Datierung vgl. auch Helene Burger: Das evangelische Wesensarchiv in Augsburg. Uebersicht über dessen Bestände. Erlangen 1941, S. 81. In der Retrospektive dieser Schrift aus dem 17. Jahrhundert wird bei der Beschreibung des »Jammerthal[s]« (StadtAA, Evangelisches Wesensarchiv, Akten, Nr. 48, fol. 37r) zwar neben der Preissteigungen und Bezügen zum Reich auch der kriegerischen Auseinandersetzungen in Frankreich und den Niederlanden sowie der Pest in den habsburgischen Grenzgebieten gedacht, nicht angeführt wird jedoch der venezianischosmanische Krieg um Zypern (vgl. ebd., fol. 5r, 38r). StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22v. Dass es von solchen einige gegeben haben soll, wird lediglich in späteren Chronikaufzeichnungen angeführt: es sei im Zuge der Preissteigerungen vermehrt zu Diebstählen gekommen und die überführten Täter mussten in den jeweiligen Gefängnissen ausgehalten werden. StadtAA, Evangelisches Wesensarchiv, Akten, Nr. 48, fol. 25r f. Hans Schlosser: Zwangsarbeit als Strafe und Gnade. Bayerische Straftäter auf der Ruderbank venezianischer Galeeren. In: Von Bayern nach Italien. Transalpiner Transfer in der frühen Neuzeit. Hg. v. Alois Schmid. (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Beiheft 38). München 2010, S. 225–238, hier S. 229. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282r. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 4v, 5v (06. Oktober 1571).

250

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Spinola dann einen gewissen Peter Pantzer nach Nürnberg, der vor Ort seinerstatt die Angelegenheit zu einem positiven Ende bringen sollte. Diesem ließen die »Herren Hochgelerten« dann wissen, das der Stadtrat das Schreiben des bayerischen Herzogs positiv aufnehme, zumal sich kürzlich auch der Kaiser bezüglich dieser »malefitzischen Personen« vergleichbar ausgesprochen hatte, dessen Entschluss man aber noch abwarten müsse.827 Gemeint ist ein bereits 1566 von Maximilian II. erlassenes Dekret, das sich an sämtliche Reichsstädte und vermutlich auch an die Fürsten wandte. In diesem plädierte der Kaiser für den Einsatz bereits verurteilter Mörder, Totschläger und Diebe auf den Galeeren.828 Am 11. Oktober 1571 begannen schließlich die Verhandlungen, in deren Verlauf Peter Pantzer einerseits die führenden Adligen zu einem Ratsbeschluss bewog, der den Liga-Galeeren die kommenden drei Jahre einen kontinuierlichen Zuwachs an Galeerensträflingen (forzati) sicherte, und die Stadträte andererseits ein für sie kostengünstiges Ergebnis aushandelten: Nun sparten sie nicht nur die Kosten, die für den Gefängnisaufenthalt der Verurteilten angefallen wären. Pantzer gab auch der Forderung nach, dass er für die nicht unerheblichen Transportkosten selbst aufzukommen hatte.829 Jedem der Malefiz-Verurteilten, die für mindestens drei Jahre zum Ruderdienst gerichtet werden sollten, hatte der Stadtrat eine Urkunde über die genaue Dauer der Zeit ad remum mitzugeben; sie sollten auf den Galeeren im Gegenzug täglich drei Kreuzer für die Verköstigung ausgezahlt bekommen. Den Konföderierten waren der Weiterverkauf sowie die Verschenkung der Verurteilten untersagt.830

827 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 5v (06. Oktober 1571), fol. 7r (08. Oktober 1571). Zum kaiserlichen Entscheidungsrecht im Zusammenhang mit der Galeerenstrafe siehe Paul Frauenstädt: Zur Geschichte der Galeerenstrafe in Deutschland. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 16 (1896), S. 525. Der genuesische Repräsentant in Wien berichtete, dass ein gewisser »Mons.r Spinula« gern vom Kaiser gesehen werde. ASGe, Archivio Segreto, 2525, m. 8, zweites Schreiben des Agente Georgi nach Genua, Wien, 07. November 1571, fol. 1v. Ob es sich dabei um den Spinola handelt, der sich erfolgreich für die Überführung der Galeerensträflinge in Süddeutschland einsetzte, konnte nicht abschließend geklärt werden. Insofern allerdings bei Verurteilungen ad remos die Einschätzung des Kaisers zentral war, kann davon ausgegangen werden, dass Spinola auch in Wien sein Anliegen vortrug. 828 Schlosser: Zwangsarbeit, S. 229. 829 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, fol. 11r, 11. Oktober 1571; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 7r (08. Oktober 1571), 20r (18. Oktober 1571). 830 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282r f. Vgl. auch StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Konfessionen

251

Der Innere Rat beschloss daraufhin sogleich, vor allem die inhaftierten »[ j]ungen Starck[en] vnd gesunden Streuner vnd petler« gut zu verköstigen, damit sie für den Ruderdienst auch geeignet seien.831 Unter den Gefangenen wurden Hans Seiblen, Hans Wunklen und Hieronymus Lochner daraufhin begutachtet, ob sie als für die Galeeren tauglich einzuschätzen sind, und Peter Pantzer erhielt Ende Oktober 1571 die Erlaubnis, mit diesen erstmals Galeerensträflinge abzuholen.832 Deren Überführung muss zunächst ohne großes Aufsehen vonstatten gegangen sein. Denn die Aufmerksamkeit der Nürnberger Chronisten wie Wolfgang Lüder oder Johann Müllner richtete sich nicht auf bereits verurteilte Straftäter, die nun einer anderen Strafform überführt wurden, sondern vielmehr darauf, dass Nürnberg Menschen explizit zum Galeerendienst verurteilte. Sie berichteten, dass dies erstmals am 03. November geschah, das heißt – wie auch ausdrücklich vermerkt – am ersten Samstag nach den Nürnberger Lepanto-Siegesfeierlichkeiten.833 Wie sich aus der administrativen Überlieferung rekonstruieren lässt, wurden insgesamt sechs Menschen zu dreibis fünfährigem Ruderdienst auf den Liga-Galeeren verurteilt.834 Die Angelegenheit erschien den Chronisten so bemerkenswert, dass sie betonten, dass »vnter Jhnen vier Bürgers Söhn gewest«.835 In einer Stadtchronik aus dem Besitz des Nikolaus Herold (1529–1584), dem späteren Pfarrer in der Heilig-GeistSpitalkirche, sowie dessen Sohnes Paul Herold, charakterisierte der Verfasser die Verurteilung Nürnberger Patrizier zum Galeerendienst auf dem Mittelmeer gegen die Osmanen als ein »seltzam ding«, das vorher nie, fortan aber immer häufiger geschehen sei.836 Zwar fand die Galeerenstrafe auf der Iberischen und Italienischen Halbinsel während des 16. Jahrhunderts verbreitet als Arbeitsstrafe Anwendung, in den deutschsprachigen Gebieten war sie damals jedoch noch 831 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 29r, 24. Oktober 1571. 832 Ebd., fol. 23r, Freitag, 19. Oktober 1571; ebd., fol. 36v, Mittwoch, 31. Oktober 1571. Hans Seiblen und Hans Wunklen wurden zu drei Jahren verurteilt. Der Ausgang der Einschätzung Hieronymus Lochners lässt sich aus der Anzahl der (drei) von Pantzer abzuholenden Verurteilten erschließen. 833 StadtAN, F 1, Nr. 34, fol. 296v. 834 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22r, 23v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v. Die Ratsverordnung wurde am 02. November 1571 beschlossen: StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 296v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 222v. 835 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v. 836 Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 86v–87r. Zitat auf fol. 87r. Zu den Besitznachweisen und Personen vgl. ebd., Einbandinnenseite sowie Stadtarchiv Nürnberg: Repertorium F 1. Nürnberger Chroniken und chronikähnliche Aufzeichnungen, S. 14; Hirsch/ Würfel: DIPTYCHORVM ECCLESIARVM NORIMBERGENSIVM. (BSB, Bavar. 4840 e), S. 183.

252

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

weitgehend unbekannt und wurde vor allem im 17. und 18. Jahrhundert verhängt. Wenngleich die Galeerenstrafe mit dem genuesischen Gesuch Andrea Dorias von 1555/56 an Ferdinand sowie mit einer genuesischen Anfrage an Zürich aus dem Jahr 1566 theoretisch auch Einzug in die österreichischen Reichsgebiete sowie in die eidgenössischen Regionen fand, ist die erstmalig nennenswerte Umsetzung erst mit der hier untersuchten Dokumentation belegt. Auch die theoretische Reflexion über die Galeerenstrafe setzte in deutschsprachigen Gebieten erst Ende des 16. Jahrhunderts und damit einige Zeit nach den hier behandelten Jahren des Zypernkrieges ein.837 Aus den Chroniken, Ratsverlässen und Ratsbüchern ist ein detailliertes Bild zu rekonstruieren: Unter den Anfang November erstmals explizit zum Ruderdienst Verurteilten war der Nürnberger Buchbindergeselle Wolf Widman, der sich der Blasphemie schuldig gemacht und als angeblich streitsüchtiger junger Patrizier in seinem Haus einen Kanzlisten verletzt hatte. Er wurde zu vier Jahren verurteilt.838 Der Lebkuchner Jörg Hauer, der Hutmacher Sebald Landgraf sowie Jörg Weiß, der in den Dokumenten verschiedentlich als Tüncher oder Uhrmacher angeführt wird, waren gemeinsam in der Nacht durch die Straßen gezogen und hatten dort Menschen überfallen, auf sie eingeschlagen und ihre Kleider geraubt.839 Aus dem nahen Hersbruck wurde Michel Drexler, laut Ratsverlass »ein Tüncher vnd Preuknecht«, der aber in den Chroniken auch als Metzger oder Steinmetz bezeichnet wird, wegen Gotteslästerung zu fünf Jahren Galeerendienst verurteilt.840 Jorg Wirsch aus Pahres an der Aisch – als »ein Peck«, Barbier oder 837 Vgl. einführend Hans Schlosser: Galeerenstrafe. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. HRG. Hg. v. Albrecht Cordes u. a. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin 2008, Sp. 1914– 1917; Hans Schlosser: Die Strafe der Galeere als poena arbitraria in der mediterranen Strafpraxis. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte 10 (1988), S. 19f. mit weiteren Literaturhinweisen; Louis Carlen: Die Galeerenstrafe in der Schweiz. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 88 (1976), H. 2, S. 557 (209) f.; Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe; Carlen: Galeerenstrafe, S. 558 (210) f.; Michael F. von Maasburg: Die Galeerenstrafe in den deutschen und böhmischen Erblanden Österreichs. Ein Beitrag zur Geschichte der heimischen Strafrechtspflege. Wien 1885; Hans Schlosser: Die infamierende Strafe der Galeere. In: Festschrift für Hans Thieme zu seinem 80. Geburtstag. Hg. v. Karl Kroeschell. Sigmaringen 1986, S. 256f., 260f. 838 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88v. 839 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22v–23r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173r; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 86v–87r; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88v. 840 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571 (»[…] gotslesterns halben. vnd weil Er vf vorige Warnung alß man Jne fur die Kirchen

Ein Sieg, viele Konfessionen

253

aber Bauer aus Kraftshof bezeichnet – wurde wegen Diebstahls zu fünf Jahren Ruderdienst verurteilt.841 Zumindest einige Nürnberger müssen diese Geschehnisse als außergewöhnlich eingestuft haben. Anders ist nicht zu erklären, dass manche Schreiber ihre bereits abgeschlossene Stadtchronik nach drei Jahren erneut vornahmen und einen entsprechenden Vermerk zu den Galeerensträflingen notierten. Der Chronist schrieb jedoch fälschlicherweise, dass die Sträflinge »dem Kunig auß Frannckhreich auff dÿe galleher geschigt«.842 Dies zeigt, dass die Tatsache an sich Aufmerksamkeit erregte, dass Nürnberger und Ortsfremde zum Galeerendienst verurteilt wurden – und nicht deren Einsatz im Mittelmeer im Kampf gegen die Osmanen. Der Nürnberger Chronist Wolf Neubauer, der seine Chronik Anfang des 17. Jahrhunderts mit Zeichnungen von Verurteilten und Hingerichteten versah, zeichnete auch die »Bosenn Rot«, die der Rat 1571 »zu Erstenn [Mal, S. H.] auff die galleen« geschickt habe (Abb. II.3.2).843 Die Verurteilungen zum Galeerendienst, so ist zu schlussfolgern, stellten für die Zeitgenossen und deren Nachfolgegeneration eine Neuheit und daher einen dokumentations- und erinnerungswürdigen Umstand dar. Fortan sollten solche Vorkommnisse jedoch keine Seltenheit bleiben. Als die ersten sechs Verurteilten während ihrer Überbringung zu den Galeeren weitere vier »gassenstreuner« denunzierten, ordneten die Mitglieder des Nürnberger Inneren Rates sogleich deren Ergreifung und Untersuchung an.844 Noch am 20. November 1571 wurde zudem »Caßmus« – sicherlich für Erasmus – Lützelbach wegen Diebstahls für fünf Jahre zum Galeerendienst geschickt.845 Am 31. Januar 1572 verurteilte der Nürnberger Rat dann erneut vier Männer, die aufgrund ihrer Rechtsverletzungen zwar inhaftiert, doch nicht zum Tode verurteilt worden waren, zu zehn Jahren Galeerendienst im Mittelmeer. Ein anderer Bericht schildert deren Verurteilung zu drei Jahren ad remum für den 25. Januar

841

842 843

844 845

gestelt, nichts gehen auch vf die Galleen 5 Jahr lang Condemnirt«); StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173r f.; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88v. Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 42, fol. 115r f.; Michael Diefenbacher (Hg.): Die Henker von Nürnberg und ihre Opfer. Folter und Hinrichtungen in den Nürnberger Ratsverlässen 1501 bis 1806. (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg). Nürnberg 2010, Abb. 26. Ebd., S. 112, Ratsverlass vom 15. November 1571. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 176r.

254

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.3.2: Zeichnung der zum Galeerendienst Verurteilten in einer Nürnberger Chronik. StadtAN, F 1 Nr. 42, fol. 115v.

1572, was sich ebenso im städtischen Ratsbuch für Hans Müller Zehender und den Dieb Hans Kraus belegen lässt. Unter ihnen befand sich auch der Sohn eines angesehenen und reichen Bürgers der Stadt.846 Am Ostersamstag, dem 05. April, schickte der Stadtrat erneut sechs Verurteilte auf die Galeeren zum Kampf gegen die Osmanen. Dieses Mal waren es »[s]echs [ j]unger Knaben, die nicht guttthun wollten«, und von denen zwei gerade erst 16 und 18 Jahre alt waren. Lediglich ein Chronist weicht in der Darstellung ab und nennt die Verurteilung von fünf »böse[n] Buben« für den 02. April.847 Unter den Verurteilten befanden sich auch zwei des Diebstahls überführte Brüder aus Franken namens Jorg und Utz, denen fünf Jahre auf der Galeere drohten, sowie erneut drei Söhne Nürnberger Patrizierfamilien.848 Ein halbes Jahr später, wenige Tage bevor sich die Seeschlacht von Lepanto das erste Mal jährte, sind in Nürnberg erneut vier Männer zum Galeerendienst verurteilt worden: Neben einem Mönch und einem Geistlichen aus Bamberg auch die Söhne eines Nürnberger Schusters und Schneiders, zwei junge »Burgers Söhne«.849 Erst anderthalb Jahre später – sicher auch deshalb, weil die 846 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 27r f. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, a, fol. 9v, 29. Januar 1572 führt neben Paulus Zangerlein, Hans Müller Zehender und Hans Krausen auch erneut Casmus (für Asmus oder Erasmus) Lützelbach an. Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 87r (01. Februar 1572). StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2286r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 189v f. 847 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 30v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 297r; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 222v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2286r f. 848 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1341, fol. 1v, 20. März 1572; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 30v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 87r f. 849 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang

Ein Sieg, viele Konfessionen

255

Erfolge nach der Seeschlacht der ›Heilen Liga‹ ausblieben – entsandte Nürnberg weitere fünf Ruderer zu deren Flotte. Unter diesen am 03. März 1573 Verurteilten war auch der Sohn des bekannten Bürgers Stefan Raiser, der nahe des Kornmarktes lebte.850 Hier empörte die Chronisten abermals das Schicksal eines Stadtbürgers, wenn sie ausdrücklich dessen Sohn und sein Bürgerrecht hervorhoben, wohingegen »die anders 4« als »wars anders wo her« beschrieben wurden.851 Der Grund dafür, dass die Chronisten im Gegensatz zu den Ratsbeschlüssen besonders nachdrücklich anführten, dass Stadtbürger ad remos verurteilt wurden, mag darin liegen, dass die Galeerenstrafe eine »infamierende Strafe« darstellte: In der Rechtspraxis und -theorie waren Hochrangige wie beispielsweise Adlige von dieser ausgeschlossen (es sei denn sie hatten sich eines Verbechens gegen den Stand schuldig gemacht), sodass nach zeitgenössischer Einschätzung »nur gemeine Kerl und Canalien« eine solche Strafe auferlegt bekamen.852 Noch im März 1573 kam es zur sechsten, stadtöffentlichen Verurteilung und Ausweisung von nun drei Männern zu jeweils zehn Jahren Galeerendienst. Dieses Mal handelte es sich ausschließlich um die männlichen Nachkommen Nürnberger Bürgersfamilien: Der Sohn des Apothekers Pfister, ein Schneidersohn namens Götz sowie Peter, der Sproß eines Wasserführers.853 Im Mai 1573 wurde dann Hans Lufft auf die Galeeren geschickt; ursprünglich war er wegen Bigamie und Mordabsicht zum Tode durch das Schwert verurteilt, dann jedoch ad remos

850

851 852

853

Lüder, fol. 46r f. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2286v ist ungenauer und berichtet von einem zu drei Jahren Verurteilten am 20. Oktober 1572. Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 88v (01. Oktober 1572). Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 298r spricht von »Jheronimus Baumans Son«. Ebenso Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 223r f. (01. Oktober 1572): »Jeronÿmus Baumans sohn«. Vgl. auch (sicherlich falsch datiert) Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [204]r, 01. Februar 1572. Die Verurteilung von Geistlichen zum Galeerendienst war rechtstheoretisch nicht ungewöhnlich: Vgl. Schlosser: Die infamierende Strafe, S. 258. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 61r; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 89v (03. März 1573). Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 298v (03. März 1573); Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 224r (03. März 1573). Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 89v (03. März 1573). So Jacob Döpler, zitiert nach Schlosser: Die infamierende Strafe, S. 256. Zum Zusammenhang von persönlicher und städtischer Ehre in der Strafpraxis Nürnbergs vgl. insbesondere Joel F. Harrington: The Faithful Executioner. Life and Death, Honor and Shame in the Turbulent Sixteenth Century. New York 2013. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 61v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 89v, 14. März 1573. Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 298v (13. März 1573); Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 224r (13. März 1573).

256

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

begnadigt worden.854 Am 29. Juli 1573 entsandte die Reichsstadt erneut Sträflinge auf die Galeeren. Insgesamt waren es 13 »mißthätige Manns Personen«, sechs vom Nürnberger Stadtrat Verurteilte sowie sieben Sträflinge aus Aschaffenburg, die bereits am Vortag in Nürnberg eingetroffen waren.855 Noch im Oktober 1573 schickte der Nürnberger Stadtrat Adam Grolein und den Bauernknecht Hans Stelzer zu fünf und vier Jahren ad remos. Stelzer war des Diebstahls überführt worden und Grolein habe seine Ehefrau mit Margret Dilmairin, »ein meidlein im 13 Jhar«, betrogen.856 Die städtischen Ratsverlässe dokumentieren jedoch nicht allein die Verurteilung von Menschen, sondern geben auch Rückschlüsse auf die Strafadministration. Bei der Koordination, wie die Verurteilten Ambrosio Spinola über Peter Pantzer zugestellt werden sollten, arbeitete die Reichsstadt überregional mit dem Markgraftum Brandenburg-Ansbach, dem Hochstift Bamberg sowie dem Herzogtum Bayern zusammen und hoffte ebenso auf eine Kooperation mit Schweinfurt.857 Zunächst existierten zwei mögliche Routen für die Übermittlung der Galeerensträflinge gen Genua: entweder über Friedberg oder über München. Schnell stellten die Nürnberger Ratsmitglieder dar, dass ihnen eigentlich »die .2. Stedt zu weit entlegen sein«, weshalb sie um die Erwägung anderer Ortschaften baten.858 Zwischenzeitlich debattierten die Nürnberger daher auch mit Peter Pantzer, ob letzterer die Verurteilten in der Reichsstadt selbst oder aber im nördlich gelegenen Hiltpoltstein übernehmen wolle – was erneut für eine Zusammenführung der Nürnberger Verurteilten mit jenen aus der Umgebung und 854 Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 544. Zum Scharfrichten siehe Harrington: Faithful Executioner. 855 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 64v f.; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 298v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 224r. 856 Diefenbacher: Henker von Nürnberg, S. 114, Ratsverlässe vom 14. und 17. Oktober 1573. Zu Galeerenstrafen als Versuchsstrafe in Sexualdelikten siehe Schlosser: Galeerenstrafe, Sp. 1916. 857 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, a, fol. 8r, 28. Januar 1572; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23r f.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 4v, 06. Oktober 1571. Die Zusammenarbeit mit dem Bamberg, BrandenburgAnsbach-Kulmbach und Bayern wird auch in StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 282r, 18. Februar 1572 erwähnt, einem Nürnberger Ersuchen darum, dass auch Schweinfurt Verurteilungen ad remos aussprechen solle. Bambergische Untertanen wurden auch in Kärnten gegen Osmanen eingesetzt. Vgl. hierzu ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, ÖA Kärnten 20-7, die Herrschaft Wolfsberg betreffend, ca. 1565–1575. 858 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 4v, 06. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Konfessionen

257

damit auch Bambergs spricht.859 Erst als die Kostenfrage zu Lasten Peter Pantzers entschieden worden war, kam es zu der Entscheidung, die Galeerensträflinge Nürnbergs auf einem Wagen bis gen Schwabach zu führen und dann über Ansbach und Friedberg zur Italienischen Halbinsel zu bringen, wobei die Reichsstadt zum Schutz zwei Begleitpersonen bis nach Friedberg finanzierte.860 Nicht nur beim Transport, sondern auch bei der Frage, ob Inhaftierte überhaupt zum Galeerendienst zu verurteilen seien, war Nürnberg von überregionaler Bedeutung. Beispielsweise informierte der Rat von Weida die Reichsstadt, dass ein gewisser Jorg Rings Hendlein bei ihnen verhaftet wurde. Zugleich überschickte man die »Acta« des betreffenden Inhaftierten nach Nürnberg und fragte an, ob er auf die Galeeren der ›Heiligen Liga‹ geschickt werden solle oder nicht. Auf Anraten Georg Rockenbachs antwortete der Nürnberger Rat schließlich allerdings, Weida möge dem Inhaftierten Hendlein den Ruderdienst ersparen.861 Den Veurteilungen ad remos kam eine Exempelfunktion obrigkeitlicher Ordnungsfürsorge und herrschaftlicher Strafpraxis zu.862 Betont wurde beispielsweise, dass die nächtlichen Überfälle, die letztlich zur Verurteilung von Jörg Hauer, Sebald Landgraf und Jörg Weiß führten, häufig vorgekommen waren. Die Quellen bezeichnen sie daher als »ganntz mutwillige haderkatzen«, das heißt als zänkische Unholde.863 Der Galeerendienst galt dabei als zeitlich individuell auf drei bis zehn Jahre festzusetzende Strafe, nach deren Ablauf die Verurteilten einen Paßbrief ausgestellt bekommen und die Galeeren verlassen sollten. Für den Fall, dass die Liga-Galeeren zum Zeitpunkt des Strafablaufs längere Zeit nicht an Land gehen würden, seien die Verurteilten für den weiteren Aufenthalt an Bord

859 Ebd., fol. 20r, 18. Oktober 1571. 860 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282r f.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, a, fol. 8r, 28. Januar 1572; ebd., fol. 11v, 30. Januar 1572; ebd., fol. 9v, 29. Januar 1572; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23r f.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 36v, 31. Oktober 1571. 861 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, b, fol. 1r, 02. November 1571. Zu Georg Rockenbach vgl. Anonym: Aller des Heiligen Ro[e]mis. Reichs gehaltenen Reichs=Ta[e]ge, Abschiede und Satzungen, Samt andern Kayserlichen und Ko[e]niglichen CONSTITUTIONEN […]. Frankfurt a. M. 1720. (UBLeip, Bibliotheca Albertina, Jus.publ.12), S. 842; Helmut Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert. Reichstag – Reichskreistag – Reichsdeputationstag. (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 33). Berlin 1982, S. 549. 862 Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 529. 863 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173r; Haderkatze. In: Jacob Grimm/ Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Bd. 4/ 2. Leipzig 1877, Sp. 114f.

258

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

auszuzahlen.864 Der Chronist Wolfgang Lüder berichtet für manche Verurteilten explizit, dass »keiner weder vor noch nach 10 Jahr wider gen Nürmberg [ge]kommen [ist].«865 Eine Feststellung, die angesichts der sehr hohen Sterblichkeit der Ruderer – an Bord venezianischer Galeeren durchschnittlich nach 1 ½ bis drei Jahren – nicht sonderlich verwundert. An anderer Stelle notierte er jedoch, dass ein Nürnberger Galeerensträfling, der einer angesehen Familie entstammte, nach Verbüßung des zehnjährigen Ruderdienstes in die Reichsstadt zurückgekehrt sei und fortan »frommer« gelebt habe.866 Die Exempelfunktion der Verurteilten für die obrigkeitliche Gerichtsbarkeit als Mittel sozialer Ordnungsfürsorge für die Gemeinschaft und den Einzelnen wurde im Auszug der Galeerensträflinge innerhalb des städtischen Raumgefüges sichtbar.867 So stellte es beispielsweise eine bewusste Entscheidung des Rates dar, die Sträflinge »erst frue […] ab[zu]führen lassen. Damit sich das Volck samlen […] vnd die Personnen sehen kunnen.« Zunächst erhielten die Verurteilten Beistand durch Geistliche, die ihnen »Gottes Wort […] vntrichten, vnnd Jhnen das Abendmal []raichen«. Sie wurden also alle »Comunnier[t]«.868 Dann erhielten sie, zumeist morgens, Ketten um den Hals und die Händen gelegt und wurden gefesselt vom Lochgefängnis in die Landpflegstube des Rathauses geführt, wo sie in Anwesenheit der Bürgermeister Hieronymus Schurstab und Matthes Löffelholz die Urfehde schworen.869Vier Gefangene waren an einer Kette mit »240 gliedt« aneinandergekettet und hatten auf Ratsbefehl hin Kleidungsstücke erhalten, sodass sie »mit kiteln, hembdern vnd hutten/ geklaidtt« von dannen geschickt wurden.870 Vor dem Rathausgebäude wurden sie schließlich auf einem Wagen verladen, der sie über den Marktplatz – »Menniglich zum 864 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v; Schlosser: Die infamierende Strafe, S. 257. 865 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23v. 866 Schlosser: Galeerenstrafe, Sp. 1916; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 27v. 867 Hierzu für den Kontext des örtlichen Scharfrichters siehe Harrington: Faithful Executioner. 868 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571 (»[…] vnd Prister zuordnen. die Sie Jn gottes Wort vnderrichten. vnd sie communiern.«). 869 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 27v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173r f.; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 224r; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v f. 870 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 27v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 34, fol. 298v. Vgl. zur Kleidung auch Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 35, Nürnbergische Chronica, 1595, fol. 224r

Ein Sieg, viele Konfessionen

259

Specktackel«871 – zum Stadttor und von dort aus hinaus fuhr. Danach ging es in Begleitung zweier vom Rat finanzierten Schützen und acht Einspänner weiter nach Ansbach, wo ihnen weitere vom Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach verurteilte Galeerensträflinge zugeführt wurden. Schließlich setzte sich die Kolonne weiter nach Italien in Bewegung.872 Im Oktober 1572 wich der Nürnberger Stadtrat vom hergebrachten Ritual ab: Während zuvor die Verurteilten auf einem Wagen aus der Stadt gefahren wurden, durchschritten die zwei »frembte[n]« Bamberger Geistlichen die Stadtmauern zu Fuß.873 Damit war die Verurteilung ad remos eine im städtischen Zusammenhang inszenierte Strafe. Aus obrigkeitlicher Perspektive stellte der Ruderdienst eine Gnadenstrafe dar, als solche sie auch verzeichnet wurde: Der aus Hockenheim bei Speyer stammende Philipp Halman hatte wegen so manches in ländlichen Regionen getätigten Diebstahls, so wurde es in das Augsburger Strafamtsbuch notiert, sein Leben verwirkt. Wegen seines jungen Alters aber werde er aus Gnaden zu ewigem Galeerendienst verurteilt.874 Bereits Maximilian II. hatte in seinem kaiserlichen Dekret betont, dass eine solche Strafe »den armen Leuten Gnade und Fristung ihres Lebens zu ihrer Besserung begegnet und solches zu Steuer der Christenheit wider den Erbfeind gereichen tut.«875 Der ›Gnadenakt‹ ad remos war seit Kaiser Ferdinand I. auf zum Tode Verurteilte beschränkt. Er und seine Nachfolger setzten diese Beschränkung auch gegen anderweitige Gesuche beispielsweise des schlesischen Fürstentages (1562) sowie aus Breslau (1585) durch, die auf eine Nutzung der Galeerenstrafe zum Vorgehen gegen Vagabunden und Bettler zielten. Vom Ruderdienst ausgeschlossen waren allerdings solche Personen, die – wie beispielsweise Mörder – wegen enormibus delictis verurteilt waren.876 Unter bestimmten Umständen scheint das Urteil ad remos auch aus der Perspektive der 871 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v. 872 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 23r f.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, a, fol. 9v, 29. Januar 1572; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, a, fol. 22v, 17. November 1571; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v f. Während eines solchen Transportes verstarb ein Diener Ambrosio Spinolas. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1341, fol. 19v, 07. April 1572. 873 Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 33, fol. 88v (01. Oktober 1572); StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 46r f. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2286v (berichtet ungenauer von einem zu drei Jahren Verurteilten am 20. Oktober 1572); Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 544. 874 StadtAA, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 36r, 20. Mai 1570. Zum rechtshistorischen Hintergrund siehe Schlosser: Galeerenstrafe, Sp. 1916; ders.: Strafe der Galeere, S. 26–29. 875 Zit. nach ders.: Zwangsarbeit, S. 229. 876 Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 524f.

260

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Untertanen und Straftäter als Gnadenspruch wahrgenommen worden zu sein. Valtin Helmsdorffer, der einige schwere Diebstähle und Einbrüche begangen hatte, bat etwa den Augsburger Stadtrat – sicherlich um dem Tode zu entgehen – um eine Verurteiltung zum Galeerendienst, die ihm schließlich auch »aus gnaden«877 lebenslänglich zugestanden wurde. Doch gingen die städtischen Funktionseliten mit anderen Gnadengesuchen eher rigoros um: Der Innere Rat Nürnbergs lehnte beispielsweise am 30. Januar 1572 einen etwaigen Straferlass ab, um den ihn die Mutter und Freunde Hans Müller Zehenders in Bittschriften ersucht hatten, nachdem dieser Sohn eines Schankwirtes zu einem dreijährigen Galeerendienst verurteilt worden war.878 Auch als die Ratsmitglieder erfuhren, dass italienische Kaufleute beabsichtigten, den ad remos verurteilten Buchbindergesellen Wolf Widman in Genua bei Spinola freizukaufen, verkündeten die Nürnberger Patrizier ihre Ablehnung eines solchen Vorganges – zumal sich Spinola verpflichtet habe, niemanden vor Ablauf der Strafe freizulassen.879 Folglich waren die Strafzugriffe auf Untertanen als obrigkeitliche Herrschaftspraktiken verstanden worden. Wenngleich die Tendenz ersichtlich ist, einmaligen Diebstahl mit einem Stadtverweis zu ahnden und erst Wiederholungstäter auf die Ruderbänke zu schicken, fand die Galeerenstrafe jedoch keineswegs konsequente Anwendung.880 Die Urteilssprüche variierten trotz vergleichbarer Sachverhalte stark: Einmalige Diebe oder auch Wiederholungstäter wurden manchmal der Stadt und Länder verwiesen, andere Male jedoch zu mehrjährigen Galeerenstrafen verurteilt.881 Ein 877 StadtAA, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 56r, 20. April 1571 (Valtin Helmsdorffer aus Schwatz). 878 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, a, fol. 11v, 30. Januar 1572; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 189v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 27r f. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1339, a, fol. 9v, 29. Januar 1572. Zu Zehender als Sohn eines Wirtes siehe Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 544, der jedoch nicht auf die Supplik verweist. 879 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 21v, 19. Oktober 1571; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 22v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher, Nr. 34, fol. 173v; Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]v; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 106, fol. 88v. 880 StadtAA, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 100, fol. 2v, 28. August 1571 (Gall Mair, Diebstahl, Stadtverweis), fol. 11v, 03. Januar 1572 (Gall Mair, erneuter Diebstahl, dreijährige Galeerenstrafe). 881 StadtAA, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 113r, 19. Februar 1568 (Georg Käustner, wegen mehrmaligen minderschweren Diebstahls, Züchtigung und Stadtverweis), fol. 54v, 20. März 1571 (Hans Rechlin, Diebstahl, »wiewol Er nichts bekhennen wollen«, wurde »als ain leichtfertiges person aus der Stat geschafft« – andere, die nichts bekannten, hat man jedoch gehen lassen, wie Hans Schacher am 22. März 1571), fol. 53v, 03. Februar 1571 (Hans Mathiß, wegen mehrmaligen minderschweren Diebstahls, Stadtverweis), fol. 53r, Mittwoch, 20. Fe-

Ein Sieg, viele Konfessionen

261

Straubinger namens Hans Lochner ist am 07. September 1570 für zwei Jahre auf die Galeeren geschickt worden, weil er nicht nur einige Wagenketten und Gulden gestohlen hatte, sondern auch – wenngleich er Ehemann und Vater war – mit einer anderen Frau zu tun hatte und die ländlichen Regionen durchstreifte.882 Hingegen erhielten andere Diebe – Wiederholungstäter – ein Urteil zu zeitlich unbegrenztem Ruderdienst.883 Der Tuchscherer Ulrich Mair wurde, nachdem er nicht beweisen konnte, dass er aus Notwehr gehandelt habe, wegen Totschlags zu zehn Jahren auf die Galeeren geschickt.884 Ebenso verhielt sich die Urteilsfindung bei jenen variabel, die unerlaubter Weise zurück in die Stadt gekommen waren.885 Folglich sind die Verurteilungen zum Galeerendienst nicht zu generalisieren, sondern im Einzelfall zu rekonstruieren. Die hier untersuchten Fälle verurteilter Galeerensträflinge sind nicht nur für Augsburg, Bamberg, Bayern, Brandenburg-Ansbach und Nürnberg, sondern im süddeutschen Raum auch für Bayreuth (1571), Landshut (1573), Ingolstadt (1574), Burghausen (1574) und München (1583) nachweisbar. Darüber hinaus ist in Breslau ein Urteilsspruch ad remos für den 20. Juli 1571 sowie zwei weitere für den 24. Oktober 1571 überliefert. Im unweit entfernt gelegenen Za˛bkowice S´la˛skie (Frankenstein) sind im September 1572 zwei weitere Menschen zum Ruderdienst im Mittelmeer verurteilt worden. Für den März 1572 ist ein kursächsisch-böhmischer Fall belegt, als in Zittau, Görlitz und der Herrschaft

882 883 884

885

bruar 1571 (Ulich Schmidt, zweimaliger Diebstahl, Züchtigung und Stadtverweis), fol. 33r, 04. April 1570 (Georg Dacher und Peter Mair Churtz, wegen mehrmaligen minderschweren Diebstahls, Stadtverweis), StadtAA, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 100, fol. 2v, 25. August 1571 (Georg Schebl, Diebstahlverdacht, bekannt als »ain leichtfertige person. die hieuor diebstals halb getzuchtigt ist«, Stadtverweis), fol. 2v, 28. August 1571 (Gall Mair, Diebstahl, Stadtverweis), fol. 2v, 28. August 1571 (»Hanns Leitenmair ain 13 Jerig[er] knab. ist diebstals halb […] seinem vatter wider haimgeben worden zue Zutzuchtigen«), fol. 6r, 16. Oktober 1571, Matheus Schmidt, wiederholter Diebstahl, Stadtverweis), fol. 13v, 17. Januar 1572 (Hans Huber und Hans Pengel »der sich sonst Jorg Strobl genant«, wegen wiederholten, minderschweren Diebstahls, Stadtverweis). Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 41v, 07. September 1570. Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 36r, 20. Mai 1570 (Philips Halman aus Hockenheim bei Speyer). Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 56r, Samstag, 20. April 1571 (Ulrich Mair, Tuchscherer): »Vlrich Mair tuchscherer. hat ain todtschlag begangen. vnnd wiewol Er furgeben, das Er sich getzwungenlich wöhren, vnnd beim leben erzetten muessen, so hat Er doch solchs nit beweisen konnen, Derwegen Er zehen Jar lang auff ain galeen condemnirt word[en].« Zu Galeerenstrafen als »Verdachtsstrafe […] bei fehlendem Vollbeweis« siehe Schlosser: Galeerenstrafe, Sp. 1916; ders.: Strafe der Galeere, S. 29ff. Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 100, fol. 16v, 18. Februar 1572 (Jacob Augustus, Caspar August, Jorg Truntzer, Thomas Keßler Enders Stromair, unerlaubte Rückkehr in die Stadt, Züchtigung und erneuter Stadtverweis).

262

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Grabsˇtejn (Grafenstein) insgesamt knapp 70 Menschen als Galeerensträflinge über Prag nach Venedig geschickt wurden.886 Insbesondere ist für Augsburg angeführt worden, dass die Reichsstadt mit ihren Verurteilungen am Ausgang der Seeschlacht beteiligt gewesen sei.887 Dass es sich bei den Augsburger Galeerensträflingen tatsächlich um einen den Sieg maßgeblich herbeigeführten Aspekt handelte, muss allerdings schon deshalb bezweifelt werden, weil ein Blick in die Augsburger Strafamtsbücher schnell belegt, dass sich für die Jahre 1570 und 1571 kaum Beispiele für Galeerensträflinge finden.888 Zwar ist die erste Verurteilung zur Galeerenstrafe in Augsburg für das Jahr 1566 nachweisbar, doch innerhalb von zwei Jahren unmittelbar vor dem Eintreffen der Siegesnachricht von Lepanto verurteilte die Reichsstadt insgesamt lediglich vier Männer wegen Diebstahls, Totschlags und Polygamie ad remos.889 Der Seesieg bei Lepanto scheint die Augsburger Ratsmitglieder schließlich bei ihrer Vergabe der ›Gnadenurteile‹ regelrecht beflügelt zu haben. Dies dürfte auch durch den Umstand befördert worden sein, dass bereits Ende Oktober 1571 der Augsburger Rat aufmerksam die Gerüchte darüber verfolgte, dass die ›Heilige Liga‹ Rudersträflinge, die bei Lepanto gekämpft hatten, im Anschluss an den Seesieg »durchauß ledig gelassen« habe.890 Noch im November und Dezember 1571 verurteilten die Stadträte weitere vier Menschen – und damit immerhin im Laufe zweier Monate so viele wie in den vergangenen 22 Monaten insgesamt – 886 Hans Schlosser: Tre secoli di criminali bavaresi sulle galere veneziane (secoli XVI–XVIII). (Centro Tedesco di Studi Veneziani. Quaderni 28). Venedig 1984, S. 5; Siegfried Hofmann: Geschichte der Stadt Ingolstadt. 1505–1600. Ingolstadt 2006, S. 110; Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 525–528 (auch mit dem Hinweis darauf, dass einige Verurteilte fliehen konnten). In Reaktion auf Frauenstädt siehe (mit Literaturhinweisen) Theodor Distel: Galeerenstrafe in Kursachsen (1572f.). In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 18 (1898), H. 1, S. 830f. 887 Roeck: Geschichte Augsburgs, S. 127. 888 Vgl. Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 27v–48v (1570) und fol. 48v–61r (bis 04. August 1571); Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 100, fol. 1r–11v (ab 07. August 1571). 889 Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 99, fol. 36r, 20. Mai 1570 (Philips Halman aus Hockenheim bei Speyer wegen mehrmaligen Diebstahls, lebenslänglicher Galeerendienst), fol. 41v, 07. September 1570 (Hans Lochner aus Straubingen, mehrmaliger Diebstahl sowie Vielweiberei, zwei-jähriger Galeerendienst), fol. 56r, 20. April 1571 (Valtin Helmsdorffer aus Schwatz, wegen mehrmaligen schweren Diebstahls und Einbrüche, lebenslänglicher Galeerendienst), fol. 56r, 20. April 1571 (Ulrich Mair, Tuchscherer, Totschlag, zehnjährige Galeerenstrafe). Schlosser: Tre secoli, S. 4 verweist auf den Fall von 1566 (mit Verweis auf die Urgicht vom 13./ 14. Februar 1566). Stetten: Geschichte der Heil. Ro[e]m. Reichs Freyen Stadt Augspurg. (BSB, 4 Bavar. 3157 f-1), S. 567 führt an, es seien am 24. Januar 1566 24 Personen sowie am 04. Februar 1566 weitere vier Diebe ad remos »begnadigt[]« worden. Die Galeerensträflinge des Jahres 1571 gibt von Stetten lediglich ungenau als »einige« an (ebd., S. 595). 890 Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Augsburg, 30. Oktober 1571, fol. 2r.

Ein Sieg, viele Konfessionen

263

wegen Diebstahls zum Ruderdienst.891 Auch weiteten sie die Urteilsanwendung auf den Strafbestand aus, wenn Verbandte in die Stadt zurückkehrten. Hanns Raiden wurde deshalb, nachdem er sich im Dezember 1571 zum 14. Mal unerlaubter Weise in Augsburg aufhielt, zu drei Jahren Ruderdienst verurteilt.892 Ebenso ist der Dieb Michel Reist, als er wenige Tage nach dem Stadtverweis erneut in Augsburg gesichtet wurde, zu drei Jahren auf die Galeeren geschickt worden. Auch als der Nürnberger Niklas Hempel und der aus dem nördlich von Augsburg gelegenen Oberhausen stammende Georg Bair, die zunächst wegen begangenen Diebstahls und »anderer Jrer mishandlung« gezüchtigt und der Stadt verwiesen worden waren, wiederholte Male in die Reichsstadt zurückkehrten, erhielten sie im Januar 1572 den Urteilsspruch zum vierjährigen Galeerendienst.893 Fortan wurde den der Stadt verwiesenen Straftätern nach ihrer ersten und zweiten Rückkehr mit dem Ruderdienst gedroht, sollten sie sich erneut in Augsburg blicken lassen.894 Damit war eine weitere Gruppe potentiell für den Dienst auf den Galeeren vorgesehen, die besonders zahlreich war. Denn die Verurteilten waren im städtischen Gefüge durch soziale Beziehungen in Verwandtschaft, Bekanntschaft, Gemeinde und Berufe verankert, weshalb viele – gerade in Zeiten der Not durch Hunger, Krankheiten und hohe Preise – versuchten, verbotenerweise zurückzukehren.895

891 Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 100, fol. 8v, 29. November 1571 (Hans Schmidt aus Göggingen, wiederholten Diebstahls wegen, drei-jährige Galeerenstrafe), fol. 9r, 04. Dezember 1571 (Lenhart Mair aus Täfertingen, mehrmaligen Diebstahls wegen, zehnjährige Galeerenstrafe), fol. 9v, 13. Dezember 1571 (Michel Reist, mehrmaligen Diebstahls wegen und Rückkehr trotz Stadtverweises, drei-jährige Galeerenstrafe), fol. 11v, 29. Dezember 1571 (Michel Mack, wiederholten Diebstahls wegen, drei-jährige Galeerenstrafe). Schlosser: Tre secoli, S. 10, 18 gibt für Augsburg im Jahr 1571 lediglich drei Verurteilungen ad remos und anschließend eine weitere erst für April 1573 an. 892 Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Strafamt, Nr. 100, fol. 9v, 13. Dezember 1571. Bereits 13 Tage zuvor war ihm eine solche Strafe angedroht worden: ebd., fol. 9r, 01. Dezember 1571. 893 Ebd., fol. 9v, Donnerstag, 13. Dezember 1571, fol. 13v, 17. Januar 1572. 894 Ebd., fol. 9r, 01. Dezember 1571 (»Hans Raid vnnd Lenhart Sailer. ist hieuor Jrer verhandlung halb die Stat verboten. aber daruber hinnen betreten worden, Derwegen ain Ersamer Rat erkant, das sie […] beÿ betro das man sie, wofern sie wider herein komen, auff galleen schiken wird. verwisen werden sollen«), fol. 14v, 31. Januar 1572 (Bartolomé Fischer aus »Steisenbach«, »Jst etlich Mahl d[er] Stat verwisen«, sollte er sich wieder in diese begeben, »wird nit vmbghen Jn auf die Galleen zuschickhenn«). 895 Ebd., fol. 4v f., 25. September 1571 (wegen mehrmaligen minderschweren Diebstahls wurde der dreizehnjährige Jorg Truntzer gezüchtigt und gemeinsam mit dem Nutznießer Kaspar Augustus der Stadt verwiesen. Truntzer kam am 04. Oktober und – dann gemeinsam mit Augustus – am 23. Oktober sowie am 15. Dezember 1571 zurück in die Reichsstadt, aus der sie beide mit Züchtigungen verwiesen wurden); ebd., fol. 16v, 18. Februar 1572 (Jacob Augustus, Caspar August, Jorg Truntzer, Thomas Keßler Enders Stromair, unerlaubte Rückkehr in die Stadt, Züchtigung und erneuter Stadtverweis). Zurückkehrende Frauen wie Maria Riedhauserin waren freilich nicht vom Galeerendienst betroffen. Zu ihr vgl. ebd.,

264

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Diese Feststellung deckt sich auch mit den bereits dargelegten Befunden, wonach die eigentlich zahlreichen Verurteilungen ad remos keineswegs vor der Seeschlacht ausgesprochen wurden, sondern vielmehr erst nachdem die Siegesnachricht von Lepanto bekannt war.896 Entsprechend erwähnten erste aus Augsburg stammende Zeittungen über den Seesieg auch nicht die Taten etwaiger vormaliger Augsburger bei Lepanto, sondern diejenigen der Malteser, Florentiner und Venezianer.897 Der Herzog von Bayern stellte eine Ausnahme dar und nahm zugleich eine Vorreiterrolle ein: Bereits 1569 hatte er 22 Galeerensträflinge überführen lassen und vermittelte zudem den Kontakt zwischen Spinola und Nürnberg.898 Während vor Lepanto neben Bayern nur sehr vereinzelte Galeerenstrafen aus Augsburg (1569, 1570–1571) und Breslau (1571) dokumentiert sind, setzte nach dem Bekanntwerden des Seesieges der ›Heiligen Liga‹ ein signifikanter Anstieg der Verurteilten in diesen Städten ein und führte dazu, das erstmalig auch in anderen Gebieten wie in Bamberg, Bayreuth, Kursachsen oder Nürnberg Galeerenstrafen en vogue wurden. Eine aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammende Nürnberger Chronik datiert daher die Gesandtschaft Spinolas explizit auf die Zeit nach dem Seesieg bei Lepanto, die zu einer vermehrten Verurteilung gefürt habe.899 Zwar nahm sie ihren Anfang vor dem Seesieg, doch ihre Auswirkungen traten eben erst nach der Seeschlacht von Lepanto für die Bewohner ein. Es ist also festzustellen, dass nach der Seeschlacht deutsche Obrigkeiten die Instrumente nutzten, die bereits zuvor durch kaiserliche Dekrete und Liga-Gesandte eingerichtet wurden. Feststellbar ist dies auch für die eidgenössischen Gebiete: Zwar handelte der savoyische Gesandte Gouvain de Beaufort am 21. August 1571 das Abkommen mit Bern aus, Galeerensträflinge auf Kosten Savoyens über Cressier nach Turin zu schicken, doch erst 1572 unternahm de Beaufort den Versuch, das Berner Abkommen auch auf andere eidgenössische Gebiete auszuweiten. Zu einer nennenswerten Umsetzung kam es dann erst nach 1577, als fortan die Galeerenstrafe auch gegen Bettler und Vagabunden ausgesprochen werden durfte. Zu bedenken ist hierbei auch, dass die mögliche eidgenössische Unterstützung Venedigs gegen die Osmanen zu Leb-

896 897 898 899

fol. 7v, 8. November 1571 (Rückkehr am 12. Januar 1572, 05 Februar 1572 und 08. März 1572, Androhung einer Leibstrafe). Neben den oben angeführten Belegen siehe bereits die programmatische Jahreszahl im Titel von Distel: Galeerenstrafe, S. 830f. SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, fol. 20r, Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, Augsburg, 24. Oktober 1571. Schlosser: Tre secoli, S. 5; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 32, Johann Müllners Annalen der Reichsstadt Nürnberg (1545–1600), fol. 2282r. Stadtarchiv Nürnberg, F 1, Nr. 41, unpaginiert, fol. [202]r f. Zur zeitlichen Einordnung vgl. neben dem Einbandrücken auch Stadtarchiv Nürnberg: Repertorium F 1. Nürnberger Chroniken und chronikähnliche Aufzeichnungen, S. 17.

Ein Sieg, viele Konfessionen

265

zeiten Heinrich Bullingers auf vehementen Widerspruch einiger reformierter Theologen stieß.900 Wenn in lokalgeschichtlichen Studien auf Verurteilungen zum Galeerendienst verwiesen wird, um damit anzuführen, dass beispielsweise Augsburg so einen »Anteil am Sieg des von Spanien geführten Flottenverbandes über die Türken [besessen habe], der bei Lepanto 1571 gelang«,901 handelt es sich folglich eher um lokalgeschichtliche Verklärungen. In ihnen wird den deutschen Städten, die nicht im Ligaverbund vertreten waren, durch die Galeerensträflinge eine Teilhabe an Lepanto zugesprochen – also die regionalgeschichtliche Wertschätzung der ›Leistungen‹ einer Stadt, »zu dem glänzenden Siege des Don Juan d’Austria bei Lepanto«902 beigetragen zu haben. Solche Anmerkungen basieren auf den Ausführungen zeitgenössischer Chroniken, in denen für das Jahr 1571 zu lesen ist, dass aufgrund der Teuerung die städtische Obrigkeit viele Diebe ad remos geschickt habe.903 Aber es bedarf einer genauerer, auch die archivalische Dokumentation berücksichtigende Rekonstruktion, um zu zeigen, dass diese Chroniken Verurteilungen ad remos bewusst nicht weiter darlegten, um die Ehre des ligistischen Kampfeinsatzes bei Lepanto als Ehre der Stadt zu konzipieren. Eine deutschsprachige Teilhabe am Seesieg der ›Heiligen Liga‹ durch die Galeerensträflinge zu postulieren, stellt folglich eine regionalgeschichtliche Mär dar, die lediglich für das Herzogtum Bayern bedingt zutraf. Dass damit einerseits die implizite Annahme tradiert wird, der Kampf gegen Osmanen sei ein ehrenvolles Verdienst, ist die eine, bedenkliche Sache. Die andere ist es, dass dies auf der Annahme großteils nicht verifizierter Aussagen beruht: Durch ihre Strafpraxis besaßen deutsche Obrigkeiten keinen Anteil an Lepanto, sondern es verursachte vielmehr umgekehrt der Wunsch, an dem mit Lepanto als ehrenvoll imaginierten Kampf gegen die Osmanen teilzuhaben, die zunehmende Verurteilung ad remos. Doch angesichts der Abertausenden von Liga-Ruderern dürfte auch für die Jahre 1572 und 1573 bezweifelt werden, dass die letztlich doch vergleichsweise geringe

900 Carlen: Galeerenstrafe, S. 559 (211) ff., 571 (223); ders.: Aufsätze zur Rechtsgeschichte der Schweiz. Hg. v. Hans C. Faußner. Hildesheim 1994. Wie Carlen keineswegs überraschend verdeutlicht, sind die Urteilssprüche auch in den eidgenössischen Gebieten hauptsächlich für das 17. und 18. Jahrhundert belegbar. Dass ein Abkommen Berns mit Genua und katholischen Kantonen aus reformierter Perspektive nicht unproblematisch war, zeigt Fatio/ Labarthe: Registres de la Compagnie des pasteurs. Bd. 3, S. 281. Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 235 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Chur, 22. Januar 1571); ebd., S. 237 (Heinrich Bullinger an Tobias Egli, Zürich, 09. Februar 1571); Widmer: Bullinger und die Türken, S. 611. 901 Roeck: Geschichte Augsburgs, S. 127. 902 Frauenstädt: Geschichte der Galeerenstrafe, S. 526. Zur Lokalgeschichte und LepantoGlorifizierung siehe u. a. auch Luigi Conforti: I napoletani a Lepanto. Ricerche storiche. Neapel 1886; di Montechiaro: Sicilia nella Battaglia di Lepanto. 903 Gasser: Reichßstatt Augspurg in Schwaben. (BSB, Res/2 Germ.sp. 160-1/4), S. 130.

266

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Anzahl der im Reich zum Galeerendienst Verurteilten einen wesentlichen Anteil der Liga-Mannschaften stellten.

II.3.viii. Das Ereignis Lepanto und die Diskussionen um einen Liga-Beitritt: Die Debatten der Jahre 1571 bis 1573 Es ist bereits gezeigt worden, dass sowohl in der Forschungsliteratur als auch in populären Texten zur Seeschlacht von Lepanto die Verweigerung des Kaisers, der ›Heiligen Liga‹ beizutreten, auf die konfessionelle Vielfalt des Reiches zurückgeführt und mit dem Erstarken der Protestanten begründet wurde.904 Wenn Winfried Schulze die Bedeutung der Türkengefahr für die kaiserliche Selbststilisierung als Herrscher betonte und gleichfalls meinte, die protestantischen Reichsstände und Kurfürsten hätten ihre verfassungsrechtliche Teilhabe an den politischen Entscheidungsfindungen angesichts der Debatten um die Legitimtität der ›Türkensteuern‹ genutzt, um konfessionelle Auseinandersetzungen zu positionieren, greift er auf eine vergleichbare Argumentation zurück. Letztlich wird sowohl bei den Studien zu Lepanto als auch bei dieser zur ›Türkensteuer‹ eine Türkengefahr als real imaginiert und darüber reichspolitischen Debatten Legitimität zu- oder abzuerkennen.905 Es ist deshalb an dieser Stelle nach den historisch konkreten, politischen Entscheidungsfindungsprozessen zu fragen, die zum Nichtbeitritt des Reichs führten, und inwieweit konfessionelle Zugehörigkeiten hierbei entscheidend sein konnten. Als Kaiser Maximilian II. Anfang 1571 vom bevorstehenden antiosmanischen Bündnisschluss erfuhr, schrieb er an Adam von Dietrichstein, dass dieses »Pündtnus […] wid[er] den Türcken« ein der »gemaine[n] Christenhait hochnotwendigs werck« sei.906 Es ist also davon auszugehen, dass der Kaiser zum damaligen Zeitpunkt gedachte, seinem in Spanien mit der Erziehung der Kaisersöhne Rudolf und Ernst beschäftigten Diplomaten die eigene Haltung als proligistisch zu beschreiben.907 Mit einer solchen Einschätzung war der Kaiser kei904 Hierzu ausführlicher im Kapitel II.3.i. Zwischen Universalität und Partikularität: LepantoFestivitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sowie exemplarisch Hopkins: Confrontation at Lepanto, S. 50–53; Capponi: Victory of the West, S. 53, 98–102; Brown: Mystery, S. 22. 905 Schulze: Reich und Türkengefahr. Ähnlich auch Fischer-Galati: Ottoman Imperialism and German Protestantism, hier bspw. S. 94ff. Zur Türkengefahr als »reale[] politische[] Bedrohung« siehe Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 72. 906 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. A, fol. 7r, Maximilian II. an Adam von Dietrichstein, Prag, 30. Januar 1571. 907 Vgl. Anna Coreth: Dietrichstein, Adam Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 3. Berlin 1957, S. 700f.

Ein Sieg, viele Konfessionen

267

neswegs allein. Bereits nach den venezianisch-osmanischen Kriegserklärungen hatte sich der habsburgische Botschafter Venedigs im April 1570 gegenüber dem Kaiser offen für einen antiosmanischen Liga-Schluss zwischen Venedig und dem Reich ausgesprochen.908 Als dann ein Jahr später das Zustandekommen der ›Heiligen Liga‹ zwischen Papsttum, Venedig und Spanien in der Lagunenstadt verkündet wurde, schrieb Veit von Dornberg nach Wien, dass er auf »gute Auswirkungen« (buoni effetti) dieser »wichtigen Verhandlung« (importantissima trattatione) hoffe.909 Ebenso wandte sich der Kardinal Marc’antonio Amulio an den Kaiser, um eine doppelte Hoffnung auszudrücken: Dass die Meeresstreitkräfte im Jahr 1571 eine »gute Frucht« (buon frutto) erbringen und im Jahr 1572 mit der kaiserlichen Unterstützung einen noch größeren Ertrag erlangen würden. Bei Veit von Dornberg war zudem der päpstliche Nuntius erschienen und hatte persönlich von der Liga-Kapitulation berichtet, die der Kaiser zugleich abschriftlich aus Rom erhielt.910 Zusätzlich war nach dem Liga-Schluss Giovanni F. Commendone als päpstlicher Legatus a latere nach Wien abgesandt worden.911 Deshalb bat der Augsburger Kardinal Otto von Waldburg von Rom aus den Kaiser, er möge Commendone »vnbeschwerdt Audientz« geben und »Jne allso Conuersando beschaffen«.912 Fortan setzte sich Commendone gemeinsam mit dem Kaiserhofnuntius Giovanni Delfino ein, um Maximilian II. zu einem Liga-Beitritt zu bewegen, was nicht allein in Prag und Wien bekannt war.913 So hatte auch der 908 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, I, fol. 109r, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 01. April 1570. 909 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 06. Mai 1571, fol. 1r. 910 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Marcantonio Amulio an Maximilian II., Rom, 02. Juni 1571, fol. 31r: »che le armate da Mare facino qualche buon frutto per questo anno, ilche ci dara speranza di farlo miglior l’anno uenturo, sotto li auspicij, et aiuti di V. Ces.a M:ta«. Der Nuntius Giovanni Antonio Facchinetti war von Kardinal Michele Bonèlli aus Rom über den Liga-Schluss informiert worden. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 12. Mai 1571, fol. 2v; ebd., ders. an dens., Venedig, 23. Mai 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 1r–17v. Der sich in Prag aufhaltende Kaiser erhielt die Nachricht vom Liga-Schluss von Rom aus über Florenz zugeschickt. Vgl. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 76r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Prag, 18. Juni 1571. 911 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. IX, Pius V. an Maximilian II., fol. 4r f., »Credentiales in personam Cardinalis Comendj Legati de latere«. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 03. Juni 1571 mit Avvisi aus Rom (26. Mai 1571), fol. 5r. 912 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Otto von Waldburg an Maximilian II., Rom, 17. Juli 1571, fol. 39r. 913 Zu den damals in zahlreichen Audienzen vorgetragenenen Beitritts-Gesuchen siehe Hans Kramer (Hg.): Nuntius Biglia 1570 (Jänner) – 1571 (April). Aus dem Nachlasse von Ignaz P.

268

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

brandenburgische Kurfürst Johann Georg erfahren, dass Rom den »Keÿser vnd Konigk von Portugal« sowie den »Keiser, Konigk, auß Polen, vnd and[er]en Potentaten mehr bitten vnd ermahnen« wolle, »solchem heyligen werck behulflich zu sein, vnd dasselbe zubefurderen«.914 Bereits vor der Seeschlacht von Lepanto bestand dabei in Rom die Hoffnung, der Kaiser werde der Liga beitreten, und so hatte der Legat unmittelbar vor der Schlacht seine Bemühungen intensiviert und immer häufigere und längere Audienzen für die Verhandlungen beansprucht.915 Doch letztlich vergeblich, denn während sich die Ligisten eine größere Schlagkraft bei einem gemeinsamen Vorgehen zu Wasser und zu Land erhofften, befürchtete der Kaiser, dass in Ungarn nur mithilfe großer Ausgaben und Truppenstärken mit einem Sieg zu rechnen sei. Zudem hatte er aus Rom von seinem Diplomaten vor Ort erfahren, dass die Osmanen gerade keine weiteren Aufstände oder »Feinde« zu bekämpfen hätten und so ihre gesamte Schlagkraft gegen die Liga-Herrschaften richten könnten.916 In den Monaten nach der LigaGründung und unmittelbar vor der Seeschlacht hinderten den Kaiser also konkrete, militärstrategische Überlegungen an einem Liga-Beitritt – und keineswegs protestantische Einsprüche. Mit dem Bekanntwerden Lepantos intensivierten sich nochmals die Bemühungen der päpstlichen Diplomaten. Der Legat Commendone hatte die Siegesnachricht dem Kaiser mit der Information überbracht, dass die geplante Einnahme Konstantinopels/ Istanbuls im Folgejahr wohl nur bei einem Liga-Beitritt des Reiches möglich sei – zumal das auch die Bedingung darstelle, die der polnische König für die Unterzeichnung des Bündnisses genannt hatte.917 Doch Sigismund II. August hatte bereits im Juli 1571 Maximilian II. durch Gesandte informieren lassen, dass er den Vorschlag, dem »Christlichen Pündtnus« beizutreten, kategorisch zurückweise.918 Entsprechend machten sich päpstliche

914 915

916 917

918

Dengel. (Nuntiaturberichte aus Deutschland 1560–1572 nebst ergänzenden Aktenstücke. 2. Abt., 7. Bd.). Graz/ Köln 1952; Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone. GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 8r, »Kurtzer Begriff, des Bundes, Zwischen Papst, Konig auß hispanien, vnd den Venedigernn«. Allerdings kursierten verschiedene Ansichten am Papsthof darüber, ob es nun zu einem Liga-Beitritt komme oder doch nicht. ÖNB, Cod. 8949, fol. 273r, Rom, 20. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 183r, Lodovico Antinori und Giovanni Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 08. Oktober 1571; ebd., fol. 201r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 23. Oktober 1571. Wandruszka: L’impero, S. 439–443 (Traktat des Prospero d’Arco), hier S. 439: »nemici«. Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone, S. 128ff. (Giovanni F. Commendone an Girolamo Rusticucci, Wien, 30. Oktober 1571). Vgl. Hubert Jedin: Papst Pius V., die Heilige Liga und der Kreuzzugsgedanke. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. Florenz 1974, S. 191–213. ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. B, fol. 3r–10v, Sigismund II. August von Polen an die kaiserlichen Gesandten, 14. Juli 1571. Zitat ebd., fol. 6r. Auch nach der Be-

Ein Sieg, viele Konfessionen

269

Gesandtschaftsmitglieder bei Pius V. für ein weiteres Entgegenkommen stark und beobachteten beunruhigt, die angenommenen lutherischen Sympathien des polnischen Königs. Als Commendone dann dem Kaiser die päpstliche LepantoBreve überreichte, forderte er ihn erneut zum Beitritt zur ›Heiligen Liga‹ auf.919 Auch toskanische Beobachter gingen in Wien davon aus, dass er nach der »Siegesnachricht« sicherlich der Liga beitreten werde.920 Sie schrieben folglich Lepanto als Ereignis ein politisch bedeutsames Moment zu, das zwischenherrschaftliche Beziehungen neu konstituiere. Die Logik war einfach: Wenn Lepanto als Ereignis den Erfolg der Liga ohne eine Mitgliedschaft des Kaisers verdeutlichte, was sei dann erst mit dessen Unterstützung möglich? Noch am 22. Oktober – einen Tag nach dem Bekanntwerden der Siegesnachricht in Rom – setzte dort Otto von Waldburg ein Schreiben an den Kaiser auf, in dem er diesen über den Seesieg der ›Heiligen Liga‹ in Kenntnis setzte. Dass er Maximilian II. über den »[c]hristliche[n] Victori« informiere, begründete er damit, dass sich der Kaiser »alls der Christenheÿtt Obrist Weltlich Haubt mitt gantze[n] hertze[n] […] erfrewe[n]« werde, »das Gott der Allmechtig durch sein grandtlose Barmhertzigkaÿtt disen stattlichen Sig wider de[n] allgemaine[n] Erbfeinden gantzer Christenhaÿtt zu Trost vnd wolfart verlihe[n] hatt«.921 Dabei verband der Kardinal die Übermittlung der Nachricht vom Seesieg damit, den Kaiser als christlichen Herrscher angesichts eines solchen als christlich imaginierten Sieges um einen Liga-Beitritt zu ersuchen: »Darnebent aber bitt ich diemiettiglich E. Mt welle […] mir nitt in onguttem auffnem[en] oder verston, das ich auss Ebenmessiger gutter wolmainung gern sehen vnnd hörte das E. Mt gelge[n]haÿtt were mitt ir hochster Authoritet p[ro]minentz gwalt vnd macht sambt dis Haÿlige[n] Römischen Reÿchs Teütscher Natio[n] Vergleichung hilff vnnd zuthu[n] ain allgemaine[n] Christlichen Bandt vnnd verstentnus mitt allen oder

kanntwerdung Lepantos instruierte der polnische König seine Botschafter am Kaiserhof, sie sollten dort verkünden, dass er gut über die Geschehnisse im Liga-Umfeld informierte sei. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 186, fol. 1v [560v], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 07. November 1571. 919 BAV, Urb. lat. (Urbinati latini), 855, fol. 326r-348v, »Discorso di Mons.r Giulio Ruggieri Prothonotario Apostolico intorno alti aiuti di Polonia à fauore della santissima Lega contra il Turco«; Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone, S. 152f. (Giovanni F. Commendone an Girolamo Rusticucci, Wien, 13. November 1571), 177ff., 186– 189. Die Audienz fand am 12. November 1571 statt. Zu diesem päpstlichen LepantoSchreiben sowie zu demjenigen an Erzherzog Karl siehe Wilhelm E. Schwarz (Hg.): Der Briefwechsel des Kaisers Maximilian II. mit Papst Pius V. (Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., T. 1). Paderborn 1889, S. 187–191; Nanni/ Mrkonjic´: Epistolae ad principi. Bd. 2, S. 219. 920 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 206r, 207r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571: »nuoua d[e]lla vitt.a«. 921 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Otto von Waldburg an Maximilian II., Rom, 22. Oktober 1571, fol. 47r.

270

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

doch der merethaÿls Christlicher Potentaten zu mach[en] also das auff kunfftige[n] frieling der Schandtlich Gottlose Turckisch Tÿrann sammentglich auff de[m] landt vnd wasser gwalte[n]glich wurde angegriffe[n].«922

Die Stilisierung des Ereignisses Lepanto als »[c]hristliche[n] Victori« brachte also eine Rhetorik mit sich, auf die Akteure zurückgreifen konnten, um den LigaBeitritt jener als christlich inszenierten Herrschaften einzufordern. Entsprechend äußerte auch der Augsburger Kardinal seine Hoffnung eines Liga-Beitrittes des Heiligen Römischen Reiches, der zu einem zu Wasser und Land durchgeführten Angriff auf das Osmanische Reich im kommenden Jahr führen sollte. Dieser Einsatz pro bono Reipublicæ Christianæ, so der Kardinal weiter, gehe mit »irer [des Kaisers, S. H.] selbs Haÿl, nuttz, lob[,] eer vnd Praÿss« einher. Also stellte Otto von Waldburg mit dem Liga-Beitritt einen Ehrzuwachs Maximilians II. in Aussicht, der sich in geistlichem und weltlichem Gewinn ausdrücke, und dessen immense Ausmaße sich der Kaiser angesichts Lepantos leicht ausmalen könne. Die Stilisierung Lepantos als christlichen Sieg ermöglichte es jedoch nicht nur, den Kaiser zu einem »[g]ottgefellig[en] nottig[en] ferstendig[en] werck« demütig aufzufordern und ihm dafür weitere Ehre in Aussicht zu stellen.923 Diese Ereigniskonzeption Lepantos als von Gott der ›Heiligen Liga‹ verliehenen Sieg ließ auf göttliches Wohlwollen schließen und ermöglichte es damit zugleich, auf kommende Siege zu verweisen – und so etwaige Skrupel möglicher Bündnispartner zu negieren. Somit war Lepanto, in den Worten Otto von Waldburgs gegenüber Maximilian II., ein Sieg, der auf weitere Siege verwies: »Die occasion ist gross, die gelegenhaÿtt nitt klain«.924 In dieser Logik nahm das Ereignis also mögliche größere Folgeereignisse voraus, die gemeinsam als christlicher, ja, göttlicher Ereigniszusammenhang konzipiert waren. Knapp einen Monat später griff Maximilian in seinem Antwortschreiben diese Rhetorik vom Sieg der »Flotte der Christen gegen den Feind des Kreuzes Christi« auf, ohne jedoch konkrete Zusagen zu machen.925 Kurz nach der Seeschlacht nutzte auch Kardinal Marcantonio Amulio, nach Rücksprachen mit dem Papst, zur Feder. Zunächst erinnerte er an sein im Vorjahr aufgesetztes Schreiben, mit dem er den Kaiser zum Liga-Beitritt zu bewegen suchte, indem er auf die möglichen Siege der Liga verwies. Nun, da eine solche buon frutto mit Lepanto eingetrete sei, wende er sich erneut an Maximilian II., 922 Ebd. 923 Ebd., fol. 47r f. 924 Ebd.: »Dann ich bin gutter getröster hoffnung Es wurde der allmechtig giettig Gott zu volkomnem Trost vnd Wolfart der Christe[n]haÿtt aller Gluck, Haÿl, vnd gedeÿen wunderbarlich durch sein gnad verheng[en]«. 925 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. VII, Maximilian II. an Kardinal Otto von Waldburg, Wien, 28. November 1571, fol. 20r–21v (»classis Christianorum aduersus Crucis Christi hostem«).

Ein Sieg, viele Konfessionen

271

um – wie er sogleich zu Beginn seines Schreibens betonte, den Kaiser zum Krieg gegen die Osmanen zu bewegen. Amulio sah in dem von Gott verliehenen »großen Sieg« ganz konkrete Folgen: Die griechisch-osmanischen Sıpa¯hı seien ˙ großteils getötet und die Armada verloren, sodass für 1572 Liga-Angriffe auf die »kostbarsten, nützlichsten und wichtigsten Orte« in Nordafrika, in der Levante und in Syrien anstünden.926 Angesichts dessen werde es dem Sulta¯n nicht möglich ˙ sein, in Ungarn mehr Truppen anzusammeln, als jene, die ohnehin an der Grenze stünden. Insofern seien von einer kaiserlich-erzherzoglichen Truppe mittlerer Stärke bereits viele Gewinne zu erwarten. Amulio griff in seiner Argumentation auf die prominente Figur der Türkengefahr zurück: das »gesamte Deutschland«, so schrieb der Kardinal in Rom, sei in einer »offenkundigen Gefahr«, die nach Lepanto »mit einem Schlag« abgewendet werden könne. Mehr noch: Der Kaiser könne dann nicht allein jene »seiner Staaten zurückerobern«, die ihm »zu Unrecht« (ingiustamente) von den Osmanen genommen worden seien – hier geht es also um Ehr- und Legitimitätszuschreibungen –, sondern er könnte zugleich weitere, »neue Staaten« einnehmen. Sollte das Reich dennoch Unterstützung im Kampf gegen die Osmanen benötigen, so stellte Amulio in Aussicht, dass die Liga eine solche jederzeit zu geben bereit sei. In diesem Brief konzipiert Amulio Lepanto als ein auf den Kaiser hin ausgerichtetes, einmaliges Ereignis: »Sire«, so Amulio gegenüber Maximilian II., »ein einziges Mal kippt diese Gelegenheit (occasione), die Gott uns Ihnen anbietet.«927 Ebenso berichtete der habsburgische Botschafter aus Rom, dass sich neben Amulio auch die Kardinäle Morone und Farnese dafür ausgesprochen hätten, dass Maximilian II. eine »solch gute Gelegenheit, Krieg gegen den Türken zu führen«, nicht verstreichen lassen dürfe. Bereits in seinem Schreiben hatte umgekehrt Amulio betont, dass der kaiserliche Botschafter in Rom guter Dinge zu einem Liga-Beitritt sei.928 Es waren also die Kardinäle, die sich für einen LigaBeitritt des Reichs engagierten, indem sie die mit Lepanto als Ereignis bereitgestellte Rhetorik gegenüber dem Kaiser aufgriffen, um ihn in die Pflicht zu 926 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Marcantonio Amulio an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571, fol. 52r–56v (»grande [v]ittoria«; »li […] preciosi, et utilissimi, et importantissimi lochi«); ebd., fol. 31r, Kardinal Marcantonio Amulio an Maximilian II., Rom, 02. Juni 1571: »che le armate da Mare facino qualche buon frutto per questo anno, ilche ci dara speranza di farlo miglior l’anno uenturo, sotto li auspicij, et aiuti di V. Ces.a M:ta […]«. 927 Ebd., fol. 52v (»che è per saluar in un colpo tutta la Germania; laquale è stata, et è in manifesto pericolo«; »non solo ricuperare li suoi stati occupati ingiustamente: mà anchora acquistar lei noui stati per li Serenissimi suoi figliuoli«), 55r f. (»Sire. Vna sola uolta suiene l’occasione, Dio ce la offerisce.«). 928 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 89r, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 31. Oktober 1571 (»cosi buona occasione di far’ la guerra al Turco«); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Marcantonio Amulio an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571, fol. 55r.

272

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nehmen. Neben dem habsburgischen Botschafter in Rom äußerte sich aber dementsprechend auch jener in Venedig. Denn als dort die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ eintraf, schrieb Veit von Dornberg bereits einen Tag später an Maximilian II., dass es nun wohl das Beste sei, wenn die Flotte Richtung Istanbul fahre, wo man »den Türke überrascht und verwirrt« antreffen werde.929 Wenngleich sich die habsburgischen Botschafter von Venedig und Rom offen für einen Liga-Beitritt gegenüber dem Kaiser aussprachen, mahnte der in Madrid residierende Hans Khevenhüller zur Vorsicht. Er berichtete nach Wien, dass am spanischen Königshof jeder davon ausgehe, dass der Kaiser im kommenden Jahr die Osmanen zu Land angreifen werde. Doch: »Mich dünckht aber, es seye alles an den wirth gericht, dann dergleichen sachen bedörffen zeittigs guettes raths unnd starcker substanz, die aber umb die vorig gelegenheit unnd des Feindt macht, die ehr derselben ortten brauchen khann, nit wissen.«930 Der Botschafter tat also solche Überlegungen als wilde Spekulationen ab, die zwar den Anschein von Sicherheit bieten, die aber damit vor allem auf den Kaiser hin ausgerichtet sein dürften und mit der Unterstellung von Faktizität diesen für den Liga-Beitritt zu gewinnen beabsichtigen. Mit wie vielen osmanischen Truppen die Habsburger in Ungarn zu rechnen hätten, könne man aber nicht genau wissen, weshalb alles wohlüberlegt und gründlich überdacht sein müsse.931 Weniger skeptisch wandten sich freilich die venezianischen und römischen Repräsentanten am Kaiserhof verschiedene Male nach Lepanto an das Reichsoberhaupt und ersuchten ihn zum Liga-Beitritt.932 Dabei wurde ein kaiserliches, an den Papst gerichtetes Lepanto-Gratulationsschreiben schnell als positives Zeichen gedeutet.933 Da auch päpstliche und venezianische Diplomaten die frohe Reaktion Maximilians auf die Siegesnachricht als Hinweis auf dessen Willen zum Ligabeitritt verstanden, instruierte Venedig die Botschafter vor Ort regelmäßig, keine Gelegenheit unversucht zu lassen, den Kaiser zu schnellem Handel zu bewegen. Auch übersandten sie hierfür Informationen aus dem Osmanischen 929 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, fol. 1r: »trouar il Turco sprouisto et confuso«. 930 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 16v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 24r–27v). 931 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 16v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 24r–27v). 932 Vgl. ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an den venezianischen Botschafter am Kaiserhof, 12. Dezember 1571. 933 Die Kunde von diesem Schreiben zirkulierte schnell in Rom und Augsburg. ÖNB, Cod. 8949, fol. 285r, Rom, 24. November 1571.

Ein Sieg, viele Konfessionen

273

Reich nach Wien, dass der Sulta¯n mit der Flottenaufrüstung begonnen habe und ˙ darauf hoffe, nicht zu Land angegriffen zu werden.934 Über die Bemühungen des venezianischen Botschafters am Kaiserhof informierte Venedig sogleich auch den Botschafter in Rom. Dort tagte die Liga-Kongregation darüber, wie durch günstigere Bedingungen Maximilian zum Einlenken bewegt werden könne.935 Der genuesische Botschafter in Spanien vermutete, Philipp II. werde einen Gesandten nach Wien schicken, um über einen Liga-Beitritt zu verhandeln. Aus Madrid erreichten den Kaiser ebenfalls Schreiben, die über den Seesieg berichteten und zeitgleich seine zukünftige Liga-Teilhabe festzuzurren gedachten. Etwa schrieb Ruiz de Açagra Ende November nach Wien, dass ein »solch großer und bedeutender« Sieg auch andere »christliche« Herrscher dazu bringen müsse, sich der Liga anzuschließen.936 Philipp II. informierte auch den venezianischen Botschafter, dass er mit dem päpstlichen Legaten in Madrid über die Möglichkeit eines kaiserlichen Liga-Beitrittes debattiere, um so »diesem Sieg« eine »viel größere Kraft« zu verleihen. Daraufhin, so informierte der Venezianer den Dogen, gab er die Antwort, dass er Maximilian II. als so »weise« einschätze, dass er »diese Gelegenheit nicht den Händen entgleiten lassen werde«.937 Mit solchen Schriftstücken vergewisserten sich die Bündnispartner und ihre Repräsentanten gegenseitig des diplomatischen Erfolges, den das Ereignis mit sich bringen werde.938 Lepanto sollte sich folglich gerade als christlicher Sieg in einem Beitritt des Reiches manifestieren. Die italienischen Liga-Verbündeten beobachteten daher sehr genau, wie der Kaiser auf die weiteren Eroberungspläne in Nordafrika reagierte, die nach dem Seesieg geschmiedet wurden.939 Philipp II. entsandte 934 ÖNB, Cod. 8949, fol. 278v, Venedig, 09. November 1571; ebd., fol. 280r, Rom, 10. November 1571; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an den venezianischen Botschafter am Kaiserhof, 26. Januar 1571 m. v. [1572]; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an den venezianischen Botschafter am Kaiserhof, 30. Januar 1571 m. v. [1572]. 935 ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Giovanni Soranzo und Paolo Tiepolo, venezianische Botschafter in Rom, 30. Januar 1571 m. v. [1572]; ÖNB, Cod. 8949, fol. 292v, Rom, 29. Dezember 1571. 936 ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 18. Dezember 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 7, 32, fol. 18v, Ruiz de Açagra an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571 (»tan grande y señalada«). 937 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 63, fol. 2r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 04. November 1571: »questa vittoria«; »molto magg.r vigore«; »Et io credo che essendo l’Jmp.or così sauio come è no[n] si lascierà passare q[ue]sta occ.ne dalle mani«. 938 Spanische und venezianische Botschafter tauschten sich auch untereinander darüber aus, wie sie des Kaisers Positionierung gegenüber der ›Heiligen Liga‹ einschätzten. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 186, fol. 1r [560r], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 07. November 1571. 939 ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, 22. November 1571.

274

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

noch zum Jahreswechsel Pietro Fassardo, um Maximilian II. einerseits die Geburt des spanischen Thronfolgers zu übermitteln und andererseits die Liga-Verhandlungen voranzubringen. Dabei sollte er zu einem Vorgehen gegen die Osmanen bewegt werden, wie schnell auch in den spanischen Besitzungen in Italien, wie Mailand, und von dort aus in anderen italienischen Herrschaften, wie der Toskana, bekannt wurde. Gleichfalls brachte Juan de Austrias Lepanto-Gesandter Fernando de Mendoza beim Kaiser die Aufforderung zum Liga-Beitritt vor.940 Die verstärkten Bemühungen Venedigs, Roms und Spaniens, Maximilian II. zum Ligabeitritt zu bewegen, trafen nicht auf taube Ohren: Einerseits bedienten sich kaiserliche Untertanen wie etwa der Schweizer Adlige Nicolaus Polweiler dieser Rhetorik. Er schrieb Ende 1571 dem Reichsoberhaupt, »das mir von fast hochen personen geschrÿben wirdet, wie sich die selben fast verwunderen, das sich E. Mt nit in den heiligen Bundt wider den Thürcken begeben«, weshalb der ehemalige Söldnerführer – der sich durch einen Liga-Beitritt des Reichs sicherlich finanziellen Profit versprach – Maximilian II. zur Teilhabe am Bündnis zu bewegen versuchte.941 Andererseits gehörte die kriegerische Auseinandersetzung mit den Osmanen zum dynastischen Selbstverständnis der Habsburger des 16. Jahrhunderts.942 Der Kaiser initiierte daher reichsinterne Debatten, indem er 940 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3110, fol. 659r, Fabrizio Ferraro an Cosimo I. de’ Medici, Mailand, 30. Januar 1572; Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone, Giovanni Delfino an Girolamo Rusticucci, Wien, 21. Nov. 1571, S. 173f. (die Audienz fand am 20. November 1571 statt); ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 92r– 93v, Francisco de Mendoza an Kaiser Maximilian II., aufgesetzt in Rom am 12. Juli 1572. Zur spanischen Faktion am Kaiserhof vgl. Koller: Imperator und Pontifex, S. 48–60. 941 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Kon. 1, fol. 122r–125v, Nicolaus von Polweiler an Maximilian II., Hagenau, 04. Dezember 1571. Zitat ebd., fol. 122r. Zu dessen Person siehe Johann H. Zedler: Polweiler (Nicolaus von). In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 28. Leipzig/ Halle a. d. S. 1741, Sp. 1274. 942 Siehe etwa Johnson: Cultural Hierarchy; Gülru Necipog˘lu: Süleyman the Magnificent and the Representation of Power in the Context of Ottoman-Hapsburg-Papal Rivalry. In: The Art Bulletin 71 (1989), H. 3, S. 401–427. Im ›Weißkunig‹ ließ bspw. Maximilian I. einen geflohenen Woiwoden aus Siebenbürgen vor den Kaiservater Friedrich III. treten. Erst nachdem der Siebenbürge sein Leid geklagt hatte, bemerkte er die Anwesenheit der mit Maximilian schwangeren Eleonore Helena von Portugal. Schließlich richtete sich der Fürst an sie und sprach, »[d]as Ich hoffen solle, das kindt, des die kunigin Swanger ist, werde mich an meinen veindten rechen, vnd Sy diemuetigen«. Als Zeichen für das Geschehende, so wird im ›Weißkunig‹ weiter berichtet, habe sich das Kind im Mutterleib zu bewegen begonnen, was die Hoffnung des Fürsten aus Siebenbürgen bestätigte. Eine solche Selbstdarstellung stilisierte den Kampf gegen die Osmanen zum Hauptanliegen monarchischer Herrschaft. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in den habsburgisch-ungarisch-siebenbürgisch-osmanischen Grenzregionen trugen ihr übriges dazu bei, dieses kaiserliche Selbstverständnis zu perpetuieren. Maximilian I.: Der Weiß Kunig. Eine Erzehlung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten. Von Marx Treitzsaurwein auf dessen Angeben zusammengetragen, nebst den von Hannsen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten. Hrsg. aus dem Manuscripte der kaiserl. Königl. Hofbibliothek. Wien 1775. (ÖNB, 781932-D), S. 54.

Ein Sieg, viele Konfessionen

275

die Stellungnahmen seiner Brüder, der Erzherzöge Karl und Ferdinand, der Kurfürsten sowie seiner Berater darüber erbat, inwieweit der Seesieg bei Lepanto die politische Ausgangslage der ›Heiligen Liga‹ verändert habe und einen Beitritt des Reichs sinnvoll erscheinen lasse. Letztlich wägten in dieser politischen Debatte die höchsten Entscheidungsinstanzen des Reiches darüber ab, ob der seit Maximilians Regentschaft bestehende, habsburgisch-osmanische Friede zugunsten eines Ligabeitrittes gebrochen werden sollte. Gerade deshalb wurde die Beratschlagung auch von Diplomaten der Italienischen Halbinsel aufmerksam verfolgt.943 Daraufhin verfasste am 07. März 1572 Erzherzog Karl in Graz das Antwortschreiben an seinen Bruder, in dem er die Taten des Vaters in Erinnerung ruft, der die Habsburger erst in »den Jetzigen hailsamen stanndt gebracht« habe.944 Wenngleich jeder Christ mit den Venezianern bange und ihnen gegenüber Mitleid empfinde, trug er gleich mehrere Bedenken gegen einen Liga-Beitritt vor: Zunächst betonte Karl, dass es sich hierbei um einen »offensiffkrieg« handeln würde, insofern ein Friedensabkommen mit dem Osmanischen Reich besteht. Daher müsse grundsätzlich mit entsprechenden Gegenangriffen der Osmanen »des fridbruchs halben« gerechnet werden.945 Diese Einwendungen äußerte Erzherzog Karl keineswegs grundlos. Denn erst im Frühjahr 1571 war Stephan Báthory mit osmanischer Unterstützung zum Fürsten von Siebenbürgen ernannt worden.946 Dieser hatte von Istanbul über Edirne aus von Lepanto erfahren und hatte im Dezember ein Schreiben an Maximilian II. aufgesetzt, in dem er auf die »maritime Niederlage« (clade maritima –

943 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 4v, Johann Georg, Kurfürst von Brandenburg, an Kaiser Maximilian II., Cölln [Berlin], 29. Februar 1572. Vgl. Paula S. Fichtner: Emperor Maximilian II. New Haven/ London 2001, S. 189f. Zu den habsburgisch-osmanischen Beziehungen siehe einführend Höfert: Den Feind beschreiben, S. 104–114; Rudolf Neck (Hg.): Österreich und die Osmanen. Gemeinsame Ausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek und des Österreichischen Staatsarchivs. Wien 1983. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 229r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 21. November 1571: »Si, è, inteso che .S. M.tà habbia mandato alli Elettori un pieno ragguaglio del successo della Vittoria, con il rallegrarsi et con l’admonirgli di quello, che ricerchi il benefitio publico della Germania; Et cominera ad esser qualche opinione per la Corte, che questa Vittoria, et trattato di Lega habbia da esser cagione, che si habbia da tener[e] presto un Conuento per Commiss.rij«. 944 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 12r–23v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 07. März 1572. Die Ausführungen zu Ferdinand I. finden sich ebd., fol. 13v f. Das Zitat ist in ebd., fol. 14r. 945 Ebd., hier fol. 13v. Im Folgenden vgl. ebd., fol. 14v ff. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 12r–23v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 07. März 1572, hier fol. 15r f. 946 Vgl. ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. A, fol. 55r–63v, 104r, Stephan Báthory an Maximilian II., 25. Mai 1571.

276

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

also auch Unglück, Katastrophe oder Schaden) Bezug nahm.947 Der in Istanbul residierende habsburgische Botschafter hatte ein Schreiben beim Sulta¯n einge˙ reicht, das Übertretungen osmanischer Untertanen verzeichnete, die gegen das bestehende Friedensabkommen seien. Anfang 1572 sandte Selı¯m II. deshalb ein Schreiben an den Beg˘ler-beg˘i von Buda, in dem er Mustafa¯ Pasˇa ermahnte, solche ˙˙ Übertretungen des bestehenden Friedens zu verhindern. Das Schreiben des Sulta¯ns gelangte dann als Übersetzung an den »König (király) von Wien«, Ma˙ ximilians II.948 Offensichtlich hatte sich also der kaiserliche Diplomat nach der Seeschlacht des Friedens versichert, indem er auf Missstände aufmerksam machte, und auch der osmanischen Seite war es offenkundig wichtig, Wien mitzuteilen, dass der Sulta¯n auf solche Übertretungen reagierte, um so den ˙ Frieden zu wahren. Entsprechend kam Erzherzog Karls Einwand nicht von ungefähr, dass ein Liga-Beitritt des Reiches nach Lepanto als Bruch des Friedensvertrags bewertet und einen osmanischen Feldzug nach sich ziehen werde. Einem solchen zu widerstehen, benötigte es jedoch vermehrter Anstrengungen zur Instandsetzung und zum Ausbau der Grenzbefestigungen, wie Karl weiter anführte. Die Ausgaben für die Grenztruppen wären ebenso heraufzusetzen wie für die Proviantversorgung und überhaupt müsse sich Maximilian der Unterstützung geeigneter »beuelhsleüte[]« gewiss sein, wolle er den auf den Ligabeitritt folgenden habsburgisch-osmanischen Auseinandersetzung gewappnet sein. Auch die Standfestigkeit des Papstes bezweifelte der Erzherzog: Aus der Vergangenheit wisse man nur zu gut, dass derartige Bündnisse wegen zumeist lapidarer Gründe von kurzlebiger Natur seien.949 947 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. B, fol. 128r–129v, Stephan Báthory an Maximilian II., aufgesetzt »in possessione Lekencze«, 24. Dezember 1571: »In l[itte]ris quas proximè ad Mtem Vram Sacrat. dedi, inter alia recordor me scripsisse, de Turcarum Jmperatore, quòd accepta clade maritima, et interitu armadæ suæ periculis, ex ciuitate Adrianopolitana, celerrimè se Constantinopolim receperit,[] Ita erim ex legatione[m] vaÿuodæ Tranßalpinensis eram informatus; et mei officij ducebam, in re tam ardua, Mtem V. Sacrat. de omnibus etiam minimis mihi cognitis in tempore facere certiorem. Sed postea certiore inditio cognouj, eum Adrianopolj non recessisse, uerum eo loci hybernantem quàm maximas potest copias undiq[ue] cogere, At quorsum animum intendat, aut quam potissimum regionem inuasurus sit nondum certò habeo compertum. Exploratores tamen fidos et diligentes circunquaq[ue] dimisi, Et currerium etiam indies expecto quem huiusce rei potissimum causa, iam pridem ad portam expendiuj. […]«. 948 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. B, fol. 136r–137v, »Traduttione del commendamento ch’il Sultano manda al Beglerbegı de Buda Mustafa Passa […]«, Edirne, 31. Sˇaʿba¯n 979/ 18. Januar 1572. Zitat auf ebd., fol. 136r: »Kÿral de Vienna«. Zu dieser Titulatur siehe auch Ernst D. Petritsch: Angst als politisches Instrument der Osmanen? In: Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit und Mythos. Hg. v. Harald Heppner u. Zsuzsa Barbarics-Hermanik. (Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte, Bd. 1). Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 38f. 949 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 12r–23v, Karl II. Franz von Innerösterreich an

Ein Sieg, viele Konfessionen

277

Fast zwei Wochen später griff auch Erzherzog Ferdinand zu Papier und Tinte, um seinem Bruder gleichfalls seine Bedenken über einen möglichen Kriegsausbruch mitzuteilen. Zunächst führte Ferdinand an, dass das ligistische Hilfegesuch von 4.000 berittenen und 20.000 Fußsoldaten durchaus beträchtlich ist, und es wohl kaum dabei bleiben werde. Vielmehr müsse man mit kontinuierlichen Militärdiensten und -abgaben rechnen. Auch Ferdinand bezweifelte die Stabilität eines möglichen Bündnisschlusses. »So kann man […] nicht one fürsorge sein, das die Venediger mit der Zeit des Kriegs etwa bald müed werden, […] wie sÿ sich zu Jrem Vortl vnnd gelegenhait aus dieser Pündnus ziehen, vnnd mit dem Türggen zu ainem fridt kumen künd[en]«. Auch gab er zu bedenken, dass Papst Pius V. bereits fortgeschrittenen Alters sei. Wenn es nach dessen Ableben zu einer Neubesetzung des Heiligen Stuhles komme, so hätten historische Beispiele mehrfach gezeigt, dass trotz etwaiger Beteuerungen der Kardinäle nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden könne, dass der neue Papst die Liga-Angelegenheiten weiterhin unterstützen werde. Ferdinand nennt auch die Gerüchte, die über einen möglichen Zusammenschluss Frankreichs, Englands, Dänemarks und der lutherischen Kurfürsten kursierten, und verweist darauf, welch enorme »gefhar« in einem solchen Bündnis für das Haus Habsburg im Reich und in Spanien läge.950 Weiterhin müsse Maximilian bedenken, wie mühsam sich die Bewilligung der sogenannten ›Türkenhilfen‹ auf den Reichstagen gestaltet hatte, und wie unzuverlässig erst deren Erstattung sei.951 Ein solcher Einwand Ferdinands war nicht von der Hand zu weisen: Die territorialen Abgaben, die der Kaiser für die Kriegsführung gegen die Osmanen einforderte, waren während des Regensburger Reichstages im Jahr 1567 zwar bereits verdoppelt worden, aber dennoch bestand eine eher geringe Zahlungsmoral.952 Noch 1566 weigerten sich die Untertanen ganzer OrtMaximilian II., Graz, 07. März 1572, hier fol. 15r f. Angesichts dieser Einwände dürfte Karl wohl auch mit dem Hinweis auf die jüngst eingetroffenen Nachrichten über Auseinandersetzungen der Osmanen mit den Moskowitern, Tataren, Persern und Arabern versucht haben, seinen Bruder zur Zurückhaltung zu bewegen. Es hieß, abzuwarten, wie die Dinge weiter ihren Lauf nehmen würden. Ebd., hier fol. 17r f. 950 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 28r–35v, Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, an Maximilian II., Innsbruck, 19. März 1572, hier fol. 29v–31r. 951 Ebd., fol. 30v f. Zitat in ebd., fol. 31v. 952 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 67–301; ÖStA, HHStA, Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten, 42-1; ÖStA, HHStA, Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten, 53-1. Zu Zeiten habsburgisch-osmanischer, kriegerischer Auseinandersetzungen – wie etwa während des sogenannten ›Langen Türkenkrieges‹ – kamen dann freilich noch Regimentsanwerbungen und Feldzüge hinzu. Vgl. ÖStA, HHStA, Mainzer Erzkanzlerarchiv, Militaria, 5-3; Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung DE (LHASA, DE), Z 6 Anhalt. F. Bernhard VIII., Nr. 8. Für die Kärnter Herrschaft Wolfsberg ist eine (anti-osmanische) Kontributionsanordnung für das Jahr 1576 nachweisbar. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, ÖA Kärnten 21-5.

278

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

schaften, die bereits 1557 beschlossenen ›Türkensteuern‹ zu zahlen.953 Nach dem Augsburger Reichstag (1566) hatte dann zwar der Mainzer Erzbischof bereits im April 1567 angeordnet, dass die im Vorjahr beschlossenen ›Türkensteuern‹ in der Region bis zum 25. Juli 1567 zur Hälfte eingenommen sein sollten,954 doch in anderen Gebieten ging die Eintreibung wesentlich schleppender voran. So nahm der Kaiser die osmanische Einnahme Famagustas zum Anlass, um die auch auf dem Reichstag in Speyer (1570) erneut beschlossenen und noch immer ausstehenden ›Türkensteuern‹ einzufordern. In einer deshalb am 29. November 1571 den Hofrat Johannes Achilles Illsung betreffenden und an die bayerischen, fränkischen und schwäbischen Reichskreise gesandten Instruktion, war zu lesen, dass der »gemainer Christenhait Erbfeindt d[er] Türkh« die Venezianer »mitt grossem gwalt vberfallen vnd Inen die zwo gwaltige befestigung[en] Nicosiam vnd Famaugustam vnd dardurch dass ganz königreich Cipern abgetrung[en]«. »[E]in solch exempel«, so weiter, habe veranschaulicht, »d[a]z sich laiders schier gar kain befestigung mehr vor seinem [des osmanischen Sulta¯ns] gross[en] gewalt […] er˙ halten kann«.955 Trotz des so eindringlich beschworenen Exempelcharakters Zyperns für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, mithilfe dessen Kaiser Maximilian die zügige Abgabe der für den Festungsbau vorgesehenen ›Türkensteuern‹ zu erreichen hoffte, zirkulierte diese im November 1571 versandte Aufforderung zur Zahlung der »Türckich[en] hülff« beispielsweise in Pfalz-Neuburg erst im Dezember 1572.956 Dabei galt der lutherische Herzog und Pfalzgraf Philipp Ludwig – trotz dieses mehr als einjährigen Verzugs – gemeinhin als Unterstützer der Eintreibung kaiserlicher ›Türkensteuern‹, womit er anderen protestantischen Herrschaften, insbesondere aber der calvinistischen Kurpfalz, mit einer kaisernahen Position widersprach.957 953 Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 280. 954 Ehrensberger: Türkensteuer, S. 415f. 955 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 1967, fol. 3r [im Original befindliche Unterstreichungen habe ich nicht übernommen, S. H.]. Zum Reichstag von Speyer siehe Maximilian Lanzinner (Bearb.): Deutsche Reichstagsakten. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 4: Reichsversammlungen 1556–1662. 1570. Der Reichstag zu Speyer. 2 Teilbde. Göttingen 1988. 956 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 1967. Zitat ebd., fol. 1r. Ebd., fol. 2r auch als »newe[s] Speyrisch[es] paugelt[]« bezeichnet. Zu Pfalz-Neuburger ›Türkensteuern‹ und Finanzierungen von ›Türkenkriegen‹ sind zudem Dokumente für die Jahre 1526 bis 1532 sowie 1592 bis 1612 und 1614 überliefert: BHStAM, Pfalz-Neuburg, Kopialbücher, 142; BHStAM, PfalzNeuburg, Akten, 896/3, 1341, 2838. 957 Peter Fuchs: Philipp Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 20. Berlin 2001, S. 383. Ein Grund für diese Einschätzung Philipp Ludwigs dürfte auch die Memoria des Einsatzes von Philipp dem Streitbaren (Pfalzgraf und Herzog von Pfalz-Neuburg) bei Wien gegen die Osmanen gewesen sein. Hans W. Bousska: Philipp als Held von Wien im Türkenkrieg 1529. In: Philipp der Streitbare. Ein Fürst der Frühen Neuzeit. Hg. v. Tobias Appl. Regensburg 2003, S. 104–120.

Ein Sieg, viele Konfessionen

279

In anderen Gebieten blieben die Eintreibung der Gelder und die dafür festzulegenden Zuständigkeitsbereiche weitgehend undurchsichtig. Bis in die späten 1570er Jahre hinein war beispielsweise die Besteuerung der außerhalb der Reichsstadt Augsburg liegenden Güter noch vollkommen fragwürdig. Magdalena zu Pappenheim, Wittwe des von Wolfstein, schrieb etwa im Januar 1578 aus Wertingen an den Augsburger Stadtrat bezüglich der vom Kloster, Spital und Almosenhäuser St. Katharina anfallenden ›Türkensteuer‹, die bereits auf dem Reichstag zu Regensburg zwei Jahre zuvor bewilligt worden war. In ihrem Brief erklärte Magdalena, dass sie nun alle ihre Untertanen mit der fälligen Steuer belegen wolle.958 Wenige Monate später, im Dezember 1578, erreichte den Augsburger Stadtrat eine weitere Anfrage aus Memmingen zu den 1576 beschlossenen ›Türkensteuern‹. Auch dort war es offensichtlich zu Unklarheiten bei der Besteuerung außerstädtischer Güter gekommen, weshalb die Reichsstadt nun zu erfahren suchte, wie der Augsburger Stadtrat in dieser Angelegenheit zu verfahren gedenke.959 Dessen Reaktion war eindeutig: Bisher seien die ländlichen Untertanen, wie auch die außerstädtischen Spitäler, Almosenhäuser und Klosteranlagen, noch nicht besteuert worden, »dasselb auch zu thuen noch nit gesinnet seien, da vnsere burger Jre Landgueter […] one das neben and[er]m Jrem Vermög[en] zu versteurn pflegen.«960 Sollte sich der Stadtrat künftig doch dazu durchringen, die Gelder einzufordern, so werde es sich lediglich um geringe Summen handeln, um zu verhindern, dass es zu mehrmaligen Besteuerungen der Gebiete durch verschiedene Obrigkeiten komme. Hohe Summen hätten offensichtlich das Interesse anderer Herrschaften geweckt und womöglich zu Anspruchsstreitigkeiten geführt.961 Diese Schreiben aus dem Augsburger Kontext verdeutlichen, dass Ferdinand in seinem Brief an den Kaiser durchaus ein virulentes Problem ansprach, nämlich die Ineffizienz in der Durchsetzbarkeit und im Erhalt von Steuereinnahmen, die für kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich angedacht waren.962 Dieses Problem dürfte im Falle 958 StadtAA, Militaria, Fasz. 56, zwei Schreiben von Magdalena zu Pappenheim aus Wertingen an den Augsburger Stadtrat, aufgesetzt am 19. und 23. Januar 1578. Zur Person siehe Johann A. Döderlein: MATTHAEUS à BAPPENHAIM enucleatus, emendatus, illustratus & continuatus. Das ist: Historische Nachrichten Von dem Ur=alten Hochpreißlichen Hauß Der Kayserlichen und des Reichs Marschallen von Palatin, Und der Davon abstammenden ehe= und dermahligen Reichs=Erb=Marschallen, Herren und Grafen zu Pappenheim […]. Schwabach 1739. (BSB, 4 Geneal. 21-1), S. 303f., 163. 959 StadtAA, Militaria, Fasz. 56, Schreiben der Reichsstadt Memmingen an den Augsburger Stadtrat, 04. Dezember 1578. 960 StadtAA, Militaria, Fasz. 56, Konzept des Antwortschreibens des Augsburger Rates an die Reichsstadt Memmingen, 11. Dezember 1578, fol. 2r. 961 Ebd., fol. 2r. Dass es durchaus zu Mehrfach- und Überbesteuerungen kam, hat Schulze: Reich und Türkengefahr, S. 255–290 gezeigt. 962 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 28r–35v, Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, an Maximilian II., Innsbruck, 19. März 1572, hier fol. 30v f.

280

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

eines Liga-Beitrittes des Reiches und des daraufhin einsetzenden Krieges mit den Osmanen besonders schwer wiegen. Ausführlich thematisierte Ferdinand ebenso das Dilemma, dass die Habsburger mit einem Liga-Beitritt zugleich einen bestehenden Friedensvertrag mit dem Osmanischen Reich brechen würden. Natürlich solle »man auch den Haÿden vnnd Vngläubigen[] trawen vnnd glauben halten […], hergegen aber so halten die Türggen weder zusagen, glauben noch trawen, dann so weit vnnd lang es mit Jrem nutz vnnd Vortl beschicht«. So hätten die Osmanen, laut Ferdinand, ungeachtet des aktuellen Friedens immer wieder, ja, beinahe Tag für Tag, habsburgische Untertanen überfallen, Dörfer geplündert und »auch gantze Fleckhen, vnnd Dörffer zu Jrer Vnderthenigkait, vnnd huldigung zutringen, welches den frieden Jres thails gar nit gehalten haist.«963 Mit dieser Einschätzung gelangt Ferdinand zu einer Verschiebung des Argumentes in der Beantwortung der Frage danach, ob es legitimerweise gestattet sei, den bestehenden Frieden zu brechen: »Neben deme das laiden nur zuuil wissentlich, was die Türggen hieuor Verschiner Jarn in Zeit der Fridstendt in Hungern zu sich getzogen erpracticiret, vnnd wol mit gwalt abgetrungen, auch dieselben fridstend nur zu ainem schein vnnd pretext Jres ÿederzeit darundter gesuechten nutz vnd Vortls eingangen, vnnd gebraucht haben, Also das vnder solchen fridstenden gemainclich mer schadens vnd Verlusts als zu Kriegs Zeit[en] beschehen, So künden gleich ÿetzo vnnd werden Ewr Kaÿ: Mt: durch dise vnnd noch merere Verursachung so ains thails im werckh, vnd zum thails gewiß hernachvolgen wurde, gnuegstene glegenhait finden, vnnd suechen, sollichen schein friden mit guetem grundt vnnd gwissen nit lenger zugedulden, an solcher glegenhait, vnnd der Türggen Verursachung, würd es baider seits gar nit mangln.«964

Solle Maximilian also nach einem Grund suchen, den Friedensschluss mit dem Osmanischen Reich, den Ferdinand als »schein friden« verhöhnt, zugunsten eines Beitritts zur ›Heiligen Liga‹ auszusetzen, so werde er im vergangenen, aktuellen und sicherlich auch zukünftigen Verhalten seitens der Osmanen mehr als nur einen Anlass finden, sie des Friedensbruches zu bezichtigen. Ein solches Vorgehen würde dann die Schuld auf der osmanischen Seite verorten; Maximilian liefe damit nicht mehr Gefahr, für den Friedensbruch verantwortlich zu sein, da Ferdinand das Abkommen an sich als bereits von den Osmanen unterlaufen charakterisierte. Insofern könnte dann nicht mehr, wie Karl wenige Tage zuvor in seinem Schreiben dem Bruder zu bedenken gab, von einem »offensiffkrieg« gesprochen werden.965

963 Ebd., fol. 33r f. 964 Ebd., fol. 33v. 965 Ebd., fol. 33v; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 12r–23v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 07. März 1572, hier fol. 15r.

Ein Sieg, viele Konfessionen

281

Im Gegensatz zu Karls eher vorsichtigen Einschätzung der Lage, sieht Ferdinand in der Seeschlacht von Lepanto ein weiteres Zeichen dafür, dass die Phase der bisher eher erfolglosen Kriege gegen die Osmanen vorbei sei. Zweifellos habe Gott dadurch die Christen wegen ihrer Sünden bestrafen wollen, doch mit dem Seesieg habe sich das Blatt nun grundsätzlich gewandelt: »So ist doch zu seiner götlichen allmacht vmb souil mer die zuuersichtliche hoffnung zuschöpffen, weil Er die Jungst erlangte ansehnliche grosse Victorj den Vnserigen wunderbarlicher weis verlichen, das Er sich seiner betrangten Christenhait noch weiters annemen, vnd derselben beÿstendig sein werde, sonderlich wann die hülffen vnd beÿstand volgen vnnd erlangt, vnnd der feind an mer arten, so wol zu Land als zu wasser mit starckher macht angegriffen wurde, Welches, Jme ain newe, vnd zuuor vnerfarne Zeitung weer, Vnnsers thails aber müesten wir Gott vertrawen, vnnd alles seinem beÿstandt vnnd glückh beuelchen, dann man in Kriegswesen niemanden der gefhar vnnd Vnfhals versichern kann, sonder […] nur der gueten hoffnung […].«966

Ferdinand schätzte also die Seeschlacht von Lepanto als Zeichen dafür ein, dass sich die Einstellung Gottes gegenüber den Christen gewandelt hatte. Während er früher die Christen gegen die Osmanen verlieren ließ, deutete Lepanto auf eine Zeit, in der Gott die zuvor noch sündenhaften und nicht bußbereiten Christen mit Siegen belohnte. Jenseits des nötigen Gottvertrauens, so Ferdinand weiter, müsse jedoch im Fall eines Liga-Beitritts die beabsichtigte Kriegsführung detailliert geplant werden.967 Wohl genau aus diesem Grund ließ sich Maximilian II. auch durch Lazarus Schwendi beratschlagen, der sich in zahlreichen Kriegszügen – unter anderem gegen die Osmanen – in kaiserlichen Diensten verdient gemacht hatte. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Schwendi bereits im März einen Brief Maximilians erhalten hatte und er in einem ausführlichen Antwortschreiben eine detaillierte militärische und politische Einschätzung der Kriegssituation nach dem Seesieg von Lepanto aus der Reichsperspektive niederschrieb.968 Hierin äußerte Schwendi grundsätzliche Bedenken: Zunächst sei der Fortbestand der Liga keineswegs gesichert, wenngleich sich die Bündnispartner kampfeswillig zeigen. Die Kontinuität des Bündnisses ist hingegen nach seiner Einschätzung grundlegend, wolle man die Osmanen besiegen, die »noch kein 966 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 28r–35v, Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, an Maximilian II., Innsbruck, 19. März 1572, hier fol. 34r. 967 Ebd., fol. 34v. 968 Thomas Nicklas: Schwendi, Lazarus von, Ritter, Freiherr von Hohenlandsberg. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 24. Berlin 2010, S. 65f.; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 36r– 43v, Lazarus Schwendi an Maximilian II., Kientzheim, 22. März 1572. Schwendi erhielt das kaiserliche Schreiben bereits am 01. März 1571. Sein Brief traf am Kaiserhof am 17. April 1572 ein (ebd., fol. 43v).

282

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

[…] vnordnung vnd vnuolkomenheit« zeigen; denn bei den Osmanen, sollte Venedig wirklich einen Separatfrieden eingehen, sei »kein ablaß zuhoff[en]«. Schwendi geht sogar so weit, die aktuelle Situation als »[ j]nnerliche[n] krieg« zu bezeichnen: »So steet es laid[er] also Jn der christenheit«.969 Die Ausgangslage für die Liga schätzte er dergestalt ein, dass zwar die Liga nun einen Vorteil zu Wasser gegenüber den Osmanen besitze, dass dieser jedoch schnell verspielt sein werde, sollte es im Jahr 1572 zu keinen weiteren Erfolgen kommen. Auf dem Land hingegen, sieht er die Osmanen in vorteilhafter Position, und ein solcher Angriff zu Land stünde im Zentrum der Bemühungen des Reiches, sollten die Habsburger dem Verbund beitreten. Nicht nur müsse man bedenken, dass der Ausgang eines Krieges aus der Erfahrung allein nicht vorhersagbar ist, auch die gewaltigen Kosten, die für einen solchen aufzubringen sind, führte er an. Er betonte zudem deren soziale Folgen, da sie »zu erschöpfung vnd Armut geraich[e]n« könnten.970 Als Zwischenbilanz zieht er daher eine generelle Einschätzung: »über diß alls hat die erfarung gleichsfals durch alle Zeit[e]n vnd die gantz Welt auß zuerkenn[e]n geben, vnd ist ei[n] gemeine Regel […], d[a]z sich kein Potentat od[er] Regiment, vf frembde […] hilf […], so[n]d[er]lich vf weitleufige Pundtnüssen, an eüssersten Zwang, Jn kein gefarlichen krieg, darauß Jm Noth vnd Vndergang erfolg[e]n mag, einlass[e]n soll […].«971

Da außerdem der Frieden mit den Osmanen nur unter größten Anstrengungen geschlossen werden konnte, plädierte Schwendi für einen »defension krieg«. Man solle den Frieden nutzen, um vorbereitet zu sein, falls es doch zum Krieg komme, und die Grenzen stärken sowie mehr Proviant ausliefern. Denn wenngleich man den Osmanen bezüglich des währenden Friedens nicht vollkommen trauen könne, so heiße das im Umkehrschluss eben nicht, dass der Sulta¯n zwangsläufig ˙ den Kaiser angreife werde. Schließlich habe er auch den Frieden mit den Safawiden, mit Polen, Georgien, der Walachei, Moldawien und Siebenbürgen gehalten. Dass die Osmanen nun dennoch Venedig angegriffen hätten, so Schwendi, läge einfach daran, dass die Osmanen weiteren »Rhumb[]« sowie »ehr« und »Reputation« erlangen wollen. Dabei ist aber anzunehmen, dass sie sich »gantz vnd gar vf Jtalien vnd diselb[e]n lendt« fokussieren, sodass sie wohl kaum einen weiteren Kriegsschauplatz, wie eben an den habsburgischen Grenzen, eröffnen dürften. Dafür, dass der Kampf hauptsächlich im Mittelmeer stattfinde, spricht nach Schwendis Argumentation eben auch, dass Spanien dort wesentlich an Macht gewonnen habe und der Sulta¯n daher ein immanentes ˙ Interesse daran besäße, den spanischen König auf dem Meer zu schlagen. 969 Ebd., fol. 36v–38r (»bedenk[e]n vnd mißlicheiten«). 970 Ebd., fol. 36v–38r. 971 Ebd., fol. 38v.

Ein Sieg, viele Konfessionen

283

Würden sich der Kaiser auf einen Liga-Beitritt und Venedig zu einem Separatfrieden hinreißen lassen, so ginge der Krieg zwischen den Osmanen, Spanien und den Habsburgern dennoch weiter, und wie sich dann der französische König verhalte, so formulierte es Schwendi rhetorisch, lasse er »dahin gestelt«. Deshalb riet Schwendi dem Kaiser »billich aller vernunft vnd erfarung« von einem Krieg gegen die Osmanen ab.972 Falls sich Maximilian allerdings dennoch für einen Krieg entscheiden sollte, brauche er absolute Gewissheit, was die nur schwerlich einzutreibenden ›Türkensteuern‹ betrifft. Auf die sowieso schon schlechte Zahlungsmoral dürfte sich dabei auch die aktuelle Teuerung negativ auswirken.973 Ebenso gibt Schwendi zu bedenken, dass einige der protestantischen Stände durchaus zögern dürften, einem katholischen Bund beizutreten, weshalb er für »ein[e] ander[e] weltsicht []« plädiert, das heißt eine »[ j]nwendige befridigung d[er] gemueter« anzustreben, um eine beständige Liga zu garantieren. Auch müsse sich der Kaiser auf Soldaten verlassen, die »hertz vnd Willen zum krieg fassen, vnd all Jr synn vnd gedank[e]n dahin stellen«, um »durch retung des Vaterlands vnd grosser thaten« ruhmreich zu handeln. Allerdings bestehe derzeit eine so »vngehorsame Vnordnung«, dass man kaum von einem »gut Regiment vnd Kriegszucht« sprechen könne.974 Bereits nach kurzer Zeit ohne Kriegseinsatz dezimiere sich das Heer aufgrund kursierender Krankheiten und fehlenden Proviants von selbst um ein Drittel bis zur Hälfte. Hingegen schätzte Schwendi die osmanischen Truppen als so diszipliniert und überlegen ein, dass er als einzige Chance – sollte sich der Kaiser wirklich gegen seinen Rat für einen Krieg entscheiden – einen Überraschungsangriff sieht. Da aufgrund des aktuellen Friedens sicherlich nur wenige Osmanen an den habsburgischen Grenzen stationiert seien, könne man schnell Erfolge erzielen und die Eroberungen sichern, bis der Sulta¯n ein weiteres ˙ Heer losgeschickt habe. Die osmanischen Proviantlieferungen ließen sich dann noch erschweren, indem die ungarischen Gebiete soweit niedergebrannt werden sollten, wie die habsburgischen Truppen kämen. Aber auch ein solcher Vorstoß sei nur dann vielversprechend, wenn die Osmanen nicht schon vorher mißtrauisch würden, »welches aber bej Jetzg[er] welt schier schwer Jst«.975 Ein solcher Einwand war nicht von der Hand zu weisen. So hatte zwar der Kaiser die Empfänger der Legaten und Briefe zu strickter Geheimhaltung verordnet,976 doch ließen diese mitunter keine Privataudienzen zu. Wenngleich beispielsweise August von Sachsen versicherte, mit der Einberufung des allgemeinen Reichstages 972 973 974 975 976

Ebd., fol. 38v–40v. Ebd., fol. 41r, 41v. Ebd., fol. 39v, 41v. Ebd., fol. 41v–43r. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 79r–82v, Daniel Brendel von Homburg, Mainzer Erzbischof, an Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 14. April 1573, hier fol. 80v.

284

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

werde »dem Türcken nichts dauon geoffenbaret«,977 bezweifelte neben Schwendi auch der Mainzer Erzbischof Daniel Brendel, inwieweit die Geheimhaltung praktisch überhaupt durchführbar sein könne.978 Ebenso warnte Albrecht V. von Bayern eindringlich, dass ein Militärschlag gegen die Osmanen vollkommen wirkungslos sei, werde der Sulta¯n zuvor davon erfahren.979 ˙ Maximilian II. hatte also seitens seiner engsten, politischen Vertrauten nach Lepanto eher zur Zurückhaltung plädierende Stellungnahmen zum Gesuch eines Liga-Beitritts erhalten. Noch während der Kaiser die Stellungnahmen seiner erzherzöglichen Brüder durch Briefe einholte, informierte er deshalb auch die Kurfürsten durch Entsandte, die dann wiederum deren Stellungnahmen dem Kaiserhof übermittelten. Nach Sachsen und Brandenburg sandte Maximilian II. den böhmischen Magnaten und Obersten Burggrafen Wilhelm von Rosenberg, dessen Residenz das bedeutsamste, politische Zentrum Böhmens darstellte.980 Am 19. Februar 1572 traf Wilhelm von Rosenberg in Dresden ein, wo er drei Tage später die von ihm erbetene, alleinige Audienz bei Kurfürst August von Sachsen erhielt, der den vom Kaiser entsandten böhmischen Adeligen – dessen Darstellung zufolge – »sehr woll vnndt statlich getractiert« hat. Nachdem Rosenberg das kaiserliche Anliegen vorgetragen hatte, eine Stellungnahme des Kurfürsten für oder gegen einen möglichen Liga-Beitritt zu erhalten, erbat sich August Bedenkzeit.981 Am 23. Februar übergab der Kurfürst schließlich sein eigenhändig aufgesetztes Antwortschreiben an Rosenberg, worin er betonte, dass er über die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der ›Heiligen Liga‹ und dem Osmanischen Reich, dem Seesieg bei Lepanto und dem nun vorgebrachten Ersuchen zum Liga-Beitritt des Reiches, auch durch den Vortrag Rosenbergs, sehr 977 Ebd., fol. 43r–47v, August von Sachsen an Maximilian II., Dresden, 10. März 1573, hier fol. 45r. 978 Ebd., fol. 83r–86v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Aschaffenburg, 14. April 1573, hier fol. 85v. 979 Ebd., fol. 31r–38v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 04. März 1573, hier fol. 36r, 37r. 980 Zur Bedeutung der Familie siehe Václav Bu˚zˇek: Die politische Rolle der Residenz Peter Woks von Rosenberg in Trˇebonˇ/ Wittingau zur Zeit des Bruderzwists. In: Ein Bruderzwist Hause ˇ eské Budeˇjovice 2010, Habsburg (1608–1611). Hg. v. dems. (Opera Historica, Bd. 14). C S. 307–330; ders.: Zwischen dem rudolfinischen Prag und den Höfen der Magnaten mit dem Wappen der fünfblättrigen Rose. In: Rudolf II, Prague and the World. Hg. v. Lubomír Konecˇný, Beket Bukovinská u. Ivan Muchka. Prag 1998, S. 75–80; Václav Bu˚zˇek: Der Adel an der böhmisch-bayerischen Grenze zu Beginn der Neuzeit. In: Bayern und Böhmen. Kontakt, Konflikt, Kultur. Hg. v. Robert Luft u. Ludwig Eiber. (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, Bd. 111). München 2007, S. 85–106; Joachim Bahlcke: Regionalismus und Staatsintegration im Widerstreit. Die Länder der Böhmischen Krone im ersten Jahrhundert der Habsburgerherrschaft (1526–1619). (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte, Bd. 3). München 1994. 981 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 47r–50v, Relation Wilhelms von Rosenberg an Maximilian II., s.l., 25. März 1572, hier fol. 47r.

Ein Sieg, viele Konfessionen

285

gut informiert sei. August führte beide Optionen an: Zum einen sei es nachvollziehbar, den Frieden mit dem Osmanischen Reich aufrecht zu erhalten, zum anderen müsse man aber auch die militärische Stärke der Osmanen und die von den Konföderierten erbotene Hilfe bedenken, den Habsburgern im Falle eines Angriffes beizustehen. Die Möglichkeiten eines solchen gemeinsamen Bündnisses, wobei sich August auch den Beitritt Frankreichs, Englands, Dänemarks, Polens, Schwedens und Schottlands vorstellen konnte, seien eine einmalige Gelegenheit. Der Kurfürst gab jedoch ebenso zu bedenken, dass ein venezianischosmanischer Separatfrieden keineswegs auszuschließen ist. Wäre dann das Reich bereits der Liga beigetreten, würde es allein einem übermächtigen Gegner ausgesetzt sein, der nun umso ärger agieren dürfte. Angesichts einer so schwerwiegenden Entscheidung bat August von Sachsen, Maximilian möge einen Reichstag einberufen.982 Auf Rosenbergs drängen, der Kaiser erwarte eine zügige Klärung des Sachverhaltes, damit nicht zu viel Zeit verloren gehe, bekräftigte August von Sachsen erneut seine Position, wonach nur auf »einem gemainen Reichstag« im Beisein sämtlicher Stände über einen möglichen Beitritt zur Liga entschieden werden könne, »dann einem allein wollte es beschwerlichen sein zu rath[en], Es seÿ im aber ganntz bedenckehlich den andern Ch. f. mit seinem Consens wegen außschreibung eines Reichstages fur zugreiff[en]«.983 Rosenberg begab sich daraufhin nach Berlin, wo er – nach beschwerlicher Reise – am 27. Februar 1572 eintraf. Dort erhielt der böhmische Adlige ebenfalls eine Privataudienz, wenngleich der erst seit einem Jahr regierende Johann Georg von Brandenburg die Anwesenheit von ein oder zwei Räten durchzusetzen versuchte. Wilhelm von Rosenberg gegenüber äußerte der Kurfürst daher, »er hete eine schlechte gedechtnüß vnndt khundte nicht woll wan mann vill Puncten furbringen solte alles behalten«.984 Nachdem ihm der Entsandte jedoch mitteilte, der Kaiser wünsche einen Empfang ohne Anwesenheit Dritter lenkte Johann Georg ein. Als Rosenberg das Anliegen dann präsentiert hatte und der Kurfürst um eine Überstellung in schriftlicher Form bat, reichte Rosenberg das kaiserliche Instruktionsschreiben dem Kurfürsten aus, das eigentlich nur für den Gebrauch des Entsandten bestimmt war. Offensichtlich hatte er aber auch dem sächsischen Kurfürsten bereits Einblick in die kaiserlichen Instruktionen gewährt. Das Antwortschreiben händigte der brandenburgische Kurfürst dem Entsandten schließlich in Anwesenheit des Kanzlers am 29. Februar aus.985 Johann Georgs

982 Ebd., fol. 8r–11v, Kurfürst August von Sachsen an Kaiser Maximilian II., Dresden, 23. Februar 1572. 983 Ebd., fol. 47r–50v, Relation Wilhelms von Rosenberg an Maximilian II., s.l., 25. März 1572, hier fol. 47v f. Zitate in ebd., fol. 48r. 984 Ebd., fol. 48r f. 985 Ebd., fol. 8r–11v, Kurfürst August von Sachsen an Kaiser Maximilian II., Dresden, 23. Fe-

286

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Argumentation glich derjenigen Augusts von Sachsen, denn auch er warnte den Kaiser vor der Unbeständigkeit der Liga »bey diesen letzten gefärlichen vnnd bosen Zeiten vnnd leufften, Da zwischen Christlichen Konigen vnd Potentaten viel mehr schedtliches mißtrawens, spaltung vnnd vneinigkeitt, dan rechtes vnnd wahres vertrawens vnd Christlicher einmutigkeit zubefinden ist«.986 Ein Beitritt zur ›Heiligen Liga‹ würde freilich auch die kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich beachtlich intensivieren und diese zu einem erheblichen Problem werden lassen, sollten die Liga oder auch der Kriegsverlauf (das »glück […] in dem Kriegswesen«) keinen Bestand haben. Darum bat auch Johann Georg um die Ausschreibung eines allgemeinen Reichstags.987 Nach der Verlesung der brandenburgischen Antwort äußerte Wilhelm von Rosenberg dieselben Bedenken gegenüber dem Kurfürsten, wie er sie wenige Tage zuvor bereits in Dresden vorgetragen hatte: Der Kaiser erwarte eine zügige Entscheidung und hoffe, diese vom Gesandten nach dessen Rückkehr mündlich zu erfahren. Mit einem Reichstag würde sich diese auf unbestimmte Zeit hinziehen. Doch Johann Georg merkte an, genau wie August auch, dass er der »aller Churfürsten, Fürsten vnndt Stende des Heilligen Reichs gemaine berathschlagung […] nicht vorgreiff[en] wolle[].«988 Dabei blieb der Kurfürst auch nachdem Rosenberg diesen daran erinnerte, dass er dem vertraulich überreichten, kaiserlichen Instruktionsschreiben sehr wohl die Gefahren habe entnehmen können, die entstünden, sollte die Angelegenheit zu großen zeitlichen Aufschub erhalten. Nicht weniger sei zu befürchten, als dass die günstige Gelegenheit, die sich mit der Anfrage der Konföderierten nach dem Seesieg bei Lepanto ergeben hatte, versäumt wird und letztlich, sollte dies zu einigem Schaden führen, dass der Kaiser und die Kurfürsten als Schuldige dafür angesehen werden. Durch den Kanzler bekräftigte der Kurfürst erneut seine Antwort und versicherte, dass Maximilian II. sich während eines solchen einberufenen Reichstages gewiss sein kann, dass Johann Georg »alles was zu gemainer des heilligen Römischen Reichs wolffarth vnndt .E: Rö Kh. Mat. zu guttem geraichen mag« fördern wolle.989 Generell ist feststellbar, dass die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg nachdrücklich betonten, dem Kaiser ehrerbietend und gehorsam zu dienen. Auch unter den protestantischen Ständen, so August von Sachsen, herrsche ein

986 987 988 989

bruar 1572, hier fol. 8r; ebd., fol. 47r–50v, Relation Wilhelms von Rosenberg an Maximilian II., s.l., 25. März 1572, hier fol. 48r f. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 1r–7v, Kurfürst Johann Georg von Brandenburg an Kaiser Maximilian II., Cölln/ Berlin, 29. Februar 1572, hier fol. 3v. Ebd., fol. 4r–6r. In ebd., fol. 5r verwies Johann Georg auf das historische Beispiel Władysławs III., König von Polen, Ungarn und Kroatien. Ebd., fol. 47r–50v, Relation Wilhelms von Rosenberg an Maximilian II., s.l., 25. März 1572, hier fol. 48v f. Ebd., fol. 48v ff.

Ein Sieg, viele Konfessionen

287

»billiche[r] Eifer«, Maximilian im »wiederstandt des Erbfeindt des Christlichenn Nahmen vnnd glaubenns« zu unterstützen.990 Johann Georg fand noch deutlichere Worte: »Vnnd wehre wol von hertzen zu wundschen, vnnd von Gott dem Almechtigen zubitten, das derselbe aller Christlichen Potentaten gemueter vnd hertzen, zw freundtlicher vnnd friedlicher Jnnerlicher einigkeitt vnd verstandt, vnd dahin leiten vnd fuhren wolle, das sie Jhnen der allgemeinen Christenhait, welche vnter der wueterischen Tÿranneÿ des Türcken gehalten, vnnd von der Christlichen warheit zum Heidenthumb vnnd des Machomets wegen zw ewiger verterb Jhrer sehelen, verleitet vnnd gefüerth werden, noth vnnd angst mit mehrem ernst liessen angelegen sein, vnd demselben von allen theilen mit gleichem Christlichen Eifer vnd gesambter macht ernstlich zusetztenn, Dann ohne allen Zweiffel zu solichem Christlichen wergk vnd Kriegen der Almechtige seine gnade auch mildiglich verleihen, vnd derselben also beÿwohnen wurde, das solchem vbermutigen Tÿrannen vnd Erbfeinde der Christenheit, seinn grosser macht vnd gewaltt wol wurde gebrochen, vnd also hintertrieben werdenn, das seinenthalben die arme Christenheit an so vielen örten nicht in stetiger fahr, sorg, angst vnnd bedrangnus sitzen dürffte«.991

Auch lutherische Kurfürsten bedienten sich also nach Lepanto der TürkengefahrRhetorik, um für ein einheitliches Vorgehen des Reichs zu plädieren. Die Entscheidung dafür habe allerdings auf dem Reichstag im Beisammensein sämtlicher Stände zu fallen. Die Stellungnahmen der Kurfürsten von Köln, Mainz, der Pfalz und Trier ließ Maximilian II. durch die Legation des kaiserlichen Rates Johann Hegenmüller und des Reichshofratspräsidenten Philipp von Winnenberg einholen, die am 28. Februar 1572 Wien verließen.992 Knapp einen Monat darauf, am 24. März, trafen die beiden Legaten beim Kurfürst von Mainz in Aschaffenburg ein, dem sie im Beisein von vier Mainzer Räten das kaiserliche Anliegen am 26. März vortrugen.993 Nach Bedenkzeit – in der Zwischenzeit waren offensichtlich auch Nachrichten über die Reaktion der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg 990 Ebd., fol. 47v ff.; ebd., fol. 8r–11v, August, Kurfürst von Sachsen, an Kaiser Maximilian II., Dresden, 23. Februar 1572, hier fol. 10r f. 991 Ebd., fol. 1r–7v, Johann Georg, Kurfürst von Brandenburg, an Kaiser Maximilian II., Cölln/ Berlin, 29. Februar 1572, hier fol. 2v ff. 992 Ebd., fol. 61r–66v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572, hier fol. 61r. Luttenberger: Kurfürsten, S. 222–227 hat den Einfluss der Kurfürsten auf die Liga-Beitritts-Verhandlungen veranschaulicht, jedoch ohne dabei die Bedeutung der kaiserlichen Räte und des bayerischen Herzogs zu benennen. 993 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 61r–66v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572, hier fol. 61r. Die Räte waren: »vierer der selben fürnemsten geheimen Räthen, als nemlich deß ietzigen hoffmeisters Hartman[n] von[n] Cronbergs, deß Canzlers, Peter Echters doctor Philipsen Wolffen, vnnd Secretarien Hieronÿmj« (ebd.). Vgl. hierzu und im Folgenden Luttenberger: Kurfürsten, S. 222–227.

288

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

eingetroffen – erhielten die Wiener Legaten am darauffolgenden Tag eine erneute Audienz, in welcher der Mainzer Kanzler, Hartmann von Cronberg, die kurfürstliche Antwort kundtat: Kritisch seien der aktuelle »friden stand«, des »Vheinds macht vnnd gwaldt«, des »Reichs erschöpfung vnnd vnvermöglicheit«, »die vnerhörte teuwrung« sowie die Tatsache zu bedenken, dass »wir nicht durchauß ainhellig, werde offt vil vertröst vnnd zuegesagt, aber wenig gelaist«. Dennoch dürfe man die »stattlich gewaltig occasion vnd gelegenheit, dergleichen sich bishero nie zu getragen, die erlangt Victoria«, nicht ungenutzt vorüberziehen lassen.994 Die Legaten glaubten der Audienz und den weiteren Gesprächen zu entnehmen, dass der Mainzer Erzbischof durchaus an einem Liga-Beitritt interessiert sei. Der Mainzer Erzbischof sprach sich jedoch offiziell für eine im Kurverein ausgehandelte Kurfürstenresolution aus, die freilich nicht vor Juni zustande käme. In dieser sollten sämtliche Kurfürsten über das kaiserliche Ersuchen entscheiden und beratschlagen, ob gegebenenfalls auch ein Reichstag einberufen werden sollte.995 Anschließend setzten Hegenmüller und Winnenberg ihre Reise nach Koblenz fort, wo der Erzbischof von Trier jedoch die Osterfeiertage zum Gebet nutzte. Insofern die Legaten vermuteten, der Kurfürst wäre auch an der Reaktion des Pfalzgrafen interessiert, reisten sie weiter nach Heidelberg, wo sie im Beisein verschiedener Räte erfuhren, dass sich der Kurfürst zu einem eindeutigen Votum in dieser weitreichenden Angelegenheit außer Stande sieht. Auch als die Legaten um genauere Angaben baten, ob der Kurfürst von der Pfalz den Liga-Beitritt auf einem Reichs- oder Kurfürstentag besprochen wissen wolle, erhielten sie keine detailliertere Antwort, als die Versicherung, er werde genau über diese Sache nachdenken und schließlich den Kaiser informieren. In informellen Gesprächen konnten Hegenmüller und Winnenberg gleichfalls keine genaueren Informationen gewinnen, sodass sie schließlich weiter zum Kurfürsten von Köln reisten. Dieser empfing sie am 17. April in Poppelsdorf und forderte eine »Collegial Com[m]unication« aller Kurfürsten beziehungsweise derer Räte.996 Es ist also zusammenfassend festzustellen, dass sämtliche Kurfürsten eine eigenständige Stellungnahme verweigerten und zunächst Rücksprachen zu führen beabsichtigten. Alle plädierten daher dafür, dass eine Entscheidung während eines Kurfürstentages oder aber während eines allgemeinen Reichs994 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 61r–66v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572, hier fol. 61v f., 64v. 995 Ebd., fol. 62v f., 64r. 996 Ebd., fol. 64v f.; ebd., fol. 53r–56v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 03. April 1572, hier fol. 54v ff. (mit Hinweis auf vermutete Rücksprachen zwischen dem pfälzischen und sächsischen Kurfürsten); ebd., fol. 51r–52v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Poppelsdorf, 18. April 1572, hier fol. 51r f.

Ein Sieg, viele Konfessionen

289

tages getroffen werden solle. Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, die auf einem Reichstag auch die Stände in die Entscheidungsfindung einbezogen wissen wollten, stimmten schließlich jedoch auch einem Kurfürstentag zu, was eine etwaige Meinungsverschiedenheit verhinderte, die aus den Einzelstellungnahmen der Kurfürsten hätte entstehen können. Hegenmüller betonte, dass eine solche Entscheidungsfindung dazu diene, dem Kaiser eine einhellige Antwort zu übermitteln, sodass sich dieser »desto gewiser« bei der Antwort auf das LigaGesuch sein kann. Dass es zunächst einmal zu keiner Forderung nach der Einberufung eines allgemeinen Reichstages gekommen ist, verkaufte Hegenmüller als Erfolg: Man wisse in Wien nur allzu gut, dass die Stände für gewöhnlich der Kurfürstenresolution folgen. Wäre es zu einem Reichstag ohne einen vorigen Kurfürstentag gekommen, hätte man dessen Ausgang »auff ain große vngewisheit gepauwet«.997 Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz, war jedoch nach wie vor unentschlossen. Am Tag nachdem er das kaiserliche Ansuchen in einer den Legaten gewährten Audienz erfahren hatte und sich denen gegenüber noch entsprechende Bedenkzeit ausgehandelt hatte, versuchte er in einem Schreiben den Mainzer Erzkanzler davon zu überzeugen, die Entscheidung auf dem kommenden rheinischen Münzprobationstag in Köln zu fällen. Hiermit hätten weder der Kaiser noch die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg eine Einflussmöglichkeit besessen. August von Sachsen und Johann Georg von Brandenburg wären mit der Proposition der rheinischen Kurfürsten konfrontiert gewesen, auf deren Grundlage anschließend ein Gutachten des gesamten Kurkollegs ausformuliert hätte werden sollen.998 Die Vehemenz, mit welcher der Kölner Erzbischof jedoch einem solchen Vorgehen widersprach und für eine Versammlung des gesamten Kurvereins und einen anschließenden Reichstag eintrat, veranlasste schließlich den Mainzer Erzbischof Daniel Brendel von Homburg von der zuvor pro-pfälzischen Position abzurücken und die Vorbereitungen für einen Kurfürstentag zu treffen. Am 03. Mai 1572 informierte der Pfalzgraf schließlich auch den Kaiser, dass er die Angelegenheit im gesamten Kurkolleg besprochen wissen wolle.999

997 Ebd., fol. 67r–68v, Johann Hegenmüller an den Vizekanzler von Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572, hier fol. 67r. 998 Luttenberger: Kurfürsten, S. 223f. Die Korrespondenz zwischen Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz, und Daniel Brendel von Homburg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz, (04. und 08. April 1572) wird aufbewahrt im ÖStA, HHStA, Reichsarchive, Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten, 63, fol. 23r–25v. 999 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 67r–68v, Johann Hegenmüller an den Vizekanzler von Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572; ebd., fol. 69r, Daniel Brendel von Homburg, Mainzer Erzbischof, an Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 28. April 1572; ebd., fol. 70r–71v, Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz, an Kaiser Maximilian II., Heidelberg, 03. Mai 1572, hier fol. 70r f. Auch Mainz präferierte nun einen Reichstag,

290

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Die einschlägigen Pro- und Kontra-Argumente eines Liga-Beitritts wurden schließlich auf dem Kurfürstentag im Juli 1572 im thüringischen Mühlhausen debattiert. Wenngleich diese Debatten keineswegs überraschend kamen – denn bereits während des Reichstags von Speyer (1570) besprachen die Reichsfürsten Berichte über die Kriegsvorbereitungen Venedigs gegen das Osmanische Reich1000 –, konnten sich auch in Mühlhausen die von den Kurfürsten entsandten Räte nicht auf eine eindeutig zustimmende oder ablehnende Haltung einigen, wenngleich Sachsen und Trier einen Liga-Beitritt durchaus befürworteten.1001 Insofern, so führte vor allem Sachsen schließlich an, die Finanzierung der Kampfhandlungen infolge eines Liga-Beitrittes sowieso von den Ständen entschieden werden müsse, einigten sich die kurfürstlichen Parteien auf die Einberufung eines allgemeinen Reichstages. Lediglich die Pfalz sprach sich zu Beginn offen gegen einen Liga-Anschluss des Reiches aus, denn zu groß waren die Befürchtungen, die für den Kampf gegen die Osmanen zur Verfügung gestellten Mittel könnten letztlich gegen die Protestanten eingesetzt werden.1002 Zwar ließen sie sich schließlich doch auf den Kollegialkonsens eines Reichstages ein, doch wiesen sie darauf hin, dass es dem Kurverein formal nicht zustehe, einen Reichstag einzuberufen. Eine solche Position in einer auf »Konsenszwang«1003 beruhenden Institution führte freilich dazu, dass die Pfalz widersprüchliche Reaktionen der anderen Teilnehmer, allen voran Sachsens und auch der kaiserlichen Kommissare, hervorrief. Die Mühlhäuser Verhandlungen endeten daher mit dem Beschluss, auf eine etwaige Einberufung des Reichstages seitens des Kaisers entsprechend förderlich zu reagieren, ohne einen Reichstag selbst

1000 1001

1002 1003

der nach dem Kurfürstentag abzuhalten wäre: ebd., fol. 72r–74v, Johann Hegenmüller an Maximilian II., Speier, 10. Mai 1572, hier fol. 73r. Dies war beispielsweise dem Bericht zum Reichstag zu entnehmen, den Friedrich Trauboth dem Fürsten Joachim Ernst von Anhalt überstellte: LHASA, DE, Z 6, Nr. 1311. Bemerkenswert ist, dass Hegenmüller im Frühjahr 1572 mehrmals darum bat, sollte es zu einem Kurfürstentag kommen, möge der Kaiser doch jemand anderen als ihn entsenden; jemand, der sich in Kriegsdingen besser auskenne. Seinerstatt schlug er die Entsendung von Lazarus Schwendi vor, der bei den weltlichen Kurfürsten in hohem Ansehen stehe. Hegenmüllers Gesuch zeigte Wirkung, sodass im Juli 1572 Schwendi neben Winnenberg als kaiserlicher Rat nach Mühlhausen entsandt wurde. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 67r–68v, Johann Hegenmüller an den Vizekanzler von Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572, hier fol. 67v; ebd., fol. 72r–74v, Johann Hegenmüller an Maximilian II., Speier, 10. Mai 1572, fol. 72r f. Alternativ seien auch »Graff Ecken vonn Salm, Graff philipsen vonn Eberstein, Graff Gunther v[on] Schwarzenburg, den h.n Rueber, den alten Schertlin, vnnd andere« geeignet (ebd., fol. 72v); R. Jordan: Der Kurfürstentag zu Mühlhausen 1572. In: Mühlhäuser Geschichtsblätter. Zeitschrift des Altertumsvereins für Mühlhausen i. Thür. und Umgegend 5 (1904/1905), S. 2. Vgl. hierzu auch ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 53r–56v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 03. April 1572, hier fol. 55r f. Luttenberger: Kurfürsten, S. 225.

Ein Sieg, viele Konfessionen

291

formell einzuberufen.1004 Entsprechend ermahnte der Kaiser die Herrschaften, die ihn als Bündnispartner zu gewinnen suchten, um Geduld. So instruierte Maximilian II. auch seinen nach Spanien gesandten Botschafter Adam von Dietrichstein über den Beschluss, der ein Vorgehen gegen die Osmanen als »offensif krieg« branntmarkte und forderte ein entsprechend resolutes Verhalten des Botschafters gegenüber Philipp II. ein.1005 Die Liga-Herrschaften dürfte eine solche kaiserliche Position aber schon deshalb nicht überrascht haben, weil der päpstliche Legat Giovanni F. Commendone bereits am 22. November 1571 nach Rom schrieb, dass der Kaiser einen Reichstag erwarte, auf dem über einen möglichen Liga-Beitritt entschieden werde.1006 Doch zu einem allgemeinen Reichstag war es auch dann noch nicht gekommen, als die Bündnispartner der ›Heiligen Liga‹ Anfang des Jahres 1573 erneut nachdrücklich den Kaiser um Unterstützung baten. Die Verzögerungen, die mit einer solchen Verfahrensweise einhergingen, trafen dabei nicht auf jedermanns Verständnis. Befürworteten Berater des Kaisers und auch Erzherzog Karl 1572 noch ausdrücklich, dass Maximilian die Kurfürsten explizit in die Entscheidungsfindung einbezog, beklagte der Erzherzog im folgenden Jahr eindringlich, dass die Zeit, die bis zur endgültigen Einberufung eines Reichstages vergehen wird, den Osmanen genug Möglichkeiten verschaffe, habsburgische Territorien einzunehmen.1007 Der Kaiser, so Erzherzog Karl 1573, müsse sich entscheiden: Entweder muss der Reichstag eiligst einberufen werden (ganz gleich, welche Antworten die Kurfürsten dem Kaiser auf die Anfrage des Liga-Beitrittes dieses Mal zukommen lassen werden), oder aber es wird alles weiterhin hinausgezögert. Doch Karl schätzte das Agieren der Kurfürsten nicht nur als Hinhaltetaktik ein; er befürchtete auch ernsthaft, die Kurfürsten könnten sich gegen einen LigaBeitritt aussprechen, was den Kaiser »beÿ allen Nationen vill nachredens […]

1004 Der Mühlhäuser Kurfürstentag von 1572, auf dem auch der Ostseeraum und die Niederlande thematisiert wurden, wird ausgiebig behandelt in ebd., S. 219–241. Zum hier dargelegten Verlauf vgl. ebd., S. 227–230; Jordan: Kurfürstentag zu Mühlhausen; sowie das Protokoll in ÖStA, HHStA, Reichsarchive, Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten, 63. Im StadtAMühlhausen, 10/G 26 Nr. 1 sind logistische Überlegungen zum Kurfürstentag überliefert (Versorgung mit Fischen und Bier u. a.). 1005 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 7, 25, fol. 40r–45v, Instruktionen Maximilians II. an den habsburgischen Botschafter in Spanien, Adam von Dietrichstein, hier fol. 40v f. Zitat ebd., fol. 41r. 1006 Rainer: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone, S. 177ff., Giovanni F. Commendone an Girolamo Rusticucci, Wien, 22. November 1571. 1007 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 12r–23v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 07. März 1572, hier fol. 22r; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 50r–61v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 15. März 1573, hier fol. 52r ff.; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 36r–43v, Lazarus Schwendi an Maximilian II., Kientzheim, 22. März 1572, fol. 36r.

292

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

[und] auch allerhand müßtrawen« einbringen werde.1008 Zumal nach den in Italien, Bayern und Wien zirkulierenden Gerüchten über einen Ligabeitritt des Königs von Portugal auch die Zustimmung des Kaisers für wahrscheinlich gehalten wurde.1009 Sein Bruder Ferdinand schlug angesichts seiner Bedenken bezüglich sich hinziehender Verhandlungen dem Kaiser im März 1573 vor, den Kurfürsten und Ständen die Dringlichkeit der Angelegenheit noch einmal nachdrücklich bewusst zu machen, um so eventuell die Angelegenheit zu beschleunigen.1010 Albrecht V. von Bayern informierte den Kaiser in demselben Monat, dass die geforderte Reichstagseinberufung die Entscheidung unnötig herauszögere und so die Konföderierten notwendigerweise im Ungewissen bleiben würden.1011 Der Herzog hatte sich bereits im Vorjahr zu einem möglichen Liga-Beitritt des Reiches zu Wort gemeldet – und damals zur Vorsicht gemahnt. Bereits im Februar 1572 warnte er den Kaiser vor den Gefahren eines Friedensbruches mit den Osmanen, der »seiner Tiranneÿ khein zil noch maß setzen wirdet«, sowie den immensen Kosten, die für die Verpflegung eines Heeres in den Zeiten der aktuellen Teuerung aufzubringen wären. Nachdrücklich wies Albrecht V. darauf hin, dass man sich auf die ›Türkensteuer‹ nicht verlassen könne und sowieso sei ein Sieg und die dafür notwendige göttliche Unterstützung gegen die Osmanen keineswegs sicher, bei all dem gegenwärtigen »rohen Gotlosen Lebens vnnd wesens, wieuilerlaÿ vnglaubens vnnd greulicher schwermereÿen vnder dem Teutschen Kriegsvolck«. Generell, so der katholische Herzog, sei der gegenwärtige konfessionelle Zwiespalt, die »hochverderbliche[] spaltung vnnd zertrennung der gmueter«, ein Hindernis der Liga-Verhandlungen und einer möglichen Kriegsführung gegen das Osmanische Reich. Da es aber über früher oder später sicherlich erneut zu Scharmützeln mit den Osmanen käme, so biete die Hilfsversicherungen der Liga und die militärische Involvierung der Osmanen andernorts eine willkommene Gelegenheit, mit welcher der Kaiser gegenüber anderen christlichen Herrschern 1008 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 50r–61v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 15. März 1573, hier fol. 56v, 58v. 1009 Ebd., fol. 68r–69v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 23. März 1573. 1010 Ebd., fol. 27r–30v, »Post scripta« des Briefes von Erzherzog Ferdinand II. an Maximilian II., Innsbruck, 04. März 1573, hier fol. 28r ff. 1011 Ebd., fol. 31r–38v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 04. März 1573, hier fol. 35r f.; ebd., fol. 39r–40v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 05. März 1573; ebd., fol. 41r–42v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 05. März 1573; ebd., fol. 64r–67v, Johann Hegenmüller an Maximilian II., Augsburg, 22. März 1573, hier fol. 65v. Zur Rolle der bayerischen Herzöge bei den Debatten um die Türkengefahr siehe Peter C. Hartmann: Der bayerische Reichskreis im Zeichen konfessioneller Spannungen und türkischer Bedrohung. Die Zeit der letzten Regierungsjahre Herzog Wilhelms V. (1594–1598). In: Zeitschrift bayerische Landesgeschichte 60 (1997), H. 2, S. 599–616.

Ein Sieg, viele Konfessionen

293

mit gutem Beispiel vorangehen könne.1012 1573 wandte sich dann auch der kaiserliche Legat Johann Hegenmüller an den Herzog von Bayern, der seine Argumente vom Vorjahr erneuerte und zudem anführte, dass es sich aufgrund der Vorkommnisse in den habsburgisch-osmanischen Grenzregionen bei einem Ligabeitritt seiner Einschätzung nach nicht um einen Vertragsbruch (Violationes pactorum) handele. Vornehmlich riet er dem Kaiser zu einer Stärkung der Grenzen. Er bemerkte aber auch, dass, wolle man die Osmanen besiegen, dies nur durch einen kombinierten Angriff zu Wasser und zu Land geschehen könne. Sollten die Ligisten 1573 einen dem Seesieg bei Lepanto vergleichbaren Erfolg erringen können, wäre gar anzunehmen, dass sie ein so generöses Angebot wie im Vorjahr nicht wiederholen würden.1013 Sympathisierte der Herzog 1572 noch zu einem Liga-Beitritt, zu dem er den Kaiser aber aus Vorsichtsmaßnahmen abriet, so sprach er sich ein Jahr später offen für diesen aus.1014 Dass die bayrische Einschätzung, die Forderung nach der Einberufung eines Reichstages verzögere die Entscheidungsfindung, auch seitens anderer Unterhändler geteilt wurde, zeigt das Beispiel Wilhelm von Rosenbergs. Denn offensichtlich war sich auch Rosenberg, als er 1572 von den Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg empfangen wurde, dessen bewusst, dass die ersten kurfürstlichen Antworten – die eine Einberufung eines Reichstages forderten – nicht im Sinne des Kaisers sein würden. Sonst hätte er wohl kaum sein mehrmaliges Nachfragen während der Audienzen in der dem Kaiserhof übersandten Relation so stark betont. Immerhin erreichte Rosenberg damit, dass August von Sachsen und Johann Georg von Brandenburg sich bereit erklärten, auf dem vom Kaiser einberufenen Kurkolleg über eine Reichstagsbewilligung zu entscheiden.1015 Daraufhin, so Rosenberg, »habe ich es die weil es nicht weiter hat gebracht 1012 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 24r–27v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., Friedberg, 24. Februar 1572, hier fol. 24v, 25v, 26r f. 1013 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 64r–67v, Johann Hegenmüller an Maximilian II., Augsburg, 22. März 1573, hier fol. 65v f.; ebd., fol. 31r-38v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 04. März 1573, hier fol. 34r, fol. 35r ff.; ebd., fol. 39r– 40v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 05 März 1573; ebd., fol. 41r–42v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 05. März 1573. In ebd., fol. 34v weist Albrecht vor allem darauf hin, dass Osmanen Christen in den Grenzgebieten gefangennehmen würden. 1014 Sicherlich auch deshalb, weil die Ligisten sich aktiv beim bayrischen Herzog für eine solche Position eingesetzt hatten. Vgl. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 57r–58v, »Copia literarum Excell.mi Bauariæ Ducis ad Montis acuti Comitem Hisp: Regis apud Cæs: M[aiesta]tem oratorem, prid: Cal. Aprilis dat[um] 1572.« bzw. »Dux Bauariæ. ad Comitem De Monte Acuto in Negotio Ligæ«, München, 01. April 1571, eingetroffen am Kaiserhof 17. April 1571; Nanni/ Mrkonjic´: Epistolae ad principi. Bd. 2, S. 220 (päpstliches LepantoSchreiben an den Herzog von Bayern). 1015 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 8r–11v, Kurfürst August von Sachsen an Kaiser Maximilian II., Dresden, 23. Februar 1572, hier fol. 10r f.

294

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

werd[en] khünnen [darbei] beruhen lassen«. Dann entschied er sich, die Antworten nicht persönlich, sondern schriftlich dem Kaiser zu überbringen, und ließ sich wegen »meiner schwacheit halben die mich etwas befallen« entschuldigen.1016 Als Kaiser Maximilian seine erzherzöglichen Brüder im Februar 1573 abermals um Stellungnahmen zu den erneut vorgebrachten Hilfegesuchen der LigaPartner bat, hatte sich die Ausgangssituation für Ferdinand kaum geändert. Dass ein Bericht für Maximilian jedoch besonders wichtig war, wird allein daraus ersichtlich, dass Ferdinand insgesamt drei kaiserliche Schreiben in dieser Angelegenheit erhielt. In seinem Antwortschreiben vom 04. März 1573 verwies Ferdinand auf die bereits 1572 vorgebrachten Vor- und Nachteile, die (nach wie vor) für und gegen einen Liga-Beitritt sprächen.1017 Dennoch fühlte sich Ferdinand genötigt, zwei der zuvor dargelegten Einwände aus aktuellem Anlass ins Gedächtnis zu rufen. Erstens, die Vorbehalte gegen die Beständigkeit der Liga: Zwar entnehme Ferdinand den erneuten Anfragen, dass der Fortbestand der Liga und der Kampf gegen die Osmanen seitens der Verbündeten gesichert ist, doch gäbe es »gemain allerlaÿ geredt«, dass sich Venedig mit den Osmanen in Friedensverhandlungen befinde. Verdächtig kamen ihm auch die Unterschiede vor, die er zwischen der vom kaiserlichen Orator zu Rom an Maximilian überschickten Abschrift der erneuerten Ligakapitulation und deren Publikation feststellte. Den Grund für derartige Differenzen glaubte Ferdinand bei den Venezianern und deren Einflussnahmen auf die Liga-Verhandlungen zu finden. Damit stellten die Textdifferenzen ein weiteres Indiz für die vermuteten innerparteilichen Streitigkeiten und die drohende Unbeständigkeit der Liga dar. Ferdinand fühlte sich zweitens genötigt, seinen Bruder darauf aufmerksam zu machen, dass die finanzielle Unterstützung der Reichsstände und Fürsten nach wie vor vollkommen unklar sei.1018 Auch Erzherzog Karl nahm am 15. März 1573 erneut Stellung zur Möglichkeit eines Liga-Anschlusses. Im Gegensatz zu Ferdinand betonte Karl jedoch nicht, es habe im Vergleich zum Vorjahr keine entscheidene Veränderung der Ausgangslage stattgefunden. Vielmehr unterstrich er die nunmehr bestehende Dringlichkeit der Lage: Mit der immer mehr verstreichenden Zeit, die nicht genutzt werde, steige auch das Risiko, dass die Osmanen das von Karl regierte

1016 Ebd., fol. 47r–50v, Relation Wilhelms von Rosenberg an Maximilian II., s.l., 25. März 1572, hier fol. 48r, 49v f. 1017 Maximilian verfasste die Schreiben am 21., 24. und 30. Februar 1573: ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 21r–26v, Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, an Maximilian II., Innsbruck, 04. März 1573, hier fol. 21r, 22v f.; ebd., fol. 27r–30v, »Post scripta« des Briefes von Erzherzog Ferdinand II. an Maximilian II., Innsbruck, 04. März 1573, hier fol. 27r. 1018 Ebd., fol. 21v f., 23v.

Ein Sieg, viele Konfessionen

295

Innerösterreich angreifen und einnehmen würden.1019 Nach Karls Meinung drohte Maximilian sogar die durch Lepanto erwirkten, strategischen Vorteile zu verspielen, sollte das Reich 1573 erneut – wie im Vorjahr – nicht der Liga beitreten. Denn dann müssten »die Confoederierten[] von Jrer Expedition zu Wasser […] auß nott lassen […], vnnd der Erbfeind widerumb ain Herr des Mörs wurde.«1020 Zudem bestehe auch zu Land die Notwendigkeit, die Grenzmaßnahmen zu verstärken. Hatte Karl 1572 noch dem Kaiser seine Vorbehalte gegen einen Liga-Beitritt mitgeteilt, riet er seinem Bruder Maximilian nun offen und mit aller Nachdrücklichkeit für eine Bündnisteilnahme. Und das, obwohl er die von Ferdinand bereits 1572 geäußerten Einwände teilte, dass Werbungen nur schwerlich die von der Liga angefragte Anzahl an Soldaten zusammenbringen würden. 1573 griff Karl schließlich auch Ferdinands Argument auf, wonach man sich für einen Friedensbruch mit den Osmanen nicht erklären brauche, weil »der Erbfeind[] sein gegeben glauben vnnd trawen so vilfeltig gebrochen« habe.1021 Darauf wandte sich der Kaiser erneut an die Kurfürsten – und die Prozedur des Vorjahres begann von Neuem; mit dem Unterschied, dass der Beschluss von Mühlhausen den Kurfürsten keinen Raum für abweichende Positionen ließ. August von Sachsen ließ den Kaiser über Rosenberg wissen, dass er sich, wie in Mühlhausen vereinbart, für einen vom Kaiser einberufenen Reichstag aussprach.1022 Der Mainzer Erzbischof Brendel informierte ebenso Maximilian offiziell darüber, dass man ja bereits in Mühlhausen einmütig die Einberufung eines Reichstages vorgeschlagen hatte, solle über einen Liga-Beitritt ernsthaft entschieden werden. Er gab den kaiserlichen Entsandten Hegenmüller und Winnenberg allerdings in einem vertraulichen Gespräch zu verstehen, dass man diese Gelegenheit zum Kampf gegen die Osmanen Nutzen müsse. Darum versprach Brendel den bevorstehenden rheinländischen Probationstag zu nutzen, um eine einhellige Antwort des Kurkolleges zu ermöglichen. Bedenken besaß der Mainzer Erzbischof vor allem darüber, ob die anderen Kurfürsten seine Meinung

1019 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 50r–61v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 15. März 1573, hier fol. 52v. Hingegen waren für Ferdinand die Kriegsbestrebungen gegen die Osmanen keineswegs so bedeutend wie für Karl. Vgl. z. B. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 44r–46v, Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, an Maximilian II., Innsbruck, 24. März 1572, über den Landsberger Bund. 1020 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 50r–61v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 15. März 1573, hier fol. 54v. 1021 Ebd., fol. 55v f., 57r, 60v; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 28r–35v, Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, an Maximilian II., Innsbruck, 19. März 1572, hier fol. 29v; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 50r–61v, Karl II. Franz von Innerösterreich an Maximilian II., Graz, 15. März 1573, hier fol. 56r f. Zitat in ebd., fol. 56v. 1022 Ebd., fol. 43r–47v, August von Sachsen an Maximilian II., Dresden, 10. März 1573, hier fol. 44r–46r.

296

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

zum Liga-Beitritt teilten und inwieweit überhaupt die Untertanen einen solchen mitzutragen bereit wären.1023 Die Legaten setzten ihre Reise nach Heidelberg fort, wo sie am 18. April eintrafen, zunächst aber in der Herberge (wenngleich mit gutem Wein) unterkommen mussten. Sogleich am Morgen des folgenden Tages wurden sie in ein Zimmer im Schloss geleitet, wo sie auch mit dem Pfalzgrafen zur Tafel speisten.1024 Währenddessen fragte Friedrich III. schließlich Hegenmüller und Winnenberg, ob sie etwa noch nichts vom osmanisch-venezianischen Friedensschluss gehört hätten? Die kaiserlichen Legaten verneinten verdutzt, woraufhin der Pfalzgraf die ihm bekannten Details beschrieb, die hier in den Worten der Entsandten wiedergegeben werden sollen: »Ja es [der venezianisch-osmanische Friedensschluss, S. H.] were gewiß, dann des Venedigischen Oratoris zu Constantinopel aigner Sun, were gen Venedig komen, vnnd dise Pottschafft mit gebracht, Auff welches dann auch gleich den anndern tag Sÿ die von Venedig den Nuncium vnnd hispanischen Oratorem fur sich erfordert, Jnen solches vermelden vnnd anzaigen lassen, Wie auch schon weitter von den Vrsachen warumben Sÿ solchen friden eingeganngen gleichsfals geschriben worden[…].«1025

Offensichtlich besaß der Pfalzgraf also einen Informationsvorsprung, der das Unternehmen der Legaten Unnütz werden ließ. »[W]ir haben vnnseres thails«, so Hegenmüller weiter, »gar kain wortt mehr darzue gesagt«.1026 Im Zimmer wieder eingetroffen, fand er einige Schreiben vor, unter denen sich auch eines vom bayerischen Herzog befand, das den Abschluss eines venezianisch-osmanischen Separatfriedens und den Zusammenbruch der ›Heiligen Liga‹ kundtat.1027 Schnell kursierte die Nachricht über den Friedensschluss bei den bedeutendsten Territorialherrschern. Auch der Kurfürst von Brandenburg erhielt in diesen Tagen einen venezianischen Nachrichtenbrief desselben Inhaltes mitsamt einem Spottlied auf den »VERRETTER« Venedig zugesandt.1028 1023 Ebd., fol. 83r–86v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Aschaffenburg, 14. April 1573, hier fol. 84v ff.; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 79r–82v, Daniel Brendel von Homburg, Mainzer Erzbischof, an Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 14. April 1573, hier fol. 81r f. 1024 Ebd., fol. 88r–91v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 18. April 1573, hier fol. 88r. 1025 Ebd., fol. 88v. 1026 Ebd. 1027 Ebd. 1028 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 46r– 50v, venezianische Avviso, 13. März 1574 (versandt über Wien); ebd., fol. 51r–52v, venezianischer Avviso, 22. Oktober 1574. Das besagte Gedicht findet sich in GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 42r–45v, römische und venezianische Avvisi, 02. und 05. Mai 1573, darin fol. 45r: »Venedig mein Rechts Vater Landt bist du, V Fraw verretereÿ ist mein muter d[ar]zu

Ein Sieg, viele Konfessionen

297

Dennoch entschieden sich Hegenmüller und Winnenberg, die noch verbliebenen zwei Kurfürsten von Trier und Köln aufzusuchen, denen sie laut kaiserlichen Instruktionen einen Besuch abzustatten hatten. Um zu verhindern, dass diese bereits die Neuigkeiten erfahren hätten, beeilten sie sich und stellten sich unwissend. Gleich nachdem sie das schriftliche Antwortschreiben erhielten, indem der Pfalzgraf auf den Beschluss von Mühlhausen sowie die neuesten Entwicklungen im Mittelmeerraum verwies und nachdrücklich dazu riet, den Frieden mit den Osmanen zu halten, machten sich Hegenmüller und Winnenberg auf den Weg.1029 Wenige Tage darauf verwies auch der kränkliche Erzbischof von Trier auf Mühlhausen und teilte ihnen mit, er wolle die Angelegenheit auf dem am 01. Mai in Mainz stattfindenden Probationstag besprechen.1030 Da Erzbischof Jakob III. von Eltz offensichtlich noch nichts vom venezianisch-osmanischen Separatfriedens gehört hatte, führten die kaiserlichen Gesandten – freilich erst nachdem sie die Antwort des Kurfürsten erhalten hatten – vorsichtig an, dass es zu einem solchen gekommen sei. Allerdings habe der Erzbischof einer solchen Nachricht nicht glauben wollen und der in der Audienz ebenfalls anwesende Trierer Landhofmeister von Reiffenberg widersprach heftig: »wann es geschehen, das es das vnredlichist stuckh, so beÿ Mensch[en] gedenckhen furgeganngen.«1031 Daraufhin setzten die Legaten sogleich ihre Reise zum Erzbischof von Köln fort, der – offensichtlich ebenfalls unwissend über die aktuellen Veränderungen im mediterranen Mächtegefüge – sie tags darauf in Poppelsdorf Einer Gotlosen art vnnd schlechten ehr. E Von solchem Argen schlecht khom Jch her. Nix adelichs, noch Erbarlichs ist bei mir zwar R Wie es dann gentzlichen Jetzt wirdt offenbar Erstlichen den loblichen kheiser in gefahr, R Jch gem gebracht, wo er mir zu witzig nit gwest wer Damit Jch durch mein furgenohmen puben stuck E Den Turcken in d[a]z Meer Luedt vf den ruck Jm Anfangk Jch mich, als des Türck[en] feindt stelt T Aber wie es mir wolt nehmen zuuil muhe vnd gelt, Garbalt Jch vergaß, weß ich mich erzeigt hett T Dem Bapst vnd Hispanien ich enthalt[en] thet Ein schendlich[en] friedt ich mit dem Turcken beschloß E Obs gleich die gantz Christenheit verdroß Recht Alls ein pfeffer sack vnnd Venedig[er] R Gab Jch Schandt vnnd bleib ein ertzverreter«. 1029 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 92r–97v, Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz, an Maximilian II., Heidelberg, 18. April 1573; ebd., fol. 88r–91v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 18. April 1573, hier fol. 88v f. 1030 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 109r–110v, Jakob III. von Eltz, Erzbischof von Trier, an Maximilian II., Koblenz, 22. April 1573, hier fol. 109r f.; ebd., fol. 111r–114v, Philipp von Winnenberg und Johann Hegenmüller an Maximilian II., Koblenz, 22. April 1573, hier fol. 112r ff. 1031 Ebd., fol. 113r.

298

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

empfing und sie informierte, auch er wolle die Sache mit den rheinländischen Kurfürsten auf dem bevorstehenden Probationstag besprechen.1032 Dann war der Gegenstand des kaiserlichen Gesuchs allerdings bereits selbst zwecklos geworden, weil die Liga mit dem venezianisch-osmanischen Friedensschluss keinen Bestand mehr hatte. Damit ist ersichtlich geworden, dass die Entscheidung darüber, ob das Reich der ›Heiligen Liga‹ beitrete oder nicht, letztlich nicht allein beim Kaiser lag, wie das ligistische Diplomaten oder auch Kardinäle implizierten, wenn sie auf die Türkengefahr-Diskurse zurückgriffen, um Maximilian II. als christlichen Herrscher zu stilisieren, der der Liga nach Lepanto beitreten müsse. Vielmehr war die Positionierung des Reiches in etablierte Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden, was im Wesentlichen auf die Einberufung eines Reichstages und/ oder Kurfürstentages hinauslief. Während der Kurfürstentag zunächst als ein zeitverkürzendes Instrument der Meinungsfindung angedacht war, um den Reichstag zu umgehen oder aber um durch eine einheitliche Kurfürstenresolution die Debatten der Stände zu beschleunigen, so entpuppte sich die Einberufung eines Kurfürstentages als ein die Debatten verzögerndes Element, das jedoch von keinem der Akteure als solches intendiert war. Nach der Mühlhausener Resolution war dann die ursprünglich bestehende Flexibilität bei der Wahl der Mittel zur politischen Entscheidungsfindung schriftlich kodifiziert und so auf die Einberufung eines Reichstages reduziert. Solche Prozesse der Entscheidungsfindung nahmen Zeit in Anspruch, ermöglichten aber auch vielfältige Positionierungen. Das heißt, dass es einerseits möglich war, bezogene Standpunkte im Laufe dieser Entscheidungsfindungsprozesse zu revidieren, wenn Erzherzog Karl zunächst von einem Liga-Beitritt abriet und ihn später aktiv befürwortete. Andererseits waren aber auch vielseitige Positionierungen möglich, die der postulierten Dichotomie der Konfessionen entgegenstehen, die in der Forschung zur Seeschlacht anzutreffen sind. So hatten sich beispielsweise 1572 das lutherische Brandenburg und Sachsen für einen Reichstag ausgesprochen, während der reformierte Pfalzgraf für eine auf die Kurfürsten von Mainz, Trier, Köln und der Pfalz reduzierte Klärung der Angelegenheit auf dem Kölner Münzprobationstag plädierte. Dagegen sprach sich dann wiederum der Kölner Erzbischof aus, wenngleich derjenige von Mainz dafür ursprünglich Sympathien hegte. Ein Jahr später wiederum war es der Kölner Erzbischof, der für eine Lösung der Angelegenheit auf dem rheinländischen Probationstag plädierte. Ebenso unterliefen die Positionierungen auf dem Mühlhausener Kurfürstentag 1032 Ebd., fol. 113r; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 115r–116v, Jakob III. von Eltz, Erzbischof von Köln, an Maximilian II., Poppelsdorf, 24. April 1573, hier fol. 115v; ebd., fol. 117r–118v, Philipp von Winnenberg und Johann Hegenmüller an Maximilian II., Poppelsdorf, 24. April 1573.

Ein Sieg, viele Konfessionen

299

von 1572 etwaige konfessionelle Zuschreibungen, wenn sich Sachsen und Trier für einen Liga-Beitrit aussprachen, die Pfalz jedoch dagegen plädierte. Politische Entscheidungsfindung funktionierte im Reich also prozessual, wobei Lutheraner, Katholiken und Reformierte über einen Liga-Beitritt entschieden, ohne dass dabei jedoch die Frage der Konfession vordergründig für die Positionierung der Herrschaften entscheidend gewesen sei. Vielmehr bestanden ganz andere, militärstrategische, diplomatische und innenpolitische Bedenken seitens der verschieden konfessionellen Kurfürsten, Berater und Erzherzöge, die es dem Kaiser nicht erlaubten, sich als Oberhaupt des Reiches eindeutig zu positionieren. Zumal dieser noch Vorbehalte gegenüber dem Papst besaß, weil er diesem die Verleihung des Großherzogtitels an die de’ Medici nach wie vor verübelte.1033 Gerade weil politische Kultur des Reiches Entscheidungen als prozessuale Entscheidungsfindungen ritualisiert hatte,1034 war die Frage nach einem Liga-Beitritt aufgrund des venezianisch-osmanischen Friedensschlusses bereits nicht mehr aktuell, ehe die prozessual zu konstituierende Entscheidung überhaupt getroffen werden konnte. An dieser Stelle ist anzuführen, dass auch diejenigen um die innerhalb des Reichsverbandes situierten Entscheidungsfindungsprozesse wussten, die sich beim Kaiser für einen Liga-Beitritt einsetzten. Gerade um diese zu umgehen, griffen sie jedoch auf Lepanto als Ereignis glorifizierende Türkengefahr-Diskurse zurück, um den Kaiser zu bewegen, die im Reich etablierten Prozesse politischer Meinungsbildung zugunsten einer Bündnisteilhabe zu umgehen. So hatte sich Kardinal Amulio kurz nach der Seeschlacht von Lepanto an Maximilian II. gewandt, um ihn angesichts des Seesiegs zu beschwören, sich dem Papst, Venedig und Spanien im Kampf gegen die Osmanen anzuschließen. Er betonte jedoch weniger die Struktur des Reiches als einen »Körper aus Haupt und Gliedern«, wie es Barbara Stollberg-Rilinger in Anlehnung an frühneuzeitliche Reichskonzeptionen formulierte.1035 Dieses Verständnis des Reiches griff der Kardinal bewusst auf und setzte diesem ein Verständnis ›christlicher Herrschaft‹ entgegen, das angesichts Lepantos über den womöglich im Reich einsetzenden Liga-Diskussionen stünde. Demnach sei der Kaiser nicht allein das Haupt der Reichsfürsten und -stände, sondern auch das Prinzipalhaupt (capo principale) sämtlicher »christlicher Fürsten« (Principi Christiani), weshalb die Entscheidung für einen Liga-Beitritt des Reiches einzig und allein bei ihm liege.1036 Doch diese in 1033 Fichtner: Emperor Maximilian II, S. 189f. 1034 Barbara Stollberg-Rilinger/ André Krischer (Hg.): Herstellung und Darstellung von Entscheidungen. Verfahren, Verwalten und Verhandeln in der Vormoderne. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beihefte 44). Berlin 2010. 1035 Barbara Stollberg-Rilinger: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806. 4. Aufl. München 2009, S. 14. 1036 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Marcan-

300

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Bezugnahme auf den Seesieg angestimmte Überzeugungsrhetorik vermochte den Kaiser nicht zu gewinnen – schon allein deshalb, weil er eine konfessionsübergeifend beachtliche »kegenbewegnus« zu einem Liga-Beitritt erhielt. Denn es gab einfach zu viele Argumente und Ungewissheiten, die aus Sicht des Reiches gegen das Bündnis sprachen. Diese »kegenbewegnus« jedoch auf einen auf verfassungsrechtlicher Ebene ausgefochtenen, konfessionellen Zwiespalt zu reduzieren, wird den historischen Begebenheiten nicht gerecht.1037 Wenn in der Forschungsliteratur dies dennoch zu lesen ist,1038 dann situieren die Autoren die Entscheidung über einen Liga-Beitritt nicht in den vielfältigen Kontexten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, sondern greifen vor allem historische Beschreibungstopoi auf, die zu dem auch nach Lepanto nicht vollzogenen Bündnisanschluss seitens auswärtiger, katholischer Beobachter formuliert worden sind. So hatten italienische Gesandte die Verhandlungen zwischen Kaiser Maximilian II. und Kardinal Commendone mit Skepsis beobachtet. Der genuesische Agent am Kaiserhof berichtete, der päpstliche Legat werde zwar oft vom Kaiser empfangen, allerdings führten diese Audienzen zu keinen anderen Resultaten als zu »schönen Worten«.1039 Maximilian II. werde vermutlich erst eine Entscheidung fällen, so der Genueser Anfang November 1571 weiter, nachdem ein Reichstag einberufen worden sei. Damit versuche er sich dem protestantischen Vorwurf zu entziehen, er schade dem Reich, indem er sich auf eine Liga mit dem Papst einlasse, denn das, so der Katholik, »setze die Würmer [die Lutheraner, S. H.] in dieser Nation in Bewegung«.1040 Dass diese Einschätzung selbst polemisierend war, belegen die obigen Ausführungen: Widerspruch regte sich genauso wie Fürspruch konfessionsübergreifend, sodass konfessionelle Positionierungen während der politischen Meinungsbildung nicht entscheidend waren, sondern vielmehr Sachzwänge und -vorbehalte, die aufgrund des immanent prozessualen Charakters der Entscheidungsfindung diese letztlich selbst erübrigten. Angesichts dessen und der zerplatzten, katholischen Träume, dass Lepanto ein umfassendes Bündnis herbeiführen werde, dem neben den bisherigen Liga-Partnern auch das Reich, England, Frankreich, Portugal, Polen und Florenz beitraten, stellte der genuesische Agent deprimiert

1037 1038 1039 1040

tonio Amulio an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571, fol. 55v: »Tutti i Principi Christiani sono quasi come membri d’un capo principale, e questo è l’Jmperatore; et non conuiene alla Jmperiale dignità, che li membri faccino la guerra senza il capo«. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 1r–7v, Kurfürst Johann Georg von Brandenburg an Kaiser Maximilian II., Cölln/ Berlin, 29. Februar 1572, hier fol. 5r. Vgl. Kapitel II.3.i. Zwischen Universalität und Partikularität: Lepanto-Festivitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation; Hopkins: Confrontation at Lepanto, S. 50–53; Capponi: Victory of the West, S. 53, 98–102. ASGe, Archivio Segreto, 2525, m. 8, erstes Schreiben des Agente Georgi nach Genua, Wien, 07. November 1571, fol. 2r: »belle parolle[sic!]«. Ebd.: »farebbe mouere i uermi à questa natione«.

Ein Sieg, kein Verlierer

301

fest: »Aber wer weiß, was dieser Sieg nicht zerbrochen hat.«1041 Die Dichotomien von ›Gläubigen‹ und ›Ungläubigen‹, anhand derer Zeitgenossen Lepanto als Ereignis diskursiv formierten, stellten sich als illusorisch heraus und mochten dennoch herangezogen werden, um den ausbleibenden Liga-Beitritt ›christlicher Herrschaften‹ als ›protestantische Schuld‹ zu erklären. Die hier zusammengetragenen Ausführungen haben jedoch gezeigt, dass solche Argumentationen der historischen Vielfalt nicht gerecht werden und ebenjene exkludierenden Diskurse tradieren, die Lepanto als Ereignis historisch formierten.

II.4. Ein Sieg, kein Verlierer: Lepanto und das Osmanische Reich II.4.i. (Ligistische) Lepanto-Reaktionen im Osmanischen Reich: Zur Inversion der Türkenfurcht Wenn in der geschichtswissenschaftlichen Forschungsliteratur zur Seeschacht von Lepanto auf die Folgen verwiesen wird, die diese unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Nachricht in Istanbul bewirkt habe, so basieren diese Ausführungen für gewöhnlich auf Quellen, deren Autoren im Kontext ligistischer Herrschaften zu verorten sind.1042 Und davon gab es reichlich: Venezianische Händler und Spione berichteten, in Istanbul sei »die Nachricht von der Niederlage«1043 zunächst von Griechen überbracht worden, die mit einem Schiff von Methoni kamen. Zur Strafe seien sie für eine solche Behauptung ausgepeitscht worden. Als schließlich immer neue Berichte vom Sieg der Liga-Flotten in Istanbul eintrafen, habe der Yeñi-cˇeri Ag˙ası beschlossen, die Nachricht dem Großwesir und Sulta¯n zukommen zu lassen, die sich zu dem Zeitpunkt in Edirne ˙ aufhielten. Selı¯m II. selbst soll die Nachricht entsprechend ligistischer Quellen bereits am 17. Oktober vernommen haben.1044 Wie spanische und venezianische Spione ihren Herrschaften schnell mitteilten, habe Selı¯m II. daraufhin den Boten (cˇa¯vusˇ) der ersten Nachricht von der Niederlage bei Lepanto gefangensetzen lassen und die Inhaftierung all jener angeordnet, die Informationen vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ verbreiteten. Erst als weitere Lepanto-Nachrichten eintrafen, sei der cˇa¯vusˇ wieder freigelassen worden.1045

1041 Ebd., fol. 2v: »ma chi sa, che questa uittoria non habbia rotto«. 1042 Exemplarisch sei hier auf Cacciavillani: Lepanto, S. 178f. verwiesen. 1043 Maria P. Pedani-Fabris (Hg.): Relazioni di ambsciatori veneti al Senato. Bd. 14: Costantinopoli. Relazioni inedite (1512–1789). (Monumente politica et philosophica rariora. Serie II, numerus 24). Padua 1996, S. 180: »La nova della rotta«. 1044 Ebd., S. 180f.; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571. 1045 García Hernán: Price of Spying, S. 240; ÖNB, Cod. 8949, fol. 295v, Venedig, 18. Januar 1572;

302

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Aus Dubrovnik (Ragusa) war zu hören, dass in Istanbul viele Tränen flossen; aufgrund der allgemeinen Trauer seien acht Tage lang die Läden geschlossen geblieben.1046 Zudem soll der Sulta¯n die Grenzen verstärkt haben, was auf großes ˙ Interesse am Kaiserhof stieß. Dort kursierten zudem Gerüchte, dass die Osmanen 1572 gegen die Peloponnes ziehen wollen.1047 Ebenso war die politische Führung Venedigs schnell darüber informiert, dass der Neuaufbau der osmanischen Flotte beschlossen wurde: Es sollten demnach möglichst viele Kriegsschiffe in kürzester Zeit produziert werden.1048 Zudem leiteten Agenten aus Dubrovnik die Information weiter, dass eine Galeotta nach Algier geschickt worden sei, um ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa zum Sulta¯n zu zitieren.1049 Bestätigt wurde diese Information dadurch, dass ˙ Juan de Cardona besagtes Schiff erbeutet hatte. In ausführlichen Verhören verriet ein an Bord befindlicher Konvertit zudem nähere Informationen zu den osmanischen Reaktionen auf Lepanto: Er bestätigte nicht nur die Schließung der Läden und die Aufforderung zu ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas Rückkehr, sondern berichtete auch, dass der Sulta¯n nach der Bekanntwerdung Lepantos sogleich den groß˙ herrlichen Staatsrat (Dı¯va¯n-ı Hüma¯yu¯n) einberufen und die Stärkung der Grenztruppen beschlossen habe. Überall in Istanbul habe man Klagerufe vernommen und Tränen gesehen.1050 Dass solche Informationen durch Beutezüge eingeholt wurden, stellte keine Seltenheit dar. So notierte auch ein in LigaDiensten stehender Informant in einer zwischen 1564 und 1579 niedergeschriebenen Lebensbeschreibung, dass von ihm erbeutete Sulta¯nsuntertanen ˙ nach Lepanto auf osmanischen Reaktionen verhört worden seien. Demnach sei es in den entlegenen Provinzen von Aden und Suez zu Revolten gegen die osmanische Herrschaft gekommen, die der ägyptische Statthalter nur mit Mühe befrieden habe können. In Beirut und Tripoli hätten sich die Bewohner nach dem Eintreffen der ersten Lepanto-Nachrichten aus Angst auf die Berge zurückgezogen und dabei sogar ihre Waren zurückgelassen.1051 Solche Berichte konnten

1046 1047 1048 1049 1050 1051

ˇ a¯’u¯sh. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Charles Pellat Robert Mantran: C u. a. Bd. 2. Leiden 1965, S. 16f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 295v, Venedig, 18. Januar 1572. BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 122, Rom, 17. November 1571, fol. 1v [229v]. ÖNB, Cod. 8949, fol. 283v, Venedig, 23. November 1571; ebd., fol. 290r, Wien, 22. Dezember 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571. ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Giovanni Soranzo und Paolo Tiepolo, venezianische Botschafter in Rom, 01. Dezember 1571, fol. 1r. ÖNB, Cod. 8949, fol. 283v, Venedig, 23. November 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 208r, venezianische Avvisi aus Rom (17. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt. BAV, Barb. lat. 4791, unpaginierte fol. 303r. Zudem ist von Aufrüstungsbemühungen die Rede, die in verschiedenen osmanischen Regionen durchgeführt worden seien. Vgl. auch Florence Buttay-Jutier: Les captivités de Giorgio del Giglio »Pannilini«, renégat italien. In: Captifs en Méditerranée. Histoires, récrits et légendes. Hg. v. François Moureau. Paris 2008,

Ein Sieg, kein Verlierer

303

also Bestandteil von Lebenserzählungen sein, die den Beitrag der Autoren zu einem Wissen über osmanische Reaktionen auf Lepanto hervorhoben. Dass dieses Wissen im Kontext der Liga-Herrschaften gefragt war, zeigt die weite Zirkulation solcher durch Spione, Händler und Beute gewonnenen Informationen. Die Verhörresultate Cardonas sind nach Neapel gesandt worden und erreichten von dort aus Rom, Venedig und Florenz.1052 Nun haben osmanistische Studien belegt, welch hohen Stellenwert solchen nicht-osmanischen Quellen für die Rekonstruktion einer Geschichte des Osmanischen Reichens angesichts mitunter disparat, lückenhaft und schwer zugänglich verwahrter Quellenbestände besitzen, indem sie Kontextualisierungen von Wissensbeständen ermöglichen.1053 In ebensolchen Wissensordnungen sind auch ligistische Berichte über die Lepanto-Reaktionen im Osmanischen Reich zu verorten, wie ein Schreiben des spanischen Botschafters in Venedig exemplarisch verdeutlicht. Guzmán de Silva berichtete nach Madrid, wie in Istanbul auf die Niederlage bei Lepanto reagiert worden sei: Demnach hätte diese zu Aufständen im Jemen und auf der Arabischen Halbinsel geführt, womit die Auswirkungen Lepantos für das Osmanische Reich »unschätzbar« – bedeutend – seien.1054 Der spanische Botschafter bezog sich dabei ausdrücklich auf ein Schreiben des diplomatischen Repräsentanten Venedigs in Istanbul, des Bailo,1055 was belegt, dass

1052 1053

1054

1055

S. 59–75; Stefan Hanß: Giorgio del Giglio Pannilini und die Seeschlacht von Lepanto. Rekonversionen, Selbstzeugnisse und Mehrfachzugehörigkeiten im 16. Jahrhundert. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 96 (2016) (im Druck). ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 208r, venezianische Avvisi aus Rom (17. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 122, Rom, 17. November 1571, fol. 1v [229v]. Suraiya Faroqhi: Approaching Ottoman History. An Introduction to the Sources. Cambridge u. a. 1999. Dass dies ebenso für Lepanto gilt, zeigen Halil I˙nalcıks Ausführungen: »There is no detailed Ottoman report available on the battle of Incirli Liman in the Bay of Lepanto. The report of Pertev Pasha, mentioned in a firman, has not yet been discovered in the Turkish archives. Chronicles give only a very brief account of it.« Halil I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 190. Siehe aber Malcolm: Agents of Empire, S. 165f. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1331, doc. 24, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 11. März 1572, fol. 2v [52v]: »inestimabile«. Zu den Aufständen im Jemen sowie den Rebellionen in Anatolien siehe Yildirim: Battle of Lepanto, S. 539f. sowie weiterführend auch Jane Hathaway: The Arab Lands uner Ottoman Rule, 1516–1800. Mit Beiträgen v. Karl K. Barbir. Harlow 2008. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 145, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, fol. 1r [292r]: »Vn breue ragguaglio delle cosse di Constantinopoli fin alli XV. de luglio passatto«. Auch AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1331, doc. 10, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 22. Januar 1572 und ebd., doc. 22, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 04. März 1572; AGS, Estado, Sicilia, leg. 1134, doc. 89, undatierte avisos aus der Levante.

304

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

das Wissen über die osmanischen Lepanto-Reaktionen selbst in das Türkengefahr-Narrativ und die diplomatische Kriegsberichterstattung eingebunden waren. Deutlich wird dies auch, wenn Guzmán de Silva vom besonders grausamen (cruel) Vorgehen berichtet, dass der Sulta¯n nach dem Erhalt der ersten ˙ Nachrichten gegen in seiner Herrschaft lebende Christen an den Tag gelegt ha1056 be. Noch im März 1572 schrieb er dem spanischen König von Venedig aus, dass mit ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas Eintreffen in Istanbul die traurige Erinnerung an die Niederlage der osmanischen Flotte bei Lepanto erneut aufgelebt sei. Allerdings habe der Kommandeur die Osmanen beruhigt, denn der französische König und sein Botschafter würden im pro-osmanischen Sinne handeln.1057 Aus diesen Ausführungen wird daher ersichtlich, dass es dem spanischen Botschafter in der Übermittlung von Informationen über osmanische Lepanto-Reaktionen darum ging, deren spanische Interpretation zu artikulieren, wohingehend das Ereignis Lepanto durch die französischen Akteure in Venedig in seinem pro-ligistischen Ereignischarakter unterwandert werden könne.1058 Wenn also innerhalb ligistischer Kontexte über osmanische Reaktionen auf Lepanto berichtet wurde, so waren diese Informationen in diplomatische, merkantile und spionagedienstliche Korrespondenznetzwerke eingebettet, was den Status der Informationen als herrschaftsrelevantes Wissen klassifzierte, das auf herrschaftlicher Ebene kausale Ereigniszusammenhänge entwarf: Nachdem die Liga-Herrschaften bei Lepanto siegten, habe dies zu den beschriebenen Reaktionen des Sulta¯ns und seiner Untertanen geführt. Damit wurde ein Gescheh˙ niszusammenhang dargelegt, der den Ereignisstatus Lepantos als Sieg unterstrich – und zwar anhand etablierter Narrative. Denn in diesen Berichten ist Lepanto als unerwarteter, umfänglicher und unglaublicher Sieg inszeniert worden, der die osmanische Führungsriege in Panik versetzt habe, was einer Inversion der Türkengefahr-Diskurse gleichkam. Wenn früher katholische Herrschaften die Osmanen zu fürchten hätten, so die Argumentationsstruktur, so fürchteten nun die Osmanen die ›Heilige Liga‹. Das führten die Berichte in einer antithetischen Dialektik vor, die einerseits die Dichotomie zwischen der jubelnden Liga und dem trauernden Osmanischem Reich als Topoi unterstrich, andererseits diese aber auch durch die Beschreibung religionsübergreifender Gesten unterlief. So wie die Lepanto-Nachricht in Venedig Tränen der Freude verursacht habe, so nun in Istanbul solche der Trauer. Damit wurde ein gesamtmediterranes Ensemble an Folgen beschrieben, die Lepanto als Ereignis – nämlich als Sieg und Niederlage – bewirkt habe. In einem veronesischen 1056 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1331, doc. 252, venezianische Avvisi, Venedig, 19. April 1572. 1057 Ebd., doc. 23, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 06. März 1572, fol. 1r [49r]. 1058 Zur Rolle der französischen Dipomaten (insbesondere in Venedig) vgl. Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 265–269.

Ein Sieg, kein Verlierer

305

Avviso-Druck war gar zu lesen, dass Sultan Selı¯m II. sich vor empfundenem ˙ Schmerz über die Lepanto-Nachricht die Haare ausgerauft und die Haut zerkratzt habe, was mit der Schilderung gleicher Reaktionen von in Venedig lebenden Osmanen einherging.1059 So erschien nach der Seeschlacht in der Lagunenstadt auch ein Spottgedicht, in dem die Freuden- und Klagerhetorik als Inversion der Türkenfurcht polemisiert wurde. Der anonyme Autor besang die ausufernden Feierlichkeiten in Reimen, in denen Istanbul versunken sei, nachdem die Nachricht von der Eroberung Famagustas eingetroffen war. Als dann jedoch die Lepanto-Kunde eintraf, wandelt das Gedicht die Bedeutung der osmanischen Festivitäten: Die Freudengesänge hätten sich in Klageschreie und die Ballveranstaltungen in Bordelle verwandelt, Väter hätten ihre Söhne und Brüder ihre Brüder durch Tränen und Geschrei betrauert. Dies kontrastierte der Poet mit weiteren Sonetten über die zu Freuden verleitende Ehre, die die Ligisten durch den Sieg erlangt hätten.1060 Diese Beschreibungsrhetorik des Leidens griff auf die Schilderung eines gesamtmediterranen Gestenrepertoires an Trauer- und Freudenbekundungen zurück,1061 was letztlich die Verständlichkeit der Reaktionen auf ein Ereignis ermöglichte, dass als ligistischer Sieg und osmanische Niederlage konzipiert wurde, indem solche Reaktionen Christen und Muslimen verständlich waren: Beide sind als weinend beschrieben worden, die einen aus Freude, die anderen aus Trauer, und beide schlossen aus denselben Gründen die Läden. Die veranschlagten Unterschiede, die Lepanto anhand der Reaktionen als relevantes Ereignis versinnbildlichten, wurden durch ein gemeinsames Handlungsrepertoire inszeniert, das die mit Lepanto postulierte Dichotomie zugleich unterlief. Solche ligistischen Schilderungen über osmanische Reaktionen auf die Seeschlacht dienten damit aber zugleich auch der Vergewisserung des Ereignisstatus’ Lepantos, indem die Türkengefahr-Diskurse aufgegriffen wurden. Gerade weil die Türkenfurcht nun als Furcht der Osmanen beschrieben wurde, etablierte sich die Schilderung osmanischer Lepanto-Reaktionen als fester Bestandteil zeitgenös1059 Anonym: AVISI DE DIVERSE PARTE, SI DE CONSTANTINOPOLI, COME DE Negroponte, de Rodi, quali da minutissimo raguaglio de molte cose degne da esser intese, con diuersi auisi delle Armate della Santa Lega, circa delle honorate prouesione fatte dopo la felice giornata, descrite dal S. Don Gioan d’Austria Generalissimo della Santa Lega. Verona O. J. [ca. 1571]. (AL, Turcica I.35/15794), fol. 2r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 3v. 1060 Anonym (B. L.): CAPITOLO A SELIN IMPERATOR de Turchi: Delle feste & allegrezze ch’ei faceua in Costantinopoli, & per tutta la Turchia: Della presa d’Isola di Cipro. Nuouamente composta & data in luce: Con tre Sonetti bellißimi. O. O. [Venedig] O. O. [1571]. (BL, 1071.g.7 (81)). 1061 James S. Amelang: Mourning Becomes Eclectic. Ritual Lament and the Problem of Continuity. In: Past & Present 187 (2005), S. 3–31. Vgl. konzeptionell und weiterführend auch Adnan A. Husain/ K. E. Fleming (Hg.): A Faithful Sea. The Religious Cultures of the Mediterranean, 1200–1700. Oxford 2007.

306

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

sischer Drucke. So sind sie beispielsweise in einer durch den venezianischen Stadthistoriografen Paolo Paruta Jahrzehnte nach der Seeschlacht veröffentlichten Chronik des Zypernkrieges zu finden, weil sie die Bedeutung des venezianischen Sieges Lepanto durch die Reaktionen der Osmanen als Verlierer hervorhoben.1062 Gerade weil die Siegesnachricht hier in einer antithetischen Dialektik der beschriebenen, osmanischen Reaktionen in eine Verlustnachricht (nueua de la perdida de su Armada)1063 transformiert wurde, unterstrich dies den Ereignischarakter Lepantos als ligistischen Sieg: Die Bedeutung des Sieges wurde durch die Beschreibung der Niederlage hervorgehoben.

II.4.ii. Osmanische Perspektiven auf Lepanto: Zur Fragwürdigkeit eines dichotomisierenden Ereignisses Wenn diese ligistischen Schilderungen über die in Istanbul anzutreffenden Reaktionen auf die Seeschlacht nun mit einer osmanischen Perspektive kontrastiert werden sollen, eignen sich vor allem zwei Quellengattungen, die in der Osmanistik herangezogen wurden, um die tradierten, historiografischen Bedeutungszuschreibungen an Lepanto neu zu perspektivieren: zum einen die administrativen Schriften und zum anderen die Chroniken. So hat insbesondere Halil I˙nalcık darauf hingewiesen, dass erstere Quellen das Bild einer schlechten Ausgangslage der osmanischen Flotte vor der Seeschlacht entwerfen, die bereits im September aufgrund mangelnder Lebensmittel und schlechten Wetters eine sinkende Kampfmoral zu verzeichnen hatte. Da weder am Sulta¯nshof (Topqapı ˙ ˙ Sara¯y) noch auf der Flotte selbst mit einem so spät im Jahr durchgeführten Angriff gerechnet wurde, waren zudem zahlreiche militärische Eliteinheiten von den Galeeren abgezogen worden, die sich bereits auf dem Heimweg befanden, als die Seeschlacht ausgefochten wurde.1064 Das administrative Schrifttum relativiert damit einerseits die retrospektive Einschätzung der Schlacht, bestätigt dabei aber auch auf detailliertere Weise einige Informationen, die in Liga-Herrschaften als Gerüchte über die zeitgenössischen, osmanischen Reaktionen kursierten. Nachdem Selı¯m II. angeblich am 23. Oktober in Edirne durch einen cˇa¯vusˇ ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas informiert worden war (entgegen der Annahme einiger Ligisten ist der 1062 Paolo Paruta: Storia della guerra di Cipro. Libri tre. Siena 1827, S. 317–321; Dorit Raines: La storiografia pubblica allo specchio. La »ragion di Stato« della Repubblica da Paola Paruta ad Andrea Morosini. In: Celebrazione e autocritica. La Serenissima e la ricerca dell’identità veneziana nel tardo Cinquecento. Hg. v. Benjamin Paul. (Venetiana, Bd. 14). Venedig 2014, S. 157–176. 1063 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1331, doc. 22, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 04. März 1572, fol. 1r [47r]. 1064 I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 189f.

Ein Sieg, kein Verlierer

307

Sulta¯nshof noch am 19. Oktober nicht über Lepanto informiert gewesen), habe er ˙ sogleich am Folgetag einen Dı¯va¯n-ı Hüma¯yu¯n einberufen, der den Flottenaufbau beschloss und die Qa¯d¯ıs der bedeutendsten Mittelmeerstädte und Burganlagen ˙ aufforderte, Wachpersonal aufzustellen. Denn der Herrschaftsrat ging offensichtlich davon aus, dass die Liga-Galeeren weitere Eroberungen anstreben könnten und insbesondere auf der Peloponnes leichtes Spiel hätten, wo es zu lokalen Revolten kam und viele Soldaten von den dortigen Burganlagen für den Galeerendienst abgezogen worden waren.1065 Aufschlussreich sind diese administrativen Quellen aber auch aufgrund der Semantik, die zur Beschreibung des Krieges seitens der osmanischen Herrschaft genutzt wurde: In einem am 28. Oktober 1571 aufgesetzten ferma¯n kommentierte der Sulta¯n gegenüber dem Kommandeur Pertev Pasˇa die Seeschlacht mit den ˙ Worten: »Nun, eine Schlacht kann gewonnen oder verloren werden. Es war in Gottes Willen bestimmt, so zu geschehen«.1066 Gleichfalls beschrieb der Beg˘lerbeg˘i von Algier Lepanto als Kampf gegen »Ungläubige«, in dessen Verlauf sich Gottes guter Wille von den Osmanen abgewendet habe.1067 So waren nach dem Eintreffen der Lepanto-Nachricht sogleich in den Moscheen Gebete durchzuführen, die Gottes Gunst sichern sollten.1068 Eine solche religiöse Deutung des Kriegszuges war keineswegs unüblich. Bereits als die Nachricht vom Liga-Zusammenschluss in Istanbul eingetroffen war, hatte der Sulta¯n den Angriffsbefehl ˙ auf die Galeeren der »Ungläubigen« als durch die religiösen Autoritäten des Reichs, die »ʿülema¯ und die gesamte muslimische Gemeinschaft«, legitimierte Verteidung der »Ehre unserer Religion und unseres Staates« beschrieben, der letztlich dazu diene, »das Land des Kalifats zu beschützen«.1069 Damit zeigen diese Erlässe, dass die Inszenierung des Sulta¯ns als göttlichen Herrscher im Osmani˙

1065 Ebd., S. 190ff.; Robert Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante à Constantinople. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 247f.; Lesure: Lépante, S. 289–307. Zum Jahreswechsel 1571/72 organisierte der Metropolitan von Patras ein lokales Aufbegehren gegen die Osmanen. Hierzu siehe Emrah Safa Gürkan: The Efficacy of Ottoman Counter-Intelligence in the 16th Century. In: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae 65 (2012), H. 1, S. 8. 1066 Zit. nach I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 190: »Now a battle can be won or lost. It was destined to happen this way according to God’s will«. 1067 Zit. nach Lewis: Muslim Discovery of Europe, S. 43: »The Imperial fleet encountered the fleet of the wretched infidels and the will of God turned another way.« Zu weiteren Beispielen siehe Lesure: Lépante, S. 289. 1068 Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 248. 1069 Zit. nach I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 186f.: »[…] ulema and all the Muslim community found it most proper and necessary to find and immediately attack the Infidels’s fleet in order to save the honor of our religion and state, and to protect the Land of the Caliphate«. Siehe auch Yildirim: Battle of Lepanto, S. 541.

308

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

schen Reich gleichfalls zu einer Interpretation des Krieges als dichotomischen Kampf der Religionen führte, wie auch in den Liga-Herrschaften.1070 Zwar veranschaulicht dies parallele Deutungen Lepantos als göttliches Ereignis, doch sind diese Interpretationen der Seeschlacht keineswegs als Parallelisierungen zu verstehen: Vielmehr waren die osmanischen Reaktionen auf die Seeschlacht und die ligistischen Schilderungen dieser Reaktionen wechselseitige Bestandteile gemeinsamer und verbundener Geschichten.1071 Besonders eindringlich ist dies anhand der Korrespondenz des in Istanbul residierenden, venezianischen Diplomaten zu veranschaulichen: des Bailo Marc’antonio Barbaro.1072 Er war mit dem Kriegsausbruch im Frühjahr 1570 mitsamt seiner 30 Personen zählenden famiglia unter Hausarrest gestellt und fortan im Casa Bailaggia durch zahlreiche cˇa¯vusˇ und sechs Yeñi-cˇeri überwacht worden.1073 Nach dem Eintreffen der Nachricht vom Ausgang der Seeschlacht setzte Barbaro den ersten, an den Dogen gerichteten Brief am 30. Oktober 1571 auf. Darin beschrieb er die Schlacht als einen Sieg von so großer Bedeutung, dass es keinen vergleichbaren Sieg in der Vergangenheit gegeben habe und dass der Ausgang der Schlacht mehr darstelle, als man sich zu hoffen gewagt habe.1074 Die Nachricht von dem von Gott verliehenen Sieg sei durch geflohene Schlachtteilnehmer über Euböa nach Istanbul gekommen.1075 Sogleich wusste der Bailo auch zu berichten, dass der Sulta¯n die Anfertigung von Schiffen befohlen habe, um so eine »neue ˙ Armada« zu errichten.1076 Barbaro räumte diesem Unternehmen jedoch wenig Erfolg ein. Dennoch berichtete er über die sich noch im Arsenal befindlichen, 1070 Vgl. Weiterführend Cornell H. Fleischer: The Lawgiver as Messiah. The Making of the Imperial Image in the Reign of Süleyman. In: Soliman le Magnifique et son temps. Hg. v. Gilles Veinstein. (Recontres de l’École du Louvre, Bd. 9). Paris 1992, S. 159–177. 1071 Dass es an einer solchen Sichtweise mangelt, hat Brummett: Lepanto Paradigm zurecht betont. 1072 Zu diesem Amt vgl. Hanß: Baili e ambasciatori; Dursteler: Venetians in Constantinople. Zu osmanischen Gesandten in Venedig siehe Maria P. Pedani-Fabris: In nome del Gran Signore. Inviati ottomani a Venezia dalla caduta di Costantinopoli alla guerra di Candia. (Deputazione di storia patria per le Venezie. Miscellanea di studi e memoria, Bd. 30). Venedig 1994. 1073 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 27r f., Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera 07. Mai 1570; BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 29r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 08. Mai 1570. Die osmanische Dokumentation hierzu erwähnt Safa Gürkan: Efficacy of Ottoman Counter-Intelligence, S. 19 kurz. Siehe vor allem Coco/ Manzonetto: Baili veneziani, S. 45–49. 1074 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 231r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. Oktober 1571: »Se ben la uittoria cosi segnalata, et grande che si è hauuta è stata p[er] quanto qui si ragiona non solam.te la che p[er] il tempo passato sia mai successa, ma che ne anco potessero gli huomini desiderare«. 1075 Ebd., fol. 231r f., Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. Oktober 1571. 1076 Ebd., fol. 231v, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. Oktober 1571: »noua armata«.

Ein Sieg, kein Verlierer

309

veralteten Galeeren.1077 Auch verschriftlichte er in Istanbul kursierende Gerüchte, wonach der Sulta¯n aus Edirne schnell zurückkehren werde.1078 Der Bailo über˙ mittelte damit jene Informationen, die später innerhalb der Liga-Herrschaften in diplomatischen Netzwerken zirkulierten.1079 Doch Barbaro war mehr noch selbst Bestandteil ebenjener, osmanischen Lepanto-Reaktonen, die er beschrieb. So befürchtete er zunächst, dass seine Arrestierung nach der Nachricht von der Niederlage des Osmanischen Reiches in eine Gefängnisinhaftierung umgewandelt werde.1080 Zudem berichtete der Bailo nach Venedig, dass sich seine Lage nach dem Eintreffen der Lepanto-Nachricht verschlechtert habe, weil diese Soqollu Mehmed Pasˇas Stellung im Dı¯va¯n ˙ ˙ schwächte.1081 Denn die Niederlage bei Lepanto geschah zu einem Zeitpunkt, als der Großwesir weltweite, Militärunternehmungen des Osmanischen Reiches vorangebracht hatte. In den Monaten zuvor waren muslimische Aufständige in Andalusien gegen Spanien und am Persischen Golf gegen Portugal genauso unterstützt worden, wie der Machtausbau muslimischer Herrscher im Indischen Ozean. Zudem waren osmanische Galeeren an den afrikanischen Küsten Mosambiks gegen Portugal im Einsatz.1082 Mit der Niederlage im Mittelmeer erhielten nun andere Personen im Sulta¯nsumfeld stärkeren Einfluss, die den Bailo ˙ – nach dessen Einschätzung – als Günstling (fauorito) des Großwesirs bewerteten. Daher klagte Barbaro, dass diese zu jedweder Gelegenheit gegen ihn vorzugehen suchten und auch den Prozess gegen ihn anstrengen würden, weil er, das Sulta¯nsverbot missachtend, weiterhin Versklavte loskaufen ließ.1083 Gleichfalls sei ˙ 1077 Ebd., fol. 231v f., Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. Oktober 1571. Auch die Ausbildung von 20.000 neuen Yeñi-cˇeri beobachtete Barbaro kritisch. Dies könne seiner Meinung nach nur geschehen, wenn das Resultat der Ausbildung eine mindere Qualität der Soldaten sei. Ebd., fol. 241r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 05. Januar 1572. 1078 Ebd., fol. 232r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. Oktober 1571. 1079 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 145, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, fol. 1r [292r]: »Vn breue ragguaglio delle cosse di Constantinopoli fin alli XV. de luglio passatto«. Auch AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1331, doc. 10, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 22. Januar 1572 und ebd., doc. 22, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 04. März 1572; AGS, Estado, Sicilia, leg. 1134, doc. 89, undatierte avisos aus der Levante. 1080 Zum torre siehe BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 27v, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 07. Mai 1570; Pedani-Fabris: Relazioni di ambsciatori veneti al Senato. Bd. 14, S. 165f. (anonymes ›diario di prigionia‹ aus dem Umfeld des Bailo). 1081 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 233r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. November 1571. 1082 Casale: Ottoman Age of Exploration, S. 137f.; Hess: Moriscos. 1083 Als Nutznießer und Widersacher nennt Marc’antonio Barbaro explizit den Yeñi-cˇeri Ag˙ası sowie »Ferat« Pasˇa. BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 233r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. November 1571.

310

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

ihm die Berichterstattung über die osmanischen Lepanto-Reaktionen dadurch erschwert worden. Dass sich die Deutung des Zypernkrieges im Allgemeinen und Lepantos im Besonderen als Geschehniszusammenhang und Ereignis daher nicht in parallelen, getrennten Geschichten, sondern vielmehr in connected histories vollzog, wird besonders dann ersichtlich, wenn die weit kursierenden Berichte des Bailo über dessen Gespräche mit ranghohen Osmanen untersucht werden.1084 Denn Barbaro schilderte ausgiebig Streitigkeiten, die er mit verschiedenen Pasˇas über die Deutung des Ereignischarakters des Krieges und der Schlacht besaß. So soll es im Mai 1570 zwischen ihm und I˙bra¯hı¯m Pasˇa zu einem Wortgefecht über die Interpretation des Zypernkrieges gekommen sein. Der Pasˇa habe ihm gesagt, dass die Venezianer ja lediglich Fischer seien und sich daher nicht mit den Osmanen im Krieg messen könnten, woraufhin der Bailo entgegnet habe, dass die Venezianer die Seefahrt beherrschten und als Fischer schon zu wissen verstünden, wie die Fische mit Netzen zu fangen seien.1085 Als sich zwei Jahre nach der Seeschlacht zudem herausgestellt hatte, dass Lepanto keine bleibende Dezimierung der osmanischen Flotte bewirkt hatte, soll es zwischen Soqollu ˙ Mehmed Pasˇa und Marc’antonio Barbaro dann um eine Deutungsdebatte über ˙ Lepanto gekommen sein. Der Großwesir habe dem Bailo mitgeteilt, dass die Venezianer Zypern verloren hätten, also einen Arm, aber die Osmanen ihre Flotte, einen Bart, der wieder wachsen werde, nur dichter.1086 Eine gemeinsame und die Schlachtparteien verbindende Geschichte der Lepanto-Reaktionen lässt sich auch im Hinblick auf die Festakte beschreiben. Denn so wie die Liga-Kapitäne in den katholischen Herrschaften mit Triumphzügen, Gottesdiensten, Prozessionen und Verehrungen empfangen worden, so geschah dies auch im Osmanischen Reich mit den von der Schlacht zurückkehrenden, hochrangigen Kapitänen. Zum vollkommenen Unverständnis des Bailo war ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa keineswegs unehrenhaft entlassen, wie das Barbaro vermutet hätte, sondern vielmehr mit hohen Ehren empfangen, mit Titelehrungen versehen und zum Großadmiral (qapudan pasˇa) ernannt worden.1087 Es ist keineswegs ein Zufall, dass Barbaro in demselben Schreiben auch von dem 1084 Zu späteren Beispielen, jedoch programmatisch: John-Paul A. Ghobrial: The Whispers of Cities. Information Flows in Istanbul, London, and Paris in the Age of William Trumbull. Oxford u. a. 2013. 1085 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 34v, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 16. Mai 1570. 1086 Hess: Battle of Lepanto, S. 62; Yildirim: Battle of Lepanto, S. 555; Colin Imber: The Reconstruction of the Ottoman Fleet after the Battle of Lepanto. In: Ders. (Hg.): Studies in Ottoman History and Law. Istanbul 1996, S. 85–102. 1087 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 241r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 05. Januar 1572; Svat Soucek: ʿUlu¯dj ʿAlı¯. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Peri J. Bearman u. a. Bd. 10. Leiden 2000, S. 810f.

Ein Sieg, kein Verlierer

311

ehrenhaften Empfang Mustafa¯ Pasˇas nach Venedig berichtete, unter dessen ˙˙ Kommandantur Famagusta eingenommen worden war. Dem Bailo zufolge habe der Osmane 10.000 Zecchinen, ein mit Juwelen besetztes Schwert und zwei Pferde vom Sulta¯n geschenkt bekommen.1088 Dass beide Empfänge von Barbaro be˙ schrieben wurden, ist gerade deshalb kein Zufall, weil der Sulta¯n diese als ge˙ meinsames Ereignis stilisierte: Gerade weil, wie dies osmanische Augenzeugen berichteten, die in der Seeschlacht erlittenen Verluste mit den zurückkehrenden, beschossenen Galeeren sichtbar wurden, war deren Ankunft selbst als Deutungsanspruch auf Lepanto als Ereignis inszeniert worden. Indem ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa und Mustafa¯ Pasˇa verehrt sowie direkt nach dem Eintreffen der ersten ˙˙ Lepanto-Nachrichten die osmanischen Eroberer Ulcinjs (Ahmed Pasˇa) und Zy˙ perns (La¯la¯ Pasˇa) in einer Zeremonie den Sulta¯n beim Einzug von Edirne nach ˙ Istanbul begleiteten, ist Lepanto als ein Verlust neben zahlreichen Siegen festlich memoriert worden, der noch dazu durch ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas Handeln keineswegs so verheerend ausfiel, wie dies hätte sein können.1089 Damit ist gerade im Vergleich dieser Festakte mit jenen, die Liga-Herrschaften nach der Seeschlacht durchführten, festzuhalten, dass die Grammatik, mithilfe derer das Geschehnis durch Festakte als Ereignis symbolisiert werden konnte, die durch das Ereignis als Gegner imaginierte Konfliktparteien einte.1090 Zuletzt soll an dieser Stelle auf die osmanischen Chroniken eingegangen werden, um die tradierte Geschichte des Ereignisses Lepanto als Sieg der ›Heiligen Liga‹ zu dezentrieren. Die verschiedenen Chronisten gingen von einer Gesamtzahl von über 300 (I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯), 250 (Solaqza¯de), 184 (Sela¯nıqı¯) oder ˇ elebı¯) osmanischen Schiffen aus, die an der Seeschlacht teilge180 (Ka¯tib C nommen hatten und von denen nun 170 bis 190 Schiffe (Solaqza¯de und Münegˇimbasˇı) verloren gegangen seien.1091 Trotz dieser quantitativen Abweichungen ist die Art und Weise, wie osmanische Chronisten über Lepanto schrieben, durchaus vergleichbar:1092 Sie erwähnten die Seeschlacht zumeist nur kurz und führten den Ausgang auf die mangelnde Marineerfahrung Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇas, die verfrühte Abreise aus Istanbul im Frühling 1571, die daraufhin einsetzende Proviantknappheit, die Erschöpfung der Truppen und deren partiellen 1088 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 241r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 05. Januar 1572. Siehe auch ebd., fol. 233r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. November 1571. 1089 I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 192; Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 249. 1090 Suraiya Faroqhi/ Arzu Öztürkmen (Hg.): Celebration, Entertainment and Theatre in the Ottoman World. (Enactments). London/ New York/ Kalkutta 2014. 1091 Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 247. 1092 Auch in den Liga-Kontexten ist eine Vielzahl widersprüchlicher quantitativer Angaben zur Seeschlacht zu finden. Hierzu siehe insbesondere Hanß: Die materielle Kultur der Seeschlacht von Lepanto (1571).

312

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abzug zurück. Zudem interpretierten sie die Niederlage als göttliche Warnung an sündige Muslime.1093 Angesichts dieser wiederkehrenden Elemente der chronikalen Schilderung Lepantos als »Expedition der geschlagenen Flotte« (sefer-i sıng˙ın donanma), als solche die Schlacht immer wieder benannt wurde,1094 ver˙ mutete Robert Mantran eine gemeinsame Ursprungsquelle dieser während des ausgehenden 16. und des 17. Jahrhunderts angefertigten Schilderungen.1095 ˇ elebı¯ und Solaqza¯de bei den älteren Nachweisbar ist zwar, dass sich Ka¯tib C ˙ Aufzeichnungen Ibra¯hı¯m Pecˇevı¯s und Sela¯nıqı¯s bedienten,1096 doch aufgrund jüngerer Studien ist davon auszugehen, dass es sich vielmehr um chronikale Erzähltraditionen handelte, die hier als Versatzstücke seitens verschiedener Autoren aufgegriffen wurden. So betonte auch Onur Yildirim zurecht, dass die chronikalen Aufzeichnungen zu Lepanto im Palastmilieu zu verorten sind, in denen sozialer Aufstieg und Abstieg verhandelt wurde und Sulta¯nskritik zu Exil ˙ oder Hinrichtung führen konnte.1097 Zwar wurde Lepanto deshalb in keiner Chronik als Niederlage Selı¯ms II. thematisiert, doch konnten gerade Autoren des 17. Jahrhunderts Lepanto als Chiffre nutzen, um Kritik an den aktuellen politischen Debatten anzubringen. So ist I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯s Betonung, dass die osmanische Flotte nach der Seeschlacht ohne gesonderte Finanzabgaben wieder erbaut habe werden können zugleich als implizite Kritik des Zensusbeamten Pecˇevı¯ an der zeitgenössischen Finanzpolitik zu verstehen, die seinerzeit verstärkt Unˇ elebı¯ schlussfolgerte, dass die zeitgetertanen besteuerte.1098 Und auch Ka¯tib C nössischen Militärs aus seiner Lepanto-Schilderung die Wichtigkeit zu entnehmen hätten, die einer genauen Beobachtung der Situation vor der Schlacht zukäme.1099 Diese Anmerkung zeigt zugleich, dass Yildirims Hinweis darauf, dass diese Chroniken im höfischen Milieu zu verorten seien,1100 auf einer doppelten Ebene zu kontextualisieren ist: Da sie neben religiöser Literatur, sprachlichen Abhandlungen und poetischen Texten zur Erziehung und Gelehrsamkeit am Top˙ 1093 I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 185, 191. 1094 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 547; Brummett: Lepanto Paradigm, S. 64; Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 246. 1095 Ebd., S. 243. 1096 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 547, 555. 1097 Ebd., S. 545; Faroqhi: Approaching Ottoman History, S. 144–173; Halil I˙nalcık: How to ¯ shik Pasha-Za¯de’s History. In: Studies in Ottoman History in Honour of Professor Read ʿA V. L. Ménage. Hg. v. Colin Heywood and Colin Imber. Istanbul 1994, S. 139–156. 1098 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 546f. Zur zeitgenössischen Kritik durch Chronisten siehe auch Cornell H. Fleischer: Bureaucrat and Intellectual in the Ottoman Empire. The Historian Mustafa Âli (1541–1600). (Princeton Studies on the Near East). Princeton 1986, S. 235–252; Faroqhi: Approaching Ottoman History, S. 149f.; Sanjay Subrahmanyam: On World Historians in the Sixteenth Century. In: Representations Nr. 91 (2005), H. 1, S. 31f. 1099 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 547–550; Faroqhi: Approaching Ottoman History, S. 151f. 1100 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 545.

Ein Sieg, kein Verlierer

313

qapı Sara¯y herangezogen wurden, waren diese chronikalen Aufzeichnungen aufgrund ihrer Rezeption fester Bestandteil der osmanischen Hofkultur, genauso, wie sie es aufgrund ihrer Produktion waren, die durch Autoren, Buchmaler, Kalligrafen und Illuminatoren im Kontext höfischer Patronage stattfand.1101 Dabei hatte sich eine Ämterlaufbahn höfischer Schreiberkarrieren vom Nisˇa¯ncˇı bis Reʿı¯s ül-Küttab etabliert, unter denen die Sˇehna¯mecˇi, als bezahlte Hofchronisten, eine besondere Bedeutung einnahmen. Eingerichtet unter Süleyma¯n hatten sie in sprachlicher und kalligrafischer Gewandtheit unter Rückgriff auf verschiedene Traditionen die Taten und Geschehnisse osmanischer Sulta¯ne zu beschreiben: daher nutzen sie arabische (das Genre der Biografien ˙ und ta’rı¯h), persische (benannt als ˇsa¯hna¯me-Schreiber) und osmanische (seit ˘ Mehmed II. und insbesondere mit dem Selı¯m-na¯me) Traditionen, um eine gute Herrschaft als ehrenvolle und verdienstvolle Dynastie darstellen.1102 Insofern der erste Sˇehna¯mecˇi zehn Jahre vor der Seeschlacht verstarb,1103 hatte sich 1571 für die chronikale Beschreibung Lepantos ein traditionsreiches Genre im Umfeld des Sulta¯ns und ranghoher Osmanen herausgebildet. Damals war der 1569 zum ˙ Sˇehna¯mecˇi ernannte, persischstämmige Seyyid Loqma¯n als Hofchronist tätig, der auch eine persischsprachige Lepanto-Erzählung verfasste.1104 Wie sehr solche Schriften das Produkt von Patronagebeziehungen waren und innerhalb solcher 1101 Emine Fetvacı: Picturing History at the Ottoman Court. Bloomington, Indiana 2013, S. 25– 59; H. Erdem Çipa/ Emine Fetvacı (Hg.): Writing History at the Ottoman Court. Editing the Past, Fashioning the Future. Bloomington, Indiana 2013. 1102 Fleischer: Bureaucrat and Intellectual, S. 235–252; hier insbesondere S. 236: »For such writers, the composition of a chronicle was as much an exercise in literary creation as in historiography«; Christine Woodhead: Research on the Ottoman Scribal Service, c. 1574– 1630. In: Osmanistik – Turkologie – Diplomatik. Festgabe an Josef Matuz. Hg. v. Christa Fragner u. Klaus Schwarz. (Islamkundliche Untersuchungen, Bd. 150). Berlin 1992, S. 311– 328; Christine Woodhead: Scribal Chaos? Observation on the Post of Re’isülküttab in the Late Sixteenth Century. In: The Ottoman Empire. Myths, Realities and ›Black Holes‹. Contributions in Honour of Colin Imber. Hg. v. Eugenia Kermeli u. Oktay Özel. Istanbul 2006, S. 155–172; Cornell H. Fleischer: Between the Lines. Realities of Scribal Life in the Sixteenth Century. In: Studies in Ottoman History in Honour of Professor V. L. Ménage. Hg. V. Colin Heywood u. Colin Imber. Istanbul 1994, S. 45–61; Erhan Afyoncu: Court Chronicles. In: Encyclopedia of the Ottoman Empire. Hg. v. Gábor Ágoston u. Bruce Masters. New York 2009, S. 154ff.; Josef Matuz: Das Kanzleiwesen Sultan Süleyma¯ns des Prächtigen. Wiesbaden 1974; Christine Woodhead u. a.: Tar’rı¯kh. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Peri J. Bearman u. a. Bd. 10. Leiden 2000, S. 257–302, hier S. 290– 295. 1103 Afyoncu: Court Chronicles, S. 154. 1104 Ebd.; Hanna Sohrweide: Lukma¯n, b. Sayyid Husayn. In: The Encyclopaedia of Islam. New ˙ ˙ Leiden 1986, S. 813f. Der Lepanto-Text wird Edition. Hg. v. Clifford E. Bosworth u. a. Bd. 5. von I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 185 als »perhaps the most important narrative source of the event« beschrieben, ohne dass er daraufhin diese auswertet. Insofern kann an dieser Stelle nur vermutet werden, dass dessen Ausführungen denen anderer Chronisten ähneln.

314

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

auch legitimiert und bewusst situiert wurden, belegt eine andere Schrift des Sˇehna¯mecˇi, die er ebenfalls 1571 anzufertigen begann. Wie Emine Fetvacı gezeigt hat, schilderte Seyyid Loqma¯n selbst innerhalb des Manuskriptes, wie es zu dessen Anfertigung gekommen sei. Zugleich wurde die Szene illustriert: Der seit 1548 amtierende Sˇeyh-ü’l-isla¯m Mehmed Abu¯’s-suʿu¯d al-ʿIma¯dı¯ (Ebussuud ˙ ˘ Efendi) hatte ihn wegen eines abgeschlossenen Manuskriptes zu dem Gelehrten Sˇemseddin Ahmed Karabagˇi beordert. Loqma¯n betont nun, dass dieser ihn zur ˙ Anfertigung des Manuskriptes ermutigt und ihm auch Aufzeichnungen dafür ausgehändigt habe, womit der Sˇehna¯mecˇi zugleich die Wertschätzung seiner Arbeit textuell und piktoral repräsentierte. Damit verortete Loqma¯n das Manuskript und sich selbst innerhalb gelehrter, religiöser und politischer Beziehungen, um sich so als zugehörig zu diesen darzustellen und diese als Förderer des Manuskriptes – unter denen sich auch Soqollu Mehmed Pasˇa befand – ˙ ˙ kenntlich zu machen.1105 Damit sind auch die chronikalen Aufzeichnungen zu Lepanto als angefertigte und distribuierte Produkte einer Manuskriptkultur zu verstehen, die in einer Gruppenkultur gegenseitiger Wertschätzung situiert war, in denen Gelehrsamkeit, Religion und Ämterhierarchien im Sulta¯nsumfeld eine ˙ besondere Rolle spielten.1106 Solche Patronageverhältnisse dürften auch die vermeintlichen Parallelen der Ereignisdarstellung Lepantos in den osmanischen Chroniken begründen. Denn indem sie allesamt die Niederlage auf die Unerfahrenheit des Yeñi-cˇeri Ag˙ası Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇa zurückführten,1107 stellten sie implizit den nach der Seeschlacht zurückkehrenden und als Lepanto-Helden durch den Sulta¯n zum ˙ Großadmiral (qapudan pasˇa) ernannten ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa als solchen Teilnehmer dar, der sich in der Schlacht als Kriegsmann bewährt habe.1108 So beschrieben osmanische Chronisten letztlich Lepanto vor allem deshalb – kurz – als Ereignis, weil es die – ausführliche – Schilderung einer rasch neuerrichteten Flotte nach sich zog, die als Erfolgsgeschichte einzelnen Akteuren zugeordnet werden konnte.1109 Entsprechend betonte der Schreiber Sela¯nıqı¯, dass diese ein Verdienst 1105 Fetvacı: Picturing History at the Ottoman Court, S. 58, 62. Zu Soqollu Mehmed Pasˇa als ˙ ˙ Patron osmanischer Chroniken vgl. ebd., S. 101–148. 1106 Passend dazu war Loqma¯n auch Müteferiqa sowie Defterda¯r und führte in seinen Schriften regelmäßig Hogˇa Saʿd al-Dı¯n (Efendi) als weiteren Patron an. Ebd., S. 65; Sohrweide: Lukma¯n. ˘ ˇ elebı¯: Yildirim: Battle of Lepanto, S. 534f. 1107 So ˙etwa Solaqza¯de und Ka¯tib C 1108 Für ein späteres Beispiel dafür, wie Männlichkeitskonstruktionen chronikale Darstellungen von Schlachtteilnehmern im Osmanischen Reich prägten, siehe Marc D. Baer: Male Virtue and History Writing at the Seventeenth-Century Ottoman Court. In: Gender & History 20 (2008), H. 1, S. 128–148. ˇ elebı¯), 1109 Demnach seien innerhalb von 120 Tagen insgesamt 134 (Sela¯nıqı¯), 158 (Ka¯tib C 190 (I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯) bzw. 250 Schiffe (Solaqza¯de) neu erbaut worden. Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 248ff. Zur vornehmlich kurzen Beschreibung Lepantos siehe I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 187.

Ein Sieg, kein Verlierer

315

ˇ elebı¯, Münedes Qapudan pasˇa sei. Die Chronisten I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯, Ka¯tib C ˇgimbasˇı und Solaqza¯de führten den raschen Flottenaufbau jedoch auf das Engagement des – nach Lepanto in die Kritik geratenen1110 – Großwesirs Soqollu ˙ Mehmed Pasˇa zurück, der in jenen Jahren als Patron zahlreicher Manuskripte in ˙ 1111 Erscheinung trat. Indem osmanische Chronisten wie Mustafa¯ ʿAlı¯ oder I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯ Lepanto ˙˙ als »Expedition der geschlagenen Flotte« (sefer-i sıng˙ın donanma) beschrie˙ ben,1112 erkannten sie der Seeschlacht keineswegs den Status einer Niederlage ab. Sie beschrieben diese sogar in religiösen Termini als das größte Verderben seit der Erfindung des Schiffes durch Noah.1113 Doch gerade indem sie Lepanto als Niederlage thematisierten, vermochten sie diese als eine Erfolgsgeschichte zu schildern. Entsprechend zentral war die Einbettung der Schlachtbeschreibung in den Zusammenhang des Zypernkrieges auch für den persisch-osmanischen Chronisten ʿAbd Alla¯h Zirek el-Hosseini.1114 Wenn beispielsweise I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯ ˙ daraufhin die Ungläubigkeit der als »Ungläubige« bezeichneten Christen beschreibt, als sie von dem schnellen Wiederaufbau der osmanischen Flotte gehört haben sollten, dokumentierte er letztlich die beanspruchte Überlegenheit der »Muslime«.1115 Ebenso unterstrichen Sela¯nıqı¯ und Solaqza¯de, die Lepanto als göttlichen Willen und als Resultat vorheriger, unglücklicher Entscheidungen erläutern, letztlich die Schlacht als eine siegreich überwundene Niederlage, insofern der Wiederaufbau einer erfolgreichen Flotte Gottes Wohlwollen gegenüber dem Sulta¯n und den Muslimen demonstriere.1116 Damit wurde die Nie˙ derlage als ein gottgewollter Verlust mit quasi abwesenden Gegner beschrieben – niemals werden militärstrategische Liga-Vorteile oder die Ligisten selbst innerhalb der Lepanto-Schilderungen angeführt1117 –, der zugleich ein gottgewolltes Wiedererstarken als religiösen Sieg zu inszenieren vermochte. Möglich war eine solche Inszenierung der Niederlage als Sieg aufgrund der narratologischen und sozialen Verortung dieser Lepanto-Beschreibungen: Osmanische Chronisten konstituierten Lepanto als Ereigniszusammenhang, 1110 BNM, MS. It. VII, 391 (8873), fol. 233r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. November 1571. 1111 Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 249; Yildirim: Battle of Lepanto, S. 551; Fetvacı: Picturing History at the Ottoman Court, S. 62, 101–148. 1112 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 547; Brummett: Lepanto Paradigm, S. 64; Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 246. 1113 I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 191; Yildirim: Battle of Lepanto, S. 550. Zu Mustafa¯ ʿAlı¯ siehe vor allem Fleischer: Bureaucrat and Intellectual; Brummett: Lepanto ˙˙ Paradigm, S. 64. 1114 Malcolm: Agents of Empire, S. 165f. 1115 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 550. Laut Yildirim beschreibt I˙bra¯hı¯m Pecˇevı¯ die Osmanen niemals als Osmanen, sondern immer als Muslime. 1116 Ebd., S. 550ff. 1117 Ebd., S. 552.

316

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

indem sie die Schlacht narrativierten. Als Geschehnis erzählten sie Lepanto in Bezugnahmen auf vorherige und kommende Erfolge des Osmanischen Reiches,1118 deren Schilderung in konkreten, sozialen Kontexten, wie etwa den am Hof etablierten und Ehre verhandelnden Patronagebeziehungen, eingebettet waren. Damit war die relativierte Bedeutung Lepantos aus dieser osmanischen Perspektive zugleich Erzählzweck und -mittel, die es ermöglichte, eine Niederlage als Sieg zu beschreiben. Die sozialen Logiken der Narrativierung sind dabei jedoch religionsübergreifend, denn so wie der Sˇehna¯mecˇi und andere Chronisten Lepanto beschrieben, um die Ehre des Sulta¯ns, Großwesirs und Qapudan pasˇa ˙ darzulegen, so schilderten auch humanistische Gelehrte Lepanto in ihren Drucken innerhalb von Patronage-Verhältnissen.1119 Wenngleich also viele Deutungen über Lepanto in ligistischen und osmanischen Kontexten kursierten, waren die Logiken, mithilfe derer Lepanto als religiöse Dichotomien darstellendes Ereignis konstituiert wurde, selbst religionsübergreifend. Damit ist ersichtlich geworden, dass zeitgenössische Einschätzungen der Seeschlacht als Ereignis – so unbestritten und klar das militärische Resultat des Geschehnisses auch war – keine eindeutigen Zuschreibungen von Siegern und Verlierern zuließen, was die scheinbar so eindeutigen Narrative von Lepanto als ›christlichen‹ Sieg dezentriert. Denn das verdeutlicht, dass zwei weit verbreitete, historiografische Traditionen einer Analyse Lepantos als historisches Ereignis nicht gerecht werden: Sowohl bei dem einseitigen Verweis auf die (ligistischen Quellen entnommene Beschreibung der) Furcht der Osmanen, die Lepanto

1118 Ebd., S. 545; Afyoncu: Court Chronicles, S. 154; I˙nalcık: Lepanto in the Ottoman Documents, S. 187f. 1119 Gerade aufgrund dieser religiöse Dichotomien unterlaufenden, soziokulturellen Praktiken konnten auch Konvertiten diese gezielt nutzen. Vgl. etwa Fetvacı: Picturing History at the Ottoman Court, S. 239–266; Walter G. Andrews/ Kalpaklı, Mehmet: The Age of the Beloveds. Love and the Beloved in Early-Modern Ottoman and European Culture and Society. Durham u. a. 2005; Natalie Z. Davis: Beyond the Market. Books as Gifts in Sixteenth-Centuy France. In: Transactions of the Royal Historical Society. 5. Folge 33 (1983), S. 69–88; Heiko Droste: Patronage in der Frühen Neuzeit – Institution und Kulturform. In: Zeitschrift für Historische Forschung 30 (2003), S. 555–590; Brian Richardson: Manuscript Culture in Renaissance Italy. Cambridge u. a. 2009; ders.: Print Culture in Renaissance Italy. The Editor and the Vernacular Text, 1470–1600. (Cambridge Studies in Publishing and Printing History). Cambridge 1994. Zu humanistischen Lepanto-Drucken vgl. weiterhin die grundlegenden Bibliografien: Alexander Apponyi: Hungarica. Ungarn betreffende im Auslande gedruckte Bücher und Flugschriften. Neubearb. v. József Vekerdi. 3 Teile. Budapest 2004; Göllner: Tvrcica. 3 Bde.; Mammana: Lèpanto; Pompeo Molmenti: La battaglia di Lepanto nell’arte, nella poesia, nella storia. In: Rivista Marittima 31 (1898), S. 221–226; Quarti: La battaglia di Lepanto nei canti popolari; Dennis E. Rhodes: La battaglia di Lepanto e la stampa popolare a Venezia. Studio bibliografico. In: Miscellanea Marciana 10–11 (1995–1996), S. 9–63; Ugo Rozzo: La battaglia di Lepanto nell’editoria dell’epoca e una miscellanea fontaniniana. In: Rara volumina 1/2 (2000), S. 41–69.

Ein Sieg, viele Regionen

317

bewirkt habe,1120 als auch bei dem einseitigen Verweis auf die (osmanischen Chroniken entnommene) Glorifizierung des Wiederaufbaus der Flotte1121 werden ebenjene historischen Diskurse tradiert, die Lepanto als Religionen dichotomisierendes Ereignis beschreibbar machten. Dabei waren die sozialen Logiken dieser Lepanto-Diskurse selbst religionsübergreifend und unterliefen damit implizit ebenjene Gegenüberstellung der Religionen, die durch sie artikuliert werden konnte. Damit werden die vielen Lepanto-Deutungen um eine Seeschlacht zum Ausdruck einer gemeinsamen Geschichte, die sich im Anschluss an Molly Greene und Sanjay Subrahmanyam als shared oder connected histories bezeichnen ließe,1122 in denen vermeintliche ›Sieger‹ und angebliche ›Verlierer‹ sich als eigentliche Gewinner zu inszenieren vermochten, indem sie ihre Deutungsansprüche über den Ereignischarakter Lepantos positionierten.1123 Dann ist Lepanto gerade deshalb ein historisches Ereignis, weil die Schlacht ein Sieg ohne Verlierer und eine Niederlage als Sieg sein konnte.

II.5. Ein Sieg, viele Regionen: Lepanto als glokales Ereignis II.5.i. Ein König berichtet über das Ereignis: Lepanto-Nachrichten aus Spanien Am 26. Dezember 1571 ließ Philipp II. ein Schreiben aufsetzen, in dem er den Erzbischof von Santo Domingo über den Seesieg bei Lepanto informierte. Dass die Information zu diesem Schlachtgeschehen, das sich im Mittelmeerraum zugetragen hatte, zwei Monate später als Neuigkeit in die Karibik geschickt wurde, mag auf den ersten Blick gerade deshalb verwundern, weil dies der bisherigen Forschung unbekannt ist. Umso beachtenswerter ist die dem Schreiben angeführte Liste derjenigen Personen, die den Brief neben dem auf Hispaniola residierenden Erzbischof ebenfalls erhalten sollten. Denn insgesamt werden nicht weniger als 26 weitere Adressaten angeführt, unter denen sich die Erzbi1120 Vgl. z. B. Cacciavillani: Lepanto, S. 178f. zur Darlegung der Aufnahme der LepantoNachricht in Istanbul als »notizia […] drammatica«. Siehe ebenso John Tolan/ Gilles Veinstein/ Henry Laurens: Europe and the Islamic World. A History. Princeton 2013, S. 208. Zur Kritik an einer solchen Position vgl. Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 248f. 1121 Ebd., S. 249. Dabei betont er selbst, dass es sich zwar um einen enormen Kraftakt handelte, dass dieser allerdings keineswegs erst- und einmalig gewesen sei (1536–1538): Ebd., S. 250. Siehe auch Imber: Reconstruction of the Ottoman Fleet; ders.: The Ottoman Empire, 1300– 1650. The Structure of Power. Houndmills, Basingstoke 2002, S. 63; ders.: The Navy of Süleyman the Magnificent. In: Archivum Ottomanicum 6 (1980), S. 211–282; Palmira J. Brummett: Ottoman Seapower and Levantine Diplomacy in the Age of Discovery. (SUNY Series in the Social and Economic History of the Middle East). Albany 1994. 1122 Greene: A Shared World; Subrahmanyam: Connected Histories; ders.: Courtly Encounters; ders.: From the Tagus to the Ganges; ders.: Mughals and Franks. 1123 Brummett: Lepanto Paradigm.

318

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

schöfe von Lima, Santafé de Bogotá und Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan befanden. Bei ihnen handelte es sich um die ranghöchsten Kleriker der spanischen Überseebesitzungen Española, Peru, Nueva Granada und Nueva España. Neben diesen hatten jedoch noch weitere Geistliche die Lepanto-Nachricht zu erhalten. So nämlich die Bischöfe von San Juan (Puerto Rico), Kuba, Verapaz, Nicaragua, Honduras, Panama, Venezuela, Popoyán, Cartagena, Quito, Cusco, Tucumán, vom Río de la Plata und von Santiago de Chile sowie von Concepción de Chile. Weiterhin waren die mexikanischen Bischöfe von Michoacán, Antequera in Oaxaca de Juárez, Yucatán und Nueva Galicia vorgesehene Empfänger des Schreibens. Ebenso ließ der spanische Monarch die Domkapitel von Tlaxcala und Guatemala informieren und auch die Dekane von Chiapas und Charcas hatten das Schreiben über die Seeschlacht zu erhalten. Damit sollte die Lepanto-Kunde von Spanien aus in ein weitläufiges Gebiet übermittelt werden, dass neben der Karibik auch die heutigen Länder Mexiko, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama sowie Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Peru, Bolivien, Paraguay, Argentinien und Chile umfasste.1124 Philipp II. ließ den Brief durch zwei Sekretäre des Consejo de Indias niederschreiben und korrigieren.1125 Er berichtete darin nicht einfach von einer Seeschlacht, in der die gesamte osmanische Flotte geschlagen worden sei, sondern er schilderte Lepanto vor allem als einen »Sieg gegen den Türken«, den Gott ihm als spanischen Herrscher verliehen habe. Um Lepanto als Triumph des spanischen Herrscherhauses zu präsentieren, verwies Philipp zudem darauf, dass sein Bruder (mi hermano) Juan de Austria den Erfolg errungen habe, der eine »Angelegenheit von großer Bedeutung für die Beruhigung und Befriedung der gesamten Christenheit« darstelle. Mit dieser Formulierung sprach Philipp II. demnach Lepanto als Ereignis eine Bedeutsamkeit zu, die nicht auf den Mittelmeerraum beschränkt sei, sondern alle Katholiken weltweit beträfe – und damit auch jene, die in Mittel- und Südamerika lebten. Der Monarch forderte die Empfänger daher dazu auf, dass sie in sämtlichen Kirchen ihrer Diözesen Messen zelebrieren und Gebete halten sollten, um so Gott zu danken, auf den sämtliches Geschehen – also sowohl jenes im Mittelmeerraum als auch jenes in Mittel- und Südamerika – zurückgehe.1126 Ausdrücklich ordnete Philipp zudem Gebete für die 1124 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 225r ff., 26. Dezember 1571. 1125 Dies ist ebd., fol. 225r f., 26. Dezember 1571 dokumentiert. Zum dort angeführten Korrektor Juan de Ledesma siehe David Goodman: Spanish Naval Power, 1589–1665. Reconstruction and Defeat. Cambridge u. a. 2002, S. 19. Zu in spanischen Diensten stehenden Schreibern und Notaren im Zusammenhang mit dem Consejo de Indias und den mittelsowie südamerikanischen Besitzungen Spaniens siehe vor allem AGI, Indiferente General, 1646 (die 1570er Jahre umfassend). 1126 Ebd., fol. 225r, 26. Dezember 1571: »Victoria contra el Turco«; »Cossa de Grande Importançia para la quietad y sosiego de toda la xpiandad«.

Ein Sieg, viele Regionen

319

während der Seeschlacht Verstorbenen an.1127 In diesem Zusammenhang wurden der Kampf der Soldaten gegen die Osmanen sowie die Dank- und Totenmessen in Mittel- und Südamerika als »heiliger Dienst« (sancto seruiçio) beschrieben, welcher der »Erhaltung und Vermehrung unseres heiligen katholischen Glaubens« diene.1128 Damit wird Lepanto als Ereignis ein Moment zugeschrieben, dass – auch in den spanischen Überseegemeinden – religionskonsolidierende und frömmigkeitsfördernde Wirkung besitze und daher entsprechende (Dank-) Reaktionen erfordere, um den Heilsplan zu befördern. Indem Philipp II. die Kleriker in seinem Schreiben über Lepanto als heilsgeschichtliches Ereignis informierte und fromme Reaktionen einforderte, nutzte er diese Ereigniszuschreibung als Möglichkeit religionspolitischer und herrschaftsstilisierender Inanspruchnahme. Denn Philipp II. inszenierte sich dadurch selbst als ›christlichen Herrscher‹, dessen Familie durch Gott mit diesem Sieg ([v]ictoria) ausgezeichnet worden sei und die nun Gottes Werk befördernde, fromme Dankbarkeit für sein Wirken in der gesamten spanischen Herrschaft einforderte. Dass die hier vertretene Ereigniskonzeption Lepantos die Seeschlacht mit der dynastischen Memoria der Habsburger verband, wird umso deutlicher, als dass dieselben Adressaten ebenfalls am 26. Dezember 1571 über die Geburt des spanischen Thronfolgers Fernando de Austria (04. Dezember) informiert wurden. Diese beschrieb Philipp II. ebenso als Resultat der Gnade Gottes für die Habsburger, weshalb es diesem zu danken gelte.1129 Der Monarch beabsichtigte hier also auf festlich-symbolischer Ebene eine Verbindung des Kriegs- und Geburtsgeschehnisses als Ereigniszusammenhang, welcher der eigenen, dynastischen Inszenierung galt und als solcher auch während der Madrider Tauffeierlichkeiten symbolisiert worden war.1130 Auf der gesamten Iberischen Halbinsel kam es daraufhin zu mehrtägigen Dankgottesdiensten, Prozessionen, Festturnieren, Feuerwerkszündungen, Freudenartillerie-salven und Tanzbällen,1131 aber 1127 Ebd., fol. 225v, 26. Dezember 1571. 1128 Ebd., fol. 225r f., 26. Dezember 1571: »para sa sancto seruiçio conseruaçion y augmento de n[uest]ra sta fee catholica«. 1129 Ebd., fol. 226r f., 26. Dezember 1571 (mit denselben Sekretärskürzeln wie zuvor). 1130 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 251r f., Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici, Madrid, 19. Dezember 1571. Zur Kommunikation und Funktion herrschaftlichen Wissens siehe Arndt Brendecke: Imperium und Empirie. Funktionen des Wissens in der spanischen Kolonialherrschaft. Köln/ Weimar/ Wien 2009. Zu imperialen und dynastischen Konzeptionen der spanischen Habsburger siehe Thomas J. Dandelet: The Renaissance Empire in Early Modern Europe. Cambridge u. a. 2014, S. 138–198. 1131 So etwa in Madrid, Barcelona, Sevilla: ebd.; AHCB, Deliberacions, 1B. II-81, fol. 11v, 13. Dezember 1571; AHCB, Bosses de deliberacions, 1C.XIII-17, II, fol. 7r f.; AHCB, Lletres closes, 1B. VI-59, fol. 80r–82r, an Philipp II., Barcelona, 15. Dezember 1571; ACB, Cartes enviades, vol. 4, Domkapitular von Barcelona an Philipp II., Barcelona, Dezember 1571; Àngel Fàbrega i Grau /Josep Baucells i Reig: Catàleg – Inventari general de l’Arxiu Capitular de la Catedral de Barcelona. Bd. 2: Capítol de la Catedral. Barcelona 2005, S. 40; ACS,

320

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

auch in Antwerpen,1132 Brindisi,1133 Florenz,1134 Gent,1135 Neapel,1136 ’s-Hertogenbosch,1137 und Venedig.1138 Die Festakte sind dabei bewusst in Bezugnahme auf die erst wenige Wochen zuvor veranstalteten Lepanto-Feierlichkeiten durchgeführt worden,1139 um den Thronnachfolger als künftigen »Verteidiger der Christenheit« zu inszenieren.1140 Auch in Frankreich habe die Nachricht von der Geburt des Thronfolgers, so berichtet es zumindest der savoyische Botschafter, die Freuden über die Siegesnachricht von Lepanto noch ansteigen lassen.1141 Dass die Thronfolgergeburt als Information mit Lepanto einen zelebrativ-diskursiven Ereigniszusammenhang bildete, den spanische Würdenträger auch in anderen Herrschaften kommuniziert wissen wollten, belegt ein von Fernando Álvarez de Toledo am 21. Dezember 1571 aufgesetztes Schreiben. Darin informierte der Herzog von Alba von Brüssel aus Kurfürst August von Sachsen über die Geburt

1132 1133 1134

1135 1136

1137 1138 1139

1140 1141

Secretaria, Actas Capitulares (Autos Capitulares), L.31, fol. 52v ff., 19. November 1571; ebd., fol. 55r f., 07. Dezember 1571; Oviedo: RELACION. (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439). Haecht: Kroniek, Einträge vom 21. Dezember 1571 und 06. Januar 1572. ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 5, fol. 8r, Brindisi, 30. September 1572; ASN, Castelli del Regno, b. 3, fasc. 6, fol. 9r, Brindisi, 30. September 1572. ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 04. Dezember 1571, fol. 1r; ASFi, Manoscritti, 128, ›Memorie Fiorentine dell’anno MDXXXII […] all’anno MDCCXXXVII‹, Francesco Settimanni, 1555–1574, fol. 557v. Potter: Dagboek, S. 376f. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 128, fol. 1v [375v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 29. Dezember 1571; AGS, Estado, Nápoles, Virreinato, leg. 1061, doc. 9, Antoine Perrenot de Granvelle an Philipp II., Neapel, 07. Februar 1572; ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, Alessandro Simonetta an Girolamo Rusticucci, Neapel, 18. Dezember 1571, fol. 327r; Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 93. Zuijlen: Inventaris, S. 864f. ÖNB, Cod. 8949, fol. 291r f., Venedig, 28. Dezember 1571; ebd., fol. 290r, Venedig, 21. Dezember 1571. Beispielweise war in Sevilla am 19. November die königliche Anordnung eingetroffen, für eine gute Niederkunft der Königin zu beten. Daraufhin hatte das hiesige Domkapitel die Durchführung solcher Fürbitten in sämtlichen Messen sowie in einer Generalprozession veranlasst, die am darauffolgenden Sonntag, dem 25. November, zum Convento Casa Grande de San Francisco führen sollte. Die Fürbitten wurden ikonografisch und zelebrativ mit dem Lepanto-Kult verbunden, denn jeden Tag sollte das Gebet ›Sub tuum praesidium‹ (›Unter deinen Schutz und Schirm‹) als Fürbitte und Dank für die gute Niederkunft der Königin vor dem in der Kathedrale aufbewahrten Abbild der ›Virgen de la Antigua‹ gehalten werden, also vor genau jenem Bild, das bereits in der lokalen Lepanto-Prozession eine zentrale Rolle einnahm. ACS, Secretaria, Actas Capitulares (Autos Capitulares), L.31, fol. 52v, 19. November 1571; ebd., fol. 47v, 03. November 1571. AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 59, Sancho de Padilla, spanischer Botschafter in Genua, an Philipp II., Genua, 18. Dezember 1571, fol. 1r: »difensor di la xpiandad«. AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Francia, m. 3, Signore di S. Paolo, savoyischer Botschafter in Frankreich, an Emanuel Philibert von Savoyen, 18. Dezember 1571.

Ein Sieg, viele Regionen

321

Fernando de Austrias. Mit Gottes Hilfe und Weißheit werde er »zu seiner Zeit in vätterliche[] fueßstapffen tretten« und all das fördern, »was zu beschirmung des hailigen Christlichen glaubens, vnd erhaltung des hailigen R: Reichs vnd deßselben gehorsamen friedßamen Stenden, ehr wolfart, vnd algemainem nutz, dan auch zu schuldigem schutz vnd schirm seiner selbst angehorigen Landen vnd Reichen« nötig sei.1142 Daraufhin sandte der sächsische Kurfürst ein Dankschreiben nach Brüssel und ein Glückwunschschreiben nach Madrid.1143 In diesem beteuerte der Lutheraner, dass er »solch[e] fröhlich[e] guet[e] Zeitung« »freuntlich empfangen« habe, und griff die Rhetorik des neuen Christen-Herrschers auf: er hoffe, dass Ferdinand »d[er] gantz[en] Christenheit zu trost, nütz […] vnd gedeien gereiche[n]« werde.1144 Die Nachricht von der Geburt des Thronfolgers war also selbst ein Geschehnis, das in denselben kommunikativen und symbolischen Logiken wie die wenige Wochen zuvor eingetroffene Siegesnachricht geschildert und in einen wechselseitigen Ereigniszusammenhang transformiert wurde. Dieser diente der Inszenierung des spanischen Königshauses als christliche Herrschaftsdynastie, die diesen Anspruch auch gegenüber Lutheranern und so eben auch in den eigenen, peripheren Besitzungen – wie eben in Mittel- und Südamerika – artikulierte. Die dorthin gesandten Schreiben waren also Bestandteil einer umfassenden, dynastischen Selbststilisierung des Herrscherhauses als (gegenwärtige und künftige) Sieger gegen ›Ungläubige‹. Die nach Mittel- und Südamerika gesandten Schreiben über Lepanto und die Thronfolgergeburt richtete Philipp II. an Erzbischöfe (arzobispo[s]), Bischöfe (obispo[s]), Dekane und Domkapitel (deán y cabildo de la catedral beziehungsweise de la iglesia) und damit allesamt an hochrangige klerikale Würdenträger.1145 Diesem folgten weitere Schreiben, deren Entwurf ebenfalls auf den 26. Dezember 1571 datiert ist, in denen sich Philipp an weltliche Amtsträger wandte, insbesondere die Vizekönige (virreyes) und audiencias.1146 Mit dieser real cédula ist die königliche Nachricht vom Seesieg weiter in den mesoamerikanischen Gebieten distribuiert worden (Karte II.5.1): Denn Philipp II. wandte sich in diesem Schreiben an die Vizekönige von Peru und Nueva España sowie an die königlichen Audiencias in Hispaniola, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, Guadalajara, Guatemala, Panama, Nueva Granada, Quito, Lima, La Plata (de los 1142 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 063. Handschreiben, Loc. 08501/04, fol. 104r, Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba, an Kurfürst August von Sachsen, Brüssel, 21. Dezember 1571. 1143 Ebd., fol. 105r. Das Antwortschreiben an Fernando Álvarez de Toledo findet sich in SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 063. Handschreiben, Loc. 08501/04, fol. 106r. 1144 Ebd., fol. 105r, Kurfürst August von Sachsen an König Philipp II. 1145 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 225r ff., 26. Dezember 1571. 1146 Ebd., fol. 226r f., 26. Dezember 1571. Zur administrativen Struktur siehe Clarence H. Haring: The Spanish Empire in America. New York/ Oxford 1947.

322

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Charcas) und Chile. Der Monarch forderte diese Audiencias auf, in den ihnen zugehörigen Städten und Provinzen Festivitäten zu veranstalten, welche die Freude über den erlangten Sieg bei Lepanto vorführen sollten (demostraçiones de alegria).1147 Wie der König in einem weiteren Dokument an besagte Adressaten betonte, waren auch diese weltlichen Freudenbekundungen Lepantos als dynastisches Ereignis mit der Geburt Fernando de Austrias verbunden.1148 Diese Deutung, so beabsichtigte es offensichtlich der spanische Monarch, war in klerikalen und weltlichen Festivitäten performativ zu demonstrieren und so im sozialen Raum zu beanspruchen und einzunehmen. Entsprechend übermittelte er diese Order nicht nur an die geistlichen Würdenträger, die Vizekönige und Audiencias, sondern ebenso an die Entscheidungsträger auf städtischer Ebene (Karte II.5.1).1149 Mit der Anweisung, Freudenfeste zu Ehren des Sieges gegen den »gemeinsamen Glaubensfeind«1150 und der Geburt Fernandos durchzuführen, wandte sich Philipp daher ebenso an die Stadträte von Havanna (Kuba), San Juan (Puerto Rico), Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, Guadalajara, Puebla (Mexiko), Guatemala, Trujillo (Honduras), Panama, Santafé de Bogotá, Quito, Lima, Cusco, La Plata (de los Charcas) und Concepción de Chile.1151 Als durch Gott der Dynastie verliehenen Sieg war Lepanto damit als religiöses und herrschaftliches Ereignis konzipiert, weshalb dessen Distribution auf den grundlegenden klerikalen und herrschaftlichen Instanzen basierte. Zusätzlich zu all diesen Schreiben ließ Philipp II. am 26. Dezember 1571 noch ein weiteres Schriftstück aufsetzen, das nach Mesoamerika gesandt werden sollte. Auch hierin beschrieb der Monarch die Geburt seines Sohnes als einen Akt, in dem Gott seine Güte gegenüber dem Herrscherhaus fortsetze, die sich bereits bei Lepanto offenbart habe. Philipp II. sandte dieses Dokument an die bedeutendsten Mönchsorden Mittel- und Südamerikas: die provinciales des Franziskanerordens in Hispaniola, Nueva España, Guatemala, Nueva Granada und Peru; jene des Augustinerordens in Mexiko, Guatemala und Peru, sowie die provinciales des Dominikanerordens in Hispaniola, Nueva España, Guatemala, Nueva Granada und Peru.1152 Philipp II. übermittelte also die Lepanto-Nachricht auch an sämtliche im spanischen Mittel- und Südamerika vertretenen Bettelorden, die sich in der Missionierung der Indigenen hervorgetan hatten.1153 Karen Melvin 1147 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 226r f., 26. Dezember 1571. Ebd. werden dieselben Sekretäre wie ebd., fol. 225r f., 26. Dezember 1571 genannt. 1148 Ebd., fol. 227r f., 26. Dezember 1571. 1149 Ebd., fol. 228r ff., 26. Dezember 1571. 1150 Ebd., fol. 228r, 26. Dezember 1571: »enemigo comun de la fee«. 1151 Ebd., fol. 228r ff., 26. Dezember 1571. 1152 Ebd., fol. 227v f., 26. Dezember 1571. Die an die Orden gerichteten Lepanto-Schreiben sind in der Karte II.5.1 nicht eingezeichnet. 1153 Karen Melvin: Building Colonial Cities of God. Mendicant Orders and Urban Culture in New Spain. Stanford, California 2012, S. 13; Inga Clendinnen: Disciplining the Indians.

Ein Sieg, viele Regionen

323

Karte II.5.1: Geografische Verteilung der direkt durch Philipp II. über Lepanto informierten, mittel- und südamerikanischen Ortschaften. Graue Markierungen verweisen auf Ortschaften, zu denen das königliche Lepanto-Schreiben an geistliche und weltliche Instanzen gesandt wurde: Bogotá (Kolumbien), Concepción de Chile (Chile), Cusco (Peru), Guadalajara (Mexiko), Guatemala-Stadt (Guatemala), Havanna (Kuba), Lima (Peru), Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan (Mexiko), Panama-Stadt (Panama), Quito (Ecuador), San Juan (Puerto Rico), Santiago de Chile (Chile), Santo Domingo (Dominikanische Republik), Sucre (Bolivien). Blaue Markierungen kennzeichnen die Ortschaften, in denen ausschließlich weltliche Instanzen (virrey, audiencia, cabildo) durch Philipp II. über Lepanto informiert wurden: Heroica Puebla de Zaragoza (Mexiko), Trujillo (Honduras). Orangene Ortschaftsmarkierungen verweisen darauf, dass hier ausschließlich geistliche Instanzen (arzobispo, obispo, cabildo eclesiástico, deán de la catedral) das königliche Lepanto-Schreiben erhielten: Asunción (Paraguay), Caracas (Venezuela), Cartagena (Kolumbien), Cobán (Guatemala), Comayagua (Honduras), Managua (Nicaragua), Mérida (Mexiko), Michoacán (Mexiko), Oaxaca de Juárez (Mexiko), Popayán (Kolumbien), San Cristobál de las Casas (Mexiko), San Miguel de Tucumán (Argentinien), Tlaxcala (Mexiko). Die an die Orden gesandten Lepanto-Schreiben sind nicht eingezeichnet. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

Franciscan Ideology and Missionary Violence in Sixteenth-Century Yucatán. In: Past & Present 94 (1982), H. 1, S. 27–48; dies.: Ambivalent Conquests. Maya and Spaniard in

324

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

betonte jüngst, dass die Bettelorden einen bedeutenden Anteil an der architektonischen und rituellen Transformation urbaner Räume in Nueva España als katholische Inanspruchnahmen besaßen und so die Ausübung spanischer Herrschaft liturgisch und stadtbildlich repräsentierten.1154 Indem Philipp nun Lepanto und die Thronfolgergeburt als dynastische Triumphnachrichten an die Klöster distribuierte, griff er diese Bedeutung der Bettelordenkonvente als symbolische Instrumente religiöser und machtpolitischer Präsenz einer katholisch-spanischen Monarchie auf. Mit der Anberaumung von Dankgebeten bei den Bettelmönchen,1155 die durch Predigten grundsätzlich das Evangelium zu verbreiten und durch Messen die Durchsetzung der nachtridentinischen Lehre zu erreichen suchten,1156 stellte Philipp II. durch das Ereignis Lepanto eine Verbindung zwischen spanischer Monarchie und Katholizismus sicher, die durch die Aktivitäten der Bettelorden auch in den spanischen Überseegebieten memoriert und damit die Memoria der Seeschlacht als dynastisch-katholisches Ereignis selbst sicherstellen sollten. Mit dieser liturgischen Perpetuation beanspruchte der König die Auslegung und Memorierung der Schlacht als für den Katholizismus und die Dynastie relevantes Ereignis. Insofern gerade im 16. Jahrhundert Indigene in Mittelamerika, wie Clendinnen grundlegend für Yucatán veranschaulicht hat, zwar häufig die von den Spaniern proklamierte Religion annahmen, über diese aber eigene Deutungsansprüche erhoben und die spanischen Machtansprüche ablehnten, beanspruchte Philipp II. durch das Ereignis Lepanto zugleich seinen dynastisch-monarchischen Anspruch auf Religionsfragen in seinen amerikanischen Besitzungen.1157 Die Regulierung der Memorierungspraktiken Lepantos wurde so zu einem macht- und herrschaftspolitischen Instrument der spanischen Krone. Diese Dokumente können als bewusste Akte monarchischer Selbstrepräsentation gelesen werden, in denen in Bezugnahme auf Lepanto als ›christliches‹ Ereignis – nämlich als Sieg ([v]ictoria) über die Osmanen – und als ›dynastisches‹ Ereignis – nämlich als habsburgischer Sieg des (Halb-)Bruders des Königs – die eigene monarchische Herrschaft – präsentiert als göttlichen Gnadenakt im Sieg gegen die Osmanen und in der Geburt Fernandos – auch in peripheren Herrschaftsgebieten inszeniert, beansprucht, legitimisiert und durchgesetzt werden

1154 1155 1156 1157

Yucatan, 1517–1570. (Cambridge Latin American Studies, Bd. 61). Cambridge u. a. 1987, S. 45–56. Melvin: Building Colonial Cities. AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 227v, 26. Dezember 1571. Zu Predigten, Messen und Devotionalpraktiken der Bettelorden siehe Melvin: Building Colonial Cities, S. 120–150. Clendinnen: Ambivalent Conquests. Siehe auch Nancy M. Farriss: Maya Society under Colonial Rule. The Collective Enterprise of Survival. Princeton 1984, S. 293–324.

Ein Sieg, viele Regionen

325

sollte.1158 Entsprechend war die Information der verschiedenen, dort wirksamen politisch-religiösen Instanzen über die Seeschlacht durch den König ein informationspolitischer Akt der Herrschaftsausübung. Daher verwundert es kaum, dass auch der Consejo de Indias Gelder im Wert von über 500 reales dem Königshaus zur Austragung der Festivitäten »für die glücklichen Ereignisse (succesos) der Prinzengeburt […] und des Sieges gegen den Türken« bereitstellte.1159 Gemeinsam mit dem Consejo de Indias wandte sich Philipp II. auch in der darauffolgenden Zeit immer wieder dieser Lepanto-referentiellen Selbst- und Herrschaftsthematisierung zu. Noch am 31. Dezember 1571 ordnete der König beispielsweise an, dass der Erzbischof von Lima den jubileo plenjssimo drucken lassen solle, den der Papst anlässlich der Liga-Verkündung ein halbes Jahr zuvor publiziert hatte.1160 Nach Philipps Willen war folglich der Liga-Verbund erst mit der dynastischen Ereigniskonzeption Lepantos zu einem für Südamerika relevanten Festakt geworden. Noch im April 1572 griff Philipp II. die im Vorjahr getroffenen Anordnungen zu Lepanto- und Thronfolgergeburts-Festivitäten in Mittel- und Südamerika auf, um diese weiter zu präzisieren. Darin verkündete er eine Generalamnestie für alle Personen, die in den Gebieten der Audiencias von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan und Lima aufgrund verschiedenster Tat(-vorwürfe) – ausdrücklich wurde auch Blasphemie darunter gezählt – inhaftiert waren, womit sich der König als milder und gnadenvoller ›christlicher Monarch‹ präsentierte.1161 Hier ist daher zu schlussfolgern, dass Philipp II. bewusst eine spezifische Interpretation Lepantos als Ereignis in den peripheren Gebieten distribuierte, um so die Herrschaft selbst zu stilisieren. Als von Gott verliehener, 1158 Siehe weiterführend auch Geoffrey Parker: The World Is Not Enough. The Imperial Vision of Philip II of Spain. Waco, Texas 2001; Víctor Mínguez: Iconografía de Lepanto. Arte, propaganda y representación simbólica de una monarquía universal y católica. In: Obradoiro de Historia Moderna 20 (2011), S. 251–280. 1159 AGI, Indiferente General, 426, L.25, fol. 144v f., Madrid, 22. Dezember 1571 (Zahlungsanweisung von 200 reales, 6.800 maravedís entsprechend); ebd., fol. 146r, Madrid, 24. Dezember 1571 (Zahlungsanweisung von 320 reales); ebd., fol. 179v, Madrid, 02. Mai 1572 (Zahlungsanweisung von 200 reales, 6.800 maravedís entsprechend). Ebd., fol. 146r: »por los feliçes succesos del naçimiento del principe n[uest]ro señor y Victoria contra el Turco«. 1160 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 230r, 31. Dezember 1571. Zur Versendung des im Mai 1571 publizierten, päpstlichen gran giubileo siehe auch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 117v, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 26. Mai 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 7, fol. 217r, Michiel Surian und Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Mai 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 199r, Francesco Gerini an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 01. Juni 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 54, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 25. Mai 1571. 1161 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 230v-232r, 01. April 1572. Zu den üblicherweise nach Lepanto verkündeten Straferlässen siehe auch Kapitel II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege.

326

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

spanisch-dynastischer Sieg demonstrierte Lepanto in dieser Logik die Auserwähltheit der Dynastie, die so als göttliche Herrschaft imaginiert wurde. Das legitimierte nicht nur die Herrschaftsausübung selbst, sondern forderte darüber hinaus von dem als christlichen Monarchen göttlicher Auserwähltheit inszenierten Philipp II. ein entsprechendes Verhalten ein, dem er mit der Distribution dieser Lepanto-Nachricht nachkam. Die Postulation der in Gott begründeten Geschehenszusammenhänge (im Mittelmeer, Mittel- und Südamerika) formierten damit die Interpretation eines in Gott begründeten Ereigniszusammenhanges (Lepanto), der aufgrund der ihm so zugesprochenen, weltweiten Bedeutung Wichtigkeit für die Selbststilisierung, Legitimation und Ausübung von Herrschaft in peripheren Gebieten zukam.

II.5.ii. Lepanto-Festivitäten in den spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika Stand bislang die Distribution der spanischen Lepanto-Kunde nach Mittel- und Südamerika im Vordergrund, so soll nun das Verhältnis von Peripherie und Zentrum dahingehend neu bestimmt werden, dass die Ereignisformierung in diesen Gebieten untersucht wird. Statt Madrid und El Escorial als Herrschaftszentren zu denken, sollen im Folgenden die mittel- und südamerikanischen Ortschaften selbst im Mittelpunkt stehen. Wie wurde dort im 16. Jahrhundert Lepanto als Ereignis formiert? Dabei ist zunächst anzuführen, dass es sich bei den königlichen Lepanto-Schreiben um normative Texte handelte, die zwar Aufschluss über die Selbstinszenierung geben, jedoch keine direkten Rückschlüsse auf die Reaktionen vor Ort zulassen. Diese lassen sich jedoch einigen überlieferten Antwortschreiben entnehmen, die vor allem für Mexiko erhalten sind.1162 Im April 1572 setzte der spanische Vizekönig von Nueva España, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, ein an Philipp II. gerichtetes Schreiben auf, in dem er seine »Freude« (contentamiento y alegria) über diese »guten Neuigkeiten« ausdrückte.1163 Darin betonte Martín Enríquez, er habe viele Dankbekundungen sowie »allgemeine und besondere Prozessionen« (p[ro]cessiones generales y particulares) durchgeführt. Auch seien weitere »Freudenbekundungen« (demostraçiones de alegrias) veranstaltet worden und würden nach wie vor statt1162 AGI, Audiencia de Lima, 28 A und 28B waren in Benutzung, sodass etwaig darin überlieferte Lepanto-Quellen zu Peru nicht eingesehen werden konnten. 1163 AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.12, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572, fol. 1r: »Contento«; »contentamiento y alegria«; »buenas nuouas«. Vgl. auch AGI, Audiencia de México, 19, N.74, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572.

Ein Sieg, viele Regionen

327

finden.1164 Diese doppelte Formulierung lässt auf geistliche und weltliche Festakte schließen, die in Nueva España anlässlich des als spanisch imaginierten Seesieges ausgeführt wurden. Darunter zählen sicherlich Messen, Prozessionen und Festumzüge. Allerdings ist belegt, dass diese im April 1572 bestätigten Festakte zunächst nicht in Reaktion auf die am 26. Dezember 1571 in El Escorial aufgesetzten, königlichen Schreiben stattfanden, die Martín Enríquez erst am 28. Mai 1572 zugestellt bekam. Die vom König intendierte festliche Reaktion auf die Lepanto-Nachricht bestätigte der Vizekönig also bereits bevor die monarchische Festaufforderung selbst eingetroffen war. Deren Eingang gab Martín Enríquez dann zwei Tage später in einem weiteren Schreiben bekannt, wobei er Lepanto als einen »so bedeutenden Sieg« bezeichnete, den Gott dem König verliehen habe.1165 Erneut schrieb Martín Enríquez, es hätten demostraçiones de alegria y contentamiento sowie proçesiones generales im Vizekönigreich stattgefunden. Der Vizekönig gab kund, er könne sich nicht vorstellen, dass diese Festivitäten anderorts bedeutender hätten sein können, womit er zugleich die Untergebenheit seiner Herrschaft an den König zu unterstreichen beabsichtigte. So leitet er von diesen Beteuerungen zu einem die Philippinen betreffenden Handelsabkommen über, das – genauso wie die zu Ehren Lepantos und der Thronfolgergeburt veranstalteten Festivitäten – seinen »großen Willen« verdeutlichen sollten, mit dem er im »Dienst seiner Majestät« stehe.1166 Besonders seltene und detaillierte Einblicke in mittelamerikanische LepantoFestivitäten lassen sich für das in der Provinz Nueva Galicia gelegene Guadalajara 1164 AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.12, ders. an dens., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572, fol. 1r. Wenige Tage später informierte der Vizekönig den König über die Vermögen Nueva Españas: AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.13, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 28. April 1572. 1165 AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.16, ders. an dens., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 30. Mai 1572, fol. 1r: »Vitoria tan senalada, que n[uest]ro s.r auia sido seruido de dar a V. M.t«. 1166 Ebd.: »que no creo se podian hazer mas prinçipales en ninguna parte«; »seruiçio de .V. M.d«; »con gran Voluntad«. Solche Dienstbekundungen lagen nicht allein in der Natur der Amtsführung, sondern sollten sicherlich auch der Unterstützung seines Ersuchens um königlichen Schutz für seine Söhne dienen, das er Philipp II. erst kurz zuvor zugestellt hatte. AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.11, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 25. Januar 1572. Zum Handel siehe Katharine Bjork: The Link That Kept the Philippines Spanish. Mexican Merchant Interests and the Manila Trade, 1571–1815. In: Journal of World History 9 (1998), H. 1, S. 25–50. Deshalb ist AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.16, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt, 30. Mai 1572 auch in Virginia Benitez Licuanan/ José Llavador Mira (Hg.): The Philippines under Spain. A Compilation and Translation of Original Documents. Bd. 2: 1564–1573. The Legazpi Expedition. Conquest and Colonization. Manila O. J. [1993], S. 349–352 ediert worden.

328

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

rekonstruieren, weil diese in einem an den König von Spanien gerichteten Schreiben des Stadtrates (cabildo secular) thematisiert wurden.1167 Philipp II. hatte Bischöfe, Audiencias und Städte über Lepanto und die Thronfolgergeburt informiert und diese Nachricht ebenso an klerikale, königliche, städtische und provinziale Ebenen distribuieren lassen. Ausdrücklich sollte seine Festanordnung auch den oydoris y alcaldis mayores de la audiençia von Guadalajara zugestellt werden.1168 In besagtem Antwortschreiben bestätigten die Oidores den Eingang des Ende Dezember 1571 aufgesetzten Schreibens für August 1572, womit die Kunde von der Thronfolgergeburt sowie des »guten Ereignisses (subçesso) und Sieges«, den Juan de Austria gegen die Osmanen erlangt habe, erstmals in Guadalajara bekannt geworden seien.1169 Da diese Nachricht in Nueva España bereits im April 1572 eingetroffen war,1170 spricht einiges dafür, dass die Informationsübermittlung innerhalb Mittelamerikas einige Zeit in Anspruch nahm. Wie der Vizekönig von Nueva España, so bestätigten nun die Stadträte Guadalajaras ebenfalls, dass angesichts dieser »so guten Nachrichten« Festakte (fiestas. y negoçijos) veranstaltet wurden.1171 Im Gegensatz zum Vizekönig, der sich in seiner Antwort auf allgemeine Formulierungen beschränkte und so eher generell auf die Durchführung von geistlichen und weltlichen Festakten verwies, gaben die Räte Guadalajaras detaillierte und ausführliche Beschreibungen der in ihrer Stadt durchgeführten Lepanto-Festivitäten. Ihnen zufolge sei auf dem Hauptplatz eine große und prächtige Burg mit beachtlichen Ausmaßen und zahlreichen Turmbauten als zentraler Schauplatz des Festaktes errichtet worden. Sie war farblich angemalt und stellte den Austragungsort einer nachempfundenen Schlacht dar, die zwischen teils berittenen und teils zu Fuß kämpfenden Christen (xpianos) und Osmanen (turcos) ausgefochten wurde, die im Vorfeld des Spektakels ernannt worden waren. Die nachgestellte Schlacht begann mit dem Aufmarsch der Schausteller, die reich und farbenfroh gekleidet und geschmückt in Schlachtordnung den Platz betraten, sodass sich die osmanische und christliche Befehlshaberschaft zu Pferd in Reih und Glied gegenüberstanden. Die Schlachtaufstellung war klar konzipiert: 1167 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572. Die Eigenbezeichnung des Stadtrates lautet korrekt: »cauildo Justiçia Erregimiento. desta çiudad. de guada Lajara. del nueuo rreino de galizia. desta nueua España« (ebd., fol. 1r). 1168 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 225v, 226v, 228v, 26. Dezember 1571. 1169 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1r: »buen subçesso. y uitoria«. 1170 Vgl. AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.12, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572. 1171 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1r: »tan buenas. nueuas«.

Ein Sieg, viele Regionen

329

Während sich die pseudo-osmanischen Truppen in der Burg aufhielten, traten die ›christlichen‹ Soldaten als Herausforderer auf, die diese Befestigungsanlage zu stürmen gedachten. Das Scharmützel (scaramuca) beschränkte sich nicht nur auf den körperlichen Einsatz in über dem Platz verteilten Zweikämpfen, sondern schloss die Nutzung von Waffen mit ein. Lanzen, Piken, Schwerter seien innerhalb und außerhalb der Burganlage ebenso gut sichtbar in Gebrauch gewesen, wie Unmengen an Artillerie. Diese Schlachtszenerie dauerte einen Tag lang bis zum Sonnenuntergang an und endete mit der Gefangennahme der turcos. Diese seien, so schreiben es die Oidores weiter, nacheinander geordnet und mit musikalischer Untermalung ihnen vorgeführt worden, während besagte Räte selbst von einer prächtigen Festbühne aus, die ebenfalls auf dem Hauptplatz errichtet worden war, dem Geschehen folgten. Anlässlich der Seeschlacht zwischen der ›Heiligen Liga‹ und dem Osmanischem Reich wurde in Guadalajara also eine Landschlacht zwischen ›Christen‹ und ›Türken‹ vorgeführt.1172 Auf der Schlachtinszenierung am ersten Tag folgte am zweiten Tag ein Turnieraufzug ( juego de cañas).1173 Dabei handelte es sich um ein in Spanien seit dem 15. Jahrhundert nachweisbares Spektakel, das ursprünglich wohl von muslimischen Machthabern als Übung genutzt wurde, dann aber als eine Art Lanzenstechen verschiedener, gegeneinander antretender Mannschaften – zumeist moros gegen cristianos – veranstaltet wurde.1174 Im spätmittelalterlichen Spanien endeten diese Turniere für gewöhnlich mit der Konversion der moros und mündeten daraufhin in weiteren Tanzfestivitäten.1175 Die Durchführung solcher Turniere war für Lepanto-Feierlichkeiten keineswegs unüblich. So beschloss beispielsweise auch der Stadtrat von Sevilla zu Ehren des Seesieges juegos de cañas durchzuführen. Zu diesem traten insgesamt 64 Reiter (8 Reiter pro Mannschaft) an. Ursprünglich sollten sie Livreen aus Damast tragen, später waren sie in vielfarbige Seidenstoffe gekleidet.1176 Im Januar 1572 wurde dann erneut auf dem Plaza de San Francisco ein juego de cañas anlässlich des Seesieges und der Geburt des Thronfolgers veranstaltet, das bei den Zeitgenossen einen großen Eindruck aufgrund der kostbaren Ausstattung und großartigen Ausmaße hinterließ. Tribünen wurden für das eintägige Lanzenstechen errichtet und die Spieler mit erlesenen Kleidungsstücken ausgestattet.1177 Auch die Räte von 1172 Ebd., fol. 1r, 3r. 1173 Ebd. 1174 Max Harris: Aztecs, Moors, and Christians. Festivals of Reconquest in Mexico and Spain. Austin 2000, S. 54. 1175 Ebd., S. 62, 206–215. 1176 AMS, Sec. X. Actas Capitulares, H-1534, fol. 337v, 338v, 339v, 04. November 1571; Oviedo: RELACION. (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439), fol. 47v f. Vgl. auch Hilario Arenas: Lepanto y el rosario. In: ABC Sevilla, 19. November 1971, S. 23. 1177 Eine ausführliche Beschreibung findet sich in Oviedo: RELACION. (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439), fol. 15v–18v.

330

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Guadalajara unterstrichen, dass die Teilnehmer zahlreich waren – die »gesamte Kavallerie«1178 – und in farbenreichen sowie enorm teuren Kleidungen aufgetreten seien, die sich von den Kleidungsstücken des Vortages unterschieden. Diese Hinweise dürften den Oidores dazu gedient haben, die Prächtigkeit der eigenen Festivitäten zu unterstreichen. Die Räte von Guadalajara betonten nicht nur, dass Einzug und Turnier sehr wohlfeil gewesen seien, sondern auch, dass Spanier aus Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan eigens zu diesem Spektakel angereist seien, was die lokale Ausstrahlungskraft dieser Feste sowie deren Rezeption unterstreicht.1179 Die juegos de cañas waren in Mittelamerika weit verbreitet. Seit dem Eintreffen der ersten Spanier gehörten sie als fester Bestandteil zur Choreografie kolonialer Besitzansprüche. Bereits 1496 ließ sich Christoph Kolumbus’ Bruder Bartolomeo auf Hispaniola durch einen solchen Turnierkampf zwischen Spaniern und Indigenen als Kampf zwischen den »schlimmsten Feinden« ›unterhalten‹, während dessen vier Indigene verstarben.1180 Dass auf dem Turnierplatz in Guadalajara im August 1572 auch spanische Söhne aufliefen, die normalerweise zur Schule gingen, ist daher kein Zufall. Nun waren sie in kostbare und farbige Seidengewänder gekleidet und trugen kleinformatige Arkebusen, Lanzen, Schwerter und Schilder.1181 Insofern diese Feierlichkeiten Lepanto und die Geburt des spanischen Thronfolgers gewidmet waren, inszenierte Guadalajara die Habsburger als eine auch künftig wehrhafte, spanische Monarchie, die sich in genauso erstaunlicher Ordnung befinden werde, wie die Jungen in ihrer Aufführung in Guadalajara auftraten, die die Briefverfasser als für ihr Alter erstaunlich geordnet beschrieben.1182 Die Feste in Guadalajara rekurrierten also auf einer Choreografie, die sowohl in zuvor veranstalteten Feierlichkeiten in Mittelamerika die Beanspruchung spanischer Autorität artikulierten, als auch in Spanien weltliche Freudenbekundungen über den Seesieg bei Lepanto bekundeten. Dies kann ebenso für die gespielten Schlachtszenen festgestellt werden, denn derartige Spektakel zwischen moros und cristianos sind ebenfalls für das spätmittelalterliche Spanien belegbar. In Villena hat sich gar ein ähnliches Spektakel bis heute tradiert, in dem vor einer Burgkulisse cristianos und moros einander bekämpfen – und letztere anschließend konvertieren.1183

1178 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1r: »juego de cañas. de toda la caualleria«. 1179 Ebd., fol. 1r f. 1180 Paul A. Scolieri: Dancing the New World. Aztecs, Spaniards, and the Choreography of Conquest. Austin 2013, S. 29: »worst enemies«. Zu zeitgenössischen juegos de cañas in Mittelamerika siehe auch Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 151f. 1181 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v. 1182 Ebd., fol. 1v. 1183 Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 31–63, 216–226.

Ein Sieg, viele Regionen

331

In Guadalajara war tags darauf der Hauptplatz erneut die städtische Bühne für weitere Festakte. Dieses Mal erschienen Indige (yndios. naturales), die als Krieger zurechtgemacht waren und mit Speeren, Schildern, Pfeilen und Bögen auftraten. Dem Bericht der Oidores ist zu entnehmen, dass zwei verschiedene indigene Gruppierungen erschienen und diese sich in der errichteten Burganlage verschanzten, bevor es zwischen diesen und den den Platz betretenden Spaniern (Españoles) erneut zu einem Scharmützel kam.1184 Die Szenerie erinnert an die zuvor aufgeführte Schlachtszenerie zwischen xpianos und turcos,1185 was die spanisch-osmanische Rivalität im Mediterraneum auf die spanisch-indigene Rivalität in Nueva Galicia symbolisch übertrug. Die performative Gleichsetzung von Osmanen und Indigenen, die in den königlichen Festanordnungen textuell und in den Lepanto-Festakten in Guadalajara symbolisch zum Ausdruck kommen, basiert auf der Aberkennung des christlich-katholischen Heilsstatus als tertium comparationis. Anders gesagt: Gerade weil Muslime und Indigene als ›Ungläubige‹ imaginiert wurden, waren sie in einem Festakt austauschbar, der Lepanto als Sieg über Nicht-Christen feierte.1186 Solche Parallelisierungen zwischen Muslimen und Indigenen wurden einerseits durch die Operationen der 1571 in Nueva España etablierten Inquisition perpetuiert,1187 andererseits aber auch durch die Rhetorik von in Mittel- und Südamerika lebenden Supplikanten. So griff beispielsweise die Bittstellerin Beatriz Álvarez in einer im März 1571 im kolumbianischen Medellín aufgesetzten Supplik auf ebendiese Rhetorik zurück. Nachdem ihr Vater als Hauptfahnenträger (alferez jeneral) in spanischen Diensten beim Kampf gegen Indigene in Peru umgekommen war, bat sie um die schriftliche Erlaubnis einer Übersiedlung nach Nueva España (Mexiko).1188 Den heldenhaften Einsatz ihres Vaters, der in ihrer Bittschrift zugleich ihr Ersuchen legitimiert, führt sie geradezu ikonografisch vor Augen, wenn sie beschreibt, ihr Vater sei während einer Schlacht (batalla) mit der königlichen Standarte in der Hand gefallen.1189 Dies zu beschreiben, bedient sie sich eines Vokabulars, das in Spanien vor allem zur Beschreibung des Osmanischen Reiches herangezogen wurde:1190 Ihr Vater, so Beatriz Álvarez, sei im »Dienste

1184 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v. 1185 Ebd., fol. 1r, 3r. 1186 Vgl. Johnson: Cultural Hierarchy, hier insbesondere S. 231–267. 1187 Vgl. die hierzu zahlreich angeführten Aspekte in John F. Chuchiak (Hg.): The Inquisition in New Spain, 1536–1820. A Documentary History. Baltimore 2012. 1188 AGI, Indiferente General, 1222, Bittschrift von Beatriz Álvarez, Medellín, 28. März 1571, fol. 2r. 1189 Ebd.: »[…] El qual qual murio. con el estandarte Real. En la batalla […]«. 1190 Bisaha: Creating East and West; Meserve: Empires of Islam; Noel Malcolm: Positive Views of Islam and of Ottoman Rule in the Sixteenth Century. The Case of Jean Bodin. In: The

332

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

seiner Majestät in den Kriegen gegen die Tyrannen« verstorben. Auf semantischer Ebene sind hier also für Muslime und Indigene dieselben Wörter gebraucht worden, die zugleich beanspruchte Legitimität von Herrschaft verhandelten, und auf einen Monarchen referieren, der sich im Kampf gegen »Tyrannen« (tiranos) verdient mache.1191 Mit dieser Rhetorik leitete Beatriz auch das Verdienst ihres Vaters her und hoffte, durch den Verweis auf dessen als ehrenhaft beschriebenen Einsatz ihr Ersuchen durchsetzen zu können. Während der Festakte in Guadalajara traten Indigene jedoch nicht allein als Soldaten auf. Der Platz war von Ständen und Bühnen umgeben, auf denen musiziert wurde und eine große und farbige, indigene Standarte ausgestellt war. Die Bühnen und Produkte waren auf Kosten der in den umliegenden Dörfern wohnenden Indigenen (naturales) angefertigt worden, was die Räte als Beweis für die Harmonie auslegten, die in diesem spanischen Herrschaftsbereich bestehe.1192 Eine solche Interpretation durch die lokale Obrigkeit zeigt ein grundsätzliches Anliegen, dass die Oidores mit ihrem Schreiben zu erreichen beabsichtigten. Der Brief und die darin enthaltene Festbeschreibung diente der Selbstdarstellung der städtischen Machthaber als Diener des spanischen Königs (uasallos de V[uest]ra. mag.d), die ihre Antwort als Dank für das vom König aufgesetzte und an sie gerichtete Lepanto-Schreiben verstanden wissen wollten.1193 Die Beschreibung der Feste als solche konstituierte diese als Ausdruck treuen, königlichen Dienstes, wenn die Verfasser betonten, sie seien »mit großer Sorgfalt, Liebe und Zuneigung« durchgeführt und »mit viel Vergnügen und Freude in Eurem königlichen Dienst« veranstaltet worden. Damit stellte Lepanto eine Gelegenheit dar, um Dienstverhältnisse exemplarisch zu inszenieren. Auch das Auftreten der Kinder beschrieben die Stadträte als Ausdruck für deren Willen zum Königsdienst und die auf einer Festbühne sitzenden Oidores, denen die gefangenen turcos vorgeführt wurden, hätten den König selbst »repräsentiert«. Diejenigen, die den Brief verfassten, formulierten in diesem also ihre eigene Rolle während der Lepanto-Festivitäten und beanspruchten deren Deutung als Königsdienst.1194

1191 1192

1193 1194

Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. Anna Contadini u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 205. AGI, Indiferente General, 1222, Bittschrift von Beatriz Álvarez, Medellín, 28. März 1571, fol. 2r: »[…] En seruiçio De su magt En guerras contra tiranos […]«; »tiranos«. AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v. Zu aztekischen Abzeichen vgl. Inga Clendinnen: The Cost of Courage in Aztec Society. In: Past & Present 107 (1985), H. 1, S. 61, 63. AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1r. Ebd., fol. 1r f.: »con gran ciudado. amor y uoluntad«; »con mucho plaçer y alegria. En V[uest]ro rreal. seruiçio«; »ante V[uest]ros. oydores«; »rrepresentando. V[uest]ra rreal perssona«.

Ein Sieg, viele Regionen

333

Entsprechend aufschlussreich ist es, dass die Räte die in Guadalajara veranstalteten Lepanto-Feierlichkeiten in Zusammenhang mit einem weiteren Geschehnis stellten: Wenige Tage nach dem Abschluss der Feierlichkeiten waren durch die spanische Flotte ein weiteres Schreiben Philipps II. übersandt worden, der damit der in der Stadt residierenden Audiencia die königlichen Herrschaftsinsignien (sello und registro) übermittelte.1195 Das königliche Siegel (sello real) wurde in den Audiencias aufbewahrt und kam in diesen als Herrschaftszeichen zum Einsatz, um Dokumente zu authentifizieren und die darin verbirgten Machtansprüche mithilfe des Symbolcharakters des Siegelns als Herrschaftsakt und des sichtbaren Siegels als Verweis auf Machtautorität durchzusetzen.1196 Guadalajara erhielt damit kurz nach den veranstalteten Feierlichkeiten zu Ehren des ›spanischen‹ Seesieges die monarchischen Herrschaftsrepräsentationen Spaniens übersandt. Einen Zusammenhang zwischen der Nachricht von Lepanto und der Geburt des Thronfolgers betonten die Verfasser des Briefes vor allem deshalb, weil nun erneut eine »große Freude […] in diesem gesamten Reich« geherrscht habe, denn am 15. Dezember seien die mit dem Siegel ganz konkret übertragene, königliche auturidad in einem Festakt dem Präsidenten der Audiencia, Jerónimo de Orozco, in Guadalajara überreicht worden.1197 Zum Einzug des königlichen Siegels fand ein Auszug des Bischofs, der Audiencia, des Stadtrats und der Bürgerschaft statt, den die Verfasser des Briefes, die offensichtlich selbst an dem Festakt teilgenommen hatten, als Ausdruck großer Freude beschrieben. Wach- und Gardetruppen marschierten auf und die Straßen und Gassen der Stadt waren geschmückt. Triumphbögen waren errichtet worden, von denen ein solcher am Stadttor die Wappen des Königs und der Stadt sowie Inschriften darbot.1198 Die zwei an diesem Bogen angebrachten Pforten wurden – zusammen mit dem Abfeuern der Artilleriesalven – geöffnet, als das Siegel in die Stadt hineingetragen und den Räten überreicht wurde. Orozco ritt als Präsident der Audiencia auf einem weißen Pferd, das mit karmesinrotem Damast und Gold geschmückt war. Die anderen hochrangigen Teilnehmer des Festumzuges waren ebenfalls reich gekleidet. Das Siegel selbst wurde unter einem karmesinroten und mit gold verzierten Baldachin transportiert. Im Beisein der Menge leisteten der Präsident, der Bischof und die Oidores einen Schwur auf das 1195 Ebd., fol. 1v. 1196 Margarita Gómez Gómez: El sello y registro de Indias. Imagen y representación. (Lateinamerikanische Forschungen, Bd. 35). Köln/ Weimar/ Wien 2008, S. 224–264. 1197 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v f.: »El d[ic]ho distrito tra nueua de grande alegria. y m[e]r[ce]d […] para todo Esterreyno«. Auf die Festivitäten zur Siegelübergabe in Guadalajara verweist kurz auch Gómez Gómez: El sello y registro de Indias, S. 291. 1198 Zu solchen festlichen Ehr-Konstruktionen siehe Marion Philipp: Ehrenpforten für Kaiser V. Festdekorationen als Medien politischer Kommunikation. (Kunstgeschichte, Bd. 90). Münster 2011.

334

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

spanische Königshaus.1199 Der Schwur enthielt die Formel, die spanische Herrschaft und ihre Besitzungen »gegen die Ungläubigen (ynfieles)« zu verteidigen, womit auch dieser Eid die Festakte zum Erhalt der Siegesnachricht mit jenen zum Erhalt des Siegels verband: Während der letzteren schworen die städtischen Machthaber ihren Beitrag für die Monarchie im Kampf gegen ›Ungläubige‹ zu leisten, dessen Ergebnis sich mit der gefeierten Interpretation Lepantos als monarchischen Sieg materialisiert zu haben schien. Dass sie mit den veranstalteten Festen selbst einen solchen Beitrag geleistet hätten, ist die implizite Aussage des Briefes, in dem sich dessen Verfasser selbst als Festteilnehmer lobten. Der Unterzeichner Antonio del Rincon trat als Rat prominent während der Übergabe des königlichen Siegels am Stadttor in Erscheinung und die Rolle Jerónimo de Orozcos als Vorsteher der Audiencia in den Festivitäten war von ihm selbst ebenso prominent hervorgehoben worden.1200 Damit erhoben sie, indem sie sich auf die Lepanto-Feste bezogen, einen Deutungsanspruch über ihre eigene Amtsführung, die sie als treuen Dienst für den König gegen ›Ungläubige‹ darzustellen beabsichtigten.1201 Entsprechend sollte der explizite Hinweis darauf, dass die Lepanto-Feste in Guadalajara die in dieser Herrschaft bestehende »Harmonie« verdeutlichten, veranschaulichen, dass die spanischen Herrschaftsansprüche in dieser Region gegen Indigene durchgesetzt werden – und diejenigen ihrer Dienstpflicht nachkamen, die diesen Brief verfassten.1202 Dabei waren, wie die Stadträte betonten, unter den am dritten Tag der Lepanto-Feste auf Guadalajaras Hauptplatz auftretenden Indigenen auch solche, die »chichimekisch« gekleidet waren.1203 Der Terminus ›Chichimeken‹ stellt einen Sammelbegriff für eine Vielzahl indi1199 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 2r. 1200 Ebd., fol. 2r: »contra los. ynfieles«. 1201 Entsprechend weist die Schilderung der Siegelübergabe die wesentlichen Festelemente auf, die auch zu Einzügen neu ernannter Vizekönige und Gouverneure stattfanden: Dem Einzug durch einen Triumphbogen, wo der Gouverneur auf dem Pferd (hindurchreitend oder absteigend) die Schlüssel zur Stadt empfing, folgten die Heilige Messe und das ›Te Deum laudamus‹ sowie der Einzug in den königlichen Palast. Im Anschluss daran wurde der Eid geschworen. Es folgten Maskeraden und Banquette. D. A. Brading: Civic Festivals in Colonial Spanish America. In: Europa Triumphans. Court and Civic Festivals in Early Modern Europe. Hg. v. J. R. Mulryne, Helen Watanabe-O’Kelly u. Margaret Shewring. Bd. 2. (Modern Humanities Research Association, Bd. 15/2). Aldershot 2004, S. 350f. 1202 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v: »armonia«. Zur herrschaftlichen Selbststilisierung Guadalajaras vgl. die Konzepte ›guter Herrschaft‹ in den gängigen Traktaten: Ronald W. Truman: Spanish Treatises on Government, Society and Religion in the Time of Philip II. The ›de regimine principium‹ and Associated Traditions. (Brill’s Studies in Intellectual History, Bd. 95). Leiden/ Boston/ Köln 1999. 1203 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v: »chichimecas«.

Ein Sieg, viele Regionen

335

gener Stämme dar, die im Norden Mexikos lebten.1204 Dort hatten sie es in den Jahren vor der Seeschlacht von Lepanto vermocht, die spanischen Machtansprüche zurückzuweisen und die von ihnen kontrollierten Gebiete auf beinahe das gesamte nördliche Mexiko auszuweiten.1205 Die Lage war also keineswegs so ›harmonisch‹, wie es die Stadträte Guadalajaras in ihrer Festauslegung betont und dem König kommuniziert wissen wollten. Guadalajara war seit 1548 Sitz der Audiencia von Nueva Galicia,1206 womit die Stadt de facto als administratives Zentrum spanischer Herrschaftsausübung in ebenjener Region fungierte, in welcher der spanisch-›chichimekische‹ Konflikt über Jahrzehnte schwelte: Seit mehr als zwei Jahrzehnte vor der Seeschlacht kam es zu Kampfhandlungen und noch zwei Jahrzehnte nach der Seeschlacht waren die Friedensverhandlungen mit den indios chichimecas keineswegs abgeschlossen.1207 Im Zuge dieses indigenen Widerstandes sahen sich auch die Bewohner Guadalajaras einer wachsenden Anzahl an Überfällen ausgesetzt.1208 Der Bischof befürchtete gar, dass die Stadt verloren gehen und den ›Chichimeken‹ anheimfallen werde. In mehreren Schreiben an den König beschuldigte er 1568 und 1569 direkt die städtischen Räte, mit ihrem zögerlichen Verhalten an dieser Situation Schuld zu sein, ja, dass sie einerseits mit dem gewaltsamen Vorgehen gegen friedfertige Indigene, die sie versklaven ließen, und andererseits mit dem Nichtvorgehen gegen die eigentlich revoltierenden Indigenen die Lage sogar maßgeblich eskalieren ließen. Wenn doch einmal ein Militärtrupp die ›Chichimeken‹ angreife, so der Bischof weiter, dann würden zu Beginn die Trompeten

1204 José A. Rivera Villanueva / Mónica Pérez Navarro (Hg.): Documentos de los tlaxcaltecas en la Nueva Vizcaya, siglos XVI–XVIII. Bd. 6: Introducción, compilación, selección y transcripción paleográfica. (Biblioteca Tlaxcalteca. Fondos documentales). Mexiko-Stadt 2012, S. 17 zählt unter diesem Begriff subsumierte Indigene u. a. auf: »Guachichiles y Zacatecos, Pimas, Conchos, Tobosos y Borrados«. 1205 Philip W. Powell: Soldiers, Indians & Silver. The Northward Advance of New Spain, 1550– 1600. Berkeley/ Los Angeles 1952, S. 73–101; Alberto Carrillo Cázares: El debate sobra la guerra chichimeca, 1531–1585. Derecho y política en la Nueva España. Bd. 1. Zamora 2000, S. 83. 1206 Oakah L. Jones Jr.: Nueva Vizcaya. Heartland of the Spanish Frontier. Albuquerque 1988, S. 17; John H. Parry: The Audiencia of New Galicia in the Sixteenth Century. A Study in Spanish Colonial Government. Cambridge 1948. 1207 José A. Rivera Villanueva/ Claudia S. Berumen Félix (Hg.): Documentos de los tlaxcaltecas en la Nueva Galicia y Nueva Vizcaya, siglos XVI–XVIII. Bd. 5: Introducción, compilación, selección y transcripción paleográfica. (Biblioteca Tlaxcalteca. Fondos documentales). Mexiko-Stadt 2011, S. 15f., 25. Zitat von ebd., S. 25. Siehe auch Rivera Villanueva/ Pérez Navarro: Documentos de los tlaxcaltecas. Bd. 6, S. 17, wo von einer »constancia resistencia« der Indigenen während des 16. Jahrhunderts in dieser Region die Rede ist. 1208 Vgl. hierzu Powell: Soldiers, Indians & Silver, S. 73–101; Carrillo Cázares: El debate sobra la guerra chichimeca. Bd. 1, S. 83; Susan M. Deeds: Defiance and Defence in Mexico’s Colonial North. Austin 2003.

336

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

geblasen werden, woraufhin sich alle in Sicherheit bringen könnten.1209 Mit einer solchen Einschätzung war der Bischof nicht allein. Der Augustinermönch Guillermo de Santa María charakterisierte noch 1575 manche der gegen die ›Chichimeken‹ geführten Kampfhandlungen als einen ›ungerechten Krieg‹ (guerra injusta), da er auch gegen friedlebende Indigene gerichtet sei, deren Versklavung diene und den Frieden nicht zum Endzweck besitze.1210 Wiederum andere Theologen rechtfertigten die Kampfhandlungen als einen Krieg, der geführt werden müsse. Demnach sei er gerechtfertigt, weil er durch die Autorität des spanischen Königs einer guten Absicht diene (nicht etwa der Versklavung von Indigenen, sondern der Aufrechterhaltung des Friedens).1211 Um 1570 sind also argumentative Auseinandersetzungen darüber feststellbar, wie der spanisch-›chichimekische‹ Konflikt zu bewerten sei. Die frühen 1570er Jahre stellten zugleich den Beginn eines intensivierten spanischen Vorgehens gegen die ›Chichimeken‹ dar, die zunehmend mit militärischen Expeditionen bekämpft und versklavt wurden.1212 Daraufhin interpretierten Kleriker wie der Franziskaner Juan Focher diesen Krieg als Kampf der »Republik der Christen« gegen »Barbaren« und »Ungläubige« – was erneut eine Parallelisierung Lepantos mit den Geschehnissen in Nueva Galicia befördert haben dürfte.1213 Organisiert wurden diese Expeditionen zunächst von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan und schließlich von Guadalajara aus.1214 Die der Beschreibung der Lepanto-Siegesfeierlichkeiten zugrundeliegende Interpretation als Erfolg der Stadt, die als vermeintlich harmonische Herrschaft dem Königreich gegen ›Ungläubige‹ diene, kommt also einer Selbstdarstellung der städtischen Führung gegenüber dem König gleich, die sich gegen den Bischof zu bewähren hatte. Entsprechend aufschlussreich ist es daher, dass die Räte in ihrem an den König gerichteten Schreiben den Bischof zwar bei den Festivitäten zum Einzug des königlichen Siegels am Rande erwähnen,1215 dass klerikale Lepanto-Festivitäten jedoch unerwähnt blieben – obwohl anzunehmen ist, dass auch Prozessionen und Messen zu Ehren des Seesieges in Guadalajara stattfanden. In diesem Zusammenhang ist auch der Austragungsort der Lepanto-Feste aufschlussreich: der Hauptplatz (Plaza Mayor). Das ist nicht allein auf dessen 1209 Powell: Soldiers, Indians & Silver, S. 99ff. Zur geografischen Nähe Guadalajaras zu den Kampfgebieten siehe insbesondere Carrillo Cázares: El debate sobra la guerra chichimeca. Bd. 1, S. 83. 1210 Eine differenziertere Darlegung des Argumentes findet sich in ebd., S. 267–303. 1211 Ebd., S. 247–266. 1212 Powell: Soldiers, Indians & Silver, S. 105–119. 1213 Carrillo Cázares: El debate sobra la guerra chichimeca. Bd. 1, S. 253: »bárbaros«; »infieles«; »república de los cristianos«. 1214 Powell: Soldiers, Indians & Silver, S. 105–119. 1215 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 2r.

Ein Sieg, viele Regionen

337

Zentralität zurückzuführen, sondern auch durch dessen Symbolcharakter zu begründen. Denn solche Plätze bildeten einen grundlegenden Bestandteil der architektonischen Repräsentation von spanischer Machtausübung in den urbanen Räumen Mittel- und Südamerikas. Wie Karen Melvin zurecht betonte, entspannte sich die städtische Topografie entlang eines Straßennetzes, das auf den Hauptplatz hin ausgerichtet war. Gerade diese stadtarchitektonische Anordnung »markierte einen Ort als ›spanisch‹«,1216 indem dort die monarchischen, städtischen und klerikalen Autoritäten architektonisch und administrativ präsent waren.1217 Zugleich unterstrich Melvin, dass die physikalische Präsenz dieser stadträumlichen Anordnung nur ein Aspekt war, der zur frühneuzeitlichen Wahrnehmung einer Stadt in Mittel- und Südamerika als ›spanisch‹ und als ›katholisch‹ beitrug: Wesentlich waren zudem die Stadtgemeinschaft (civitas), die diesen Raum praktisch, symbolisch, liturgisch und zeremoniell in Anspruch nahm und sich so selbst als katholischen Raum spanischer Herrschaft präsentierte.1218 In diesem Sinne präsentierte sich die Stadt (ciudad) als königsergebene Bürgerschaft (civitas), indem deren Vertreter ihre Version der Interpretation der Auseinandersetzungen zwischen Spaniern und Indigenen postulierten – und dabei die Wahrnehmung des Bischofs eindeutig außen vor ließen. Die für Guadalajara erhaltenen Beschreibungen, die in ihrer Ausführlichkeit einmalig für die Rekonstruktion zeitgenössischer Lepanto-Festivitäten in Mittel- und Südamerika sind, dürften also das Produkt innerstädtischer Auseinandersetzungen über die Hoheit in der Interpretation der Auseinandersetzung mit den ›Chichimeken‹ gewesen sein. Dabei diente die ausführliche Beschreibung der Lepanto-Festivitäten für den König der Übermittlung der Deutung, welche die Mitglieder des Stadtrats über diese Auseinandersetzung vorgebracht und gestärkt wissen wollten. Die in diesem Schreiben präsentierten innerstädtischen Positionen dürften in Madrid allerdings schon allein deshalb kaum wahrgenommen worden sein, weil der Brief dort erst eintraf, als die im August 1572 für den ihm Vorjahr erlangten Sieg bei Lepanto veranstalteten Feste bereits ein Jahr lang vergangen waren.1219 In dem daraufhin verfassten königlichen Antwortschreiben findet sich keine offizielle Reaktion auf die in Guadalajara durchgeführten Lepanto-Feierlichkeiten.1220 Dass in diesem Dokument vom Frühjahr 1574 Lepanto nicht mehr die 1216 Melvin: Building Colonial Cities, S. 1: »marked a place as ›Spanish‹«. 1217 Jay Kinsbruner: The Colonial Spanish-American City. Urban Life in the Age of Atlantic Capitalism. Austin 2005; Remensnyder: Colonization of Sacred Architecture. 1218 Melvin: Building Colonial Cities, S. 1. 1219 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 6r nennt den 21. August 1573 als Eingangsvermerk. 1220 AGI, Audiencia de Guadalajara, 230, L.2, real cédula Philipps II. An die Stadt Guadalajara,

338

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

zentrale Rolle einnahm und stattdessen die Vergütung der Offizialen thematisiert wurde, mag einerseits daran liegen, dass sich die ›Heilige Liga‹ in der Zwischenzeit zerschlagen hatte. Andererseits verdeutlicht ein anderes Schreiben eine weitere Erklärung. Denn als die Antwort des Vizekönigs von Nueva España über den Eingang der Siegesnachrichten und der zu Ehren Lepantos organisierten Feierlichkeiten in Madrid eingetroffen war, ist darauf am Rande vermerkt worden, dass eine schriftliche Reaktion nicht vonnöten sei.1221 Die Durchführung der monarchisch angeordneten Lepanto-Festivitäten wurde also in Spanien zur Kenntnis genommen, ohne dass eine direkte Antwort darauf als erforderlich eingeschätzt worden wäre. Mit den im August 1572 in Guadalajara veranstalteten Lepanto-Festen scheint sich eine besondere Tradition etabliert zu haben, deren Beginn bis dato auf das frühe 17. Jahrhundert datiert worden ist.1222 Alljährlich finden in Zacatecas, das damals ebenso wie Guadalajara zu Nueva Galicia gehörte,1223 am 29. August die ›Morismas de Bracho‹ statt, ein Spektakel in dem farbenfroh gekleidete ›Christen‹ gegen ›Muslime‹ kämpfen. Max Harris, der solchen Feierlichkeiten im Jahr 1996 beiwohnte, schreibt, dass die Betrachter noch damals die moros mit den bei Lepanto kämpfenden Osmanen identifizierten. Ihm zufolge dauerten die Feste mehrere Tage an: Sie wurden am Donnerstag mit einer rituellen Waschung der Statue Johannes des Täufers in der nahegelegenen Kapelle und einer sich daraufhin auf dem Platz des Spektakels anschließenden Marienprozession eröffnet. Dieser schloss sich ein Schaustück an, das die Enthauptung Johannes des Täufers thematisierte. Am Freitag fand dann die Schlacht – beginnend mit einer gemeinsam verliehenen Kommunion – auf einem übergroßen Platz statt, der von der Kapelle, einer Burganlage und Erdwällen eingeschlossen ist. Einige der ›Christen‹ (barbones) trugen überlange, weiße, falsche Bärte, die sie als ›Spanier‹ kennzeichnen sollten. Insgesamt sind ungefähr 450 Bruderschaftsmitglieder als christliche und osmanische Schausteller erwählt worden.1224 Die Veranstaltung ist eine Mischung verschiedener Festtraditionen und Ereignisnarrationen: Die Laufrichtung des Festumzuges der verkleideten Soldaten richtete sich nach der aztekischen Kosmologie,1225 und die Lepanto-Narrative sind hier mit weiteren

1221 1222 1223 1224 1225

Madrid, 18. März 1574 (das explizit als Antwort auf das Schreiben vom 23. Dezember 1572 aufgesetzt worden ist). AGI, Audiencia de México, 19, N.74, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572, fol. 9v: »no ay q[ue] Responder«. Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 3. Peter J. Bakewell: Silver Mining and Society in Colonial Mexico, Zacatecas 1546–1700. (Cambridge Latin American Studies). Cambridge u. a. 1971. Die Beschreibung, auf die ich mich hier und im Folgenden beziehe, findet sich in Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 3–17. Ebd., S. 5f.

Ein Sieg, viele Regionen

339

Kreuzzugsnarrativen versponnen, insofern auch Karl der Große auftrat. Somit war das Spektakel selbst eine Mischung aus der Seeschlacht von Lepanto und der im 8. Jahrhundert ausgefochtenen Schlacht Karls des Großen um die Rückerlangung von Muslimen erbeuteter Reliquien.1226 An besagtem Freitagvormittag Ende August 1996 fand dann eine Schlacht zwischen Karl dem Großen und den moros statt, die damit endete, dass die letzteren die Burg einnahmen. Am frühen Nachmittag setzten sich die Prozessierenden in Gang, die die Marienfigur in die Kapelle brachten und dann ohne diese wieder zum Platz zurückkehrten. Dort traten daraufhin die ›Christen‹ um Juan de Austria auf, der vor der Kapelle eine Rede hielt, bevor die ›Osmanen‹ und ›Christen‹ um den in der Mitte des Platzes befindlichen Baum gegen den Uhrzeigersinn prozessierten, was Harris an aztekische Siegesfeiern in Teno¯chtitlan erinnert. Zu diesem nachmittäglichen Gefecht versammelten sich immerhin rund 2.100 ›christliche‹ und ›osmanische‹ Soldaten. Mit Don Juan und Philipp II. in der Mitte, stürmten die ›Christen‹ bei Artilleriefeuer die von ›Osmanen‹ gehaltene Burg. Auch waren die ›Osmanen‹ durch zusätzliche Attribute als französische Soldaten identifizierbar, die 1862 Puebla zu erobern suchten und nun – eingebettet in die Lepanto-Dichotomie von christianos und moros – gegen die in spanische Uniformen des 19. Jahrhunderts gekleideten ›Christen‹ um Don Juan kämpften.1227 Tags darauf entsandte der Schausteller Karls des Großen eine Gruppe von Botschaftern, die von den ›Osmanen‹ die Rückgabe der Reliquien einforderten, gefangengesetzt und zu erhängen gedroht wurden. Nachdem ein Entsatztrupp sie schießlich rettete, trat eine für Harris unübersichtliche Situation aus sich einander abwechselnden Gesandtschaften, inszenierten Hinrichtungen ›osmanischer Sulta¯ne‹ und drei ˙ weiteren Schlachtszenerien ein, bis die moros die Burg – erstmals zum Tagesende – einnahmen.1228 Sonntags betraten dann laut Harris insgesamt 5.000 Soldaten – unter ihnen auch Frauen und Kinder – das Schlachtfeld und marschierten in einer Parade, in deren Anschluss Tanzgruppen auftraten, deren reich verzierte Kleidungsstücke aztekische Symbole besaßen. Diese matachines (»Raufbolde« beziehungsweise »Schlachter«) traten vor der Kapelle auf, während erneut die Schlacht zwischen ›Christen‹ und ›Osmanen‹ im vollen Gange war. Sie dauerten bis zum Sonntagnachmittag an: Dann versammelten sich die ›Christen‹ auf einem der den Platz umgrenzenden Hügel dergestalt, dass die Zuschauer ein überdimensional großes Kreuz sahen. Anschließend stürmten sie auf das Schlachtfeld und kämpften gegen die in der Burg befindlichen ›Osmanen‹. Die Burg selbst stand am Ende des Kampfes in Flammen; der Sulta¯n Argel Ozmán war ˙ gefangengesetzt und schließlich hingerichtet worden. Eine Kopfattrappe hielt 1226 Ebd., S. 3, 5. 1227 Ebd., S. 6f. 1228 Ebd., S. 7f.

340

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Don Juan in die Höhe, ging mit dieser und Philipp II. sowie einem Botschafter erneut gegen den Uhrzeigersinn um den Platz, was Harris abermals in aztekischer Tradition als Kraftspender versteht. Die Szenerie war mit ›osmanischen‹ Toten und Verwundeten gefüllt, die ›lebensecht‹ zurechtgemacht waren. Zuletzt kehrten die Soldaten zur Kapelle zurück, wo sie Johannes den Täufer und Gott besangen.1229 Was zeigen diese ›Morismas de Bracho‹ in Bezug auf Lepanto? Zunächst wird ersichtlich, wie langlebig die mit den Lepanto-Festivitäten etablierten performativen Memorierungspraktiken sind und wie sehr die Erinnerung an diese Schlacht als Gegensatz zwischen moros – also eben nicht Osmanen, sondern muslimischen »Mauren« – und cristianos – die als ›Spanier‹ repräsentiert werden – in Mittelamerika als Memoria der sogenannten ›Reconquista‹ am Leben gehalten wird. Tradiert wurde und wird diese mittelamerikanische Erinnerung an Lepanto als spanischen Sieg über Muslime vor allem deshalb, weil die Festakte in Zacatecas performativ redundant sind: Sie kehren alljährlich wieder. Harris spricht zudem davon, dass die Spektakelteilnehmer allein 1996 vier Monate lang jeden Sonntag die Schlachtszenerie eingeübt hatten, bevor sie aufgeführt worden ist.1230 Eine vergleichbare Rendundanz ist für Guadalajara nur bedingt festzustellen, wenn es dort auch später noch üblich war, anlässlich der Geburt eines spanischen Thronfolgers Festakte zu organisieren. Beispielsweise sind um 1660 zur Geburt der príncipes Tomás Carlos und Carlos José (des späteren Karls II.) Feierlichkeiten (demostraçiones publicas) mitsamt Prozessionen in Guadalajara durchgeführt worden.1231 Darüber hinaus verdeutlicht eine gemeinsame Betrachtung der ›Morismas de Bracho‹ und historischen Lepanto-Feierlichkeiten, dass diese Erinnerungspraktiken es vermögen, im Laufe der Zeit adaptiert zu werden. So interpretierte Max Harris die Veranstaltung als ein inszeniertes Vorgehen gegen die »traditionellen Feinde des spanischen Katholizismus (Mohren) und mexikanischen Nationalismus (Frankreich)«.1232 Was ursprünglich als Inszenierung einer spanischen Universalmonarchie diente, wurde mit der Überlagerung der Lepanto-Inszenierung mit Elementen der mexikanischfranzösischen Auseinandersetzung um Puebla zu einer Inszenierung des mexikanischen Nationalstaates. Diese interpretative Umwandlung vermochte zudem 1229 Ebd., S. 8–16. 1230 Ebd., S. 5. 1231 AGI, Audiencia de Guadalajara, 230, L.3, fol. 239r ff., real cédula Philipps IV. an Juan Ruiz Colmonero, Bischof von Guadalajara, Madrid, 08. März 1660 (Zitat ebd., fol. 239v); ebd., fol. 278v f., real cédula Philipps IV. an Juan Ruiz Colmonero, Bischof von Guadalajara, Madrid, 23. Januar 1664; ebd., fol. 279r f., real cédula Philipps IV. an die Audiencia von Guadalajara, Madrid, 23. Januar 1664; ebd., fol. 285v, real cédula Philipps IV. an den déan und cabildo der Kathedrale von Guadalajara, Madrid, 01. März 1664. 1232 Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 9: »traditional enemies of Spanish Catholicism (Moors) and Mexian nationalism (French)«.

Ein Sieg, viele Regionen

341

einen der offensichtlichsten ›Widersprüche‹ in der Inszenierung zu erläutern, nämlich dass eine Seeschlacht ohne Wasser zu Land inszeniert wurde.1233 So wie die Memorierung der Schlacht um Puebla auf tradierte Feste als etablierte Erinnerungspraktiken beruhte und diese transformierte, so gestaltete sich die Situation auch zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto. Wenn in Guadalajara 1572 eine Schlacht zwischen moros und cristianos inszeniert wurde, so handelte es sich dabei keineswegs um ein Novum. Seit den frühen Jahren der spanischen Präsenz in Mittel- und Südamerika sind solche Feste belegt. Im kolumbianischen Acla fanden solche schon 1532 statt und in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan sind sie seit 1524 belegbar. Hernán Cortés ließ eine Schlachtszenerie zwischen moros und cristianos sogar zum Einzug der Audiencia (1528) durchführen, was belegt, wie sehr diese dichotomosierende Festpraxis als spanisches Autoritätsritual konzipiert waren und genau in dieser Funktion 1572 vom Rat in Guadalajara aktualisiert wurden.1234 Dass diese Festtraditionen zur Memorierung mediterraner Schlachten in Mittelamerika genutzt wurden, ist gleichfalls für die Jahre vor der Seeschlacht von Lepanto nachzuweisen. Denn bereits 1539 ist in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan die osmanische Belagerung von Rhodos auf dem Hauptplatz inszeniert worden und in demselben Jahr fanden in Oaxaca und Tlaxcala weitere Inszenierungen von Schlachten zwischen moros und cristianos statt, unter denen auch eine Eroberung Jerusalems aufgeführt wurde.1235 Damals ist einerseits Hernán Cortés – gerade auch weil seine Autorität in Mexiko nicht unumstritten war – als Held im Kampf gegen Osmanen stilisiert und andererseits ein zukünftiger Sieg ›christlicher‹ Armeen gegen die Osmanen imaginiert worden.1236 Noch 1550 fand eine Aufführung der osmanischen Belagerung von Rhodos als Kampf zwischen cristianos und moros in Tordesillas statt.1237 Harris sieht in den ›Morismas de Bracho‹ jedoch noch eine weitere »politische Bedeutung«: Er spricht dem Festakt eine subversive Dynamik zu, die es in Bezugnahme auf indigene Traditionen ermögliche, eine scheinbare koloniale, staatliche oder ökonomische Ohnmacht zu unterwandern. Damit vermögen es die Festivitäten zu »Symbolen des Widerstand gegenwärtiger Unterwerfung« zu werden.1238 So refiguriere die Enthauptung des Sulta¯ns in Zacatecas beispiels˙ weise sowohl die Köpfung Johannes des Täufers als auch jene aztekischer 1233 Noch 1996 führte dies zu hämischen Kommentaren seitens der Schausteller: Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 3. 1234 Ebd., S. 121. 1235 Ebd., S. 123–147. 1236 Ebd., S. 127, 131. Dass auch hier local politics verhandelt wurden, stärkt die oben vorgebrachte Interpretation der Lepanto-Festbeschreibung von Guadalajara als symbolische Auseinandersetzung zwischen Stadtrat und Bistum. 1237 Johnson: Cultural Hierarchy, S. 259. 1238 Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 16: »political significance«; »symbols of resistance to present subjugation«.

342

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Kriegsgefangener.1239 Zudem vermochten die Präsentation und Interpretation inszenierter Schlachten auch auf prähispanische Traditionen rekurrieren, denn auch Indigene führten solche Schlachtschaustellungen vor, in denen religiöse, soziale und politische Ansprüche und Legitimationen verhandelt wurden und die fester Bestandteil des Ritualkalenders waren.1240 Wie Indigene die LepantoFestivitäten in Guadalajara wahrnahmen, kann letztlich nicht mit Sicherheit geklärt werden. Aufschlussreich ist jedoch, dass noch 1586 Purépecha (Tarascan)-Indigene eine Schlachtinszenierung zu Ehren eines Franziskanermönchs hielten, in der sie zwar ihre Verehrung der spanischen Autorität auszudrücken schienen, andererseits aber als ›Chichimeken‹ berittene Spanier parodierten – was heftiges Gelächter unter den indigenen Zuschauern verursachte.1241 Es muss also offenbleiben, ob die Zurschaustellung ›chichimekischer‹ Soldaten während der Festivitäten in Guadalajara im August 1572 nicht auch ähnliche Reaktionen hervorgerufen haben könnte, weil sie zugleich spanische Autoritäten unterliefen. Eine indigene Beschreibung und bildliche Darstellung von Lepanto-Festivitäten ist ausgerechnet für Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan überliefert – also dort, wo der Vizekönig Martín Enríquez de Almansa y Ulloa im April und Mai 1572 lediglich allgemein von p[ro]cessiones generales y particulares sowie demostraçiones de alegrias sprach, die er durchzuführen anberaumt habe, sodass leider kein Vergleich zwischen den postulierten Interpretationen der Obrigkeit und jenen eines indigenen Zuschauers möglich ist.1242 Laut einem anonymen Chronisten des in Nahuatl verfassten ›Codex Aubin‹ fanden die zu Ehren der Seeschlacht von Lepanto und der Geburt des spanischen Thronfolgers veranstalteten Feierlichkeiten am 25. Juli 1572 statt.1243 Ihm zufolge sei eine Holzkonstruktion errichtet worden, die den Schauplatz der Szenerie zwischen den Soldaten darstellte, die zunächst in Booten eintrafen, bevor sich berittene Truppen und 1239 Ebd., S. 10. 1240 Patricia Lopes Don: Carnivals, Triumphs, and Rain Gods in the New World. A Civic Festival in the City of México-Tenochtitlán in 1539. In: Colonial Latin American Review 6 (1997), H. 1, S. 17–40; Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 67–114; Clendinnen: Cost of Courage. 1241 Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 130. 1242 AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.12, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572; AGI, Audiencia de México, 19, N.74, ders. an dens., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572; AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.16, ders. an dens., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 30. Mai 1572. 1243 Der ›Codex Aubin‹ wird heute im BM, Am2006, Drg.31219 verwahrt. Zum Kodex siehe Antonio Peñafiel (Hg.): Códice Aubin. Manuscrito azteca de la Biblioteca Real de Berlin, anales en mexicano y geroglificos desde la salida de las tribus de Aztlan hasta la muerte de Cuauhtemoc. Mexiko-Stadt 1902; Manuel Aguilar-Moreno: Handbook to Life in the Aztec World. Eingeleitet v. John M. D. Pohl. Oxford u. a. 2006, S. 266; Bertold Riese: Das Reich der Azteken. Geschichte und Kultur. München 2011, S. 84; BM, Am2006, Drg.31219, fol. 58r.

Ein Sieg, viele Regionen

343

Fußsoldaten im Umfeld aber auch auf dem Dach des Gebäudes bekämpften.1244 Diese Holzkonstruktion (quauhteocalli) hat Max Harris entgegen älterer Übersetzungen nicht als Kirchenbau, sondern als Burganlage interpretiert, da in demselben Kodex an anderer Stelle dasselbe Wort für die Inszenierung der Belagerung von Rhodos verwandt wurde.1245 Eine solche Deutung unterstreicht, dass die in Guadalajara durchgeführten Festivitäten durchaus Parallelen zu den Feierlichkeiten in anderen, mittelamerikanischen Städten besaßen. Wenngleich der Kodex selbst verschiedene Textfragmente versammelt, die den Zeitraum zwischen 1168 und 1608 behandeln,1246 scheint der Eintrag zu den LepantoFeierlichkeiten in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan zeitnah vorgenommen worden zu sein – oder zumindest beabsichtigte der Verfasser, einen solchen Eindruck zu erwecken. Denn er erwähnte explizit, dass sich diese Feierlichkeiten »heute« zugetragen hätten.1247 Zumindest der Textlogik zufolge, die eben auch eine Authentifizierungsstrategie sein könnte, soll der Eintrag noch am 25. Juli 1572, also direkt nach den Festen, verfasst worden sein. Wenn der Eintrag im Hinblick auf indigene Lepanto-Wahrnehmungen untersucht werden soll, fallen vor allem drei Aspekte auf. Erstens, der explizite Hinweis, dass »sie [die Mohren] erobert wurden, als ob sie in ihrem eigenen Land wären.«1248 Die Repräsentation stellte also für den Chronisten durchaus ein Moment der geografischen Ferne nah dar; anders formuliert: das Ereignis wurde in den Kontext von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan transformiert. Zweitens findet sich eine Zeichnung der hölzernen Burganlage neben dem Text (Abb. II.5.2). Dass gerade diese dargestellt wurde, mag sowohl zeigen, dass die Festungskonstruktion wesentlicher Bestandteil in der Wahrnehmung der Festlichkeit war, als auch als Indiz dafür gelten, dass der Terminus quauhteocalli, um den sich in der Forschung die Deutungsdebatten ranken, auch damals einer bildlichen Illustration bedurfte, um eine eindeutige Assoziation und Zuordnung bei den Nahuatl-Lesern hervorzurufen.1249 Die bildliche Darstellung griff Motive und Traditionen von Nahua-Illustrationen auf und präsentiert die Burg sowohl in 1244 Ebd. Eine englische Übersetzung der Textstelle findet sich bei Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 149: »A scenic wooden building [quauhteocalli] was raised so that the lords might be represented as the Moors who were scattered. They were conquered as they were in their own land. This is how they didi it: first they arrived and fought in boats; then they fought on horseback; later they arrived on foot and went on the flat roof. This happened today, Friday 25 July 1572«. 1245 Ebd., S. 125, 149. 1246 Aguilar-Moreno: Handbook to Life in the Aztec World, S. 266. 1247 BM, Am2006, Drg.31219, fol. 58r; Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 149: »happened today«. 1248 BM, Am2006, Drg.31219, fol. 58r; Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 149: »They were conquered as they were in their own land«. 1249 Zu den Debatten um Charles Dibble und Max Harris siehe mit weiterführendem Literaturhinweis Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 149.

344

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

frontaler Ansicht als auch als Außen-Grundriss mit Turmanlagen. Der Verfasser fühlte sich offensichtlich veranlasst, den Neologismus zu illustrieren, um dessen Verständlichkeit sicherzustellen. Auf dem Dach sind zwei Gesichter zu erkennen, wobei angesichts des beigefügten Textes anzunehmen ist, dass sich hier die Kontrahenten gegenüberstehen. Während andere Personendarstellungen im Kodex anhand der Kleidung, Frisuren, Hautfarben und Attribute genauere Rückschlüsse auf deren Herkommen, Positionierung und Berufsgruppe zulassen und diese so unterscheidbar machen, ist das in dieser Zeichnung der LepantoFestteilnehmer nicht der Fall. Die zwei Gesichter werden hier auf bloße, unstilisierte Kreise reduziert, die einander gleichen, sodass die Unterscheidung zwischen cristianos und moros piktoral – sicherlich auch bedingt durch das kleine Format – nicht unterscheidbar sind. Weshalb dies so ist, kann auf eine Textstelle zurückgeführt werden, die in ihrer Auslegung nahelegt, dass sich Spanier als die besiegten moros verkleideten. Eine Textstelle, die Harris als Indiz für eine Sympathie des Indigenen mit den überwältigten moros versteht.1250 Drittens ist auffällig, was nicht erwähnt wird: nämlich zum einen die Prozessionen, die der Vizekönig durchführen ließ,1251 die für den indigenen Chronisten jedoch offensichtlich für nicht erwähnenswert erachtet wurden. Zum anderen führt er an keiner Stelle an, wofür die Feierlichkeiten überhaupt veranstaltet wurden: Weder Lepanto noch die Thronfolgergeburt sind erwähnt.1252 Genau hierin mag sich eine mögliche indigene Interpretation dieser Festivitäten ausdrücken: Zwar muss offenbleiben, ob der Autor den Grund nicht realisierte oder aber bewusst unerwähnt ließ, doch diese Nichterwähnung weist darauf hin, dass es vor allem die indigenen Traditionen solcher Schlachtinszenierungen waren, die bei den Lepanto-Feierlichkeiten in Mittelamerika wahrgenommen worden sind. Als der Chronist diese Feierlichkeiten im Juli 1572 sah, könnten ihn diese an jene vor Zuschauern durchgeführten, rituellen Schlachtszenerien zwischen Sklaven und Gefangenen erinnert haben, die im aztekischen Teno¯chtitlan zum Fest Panquetzaliztli (»Fahnenaufrichten«) zu Ehren der Gottheit Huitzilopochtli durchgeführt wurden, in deren Folge die Menschen verstarben oder auch losgesagt wurden.1253 Die bei den Lepanto-Festivitäten auftretenden Indigenen konnten auch an die während der zum zweiten Monat 1250 Ebd., S. 149f. 1251 AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.12, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572; AGI, Audiencia de México, 19, N.74, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. April 1572; AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.16, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt, 30. Mai 1572. 1252 BM, Am2006, Drg.31219, fol. 58r; Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 149. 1253 Ebd., S. 85–93; Clendinnen: Cost of Courage, S. 54, 65, 85. Zu Panquetzaliztli siehe auch Riese: Reich der Azteken, S. 36, 282f.

Ein Sieg, viele Regionen

345

Abb. II.5.2: Beschreibung und Darstellung der Lepanto-Festivitäten in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan im Nahuatl-sprachigen ›Codex Aubin‹ (1572). (© The Trustees of the British Museum, Am2006, Drg.31219).

346

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Tla¯caxı¯pe¯hualiztli (»Menschenschinden«) im prähispanischen Teno¯chtitlan veranstalteten Ritualfestivitäten auftretenden aztekischen Krieger denken.1254 Dabei ist ebenso anzuführen, dass es nicht die während einer Schlacht getöteten Gegner waren, die den indigenen Kriegern Ehre zusprachen, sondern jene, die sie gefangengenommen und zurückgebracht hatten, wo sie vorgeführt und rituell getötet wurden.1255 Entsprechend dürften auch die in Guadalajara gefangengenommenen und anschließend vor die Oidores geführten turcos als Präsentation sozialer und religiöser Hierarchien eingeschätzt worden sein.1256 Insofern gerade in aztekischer Tradition das Schlachtfeld selbst als sacred space angesehen wurde, dürften auch die zu Ehren Lepantos veranstalteten Schlachtinszenierungen in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan bei indigenen Betrachtern Assoziationen an quasi-religiöse Handlungen hervorgerufen haben, die damit die Aussagenintention eines triumphalen Katholizismus unterwanderten, indem sie Lepanto nicht in Bezug auf einen christlichen Gott, sondern auf indigen-tradierte Gottheiten zu interpretieren vermochten. Als Indiz dafür mag eben gerade die Nichtanführung Lepantos in dieser zeitnah verfassten Festschilderung eines Nahua angesehen werden. Insofern in diesen indigenen Schlacht- und Ritualszenerieren die soziale Harmonie mit dem Kosmos repräsentiert werden sollte, wäre Lepanto dann gerade nicht als außergewöhnliches Ereignis der Diskontinuität wahrgenommen worden, das als Zeichen eines triumphalen Katholizismus zu feiern war, sondern als wiederkehrendes Ritual der Kontinuität, das indigene Deutungstraditionen zu perpetuieren vermochte.1257 Natürlich variierten indigene Festtraditionen regional, doch auch auf der von Maya und Tolteken beeinflussten Halbinsel Yucatán, wo ebenfalls Lepanto-Festivitäten stattzufinden hatten und wo ebenso indigene Adaptionen des katholischen Glaubens und spanischer Autoritätsansprüche nachweisbar sind,1258 konnten sich indigene Zuschauer an ältere Tradition der festlichen Inszenierung von Kampfhandlungen erinnern und diese zur Interpretation der Lepanto-Feierlichkeiten nutzen.1259 Es waren solche indigenen – oder 1254 Zum Monat vgl. ebd., S. 36. Zum Manuskript, das in BML, Mediceo Palatino, 218–220 aufbewahrt wird, siehe Biblioteca Medicea Laurenziana (Hg.): Il mondo degli aztechi nel Codice Fiorentino. (La biblioteca in mostra, Bd. 1). Florenz 2007; Aguilar-Moreno: Handbook to Life in the Aztec World, S. 268f. Die Festbeschreibung findet sich in BML, Mediceo Palatino, 218, II, fol. 17v-26v. 1255 Zu diesem Argument siehe Clendinnen: Cost of Courage, S. 62. 1256 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1r: »ante V[uest]ros. oydores«; »rrepresentando. V[uest]ra rreal perssona«. Zur Repräsentation und Perpetuierung sozialer Hierarchien in aztekischen Ritualen vgl. Clendinnen: Cost of Courage, S. 66. 1257 Ebd., S. 74. 1258 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 225v f., 26. Dezember 1571. Grundlegend ist nach wie vor Clendinnen: Ambivalent Conquests. 1259 Zur spanischen Wahrnehmung ritueller Kampfhandlungen der Indigenen in Yucatán siehe Diego de Landa: Bericht aus Yucatán. Hg. v. Carlos Rincón. Übers. v. Ulrich Kunzmann.

Ein Sieg, viele Regionen

347

genauer: in der aztekischen oder Mayakultur verankerten – Schlachtspektakel, die als Symbol eines heiligen Triumphalismus gedeutet wurden,1260 die die zu Ehren Lepantos veranstalteten Schlachtspiele eben gerade nicht als Szenario einer triumphierenden katholischen Kirche und spanischen Monarchie, sondern als ebensolche »Symbole des Widerstands gegenwärtiger Unterwerfung«1261 wahrnehmen lassen konnten, die Harris vergleichbar für die ›Morismas de Bracho‹ in Zacatecas (1996) konstatierte: als Fortbestand indigener Festtraditionen und damit verbundener Weltdeutungen. Dass die Spektakel, die Lepanto als spanischen Sieg gegen ›Ungläubige‹ imaginieren sollten, auch als solche wahrgenommen wurden, konnten sich die Veranstalter demnach keineswegs so sicher sein, wie dies die Räte von Guadalajara in ihrem Schreiben an den spanischen König nahelegten.

II.5.iii. Lepanto: Ein mediterranes Ereignis und seine Rezeption in den spanischen Überseegebieten Knapp sieben Jahre nach der Seeschlacht setzte ein mexikanischer Bürger (vezino y natural de Mexco) namens Hernando de Bazán in Madrid eine Supplik an den spanischen König auf, in welcher er sich explizit auf die Seeschlacht von Lepanto bezog.1262 Weshalb? Und: Was war geschehen? Er sei vom Marqués del Valle Martín Cortés für zwölf Jahre des Landes verwiesen worden und habe nun, da diese Zeitspanne vollendet sei, den Wunsch, nach Mexiko zurückzukehren. Daher bat Hernando de Bazán den König und Consejo de Indias um die Erlaubnis, dort Land erwerben zu dürfen. Ein solches Zertifikat benötigte de Bazán, um vor Ort legitimerweise ein neues Leben aufbauen zu dürfen und bei gegebenenfalls auftretenden Irritationen das königliche Schriftstück vorzeigen zu können. Um sein Anliegen durchzusetzen, verwies Hernando de Bazán darauf, dass er sich während seiner Zeit im Exil zu verschiedenen Gelegenheiten (occasiones) im Dienste seiner Majestät bewährt habe. Explizit führt er diesbezüglich nur eine solche »Gelegenheit« an: nämlich die im Jahr 1571 ausgefochtene »Seeschlacht […] gegen die türkische Armada«. Mit dem Verweis auf diese batalla naual schrieb sich der Bittsteller in die Narrative um Lepanto ein und Stuttgart 2007, S. 62f. Vgl. auch die Szenerien zu Ballspielen, die im Wolfgang Cordan (Hg.): Popol Vuh. Das Buch des Rates. Mythos und Geschichte der Maya. O. O. O. J., S. 78–94 als Kampfhandlungen auf Leben und Tod tradiert wurden. 1260 Für Azteken siehe Clendinnen: Cost of Courage, S. 54: »but in the Aztec politics of spectacle the great ceremonies which consumed so great a part of the fruits of war constituted the final, necessary and consummatory act of war; they transformed human victory into sacred destiny«. 1261 Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 16: »symbols of resistance to present subjugation«. 1262 AGI, Indiferente General, 739, N.55, Supplik des Hernando de Bazán, Madrid, 05. März 1578.

348

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

eignete sich diese für eine spezifische Beschreibung seiner eigenen Lebensgeschichte an. Entsprechend betonte er, dass er sich im Kampfgeschehen tugendhaft präsentiert habe. Wenngleich Hernando de Bazán vermutlich wohl nichts oder zumindest doch kaum etwas handfestes über die anlässlich der Seeschlacht in Mexiko veranstalteten Festiväten wusste, bediente er sich des Ereignisses Lepanto als aktualisierbare Metapher, deren obrigkeitliche Semantik Philipp II. einige Zeit zuvor für den spanisch-amerikanischen Kontext durch seine Festanordnungen postuliert hatte. Stellte Lepanto für den Monarchen ein Ereignis dar, das es für die Herrschaftsausübung und -inszenierung in peripheren Gebieten wie in Mexiko von Spanien aus zu aktualisieren galt, so war es für Hernando de Bazán deshalb ein Ereignis, weil er durch seine beschriebene Teilnahme Lepanto in seiner Rhetorik des Bittens als Anhaltspunkt nutzen konnte, um sich selbst als treuen, christlichen Untertanen der spanischen Krone zu präsentieren.1263 Dies ist freilich nur eine Seite der Medaille, denn es ist nicht allein entscheidend, wie Hernando de Bazán glaubte, sich Lepanto als Ereignis narrativ aneignen zu können, um sein Ersuchen erfolgreich durchzusetzen, sondern ebenso, wie diese Rhetorik aufgenommen wurde. Dabei ist auffällig, dass sich die direkten obrigkeitlichen Reaktionen auf diese Supplik zunächst einmal nicht auf die Seeschlacht, sondern auf die Ausweisung des Bittstellers beziehen. Eine am Rand des Dokuments angebrachte Notiz vermerkt, dass hierüber genauere Erkundigungen einzuziehen seien.1264 Nachdem die umfangreiche Gerichtsakte gesichtet worden ist,1265 wurde dem König schließlich in einem wenige Tage später aufgesetzten Schreiben eine Gesamteinschätzung unterbreitet. Diesem zufolge sei Hernando de Bazán in einem Prozess für schuldig befunden worden, Alonso d’Avilla in dessen Rebellion gegen den mexikanischen Marqués del Valle unterstützt zu haben, wenngleich de Bazán derartige Zeugenanschuldigungen strikt von sich gewiesen hatte.1266 Doch dies war nicht das einzige Mal, dass Hernando de Bazán vor Gericht in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan aussagte. In den 1550er Jahren war er mit Luis Sánchez in Besitzstreitigkeiten verwickelt gewesen1267 und eine auf das Jahr 1569 datierte königliche Anweisung an den Zahlmeister des Consejo de Indias belegt, dass ihm insgesamt 50 reales als Aufwandsentschädigung für die im Zuge seiner Zeugenaussage getätigten Ausgaben ausgehändigt werden sollten, die er bei Fiskaluntersuchungen gegen den Mar-

1263 Ebd.: »occasion[]«; »batalla naual […] contra la armada turquesca«. 1264 Ebd. 1265 Diese 598 Folio-Seiten umfassende Dokumentation befindet sich heute in AGI, Patronato Real, 215, R.2 und beinhaltet Dokumente der Jahre 1566 bis 1575. 1266 AGI, Indiferente General, 739, N.56, Madrid, 11. März 1578. 1267 AGI, Justicia, 148, N.2, R.1 (1550–1561).

Ein Sieg, viele Regionen

349

qués del Valle abgegeben hatte.1268 Wenig später wurde er dann aufgrund besagter Indizien zwar nicht – wie usprünglich angedacht – enthauptet, aber dennoch bei einer Geldstrafe von 500 ducados für zehn Jahre aus Mittel- und Südamerika (de las Indias) verbannt.1269 Nach der Zustellung dieses Schreibens an Philipp II. sowie dessen Durchsicht ist Hernando de Bazán schließlich die königliche Lizenz erteilt worden, nach Nueva España mitsamt drei Dienern und einem Pagen zurückzukehren.1270 Entsprechend erhielt der in der Supplik enthaltene Hinweis auf Lepanto keine Beachtung, die sich in überlieferten, schriftlichen Quellen niedergeschlagen hätte. Vielmehr war es die nicht weiter erläuterte Ausweisung des Bittstellers, die das königliche Interesse auf sich zog und deren genauere Umstände es zu klären galt. Wenngleich Hernando de Bazán damals für schuldig erklärt worden war, erhielt er die Erlaubnis zur Rückkehr, nun, da er seine Strafe eingelöst hatte. Den Vorwurf der Rebellion gegen die durch die spanische Krone initiierte Herrschaft vor Ort in Mexiko hatte er durch seine weiteren Lebensumstände überwunden, auf die Lepanto als persönlich angeeignetes Ereignis exemplarisch verwies. Lepanto versinnbildlichte damit seine Treue zur spanischen Monarchie, die ihm zuvor aberkannt worden war. Nach Mexiko zurückgekehrt, wandte sich Hernando de Bazán sechs Jahre später (1584) mit einer weiteren Supplik erneut an Philipp II., in dem er, freilich aus seiner Perspektive, die eigene Lebensgeschichte erneut darlegte. Darin schrieb er, dass sein Vater Pedro de Bazán einer der ersten Konquistadoren gewesen sei und sich auf eigene Kosten bei der Eroberung Michoacáns, Colimas, Zacatulas und Pánucos als besonders verdienstvoll hervorgetan habe.1271 Hernando bezieht sich dann auf die Eheschließung seiner Eltern, Pedro de Bazán und Doña Catalina de Alborinoz. War er in seiner sechs Jahre zuvor verfassten Bittschrift noch gezwungen, anzugeben, dass er ins Exil verbannt worden war, so entfiel dieser Vermerk in seiner jetzigen Supplik vollkommen. Ohne Gründe für seine Ausreise anzuführen oder diese selbst auch nur ansatzweise zu erwähnen, fährt Hernando weiter fort und führt an, dass er gemeinsam mit seinem Vater auf der spanisch-ligistischen Galeere des Marqués de Santa Cruz, Álvaro de Bazán, gedient und bei Lepanto gekämpft habe.1272 Der verschwiegene Verweis auf seine 1268 AGI, Indiferente General, 426, L.25, fol. 25r, Madrid, 21. Oktober 1569. 1269 AGI, Indiferente General, 739, N.56, Madrid, 11. März 1578. Hier ist von zehn Jahren – und nicht von zwölf Jahren – Bann die Rede, wie dies Hernando de Bazán in seiner Supplik anführt: AGI, Indiferente General, 739, N.55, Supplik des Hernando de Bazán, Madrid, 05. März 1578. 1270 AGI, Indiferente General, 739, N.56, Madrid, 11. März 1578; AGI, Indiferente General, 1969, L. 22, fol. 130v, 20. Mai 1578; ebd., fol. 137r, 23. Mai 1578. 1271 AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 1r. 1272 Ebd. Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Supplikanten und Flottenkommandanten konnten nicht nachgewiesen werden und sind mit Hernandos expliziten Hinweis, er sei

350

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Verbannung war also ein lebensgeschichtlicher Moment, den Hernando zu verheimlichen beabsichtigte, während er seinen unter Lebensgefahr durchlebten militärischen Einsatz in der batalla Naual offensichtlich als explizit erwähnenswert einstufte. Ebenso habe er als Ligist an Kämpfen gegen die Osmanen bei Navarino teilgenommen. Nach seiner Rückkehr nach Mexiko habe Hernando an der vor Acapulco gelegenen Küste gegen Francis Drake gekämpft und dabei so viel »Ehre und […] Reputation« (onor y […] reputaçion) erlangt, dass er zum Stadtvorsteher Acapulcos (Al[c]alde ordinario) ernannt worden sei. Erst an dieser Stelle gibt der Supplikant das Anliegen seines Textes an: Er bat den König um seine Ernennung zum Gouverneur von Nueva Vizcaya.1273 Diese Bitte mag zunächst angesichts der früher gegen ihn vorgebrachten Rebellionsvorwürfe und seiner Verbannung verwundern, doch diese Geschehnisse fanden in seiner jetzigen Supplik keine Erwähnung. Hingegen betonte er andere Stationen. Hernando beschreibt also in dieser Bittschrift seine Lebensgeschichte im Hinblick auf einen strategischen Zielpunkt, nämlich den begehrten Gouverneurstitel. Dabei ist es ihm offensichtlich wichtig, seine Vergangenheit als familialen Dienst für die spanische Krone zu beschreiben, die er mit Verweisen auf Orte und Ereignisse wie Michoacán, Lepanto, Navarino und Acapulco zu belegen suchte. In diesem lebensgeschichtlichen Entwurf erscheint seine Bitte um den Gouverneurstitel dann nicht mehr überraschend; denn bereits vor seiner Auswanderung hatte Hernando, verankert in konquistadorischer Tradition, Territorialansprüche (etwa über Pungarabato) besessen.1274 Um sein Leben als Dienst für die spanische Krone plausibel beschreiben zu können, kam dem Ereignis Lepanto eine Referenzfunktion zu, die es ihm ermöglichte, dieses lebensgeschichtliche Narrativ zu präsentieren. Daraufhin begannen Ende März 1584 knapp vierwöchige Untersuchungen in der für Nueva España zuständigen Real Audiencia in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan. Während dieser sind insgesamt elf Zeugen – unter ihnen auch einige Konquistadoren und Soldaten spanischer Abstammung – auf Hernando de Bazáns royale (Ver-)Dienste hin verhört worden, die dessen Geschichte bestätigten.1275 vezino y natural de Mexco, eher unwahrscheinlich. AGI, Indiferente General, 739, N.55, Supplik des Hernando de Bazán, Madrid, 05. März 1578, fol. 1r. Der in AGI, Patronato Real, 292, N.3, R.41, Madrid, 23. April 1569 sowie in AGI, Justicia, 1168, N.2 (1580) erwähnte Hernando de Bazán (Talavera), ein Einwohner Fregenals, ist sicherlich nicht mit dem hier behandelten Namensvetter verwandt. 1273 AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 1r. 1274 AGI, Justicia, 148, N.2, R.1 (1550–1561). 1275 AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 2r–7v, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. März 1584 bis 23. April 1584 sowie AGI, Audiencia de México, 217, N.29, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, April 1584. Als Zeugen werden angeführt: Diego Agúndez, Luis de Castilla, Matia Delan, Pedro Farfan, Juan de Guzmán, Luis Carrillo de Guzmán, Cristóbal de Herrera, Juan Pérez de Herrera, Juan de Nájara, Albaro Ruiz und Alonso de Sonate.

Ein Sieg, viele Regionen

351

Offensichtlich besaß er Fürsprecher in der Real Audiencia von Nueva España, da sich unter den Zeugen auch der örtliche Prokurator befand.1276 Dabei bezogen sich deren Aussagen – sicherlich auch entsprechend der ihnen gestellten Fragen – auf dieselben Pfeiler des lebensgeschichtlichen Erzählgerüstes, das de Bazán in seiner Supplik präsentiert hatte: Vater und dessen koloniale Einsätze, Mutter, Ehe, legitimer Sohn, Kriegseinsätze gegen die Osmanen und Engländer, Acapulco. Dabei reicherten die Zeugen diese Geschichten um weitere Details an – etwa dahingehend, dass Pedro de Bazán auch in Lima kämpfte – ohne jedoch das Narrativ von den de Bazáns als »edle Personen« zu unterlaufen.1277 Mit dem Hinweis auf die Seeschlacht wird diese einerseits zu einem familialen Ereignis. Denn dieses Ereignis verwies, wie es der Schreiber der Real Audiencia formulierte, auf die Ehre seiner Person (persona), seines Haushaltes (Cassa) und seiner Familie (familia). In diesem kommt dem Vermerk der Teilnahme an der batalla naual andererseits eine weitere zentrale Rolle zu. Ohne dass es weiterer Erklärungen bedurft hätte, steht die Teilnahme an diesem Ereignis stellvertretend für Hernandos Lebensentwurf als loyalen Diener der spanischen Krone und »guten Ritter« (buen cauallero), weil Lepanto in Mexiko als Sieg der spanischen Krone imaginiert worden war.1278 So resümierte auch der Zeuge Juan de Nájara aus Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan anlässlich Hernando de Bazáns Lepanto-Einsatz, dass dieser ein hombre prinçipal y de la calidad sei.1279 Ebenso interpretierte der capitán Cristóbal de Herrera den Lepanto-Einsatz de Bazáns als sehr guten Dienst für den spanischen König.1280 Dieses nach Madrid geschickte memorial zeigte offenbar seine Wirkung, denn daraufhin folgte die Ernennung des Bittstellers zum Gouverneur von Nueva Vizcaya.1281 Insofern Hernando in seiner Supplik die aus dieser Funktion resultierenden Einkünfte anführte,1282 kann vermutet werden, dass es neben der Ehre – er setzte seine Familientradition fort, die mit seiner Exilierung unterbrochen worden war – auch die finanzielle Absicherung war, die ihn an diesem Amt reizte. Solche Einnahmen konnten vor allem aus der in der Region verbreiteten Minen- und 1276 Ebd., fol. 2r (Zitat), 4r, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 06. April 1584. 1277 Ebd., fol. 2r (Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. März 1584: »personas nobles«), 3r. 1278 Ebd., fol. 2r f., 3r, 4v, 5r, 6r, 7r, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 26. März 1584: »Cauallero y […] Vasallo. de su magd«; »rreal s[er]uiçio«. AGI, Audiencia de México, 217, N.29, MexikoStadt/ Teno¯chtitlan, 15. April 1584, fol. 1v. 1279 AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 4r, Mexico Stadt/ Teno¯chtitlan, 28. März 1584. 1280 AGI, Audiencia de México, 217, N.29, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 15. April 1584, fol. 3r f., hier fol. 3v: »seruiendo a su magestad muy bien«. 1281 Die Ernennung erfolgte durch die Real Audiencia in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan: AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 9v. Ebd., fol. 7v vermerkt den Eingang in Madrid für den 21. Februar 1585. Zur Ernennung siehe auch AGI, Indiferente General, 416, L.6, fol. 34v–36v; ebd., fol. 38v ff., Madrid, 21. Februar 1589; AGI, Patronato Real, 293, N.8, R.1, Monzón, 13. September 1585. 1282 AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 1r.

352

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Salinenwirtschaft resultieren, die ebenso wie die Landwirtschaft zum Großteil von versklavten Afrikanern, Indigenen und Mestizen durchgeführt wurde.1283 Insbesondere die nach den ersten spanischen Landnahmen (1531) dieser von Indigenen bewohnten Gebiete entdeckten Silberminen versprachen große Gewinne und führten daher in den frühen 1560er Jahren zur Gründung dieser Region als administrativen, spanischen Herrschaftsbereich, der zahlreiche Militärexpeditionen und Städtegründungen folgten. Nueva Vizcaya war also ein recht junger, aber hinsichtlich der Erträge besonders vielversprechender Machtbereich, um dessen Vorsitz Hernando de Bazán erfolgreich bat. Denn in den 1570er Jahren hatte sich Nueva Vizcaya durch den enormen, durch Silbereinnahmen erzielten Jahreserlös zu »einem der führendsten Silberproduzenten im gesamten Nueva España« entwickelt.1284 So ist es kaum verwunderlich, dass sich de Bazán als Gouverneur vor allem um eine möglichst ertragreiche Produktion der Silberminen bemühte.1285 Zugleich stellte Nueva Vizcaya jedoch eine der zentralen Regionen dar, in der die spanisch-›chichimekischen‹ Auseinandersetzungen stattfanden, die bereits bei den Lepanto-Festivitäten in Guadalajara thematisiert wurden.1286 Nueva Vizcaya ist in der Forschung sogar als das »Kernland der spanischen Grenze«1287 bezeichnet worden. An diesem Außenposten spanischer Herrschaft bestanden noch zehn Jahre vor de Bazáns Ersuchen ganz grundsätzliche Probleme: Die Hauptstadt Nueva Vizcayas, Durango, hatte 1575 etwa noch mit einer anwachsenden Depopulation bei lediglich 25 bis 30 Stadtbürgern (vecinos) und damit einer ungefähren Gesamtbevölkerung von 300 Menschen zu kämpfen.1288 Insgesamt lebten in der Provinz damals lediglich 500 bis 600 spanische Untertanen.1289 Die Aufgaben, die de Bazán also zu bewältigen hatte, waren die Durchsetzung der merkantilen, politischen, administrativen und religiösen Machtan-

1283 Rivera Villanueva/ Pérez Navarro: Documentos de los tlaxcaltecas. Bd. 6, S. 17; Deeds: Defiance and Defence, S. 12f. 1284 Powell: Soldiers, Indians & Silver; Deeds: Defiance and Defence, S. 12–55; Jones: Nueva Vizcaya, S. 1, 17–59, 63 (»one of the leading silver producers in all of New Spain«). 1285 Vgl. AGI, Audiencia de Guadalajara, 28, R.12, N.61, Hernando de Bazán an Philipp II., San Andrés, 12. März 1585. 1286 Siehe Kapitel II.5.ii. Lepanto-Festivitäten in den spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika. Rivera Villanueva/ Pérez Navarro: Documentos de los tlaxcaltecas. Bd. 6, S. 17. Die Diözese von Durango (Nueva Vizcaya) unterstand damals dem Bistum von Guadalajara. Guillermo Porras Muñoz: Iglesia y estado en Nueva Vizcaya (1562–1821). (Instituto de investigaciones jurídicas. Serie C: Estudios históricos, Bd. 7). 2. Aufl. Mexiko-Stadt 1980, S. 18. 1287 Jones: Nueva Vizcaya. 1288 Ebd., S. 27. Zur Bedeutung Durangos als Hauptstadt im Vergleich zu den Residenzen in Parral und Chihuahua siehe Porras Muñoz: Iglesia y estado, S. 149–157. 1289 Jones: Nueva Vizcaya, S. 27f.

Ein Sieg, viele Regionen

353

sprüche Spaniens.1290 Nach der Eroberung Nueva Vizcayas durch Francisco de Ibarra und der anschließenden Administration durch dessen Familienangehörige Diego und Juan de Ibarra bis 1584 herrschte vor Ort eine auf diese Konquistadoren-Familie hin ausgerichtete Machtstruktur vor. Jones betonte daher zurecht, dass nach 1584 deren Transformation hin zu einer auf die spanische Krone und deren Machtstrukturen ausgerichteten Herrschaft stattzufinden hatte.1291 So betonte de Bazán nicht grundlos, dass er als Gouverneur die Interessen seiner Majestät durchsetze.1292 Seine mit dem Ereignis Lepanto verwobene Biografie prädestinierte de Bazán zur Einnahme dieser Position – zumindest in seinen Augen, sonst hätte er wohl diesen Aspekt nicht so zentral in der Supplik betont. Er rekurrierte auf Lepanto als ein Ereignis, das für die spanische Monarchie und damit für deren sämtliche Herrschaftsbereiche Referenzcharakter besitze, indem es ihn als treuen Diener der Krone sowie als wehrkräftigen Soldaten im Kampf gegen als ›Ungläubige‹ imaginierte Gegner präsentierte. Für Hernando de Bazáns Vorgehen gegen revoltierende Indigene setzten ihm noch im 17. Jahrhundert jesuitische Texte ein Denkmal als Kämpfer gegen die »Feinde des Namen Jesu Christi«. Wenngleich sein Entsatz wenig erfolgreich war, betteten ihn diese Erzählungen in ein Narrativ ein, das ihn als einen von mehreren solcher Kämpfer thematisierte, die schließlich mit Gott gegen die ›Gottlosen‹ gesiegt und somit »große Ehre der spanischen Nation gebracht« hätten.1293 Folglich konnten Akteure durch Selbst- und Fremdstilisierungen in ebenjenen Lepanto-Narrativen situiert werden, die der spanische König in Reaktion auf die Seeschlacht als Deutung dieser etabliert wissen wollte. Wenn er diese in seinen auch nach Nueva España gesandten Schreiben distribuierte,1294 verschickte er eine solche Lepanto-Deutung in ein Vizekönigtum, das nicht allein weite Teile Mittel- und Südamerikas umfasste, sondern bis zu den Philippinen reichte – die nach dem König selbst benannt wurden.1295 Älterer Literatur zufolge hat der 1290 Hierzu – ohne Hinweis auf Hernando de Bazán – auch Deeds: Defiance and Defence, S. 12– 55 und Jones: Nueva Vizcaya, S. 62f. Ebd., S. 237 wird de Bazán als Interimsmachthaber angeführt. In Bezug auf Hernando de Bazán, der auf vier Jahre hin zum Gouverneur ernannt wurde, ist nach wie vor Porras Muñoz: Iglesia y estado, S. 96 aufschlussreich. 1291 Jones: Nueva Vizcaya, S. 61ff. 1576 wirkte Hernando de Trejo als Interimsverwalter. Siehe ebd., S. 63. 1292 AGI, Audiencia de Guadalajara, 28, R.12, N.61, Hernando de Bazán an Philipp II., San Andrés, 12. März 1585, fol. 1v. 1293 Andrés Pérez de Ribas: History of the Triumphs of Our Holy Faith Amongst the Most Barbarous and Fierce Peoples of the New World. Hg. v. Daniel T. Reff. Tucson 1999, S. 109: »enemies of Christ’s name«; »brought great honor to the Spanish nation«. 1294 Siehe Kapitel II.5.i. Ein König berichtet über das Ereignis: Lepanto-Nachrichten aus Spanien. 1295 William S. Maltby: The Rise and Fall of the Spanish Empire. Basingstoke 2009, hier S. 60f. zu den Philippinen. Zur Einführung siehe Linda A. Newson: Conquest and Pestilence in the Early Spanish Philippines. Honolulu 2009.

354

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Augustinermönch Antonio Flores, der bei Lepanto gekämpft und einen Konvent in den Philippinen gegründet hatte, die Siegesnachricht in die südostasiatischen Besitzungen Spaniens transportiert.1296 Auch habe der Augustinermönch und Prokurator Diego de Guevara, als er von Lepanto hörte, von Malaca aus eine zweijährige Reise nach Spanien angetreten.1297 Auf den Philippinen veranstaltete Lepanto-Festivitäten sind der Forschung zwar bisher nicht bekannt, doch ist die Überlegung, dass diese auch dort durchgeführt worden sind, keineswegs abwegig. Denn es ist davon auszugehen, dass sich mit dem an die provinciales des Franziskaner- und Dominikanerordens von Nueva España gesandten LepantoSchreiben sowie mit der darin enthaltenen Anordnung religiöser Kommemorationen auch in den südostasiatischen Regionen dieser spanischen Herrschaft die Kunde von Lepanto verbreitete.1298 Insofern die Festakte des Seesieges in der königlichen Anordnung mit jenen anlässlich der Geburt Fernando de Austrias verbunden waren, ist es zudem vielsagend, dass sich zahlreiche Festivitäten zu Ehren spanischer Thronfolgergeburten auf den Philippinen während des 17. Jahrhunderts nachweisen lassen, die mitunter auch mit der Memoria spanischer Siege gegen südasiatische barbaros verbunden waren.1299 Dass Lepanto in

1296 Vicente Barrantes y Moreno: Apuntes interesantes sobre las Islas Filipinas que pueden ser utiles para hacer las reformas convenientes y productivas para el país y para nación. Madrid 1869, S. 111. Zu Missionarstätigkeiten siehe einführend José Castro Seoane: Aviamiento y catálogo de las misiones que en el siglo XVI pasaron de España a Indias y Filipinas según los libros de Contratación. In: Missionalia Hispanica 13 (1956), Nr. 37, S. 83–140. 1297 Barrantes y Moreno: Apuntes interesantes sobre las Islas Filipinas, S. 111. 1298 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 227v f., 26. Dezember 1571. 1299 Vgl. hierzu: AGI, Filipinas, 77, N.21 (Cabildo eclesiástico von Manila bezüglich der Geburt eines Thronfolgers und des spanischen Sieges gegen los barbaros bei der Einnahme Malucos, 28. Juni 1606; Zitat ebd., fol. 1r); AGI, Filipinas, 84, N.145 (Franziskanermönch Juan de Garrovillas bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 28. Juni 1606); AGI, Filipinas, 76, N.57 (Diego de Soria, Bischof von Nueva Segovia bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 30. Juni 1606); AGI, Filipinas, 79, N.59 (Augustinermönche Lorenzo de León, Juan Bautista de Montoya, Esteban Carrillo, Pedro de Aguirre und Roque de Barrionueva aus Manila bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 05. Juli 1606); AGI, Filipinas, 19, R.7, N.104 (Real Audiencia von Manila bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 08. Juli 1606); AGI, Filipinas, 76, N.15 (Pedro Arce, Bischof von Cebú, bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 20. Juli 1631); AGI, Filipinas, 8, R.1, N.19 (Juan Niño de Távora, Gouverneur der Philippinen, bezüglich der Geburt eines Thronfolgers und diese betreffende Festivitäten, 11. Juli 1632); AGI, Filipinas, 28, N.67 (Cabildo secular von Manila bezüglich der Geburt eines Thronfolgers und diese betreffende Festivitäten, 18. Juli 1661); AGI, Filipinas, 296, N.59 (Franziskanermönch Cristóbal de Jesús bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 18. Mai 1709); AGI, Filipinas, 296, N.64 (Jesuit Pablo Clain bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 27. Juni 1709); AGI, Filipinas, 294, N.37 (Cabildo eclesiástico von Manila bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 28. Juni 1709); AGI, Filipinas, 290, N 33 (Francisco de la Cuesta bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 03. Juli 1710); AGI, Filipinas, 165, N.79 (Real Audiencia von Manila bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 08. Juli 1709); AGI, Filipinas, 166, N.2 (Real Audiencia von Malina bezüglich der Geburt eines Thronfolgers und

Ein Sieg, viele Regionen

355

Manila durchaus bekannt war, belegt ein 1585 verfasstes Schreiben des oidor licentiate Melchor Dávalos. In diesem unterbreitete der vorsitzende Richter der Real Audiencia dem spanischen König den Vorschlag, die auf den Philippinen lebenden Muslime gleichsam der spanischen ›Reconquista‹ auszuweisen. Dabei sprach Dávalos davon, dass sich auf der Inselgruppe arabische, ägyptische und osmanische Muslime aufhielten und sich in der Verbreitung ihres Glaubens engagieren würden, ja, dass unter den jährlich auf Sumatra, Brunei und Ternate eintreffenden Osmanen auch solche seien, die Don Juan bei Lepanto besiegt hatte.1300 Mit dem Verweis auf das Ereignis Lepanto vermochte Dávalos die spanischen Überseegebiete Südostasiens in einer dichotomischen Erzählung vom Konflikt zwischen Spanien und ›dem Islam‹ einzubetten, was keineswegs unüblich war.1301 Bereits vor der Seeschlacht war der König im Juli 1570 darüber informiert worden, dass Spanier gegen die in Manila lebenden moros Eroberungen zu verzeichnen hätten. Die Ankunft auf der Insel Panay beschrieb der Mönch Juan de Alva als Eroberungsakt eines christlichen Monarchen: Er habe, als er an Land ging, sogleich Philipp II. als »neu eingetroffenenen ›Eroberer‹ Jesu Christi« geschrieben.1302 Für Dávalos stellte die Seeschlacht als Ereignis eine aktualisierbare Chiffre dar, um die Idee einer spanischen Monarchie, die ›Ungläubige‹ besiegt und deren Gebiete erobert, von einem mediterranen Kontext auf jenen spanischer Überseegebiete zu transferieren. Diese Logik erklärt auch den Umstand, dass die Spanier noch Mitte des 19. Jahrhunderts einen philippinischen Militärdistrikt nach der Seeschlacht als Lepanto benannten.1303 Angesichts dieser imperialen Geografien sowie der durch enorme Mobilität gekennzeichneten Lebenswegen – wie etwa jene Hernando de Bazáns –,1304 ist davon auszugehen, dass Lepanto-Nachrichten global kuriserten. Während der de Bazán betreffenden Untersuchung trat auch Juan Pérez de Herrera als Zeuge in der Real Audiencia in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan auf. Insofern er bei der Beschreibung des Liga-Entsatzes de Bazáns bei Lepanto (1571) und Navarino (1572) seine eigene Augenzeugenschaft betonte,1305 kann vermutet werden, dass so

1300 1301 1302 1303 1304 1305

diese betreffende Festivitäten, 09. Juli 1709); AGI, Filipinas, 296, N.69 (Augustinermönch Juan Bautista de Olarte bezüglich der Geburt eines Thronfolgers, 09. Juli 1709). Charles R. Boxer: Portuguese and Spanish Projects for the Conquest of South East Asia, 1580–1600. In: South East Asia. Colonial History. Hg. v. Paul H. Kratoska. London/ New York 2001, S. 130f. Tatiana Seijas: Asian Slaves in Colonial Mexico. From Chinos to Indians. (Cambridge Latin American Studies, Bd. 100). Cambridge u. a. 2014, S. 62. Benitez Licuanan/ Llavador Mira: The Philippines under Spain. Bd. 2, S. 318f., 327: »newly arrived ›Conquerer‹ of Christ«. Grundsätzlich hierzu siehe Boxer: Portuguese and Spanish Projects; Eduardo Masferré: A Tribute to the Philippine Cordillera. Makati City 1999, S. 10. Zu mobilen Lebenswegen siehe auch Ghobrial: Secret Life. AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 2r (Zitat), 3r.

356

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

mancher Ligist nach der Seeschlacht sein Glück in den spanischen Überseegebieten versuchte und dort seine (Helden-)Geschichten berichtete. Dies belegt eine weitere Supplik von Antonio Mirón, der als Schreiber – vielleicht sogar in der Real Audiencia – in Guatemala-Stadt arbeitete.1306 Er berichtete, mit Inès de Paredes verheiratet zu sein, deren Vater Pedro einer der ersten Konquistadoren in Nueva España gewesen sein soll.1307 Antonio selbst gibt an, als Soldat in spanischen Diensten während des guerra [d]e [G]ranada gedient zu haben, wobei er sicherlich den Aufstand der moriscos von Alpujarra (1568) meinte, zu dessen Befriedung (paçificaçion) er beigetragen habe.1308 Später sei er Pedro de Padilla auf der Italienischen Halbinsel unterstellt gewesen, bevor Antonio als »guter Soldat« (buen soldado) an dem »berühmten Sieg« (famosa Vitoria) beteiligt gewesen sei, den Juan de Austria in der Seeschlacht (batalla nabal) gegen den »Großtürken« erlangt habe. Dort habe er auf einer osmanischen Galeere, so Antonio weiter, mit Gottes Hilfe und der Unterstützung von vier weiteren Soldaten in spanischen Diensten gegen 200 Osmanen gekämpft, unter denen sich auch einige Yeñi-cˇeri (geni caros) befunden hätten. Später habe er auch bei Navarino gekämpft und Don Juan als Schreiber gedient. Nach seiner Überfahrt nach Mittelamerika, so Antonio weiter, sei er im Einsatz gegen Francis Drake gewesen.1309 Antonio Miróns in Guatemala aufgesetzte Supplik ähnelt in den Lebensstationen, auf die er verweist, in auffälliger Weise jener, die Hernando de Bazán in Mexiko ungefähr zeitgleich aufsetzte: der Hinweis auf die familiale Tradition von Konquistadoren, die Antonio durch seinen Schwiegervater anführt, und der Verweis auf den eigenen Kampf gegen die Osmanen, mit den für Beide zentralen Referenzen auf Lepanto und Francis Drake. Das verdeutlicht den stark formalisierten Charakter des Genres, veranschaulicht aber zugleich, wie auf diskursive Versatzstücke zurückgegriffen werden konnte, um Lepanto-Lebensgeschichten zu narrativieren.1310 Wie bei de Bazán setzte auch bei Mirón, der sich finanzielle Zuwendungen erhoffte, eine formale Prüfung des Gesuchs durch die örtliche 1306 Diese Supplik ist überliefert in AGI, Patronato Real, 78B, N.2, R.10, fol. 1r. Die Lebensumstände Antonio Miróns lassen sich schlechter rekonstruieren, als jene Hernando de Bazáns. In AGI, Catálogos de Pasajeros a Indias, L.6., E.462, 20. Juni 1578 ist ein Dokument überliefert, das einen Antonio Mirón, der aus Ceclavín stamme und der Sohn von Bartolomé Sánchez und Constanza Rodríguez sei, die Überfahrt nach Nueva España erlaubt. Darin wird ihm auch die Mitnahme Juan Miróns gestattet, seines und María Méndez’ Sohnes. Insofern Antonio in seiner Supplik die Namen seiner Eltern nicht anführt, kann über eine Gleichsetzung dieser Person(en) nur spekuliert werden. Jedoch variieren die Namen der Ehefrau und Kindsmutter. AGI, Indiferente General, 1969, L. 22, fol. 108r, Madrid, 14. April 1578. 1307 AGI, Patronato Real, 78B, N.2, R.10, fol. 1r. 1308 Ebd.; Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 213–238. 1309 AGI, Patronato Real, 78B, N.2, R.10, fol. 1r: »gran turco«. 1310 Davis: Kopf in der Schlinge.

Ein Sieg, viele Regionen

357

Real Audiencia ein. Doch Antonio Miróns Fall wurde für einige Zeit ausgesetzt, nachdem die erste Zeugenbefragung im Februar 1584 in Guatemala unterbrochen und auf September verschoben worden war. Dann bestätigten die Zeugen seine Lebensstationen und reicherten sie um weitere Details an: Antonios Schwiegervater habe auch in Honduras Eroberungszüge unterstützt und Antonios Einsatz gegen Drake habe vor Acapulco stattgefunden.1311 Offensichtlich hatte Mirón mit de Bazán gemeinsam gegen den Engländer gekämpft. Hatten sie bewusst ihre Suppliken ähnlich gestaltet und zeitgleich eingereicht? Hatten sie sich womöglich über ihre Lepanto- und Lebensgeschichten sowie darüber, wie sie diese gewinnbringend als Suppliken einreichen könnten, zuvor ausgetauscht? Jedenfalls ist den Zeugenaussagen zu entnehmen, dass Antonio weitläufig über die batalla nabal berichtet hatte.1312 So bestätigten diese bereitwillig, dass Antonio Mirón und seine Ehefrau Inès de Paredes »sehr ehrenwerte Personen«, aber »sehr arm und bedürftig« seien.1313 Auch in Südamerika ist eine Lepanto-Supplik überliefert: 1582 reichte Francisco Paniagua in der Real Audiencia in Quito (Ecuador) eine Bittschrift ein, in der er betonte, in Italien gedient zu haben und daraufhin versklavt und nach Nordafrika verschleppt worden zu sein. Später soll er sich aus dieser Lage befreit und im Dienste Juan de Austrias bei der Seeschlacht von Lepanto gekämpft haben. Nach seiner Fahrt über den Atlantik habe er sich an den Kämpfen gegen die Omagua-Indigenen in den peruanischen Amazonas-Gebieten beteiligt.1314 Dieser Lebenslauf brachte ihm nach der Zeugenbefragung in der Real Audiencia von Quito den Ruf ein, »Soldat« sowie ein »guter christlicher Mensch« zu sein.1315 All diese Beispiele verdeutlichen, dass das spanische Imperium einen Möglichkeitsrahmen für mobile Lebenswege schuf, in denen Lepanto von Bedeutung war. Mexikaner nahmen an der Seeschlacht teil und Spanier, die während dieser kämpften, reisten später nach Südostasien, Mittel- oder Südamerika. Gerade weil Lepanto in diesen Lebensläufen ein biografisches Ereignis darstellte, war es zugleich ein glokales Ereignis: Mit den Lebensgeschichten dieser mobilen Akteure reisten die Lepanto-Geschichten um die Welt. So gab beispielsweise der capitán Francisco Arias de Herrera an, nicht nur bei Lepanto gekämpft, sondern auch zur Eroberung Perus und Bekämpfung der ›Chichimeken‹ beigetragen zu haben. 1311 AGI, Patronato Real, 78B, N.2, R.10, fol. 3r f. 1312 Ebd., fol. 4r. Näheres dazu in II.7.i. Mit Lepanto wirtschaften: Bittsteller und Belohnungen. 1313 AGI, Patronato Real, 78B, N.2, R.10, fol. 4r: »son personas. muy honrradas. Los quales estan muy pobrres. y nesçesitados«. 1314 AGI, Patronato Real, 126, R.8, Quito, November 1582; Francisco J. Ullán de la Rosa: Jesuitas, omaguas, yurimaguas y la guerra hispano-lusa por el Alto Amazonas. Para un posible guión alternativo de »La misión«. In: Anales. Museo de América 15 (2007), S. 173–191. 1315 AGI, Patronato Real, 126, R.8, Quito, fol. 7v, 18. November 1582: »soldado«; »hombre buen xpiano«.

358

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Nachdem er in spanischen Diensten an der nordafrikanischen Küste zum Einsatz gekommen sei, habe er schließlich die Philippinen und auch mehrfach China bereist.1316 Der Lepanto-Teilnehmer Diego de Aranda Pineda hielt sich im Mittelmeer und im Pazifik auf.1317 Alsono García Romero wiederum war in Flandern, Italien, Tunis und bei Lepanto im Einsatz, bevor er auch in Südamerika in spanischen Diensten bei Río de la Plata kämpfte und eine Söldnergruppe anführte.1318 Doch nicht allein mit den Reisen der Schlachtteilnehmer, sondern auch mit den Reisen anderer Zeitgenossen zirkulierte die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ und transformierte sich das Ereignis Lepanto als Bezugspunkt für mittel- und südamerikanische Kontexte. Ein besonders anschauliches Beispiel hierfür ist der Adlige Alonso de Ercilla y Zúñiga. 1533 in Madrid geboren, wurde Alonso nach dem frühen Tod seines Vaters am Hof erzogen und wirkte als Page des späteren Philipps II. Nach zahlreichen Reisen begab er sich 1555 auf die Überfahrt nach Panama und Peru, wo er García Hurtado de Mendoza, den Sohn des Vizekönigs, auf eine Expedition gen Chile begleitete und mit den Konquistadoren gegen die dort ansässigen Mapuche-Indigenen, auch ›Araukaner‹ genannt, kämpfte. Nachdem er in Ungnade gefallen und nach Peru exiliert war, kehrte de Ercilla y Zúñiga 1563 nach Spanien zurück, wo er im Jahr der Seeschlacht von Lepanto von Philipp II. zum Santiagoritter ernannt wurde und fortan bis zu seinem Tod mit beachtlichen Einnahmen in Madrid lebte. Grund für diesen gehobenen Lebensstandard waren auch die Einkünfte, die er aus dem Verkauf seines unter Zeitgenossen höchst beliebten Werkes ›La Araucana‹ erzielte.1319 Nach Spanien zurückgekehrt, hatte er darin die Kämpfe zwischen Indigenen und Spaniern literarisch in einem Versepos verarbeitet. Im Vorwort zum ersten Teil (1569) führt er an, dass sein Text auf Versatzstücke zurückgehe, die er bereits in Chile auf Papier- und Lederfetzen notiert habe.1320 Dieser Verweis dürfte auf literarischer Ebene zugleich als Authentifizierungsstrategie gedient haben, denn de Ercilla y Zúñiga beanspruchte, dass seine Geschichte (historia) wahrhaft (verdadera) sei. Er beschrieb einführend das Thema seines Textes allgemein als »Kriegssachen« und spezifiziert daraufhin, dass er darzulegen beabsichtige, wie die araucanos gegen die Spanier um ihre »Freiheit« kämpften. De Ercilla y Zúñiga stellte die Auseinandersetzungen zwischen Indigenen und 1316 AGI, Patronato Real, 127, N.2, R.4, Francisco Arias de Herrera; AGI, Patronato Real, 152, N.5, R.2. 1317 AGI, Patronato Real, 137, N.1, R.3, Diego de Aranda Pineda. 1318 AGI, Patronato Real, 130, R.5, Alsono García Romero. 1319 Werner Huber: Ercilla y Zúñiga, Alonso de. In: Kinderls Literatur Lexikon. Hg. v. Walter Jens. Bd. 5. München 1989, S. 248f.; Alonso de Ercilla y Zúñiga: La Araucana. Hg. v. Concha de Salamanca. 6. Aufl. Madrid 1968, S. 15–36. 1320 Huber: Ercilla y Zúñiga, S. 248; Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 47.

Ein Sieg, viele Regionen

359

Spaniern in Südamerika in einem Narrativ dar, dass die kriegswütigen Handlungen der Konquistadoren fragwürdig werden ließ und auf eine Heroifizierung der araucanos als spanische Gegner zielte. Gleich eingangs betonte er, den »Mut (valor) dieser Leute (gentes)« darlegen zu wollen.1321 Mit einer solchen Erzählung fügte er die spanische Conquista Mittel- und Südamerikas in ein Narrativ ein, das vor allem Herrschaftseliten zweifelhaft gewesen sein dürfte: Er sank in der »königliche[n] Gunst« und Hurtado de Mendoza wurde ein als Gegenwerk zu de Ercilla y Zúñiga konzipierter Druck namens ›Arauco domado‹ gewidmet, in dem der Sieg gegen die araucanos als Akt der Zähmung beschrieben wurde. Dennoch erfreute sich de Ercilla y Zúñigas Text einer beachtlichen Beliebtheit. Insgesamt folgt das in drei Teilen gedruckte Werk (1569, 1578, 1589), das Liebes- und Kriegsgeschichten vereint, einem klaren Erzählschema: Nach anfänglichen indigenen Siegen werden diese zunehmend von Spaniern bezwungen, bis schließlich deren Häuptling Caupolicán in spanische Gefangenschaft geriet und zu Tode gefoltert wird.1322 Aufschlussreich ist ›La Araucana‹ in dem hier behandelten Zusammenhang der zeitgenössischen Ereigniswerdung Lepantos vor allem aufgrund des zweiten Teils.1323 Sieben Jahre nach der Schlacht erschienen, findet sich darin ein Gesang (canto XXIV), der eigens dem Seesieg gewidmet ist.1324 Dass Lepanto in einem Versepos des 16. Jahrhunderts anzutreffen ist, das sich der spanisch-indigenen Auseinandersetzungen in Südamerika widmete, bedarf eingehenderer Erläuterung. Auf den ersten Blick unterscheidet sich de Ercilla y Zúñigas Darstellung der Seeschlacht kaum von anderen spanischen Lepanto-Gedichten dieser Zeit. Der Autor glorifiziert Don Juan de Austria als Sohn Karls V., besingt den Schlachtverlauf als Heroifizierung der Liga-Teilnehmer und die Flucht des »erfahrenen Korsaren« ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa angesichts der »christlichen Kraft«, wobei auch das blutrote und leichenüberschwemmte Meer als Szenario der Schlacht beschwört wird.1325 Dabei beschrieb de Ercilla y Zúñiga die Seeschlacht entsprechend der etablierten Türkengefahr-Dichotomien als Auseinandersetzung zwischen der 1321 Ebd., S. 47ff.: »la historia verdadera«; »la historia verdadera y de cosas de guerra«; »libertad«; »araucanos«; »valor de estas gentes«. Zu dieser Interpretation vgl. William Mejías López: Las ideas de la guerra justa en Ercilla y en La Araucana. Santiago de Chile 1992, S. 73– 108. Die Wortwahl ist auch insofern beachtenswert, als dass valor nicht allein auf Mut, sondern auch auf Tapferkeit und Wert(-schätzung) verweist. Eine fundierte literaturhistorische Besprechung des Werkes findet sich in Huber: Ercilla y Zúñiga. 1322 Ebd., S. 248; Barbara Simerka: Discourses of Empire. Counter-Epic Literature in Early Modern Spain. (Penn State Studies in Romance Literatures). University Park, Pennsylvania 2003, S. 93–97. 1323 Eine kurze, allgemeine Einführung zur Lepanto-Rezeption in ›La Araucana‹ liefert Albert Mas: Les turcs dans la littérature espagnole du Siècle d’or. Recherches sur l’évolution d’un thème littéraire. (Thèses, mémoires et travaux, Bd. 9). Bd. 1. Paris 1967, S. 209ff. 1324 Huber: Ercilla y Zúñiga, S. 248; Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 583–612. 1325 Ebd., S. 585–610. Zitate ebd., S. 605: »corsario experto«; ebd. S. 609: »la cristiana fuerza«.

360

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

»mahometischen Wut« und dem »Mut (valor) des christlichen Schwertes«.1326 Ausführlich besang er auch »den guten Marqués de Santa Cruz«,1327 Álvaro de Bázan, der demselben Adelsgeschlecht entstammte, wie de Ercilla y Zúñigas Ehefrau María, die er ein Jahr vor dem spanischen Seesieg geheiratet hatte.1328 Die Ehre des Lepanto-Teilnehmers war folglich als familiale Ehre auch an jene des Verfassers gebunden. Auffällig ist, dass de Ercilla y Zúñiga die Seeschlacht auf zweierlei Weise als eine Art ›Weltenschlacht‹ beschreibt. Erstens hätten sich croatos, dalmacios, esclavones, búlgaros, albaneses, transilvanos, tártaros, tracios, griegos, macedones, turcos, lidios, armenios, georgianos, sirios, árabes, licios, licaones, númidas, sarracenos, africanos einerseits und España, Italia und Alemaña andererseits gegenübergestanden.1329 Das Schlachtfeld selbst versammelte also Teilnehmer aus den verschiedensten Regionen. Zweitens schrieb er der Schlacht bereits vor ihrer Austragung – in ihrer literarischen Verarbeitung – eine weltenumspannende Bedeutung zu, wenn er betont, dass Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇa in einer Ansprache vor der Schlacht die Osmanen aufgefordert habe, die »christliche Macht« vom Ganges bis nach Chile und vom Nord- bis Südpol herniederzuringen.1330 In dieser literarischen Rede des osmanischen Oberbefehlshabers verbindet er das Ereignis Lepanto mit Chile, dem eigentlichen Handlungsraum des Versepos’, wobei die dort zwischen Indigenen und Spaniern umkämpften Gebiete damit zu einem Bestandteil eines imaginierten ›christlichen Territoriums‹ proklamiert werden. Die Verbindung stärkt der Autor zudem mit der Erzählung darüber, wie ein Magier namens Fitón dem lyrischen Ich in einer chilenischen Höhle aus einer Glaskugel die Seeschlacht bereits vor ihrem Eintreten geweissagt habe.1331 Nach der Seeschlacht (1578) schrieb also de Ercilla y Zúñiga, das Ereignis Lepanto sei bereits knapp 15 Jahre zuvor in einer chilenischen Höhle prophezeit worden. Dort habe Fitón eine bei Lepanto und den Echinaden-Inseln ausgefochtene Schlacht zwischen »den ungläubigen Türken und Christen« angekündigt, die durch den Papst, Philipp II. und Venedig angeführt werde.1332 Der Zauberer (mago) Fitón habe dem lyrischen Ich, das hier als Autor Alonso de 1326 Ebd., S. 608: »el furor mahomético«; »valor de la cristiana espada«. 1327 Ebd., S. 601: »[e]l buen marqués de Santa Cruz«. 1328 Frank Pierce: Alonso de Ercilla y Zúñiga. (Biblioteca Hispanoamericana y española de Amsterdam, Bd. 4). Amsterdam 1984, S. 3, 9, 24. 1329 Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 584. 1330 Ebd., S. 593: »[…] echad a fondo ya el poder cristiano,/ tomando posesión de un golpe solo/ del Gange a Chile y de uno al otro polo«. 1331 Ebd., S. 557–582 (insbesondere 579ff.), 610–612. Grundsätzlich siehe James Nicolopulos: The Poetics of Empire in the Indies. Prophecy and Imitation in La Araucana and Os Lusíadas. (Studies in Romance Literatures). University Park, Pennsylvania 2000, S. 14f. 1332 Huber: Ercilla y Zúñiga, S. 248; Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 579f. Zitat in ebd., S. 580: »los infieles turcos y cristianos«.

Ein Sieg, viele Regionen

361

Ercilla y Zúñiga imaginiert wird, geweissagt, dass durch diese »außerordentliche Seeschlacht« (naval batalla extraña) der »höchste Mut Eures Spaniens« (el supremo valor de vuestra España) sichtbar werde.1333 Lepanto wird hier folglich als ein antizipiertes Ereignis dargestellt, das spanische Übermacht und Machtautorität verdeutliche und durch dessen literarisch-retrospektive Weissagung auch für Südamerika seine Bedeutung beansprucht. Dem Autor »dient dieser Kunstgriff dazu«, so ist diesbezüglich argumentiert worden, »den universalhistorischen Zusammenhang des Kriegszugs gegen die Araukaner mit dem Ausbau der spanischen Weltmacht zu unterstreichen.«1334 Dies wird dadurch betont, dass dem Lepanto-Gesang ein canto folgt, in dem eine verlustreiche Schlacht (batalla) zwischen Indigenen und Spaniern beschrieben wird, in welcher die spanischen Soldaten ehrenhaften Mut und Tapferkeit (valor) bewiesen hätten.1335 Die literarische Bezugnahme auf das prophezeite und eingetretene Ereignis Lepanto bewirkt also eine Parallelisierung mediterraner und südamerikanischer Geschehenszusammenhänge durch den Bezug auf ein triumphales Spanien als tertium comparationis. Damit dient Lepanto als Explanans für das sich ändernde Machtgefüge in Chile (Explanandum), in dem die araucanos zuvor noch als den Spaniern ebenbürtige Gegner imaginiert wurden, die dann bezwungen werden. Eine solche Parallelisierung nutzte de Ercilla y Zúñiga bereits vor dem Lepanto-Gesang an einer anderen Stelle im zweiten Teil seiner ›La Araucana‹, wenn er den spanischen Sieg über die Franzosen bei Saint-Quentin (1557) mit einer zur selben Zeit in Chile ausgefochtenen Schlacht zwischen Spaniern und Mapuche parallelisiert. In dem Vorwort zu dieser zweiten Teilausgabe beschrieb der Autor derartige Parallelisierungen als göttliche Taten.1336 Lepanto dient damit als mediterrane Parallelgeschichte zu den Auseinandersetzungen zwischen den araucanos und españoles in Chile, die deren Bedeutung für das spanische Imperium als gegen Nichtkatholiken gerichtete Herrschaft zentral demonstrieren.1337 Dabei konfiguieren sie aber zugleich auch das handlungsleitende Prinzip des Versepos’: Fortuna.1338 Wenn Lepanto herangezogen wird, um den kriegerischen Geschehenszusammenhang zwischen Mapuche und Spaniern als Resultat des Wirkens der Fortuna literarisch zu beschreiben, so wird damit auch das Ereignis Lepanto als eine Schlacht beschrieben, 1333 Ebd., S. 580: »Presto verás una naval batalla extraña, donde se mostrará bien manifiesto el supremo valor de vuestra España«. 1334 Huber: Ercilla y Zúñiga, S. 248. 1335 Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 613–635. 1336 Ebd., S. 409f., 437–479. 1337 Nicolopulos: Poetics of Empire, S. 11f.; Andrés I. Prieto: El segundo Carlomagno. Las visiones proféticas de San Quintín y Lepanto en La Araucana de Ercilla. In: Hispanófila. Ensayos de literatura 140 (2004), S. 81–99. 1338 Huber: Ercilla y Zúñiga, S. 248. Siehe auch Florence Buttay-Jutier: Fortuna. Usages politiques d’une allégorie morale à la Renaissance. Paris 2008.

362

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

deren Ausgang wesentlich von Fortuna und Mars abhing.1339 Damit erscheint Lepanto als ein »Schlag der Fortuna«,1340 der auf deren grundsätzliches Wohlwollen gegenüber den spanischen Machtbestrebungen schließen lasse und der sich – durch die literarische Weissagung des Ereignisses in einer chilenischen Höhle – auf verschiedene imperiale Kontexte anwenden ließ. Lepanto fungiert hierbei als Synonym für spanische Hegemonialansprüche und deren legitimisierte Durchsetzung. Entsprechend ist de Ercilla y Zúñigas Parallelisierung mit Lepanto als »translatio-imperii-Projekt« beschrieben worden, das die spanischen Eroberungen in Südamerika als Erzählzusammenhang durch den Lepanto-Verweis legitimiert.1341 Zugleich dient diese Rhetorik aber auch de Ercilla y Zúñigas Selbststilisierung als »spanischer Imperialpoet oder neuer Vergil«, wie Elizabeth B. Davis herausstellte.1342 Dabei griff der Autor bewusst auf nach Lepanto etablierte Diskurse über dessen Ereignischarakter zurück, um sie in seinem Werk literarisch als in Chile zu situierende, retrospektive Antizipation des Ereignisses zu beschreiben. Beispielsweise wenn er Fitón die Seeschlacht von Lepanto mit jener von Actium vergleichen lässt – was in zeitgenössischen Abhandlungen nach der Seeschlacht durchaus weit verbreitet war. Im Umkehrschluss wird damit Lepanto als Ereignis von universeller Bedeutung konzipiert (als universal y gran jornada).1343 Die Auseinandersetzungen Lepanto und Chile dienen hier demnach als Projektionsorte und -ereignisse, um vor einem spanischen Publikum Diskurse um Machtansprüche und -legitimierung kolonial-imperialer Gewalt- und Machtausübung literarisch zu verarbeiten.1344 Damit ist de Ercilla Zúñiga aber gerade keine Quelle, die, wie das behauptet worden ist, über die literarische LepantoRezeption in Chile Auskunft gibt, sondern darüber, wie Spanier die Eroberungszüge gegen Indigenen legitimierten.1345 Wie Lepanto als Ereignis von Indigenen selbst beschrieben werden konnte, zeigt eine in Nahuatl verfasste Chronik: 1339 Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 585. 1340 Ebd., S. 583: »golpe de fortuna«. 1341 Elizabeth B. Davis: Myth and Identitiy in the Epic of Imperial Spain. Columbia, Missouri 2000, S. 76f. Zitat ebd., S. 77: »translation imperii project«. 1342 Ebd., S. 76f. Zitat ebd., S. 77: »Spanish imperial poet or new Virgil«. Dass diese Adaption der Vergil’schen ›Aeneis‹ nicht allein von de Ercilla y Zúñiga, sondern auch von anderen iberischen Autoren genutzt wurde, um sich als imperiale Dichter zu inszenieren, unterstreicht die Konkurrenz, die in der Nutzung eines solchen Motivs für die Selbststilisierung der Dichter liegt. Eine ausführliche Besprechung hierzu findet sich in Nicolopulos: Poetics of Empire, S. 175–269. 1343 Ercilla y Zúñiga: La Araucana, S. 579, 583; Anonym: DISCORSO SOPRA DVE GRANDI E MEMORABILI BATTAGLIE NAVALI FATTE NEL MONDO […]. Bologna 1572. (AL, Turcica VI.103/15863; CUL, Acton.d.23.442). 1344 Vgl. Mejías López: Las ideas de la guerra justa; Nicolopulos: Poetics of Empire. 1345 So etwa noch Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 149.

Ein Sieg, viele Regionen

363

»In diesem Jahr erlangten die Christen auch einen großen Sieg in den Meeren von Spanien und Türkei und der Großtürke wurde im Krieg besiegt. Der Sieger war der tapfere und abgehärtete príncipe Don Juan de Austria, kleinerer Bruder unseres Herrn Don Philipp II., König von Spanien. Diesen Krieg und Schlacht hat man ›Die Seeschlacht‹ genannt.«1346

Aufschlussreich ist das in diese eigentlich in Nahuatl verfasste Textstelle eingeflochtene spanische Vokabular. Neben den geografischen Bezeichnungen (España, Turqía), Namen und Titeln (príncipe don Juan de Austria, don Felipeh Segundo rey España) ist die Diskursbezeichnung des Ereignisses Lepanto selbst ebenfalls in Spanisch als »Die Seeschlacht« (la batalla naval) wiedergegeben. Nur in diesem Zusammenhang ist der letzte Satz des Eintrages als Erläuterung sinnvoll: Ynin yaoyotl necaliliztli mochiuh motenehua la batalla naval. Hier wird einem Nahua-Lesepublikum die diskursgenerierende Bezeichnung Lepantos mitsamt derjenigen Informationen nahegebracht, die Philipp II. für die Konzeption Lepantos als spanisch-monarchischen Sieg übersenden ließ: Lepanto steht hier als Ereignis stellvertretend für einen spanischen Sieg der habsburgischen Brüder. Von der ›Heiligen Liga‹ ist zugunsten einer Gegenüberstellung von Spanien und dem Osmanischen Reich keine Rede; lediglich von einem Sieg der Christen (chr[ist]ianos).1347 Diese Textstelle ist Bestandteil einer von Domingo Francisco de San Antón Muñón Chimalpáhin Cuauhtlehuanitzin verfassten Chronik. Der Autor war selbst indigener, aristokratischer Herkunft und stammte vom Herrscher der Tlailotlaca ab.1348 Acht Jahre nach Lepanto geboren, erhielt er eine vermutlich im Kontext der Franziskaner zu verortende Ausbildung in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, bevor er 1593 in den Dienst der Kapelle San Antonio Abad trat. Dort sammelte er Bücher, Manuskripte sowie Gerüchte und verfasste unterschiedliche Texte zu seinem Leben und Herkommen zwischen indigenen und spanischen Traditionen.1349 Derjenige Text, in welchem sich der Hinweis auf die Seeschlacht von Lepanto befindet, wird von Chimalpáhin zu Beginn selbst cha1346 Bei der Erstellung der deutschen Fassung musste ich mich auf die bei Domingo Chimalpáhin: Los ocho relaciones y el memorial de Colhuacan. Hg. v. Rafael Tena. Mexiko-Stadt 2003, S. 241 angegebene spanische Übersetzung stützen. Das Original lautet entsprehend ebd., S. 240. »No yhcuac yn ipan in cenca huey ynic tlapanahuique tlaxicoque yn chr[is]tianos yn teoapan yn ilhuicaapan yn ompa España yhuan Turqía, yaopan xicoloc panahuilloc yn huey Turco; yehuatzin quichiuh yn huel cenca tlapaltic chicahuac tlahtocapilli príncipe don Juan de Austria, ynin yteyccauhtzin yn tohueytlahtocauh […] don Felipeh Segundo rey España. Ynin yaoyotl necaliliztli mochiuh motenehua la batalla naval.« Gruzinski: Les quatre parties du monde, S. 142f. verweist kurz auf diese Textstelle. 1347 Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 240. 1348 Rodrigo Martínez Baracs: El Diario de Chimalpáhin. In: Estudios de cultura náhuatl 38 (2007), S. 289. 1349 Gruzinski: Les quatre parties du monde, S. 28f.; Martínez Baracs: Diario de Chimalpáhin, S. 289.

364

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

rakterisiert. Er wolle mit seiner Relación eine Art Annalen (anales) vorlegen.1350 Aufgrund der prominenten Verwendung spanischer Genre-Bezeichnungen gab Chimalpáhin selbst in Nahuatl an, dass er sich in spanische Erzähltraditionen einschreibt. Dies äußert sich auch in der Situierung des Eintrages zu Lepanto im Gesamttextgefüge. Im davor befindlichen Eintrag führt Chimalpáhin die vom Papst und spanischen König initiierte Einrichtung der Inquisition in Mexiko an (1571).1351 Im Anschluss daran ist vom Tod und Begräbnis des Dominikanermönchs Alonso de Montúfar zu lesen (März 1572), der 19 Jahre lang im Amt des Erzbischofs von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan war. Ebenso führt Chimalpáhin das Ableben des Franziskanermönchs Pedro de Gante (maestro catca yn cantores mexica beziehungsweise maestro de los cantores mexicas) an (April 1572), wobei er dessen Dienst für Karl V. betont. Im Anschluss daran beschreibt der Autor, wie der König am 23. Juni 1572 Jesuiten nach Nueva España entsandt habe. Es folgen Eintragungen zu 1574 und den folgenden Jahren. Das Ereignis Lepanto als spanisch-monarchischer Sieg, der auch einem Nahua-Publikum als la batalla naval zugänglich und als solches unter diesem Stichwort memorierbar gemacht werden sollte, war in diesem Text also eingebettet in eine Erzählung von Klerikern, die in königlichen Diensten die Durchsetzung der spanischen Herrschaft und katholischen Konfession beförderten.1352 Als solches war das Ereignis Lepanto selbst ein Moment, das die Herrschaft Spaniens und die Macht der Monarchie verdeutlichen sollte. Dass sich Chimalpáhin in solche spanischen Traditionen der Herrschaftsinterpretation einschrieb, besitzt eine längere Tradition. Bereits zu Zeiten Karls V. waren aristokratische Nahua an den spanischen Hof gebracht worden und so Bestandteil einer symbolisch repräsentierten habsburgischen Universalmonarchie, wie Carina L. Johnson argumentierte.1353 Diese Idee präsentierte Chimalpáhin nun selbst in seinem Text durch Bezugnahme auf Lepanto einem indigenen Publikum in der Region von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan. Genau in dieser lokalen Situation sind Chimalpáhins Universalgeschichten über die Welt zu verorten, wie José Rabasa veranschaulicht hat. Denn um die Geschichte der Nahua im Allgemeinen und Tlailotlaca im Besonderen als spanisch-katholische Geschichte schreiben zu können, griff er auf indigene, spanische und biblische Überlieferung zurück.1354 So schildert Chimalpáhin in der Chronik nicht allein 1350 Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 10f.: »Relación. […] Yhuan nican ycuiliuhtoc yn inxiuhtlapohual motenehua anales, yn oquitlalitiaque huehuetque«. 1351 Ebd., S. 240f. Vgl. Chuchiak: Inquisition in New Spain. 1352 Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 240–243. 1353 AGI, Indiferente General, 421,L.11, fol. 305r–311r; Johnson: Cultural Hierarchy, S. 71f. 1354 José Rabasa: Without History. Subaltern Studies, the Zapatista Insurgency, and the Specter of History. Pittsburg, Pennsylvania 2010. S. 218–224. Hier u. a. ebd., S. 220: »Chimalpahin’s

Ein Sieg, viele Regionen

365

die Geschehnisse der Jahre 1272 bis 1591, sondern bettet das Herkommen der »Alten« (huehuetque) in die Genesis ein.1355 Aufschlussreich ist die Eigenbezeichnung der indigenen Tradition auch deshalb, weil deren Anführung als »Alte« oder »alte Männer« (huehuetque) auf denselben Wortstamm referiert, wie die Bezeichnung, die Chimalpáhin für den osmanischen Sulta¯n verwendet. In ˙ spanischer Tradition bezeichnet er diesen als »Großtürken« (huey Turco). Indem er diesen Terminus in Nahua transferiert, bezieht er sich aber auch auf in dieser Sprache etablierte Referenzsysteme. Die Bezeichnung hue¯huetqueh als »alte Männer« bezieht sich auf den Signular hue¯hueh, was wiederum vom Wort hue¯(i) (»etwas Großes«) abstammt. Darüber hinaus ist dieses jedoch zugleich Bestandteil anderer Konstruktionen: hue¯inequ(i) steht für eine hohe oder arrogante Eigeneinschätzung, was bei der Bezeichnung »Großtürke« (huey Turco) zugleich die Türkenfurcht-Narrative um die nach der Einforderung Zyperns veranschlagte »türkische Arroganz«1356 der Sulta¯ns einschloss. Ebenso kann einem indigenen ˙ Leser die Bezeichnung aber auch mit hue¯iy(a) assoziert haben, das für das Erlangen von Ehre beziehungsweise Würde steht.1357 Genau hierin lag das Potential gemeinsamer, spanisch-indigener Traditionen bei der Interpretation Lepantos als Ereignis: Die Bezeichnung des osmanischen Herrschers implizierte einerseits dessen Herabsetzung und Würdigung, assoziierte ihn jedoch andererseits mit der Bezeichnung indigener Vorfahren, was die Spanier als Sieger über Osmanen und Indigene präsentierte. Chimalpáhins Text ist damit stellvertretend für Lepanto-Rezeptionen in Mittelund Südamerika, die vor allem auf einer spezifischen Polysemie des Ereignisses beruhten, die im Zusammenspiel verschiedener indigener und spanischer Deutungsansprüche und -traditionen entstand. Durch die Informationen Philipps II. nahm Lepanto den Stellenwert eines herrschaftsrelevanten Ereigglobal history is conceptualized from the prespective of Chalco and other locations in the valley of Mexico City. It is clear to him that Mesoamerica has been incorporated into the universal history of the Catholic Church, but it is also important to understand that he uses native documentation for telling the major events in the incorporation of the Nahuas into Christianity.« 1355 Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 10–226. 1356 Emilio M. Manolesso: HISTORIA NOVA, NELLA QVALE SI CONTENGONO tutti i successi della guerra Turchescha, la Congiura del Duca di Nortfolch contra la Regina d’Inghilterra; la guerra di Fiandra, Flisinga, Zelanda, & Hollanda; l’uccissione d’Vgonotti, le morti de Prencipi, l’elettioni di noui, e finalmente tutto quello che nel mondo è occorso, da l’anno. MDLXX. fino all’hora presente, Composta dal Molto Magnifico, & Eccellentissimo Sig. Emilio Maria Manolesso, Dottor dell’Arti, delle leggi Ciuili, e Canoniche, e della Sacra Theologia. Dedicata al Serenissimo Prencipe di Venetia &c. & alli Illustrissimi Legato Apostolico, & Orator Catolico. Padua 1572. (CUL, Acton.d.23.440; AL, 15915; BSB, 4 H.misc. 119), fol. 20r f: »arroga[n]za Turchesca«. 1357 Zu diesen Ausführungen siehe Frances E. Karttunen: An Analytical Dictionary of Nahuatl. Austin, Texas 1983, S. 84ff.; Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 10, 240.

366

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nisses ein, durch dessen mit der Thronfolgergeburt verbundene Bekanntgabe sich der Monarch als göttlich auserkorene Dynastie inszenieren und memorieren ließ und somit zugleich die Legitimität seiner Herrschaft präsentierte. Auf diese Ereigniskonzeption konnten wiederum Bittsteller in Suppliken und örtliche Autoritäten in Festen und deren Beschreibungen zurückgreifen, um sich entsprechend dieser Interpretation als erfolgreiche Kämpfer gegen ›Ungläubige‹ – Muslime und Indigene – zu stilisieren und somit gegenüber dem Monarchen in Madrid eine in Mittelamerika innerstädtisch konfliktuöse Deutungshoheit über indigen-spanische Kriegsgeschehnisse vor Ort zu beanspruchen. Gerade weil diese Beanspruchung jedoch vor Ort stattfand, war Lepanto damit in polyseme Deutungskontexte eingebunden. So war die Inszenierung einer über Muslime siegreichen Monarchie, die der Artikulation universaler, spanischer Machtansprüche über Nichtkatholiken – und damit auch Indigenen – diente, nicht allein als solche den Zuschauern verständlich, sondern ebenso als Fortbestand tradierter Festsymboliken und damit verbundener Weltdeutungen. Dass somit die spanischen Deutungsansprüche implizit unterlaufen wurden, belegt auch Chimalpáhins Chronik, da die mesoamerikanische Semantik Lepantos – gleichfalls wie die Festivitäten – auf spanische und indigene Deutungskontexte zurückgriff. Gerade angesichts dieser Befunde sowie der nachweisbaren, globalen Bekanntheit Lepantos aufgrund mobiler Lebensläufe des 16. Jahrhunderts ist das Verhältnis von Peripherie und Zentrum wechselseitig ständig neu zu justieren, um so eine wesentliche Neuperspektivierung der historischen Ereignisproduktion Lepantos zu ermöglichen: Lepanto erscheint dann keineswegs mehr als das ›europäische Ereignis‹, als das es immer wieder imaginiert und beschrieben wurde.1358 Vielmehr wird eine Geografie von connected histories ersichtlich, innerhalb derer die Ereignisproduktion Lepantos im 16. Jahrhundert wechselseitig in zahlreichen Regionen über den Globus verteilt und unter den jeweiligen lokalen Besonderheiten stattfand. Dann geraten viele glokale Zentren der historischen Ereignisformierung Lepantos in das Blickfeld, die die Geschichte Lepantos zu dezentrieren vermögen.1359

1358 Siehe etwa Ludwig: Spanische Galeere; Petacco: La croce e la mezzaluna; Capponi: Victory of the West; Hopkins: Confrontation at Lepanto. Vgl. insbesondere die Kapitel I.1. Die Seeschlacht und ihre Instrumentalisierung und I.2. Diskursive Wirkmächtigkeiten: Türkengefahr, Türkenfurcht und Lepanto. 1359 Subrahmanyam: Connected Histories; ders.: From the Tagus to the Ganges; ders.: Mughals and Franks; Gruzinski: Les quatre parties du monde; Davis: Decentering History.

Ein Sieg, viele Regionen

367

II.5.iv. Ereignis und Monarchie: Die Seeschlacht auf einem mexikanischen Feder-Adarga (1571–1578) Wenn Lepanto für das 16. Jahrhundert als glokales Ereignis thematisiert wird, stellt sich unweigerlich die Frage danach, wie genau Akteure vor Ort die Schlacht als Ereignis glokal verfertigten. Dies wiederum verbindet die Themenfelder der frühneuzeitlichen Geschichtsproduktion mit jenen der adaptiven Herstellung und innovativen Verarbeitung von Dingen in weltweiten Beziehungen.1360 Jüngere Studien zur materiellen Kultur indigener und kolonialer Begegnungsräume haben verdeutlicht, dass solche Dinge als Resultate kultureller Übersetzungsleistungen zu verstehen sind, die im Zusammenspiel von Tradition und Innovation Vorstellungen von Macht und Leben verhandelten. Insofern deren Untersuchung die Rekonstruktion ungehörter und verschwiegener indigener Stimmen ermöglicht, ist die Erforschung solcher Gegenstände wesentlicher Bestandteil einer dezentrierenden Geschichtsschreibung Lepantos.1361 Ein in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Mittelamerika angefertigter Federschild zeigt verschiedene Siege der spanischen Monarchie – darunter auch die Seeschlacht von Lepanto (Abb. II.5.3). Diese werden in vier Bildfeldern dargestellt, die von Arabeskenmustern umgeben sind. In der Größe von 90 x 86 Zentimetern wird es heute in der königlichen Waffenkammer in Madrid aufbewahrt.1362 Erstmals ist dieser Gegenstand von Zelia Nuttall im Jahr 1895 ausführlicher als mexikanischer Federschild beschrieben worden. Sie selbst geht davon aus, dass der Schild zunächst in Spanien angefertigt und dann nach Mittelamerika geschickt worden sei, um mit Federn bestückt zu werden. Eine zweite Möglichkeit sieht sie darin, dass es sich um eine dort hergestellte, »gewiefte Imitation eines spanischen Schildes« handeln könnte. Dass sie auch bei dieser zweiten Möglichkeit dem Schild einen »spanischen Ursprung« zuschreibt, glaubt sie durch die Analyse der Bildmotive belegen zu können. Im unteren, linken Bildfeld vermutet sie Tizians Darstellung von Karl V. bei der Schlacht von 1360 Jerry H. Bentley/ Sanjay Subrahmanyam/ Merry E. Wiesner-Hanks (Hg.): The Cambridge World History. Vol. 6: The Construction of a Global World, 1400–1800 CE. 2 Teile. Cambridge u. a. 2015; Paula Findlen (Hg.): Early Modern Things. Objects and Their Histories, 1500–1800. London/ New York 2013; Lisa Jardine: Worldly Goods. A New History of the Renaissance. London u. a. 1997; Michelle O’Malley/ Evelyn Welch (Hg.): The Material Renaissance. Manchester u. a. 2007; Rublack: Matter in the Material Renaissance. 1361 Ruth B. Philips: Materiality and Cultural Translation. Indigenous Arts, Colonial Exchange, and Postcolonial Perspectives. In: Cultural Histories of the Material World. Hg. v. Peter N. Miller. (The Bard Graduate Center Cultural Histories of the Material World). Ann Arbor 2013, S. 135–143, hier insbesondere S. 137; Gauvin A. Bailey: Art on the Jesuit Missions in Asia and Latin America, 1542–1773. Toronto/ Buffalo/ London 1999; Peter Burke/ Ronnie Po-chia Hsia (Hg.): Cultural Translation in Early Modern Europe. Cambridge u. a. 2007. 1362 RA, D 88; Juan Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo de la Real Armería de Madrid. Madrid 1898, S. 161ff.

368

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Mühlberg (1548) wiederzuerkennen.1363 Bereits kurze Zeit später gelang es Juan Crook y Navarrot jedoch zu zeigen, dass diese Zuordnung nicht haltbar ist. Statt einer Darstellung Karls V. bei Mühlberg sei dessen Einnahme von Tunis (1535) zu sehen. Insgesamt sind folgende vier Szenen auf dem Federschild abgebildet: Erstens, die Schlacht bei Las Navas de Tolosa, während der Alfons VIII. gegen den Anführer der Almohaden (al-muhhidu¯n) von al-’Andalus, Muhammad an-Na¯sir, ˙˙ ˙ ˙ siegte (1212); zweitens, den Einzug des spanischen Königs in Granada (1492), was dem Ende der sogenannten Reconquista darstellte, also der Eroberung muslimischer Herrschaftsräume auf der Iberischen Halbinsel durch die Krone; drittens, die Einnahme von Tunis durch Karl V. (1535); und, viertens, die Seeschlacht von Lepanto (1571).1364 Das Federschild zeigt also die spanischen Monarchen als Triumphatoren über Muslime. In diese piktorale Narration war auch Lepanto als jüngstes Ereignis eingebettet: Zwei Galeerenreihen stehen sich gegenüber, wobei mittig die Galera real mit Don Juan auszumachen ist. Da ihm gegenüber ein osmanisches Schiff (mit Halbmonden auf der Fahne) mit einer vergleichbar hervorgehobenen Person zu sehen ist, dürfte diese als Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇa zu identifizieren sein. Damit würde die Darstellung auf dem Schild gezielt die textstrategische Gegenüberstellung der Galeeren aufgreifen, die sich in Don Juans Schlachtbeschreibung findet.1365 Das Federmosaik ist extrem detailliert, wenn beispielsweise sogar die spanische Standarte und auf der Meeresoberfläche schwimmende Osmanen als Verwundete oder Leichnamen sehr genau zu erkennen sind. Der Monarch selbst sitzt auf dem Thron. Zwei Personen knien ihm mit Palmenzweigen – den göttlichen Sieg symbolisierend – gegenüber. Zelia Nuttall identifizierte diese Knienden als »besiegte Mohren«.1366 Da diese jedoch im gesamten Bildfeld mit Turbanen und Halbmondschilden dargestellt werden, ist eine solche Zuordnung eher zu bezweifeln. Es dürfte sich vielmehr um den römischen und venezianischen Befehlshaber handeln, die hier vor Philipp II. kniend, diesem die Palmenzweige als Siegessymbol überreichten. Damit wird der Sieg der Liga symbolisch zu einem Sieg des spanischen Monarchen umgedeutet, was die Gesamtaussage des Federschildes unterstreicht: Lepanto wurde zu einem Ereignis innerhalb einer Ereigniskette, die die spanischen Monarchen als Triumphatoren über Muslime inszenierte.

1363 Zelia Nuttall: Ancient Mexican Feather Work at the Columbian Historical Exposition at Madrid. Washington 1895, S. 333: »a clever imitation of a Spanish shield made by a native artisan«; »Spanish origin«. 1364 Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 163. 1365 AGS, Estado, Sicilia, leg. 1134, doc. 83 (»Relacion de lo q[ue] hizo la Armada de la Liga Christiana desde los treinta de Setiembre de M. D. Lxxi años hasta despues de la diez de Otubre despues de la Victoria que vbo .d[el]los .7. deste de la Armada del Turco«), fol. 2v. 1366 Nuttall: Ancient Mexican Feather Work, S. 333: »vanquished Moors«.

Ein Sieg, viele Regionen

369

Wenngleich die fehlerhafte Mühlberg-Bildzuordnung so korrigiert werden konnte, vermutete auch Juan Crook y Navarrot, dass das Federschild unter Anleitung spanischer Künstler, ja sogar nach der Übersendung von Vorzeichnungen aus Spanien angefertigt worden sei. Dabei handelt es sich allerdings um eine Spekulation, die nicht weiter nachweisbar ist und die zudem, wie Gauvin A. Bailey für dieses auch bei vergleichbaren Gegenständen anzutreffende Deutungsmuster gezeigt hat, Indigene ihrer historischen Handlungsräume beraubt und ihnen so den Status historischer Akteure verwehrt.1367 Denn wie ich bereits ausführlich gezeigt habe, sind indigene Inanspruchnahmen von Deutungsakten über Lepanto als Ereignis durchaus nachweisbar. Wenn jüngst die Präsenz solcher Artefakte als mittelamerikanisches Interesse an ›europäischen‹ Geschehnissen gedeutet wurde, das die »Ausweitung (extension) einer intensiven (intense) anti-osmanischen Angst« verdeutliche, »die Europa während des 16. Jahrhunderts flutete«,1368 so wird auch eine solche Interpretation dem historischen Phänomen nicht gerecht, weil dies die Machtansprüche und Zugehörigkeiten (etwa zu ›Europa‹) verhandelndenden Diskurse um Türkengefahr und Türkenfurcht fortschreibt. Hier soll deshalb der Federschild als ein in den mesoamerikanischen Kontaktzonen zu verortendes und mit den mittelamerikanischen sowie den spanischen, zeitgenössischen Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto zu kontextualisierender Gegenstand interpretiert werden.1369 Auffällig ist dabei, dass nicht allein die Darstellungen, sondern auch der Gegenstand selbst, die Triumphinszenierung Spaniens aufgreift. Die für diesen Schildtypus gängige Bezeichnung (adarga) stammt, wie auch deren Vorläufer selbst, aus dem arabischen Kontext (daraqah) und charakterisierte eine spezifische, Schildform (ein längliches Doppeloval), die in muslimischen Herrschaften auf der Iberischen Halbinsel in Gebrauch war. Ursprünglich wurden sie im Kampf berittener Truppen als Defensivwaffen eingesetzt, später fanden sie jedoch »in prunkvoller Ausführung« bei »repräsentative[n] Anlässen [der mauri1367 Bailey: Art on the Jesuit Missions; Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 162. Zu einer weiteren, fehlerhaften Interpretation des Adarga (hier als Karls V. verstanden) siehe Jubinal: Armeria Real, Suppl., S. 1–3. 1368 María J. Feliciano: Picturing the Ottoman Threat in Sixteenth-Century New Spain. In: The Turk and Islam in the Western Eye, 1450–1750. Hg. v. James G. Harper. (Transculturalisms, 1400–1700). Farnham 2011, S. 245: »extension of the intense anti-Ottoman anxiety that swept through Europe during the sixteenth century«. Ebd. sowie in Carlos: Armas y trofeos, S. 29 und María L. Sabau García (Hg.): Mexico en el mundo de las colecciones de arte. Bd. 3: Nueva España, Teilbd. 1. Mexico 1994, S. 102 fand der hier besprochene Federschild kurz Erwähnung. 1369 Zu beachten ist dabei, dass der Schild keiner Erwähnung in den alten Inventaren eindeutig zuzuordnen ist. Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 163. Hier sei zudem ausdrücklich betont, dass auch Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3/ 1, S. 102 das Federschild als Produkt eines oder mehrerer amantecas identifiziert. Zu diesen siehe unten.

370

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.5.3: Ein mittelamerikanischer Feder-Adarga Philipps II. Copyright © Patrimonio Nacional.

schen Nobilität] wie etwa [bei] Kampfspiele[n]« Verwendung.1370 Ein solcher, 90 x 75 Zentimeter großer »[m]aurischer Schild« aus dem 15. Jahrhundert befand sich etwa in der Sammlung Erzherzog Ferdinands II. von Tirol. Das Exemplar wies sich durch eine reichhaltig und bunt verzierte, dem Träger sichtbare Innenseite aus (in rot, blau, gelb, grün, schwarz, weiß) und dürfte über Karl V. oder

1370 Beaufort-Spontin/ Pfaffenbichler: Hofjagd- und Rüstkammer, S. 80; Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3, Teilbd. 1, S. 102; Nuttall: Ancient Mexican Feather Work, S. 333; Noel Fallows: Jousting in Medieval and Renaissance Iberia. Woodbridge 2010, S. 278f.

Ein Sieg, viele Regionen

371

Philipp II. nach Innsbruck gelangt sein. Diese Tradierung des Gegenstandes selbst weist darauf hin, dass solche Schilde im Anschluss an die sogenannte Reconquista auch im katholischen Kontext als den Sieg symbolisierende Trophäen besondere Wertschätzung erhielten. So besaß der spanische König in seiner Sammlung ebenfalls lederne Adargas aus muslimischen Herrschaften des 15. Jahrhunderts. Überliefert sind darüber hinaus jedoch auch seidene, spanische Adarga-Anfertigungen des 16. Jahrhunderts, die beispielsweise Familienwappen zeigen.1371 Adargas verwiesen demnach als Gegenstände selbst auf den spanischen Sieg über Muslime und waren während des 16. Jahrhunderts fester Bestandteil einer Nobilität, Ehre und siegreiche Memoria versinnbildlichenden Dingkultur. Als solche sind Adargas auch Bestandteil der von Konquistadoren durchgeführten Festakte im kolonialen Mittelamerika gewesen.1372 Die Darstellung solcher Siege über Muslime auf einem in spanischen Kontexten als Trophäe adaptierten, vormalig dezidiert muslimischen Gegenstand kann somit als eine bewusste Abkehr von in Mittelamerika verwandten »Rundschilde[n]«1373 gedeutet werden. Diese dürfte daher keineswegs zufällig gewählt worden sein, sondern vielmehr dazu gedient haben, die Aussageintention selbst zu verstärken. Entsprechend ist auch die Gestaltung des äußeren Schildrandes mit Arabeskenmustern, die jedoch zugleich Elemente der mesoamerikanischen Flora und Fauna (Jaguare und Ozelote) aufgriffen, als bewusste Anlehnung als Stilelemente zu deuten, die auf die Herkunft dieser Gegenstandstradition verweisen und so die Adaptionsleistung des Feder-Adargas nachhaltig unterstreichen.1374 Dass zur Gestaltung Federn eingesetzt wurden, ist zweifelsohne innovativ für diese sonst aus Leder oder Seide hergestellten Gegenstände. Deren Verwendung verwies spanische Betrachter sogleich auf den mesoamerikanischen Kontext des Schildes. Federn hatten auch die Stadträte von Guadalajara in ihrem Brief thematisiert, in dem sie über die dort veranstalteten Lepanto-Feierlichkeiten berichteten. Zur Erinnerung: Im August 1572 war auf dem dortigen Hauptplatz eine Burg errichtet worden, auf der verkleidete ›Christen‹ und ›Osmanen‹ eine Schlacht nachspielten, die mit der Überführung der gefangengenommenen turcos an die städtischen Würdenträger endete. Wenig später fanden weitere Schlachtszenerien statt, in denen Spanier gegen yndios. naturales antraten, von 1371 Beaufort-Spontin/ Pfaffenbichler: Hofjagd- und Rüstkammer, S. 80f.; Fallows: Jousting, S. 278f.; Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 161, 163f. Der Schild wird aufbewahrt in KHM, Hofjagd- und Rüstkammer, Inv.-Nr. C 195. 1372 Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3/ 1, S. 102. 1373 Diese beschreibt Diego de Landa bspw. für die Maya-Indigenen von Yucatán. Die Rundschilde hätten »sie aus aufgeschnittenen, eng verflochtenen Rohrstengeln herstellten und mit Hirschhäuten überzogen.« Landa: Bericht aus Yucatán, S. 84. 1374 Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 163; Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3/ 1, S. 102.

372

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

denen manche wiederum ›chichimekisch‹ gekleidet waren. Was die Stadträte Guadalajaras darunter verstanden, gaben sie eindeutig an: Die Indigenen hätten Kleidungsstücke getragen, die aus einer Vielzahl an kostbaren und prächtigen Federn zusammengestellt waren. Manche von ihnen besaßen dezidiert als ›chichimekische‹ Trachten (trages) bezeichnete Federkostüme.1375 Der Beschreibung der Stadträte zufolge waren die Indigenen als solche also über ihre Federkleidung erkennbar und auch innerhalb ihrer selbst aufgrund derer Spezifika verschiedenen Gruppierungen zuzuordnen. Ein solches Beschreibungsmuster ist häufig anzutreffen, so charakterisierte auch Diego de Landa die »Herren und Hauptleute« der Maya Yucatáns mit explizitem Verweis auf deren »Federschmuck«.1376 Dass die Stadträte die Federn in ihrer Lepanto-Festbeschreibung so explizit betonten, bedarf einer Erläuterung, die auch die Ebene des Kriegswesens und des Handwerks spanisch-indigener Kulturkontakte berücksichtigt. Die Beschreibung der während der Lepanto-Feste in Guadalajara auftretenden Krieger besitzt erstaunliche Parallelen zu bildlichen Darstellungen aus einem Kodex, der im Umfeld des Missionars Bernardino de Sahagúns in Zusammenarbeit mit Nahua während der 1560er und 1570er Jahre entstand. Auf einigen der in diesem Kodex dargestellten Miniaturen sind aztekische Krieger zu sehen, die während der zum zweiten Monat Tla¯caxı¯pe¯hualiztli (»Menschenschinden«) veranstalteten Festivitäten in Teno¯chtitlan auftraten. Federn waren hier nicht allein auf Schilden, sondern auch auf der Kleidung als Vogelkostüme präsent.1377 Auch in Darstellungen ›chichimekischer‹ Krieger wird Federschmuck eine visuell dominante Rolle zugesprochen: Neben Kopfschmuck und Schild, die prominent Federn zeigen, konnte auch der Umhang mit Federn besetzt gewesen sein.1378 Die Kleidung in Federkostüme mit der prominenten Sonnendarstellung mag bei einigen indigenen Betrachtern der Lepanto-Festivitäten solche vorspanischen Assoziationen hervorgerufen haben, in denen Federn wesentlicher Bestandteil der Kriegsmontur im Allgemeinen und auch der Schilde im Besonderen waren. Federn stellten in indigener Tradition soldatische und soziale Ehre dar.1379 Die aus ihnen angefertigten Kostüme der Krieger boten jedoch den Zuschauern der Lepanto-Feste nicht allein eine prähispanische Interpretations1375 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v: »con mucha plumeria. rrica. y lucida«; »en los trages. hechos. chichimecas«. Hierzu siehe das Kapitel II.5.ii. Lepanto-Festivitäten in den spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika. 1376 Landa: Bericht aus Yucatán, S. 84. 1377 Alessandra Russo/ Gerhard Wolf/ Diana Fane: El vuelo de las imágenes. Arte plumario en México y Europa. Images Take Flight. Feather Art in Mexico and Europe. Mexiko-Stadt 2011, S. 25; Clendinnen: Cost of Courage, S. 68; BML, Mediceo Palatino, 218, II, fol. 17v–26v; Aguilar-Moreno: Handbook to Life in the Aztec World, S. 268f. 1378 Carrillo Cázares: El debate sobra la guerra chichimeca. Bd. 1, S. 41. 1379 Clendinnen: Cost of Courage.

Ein Sieg, viele Regionen

373

möglichkeit, sondern auch den Spaniern, insofern die mit Federn besetzten Kleidungsstücke während des 16. Jahrhunderts zum Inbegriff indigener Kriegskunst geworden und genau deshalb in den Schlachtszenerien der LepantoFeierlichkeiten so präsent waren. Während Federn und andere Materialien (etwa Haut), Insignien oder Präsentationsformen (etwa von Haaren) beispielsweise in der aztekischen Gesellschaft dazu dienten, feine Unterschiede in einem »entwickelten Vokabular von Federn« zwischen den Ehren verschiedener Militärgrade zu repräsentieren,1380 waren Federkostüme ebenso in spanischen Wahrnehmungen zu einem Signum indigener Kriegskunst geworden, das es ihnen ermöglichte, Deutungszuschreibungen während der Lepanto-Feste symbolisch zu artikulieren: anhand der Federkostüme waren auftretende Krieger als ›Chichimeken‹ identifizierbar. Somit war der Feder-Adarga zu Lepanto materiell mit dem Symbol militärischer Wehrhaftigkeit gegen die Spanier besetzt, was die Aussage einer siegreichen, spanischen Monarchie nicht allein auf die dargestellten Kontexte und auf unterworfene Muslime beschränkte, sondern symbolisch-materiell auf Mesoamerika bezog. Die in den Arabeskenmustern erkennbare Jaguarsymbolik stützt eine solche Interpretation, insofern die Azteken für ihre Jaguarkrieger (oce¯lo¯tl) berühmt waren.1381 So wie die Könige jahrhundertelang Muslime erfolgreich unterworfen hätten, das war die Botschaft des Schildes, so nun auch kämpfende Indigene.1382 Das ist die erste Symbolik, die der Federschild vermittelt. Dabei ist anzumerken, dass die sogenannte Reconquista und Nueva España symbolisch miteinander verbunden waren: die Eroberung muslimischer Herrschaften auf der Iberischen Halbinsel endete 1492, also just in demselben Jahr, in dem Kolumbus in Amerika eintraf.1383 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der Thematisierung von spanischer Herrschaft gegenüber Muslimen und Indigenen auch der sogenannte ›Codex Mendoza‹, der wohl 1380 Hierzu ausführlicher in ebd., S. 47f., 70ff. Zitat ebd., S. 67: »developed vocabulary of feathers«. 1381 Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3/ 1, S. 102; Rémi Siméon: Diccionario de la lengua náhuatl o mexicana. 17. Aufl. Mexiko-Stadt 2004, S. 352. 1382 Dass Lepanto und die ›Chichimeken‹ auch in der Wahrnehmung des Vizekönigs einander ergänzten, legen drei von diesem am 30. Mai 1572 aufgesetzte Schreiben nahe, in denen er zum einen dem König die Durchführung der Lepanto-Festivtitäten in Nueva España bestätigte und zum anderen dem König und dem Consejo de Indias über den zur Befriedung der Indigenen entsandten Dr. Sande berichtete. AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.16, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 30. Mai 1572, fol. 1r; AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.14, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an den Consejo de Indias, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, 30. Mai 1572; AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.15, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., MexikoStadt/ Teno¯chtitlan, 30. Mai 1572. 1383 Harris: Aztecs, Moors, and Christians, S. 31.

374

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

durch den gleichnamigen Vizekönig als Geschenk für Karl V. in Auftrag gegeben wurde. Darin werden Tributabgaben angeführt, die 19 verschiedene Provinzen Teno¯chtitlan vermachten. Insofern sich unter diesen auch soldatische Federkostüme, -schilde und weitere -arbeiten befanden, ist der Lepanto darstellende Feder-Adarga aus indigener Perspektive als Tributabgabe anzusehen. Entsprechend dürfte diese als mesoamerikanische Trophäe und als Tribut gedeutet werden, die die Untertänigkeit dieser Herrschaftsräume gegenüber dem Monarchen ausdrückte und gestalterisch aber ebenso durch den Gegenstand und die verwandten Materialien eine siegreiche spanische Monarchie in Mittelamerika zu symbolisieren vermochte.1384 Eine zweite Erklärung, die Rückschlüsse auf die Bedeutung der Federn für die im Adarga präsentierte, mittelamerikanisch-spanische Konzeption des Ereignisses Lepanto zulässt, bezieht sich auf das Federn verarbeitende Handwerk selbst. Dieses war in den indigenen Kulturen Mittelamerikas von zentraler Bedeutung und weckte deshalb das Interesse der Spanier. Auch während der Lepanto-Festivitäten in Guadalajara hatten Indigene Fahnen und andere – sicherlich auch aus Federn angefertigte – Handwerksprodukte auf eigene Kosten herund ausgestellt. Federn und die durch sie bearbeiteten Gegenständen stellten demnach ein Produkt unter vielen dar, das neben Gold, Silber und weiteren Waren als wertvoller spanischer Überseebesitz betrachtet wurde. Angesichts der bei Guadalajara stattfindenden spanisch-indigenen Kampfhandlungen repräsentierte ausgestelltes Federhandwerk folglich auch die Reichtümer einer peripheren, aber in der Selbstdarstellung der Stadträte als gut und funktionierend stilisierten Herrschaft Spaniens.1385 Das hier als indigen inszenierte Federhandwerk war reichhaltig ausgebildet. Eine eigene Berufsgruppe, sogennante amantecas, gingen dieser Tätigkeit nach (Abb. II.5.4). Diesen widmet der besagte Kodex de Sahagúns zahlreiche Seiten, aus denen ersichtlich wird, dass diese Handwerker in den indigenen Gesellschaften selbst hochangesehen waren: Erstens wurden zu ihren Ehren jährlich zwei Festivitäten im aztekischen Ritualkalender veranstaltet und zweitens pro1384 Aguilar-Moreno: Handbook to Life in the Aztec World, S. 270f.; Clendinnen: Cost of Courage, S. 59; Davíd Carrasco/ Scott Sessions: Daily Life of the Aztecs. 2. Aufl. Greenwood 2011, S. 152. Zu Federarbeiten als Trophäen siehe auch Nuttall: Ancient Mexican Feather, S. 331. 1385 AGI, Audiencia de Guadalajara, 30, N.13, der cabildo secular von Guadalajara (Nueva Galicia) an Philipp II., 23. Dezember 1572, fol. 1v. Vgl. die Auflistung der nach Spanien übersandten Güter in AGI, Indiferente General, 1804, die die Jahre 1573 bis 1580 beinhaltet. Nueva España war für Spanien auch ein wichtiger Ort der Seiden- und Leinenproduktion. AHN, Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes, 25, N.17, Martín Enríquez de Almansa y Ulloa, Vizekönig von Nueva España, an Philipp II., Mexiko-Stadt, 22. September 1572. Zu dieser Selbstdarstellung vgl. Kapitel II.5.ii. Lepanto-Festivitäten in den spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika.

Ein Sieg, viele Regionen

375

duzierten sie ebenjene Kleidungsstücke, die der rituellen und sozialen Distinktion dienten. In Teno¯chtitlan siedelten die amantecas gar in einem eigenen Stadtviertel. Dass der Kodex eine ausführliche Darstellung mit insgesamt 32 Miniaturzeichnungen enthält, die die Handwerksarbeit der amantecas zur Herstellung des Federschmucks beschreibt, kann als Ausdruck dafür angesehen werden, dass auch Spanier ein besonderes Interesse an diesem Federn verarbeitenden Handwerk besaßen.1386 Demzufolge bedurfte es entweder eines Kleidungsstoffes oder eines Modells aus Agavenblättern, Amate und Baumwolle, das zunächst mit Federn geringeren Wertes bestückt wurde. Es folgten sorgfältig gefärbte Federn und solche, die besonders kostbar waren. Werden die in dem unter missionarischer Aufsicht angefertigten, indigenen Kodex abgebildeten Miniaturen zur Arbeit der amantecas nacheinander betrachtet, so illustrieren sie den Verfertigungsvorgang beinahe vollständig bis zum Endprodukt. Auffällig ist, dass sie verschiedene Personen bei der Arbeit zeigen, die durch Kleidung und Haartracht einerseits als Indigene und andererseits als Spanier identifiziert werden können. Die auf ihnen dargestellten Vogelarten, Färbemittel und Knotentechniken könnten gar als bildliche Anleitung zur Anfertigung von »Federdingen« (cosas de plumarias) gelesen werden, die nun jedoch im Dienste des spanischen Katholizismus zu stehen hatten, wenn die auf einer Miniatur sichtbare gemalte Vorlage für ein Federprodukt etwa einen Mönch zeigt. Der in Spanisch und Nahuatl verfasste Kodex, so ließe sich zumindest aus der Logik der Bildpräsentation schlussfolgern, kann daher als ein Versuch verstanden werden, indigene Handwerkstraditionen für die missionarische Handhabe nutzbar zu machen, nämlich als Anleitung für Spanier zur Einführung in dieses sowie als missionarische Uminterpretation des Handwerkes für Indigene. So entstanden im Laufe des 16. Jahrhunderts zahlreiche mit dem Adarga technisch vergleichbare, mittelamerikanische Federarbeiten, etwa einige Votivgaben, die Jesus Christus, die Mater dolorosa und Heilige darstellten, und Mitren, darunter auch eine Bischofsmütze Carlo Borromeos, die der Mailänder Kardinal trug, wenn er Pestopfer zu heilen suchte.1387 Wie jüngere Forschungen betont haben, war es die haptisch-optische Qualität der Federn, die sie für missionarisch-katholische Darstellungen so begehrt werden ließen. Aufgrund ihres farblich-schimmernden sowie ihres lichtreflektierenden und -absorbierenden Charakters ließen sich gottgefällige Gegenstände mit besonderen Qualitäten für Augen und Hände produzieren, die so mit Farbpigmenten kaum herzustellen gewesen wären. Die schimmernden Federarbeiten reflektierten den Glanz Gottes und machten ihn

1386 BML, Mediceo Palatino, 219, fol. 364v–375v; Clendinnen: Cost of Courage. 1387 Russo/ Wolf/ Fane: El vuelo de las imágenes, S. 15f., 18, 21, 25, 30.

376

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

auf besondere Weise erfahrbar.1388 Folglich besaß auch der Feder-Adarga eine religiöse Bedeutung, die die spanischen Monarchen als christliche Herrscher zu glorifizieren vermochten. Sie fungierten auf einer symbolischen Ebene als Votivgaben, die die Verbindung zwischen König und Gott inszenierten. Entsprechend ist der Feder-Adarga auch als religiöse Gabe zu Ehren Gottes und eines christlichen Herrschers zu verstehen. Als Materialität präsentierten Federn den Gegenstand demnach im mittelamerikanisch-spanischen Kontext auf doppelter Ebene als Trophäe und fromme Gabe. So inszenierten sie den spanischen König als wehrhaften und religiösen Monarchen. Damit repräsentierte die Materialität des Gegenstandes gleichfalls die dargestellte Aussage, die sich nicht allein in der Bilderfolge findet, sondern ebenso in der Allegorie in der Mitte des Adarga. Dort sind zwei gekrönte Reiher zu sehen, von denen einer eine Schlange angreift. Darüber befindet sich ein Spruchband mit dem Motto »(Es gibt nicht mehr als) die einzige Hoffnung dieses letzten Zeitalters«1389. Juan Crook y Navarrot sah in den zwei Reihern den Verweis auf die dynastische Abfolge von Karl V. und Philipp II., die als Monarchen den ›Unglauben‹ (Tunis und Lepanto) bekämpften. Jüngst ist diese Interpretation wiederholt worden. Zelia Nuttall verstand hingegen die beiden Reiher als Allegorien auf die Monarchie und Religion, womit der spanische König der Religion gegen die Häresie zur Hilfe komme. Sie interpretiert den Spruch zudem als Hinweis auf Philipps II. Nachfolger Philipp III. (Regierungsantritt: 1598), der an die im Bilderzyklus dargestellten Taten seiner Vorfahren anknüpfen solle.1390 Ich möchte hier eine dritte Interpretation anbringen, die mir wahrscheinlicher scheint: Die dynastische Aussageintention des Feder-Adarga ist durch den dargestellten Ereigniszyklus sowie die zweifach angeführten Reiher verbürgt. Sie dürfte aber weder auf Philipp II. noch auf Philipp III. direkt abzielen. Insofern Philipp II. Ende Dezember 1571 die Durchführung von Festivitäten in Mittel- und Südamerika anlässlich des Seesieges bei Lepanto sowie der Thronfolgergeburt Fernandos anberaumte,1391 liegt dem Feder-Adarga vielmehr die dynastische Kontinuität zwischen Philipp II. und Fernando als Thema zugrunde. Damit ist der Adarga erstens als Trophäe Ausdruck der Ergebenheit der spanischen Besitzungen gegenüber einer christlichen Herrscherdynastie und zweitens als Vo1388 Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3/ 1, S. 73–78; Russo/ Wolf/ Fane: El vuelo de las imágenes, S. 26–31. 1389 SERÆ SPES VNA SENECTÆ ist in der Forschung – nicht grundlos – verschiedentlich übersetzt worden. Vgl. Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 163: »No hay más que una esperanza para la tardía vejez«;Nuttall: Ancient Mexican Feather Work, S. 333: »The only hope of declining age«. 1390 Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 163; Sabau García: Mexico en el mundo. Bd. 3/ 1, S. 102; Nuttall: Ancient Mexican Feather Work, S. 333. 1391 AGI, Indiferente General, 427, L.30, fol. 225r–229r. Vgl. Kapitel II.5.i. Ein König berichtet über das Ereignis: Lepanto-Nachrichten aus Spanien.

Ein Sieg, viele Regionen

377

Abb. II.5.4: Ein amanteca bei der Arbeit. Bildaufnahme der digitalen Edition des Florentiner Codex durch Gary Francisco Keller, Fray Bernardino de Sahagún: The Florentine Codex. Complete Digital Facsimile Edition on 16 DVDs. Tempe, Arizona 2008. Abdruck mit Erlaubnis des Arizona State University Hispanic Research Center.

378

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

tivgabe der Ausdruck von Gottvertrauen, dass sich der neugeborene Fernando durch künftige Taten in die Ereigniskette einschreiben werde, in der auch Lepanto als Ereignis verortet wurde. So ist die Herstellung des Adarga nicht auf den Zeitraum zwischen 1571, dem letzten dargestellten Geschehnis im Bildzyklus, sowie 1598, dem Regierungsantritt Philipps III. zu verorten,1392 sondern zwischen 1571 und 1578, als Fernando verstarb. Dass die Federarbeit heute großteils verblichen und verloren ist, könnte darauf hindeuten, dass der Gegenstand auch zur dynastischen Inszenierung genutzt worden ist. Wenn er während festlicher Einzüge, dynastischer Festakte oder Prozessionen getragen und zur Schau gestellt worden ist, ließen sich die Beschädigungen als Resultat der Einstrahlung des Sonnenlichts und der Nutzung deuten. Entsprechend ist der Schild in der Forschung auch als »Paradeadarga« bezeichnet worden.1393 Möglich erscheint eine solche Nutzung nicht allein aufgrund der Materialität und Aussageintention des Schildes sowie der Verwendung mesoamerikanischer Federarbeiten während katholischer Zeremonien in Mailand während der 1570er Jahre,1394 sondern auch, weil die im Bilderzyklus des Feder-Adarga dargestellte Ereigniskette ebenso während anderer Lepanto-Festivitäten in Spanien begegnet. Die Ereignisfolge erinnert beispielsweise an die im Januar 1572 durch die Universität Sevilla veranstaltete Maskerade anlässlich des Seesieges bei Lepanto und der Geburt des Thronfolgers, während der verschiedene, verkleidete Monarchen Spaniens auftraten. In dieser Maskerade sind einige derselben Ereignisse thematisiert worden, die auch auf dem Feder-Adarga dargestellt wurden: Ferdinand II. erinnerte an die Eroberung Granadas, Karl V. verwies auf seine Siege in den Schlachten (und damit auch indirekt auf Tunis) und Philipp II. nannte Lepanto. Die Schlacht wurde hier als Sieg der spanischen Monarchie einerseits und andererseits als dynastisches Ereignis präsentiert, das zu den cosas memorables spanischer Monarchen zu zählen sei und zugleich die göttliche Auserwähltheit der Habsburgerdynastie repräsentierte.1395 Diese denk- und erinnerungswürdigen Taten der spanischen Könige waren es zugleich, die die Bildprogrammatik des FederAdarga bestimmten, die folglich auf in Lepanto-Festivitäten anzutreffende und der Glorifizierung der Herrscherdynastie dienende Ereigniskonzeptionen zurückgriff. Damit ist der Feder-Adarga als eine dreifache Repräsentation der spanischen Monarchie als christliche Herrschaft zu deuten. Erstens, symbolisiert der Schild ein wehrhaftes, christlichens Königreich, das gegenüber solchen Menschen 1392 Nuttall: Ancient Mexican Feather Work, S. 333. 1393 Crook y Navarrot: Catálogo Histórico-descriptivo, S. 161: »Adarga de parada«; ebenso Carlos: Armas y trofeos, S. 29. 1394 Russo/ Wolf/ Fane: El vuelo de las imágenes, S. 15. 1395 García Bernal: Velas y estandartes; Oviedo: RELACION. (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439), fol. 24v–34r. Zitat ebd., fol. 33v.

Ein Sieg, viele Regionen

379

siegreich ist, die als ›Ungläubige‹ klassifiziert werden: Muslime und Indigene. In diesem Kampf beansprucht Spanien die Führungsrolle, insofern die Liga-Kapitäne Philipp II. als wahren Lepanto-Sieger verehren. Zweitens veranschaulicht die Federarbeit die Handwerkskunst der Unterworfenen und verdeutlicht damit zugleich, inwieweit diese für die Inszenierung des Königs als christlichen Monarchen genutzt werden konnte. Weil Federarbeiten aufgrund ihres schimmernden Charakters als religiös und sozial ehrbar galten, veranschaulicht die Oberfläche des Adarga drittens den Einsatz materieller Schätze des weltenumspannenden, spanischen Königreichs zum Nutzen Gottes und des Monarchen: Als Votivgabe diente der fromme Gegenstand zugleich dem Dank für die Thronfolgergeburt und der Fürbitte für Fernandos folgende Lepanto-gleichen Taten. Damit stellt der Adarga selbst eine Allegorie auf den 91. Psalm dar: »Mit seinen [Gottes] Federn wird er dich bedecken und unter seinen Flügeln wirst du sicher sein: Schwert und Schild (adarga) ist seine Wahrheit«.1396 Damit wird der Schild selbst zu einem christlichen Gegenstand des Schutzes, der aber indigene und koloniale Logiken vereinte, wenn der Feder-Adarga als Tribut- und Votivgabe interpretiert und so als Trophäe stilisiert werden konnte. Das Ereignis Lepanto formierte sich hier gerade als connected history.1397

II.5.v. Ereignis und Mission: Die Seeschlacht auf einem japanischen Wandschirm (frühes 17. Jahrhundert) Das zweite Beispiel, das hier zur glokalen Verfertigung Lepantos behandelt werden soll, stammt aus Japan: Dort ist während des frühen 17. Jahrhunderts ein sechsteiliger Wandschirm (byo¯bu) in der Größe von 153,5 x 379 cm angefertigt worden, welcher die Seeschlacht von Lepanto darstellt (レパント戦闘, Abb. II.5.5): In der oberen Bildhälfte sind drei Schiffe auf dem Wasser zu sehen. Über ihnen erheben sich Wolkengebilde und zu ihrer Seite thront eine Burganalage in der Küstenlandschaft. Auf den sich im Vordergrund befindlichen Küstenstreifen, die durch eine Brücke verbunden sind, ist eine Schlacht im Gange. Das Getümmel zeigt rechter Hand – die Betrachterrichtung japanischer Wandschirme verlief entsprechend des Schriftverlaufes von oben nach unten und rechts nach links – 1396 Thomas B. F. Cummins: Adarga D-88 or the Wing of God. In: Images Take Flight: Feather Art in Mexico and Europe, 1400–1700. Hg. v. Alessandra Russo, Gerhard Wolf und Diana Fane. München 2015, S. 271–281; Biblia Reina-Valera, Psalm 91,4 (»Con sus plumas te cubrirá, Y debajo de sus alas estarás seguro: Escudo y adarga es su verdad«). 1397 Subrahmanyam: Connected Histories; ders.: From the Tagus to the Ganges; ders.: Mughals and Franks; Gruzinski: Les quatre parties du monde; ders.: Les mondes mêlés de la monarchie catholique et autres »connectes histories«. In: Annales. Histoire, Sciences Sociales 56 (2001), H. 1, S. 85–117; Davis: Decentering History.

380

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Krieger mit Turbanen auf den Köpfen. Sie reiten zu Pferd oder kämpfen vom Rücken der Elefanten aus mit Pfeilen und Bögen sowie Speeren und tragen Banner. Dem gegenüber sind linker Hand geharnischte Soldaten zu Pferd und zu Fuß zu sehen, die mit Piken, Speeren, Schwertern und Gewehren angreifen.1398

Abb. II.5.5: Japanischer Wandschirm zur Seeschlacht von Lepanto (レパント戦闘). Ko¯setsu Museum of Art (Kobe). Bildzitat von To¯bu bijutsukan (Hrsg.): Dai zabieru-ten – Rainichi yonhyaku go-ju¯ shu¯nen sono sho¯gai to nanban bunka no iho¯. To¯kyo¯ 1999, S. 26f. aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/heidicon_zoddf0779de2083522c95629bbae9a3830ef1a8bd0 [Zugriff am: 01. November 2014].

An jenen linksseitig dargestellten Ligisten ist die ungewöhnliche Bekleidung besonders auffällig: Sie tragen nicht allein Halskrausen, Helme und Brustharnische, wie sie im 16. Jahrhundert üblich waren, sondern vor allem Rüstungen all’antica. Ebenso halten sie nicht das Liga-Banner mit dem Kruzifix in die Höhe, sondern solche mit einer »SPQR«-Aufschrift. So verhält es sich auch bei den auf den Schiffen im Bildhintergrund dargestellten Fahnen und Standarten, auf denen ein »SPQR« (senatus popolusque romanus) oder ein »S« und »R« (senatus romanus) prangt. Lepanto in antikisierenden Bezügen darzustellen, ist keineswegs so ungewöhnlich, wie dies auf dem ersten Blick erscheinen mag. Denn zahlreiche

1398 Angaben zum Anfertigungszeitraum, zur Größe sowie zur Identifizierung als LepantoDarstellung finden sich in Joseph F. Loh: When Worlds Collide. Art, Cartography, and Japanese Nanban World Map Screens. PhD thesis, Columbia University. New York 2013, S. 28, 229. Die japanische Bezeichnung ist hier und im Folgenden ebd., S. 25 entnommen. Der Wandschirm wird heute im Ko¯setsu Museum of Art (Kobe) aufbewahrt. Jacques Proust: Europe Through the Prism of Japan. Sixteenth to Eighteenth Centuries. Notre Dame, Indiana 1997, S. 110 gibt 153,5 x 362,5 cm als Maße des Wandschirms an. Nochmals andere Maße sind bei Money L. Hickman: Painting. In: Japan’s Golden Age. Momoyama. Hg. v. dems. New Haven/ London 1996, S. 144 zu finden: 153,8 x 360,6 cm. Die japanische Bezeichnung ist Loh: When Worlds Collide, S. 25 entnommen. Vgl. weiterhin Mary Laven: Mission to China. Matteo Ricci and the Jesuit Encounter with the East. London 2012, S. 97.

Ein Sieg, viele Regionen

381

italienisch- und spanischsprachige Autoren verglichen bereits im Jahr 1571 die Seeschlacht dieses Jahres mit jenen, die in der Antike zwischen Rom und Karthago oder auch in Ägypten ausgefochten wurden.1399 In der Bildmitte des Wandschirms ist ein auf einem schwarzen Pferd reitender Ligist mit prunkvoller Rüstung dargestellt, der mit seiner linken Hand ein Banner des Gegners ergreift, den er mit einem in seiner rechten Hand befindlichen Säbel bedroht. Der Osmane, auf einem braunen Pferd sitzend, hält krampfhaft das Banner in den Händen, um dessen Verlust zu verhindern. Offensichtlich handelt es sich dabei um die piktorale Adaption des Motivs der in den zeitgenössischen Relationen eingehend thematisierte Standartenerwerb Juan de Austrias bei Lepanto.1400 Gestaltungsparallelen zwischen dem japanischen Lepanto-Wandschirm und den in der Iberischen und Italienischen Halbinsel üblichen Motiven der Schlachtdarstellung lassen sich an weiteren Beispielen vergegenwärtigen. So sind eindeutige Parallelen bei einem Vergleich des Wandschirmes mit einem flandrischen Wandteppich feststellbar, der die Schlacht von Zama darstellt (Abb. II.5.6): Auf der 496 x 925 cm großen Fläche sind hier dieselben bildgestaltenden Motive zu finden wie auf dem japanischen Wandschirm. Die zwei frontal blickenden Kriegselefanten in der Mitte des Wandteppichs gleichen sich sogar bis hin zur Haltung ihres Rüssels mit ihren japanischen Pendants. Ebenso ist die Haltung eines der beiden Elefantenreiter vergleichbar. Auf den Rücken der Tiere sind Plattformen errichtet worden, von der sowohl in der Zama- als auch in der Lepanto-Darstellung Soldaten, die Turbane tragen, ihre Pfeile auf die Gegner schießen. Auf beiden sind goldgelbe Banner gehisst. Vor den Füßen der Elefanten ist auf dem Wandteppich ein zu Boden gegangenes Pferd zu sehen, das genauso wie der von ihm herabfallende Reiter bemerkenswerte Ähnlichkeiten zu der Darstellung auf dem Wandschirm zeigt. Weiterhin ähneln die perspektivischen Darstellungen zweier Reiter im rechten Vordergrund des Wandschirmes jenen auf dem Wandteppich sowie linksseitig einer dort im linken Bildvordergrund 1399 Vgl. bspw. BAV, Urb. lat., 855, fol 357r-376r (»Comparatione de due Battaglie Nauali memorabili, l’una de Romani con cartaginesi appresso Sicilia et l’altera de Christiani con Turchi appresso Lepanto à Curzolari alli .7. d’Ottobre 1571.«); Anonym: DISCORSO SOPRA DVE GRANDI E MEMORABILI BATTAGLIE NAVALI. (AL, Turcica VI.103/15863; CUL, Acton.d.23.442). 1400 Juan de Austria: Relacion de lo succedido en la armada de la Sa[n]cta Liga, desde los treynta del mes de Septiembre, hasta los veynte y quatro de Octubre de este año, embiada a esta ciudad, al muy Illustre Señor Licenciado, Pero Lopez de Mesa, Assistente de Seuilla. Assimismo va aqui la relacion de los Turcos muertos y presos, y el numero de baxeles que se tomaron al Turco, y artilleria, y la particion que de todo esto se hizo, co[n]forme a los Capitulos de la liga. Y los Christianos que se rescataron, y la gente que de los nuestros falto, y vnas preguntas que declaro Mahomet de Constantinopla, ayo de los hijos de Ali Baxa, Capitan General de la armada del Turco. El qual Mahomet y los dos hijos de Ali Baxa, yerno del Turco passado, fueron presos, con otras particularidades de que se ha tenido cierta relacion. Con licencia impressa. Sevilla 1571. (BNE, R 3418211).

382

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

befindlichen weiteren Reiterfigur. Die prominenten, rotfarbenen S.P.Q.R.-Banner sind ebenfalls auf beiden Darstellungen zu finden.1401 Wie sind all diese offensichtlichen Parallelen zwischen Wandteppich und Wandschirm zu begründen, wenn berücksichtigt wird, dass beide an zwei verschiedenen Enden der Welt produziert, ausgestellt und aufbewahrt worden sind? Denn die Szene des Kampfes zwischen Cornelius Scipio und Hannibal (202 v. Chr.) wurde in den 1520er Jahren in Brüssel angefertigt und befand sich im Besitz der in den Spanischen Niederlanden regierenden jüngeren Schwester Karls V., Maria von Ungarn. Später gelangte er zum spanischen König in dessen Palacio Real. Der Wandteppich wurde ebenso als Druck distribuiert, was Timon Screech mutmaßen lässt, dass Priester diesen Druck auch in Japan an Konvertiten verteilten. Darüber hinaus zirkulierten Schlacht-Erzählungen antiker Autoren wie Polybius oder Livius weitläufig in humanistischen Kreisen.1402 Eine Erklärung dürfte in den Kulturkontakten zwischen Japan und Spanien der Jahre unmittelbar nach der Seeschlacht von Lepanto zu suchen sein. Der in Japan tätige Jesuit Alessandro Valignano suchte, nicht zuletzt um für die missionarischen Tätigkeiten zu werben und konkrete Unterstützung zu generieren, den Erfolg der jesuitischen Missionsbestrebungen in Asien durch eine Reise von vier japanischen Jungen nach Europa zu demonstrieren. Die vier Jungen namens Mancio Ito¯, Michael Chijiwa, Martin Hara und Julian Nakaura, die allesamt als Schüler im jesuitischen Seminar von Kyu¯shu¯ lernten und daher Latein beherrschten, traten dabei als Repräsentanten einiger zum Christentum konvertierter lokaler Machthaber (daimyo¯) auf und wurden von dem portugiesischen Jesuiten Diogo de Mesquita begleitet.1403 Im Februar 1582 begann deren Reise in Nagasaki und führte sie über Goa um das Kap der Guten Hoffnung herum bis nach Lissabon. Von dort aus verlief die Route der Japaner über Toledo und Madrid nach Alicante, von wo aus sie über Mallorca nach Livorno übersetzten. Auf der Italienischen Halbinsel hielten sie unter anderem in Pisa, Florenz, Siena und Rom. Die Japaner reisten weiter nach Loreto, Pesaro, Ferrara, Venedig, Mantua, Mailand und Genua. Von der ligurischen Hafenstadt aus fuhren sie nach 1401 Timon Screech: Obtaining Images. Art, Production and Display in Edo Japan. London 2012, S. 307. Vgl. den entsprechenden Eintrag in der Bilddatenbank »Prometheus« [Zugriff am 18. 08. 2014]; Fernando Checa Cremades: Tapisseries flamandes pour les ducs de Bourgogne, l’empereur Charles Quint et le Roi Philippe II. Brüssel 2008, S. 199. 1402 Bilddatenbank »Prometheus« [Zugriff am 18. 08. 2014]; Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 111f., nicht nummerierte Abbildung (Bildunterschrift: »Cornelius Cort, Battle of Zama […]«); Screech: Obtaining Images, S. 307. 1403 Michael Cooper: The Japanese Mission to Europe, 1582–1590. The Journey of Four Samurai Boys Through Portugal, Spain and Italy. Folkestone 2005, S. 13f.; Derek Massarella (Hg.): Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe. A Dialogue Concerning the Mission of the Japanese Ambassadors to the Roman Curia (1590). Übers. v. Joseph F. Moran. (The Hakluyt Society. Serie III, Bd. 25). London 2012, S. 1–31; Laven: Mission to China, S. 97.

Ein Sieg, viele Regionen

383

Barcelona, wo sie die Reise erneut über Madrid nach Lissabon fortsetzten und schließlich die Segel nach Japan hissten. In den Herrschaften, die sie bereisten, sind sie als Legaten empfangen worden, was der Gruppe den bereits damals umstrittenen diplomatischen Status einer Gesandtschaft zusprach. Die Gesandtschaft fand enormen Widerhall in zeitgenössischen Drucken der Italienischen und Iberischen Halbinsel, Süddeutschlands und Polens.1404 Besonderes Interesse dürften auch die während der Audienzen ausgehändigten Geschenke erweckt haben, worunter sich Lackwaren, Tischarbeiten und Rüstungen befanden.1405 Ende 1584 wurden die vier japanischen Edelleute im El Escorial empfangen. Ein zwischen 1594 und 1603 angefertigtes Inventar der Real Armería dokumentiert, dass sich zu diesem Zeitpunkt einige japanische Gegenstände in der königlichen Waffensammlung befanden, insbesondere zwei Rüstungen. Hier wurden die Rüstungen (gusoku) bestehend aus Helm mit Gesichtsmaske (kabuto), Panzer, Schulterpolster, Arm- und Beinschienen als Geschenke des »Königs von Japan an seine Majestät« beschrieben. Daher wird ein Teil der Rüstkammerbestände als Geschenke klassifiziert, welche dem spanischen König während der Audienz der japanischen Gesandtschaft des Jahres 1584 übergeben worden seien.1406 Andernorts wurde vermutet, es handle sich um japanische Geschenke, die erst um 1594 übersandt worden sind. Nachweisbar ist jedenfalls, dass auch der Machthaber von Hirado, Matsuura Shigenobu, eine japanische Lanze, einen Eisenhelm sowie einige Fächer dem spanischen Statthalter der Philippinen im Jahr 1584 verschenkte, welche dieser dann 1586 dem spanischen König übermitteln ließ.1407 Derartige Objekte müssen also selbst in den umfangreichen und geografisch weiträumigen Geschenkpraktiken jener Jahre verortet werden, für welche der Empfang im Jahr 1584 sicherlich eine entscheidende Rolle spielte – sei es als Zeitpunkt der Geschenkübergabe oder aber als Beginn zunehmender Kulturkontakte. In dem hier behandelten Zusammenhang ist allerdings weniger die Frage danach, ob die japanischen Rüstungen wirklich während der Audienz 1584 übergeben worden sind, aufschlussreich, als vielmehr die spezifischen Bedeutungszuschreibungen, mit denen diese Geschenkpraktiken in Spanien in Ver1404 Cooper: Japanese Mission to Europe, S. xiii ff., 25–151; Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, S. xx ff., 1, 10; Adriana Boscaro: Sixteenth Century European Printed Works on the First Japanese Mission to Europe. A Descriptive Bibliography. Leiden 1973, S. 10f. 1405 Laven: Mission to China, S. 97; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 62. 1406 Álvaro Soler del Campo: Embajadas japonesas en la Real Armería. In: Oriente en Palacio. Tesoros asiáticos en las colecciones reales españolas. Hg. v. Mar Sánchez-Ramón u. a. Madrid 2003, S. 59. Eine ausführliche Besprechung der Inventare findet sich ebd. (Zitat ebd., S. 62: »rey de Japón a su Md«). 1407 Kiichi Matsuda: Armaduras japonesas en la Real Armería de Madrid. In: Monumenta Nipponica 16 (1960), H. 3/4, S. 395–401.

384

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

bindung gebracht worden sind. Denn die japanischen Rüstungen wurden von Philipp II. gemeinsam mit den Trophäen aufbewahrt, welche die spanischen Könige während verschiedener Schlachten eingenommen hatten – so auch mit einigen Beutestücken aus der Seeschlacht von Lepanto. Die japanischen Rüstungen und Waffen waren also mit spezifisch monarchischen Präsentationslogiken verbunden, welche die verschenkten Gegenstände aus Fernost mit bei Lepanto erbeuteten Turcica in einen Zusammenhang stellten, der die dynastische Überlegenheit eines ›christlichen Monarchen‹, des spanischen Königs aus dem Hause Habsburg, materialisierten, der sich im Kampf gegen und in der Missionierung von ›Ungläubigen‹ hervorgetan hatte – so zumindest die Selbstdarstellung. Philipp II. erwiderte die Geschenkübergabe indem er die Freude kundtat, die er darüber empfinde, dass das Christentum in Japan Fuß fasse.1408 Entsprechend war auch die päpstliche Audienz konzipiert, in welcher ein jesuitischer Orator in Bezugnahme auf die historische Christianisierung Englands unter Gregor dem Großen kundtat, dass das Pontifikat Gregor XIII. durch die Christianisierung Japans gekennzeichnet sei. Aus Rom informierte der Jesuit Claudio Aquaviva zudem Valignano, dass die Audienz den Protestanten die Machtfülle und geografische Ausbreitung der katholischen Kirche vor Augen führe.1409 Dem ist zu entnehmen, dass die katholischen Akteure und Beobachter der den Japanern gewährten Audienzen auch eine Deutung dieser Empfänge intendierten, die auf Nichtkatholiken abzielte und die chiesa triumphans repräsentieren sollte. Dass solche Interpretationen beim Empfang der christlichen Japaner in der vatikanischen Sala Regia mit Giorgio Vasaris die Seeschlacht von Lepanto und das Bartholomäusmassaker darstellenden Freskenzyklus aufkamen, mag kaum verwundern. Aber auch Venedig schätzte den Empfang der Japaner als solch zentrales Moment ein, dass es beabsichtigte, ein Gemälde anfertigen und im Dogenpalast anbringen zu lassen, welches die Gesandtschaft und die Audienz darstelle. Dass es letztlich nicht dazu kam, mag zum einen daran liegen, dass Tintoretto, der vom Senat mit der Anfertigung von Porträtgemälden beauftragt worden war, diese aufgrund der kurzen Zeit des Aufenthaltes der Japaner nicht abgeschlossen hatte. Zum anderen ist ein weiterer Grund darin zu finden, dass die venezianischen Senatoren die Aussagekraft der dargestellten japanischvenezianischen Audienz im Hinblick auf Nicht-Christen bezweifelten und eine andere Audienz für geeigneter hielten, Venedig als republica triumphans darzustellen: Statt der japanischen Audienzdarstellung ist ein Gemälde angebracht worden, das den Empfang einer safawidischen Gesandtschaft im Jahre 1603 zeigt. Im Sala delle Quattro Porte aufgehangen, konnten es alle Botschafter während 1408 Soler del Campo: Embajadas japonesas, S. 61; ders.: Trofeos de Lepanto, S. 46; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 62. 1409 Ebd., S. 89f.; Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, S. 14.

Ein Sieg, viele Regionen

385

des Wartens auf die ihnen im Collegio bevorstehende Audienz betrachten. Im Gegensatz zur japanischen Audienz sind hier die Vertreter eines der mächtigsten Widersacher des Osmanischen Reiches, nämlich des safawidischen Sˇa¯hs dargestellt. Insofern Venedig vielfach osmanische Entsandte empfing, schätzten die Venezianer also offensichtlich eine Darstellung der safawidischen Gesandtschaft im Vergleich zu einer Darstellung derjenigen der Japaner als gelungenere Möglichkeit, das Audienzzeremoniell im Hinblick auf osmanische Entsandte im Sinne Venedigs dahingehend zu beeinflussen, die Lagunenstadt als diplomatisch gut situierte und dadurch dem Osmanischen Reich auch gefährliche Herrschaft zu präsentieren. Das Beispiel zeigt ebenso, dass die japanische Audienz von den sie empfangenden Herrschaften für die eigene Selbstdarstellung zu nutzen beabsichtigt wurde.1410 Insofern die Reise der Japaner wesentlich auf Valignanos Bemühungen zurückzuführen ist, den Erfolg der jesuitischen Mission in katholischen Herrschaften zu präsentieren, und Valignano ausführlich beobachtete, wie in Japan welche Geschenke überreicht wurden, um Gepflogenheiten und Ehrzuweisungen zu beachten und so die jesuitische Sache zu befördern, ist davon auszugehen, dass auch die japanischen Gesandtschaftsgeschenke in engem Zusammenhang mit Valignano ausgewählt worden sind.1411 Beispielsweise einen byo¯bu zu veräußern, lag dabei durchaus in einer dezidiert japanischen Logik des Gabentauschs, denn Wandschirme stellten traditionell Handelsgüter im Kontakt mit China und Ehrengaben zwischen japanischen Aristokraten dar.1412 Doch Valignano griff diese japanischen Praktiken auf, um sie in einem neuen Deutungskontext zu verorten. Dass die Geschenke also Bestandteil jener Repräsentationslogiken waren, die – auch mit Verweis auf Lepanto als Ereignis – Herrschaftsansprüche als ›christliche Überlegenheit‹ legitimierten, dürfte also durchaus in der Intention Valignanos gelegen haben, auch deshalb, weil gerade dies den Erfolg der jesuitischen Mission in Fernost unterstrich, den deren Vertreter darzustellen suchten. 1410 Giorgio Rota: Safavid Envoys in Venice. In: Diplomatisches Zeremoniell in Europa und im Mittleren Osten in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Ralph Kauz, Giorgio Rota u. Jan P. Niederkorn. (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Bd. 796. Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 141. Veröffentlichungen für Iranistik, Bd. 52). Wien 2009, S. 230; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 116; Hanß: Udienza und Divan-ı Hümayun, S. 217ff.; Adel Allouche: The Origins and Development of the Ottoman-Safavid Conflict (906–962/1500–1555). (Islamkundliche Untersuchungen, Bd. 91). Berlin 1983; Guglielmo Berchet: La Repubblica di Venezia e la Persia. Turin 1865. 1411 Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, S. 3; Laven: Mission to China, S. 90f. 1412 Quitman E. Phillips: The Practices of Painting in Japan, 1475–1500. Stanford, Kalifornien 2000, S. 45; Miyeko Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting. The American Collections. New York 1990, S. 10.

386

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Unter den Geschenken, welche die vier Japaner während ihrer Reise dem Papst Gregor XIII. vermachten, befand sich auch ein byo¯bu, der die Residenz des Oda Nobunaga darstellte. Dieser Feldherr war einer der einflussreichsten Machthaber Japans, bis er 1582 in Folge von Machtkämpfen verstarb und sein Anwesen zerstört wurde. Mary Laven vermutet daher, dass der in Rom überreichte japanische Wandschirm einen entsprechenden mystischen Nimbus erhalten habe.1413 Mit den Japanern erreichten also ebenjene japanischen Kunstgegenstände ehemalige Liga-Herrschaften auf der Italienischen Halbinsel, die ungefähr zwanzig Jahre später genutzt wurden, um in Japan die Seeschlacht bei Lepanto darzustellen. Zugleich begegneten die Japaner auch Motiven, welche in ebenjenen von ihnen bereisten Herrschaften die Darstellung Lepantos als Ereignis prägten. Zahlreiche Gemälde, Drucke und andere Gegenstände brachten sie als Geschenke mit zurück nach Japan.1414 Während ihrer Reise dürften die Japaner mindestens drei bildliche Darstellungen der Seeschlacht von Lepanto während der ihnen gewährten Audienzen gesehen haben: Einen Freskozyklus im El Escorial, die allegorische Darstellung in der Sala del Consiglio dei Dieci im venezianischen Dogenpalast sowie das Fresko Giorgio Vasaris in der vatikanischen Sala Regia.1415 Im El Escorial blieben die Japaner drei ganze Tage, während derer sie auch dort verwahrte Reliquien sowie Lepanto-Beutestücke gezeigt bekamen.1416 In Pisa wohnten die Japaner einer in der Kirche der Stephansritter zelebrierten Messe bei – jener Orden, der bei Lepanto erbeutete osmanische Standarten des Besitzes der de’ Medici verwahrte.1417 Während ihres fünftägigen Florenz-Aufenthalts kamen die Japaner im Palazzo Vecchio unter, wo sich weitere Lepanto-Memorabilia befanden.1418 In Genua trafen sie den Lepanto-Teilnehmer Giovanni Andrea Doria.1419 Ein lateinischer Druck schreibt dem japa1413 Laven: Mission to China, S. 97. Vgl. auch Hickman: Painting, S. 144. 1414 Ebd.; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 116f., 153. Zu deren Aufnahme nach der Rückkehr siehe ebd., S. 152–159; Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, S. 28ff. 1415 Vgl. Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 53–117. 1416 Alfonso de Carlos: Armas y trofeos de Lepanto en la Real Armería de Madrid. In: Reales sitios 8 (1971), Nr. 29, S. 29–36; Álvaro Soler del Campo: Los trofeos de Lepanto en la Real Armería. In: Oriente en Palacio. Tesoros asiáticos en las colecciones reales españolas. Hg. v. Mar Sánchez-Ramón u. a. Madrid 2003, S. 45–57; Screech: Obtaining Images, S. 309; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 53–68, hier S. 67 zu den vorgeführten LepantoTrophäen. 1417 Ebd., S. 80; BUP, Ms. 1033 (Alfredo Giusiani: Atlante araldico riguardante le bandiere turchesche che si trovano conservate nella chiesa nazionale di S. Stefano dei Cavalieri, 1933); Gino Guarnieri: Il »Registro delle prede« dei Cavalieri di S. Stefano. In: Archivio storicoitaliano 131 (1973), S. 257–286. 1418 Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 81; ASFi, Guardaroba Mediceo, 87, fol. 13r; Ettore Allegri/ Alessandro Cecchi: Palazzo Vecchio e i Medici. Guida storica. Florenz 1980. 1419 Screech: Obtaining Images, S. 309, 369 mit Korrektur der Angaben von Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 128.

Ein Sieg, viele Regionen

387

nischen Gesandtschaftsmitglied Michael Chijiwa ein solches Staunen über die künstlerische Lepanto-Gestaltung der Sala Regia, die jeden anderen Palast übertreffe, zu, dass er diesem folgende Worte in den Mund legt: Diese »wundervolle Kunstfertigkeit […] bietet den Augen des Betrachters ein äußerst entzückendes Spektakel«.1420 Vor diesem Hintergrund fällt eine weitere Gestaltungsparallele zwischen dem die Seeschlacht darstellenden japanischen Wandschirm und einer in diesen Residenz- und Emfpangspalästen zur Schau gestellten Schlachtdarstellung auf. Giulio Romano, auf dessen Entwurfszeichnungen der flandrische Zama-Wandteppich zurückging, hatte zu Beginn der 1520er Jahre auch in der Sala di Constantino des vatikanischen Palastes die Schlacht an der Milvischen Brücke als Fresko angefertigt (Abb. II.5.7).1421 Deren topografische Anordnung und Brückendarstellung erinnert genauso an den Lepanto-Wandschirm, wie die prominenten Positionierungen der in den Schlachtszenen gefeierten Monarchen: Romano stellte Kaiser Konstantin den Großen in der Bildmitte mit goldener römischer Rüstung dar, einen Speer haltend und die Krone tragend, mit zwei fasces und S.P.Q.R.-Standarten im Hintergrund. Entsprechend sind solche fasces und Banner auch auf dem japanischen Wandschirm im Umkreis des am linken Bildrand dargestellten Monarchen zu sehen, der jedoch nicht reitet, sondern auf einem Triumphwagen sitzt. Die Produktion des Wandschirmes zur Seeschlacht von Lepanto ist also im Umfeld der japanischen Gesandten und somit letztlich im Kontext missionarischer Aktivitäten der Jesuiten zu verorten. Dabei ist festzustellen, dass der Lepanto-Wandschirm die Schlacht unter direktem Rückgriff auf Motive und Darstellungsrepertoires präsentierte, welche in der Italienischen und Iberischen Halbinsel geläufig waren. Die Schlachtdarstellungen, auf welche sich der Lepanto-Wandschirm ikonografisch bezog, dienten vornehmlich der Repräsentation der Macht eines ›christlichen Monarchen‹, die sich durch dessen Kriegseinsatz und durch die vermeintlich von Gott verliehenen militärischen Siege versinnbildlichte. So ist in dem Aufgreifen des vatikanischen Freskos zu Konstantin den Großen als ersten römischen Kaiser christlichen Glaubens eine doppelte Referenzfunktion zu sehen: erstens zur Konstantinischen Schenkung 1420 Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, S. 280: »wonderful artistry«; »offer a most delightful spectacle to the eyes of the beholder«. Siehe auch ebd., S. 276; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 88f. 1421 Bilddatenbank »Prometheus«. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/ show/heidicon_kg-8d49776a272e9f411039430210444ebcde43b8ff [Zugriff am 18. 08. 2014]; Konrad Oberhuber: Raffael. Das malerische Werk, München 1999, S. 193; Petra Kruse (Hg.): Hochrenaissance im Vatikan. Kunst und Kultur im Rom der Päpste. 1503–1534. Bonn 1999, S. 256; Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/ show/digidia-df02cddcf 763c81d0943a2210f3300f4b049e50f [Zugriff: 18. 08. 2014].

388

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.5.6: Flandrischer Wandteppich zur Schlacht von Zama (Brüssel, 1523–1532, Real Palacio, Madrid). Bildzitat von Fernando Checa Cremades: Tapisseries flamandes pour les ducs de Bourgogne, l’empereur Charles Quint et le roi Philippe II. Brüssel 2008, S. 199, fig. 116 aus Bilddatenbank Prometheus, URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/heidi con_kg-8d49776a272e9f411039430210444ebcde43b8ff [Zugriff am: 18. August 2014].

Abb. II.5.7: Giulio Romanos Fresko ›Die Schlacht an der Milvischen Brücke‹ (1520–1524, Sala di Constantino, vatikanischer Palast). Bildzitat von Petra Kruse (Hg.): Hochrenaissance im Vatikan. Kunst und Kultur im Rom der Päpste 1503–1534. Bonn 1999, S. 256 aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/digidia-df02cddcf 763c81d0943a2210f 3300f4b049e50f [Zugriff am: 18. August 2014].

Ein Sieg, viele Regionen

389

und der damit einhergehenden Macht- und Autoritätsfülle des Papsttums als Herrschaft und zweitens auf das in hoc signo vinces, das Konstantin vor der Schlacht erschienen sein soll und welches auch das Banner zierte, mit dem die Ligisten in die Schlacht bei Lepanto zogen.1422 Der flandrische Wandteppich zur antiken Schlacht im nordafrikanischen Zama ist im Kontext von Karls V. TunisAmbitionen zu verorten, die wenige Jahre später in der spanischen Eroberung der Stadt mündeten, die der Monarch ebenfalls in Tapisserien darstellen ließ.1423 Dass katholische Zeitgenossen die Seeschlacht als solches signum monarchischer Macht verstanden, das auch auf Japan ausgerichtet war, ist Formulierungen zu entnehmen, die zumindest teilweise topischen Charakters gewesen sein dürften. Einem Genuesen zufolge werde der Sieg der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto den Ruhm (fama), die Größe (grandezza) und die Tapferkeit (valore) der Habsburger »bis zu den entlegendsten Teilen Asiens« erklingen lassen.1424 Lorenzo Pallavicino, der hier zitiert worden ist, schrieb dem Ereignis Lepanto also eine Kraft zu, die Kunde von der Auserwähltheit der Habsburger-Dynastie bis nach China und Japan zu transportieren. In dieser Logik war die Schlacht als Ereignis so wichtig, dass deren Nachricht in der gesamten Welt zirkulieren müsse und als ›christlicher Sieg‹ auch die in Ostasien lebenden Nicht-Christen von der Überlegenheit christlicher Monarchen überzeugen müsse. Eine solche Interpretation spielte freilich den Jesuiten in die Hände, die sich dort seit einigen Jahrzehnten in der Missionierung betätigten.1425 Der Wandschirm fungierte dann als Devotionalobjekt, indem er den Betrachter durch den Anblick der Seeschlacht, der als Sieg der ›Heiligen Liga‹ an das Eingreifen Gottes erinnerte, zur Frömmigkeit und Dankbarkeit mahnte. Daher ist es kaum verwunderlich, dass die Entstehung des Lepanto-Wandschirms in der Forschung im Kontext der Jesuiten-Mission verortet wird. Hierzu würde auch passen, dass einer der Missionare bereits 1578 nach Rom geschrieben hatte, dass er für seinen Einsatz in Japan bildliche Darstellungen von Land- und Seeschlachten erbete. Jüngst vermutete Joseph F. Loh, dass der Wandschirm ein Geschenk jesuitischer Missionare gegenüber japanischen Feudaleliten gewesen sein könnte. So ist bekannt, dass sich dieser ur¯ kubo-Familie befand, ohne dass sich jedoch näheres sprünglich im Besitz der O 1422 Eusebius von Caesarea: De vita Constantini. Eingel. v. Bruno Bleckmann. Übers. v. Horst Schneider. (Fontes christiani, Bd. 83). Turnhout 2007, S. 140–223; Fedele: Lo stendardo. 1423 Oliver Tostmann: »Plus Oultre« – Gedanken über die Tunis-Teppichserie nach Jan Vermeyen. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 71 (2008), H. 1, S. 73–100. 1424 Pallavicino: LETTERA. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18), S. 45: »Che direte dico, se non che come con le opere˛, et con li gesti di Don Giouan’, che farà risuonar la fama, della grandezza, et del valore della stirpe d’Austria, fino alle estreme parti dell’Asia, si saranno fatti colmi di gloria mortale?« 1425 Einführend siehe M. Antoni J. Üçerler: The Jesuit Enterprise in Sixteenth- and SeventeenthCentury Japan. In: The Cambridge Companion to the Jesuits. Hg. v. Thomas Worcester. Cambridge u. a. 2008, S. 153–168.

390

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

zum genauen Kontext der Überreichung sagen ließe. Deren Mitglieder zogen allerdings in Diensten eines zum Katholizismus konvertierten, japanischen Feudalherren in den Krieg, womit der Wandschirm auf Patronageverhältnisse rekurrieren könnte.1426 Den Wandschirm einzig und allein als Produkt jesuitischer Missionierungsbestrebungen zu interpretieren, käme allerdings zu kurz. Bereits 1999 beklagte Gauvin Bailey, dass dies zu häufig bei der Erforschung von Kunstgegenständen, die im Zuge frühneuzeitlicher Missionierungen entstanden waren, geschehen sei. Die Anfertigungs- und Präsentationslogiken sowie die bildstrategischen Positionen dieser Kunstwerke vernachlässigend, sind diese zu oft auf die in Textquellen überlieferten Positionen der Missionare hin reduziert worden. »Indigene Gemeinschaften (indigenous communities)«, so Bailey weiter, erschienen bei einer solchen Interpretation zu häufig als »passive und stille Kulisse der jesuitischen Bemühungen«. In der auf Kulturkontakte fokussierten Untersuchung dieser Artefakte als in den sozialen und lokalen Alltag eingebettete Materialitäten sieht Bailey die Möglichkeit, die »oftmals verlorenen Stimmen indigener Menschen« zu rekonstruieren.1427 Insofern das revoicing einen zentralen Aspekt dieser Arbeit zur Ereigniswerdung Lepantos darstellt, ist eine solche Annäherung auch im Kontext des hier vorgestellten japanischen Wandschirms zur Seeschlacht bei Lepanto vielversprechend: Wie also artikulierten Jesuiten und Japaner anhand dieses Wandschirms Lepanto als Ereignis? Für die Einschätzung, dass der Wandschirm nicht einfach als jesuitisches Produkt verstanden werden kann, das entsprechend der intendierten Logik wahrgenommen wurde, spricht auch die traditionelle Bewertung künstlerischer Tätigkeiten in der japanischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts. Denn in Ostasien, so betonte jüngst Timon Screech, war die Herstellung eines Kunstgegenstandes von vergleichbar wichtiger Bedeutung, wie dessen Besitz, Zurschaustellung und Betrachtung, und wurde so bereits im Kunstwerk selbst mitgedacht. Demnach wählten japanische Künstler traditionell die Art und Weise genau aus, wie sie das Dargestellte selbst zu präsentieren beabsichtigten. Sie fertigten umfangreiches Skizzenmaterial an und sammelten »visuelle Ressourcen«, wie es Quitman E. Phillips bezeichnete, für die anstehende Malerei, die sich sowohl aus 1426 Hickman: Painting, S. 144f.; Loh: When Worlds Collide, S. 32, 41, 124; Grace A. H. Vlam: Kings and Heroes. Western-Style Painting in Momoyama Japan. In: Artibus Asiae 39 (1977), H. 3/4, S. 242; Alfons Kleiser: Doña Gracia Hosokawa. Ihre Bekehrungsgeschiche nach einem Originalbericht des P. Antonio Prenestino. In: Monumena Nipponica 2 (1939), H. 2, S. 609. Zum japanischen Krieg gegen Korea vgl. Asao Naohiro: The Sixteenth-Century Unification. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 70–74; Laven: Mission to China, S. 167f. 1427 Bailey: Art on the Jesuit Missions, S. 4: »[…] usually depicting the indigenous communities as a kind of passive and silent backdrop to Jesuit efforts«; »The art inspired by the missions […] is a vital key for retrieving the often lost voices of indigenous peoples«.

Ein Sieg, viele Regionen

391

Zeichnungen von der Anschauung der Welt und Umgebung als auch aus Zeichnungen von bereits vorgefertigten künstlerischen Produkten ergaben. Eine Unterscheidung zwischen ›zeichnen‹ und ›kopieren‹ war hier nicht üblich: beides galt als zusammengehöriger, einheitlicher Prozess, der als utsusu bezeichnet wurde und – trotz der Übertragung spezifischer Inhalte und Elemente – in stark kalligrafischer Tradition die persönliche Kunstfertigkeit und Note des Künstlers selbst mitdachte.1428 Insofern in der 1590 von den Jesuiten gegründeten Malwerkstatt auch japanische Künstler wirkten, die mit den hiesigen Maltraditionen vertraut waren, verwundert es kaum, festzustellen, dass diese tradierten Zeichenpraktiken auch die Anfertigung der im Missionsumfeld entstandenen Kunstgegenstände beeinflussten. Entsprechend sind nachhaltige Einflüsse der japanischen Wandschirm-Malerei in den vermeintlich ›jesuitischen Kunstwerken‹ feststellbar.1429 Innerhalb dieses Entstehungsprozesses von Gegenständen nahmen japanische Künstler, traditionell große Mühen auf sich, um verschiedene »visuelle Ressourcen« für die Durchführung des eigenen Projektes zusammenzutragen, die dann gewissermaßen als adaptierte Vorlagen fungierten. Dabei war die Sichtbarkeit der visuellen Bezugnahmen durchaus erwünscht. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die in dem japanischen Lepanto-Wandschirm anzutreffenden Anleihen an italienisch-spanischen Narrativen und Motiven durchaus gewollt waren. Vermutlich sind sie vom Auftraggeber des Wandschirmes bereitgestellt und von Künstlern bewusst in die Schlachtdarstellung einbezogen worden. Es sind die feinen Unterschiede, welche Adaptionen des Künstlers darstellten und gerade im Zusammenhang mit den Anleihen dessen Fertigkeiten in der Tätigkeit des utsusu als Anlehnung und Adaption präsentierten.1430 Dabei handelte es sich um Adaptionsprozesse, die Motive und Vorlagen aufgriffen, transformierten, zusammenfügten, ausließen und so in einer neuen und zugleich tradierungsreferenziellen piktoralen Konstellation der Darstellung Lepantos als Ereignis resultierten. Diese tradierten Praktiken japanischen Kunstschaffens unterliefen als solche die jesuitischen Vorstellungen zur Anfertigung von Kunstgegenständen, die der frommen Andacht dienen sollten und als solche des klaren Umsetzens und traditionsgenauen Kopierens unterlagen, um so die »christliche Ikonografie

1428 Screech: Obtaining Images, S. 9; Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 66f. (»visual resources«). Zur weiteren Diskussion siehe Ronald P. Toby: The Originality of the ›Copy‹. Mimesis and Subversion in Hanegawa Tôei’s Chôsenjin Ukie. In: The Culture of Copying in Japan. Critical and Historical Perspectives. Hg. v. Rupert Cox. New York u. a. 2008, S. 71– 110, hier insbesondere S. 76f. 1429 Bailey: Art on the Jesuit Missions, S. 52–81. 1430 Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 66f., 69f. (»[…] the Japanese painter working for elite patrons needed to refer to the most prestigious models«).

392

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

und Symbolismus zu erhalten«.1431 Damit entstanden in der missionarischen Werkstatt nicht allein ›jesuitische Kunstgegenstände‹, sondern vielmehr dezidiert jesuitisch-japanische Gegenstände, die in den lokalen und historisch spezifischen Begebenheiten zu verorten sind, um so ein revoicing anhand der Ereigniswerdung Lepantos im Kontext Japans um 1600 zu ermöglichen.1432 Solche Adaptionen dezidiert katholischer Motive mit japanischen Repräsentationskonventionen mögen auf heutige Betrachter zunächst womöglich irritierend wirken. Ihnen ist etwa die wohl auffälligste Abweichung zwischen Schlachtdarstellung und Schlachtgeschehen geschuldet, denn die Seeschlacht fand nicht zu Land statt, wie sie der Wandschirm repräsentiert, sondern eben zu Wasser. Diesen Umstand erklärte Jacques Proust damit, dass die Japaner nicht gewusst hätten, was eine Seeschlacht sei. Auch Hickman führte dies auf die Annahme zurück, dass der Künstler offensichtlich kaum über die Schlacht informiert gewesen sei.1433 Dass mediterrane Seeschlachten den japanischen Betrachtern fremd gewesen seien, mag zwar zutreffen, doch darin Indizien für mangelhafte Kenntnisse oder gar unbewusste Fehler zu sehen, stellt meines Erachtens nach einen zu einseitigen Erklärungsversuch dar. Denn mit der Zuschreibung von Unwissenheit, die bereits angesichts der zahllosen bildstrategischen Referenzen des Lepanto-Wandschirms fragwürdig erscheint, geht genau jene Gefahr einher, auf die Gauvin A. Bailey nachdrücklich hinwies: die unreflektierte Übernahme nicht-lokaler Interpretationsmuster, welche die einheimischen »Stimmen« verstummen lasse.1434 Wenn der Wandschirm in den lokalen Kontaktnahmen verortet wird, erscheint die Landrepräsentation einer Seeschlacht weniger als Ausdruck von Unwissenheit, denn als eine spezifisch gewählte Darstellungslogik, die es zu untersuchen gilt. Demnach sind es die Anlehnungen und Adaptionen von Darstellungsmotiven, welche die Repräsentation der Seeschlacht bei Lepanto als Ereignis auf diesem japanischen Wandschirm prägten. Entsprechend interpretiert auch Timon Screech diesen Aspekt umsichtiger als bewusste Adaption, was ebenso angesichts des für gewöhnlich von japanischen Künstlern gesammelten und zur Verfügung stehenden Druckmaterials wahrscheinlicher als Prousts Erklärung erscheint:

1431 Loh: When Worlds Collide, S. 124: »The possibility for multiple interpretations was enhanced by Japanese artists who deliberately transformed, mixed, or omitted, details and motifs in creating their monumental collage-like compositions. This contradicted the usual Jesuit art seminary pedagogy and practice for producing religious art, which dictated close copying as a method to maintain Christian iconography and symbolism.« 1432 Bailey: Art on the Jesuit Missions, S. 4. 1433 Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110 (»Since the Japanese did not know what a naval battle was, the combat is shown taking place primarily on land«); Hickman: Painting, S. 145. 1434 Bailey: Art on the Jesuit Missions, S. 4: »voices«.

Ein Sieg, viele Regionen

393

»Piktorale Kombination dieser zwei Ereignisse [der Schlachten bei Zama und Lepanto, S. H.] ist allerdings einmalig [für] Japan [festzustellen] und ist Beleg einer beachtlichen Raffinesse und eines beträchtlichen Vertrauens seitens der kirishitan [ japanischer Katholiken, S. H.], importierte Informationen zu verarbeiten und zu nutzen.«1435

Demnach handelte es sich bei den aufgegriffenen und adaptierten Elementen des japanischen Lepanto-Wandschirms um bewusste Schöpfungsakte künstlerischsozialer Kompetenz. Für heutige Betrachter dürften auch die antiken Kleidungsstücke der Ligisten und die japanische Burganlage im Hintergrund des mediterranen Schlachtgetümmels die Seeschlacht einer eigenartigen zeitlichen und räumlichen Entfremdung unterziehen. Ersteres Vorgehen war jedoch auch in der katholischen Bildtradition des 16. Jahrhunderts üblich – etwa in Bayern, wo Herzog Wilhelm IV. ein Gemälde der Alexanderschlacht in Auftrag gab, in dem Albrecht Altdorfer die Personen in damals zeitgenössischer Kleidung darstellte, was den Kampf zwischen Osmanischem Reich und Habsburgern in einen eschatologischen Deutungsrahmen überführte.1436 Insofern dürfte die Darstellung der Schlacht bei Lepanto den Personen, welche den Wandschirm Anfang des 17. Jahrhunderts herstellten, gestalteten und betrachteten, keineswegs einer Entfremdung gleichgekommen sein; vielmehr bot die Adaption spezifischer Bildtraditionen eine spezielle Motivik der Aneignung der Seeschlacht als Ereignis dar, welche diese einerseits mit jenen der Antike verglich und andererseits die Geschehnisse im Mediterraneum in Bezug zu jenen in Japan setzte. Solche Motivadaptionen in der Darstellung der Schlacht als Ereignis sind beispielsweise in der Anordnung und Darstellung der Topografie zu finden. Der Schauplatz, wie er auf dem Wandschirm präsentiert worden ist, verdeutlicht dessen Anlehnung an zeitgenössische Drucke. Die auf dem Wandschirm dargestellte Anordnung der See um zwei zusammenlaufende Küstenstreifen stimmt mit den topografischen Mustern venezianischer Drucke überein, die den Schlachtort auf vergleichbare Weise als golfähnliche Meereseinmündung präsentieren, auf denen jeweils Festungsanlagen zu sehen sind. Weiter golfeinwärts wird die Befestigung von I˙nebahtı/Lepanto dargestellt, die für die Seeschlacht namensgebend wurde. Giuseppe Rosaccio kennzeichnete beispielsweise in einem in Venedig erschienenen Druck die Burganlagen nördlich und südlich der Meeresenge (bei Messolonghi und Patras) sowie jene bei Lepanto durch Halbmondabzeichen, die er auf den Spitzen der Wachtürme einzeichnete. Damit waren die stilisierten Burganlagen als osmanische Herrschaftssitze gekenn1435 Screech: Obtaining Images, S. 307: »Pictorial combination of the two events, however, is unique to Japan, and is evidence of considerable sophistication and confidence in digesting and using imported information on the part of the kirishitan«. 1436 Hierzu Reinhart Koselleck: Vergangene Zukunft in der frühen Neuzeit. In: Ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a. M. 1989, S. 17–37.

394

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

zeichnet, die selbst jedoch ebenso byzantinische Bauelemente besaßen und noch einige Jahrzehnte zuvor von den Venezianern als lokale Machtbasis genutzt wurden.1437 Die Burganlage, die auf dem Wandschirm zu sehen ist, besitzt jedoch weder eindeutig osmanische noch byzantinische oder venezianische Bauelemente. Um sie dennoch unmissverständlich als osmanische Burg zu klassifizieren, ist auf dem Wandschirm in Burgnähe eine japanische Inschrift angebracht worden, welche die Burg als »türkisch« definiert.1438 Künstler(n) oder Auftraggeber(n) muss also klar gewesen sein, dass die Darstellung einer erläuternden Beschriftung bedurfte, sollte die Deutungszuschreibung der Burg als osmanisch zweifelsfrei und längerfristig gewährleistet werden. Denn die auf dem Wandschirm gemalte Burganlage gleicht keineswegs den auf italienischen Drucken dargestellten Befestigungen, sondern vielmehr solchen, die im damaligen Japan errichtet wurden.1439 Im Burgtor haben sich Menschen versammelt, die sicherlich Soldaten darstellen, denn von den Scharten aus sind Kanonengeschosse auf die zur See fahrenden Kriegsschiffe abgefeuert worden, womit das Schlachtgeschehen bei Lepanto in direktem Bezug zu einer als osmanisch beschriebenen Burganlage gesetzt wird, die japanisch aussieht. Welche Sinnzuschreibungen mit dieser piktoral-textuell doppelten Bedeutungszuschreibung der dargestellten Burg als osmanisch und japanisch verbunden waren, lässt sich rekonstruieren, wenn einerseits danach gefragt wird, welchen Stellenwert Burgen in der japanischen Gesellschaft einnahmen und die Entstehung des Wandschirms andererseits im engeren Zusammenhang mit den japanisch-missionarischen Verhältnissen um 1600 kontextualisiert wird. Burgen stellten im Japan des 16. Jahrhunderts die Machtbasis lokaler Herrschaftseliten dar. Als solche wurden sie während des Edo-Sho¯gunats im Laufe des frühen 17. Jahrhunderts immer mehr zum Symbol obrigkeitlicher Loyalität der Vasallen. So war jeder lokale Daimyo¯ verpflichtet, eine Residenz in der Nähe der in Edo gelegenen Burg zu errichten, welche das Herrschaftszentrum der Tokugawa Sho¯gune darstellte. In den dortigen Daimyo¯-Residenzen besaßen die Gattin, Kinder sowie hochrangige Bedienstete eine uneingeschränkte Aufenthaltspflicht. Die Daimyo¯ waren zudem verpflichtet, die Sho¯gune bei der Errichtung 1437 Giuseppe Rosaccio: VIAGGIO DA VENETIA, A COSTANTINOPOLI Per Marre, e per Terra, et insieme quello di Terra Santa. CIOE Citta, Castelli, Porti, Golfi, Isole, Monti, Fiumi, e Mari, Opera vtile, à Mercanti, Marinari, et à Studiosi di Geografia. Venedig o. J. [ca. 1610]. (AL, 16043), fol. 34r (Nr. 34); Allan Brooks: Castles of Northwest Greece. From the Early Byzantine Period to the Eve of the First World War. Huddersfield 2013, S. 18–44. Siehe weiterführend auch Harald Heppner: Festung und Landschaft im Zeitalter der Türkenkriege. In: Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit und Mythos. Hg. v. Harald Heppner u. Zsuzsa Barbarics-Hermanik. (Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte, Bd. 1). Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 175–192. 1438 Zit. nach Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110. 1439 Jennifer Mitchelhill: Castles of the Samurai. Power and Beauty. New York 2013.

Ein Sieg, viele Regionen

395

von Burgen – insbesondere jener in Edo – finanziell oder materiell zu unterstützen.1440 Burgen stellten demnach auf lokaler und zentraler Ebene Orte dar, in denen in Folge der Einigung Japans unter Hideyoshi (gest. 1598) sowie des Machtgewinns und Sho¯gunat-Antritts Tokugawa Ieyasus (1603) Machtausübungen und -loyalität symbolisiert und praktiziert wurden. Zugleich waren Burgen – neben Palästen und Tempeln – aber auch jene Orte, in denen klappbare Wandschirme aufgestellt wurden, um eine flexible Raumgestaltung zu ermöglichen. Einige von ihnen fungierten hier als permanente Raumteiler, andere wurden nur zu besonderen Anlässen präsentiert.1441 Dieser Umstand spricht ebenso für deren zentrale Rolle in der Selbstpräsentation des Besitzers, wie jener, dass sie einen grundlegenden Bestandteil von Empfangsräumen japanischer Eliten darstellten und häufig als Ehrengeschenke anderen Edelleuten überreicht worden sind. Forscher betonen daher die Bedeutung, die japanischen Wandschirmen als in den Alltag eingebettete Objekte zukam, um ästhetische Freuden zu bereiten und Macht, Wohlstand sowie persönlichen Geschmack darzubieten.1442 In diesem Zusammenhang ist es aufschlussreich, dass auch Wandschirme mit Schlachtdarstellungen in Burgen aufgestellt wurden, um an Taten der Burgherren und Besitzer des byo¯bu zu erinnern.1443 Der Lepanto-Wandschirm war also Bestandteil gelebter, sozialer Räume, die dessen Rezeption beeinflussten. Indem der oder die Künstler auf dem Lepanto-Wandschirm die als osmanisch beschriebene Festungsanlage als japanische Burg malten, stellten sie zugleich den Ort dar, in welchem der Wandschirm aufgestellt und betrachtet werden konnte. Bildstrategisch ist also zugleich die Darbietung des Dargestellten antizipierend repräsentiert worden. Insofern der Lepanto-Wandschirm eine japanische Burganlage zeigt, die als Machtzentrum der Daimyo¯ galt und hier als auf die Liga-Schiffe schießend dargestellt wird, ist weiterhin nach den Zusammenhängen von japanischen Partikularmachthabern und der Ausbreitung des Katholizismus in Japan zu

1440 Naohiro: Sixteenth-Century Unification, S. 65; Money L. Hickman: Introduction. In: Japan’s Golden Age. Momoyama. Hg. v. dems. New Haven/ London 1996, S. 19–56; John W. Hall: The bakuhan System. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. dems. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 158ff.; Harold Bolitho: The han. In: Ebd., S. 197; Nishiyama Matsunosuke: Edo Culture. Daily Life and Diversions in Urban Japan, 1600–1868. Honolulu 1997, S. 31. 1441 Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 45; Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting, S. 7f. 1442 Laven: Mission to China, S. 97; Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting, S. 7, 10. 1443 Stephen Turnbull: Japanese Castles. 1540–1640. Oxford u. a. 2003, S. 17. Zu Wandschirmen als symbolisches Kapital siehe generell Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 127–134. Für die Edo-Burg zu einem späteren Zeitpunkt siehe Screech: Obtaining Images, S. 158– 163.

396

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

fragen.1444 In den 1540er Jahren waren erstmals Portugiesen in Japan angelangt. Mit ihnen trafen Musketen ein, die in Japan großes Erstaunen hervorriefen. Einer zeitgenössischen, japanischen Quelle zufolge, erregten die Handfeuerwaffen bereits beim ersten Kontakt zwischen den in Nishinomura eintreffenden Portugiesen und dem lokalen Machthaber Nishimura Oribenojo¯ Tokitsura große Aufmerksamkeit, insofern sie mit keiner bekannten Waffe vergleichbar waren: Tokitsura erbat sich sogleich zwei Exemplare der teppo¯ genannten Feuerwaffen, die er als Schätze seines Haushalts und Anwesens ehrte. Darüber hinaus ließ er sich weitere Kopien von lokalen Handwerkern anfertigen.1445 Feuerwaffen, die also erst um 1540 in Japan bekannt wurden, sind auch auf dem etwa sechs Jahrzehnte später hergestellten Wandschirm zur Seeschlacht von Lepanto als Waffen jener Liga-Soldaten zu sehen, deren Schiffe von der osmanisch-japanischen Burganlage aus beschossen wurden. Befestigte Burgen sind in Japan nach dem Eintreffen der portugiesischen Feuerwaffen immer mehr erbaut worden. Der Ankunft der Portugiesen folgte die Expansion des Handels und der Religion – bereits 1549 traf mit Franz Xaver eines der zehn Gründungsmitglieder der Societas Jesu in Japan ein. Ihm folgten weitere jesuitische Missionare, die eine beachtliche ›Erfolgsrate‹ ihr eigen nannten: Allein zwischen 1614 und 1626 sollen Jesuiten über 7.000 Erwachsene getauft haben.1446 Die missionarischen Aktivitäten fanden vor allem auf regionaler Basis wegen des partikularen Machtgefüges Japans während der sogenannten Sengoku-Zeit großen Widerhall, denn es fanden sich einige lokale Daimyo¯, welche die Missionare aktiv unterstützten. So ließen sich Jesuiten seit den 1560er Jahren vor allem in Nagasaki unter der Obhut ¯ mura Sumitada nieder. Nagasaki des zum Katholizismus konvertierten Daimyo¯ O wurde zu einem Handelszentrum und einem prosperierenden und befestigten Zentrum christlicher Bewohner, Missionare und Händler. 1582 agierten in Japan bereits circa 500 Personen in missionarischen Diensten.1447 Mit dem verstärkten Auftreten missionarischer Aktivitäten in Kyu¯shu¯ und der Eroberung des Gebietes durch den Feldherrn Hideyoshi, der die verschiedenen Daimyo¯ militärisch 1444 Bedauerlicherweise können darüber hinausgehende Einschätzungen nicht getroffen werden. Denn die Burg kann nicht identifiziert werden – und sollte es womöglich auch gar ¯ kubo-Familie den Wandschirm in Auftrag gegeben hat, überreicht bekam nicht. Ob die O und sich dessen bemächtigte, kann, wie Joseph F. Loh betont, nicht festgestellt werden. Loh: When Worlds Collide, S. 41. 1445 Olof G. Lidin: Tanegashima. The Arrival of Europe in Japan. Kopenhagen 2002, S. 1–35, 45f. 1446 Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting, S. 12; Laven: Mission to China, S. 4ff.; Jurgis Elisonas: Christianity and the Daimyo. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 368. 1447 Vgl. George Elison: Deus Destroyed. The Image of Christianity in Early Modern Japan. Harvard East Asian Monographs, Bd. 141). Cambridge, Massachusetts/ London 1988, S. 2, 85–106; Elisonas: Christianity and the Daimyo, S. 304, 326–331; Naohiro: Sixteenth-Century Unification, S. 75.

Ein Sieg, viele Regionen

397

zusammenführte und so das Erstarken der Sho¯gune als Zentralmacht ermöglichte, änderte sich die Lage für die jesuitischen Missionare. Im Laufe eines knappen Jahrhunderts, dass in der Forschung als Christian Century bezeichnet wurde (von 1549 bis circa die 1640er Jahre), wandelte sich die lokale Akzeptanz katholisch-christlicher Existenz und Missionarstätigkeit in Japan hin zur zentral betriebenen Ausweisung der Missionare und zur Verfolgung der Konvertiten. Bereits 1587 hatte Hideyoshi per Edikt die Ausübung des Christentums eingeschränkt und fortan seine Machtausübung durch den Bau von Festungsanlagen und militärische Eroberungen stabilisiert; weitere Restriktionen und Einsätze gegenüber Katholiken folgten unter dem Tokugawa-Sho¯gunat Anfang des 17. Jahrhunderts.1448 Damals war Japan – infolge besagten Ediktes – als »Land der Götter« den Missionaren, die aus »einem christlichen Land« kommen, aus obrigkeitlicher Perspektive dichotomisch gegenübergestellt worden. Der katholische Glaube wurde dabei als Gefahr eingestuft, der die soziale Ordnung der japanischen Gesellschaft unterlaufe und, so ein Edikt von 1614, das Land erobern wolle. Es folgten Verfolgung, Inhaftierung und Exekutionen von Christen.1449 In diesem sich ändernden Umgang japanischer Machthaber mit Christen ist auch der Lepanto-Wandschirm zu verorten, der just in der Zeit entstand, als sich jener Wandel vollzog und in Repressalien auswirkte. Zwar ist das genaue Datum der Anfertigung nicht bekannt, jedoch kann der Zeitraum auf um 1600 bestimmt werden.1450 Damals boomte der innerjapanische Markt für Wandschirme,1451 was sich auch die Missionare durch eigene Kunstproduktionen zu Nutze machten. In der Hoffnung, dadurch die missionarische Kunde zu verbreiten und die Glaubensübertritte zu erhöhen, gründeten die Jesuiten 1590 in Japan eine Malwerkstatt unter der Anleitung Giovanni Niccolòs.1452 In diesem Sinne verdeutlicht der Lepanto-Wandschirm – ein Produkt dieser Werkstatt oder anderer werkstatt1448 Die Bezeichnung geht auf Charles R. Boxer: The Christian Century in Japan, 1549–1650. Berkeley u. a. 1951 zurück. Vgl. Zudem Elison: Deus Destroyed, S. 1; Elisonas: Christianity and the Daimyo, S. 301f., 310–318, 331–365; John W. Hall: Introduction. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. xviii f., 1, 6–9; Naohiro: Sixteenth-Century Unification, S. 46. 1449 Naohiro: Sixteenth-Century Unification, S. 74f. Die angeführten Zitate des Ediktes finden sich ebd., S. 74. Vgl. Elisonas: Christianity and the Daimyo, S. 367–372; Neil S. Fujita: Japan’s Encounter with Christianity. The Catholic Mission in Pre-Modern Japan. New York/ Mahwah, N. J. 1991, S. 115ff.; Laven: Mission to China, S. 222. 1450 Vgl. Loh: When Worlds Collide, S. 28, 229; Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110; Screech: Obtaining Images, S. 307ff. 1451 Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting, S. 7–12 und passim nennt Künstler wie Ko¯etsu, So¯tatsu, Ko¯rin, Roshu¯, Ho¯itsu und Kiitsu, die sich in der Wandschirm-Anfertigung betätigten. Zur Tradition japanischer Malschulen und deren Bedeutung zur Edo-Zeit siehe Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 26–38; Screech: Obtaining Images, S. 135–141. 1452 Zu dieser vgl. Bailey: Art on the Jesuit Missions, S. 52–81. Niccolò war bereits seit 1583 in Japan: Hickman: Painting, S. 144.

398

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

naher Künstler1453 – zunächst einmal die missionarische Heilsverkündung einer siegreichen Religion. Lepanto fungierte hier als ein solcher Bedeutungsträger, wie ihn bereits der Genuese Lorenzo Pallavicino imaginiert hatte: die Repräsentation eines Herrschers als ruhmreichen ›christlichen Herrscher‹.1454 Dabei handelte es sich um jene Kunde, die Valignano mit der Rückkehr der japanischen ›Gesandten‹ zu distribuieren hoffte: Deren erwünschte Berichte von der Macht christlicher Monarchen in Europa sollte die jesuitischen Ambitionen in Japan stärken.1455 Diese wurde personifiziert dargestellt, nämlich in der linker Hand positionierten Figur des siegreichen Monarchen. Insofern die Betrachterrichtung von rechts nach links führte,1456 kulminiert in ihm der Ausgang der Schlacht als Sieg eines mächtigen Potentaten. Um diese Macht darzustellen, griff der Künstler des Wandschirms auf eine antikisierte Ruhmesstilistik zurück. Die Darstellung des siegreichen Liga-Herrschers zeigt etwa auffällige Ähnlichkeiten zu einer in Rom 1571 gedruckten Abhandlung über antike Triumphzüge, die wesentlich die symbolischen Elemente des zu Ehren Marc’antonio Colonnas in Rom im Dezember 1571 veranstalteten Lepanto-Triumphzuges prägte (Abb. II.5.8–9).1457 In beiden Darstellungen sind dieselben Attribute zu finden. Grundsätzlich ist bei der Herrscher-Darstellung auf dem Wandschirm jedoch auf einen Druck als Vorlage zurückgegriffen worden, der Adriaen Collaert und Jan van der Straet zugesprochen wird (Abb. II.5.9–10). Diese hatten um 1600 eine Druckserie über römische Kaiser angefertigt, von der auch weitere Darstellungen als Vorlagen zur Anfertigung des Wandschirms fungierten.1458 Japanische Künstler, die während der Edo-Zeit verstorbene Personen zu porträtieren gedachten, suchten ihre bildliche Darstellung der Person in Übereinstimmung mit überlieferten Texten, namentlich Gedichten, zu bringen und achteten sehr genau auf die Physiognomie, die mit Vorstellungen zum Status der Person in Einklang zu bringen versucht wurden. Entsprechend sollten Stil und Züge der Porträtdarstellung wesentliche Eigenschaften der dargestellten Person vor Augen führen.1459 So ist die nahe Anlehnung der Darstellung an die Druckvorlagen als bewusste Repräsentation des Monarchen als Caesar zu verstehen. Damit diese Deutungszuschrei1453 Loh: When Worlds Collide, S. 32. 1454 Pallavicino: LETTERA. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18), S. 45: »Che direte dico, se non che come con le opere˛, et con li gesti di Don Giouan’, che farà risuonar la fama, della grandezza, et del valore della stirpe d’Austria, fino alle estreme parti dell’Asia, si saranno fatti colmi di gloria mortale?«. 1455 Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 11. 1456 Laven: Mission to China, S. 97. 1457 Panvinio: AMPLISSIMI ornatißimiq[ue] triumphi. (BnF, département Réserve des livres rares, J-6071). 1458 Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 111, nach S. 100; Hickman: Painting, S. 145. 1459 Screech: Obtaining Images, S. 178–188; Christine Guth: Portraiture. In: Japan’s Golden Age. Momoyama. Hg. v. Money L. Hickman. New Haven/ London 1996, S. 59–85.

Ein Sieg, viele Regionen

399

bung im japanischen Kontext verständlich wird, ist auf dem Wandschirm über der Caesaren-Darstellung ein japanischer Schriftzug angebracht worden, der die Person als »römische[n] König«1460 benennt. Japanische Texte befanden sich traditionell auf Wandschirmen – jedoch vornehmlich in poetischer Form. Es handelt sich hierbei also um einen bewussten Akt, der dazu diente, die Deutungshoheit – ihren möglichen Verlust antizipierend – nicht zu verlieren.1461 Für gewöhnlich sind Wandschirme paarweise angefertigt und aufgestellt worden, sodass deren Imaginations- und Rezeptionszusammenhang in der situativen, wechselseitigen Betrachtung zu erschließen ist.1462 Es stellt einen besonderen Glücksfall dar, dass das Pendant des Lepanto-Wandschirms bekannt ist: Es handelt sich dabei um einen byo¯bu, welcher die Welt kartografisch erfasst (世界地図).1463 Er steht stilistisch in engem Zusammenhang zu weiteren Wandschirmen aus japanischer Produktion, die um 1600 angefertigt worden sind und Nicht-Japaner zeigen, die damals als namban-jin (»südliche Barbaren«) bezeichnet wurden. In einem solchen ist ebenfalls Adriaen Collaerts und Jan van der Straets Caesaren-Darstellung als Vorlage genutzt worden, um einen ›europäischen König‹ zu stilisieren. Zudem befinden sich unter diesen stilistisch vergleichbaren Wandschirmen solche, die Weltkarten darstellen und zugleich Bewohner und Herrscher mancher Landstriche zeigen. Auch sie sind als Produkte im Kontext der jesuitischen Missionarstätigkeiten identifiziert worden und auch für diese fanden mitunter nicht-japanische Vorlagen Verwendung. So sind dafür etwa Kartenwerke genutzt worden, welche die japanischen Entsandten in Padua erhalten hatten.1464 Folglich handelt es sich bei dem Pendant des Lepanto-Wandschirmes nicht allein um eine Weltkartendarstellung, die das Ereignis Lepanto weltweit situiert. In diesen, mit den Kulturkontakten einhergehenden Verhandlungen des (re-)mapping the world1465 ging also die Darstellung

1460 Zit. nach Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110. 1461 Zit. nach Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110. Vgl. Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 46, 84f. Zum Deutungsverlust jesuitisch-japanischer Wandschirme als erkenntniserweiterndes Moment wissenschaftlicher Analyse vgl. Loh: When Worlds Collide, S. 101: »Two sets of nanban map screens, World Map and Twenty-Eight Cities of the World in the collection of the Imperial Household Agency and World Map and The Battle of Lepanto in the Ko¯setsu Museum have been directly associated with the Jesuit community that was active in Japan from the 1560s to the 1630s. Early scholarship proposed that these works of art were derivative of Jesuit ambitions to propagate Christianity and promote European interests in Japan. This point of view has been further reinforced by Jesuit primary documents and source materials. It may be argued, however, that nanban works of art, such as these screens featuring secular themes and subjects, and despite any relationship to Jesuit artists or the art workshop, were vulnerable to alternative indigenous interpretations because of Jesuit institutional limitations and the manner in which the screens initially circulated. In this context, any Christian symbolism or Jesuit political

400

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Abb. II.5.8: Imperatoren-Darstellung in Panvinios Druck zu antiken Triumphzügen. Panvinio: AMPLISSIMI ornatißimiq[ue] triumphi. (Reproduced by kind permission of the Syndics of Cambridge University Library, LA.8.49), fol. 5v.

Abb. II.5.9: Ausschnitt des japanischen Wandschirms zur Seeschlacht von Lepanto (レパント戦 闘). Ko¯setsu Museum of Art (Kobe). Bildzitat von To¯bu bijutsukan (Hrsg.): Dai zabieru-ten – Rainichi yon-hyaku go-ju¯ shu¯nen sono sho¯gai to nanban bunka no iho¯. To¯kyo¯ 1999, S. 26f. aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/heidi con_zo-ddf0779de2083522c95629bbae9a3830ef1a8bd0 [Zugriff am: 01. November 2014].

expressions that the screens may have carried became overlooked, misconstrued, or entirely denied by the initial viewers of the works.« 1462 Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting, S. 8. 1463 Vgl. Hickman: Painting, S. 144f. Die japanische Bezeichnung ist Loh: When Worlds Collide, S. 25 entnommen. 1464 Zur Begrifflichkeit vgl. ebd., S. 5f. Loh verweist auf zahlreiche dieser vergleichbaren Wandschirme: vgl. u. a. ebd., S. 72, 101, 216–220, 223, 224, 228, 243; Hickman: Painting,

Ein Sieg, viele Regionen

401

Abb. II.5.10: Caesaren-Darstellung des Druckes von Adriaen Collaert, nach Jan van der Straet (gedruckt in Antwerpen zu Beginn des 17. Jahrhunderts). (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, 1957,0413.165).

402

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

des Ereignisses mit der Kontextualisierung, Inszenierung und Legitimisierung herrschaftlicher Machtansprüche einher. Insofern es sich um eine politische Weltkarte von Herrschaften und Herrschern handelt, kann die ihr zugeordnete Ereignis-Darstellung Lepantos aber auch als partikulare Referenzfunktion auf einen spezifischen Herrscher verstanden werden, der eben zugleich als antiker und christlicher Triumphator präsentiert wird. Folglich wird hier, wie auch Hickman und Loh annehmen, auf den spanischen König Philipp II. verwiesen, mit dessen Herrschaft Lepanto piktoral verbunden wird. Es war jener Herrscher, der sich mit der Trophäenpräsentation den japanischen Gesandten erstmals als Lepanto-Sieger inszeniert hatte und in den Valignano neben dem Papst die größte Hoffnung setzte, die kostspieligen Tätigkeiten der Missionare zu unterstützen.1466 Als sich im Japan des 16. Jahrhundert zunehmend lokale Machthaber einer sich mehr und mehr herausbildenden Zentralmacht unterwarfen, ist dieser als gekokujo¯ bezeichnete Vorgang durch den Verweis auf tenmei (»Mandat des Himmels«) und tento¯ (»Weg des Himmels«) legitimiert worden. In diesen japanisch-neokonfuzianistischen Konzepten wurde Herrschaft als gottgewollte Macht legitimiert, deren Ausübung und Erhalt als göttlicher Wille konzipiert war. Es lag auf der Hand, dass Jesuiten Anstrengungen unternahmen, dieses zentrale Konzept japanischer Herrschaftsausübung mit Vorstellung einer durch den christlichen Gott verliehenen Machtapologetik gleichzusetzen, die einerseits die Herrschaftsausübung japanischer Christen und zugleich deren Revolten gegen nicht-christliche Potentaten legitimierte.1467 Im Kontext der missionarischen Tätigkeiten in Japan, also in einem Land, das selbst erst im Laufe des 16. Jahrhunderts durch die militärischen Eroberungen Oda Nobunagas und Hideyoshis zu einer herrschaftlichen Einheit gefunden hatte, welche den Daimyo¯ neue Machtfüllen bescherte und die Partikularität früherer Herrschaftsräume schließlich im Sho¯gunat einte, imaginierte die Herrschaftsstilistik des LepantoWandschirms damit auch diejenigen als Sieger, die sich in Japan dem Katholizismus anschlossen. Insofern ist es vielsagend, dass sich der Wandschirm – ob ¯ kubo-Besitz befand, die nun als solcher ursprünglich angefertigt oder nicht – in O sich militärisch für einen katholischen Daimyo¯ engagierten.1468 Das Ereignis

1465 1466 1467 1468

S. 145; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 153. Zu japanisch-europäischer Kunstmotivik in der Edo-Zeit siehe grundsätzlich Screech: Obtaining Images, S. 303–342. In Anlehnung an Laven: Mission to China, S. 1. Siehe auch Brotton: Renaissance Bazaar, S. 154–183. Auch Hickman: Painting, S. 145 nimmt die Zuschreibung der Cäsarenfiguration als Inszenierung Philipp II. vor. Vgl. zudem Loh: When Worlds Collide, S. 28; Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 67; Elison: Deus Destroyed, S. 104ff. Hierzu siehe Elison: Deus Destroyed, S. 5f., 48, 170–176. Vgl. einführend Naohiro: Sixteenth-Century Unification, S. 40–66, 84–95 sowie unter biografischer Akzentuierung Mary E. Berry: Hideyoshi. Cambridge, Massachusetts u. a.

Ein Sieg, viele Regionen

403

Lepanto stilisierte somit dessen antizipierte Siege in einem missionarischen Gestus. Zugleich stellt der Wandschirm mit der osmanisch-japanischen Befestigungsanlage aber auch christlich-japanische Herrscher als siegreiche Herrscher über jene dar, die den Katholizismus bekämpfen. In Zeiten sich wandelnder, machtpolitischer Auseinandersetzungen zwischen Daimyo¯ und Hideyoshi sowie zwischen Daimyo¯ und dem Sho¯gun Tokugawa Ieyasu kann das Aufgreifen gestalterischer Charakteristika japanischer Burgen für die in japanischer Sprache als osmanisch beschriebene Festung als adaptiver Akt gedeutet werden. Dieser implizierte eine bewusste Stellungnahme der Auftraggeber und Besitzer – eben vermutlich der Missionare, eines christlichen Daimyo¯ oder eines in dessen Diensten stehenden Aristokraten: nämlich die Aussageintention einer siegreichen Kirche gegenüber Ungläubigen schlechthin, gleich, ob sie ›osmanisch‹ oder ›japanisch‹ seien. Von rechts nach links gelesen, stellt der Wandschirm demnach das Ereignis Lepanto als osmanisch-japanischen Angriff gegen Christen dar, wobei letztere siegreich aus dieser Schlacht hervorgehen. Demnach transferierte die adaptive Darstellung des mediterranen Geschehnisses der Seeschlacht das Ereignis Lepanto in einen spezifisch missionarisch-japanischen Deutungskontext. Durch die japanische Burganlage und auch die Brücke, die eben nicht allein an die Milvische Brücke, sondern auch an eine der Brücken erinnern kann, die den Fluss Nakashima in Nagasaki zierten,1469 wird die Seeschlacht des Mittelmeers als Ereignis in einen globalen, aber dennoch dezidiert lokalen – nämlich japanischen – Kontext transferiert. In missionarischem Umfeld war der LepantoWandschirm also sicherlich dazu gedacht, bei den Empfängern ein erhöhtes Identifikationspotential mit der Kunde eines als christlich imaginierten Sieges zu evozieren und japanische Unterstützung der Missionstätigkeiten als ruhmreichen und siegreichen Kampf gegen Nicht-Christen zu imaginieren. Es war die bildstrategische Adaption italienisch-spanischer und japanischer Motive und Diskurse, welche diese auf die Situation der Christen in Japan bezogenen Bedeutungsgehalte durch die Darstellung Lepantos als Ereignis zu transportieren vermochten. Doch dürften die vermittelten Zuschreibungen einigen japanischen Betrachtern bereits im frühen 17. Jahrhundert kaum bekannt und sicherlich spätestens mit dem zunehmenden Verlauf der Zeit als Symbole nicht zu dekodieren gewesen sein.1470 Entsprechend sind die japanischsprachigen Textzusätze auf dem Le1982. Siehe auch Wakita Osamu: The Social and Economic Consequences of Unification. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 96–127; Hall: The bakuhan System; Bolitho: The han; Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110ff.; Loh: When Worlds Collide, S. 41. 1469 Ich danke Prof. Dr. Renate Dürr (Tübingen) für diesen Hinweis. 1470 Loh: When Worlds Collide, S. 122; Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110.

404

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

panto-Wandschirm, welche den Herrscher als römischen Triumphator und die Burg als osmanische Befestigung beschreiben, als Versuch der langfristigen Deutungshoheit und deren Zuschreibungssicherung zu verstehen. Denn wäre die japanisch aussehende Burg, die so eine Applikation der intendierten Deutung Lepantos als Ereignis auf die japanischen Verhältnisse in oben beschriebenem Sinne ermöglichte, nicht als osmanisch gedeutet worden, wäre die Referenzialität des Wandschirmes auf das Ereignis Lepanto verloren gegangen. Dann stünden sich nicht mehr Ligisten und Osmanen am 07. Oktober 1571 gegenüber, sondern die Darstellung würde dann ein namenloses Ereignis im Kampf zwischen antikanmutenden »südlichen Barbaren« (namban-jin) und Osmanen oder Persern (so die Soldaten zu Land) oder aber Japanern (so der Burgverweis) darstellen. Ob diese Deutung nicht doch in spezifischen historischen Kontexten außerhalb des im Auftrags- und Anfertigungsprozess intendierten Ausstellungskontextes auftrat und der Lepanto-Wandschirm entsprechend wahrgenommen worden ist, muss unbeantwortet bleiben. Womöglich ist es aber gerade die Möglichkeit dieser mehrfachperspektivischen Lesart, welche erklären könnte, weshalb der LepantoWandschirm auch in jenen Jahren aufbewahrt worden ist, in welchen die kirishitan verfolgt und mit ihnen christliche Symbolträger verbannt waren. Doch weshalb ist gerade die Seeschlacht von Lepanto ausgewählt worden, um mit deren Darstellung die Idee einer universalen, ruhmreichen Monarchie anhand antiker Bezugnahmen zu repräsentieren? Eine Antwort darauf liefert ein lateinisches Buch, das 1590 in Macao gedruckt wurde. In diesem in der Form direkter Reden konzipierten Text berichten die japanischen Entsandten gegen¯ mura Suminobu), Michael Chijiwas über Leo (Arima Sumizane) und Lino (O Cousins, von ihren Reiseerlebnissen. Laut Titelblatt des Drucks sei dieser aus den von den japanischen Entsandten geführten Tagebüchern (EX EPHEMERIDE IPSORVM LEGATORVM COLLECTVS) zusammengestellt und anschließend von Duarte de Sande, einem portugiesischen Jesuiten, übersetzt worden.1471 Daher ist die Frage nach der Autorschaft bis heute nicht eindeutig zu klären: Inwieweit der Text also ein Konstruktionsakt Valignanos und de Sandes darstellt und inwieweit er von den Japanern Mancio Ito¯, Michael Chijiwa, Martin Hara und Julian ¯ mura »Lino« Suminobu mitgeNakaura sowie Arima »Leo« Sumizane und O staltet worden ist, muss offen bleiben. In einer Vorrede gibt Valignano bekannt, er habe De Sande um die Übertragung der Dokumente in direkte Rede gebeten, betont jedoch gegenüber den japanischen Lesern, dass es ihre Landsleute seien, 1471 Vgl. die Edition von Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, wo auf S. 7f. auch auf die Bedeutung Macaos für die Missionierungsbestrebungen in Japan eingegangen wird. Ebd., S. 9, 33 sowie das der Titelseite der Edition vorangestellte Originalfrontispiz. Vgl. ebd., S. 20f. zu De Sande und dem Hinweis, dass die Tagebücher zwar nicht mehr erhalten sind, dass sich aber die portugiesische Übertragung zweier Fragmente erhalten habe.

Ein Sieg, viele Regionen

405

die durch den Text zu ihnen reden würden.1472 Bekannt ist zudem, dass Mesquita Beschreibungen der Reise anfertigte. Nachweisbar ist, dass der in Macao gedruckte Text Anleihen bei anderen italienischen Druckwerken – etwa bei Stadtund Kirchenbeschreibungen – nahm. Der Text selbst war als Anleitung für japanische Leser konzipiert und zum Verständnis des Lateinischen und der Regionen, in welcher diese Sprache auftrat, intendiert.1473 Insbesondere in den jesuitischen seminarios, wo Japaner in katholischer Frömmigkeit, japanischer Literatur, in Latein und Portugiesisch sowie Musik und Kunsthandwerk unterrichtet wurden, sollte der Text dem Spracherwerb und dabei zugleich der Verbreitung der missionarischen Kunde dienen. Entsprechend sah Valignano eine japanische Übersetzung des Textes vor, zu der es jedoch nie kam.1474 In einem dieser Dialoge beschreibt Michael Chijiwa die Größe und Macht »europäischer Schiffe«, die unbesiegbar seien. Daraufhin führt Mancio Ito¯ an, dass ein venezianisches Kriegsschiff 500 Kanonen transportiere, was Arima »Leo« Sumizane in Erstaunen versetzt: »selbst große Städte […] besitzen nicht so viele Kanonen« wie dieses eine Schiff! Michael Chijiwa stellt daraufhin klar, dass diese riesigen Schiffe nur ein besonderer Typus von Marinearchitektur seien, der für Angriffe aufgrund der Abhängigkeit vom Wind wenig nütze. Hierfür sind die mit Rudern ausgestatteten Galeeren (Triremen oder Quadriremen) besonders nützlich, von denen »ein europäischer Herrscher manchmal zehn, zwanzig, dreißig, sechzig oder noch mehr in perfekter Bereitschaft habe, um die Küsten seines Königreiches zu verteidigen.«1475 Diese Aussage nimmt Michael Chijiwa zum Anlass, um über die Seeschlacht von Lepanto zu berichten, in welcher sich die Ligisten zu einer Allianz gegen die »Sarazenen, die gefährlichsten Feinde des christlichen Namens« zusammengefunden hätten. Wenig später nimmt er dann eine Beschreibung der »Moham1472 Eine ausführliche Besprechung findet sich in ebd., S. 20–23. Abweichend davon geht Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110 davon aus, dass der Text durch Valignano diktiert worden sei. Massarella: Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe, S. 37: »[…] and I [Valignano] asked him [De Sande] to put the collected and ordered writings of the ambassadors themselves into Latin, and, in order to make them clearer and more useful to you, to make them into a dialogue taking place between the ambassadors and their companions and their relatives. You have to persuade yourselves, therefore, that it is no foreigner that you are listening to, but that this is your own people who are speaking, and that, since they were not able to talk to everyone and tell them about Europe, they are now gladly communicating to the whole nation of Japan, in this dialogue, everything they learned in the whole of their journey«. 1473 Ebd., S. 15, 21ff. 1474 Ebd., S. 15ff. weist darauf hin, dass der mit der Übersetzung beauftragte Jorge Loyola bereits 1589 starb. Cooper: Japanese Mission to Europe, S. 5, 11. 1475 Ebd., S. 181f.: »[…] even large cities […] do not have as many guns as that«; »[…] a European ruler sometimes hast en, twenty, thirty, sixty, or even more triremes in a state of perfect readiness to defend the coast of his kingdom«.

406

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

medaner« vor, in der er sie als »barbarische und grausame Rasse« bezeichnet, die zunächst dem römischen Kaiser unterstanden und sich dann durch Mohammed, der »eine falsche Sekte gründete« und dafür auf christliche, jüdische und pagane Ansichten zurückgegriffen habe, losgesagt hätten. Seither, so Michael Chijiwa weiter, seien »die Christen beständig in einem Krieg mit diesen [Nachfolgern Mohammeds, S. H.]«.1476 Diese Einbettung der Seeschlacht in eine auf die Antike zurückgeführte Dichotomie zwischen ›Christen‹ und ›Muslimen‹ in einem missionarischen Lehrtext unterstreicht die Bedeutungsintention der Antikenreferenzen in dem Lepanto-Wandschirm. Die Seeschlacht wird damit als Ereignis innerhalb einer jahrhundertealten Dichotomie zwischen Christen und NichtGläubigen situiert, welche die Darstellung des Ereignisses zugleich vorführt. Darüber hinaus ist an Michael Chijiwa Schlachtbeschreibung auffällig, dass er nicht allein die Namen der Herrschaften und Generäle nennt, sondern vor allem die quantitativen Ausmaße des Geschehens betont: Die Ligisten hätten 170 osmanische Galeeren erbeutet und zwanzig versenkt; 30.000 »Sarazenen« seien getötet und 4.000 weitere gefangengenommen worden; 15.000 »Christen« sollen ihrerseits aus osmanischer Gefangenschaft in die »Freiheit« entlassen worden seien. Es waren exakt jene quantitativen Ausmaße, welche die Schlacht in Michael Chijiwas Urteil zu einem »Sieg« werden ließen, der »mit den größten Siegen der »Vergangenheit« vergleichbar sei.1477 So betont er auch die »exzellente Beute«, mit welcher die Ligisten aus der Seeschlacht zurückgekehrt seien und schreibt weiter: »Jeder, der die geschriebenen Berichte davon [von der Seeschlacht bei Lepanto, S. H.] liest, kann nur staunen über die Anzahl der Triremen, die ausgestellte [i. S. v. aufgebrachte] militärische Ausrüstung, die dem Feind angerichtete Verwüstung und all der anderen verblüffenden Dinge, die in dieser Schlacht stattfanden.«1478

Auch Michael Chijiwas Gesprächspartner Arima »Leo« Sumizane kann nur schwärmen: »Diese Seeschlacht muss erstaunlich gewesen sein«, reagiert er in diesem Text. In dem darauffolgenden Satz stellt er einen direkten Bezug der Seeschlacht im Mediterraneum zur Situation in Japan her: »Wenn wir nur ein Handelsschiff erscheinen sehen und das Dröhnen von dessen Kanonen hören,« so Arima »Leo« Sumizane, »staunen wir. Wie wäre es also, eine Schlacht mit mehr

1476 Ebd., S. 182 (»[…] the most dangerous enemies of the Christian name«), 183 (»Mohametans«; »[…] a barbarous and cruel race«), 184 (»[…] he invented a false sect […]«; »Since the followers of this sect defected from the Roman Empire and are enemies of the name of Christian, the Christians are continuosly at war with them«). 1477 Ebd., S. 182f.: »Saracens«; »Christians«; »liberty«; »It was a victory worthy of comparison with the greatest of victories recorded from the past«. 1478 Ebd.: »excellent booty«; »Anyone who reads the written account of it cannot but marvel the numbers of the triremes, the military equipment on display, the havoc wrought on the enemy, and the other amazing things that took place in that battle«.

Ein Sieg, viele Regionen

407

als 400 Triremen zu sehen?«1479 In diesem im missionarischen Kontext zu verortendem Unterweisungstext sollte die Seeschlacht folglich die japanischen Leser verblüffen und stellvertretend durch Lepanto die Machtfülle ›christlicher Herrscher‹ vorführen. Diese Intention kann im Zusammenhang mit den auf dem Wandschirm dargestellten, Kanonengeschosse abfeuernden Liga-Schiffen als Indiz dafür gesehen werden, dass die japanische Kontaktnahme mit (vornehmlich portugiesischen) Handelsschiffen und deren Waffen als Erfahrungshintergrund für die Einordnung Lepantos als außergewöhnliches Sieges-Ereignis seitens der Missionare erwünscht war. Folglich stellte sie die Machtfülle ›des Christentums‹ auch im japanischen Kontext zur Schau. Jacques Proust interpretierte diese Textstelle dahingehend, dass sie dem japanischen Publikum als Anreiz dienen sollte, unter »das Banner Christi« zu treten, indem es die militärische Überlegenheit als christlich imaginierter Truppen, wie jener der ›Heiligen Liga‹, demonstrierte. Die missionarische Rhetorik der Res publica christiana erhielt hier in adaptiver Nutzung der Seeschlacht von Lepanto als Ereignis seine Anwendung auf Japan.1480 Die im Unterweisungstext anzutreffende Logik, wonach die Bezugnahmen auf die materiell außergewöhnlichen Aspekte der Schlacht dazu dienen sollten, deren Exzeptionalität als Ereignis zu unterstreichen und so die japanischen Leser zu beeindrucken, findet sich auch im LepantoWandschirm wieder. Angefertigt in beachtlichen Maßen und ausgeführt in beeindruckender Farbigkeit sowie mit wertvollem Blattgold,1481 war es hier die materielle Gestaltung, welche den Betrachter zu beeindrucken suchte. Dass die Materialität des Wandschirms seine Aussageintention zu unterstreichen beabsichtigte, wird zudem durch ein spezifisches Charakteristikum japanischer Kunstwerke jener Jahre plausibel. Timon Screech zufolge, stellten object und idea japanischer Edo-Kunst wechselseitig ineinander verwobene Komponenten des in soziale Gefüge eingebetteten Gesamtkunstwerkes dar. Daraus wird zudem verständlich, dass Klienten, die Kunstwerke in Auftrag gaben, zumeist die gewünschten Materialien und insbesondere Farbpigmente zur Verfügung stellten.1482 Das wiederum erklärt, weshalb die Materialität des Wandschirmes, so jüngst Joseph Loh, den eigentlichen Nachweis für dessen transkulturellen Herstellungshintergrund liefert. Die materielle Zusammensetzung der für die beiden Wandschirme verwandten Farben, welche ungewöhnliche Bindemittel, Klebstoffe und Öle enthalten, »unterstützt das Argument, dass […] 1479 Ebd.: »That naval battle must have been amazing«. 1480 Proust: Europe Through the Prism of Japan, S. 110, 112. 1481 Der Einsatz von (Blatt-)Gold findet sich auf japanischen Wandschirmen seit dem 14. Jahrhundert. Hierzu siehe Murase: Masterpieces of Japanese Screen Painting, S. 11. 1482 Screech: Obtaining Images, S. 91; Phillips: Practices of Painting in Japan, S. 79. Zum Malprozess selbst siehe ebd., S. 80ff. Zur Anfertigung japanischer ›Auftragskunst‹ siehe ebd., S. 64ff.

408

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

die Wandschirme von Künstlern gemalt worden sind, die Teil der jesuitischen Gemeinschaft waren oder enge Verbindungen zur Seminarwerkstatt besaßen«.1483 Was haben mexikanische und japanische Lepanto-Gegenstände in einem Kapitel zu suchen? Hier sollen zwei Gründe genannt werden. Erstens, die glokalen Verbindungen während des 16. Jahrhunderts: Die vier Japaner, die sich auf eine Gesandtschaft zu Philipp II. und weiteren katholischen Herrschaften begaben, segelten 1582 über Mexiko nach Lissabon, sodass beispielsweise NahuaChronisten über sie ebenso berichteten, wie über in Japan stattfindende Hinrichtungen von Christen. Diese Weltenteile (parties du mondes) existierten also, wie insbesondere Serge Gruzinski überzeugend veranschaulichte, nicht nebeneinander, sondern miteinander.1484 Zweitens, die glokale Ereignisproduktion und materielle Präsentation der Seeschlacht: Der Vergleich von in Mittelamerika und Japan produzierten Gegenständen, die Lepanto darstellten, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich sein, ist aber dem Umstand geschuldet, das beide in verschiedenen herrschaftlichen Kontexten dazu dienten, Lepanto als Ereignis zu präsentieren und darüber zugleich in ihren Präsentationslogiken Vorstellungen kultureller Hegemonien zu artikulieren, indem sie als Imaginationen des Beherrschten der Glorifizierung des sie ausstellenden Herrschers dienten.1485 Indem hier in Mittelamerika und Japan hergestellte Gegenstände explizit gegenübergestellt wurden, sollten die durch sie in bestimmten Kontexten artikulierten Dichotomoisierungstrategien als historische Bedeutungszuschreibun1483 Loh: When Worlds Collide, S. 32: »During material analysis, conservators learned that the colored paint consisted of ganryo¯ pigment (顔料) with a binder (ko¯chakuzai 膠着剤) made up of an animal glue (nikawa 膠) emulsified with oil, a preparation which was uncommon for Japanese artists practicing traditional forms of painting at that time. Electron radiography and X-ray radiography analysis of the white pigment revealed a mixture of lead white and gofun (calcium carbonate derived from shells), a combination which was also unique and inconsistent with contemporary paint preparation. In short, stylistic considerations and scientific analysis of materials and the under structure support the argument that the Imperial Household Agency screens were painted by artists who were part of the Jesuit community or had close ties to the seminary workshop«. 1484 Gruzinski: Les quatre parties du monde, S. 23–26, 217, 276–311; Screech: Obtaining Images, S. 309; Miguel León-Portilla: La embajada de los japoneses en Mexico, 1614. El testimonio en Nahuatl del cronista Chimalpahin. In: Estudios de Asia y Africa 16 (1981), H. 2, S. 215– 241. 1485 Vgl. hierzu im Allgemeinen Johnson: Cultural sowie im Besonderen Annemarie J. Gschwend/ Almudena Pérez de Tudela: Exotica habsburgica. La casa de Austria y las colecciones exóticas en el renacimiento temprano. In: Oriente en Palacio. Tesoros asiáticos en las colecciones reales españolas. Hg. v. Mar Sánchez-Ramón u. a. Madrid 2003, S. 27–38; Adriana Turpin: The New World Collections of Duke Cosimo I de’ Medici and Their Role in the Creation of a Kunst- and Wunderkammer in the Palazzo Vecchio. In: Curiosity and Wonder from the Renaissance to the Enlightenment. Hg. v. Robert J. W. Evans u. Alexander Marr. Aldershot u. a. 2006, S. 63–85.

Ein Sieg, viele Regionen

409

gen problematisiert werden. Was diese Gegenüberstellung zu veranschaulichen vermag, ist deshalb vor allem eines: die Notwendigkeit, das Verhältnis von Peripherie und Zentrum bei mit der Ereignisproduktion Lepantos einhergehenden Zuschreibungen zu überdenken. Wenn sie nicht als Exporte in die Welt verstanden, sondern innerhalb ihrer konkreten, örtlichen Produktion kontextualisiert werden, erscheinen auf den ersten Blick zum Austragungsort der Seeschlacht periphere Regionen wie Mittelamerika oder Japan als Zentren, in denen das Ereignis Lepanto verhandelt wurde. Der Vergleich soll daher als Plädoyer verstanden werden, diese Regionen selbst in das Zentrum geschichtswissenschaftlicher Untersuchungen über die Verfertigung des Ereignisses Lepanto zu stellen. Ersichtlich wird dann vor allem, dass es in diesen Regionen keine ›europäische‹ Vereinnahmung Lepantos gab, sondern dass deren Deutung als Ereignis durch die Materialitäten, Praktiken und Bedeutungszuschreibungen umstritten war. Es sind hier also nicht die Deutungshoheiten über Lepanto, die ein wie auch immer konzipiertes ›Europa‹ in die ›Welt‹ trägt, sondern es sind die Artikulations-, Adaptions-, Rezeptions- und Zirkulationsweisen, die Lepanto in transkulturellen Kontexten als umdeutetes Ereignis glokal konzipierten. Damit werden die lokalen Interpretationen Lepantos als Ereignis in einer frühneuzeitlichen Welt ernst genommen, in der Kontaktnahmen nicht auf ›europäische Exporte‹ reduziert, sondern in ihren Eigendynamiken als umstrittene Deutungen problematisiert werden.1486 Für zahlreiche Autoren der 1571 und 1572 gedruckten Flugschriften, war die globale Dimension Lepantos scheinbar klar: Schlachtbeschreibungen und Lobeshymnen auf den Seesieg imaginierten das Ereignis nicht als einfache Seeschlacht, sondern vielmehr als einen Sieg, der »den unbesiegbaren Namen« der Liga, der in ihr versammelten Herrschaften und damit Gottes »vom Ganges bis Mauretanien und vom Kap [der Guten Hoffnung, S. H.] bis nach Ägypten« verkünde.1487 Doch in dem Moment, in dem Akteure wie etwa jesuitische Missionare oder spanische Amtsträger in diesen Regionen die Bedeutung Lepantos zu positionieren suchten, kam es zu Adaptionsprozessen, die den Ereignischarakter der Schlacht neu situierten, nämlich in den Verständnissen von Geschichtlichkeit und Momenthaftigkeit sowie den dafür herangezogenen Materialitäten und Praktiken, die konkret vor Ort in Gebrauch waren. Das, was am Ereignis Lepanto letztlich global war, ist also weniger der Sieg an sich, sondern vielmehr dessen lokal variierende Deutungskonzeption. Bei einem solchen Verständnis ist die Verweisung auf mexikanische und japanische Fallbeispiele in 1486 In Anlehnung an Subrahmanyam: On World Historians; Velcheru Narayana Rao/ David Shulman/ Sanjay Subrahmanyam: Textures of Time. Writing History in South India, 1600– 1800. Neu Delhi 2001. 1487 Toscano: FESTE ET TRIONFI. (AL, Turcica XIII.191/15982), fol. 4v: »Ch’ogn’hor ne portarete il nome inuitto/ Dal Gange al Mauro, e dal Capio a l’Eggito«.

410

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

einem Kapitel weniger überraschend, als dies auf dem ersten Blick erscheinen mag. Denn damit geraten diese Regionen weder als kulturelle Entitäten noch als Peripherie in den Fokus, sondern als Orte und Zentren verhandelter Kontaktnahmen in einer verbundenen Welt, in der Akteure den Ereignisstatus Lepantos wesentlich durch Materialitäten glokal verhandelten.

II.6. Ein Sieg, viele Nachrichten: Ein verbindendes Ereignis II.6.i. Ein Forschungsdesiderat: Das Ereignis als Nachricht Insofern die frühneuzeitliche Ereignisverfertigung Lepantos selbst als glokales Ereignis beschreibbar ist, das sich in connected histories materialisierte, stellt sich zwangsläufig die Frage danach, wie genau die Verbindungen konzipiert waren. Ich verstehe vor allem zwei Momente als Schlüssel für die verbindenden Geschichten der Ereignisproduktion Lepantos, die ich in diesem sowie in dem darauf folgenden Kapitel näher darlege: Die Zirkulation von Nachrichten einerseits und die mobilen Lebensläufe der Schlachtteilnehmer und Zeitgenossen andererseits. Wenn eine histoire de l’événement wesentlich von der konzeptionellen Einsicht geprägt ist, dass ein »Ereignis in Umlauf gebracht, übersandt, empfangen wurde«,1488 so ist zu untersuchen, wie dezidiert frühneuzeitliche Modi der Kommunikation und medialen Vermittlung zur Ereigniskonstitution Lepantos beitrugen. Umso dringlicher ist diese Frage aufzuwerfen, wenn jüngst betont worden ist, dass sich im Laufe des 16. Jahrhunderts in Europa eine »aktive news community« herausgebildet habe, die »hungrig nach Informationen zu großen Ereignissen« gewesen sei. An anderer Stelle ist vom »Informationsdurst« zu lesen, der im 16. Jahrhundert grassiert habe. Ich untersuche daher, wie die »Siegesnachricht« (nuova della vittoria) von Lepanto zirkulierte und inwieweit die Nachrichtenzirkulation die historische Formierung des Ereignisses prägte.1489 1488 Nora: Retour de l’événement, S. 219: »L’événement était émis, transmis, reçu«. 1489 Pettegree: Book, S. 146 (»Europe had an active news community, hungry for information of great events.«); ders.: Invention of News, S. 5 (»thirst for information«); ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 31. Oktober/ 07. November 1571, fol. 1r; Gerhild Scholz Williams/ William Layher: Consuming News. Newspaper and Print Culture in Early Modern Europe (1500–1800). In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit 37 (2008), H. 1/2, S. 3–10. Dass in der frühneuzeitlichen Publizistik häufig konkurrierende Ereignis-Deutungen anzutreffen sind und dass diese insbesondere in der städtischen Chronistik zu einer grundsätzlichen Einschätzung und damit auch Definition von Historizität führten, hat Silvia S. Tschopp: Wie aus Nachrichten Geschichte wird. Die Bedeutung publizistischer Quellen für die Augsburger Chronik des Georg Köl-

Ein Sieg, viele Nachrichten

411

Im Laufe der letzten Jahrzehnte erfuhr die geschichtswissenschaftliche Nachrichten- und Kommunikationsforschung einen immensen Aufschwung, der wesentliche Arbeiten zu frühneuzeitlichen Kommunikationszentren wie Augsburg, Antwerpen, Nürnberg, Rom und Venedig entstehen ließ.1490 Sie vermochten vor allem zu zeigen, dass sich im 16. Jahrhundert die Zirkulation von Nachrichten unter Händlern, städtischen und herrschaftlichen Eliten etabliert hatte, die weite Teile lokaler und überregionaler Kommunikation prägten. Nennenswert ist hier vor allem die zügige Abschrift und Weiterleitung sogenannter handschriftlicher Nachrichtenbriefe, die zumeist einen Bogen mit vier Seiten im Quarto-Format umfassten und schnell auf den eingespielten Routen der Postreiter die Orte wechselten. Vor allem mit der Etablierung der kaiserlichen Post unter Maximilian I. waren Wissensvorsprung und -hantierung zu einem Machtinstrument und Bestandteil frühneuzeitlicher Herrschaftspraxis geworden. Entsprechend bewahrten nicht allein Obrigkeiten diese Dokumente in gesonderten Beständen auf. Die Kenntnis von Ereignissen war damit ein bewahrungswürdiger, herrschaftsrelevanter Wissensbestand geworden, der als solcher auch nachträglich konsultierbar bleiben sollte. So sind auch die an die Fugger gesandten und von ihnen verwahrten Schreiben, die berühmten Fuggerzeitungen, als »Nachrichtenarchiv« intertreptiert worden, das von wirtschaftlichem Nutzen war und zudem als soziales Kapital das gesellschaftliche Ansehen der Besitzer als Mitglied »informierter Kreise« konstituierte.1491 Dies mündete im derer. In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit 37 (2008), H. 1/2, S. 33–78 veranschaulicht. 1490 Mario Infelise: Prima dei giornali. Alle origini della pubblica informazione (secoli XVI e XVII). (Quadrane Laterza, Bd. 115). Rom/ Bari 2002; ders.: Le marché des informations à Venise au XVIIe siècle. In: Gazettes et information politique sous l’Ancien Régime. Hg. v. Henri Duranton u. Pierre Rétat. (Lire le Dix-huitième Siècle). Saint-Étienne 1999, S. 117– 128; Mario Infelise: Roman Avvisi. Information and Politics in the Seventeenth Century. In: Court and Politics in Papal Rome, 1492–1700. Hg. v. Gianvittorio Signorotto u. Maria A. Visceglia. (Cambridge Studies in Italian History and Culture). Cambridge u. a. 2002, S. 212– 228; Filippo de Vivo: Information and Communication in Venice. Rethinking Early Modern Politics. Oxford u. a. 2007; ders.: Pharmacies as Centres of Communication in Early Modern Venice. In: Renaissance Studies 21 (2007), H. 4, S. 505–521; Peter Burke: Early Modern Venice as a Center of Information and Communication. In: Venice Reconsidered. The History and Civilization of an Italian City-State, 1297–1797. Hg. v. John Martin u. Dennis Romano. Baltimore 2000, S. 389–419; Renate Pieper: Informationszentren im Vergleich. Die Stellung Venedigs und Antwerpens im 16. Jahrhundert. In: Kommunikationsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts. Hg. v. Michael North. (Wirtschafts- und sozialhistorische Studien, Bd. 3). Köln/ Weimar/ Wien 2001, S. 45–60; Tullio Bulgarelli: Gli avvisi a stampa in Roma nel cinquecento. Rom 1967; Johannes Kleinpaul: Zeitungskunde. Leipzig 1928, S. 56–68; Lore Sporhan-Krempel: Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 und 1700. (Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, Bd. 10). Nürnberg 1968. 1491 Oswald Bauer: Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568–1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem. Berlin 2011, S. 133–147; Johannes Kleinpaul: Das

412

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

16. Jahrhundert in der Einrichtung weiterer Kurierdienste, etwa der OrdinariPostverbindungen, die in regelmäßigen Intervallen ausgesandt wurden und zunehmend auch herrschaftsfernen Personen offen standen. Die Nachrichtenübermittlung war zu einem Markt geworden, der sich zunehmend räumlicher, zeitlicher und quantitativer Verstetigung und Optimierung ausgesetzt sah, um so die Gewinne zu steigern, die mit der Informationsübermittlung beispielsweise für die berühmte Taxis-Familie aber auch für die Postmeister und -reiter einhergingen. Diese »Kommerzialisierung der Nachrichten«1492 fand zudem in der Etablierung einer eigenständigen Berufsgruppe ihren Ausdruck: Zeitungsschreiber oder Novellanten (novellanti) kopierten eingehende Nachrichten und sandten sie zielgruppenspezifisch weiter. Zum Zeitpunkt der Seeschlacht hatte sich also eine ausgefeilte Nachrichtenübermittlung etabliert, deren Strukturen insbesondere in jenen Jahren sich verstetigten. So erbaten Nürnberger Händler just 1571 die Einrichtung einer Ordinari-Postverbindung nach Frankfurt, Köln und Antwerpen; wenige Monate darauf richtete Frankfurt a. M. eine solche Route nach Leipzig ein. Die handschriftlichen Nachrichtenbriefe, sogenannte Avvisi oder Zeittungen, kursierten somit weitläufig und gerieten schnell in Druck.1493 Werden diese Studien nun mit der existierenden Lepanto-Forschung in Bezug gesetzt, ist ein Forschungsdesiderat auffällig:1494 Die Rezeption der Seeschlacht im zeitgenössischen Nachrichtenwesen basierte vor allem auf der Auswertung von Drucken.1495 Angesichts der Dominanz handschriftlicher Wissenszirkulation im Allgemeinen und Nachrichtenbriefe im Besonderen verstellt eine solch

1492 1493

1494 1495

Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten im 16. und 17. Jahrhundert. Leipzig 1930, S. 20– 146; Zsuzsa Barbarics: Die Sammlungen handschriftlicher Zeitungen in Mittel- und Südostmitteleuropa in der Frühen Neuzeit. In: Spolecˇnost v zemích habsburské monarchie a její obraz v pramenech (1526–1740). Hg. v. Václav Bu˚zˇek u. Pavel Král. (Opera historica, Bd. 11). Budweis 2006, S. 219–244. Pettegree: Invention of News, S. 5: »Commercialisation of News«. Ebd., S. 8, 40–57, 107–113, 167–207; ders.: Book, S. 132; Kleinpaul: Zeitungskunde, S. 20; Mario Infelise: From Merchants’ Letters to Handwritten Political Avvisi. Notes on the Origins of Public Information. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike Egmond. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 33–52; Mario Infelise: La circolazione dell’informazione commerciale. In: Commercio e cultura mercantile. Hg. v. Franco Franceschi, Richard A. Goldthwaite, Reinhold C. Mueller. (Il Rinascimento italiano e l’Europa, Bd. 4). Vicenza 2007, S. 499–522; Wolfgang Behringer: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 189). Göttingen 2003, S. 17–39, 51–98, 133f.; Infelise: Prima dei giornali, S. 10, 19–78, 106–120; Kleinpaul: Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten, S. 11–19; ders.: Zeitungskunde, S. 27–33. Zu Desiderata der Avvisi-Forschung siehe auch Wolfgang Behringer: Aviso. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Bd. 1. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Darmstadt 2005, Sp. 907. Siehe etwa Tullio Bulgarelli: La battaglia di Lepanto e il giornalismo romano del Cinquecento. In: Accademie e biblioteche d’Italia 29 (1961), H. 3–4, S. 231–239.

Ein Sieg, viele Nachrichten

413

drastisch zugeschnittene Quellenbasis den weiteren Blick auf die Zirkulation erster Nachrichten über die Seeschlacht von Lepanto. Durch Andrew Pettegrees und Iain Fenlons Forschungen ist ebenso belegt, dass die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ in Augsburg, Brüssel, Lyon, Madrid, Paris, Rouen, Venedig und Wien bekannt war. Insofern also gerade handschriftliche Nachrichtenbriefe die Zugänglichkeit erster Informationen über Geschehen ausmachten, ist deren weitgehender Ausschluss aus der Lepanto-Forschung ein bedeutendes Manko, wenn der Frage nach den historischen Zusammenhängen von medialer Vermittlung und der Ereigniswerdung Lepantos anhand der ersten schriftlichen Dokumentation nachgegangen werden soll.1496 Umso bedeutender ist der Beitrag zu bewerten, den Zsuzsa Barbarics und Renate Pieper zu dieser Debatte leisteten. Anhand des Bestands der sogenannten ›Fuggerzeitungen‹ rekonstruierten sie, wie die Nachrichten über die Seeschlacht von Lepanto im Umfeld der Augsburger Händlerfamilie kursierten. So verwiesen sie auch auf die Notwendigkeit, weitere solcher Archivalienbestände zu überlieferten handschriftlichen Avvisi auszuwerten, um die Kommunikation des Ereignisses Lepanto anhand dieser Bestandsgeschichten vergleichend zu rekonstruieren.1497 Dieser Forschungsaufforderung soll hier vor allem deshalb nachgegangen werden, weil der Terminus Zeittung – in anderen Sprachen auch av(v)iso oder advis genannt – sowohl die zirkulierenden Nachrichtenschreiben als auch das in ihnen thematisierte Ereignis bezeichnete und so die Erforschung einer grundsätzlichen Frage vielversprechend ist:1498 Inwieweit trugen hand1496 Fenlon: Ceremonial City, S. 176; Pettegree: Book, S. 144ff.; ders.: Invention of News, S. 75, 142ff.; Mario Infelise: Sistemi di comunicazione e informazione manoscritta tra ’500 e ’700. In: Scripta volant, verba manent. Schriftkulturen in Europa zwischen 1500 und 1900. Les cultures de l’écrit en Europe entre 1500 et 1900. Hg. v. Alfred Messerli u. Roger Chartier. Basel 2007, S. 15–35.; Infelise: Prima dei giornali; Renate Pieper: Die Vermittlung einer neuen Welt. Amerika im Nachrichtennetz des Habsburgischen Imperiums. 1493–1598. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte, Bd. 163). Mainz 2000; Zsuzsa Barbarics: The Coexistence of Manuscript and Print. Handwritten Newsletters in the Second Century of Print, 1540–1640. In: The Book Triumphant. Print in Transition in the Sixteenth and Seventeenth Centuries. Hg. v. Malcolm Walsby u. Graeme Kemp. (Library of the Written World, Bd. 15/ The Handpress World, Bd. 9). Leiden/ Boston 2011, S. 347–368; Richardson: Manuscript Culture; Thomas Schröder: Die ersten Zeitungen. Textgestaltung und Nachrichtenauswahl. Tübingen 1995; Esther-Beate Köhler: Der soziale Ort des Briefs im 16. Jahrhundert. In: Gespräche – Boten – Briefe. Körpergedächtnis und Schriftgedächtnis im Mittelalter. Hg. v. Horst Wenzel. (Philologische Studien und Quellen, H. 143). Berlin 1997, S. 244–258. 1497 Zsuzsa Barbarics / Renate Pieper: Handwritten Newsletters as a Means of Communication in Early Modern Europe. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike Egmond. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 53–79. 1498 Kleinpaul: Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten, S. 8; Pettegree: Invention of News, S. 72; Infelise: Roman Avvisi, S. 212.

414

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

schriftliche Nachrichtenbriefe konkret zur Ereigniswerdung der Seeschlacht von Lepanto bei? Welche Bedeutung besaßen angesichts der herausragenden Wichtigkeit solcher handschriftlicher Nachrichten diese news of events1499 für die Zirkulation von Informationen über die Seeschlacht bei Lepanto und inwieweit prägten diese die Verfertigung der Schlacht als Ereignis? Dass ein enger Zusammenhang zwischen der Avviso-Produktion und der Seeschlacht bestanden habe, unterstrich bereits Infelise. Und auch Pettegree betont, dass es aufschlussreich wäre, näher zu untersuchen, wie genau die Nachrichten über ein Ereignis distribuiert wurden, das als Zäsur wahrgenommen worden sei.1500 Genau diese Distribution und Zirkulation der ersten Lepanto-Nachrichten sollen hier nun, anknüpfend an Barbarics und Pieper, erstmals vergleichend rekonstruiert werden, um die historischen Logiken der Formierung der Seeschlacht als medial vermitteltes Ereignis zu analysieren. Im Folgenden werde ich eine Vielzahl – vermeintlich – geschlossener Zeittungen-Bestände auswerten, sodass diese Fallstudien zur Nachrichtenzirkulation Lepantos in Augsburg, Brandenburg, an Bord verschiedener Galeeren, in Madrid, Nürnberg, Pfalz-Neuburg, Regensburg, Rom, Sachsen, in der Toskana, in Urbino, Venedig, Wien und Zürich führen wird. Ich beginne mit den überlieferten Beständen der Fugger, von denen sich insbesondere Philipp Eduard und Octavian Secundus ausführlich über die Geschehnisse im Zypernkrieg informieren ließen. Unter den eingehenden Nachrichtenbriefen befanden sich Neuigkeiten zur Liga,1501 zu Truppenbewegungen,1502 zu Kampfaktionen wie etwa der osmanischen Einnahme Famagustas1503 und zu ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa.1504 Entsprechend nahm auch 1499 Pettegree: Book, S. 133. 1500 Mario Infelise: The War, the News and the Curious. Military Gazettes in Italy. In: Politics of Information in Early Modern Europe. Hg. v. Brendan Dooley u. Sabrina A. Baron. (Routledge Studies in Cultural History, Bd. 1). London/ New York 2001, S. 216–236, hier S. 216; Pettegree: Book, S. 146. 1501 Die Fugger-Zeittungen werden aufbewahrt in der ÖNB, Cod. 8949–8975 und umfassen die Jahre 1568 bis 1605. Ursprünglich gehörten sie Philipp Eduard und Octavian Secundus Fugger. Hierzu sowie zu früheren Sammlungsbeständen der Fugger siehe Bauer: Zeitungen vor der Zeitung (ohne Erwähnung Lepantos); Michael Schilling: Die Fuggerzeitungen. In: Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.–18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch. Hg. v. Josef Pauser, Martin Scheutz u. Thomas Winkelbauer. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsbd. 44). Wien 2004, S. 875– 880; Cornel Zwierlein: Fuggerzeitungen als Eregnis von italienisch-deutschem Kulturtransfer 1552–1570. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 90 (2010), S. 169–224; Pettegree: Invention of News, S. 113–116; Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters. Vgl. u. a. ÖNB, Cod. 8949, fol. 249v, Rom, 02. Juni 1571; ebd., fol. 251r, Venedig, 08. Juni 1571. 1502 Ebd., fol. 251v, Venedig, 08. Juni 1571; ebd., fol. 254r, Korfu, 04. Juni 1571; ebd., fol. 256v, Venedig, 22. Juni 1571; ebd., fol. 257v, Rom, 23. Juni 1571; ebd., fol. 263v, San Giorgio bei Ulcinj, 07. Juli 1571; ebd., fol. 265v–267r, Venedig, 27. Juli 1571. 1503 Ebd., fol. 252v f., Kotor, 30. Mai 1571; ebd., fol. 256v f., Venedig, 22. Juni 1571; ebd., fol. 258r,

Ein Sieg, viele Nachrichten

415

die Schlacht bei Lepanto einen zentralen Stellenwert in den Fugger-Zeittungen ein. Bereits einen Tag vor dem eigentlichen Schlachtgeschehen wurde in Rom ein Avviso aufgesetzt und nach Augsburg gesandt, dem die Fugger entnehmen konnten, dass Don Juan in die Fußstapfen seines Vaters treten und der gesamten Christenheit seinen Dienst erweisen wolle. Zudem wolle er die ganze Welt wissen lassen, dass er nichts anders im Sinn habe, als die osmanische Armada aufzuspüren und zu bekämpfen.1505 Zunehmend bauten die Avvisi eine antizipatorische Haltung bei den Lesern auf: Über Korfu, Otranto, Rom und Venedig vernahmen die Fugger in einer am 12. Oktober in der Lagunenstadt aufgesetzten Zeittung, dass die Liga-Flotte auf Nafpaktos zusteuere, wo man mit der osmanischen Armada zusammentreffen und, wenn es Gott gefalle, den Sieg davontragen werde.1506 Diese in den Nachrichtenbriefen kommunizierte, Lepanto gewissermaßen antizipierende Haltung bestätigte sich mit den ersten Schreiben über den Seesieg der ›Heiligen Liga‹. Insofern der Bestand der Fugger-Zeittungen lediglich Abschriften der Avvisi enthält, nicht die ursprünglich zugesandten Dokumente, sind diesen keine Informationen zum Datum deren Eintreffens in Augsburg oder Dillingen zu entnehmen. Ebensowenig können die einzelnen Verfasser gesichert zugeordnet oder aber die genauen Postrouten und die an der Überbringung beteiligten Akteure außerhalb dessen rekonstruiert werden, was die Nachrichtenbriefe selbst beinhalten. Dennoch erlauben die Fugger-Zeittungen einen Einblick in das weitgespannte Nachrichtennetzwerk der Fugger und darin, von wo aus wann welche Informationen genau zur Seeschlacht von Lepanto nach Augsburg gelangten (Grafik II.6.1). Erstmals traf die Siegesnachricht aus Venedig ein. Ein dort am 19. Oktober aufgesetzter Avviso, der mit Gloria in Excelsis deo begann, berichtete, wie Onofrio Giustiniano die Neuigkeit vom »großen Sieg« (gran Vittoria) nach Venedig brachte. Die Fugger lasen Näheres über die Eroberung von 180 osmanischen Galeeren, über die Köpfung Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇas, über die Flucht ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas mit angeblich sieben Galeeren sowie über die quantitativen Ausmaße der Schlacht: getötete Osmanen, vormals versklavte und ›befreite‹ christliche Sklaven, getötete und verletzte, namentlich aufgeführte Ligisten und Hinweise auf Beutestücke enthielt die erste Lepanto-Zeittung. Barbarigo sei getötet, Orsini verletzt, die maltesischen und florentinischen Galeeren hätten einige Verluste hinnehmen müssen. Darüber hinaus enthielt der Avviso Details über die direkten Reaktionen der Signoria und erwähnte auch den Gottesdienst, der noch am Rom, 23. Juni 1571; ebd., fol. 262v f., Rom, 07. Juli 1571; ebd., fol. 293v, Famagusta, 15. September 1571. 1504 Vgl. u. a. ebd., fol. 250r, Rom, 02. Juni 1571. 1505 Ebd., fol. 270r, Rom, 06. Oktober 1571. 1506 Ebd., fol. 271r, Venedig, 12. Oktober 1571.

416

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

19. Oktober stattfand.1507 Auch die zweite Lepanto-Zeittung erreichte die Fugger aus Venedig, wo sie am 26. Oktober aufgesetzt worden war. Sie enthielt weitere Informationen zu den venezianischen Reaktionen auf den Seesieg, wobei neben den Festen auch die Freilassung venezianischer Gefangener besonders detailliert geschildert wird. Beigelegt war dieser Postsendung auch die anonymisierte »Copia Aines Sendtbrieffs von der Cristlichen Armada. Geben den 8 Octobris«, also die deutsche Übertragung einer am Folgetag der Schlacht aufgesetzten und von der Liga-Flotte nach Venedig gesandten Relation.1508 Die erste nicht-venezianische Fugger-Zeittung, die Lepanto thematisiert, ist ein in Rom am 27. Oktober aufgesetzter Avviso. Dies zeigt, dass der römische Novellant vom bestehenden Sendungsmuster, nämlich der wöchentlichen Übersendung römischer Avvisi an die Fugger, aufgrund der eintreffenden Siegesnachricht nicht abgewichen war.1509 Stattdessen berichtete er erstmals knapp eine Woche nachdem die Lepanto-Neuigkeit durch ein Schreiben des päpstlichen Nuntius aus Venedig in Rom eingetroffen war. Der insgesamt vierte Lepanto-Avviso mit weiteren Details zur Anzahl der erbeuteten Schiffe sowie zur Flucht ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas erreichte die Fugger erneut aus Venedig, wo er am 02. November aufgesetzt worden war. Er enthielt Nachrichten von Giovannbattista Contarini, der am 12. Oktober von der Liga-Flotte nach Otranto gesandt worden war und von dort aus gen Venedig steuerte. Am 03. November setzte dann ein römischer Novellant den fünften Lepanto-Avviso auf, der in Augsburg eintraf. Dieser berichtete sowohl Neuigkeiten zur Schlacht, die von den Liga-Galeeren über Otranto und Neapel nach Rom gekommen waren, als auch Details aus der beim Papst präsentierten Schlachtbeschreibung Don Juans. Der Fugger-Zeittung lag ursprünglich auch eine gedruckte relatione bei, zu welcher der Novellant schreibt, sie sei von Romegas verfasst und durch einen Entsandten von Ottavio Farnese, des Herzogs von Parma, nach Rom gebracht worden.1510 Den ganzen November über erhielten die Fugger weitere Zeittungen aus Venedig, Rom und Ferrara, in denen zusätzliche, wenngleich immer weniger werdende Details zu Lepanto enthalten waren, die sowohl die Schlacht selbst, als auch die Reaktionen darauf und weitere LigaAngelegenheiten behandelten. Diese Zeittungen stammten aus Civitavecchia, Ferrara, Korfu, Neapel, Otranto, Rom und Venedig.1511 1507 Ebd., fol. 272r f., Venedig, 19. Oktober 1571. 1508 Ebd., fol. 273v–276r, Venedig, 26. Oktober 1571. 1509 Ebd., fol. 270r f., Rom, 06. Oktober; ebd., fol. 271r ff., Rom, 13. Oktober 1571; ebd., fol. 273r, Rom, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 276r f., Rom, 27. Oktober 1571. 1510 Ebd., fol. 276v f., Venedig, 02. November 1571; ebd., fol. 277r f., Rom, 03. November 1571. Es handelt sich um Romegas (Mathurin d’Aux de Lescout): RELATIONE DELLA GIORNATA DELLE Scorciolare, fra l’armata Turchesca, & Christiana alli sette d’Ottobre 1571. ritratta dal Comendator Romagasso. Rom O. J. [1571]. (BCas, Vol. misc. 2244.6, BL, 1070.k.6(4); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 24r–27v). 1511 ÖNB, Cod. 8949, fol. 278r–279v, Venedig, 09. November 1571; ebd., fol. 279v–280v, Rom,

Ein Sieg, viele Nachrichten

417

Die geografische Zirkulation der Fugger-Zeittungen zur Seeschlacht von Lepanto unterstreicht die zentrale Bedeutung, die Venedig und Rom für die Nachrichtenübermittlung einnahmen. Das entspricht generell der Verteilung der Herkunftsorte der zu Beginn der 1570er Jahre nach Augsburg versandten Zeittungen. Denn die bei den Fuggern zwischen Oktober 1570 und September 1572 eintreffenden Zeittungen stammten mehrheitlich aus Venedig (99) und Rom (98), gefolgt von Antwerpen (45) und Ferrara (24), denen sich in quantitativer Hinsicht die Zeittungen aus Lyon (12), Wien (10) und Zadar (9) anschlossen.1512 Die Lepanto-Zeittungen verdeutlichen andererseits auch, dass die Netzwerke, über welche die Fugger bei der Informationsbeschaffung verfügten, ein beachtliches Maß an Flexibilität besaßen. So stiegen nach dem Eintreffen der ersten Lepanto-Zeittungen die Nachrichten aus Venedig und Rom, während die Anzahl der eingehenden Antwerpener Zeittungen sank. Diese stiegen erst wieder im Laufe des Jahres 1572, als sich der Krieg in den spanischen Niederlanden und die Hugenottenverfolgung in Frankreich verschärften. Dann erreichten die Fugger auch verstärkt Zeittungen aus Brüssel, Lyon und Paris.1513 Das Nachrichtennetzwerk vermochte also auf die jeweils einzuholenden und zu übermittelnden Zeittungen flexibel zu reagieren, wobei die Nähe zum Ort des Geschehens ausschlaggebend für die Übersendung erster Nachrichten sowie die in den Monaten darauf einsetzenden örtlichen Fokussierung des Nachrichtennetzwerkes war.

10. November 1571; ebd., fol. 280v–282v, Venedig, 16. November 1571; ebd., fol. 282v ff., Rom, 17. November 1571; ebd., fol. 283v f., Venedig, 23. November 1571; ebd., fol. 284r, Rom, 24. November 1571; ebd., fol. 285r, Ferrara, 27. November 1571; ebd., fol. 285r, Venedig, 30. November 1571. 1512 Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 72ff.; Anita Hipfinger/ Josef Löffler: Fuggerzeitungen. Digitales Bestandsverzeichnis. Wien 2007. URL: http://www.geschichtsfor schung.ac.at/ressourcen/die-fuggerzeitungen [Zugriff: 07. 12. 2009]. 1513 Die folgende Auflistung der Herkunftsorte der zwischen Oktober 1570 und September 1572 eingegangenen Fugger-Zeittungen basiert ebenfalls auf Hipfinger/ Löffler: Fuggerzeitungen. Die in Klammern angeführten vier Werte entsprechen der Anzahl der Zeittungen in den Halbjahres-Zeiträumen a.) Oktober 1570 bis März 1571, b.) April bis September 1571, c.) Oktober 1571 bis März 1572 und d.) April bis September 1572. Die Orte lauten (sortiert nach Häufigkeit): Venedig (21:18:28:32); Rom (23:17:28:30); Antwerpen (19:12:2:12); Ferrara (12:6:2:4); Lyon (4:2:2:4); Wien (0:0:6:4); Zadar (1:2:0:6); Sevilla (6:0:0:0); Krakau (0:0:0:5); Mailand (0:4:0:1); Warschau (2:0:1:2); Kotor (2:1:0:1); Madrid (3[4]:0:0:0); Korfu (0:2:0:1); Paris (0:0:0:3); Brüssel (0:0:0:3); Heraklion (1:0:1:1); Augsburg (1:0:1:0); Genua (2:0:0:0); Pesaro (0:0:0:2); Rimini (0:1:0:1); Ancona (0:0:0:1); Besançon (0:0:0:1); Campo (0:0:0:1); Danzig (0:0:0:1); Famagusta (0:0:1:0); Finale Ligure (0:1:0:0); Graz (0:1:0:0); Köln (0:0:1:0); Kythira (0:0:0:1); Lissabon (1:0:0:0); Maliers (1:0:0:0); Malta (1:0:0:0); Mantua (0:0:0:1); Namur (0:0:0:1); Otranto (1:0:0:0); Passau (0:0:1:0); San Giorgio bei Ulcinij (0:1:0:0); Savoyen (0:0:0:1); Split (0:1:0:0); Zakynthos (0:0:0:1). Freilich sagt diese Auflistung kaum etwas über längere Routen (z. B. dürften Nachrichten aus Famagusta, Heraklion, Korfu, Kotor, Split und Zadar über Venedig transportiert worden sein) und nichts zur Ausführlichkeit, Schnelligkeit und Genauigkeit der Zeittungen aus.

418

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Doch woher bezogen die nicht einzeln genannnten Novellanten ihre Informationen genau? Die erste Lepanto-Zeittung aus Venedig beispielsweise präsentierte sowohl Hörensagen als auch die Beobachtungen vor Ort. Darüber hinaus war die beigefügte italienischsprachige Liste der bei Lepanto verstorbenen Venezianer beinahe im Wortlaut dem Avviso entnommen, den Venier am 09. Oktober in Astakos verfasst und durch Giustiniani nach Venedig gesandt hatte. ›Beinahe‹ heißt, dass der Novellant zwei Namen verwechselte und die Reihenfolge ansonsten nur geringfügig durchbrach. Der Wortlaut war also bereits am selben Tag der Ankunft von Veniers Avviso unter den venezianischen Novellanten bekannt. Daher kann vermutet werden, dass noch am 19. Oktober eine Abschriften des Avviso von Hand zu Hand gingen. Die venezianischen Zeittungen bezogen die Fugger vom deutschsprachigen Händler David Ott, der in Venedig eine Nachrichtenagentur betrieb und von mindestens zwei venezianischen Avvisi-Schreibern, Hieronimo Acconzaicco und Pompeo Roma, handschriftliche Nachrichtenbriefe erhielt.1514 Mit den Nachrichten vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ zirkulierten auch handschriftliche Kopien von Briefen, die Teilnehmer verfasst hatten. Abschriften der Schlachtbeschreibungen venezianischer Kapitäne finden sich beispielsweise in den Archiven von Turin und Trˇebonˇ.1515 Solche Relationen wurden auch exzerpiert, wie die Notiz eines venezianischen Fugger-Novellanten belegt, der angibt, sich bei der Anfertigung seiner Zeittung auf besagten »Sendtbrieff[]« gestützt zu haben.1516 In einer späteren FuggerZeittung ist zu lesen, der Novellant habe die aktuellen Lepanto-Drucke gesichtet, finde sie aber wenig vertrauenswürdig. Ebenso dürfte der römische FuggerNovellant auf Drucke zurückgegriffen haben. Deutlich wird dies beispielsweise durch sein Detailwissen über die von Don Juan durch Lope de Figueroa übersandten Informationen, die den Schlachtverlauf aus der Perspektive des Oberbefehlshabers der Liga schilderten. Wenig später legte er einer Zeittung auch die gedruckte Schlachtbeschreibung von Romegas bei.1517

1514 Statt »Iacomo Iustiniano« und »Marin Contarini« schrieb der Novellant »Antonio S. Marco« sowie »Dom.co Contareni«. Land, Balbi und Pasqualigo führt der Novellant erst am Ende der Auflistung an. Vgl. ÖNB, Cod. 8949, fol. 272v, Venedig, 19. Oktober 1571; Venier: RAGVAGLIO. (BCas, Vol. Misc. 2244.4), fol. 2r f.; Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 64; Pettegree: Invention of News, S. 114. 1515 AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Bericht des Antonio da Canale, Astakos, 08. Oktober 1571; SoaT, Sammlung Historica, 4809 (Schreiben des Marco Quirini aus Astakos, 08. Oktober 1571), fol. 2r. 1516 ÖNB, Cod. 8949, fol. 274v-276r, Venedig, 26. Oktober 1571. 1517 Ebd., fol. 273v, Venedig, 26. Oktober 1571; ebd., fol. 277r f., Rom, 03. November 1571; Lope de Figueroa: RELACION DELA IORNADA SVCCEDIDA ALOS Sieie del mes de Octubre mil Quinientos setenta y vno. Rom 1571. (BVR, S. Borr. Q. I. 301(9)); Romegas: RELATIONE DELLA. (BCas, Vol. misc. 2244.6, BL, 1070.k.6(4); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 24r-27v).

419

Ein Sieg, viele Nachrichten

Augsburg

12. Ferrara

11.9. 7. 5. 3.

1. 2. 4. 6. 8. 10. 13.

Rom

Venedig (21.11.) (23.11)

(19.11.)

Civitavecchia (21.11.)

Neapel

Otranto

Galeeren Fiskardo

Astakos

(12.10.)

(09.10.)

Korfu

(»Porto delli !igiere«) Le!kada

(27.10.)

(09.10.)

Grafik II.6.1: Die Zirkulation der Fugger-Zeittungen zu Lepanto (1571). Die Datierungen (Niederschrift der Zeittungen) lauten im Einzelnen: 1.) 19.10.; 2.) 26.10.; 3.) 27.10.; 4.) 02.11.; 5.) 03.11.; 6.) 09.11; 7.) 10.11.; 8.) 16.11; 9.) 17.11; 10.) 23.11; 11.) 24.11.; 12.) 27.11.; 13.) 30.11.

420

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Diese Kontextualisierungen verdeutlichen, dass das Netzwerk der an die Fugger gesandten Lepanto-Zeittungen, also jener handschriftlichen, teilweise mit zusätzlichen Dokumenten ausgestatteter Nachrichtenbriefe, die über die Seeschlacht, die Reaktionen auf diese sowie deren Folgen berichteten, wesentlich differenzierter gewesen sind, als dies die Angaben von Barbarics und Pieper vermuten ließen.1518 Insofern sie ihre Untersuchung zu den Lepanto-Zeittungen der Fugger als Fallstudie konzipierten und auf die notwendige Erforschung weiterer Zeittungs- und Avvisi-Bestände hinweisen, sollen diese nun im Zentrum meiner weiteren Ausführungen stehen, um die Zirkulation der handschriftlichen Lepanto-Nachrichtenbriefe anhand weiterer Dokumentation zu rekonstruieren und die Befunde zu den Fugger-Zeittungen zu kontextualisieren. Ein solcher von Barbarics und Pieper erwähnter Bestand ist die AvvisiSammlung der Herzöge von Urbino, zur Zeit Lepantos des Herzogs Guibaldo II. della Rovere, dessen Sohn an der Seeschlacht teilnahm. Der Avvisi-Bestand befindet sich heute in der Apostolischen Bibliothek des Vatikans.1519 Hier sind für die Jahre des Zypernkrieges ausführliche Informationen zu Liga-Verhandlungen, Flottenbewegungen und Kampfaktionen versammelt, die Urbino vornehmlich (aber nicht ausschließlich) über Venedig, Rom und Ferrara erreichten.1520 Nachrichten über Truppen- und Flottenbewegungen in Tunis und Algier gelangten beispielsweise über Spanien, Sizilien, Neapel und Rom nach Urbino.1521 Dabei stellte die Dominanz dieser Postrouten über Rom und Venedig bereits – so wie das auch für die Fugger-Zeittungen feststellbar ist – eine Reaktion der in den Nachrichtennetzwerken agierenden Akteure auf die Ereignis-Schwerpunkte dar. Im Vergleich dazu stammten die im Januar 1570 aufgesetzten und nach Urbino gesandten Avvisi vor allem aus Prag (5), Rom (5), Antwerpen (4) und Lyon (4), seltener auch aus Ferrara (2), Augsburg (1), Neapel (1) oder Venedig (1).1522 Die erste Lepanto-Nachricht erreichte Urbino allerdings aus der Lagunenstadt, wo ein anonymer Novellant am 19. Oktober vom Eintreffen Giustinianis und von den ersten bekannten Aussagen zur Seeschlacht, ihrer Dauer, ihrem Verlauf und ihrem Ausgang sowie von den ersten Reaktionen in Venedig be1518 Vgl. etwa Grafik II.6.1 mit der Grafik in Barbarics / Pieper: Handwritten, S. 73. 1519 Ebd., S. 57. Für diese Studie habe ich BAV, Urb. lat. 1040; 1041, 1–2; 1042; 1043 ausgewertet. Zu den della Rovere als Lepanto-Teilnehmern vgl. Gino Benzoni: Francesco Maria II della Rovere, duca di Urbino. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 50. Rom 1998, S. 55–60. 1520 Vgl. u. a. BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 275r, Venedig, 18. Mai 1570 (aus Istanbul); ebd., fol. 279v, Ferrara, 30. Mai 1570 (aus Rom); BAV, Urb. lat. 1041, 2, fol. 290v, Venedig, 14. Juni 1570; ebd., fol. 204v, Zadar, 11. Juli 1570; ebd., fol. 308r, Venedig, 13. Juli 1570 (zu Otranto). 1521 BAV, Urb. lat. 1041, 1, fol. 221v ff., Rom und Neapel, 21. und 24. Januar 1570; ebd., fol. 284r, Rom, 24. Mai 1570. 1522 Ebd., fol. 213r–224r, Januar 1570. Genannt werden als Herkunftsorte der Avvisi auch Collinges[?] und Bangi[?] mit jeweils einem Schriftstück.

Ein Sieg, viele Nachrichten

421

richtete (Grafik II.6.2).1523 Einen Tag darauf informierte der venezianische Collegio in einem offiziellen Schreiben den Herzog über die in Venedig eingetroffene Nachricht.1524 Die am 20. Oktober in Rom aufgesetzte, nächste Zeittung thematisierte Lepanto freilich noch nicht, denn zu diesem Zeitpunkt selbst war in Rom noch keine Siegesnachricht angelangt. Dafür erreichte ein am 23. Oktober verfasster venezianischer Avviso mit weiteren Details zur Schlacht und Venedigs Reaktionen wenig später Urbino. Einen Tag darauf setzte dann ein Novellant den ersten, in Rom verfassten und nach Urbino gesandten Lepanto-Avviso auf, der ebenfalls auf Informationen zurückgriff, die aus Venedig nach Rom gelangt waren. Anschließend trafen ein venezianischer Avviso vom 30. Oktober und ein römischer Avviso vom 27. Oktober in Urbino ein. Letzterer basierte auf Informationen, welche der Nuntius und die Signoria aus Venedig sowie Paolo Giordano Orsini von der Flotte übersandt hatten. Der insgesamt siebte LepantoAvviso kam aus Brüssel. Hierin werden die dort eingegangene Siegesnachricht und die daraufhin stattfindenden Feste geschildert. Diesem Schreiben folgte ein Lepanto-Avviso aus Paris, der bereits am 29. Oktober, also einen Tag vor dem Brüsseler Schreiben, aufgesetzt worden war, aber erst später (womöglich auch über Brüssel selbst) in Urbino eintraf.1525 Es folgte eine regelrechte AvvisoSammlung, die offensichtlich von Rom nach Urbino gesandt wurden: Das Schreiben enthielt zwei am 31. Oktober niedergeschriebene Avvisi sowie einen weiteren, der am 10. November 1571 in Rom verfasst wurde. Letzterer verwies auf den beiliegenden Avviso aus Messina (02. November), der über Neapel nach Rom geleitet worden war und von Don Juan de Austrias Ankunft in Messina berichtete. Zudem enthielt das Schreiben mit den gesammelten Avvisi Informationen zur Beuteverteilung unter den Ligisten. Daraufhin traf eine am 13. November in Wien aufgesetzte Zeittung in Urbino ein, die über die Lepanto-Reaktionen in Ungarn berichtete. Bis Ende November wurden weitere 13 Avvisi in Rom (6), Venedig (3), Wien (2), Brüssel (1) und Kraków (1) aufgesetzt und nach Urbino gesandt. Ihnen waren Details zum Schlachtgeschehen, zu den Lepanto-Festivitäten sowie zu den Reaktionen im Osmanischen Reich zu entnehmen.1526 1523 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 133r ff., Venedig, 19. Oktober 1571. Zur Sammlung siehe Cosimus Stornajolo: Codices vrbinates latini. Bd. 3: Codices 1001–1779. Rom 1921, S. 47–127. 1524 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua; Ottavio Farnese, Herzog von Parma; Guidobaldo II. della Rovere, Herzog von Urbino; Alfonso II. d’Este, Herzog von Ferrara, Modena und Reggio. Beinahe wortgleiche Schreiben gingen an Giannotto Lomellini, Doge von Genua, sowie Elisabeth I., Königin von England. 1525 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 135v, Rom, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 136r f., Venedig, 23. Oktober 1571; ebd., fol. 136v ff., Rom, 24. Oktober 1571; ebd., fol. 137v, Venedig, 30. Oktober 1571, Rom, 27. Oktober 1571; ebd., fol. 138r, Rom, 27. Oktober 1571; ebd., fol. 139v, Brüssel, 30. Oktober 1571; ebd., fol. 139v, Paris, 29. Oktober 1571. 1526 Ebd., fol. 141r–142v, Rom, 31. Oktober 1571; ebd., fol. 140r f., Rom, 10. November 1571; ebd.,

422

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Wien

Buda

10., 14., 18.

Kraków

22.

Urbino

Walachei

7., 19. Brüssel 8.

Paris

4., 6., 9., 11., 12., 13., 16., 17., 21.

1., 2., 3., 5., 14., 15., 20.

Rom

Neapel

Venedig

Dubrovnik

Messina

Galeeren

Astakos (09.10.)

Grafik II.6.2: Die Zirkulation der an das Herzogtum von Urbino gesandten Lepanto-Avvisi (1571). Die Datierungen (Aufsetzung der Avvisi) lauten wie folgt (die Reihenfolge entspricht der archivalischen Überlieferung): 1.) 19.10.; 2.) 20.10.; 3.) 23.10.; 4.) 24.10.; 5.) 30.10.; 6.) 27.10.; 7.) 30.10.; 8.) 29.10.; 9.) 10.11., 31.10.; 10.) 13.11.; 11.) 21.11.; 12.) 03.11.; 13.) 07.11.; 14.) 13.11.; 15.) 12.11.; 16.) 17.11.; 17.) 17.11.; 18.) 21.11.; 19.) 19.11.; 20.) 27.11.; 21.) 29.11.; 22.) 03.11.

Ein Sieg, viele Nachrichten

423

Insgesamt, so lässt sich im Vergleich der beiden Bestände feststellen, erreichten die Herzöge von Urbino mehr Lepanto-Avvisi auf schnelleren Postwegen als die Fugger. Die in Urbino eingegangenen handschriftlichen Nachrichtenbriefe zur Seeschlacht besaßen zudem ein breiteres geografisches Einzugsgebiet, als jene, die in Augsburg ankamen. Während die meisten der Lepanto betreffenden Fugger-Zeittungen aus Venedig stammten, erhielten die Herzöge von Urbino ihre Lepanto thematisierenden Avvisi vor allem aus Rom, was durch die geografische Nähe der jeweiligen Städte zu Urbino beziehungsweise zu Augsburg begründet werden kann. Gemeinsam ist beiden Beständen jedoch, dass sowohl Rom als auch Venedig die zentralen Knotenpunkte zur Übermittlung der Informationen zur Seeschlacht von Lepanto darstellten. Die ersten Lepanto-Nachrichten kamen aber in Urbino und in Augsburg aus Venedig. Diese Gemeinsamkeiten äußern sich auch in den Inhalten: Eine an die Fugger gesandte Zeittung enthält dieselbe quantitative Auflistung an bei Lepanto verstorbenen oder schwerverletzten Venezianern, die auch ein nach Urbino gesandter Avviso enthält.1527 Der Umstand, dass das Ausstellungsdatum der ›Fugger-Zeittung‹ auf vier Tage nach dem nach Urbino versandten Avviso angegeben ist, zeigt erstens, dass die in Augsburg eintreffenden Zeittungen vergleichsweise wohl nicht immer die aktuellsten waren. Zweitens wird daraus ersichtlich, dass die – womöglich unterschiedlichen – Novellanten vor Ort die Herzöge zügiger als die Händlerfamilie bedienten. Denn zumindest in diesem Fall übermittelte der anonyme Novellant die Informationen aus Venedig schneller nach Urbino als sein Kollege David Ott.1528 Gemeinsamkeiten ergeben sich aber auch hinsichtlich einer ganz grundsätzlichen Bestandsanalyse. Denn die Bestände der Fugger und der Herzöge von Urbino gleichen sich vor allem dahingehend, dass sie zeitgenössische Abschriften von Avvisi beziehungsweise Zeittungen beinhalten und so zunächst einmal nur vage Einblicke in die Korrespondenetzwerke liefern. Denn damit werden zwar fol. 142v ff., Messina, 02. November 1571; ebd., fol. 144r, Wien, 13. November 1571; ebd., fol. 145r f., Rom, 21. November 1571; ebd., fol. 145v f., Rom, 03. November 1571; ebd., fol. 146v f., Rom, 07. November 1571; ebd., fol. 147r f., Venedig, 13. November 1571; ebd., fol. 148r f., Venedig, 12. November 1571; ebd., fol. 148v f., Wien, 31. Oktober 1571; ebd., fol. 149r–150v, Rom, 17. November 1571; ebd., fol. 151r–152v, Rom, 17. November 1571; ebd., fol. 153r f., Brüssel, 19. November 1571; ebd., fol. 153v, Wien, 21. November 1571; ebd., fol. 156v f., Venedig, 27. November 1571; ebd., fol. 159v ff., Rom, 29. November 1571; ebd., fol. 161r, Kraków, 03. November 1571. 1527 ÖNB, Cod. 8949, fol. 281r, Venedig, 16. November 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 148v, Venedig, 12. November 1571. Nur zwei Abweichungen sind feststellbar: In der FuggerZeittung werden 122 gestorbene compagni angegeben, im nach Urbino gesandten Avviso hingegen 124. Letzterer führt auch nicht die letzte Zeile der Auflistung an, die sich in der Fugger-Zeittung finden lässt. Hier werden noch zwei verstorbene und ein verwundeter Barbier aufgelistet. 1528 Zu Ott vgl. Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 64; Pettegree: Invention of News, S. 114.

424

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Verfassungsdatum und -ort, nicht aber die Namen der Novellanten und Übermittler sowie die Eingangsdaten und Postrouten sichtbar. So ist das Eintreffen der Nachrichtenschreiben zum Beispiel nur unzureichend aus der Reihenfolge der Dokumentenüberlieferung zu erschließen. Anders gestaltet sich der Archivalienbefund in der von den Herzögen und Pfalzgrafen von Pfalz-Neuburg angelegten Sammlung handschriftlicher Nachrichtenbriefe, auf die Zsuzsa Barbarics und Renate Pieper ebenfalls als Bestand hinweisen.1529 Für diese sind nicht allein die Zeittungen an sich, sondern häufig zudem die versandten Dokumente mitsamt der Anschreiben, aufschlussreichen Eingangsvermerken und Konzeptentwürfen für Antwortschreiben überliefert, die allesamt weitergehende Rückschlüsse auf die Organisation und Distribution des Informationsaustausches ermöglichen. Der Gesamtbestand setzt in der Mitte des 16. Jahrhunderts ein und führt bis in das 18. Jahrhundert. Die Menge der erhaltenen Zeittungen lässt allerdings auf eine zeitlich verschieden starke Sammelaktivität der Herzöge schließen: Wenngleich eine Vielzahl von Zeittungen überliefert sind, die an Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken (1557–1569) und an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (1569–1614) adressiert waren, klafft doch eine Überlieferungslücke für die ersten Jahre der Herrschaft Philipp Ludwigs. Die überwältigende Mehrzahl der handschriftlichen Nachrichtenbriefe, die in den im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München aufbewahrten Pfalz-Neuburgischen Beständen erhalten sind, stammt aus dem späten 16. und 17. Jahrhundert.1530 Diese Ungleichverteilung spiegelt einerseits die zunehmende Verbreitung von Zeittungen in diesem Zeitraum wider. Andererseits lässt der Archivalienbefund Rückschlüsse auf die Aufbewahrung zu. Denn bereits Georg Hahn stellte fest, dass der drei Jahre nach dem Regierungsantritt Philipp Ludwigs von Pfalz-Neuburg einsetzende Zeittungs-Band (1573) »sicher nicht das erste Ergebnis seiner Sammlung von Korrespondenzen, sondern nur den ersten uns tatsächlich erhalten gebliebenen Band darstellt«.1531 Somit spiegelt der Befund vordergründig nicht die tatsächliche Zirkulation der Nachrichten wider, sondern deren Aufbewahrung und Überlieferung.

1529 Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 56. 1530 Die nach wie vor grundlegende Studie zu den Pfalz-Neuburgischen Zeittungen ist Georg Hahn: Der Nachrichtendienst von Pfalz=Neuburg von den Anfängen bis zum Verfall der geschriebenen Zeitung (1544–1637). (Ein Beitrag zur Geschichte der geschriebenen Zeitungen). München 1933. Ich habe folgende Archivalien ausgewertet: BHStAM, PfalzNeuburg, Akten, 793 VI (1), 793 VII (1), 798, 804, 821; 822; 823; 824, 852, 853/I, 854/I, 855/I, 855/II, 856, 857, 858, 859, 860, 861, 862, 863, 864, 865, 866, 867, 888, 892, 896/2, 919, 920, 921, 922, 923, 924, 925, 926, 927, 1445. Zu Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken als Empfänger von Zeittungen siehe u. a. BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 793 VII (1), fol. 15r–18v, »Eusebius Hedio D.« an Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken, 27. Juni 1566. 1531 Hahn: Nachrichtendienst von Pfalz=Neuburg, S. 10.

Ein Sieg, viele Nachrichten

425

Ein wesentliches Kriterium, das über die Überlieferungschance der handschriftlichen Nachrichtenbriefe in Pfalz-Neuburg maßgeblich entschied, war, ob in der Zeit, in der sie verfasst wurden, politische Unruhen, Aufstände oder Kriege herrschten. Dann wird die archivalische Überlieferung besonders dicht, was dafür spricht, dass die Zeittungen über Militaria und Politica im Vergleich zu solchen, die in Friedenszeiten verfasst worden sind, als besonders aufhebenswert eingeschätzt wurden. Diese Schwankungen in der Überlieferung sind auch für die Zeittungen zum Osmanischen Reich feststellbar. Während solche in den 1580er Jahren eher vereinzelt aufgehoben wurden,1532 finden sich aus der Zeit des sogenannten ›Langen Türkenkrieges‹ zahlreiche Zeittungen aus Prag, Siebenbürgen, Wien und Zagreb.1533 Mit dem Leipziger Hans Joachim Kammermeister (vereinzelt auch als Camerarius bezeichnet) besaß Philipp Ludwig von PfalzNeuburg in den Jahren 1594 bis 1600 einen Novellanten, der sich eigens auf die Zeittungen aus Siebenbürgen sowie dem polnischen und baltischen Raum spezialisiert hatte. Ebenso vermittelte er den ›Türkenkrieg‹ betreffende Nachrichten aus Lyon, Nürnberg, Prag und Venedig, die in Leipzig zirkulierten.1534 Zentral für die Pfalz-Neuburgische Einschätzung des ›Langen Türkenkrieges‹ waren insbesondere unzählige Zeittungen, die der am Prager Kaiserhof stationierte Agent David Gering verschickte.1535 Darüber hinaus übersandte Bernhard Reising zwischen 1605 und 1607 regelmäßig aus Wien Nachrichten zu den habsburgischosmanischen Kampfhandlungen in Ungarn und Siebenbürgen;1536 Hieronymus Strölin schickte einen Bericht der Belagerung der Festung Gran (1605) nach Neuburg a. d. Donau;1537 und auch Bertram von Schaidt (genannt Weschpfennig) berichtete 1605 detailliert über die Osmanen in Ungarn.1538 Unter den zahlreichen weiteren Zeittungen zum ›Langen Türkenkrieg‹ befinden sich auch im

1532 Vgl. z. B. BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 793 VII (1), fol. 27r–28v (»Zeittung auß Constantinopel«, 1584); ebd., 919, fol. 14r–15v (Avvisi aus Rom und Venedig über das Osmanische Reich); ebd., 920, fol. 147r f. (Zeittungen aus Istanbul, 02. April 1586, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 04. Juni 1586). BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 1509/2 (vom PfalzNeuburgischen Kirchenrat aufbewahrten Vermerke zu Sehenswürdigkeiten in Istanbul, 1589). 1533 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 793 VII (1) beinhaltet beispielsweise eine »Copia waß Mehemet des Sinan Bassa Sohn, schreibt, dem Grafen von hardeckh« (1595), eine »Zeittung aus Sibenbürgischen Weisenburg« (22. Februar 1595) sowie weitere Zeittungen zu Osmanen aus demselben Jahr, die häufig in Prag und Wien, aber auch in Zagreb aufgesetzt wurden. 1534 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 824. 1535 Diese werden aufbewahrt in BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 852, 853/I, 854/I, 855/I, 855/II, 856, 857, 858, 859, 860, 861, 862, 863, 864, 865, 866, 867. 1536 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 821. 1537 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 822. 1538 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 823.

426

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

kaiserlichen Auftrag übersandte Nachrichtenbriefe.1539 Philipp Ludwig von PfalzNeuburg verwahrte diese Neuigkeiten sicherlich auch deshalb, weil er diesem eine Relevanz für das Reich zusprach. So richtete sich, wie er noch 1606 schrieb, der Krieg sowohl gegen die »gantze[] Christenheit, als auch inn sonnd[er]heit vnserm geliebten vatterlandt Teutscher nation, inn welches d[er] feindt nun mehro seines fueß zuesetzen, vnd dasselbe mit gewalt vnd[er] sein Tÿrannisches Joch zuebezwing[en] sich und[er]stellen will«.1540 Philipp Ludwigs grundsätzliches Interesse an den osmanischen Aktivitäten sowie der Umstand, dass die zeitliche Verteilung der überlieferten Pfalz-Neuburgischen Zeittungen vor allem Rückschlüsse über die Aufbewahrung der Dokumentation liefern, bedeuten zugleich, dass aus den für das Jahr 1571 fehlenden Zeittungen keineswegs auf deren historische Nichtexistenz geschlossen werden darf. Wenngleich also im Pfalz-Neuburgischen Zeittungs-Bestand kein handschriftlicher Nachrichtenbrief über die Seeschlacht von Lepanto überliefert ist,1541 dürfte dennoch davon ausgegangen werden, dass Philipp Ludwig über den Ausgang der Schlacht durchaus informiert war. Zumal er Ende November 1571 durch ein aus Wien versandtes, kaiserliches Schreiben von der osmanischen Eroberung Zyperns erfuhr.1542 Zudem entschuldigte sich Marx Fugger im Dezember 1573 bei Philipp Ludwig, dass er aufgrund eines dreimonatigen UngarnAufenthaltes keine Zeittungen übersenden habe können.1543 Auch dies spricht dafür, dass die nach Lepanto erst im September 1573 wieder einsetzende Zeittungs-Sammlung lediglich die Überlieferung widerspiegelt, nicht aber, ob Zeit1539 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 1445. Weitere Zeittungen aus dem Jahr 1595 zu Siebenbürgen finden sich in BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 896/2. 1540 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 2838, fol. 11r–12v, Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg an Friedrich IV. von der Pfalz, Christian II. von Sachsen, Maximilian I. von Bayern, Friedrich I. von Württemberg, Georg Friedrich von Baden-Durlach, Neuburg a. d. Donau, 19. Mai 1606. Zitat ebd., fol. 11r. 1541 Neben den oben und unten ausführlicher besprochenen Pfalz-Neuburgischen ZeittungsBeständen fanden sich ebenfalls keine Lepanto-Zeittungen in BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 918 (dort zum Jahr 1586); ebd., 921 (zu den Jahren 1584 und 1585); ebd., 922 (zu den Jahren 1583 und 1584); ebd., 923 (zum Jahr 1584); ebd., 924 (zum Jahr 1584). Ebenso findet sich in der zeitgenössischen Neuburger Korrespondenz mit der protestantischen Bürgerschaft in Dinkelsbühl (1566–1579) kein Lepanto-Verweis. BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 3159. 1542 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 1967. 1543 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 131r–136v, Marx Fugger an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Augsburg, 01. Dezember 1573, hier fol. 131r: »Das E[uer] f[ürstliche] G[naden] Ich ain lannger Zeitheer nichts von Zeittungen übersanndt, Ist die vrsach, Ich biß Jnn dritten Monat nit anhaimbs, sonnder In Vngern gewest«. In einem Antwortschreiben teilte Philipp Ludwig Marx Fugger mit, dass »es deiner entschuldigung, das du vns ein guote Weil her keine Zeittung mitgetheilt [Einschub: zugeschigkt], nicht bedorfft [hette]. Günstiglich begerendt.« Ebd., fol. 133r, Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg an Marx Fugger, Neuburg a. d. Dona, 09. Dezember 1573.

Ein Sieg, viele Nachrichten

427

tungen zur Zeit Lepantos in Pfalz-Neuburg kursierten. Denn es ist grundsätzlich auffällig, dass in deutschen Fürstenhäusern insbesondere Zeittungen zu osmanischen Militärgeschehnissen während des 16. Jahrhunderts aufbewahrt worden sind.1544 Wenngleich sich also im Pfalz-Neuburgischen Bestand keine LepantoZeittungen finden ließen, verdeutlicht das Eintreffen der Nachricht von der 1573 erfolgten Einnahme Tunis’ durch Juan de Austria besonders anschaulich, wie die Informationsübermittlung Lepantos zwei Jahre zuvor verlaufen sein dürfte (Grafik II.6.3). Am 16. November 1573 traf in Neuburg a. d. Donau – in Abwesenheit Philipp Ludwigs – ein Schreiben des Augsburger Bischofs Johann Eglof von Knöringen ein. Als der Statthalter Reichardt in herzöglicher Vertretung am Abend desselben Tages das Siegel erbach, konnte er sogleich der ersten Zeile des am 15. November in Dillingen aufgesetzten Briefes entnehmen, dass Eglof eigentlich Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg und nicht den Neuburger Statthalter als Adressaten andachte. Eglof berichtete Philipp Ludwig, seinem »besonnder[s] liebe[n] H[er]r[n] vnd freundt«, dass bei ihm am Vortrag, also am 14. November, »von einem glaubwurdigen Orth beÿgelegt Zeittungen, vnd bericht, Was massen die Christliche Armada Aus Göttlicher verleihung, wider den Erbfeind Christlichs Namens den Turckhen, mitt Eroberung Thuniß, obgesaget, einkomen [seind].« Der Augsburger Bischof schrieb weiterhin, dass er »zuuersichtlich« sei, dass Philipp Ludwig »solliche [Zeittungen] […] zuuor nitt einkomen« seien und er sie daher »gern vernehmen« werde. Angesichts dieser »treffenliche[n] herliche[n], Ja wunderbarliche[n] Victorj, Dero sich die Christenhait billich zuerfrewen«, habe Eglof »derselben angeregte Zeitunge[n] freundtlichen zu Communiciern nitt vnd[er]lassen wöllen«, da auch Philipp Ludwig, wenn er eine solche Meldung erfahren hätte, sie gleichermaßen Eglof hätte zukommen lassen. Der katholische Augsburger Bischof verortete die Nachrichtenübermittlung also in einem reziproken Kontext und schickte die Neuigkeit von der spanischen Einnahme Tunis’ dem lutheranischen Herrscher von Pfalz-Neuburg daher zu, um – wie er schrieb – Philipp Ludwig einen »Angenehme[n] Nachbarliche[n] Dienst zuerzaigen«. Seinem Schreiben aus Dillingen legte Eglof wie angekündigt weitere »Zeittungen, vnd bericht« bei.1545 Insgesamt handelte es sich dabei um drei italienische Drucke. Erstens, um den Druck ›LA PRESA DI TVNIS del Re Catolico L’anno .1573.‹; zweitens, um das Flugblatt ›Il vero disegno della Citta di Tunisi, e Biserta‹; drittens, um den in der römischen Blado-Werkstatt erschienenen Druck ›IL VERO 1544 Vgl. etwa ebenfalls die an Fürst Wolfgang von Anhalt-Köthen versandte Zeittung zur Belagerung Ofens (1541): LHASA, DE, Z 4 V, 405, Nr. 17. 1545 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 87r, Statthalter Reichardt an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Neuburg a. d. Donau, 16. November 1573; ebd. fol. 93r–94v, Johann Eglof von Knöringen, Bischof von Augsburg, an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Dillingen, 15. November 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 16. November 1573.

428

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

RAGGVAGLIO DELLA PRESA DI BISERTA, CON L’VLTIMO AVVISO del successo di Tunisi, ET LA SENTENTIA DATA A CONtra al Re Muley Hamida, CON LA INVESTITVRA DEL Infante Muliazen nuouo Re di Tunisi. Con il disegno di quelli paesi‹.1546 Zumindest die letzten beiden Drucke liegen nur auszugszweise vor,1547 woraus geschlussfolgert werden kann, dass dem Augsburger Bischof nicht die Vollständigkeit der Drucke wichtig erschien, sondern dass die nur fragmentarisch übermittelten Drucke vielmehr die Glaubwürdigkeit der Zeittung und damit das Geschehen an sich belegten. Es war ihm, überspitzt formuliert, nicht wichtig, die Einzelheiten der Nachricht zu vermitteln, sondern die Nachricht und ihre Glaubwürdigkeit an sich. Das Flugblatt ›Il vero disegno della Citta di Tunisi, e Biserta‹ führt neben geografischen Entfernungen auch den weiteren Verlauf des militärischen Geschehens in Tunis und La Goulette vom Oktober 1573 an.1548 Zusammen mit den Flugschriften betrachtet, funktionierte das illustrierte Flugblatt mit seiner Darstellung nicht nur als Abbildung zur darauf befindlichen Bildunterschrift, sondern auch als Illustration der anderen, übermittelten Drucke. Derartige Druckzeugnisse sind vermutlich mit großer Wertschätzung in Neuburg aufgenommen worden, denn auch als Hans Fugger im November 1574 eine Abcontterfettung von Tunis und La Goulette unbeschädigt erhalten hatte, schrieb er dem Absender sogleich, dass er sich »zum hochsten beda[n]ckh[en] [thue]«.1549 Nachdem der Neuburger Statthalter Reichardt das Dillinger Schreiben des Augsburger Bischofs gelesen und die Drucke gesehen hatte, setzte er ein Schriftstück für den sich in Burglengenfeld aufhaltenden Philipp Ludwig auf, um diesem das Schreiben des Augsburger Bischofs weiterzuleiten, weil der Pfalzgraf schließlich von der »New Zeitung […] von eroberung Thunis […] vorhin noch 1546 Ebd., fol. 95r f. (›LA PRESA DI TVNIS del Re Catolico L’anno .1573.‹ mit rückseitigen Eingangsvermerken in Dillingen am 14. November und in Burglengenfeld am 19. November 1573), 96r (›Il vero disegno della Citta di Tunisi, e Biserta‹ mit Eingangsvermerk in Burglengenfeld am 19. November 1573), 96v (›IL VERO RAGGVAGLIO DELLA PRESA DI BISERTA, CON L’VLTIMO AVVISO del successo di Tunisi, ET LA SENTENTIA DATA A CONtra al Re Muley Hamida, CON LA INVESTITVRA DEL Infante Muliazen nuouo Re di Tunisi. Con il disegno di quelli paesi‹ mit Eingangsvermerk in Burglengenfeld am 19. November 1573). 1547 Die Unterschrift von ›Il vero disegno della Citta di Tunisi, e Biserta‹ endet Mitten im Satz. Ebd., fol. 96r. Anonym: IL VERO RAGGVAGLIO DELLA PRESA DI BISERTA, CON L’VLTIMO AVVISO del successo di Tunisi, ET LA SENTENTIA DATA A CONtra al Re Muley Hamida, CON LA INVESTITVRA DEL Infante Muliazen nuouo Re di Tunisi. Con il disegno di quelli paesi. Rom 1573 umfasst eigentlich vier folio-Seiten. Das vorliegende Exemplar weist nur eine einseitige Folio-Seite auf. Ebd., fol. 96v. 1548 Ebd., fol. 96r (›Il vero disegno della Citta di Tunisi, e Biserta‹ mit Eingangsvermerk in Burglengenfeld am 19. November 1573). 1549 FA, 1.2.7, S. 375, Hans Fugger an Hieronimus von Lodron, 20. November 1574. Die bildlichen Darstellungen bezogen sich freilich auf die osmanische Rückeroberung von Tunis im Jahr 1574.

429

Ein Sieg, viele Nachrichten

Pielenhofen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (20.11.)

Burgenlengenfeld Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (19.11.) (25.11.)

Neuburg a. d. Donau

Dillingen

Statthalter Reichardt (16.11.) (23.11.) (05.12.)

Johann Eglof von Knöringen, Bf. v. Augsburg (14./15.11.)

Augsburg Christoph Kraffter

Nürnberg Marx Fugger (01.12.) (08.12.)

Wolff Kern (19.11.) (29.11.)

Rom

Venedig

Drucke

Drucke

Neapel Antonio Sauli (28.10.)

Trapani

Palermo Carlo d’Aragona, Hrzg. v. Terranuova & Vizekg. v. Sizilien (17.10.)

Tunis Don Juan de Austria (09./10.10.)

Grafik II.6.3: Die Zirkulation Pfalz-Neuburgischer Zeittungen zur Einnahme von Tunis (1573).

430

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nit wissen möcht«. In dem Brief entschuldigte er sich auch dafür, das Dillinger Schreiben bereits geöffnet zu haben, indem er anführte, dass das Schriftstück vom Äußeren her nicht ausdrücklich an den Pfalzgrafen adressiert gewesen sei. Neben dem Schreiben des Augsburger Bischofs legte der Neuburger Statthalter auch »ain schreiben« des Augsburger Novellanten Christoph Kraffter bei, das ebenfalls am 16. November in Neuburg eingetroffen war. Dabei handelte es sich um die in Rom gedruckte ›COPIA DEL VERO AVVISO DELLA PRESA DI TVNESI. CON IL PROGRESSO della felicissima Armata di sua Maestà Cattolica‹.1550 Diese in der römischen Druckwerkstatt von Giovanni Osmarino Giliotto veröffentlichte Schrift gibt einen in Palermo am 17. Oktober 1573 aufgesetzten und nach Rom gesandten Avviso wieder, der die Kunde von der spanischen Einnahme von Tunis in Rom verbreitet hatte. Dem Druckinhalt ist zu entnehmen, dass der in Palermo verfasste Avviso anlässlich eines von Don Juan aus Tunis über Trapani an den sizilianischen Vizekönig Carlo d’Aragona, Herzog von Terranuova, gesandten Schreibens aufgesetzt worden war.1551 Bei der Übermittlung der Tunis-Nachricht von Palermo nach Rom nahm Neapel eine zentrale Position ein, wie aus den von dort nach Rom gesandten Schreiben des päpstlichen Nuntius zu schlussfolgern ist. Am 24. Oktober war in Neapel bekannt geworden, dass Don Juan in Nordafrika eingetroffen war und erste Erfolge erzieht hatte. Vier Tage darauf war sich Nuntius Antonio Sauli über die Einnahme von Tunis sicher, weil ein von dort von Don Juan gesandter Adliger die Nachricht persönlich bestätigte, woraufhin Sauli sogleich Rom informierte.1552 Der in Palermo am 17. Oktober aufgesetzte, nach Rom gesandte und dort gedruckte Avviso, der schließlich bis nach Neuburg a. d. Donau geschickt wurde, dürfte also eine besonders frühe und von manchen Zeitgenossen noch als ungesichert eingeschätzte Nachricht gewesen sein. Er schilderte den Ablauf der Eroberung von Tunis aus der Perspektive der spanischen Flotte, beginnend mit dem Auslaufen der Flotte beim sizilianischen Marsala am 07. Oktober und endend mit den Kampfhandlungen am 09. Oktober. Insgesamt übersandte der Neuburger Statthalter Reichardt also vier teils auszugsweise Drucke, die er aus Dillingen und Augsburg erhalten hatte, mitsamt des Schreibens des Augsburger Bischofs an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg. Diesen erreichten die Nachrichten drei Tage später, am 19. November, in Burglengenfeld.1553 1550 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 87r, Statthalter Reichardt an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Neuburg a. d. Donau, 16. November 1573; ebd., fol. 89r–92v (Anonym: COPIA DEL VERO AVVISO DELLA PRESA DI TVNESI. CON IL PROGRESSO della felicissima Armata di sua Maestà Cattolica. Rom 1573). Zur Aktivität der Neuburger Räte als Zeittungs-Agenten siehe auch Hahn: Nachrichtendienst von Pfalz=Neuburg, S. 48–51. 1551 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 90r. 1552 Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 246f. 1553 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 90r–91v (Anonym: COPIA DEL VERO AVVISO

Ein Sieg, viele Nachrichten

431

Von dort aus reiste Philipp Ludwig zum Kloster Pielenhofen, wo er am 20. November ein Antwortschreiben an Bischof Johann Eglof von Knöringen aufsetzte, um sich bei diesem »freündtlich [zu] bedancken« und ihm mitzuteilen, dass der Pfalzgraf einer weiteren »freundtliche[n] guete[n] Correspondenz […] wolgeneigt« und auch »zue freündtlichem Nachberlichem Willen gantz wolgeneigt« ist. Philipp Ludwig habe die Nachricht von dem durch göttliche Vorsehung herbeigeführten Sieg »sunders gerrne vernommen«.1554 Zusätzlich führt er die theologische Komponente des Sieges an: »Ist [Einschub: sich auch deren beÿ vns Christen wol zuerfrewen. Vnd] darvmb Gott dem Allmechtig[en] lob vnd danck zue sag[en]. Auch dar neben zue bitten, Das Sein Allmacht hinfürter nicht wenig[er]s glück vnd seg[en], wider vnnsern Erbfeindtden Türcken gnediglich verlaih[en] wölle.«1555

Die spanische Einnahme von Tunis verdeutlichte – in der Einschätzung des Lutheraners und in seiner Selbstdarstellung gegenüber dem katholischen Würdenträger aus Augsburg – das wohlwollende Eingreifen Gottes gegenüber der Christenheit und lasse, so Philipp Ludwig weiter, auch auf weitere Siege in der Zukunft hoffen. Nachdem Statthalter Reichardt am 16. November 1573 das Dillinger Schreiben des Augsburger Bischofs geöffnet hatte, muss er die Zeittungen der folgenden Tage aufmerksam studiert und besonders umsichtig behandelt haben. Zwei Tage später trafen weitere Zeittungen aus Nürnberg ein. Wolff Kerns Zeittungen vermerkten jedoch keine Hinweise auf die Geschehnisse in Nordafrika, sondern lediglich zu Neuigkeiten aus den Niederlanden. Als Kern dann allerdings venezianische Avvisi erhielt, die vermeldeten, dass Don Juan am 10. Oktober Tunis eingenommen habe, setzte er am 19. November ein weiteres Schreiben für Neuburg a. d. Donau auf. Diesem legte ein italienisches »Conterfeet« von Tunis, das er ebenfalls aus Venedig erhalten hatte, und Zeittungen aus Antwerpen bei. Sein Schreiben traf in Neuburg a. d. Donau am 23. November ein, also insgesamt eine Woche nach den ersten Tunis-Berichten aus Augsburg. Von dort aus leitete Reichardt es sogleich nach Burglengenfeld weiter, wo es am 25. November ankam.1556 In den kommenden Tagen übersandten Wolff Kern und Marx Fugger aus DELLA PRESA DI TVNESI. CON IL PROGRESSO della felicissima Armata di sua Maestà Cattolica. Rom 1573). Entsprechende Eingangsvermerke finden sich ebd., fol. 89r sowie in ebd., fol. 88v, Statthalter Reichardt an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Neuburg a. d. Donau, 16. November 1573. 1554 Ebd., fol. 97r–98v, Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg an Johann Eglof von Knöringen, Bischof von Augsburg, Pielenhofen, 20. November 1573. Zitate ebd., fol. 97r f. 1555 Ebd. 1556 Ebd., fol. 84r–86v, Wolff Kern, Nürnberg, 15. November 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 18. November 1573, weitergeleitet nach Burglengenfeld; ebd., fol. 81r–83v, Wolff Kern, Nürnberg, 19. November 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 23. No-

432

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Nürnberg und Augsburg weitere venezianische und römische Avvisi, die sich auf Nachrichtenbriefe aus Neapel und Palermo bezogen. Die italienischen Dokumente wurden teilweise ins Deutsche übertragen.1557 Diese Ausführungen zur Zirkulation der Nachricht von der spanischen Einnahme Tunis’ vermögen zu zeigen, wie die Übermittlung der nicht überlieferten Lepanto-Zeittungen vonstatten gegangen sein könnten. Anzunehmen ist folglich, dass diese ebenfalls aus Italien, namentlich aus Venedig und Rom, sowie durch die Zwischenstationen Augsburg und Nürnberg in Neuburg a. d. Donau eingetroffen sein dürften. Die Neuigkeit vom Sieg bei Lepanto mit jener von der Einnahme Tunis’ zu vergleichen, liegt auf der Hand. Beide wurden durch Don Juan de Austrias Truppen erlangt und beide zirkulierten weitläufig und zügig in handschriftlichen Nachrichten auf der Italienischen Halbinsel und von dort aus in der Eidgenossenschaft, Augsburg, Paris und London sowie in Istanbul.1558 Zudem erschienen von beiden Kriegsgeschehnissen eine große Menge an Druckerzeugnissen, die ebenso wie handschriftliche Relationen zirkulierten.1559 vember 1573. Das erwähnte von Venedig nach Nürnberg und von dort aus nach Neuburg a. d. Donau übersandte »Conterfeet« befindet sich ebd., fol. 83r. 1557 Ebd., fol. 120r–122v, Wolff Kern, Nürnberg, 29. November 1573, mit »hiebejligende[n] Zeittunge[n]« aus Venedig (fol. 121r, 13. November 1573), Rom (fol. 121r f., 07. November 1573) und Antwerpen (fol. 121br f., 14. November 1573), eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 05. Dezember 1573; ebd., fol. 131r–136v, Marx Fugger an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Augsburg, 01. Dezember 1573, mit Zeittungen aus Antwerpen (fol. 132r– 132v, 15. und 22. November 1573) sowie aus Venedig und Rom (fol 137r-138v) mit ähnlichem Inhalt wie die Schreiben von Wolff Kern (ebd., fol. 120r–122v); ebd., fol. 172r–179v, Marx Fugger, Augsburg, 08. Dezember 1573, mit Zeittungen aus Rom (fol. 176r f., 21. November 1573) und Venedig (fol. 176v–177r). Deutsche Übertragungen finden sich ebd., fol. 139r–142r, 177r-178v. 1558 London (namentlich William Cecil, 1. Baron Burghley) erreichten im November und Dezember 1573 italienische Tunis-Avvisi (aus Palermo und Rom) vor allem über Augsburg, von wo aus Pietro Bizari berichtete. TNA, SP 70/129 A, fol. 52r-53v, 58r f., 60r-62v, 81r-82v; 87r f., 93r f., 98r-99v, 108r f. Weitere Nachrichten von der Eroberung Tunis trafen aber auch aus Paris ein. TNA, SP 70/129 A, fol. 98r–99v, Valentine Dale an William Cecil, 1. Baron Burghley, Paris, 12. Dezember 1573; ebd., fol. 100r–101v, Valentine Dale an Francis Walsingham, Paris, 12. Dezember 1573. Weitere Tunis-Avvisi der frühen 1570er Jahre finden sich in TNA, 70/122, fol. 230r–231v; TNA, SP 70/129 A, fol. 130r–131v; TNA, 70/130, fol. 38r f., 101r-102v; TNA,; 70/132, fol. 1r–2v, 39r-40v, 83r-84v. Zu eidgenössischen Reaktionen vgl. Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 506ff. Hess: Battle of Lepanto, S. 65 nennt die erste Tunis-Information in Istanbul (13. Oktober 1574). 1559 Eine solche handschriftliche Relation befindet sich in der BSB, Cod. ital. 90 (»RELATIONE Di Tunisi, e Biserta con alcune osseruationi delle qualità, e costumi delli Habitanti fatta sopra l’Impresa di esse, per il Ser:mo S:r Don Gioanni d’Austria«). Es handelt sich um eine Abschrift aus dem (frühen?) 17. Jahrhundert: Georg M. Thomas: Codices manu scripti Bibliothecae Regiae Monacensis Gallici, Hispanici, Italici, Anglici, Suecici, Danici, Slavici, Esthnici, Hungarici descripti. München 1858, S. 173. Zu Drucken siehe u. a.: Anonym: LA CONQVESTE DE TVNES EN L’ANNEE PRESENTE M. D. LXXIII. PAR don Iean d’Austriche chef de l’armee Chrestienne. Auec autres particulieres obseruations. Lyon 1573.

Ein Sieg, viele Nachrichten

433

Die Reaktionen auf die Eroberungen von Tunis (1573/74) sind nicht nur in den Distributionsmechanismen mit jenen nach Lepanto vergleichbar, sondern auch in ihrer Symbolik. Denn die Seeschlacht von Lepanto (1571) diente genau wie die Einnahme von Tunis durch Karl V. (1535) vor allem als symbolischer Referenzpunkt, der frühneuzeitliche Konstitutionscharakteristika von Ereignissen aktivierte. Der Papst hatte nach dem Auszug der spanischen und römischen Flotte gen Tunis 1573 Gebete für den Sieg angeordnet; nach Don Juans Rückkehr empfing er in Neapel einen römischen Gratulationsgesandten; und dieser lud den Befehlshaber nach Rom ein, um dort dessen Sieg für die Christenheit (christianità) gebührend zu feiern.1560 Im Vergleich mit den Lepanto-Zeittungen der Fugger fällt zudem die Übersendung von Drucken als Parallele auf. Den handschriftlichen Zeittungen Drucke beizulegen, war nicht ungewöhnlich. So überschickte der Leipziger Novellant Kammermeister im Oktober 1595 einen Druck zu Siegen der christlichen Truppen in Siebenbürgen und im Januar 1596 übermittelte er eine weitere gedruckte Newe Sybenbu[e]rgische Victoria mit enthaltener Sternendeutung. Im April desselben Jahres versandte dann Kammermeister einen weiteren Druck zum siebenbürgischen Kriegsverlauf, der auch eine konfessionspolemische, gegen Jesuiten gerichtete Zeittung über konfessionelle Auseinandersetzungen in Litauen enthielt.1561 Das verdeutlicht zugleich, (BnF, 16-O3i-1230; BSB, Gall.g. 755a); Anonym: Warhafftige/ eigentliche Beschreibung/ Wie der Türck (ein Feind Christliches Namens) die herrliche vnd gewaltige Vestung Goleta/ Dergleichen die Newe Vestung beyde bey Tunis in Affrica belegert/ gestu[e]rmt/ entlich ero[e]bert/ vnd zersto[e]ret/ Was sich auch vom Julio an/ bis auff den 29. Septembris/ diß 1574. Jars/ des Orts verlauffen vnd zugetragen hat. […]. Erfurt 1574. (ThULB, 4 Theol.XLVII,13(20)) bei dem es sich laut Titelinformationen um den Nachdruck eines Nürnberger Druckes handelt. Wenig später erschien die »Beschreibung« auch in Basel: Anonym: Goleta Warhafftige/ eigentliche beschreibung/ wie der Türck (ein Feind Christliches Nammens) die Herrliche vnd Gewaltige Vestung Goleta/ dergleichen die newe Vestung/ beide bey Thunis in Affrica/ bela[e]gert/ gestu[e]rmt/ endtlich erobert/ vnd zersto[e]ret/ Was sich vom Julio an/ biß auff neunvndzwentzigsten Septembris deß 1574. Jars/ diß orts verloffen vnd zugetragen. […]. Basel 1575. (UBB, ED III 46:2). 1560 Anonym: Warhafftige Newe Zeitung des Kayserlichen Sigs/ zu[o] Galetta vnd Thunis geschehen. Augsburg 1535. (BSB, Res/4 Diss. 913#Beibd. 9); ASR, Archivio Santacroce, vol. 40, fol. 84v; Carla L. Tupputi: L’Archivio di Stato di Roma. (Inventario delle fonti manoscritte relative alla storia dell’Africa del Nord esistenti in Italia, Bd. 5). Rom 1989, S. 577. 1561 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 824, Hans Joachim Kammermeister, Leipzig, 16. Oktober 1595, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 25. Oktober 1595, mitgesandter Druck (›Gute Nawe Zeitung aus Siebenbu[e]rgen/ Ober vnd Nieder Vngern/ Wie die Siebenb[e]rger/ Moldawer vnd Wallachen/ den Sinan Bassa mit seiner grossen Tu[e]rckischen Macht/ durch des Allmechtugen hu[e]lffe geschlagen/ vnd das Feld erhalten/ daru[e]ber er der Sinan Bassa/beneben dem Mehamet vnd andern Bassa vnd Beegen/ todt geblieben. Item/ Wie auch Visegrad oder Plindenburgk/ vnd andere Tu[e]rckische feste heuser/ durch die vnserigen eingenommen worden/ etc. Im Jahr/ M. D. XCV.‹); ebd., Hans Joachim Kammermeister, Leipzig, 03. Januar 1596, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 15. Januar 1596, mitgesandter Druck, der nicht gebunden, sondern in gefalteten Bogen beigelegt

434

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

dass das Phänomen, Drucke den handschriftlichen Zeittungen beizulegen, kein ausschließlich Turcica betreffendes Charakteristikum darstellte. Endres Behaim der Ältere übersandte ebenso mit seinen Ulmer Zeittungen neben Abschriften von Druck-Titelblättern und -Inhaltsangaben auch gedruckte Predigten, »[e]in Christliches gebettbuöchlein« sowie gedruckte theologische Disputationen. Endres Behaim der Ältere, der zwischen 1530 und 1612 Zeittungen von Ulm aus nach Neuburg a. d. Donau schickte, hatte sich auf solche zu konfessionellen Fragen spezialisiert.1562 Diese thematische Ausrichtung seiner Dienste dürfte einerseits aufgrund der konfessionspolitischen Auseinandersetzungen in PfalzNeuburg, wo die Landesherrscher verschiedentlich konvertierten, gefragt gewesen sein,1563 andererseits aber auch durch das allgemein bestehende Interesse an Prodigien. Dass sich dieses insbesondere in den ›Newen Zeittungen‹ niederschlug und so zugleich deren Erstellung religiös legitimierte, hat Franz Mauelshagen überzeugend dargelegt.1564 Auch in den Pfalz-Neuburgischen Zeittungen hat sich dies im Bezug auf solche niedergeschlagen, die das Osmanische Reich behandelten. Besonders augenscheinlich ist hierzu eine von Kammermeister im Mai 1598 aus Leipzig gesandte illustrierte Zeittung: »Die hohe grosse über alle Weisheit mit vnserer vernunft vnbegreiffliche Allmechtigkeit Gottes, hat sich von anbegin der weldt, in allen Elementen ser reichlich iderzeit erzeigt, mit vilen vnd mancherleÿ wunderwercken, Also hat der Gnedige Gott sich itzundt in Kurtzen Jaren hero mit vngewönlichen Figuren vnd Caractern an grossen vnd Kleinen Fischen sehen lassen. Wie dan in diser Figur augenscheinlich, das an einem fisch oder Hering .2. wehrhaffte mit harnisch gebiltete Menner gegen einander Kempfent erschinen, der gleichen auch vnderschidenliche Buchstaben vnd 2 gebundener Rutten, vileicht vns Armen Christen damit andeuttung zugeben, das wir gegen dem feindt Christliches namens nit farlessig, sonder mit Wöhr vnd waffen vnd allem andern vleiss, als Schrifften vnd nachdencken, sollen keck munder vnd unverdrossen sein, den feindt wurde (»Newe Sybenbu[e]rgische Victoria, zaghaffte Flucht Vnd Niderlag Synam Bassa«); ebd., Hans Joachim Kammermeister, Leipzig, 02. April 1596, Leipzig, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 14. April 1596, mitgesandter Druck (›Wahrhafftige Newe Zeittung/ Beschrieben aus Wildaw der hauptstadt in Littawen/ von eines Bu[e]rgers Sohn/ von der Freystadt/ Wie die Jesuiter ein erschrecklichen Lermen mit den Luttherischen Predicanten vnd kirchen/ den 12. Febru. angefangen/ auch wie sie jren lohn bekommen haben. Die anderen/ Von dem Sieg des Christlichen Kriegesvolck in Siebenbu[e]rgen vnd Vngern/ wider den Tu[e]rcken weil Ihr. F. G. Siegismund Bathori zu Prag gewesen/29. Febr. 1596‹). 1562 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 804, fol. 10r f., 41r-44v, 102r-104v, 138r, 168r. 1563 Franziska Nadwornicek: Pfalz-Neuburg. In: Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500–1650. Hg. v. Anton Schindlin u. Walter Ziegler. Bd. 1. (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung, Bd. 49). 2. Aufl. Münster 1989, S. 44–55; Heal: Cult of the Virgin Mary, S. 197f. 1564 Mauelshagen: Verbreitung von Wundernachrichten als christliche Pflicht. Das Weltbild legitimiert das Medium. In: Medien und Weltbilder im Wandel der Frühen Neuzeit. Hg. v. dems. u. Benedikt Mauer. (Documenta Augustana, Bd. 5). Augsburg 2000, S. 133–154.

Ein Sieg, viele Nachrichten

435

in allerley weg anzugreiffen, widerstandt, vnd abbruch zuthun, derwegen auch vns disen Kampff fur augen gesteltt, vnd die Rutte[n] in vnser handt gegeben, zum Zeichen tröstlicher Victoria auff den pergen Israelis, Wie mir dan ein herrlich Exempel an der gewaltigen Vestung Raab haben, welches die liebe Cristenheit gleichsam Muntter vnd auss dem Schlaff erwecken soll, ferner vnd weitter vnsern ernst vnd manheit gegen dem feindt zuerzeigen, darzu vns der genedige liebe Gott sein genadt, sterck, vnd weissheit geben wolle. […] Diser Fisch ist 3. meyl von Dronten der Hauptstatt in Nortwegen den 26. Nouemb. Anno 1597 gefangen worden, vnd mit grosser werwunderung von meniglichen gesehen, vnd noch in behaltnis verwaret wirdt.«1565

Die Zeittung präsentierte folglich einen in Trondheim gefundenen Fisch wundersamen Inhaltes. In ihm sollen sich neben zwei Soldaten in Rüstung, die gegeneinander kämpften, auch Buchstaben und zwei Rutenbündel befunden haben, die als Zeichen des göttlichen Heilsplanes gedeutet wurden. Als ein solches Zeichen bedeutete der angeblich in Skandinavien gefundene Fisch dem deutschen Novellanten und Pfalzgrafen ein anderes »Exempel« des Heilsplans, nämlich den Krieg gegen die Osmanen. Wenngleich die Pfalz-Neuburger Zeittungen, deren Untersuchung Barbarics und Pieper für die Nachrichtenbriefe zur Seeschlacht von 1571 einfordern,1566 also keine direkten Informationen zu Lepanto liefern, sind ihnen dennoch detaillierte Einblicke in den zeitgenössischen Verständnis- und Rezeptionshintergrund von Zeittungen zu entnehmen. Darüber hinaus liefern sie seltene Einsichten in die Distributionskultur der Nachrichten. Novellanten versandten die Zeittungen in regelmäßigen Abständen. In der Geheimen Kammerkanzlei in Neuburg a. d. Donau eingetroffen, wurden Eingangsdaten vermerkt, die Zeittungen verwahrt und nach mehreren Monaten gebunden. So sind der Dokumentation nicht nur die übersandten Inhalte zu entnehmen; sie verdeutlicht auch, wer von wo aus Philipp Ludwig wie oft informierte. Den Zeittungen vom September bis November 1573, das heißt für die zeitlich zu Lepanto am nächsten gelegenen Pfalz-Neuburgischen Zeittungen, sind eine Vielzahl an Informanten aufgeführt: Der wohl wichtigste Novellant war der Nürnberger Wolff Kern. Allein im Oktober 1573 sandte er fünf Schreiben mit Zeittungs-Abschriften aus Brüssel, Haarlem und insbesondere aus Antwerpen nach Neuburg a. d. Donau, wo sie drei bis fünf (mit einer Ausnahme auch acht) Tage nach deren Niederschrift eintrafen.1567 In einem späteren Schreiben entschuldigte sich Kern sogar dafür, dass er 1565 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 824, fol. 139r–141v, Hans Joachim Kammermeister, 12. Mai 1598, Leipzig, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 31. Mai 1598. Zitat ebd., fol. 141r. 1566 Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 56. 1567 Die folgende Auswertung basiert auf BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927. Siehe ebd., fol. 6r–7v, Wolff Kern, Nürnberg, 04. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 08. Oktober 1573; ebd., fol. 13r–14v, Wolff Kern, Nürnberg, 09. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 14. Oktober 1573; ebd., fol. 28r–29v, Wolff Kern, Nürnberg,

436

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

sich erst dann wieder gemeldet hat, als neue Zeittungen eingetroffen waren. Insofern ist von einer überaus regelmäßigen Korrespondenz auszugehen.1568 Ein ebenfalls häufig vertretener Zeittungs-Schreiber ist der Augsburger Christoph Kraffter, der Zeittungen aus Antwerpen, Breda und Lyon distribuierte. Seine vier Schreiben trafen innerhalb von einem Tag oder aber innerhalb von zwei Tagen nach deren Niederschrift in Neuburg a. d. Donau ein.1569 Zusätzlich berichete Johann Wolff aus Pforzheim, der seine Schreiben mitunter auch über Kraffter nach Neuburg senden ließ, und Johann Hegenmüller schrieb aus Wien unter anderem über Istanbul. Seine über Augsburg gesandten Schriftstücke erreichten erst nach drei Wochen Neuburg a. d. Donau.1570 Zügiger funktionierte die Informationsübermittlung zu den Gefechten in den spanischen Niederlanden. Eine am 03. Oktober in Antwerpen aufgesetzte Zeittung traf beispielsweise bereits am 18. Oktober in Neuburg a. d. Donau ein.1571 Sie stellten die im Oktober 1573 hauptsächlich nach Neuburg gesandten Zeittungen dar. Im November 1573 sind dann auch Avvisi aus Rom und Venedig anzutreffen, die circa vier Wochen für die Übermittlung nach Neuburg benötigten, die durch Wolff Kern in Nürnberg stattfand. Weitere römische Avvisi über Don Juan de Austria leitete Marx Fugger an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg weiter.1572 Ebenso wurden im November 1573 verstärkt »frantzosische Zeittung[en]« sowie solche aus Mailand ver-

1568 1569

1570

1571 1572

18. Oktober 1573; ebd., fol. 31r–32v, Wolff Kern, Nürnberg, 22. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 25. Oktober 1573; ebd., fol. 42r–43v, Wolff Kern, Nürnberg, 28. Oktober 1573, eingetroffen in Neuburg a. d. Donau am 05. November 1573. Dazu sind von Wolff Kern angefertigte und beigelegte Abschriften von Zeittung in ebd., fol. 33r–35v, 44r–59v erhalten. Im Oktober traf noch ein sechstes Schreibens von Wolff Kern in Neuburg a. d. Donau ein, dass dieser Ende Septembre aufgesetzt hatte. ebd., fol. 15r–17v, Wolff Kern, Nürnberg, 27. September 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 02. Oktober 1573. Wolff Kern war auch in den folgenden Jahren einer der wichtigsten Zeittungslieferanten für Pfalz-Neuburg. Siehe u. a. BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 793 VII (1), fol. 21r–22v, 03. November 1580. BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 105r. Ebd., fol. 8r–12v, Christoph Kraffter, 07. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 09. Oktober 1573; ebd., fol. 18r–19v, Christoph Kraffter, 15. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 18. Oktober 1573; ebd., fol. 30r f., Christoph Kraffter, 21. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 23. Oktober 1573; ebd., fol. 38r ff., Christoph Kraffter, 27. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 28. Oktober 1573. Von Christoph Kraffter versandte Zeittungs-Abschriften finden sich ebd., fol. 20r– 23v, 36r-37v, 40r-41v. Der Verweis auf Augsburg findet sich ebd., fol. 101v. Ebd., fol. 24r–27v (Johann Wolff, Pforzheim, 30. September/09. Oktober 1573); BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 8r–12v, Christoph Kraffter, 07. Oktober 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 09. Oktober 1573; ebd., fol. 3r–4v, Johann Hegenmüller, Wien, 12. September 1573, eingegangen in Neuburg a. d. Donau am 02. Oktober 1573. Ebd., fol. 22r–23v (verschickt durch Christoph Kraffter). Ebd., fol. 72r–76v mit Avvisi aus Rom (17. Oktober 1573) und Venedig (23. Oktober 1573), die in Neuburg a. d. Donau am 19. November 1573 eintrafen. Ebd., fol. 172r–179v.

Ein Sieg, viele Nachrichten

437

sandt.1573 Für den Zeitraum sind zusätzlich der Ulmer Novellant Endres Behaim der Ältere sowie ein gewisser Hans Rumpoldt als Informanten zu berücksichtigen. Ebenso wurden ursprünglich in verwandtschaftliche Kontexten zirkulierende Zeittungen an Philipp Ludwig weitergeleitet, wie das Beispiel eines Richters zu Schwandorf belegt, der die ihm von seinem Bruder aus Österreich übersandten Zeittungen an den Herzog weiterleitete.1574 Die in Neuburg a. d. Donau eingehenden Zeittungen informierten dabei nicht nur den Pfalzgrafen; sie stellten zudem ein wichtiges Mittel dar, um politische und konfessionelle Allianzen zu stabilisieren und kommunizieren. Dementsprechend übersandte Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg »p[er] copias« Zeittungen in »vertrewlicher Correspondentz […] zue bestendiger erhaltung derselbigen« an verschiedene Herrscher und Kleriker.1575 In solchen Korrespondenzen ließ Philipp Ludwig Martin von Schaumberg als Bischof von Eichstätt, dem Grafen Friedrich I. von Mömpelgard, den Herzögen Ludwig von Württemberg und Wilhelm V. von Bayern, den Landgrafen Ludwig IV. von Hessen-Marburg und Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, dem Markgrafen Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach sowie dem Pfalzgrafen Johann Kasimir von Pfalz-Simmern Zeittungen »freuntlich zuekhommen«.1576 Nach den 1573 Ebd., fol. 107v, 200v f. (20. November 1573). 1574 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 804; BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 104v (»hanß Rumpoldt«), 111v. 1575 BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 888, fol. 1r, 15. Dezember 1587, an Herzog Wilhelm von Bayern, Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg. 1576 Ebd., fol. 1r, 15. Dezember 1587, an Herzog Wilhelm von Bayern, Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg. Einen Eindruck von der zeitlichen Dichte dieses Korrespondenznetzwerkes vermittelt die folgende Auflistung aus den für 1587 überlieferten Pfalz-Neuburgischen Entwürfen zu Nachrichtenschreiben und Zeittungen: Siehe u. a. ebd., fol. 1r, 15. Dezember 1587 (Herzog Wilhelm V. von Bayern, Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Landgraf Wilhelm IV. von HessenKassel, Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg); ebd. fol. 2r, 30. November 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach); ebd., fol. 3r, 24. Dezember 1587 (Graf Friedrich I. von Mömpelgard); ebd., fol. 4r, 17. Dezember 1587 (Pfalzgraf Johann Kasimir von Pfalz-Simmern); ebd., fol. 5r, 23. Oktober 1587 (Herzog Ludwig von Württemberg, Graf Friedrich I. von Mömpelgard); ebd., fol. 6r, 22. Oktober 1587 (Pfalzgraf Johann Kasimir von Pfalz-Simmern); ebd., fol. 7r–8v, 17. Dezember 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach); ebd., fol. 9r, 13. Oktober 1587 (Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg); ebd., fol. 10r, 27. November 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-AnsbachKulmbach, Herzog Ludwig von Württemberg, Graf Friedrich I. von Mömpelgard); ebd., fol. 11r–12v, 22. November 1587 (Herzog Wilhelm V. von Bayern); ebd., fol. 13r, 27. November 1587 (Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg); ebd., fol. 14r, 13. November 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach); ebd., fol. 15r, 20. November 1587 (Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg, Herzog Ludwig von Württemberg, Eichstätter Bischof Martin von Schaumberg); ebd., fol. 16r, 22. November

438

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Logiken der frühneuzeitlichen Gabenökonomie etablierte, definierte und garantierte diese Praxis des Zeittungs-Austausches soziale Relationen.1577 Entsprechend empfing Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg auch Zeittungen als in Briefe »eingelegte[] Zettel« von anderen Herrschern. Mitunter wurden sie mitsamt weiterer Geschenke, wie etwa einem Auerhahn, übersandt, sodass sich Philipp Ludwig im Gegenzug mit einem Fasan als Geschenk revanchierte. Derartigen Zeittungs-Schreiben konnte auch ein »schächtelein« mit weiteren Gaben für Vertraute des Herzogs beiliegen.1578 Die Pfalz-Neuburgische Überlieferung verdeutlicht damit eine Einsicht, die anhand anderer Avviso-Bestände nur schwerlich zu zeigen ist, nämlich, dass die zirkulierenden Nachrichten in sozialen Relationen zu verorten waren. Als weitere Zeittungs-Bestände, die für Lepanto einer Untersuchung bedürften, nennen Barbarics und Pieper unter anderem einen solchen, den sie als Sammlung des bayerischen Herzogs identifizieren,1579 der aber tatsächlich die Korrespondenz zwischen dem Augsburger Hans Merer sowie dessen Schwager, den Regensburger Stadtkämmerer Stephan Fugger, darstellt, die auch beigelegte Zeittungen enthalten, die allerdings erst mit dem Jahr 1583 einsetzen.1580 Des Weiteren verweisen sie auf zwei Zürcher Zeittungs-Bestände, deren Auswertung ebenfalls über Zirkulation der Lepanto-Nachrichten aufschlussreich sein dürften: die sogenannten Bullinger-Zeittungen und die ›Wickiana‹.1581 Bei ersteren handelt es sich um die über 12.000 Briefe umfassendende Sammlung der Kor-

1577 1578 1579 1580 1581

1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach); ebd., fol. 17r, 16. November 1587 (Pfalzgraf Johann Kasimir von Pfalz-Simmern, Herzog Wilhelm V. von Bayern); ebd., fol. 18r, 12. November 1587 (Herzog Ludwig von Württemberg, Eichstätter Bischof Martin von Schaumberg); ebd., fol. 19r–20v, 12. November 1587 (Herzog Wilhelm V. von Bayern); ebd., fol. 21r, 08. November 1587 (Herzog Wilhelm V. von Bayern, Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg, Graf Friedrich I. von Mömpelgard); ebd., fol. 22r, 05. November 1587 (Herzog Ludwig von Württemberg); ebd., fol. 23r–24v, 23. Oktober 1587 (Herzog Ludwig von Württemberg, Graf Friedrich I. von Mömpelgard); ebd., fol. 25r–26v, 25. Oktober 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach); ebd., fol. 27r, 02. September 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach); ebd., fol. 28r, 10. Oktober 1587 (Pfalzgraf Johann Kasimir von Pfalz-Simmern); ebd., fol. 29r–30v, 22. Oktober 1587 (Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-AnsbachKulmbach); ebd., fol. 31r–32v, 23. Oktober 1587 (Pfalzgraf Johann Kasimir von PfalzSimmern, Herzog Wilhelm V. von Bayern, Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg, Eichstätter Bischof Martin von Schaumberg, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel). Natalie Z. Davis: Die schenkende Gesellschaft. Zur Kultur der französischen Renaissance. München 2002. BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 793 VII (1), fol. 32r, Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, 18. April 1586; ebd., fol. 32r-34v, Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg an Friedrich III. von der Pfalz, 18. April 1586; BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 926, fol. 162r. Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 56. BSB, Cod. germ. 5864 (1–5). Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 56.

Ein Sieg, viele Nachrichten

439

respondenz des Zürcher Antistes Heinrich Bullinger, denen häufig Zeittungen beigelegt wurden. Im Hinblick auf die noch andauernden Editionsbemühungen dieses umfangreichen Bestandes sind bis dato keine umfassenden Aussagen über Bullingers Lepanto-Korrespondenz möglich.1582 Belegbar ist jedoch, dass Bullinger die Siegesnachricht von Tobias Egli, dem Pfarrer aus Chur, am 29. Oktober 1571 übermittelt bekommen hatte.1583 Was die Zeittungs-Sammlung des am Zürcher Großmünster als zweiten Archidiakon tätigen Johann Jacob Wick betrifft, so konnte Franz Mauelshagen nachweisen, dass dieser seine Informationen vor allem von Heinrich Bullinger, aber auch von anderen Zwinglianern aus dem Umfeld des Großmünsterstifts erhielt. Weiterhin traten Ratsmitglieder als Zeittungs-Übermittler in Erscheinung.1584 Demnach bestätigt sich Mauelshagens generelle Einschätzung auch für die Zirkulation der Siegesnachricht von Lepanto, weil Johann Jacob Wick den Seesieg der ›Heiligen Liga‹ erstmals mit Referenz auf einen Brief aus Chur erwähnt, der am 29. Oktober aufgesetzt worden sei. In diesem sei zu vom »schiffstyt […] zwüschet den venedigern und den türggen« zu lesen, während dessen »20000 türggen erschlagen, vnd vff 5000 gefangen« genommen worden seien. Folglich handelt es sich um ebenjenen Brief, den Tobias Egli an Heinrich Bullinger geschickt hatte und den dieser an Wick weitergeleitet haben muss.1585 Als weiteren Bestand verweisen Barbarics und Pieper auf den Kaiserhof, der ebenfalls geschriebene Zeittungen durch die Reichshofkanzlei aufbewahren ließ.1586 Für die Distribution der Lepanto-Nachrichten durch nach Wien versandte Nachrichtenbriefe ist zunächst eine beachtliche Zeitspanne zwischen der letzten, Lepanto nicht thematierenden und der ersten, Lepanto behandelnden Zeittung festzustellen.1587 Daraus ist allerdings nicht zu schlussfolgern, dass keine solcher Briefe eintrafen. Vielmehr kann diese Überlieferungssituation als Indiz dafür gesehen werden, dass mit dem Ereignis Lepanto die in Wien eintreffenden Nachrichtenschreiben als besonders aufbewahrungswürdig eingeschätzt worden 1582 Laut ebd. werden diese aufbewahrt in der ZBZ, Handschriftenabteilung, MS A, 43–69 sowie im StAKZ, E II, 335–383. Weisz: Bullinger Zeitungen; Niehans: Bullinger-Briefsammlung; Kess: Bullinger’s Correspondence; Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 180ff. 1583 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 262–266 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Cur, 29. Oktober 1571). 1584 Mauelshagen: Wunderkammer auf Papier, S. 176–198. Laut Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 56 wird die ›Wickiana‹ in der ZBZ, Handschriftenabteilung, MS. F, 12–35 aufbewahrt. 1585 ZBZ, Handschriftenabteilung, MS. F, 19, fol. 307r f. Zitiert nach Harms/ Schilling: Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2, S. 20; Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 262–266 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Cur, 29. Oktober 1571). 1586 Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 57. 1587 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 110v, Zeittungen vom 30. April 1571; ebd., fol. 111r, Zeittungen vom 19. Oktober 1571, Venedig.

440

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

sind. Der Bestand vermerkt zwar die Datierungen der Niederschrift der Dokumente, nicht jedoch jene Tage, an denen sie eintrafen. Insofern kann lediglich die Reihenfolge der eingebundenen Nachrichten vorsichtige Rückschlüsse darauf zulassen, in welcher Reihenfolge die in handschriftlichen Zeittungen versandten Informationen zur Seeschlacht am Kaiserhof eintrafen. Die erste Lepanto-Zeittung erreichte Wien demnach aus Venedig, wo sie am 19. Oktober aufgesetzt worden war. In ihr berichtete der anonyme Novellant, dass Giustiniani die »Zeittung gebracht« habe, dass die Liga bei Lepanto »durch wunderbarliche schikhung Gottes deß Allmechtigen« die Osmanen besiegt habe. Die Formulierung belegt die doppelte Bezeichnungsebene des Wortes Zeittung sowohl für die Nachricht selbst als auch für das diese übermittelnde Schreiben. Zwar enthielt das Schriftstück einige erste Details zum Schlachtgeschehen, doch der Übermittler verwies auf künftige Schreiben, die genauere Angaben mit größerer Gewißheit angeben könnten: »wiewol man diß Particularitet[en] noch nit gar für gewiß waist, will aber dieselbigen beÿ nechster Post klärlicher anzaigen.«1588 Demnach stellte bereits der erste Lepanto-Nachrichtenbrief einen steten Nachrichtenfluss von Venedig nach Wien in Aussicht. Dieser Ankündigung leistete der Briefschreiber folge. In den kommenden Tagen trafen weitere venezianische Zeittungen mit Details zur Beute und zu den Folgen der Seeschlacht vom 26. (zwei Mal) und 28. Oktober in Wien ein. Der venezianische Novellant leitete »die sag« weiter, die in Venedig zirkulierten, wo er »wol vil sagen von der herrlichen Victori wider den Türgkhen [höret]«.1589 Eine solche Formulierung vom Hörensagen verdeutlicht, wie sehr die Nachrichtendistribution auf mündlicher Ebene vonstatten ging.1590 Darüber hinaus übertrug der Novellant Inhalte von Sebastiano Veniers Schreiben, die er als solche eigens kennzeichnete – sicherlich deshalb, weil die Herkunft der Nachricht von diesem ranghohen Schlachtteilnehmer für die Qualtität der Nachricht selbst bürgte.1591 Wenngleich der römische Novellant nach Wien schrieb, »[e]s khomen alle tag Zeittung her«, stammt die erste von der Reichshofkanzlei aufbewahrte, römische Lepanto-Zeittung erst vom 31. Oktober 1571. Ihr folgten am 03. November weitere, die Seeschlacht betreffende Nachrichtenbriefe aus Rom.1592 Da der durch die Reichshofkanzlei verwahrte Bestand handschriftlicher Nachrichtenbriefe nur die Zeittungen aufbewahrte, ist die Schriftlichkeit, in 1588 Ebd., fol. 111r f. 1589 Ebd., fol. 113r f., Venedig, 28. Oktober 1571; ebd., fol. 116r ff., Venedig, 26. Oktober 1571; ebd., fol. 119v–121v, Venedig, 26. Oktober 1571. 1590 Für Venedig vgl. hierzu insbesondere Vivo: Information and Communication in Venice, S. 121–127. 1591 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 119v f., Venedig, 26. Oktober 1571. 1592 Ebd., fol. 122r, Rom, 31. Oktober 1571; Ebd., fol. 124r-129r, Rom, 03. November 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

441

welche diese Sendungen ursprünglich eingebettet waren, durch die getrennte Aufbewahrung häufig verloren gegangen. Die Übermittlung der Zeittungen dürfte beispielsweise durch die sogenannte Reichspost gewährleistet worden sein, deren Anfänge in der Regentschaft Maximilians I. zu suchen sind, der die Herrschaftsbereich in Tirol und den Niederlanden zu verbinden suchte. In den folgenden Jahrzehnten weitete sich der geografische Bereich des kaiserlichen Postwesens jedoch intensiv aus, was zu dessen rechtlicher Fixierung im Jahre 1597 führte.1593 Immerhin findet sich ein unabhängig vom Zeittungs-Bestand aufbewahrter und auf den 19. Oktober datierter Brief des kaiserlichen Postamtmeisters von Venedig, in dem Roger von Taxis Kaiser Maximilian II. über Lepanto als »eine solche und sehr große Nachricht (nuova)« informierte, die an demselben Tag in der Lagunenstadt eingetroffen war.1594 Ein anderer Kontext jenseits der Reichspost, in dem die Lepanto-Zeittungen am Kaiserhof ursprünglich verortet waren, stellt die diplomatische Korrespondenz dar, wobei hier wiederum zwei Herkunftsreferenzen anzuführen sind: Venedig und Rom. Von der Lagunenstadt aus hatte Veit von Dornberg 1571 den Kaiser regelmäßig – für gewöhnlich wöchtentlich – über Liga-Verhandlungen und deren Flottenbewegungen im Kampf mit den Osmanen unterrichtet, was sich in einer umfangreichen Korrespondenz niederschlug.1595 Häufig legte er seinen Briefen auch Avvisi aus Venedig, Rom oder Neapel bei. Von Venedig übermittelte er ebenfalls eine Abschrift der Liga-Kapitulation nach Wien und auch der vice– legato des kaiserlichen Botschafters hatte abschriftlich eine Relation zu den Kämpfen der Turchi und Christiani um Famagusta dem Kaiser geschickt, die über ein von Alexandria nach Messina reisendes Schiff raguseischer Händler in Venedig eingetroffen war. Ebenso übermittelte Veit von Dornberg venezianische Avvisi zu den Liga-Festivitäten vor Ort.1596 Entsprechend nahm auch die Nach1593 Behringer: Im Zeichen des Merkur, S. 40f., 127–216. 1594 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 375, fol. 71r, Roger von Taxis an Maximilian II., Venedig, 19. Oktober 1571: »vna tale et tanto grande noua«. Auf Roger von Taxis’ Schreiben verwies bereits Neck: Österreich und die Osmanen, S. 60. Zu Roger von Taxis siehe Martin Dallmeier (Hg.): Quellen zur Geschichte des Europäischen Postwesens. 1501–1806. T. 1: Quellen – Literatur – Einleitung. (Thurn und Taxis-Studien, Bd. 9). Kallmünz 1977, S. 60. 1595 Diese wird aufbewahrt in ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III und IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, II enthält zudem die Korrespondenz des vice-legato Alfonso Soldanerius. 1596 Vgl. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, III, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 03. Juni 1571 mit Avvisi aus Rom (26. Mai 1571); ebd., ders. an dens., Venedig, 30. Juni 1571 (mit neapolitanischen Avvisi aus Rom); ebd., ders. an dens., Venedig, 09. Juni 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 12, ders. an Kaiser Maximilian II., Venedig, 05. Januar 1572; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, II, fol. 43r, Alfonso Soldanerius, vice-legato des habsburgischen Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Kopie einer

442

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

richt vom Liga-Seesieg bei Lepanto einen zentralen Stellenwert in der Korrespondenz des in Venedig residierenden, habsburgischen Botschafters mit dem Kaiserhof ein. Noch am 19. Oktober berichtete Dornberg von einem bedeutenden Sieg, der sich zugetragen habe.1597 Es folgten weitere Schreiben vom 20. und 27. Oktober sowie vom 04. November, in denen er über die segnalata Vittoria berichtete.1598 Dabei übermittelte er abschriftlich vier Schlachtbeschreibungen,1599 einige Discorsi,1600 ausführliche Informationen zur Beute,1601 einen Druck zur Einnahme Famagustas1602 sowie eine gedruckte Lobeshymne auf Juan de Austria.1603 Insofern in diesem diplomatischen Korrespondenzbestand noch heute zwei Lepanto-Avvisi zu finden sind, die Veit von Dornberg aus Venedig und Rom nach Wien versandte,1604 wird besonders deutlich, dass der Zeittungs-Be-

1597 1598

1599

1600 1601 1602

1603

1604

»Relatione d’una naue Ragusea, partota d’Alessandria di .xxv. d’ottobre, et giontà Messina, li, xvij. di Nouembre. M. D. LXX.«, Venedig, undatiert; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 07. Juli 1571, fol. 3r–4v. Ebd., ders. an dens., Venedig, 19. Oktober 1571. Ebd., ders. an dens., Venedig, 20. Oktober 1571 (Zitat ebd., fol. 1r); Ebd., ders. an dens., Venedig, 20. Oktober 1571, postscriptum; ebd., ders. An dens., Venedig, 27. Oktober 1571; ebd., ders. an dens., Venedig, 04. November 1571. Im Laufe des Novembers versandte Veit von Dornberg weitere Zeittungen nach Wien: Ebd., ders. an dens., Avvisi aus Rom (17. November 1571) und Venedig (24. November 1571). Ebd., ders. an dens., Venedig, 19. Oktober 1571, beiliegende Relation Pataro Buzzacarinas; ebd., Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift einer Schlachtrelation vom 09. Oktober 1571; ebd., ders. an dens., Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift eines Briefes von Niccolò Lippomani, Astakos, 08. Oktober 1571; ebd., Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift der »Relatione di quello è successo nell’Armata della lega dalli .30. di Settembre sino alli .7. d’ottobre i57i«. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 12, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter, an Kaiser Maximilian II., Venedig, 12. Januar 1572. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, postscriptum. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 12, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter, an Kaiser Maximilian II., Venedig, 02. Februar 1572 lag Nestore Martinengo: L’INTERO RAGGVAGLIO DEL SVCCESSO DI FAMAGOSTA, Doue minutamente s’intendono tutti gli abbattimenti et assalti dal principio della guerra infino alla resa di essa Città a patti non seruati. Et della crudelissima morte & martirio del Clariss. Bragadino. Per Relatione fatta dal Signor Nestorre Martinengo, al Sereniss. Doge di Venetia. Rom 1572. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, B, 12) bei. Ebd., Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter, an Kaiser Maximilian II., Venedig, 02. Februar 1572 übersandte dem Kaiserhof Juan Verzosa: EPINICIVM In clarissima victoria Serenissimi Principis IOANNIS AB AVSTRIA, qua classem Turcarum potentissimam summo Christianæ Reip. bono superauit, & cepit. Alcalá de Henares 1571. (Ebd.). ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 27. Oktober 1571, Avvisi aus Venedig und Rom (27. Oktober 1571).

Ein Sieg, viele Nachrichten

443

stand der Reichshofkanzlei nicht alle handschriftlichen Nachrichtenbriefe aufbewahrte, die zur Seeschlacht von Lepanto in Wien eintrafen. Wie bereits angeführt, waren neben dem habsburgischen Botschafter in Venedig auch die römischen Korrespondenten maßgeblich an der Überstellung der Lepanto-Zeittungen beteiligt. Denn den entsprechenden Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs ist zu entnehmen, dass der Kaiser von römischen Korrespondenten über so wichtige Geschehnisse wie etwa den Liga-Schluss durch von dort versandte Avvisi informiert worden ist. Ebenso traf eine Abschrift der Ligakapitulation sowie eine Schrift zur Einnahme Famagustas von Rom im Kaiserhof ein.1605 Von dort aus schrieb Prospero d’Arco dem Kaiser ebenfalls ausführlich über die Ankunft der Siegesnachricht in Rom und legte neben zahlreichen Drucken auch Schreiben von Liga-Kommandeuren sowie venezianische Lepanto-Avvisi bei.1606 Darüber hinaus erreichten den Kaiserhof Avvisi, welche die Kardinäle übermittelten. Der Augsburger Kardinal Otto von Waldburg hatte beispielsweise die »zeÿttung von der Gluckhafftig[en] Victori« dem Kaiser als Nachrichtenkunde übersandt.1607 So ist – gerade auch angesichts der umfangreichen Nachrichtennetzwerke der Herzöge von Urbino (Grafik II.6.2) – davon auszugehen, dass das kaiserliche Informationsnetzwerk viel weitgespannter gewesen ist, als es der Zeittungs-Bestand zunächst vermuten lässt. Dass in Wien keine Lepanto-Zeittungen aus Madrid eintrafen, wie dies dem gesonderten Zeittungs-Bestand der Reichshofkanzlei zu entnehmen wäre, muss ebenso bezweifelt werden. Denn die dort residierenden Botschafter thematisierten traditionell immer wieder die Kriegsvorbereitungen der Liga.1608 Der Botschafter Hans Khevenhüller schrieb Anfang 1605 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 39, Galeazzo Cusano an Maximilian II., Rom, 25. Mai 1571, fol. 261r–267r (mit beigelegten Avvisi, fol. 268r–276v); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 1r–17v; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 72r–85v, »Sum[m]ario raguaglio dell’Assedio di Famagosta. L’Anno Lxxj.«. 1606 Zu Lepanto-Nachrichten siehe ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 80r–82v, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571; ÖStA, ebd., fol. 89r– 90v, ders. an dens., Rom, 31. Oktober 1571 sowie die Avvisi-Beilagen in ebd., fol. 86v, ders. an dens., Rom, 27. Oktober 1571; ebd., fol. 95r–98v, ders. an dens., Rom, 03. November 1571 mit beigelegten, venezianische Avvisi (27. Oktober 1571); ebd., ders. an dens., Rom, 11. November 1571 mit beigelegten, venezianischen Avvisi (03. November 1571), fol. 108v; ebd., fol. 121v ff. Womöglich dürften auch Colonnas Schreiben schreiben über Rom nach Wien vermittelt worden sein. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 21, II, fol. 17r–22v, Korfu, 27. Oktober 1571 enthält dessen Lepanto-Schilderung. 1607 So etwa ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, fol. 10r–20v, Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle an Maximilian II., Rom, 05. März 1571 mit ausführlichen Avvisi aus Sachsen, Venedig, Genua u. a.; ebd., Kardinal Otto von Waldburg an Maximilian II., Rom, 22. Oktober 1571, fol. 47r–48v; Zitat ebd., fol. 47r. 1608 So etwa ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 15, fol. 26r–27v, Adam von Dietrichstein an Maximilian II., Madrid, 23. Februar 1572.

444

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

November nach Wien, dass er seinen Sekretär Ruiz de Açagra beauftragt habe, den Kaiser »von etlichen Zeittungen, die sich alhie seidhero verloffen, zu verstendigen«. Zugleich informierte Khevenhüller den Kaiser über die »herzliche freudt«, welche »die zeittung der eroberung Turggischer Armada […] mitpracht« habe.1609 Diesem Brief folgten weitere Schreiben über die spanischen Reaktionen auf die Siegesnachricht.1610 Allerdings gibt Khevenhüller selbst eine aufschlussreiche Bemerkung: »Was von der armada alhie neues, achte ich zu schreiben unnoth, weill ich wais, das Euer Khay. Mt. dessen genuegsame particularitet durch den cavallero, den bemeldter Señor Don Juan de Austria deshalben dorthin geschickht, vernommen werden haben.«1611

Dass daraus jedoch nicht geschlussfolgert werden darf, dass der Botschafter keine der zirkulierenden Schlachtbeschreibungen, andere relaciónes, Zeittungen und avisos, die Lepanto thematisierten, abschriftlich übermittelte, belegt der Umstand, dass dennoch zahlreiche spanische avisos aus dem Botschafterumfeld den Kaiserhof erreichten, unter denen sich auch eine spanische Schlachtbeschreibung Lepantos befand.1612 Khevenhüller und sein Sekretär übermittelten 1609 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 12v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 07. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 15r–17v). Die Lepanto-Nachricht des Sekretärs findet sich heute im ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 7, 32, fol. 14r–17v, Ruiz de Açagra an Maximilian II., Madrid, 12. November 1571; ebd., fol. 18r–20v, Ruiz de Açagra an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571. 1610 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 14r f., Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 12. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 18r–19v); Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 14v–16v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 24r–27v); Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 16v–20r, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 04. Dezember 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 30r–35v). 1611 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 16v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 24r–27v). 1612 Auch ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia, 3, Konvolut A (Zeittungen, 1572– 1573) scheint dies zunächst zu bestätigten, insofern sich darin nur eine Zeittung von 1572 (vom 27. September 1572) findet. Die restlichen Zeittungen sind aus dem Jahr 1573 und stammen vor allem aus Antwerpen und Brüssel. Vgl. für 1571 etwa ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Kon. 1, fol. 65r–66v (»Translation des Secretarij Ruyz Schreibens vom 8.t [en] Junij .i57i.«), 85r-98v (»Militaria. Königs Spanische See= und Landwaren u[nd] deren Kosten im Jahr 1571. Madrid 15. Juli.«), 115r-116v.

Ein Sieg, viele Nachrichten

445

also sehr wohl die »zeittung« vom Seesieg der Liga, was erneut belegt, dass die von der Reichshofkanzlei als eigener Bestand gesammelten Zeittungen wohl nur ein Bestandteil einer ursprünglich viel umfangreicheren Anzahl an in Wien eingetroffenen Lepanto-Zeittungen gewesen sein dürften.1613 Demnach gibt der kaiserliche Bestand weniger darüber Aufschluss, was wann in Wien eintraf, als vielmehr darüber, was als aufbewahrungswürdig erachtet worden ist. Dieses die kaiserliche Zeittungen-Sammlung betreffende Zwischenfazit deckt sich mit der Einschätzung des venezianischen Botschafters in Wien, Giovanni Correr. Er nutzte am 23. Oktober 1571 – also zu einem Zeitpunkt, als die Siegesnachricht in Venedig und Rom bereits bekannt war, den Kaiserhof aber noch nicht erreicht hatte – gegenüber dem Dogen eine vielsagende Formulierung: »jeder ist mit den Ohren den Neuigkeiten (noue) aus Italien gegenüber aufmerksam, mit Begierde erwartend, die Fortschritte der christlichen Armeen zu hören, die der Herr Gott durch sein Erbarmen seinem Wohlwollen nach für würdig gehalten hat.«1614 Wenngleich der Botschafter mit dieser Stellungnahme gegenüber dem Dogen sicherlich die hohe Wertschätzung italienischer – und damit auch venezianischer – Nachrichten am Kaiserhof kundzutun gedachte, verdeutlicht dieser wenige Tage vor dem Eintreffen der ersten Lepanto-Zeittung in Wien niedergeschriebene Kommentar, wie sehr solche zumindest von manch einem erwartet wurden. Zugleich wird ersichtlich, welchen hohen Stellenwert den italienischen Avvisi zukam, was wiederum erklärt, dass insbesondere jene im habsburgischen Zeittungs-Bestand aufbewahrt worden sind. Als weiteren, für die zeitgenössische Lepanto-Nachrichtenzirkulation auszuwertenden Bestandszusammenhang weisen Barbarics und Pieper exemplarisch auf die überlieferten florentinischen Avvisi, die der toskanische Großherzog sammelte.1615 Dieser setzte bereits am 21. Oktober ein Gratulationsschreiben an den spanischen König in der Annahme auf, dass dieser »denselben aduiso mit mehr Einzelheiten« besitze als er selbst (Grafik II.6.4).1616 Offensichtlich hatten Cosimo nicht mehr überlieferte Gerüchte und wage Nachrichten über einen Sieg 1613 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 12v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 07. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 15r–17v). Zu weiteren, am Kaiserhof eintreffenden Lepanto-Schreiben aus Madrid und Venedig siehe ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Kon. 1. 1614 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 185, fol. 1r [558r], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 23. Oktober 1571: »ogn’uno stia co[n] le orecchie attento alle noue d’Italia aspettandosi co[n] desiderio d’intender, i progressi dell’armate christiane alle quali il S.or Dio per sua pieta si sia degnato prestae il s[uo] fauore«. 1615 Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 57. 1616 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 54a, Konzeptschreiben Cosimo I. und Francesco de’ Medici, fol. 131r, an Philipp II., 21. Oktober 1571: »il medo aduiso co[n] piu particulari«.

446

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

der Liga erreicht, die jedoch selbst unpräzise waren. So finden sich in dem gesamten Schreiben keinerlei weitere Details zum Schlachtgeschehen, sondern lediglich ein Ausblick auf die Bedeutung eines Sieges und dessen möglicher Folgen.1617 Das Gratulationsschreiben selbst stellte eine von mehreren Reaktionen auf ein vom toskanischen Botschafter Cosimo Bartoli aus Venedig über Bologna übersandten Lepanto-Schreiben dar.1618 Wie einem Dokument Francesco I. de’ Medicis zu entnehmen ist, ist der aujso sogleich dem Papst weitergeleitet worden. In Reaktion erfuhr der Principe, dass auch der Nuntius aus Venedig bereits dorthin geschrieben hatte.1619 Am 22. Oktober trafen dann weitere Gerüchte in Livorno ein. Ein Korrespondent namens El Baro[n]cello, der bezüglich der Seeschlacht von Lepanto einer der in Livorno tätigen Hauptinformanten des Großherzogs war, setzte ein Schreiben auf, in dem er Cosimo I. de’ Medici über den noch ungewissen »großen Sieg« informierte, den mit Gottes Unterstützung »die Galeeren der Christenheit für die Lobpreisung des wahren Glaubens« erlangt hatten.1620 Zum damaligen Zeitpunkt handelte es sich bei der Siegesnachricht noch immer um ein Gerücht, dessen Wahrheitsgehalt noch nicht geklärt war, und das offensichtlich durch Schiffe in die toskanische Hafenstadt gelangte. Übermittelt wurde die Information vermutlich durch das ebenfalls in dem Schreiben erwähnte Handelsschiff, dass aus Alicante Wolle gebracht hatte. Dies unterstreicht, wie sehr das Meer selbst als historischer Kommunikationsraum anzusehen ist, der häufig nur ungenügend in den Lepanto-Zeittungen als solcher thematisiert wurde.1621 Den gesamten Oktober und November über lieferte El Baroncello ausführliche, mediterrane Nachrichten von Livorno aus nach Florenz, wobei er seine Informationen auf die Ausführungen von Händlern, von aus Messina heimkehrenden Dienern toskanischer Liga-Kommandanten und von vormalig versklavten Christen stützte, die von osmanischen Galeeren hatten fliehen können.1622 Der toskanische Mittelmeerhafen stellte ein wichtiges Infor1617 Ebd. 1618 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 19r, an Cosimo Bartoli in Venedig, Florenz, 27. Oktober 1571. Zu diesem Schreiben siehe Judith Bryce: Cosimo Bartoli. 1503–1572. The Career of a Florentine Polymath. (Travaux d’Humanisme et Renaissance, Bd. 191). Genf 1983, S. 109. 1619 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 19r, an Cosimo Bartoli in Venedig, Florenz, 27. Oktober 1571. 1620 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 52r, »El Baro[n]cello« an Cosimo I. de’ Medici, Livorno, 22. Oktober 1571: »gran uittoria ch[e] quasedetto[sic!] ch[e] han[n]o auto[sic!] legalere[sic!] della Cristianita p[er] esaltatione della uera fede«. 1621 Ebd. Vgl. zum Mittelmeer als Kommunikationsraum: Abulafia: The Great Sea. 1622 Vgl. etwa ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 53r, »El Baroncello« an Cosimo I. de’ Medici, Livorno, 18. Oktober 1571 (über Streitigkeiten bei Bezahlungen im Umfeld eines venezianischen Schiffes); ebd., fol. 54r, »El Baroncello« an Cosimo I. de’ Medici, Livorno, 16./ 18.[?] Oktober 1571 (über einlaufende Schiffe sowie Flottenbewegungen); ebd., fol. 92r, »El Baro[n]cello« an Cosimo I. de’ Medici, Livorno, 01. Oktober 1571 (über Liga-Flotten-

Ein Sieg, viele Nachrichten

447

mationszentrum für die Übermittlung mediterraner Nachrichten nach Florenz dar und so dürften auch die am 07. und 09. Oktober bei den Echinaden-Inseln und in Astakos aufgesetzten Schlachtberichte des toskanischen Befehlshabers Alfonso d’Appiano vermutlich über Livorno in Florenz beim Großherzog Cosimo I. de’ Medici eingetroffen sein.1623 Am 19. November informierte El Baroncello Francesco I. de’ Medici über das Eintreffen genuesischer Galeeren, die bei Lepanto mitgekämpft hatten. Giovanni Andrea Doria und Vincenzo Vitelli seien von Livorno aus weiter nach Pisa gereist, wo sie bekanntgaben (danno nuoue), dass sich die toskanischen Liga-Galeeren in Neapel befänden und bald in Livorno eintreffen dürften. Über die Ankunft der Genueser in Livorno wurde Cosimo I. de’ Medici auch über Cerreto informiert. Als die toskanischen Galeeren schließlich am 26. November in Livorno ankamen, informierte El Baroncello erneut Francesco über deren Ankunft und die erhofften, detaillierten LepantoBerichte. Noch am selben Tag setzte er ein zweites Schreiben auf, um demselben mitzuteilen, dass ihm Alfonso d’Appiano und weitere Ligisten »vom großen Tag des glorreichen Sieges berichtet« hätten und er diese Schilderungen dahingehend zusammenfasse, dass es sich bei diesem Sieg um ein Werk Gottes handle.1624 Auch in Ancona, Avignon, Messina, Neapel und Piombino waren Lepanto sowie die Flotte der ›Heiligen Liga‹ und des Osmanischen Reiches Gesprächsthemen, über die der toskanische Großherzog informiert wurde.1625 Lepantobewegungen); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 11r, »El Baro[n]cello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 04. November 1571 (bezüglich der Ankunft einer genuesischen Galeere, die sich für Kornlieferungen auf der Weiterfahrt nach Sizilien befand); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 21r, »El Baroncello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 19. November 1571 (über in Livorno eintreffende, genuesische LepantoGaleeren); ebd., fol. 27r, »El Baro[n]cello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 26. November 1571 (zum Eintreffen der an der Seeschlacht bei Lepanto teilgenommenen, toskanischen Liga-Galeeren); ebd., fol. 28r, »El Baro[n]cello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 26. November 1571 (zu weiteren Lepanto-Berichten). Weitere November-Berichte desselben ohne Lepanto-Hinweise finden sich auch in ebd., fol. 9r–26r, 32r, 247r (04., 07., 14., 16., 18., 19., 20., 21. und 29. November 1571). 1623 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 178r, Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Cursolari-Inseln, 07. Oktober 1571; ebd., fol. 1r f., 46r f., Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Astakos, 09. Oktober 1571. 1624 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 21r, »El Baroncello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 19. November 1571; ebd., fol. 92r, Cerreto, 22. November 1571; ebd., fol. 27r, »El Baro[n]cello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 26. November 1571. Ebd., fol. 28r (zu weiteren Lepanto-Berichten): »il S.or alfonso e altrj Capitanj ecomitj mi han[n]o raco[n]tanto la gran giornata della gloriosa uittoria seguita alle cruzolare e risco[n]trandosi tuttj auna sipuo dir[e] co[n] uerita ch[e] questa sia stata opera del Graccio d[i] Dio onipotente alquale poi semp[r]e laude honore e gloria«. 1625 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 22v, an Girolamo da Correggio, Florenz, 01. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 99r, Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici[?], Avignon, 13. November 1571; ebd., fol. 91r, Neapel, 13. November 1571; ebd., fol. 100r, Ferrante di Rossi an Cosi-

448

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Feste wie etwa jene in Antwerpen sind von auswärts weilenden toskanischen Händlern beschrieben worden.1626 Weitere die Seeschlacht betreffenden Nachrichten erreichten Florenz vom toskanischen Gratulationsgesandten aus Madrid und Messina sowie aufgrund der Korrespondenz mit Liga-Kapitänen und deren Nachkommen aus Rom.1627 So verwundert es nicht, dass florentinische Drucker auch einige der zahlreich vorhandenen Lepanto-Avvisi mit großherzoglichem Privileg veröffentlichten.1628 Von Messina aus schrieb Alfonso d’Appiano Anfang November nochmals nach Florenz, um über die Lage nach Lepanto – insbesondere die dort gefangengenommenen Osmanen und die eigenen Verluste an Menschen und Materialien – sowie seine geplante Rückkehr nach Livorno zu berichten. Ein weiteres Schreiben, über die an ihren Verletzungsfolgen sterbenden Schlachtteilnehmer hatte der toskanische Kommandant Alfonso d’Appiano am 22. Oktober 1571 in Korfu aufgesetzt und mit von dort abreisenden genuesischen Galeeren nach Florenz übermitteln lassen.1629 Ein in Genua stationierter Agent namens Giacomo di Negro, der mit der Übermittlung florentinischer Nachrichten nach Spanien beauftragt war, informierte den toskanischen Großherzog am 24. Oktober über den Eingang venezianischer Nachrichten über den »großen Sieg« (dort am 19. Oktober aufgesetzt) in Genua (am 22. Oktober). Am 23. Oktober ist in Genua dann eine spanischsprachige Benachrichtung über den

1626 1627

1628

1629

mo I. de’ Medici, Neapel, 03. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 136r, Schreiben an Cosimo I. de’ Medici aus Crespina, 31. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 131r f., Françisco de Ybarra an Cosimo I. de’ Medici, Messina, 09. November 1571. Ebd., fol. 122r f., Console Francesco Lotti, Consigliere Lodovico Guicciardini und Consigliere Francesco Cambi an Cosimo I. de’ Medici, Antwerpen, 24. November 1571. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 71r, Diomede della Corgna an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 07 Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 238, registri Cosimo I. de’ Medici, fol. 37v, Cosimo I. de’ Medici an Diomede della Corgna, Castello, 08. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 63r ff., Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici, Madrid, 02. Dezember 1571; ebd., fol. 111r-112v, Luis de Zúñiga y Requesens an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 13. Dezember 1571; ebd., fol. 220r f., 252r f., Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici, Madrid, 19. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 125r f., Paolo Sforza an Cosimo I. de’ Medici, Messina, 14. November 1571. Anonym: AVVISI DI TVTTO IL SVCCESSO DELLA ARMATA. SCRITTI DA VN GENTIL’huomo Viniziano, & con tutti i particolari, e co[n] tutto il danno de’paesi, e città prese da’Turchi, dalla partita di Costantinopoli, fino all’ariuo delle Cruciolare. Con altri auuisi del Moscouito, e dell’Ammiraglio di Francia. Et con l’allegrezza fatta da Sua Santità, per la felicißima Vittoria. Florenz 1571. (AL, Turcica III.59/15818); Anonym: NVOVI AVVISI DI TVTTE LE COSE SVCCESSE DOPO LA VITTORIA CONTRA TVRCHI. Venuti da Roma alli 4. di Nouembre, [et] da Venezia. […]. Florenz 1571. (AL, Turcica X.157/15933). ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 105r, Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Messina, 01. November 1571. Siehe auch ebd., fol. 109r f., 112r, ebendieses Schreiben desselben an Ferdinando I. de’ Medici; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 103r, Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Korfu, 22. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

449

Sieg der »Heiligen Liga« an Cosimo I. de’ Medici versandt worden. Das »siegreiche Ereignis«, so ist darin zu lesen, sei zum »Wohle der Christenheit« geschehen.1630 Am 22. Oktober erhielt auch Francesco I. de’ Medici Informationen aus dem florentinischen Botschafterumfeld in Rom über den Seesieg zugesandt, wo man auf weitere Informationen aus Kefalonia und Otranto in den kommenden Tagen hoffte.1631 Der toskanische Bestand zu den Cosimo und Ferdinando I. de’ Medici versandten Briefen ermöglicht zwar außergewöhnlich detaillierte Einblicke in die Anzahl und Herkunft zirkulierender Nachrichten über die Seeschlacht, er beinhaltet jedoch häufig nur noch die Schriftstücke über die Avvisi, denen diese beigelegt waren, nicht jedoch die handschriftlichen Nachrichtenbriefe selbst. So ist zwar die Lepanto-Kunde als Avviso detailliert zu rekonstruieren, die handschriftlichen Avvisi selbst sind es jedoch nur bedingt. So wurde ein aus Piombino stammender Avviso über die Tätigkeiten ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas in Crespina einem Schreiben an den toskanischen Großherzog beigelegt, ohne dass der Avviso noch erhalten wäre.1632 Die im Staatsarchiv von Florenz aufbewahrten Bestände geben folglich vor allem Einblick in die die Lepanto-Neuigkeit betreffenden Meldungen (avvisi), also über die Nachricht als solche, und von dort ausgehend auch – allerdings teilweise nur begrenzt – über die Nachrichtenschreiben. Die handschriftlichen Nachrichtenbriefe selbst sind mitunter gesondert aufbewahrt worden, weshalb sie heute nur noch bruchstückhaft überliefert, vor allem jedoch aus ihrem Kommunikationszusammenhang herausgerissen sind, weil Absender, Empfänger und Empfangsdatum sowie weitere Details zur Übermittlung verloren gegangen sind. Als wichtige Orte der Avvisi-Übermittlung erweisen sich hier für die beginnenden 1570er Jahre vor allem Genua und Mailand.1633 1630 Ebd., fol. 187r, Giacomo di Negro an Cosimo I. de’ Medici, Genua, 24. Oktober 1571 (»gra[n] uittoria«); ebd., fol. 189r, Sánchez de Padilla an Cosimo I. de’ Medici, Genua, 23. Oktober 1571 (»uictorioso successo«; »bien de la Xpiandad«). 1631 Ebd., fol. 213r, »Gugl.mo Scarap:cci« an Ferdinando I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571. 1632 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 136r, Schreiben an Cosimo I. de’ Medici aus Crespina, 31. Dezember 1571. Laut Francesco I. de’ Medici trafen in Florenz regelmäßig Nachrichten zur Liga-Flotte von Alfonso d’Appiano ein: ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 23v, an Francesco Babbi, Florenz, 08. November 1571. 1633 Zu Genua siehe: ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2860, Avvisi aus Genua. Der Bestand enthält keinen Avviso zur Seeschlacht von Lepanto. Für diesen Kontext sind lediglich für die genuesischen Kriegsvorbereitungen aufschlussreiche Avvisi überliefert in ebd., fol. 80r f., Genua, 06. Juli 1571; ebd., fol. 81r f., Genua, 13. Juli 1571; ebd., fol. 82r f., Genua, 13. Juli 1571. Zu Mailand siehe: ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3254, Avvisi aus Mailand aus den Jahre 1549 bis 1581. Siehe Antonio Panella: Archivio Mediceo del Principato. Inventario Sommario. (Ministero dell’interno. Pubblicazioni degli Archivi di Stato, Bd. 1). Rom 1966, S. 107. Der Bestand enthält keinen Avviso zur Seeschlacht von Lepanto. Die Avvisi setzen erst ab 1574 als systematischer Sammlungszusammenhang ein.

450

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Anders verhält es sich bei jenen Avvisi, die im diplomatischen Kontext nach Florenz geschickt wurden und die heute noch als solche gemeinsam mit der diplomatischen Korrespondenz erhalten sind. Ein zentraler Knotenpunkt der diplomatischen Korrespondenz zur Seeschlacht von Lepanto stellte für Florenz die Lagunenstadt Venedig dar, von wo aus neben dem toskanischen Repräsentanten auch der dort residierende spanische sowie der habsburgische Botschafter und der Bischof von Treviso geschrieben hatten.1634 Insgesamt sind acht Schreiben aus dem Umkreis Cosimo Bartolis, des toskanischen Repräsentanten in Venedig, überliefert, in denen der Großherzog und dessen Sohn über Lepanto informiert wurden.1635 Hierbei ging es um die ersten mit Guistiniani angelangten Schlachtinformationen sowie um Beschreibungen der Festivitäten und LepantoReaktionen in Venedig.1636 Dabei griffen Cosimo Bartoli und die in seinem Umfeld Schreibenden (etwa Paolo Geri) auch auf Briefe zurück, die (abschriftlich) in Venedig zirkulierten. Darunter befand sich unter anderem ein Schreiben aus Korfu zur Beuteverteilung. Ebenso schrieb Bartoli in Venedig zirkulierende Informationen zur Seeschlacht, etwa zur Aufstellung der Galeeren, ab und übermittelte sie nach Florenz. Zudem legte Bartoli Abschriften zweier an den venezianischen Dogen gerichteten Schreiben Don Juans bei.1637 Seine Korre1634 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 140r, Diego Guzmán de Silva an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 16. November 1571; ebd., fol. 177r, Veit von Dornberg an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 16. November 1571; ASFi, ebd., fol. 189r, Giorgio Corner an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 16. November 1571. Vgl. auch ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 129r, Veit von Dornberg, Venedig, 16. November 1571; ebd., fol. 130r, Diego Guzmán de Silva, Venedig, 16. November 1571. Über die toskanischen Reaktionen auf die vom in Venedig residierenden Repräsentanten aus versandten Lepanto-Schriftstücke lässt sich insofern wenig sagen, als dass die Schreiben der toskanischen Segreteria an die diplomatischen Repräsentanten in Venedig erst im Jahr 1593 einsetzen: ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3005; Panella: Archivio Mediceo del Principato, S. 99. 1635 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 297r–299v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 315r f., Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., fol. 316r–319r, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 323r–324v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 27. Oktober 1571; ebd., fol. 325r–326v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 03. November 1571; ebd., fol. 329r–331r, Cosimo Bartoli an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 14. November 1571; ebd., fol. 338r f., Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 09. November 1571; ebd., fol. 347r ff., Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 10. November 1571. Für die Konzeptentwürfe dieser Schreiben siehe ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3090, dort auch fol. 11v–13v, Cosimo Bartoli, Venedig, 03. November 1571. Bartoli war von Januar 1562 bis Dezember 1572 in Venedig stationiert. Vgl. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2976, 2981; Panella: Archivio Mediceo del Principato, S. 98; Bryce: Cosimo Bartoli. 1636 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 297r–299v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 316r–319r, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 323r–324v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 27. Oktober 1571. 1637 Ebd., fol. 347r ff., Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 10. November 1571; ebd.,

Ein Sieg, viele Nachrichten

451

spondenz beinhaltete insgesamt 13 ausführliche Avvisi, die selbst wiederum mitunter Zusammenstellungen verschiedener Avvisi waren, die Lepanto und Reaktionen auf die Seeschlacht thematisierten. Diese hatten Venedig aus Antwerpen, Madrid, Neapel, Patras, Rom, Wien, Zypern sowie von der Liga-Flotte erreicht.1638 Dabei fertigte Bartoli Abschriften und Zusammentragungen verschiedener Schlachtrelationen sowie Listen gefangener Osmanen und bei Lepanto in Besitz genommener Beutestücke an, die in Venedig kursierten, und übermittelte auch Avvisi zu Lepanto-Festivitäten in London, Madrid, Rom und Wien.1639 Bartoli berichtete auch zuvor bereits von Venedig aus über Liga-Angelegenheiten, die in der Lagunenstadt aus Mailand, Nizza, Rom oder Savoyen eingetroffen waren, sowie über die osmanische Belagerung Famagustas. Der vorn hereingelegte Schlachtordnung; ebd., fol. 305r–314v; ebd., fol. 339r f., Juan de Austria an Alvise Mocenigo I., 12. Oktober 1571 (Abschrift); ebd., fol. 240r–241v, Juan de Austria an Alvise Mocenigo I., Echinaden-Inseln, 08. Oktober 1571 (Abschrift). 1638 Ebd., fol. 346r, Avvisi Cosimo Bartolis aus Wien (31. Oktober 1571) nach Florenz; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 183r–187v, »Relatione della giornata delle scorciolare fra l’armata turchesca e xpiana alli 7 di ottoe 1571. ritratta dal Comen.re Romagasso«, aus Venedig nach Florenz gesandte Abschrift Cosimo Bartolis; ebd., fol. 187v– 190v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici; ebd., fol. 199r ff., venezianische Avvisi aus Rom (03. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd, fol. 200r, venezianische Avvisi aus Wien (30. Oktober 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 207r ff., venezianische Avvisi aus Rom (17. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 208v f., venezianische Avvisi aus Rom (21. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 212r f., venezianische Avvisi aus Rom (24. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 218r, venezianische Avvisi aus Antwerpen (17. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz gesandt; ebd., fol. 218r–220r, venezianische Avvisi aus Rom (28. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz gesandt; ebd., fol. 220r f., venezianische Avvisi aus Wien (29. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 222r–224r, venezianische Avvisi aus Rom (08. Dezember 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 225r ff., venezianische Avvisi aus Rom (15. Dezember 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt. 1639 Ebd., fol. 183r–187v, »Relatione della giornata delle scorciolare fra l’armata turchesca e xpiana alli 7 di ottoe 1571. ritratta dal Comen.re Romagasso«, aus Venedig nach Florenz gesandte Abschrift Cosimo Bartolis; ebd., fol. 187v–190v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici; ASFi, ebd., fol. 192r–194r, venezianische Avvisi aus »Candela« (09. Oktober 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 199r ff., venezianische Avvisi aus Rom (03. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 200r, venezianische Avvisi aus Wien (30. Oktober 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; ebd., fol. 208v f., venezianische Avvisi aus Rom (21. November 1571), von dems. nach Florenz geschickt; ebd., fol. 212r f., venezianische Avvisi aus Rom (24. November 1571), von dems. nach Florenz geschickt; ebd., fol. 218r, venezianische Avvisi aus Antwerpen (17. November 1571), von dems. nach Florenz gesandt; ebd., fol. 218r–220r, venezianische Avvisi aus Rom (28. November 1571), von dems. nach Florenz gesandt; ebd., fol. 222r–224r, venezianische Avvisi aus Rom (08. Dezember 1571), von dems. nach Florenz geschickt; ebd., fol. 225r ff., venezianische Avvisi aus Rom (15. Dezember 1571), von dems. nach Florenz geschickt.

452

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

toskanische Repräsentant übersandte also regelmäßig eigenhändig zusammengetragene Avvisi nach Florenz.1640 Von vergleichbarer Bedeutung für die florentinische Lepanto-Korrespondenz war im diplomatischen Umfeld die Stadt Rom. In insgesamt neun Schreiben informierte der apostolische Protonotario Alessandro de’ Medici den toskanischen Großherzog über die in Rom eingetroffenen Informationen zur Seeschlacht von Lepanto und deren Folgen.1641 Weitere 14 Schreiben mit den, wie es Francesco I. de’ Medici in einer Antwort schrieb, buone nuoue1642 zum Seesieg der ›Heiligen Liga‹ trafen aus dem römischen Botschafterumfeld in Florenz ein. Sie waren insbesondere von Alessandro de’ Medicis Sekretär, Francesco Babbi, aufgesetzt worden und enthielten auch Informationen aus Neapel.1643 Den ersten, 1640 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 117r ff., ders. an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 26. Mai 1571; ebd., fol. 127r, ders. an dens., Venedig, 26. Mai 1571; ebd., fol. 179r– 182r, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 07. Juli 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 214r f., »Cap.ni morti in Famag.a Cap.ni restati Schiaui«. Zur Hoffnung Francesco I. de’ Medicis, die auch aus Wien eintreffenden Neuigkeiten zu Famagustas würden sich als Fehlmeldung herausstellen, siehe ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 15v, an Cosimo Bartoli in Venedig, Florenz, 20. Oktober 1571. Siehe weiterhin ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3080, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig nach Florenz, 1567–1571. 1641 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 387r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571; ebd., fol. 388r ff., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 25. Oktober 1571; ebd., fol. 391r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 26. Oktober 1571; ebd., fol. 396r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 02. November 1571; ebd., fol. 399r ff., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 05. November 1571; ebd., fol. 405r–407r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 09. November 1571; ebd., fol. 418r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 23. November 1571; ebd., fol. 421r ff., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 26. November 1571; ebd., fol. 429r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 03. Dezember 1571. Die Konzeptschreiben sind in ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3474 überliefert. Zur Funktion Alessandro de’ Medicis siehe Matteo Sanfilippo: Leone XI. In: Enciclopedia dei Papi. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 3. Rom 2000, S. 269–277. 1642 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 19v, an Francesco Babbi, Florenz, 29. Oktober 1571. 1643 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 397r f., Francesco Gerini an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 05. November 1571; ebd., fol. 411r, Francesco Gerini an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 10. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3597, fol. 325r, Francesco Babbi an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 24. Oktober 1571; ebd., fol. 326r ff., ders. an dens., Rom, 23. Oktober 1571; ebd., fol. 329r, ders. an dens., Rom, 22. Oktober 1571; ebd., fol. 335r, ders. an dens., Rom, 28. Oktober 1571; ebd., fol. 336r f., ders. an dens., Rom, 31. Oktober 1571; ebd., fol. 344r–347r, Ludovico Ciriegiola an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571; ebd., fol. 402r ff., Francesco Babbi an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 04. Dezember 1571. Francesco Babbi muss auch am 21. und 26. Oktober sowie am 02., 03. und 04. November Lepanto-Schreiben aufgesetzt haben, wie ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 19v f., an Francesco Babbi, Florenz, 29. Oktober 1571 und ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben

Ein Sieg, viele Nachrichten

453

römischen auiso della felice Vittoria setzte Alessandro de’ Medici am 22. Oktober auf, nachdem bereits zwei Lepanto-Nachrichten aus Venedig in der Ewigen Stadt eingetroffen waren und so der Seesieg der ›Heiligen Liga‹ bestätigt worden war. Der ebenfalls überlieferte Entwurf besagten Schreibens zeigt, dass Alessandro de’ Medici seine Wortwahl genau bedachte. Zunächst hatte er zu schreiben beabsichtigt, dass die zweite Lepanto-Nachricht die erste teilweise bestätige; die Relativierung tilgte er dann jedoch, weil er vermutlich seine zu eingangs offenbar bestehenden Zweifel angesichts der überwältigenden Siegesnachricht retrospektiv für unberechtigt einschätzte. Wenngleich der Protonotario davon ausging, in Florenz habe man durch Venedig bereits vom Seesieg erfahren, erhoffte er sich in Rom bald detailliertere Nachrichten zum Seesieg aus Otranto, die er gewissenhaft nach Florenz schicken wollte. In den Tagen darauf folgten weitere Schreiben, denen er auch Schlachtrelationen beilegte. Diese waren mitsamt handschriftlicher Nachrichtenbriefe als Avvisi aus Rom übermittelt.1644 Insgesamt lassen sich sieben Avvisi mit Lepanto-Bezug feststellen, die Rom aus der Levante, aus Antwerpen und Venedig erreicht hatten oder aber selbst aus Rom stammten und weiter nach Florenz geschickt wurden.1645 Offensichtlich konnte Alessandro de’ Medici dabei auf ein weit verzweigtes und gut funktionierendes Kommunikationsnetzwerk zurückgreifen. Denn er leitete nach Florenz nicht nur Francesco I. de’ Medici, fol. 21v, an Francesco Babbi, Florenz, 01. November 1571; ebd., fol. 23v, an Francesco Babbi, Florenz, 08. November 1571 belegen. 1644 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 387r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571 (»uiene confermata la detta Vittoria«); ebd., fol. 396r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 02. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3474, ders. an dens., Rom, 22. Oktober 1571, Konzept, fol. 1r; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 568r–569v, Paolo Giordano Orsini an Pietro Valentino, Petala, 08. Oktober 1571; ebd., fol. 570r f.; ebd., fol. 576r–580r, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571. Venezianische Avvisi dürften Alessandro de’ Medici von Cosimo Bartoli zugesandt worden sein, denn diese standen in Kontakt bezüglich der Liga-Angelegenheiten. Bartoli informierte de’ Medici etwa über die Bemühungen des Herzogs von Ferrara, den Kaiser zum Liga-Eintritt zu bewegen. De’ Medici ließ den Brief als Abschrift nach Florenz senden. Ebd., fol. 594r, Cosimo Bartoli an Alessandro de’ Medici, Venedig, 28. November 1571, nach Florenz weitergeleitet. 1645 Ebd., fol. 568r–569v, Paolo Giordano Orsini an Pietro Valentino, Petala, 08. Oktober 1571; ebd., fol. 570r f.; ebd., fol. 576r–580r, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571; ebd., fol. 582r f., römische Avvisi aus Venedig (03. November 1571), nach Florenz weitergeleitet; ebd., fol. 585r–587r, römische Avvisi, 07. November 1571, nach Florenz weitergeleitet; ebd., fol. 597v f., römische Avvisi aus Antwerpen, 17. November 1571, nach Florenz weitergeleitet. Da es sich hierbei um denselben Avviso handelt wie in Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 218r, kann davon ausgegangen werden, dass die Antwerpener Avviso von Cosimo Bartoli von Venedig aus nach Florenz und Rom übermittelt wurde. Alessandro de’ Medici sandte ihn dann abschriftlich ebenfalls nach Florenz. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 601r f., römische Avvisi, 08. Dezember 1571, nach Florenz weitergeleitet; ebd., fol. 603r–605v, römische Avvisi, 08. Dezember 1571, nach Florenz weitergeleitet.

454

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

die aus Venedig in Rom eingetroffenen auisi ordinarij weiter,1646 sondern erhielt ebenso vom Kardinal Girolamo Rusticucci eine Schlachtbeschreibung abschriftlich ausgehändigt, die der Kapitän Scipione Corbinelli aufgesetzt und seinem Bruder übersandt hatte. Diesem teilte Scipione auch mit, dass er einige der Informationen besagtem Kardinal zugestellt wissen wolle. Alessandro lobte explizit die nach Florenz geschickte Abschrift, weil diese Details angebe, über die andere Schriftstücke nicht verfügten.1647 Alessandro kommentierte die Fülle der ihm zugänglichen Avvisi, indem er nach Florenz schrieb, dass in den römischen Avvisi nichts anderes als der »Sieg gegen die Ungläubigen«1648 thematisiert werde. Dass diese römischen Avvisi in Florenz sehr geschätzt wurden, belegt auch die von Francesco I. de’ Medici an Alessandros Sekretär, Francesco Babbi, gesandte Aufforderung, er möge ihn auch weiterhin über »all das, was ihm gemeldet wird,« benachrichtigen.1649 Zu nennen sind bei den erhaltenen toskanisch-diplomatischen Korrespondenzen mit Lepanto-Bezug auch die Benachrichtungen Bernardo Canigianis. Der in Ferrara residierende Repräsentant schickte am 22. Oktober Lepanto-Neuigkeiten nach Florenz. Bereits zuvor hatte Canigiani die de’ Medici über den LigaAbschluss und die osmanische Belagerung Famagustas informiert.1650 Vergleichbar sind auch die Nachrichten, welche die toskanischen Repräsentanten vom Kaiserhof nach Florenz sandten. Sie berichteten bereits vor Lepanto über die »schmerzhafte Neuigkeit (dolorosa nuoua) vom Verlust Famagustas«, die in Wien über Buda von Istanbul aus von einem Mitglied des habsburgischen Botschafterhaushaltes eingetroffen war.1651 Nachdem die Siegesnachricht aus Venedig Wien erreicht hatte, beschrieben die toskanischen Repräsentanten Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino in fünf Schreiben die Lepanto1646 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 396r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 02. November 1571. 1647 Ebd.; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 576r–580r, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571. Dort auch mit Hinweisen auf die Weiterleitung und Ausrichtungen an weitere Personen. 1648 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3474, Alessandro de’ Medici an Giovan Battista Concino(?), Rom, 02. November 1571, hier fol. 1r: »Vittoria co[n]tra gli infedeli«. 1649 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 23v, an Francesco Babbi, Florenz, 08. November 1571: »d’aduisarci tutto quello che ui uiene à notitia […]«. 1650 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2892, Bernardo Canigiani an Ferdinando I. de’ Medici, Ferrara, 22. Oktober 1571; ebd., Bernardo Canigiani an Cosimo I. de’ Medici, Ferrara, 24. Mai 1571; ebd., Bernardo Canigiani an Ferdinando I. de’ Medici, Ferrara, 11. Juni 1571; ebd., Bernardo Canigiani an Cosimo I. de’ Medici, Ferrara, 15. Oktober 1571. Keinen Hinweis auf die Seeschlacht fand ich in den Schreiben der della Rovere. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4051 (1570–1599). 1651 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 96r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 16. Juli 1571 (»dolorosa nuoua della perdita di Famagosta«); ebd., fol. 100r, dies. an dens., Wien, 28. Juli 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

455

Reaktionen am Kaiserhof und berichteten – teilweise chiffriert – über die weiteren Liga-Verhandlungen, wobei sie ebenso auf Nachrichten aus Esztergom und Rom zurückgriffen.1652 Die florentinische Überlieferung verdeutlicht damit besonders eindrücklich, dass die Nachricht vom Ereignis Lepanto eine Kunde darstellte, über die es offensichtlich wichtig war, informiert zu werden und zu informieren. Dabei griffen die de’ Medici auf ein weitläufiges Korrespondentennetzwerk zurück, dass es ihnen ermöglichte, die Nachricht umfassend und mit aus verschiedenen Regionen stammenden Informationen zu ergründen. Diese umfängliche Zirkulation verdeutlicht, wie repititiv das Eintreffen von Lepanto-Nachrichten in Florenz gewesen sein muss. Zwar schätzten die de’ Medici diese eintreffenden Avvisi, die immer mehr und immer neue Details zu Lepanto übermittelten und sich so einander zu korrigieren oder zu bestätigen vermochten, aber der Akt des Empfangens, Erfahrens und Reagierens selbst unterstand einem repetitiven Charakter, der einerseits die Siegesnachricht selbst andererseits auch die Reaktionen darauf perpetuierte und so als ständig wiederholten Erinnerungsakt zur Memorierung Lepantos beitrug. Inwieweit die anfängliche Freude und Spannung irgendwann in mindere Resonanz oder gar Gleichgültigkeit umzuschlagen vermochte, ist nicht zu klären. Anzunehmen ist, dass die apostolische Avvisi-Sammlung vergleichbar ausführlich gewesen sein dürfte, doch der Band, auf den Barbarics und Pieper verweisen, enthält keinen Lepanto-Avviso.1653 Insofern aber Schlachtrelationen, Liga- und Lepanto-Abhandlungen sowie -Berichte in einem eigenen Band überliefert sind,1654 ist anzunehmen, dass die am Papsthof eintreffenden LepantoAvvisi anderweitig aufbewahrt worden sind. Diese Annahme wird zudem durch den Befund bestätigt, dass die in Rom eintreffenden Siegesnachrichten vor allem im Kontext der verschiedenen Nuntiaturen überliefert sind.1655 Der Verweis auf das Papstum zeigt, dass neben den von Barbarics und Pieper angeführten AvvisiBeständen auch eine Untersuchung der venezianischen Avvisi-Sammlungen zentral wäre.1656 Denn auch die Signoria ließ manche der eintreffenden Avvisi 1652 Ebd., fol. 205r–211v, dies. an dens., Wien, 31. Oktober 1571; ebd., fol. 211r–218v, dies. an dens., Wien, 07. November 1571; ebd., fol. 219r–225v, dies. an dens., Wien, 13. November 1571; ebd., fol. 227r–229r, dies. an dens., Wien, 21. November 1571; ebd., fol. 235r–236v, dies. an dens., Wien, 29. November 1571. 1653 ASVat, Segreteria di Stato, Avvisi, 126; Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 57. 1654 BAV, Barb. lat. (Barberiniani latini), 5367. 1655 Auf eine ausgiebigere Besprechung wird hier verzichtet, da diese in den lokalen Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto dargestellt worden sind. Siehe die II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege. 1656 Auf eine Analyse der innerösterreichischen Zeittungen sowie jener der ungarischen Thurzó musste hier verzichtet werden. Zu diesen vgl. die kurze Erwähnung in Barbarics/ Pieper: Handwritten Newsletters, S. 57.

456

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Florenz

Esztergom Ferrara

Ancona Wien Castello

Madrid

London Crespina Avignon

Antwerpen Piombino Civitavecchia

Turin

Pisa

Genua

Alicante

Cerreto

Rom

Livorno

Venedig

Neapel

Gaiazzo

Messina

Candela

Patras

Galeeren Korfu

CursolariInseln

Astakos

Petala

Ein Sieg, viele Nachrichten

457

Grafik II.6.4: Die Zirkulation der an Cosimo I. und Francesco I. de’ Medici versandten LepantoNachrichten (1571). Die Stärke der Linien entspricht der Quantität der Korrespondenz (0,5 pt. pro übersandtes Lepanto-Schreiben). Die Datierungen lauten wie folgt: Ancona -> Florenz: 27. 10. 1571; Antwerpen -> Florenz: 24. 11. 1571; Antwerpen -> Venedig: 17. 11. 1571; Armada -> Venedig: 08. 10. 1571, 12. 10. 1571; Astakos -> Livorno/ Florenz: 09. 10. 1571; Astakos -> Venedig: 09. 10. 1571; Avignon -> Florenz: 13. 11. 1571; Candela -> Venedig: 09. 10. 1571; Castello -> Rom: 08. 12. 1571; Cerreto -> Florenz: 22. 11. 1571; Civitavecchia -> Florenz: 23. 11. 1571; Crespina -> Florenz: 31. 12. 1571; Cursolari-Inseln -> Livorno/ Florenz: 07. 10. 1571; Esztergom -> Wien: undatiert; Ferrara -> Florenz: 22. 10. 1571; Gaiazzo -> Florenz: 26. 11. 1571, 26. 11. 1571; Genua -> Florenz: 23. 10. 1571, 24. 10. 1571, undatiert (1x); Genua -> Turin: 23. 11. 1571; Korfu -> Genua: 22. 10. 1571; Korfu -> Venedig: 27. 10. 1571; Livorno -> Florenz: 22. 10. 1571, 19. 11. 1571, 26. 11. 1571, 26. 11. 1571; London -> Antwerpen: undatiert; Madrid (Spanien) -> Rom: undatiert; Madrid -> Florenz: 02. 12. 1571, 19. 12. 1571; Messina -> Florenz: 01. 11. 1571, 4./14(?).11.1571, 09. 11. 1571, 14. 11. 1571; Messina -> Rom: undatiert; Neapel -> Florenz: 03. 11. 1571; 13. 11. 1571; Neapel -> Rom: undatiert (2x); Neapel -> Venedig: 24. 11. 1571; Patras -> Venedig: 09. 10. 1571; Petala -> Rom: 08. 10. 1571; Piombino -> Crespina: undatiert; Rom -> Florenz: 21. 10. 1571, 22. 10. 1571 (4x), 23. 10. 1571, 24. 10. 1571, 25. 10. 1571, 26. 10. 1571 (2x), 28. 10. 1571, 31. 10. 1571, 02. 11. 1571 (2x), 03. 11. 1571 (2x), 04. 11. 1571, 05. 11. 1571 (2x), 07. 11. 1571, 09. 11. 1571, 10. 11. 1571, 17. 11. 1571, 23. 11. 1571, 26. 11. 1571, 04. 12. 1571, 07. 12. 1571, 08. 12. 1571 (2x); 13. 12. 1571, undatiert (3x); Rom -> Venedig: 03. 11. 1571, 17. 11. 1571, 21. 11. 1571, 28. 11. 1571, 08. 12. 1571, 15. 12. 1571, undatiert (2x); Rom -> Wien: undatiert; Scorzolari/ Cursolari -> Venedig: 08. 10. 1571; Turin -> Florenz: undatiert; Venedig -> Florenz: 19. 10. 1571, 20. 10. 1571 (2x), 27. 10. 1571, 03. 11. 1571 (2x), 09. 11. 1571, 10. 11. 1571, 14. 11. 1571, 16. 11. 1571 (3x); undatiert (16x); Venedig -> Genua: 19. 10. 1571; Venedig -> Rom: undatiert (= 19. 10. 1571), 03. 11. 1571, undatiert; Wien -> Florenz: 31. 10. 1571; 07. 11. 1571; 13. 11. 1571; 21. 11. 1571; 29. 11. 1571; Wien -> Venedig: 30. 10. 1571; 31. 10. 1571; 29. 11. 1571.

gesondert aufbewahren. Dabei ist festzustellen, dass Venedig in den Sommerund Herbstmonaten des Jahres 1571 insbesondere vom Bailo aus Istanbul, vom Capitan General del Mare, vom General und von den Rettori aus Korfu, Dubrovnik, Kotor, Zadar und Zakynthos über die osmanische Armada informiert worden ist.1657 Die geringe Menge der in diesem gesonderten Bestand als Abschriften aufbewahrten Dokumente spricht allerdings dafür, dass nur eine kleine Anzahl der nach Venedig gesandten Avvisi separiert aufbewahrt wurden. Dass sich unter diesen auch der am 19. Oktober in Venedig eingetroffene Avviso vom Ausgang der Seeschlacht befindet, lässt auf dessen besondere Wertschätzung schließen.1658 Die weitere Nachrichtenzirkulation zu Lepanto ist jedoch nicht aus dem nur lückenhaft überlieferten Avvisi-Bestand zu rekonstruieren. Für diese erwiesen sich in Venedig dann einerseits die einkommenden Schreiben der Ligisten mit neuen Informationen und andererseits die diplomatischen Korre1657 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 620r–648v. ASVe, Miscellanea materie miste notabili, b. 116, b. 117, b. 118 und b. 119 beinhalten keine LepantoFunde, wenngleich Schriftstücke aus dem Liga-Umfeld (etwa zur osmanischen Einnahme Famagustas). Die ausführliche Bailo-Korrespondenz, die in ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 620r, 630v nur auszugsweise als explizit solche Erwähnung fand und gesondert aufbewahrt wurde, findet sich in ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Costantinopoli, filza 5 und BNM, MS. It. VII, 391 (8873). 1658 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648r f.

458

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

spondenzen mit Frankreich, Istanbul, Mailand, Neapel, dem Reich, Rom, Savoyen und Spanien mit Details zur Nachrichtenzirkulation und Lepanto-Reaktionen andernorts als zentrale Posten der Nachrichtennetzwerke zu Lepanto.1659 Weitere, von Venier aufgesetzte Schreiben erreichten Venedig beispielsweise über die Zwischenstationen in Neapel und Rom, wo sie in den Kreisen der diplomatischen Vertreter Venedigs weitergereicht wurden.1660 In den vom venezianischen Senat ausgestellten commissioni, welche die Pflichten der Provveditori generali da mar festhielten, wurde ebenso festgelegt, dass Provveditori wie Agostino Barbarigo oder Giacomo Soranzo regelmäßg Avvisi zu verfassen und an den Senat sowie an den Consiglio di dieci zu versenden hatten, die aber offensichtlich nicht im gesonderten Avvisi-Bestand, sondern in den Dokumentationen der verschiedenen Gremien aufbewahrt wurden.1661 Venedig nahm auch in den spanischen Lepanto-Avisos eine zentrale Rolle ein (Grafik II.6.5), die sich vor allem über die diplomatischen Bestände rekonstruieren lassen. Hier hatte die Lagunenstadt vor allem deshalb eine so bedeutsame Stellung inne, weil sie, erstens, zügig die Lepanto-Nachricht erhielt und somit auch aufgrund ihrer geografischen Nähe zum östlichen Mittelmeerraum wichtiger Nachrichtenpunkt war. Zweitens, nahmen venezianische Avisos zur Seeschlacht aufgrund der Aktivitäten des dort residierenden Botschafters eine wichtige Stellung in den spanischen Nachrichtennetzwerken ein.1662 Einer durch den spanischen Botschafter in Venedig distribuierten Einschätzung von LepantoAvvisi aus Neapel zufolge würden diese Avvisi den Ruhm (gloria), die Tapferkeit und die Wertschätzung (valor) des spanischen Königs und Juan de Austrias

1659 Marco Quirini: LETTERA DEL CLARISSIMO PROVEDITOR QVIRINI, VENUTA NVOVAMENTE DA L’ARMATA nella quale particolarmente si narra il fatto d’arme de gli Christiani contra i Turchi, [et] la sconfitta loro. ET LA FORMA DE LA ORDINANZA D’AMBEDVE le armate con l’ordine, che si è tenuto nel combattere di mano inmano, [et] il sito doue si è combattuto col uantagio del Sole; & altre bellissime cose appartenenti a la intera cognitione de la giornata. O. O. O. J. (BCas, Vol. Misc. 2244.7); ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Costantinopoli, filza 5; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Francia, filza 7; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1; Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8. 1660 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 114, fol. 1r [338r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 14. November 1571; ebd., Nr. 116, fol. 1r–2v [343r-344v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. November 1571. 1661 ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, 23. November 1571, fol. 1v. 1662 Ausgewertet wurden AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328–1331, 1500–1502, 1504, 1507, 1509, 1520.

Ein Sieg, viele Nachrichten

459

ausdrücken.1663 Durch die zunächst in Venedig einsetzende Distribution von Lepanto-Nachrichten innerhalb der spanischen Nachrichtenkanäle war auch Genua und der dort residierende Botschafter von besonderer Bedeutung für den Erhalt und die Weiterleitung dieser Schriftstücke. Vor allem mit dem Eintreffen der spanischen Flotte in Sizilien stieg dann jedoch Messinas Bedeutung und zwar sowohl für die Informationsweiterleitung nach Madrid als auch für die Einspeisung von Lepanto-Nachrichten in die Netzwerke. Wie aber insbesondere die in Petala aufgesetzten Relationen verdeutlichen, waren diese zwar zeitnah zur Seeschlacht niedergeschrieben, aber erst nach Ankunft in Messina nach Madrid weitergeleitet worden. Die Zirkulation der Lepanto-Nachricht, die sich aus dem Bestand erschließen lassen, zeigt also, gerade weil diese Rekonstruktion auf den diplomatischen Beständen basiert, spanische Informationsnetzwerke, die die Botschafter offensichtlich bewusst memorierten.1664 Philipp II. hatte im Oktober 1571 beispielsweise seinem Botschafter in Rom angeordnet, Schriften zu »Krieg, Frieden, dem apostolischen Stuhl, Konzil und zum Reich« in einem eigenen Archiv zu sammeln.1665 Der Monarch war sich also – gerade in Zeiten der ›Heiligen Liga‹ – der informationspolitischen Wichtigkeit Roms für ein Nachrichtennetzwerk bewusst, das nach Lepanto auf eine spanische Aneignung der zur Seeschlacht in Rom und in Venedig zirkulierenden Nachrichten angelegt war. Bezüglich der Lepanto-Zeittungen ist die umfangreiche Zeittungs-Sammlung der sächsischen Kurfürsten ebenfalls aufschlussreich (Grafik II.6.6).1666 Diese belegt, dass der Augsburger Novellant Petrus Bizarius »die gutte Neue Zeittung […] von Venedig« dem Kurfürsten am 24. Oktober 1571 weitergeleitet hatte, also einen Tag nachdem die Siegesnachricht in Augsburg eingetroffen war. In dem Schreiben hatte er zum einen die in Augsburg eingegangenen Informationen 1663 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 202, fol. 1v [372v], Avvisi, 19. November 1571. 1664 Die Auswertung basiert auf AGS, Estado, Génova, leg. 1401; AGS, Estado, Milán, leg. 1230; 1232; AGS, Estado, Nápoles, Virreinato, leg. 1060; AGS, Estado, Roma, leg. 915–917; AGS, Estado, Sicilia, leg. 1134–1136; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328–1330; 1502; 1504. 1665 AGS, Estado, Roma, leg. 916, Rom, 22. Oktober 1571, fol. 349r: »Guerra, Paz, sede Apostolica, Conçilio è Imperio«. 1666 Wenngleich Zeittungen zur Seeschlacht von Lepanto überliefert sind, fanden sich in der städtischen Dokumentation keine Hinweise auf Lepanto-Festivitäten in Dresden: StadtAD, 2.1 Ratsarchiv, A.II.100.c (»Memoriale vnnd vortzaichnüs Jm Rath fürgefallenenn handlüngen Anno 1.5.4.9 Jn ankünfft meyns michel weissenn Diensts angefangen (bis 1574.)«, fol. 301v–304r, Oktober bis Dezember 1571; StadtAD, 2.1 Ratsarchiv, A.XXIV.63.h (Miscellanea); StadtAD, 2.1 Ratsarchiv, A.XXIV.63.i ( jedoch einen »Türckenbeuehel« aus dem Jahr 1595 beinhaltend, fol. 417r; vgl. auch die diesbezüglichen Torgauer Verordnungen aus demselben Jahr, fol. 418r–422v). In StadtAD, 2.2 Landtagsvertretung, L.A.1 finden sich laut dem StadtAD-Inventar ›Repertorium zu den Akten des Sächsischen Landtages‹ (Findbuch 2.2.1–2.2.4), S. 20 weitere Akten zu »Türkenhilfe[n]«. Siehe auch StadtAD, Ratsarchiv 2.1. Hauptgruppen, Bd. 3, fol. 335v f.

460

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Madrid/ El Escorial

Genua

Barcelona

Mailand

Trento

London

Brüssel

Toledo

Turin

Wien Rom Ragusa

Neapel

Venedig

Messina

Ferrara

Istanbul

Arabische Halbinsel

Galeeren Le!kada

Korfu Petala

Astakos

Ein Sieg, viele Nachrichten

461

Grafik II.6.5: Die Zirkulation der an Philipp II. versandten Lepanto-Nachrichten (1571). Die Stärke der Linien entspricht der Quantität der Korrespondenz (0,5 pt. pro übersandtes LepantoSchreiben). Die Datierungen lauten wie folgt: Astakos -> Venedig: 09. 10. 1571; Barcelona (-> Genua) -> Venedig: 23. 11. 1571; Brüssel -> Venedig: 03. 12. 1571; Ferrara -> Venedig (vor dem 22. 10. 1571); Galeeren -> Genua: 09. 10. 1571; Galeeren -> Messina: 07. 10. 1571, 09. 10. 1571 (5x), 10. 10. 1571, 11. 10. 1571, 20. 10. 1571; Galeeren -> Rom: 08. 10. 1571; Genua -> Madrid: 22. 10. 1571, 03. 11. 1571, 10. 12. 1571, 18. 12. 1571; Genua -> Venedig: 06. 11. 1571, 21. 11. 1571; Istanbul -> Korfu: undatiert (2x); Korfu -> Messina: 20.(10.?)10.1571, 27. 10. 1571, 27. 10. 1571; Korfu -> Venedig: 24. 10. 1571, 25. 10. 1571 (2x), 26. 10. 1571, 16. 11. 1571, 24. 12. 1571 (2x); Lefkada -> Venedig: 20./25. 10. 1571; Madrid (-> Genua) -> Venedig: 18. 11. 1571, 25. 11. 1571 (3x), 26. 11. 1571 (2x), 04. 12. 1571; Madrid -> Brüssel (nach dem 15. 11. 1571); Madrid -> Genua: 18. 11. 1571; Mailand -> Madrid: 06. 12. 1571, undatiert; Mailand -> Messina: 26. 11. 1571; Messina -> Madrid: 08. 11. 1571 (2x), 11. 11. 1571, 25. 11. 1571 (3x), undatiert (13x), 23. 11. 1571 (3x), 24. 11. 1571; Messina -> Rom: 27. 12. 1571; Messina -> Venedig: 01. 11. 1571, 03. 11. 1571, 05. 11. 1571, 09. 11. 1571, 03. 12. 1571, 20. 12. 1571, 28. 12. 1571, 29. 12. 1571, undatiert; Neapel -> Madrid: 01. 11. 1571, 25. 11. 1571; Neapel -> Venedig: 31. 10. 1571, 21. 11. 1571; Petala -> Messina: 08. 10. 1571 (2x), 09. 10. 1571 (2x), 10. 10. 1571 (9x), undatiert (2x); Petala -> Venedig: 09. 10. 1571 (3x), 10. 10. 1571; Ragusa -> Venedig: 23. 10. 1571; Rom -> Madrid: 22. 10. 1571 (2x), 28. 10. 1571, 12. 11. 1571, 28. 11. 1571, 05. 12. 1571, 07. 12. 1571, 12. 12. 1571, 18. 12. 1571, 19. 12. 1571 (2x), 20. 12. 1571, 21. 12. 1571, 27. 12. 1571, 29. 12. 1571, undatiert; Rom -> Messina: 03. 12. 1571; Rom -> Venedig: 26. 10. 1571, 27. 10. 1571 (2x), 29. 10. 1571, 03. 11. 1571 (3x), 16. 11. 1571, 17. 11. 1571 (2x), 24. 11. 1571 (2x), 01. 12. 1571, 05. 12. 1571, 08. 12. 1571 (2x), 12. 12. 1571, 15. 12. 1571, 20. 12. 1571, undatiert (2x); Toledo -> Venedig: 25. 11. 1571; Turin -> Madrid: 22. 10. 1571, 24. 10. 1571 (2x), 05. 11. 1571, 06. 11. 1571, 27. 11. 1571 (3x); Turin -> Venedig: 07. 12. 1571; Venedig [-> Genua] -> Madrid: 04. 11. 1571, 19. 10. 1571 (3x) [1x], 22. 10. 1571 (3x), 26. 10. 1571, 31. 10. 1571 (2x), 06. 11. 1571, 09. 11. 1571, 12. 11. 1571 (2x), 14. 11. 1571, 16. 11. 1571, 18. 11. 1571, 20. 11. 1571, 24. 11. 1571 (2x), 25. 11. 1571, 26. 11. 1571, 01. 12. 1571, 07. 12. 1571, 19. 12. 1571, 29. 12. 1571, undatiert (10x); Venedig -> Mailand: 19. 10. 1571; Venedig -> Messina: undatiert; Venedig -> Roledo: 22. 10. 1571; Venedig -> Rom: 19. 10. 1571; 07. 12. 1571; Venedig -> Turin: 19. 10. 1571; Wien -> Venedig: 31. 10. 1571, 07. 11. 1571, 28. 11. 1571.

über die »Victoria« zusammengefasst dargeboten und zum anderen eine teilweise Abschrift des venezianischen Briefes beigelegt, der am 19. Oktober ebenda aufgesetzt und am 23. Oktober in Augsburg eingetroffen war. Laut Bizarius handelte es sich bei dem Brief aus Venedig um eine dort »vmb 2 Vhr inn die Nachtt« angefertigte Zusammenstellung verschiedener »Neuen Zeittunge[n]«.1667 Der Augsburger Novellant übermittelte auch einen zweiten, ebenfalls am 19. Oktober in Venedig aufgesetzten Avviso dem Kurfürsten von Sachsen, in dem dieser über Lepanto und die venezianischen Siegesfeierlichkeiten unterrichtet wurde. Ebenso wurden Nürnberger Zeittungen vom 28. Oktober mit weiteren Ausführungen zur Seeschlacht und den venezianischen Reaktionen weitergeleitet. Zudem sandte Bizarius noch ein drittes, am 19. Oktober in Venedig aufgesetztes Nachrichtenschreiben über den Seesieg der ›Heiligen Liga‹ und die ve-

1667 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/ 12, fol. 20r-22v, Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, Augsburg, 24. Oktober 1571.

462

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nezianischen Festivitäten an August von Sachsen.1668 Der Augsburger Novellant besaß offensichtlich schnell funktionierende Netzwerke, die nach Venedig und Nürnberg führten, mithilfe derer er den sächsischen Kurfürsten informierte. Für diesen gehörte er während der Jahre 1571 bis 1574 zu einem wichtigen Nachrichtenübermittler, sodass die durch ihn versandten deutschen, italienischen und lateinischen Dokumente als »lateinische Brieffe« gesondert verwahrt wurden.1669 In den Wochen vor der Seeschlacht hatte Bizarius bereits handschriftliche Nachrichtenbriefe mit Informationen aus Antwerpen, Korfu, Messina, Rom, Venedig und Wien nach Dresden verschickt, wobei Venedig den Hauptumschlagplatz dieser von Augsburg weitergeleiteteten Informationen darstellte und vor allem die kriegerischen Auseinandersetzungen im Mediterraneum behandelten.1670 Neben diesen durch Bizarius übermittelten Nachrichtenbriefen war der sächsische Kurfürst auch direkt vom venezianischen Collegio über den Seesieg bei Lepanto informiert worden.1671 Zugleich erhielt er weitere Nachrichtenschreiben – unter anderem vom Herzog von Alba – mit Informationen über die kriegerischen Auseinandersetzungen in den Spanischen Niederlanden, dass die »Rebellion gewalthetiglich fortzusetzen« sich abzeichne. Weitere Zeittungen trafen in Dresden aus Frankreich ein, Reichsangelegenheiten betreffend.1672 Ähnlich wie für das Kurfürstentum Sachsen ist auch für Brandenburg eine Akte mit Zeittungen überliefert, die die Seeschlacht von Lepanto betreffen (Grafik II.6.7). Bereits vor der Seeschlacht war Kurfürst Johann Georg von Brandenburg über venezianisch-osmanische Auseinandersetzungen in der Levante, um Zypern und vor der dalmatinischen Küste sowie über die Verhandlungen und den Beschluss der ›Heiligen Liga‹ in aus Venedig versandten lateinischen Zeittungen informiert worden.1673 Angesichts des Umstandes, dass 1668 Ebd., fol. 23v, Avvisi aus Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., fol. 24r f., Zeittung aus Nürnberg, 28. Oktober 1571; ebd., , fol. 9r–10v, Avviso aus Venedig, 19. Oktober 1571. 1669 Ebd., fol. 1r. 1670 Ebd., Zeittungen des Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, fol. 2r–8v, 11r-19v. Dass Venedig für die Nachrichten über das Osmanische Reich, die in Sachsen eintrafen, von zentraler Bedeutung war, belegt ebenso ein undatierter, deutschsprachiger Avviso aus Venedig, in dem u. a. Nachrichten aus Istanbul und über Ehrgeschenke zwischen Sultan ˙ und »dem grossen Tartern« zu finden sind. SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10720/11, Avviso aus Venedig, ohne Datum, fol. 1r. 1671 ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Kurfürst August von Sachsen. 1672 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 063. Handschreiben, Loc. 08501/04, fol. 92r, Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba, an Kurfürst August von Sachsen, Brüssel, 25. Juli 1572; SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/11, fol. 2r (»EXTRACT aus den händeln so im 7j Jahr wegen des vorständtnus zwischen dem Könige in Franckreich vnnd etlichen Deutschen Chur= vnd Fürsten vorgelauffen«). 1673 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253; ebd., fol. 1r–5v, venezianische Zeittungen, März und April 1571.

463

Ein Sieg, viele Nachrichten

Dresden (24.10.) Augsburg (28.10.) Nürnberg

(19.10.)

(24.10.) Venedig

(09.10.) Astakos

Grafik II.6.6: Die Zirkulation der an das Kurfürstentum Sachsen gesandten Lepanto-Zeittungen (1571). Die Datierungen betreffen die Niederschrift der Zeittungen.

bereits seinem Vorgänger gedruckte trostbrieue über den Türcken zuge gewidmet waren, verwundert das Interesse des Kurfürsten an osmanischen Militaria keineswegs.1674 Von dem Dokument, das die Ligisten in Rom unterzeichnet hatten, war dem brandenburgischen Kurfürst sogar eine deutsche Übersetzung übermittelt worden.1675 Nach der Seeschlacht trafen in Brandenburg vor allem über den Kaiserhof vermittelte venezianische Zeittungen ein: Bereits am 26. Oktober setzte Maximilian II. einen Brief an Johann Georg von Brandenburg auf, in dem er diesen über das Eintreffen von »Zeittungen« durch aus Venedig »eylende[] Currier[e]« am Vortag und an demselben Tag informierte. Diese Lepanto-Zeittungen »freundtlich vnnd genedigclich zu Communitiern« diente laut kaiserli1674 Martin Luther/ Philipp Melanchton: Zwen trostbrieue/ geschriben an den Durchleuchtigen/ vnd hochgebornen Fürsten vnd Herrn/ Herrn Joachim Churfürste[n]/ vnd Marckgrauen zu Brandenburg &c. vom Türcken zuge. D. Martin. Luther. Philip. Melanthon. Nürnberg o. J. [1532 bzw. ca. 1545]. (AL, Turcica I.13/15771). 1675 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 6r– 9v, »Kurtzer Begriff, des Bundes, Zwischen Papst, Konig auß hispanien, vnd den Venedigernn«.

464

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

chem Schreiben dazu, den brandenburgischen Kurfürsten »ainer solchen gemainen freydt auch thailhafftig zumachen«.1676 Am 14. November sandte Maximilian dann erneut ein Schreiben an Johann Georg, das »weÿttere Zeittung […] von der Christlichen Armada« sowie vom »der glücklichen Victori[] der Christlichen Armada vff dem Meer« enthielt, deren Übersendung er als Ausdruck des gegenüber Brandenburg am Kaiserhof gehegten, »freüntlichem vnnd genedigem Willen[s]« verstanden wissen wollte. Diese »particularitet« seien »diese Tag aus Jtalia vnnd sonsten anndern mehr Ortten« eingetroffen. Doch woher stammten die nach Berlin gesandten Lepanto-Zeittungen genau und was beinhalteten sie?1677 Es handelte sich erstens um einen Druck, der keine Orts- oder Druckerangabe aufweist, aber Lepanto-Zeittungen aus Venedig (19. Oktober), Nürnberg (28. Oktober) und Augsburg (undatiert) enthält. Inhaltlich ist über den Schlachtverlauf, die Festivitäten in Venedig sowie die Beutestücke berichtet worden.1678 Zweitens versandte der Kaiser eine deutsche Übersetzung von Juan de Austrias Schlachtbeschreibung, die er von seinem Botschafter aus Rom erhalten hatte.1679 Drittens lagen eine italienische Abschrift sowie eine deutsche Übersetzung der von Sebastiano Venier verfassten und durch Giustiniani am 19. Oktober in Venedig überbrachten Lepanto-»Zeittung« bei.1680 Viertens trafen venezianische Avvisi ein, die über die Beute- und Sklavenverteilung unter den Ligisten berichteten.1681 Damit ist aufgrund der Vielzahl der den Schreiben beiliegenden Handschriften und Drucken über das Ereignis Lepanto festzuhalten, dass auch hierdurch die bereits geäußerte These gestützt wird, wonach der durch die Reichshofkanzlei angelegte Zeittungs-Bestand nur begrenzte Einsichten in ausgewählte Exemplare einer tatsächlich viel umfangreicheren Nachrichtenzir1676 Ebd., fol. 10r, Maximilian II. an Johann Georg von Brandenburg, Wien, 26. Oktober 1571. 1677 Ebd., fol. 25r f., Maximilian II. an Johann Georg von Brandenburg, Wien, 14. November 1571. Berlin wird als Zielort der Schreiben auf ebd., fol. 25v angegeben. 1678 Anonym: Warhafftige Newe Zeitung von den gewaltigen vnd freudenreichen Sieg. (GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253). 1679 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 12r– 19v, »Relation des so sich sider dem 30 Septembris des 71 Jhars, bis auff den 7 Octobris, Jhn der bundesvorwanthen Armada zugetraghen«; Anonym (Lope de Figueroa): Raccolto DI TVTTO IL SVCCESSO SEGVITO DA CHE SI FERMÒ LA SANTA LEGA DE’ Christiani per N. S. Pio Quinto sino a questo giorno. NEL QVALE SI CONTIENE OGNI PARTICOLAR auuiso della Battaglia & Rotta Nauale data dall’Armata Turchesca per il Sereniss. Don Giouanni d’Austria Generale dell’Armata di detta Santa Lega. PER AVVISI HAVVTI DA SVA SERENITA e da altri Signori ritrouatisi presenti in detto conflitto. Florenz 1571. (BAV, R.G.Miscell.III.806(int. 3); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 86r– 91v). 1680 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 20r– 23v. Zitat auf ebd., fol. 21r. 1681 Ebd., fol. 26r–27r, lateinische Avvisi aus Venedig, 11. November 1571.

465

Ein Sieg, viele Nachrichten

kulation am Kaiserhof ermöglicht. Kurfürst Johann Georg von Brandenburg ist jedoch nicht allein durch den Kaiser, sondern ebenso durch den venezianischen Collegio über den Ausgang der Seeschlacht unterrichtet worden.1682 In den folgenden Jahren erreichten ihn weitere über den Kaiserhof vermittelte Zeittungen aus Venedig und Rom, die über den Fortgang der Liga-Verhandlungen, deren militärische Aktionen im östlichen Mittelmeerraum sowie über den venezianisch-osmanischen Friedensschluss von 1573 berichteten.1683 Berlin

(28.10.)

(26.10., 14.11.)

Nürnberg

Wien Augsburg

(19.10., 19.10., 11.11.) Venedig

(09.10.) Astakos

Rom

(09.10.) Petala

Grafik II.6.7: Die Zirkulation der an das Kurfürstentum Brandenburg gesandten Lepanto-Zeittungen (1571).

Eigene Zeittungs-Bestände sind jedoch nicht nur in den hier behandelten, herrschaftlichen Kontexten angelegt worden. Hinzu kamen persönlich zusammengetragene Sammlungen überschickter handschriftlicher Nachrichtenbriefe, wie etwa die Missiven-Kompilation des Nürnberger Rats Hans Rieter der Ältere 1682 ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Johann Georg von Brandenburg. 1683 Vgl. die verschiedenen Schreiben in GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 28r–52v.

466

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

von Kornburg. Auch in dieser findet sich ein handschriftlicher Bericht zur Seeschlacht von Lepanto, ohne dass sich allerdings mehr darüber sagen ließe, wer ihn wann genau Rieter übermittelt hätte.1684 Neben Rieter sammelten auch andere hochrangige Nürnberger wie etwa Andreas Imhoff, Christoph Gugel und Wolf Haller die Zeittungen, die sie aus Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen, Sachsen, Schweden und Spanien erhielten.1685 Bei ihnen trafen Ende 1570 aus Venedig und Passau Nachrichtenbriefe über die Auseinandersetzungen um Zypern sowie deren Einfluss auf Florenz, Istanbul, das Papsttum und Spanien ein.1686 Bereits im August 1572 wurde den Nürnbergern ein avis aus Frankreich zugesandt, der über Gerüchte berichtete, wonach Venedig sich um einen Separatfrieden mit dem Osmanischen Reich bemühe.1687 Des Weiteren weist Imhoffs, Gugels und Hallers Sammlung einen am 19. Oktober 1571 aufgesetzten, venezianischen Nachrichtenbrief mit der »gantz guete[n] und freuliche[n] Zeittung[]« zur Seeschlacht von Lepanto auf.1688 An personengebundenen Zeittungs-Sammlungen sind für den hier untersuchten Zusammenhang weiterhin diejenigen von Bedeutung, die Adlige anlegten, die selbst an der Seeschlacht beteiligt gewesen sind. Zu nennen ist hier etwa der – allerdings nur unvollständig – überlieferte Avvisi-Bestand Giovanni Andrea Dorias, der in den Sommermonaten des Jahres 1571 insbesondere aus Venedig, Rom, Korfu, Barcelona, Kreta und Lecce handschriftliche Nachrich1684 Vgl. Kapitel II.3ii. Multikonfessionalität und das Ereignis Lepanto: Lutheranisches Nürnberg. Die von Rieter aufbewahrte Lepanto-Nachricht findet sich in BSB, Cod. germ. 5020, fol. 158r–165v. In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist auch die wenig später einsetzende Korrespondenz- und Zeittungen-Sammlung von Hans Merer aus Augsburg und dessen Schwager Stephan Fugger, der als Stadtkämmerer in Regensburg wirkte. Diese umfasst die Jahre 1583 bis 1595 und enthält zahlreiche Zeittungen zu den Kriegsgeschehnissen in den Niederlanden, zu konfessionellen Auseinandersetzungen sowie zum Kalenderstreit. Vgl. BSB, Cod. germ. 5864 (1–5). 1685 Diese werden aufbewahrt in StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 210/I–VIII. StAN, Rep. 52a, Eintrag 210 gibt besagte Personen als Empfänger an und untergliedert den Bestand wiefolgt: »Fasz. I: Zeitungen aus Italien. Sprache aus Rom etc. 1520–1574. Fasz. II: Zeitungen aus Polen, Schweden, Dänemark etc. 1541–1588. Fasz. III: Zeitungen, die Türkenkriege betr. 1557–1585. Fasz. IV: Zeitungen aus den Niederlanden, Spanien etc. 1557– 1586. Fasz. V: Zeitungen aus Frankreich 1543–1575. Fasz. VI: Zeitungen aus Sachsen 1566, 1567. 24 Produkte und Folien. Fasz. VII: Diverse Zeitungen aus dem Deutschen Reich, 1532–1565, 33 Produkte und Folien. Fasz. VIII: Unterschiedliche Zeitungen 1542–1562, 23 Produkte und Folien.« 1686 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 210/III, fol. 26r, lateinischer Avviso aus Passau, 07. Dezember 1570; ebd., fol. 27r f., deutschsprachige »Zeittung aus Venedig«, 25. August 1570; ebd., fol. 28r, »Zeittoung[sic!] au[s] Venedig«, 27. August 1570. 1687 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 210/V, fol. 69r, 06. August 1572. 1688 Sporhan-Krempel: Nürnberg als Nachrichtenzentrum, S. 165f. (Zitat ebd., S. 165) gibt diesen für StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr. 210/IV an. Allerdings befindet sich diese Zeittung heute nicht mehr in besagtem Bestand (Einsicht über Mikrofilme X 1176 und S 1177).

Ein Sieg, viele Nachrichten

467

tenbriefe in italienischer und spanischer Sprache erhielt.1689 Zu den bedeutendsten Briefpartnern des genuesischen Adligen, der in spanischen Diensten an der Seeschlacht von Lepanto teilnahm, gehörten der spanische Rom-Botschafter Juan de Zúñiga, der neapolitanische Vizekönig und Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle sowie der Marqués de Tursi. Zugleich trat Doria selbst gegenüber Juan de Zúñiga oder Pius V. als Korrespondent auf, der Neuigkeiten zu den LigaGaleeren übermittelte.1690 Dass es keineswegs ungewöhnlich war, dass hochrangige Ligisten Avvisi erhielten und versandten, zeigt sich auch für Paolo Giordano Orsini, der Lepanto-Avvisi nach Rom und Florenz geschickt hatte. Ebenso trat Marc’antonio Colonna als Avvisi- und Relationen-Schreiber in Erscheinung.1691 Der Bestand Dorias veranschaulicht vor allem, dass bei der Rekonstruktion der Nachrichtenrouten eine erhebliche geografische Mobilität der Empfänger dieser Nachrichten mitzudenken ist. Dieser Einwand verdeutlicht zugleich die Grenzen eines auf separat überlieferte Avvisi- und Zeittungs-Bestände hin fokussierten Zuganges, wie er von Barbarics und Pieper in ihrer Untersuchung der Fugger-Zeittungen für weitere Archivbestände eingefordert und hier nun – ergänzt um zusätzliche, zentrale Überlieferungen – erstmals vorgelegt wurde. Denn bei einem solchen Recherchezugang lassen sich nur sammlungsbezogene Einsichten gewinnen, auf den hin auch die ereignisbezogenen Erkenntnisse limitiert sind. Wenn also die handschriftlichen Nachrichtenbriefe als Zeittungen mit der Zeittung vom Seesieg vergleichend, aber fokussiert auf einen Sammlungskontext hin untersucht werden, so lassen sich einerseits eine ganze Menge an Fragen lokalspezifisch beantworten, jedoch bleiben andererseits darüber hinausreichende Kontextualisierungsversuche unbeantwortet. Beispielsweise ist zu rekonstruieren, wann und woher die ersten aufbewahrten Lepanto-Neuigkeiten bei den de’ Medici eintrafen. Deren Aufbewahrung lässt zudem darauf schließen, dass sie – ganz im Gegensatz zu anderen, nicht aufbewahrten Zeittungen – als wichtig und erhaltungswürdig eingeschätzt wurden. Wobei hier etwa deren Sammlung dahingehend zu verstehen ist, dass sie die soziale Reputation der Besitzer demonstrierten

1689 Zur Überlieferungssituation: ADP, Scaff. 70, b. 24, int. 1 (1558–1626 mit einer Bestandslücke von August 1571 bis ins Jahr 1598); ebd., int. 2 (Avviso, Rom, 29. Dezember 1571); ebd., int. 15 (verschiedene Schreiben zu den Jahre 1558 bis 1571, aber zumeist aus dem 17. Jahrhundert stammend); ADP, Scaff. 79, b. 53, int. 4C (aus Korfu und Kreta vom Zeitraum vor der Seeschlacht von Lepanto, 5. Juni 1571 und 8. Juli 1571 aus Korfu). 1690 Vgl. ADP, Scaff. 79, b. 53, int. 4, 1570; BL, Add 8314, fol. 258v–274v, 293r f., 303r f., 360r-361v, Giovanni Andrea Doria an Juan de Zúñiga oder Pius V., Palermo, »Setia« und Korfu vom Juni bis Oktober 1570 (vermutlich aus dem 17. Jahrhundert stammende Abschrift). 1691 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 101v f., Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 21, II; ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 23; HHStA, Kriegsakten, 24.

468

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

und ein aktualisierbares »Nachrichtenarchiv[]«1692 bildeteten, in denen Zeittungen als Zeichen auf ein veranschlagtes göttliches Wirken innerhalb einer christlichen Weltordnung verstanden wurden, dessen Zeichenhaftigkeit und Verweisungscharakter sich erst nachträglich erschloss und daher dokumentiert werden musste.1693 Insofern prägte die Aufbewahrung von Lepanto-Zeittungen zugleich dessen Verständnis als göttlich vermitteltes Ereignis. Zugleich verdeutlicht ein Vergleich der Sammlungen, dass zwar der Fokus der geografischen Netze auf Venedig und Rom lag, dass diese aber je nach örtlicher Situierung des Adressaten unterschiedlich gewichtet waren. Ebenso ist festzustellen, dass die in den Nachrichtennetzwerken agierenden Akteure – also Novellanten, Absender, Kuriere und Adressaten – je nach den eintreffenden Nachrichten Schwerpunktverlagerung innerhalb dieser Netzwerke vorzunehmen vermochten, was zugleich bedeutete, dass die Reaktion dieser Netzwerke auf die ersten Nachricht einer Wertschätzung der Nachricht als ein weiterhin zu übermittelndes Geschehnis mit Ereignischarakter folgten. Das Ereignis wurde also auch durch die Fokussierung der innerhalb der Nachrichtennetzwerke beteiligten Akteure mitgestaltet und perpetuiert. Ein sammlungsorientierter Zugriff auf Lepanto-Zeittungen ist zudem durch Sammlungsspezifika begrenzt. Etwa lassen die als Abschriften überlieferten Avvisi der Fugger und Herzöge von Urbino keine gesicherten Aussagen über das genaue Eintreffen der Neuigkeiten zu. In solchen Fällen ist die Rekonstruktion der Nachrichtennetzwerke nicht über die auf dem Zeittungsäußerem notierten Routen- und Eingangsvermerke, sondern lediglich über die in der Zeittung selbst angeführten Verweise möglich, die sich bei Formulierungen wie »[i]tem so sagt man«1694 nur schwer verifizieren lassen. Was sich bei einem Untersuchungszuschnitt auf geschlossene Zeittungsbestände ebenfalls kaum rekonstruieren lässt, sind die Reaktionen auf die eingetroffenen Nachrichtenbriefe. Konkret heißt das beispielsweise, dass zwar die bei den Fuggern eingehenden Lepanto-Informationen dokumentiert sind, dass dann jedoch unberücksichtigt bliebe, wie die Fugger mit diesen umgingen. Um dies zu erforschen, bedarf es der vergleichenden Untersuchung weiterer Quellenbestände wie etwa der Kopierbücher Hans Fuggers, aus denen hervorgeht, dass dieser bereits kurz nach den ersten 1692 Bauer: Zeitungen vor der Zeitung, S. 139. 1693 Nicht allein Lepanto wurde als Eingreifen Gottes interpretiert, sondern auch Korsarenaktivitäten. Vgl. hierzu ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 100, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 28. Oktober 1571, fol. 1v [361v]. Zur Zeichenhaftigkeit siehe Mauelshagen: Verbreitung von Wundernachrichten; Andreas Bähr: »Unaussprechliche Furcht« und Theodizee. Geschichtsbewusstsein im Dreißigjährigen Krieg. In: WerkstattGeschichte Nr. 49 (2008), S. 9–31. 1694 SoaT, Sammlung Historica, 4688, fol. 1v.

Ein Sieg, viele Nachrichten

469

Lepanto-Nachrichten Herzog Ludwig III. von Württemberg »vnderthenig v[er]trostung gethan, da von wegen erlangter Victorj vnnserer Christlichen Armada wid[er] den Erbfeind«.1695 Als bei Hans Fugger Anfang November in Augsburg Don Juans Schlachtbeschreibung aus Wien eintraf, die dieser dort durch Fernando de Mendoza dem Kaiser überbringen lassen hatte, schrieb Hans Fugger erneut an den württembergischen Herzog und übersandte diesem eine Abschrift der Relation mit weiteren particularia zum Schlachtgeschehen.1696 Ebenso vermitteln die nicht in die Avvisi-Bestände integrierten Quellen weitere Auskünfte zu den Informationsnetzwerken der Avvisi-Sammler. Auch hier können die Kopierbücher des Hans Fugger als Beispiel dienen, der (wie der Herzog von Bayern auch) insbesondere von Albrecht und Hieronimus von Lodron über die Geschehnisse im Umfeld der Liga-Flotte informiert wurde. Ersterer Vertreter dieses Grafengeschlechts südtirolischen Ursprungs wiederum nahm in spanischen Diensten an der Seeschlacht von Lepanto teil. Fugger schätzte deren Zeittungen so hoch ein, dass er sie sogar dem bayerischen Herzog zur Lektüre weiterleitete – freilich nicht ohne den Wunsch zu äußern, die Zeittungen nach dem Lesen wieder zurückzuerhalten.1697 Solche Quellen ermöglichen also eine umfangreichere Rekonstruktion der Einbettung dieser Zeittungen in soziale Praktiken. Beispielsweise schrieb Hieronymus der Ältere Schlick im April 1581 in sein Tagebuch, dass er von seinem Schwager Lazarus von Schwendi »ettliche newe zeyttung auß Venedig, Paryß und Brabandt« erhalten hatte und daraufhin Mittag aß, wobei er nebenher und allein die übersandten Nachrichtenbriefe las. Andere Zeitgenossen wie Henri Estienne betonten hingegen, dass sie niemals Briefe mit schlechten Nachrichten lasen, wenn der Abstand zum Essen oder Schlafen zu kurz sei.1698 Dass ein sammlungsfokussierter Zugriff auf Lepanto-Zeittungen zwar erste forschungspragmatische Einsichten zum Eintreffen von Lepanto-Nachrichtenbriefen und der jeweils geografischen Reichweite der Netzwerke zulässt, dass 1695 FA, 1.2.5, Hans Fugger an Herzog Ludwig III. von Württemberg, Augsburg, 06. November 1571, fol. 63r. 1696 Ebd. Vgl. auch Karnehm: Korrespondenz Hans Fuggers. Bd. 1, S. 264f. 1697 FA, 1.2.6a, S. 271f., Hans Fugger an Hieronimus von Lodron, Augsburg, 27. September 1572; ebd., S. 283, Hans Fugger an David Ott in Venedig, Augsburg, 04. Dezember 1572; ebd., S. 391f., Hans Fugger an Hieronimus von Lodron, 10. Januar 1573. Karnehm: Korrespondenz Hans Fuggers. Bd. 1, S. 119*, 50, 369–371, 395; FA, 1.2.7, S. 373–375, Hans Fugger an Herzog Wilhelm von Bayern, 18. November 1574. Siehe auch Karnehm: Korrespondenz Hans Fuggers. Bd. 2, 1, S. 114. Die weitergeleiteten Nachrichten waren ebd., S. 96f., 103f. Dazu siehe ebd., S. 115. 1698 Miroslava Durajová/ Rostislav Smísˇek (Hg.): Hieronymus der Ältere Schlick. Das Tagebuch. Eine Selbstdarstellung aus den Jahren 1580–1582. (Prameny k cˇeským deˇjinám 16.–18. století. Documenta res gestas Bohemicas saeculorum XVI.-XVIII. illustrantia. Series B, ˇ eské Budeˇjovice 2008, S. 288; Anthony Grafton: The Culture of Correction in Bd. 2). C Renaissance Europe. (The Panizzi Lectures 2009). London 2011, S. 12.

470

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

diese aber dem historischen Verständnis der Nachrichtenzirkulation nur bedingt gerecht wird, verdeutlichen solche Schreiben selbst. Ein Novellant informierte etwa den Kaiser, dass die venezianische Herrschaft, »[s]obaldt die Neu Zeitung von der Victori khommen, […] allennthalben Possten abgeferttigt [hat], vnnd dasselbig an die Fürsten ausgeschriben«. Hier wurde der Kaiser also über die Versendung von Lepanto-Nachrichen an die deutschen Territorialherrscher selbst informiert, was angesichts der einsetzenden Debatten über die Auswirkungen Lepantos auf das Reich als informationspolitischer Akt verstanden werden kann, dessen sich der Novellant selbst bewusst war.1699 Ein römischer Novellant informierte den Kaiser ebenso über die vom Papst an die Reichsfürsten entsandten Lepanto-Schreiben, und der habsburgische Botschafter Veit von Dornberg schrieb an Maximilian II., dass er ein von der venezianischen Herrschaft aufgesetztes Schreiben zum Seesieg erhalten werde.1700 Der bereits genannte venezianische Novellant notierte auch, dass: »sie zue Rom am Sambstag Abennts noch nichtz von der Schlacht gwisst [haben], Aber der Venedigisch Pott, so von Rom hergeritten, hat am Sonntag frue den Potten, den die herrschafft mit diser Zeitung hinein gesanndt zu Narni antroffen, der wirdt noch desselbigen tags auf den Abennt zue Rom sein ankhomen«.1701

Hier richtete sich also erneut das Augenmerk des Novellanten auf die zeitgleich auf anderen Wegen stattfindende Übermittlung weiterer Lepanto-Nachrichten. Indem er dabei betont, dass Venedig zu einem Zeitpunkt über die Seeschlacht informiert gewesen ist, als Rom noch keine Informationen über diese erhalten hatte, unterstrich der Absender gegenüber Wien zugleich die Qualität seiner eigenen Schreiben. Dieser Blick eines die Seeschlacht betreffenden Nachrichtenschreibens auf die Übermittlung anderer solcher Handschriften verdeutlicht aber vor allem, dass eine Rekonstruktion der an einem Ort eingetroffenen Lepanto-Zeittungen nur teilweise die Bedeutung zu untersuchen vermag, welche 1699 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 119v, Venedig, 26. Oktober 1571. Bei dem erwähnten Schreiben handelt es sich um ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Albrecht V., Herzog von Bayern; Salentin von Isenburg, Erzbischof von Köln; Daniel Brendel von Homburg (Erzbischof von Mainz); Jakob III. von Eltz (Erzbischof von Trier); Johann Jakob von Kuen-Belasy (Erzbischof von Salzburg); August von Sachsen; Johann Georg von Brandenburg; Friedrich III. von der Pfalz; Ferdinand II., Erzherzog von Österreich; Karl II. Franz von Innerösterreich; Kaiser Maximilian II. Vgl. Kapitel II.3.viii. Das Ereignis Lepanto und die Diskussionen um einen Liga-Beitritt: Die Debatten der Jahre 1571 bis 1573. 1700 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 124r–128v, Rom, 03. November 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571. 1701 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 119v, Venedig, 26. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

471

diese Texte bei der Konstitution Lepantos als Ereignis durch die Zeitgenossen spielten. Denn offensichtlich sind die versandten und eingegangenen LepantoZeittungen mit solchen in Bezug gesetzt worden, die anderweitig verschickt wurden. Es stellte also ein wichtiges Forschungsunternehmen dar, das Entreffen von Lepanto-Nachrichtenschreiben lokal zu situieren, das allerdings nur ein erster Schritt für eine umfassendere Kontextualisierung der Lepanto-Avvisi sein kann. Denn zahlreiche handschriftliche Lepanto-Zeittungen werden, wie sich im Laufe der Recherchen zeigte, nicht in geschlossenen, dezidierten Avvisi-Beständen, sondern verstreut in Archiven, aufbewahrt, deren möglichst umfassende Sichtung nötig ist, um die synchrone Zirkulation der Lepanto-Zeittungen umfassender und vor allem relational zu rekonstruieren.1702 Diesem Vorhaben gehe ich im folgenden Unterkapitel nach.

II.6.ii. Die Nachricht als Ereignis: Eine Kartografie der ersten Lepanto-Nachrichtenzirkulation In der vorliegenden Studie erforsche ich die zeitgenössische Verfertigung der Seeschlacht von Lepanto als historisches Ereignis selbst als glokales Ereignis, insofern Akteure die Deutungsansprüche auf Lepanto lokal, aber weltweit verhandelten. Als glokales Ereignis war die Nachricht Lepanto jedoch nicht einfach an verschiedenen Orten, sondern sie ist dorthin gelangt, indem unterschiedliche Menschen über die Seeschlacht redeten und schrieben, solche Schreiben weiterreichten, diese so von Hand zu Hand gingen, ihre Adressaten erreichten (oder auch nicht) und diese damit wiederum auf bestimmte Art und Weise umgingen, sie aufbewahrten, diskutierten, übergaben oder übersetzten. Wenn bisher das Eintreffen und die Herkunftsrouten von Lepanto-Zeittungen lokal spezifisch anhand geschlossener Bestände erforscht wurden, so trägt diese Untersuchung nur bedingt den vielschichtigen Routen der Nachrichtenzirkulation und den zahlreichen Akteuren Rechnung, die daran beteiligt waren Lepanto als Ereignis mithilfe handschriftlicher Nachrichtenbriefe zu kommunizieren. Wenn im Folgenden die Modi der Zirkulation selbst wie etwa die beteiligten Akteure, die 1702 Dass dieser korrespondenzen- und netzwerkfokussierte Ansatz, der die soziale Relevanz und das soziale Kapital dieser Schriftstücke innerhalb von Relationen und Übersetzungen beleuchtet, ein wichtiges Forschungsdesiderat darstellt, zeigen Franz Mauelshagen: Netzwerke des Nachrichtenaustauschs. Für einen Paradigmenwechsel in der Erforschung der ›neuen Zeitungen‹. In: Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Johannes Burkhardt u. Christine Werkstetter. (Historische Zeitschrift. Beihefte N. F., Bd. 41). München 2005, S. 409–425; Francisco Bethencourt/ Florike Egmond (Hg.): Cultural Exchange in Early Modern Europe. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007; Gerstenberg: Perspektiven einer länder- und textsortenvergleichenden Nachrichten-Geschichte.

472

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

damit einhergehenden Praktiken und Bedeutungszuschreibungen sowie die zeiträumlichen Aspekte der Ereigniswerdung Lepantos durch die Nachrichtenzirkulation im Mittelpunkt stehen, sollen damit die Wege, die die frühesten Nachrichten zu Lepanto nahmen, als Übersetzungsprozesse und damit als historische Modi der Ereignisproduktion selbst ernst genommen werden. Der Fokus dieses Unterkapitels liegt also auf der geografischen und synchronen Zirkulation der Lepanto-Zeittung.1703 Diese stelle ich kartografisch dar, um so als heuristisches Instrument Raumordnungen, Relationen, Mobilitäten und temporale Skalierungen visualisieren und die an der Zirkulation der Zeittungen selbst beteiligten Akteure positionieren zu können (Karten II.6.8–12).1704 Diese Übersichten betreffen eine Kartografie der ersten, mir nachweisbaren Lepanto-Nachrichten. Es geht also um die Nova schlechthin, die zumeist mit dem Hinweis auf weitere Avvisi einherging. Etwa betonte der venezianische Repräsentant in Neapel, Alvise Bonrizzo, er wolle »größere Einzelheiten sofort« nach Venedig senden, sobald diese in Süditalien eingetroffen seien.1705 Wie dieser Hinweis sowie die bereits im Hinblick auf die diachrone Zirkulation der LepantoNachrichten ausgewerteten Avvisi-Bestände verdeutlichen, diversifizierten sich die Routen der Informationsübermittlung, nachdem die ersten Neuigkeiten zum Seesieg der ›Heiligen Liga‹ eingetroffen waren. Rom wurde dann beispielsweise auch über Otranto informiert und die Tatsache, dass dem Papst auf dieser Route Details zum Schlachtgeschehen übermittelt werden sollten, war dann wiederum aus Otranto auch in Venedig bekannt.1706 All diese Wege grafisch zu veranschaulichen, würde die Karte selbst unübersichtlich und damit als heuristisches Instrument unnütz werden lassen. Deshalb – und auch aufgrund der bereits anhand der Sammlungsbestände veranschaulichten diachronen Zeittungs-Zirkulation – soll der Fokus im Folgenden auf den Wegenetzen der in den jeweiligen Ortschaften erstmals eintreffenden Nachrichtenschreiben zur Seeschlacht liegen. Dabei ist freilich der Aussagewert der Kartografie selbst zu hinterfragen (Karte II.6.8): Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Lepanto-Zeittung als Kunde vor allem mündlich weitergetragen wurde und dass sich diese orale Distribution hier nur visualisieren lässt, wenn sie schriftlich fixiert worden ist. Als Beispiel sei das Eintreffen der Siegesnachricht in Neapel angeführt, wo der Vizekönig und Kar1703 Mauelshagen: Netzwerke des Nachrichtenaustauschs; Zwierlein: Fuggerzeitungen; Gerstenberg: Perspektiven einer länder- und textsortenvergleichenden NachrichtenGeschichte. 1704 Rob Inkpen/ Peter Collier/ Mark Riley: Topographic Relations. Developing a Heuristic Device for Conceptualising Network Relations. In: Area 39 (2007), H. 4, S. 536–543. 1705 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r [326r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571: »come si habbia magg.r particolari subito li espediro a .V. Ser.ta«. 1706 ÖNB, Cod. 8949, fol. 276v, Venedig, 02. November 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

473

dinal Antoine Perrenot de Granvelle zunächst mündlich den venezianischen Residente informierte, der dann wiederum Lepanto-Schreiben versandte.1707 Ebenso sind die Darstellungsmöglichkeiten der Kartografie selbst auf die tradierte Überlieferung und auf meine eigenen Recherchen begrenzt. Darüber hinaus ist eine noch umfangreichere Zirkulation der Lepanto-Nachrichten auch deshalb anzunehmen, weil sowohl König Karl IX. als auch der Herzog von Alba für die französischen Herrschaftsbereiche und die Spanischen Niederlande die umfangreiche Durchführung weiterer Festivitäten zu Ehren des Liga-Sieges veranlassten.1708 Auch verwies ein Novellant auf päpstliche Lepanto-Schreiben, die angeblich den Bischöfen von Passau, Bamberg, Eichstätt und Hildesheim zugestellt worden seien – die ich jedoch nicht nachweisen und daher nicht in der Grafik darstellen konnte.1709 Bei der Erforschung der ersten zirkulierenden Nachrichten zum Seesieg der ›Heiligen Liga‹ ist zudem zu berücksichtigen, dass in einer Vielzahl von Ortschaften die Nachricht bekannt gewesen sein dürfte, wenngleich sich in der heute erhaltenen archivalischen Überlieferung keine Hinweise darauf finden lassen. Daher sind in der Grafik auch solche Orte eigens gekennzeichnet worden, in denen Drucke anlässlich der Seeschlacht erschienen sind, obwohl ich im Zuge meiner Recherchen keine handschriftlichen Zeittungen oder Festivitäten nachweisen konnte (Karte II.6.8). Um hier die Vergleichbarkeit und Aussagefähigkeit zu gewährleisten, wurden Drucke berücksichtigt, aus deren Titel bereits ein Bezug zur Seeschlacht feststellbar ist, und hier sowohl jene, die in grundlegenden Bibliografien gesammelt wurden, als auch jene, die ich zusätzlich während meiner Recherchen auffand. Daraus ergibt sich die Anführung folgender Ortschaften, in denen die Kunde vom Seesieg in Druckerzeugnissen postuliert und rezipiert wurde: Basel, Brescia, Brixen, Cesena, Cremona, Dijon, Dillingen, Frankfurt am Main, Granada, Ingolstadt, Leipzig, Modena, Palermo, Pavia, Perugia, Pesaro, Salamanca, Trino, Viterbo, Wolfenbüttel und Wrocław.1710 Einige 1707 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r–2v [326r-327v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571. 1708 Siehe II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege. 1709 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 127r f., Rom, 03. November 1571. 1710 Mammana: Lèpanto, S. 277 mit den entsprechenden Einzelnachweisen im Band; Anonym: IL VERO SVCCESSO DELLA GRANDE BATAGLIA ET FELICISSIMA VITTORIA CHE HA Hauuta l’Armata Della Santissima Lega Contra Alla Superba & Orgoliosa Armata Turchesca Nel Golpho Di Lepanto Alli 7. D’Ottobre. 1571. CON L’ORDINE DELLE GALERE ET LE INSEGNE Loro, Con Li Fanò, Nomi, & Cognomi Delli Magnifici, & Generosi Patroni Di esse, Che Si Ritrouorno Nella Armata Della Santissima Lega Al Tempo Della Vittoria. ET CON L’ORDINE DELLA BATAGLIA DELLI Inimici & Della Quantita Delli Pregioni & Morti De’ Principali Di Essi Turchi Con La Liberatione de Molti Schiaui Christiani & De Altri Progressi & ordini seguiti in essa Bataglia Nauale Come Legendo Intenderetti. FIDELMENTE POSTO IN LVCE. Trino 1571. (OSK, Röpl. 279 = Röpl. 283 (4)); Juan Verzosa:

474

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

dieser Drucke legen zwar selbst nahe, dass auch manche diese Städte – wie etwa Cesena und Pesaro – von Venedig aus über den Ausgang der Seeschlacht informiert wurden,1711 zahlreiche andere erschienen jedoch ohne Ortsangaben und können daher in der Kartendarstellung nicht berücksichtigt werden.

Karte II.6.8: Eine Kartografie zeitgenössischer Ortschaften, in denen im Zuge meiner Recherchen die Bekanntheit der Lepanto-Zeittung nachgewiesen werden kann. Kreise: Nachweis über Handschriften; Dreiecke: Nachweis über Drucke. Der Austragungsort der Seeschlacht ist gesondert eingezeichnet. Siehe zusätzlich auch Karte II.5.1. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

Im Wesentlichen lassen sich drei Initialverbindungen identifizieren, die für die weitere Nachrichtenzirkulation grundlegend waren. Erstens, die Übermittlung der Lepanto-Nachricht in den osmanischen Herrschaftsraum, die von Nafpaktos ausgehend über Methoni und Euböa bis nach Istanbul erfolgte (Karte II.6.9). Von hier aus gelangte sie dann weiter nach Edirne (17. Oktober),1712 von dort aus EPINICIVM IN CLARISSIMA VICTORIA SERENISSIMI PRINCIPIS IOANNIS AB AVSTRIA, qua classem Turcarum potentissimam summo Christianæ Reipub. bono superauit, & cepit. […]. Salamanca 1572. (AL, Turcica XIV.207/15998). Kapitel II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege und II.3.v. Die Nähe und Ferne eines Ereignisses: Lepanto in Drucken und Selbstzeugnissen. 1711 Anonym: COPIA DELL’AVISO VENVTO da Vinegia. (AL, Turcica VI.95/15855); Sebastiani Quirini: SEBASTIANI QVIRINI PATRICII VENETI ORATIO PRO FELICISSIMA VICTORIA NAVALI AD VENETOS PATRICIOS. Cesena 1572. (AL, Turcica XI.172/15948). 1712 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Costantinopoli, filza 5, fol. 485r–486v, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 150r, Rom, 17. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del

Ein Sieg, viele Nachrichten

475

Karte II.6.9: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten LepantoZeittungen I: Istanbul als Knotenpunkt der Nachrichtenzirkulation. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

wiederum nach Siebenbürgen und von der Walachei nach Polen-Litauen (Kraków).1713 Ausgehend von Istanbul ist die Nachricht auch nach Aleppo geschickt worden und sollte von dort aus weiter in das safawidische Qazvin transportiert werden.1714 Die zweite Route etablierte Otranto als Kommunikationszentrum für die Übermittlung der ersten Lepanto-Nachrichten in Süditalien (Karte II.6.10). Dort Principato, 3081, fol. 208r, venezianische Avvisi aus Rom (17. November 1571), von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt; Pedani-Fabris: Relazioni di ambasciatori veneti al Senato. Bd. 14, S. 180f. 1713 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 97, Konv. B, fol. 128r–129v, Stephan Báthory an Maximilian II., aufgesetzt »in possessione Lekencze«, 24. Dezember 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 161r, Kraków, 03. November 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, Sigismund II. August, König von Polen. 1714 BNM, MS It. VII. 391 (8873), fol. 234v, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 30. November 1571; ebd., fol. 242r, Marc’antonio Barbaro an Alvise Mocenigo I., Istanbul/ Pera, 05. Januar 1572. Zur osmanischen Informationspolitik siehe Gábor Ágoston: Information, Ideology, and Limits of Imperial Policy. Ottoman Grand Strategy in the Context of Ottoman-Habsburg Rivalry. In: The Early Modern Ottomans. Remapping the Empire. Hg. v. Virginia H. Aksan u. Daniel Goffman. Cambridge u. a. 2007, S. 75–103; Dejanirah Couto: Spying in the Ottoman Empire. Sixteenth-Century Encrypted Correspondence. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike Egmond. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 274–312.

476

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

war die Siegeskunde erstmals am 20. Oktober eingetroffen und wurde daraufhin nach Lecce und Neapel weitergeleitet.1715 Von hier aus erreichte die Neuigkeit dann Rom und Venedig,1716 wo der Avviso allerdings seinen Status als novitas bereits verloren hatte, weil dort die Siegesnachricht bereits auf anderen Wegen eingetroffen war. Dass Otranto für Süditalien bezüglich der ersten LepantoNachrichten als entscheidendes Kommunikationszentrum in Erscheinung trat, ist durch geografische Relationen zu begründen: Zwar hatte Venedig die Siegesnachricht einen Tag vor deren Eintreffen in Otranto erreicht, doch die Distanz, die bei der Nachrichtenübermittlung zwischen Nord- und Süditalien zu überbrücken war, fiel wesentlich größer aus und nahm damit auch viel mehr Zeit in Anspruch, als jene, die von Otranto aus bestand. So benötigte die Übermittlung von Briefen auf der Poststrecke zwischen Neapel und Venedig Ende 1571 im Normalfall sechs oder sieben Tage.1717 Dass diese Route als ernstzunehmender Gegenpol zur venezianischen Nachrichtendominanz betrachtet werden muss, zeigt auch ein Kommentar des spanischen Botschafters von Venedig. Dieser leitete die Siegesnachricht am 19. Oktober nach Madrid mit dem Nachsatz weiter, für den Fall, dass der König noch nicht aus Neapel oder Rom von ihr gehört habe.1718 Doch die Bedeutung Otrantos für die Übermittlung von Lepanto-Avvisi ist lediglich für die ersten handschriftlichen Nachrichtenbriefe zu unterstreichen, denn bereits acht Tage nachdem die ersten Siegesnachrichten von dort aus Neapel erreicht hatten, klagte der ebenda tätige venezianische Residente, dass keine weiteren Avvisi einträfen. Vergleichbar enttäuscht über ausbleibende Informationen aus Neapel und Otranto zeigten sich der venezianische und spanische Botschafter Roms sowie der neapolitanische Vizekönig.1719 Erst einen Tag 1715 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r–2v [326r–327v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571; ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, fol. 300r–302v, Cesare Brumano an Girolamo Rusticucci, Neapel, 23. Oktober 1571. Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 86. 1716 ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, fol. 300r–302v, Cesare Brumano an Girolamo Rusticucci, Neapel, 23. Oktober 1571; Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 86; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r–2v [326r– 327v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571, eingetroffen in Venedig am 30. Oktober 1571. 1717 Vgl. die Schreiben in ebd., die sowohl das Datum der Niederschrift in Neapel als auch des Eingangs in Venedig enthalten. 1718 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 103, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571, fol. 1r [209r]. 1719 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 109, fol. 1r [328r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 31. Oktober 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 101r, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 59, Juan de Zúñiga an Diego Guzmán de Silva, Rom, 27. Oktober

Ein Sieg, viele Nachrichten

477

später – aber eben doch in Bonrizzos Einschätzung zu spät – traf in Neapel ein aus Otranto stammender Kurier ein, der am 26. Oktober von Korfu aus von der Liga auf drei genuesischen Galeeren entsandt worden war.1720 Otranto verlor in der Folgezeit auch deshalb als Ort der süditalienischen Distribution von die Liga betreffenden Informationen an Bedeutung, weil spätestens mit der Ankunft der spanischen Galeeren in Sizilien am 01. November Messina an Bedeutung für die Übermittlung von Lepanto- und Liga-Nachrichten nach Neapel gewann. Von Messina gelangten dann auch – nicht die ersten – Schlachtbeschreibungen nach Madrid und von dort aus weiter nach Münster, wo allerdings auch zuvor bereits Lepanto-Festivitäten stattfanden und die Siegesnachricht dementsprechend bekannt gewesen sein muss.1721 Der dritte Schwerpunkt der für die Zirkulation der ersten Lepanto-Zeittungen genutzten Routen stellt eindeutig Venedig dar (Karte II.6.11), wo die Nachricht von Zadar und Rovinj aus eingetroffen war.1722 Venedig ist als wesentlicher Ausgangspunkt der Avviso-Zirkulation auszumachen. Dies gilt zunächst einmal für die Italienische Halbinsel selbst. Die Lagunenstadt sandte die Nachricht an verschiedene Städte der Terraferma.1723 Von Venedig aus erreichte aber auch die erste Siegesnachricht Rom.1724 Außerdem wurde sie über Bologna nach Florenz versandt, wobei der toskanische Absender aus Venedig, Cosimo Bartoli, davon ausging, dass weitere Lepanto-Nachrichten aus Rom in Florenz eintreffen dürften.1725 Sie wurde nach Ancona geschickt und erreichte Ferrara mit Zwischen-

1720

1721

1722 1723

1724 1725

1571; ebd., doc. 62, Antoine Perrenot de Granvelle, an Diego Guzmán de Silva, Neapel, 31. Oktober 1571, fol. 1v [118v]. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 111, fol. 1r [330r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 01. November 1571. Die Nachricht ging dann auch an den spanischen Botschafter in Rom und wurde von diesem nachts an Soranzo weitergeleitet. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 101r, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 113, fol. 1r–2v [336r–337v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 21. November 1571; LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 2r, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. Praga: Dalmatia. Pisa 1993, S. 175, 179; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3736, fol. 692v, Girolamo da Correggio an Francesco I. de’ Medici, Ancona, 27. Oktober 1571. Nämlich nach Bassano del Grappa, Belluno, Bergamo, Cividale del Friuli, Cologna Veneta, Conegliano, Crema, Feltre, Legnago und Porto, Pordenone, Padua, Salò, Tadena[?], Treviso (San Polo di Piave, Mel, Lentiai, Cordignano), Verona und Vicenza. ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an die Rettori von Verona; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40r; ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 10. und 11. November 1571, Briefe an die rettori veneti di Terraferma, basierend auf Beschlüssen vom 19. Oktober und 09. November 1571. Stella: Nunziature di Venezia. Bd. 10, S. 117. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 315r f., Cosimo Bartoli an Francesco I. de’ Medici, Venedig, 19. Oktober 1571.

478

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Karte II.6.10: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten LepantoZeittungen II: Otranto als Knotenpunkt der Nachrichtenzirkulation. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

stationen in der Terraferma und in Padua.1726 Über Verona traf die venezianische Nachricht in Mantua ein und auch in Urbino und Genua stammten die ersten Lepanto-Nachrichten aus der Lagunenstadt.1727 Als Zwischenstation bei der 1726 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3736, fol. 692r f., Girolamo da Correggio an Francesco I. de’ Medici, Ancona, 27. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40v; ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Venezia, b. 54, fasc. 96 X, Claudio Ariosto an Alfonso II. d’Este (Abschrift eines ursprünglich an dessen Gattin, Barbara von Österreich, gesandten Schreibens), Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., Claudio Ariosto an Alfonso II. d’Este (Abschrift eines ursprünglich an dessen Onkel, Francesco d’Este, gesandten Schreibens), Venedig, 19. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Alfonso II. d’Este, Herzog von Ferrara, Modena und Reggio; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2892, Bernardo Canigiani an Francesco I. de’ Medici, Ferrara, 22. Oktober 1571. 1727 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an die Rettori von Verona; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua; ASMa, Archivio Gonzaga, 1504, fasc. 1, fol. 14r, Paolo Moro an den Castellano von Mantua, Venedig, 19. Oktober 1571: »bona noua«; ebd., fol. 16r, Paolo Moro an Guglielmo Gonzaga, Venedig, 19. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Guidobaldo II. della Rovere, Herzog von Urbino; ebd., 20. Oktober 1571, an Giannotto Lomellini, Doge von Genua; ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 6, Governo von Genua an Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, Genua, 22. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

479

Karte II.6.11: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten LepantoZeittungen III: Die Zirkulation des venezianischen Lepanto-Avviso (Auswahl kultureller Zentren). Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

Übermittlung des Avviso an die ligurische Hafenstadt diente Mailand, von wo aus die Lepanto-Nachricht auch Parma, Asti und Turin erreichte.1728

1728 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, zwei Briefe an Francesco Gerardo, venezianischer residente in Mailand; AGS, Estado, Milán, leg. 1232, doc. 56, Álvaro de Sande an Philipp II., Aste, 22. Oktober 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 98, Francesco Gerardo, venezianischer residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 22. Oktober 1571, fol. 1r [357r]; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an Ottavio Farnese, Herzog von Parma; AGS, Estado, Milán, leg. 1232, doc. 56, Álvaro de Sande an Philipp II., Asti, 22. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ebd., 19. Oktober 1571, zweiter Brief an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105ar–105bv, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571; AGS, Estado, Milán, leg. 1230, doc. 158, Juan de Vargas Mexia, Turin, 24. Oktober 1571, fol. 2r; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 98, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 22. Oktober 1571, fol. 1r [357r].

480

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Insofern von diesen norditalienischen Städten nun selbst wiederum LepantoAvvisi verschickt wurden, die sich auf den venezianischen Avviso bezogen, etablierten diese Routen zugleich die Bedeutung Venedigs für die Übermittlung der ersten Lepanto-Nachrichten im nordwestlichen Mediterraneum sowie im nordalpinen Raum. Nachdem beispielsweise der venezianische Avviso in Genua beim spanischen Botschafter eingetroffen war,1729 erreichte er von dort aus Barcelona,1730 Toledo,1731 Madrid und schließlich ging die Kunde auch in Mittelund Südamerika ein (Karte II.5.1).1732 Umgekehrt gelangten Lepanto-Avvisi dann von Madrid aus zurück in die spanischen Herrschaftsgebiete in Norditalien wie etwa ins piemontesische Alessandria.1733 Von Norditalien aus, genauer gesagt von Turin, wurde auch Lissabon – vermutlich mit Zwischenstation in Madrid – über die venezianische Neuigkeit informiert.1734 Über Mailand und Turin erreichte der 1729 AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 47, Sancho de Padilla, spanischer Botschafter in Genua, an Philipp II., Genua, 22. Oktober 1571 mit beigelegter Kopie (doc. 48) des Schreibens von Diego Guzmán de Silva, Venedig, 19. Oktober 1571. Siehe auch AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 103, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., doc. 104, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., doc. 106, Don Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 22. Oktober 1571, fol. 1r [214r]. 1730 AHCB, Deliberacions, 1B. II-80, fol. 99v ff., Barcelona, 31. Oktober 1571; RAH, 9/4247 (nº 139), fol. 1r, Barcelona, 31. Oktober 1571 (am 21. April 1804 angefertigte Abschrift Juan Sans y de Barutells der dietari). Zu Don Lope de Figueroas Aufenthalt in Genua vgl. u. a. ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 6, Governo von Genua an Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, Genua, 03. November 1571. 1731 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 73, Juan Gomez de Silva an Diego Guzmán de Silva, Toledo, 25. November 1571. 1732 Zur Distribution der Lepanto-Nachrichten von Madrid/ El Escorial aus nach Mittel- und Südamerika vgl. II.5.i. Ein König berichtet über das Ereignis: Lepanto-Nachrichten aus Spanien. Zur Lepanto-Nachricht in Madrid siehe: AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 47, Sancho de Padilla, spanischer Botschafter in Genua, an Philipp II., Genua, 22. Oktober 1571 mit beigelegter Kopie (doc. 48) des Schreibens von Diego Guzmán de Silva, Venedig, 19. Oktober 1571; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 1r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571; AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 291, Philipp II. an Sancho de Padilla, spanischer Botschafter in Genua, 18. November 1571, fol. 1r; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 98, Francesco Gerardo, venezianischer residente in Mailand, an Alvise Mocenigo I., Mailand, 22. Oktober 1571, fol. 1r [357r]; ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 6, Governo von Genua an Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, Genua, 22. Oktober 1571; ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, 31. Oktober/ 07. November 1571, fol. 1r f. Siehe auch: ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 99, Francesco Gerardo, venezianischer residente in Mailand, an Alvise Mocenigo I., Mailand, Ende Oktober 1571. 1733 RB, Fondo Gondomar, II/2211, 56, Nicolás Augusto de Benavides an Lope de Acuña y Avellaneda, Palairos, 10. Oktober 1571. 1734 ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 19. Oktober 1571, an Sebastian I., König von Portugal; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, an Hieronimo

Ein Sieg, viele Nachrichten

481

venezianische Lepanto-Avviso zudem Paris und von dort aus Tours, wo wiederum Nachrichten nach Turin und Rom aufgesetzt wurden – obwohl dort freilich der Ausgang der Seeschlacht längst bekannt war.1735 Von Rom aus, wo ja ebenfalls Lepanto erstmals durch den venezianischen Avviso vernommen wurde, gingen zudem Nachrichten nach Nancy.1736 Venedig hatte selbst Lyon und weitere französische Städte informiert und so seine Bedeutung als Kommunikationszentrum zu Lepanto-Nachrichten für den nordalpinen Raum unterstrichen.1737 Ein aus Avignon nach Florenz gesandter Brief belegt, dass Lepanto dort gleichfalls ein Gesprächsthema gewesen ist, das wesentlich durch toskanische und savoyische Informationen geprägt wurde.1738 Entsprechend ist davon auszugehen, dass auch hier der venezianische Avviso – vermutlich über Florenz, Turin oder Paris – eingetroffen war. Nach Brüssel hatte Venedig den Lepanto-Avviso weitergeleitet, von wo aus er nach Gent, Ypern und ’s-Hertogenbosch gesandt wurde. In Antwerpen wurde die Siegeskunde geichfalls bekannt.1739

1735

1736 1737 1738 1739

Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ebd., 19. Oktober 1571, zweiter Brief an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; BCors, Cod. 33-G-24 (»Littere & Negotiati Del Sig.r Card. Alessandrino Legato in Spagna In Portogallo & in Francia Scritte Al Card. Rusticucci & ad altri [in anderer Handschrift: negli anni 1571 e 1572«), fol. 36r; ASVat, Segreteria di Stato, Spagna, 2, fol. 428r. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105ar– 105bv, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571; Paul Guérin (Hg.): Registres des délibérations du Bureau de la Ville de Paris publiés par les soins du service historique. Bd. 6: 1568–1572. Paris 1892, S. 384. Zu den Zwischenstationen siehe: ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 98, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 22. Oktober 1571, fol. 1r [357r]; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ebd., 19. Oktober 1571, zweiter Brief an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 105ar–105bv, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 23. Oktober 1571; AGS, Estado, Milán, leg. 1230, doc. 158, Juan de Vargas Mexia, Turin, 24. Oktober 1571, fol. 2r; Martin: Correspondance du Nonce en France, S. 176f. (05. November 1571). ÖStA, HHStA, Urkundenreihen, Lothringische Urkunden, 220, Pius V. an Herzogin Christina von Lothringen, Rom, 02. November 1571. Brown/ Bentinck: Calendar of State Papers. Bd. 7, S. 478. Da »Rosciedin« nicht zweifelsfrei identifiziert werden konnte, ist der Ort nicht in der Karte II.6.8 angegeben. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 99r, Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici[?], Avignon, 13. November 1571. Haecht: Kroniek, Eintrag vom 01. November 1571; Álvarez de Toledo: COPIE. (UBGent, 1498); Potter: Dagboek, S. 362f.; Hernighem: Beschryfvinghe, S. 86; Zuijlen: Inventaris, S. 864. Für Antwerpen ist die Herkunft der ersten Lepanto-Nachrichten nicht zweifelsfrei zu klären. Vgl. hierzu Kapitel II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege.

482

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Der venezianische Lepanto-Avviso gelangte zudem über Chur nach Zürich und – sicherlich von dort aus – nach Genf.1740 Die venezianische Neuigkeit ließ ebenfalls in Augsburg erstmals die Kunde vom Ausgang der Seeschlacht bekannt werden. Von hier aus wurde die Lepanto-Zeittung nach Stuttgart, Dresden, Speyer und Straßburg gesandt.1741 Eine weitere süddeutsche Stadt, die für die Distribution der venezianischen Nachricht bedeutsam war, ist Nürnberg. Von hier aus erreichte die Nachricht Ansbach, Berlin, Bamberg, Mainz und Würzburg.1742 In Berlin war die venezianische Lepanto-Zeittung zudem über Augsburg und Wien eingetroffen. Wien hatte die Siegeskunde ebenfalls aus Venedig erstmals erreicht.1743 Von hier aus informierte dann der päpstliche Nuntius Jülich-

1740 Schiess: Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3, S. 262–266 (Tobias Egli an Heinrich Bullinger, Cur, 29. Oktober 1571); Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 267 (Théodore de Bèze an Petrus Dathenus, Genf, 25. Dezember 1571). Die Route über Zürich muss hier vermutet werden, da auch in anderen Fällen Nachrichten (beispielsweise jene von der osmanischen Einnahme Famagustas) über Zürich nach Genf kamen. 1741 ÖNB, Cod. 8949, fol. 272r f., Venedig, 19. Oktober 1571; FA, 1.2.5, Hans Fugger an Herzog Ludwig von Württemberg, Augsburg, 06. November 1571, fol. 63r; SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/12, fol. 20r–22v, Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, Augsburg, 24. Oktober 1571; StadtAA, Reichsstadt, Rat, Literaliensammlung, Karton 119, Schreiben an Herrn Doktor Alexander Reifsteck, Advokat des Reichskammergerichts in Speyer, Augsburg, 30. Oktober 1571; Lukas Geizkofler: Lucas Geizkofler und seine Selbstbiographie. 1550–1620. Hg. v. Adam Wolf. Wien 1873, S. 31f. 1742 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, 26. Oktober 1571, fol. 5r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, b, 02. November 1571, fol. 1v. Der Nürnberger Stadtrat entschied, die Siegesnachricht von Lepanto weiterzusenden an den Kurfürsten von Mainz, die Bischöfe von Bamberg und Würzburg sowie Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach. Diese Schreiben selbst sind überliefert in StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, Nürnberg, 27. Oktober 1571, fol. 153r. Siehe auch StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, a, fol. 4v, 03. November 1571 (Eingang des vom Würzburger Bischof Friedrich von Wirsberg aufgesetzten Dankschreibens beim Nürnberger Rat), ebd., fol. 5v, 05. November 1571 (Eingang des vom Mainzer Bischof und Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg aufgesetzten Dankschreibens); ebd., fol. 12r, 10. November 1571 (Eingang des vom Markgrafen Georg Friedrich I. von BrandenburgAnsbach-Kulmbach verfassten Dankschreibens). Zu einem Nürnberger Schreiben über Wien nach Berlin siehe GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, in dem ab fol. 11r eingelegten Druck auf fol. {3}r f., Nürnberg, 28. Oktober 1571. 1743 Ebd., fol. 10r–24v; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 111r–112v, Venedig, 19. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 03. November 1571, an Giovanni Correr, venezianischer Botschafter in Wien; ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Albrecht V., Herzog von Bayern; Salentin von Isenburg, Erzbischof von Köln; Daniel Brendel von Homburg (Erzbischof von Mainz); Jakob III. von Eltz (Erzbischof von Trier); Johann Jakob von Kuen-Belasy (Erzbischof von Salzburg); August von Sachsen; Johann Georg von Brandenburg; Friedrich III.

Ein Sieg, viele Nachrichten

483

Kleve-Berg und der Kaiser den Pasˇa von Buda, die Kurfürsten, Territorialfürsten und Erzherzöge.1744 Dass zwischen diesen auch sonst ein reger Zeittungs-Austausch bestand, belegt der Umstand, dass der Herzog von Bayern aus Italien eingehende »ordinari Zeittungen« nach Wien weiterleitete.1745 Der am Kaiserhof residierende, venezianische Botschafter Giovanni Correr hatte besagte Siegesnachricht durch Postmeister und Amtspersonen in die deutschen Lande sowie nach London versandt.1746 Doch dürften die Würdenträger im Reich zum Zeitpunkt, als die venezianische Nachricht eintraf, bereits informiert gewesen sein. Denn just am 24. Oktober, also an demselben Tag, an dem der venezianische Collegio seine an Erzherzog Ferdinand von Tirol adressierte Nachricht aufsetzte, war der in Innsbruck wirkende Peter Canisius bereits aus Rom über den Seesieg der Liga informiert worden.1747

1744

1745 1746

1747

von der Pfalz; Ferdinand II., Erzherzog von Österreich; Karl II. Franz von Innerösterreich; Kaiser Maximilian II. LA NRW Abt. Rhld., Kleve-Mark, Akten, Nr. 1104, fol. 15r f., Giovanni Delfino an Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg, Wien, 24. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 205v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 227v, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 21. November 1571; ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Albrecht V., Herzog von Bayern; Salentin von Isenburg, Erzbischof von Köln; Daniel Brendel von Homburg (Erzbischof von Mainz); Jakob III. von Eltz (Erzbischof von Trier); Johann Jakob von Kuen-Belasy (Erzbischof von Salzburg); August von Sachsen; Johann Georg von Brandenburg; Friedrich III. von der Pfalz; Ferdinand II., Erzherzog von Österreich; Karl II. Franz von Innerösterreich; Kaiser Maximilian II. Zur Information des Pfalzgrafen durch den Kaiser ist auch ein wenige Monate nach Lepanto aufgesetztes Schreiben aufschlussreich: »Waß aber vnser hautbsächlich beschechen anbringen belangen thätt, were nitt one, das seinen Curf. g. das gantz werckh, diser Christenlichen Expedition wider den Türcken, zimlicher maßen bewußt, wie dann der selben vonn merern orten, sonderlich aber vonn E. Kaÿ: M.t selbst, zu ettlichen maln allerhand ausfüerlicher bericht zukom[m]en, E. Kaÿ: M.t auch, vonn Jren Curf. g. ieder Zeitt der gepür darauff beantwordtet worden, vnnd hette sich büllich die gantz Christenheit diser treffenlichen Victorj, dergleichen auff dem Mör nitt vil erhört worden, gögen Gott zum höchsten zu bedancken, vnnd zu erfrewen, Das auch darauß eruolgt, das E. Kaÿ: M.t nach sollicher erlangter Victorj, wie dann auch zuuor zu ettlichen«. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 53r–56v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 03. April 1572, hier fol. 54r. ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 68r–69v, Albrecht V., Herzog von Bayern, an Maximilian II., München, 23. März 1573. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 187, fol. 1v [563v], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 13. November 1571. Lediglich die nach Salzburg gesandte Lepanto-Nachricht schickte er dem »cauallarizzo maggior di Sua M.tà«; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 04. November 1571, an Giovanni Correr, venezianischer Botschafter in Wien; ebd., 20. Oktober 1571, an Elisabeth I., Königin von England. Braunsberger: Petri Canisii epistolae et acta. Bd. 6, S. 487 (Peter Canisius an Everardo Mercuriano, Innsbruck, 24. Oktober 1571). Womöglich war Canisius die Lepanto-Nach-

484

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Der Kaiserhof stellte jedoch ein wichtiges Distributionszentrum der LepantoNachricht für deren Weiterleitung nach Prag dar, von wo aus die Kunde nach Böhmen transportiert wurde. Hier traf sie dann in Karlsˇtejn ein und erreichte auch Ladislaus d. Ä. von Lobkowitz in Vysoký Chlumec, der sie an Heinrich d. Ä. von Schwanberg in Hrad Zvíkov versandte.1748 Über Wien und Prag erreichten ˇ eský Krumlov. venezianische Lepanto-Nachrichten Wilhelm von Rosenberg in C Dass der Oberburggraf von Böhmen über Lepanto informiert wurde, erscheint angesichts der anderen böhmischen Orte, in denen die Siegesnachricht bekannt war, kaum verwunderlich. Darüber hinaus erhielt Wilhelm von Rosenberg einen italienischen Brief über die Seeschlacht zugestellt. Dem im Staatlichen Regionalarchiv Wittingau/ Trˇebon aufbewahrten Dokument ist zu entnehmen, dass es auf einer Galeere am 08. Oktober in Astakos niedergeschrieben wurde. Der Name des Verfassers wird nicht erwähnt, lässt sich aber aus dem Inhalt als Provveditore d’armata Marco Quirini erschließen, der die Galeere La Capitana befehligte. Denn in dem nach Venedig gesandten Brief beschreibt Quirini seine Schlachtposition und klagt über den Tod seines Bruders Vincenzo. Ein Vergleich der in Tschechien überlieferten Archivalie mit dem zeitgenössischen Druck verdeutlicht zweifelsfrei, dass Wilhelm von Rosenberg die von Marco Quirini nach Venedig gesandte Schlachtbeschreibung abschriftlich erhalten hatte.1749 Da derselbe Bericht nach Rom und von dort aus Ende Oktober durch den Kardinal Marcantonio Amulio dem Kaiser zugesandt wurde, ist anzunehmen, dass die Relation ˇ eský Krumlov bei Wilhelm des venezianischen Kapitäns über Rom und Wien in C von Rosenberg eintraf, der sich in kaiserlichen Diensten als Liga-Gesandter in

richt mit einem Schreiben des in seinem Brief zuvorgenannten Gottfried Zott zugestellt worden. Dieser war im Collegium germanicum als Convictor tätig. 1748 SoaT, Sammlung Historica, 4813, fol. 1r, Ladislaus d. Ä. von Lobkowitz an Heinrich d. Ä. von Schwanberg, Vysoký Chlumec, 01. November 1571. Genannt wird nur das Amt des Burggrafen. Insgesamt gab es zwei Burggrafen von Karlsˇtejn: erstens den Burggrafen aus dem Herrenstand, Jan Borˇita z Martinic na Smecˇneˇ/ Johann Borsita von Martinitz auf Smecˇno; zweitens, den Burggrafen aus dem Ritterstand, Mikulásˇ Mirˇkovský z Tropcˇic. Es ist davon auszugehen, dass Jan Borˇita z Martinic na Smecˇneˇ als eigentlicher Empfänger der Lepanto-Nachricht gemeint ist. Ich danke Mgr. Ph.D. Tomásˇ Sterneck (Historický ústav ˇ eské republiky) für seine Auskünfte zu den Burggrafen. Ladislaus d. Ä. von Akademie veˇd C Lobkowitz schreibt, dass er erst jüngst von Prag abgereist sei, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Nachricht zunächst dorthin geschickt und anschließend nach Vysoký Chlumec weitergeleitet worden war. 1749 Ebd. Erstmals genannt in Katerˇina Prazˇáková: Das kommunikative Bild Ostmitteleuropas und des osmanischen Reichs in der Zeitungssammlung der letzten Rosenberger. In: Frühneuzeit-Info 21 (2010), H. 1/2, S. 180–197, hier S. 181, 184. SoaT, Sammlung Historica, 4809 (leider ohne weitere Hinweise zum Eingangsdatum und zur Übermittlungsroute); Quarti: Guerra contro il turco, Tafel 40.SoaT, Sammlung Historica, 4809, fol. 1r ff.; Venier: RAGVAGLIO. (BCas, Vol. Misc. 2244.4), fol. 2r; Quirini: LETTERA. (BCas, Vol. Misc. 2244.7). Mein besonderer Dank gilt Prof. Václav Bu˚zˇek, der mich auf diese Quelle verwies.

Ein Sieg, viele Nachrichten

485

Sachsen und Brandenburg engagierte.1750 Dieser Befund fügt sich ins Gesamtbild, denn Wilhelm von Rosenberg informierte sich auch sonst ausführlich über die politischen Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Osmanischen Reich. Insgesamt sind noch heute über 900 Zeittungen des 16. Jahrhunderts im rosenˇ eský Krumlov bergschen Bestand überliefert.1751 Auf seinem Burganwesen in C traf im Dezember 1571 beispielsweise auch ein ausführlicher Bericht zur osmanischen Eroberung Famagustas ein. Zugleich erreichte ihn ein polnischsprachiger Bericht über die Liga-Aktionen Don Juan de Austrias und Marc’antonio Colonnas in den Vorgebirgen Methonis. In den Jahren zuvor hatte Wilhelm von Rosenberg bereits handschriftliche Nachrichtenbriefe zur osmanischen Präsenz in Ungarn und die »[r]itterliche Kundt« von der erfolglosen, osmanischen Belagerung Maltas (1565) erhalten, die Böhmen über Messina erreichte.1752 Neben dem süditalienischen Otranto ist für die ersten, kursierenden LepantoNachrichten eine weitere Stadt als Informationskonkurrent für Venedig belegt, nämlich Livorno, von wo aus toskanische und norditalienische Gebiete wie Pisa und Cerreto erstmals mit Schlachtnachrichten beliefert wurden (Karte II.6.12).1753 Von Livorno aus trafen in Florenz Lepanto-Avvisi ein – nur einen Tag nachdem der venezianische Avviso angekommen war.1754 Sowohl Otranto als auch Livorno vermochten jedoch keine anhaltende Konkurrenz und in quantitativer Hinsicht kein sich bewährendes Gegengewicht zum Informationsmonopol zu etablieren, das Venedig auf der Italienischen Halbinsel, im nordwestlichen Mediterraneum bis nach Lissabon sowie im nordalpinen Bereich bis hin nach England und Ungarn besaß (Karten II.6.10–12). Hierin unterscheidet sich die Untersuchung der synchronen Zirkulation der ersten Lepanto-Zeittungen von derjenigen einer diachronen Zirkulation, die auf der Auswertung geschlossener Zeittungs-Bestände basiert. Denn während sich in 1750 Vgl. ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Marcantonio Amulio an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571, fol. 53r ff. Vgl. Kapitel II.3.viii. Das Ereignis Lepanto und die Diskussionen um einen Liga-Beitritt: Die Debatten der Jahre 1571 bis 1573. 1751 Prazˇáková: Das kommunikative Bild. 1752 SoaT, Sammlung Historica, 4816 (07. Dezember 1571); ebd., 4816a; ebd., 4688; ebd., 4554 mit Verweis auf Messina; ebd., 4557. Zitat ebd., fol. 1r. Vgl. Prazˇáková: Das kommunikative Bild, S. 184. 1753 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 21r, »El Baroncello« an Francesco I. de’ Medici, Livorno, 19. November 1571; BNE, MS 783, fol. 83r–84v, García Álvarez de Toledo an Juan de Austria, Pisa, 24. Oktober 1571 (eingetroffen in Messina am 08. November 1571); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 92r, Cerreto, 22. November 1571. 1754 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 54a, Konzeptschreiben Cosimo I. und Francesco de’ Medici, fol. 131r, an Philipp II., 21. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 19r, an Cosimo Bartoli in Venedig, Florenz, 27. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 52r, »El Baro[n]cello« an Cosimo I. de’ Medici, Livorno, 22. Oktober 1571.

486

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Karte II.6.12: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten LepantoZeittungen IV: Livorno als Knotenpunkt der Nachrichtenzirkulation. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

diesen neben Venedig vor allem Rom als für die Distribution von LepantoNachrichten bedeutsam herausstellte, wird hier besonders klar ersichtlich, dass Rom diese Stellung zunächst nicht innehatte. Lediglich für nach Nancy, Innsbruck und nach Äthiopien gesandte Lepanto-Nachrichten ist Rom als Erstdistribuent zu erwähnen – wobei natürlich der Papsthof selbst zunächst einmal von Venedig aus über Lepanto informiert wurde.1755 Darüber hinaus verdeutlicht die Kartografie der Zirkulation der ersten Lepanto-Nachrichten, dass die geografischen Ausmaße viel weitläufiger waren, als dies eine Auswertung der geschlossenen Bestände vermuten ließ. Als weitere Knotenpunkte der Lepanto-Nachrichtennetzwerke etablierten sich insbesondere Augsburg und Nürnberg, die nicht nur »Brennpunkte[] des Nachrichtenwesens«, sondern auch Zentren der Turcica-Produktion waren.1756 So klagte auch der Mainzer Kurfürst im März 1572 gegenüber kaiserlichen Entsandten, dass er gern mehr über den »Venedigischen krieg« vom Kaiser selbst erfahren würde: »ich waiß nichts vonn disen dingen«, so lamentierte er, »man schreibt mir nichts, allein waß auß Augspurg vonn den 1755 Zu Nancy siehe ÖStA, HHStA, Urkundenreihen, Lothringische Urkunden, 220, Pius V. an Herzogin Christina von Lothringen, Rom, 02. November 1571 (wobei auch hier von – mir nicht weiter belegbaren – weiteren, zirkulierenden Lepanto-Nachrichten auszugehen ist). Zu Äthiopien siehe Osvaldo Raineri (Hg.): Lettere tra i pontefici romani e i principi etiopici (secoli XII–XX). (Studi e testi. Biblioteca Apostolica Vaticana, Bd. 412). Vatikan 2003, S. 74. Zu Innsbruck vgl. u. a. Braunsberger: Petri Canisii epistolae et acta. Bd. 6, S. 629. 1756 Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 18: »In Augsburg veröffentlichten im 16. Jahrhundert 29 Buchdrucker 134, in Nürnberg 35 Buchdrucker 142 ›Türkenbüchlein‹; in Venedig publizierten 57 Buchdrucker 142 ›Avvisis‹ über die Türken«.

Ein Sieg, viele Nachrichten

487

Kauffleuthen geschicht«.1757 Dass diese Knotenpunkte wiederum ihre Nachrichten vor allem von Venedig erhielten, unterstreicht erneut die Bedeutung, die die Lagunenstadt innerhalb der Nachrichtennetzwerke zur Seeschlacht einnahm. Venedigs Vorrang in der Übermittlung der ersten Lepanto-Avvisi war nur dann gebrochen, wenn auf weiter Distanz eine größere Anzahl an Zwischenstationen eingelegt werden mussten. So hatten die Venezianer zwar bereits am 19. und 24. Oktober zwei Schreiben an den polnischen König aufgesetzt, doch ehe diese Sendungen nach Zwischenhalt in Wien, wo sie der venezianische Botschafter dem am Kaiserhof tätigen polnischen Botschafter überreichte, in Kraków eingetroffen waren, ist König Sigismund II. August von Polen bereits durch einen Boten aus der Walachei informiert worden.1758 Dennoch ist Venedigs Rolle innerhalb der hier dargestellten Nachrichtennetzwerke beachtlich.1759 Doch wie genau ist diese herausragende Position Venedigs bei der Vermittlung der Lepanto-Neuigkeit zu erklären? Die Formulierung eines Novellanten, wonach die Herrschaft Venedig als erste der Liga-Verbündeteten »die glücklichste noua« erhalten habe, »die diese Serenissima Reppublica und die gesamte Christenheit miteinander haben konnte«,1760 verdeutlicht, dass Venedigs Bedeutung innerhalb dieser Kommunikationsnetzwerke vor allem auf zweierlei Aspekte zurückzuführen ist: erstens, auf das besonders frühe Eintreffen der Nachricht und, zweitens, auf deren Einbettung in die Narrative der Türkenfurcht, die die Nachricht von der Niederlage der Osmanen und dem Sieg der Ligisten als für die gesamte ›Christenheit‹ wichtige Nachricht klassifizierte und so versendungswürdig machte. Dass die Bedeutung, die die erste, verschickte Lepanto-Nachricht für die Rolle einnahm, die diese erhaltende Herrschaft innerhalb des Kommunikationsnetzwerke spielte, den Zeitgenossen durchaus bekannt war, legen die Umstände der Entsendung Giustinianis sowie die daraufhin einsetzenden Debatten nahe. Denn Giustiniani, der eben mit Sebastiano 1757 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, fol. 67r f., Johann Hegenmüller an den Vizekanzler von Kaiser Maximilian II., Aschaffenburg, 27. März 1572. 1758 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 19. Oktober 1571, Sigismund II. August, König von Polen; ebd.; ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Kaiser Maximilian II. und Sigismund II. August von Polen; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 03. November 1571, an Giovanni Correr, venezianischer Botschafter in Wien; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 187, fol. 1v [563v], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 13. November 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 161r, Kraków, 03. November 1571. 1759 Und zwar auch dann, wenn die generelle Wichtigkeit Venedigs für die Distribution von Informationen über das Osmanische Reich berücksichtigt wird. Vgl. etwa Eric R. Dursteler: Power and Information. The Venetian Postal System in the Early Modern Eastern Mediterranean. In: From Florence to the Mediterranean. Studies in Honor of Anthony Molho. Hg. v. Diogo R. Curto u. a. Bd. 2. Florenz 2009, S. 601–623. 1760 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 133r, Venedig, 19. Oktober 1571: »la piu felice noua, che potesse hauer questa ser.ma Republica, et tutta la Christianita insieme«.

488

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Veniers Lepanto-Avviso Venedig als erster der Liga-Verbündeten erreichte, war gegen den Willen Juan de Austrias von der venezianischen Flotte abgereist. Denn der Oberbefehlshaber beabsichtigte, durch die Entsendung offizieller Gesandter nach Madrid, Rom, Venedig und Wien ein eigenes Informationsmonopol zu etablieren, das er zunächst – eben genau bis zur Abfahrt Giustinianis – auch vor Ort auf den Galeeren innehatte.1761 Denn die ersten Lepanto-Berichte, die die Soldaten auf den Galeeren verfassten, bedurften der Übermittlung durch andere Personen und Schiffe. Der am 11. Oktober aufgesetzte Schachtbericht des Genuesers Spinola beispielsweise wanderte auf den Liga-Galeeren von einer Hand zur nächsten und wurde von Giovanni Andrea Doria zu Juan d’Austria und schließlich zu Luis de Requesens y Zúñiga weitergereicht, ehe er dann letztendlich nach Genua versandt wurde.1762 Dass auch andere Kapitäne, wie etwa Giovanni Andrea Doria, in ihren anlässlich der Seeschlacht verfassten Gratulationsschreiben nicht auf weitere Schlachtdetails verwiesen, sondern anführten, der Adressat könne diese den ausführlicheren Schreiben Don Juans entnehmen, verdeutlicht, dass sich die hochrangigen Ligisten des vom Oberbefehlshaber beanspruchten Informationsmonopols bewusst gewesen sind.1763 Denn so konnte Don Juan seine Interpretation der Seeschlacht als Ereignis gezielt distribuieren. Sein über Lope de Figueroa vermittelter Bericht wurde beispielsweise vom Sekretär des toskanischen Repräsentanten in Rom derart gelesen, dass er den ualore Don Juans veranschauliche.1764 Entsprechend prekär war die vorzeitige Übersendung eines anderen Avviso nach Venedig und so wurde Don Juans »unzureichende Zufriedenheit« darüber vor allem in spanischen Kreisen heftig besprochen. Der Botschafter in Venedig interpretierte den Alleingang Veniers als Anzeichen dafür, dass dieser keinen Respekt für den Oberbefehlshaber besitze.1765 Juan de Austria selbst bezeichnete dies als eine »Impertinenz« Veniers und informierte den König sowie dessen Botschafter in Venedig und Rom. Als Don Juan schließlich seinen Entsandten Pedro Zapata de Cárdenas in die Lagunenstadt schickte, betonte er daher in einem Schreiben an den Dogen, dass Venier

1761 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 81v, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571. Zum Gesandtschaftswesen nach der Seeschlacht und Lepanto-Gratulationsentsandten legt der Autor eine gesonderte Studie vor. 1762 ASGe, Archivio Segreto, 1966 (Litterarum [Fogliazzi], 1570–1571), Ettore Spinola an die Signoria von Genua, Lefkada, 11. Oktober 1571, fol. 2r. 1763 AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 103, Giovanni Andrea Doria an Philipp II., Genua, 22. Oktober 1571, fol. 1r. 1764 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3597, fol. 335r, Francesco Babbi an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 28. Oktober 1571. 1765 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 117, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 14. November 1571, fol. 1r [236r]; ebd., doc. 121, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 16. November 1571, fol. 1v [242v]: »mala satisf.on«.

Ein Sieg, viele Nachrichten

489

zwar schon einen (kurzen) avviso übersandt habe, dass Zapata aber nun Don Juans (ausführliche) relazione des Schlachtgeschehens übermittele.1766 Entsprechend waren nach dem Eintreffen der ersten, eben vorrangig venezianischen Lepanto-Nachrichten die Erwartungen besonders groß, dass der Oberbefehlshaber nun zeitnah eine eigene Darstellung der Schlacht folgen lassen werde. Bereits bei der Ankunft der ersten Siegesnachricht in Neapel war man dort der Meinung, Don Juan habe »sofort« den Conde de Priego Fernando de Mendoza mit seiner Relation entsandt.1767 Allerdings dauerte dessen Eintreffen so lange an, dass zahlreiche Regionen bereits durch Venedig informiert worden waren. Bereits vor Don Juans Mittelmeerexpedition wunderte sich das Papstumfeld darüber, dass von diesem kaum Nachrichten einträfen.1768 Ende Oktober und Anfang November 1571 warteten erneut unzählige Herrschaften auf dessen Lepanto-Nachrichten. Am Papsthof erwartete man ungeduldig das Eintreffen der detaillierteren Berichte des Oberbefehlshabers sowie der Schilderungen der römischen Kapitäne Marc’antonio und Prospero Colonna, der Herrscher von Parma und Urbino, Paolo Giordano Orsinis sowie Sforza Sforzas.1769 Mit den ersten Nachrichten trat also das Warten auf das »teglich[e]« Eintreffen und das Verlangen auf weitere, »pessere Particular« zum Schlachtgeschehen ein. In Venedig hoffte »man«, so formulierte es ein Novellant, auf »stundlichs mer particularita vf diese Victoria«.1770 Die mit den Lepanto betreffenden Informationshunger1771 einhergehenden Reaktionen beschreibt auch ein römischer Avviso sehr anschaulich. Dort hatte de Figueroa in einer Audienz dem Papst weitere Details zum Schlachtgeschehen berichtet, so etwa, dass Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇa vor der Schlacht einen Christen als Späher losgesandt habe, um die Flottenstärke und -aufstellung der Ligisten zu erkunden, und sich dieser in seiner Einschät-

1766 Ebd., doc. 130, Juan de Austria an Diego Guzmán de Silva [durch diesen abschriftlich an Philipp II. weitergeleitet], Messina, 03. Dezember 1571, fol. 1r [263r]: »Impertinençia[]«; AGS, Estado, Sicilia, leg. 1134, doc. 166, Juan de Austria an Philipp II., Messina, 25. November 1571; De Austria: LA COPIA DELLA LETTERA. (BNCR, 69.4.A.22), fol. 2r. 1767 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r [326r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571: »subito«. 1768 ÖNB, Cod. 8949, fol. 265v, Rom, 21. Juli 1571. 1769 Ebd., fol. 276r, Rom, 27. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 387r f., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571; ebd., fol. 399r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 05. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 213r, »Gugl.mo Scarap:cci« an Francesco I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571. 1770 SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), 203. Zeitungen, Loc. 10696/ 12, fol. 20r, Petrus Bizarius an Kurfürst August von Sachsen, Augsburg, 24. Oktober 1571; ebd., fol. 23v, Avvisi aus Venedig, 19. Oktober 1571. 1771 Zu dieser Formulierung siehe Pettegree: Book, S. 5, 146.

490

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

zung ›geirrt‹ hatte. Diese und weitere »ettliche Particular« seien, so der Novellant weiter, »lustig zuhörn gewest«.1772 »[L]ustig« war hingegen die Lage am spanischen Hof gar nicht. Dort herrschte aufgrund der fehlenden, bestätigenden Siegesnachricht Don Juans (confirmacion) sogar erhebliche Verwirrung. Ruiz de Açagra befürchtete daher, dass es sich bei der Nachricht eines »solch bedeutenden Sieges« um einen schlechten Scherz (burla) handele.1773 Auch der in Madrid residierende genuesische Botschafter berichtete von der allgemeinen Befürchtung, es könne sich um eine Fehlinformation aus Venedig handeln, weil Don Juans Bericht so lange auf sich warten ließ.1774 Das Misstrauen war keineswegs unbegründet, denn Fehlmeldungen waren nicht selten. Noch 1588 gaben erste Nachrichten an, die spanische hätte die englische Armada bezwungen – nicht umgekehrt. Andrew Pettegree betont zurecht, dass in spätmittelalterlicher Tradition die Glaubwürdigkeit der überbrachten Nachricht vom Ansehen des Überbringers abhing. Als sich im 16. Jahrhundert mit der Ausbreitung des Buchdruckes und der damit einhergehenden Zirkulation anonymisierter Nachrichten mehr und mehr Fehlmeldungen verbreiteten, intensivierten sich die Bemühungen, den Wahrheitsgehalt von Nachrichten etwa durch den Vergleich mit weiteren Schreiben sicherzustellen.1775 Ein römischer Novellant bezeichnete selbst den venezianischen Lepanto-Avviso als »unglaubliche Nachricht« – im Sinne einer unfassbaren Neuigkeit.1776 So erklärt sich die Skepsis am spanischen Hof gegenüber der ›lediglich‹ aus Venedig eintreffenden Siegesnachrichten, die aufgrund des venezianischen Kommunikationsmonopols nur durch andere, letztlich gleichfalls auf Venedig zurückzuführende Nachrichten (nicht) bestätigt werden konnte, solange eben nicht der (spanische) Liga-Oberbefehlshaber Juan de Austria selbst den Sieg in einer eigenen Nachricht verkündet hatte. Da damit jedoch die Falschheit der venezianischen Nachricht als Möglichkeit unterstellt wurde, ging dies mit einer Ehranzweiflung Venedigs einher. Auch der in Madrid residierende, habsburgische Botschafter beobachtete die mit der Überbringung und Wahrnehmung der bezweifelten Lepanto-»zeittungen« einhergehenden Ehrverhandlungen. Dennoch stellte Hans Khevenhüller fest, dass »die Venediger starckh darauff ver-

1772 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 124r–128v, Rom, 03. November 1571, fol. 124r. 1773 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 7, 32, fol. 15v f., Ruiz de Açagra an Maximilian II., Madrid, 12. November 1571: »tan confusos«; »tan señalada victoria«. 1774 ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 17. November 1571, fol. 1r. 1775 Pettegree: Invention of News, S. 2f., 96–116, 151–158. 1776 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 176, römische Avvisi, 26. Oktober 1571, fol. 1r [387r]: »incredibile nuoua«.

Ein Sieg, viele Nachrichten

491

harren unnd mit dem Khopf seidhero vill höcher geen als zuvor«.1777 Der natione anzugehören, welche die Siegesnachricht zuerst überbracht hatte und einen solchen zeitlichen Wissensvorsprung besaß, der zudem grundlos in Frage gestellt wurde, machte also die in Madrid lebenden Venezianer sichtbar stolz. Dadurch betonten die in Madrid weilenden Venezianer nicht allein die Richtigkeit der Nachricht, sondern wiesen zugleich die Ehranzweiflung zurück, die ihnen widerfuhr. In offensichtlicher Zufriedenheit berichte auch der venezianische Botschafter Lunardo Donado dann von Madrid aus nach Venedig, dass de Figueroas Ausführungen die zuvor zirkulierenden Avvisi Venedigs in allen Einzelheiten bestätigt hätten.1778 Der Grund dafür, dass der spanische Hof dennoch bis zu de Figueroas Eintreffen skeptisch blieb, liegt in der besonderen Bedeutung der Relation Don Juans, die dieser in habsburgtreuen Kreisen als »certification«1779 zukam. So schrieb auch Hans Fugger, die durch Don Juan an den Kaiserhof übermittelte Schlachtbeschreibung berichte »den ganntzen Successum, wie diese Schlacht fürgang[en]«, ja, der durch ihn entsandte Fernando de Mendoza habe den Auftrag erhalten, »mündliche Relation aller geschicht zuthuen«, dem zu entnehmen sei, dass »[e]s ist in Warhait ain grosse Victoria, die auff der Christ[en] seit[en] auch nit ohne schad[en], vnnd groß pluetuergiessen abgang[en]«. Die Wortgruppe »in Warhait« unterstreicht den hohen Stellenwert an Authentizität, welcher der Relation des Oberbefehlshabers zugesprochen wurde.1780 Entsprechend betonte auch der venezianische Residente in Neapel, dass die Schlachtbeschreibungen von Don Juans Entsandten dort deshalb besonders wertgeschätzt worden seien, weil sie eben von Spaniern vorgetragen wurden. Mit deren Reisen zum Zielort verbreitete sich die Kunde auch in anderen Herrschaften, so etwa durch de Mendoza in Florenz.1781 Das Warten der Herrschaften auf die

1777 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 14v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 12. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 18r–19v). 1778 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 68bis, fol. 5v, Antonio Tiepolo und Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 26. November 1571. 1779 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 14v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid, 12. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 18r–19v). 1780 FA, 1.2.5, Hans Fugger an Herzog Ludwig von Württemberg, Augsburg, 06. November 1571, fol. 63r [Hervorhebung durch den Autor, S. H.]. 1781 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 109, fol. 1r [328r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 31. Oktober 1571 (»la qual relatione è stimata doppiam:te per uenir dalla propria bocca di Spagnoli«); ASFi, Archivio

492

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Schlachtbeschreibungen der für sie kämpfenden Generäle konnte neben einer Ungewissheit über den Sieg an sich eine Unsicherheit über den Gesundheitszustand der Kapitäne befördern. So befürchtete der savoyische Herzog, wie der venezianische Botschafter nach dem langersehnten Eintreffen der Nachricht gen Venedig berichtete, um das Leben des schwerverletzten Kommandeurs Andrea Provana di Leynì.1782 Dabei konnten Verspätungen einfach dadurch bedingt sein, dass die Zeitspanne variierte, welche die mit den so ersehnten Informationen ausgestatteten Entsandten für ihre Reise benötigten. So traf in Rom zunächst der nach Madrid entsandte Lope de Figueroa und daraufhin auch noch der nach Venedig entsandte Pedro Zapata de Cárdenas mit der Schlachtbeschreibung Don Juans ein, wenngleich der von diesem eigentlich zum Papst gesandte Fernando de Mendoza noch auf sich warten ließ. Aus Neapel war in Rom bekannt geworden und von dort aus nach Florenz übermittelt worden, dass die Fortuna di Mare Mendoza so übel mitspiele, dass es noch einige Tage dauere, ehe er in Rom eintreffe. Das Abwarten wurde zudem dadurch verschärft, dass zumeist schon Wochen vor dem Eintreffen der von den Liga-Kapitänen mit Neuigkeiten ausgestatteten Gesandten in jenen Orten, wo sich diese einzufinden hatten, bereits bekannt war, wer dort erscheinen sollte. Damit war die Hoffnung verbunden, sie mögen zeitnah eintreffen. Zudem verstetigte sich die Erwartungshaltung, die Ligisten würden über »die eine oder andere jeder kleinsten Einzelheit informieren«.1783 Was sich im Informationswettstreit zwischen Don Juan und Venier im Kleinen abspielte, setzte bald darauf im Großen ein: Fortan wollte jeder der Erste sein, der die Informationen einem Auftraggeber, Familienangehörigen, Freund, Gönner, Herrscher oder anderen Würdenträgern ja sogar Feinden zukommen ließ. Deutlich wird dies vor allem in der Hast, welche die Korrespondenten in ihren Lepanto-Berichten selber anführen. Der in Venedig stationierte spanische Botschafter Diego Guzmán de Silva verfasste noch in der Nacht vom 19. Oktober ein Lepanto-Schreiben an den spanischen König. Auch der mantuanische Botschafter gab 21 Uhr als Zeitpunkt der Absendung des Kuriers an, wobei er in Eile Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 23v, an Francesco Babbi, Florenz, 08. November 1571. 1782 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 108ar, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 19. November 1571. 1783 ÖNB, Cod. 8949, fol. 277v, Rom, 03. November 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3597, fol. 325r, Francesco Babbi an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 24. Oktober 1571; ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, fol. 300r f., Cesare Brumano an Girolamo Rusticucci, Neapel, 23. Oktober 1571: »estremo giubilo che si possa imaginare«.Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 86; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 388r, Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 25. Oktober 1571 (»ragguagliar l’un’et l’altra d’ogni minimo particolar[e]«).

Ein Sieg, viele Nachrichten

493

Hore XXXi statt XXi schrieb. So betonte Veit von Dornberg, der habsburgische Botschafter in Venedig, in seinem ersten, an den Kaiserhof geschickten LepantoSchreiben, er habe noch keine genaueren Informationen zum Seesieg sammeln können, weil er den Kurier schnell entsenden wolle. Ebenso gab Francisco de Ibarra an, er habe »mit größter Kürze die Nachricht vom Sieg« berichtet.1784 Verspätet versandte Lepanto-Informationen entschuldigten die Verfasser mitunter sogar damit, dass deren Informanten säumig gewesen seien und nicht rechtzeitig vor Abreise des Kuriers ihre Schreiben aufgesetzt hätten.1785 Und auch Cesare Brumano, der päpstliche Nuntius in Neapel, führt den Faktor Zeit bei der eilenden Übermittlung der ersten Lepanto-Avvisi an. Denn er erklärte dem Kardinal Girolamo Rusticucci, dass sein Schreiben nicht mit seinem Siegel verschlossen wurde, sondern mit jenem des neapolitanischen Vizekönigs, in dessen camera er sich beim Aufsetzen des Schreibens befunden habe. Dadurch entschuldigte er nicht nur eine formale Unachtsamkeit (immerhin handelte es sich um das Signum apostolischer Autorität); das äußere Detail begründete vielmehr den Umstand, dass er selbst nicht abwarten wollte, die Nachricht Rom zu übermitteln, was wiederum unterstrich, dass der Nuntius einen guten Dienst durchführte. Eine solche Interpretation betonte auch das Postskriptum seines Briefes. Darin gab er an, ursprünglich beabsichtigt zu haben, seinen Sekretär mit dem Gerücht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ nach Rom entsenden zu wollen. Nachdem aber der Vizekönig einen Boten loszuschicken beabsichtigte, erschien dem Nuntius die Entsendung seines eigenen Personals nicht mehr notwendig zu sein.1786 Zwar unterstreichen die bisherigen Ausführungen die Bedeutung, die die schnelle Zustellung der Lepanto-Nachricht an Venedig als erste Liga-Herrschaft bei der Etablierung der herausragenden Rolle Venedigs in der weiteren Distribution dieser Kunde zukam. Aber jenseits der Schnelligkeit war es vor allem der geschickte Umgang der Herrschaft, die ihre bedeutsame Stellung als Zentrum der Vermittlung von Nachrichten über Lepanto einnahm. Veniers Schlachtbericht wurde von Giustiniani noch am 19. Oktober im venezianischen Collegio und 1784 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1500, doc. 129 und 130, Konzeptschreiben Diego Guzmán de Silvas, 19. Oktober 1571 (mit prominenten noche-Verweisen); ASMa, Archivio Gonzaga, 1504, fol. 16v, Paolo Moro an Guglielmo Gonzaga, Venedig, 19. Oktober 1571 (»à Hore XXXi[sic!] hò spedito il corr.e«); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571, fol. 1r; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 47, Francisco de Ibarra an Diego Guzmán de Silva, Messina, 09. November 1571, fol. 1r [87r] (»con mas breuedad la nueua de la vitoria«). 1785 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Francia, b. 60, Antonio Ariosto an Alfonso II. d’Este, 31. Oktober 1571. 1786 ASVat, Segreteria di Stato, Napoli, 1, fol. 300r f., Cesare Brumano an Girolamo Rusticucci, Neapel, 23. Oktober 1571; Villani: Nunziature di Napoli. Bd. 1, S. 86.

494

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Senat verlesen, bevor dann am 23. Oktober ein weiteres Schreiben Veniers zur Seeschlacht bei Lepanto im Gran Consiglio vorgetragen wurde.1787 Entscheidend dürfte aber vor allem die rasche und strategische Weiterleitung dieser Nachricht durch die Serenissima bei der Etablierung des venezianischen Kommunikationsmonopols zur Seeschlacht gewesen sein. Noch am 19. Oktober fiel die Entscheidung, Veniers sum[m]ario als Avviso an den Papst und die wichtigsten Höfe der Principi [christi]ani zu senden und auch die venezianischen Botschafter sowie Rettori sollten diesen erhalten.1788 Angesichts der soeben dargelegten Auseinandersetzungen der Liga-Kapitäne ist zudem zu betonen, dass es sich um eine gezielte Distribution der Sichtweise Veniers auf die Seeschlacht als Ereignis handelte, nämlich eine solche Sichtweise, die vor allem eines betonte: die Ehre, die Venier und andere venezianische Kapitäne – und damit auch Venedig selbst – durch Lepanto erlangt habe.1789 Die informationspolitische Raffinesse Venedigs ist dann keineswegs verwunderlich, wenn die Reaktionen auf einen kurz zuvor in Venedig eingetroffenen Avviso Veniers in Betracht gezogen werden. Damals hatte Venier berichtet, man suche nach der osmanischen Flotte, um sie zu bekämpfen. Bereits damals wurde mit überwältigender Mehrheit von 130 Zustimmungen und einer Enthaltung beschlossen, eine summarische Abschrift des Avviso den venezianischen Botschaftern in Rom, am Kaiserhof, in Frankreich, Spanien sowie den venezianischen Secretarij in Mailand und Neapel zukommen zu lassen.1790 Die Senatoren griffen also auf etablierte Netzwerke zurück und aktivierten diese geschickt, wodurch sie die herausragende Stellung ihrer Herrschaft bei der Vermittlung der Lepanto-Nachrichten erst ermöglichten. Die Herrschaft unterwies zudem gezielt auswärtige Botschafter, wie jenen des Kaisers, in ihren venezianischen Residenzen über die noua. Der Doge selbst gab auch bewusst die Details, die über den Seesieg bekannt waren, an den habsburgischen Botschafter Veit von Dornberg während einer Audienz weiter, um diesem anhand der hohen Zahl der getöteten und erbeuteten Osmanen die Ausmaße des Sieges vor Augen zu führen – und letztlich wohl den Kaiser zu einem Liga-Beitritt zu bewegen.1791 Ebenso spricht der Umstand, dass der von Don Juan entsandte 1787 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648v, Sebastiano Venier, Astakos, 09. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 316r, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571; ebd., fol. 323v, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 27. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 3v. 1788 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648v, Sebastiano Venier, Astakos, 09. Oktober 1571. 1789 Ebd., fol. 648r f. 1790 Ebd., fol. 646r f. 1791 So z. B. den habsburgischen Botschafter: ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571, Postskriptum, fol. 1r.

Ein Sieg, viele Nachrichten

495

Bote bei verschlossenen Türen vom Collegio empfangen wurde, dafür, dass die venezianische Herrschaft beabsichtigte, ein als Wissensvorsprung konzipiertes Informationsmonopol zum eigenen Nutzen zu verwalten.1792 Genau aufgrund dieses bewussten Informations- und Kommunikationsmanagements – sowie aufgrund der herausgehobenen Stellung, die Venedig traditionell in der Avvisi-Distribution einnahm1793 – galten die Herkunft der aus Venedig stammenden Lepanto-Nachrichten als qualitatives Gütesiegel, weshalb deren Inhalt zumeist auch dann ernstgenommen worden ist, wenn die ersten Lepanto-Nachrichten noch Ungläubigkeit hervorriefen. Dies belegt auch der Brief eines Mitglieds der kroatischen Zrinski-Familie, der den ungarischen Adligen Boldizsár Batthyány im Dezember 1571 kontaktierte, als dieser bereits erste Siegesnachrichten erhalten hatte. Zrinski schrieb, dass aus Venedig die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ bestätigt werde und die Neuigkeit folglich stimme.1794 Aus der Lagunenstadt stammende handschriftliche Avvisi sind auch anderorts mitsamt dem venezianischen Löwen gedruckt worden, was die Herkunft der nunmehr als Druck erschienenen Nachricht piktoral repräsentierte. Damit ist ein weiterer Aspekt angesprochen, der zur Etablierung der bedeutsamen Rolle Venedigs in der Verbreitung der Lepanto-Nachrichten zukam: der Druck. Denn Veniers Avviso erschien schnell als solcher und ihm folgten hunderte weiterer venezianischer Lepanto-Drucke.1795 Aber auch die geradezu phrenetisch-euphorischen Reaktionen, die der erste, venezianische Lepanto-Avviso in anderen Herrschaften auslöste, trugen dazu bei, dass Venedigs kommunikationsstrategische Position innerhalb der Netzwerke der Lepanto-Nachrichten gestärkt wurde. Denn diese leiteten den Avviso erneut weiter, womit sich dessen Bekanntwerdung und Distributionsrouten potenzierten. Zudem gab beispielsweise der Kaiser den Avviso in Wien in einen Druck, der dann wiederum zeitnah in Wrocław als Nachdruck erschien. Chronisten schrieben ihn ganz oder teilweise ab, womit die Erinnerung an die 1792 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Venezia, b. 54, fasc. 96 X, Claudio Ariosto an Alfonso II. d’Este, Venedig, 07. November 1571, fol. 1r. 1793 Infelise: Prima dei giornali. 1794 Tibor Klaniczay: A Bibliotheca Zriniana története és állománya. History and Stock of the Bibliotheca Zriniana. Budapest u. a. 1991, S. 22 zitiert den Brief wie folgt: »Továbbá tudom, hogy Tekegyelmed ex litteris értette és hallotta az tengeren való hadakozásnak [Lepantói csata!] dolgát. Ím mostan Tekegyelmednek ismég újobban megküldöm, miképpen megírták az viadalnak dolgát. Ezt pedig énnékem szintín Velencébo˝l küldötték. Mert énnekem egyik tengermelléki tiszttartóm Velencében volt, aki által küldötték. Azért ezt Tekegyelmed minden bizonnyal elhiheti, hogy ez nyomtatásban írván megküldöttem.« Ich danke Janka Gaugecz und Mátyás Borsányi für ihre Hilfe bei der Übersetzung. 1795 Anonym: COPIA DELL’AVISO VENVTO da Vinegia. (AL, Turcica VI.95/15855), fol. 1v; Venier: RAGVAGLIO. (BCas, Vol. Misc. 2244.4). Typografische Details zeigen, dass auch Anonym: LA GRAN VITORIA DELLARMATA CHRISTIANA CONTRA Larmata Turchescha […]. O. O. O. J. (AL, Turcica VIII.119/15884) schnell gedruckt wurde.

496

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Nachricht vom Ereignis Lepanto auch in die jeweilige städtische Memoria eingeschrieben wurde.1796 Darüber hinaus ist zu beobachten, dass neben Venedig auch andere Herrschaften die Distribution der Lepanto-Nachrichten als informationspolitischen Akt strategisch zu nutzen gedachten. Liga-Nachrichten wurden etwa vom Zürcher Antistes gezielt innerhalb reformierter Nachrichtennetzwerke distribuiert und auch für Nürnberg ist die Weiterleitung der LepantoZeittung nach Ansbach, Berlin, Bamberg, Mainz und Würzburg als bewusster Akt der Informationspolitik zu verstehen, wenn Lore Sporhan-Krempels Ausführungen berücksichtigt werden. Denn sie hat veranschaulicht, dass die Nürnberger Ratsmitglieder Zeittungen bewusst weiterleiteten (oder eben auch nicht), um das Ansehen der Reichsstadt zu stärken und deren politisches und merkantiles Wohl zu mehren.1797 Daneben gehörte auch die Zensur gedruckter Zeittungen zum grundlegenden Instrumentarium des Rates. Bereits 1536 hatten sich die Drucker zu verpflichten, fortan nur noch solche Zeittungen zu drucken, die zuvor als »gewiss und wahrhaftig« bestätigt worden waren. Ebenso verboten die Ratsherren ein Jahr nach der Seeschlacht den Druck und Verkauf gleich zweier Zeittungen über das Zarenreich und die Bartholomäusnacht, um merkantile Interessen nicht zu gefährden und eine Anheizung der konfessionalisierten Stimmung zu vermeiden.1798 Für die frühesten Nürnberger LepantoZeittungen heißt dies zunächst einmal, dass deren Distribution einen obrigkeitlich koordinierten Akt politischer Informations- und Wissenskulturen darstellte, die der Selbstrepräsentation der städtischen Herrschaftselite dienten, die die Siegesnachricht als Ressource und Kalkül zu nutzen suchte. Die archivalische Dokumentation belegt, dass die Mitglieder des Nürnberger Inneren Rates sehr schnell und sehr genau abwägten, wem sie die Neuigkeit weiterleiteten. Noch am 26. Oktober, also an demselben Tag, als die erste Lepanto-Nachricht Nürnberg erreichte, versammelte sich der Innere Rat und entschied, die Zeittung der »grose Victorj« an den Kurfürsten von Mainz, den Bischof von Bamberg und den

1796 Anonym: Warhafftiger vnnd khurtzer bericht der Freydenreichen vnnd Herrlichen Victori. (BSB, Res4 Turc. 84,23); Anonym: Warhafftiger vnd kurtzer Bericht/ der frewdenreichen vnnd herrlichen Victori. (AL, Turcica I.36./15795). Auch Wolfgang Lüder gab in seiner Nürnberger Chronik zunächst nur die Namen gefallener Venezianer, nicht aber diejenigen verstorbener Spanier an. Vgl. StAN, Reichsstadt Nürnberg, Handschriften, Nr 48, Chronik (1571–1589) des Wolfgang Lüder, fol. 20r f., 21v. 1797 Aubert: Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12, S. 189 (Rudolf Gwalther an Théodore de Bèze, Zürich, 25. Oktober 1571); StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, 26. Oktober 1571, fol. 5r; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 153r, Nürnberg, 27. Oktober 1571, Innerer Rat an Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Kurfürst Daniel Brendel von Homburg, Bischof von Mainz, und Friedrich von Wirsberg, Bischof von Würzburg; Sporhan-Krempel: Nürnberg als Nachrichtenzentrum, S. 67–76. 1798 Ebd., S. 68f. Zitat von ebd., S. 69.

Ein Sieg, viele Nachrichten

497

Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach zu senden.1799 Für den Tag darauf ist eine Abschrift besagten Schreibens erhalten. Demnach verwiesen die Nürnberger sowohl auf die Herkunft als auch auf den genauen Zeitpunkt des Eintreffens der Siegesnachricht. Sie stamme per »extra ordinarj Posst« aus Venedig und sei am Vorabend eingetroffen. Die Ratsmitglieder hätten es daraufhin »nit vnterlassen wöllen solche gute Vnnd gemainer Christenheit hochnützliche Zeitungen E[uer] F[ürstlichen] G[naden] hiemit vnderthenigklich zucomuniciern, dem Almechtigen Gott sei für solche Victorj Lob Vnnd dannck, der wölle wider den grimigen Erbfeindt fernern sieg Vnnd Victorj Verleÿhen Amen. Vnnd seind E[uer] F[ürstlich] G[naden] nachtbarliche[sic!] Vnderthenige dienst zuerzaigen willig«.1800

Eingebettet in die Narrative der Türkengefahr wusste die politische Führung Nürnbergs also sehr gut um ihren Informationsvorsprung und vermittelte diese Nachricht, die sie als ›christlich‹ konzipierte, die den Sieg als Gottes Eingreifen darstellte und auf zukünftige göttliche Gnade hoffen ließ. Die Übermittlung der Nachricht wollten die Ratsmitglieder zudem als Nachbarschaftsdienst und damit als einen Wohlgefallen verstanden wissen, der politische Bünde bestätigte und herrschaftliche Beziehungen stärkte. Dieses Schreiben war nicht nur an den Kurfürsten von Mainz, den Bischof von Bamberg und den Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, sondern außerdem an den Würzburger Bischof geschickt worden.1801 Als in den darauffolgenden Tagen offensichtlich neue Relationen zum Schlachtgeschehen im Nürnberg eintrafen, entschieden die Räte am 02. November abermals, diese an dieselben Personen weiterzuleiten.1802 Auch bei der Übermittlung solcher particularia zur »grossen Meerschlagt«, die Nürnberg »aller gestalt Vnd massen, wie wirs empfangen«, am 07. November weiterleitete, fehlt nicht der Hinweis auf den »Vnderthenigste[n] diennst« den die Räte damit dem Adressaten gegenüber »zuerzaigen willig« waren.1803 Bereits einen Tag später trafen jedoch »frische brief vnd Zeitungen Von Venedig« in Nürnberg ein, welche »die Vorigen nit allein bestettigen, sonder etwas mehrers 1799 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, 26. Oktober 1571, fol. 5r. 1800 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 153r, Nürnberg, 27. Oktober 1571, Innerer Rat an Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Kurfürst Daniel Brendel von Homburg, Bischof von Mainz, und Friedrich von Wirsberg, Bischof von Würzburg. 1801 Ebd.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, b, 26. Oktober 1571, fol. 5r. 1802 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, b, 02. November 1571, fol. 1v. 1803 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 167r, Nürnberg, 07. November 1571, Innerer Rat an Kurfürst Daniel Brendel von Homburg, Bischof von Mainz, Friedrich von Wirsberg, Bischof von Würzburg, und Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach.

498

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

mit sich daneben auch bringen«. Die evangelischen Räte entschieden sich noch am 08. November, diese erneut dem Markgrafen von Brandenburg-AnsbachKulmbach – jedoch nur ihm und nicht den katholischen Bischöfen in Mainz und Würzburg – »zu nachtbarlichen[sic!] willigen diensten« nachzusenden.1804 Die Siegesnachricht stellte also aus Nürnberger Perspektive eine Ressource und ein Gestaltungsinstrument politisch-konfessioneller und nachbarschaftlich-herrschaftlicher Beziehungen dar. Dass dieses auch seitens der Empfänger derart begriffen wurde, zeigt der Umstand, dass die Nürnberger Lepanto-Zeittung den Adressaten eine persönliche Antwort wert waren. Das Dank- und Antwortschreiben des Würzburger Bischofs traf in der Reichsstadt am 03. November ein, dasjenige des Mainzer Bischofs und Kurfürsten erreichte sie zwei Tage später und das entsprechende Schriftstück des Markgrafen von Brandenburg-AnsbachKulmbach kam am 10. November in Nürnberg an.1805 Die Siegesnachrichten stellten demnach auf politischer Ebene Ressourcen der Gestaltung von Beziehungen dar, die in einen gegenseitigen Gabentausch eingebunden waren. Denn bereits am 03. Oktober dankten die Räte dem Markgrafen für die von ihm »Jnuerschlossne zugesandte Zeitungen von etlichen neüen Sächssischen gewerben«. Sie versicherten ihm, dass sie diesen im Gegenzug ebenfalls Zeittungen übermitteln würden, sobald sie Neues insbesondere zu Spanien erhielten.1806 Als Dank sandten die Nürnberger Räte dem Markgrafen dann am 03. Oktober die ihnen zugeschickten »Jtalianischen Zeitungen«, die vor allem aus Venedig stammten.1807 Und noch im Januar 1572 übermittelte der Innere Rat die in Nürnberg aus Rom und Venedig eingetroffenen Zeittungen an Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach,1808 was die Reziprozität von Nachrichtenkorrespondenzen als herrschaftlich-relationale Netzwerke unterstreicht. 1804 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 167v, Nürnberg, 08. November 1571, Innerer Rat an Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach. 1805 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1336, a, fol. 4v, 03. November 1571; ebd., fol. 5v, 05. November 1571; ebd., fol. 12r, 10. November 1571. 1806 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 185, fol. 123v, 03. Oktober 1571, Innere Rat an Georg Friedrich I., Markgraf von Brandenburg-AnsbachKulmbach. 1807 Ebd.; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1334, b, fol. 5v, 03. Oktober 1571; StAN, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 184 (06. Dezember 1570–11. Juli 1571), fol. 77v, 89r. Vgl. auch Sporhan-Krempel: Nürnberg als Nachrichtenzentrum, S. 40. 1808 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1338, fol. 4v, 17. Januar 1572. Vgl. auch StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1338, b, fol. 5r, 17. Januar 1571. Zum engen Briefkontakt zwischen der Reichsstadt und dem Markgrafen siehe auch StAN, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rates, Nr. 1335, a, fol. 26r ff., 23. Oktober 1571 sowie ebd., fol. 29r ff., 25. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

499

Dass die Zirkulation der (ersten) Lepanto-Avvisi obrigkeitlich geprägt war, liegt auch anderorts auf der Hand. Bereits kurz vor der Seeschlacht hatte der Papst ein harsches Vorgehen gegen diejenigen verkündet, die falsche und polemische Avvisi druckten. Kurz vor Lepanto wurde mit Niccolò Franco ein solcher Autor inhaftiert und hingerichtet. 1572 erließ Pius V. dann eine neue Ankündigung, wonach falsche Avvisi verboten würden. Dabei war insbesondere von solchen die Rede, welche die Ehre von Personen diffamierten und künftige Ereignisse behandelten – also etwa auch gedruckte Prophezeiungen oder Texte, die nach der Seeschlacht über ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Osmanen spekulierten.1809 Ebenso entschieden die venezianischen Senatoren im Februar 1572 – damals sprachen sie von »vielen« Nachrichtenschreibern, die in der Lagunenstadt mit Avvisi ihren Unterhalt verdienten – unter Androhung schwerer Strafen, dass künftig nur noch diplomatische Repräsentanten von Venedig aus Avvisi versenden dürften. Der savoyische Diplomat begründete dieses Vorgehen mit den zahllosen Unsinnigkeiten (ciancie) und Lügen (bugie), die selbsternannte ›Novellanti‹ (er spricht genauer gesagt von Nouelini) tagtäglich versenden würden.1810 Entsprechend betonte er damit auch die Vertrauenswürdigkeit der eigenen, diplomatischen Berichterstattung sowie seine eigene Wertschätzung. Der toskanische Repräsentant begründete den Schritt gegenüber Francesco I. de’ Medici ebenso damit, dass »viele, die vom Schreiben der Nachrichten (nuoue) leben, die man hier la gazetta nennt, Sachverhalte nach ihrer Meinung nach schreiben«, sodass sie »oft sehr weit von der Wahrheit entfernt sind«.1811 Einer durch die Nouellisti eingereichten Supplik gestand der toskanische Diplomat daher wenig Erfolgschancen zu. Das vom Consiglio dei Dieci ausgesprochene Verbot, jedwede Nachrichten außerhalb des diplomatischen Kontextes unter Androhung einer fünfjährigen Galeerenstrafe und der Verbannung zu versenden, stellt den Versuch der venezianischen Herrschaftselite dar, auch nach den ersten Lepanto-Nachrichten eine obrigkeitliche Kontrolle über die zur Liga und zum Osmanischen Reich kursierenden Informationen zu behaupten.1812

1809 Richardson: Manuscript Culture in Renaissance Italy, S. 159; Pettegree: Invention of News, S. 112; Infelise: Roman Avvisi, S. 214; Infelise: Prima dei giornali, S. 155. 1810 Ebd., S. 10; AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Venezia, m. 1, fasc. 6, Gioseffo Parpaglia an Emanuel Philibert von Savoyen, Venedig, 16. Februar 1572, fol. 2v. 1811 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3090, fol. 40r, Cosimo Bartoli an Francesco I. de’ Medici, Venedig, 13. Februar 1572 m. v.: »credo perche molti che uiueuano dello scriuer nuoue che qui si chiamauano la gazetta, scriueuano cose secondo il parer loro, con non poco biasmo di questa Republica, perche bene spesso erano tanto lontani dal uero quanto il leuante dal Ponente.« 1812 Ebd.; Infelise: Prima dei giornali, S. 154.

500

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Tab. II.6.13: Dauer der Übermittlung der ersten Lepanto-Nachrichten von Venedig aus (19. Oktober 1571) anhand ausgewählter Ortschaften. Ort Ferrara Ancona Florenz Rom Mailand Turin Neapel Augsburg Innsbruck

Dauer (in Tagen) 1 1 2 2 2 3 4 4 5

Ort Wien Lyon Nürnberg Paris Brüssel Barcelona Madrid Vysoký Chlumec Sevilla

Dauer (in Tagen) 6 6 7 9 11 12 12 13 15

Doch der hier untersuchten Kartografie der ersten Lepanto-Zeittungen sind nicht allein Aussagen zur geografischen Reichweite der Nachrichtennetzwerke sowie zu den Postrouten zu entnehmen. Denn neben der räumlichen, ist auch die zeitliche Distribution darstellbar (Tab. II.6.13). Wenn diese Angaben jener Städte, die von Venedig aus über Lepanto informiert wurden, mit den Tagesangaben verglichen werden, die Fernand Braudel als Minimal-, Normal- und Maximalzeiten für die Nachrichtenübermittlung angibt, ist festzustellen, wie erstaunlich schnell die Nachricht Lepanto kursierte. Benötigte die Überbringung nach Florenz zwei Tage, liegt dies einen Tag unter der von Braudel veranschlagten Normalzeit. Ebenso nahm die Übersendung des Lepanto-Avviso nach Mailand einen Tag, nach Paris drei Tage und nach Lyon sowie Barcelona jeweils sieben Tage weniger in Anspruch, als dies üblicherweise benötigte. Lediglich die Versendung nach Brüssel dauerte einen Tag länger, als es Braudel als Normalzeit angibt, wobei die dafür benötigten elf Tage insgesamt doch erheblich unter der von ihm genannten Maximalzeit von 35 Tagen liegen. Für die Überbringung nach Rom ist mit zwei Tagen lediglich ein halber Tag mehr in Anspruch genommen worden, als dies Braudel als Minimalzeit der Briefübermittlung errechnet hat. Für Nürnberg und Wien unterboten die Kuriere sogar die üblicherweise zu veranschlagende Dauer um einen beziehungsweise zwei Tage.1813 In das Gesamtbild passt auch, dass die Dauer der Übersendung der Siegesnachricht nach Venedig von insgesamt zwölf Tagen erstaunlich kurz im Vergleich zu anderen Fällen ist. Ein am 14. August 1571 in Genua aufgesetzter Brief erreichte die Liga-Flotte beispielsweise erst am 09. Oktober.1814 Schnelligkeit war bereits vor der Seeschlacht das Charakteristikum einer als gelungen eingeschätzten Nachrichtenversendung. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts griff Dürer dieses Motiv auf, als er mit dem Kupferstich ›Der kleine 1813 Braudel: Mittelmeer. Bd. 2, S. 28. 1814 ASGe, Archivio Segreto, 1966 (Litterarum [Fogliazzi], 1570–1571), Luis de Requesens y Zúñiga an die Signoria von Genua, Messina, 08. November 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

501

Postreiter‹ das sich etablierende kaiserliche Postsystem und die auch von Händlern und Kaufleuten entsandten Kuriere kommentierte (Abb. II.6.14).1815 Hier ist ein mit Sporen und Peitsche bestückter Postreiter dargestellt, der das Pferd voranprescht. Damit nimmt Dürer auf die Schnelligkeit der Nachrichtenüberbringung als das Signum des Mediums und seiner Zirkulation Bezug. Als einige Jahrzehnte später in Venedig und auch andernorts die Zeittung oder Nova vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ gegen die Osmanen eintraf, ging es darum, diese Kunde in handschriftlichen Nachrichtenbriefen besonders schnell zu überbringen. Dafür nutzten Herrschaften für gewöhnlich nicht das etablierte Netz der Ordinari Post, sondern zu diesem Anlass extra entsandte Boten (corrieri straordinari).1816 Ebenso entsandten Botschafter ihre eigenen Kuriere.1817 Über gewöhnliche Postmeister wurden vor allem jene Lepanto-Nachrichten versandt, die nicht als erste im Zielort eintrafen, wobei das Eintreffen des frühesten LepantoAvviso in Neapel eine Ausnahme darstellt, insofern diese durch den Postmeister von Lecce überbracht wurde.1818 Wie wichtig den an der Nachrichtenübermittlung beteiligten Akteuren der zeitliche Aspekt bei der Versendung der ersten Lepanto-Nachrichten war, zeigt ein an den Dogen gesandtes Schriftstück des venezianischen Botschafters in Rom. In diesem stellte er resigniert fest, dass der an ihn geschickte Lepanto-Avviso nur zwei Stunden später eintraf, als Kardinal Rusticucci eine vom päpstlichen Nuntius in Venedig aufgesetzte Siegesnachricht erhalten hatte.1819 Auch der venezianische Botschafter in Madrid, der als erster vor Ort die Lepanto-Kunde aus Venedig erhalten und zu distribuieren hatte, 1815 Hierzu sowie im Folgenden siehe vor allem Pettegree: Invention of News, S. 49, aber auch Behringer: Im Zeichen des Merkur, S. 51–98. 1816 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 117r ff., Cosimo Bartoli an Francesco I. de’ Medici, Venedig, 26. Mai 1571, hier bezüglich der Strecke zwischen Venedig und Rom. 1817 Dass solche den Botschaftern zugesprochen wurden, belegt für den Fall des venezianischen Botschafters in Rom Paolo Tiepolo: ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 173r, 12. November 1571. 1818 Belegt ist das beispielsweise für Innsbruck: Venedig ensandte die an Erherzog Ferdinand II. adressierte Nachricht zum Kaiserhof, wo der dort residierende venezianische Botschafter das Schreiben über den hiesigen Postmeister nach Innsbruck weiterleitete. Dort war Peter Canisius jedoch bereits informiert. ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 24. Oktober 1571, an Ferdinand II., Erzherzog von Österreich; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 187, fol. 1v [563v], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 13. November 1571; Braunsberger: Petri Canisii epistolae et acta. Bd. 6, S. 487 (Peter Canisius an Everardo Mercuriano, Innsbruck, 24. Oktober 1571); ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r [326r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571. 1819 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 98r, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571. Die Zeitangabe widerspricht jedoch der in anderen Dokumenten überlieferten Angabe von 20 Uhr (am 22. Oktober): ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 80r, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571.

502

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

berichtete seiner Herrschaft über die genaue Uhrzeit des Eintreffens des Lepanto-Avviso: Der Kurier habe ihn am 31. Oktober 1571, 14 Uhr, erreicht.1820 In temporaler Hinsicht ist zudem zu beobachten, dass Zwischenstationen nicht nur die Zirkulation der Nachrichten gewährleisteten, sondern diese zugleich auch dadurch verzögerten, dass dort weitere Akteure als Briefeschreiber auftraten, die ihre Nachrichten durch denselben Boten übermittelt wissen wollten. Die Informationen des spanischen Botschafters aus Genua beispielsweise, der den venezianischen Avviso erhalten hatte und nach Madrid kommentiert weiterleitete, erreichten den spanischen Hof am 02. November. Bereits am 31. Oktober war jedoch die erste Lepanto-Neuigkeit aus Venedig eingetroffen, die zwar derselben Route über Mailand und Genua folgte, deren Botenübermittlung jedoch nicht durch die Schriftaktivitäten der Beteiligten verzögert worden war.1821 Zur Postübermittlung ist weiterhin festzustellen, dass die erste Lepanto-Zirkulation maßgeblich auf diplomatische Netzwerke zurückgriff. So schrieb beispielsweise der spanische Botschafter in Mailand, Juan de Vargas Mexia, von Turin aus nach Madrid, dass der König zwar von drei weiteren Kurieren aus Genua und Venedig vor ihm die Nachricht erhalten werde, dass de Vargas Mexia aber dennoch die Lepanto-Informationen weiterleite. Denn diese seien von »besonderem Interesse« des Königs.1822 Ebenso ließ Venedig den Lepanto-Avviso vornehmlich an und durch Repräsentanten und Diplomaten übermitteln wie etwa den Rettori Veronas und der Terraferma und dem Residente in Mailand, aber auch den Botschaftern in Savoyen und Wien. Dasselbe gilt für die toskanischen Botschafter in Rom.1823 Dabei machten sich die Absender aber auch die Kuriere anderer Diplomaten zunutze, wenn etwa der toskanische Gesandte in Spanien jenem Boten ein Schreiben nach Florenz mitgab, den der päpstliche 1820 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 1r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571. 1821 AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 291, Philipp II. an Sancho de Padilla, spanischer Botschafter in Genua, 18. November 1571, fol. 1r. Die Angabe von vier Tagen in ebd. ist demnach fehlerhaft. Siehe Kapitel II.1. Ein Sieg, viele Herrschaften: Inszenierte und partikulare Siege. 1822 AGS, Estado, Milán, leg. 1230, Juan de Vargas Mexia, Turin, 24. Oktober 1571, fol. 1r: »por su particular interes«. 1823 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an die Rettori von Verona; ebd., 20. Oktober 1571, zweiter Brief an Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand; ebd., 19. Oktober 1571, an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ebd., 19. Oktober 1571, zweiter Brief an Hieronimo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen; ebd., 03. November 1571, an Giovanni Correr, venezianischer Botschafter in Wien; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 40v. Vgl. grundsätzlich auch Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 5v; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 213r, »Gugl.mo Scarap:cci« an Francesco I. de’ Medici, Rom, 22. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

503

Abb. II.6.14: Albrecht Dürer, Der kleine Postreiter, um 1496. (MET, 17.37.104, www.met museum.org).

504

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Gesandte von Portugal aus gen Italien schickte. Umgekehrt versandte Florenz regelmäßig Schriftstücke an den toskanischen Botschafter in Spanien mithilfe des in Genua stationierten spanischen Botschafters.1824 Neben diesen pragmatischen und administrativen Gründen ist die Dominanz der diplomatischen Berichterstattung in den ersten Lepanto-Nachrichten auch damit zu begründen, dass deren Übermittlung für gewöhnlich einer p[er]sona discretta übertragen wurde.1825 Die Absender wollten den Kommunikationsakt selbst dabei keinem Zufall überlassen. So hatte etwa der venezianische Residente in Mailand, Francesco Gerardo, detaillierte Anweisungen erhalten, wie genau er das Schreiben mit der Siegesnachricht von Lepanto an Ottavio Farnese, den Herzog von Parma, weiterzuleiten habe: Er könne den Brief dem in Mailand residierenden Vertreter Parmas überreichen oder aber ihn auf anderem Wege nach Parma schicken. Hauptsächlich solle sich Gerardo aber für jene Postroute entscheiden, die ihm die »schnellste[] und sicherste[]« zu sein scheine. Neben der grundsätzlichen Sicherstellung war also die möglichst zügige Übermittlung in der Einschätzung des Absenders wichtig. Grundsätzlich solle sich Gerardo für einen solchen Boten (homo à posta) entscheiden, der vertrauenswürdig und diskret ist. Im Anschluss daran hatte er seiner Herrschaft Venedig von Mailand aus über die Ausführung der Postweiterleitung Bericht zu erstatten.1826 Genauso kam es aber vor, dass andere Repräsentanten eher unspezifische Anweisungen erhielten: Der venezianische Botschafter in Wien, Giovanni Correr, wurde beispielsweise aufgefordert, die Lepanto-Nachrichten an den polnischen König sowie die deutschen Kurfürsten über jene Straßen zu versenden, die ihm am besten geeignet erscheinen. Anschließend habe aber auch er darüber zu berichten. Bezüglich der ebenfalls an ihn gesandten Briefe an die Königin von England hätte er die »erste gute Gelegenheit« zur Weiterleitung der Dokumente zu nutzen, und anschließend erneut nach Venedig zu schreiben, wie die Übersendung vonstatten gegangen sei.1827 Doch die Repräsentanten ermöglichten nicht nur zu einem erheblichen Teil die Zirkulation der ersten Lepanto-Nachrichten, sondern be1824 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 220r, Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici, Madrid, 19. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 569, fol. 134r, Sánchez de Padilla an Cosimo I. de’ Medici, Genua, 24. November 1571. 1825 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 20. Oktober 1571, an die Rettori von Verona: »p[er]sona discretta«, das Schreiben ebd., 20. Oktober 1571, an Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua betreffend. 1826 Ebd., 20. Oktober 1571, zweiter Brief an Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, fol. 1r: »[…] per quelle uie che li parerano piu preste, et piu sicure, ò còl darle all’agente di S. Ecc. residente in q[ue]lla città ò in’altro modo […]«. 1827 Ebd., 03. November 1571, an Giovanni Correr, venezianischer Botschafter in Wien, fol. 1r (»Onde ui commettemo ch[e] dobbiate inuiarle p[er] q[ue]lla strada, ch[e] ui parerà migliore procurando ch[e] tutte habbiano buon ricapito, et d[e]l riceuer di esse ne darete poi auiso«); ebd., 04. November 1571, an Giovanni Correr, venezianischer Botschafter in Wien (»p.ma buona occasione«).

Ein Sieg, viele Nachrichten

505

obachteten auch sehr genau und richteten sich sogar nach dieser Distributionskultur. So schrieben die toskanischen Botschafter aus Wien, dass der am Kaiserhof wirkende päpstliche Legat nach dem Eintreffen der Lepanto-Zeittung mit seiner Weiterreise nach Polen noch abwarte, ehe weitere Nachrichten aus Rom eingetroffen seien. Denn die Neuigkeit vom Ausgang der Seeeschlacht habe den Status der Christenheit so stark verändert, dass der Legat leicht neue Anforderungen erhalten könnte.1828 Entsprechend war die Überbringung der Nachricht also durch die etablierten Strukturen der Informationsübermittlung selbst nachhaltig beeinflusst. Denn auch außerhalb des Lepanto-Kontextes vermittelte der spanische Botschafter in Venedig seine Schreiben über Mailand und Genua sowie mithilfe derer diplomatischen Vertreter nach Spanien. Ebenso zirkulierten sonst Avvisi-Abschriften intensiv in den zeitgenössischen, diplomatischen Netzwerken, insbesondere zwischen Venedig und deren Botschafter in Rom.1829 Diese etablierten Strukturen versuchten die Akteure bei der Übermittlung des Lepanto-Avviso jedoch gerade im Hinblick auf die Dauer der Nachrichtenversendung zu optimieren. So beanspruchte die Übermittlung von Schreiben aus Genua über Mailand nach Venedig durch einen corriere ordinario normalerweise viel länger, als anlässlich der Lepanto-Neuigkeit:1830 allein die Übersendung von Briefen aus Mailand nach Venedig betrug 1571 durchschnittlich fünf bis sechs Tage – zum Vergleich: die Versendung des Lepanto-Avviso benötigte lediglich zwei Tage.1831 Überhaupt muss berücksichtigt werden, dass gar nicht gesichert war, ob der gewünschte 1828 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4331, fol. 206r, Lodovico Antinori und Giovan Battista Concino an Cosimo I. de’ Medici, Wien, 31. Oktober 1571: »Ma hà fatto tal mutatione nello stato di tutta la Christianità, che potra esser cagione à .S. S.ta di aggiugner[sic!] nuoue com[m]essioni al Legato«. 1829 ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 01. April 1571, fol. 1v; ebd., Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 12. September 1571; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Giovanni Soranzo und Paolo Tiepolo, venezianische Botschafter in Rom, zweites Schreiben vom 01. Dezember 1571, fol. 2r. 1830 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 80, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 13. Juni 1571, fol. 1r [313r]; ebd., Nr. 89, ders. an dens., Mailand, 25. August 1571, fol. 1r [333r]. 1831 Ebd., Nr. 98, ders. an dens., Mailand, 22. Oktober 1571, eingetroffen in Venedig am 27. Oktober 1571, fol. 1r–2v [357r–358v]; ebd., Nr. 100, ders. an dens., Mailand, 28. Oktober 1571, eingetroffen in Venedig am 01. November 1571, fol. 1r–2v [361r–362v]; ebd., Nr. 101, ders. an dens., an Alvise Mocenigo, Mailand, 01. November 1571, eingetroffen in Venedig am 06. November 1571, fol. 1r–2v [363r–364v]; ebd., Nr. 103, ders. an dens., Mailand, 14. November 1571, eingetroffen in Venedig am 19. November 1571, fol. 1r–2v [367r–368v]; ebd., Nr. 106, ders. an dens., Mailand, 13. Dezember 1571, eingetroffen in Venedig am 17. Dezember 1571, fol. 1r–3v [381r–383v].

506

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Adressat der Sendung sich gerade an dem Ort aufhielt, zu dem das Schriftstück geschickt wurde.1832 Die Beeinflussung der Zirkulation der Lepanto-Avvisi durch die errichteten Strukturen ist auch für die Poststationen und -ämter festzustellen, die dem Pferdewechsel dienten. Denn der von der venezianischen Signoria nach Rom gesandte Kurier besaß einige Schwierigkeiten damit, dass der bereits vor ihm vom Nuntius entsandte Bote die Pferde der Poststationen genutzt hatte, die so ihm nicht oder nur schwer zur Verfügung standen.1833 Wie die Korrespondenz der in Venedig residierenden, mantuanischen Botschafter belegt, vermochte das Eintreffen der Lepanto-Nachrichten aber auch, diese etablierten Rhythmen der Postübermittlung kurzzeitig zu transformieren (Grafik II.6.15). Während für gewöhnlich die Übermittlung diplomatischer Berichte im Abstand von einer oder zwei Wochen stattfand, wurde dieser Rhythmus mit dem Bekanntwerden der ersten Lepanto-Nachrichten unterbrochen. Konkret ist festzustellen, dass sowohl die Intervalle der Postübermittlung kürzer, als auch die mitgesandten Schreiben zahlreicher wurden. Die Abweichungen begründete der Botschafter selbst damit, dass es diese Nachricht wert sei.1834 Die Übermittlung der frühesten LepantoAvvisi hing also nicht nur von etablierten Kommunikationsstrukturen und -netzwerken ab, sondern die an der Übermittlung beteiligten Akteure vermochten diese zugleich derart zu variieren, dass diese Variationen in Bezug auf Quantität und Temporalität dazu beitrugen, der Nachricht Lepanto eine besondere Bedeutung als Ereignis beizumessen. Zugleich boten die Rahmenbedingungen der Nachrichtenkommunikation den Boten Begründungsmöglichkeiten, wenn die Nachrichtenübermittlung anders verlief, als erhofft. De Figueroa, auf den der spanische Hof so lange wartete, begründete seine Verspätung beispielsweise durch äußere Umstände: sie sei dem schlechten Wetter geschuldet, das ihn elf Tage lang auf dem Meer überkam.1835 Auch wusste der habsburgische Botschafter zu berichten, dass de Figueroas »Leybsschwachait« schuld an der langen Zustellungsdauer der Relation gewesen sei.1836 Dass der nach Rom entsandte Fernando de Mendoza erst einen Tag nach 1832 Vgl. z. B. ASN, Consiglio Collaterale, serie Curiae, vol. 24, Antoine Perrenot de Granvelle, Kardinal und Vizekönig, an Philipp II., 17. November 1571, fol. 210v f. über ein für Álvaro de Bazán nach Sizilien gesandtes Schreiben trotz dessen vermuteter Abwesenheit. 1833 Behringer: Im Zeichen des Merkur, S. 65–98; ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma, filza 8, fol. 98v, Giovanni Soranzo an Alvise Mocenigo I., Rom, 27. Oktober 1571. 1834 ASMa, Archivio Gonzaga, 1504; ebd., fasc. 1, fol. 14r, Paolo Moro an den Castellano von Mantua, Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., fol. 16r f., Paolo Moro an Guglielmo Gonzaga, Venedig, 19. Oktober 1571. 1835 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 7, 32, fol. 18v, Ruiz de Açagra an Maximilian II., Madrid, 26. November 1571. 1836 Khevenhüller-Metsch: Hans Khevenhüller. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20), fol. 16v, Hans Khevenhüller an Maximilian II., Madrid,

507

Ein Sieg, viele Nachrichten 6 5 4

Bekanntwerden Lepantos in Venedig

Stückzahl Botschafterwechsel Capilupi -> Moro

3 2

0

15.09. 17.09. 19.09. 21.09. 23.09. 25.09. 27.09. 29.09. 01.10. 03.10. 05.10. 07.10. 09.10. 11.10. 13.10. 15.10. 17.10. 19.10. 21.10. 23.10. 25.10. 27.10. 29.10. 31.10. 02.11. 04.11. 06.11. 08.11. 10.11. 12.11. 14.11.

1

Briefe (Anzahl)

beigelegte Schri!en (Anzahl)

Grafik II.6.15: Die Postübermittlung des mantuanischen Botschafters in Venedig zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto: Quantität und Intervalle. Basierend auf ASMa, Archivio Gonzaga, 1504.

dem zum Papst entsandten Informanten Colonnas in Neapel eintraf, führte der venezianische Residente vor Ort auf dessen fortgeschrittenes Alter zurück.1837 Eine Beeinflussung der Nachrichtenzirkulation durch die etablierten Nachrichtennetzwerke selbst ist auch dahingehend festzustellen, als dass Diplomaten auf die Boten angewiesen waren. So schrieben die Repräsentanten mitunter, sie müssten schnell einen Text verfassen, weil der Bote im Begriff sei, abzureisen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine solche Formulierung auch der Selbstdarstellung und Legitimierung kurzer beziehungsweise unvollständiger Berichte dienen konnte. Ebenso berichteten die Schlachtteilnehmer selbst, dass sie kaum Zeit zur Niederschrift hätten und deshalb auf die ersten Nachrichten noch ausführliche Schlachtberichte folgen sollten.1838 Im Wettlauf um die am schnellsten überbrachten Lepanto-Avvisi konnte dessen Logik aber auch invertiert werden. Kardinal Girolamo da Correggio hatte am 20. Oktober in Ancona die Siegesnachricht in einem Schreiben vom venezianischen Nuntius erhalten. Als er eine Woche später einen Brief an Francesco I. 26. November 1571 (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 2, fol. 24r–27v). 1837 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 109, fol. 1r [328r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 31. Oktober 1571. 1838 ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 3, Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 18. Dezember 1571; ebd., zweites Schreiben von Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, an das Governo in Genua, Madrid, 14. Juni 1571, fol. 1r; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 220r, Clemente Pietra an Cosimo I. de’ Medici, Madrid, 19. Dezember 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 1r, Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Astakos, 09. Oktober 1571.

508

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

de’ Medici aufsetzte, sah er sich deshalb offenbar gezwungen, zu begründen, weshalb er erst jetzt schrieb. Wie ihm ohne Zweifel versichert worden ist, so der Kardinal, sei es nicht nötig gewesen, Francesco eine Abschrift des Avviso zu übermitteln, weil er bereits anderweitig diesen erhalten haben dürfte. In der Zwischenzeit lag dem Kardinal jedoch ein Schreiben des venezianischen Provveditore General di Dalmatia vor, dass dieser am 17. Oktober aufgesetzt hatte, also einem Tag nach dem dortigen Eintreffen der Siegesnachrichten. Zusätzlich übermittelte der Kardinal die Abschrift der Relation eines Schiffskapitäns nach Florenz, die aus Rovinj eingetroffen war und die ebenfalls die gran Vittoria belegte. Zwar bringe man solchen Menschen normalerweise recht wenig Vertrauen entgegen, aber solche nuouelle zum Seesieg vernehme man dennoch gern.1839 Mit seiner Vermutung lag er nicht falsch, denn Francesco I. de’ Medici erwiderte das Schreiben des Kardinals dahingehend, dass dieser gut daran getan habe, nicht den »ersten Avviso des Sieges« nach Florenz zu schicken, da de’ Medici denselben aus Venedig erhalten hatte. Umso mehr habe er da Correggios Übersendung von Einzelheiten (part.ri) zum Schlachtgeschehen wertgeschätzt.1840 Die Rhetorik und Performativität der Schnelligkeit in der Übermittlung der ersten Lepanto-Nachrichtenschreiben erlaubte es also Akteuren auch, auf die Logik der Schnelligkeit Bezug zu nehmen und dieser bewusst eine Rhetorik der Langsamkeit entgegenzusetzen, um so die Qualität der eigenen Nachrichtenschreiben als Diensterweis hervorzuheben. Damit war für Ancona ebenfalls Venedig die wesentliche Anlaufstation bei der Übermittlung der frühesten Korrespondenz über die Seeschlacht. Der Vergleich mit anderen, um 1570 genutzten Routen der Nachrichtenzirkulation zeigt aber auch, dass Venedig – trotz seiner generellen Bedeutung als Kommunikationszentrum1841 – nicht immer die zentrale Rolle einnahm, die es bei den kursierenden Lepanto-Avvisi innehatte. Die Nachricht von der Einnahme Famagustas traf in Rom beispielsweise über Genua ein. Für die Distribution von Schreiben über ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa nach Florenz nahm Ende 1571 Piombino eine wichtige Rolle 1839 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3736, fol. 692r f., Girolamo da Correggio an Francesco I. de’ Medici, Ancona, 27. Oktober 1571. Zu den zeitnah in Ancona zirkulierenden Avvisi vgl. die am 02. November 1571 gedruckte Schriftenkompilation Anonym: LA HONORATA ET GLORIOSA VITTORIA OTTENVTA DA L’ARMATA CHRISTIANA DELLA SANTISSIMA LEGHA, Contra quella di Sultan Selin Ottoma[n]no Gran Turco, con il numero delle Galere prese, affondate, & il numero de Turchi morti, e presi, e la quantità de Schiaui Christiani, da nostri liberati, Con vna Rotta data in Inghilterra da li Catolici a gli Vgonotti, e la liberazione del Re di Scotia, & il conte di Nottomberlant, & altri nuouissimi raguagli. Ancona 1571. (AL, Turcica VIII.128/15893). 1840 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 22v, an Girolamo da Correggio, Florenz, 01. November 1571: »p.o auiso d[e]lla uittoria«. 1841 Burke: Early Modern Venice as a Center of Information; Pieper: Informationszentren; Vivo: Information and Communication in Venice; ders.: Pharmacies as Centres of Communication; Infelise: Prima dei giornali.

Ein Sieg, viele Nachrichten

509

ein. Madrid bezog seine Informationen zur osmanischen Belagerung Famagustas vornehmlich über die Route Korfu, Venedig und Neapel.1842 Venedig wiederum entsandte Schriftstücke zur Liga-Flotte 1571 über Rom, Neapel, Otranto und Korfu. Umgekehrt erreichten Venedig Schreiben aus Istanbul über Korfu. Nach der Seeschlacht kommunizierte der spanische König mit Don Juan über Sizilien.1843 Es ist also insgesamt festzustellen, dass süditalienische Ortschaften ansonsten für die Levante-Korrespondenz einen zentraleren Stellenwert einnahmen, als dies bei der Lepanto-Nachrichtenzirkulation aufgrund des frühen Eintreffens von Giustiniani der Fall war. Wie die Zeittung über den Seesieg der Liga also kursierte, rekurrierte einerseits auf etablierte Netzwerke, die aber andererseits auch so flexibel waren, dass sie den Akteuren ermöglichten, auf den konkreten Fall so zu reagieren, dass sie diese für eigene Zwecke nutzen konnten. Die Rekonstruktion der ersten, kursierenden Lepanto-Avvisi zeigt eine weitere, wiederkehrende Reaktion auf die Nachrichten, die Rückschlüsse auf deren Wahrnehmung zulassen: Häufig wurden die Boten für die Überbringung der Lepanto-Nachrichten, die von den Empfängern als besondere Gunsterweisungen (fauori) verstanden wurden,1844 für deren Überbringung besonders geehrt. Der venezianische Senat verlieh Onofrio Giustiniani am 02. November 1571 den Ritterstatus und überreichte zusätzlich eine (Hals-)Kette im Wert von 300 scudi, auf welcher der Heilige Markus als segno zu sehen war. Wie die Mitglieder des Collegio und daraufhin auch die Senatoren entschieden, sollte dies ihn dafür ehren, dass er die so tröstende Nachricht des Lepanto-Sieges überbracht habe.1845 Zeitgenössischen Einschätzungen zufolge wurde Giustiniani als göttlich auser1842 ÖNB, Cod. 8949, fol. 262v, Rom, 07. Juli 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 136r, Schreiben an Cosimo I. de’ Medici aus Crespino[?], 31. Dezember 1571; AGS, Estado, Nápoles, Virreinato, leg. 1060, doc. 13 (»Por cartas de Corfu de 29. de Março 1571 rescibidos en venecia a los XJ. de Abril«); ebd., doc. 57, 58 (Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle an Philipp II., Neapel, 20. September 1571). Im Mai hatte Granvelle dem spanischen König ebenso eine Abschrift der päpstlichen Breve zur Gründung der ›Heiligen Liga‹ geschickt (ebd., doc. 28). 1843 ASVe, Collegio, Lettere secrete, filza 26, 27. Oktober 1571, an Giovanni Soranzo, venezianischer Botschafter in Rom; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 22. Oktober 1571, an Giovanni Soranzo, venezianischer Botschafter in Rom; ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Sebastiano Venier, 01. Dezember 1571; AGS, Estado, Nápoles, Virreinato, leg. 1060, doc. 68, Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle an Philipp II., Neapel, 01. November 1571, fol. 1v. Bei der Übermittlung von Geheimpost wurde so der venezianische Bailo von Korfu umgangen und auf venezianische Galeeren zurückgegriffen. 1844 So Francesco I. de’ Medici in Reaktion auf die von Girolamo da Correggio übersandten Lepanto-Avvisi: ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben, fol. 22v, Florenz, 01. November 1571. 1845 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 49, 02. November 1571 (Collegio: 17-5-1, 16-5-1; Senat: 139-24-9, 19-4-3, 21-3-1): »la nuoua di cosi gran Vittoria«; »d’honorarlo con qualche dimostratione, ch[e] sia conueniente à nuoua di tanta consolatione«. ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r.

510

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

wählter Überbringer der Nachricht eines von Gott verliehenen Sieges verstanden.1846 Wenige Tage später bewilligte der Consiglio di dieci auch Giustinianis Ersuchen, straffrei aus dem militärischen Dienst auszuscheiden. Die Dokumente belegen jedoch, dass diese Entscheidung im Gremium hart umkämpft war: die ersten Wahlgänge am 06. November führten zu einer Patt-Situation. Erst zwei Tage später erreichte der Antrag die erforderliche Mehrheit. Insofern die überlieferten Quellen keine Hintergründe zu den Debatten verzeichnen, lässt sich über die Unstimmigkeit des Consiglio nur spekulieren. Es ist anzunehmen, dass die Tatsache, dass Giustiniani eine recht beträchtliche Geldsumme verschiedenen in der Liga-Flotte kämpfenden Venezianern schuldete, ihr Übriges zu den Debatten beigetragen haben: Womöglich nahmen einige Venezianer an, dass Giustinianis Fernbleiben von der Armada die Auszahlung der Gelder nur unnötig verzögern werde. Vielleicht befürchteten aber auch manche Mitglieder des Consiglio, dass ein positives Abstimmungsergebnis über Giustinianis Bitte diesen womöglich verleiten könne, auch um einen Erlass seiner Schulden zu ersuchen.1847 Giustiniani vermochte seine Rolle als Überbringer des Lepanto-Avviso für ganz persönliche Zwecke zu nutzen – und einige Venezianer vermuteten genau dies; sie ließen sich daher nur mühsam überzeugen. Auch Lope de Figueroa, der Don Juans Schlachtbeschreibung mitsamt einer osmanischen Standarte nach Madrid gebracht und so die Nachricht vom Seesieg von spanischer Seite aus endgültig bestätigt hatte, war mit 1.000 scudi entlohnt und zum Ritter des Santiagoordens ernannt worden. Bereits in Florenz hatte de Figueroa eine Goldkette im Wert von 500 scudi als Ehrengeschenk erhalten.1848 Eine vergleichbare Praxis ist im französischen Kontext nachweisbar. Der französische König soll die Nachricht vom venezianischen Botschafter erhalten haben, als er gerade auf der Jagd war. Als segno d’Allegreza sei er vom Pferd gestiegen und habe sich hingekniet, um Gott zu danken. Anschließend übergab er dem Botschafter einen Diamanten, den er zuvor am Finger trug. Wie venezianische Avvisi schnell 1846 Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 5r; ÖNB, Cod. 8949, fol. 278r–279v, Venedig, 09. November 1571. 1847 ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Sebastiano Venier, 06. November 1571 (Wahlergebnisse: 10-10; 11-1-5; 13-4; 9-9; 13-5; 13-5; 14-5-7; 14-4-9) und 08. November 1571 (Entscheidung mit 21-2-5). Die Schulden werden erwähnt in ASVe, Consiglio di dieci, Deliberazioni, Secrete, filza 15, an Sebastiano Venier, 08. November 1571, fol. 1r. Die Summe wird nicht genau sondern lediglich unspezifisch als »bona sum[m]a de danari« angeführt. 1848 AHN, Consejo de Órdenes, Caballeros Santiago, Exp. 3084, Madrid, 31. Januar 1572; Barbero: Lepanto, S. 594; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 21v, an Francesco Babbi, Florenz, 01. November 1571. Diese Ehrgeschenke lassen die Aussage des spanischen Botschafters in Genua unglaubwürdig werden, wonach de Figueroa in Genua kaum mehr als ein Hemd als Kleidungsstück bei sich gehabt habe. AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1328, doc. 66, Sancho de Padilla an Diego Guzmán de Silva, Genua, 06. November 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

511

berichteten, diente dies der memoria an diese Nachricht, eine solch gute er noch nie vernommen habe. Das Diamantengeschenk war in aller Munde und Karl IX. selbst ließ seinem Botschafter in Venedig vor dem Collegio kundtun, dass es sich dabei um ein Zeichen seiner Freude handle. Als solches deutete dann wiederum der dort residierende, spanische Botschafter das Geschenk (er präzisiert, es habe sich um einen Rubin gehandelt).1849 Offenbar erweckte diese Nachricht auch das Interesse des in Venedig stationierten, toskanischen Botschafters Cosimo Bartoli, aus dessen Umkreis Paolo Geri nach Florenz ebenfalls über dieses Diamantengeschenk schrieb. Geri zufolge habe der französische König gesagt, dass der Diamant den beschenkten Botschafter auf ewig an die überbrachte »gute Neuigkeit« (buona nuoua) erinnern solle.1850 Zusätzlich erhielt Alvise Contarini am Ende seines Botschafterdienstes, der wenige Tage nach der Überbringung der Siegesnachricht offiziell endete, eine Goldkette im Wert von 400 Kronen überreicht – von gleichem Wert waren auch eine Kutsche und vier osmanische Pferde, die Contarini Karl IX. vermacht hatte.1851 Der polnische König wiederum schenkte dem Boten, der die Siegesnachricht aus der Walachei nach Kraków brachte, 400 Taler.1852 Dass Boten mit entsprechend erfreudigen Nachrichten besonders entlohnt wurden, ist kein Lepanto-Spezifikum, sondern war gängige Praxis. So erhielt etwa der königliche correo mayor Raymundo de Taxis, der die von Philipp II. aufgesetzte Nachricht von der Geburt des Thronfolgers Anfang Dezember nach Sevilla brachte, vom dortigen Domkapitel anlässlich der »guten Nachricht« (buena nueua) ein extra Botengeschenk (albriçias) überreicht.1853 Bei den Nachrichtenzirkulationen und Belohnungspraktiken gingen familiale Netzwerke und regionen- sowie konfessionsübergreifende Patronage Hand in Hand, wie das Beispiel von Lukas Geizkofler belegt. In seiner Autobiografie schrieb er, dass er im Jahre 1572, als er sich als Student in Straßburg aufhielt, von seinem in Augsburg als Rentmeister der Fugger arbeitenden Bruder Michael Geizkofler vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ erfahren hatte. Nachdem ihm dies »avisiret und berichtet worden war«, brachte er »solche guete zeitung« dem Grafen Eberhard von Manderscheid, dem Bruder des Straßburger Erzbischofs.1854 1849 ÖNB, Cod. 8949, fol. 284r, Venedig, 23. November 1571, ebd., fol. 291v, Venedig, 30. Dezember 1571 (den Wert des Diamanten auf 70.000 Dukaten schätzend); AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 126, Diego Guzmán de Silva an Philipp II., Venedig, 26. November 1571, fol. 1r [252r]. 1850 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 357r, Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 21. November 1571: »buona nuoua«. Siehe auch die Beschreibung in ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Francia, b. 60, Borso Trotti an Alfonso II. d’Este, Durtal, 12. November 1571, fol. 1v f. 1851 Brown/ Bentinck: Calendar of State Papers. Bd. 7, S. 478. 1852 BAV, Urb. lat. 1042, fol. 161r, Kraków, 03. November 1571. 1853 ACS, Secretaria, Actas Capitulares (Autos Capitulares), L.31, fol. 55r f., 07. Dezember 1571. 1854 Geizkofler: Selbstbiographie, S. 31f.; Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 404, 408;

512

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Die katholische Familie von Manderscheid nahm gegenüber der Reformation eine »tolerante Haltung« ein und war vor allem in der Eifel etabliert; Eberhard selbst besetzte Domherrnstellen in Köln und Trier.1855 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang, wie er die Seeschlacht von Lepanto thematisiert. Geizkofler schreibt, dass er in Straßburg »bis in monat May des 1572. Jars verblieb[], in welchem Jar die berüemte schlacht auf dem Meer wider die Türken geschehen, und von dem christlichen Kriegsvolk durch sondere schickung Gottes obgesiegt worden.«1856 Er beschreibt die Schlacht folglich zwar im gängigen zeitgenössischen Vokabular als göttlich vermittelten Sieg der Christen gegen die »Türken«,1857 allerdings datiert er sie fälschlicherweise auf das Jahr 1572. Demnach ist es nicht die Schlacht selbst, die er vordergründig als erwähnenswert einstufte, sondern vor allem seine eigene Nachrichtenübermittlung sowie die daraufhin einsetzende Belohnung, die er als für erinnerungswürdig erachtete. Anders formuliert: In seiner Autobiografie kommemoriert Geizkofler weniger das Ereignis Lepanto vom 07. Oktober 1571, an dessen genaue Datierung er sich nicht erinnert, als vielmehr die Ereigniskommunikation, das heißt die Übermittlung des Seesieges der ›Heiligen Liga‹ im Mai 1572. Hier stellt sich daher die Frage, weshalb Lukas Geizkofler diese Anekdote zur Überbringung der LepantoNachricht in seiner Autobiografie überhaupt als erinnerungswürdig einschätzte und wieso er sie mit einer derartigen Gewichtung auf die Nachrichtenübermittlung als Ereignis anstatt auf die Übermittlung der Nachricht über ein Ereignis notierte. Eine Antwort auf diese Frage findet sich in der inhaltlichen Einbettung der Episode in seinen Lebenslauf. In seiner Autobiografie zeichnet Lukas von sich selbst das Bild eines streitbaren Lutheraners. Bereits während seiner Schulzeit in Sterzing habe er lutheranische Traktate und Gebetsbücher an seine Mitschüler verteilt und diesen auch Fleisch während der Fastenzeit gegeben, was zu vehementen Strafen führte. Dies war der Grund dafür, dass er 1563 zu seinem älteren Bruder, den in Fugger-Diensten stehenden Michael Geizkofler, nach Augsburg geschickt wurde, wo er im St. Anna-Gymnasium lernte. Lukas nennt seine Lehrer und Mitschüler sowie deren weitere Lebensstationen und betont vor allem seine eigenen herausragenden Lateinkenntnisse, die ihn zum juristischen Studium in Straßburg befähigten. Dort habe er Umgang mit »den fürnemsten RechtsgeElisabeth M. Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer. Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. (Rheinisches Archiv, Bd. 148). Köln/ Weimar/ Wien 2006, S. 617. 1855 Ebd.; Peter Neu: Manderscheid. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 16. Berlin 1990, S. 13 (Zitat). 1856 Geizkofler: Selbstbiographie, S. 31. 1857 Ebd.

Ein Sieg, viele Nachrichten

513

lehrten und Advocaten« gepflegt und sich in Fugger-Angelegenheiten so nachhaltig engagiert, dass ihm die Augsburger Familie eine Anstellung nach dem Abschluss seines Jurastudiums in Aussicht stellte. Im Jahr 1570 unternahm Lukas gemeinsam mit seinem Bruder Caspar und einigen Gelehrten von Straßburg aus eine Reise nach Speyer, Worms und Heidelberg, um den Reichstag in Speyer zu verfolgen. Nach Straßburg zurückgekehrt, studierte er dort weiter bis zum Mai 1572, als die Siegesnachricht von Lepanto eintraf und er diese besagtem Eberhard von Manderscheid überstellte. Als Belohnung für die überbrachte »fröhliche[] botschaft« erhielt Lukas Geizkofler vom Grafen ein Pferd geschenkt, das er nutzte, um Straßburg im Mai 1572 zu verlassen. Auf ebenjenem Pferd ritt er mit weiteren 26 adligen Begleitern, die gleichfalls in Straßburg studiert hatten und deren Lebensstationen er ebenso sorgsam in seiner Autobiografie notierte, weiter nach Frankreich, um den Hochzeitsfeierlichkeiten von Heinrich von Navarra und Margarete von Valois in Paris beizuwohnen. Dort wurde Geizkofler Zeuge der Bartholomäusnacht – eine »experientia«, die er als »Bluetbad zu Paris« umsichtig in politischen, konfessionellen und ökonomischen Kontexten zu verorten versuchte.1858 Vor allem die Ermordung von Petrus Ramus dient im als Exempelgeschichte des Martyriums eines protestantischen Gelehrten, der von einer geldgierigen »mörderische[n] Rotte[]«, »dem gemainen pöfel«, auf »unsinnige[] und tyrannische[] weis« zu Tode gerichtet wurde: Auf offener Straße »wurde er von dem jungen buebischen heillosen lumpengesind ausgezogen, mit rueten und geißel bluetrünstig geschlagen und zu dem gestade des Flußes Sequana geschleppt, sonderlich von etlichen bueben, denen ihre eltern so zu thun befohlen mit diesen worten: ›lauft hin und sehet, wie es eurem ketzerischen und verfüererischen lehrmeister dem Ramo ergangen, der euch mit seiner lehr also vergiftet‹.«1859

In den folgenden Jahren studierte er – unterbrochen von einem Krankenaufenthalt in Straßburg, Salzburg, Innsbruck und Sterzing sowie einer Italienreise – weiterhin im französischen Dole, wo er 1578 promovierte und daraufhin als Anwalt der Fugger arbeitete.1860 Die Information von der überbrachten LepantoNachricht stellt im autobiografischen Textzusammenhang also gewissermaßen ein Bindeglied dar, das die Erzählung in mehrfacher Hinsicht zusammenhält. Die Zeittung vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ verbindet Lukas Geizkofler als Straßburger Studenten mit seinem Bruder Michael in Augsburg und stellt zugleich erst die nötige Ressource bereit (nämlich das als Belohnung erhaltene Pferd), welche ihm die Reise nach Frankreich ermöglichte, wo er seine Studien abschloss, um anschließend zu den Augsburger Fuggern zurückzukehren. Er hätte auf jedem 1858 Ebd., S. 30, 32, 35, 53. 1859 Ebd., S. 47. 1860 Die in diesem Absatz versammelten Angaben stammen aus ebd., S. 25–92. Vgl. einführend auch Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 404–422.

514

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

anderen Pferd nach Frankreich reiten können, doch dieses war besonders, weil es als Geschenk die Ehrerbietung gegenüber dem Beschenkten zur Schau stellte. Der Ritt auf diesem besonderen Pferd stellte Geizkoflers physische Gewandtheit, seine Männlichkeit und umsichtige Kontrolle dar und zugleich, wie er in sozialen Bezügen Ehre zugesprochen bekam.1861 Dieser Hintergrund des Pferdes als materielle und symbolische Ehrzuweisung sowie als verbindendes Element seiner Lebensstationen machte das Tier – und damit auch Lepanto – in seiner Autobiografie erwähnenswert. Um das Pferd als Geschenk der Leserschaft textuell präsentieren und so die Hintergründe zum Verständnis darbieten zu können, erwähnt er die Überbringung der Nachricht über die Seeschlacht. Das also begründet, weshalb Lukas Geizkofler in seiner Autobiografie weniger das Ereignis Lepanto an sich als vielmehr die Informationsübermittlung und die damit verbundene Belohnung thematisiert. Es ist das für die von ihm präferierte Darstellung seines Lebensweges als Übergang vom lutheranischen Studenten zu dem im Dienste der Fugger stehenden, ehrenhaften Gelehrten als bedeutsam erachtete Pferd, das die Aneignung des Ereignisses Lepanto zum erinnerungswürdigen Ereignis selbst werden ließ. Neben der Bedeutung der Lepanto-Nachricht als biografischem Bindeglied kommt ihr eine weitere Funktion im Textzusammenhang zu, die sich ergibt, wenn die Abfassungszeit und Schreibkontexte des Selbstzeugnisses stärker ins Blickfeld geraten. Lukas Geizkofler verfasste entsprechend väterlichem Vorbild familiale, registerartige Aufzeichnungen. In deren Manuskript fügte er auch seine Lebensbeschreibung ein, die er nach eigener Angabe in Augsburg im Jahre 1609 niederschrieb. In seiner Untersuchung des autobiografischen Schriftstückes plädierte Harald Tersch dafür, die Niederschrift von Geizkoflers Text im Zusammenhang eines bestimmten »familiäre[n] Ereignis[ses]« zu sehen: Ebenfalls im Jahr 1609 war Lukas Geizkoflers Sohn Hans Ludwig zu einer Studienreise nach Italien gereist, was den Vater dazu veranlasst haben mag, seine eigene Zeit als Schüler und vor allem als Student bis hin zu seinem Abschluss und zur Eheschließung im Jahr 1590 sowie dem Hinweis auf die sich aus der Ehe ergebende Nachkommenschaft mit besonderer Berücksichtigung seiner Frankreichund Italienreisen in einer eigenen Lebensbeschreibung zu thematisieren.1862 Für eine solche Interpretation spricht der Umstand, dass er bereits 1576 in seinem ›De miseriis studiosorum‹ das Studentendasein als biografischen Abschnitt eigens behandelt hatte, und nun unter Rückgriff auf seine tagebuchartigen Aufzeichnungen retrospektiv gewissermaßen eine persönliche Exempla-Sammlung für seinen Sohn zusammentrug.1863 In diesem Zusammenhang wäre auch die in 1861 Rublack: Dressing Up, S. 42; Davis: Die schenkende Gesellschaft. 1862 Geizkofler: Selbstbiographie, S. 142; Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse, S. 405ff. 1863 Ebd., S. 405f.

Ein Sieg, viele Nachrichten

515

seine Lebensbeschreibung eingefügte Information zur Übermittlung der Augsburger Lepanto-Nachricht mehr als eine bloße Anekdote, die die biografischen Etappen verbindet. Sie stellt zugleich eine Exempelgeschichte dar, die seinem Sohn verdeutlichen sollte, dass das Wissen um Nachrichten und Ereignisse sowie der Besitz solcher Zeittungen selbst Ressourcen darstellten, die es zu nutzen galt.1864 Denn Lukas Geizkofler hatte die Nachricht nicht grundlos gerade Eberhard von Manderscheid übermittelt: Als Bruder des Straßburger Erzbischofs stellte dieser in der Ortschaft eine Autorität dar, die zugleich, wie Lukas nachträglich ausdrücklich notierte, gemeinsam mit einem weiteren Bruder »in Hispania wolbekannt gewesen« war.1865 Mit dieser Zusatzinformation legt Geizkofler dem Leser nahe, dass er den Adressaten dieser Nachrichtenübermittlung bewusst ausgewählt hatte, und, so ist der weiteren Schilderung zu entnehmen, seine Mühen hatten sich gelohnt: Er wurde mit jenem Pferd beschenkt, dass ihn schließlich nach Paris führte. Lukas Geizkoflers Autobiografie verdeutlicht daher sehr anschaulich, dass die Zirkulation der Lepanto-Zeittungen keineswegs ein Selbstläufer war. In den Korrespondenznetzwerken agierten Menschen, die um ihren Akteursstatus genauso wussten, wie um den Ressourcenstatus der Siegesnachricht selbst und den Ehrstatus jener, die sie überbrachten. Nicht die Seeschlacht selbst, sondern vielmehr die Teilhabe historischer Akteure an deren Vermittlung wurde für Zeitgenossen wie Lukas Geizkofler zu einem Ereignis, das sich auf ihre Lebenswege und in Texten verfassten Selbstentwürfen auswirkte und gerade deshalb in familialen Kontexten als erinnerungswürdig erschien. So gesehen, war die Nachricht eine erinnerungswürdige Möglichkeit, sich selbst zu stilisieren, was auch in anderen Kontexten zu beobachten ist. Dass der Augsburger Kardinal die Lepanto-»zeÿttung« dem Kaiser zusandte, wollte dieser beispielsweise als Ausdruck seiner »vnderthenigister getrewer gutthertziger wolmainung« verstanden wissen, »so ich alls ain schuldiger Trewer Ebiger diener zu E. Mt alls meine[n] allergnedigiste[n] Herre[n] trage«.1866 Damit stellte die Nachricht vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ eine Möglichkeit dar, sich durch deren Übermittlung als treuen Diener zu stilisieren. Dass Lepanto als Nachricht in persönlichen Relationen memoriert wurde, belegt ein 1577 an den Sekretär des spanischen Botschafters von Venedig gesandter Brief, in dem sich der Absender noch sechs Jahre nach der Seeschlacht daran erinnerte, dass er damals von besagtem Sekretär Cristóbal de Salazar die Kunde vom Seesieg erhalten habe und dies nun zum Anlass nahm, um weitere 1864 Vgl. grundsätzlich Jancke/ Schläppi: Ökonomie sozialer Beziehungen. 1865 Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer, S. 617; Geizkofler: Selbstbiographie, S. 32. 1866 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Otto von Waldburg an Maximilian II., Rom, 22. Oktober 1571, fol. 47r.

516

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Nachrichten über »Dinge des Türken« (cosas del Turco) zu erbeten.1867 Wie die Weiterleitung der Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ als Ressource funktionieren konnte, zeigt eine im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (Abteilung Westfalen) aufbewahrte Akte. Diese enthält einen Brief, den der Protestant Conrad von Westerholt am 20. November 1571 in Madrid für den Münsteraner Hofmarschall Hermann von Velen aufgesetzt hatte.1868 In dem Schreiben erinnert Westerholt den Adressaten an ihr letztes Treffen in Nijmegen. Mit Sicherheit habe Velen, so schreibt Westerholt, »noch in fryscher gedechtenysse«, wie sich dort Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg, dessen grenznahe Besitzungen zunehmend in die kriegerischen Geschehnisse in den Niederlanden einbezogen wurden,1869 bereiterklärt hatte, in der »Munstersche[n] rechthengige[n] sache« zwischen Borchart von Langen und Conrad von Westerholt selbst zu intervenieren sowie diese Angelegenheit durch »freuntlige handelung hynzwlegen vnd vergeleychen«.1870 Da der lutheranische Graf, der nicht nur Anfang der 1540er Jahre in Ungarn gegen die Osmanen, sondern auch in den 1560er und 1570er Jahren in spanischen Militärdiensten in den Niederlanden ins Feld gezogen war, bisher jedoch in besagtem Rechtsstreit nichts unternommen hatte, bat Westerholt von Madrid aus Hermann von Velen, Otto IV. von HolsteinSchaumburg bei nächstmöglicher Gelegenheit mündlich oder schriftlich an sein Vorhaben zu erinnern.1871 Zugleich betonte Westerholt ausdrücklich, dass er während der vergangenen Tage persönlich mit einem nicht weiter genannten königlichen Rat in Madrid über eine Hermann von Velen betreffende Rechts1867 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1520, doc. 88, Lucas de Pradò an Cristóbal de Salazar (secretario Diego Guzmán de Silvas), »sal.a« (Salamanca?), 23. September 1577 (Zitat ebd., fol. 1r [181r]). Zu einem weiteren Schreiben desselben an denselben siehe ebd., doc. 87, 22. Oktober 1577. 1868 LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. Zur Person siehe ebd., fol. 3v. Zu Konrad von Westerholt, dem späteren Münsteraner Domherrn, siehe Wilhelm Kohl: Das Domstift St. Paulus zu Münster. (Das Bistum Münster, Bd. 4/ Germania sacra. Neue Folge, Bd. 17,1). New York 1987, S. 157ff. 1869 Gudrun Husmeier: Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg (1517–1576). Landesherrschaft, Reichspolitik und Niederländischer Aufstand. (Schaumburger Studien, Bd. 60). Bielefeld 2002, S. 149–160, 264–277, 301–305 nennt neben Truppendurchzügen sowie Werbungsmaßnahmen auch Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburgs Gespräche mit dem Herzog von Alba, Fernando Álvarez de Toledo, in Nijmegen (1573). 1870 LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 1r, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. 1871 Husmeier: Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg, S. 69, 278–315; Hans-Georg Aschoff: Otto IV., Graf von Schaumburg (auch Schauenburg). In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 19. Berlin 1999, S. 693 f; LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 1r, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571.

Ein Sieg, viele Nachrichten

517

angelegenheit gesprochen habe. In dieser ging es offensichtlich um Raesfeldische Streitigkeiten, in welche der Adressat des Briefes involviert war: Hermann von Velens gleichnamiger Vater war mit Margarethe von Raesfeld verheiratet, woraufhin sich zwischen diesen und Lubbert von Heiden, der Agnes von Raesfeld geehelicht hatte, ein Erbstreit entsponn.1872 Westerholt berichtete in seinem Schreiben, dass der nicht genannte, spanische Rat der Meinung sei, dass in der Angelegenheit die Agnaten Land und Allodialgut erben müssten, es sei denn, es lebten noch die Mutter und Geschwister mütterlicherseits. Wenngleich in diesem Falle die Erbschaft in agnatischer Linie nicht gestattet sei, so gibt Westerholt die Meinung der Ratsperson an, sei ein solches Vorgehen auch in zahlreichen spanischen Regionen gang und gäbe.1873 Westerholt bat also den Adressaten um einen Gefallen, den er auf vergleichbare Weise bereits für Velen in Spanien unternommen zu haben angab: Hermann von Velen sollte sich im Zusammenhang der Münsteraner Rechtsstreitigkeit zwischen Conrad von Westerholt und Borchart von Langen bei Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg einsetzen, und Conrad von Westerholt betonte im Gegenzug, sich bereits in Spanien für die Hermann von Velen belangende Raesfeldische Rechtsstreitigkeit eingesetzt zu haben. Direkt im Anschluss daran setzte Westerholt seinen Brief fort, indem er berichtet, dass die »newe zeithunge« von der osmanischen Niederlage gegen Juan de Austria, von der Hermann von Velen sicherlich bereits gehört haben werde, wahr (»waerafftych«) sei. Westerholt führt darauf die ihm bekannten Details zur Seeschlacht an: Sie sei am 07. Oktober »neben Lepantho« ausgetragen worden, wobei die Liga allein 172 große Galeeren, 30 Galleotten, 20 Fusten und 3 große Schiffe (»naue«) »geladen myt munition, als zwemalhondert thawsent sickin [Zecchinen, S. H.] in golt« in die Schlacht geführt habe. Die enormen Ausmaße des Schlachtresultates gab Westerholt in quantitativen Verweisen an: 16.000 Osmanen und zwischen 6.000 und 7.000 Christen seien gestorben, 5.000 Osmanen gefangengenommen, 13.000 ehemals gefangengesetzte Christen befreit (»erloesset«) und knapp 40 christliche Galeeren versunken und ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa (»Ouckaly«) konnte angeblich mit 20 Galeeren fliehen. Don Juan habe am rechten Bein eine Verletzung davongetragen, Barbarigo sei »e[r]schossen« wor1872 Zu deren ausführlicherer Besprechung siehe Hermann Degering: Gottfried von Raesfeld. Sein Geschlecht, sein Leben und sein Testament. Ein Beitrag zur Geschichte des westfälischen Adels. Münster 1906, S. 18, 39–45. Zum Münsteraner Fürstbischof Bernard von Raesfeld (1557–1566) vgl. Augustin Hüsing: Der Kampf um die katholische Religion im Bisthum Münster, nach Vertreibung der Wiedertäufer 1535–1585. Actenstücke und Erläuterungen. Münster 1883, S. 15–30. 1873 LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 1v, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. Zu den Raesfeldischen Domherren jener Jahre siehe auch Keller: Gegenreformation in Westfalen. T. 1, S. 292.

518

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

den und auch Mü’ezzin-za¯de ʿAlı¯ Pasˇa sei verstorben, wobei zwei seiner Söhne gefangengenommen werden konnten. Der darauffolgende Hinweis, dass die osmanischen Gefangenen und erbeuteten osmanischen Galeeren nach Messina gebracht worden seien, zeigt, dass Westerholt auf am spanischen Hof zirkulierende Informationen zurückgriff, die wiederum (zumindest teilweise) auf Neuigkeiten aus Sizilien beruhten.1874 In der Abschlussformel des Briefes gibt Westerholt dem Adressaten preis, wie er die Weiterleitung der Lepanto-Zeittung aus Madrid nach Münster verstanden wissen wollte: Ihm zufolge handelte es sich um den Ausdruck seines »vnderthenigen dienst[es]«, den er Velen bat, seinem »genedige[n] heeren von Munster [Bischof Johann von Hoya] […] myt gelegenheyt [zu] presentire[n]«.1875 Im Anschluss an dieses Schreiben sowie an die obigen Ausführungen zu Lukas Geizkofler ließe sich demnach sagen, dass Westerholt die Nachricht vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ bei Lepanto als Ressource strategisch zu nutzen suchte. Zwar ging er davon aus, dass in Münster die Nachricht bereits kursierte, doch aufgrund seines aktuellen Aufenthaltes in Madrid vermochte Westerholt genauere und vor allem glaubwürdige Details liefern, welche direkt vom Machtzentrum einer Herrschaft stammten, die an der Schlacht selbst beteiligt gewesen war. Nicht die Neuigkeit des Ereignisses, sondern dessen gesicherte Bestätigung und die weiteren Details dazu waren es, die Westerholt als Kapital einzusetzen suchte, um seinen treuen Dienst gegenüber Münster zu belegen und den Adressaten des Briefes, Hermann von Velen, um ein für Westerholt wohlwollendes Eingreifen in die ihn betreffende Rechtsangelegenheit zu bewegen. In dem Zusammenhang sollte der Hinweis, dass sich Westerholt selbst auch für Velen in Spanien in vergleichbarer Sache erkundigte, Westerholts Bittgesuch stärken. Worum es sich genau bei der Münsteraner Rechtsstreitigkeit zwischen Conrad von Westerholt und Borchart von Langen handelte, ist aufgrund fehlender archivalischer Überlieferung nicht mehr zu rekonstruieren.1876 Ein anderes Ver1874 LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 1v ff., Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. Zu den Münsteraner Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto siehe Lahrkamp: Rückwirkungen der Türkenkriege, S. 90. 1875 LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 2v, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. Zum Bischof siehe Keller: Gegenreformation. T. 1, S. 279–295. 1876 Im LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen sowie LA NRW Abt. Westf., Grafschaft Schaumburg Urkunden ließen sich keine Hinweise auf den von Conrad von Westerholt erwähnten Münsteraner Rechtsstreit finden. Die im Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL-Archivamt für Westfalen aufbewahrten Bestände Westerholt und Alst sind jüngeren Datums. Auch im SVA ist kein Vorgang zu Conrad von Westerholt und Borchart von Langen überliefert. Ich danke Dr. Antje Diener-Staeckling (Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL-Archivamt für Westfalen), Dr. Axel Koppetsch (LA NRW Abt. Westf.) sowie Dr. Matthias Kordes (SVA) für ihre Unterstützung.

Ein Sieg, viele Nachrichten

519

fahren, in dem Stefan von Westerholt wegen Totschlags von Henrich Ulenbrock angeklagt und 1579 freigesprochen wurde und in welchem Graf Jobst II. von Holstein-Schaumburg-Sterneberg richterlich beteiligt war, zeigt, dass die Intervention und Beteiligung der Linie Holstein-Schaumburg in Rechtsangelegenheiten des Hauses Westerholts keine Ausnahme war.1877 Darüber hinaus ist dem erwähnten Brief mit der Lepanto-Zeittung ein Hinweis darauf zu entnehmen, wie Conrad von Westerholt selbst die Münsteraner Rechtsstreitigkeit einstufte. »So balde ich zeithung bekhome das mein sache zwe Munster verdragen ist,« schreibt Westerholt aus Madrid, »werde ich balde wyder heym khome[n]«.1878 Die Schlichtung des Rechtsverfahrens mit Borchart von Langen war Conrad von Westerholt folglich sehr wichtig. Um dies zu bewirken, erschien ihm ein zeitnahes Handeln des Grafen Otto IV. von Holstein-Schaumburg als besonders vielversprechend. Westerholt erhoffte sich, den Grafen hierzu zu bewegen, indem er ihn durch Hermann von Velen seinerstatt daran erinnerte. Letzteren wiederum dazu zu drängen, erschien Westerholt von Madrid aus dadurch möglich zu sein, dass er ihm seinen eigenen Einsatz für dessen Rechtsstreitigkeiten nahelegte sowie zugleich die Neuigkeit vom Seesieg der ›Heiligen Liga‹ bestätigte und mit weiteren Details nach Münster übersandte. Westerholt übermittelte folglich die LepantoZeittung aus strategischen Gründen als Ressource, um soziale Netzwerke in seinem Sinne zu aktivieren. Dass diese Nutzung der Nachricht erfolgreich verlief, legt der Umstand nahe, dass Conrad von Westerholt als »Statthalter« nach dem Tod des Bischofs 1574 gemeinsam mit weiteren Räten – unter ihnen auch Hermann von Velen – die Geschicke des Münsteraner Stifts bis zu dessen klevischer Administration (1580 beginnend) leitete.1879 Dass der Austausch von Zeittungen über die Liga-Aktivitäten im Mittelmeerraum Verbundenheit ausdrückte und Verbindlichkeiten darstellte, war den an der Informationsübermittlung beteiligten Akteuren selbst durchaus bewusst. Hans Fugger schrieb deshalb seinem Informanten Hieronimus von Lodron, dass »[ j]ch […] mich zum höchsten bedancken [thue], d[a]z mich [Einschub: mir] d[er] herr also ad longum zuschreib[en], was sich mit d[er] Armada v[er]loffen, solliche guettwilligkhait will Jch […] Jm and[er]weg zuuerschulden gantz geflissen sein«.1880 Die Nachrichtenübermittlung bildete jedoch nicht einfach bloß Verbundenheiten ab, sondern trug zudem selbst im Akt der Übermittlung dazu bei, diese zu konstruieren. Aufschlussreich hierzu ist etwa ein an Herzog Wilhelm 1877 SVA, St.A. I, R 4a. Ich danke Dr. Matthias Kordes (SVA) für den Hinweis auf diese Archivale. 1878 LA NRW Abt. Westf., Gesamtarchiv von Landsberg-Velen, Akten, Nr. 8423a, fol. 2v, Conrad von Westerholt an Hermann von Velen, Madrid, 20. November 1571. 1879 Keller: Gegenreformation in Westfalen, S. 317–334; StadtAM, Ratsarchiv (Altes Archiv), A XV Fürstbischöfe, Nr. 17. 1880 FA, 1.2.6a, S. 392, Hans Fugger an Hieronimus von Lodron, 10. Januar 1573.

520

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

von Jülich-Kleve-Berg adressiertes Lepanto-Schreiben des Kaiserhofnuntius’ Giovanni Delfino, in dem er aus Wien Informationen zum Seesieg bei Lepanto mitsamt der Abschrift einer päpstlichen Breve übersandte. Durch besagte Breve vom 27. Oktober 1571 informierte Papst Pius V. über den »großen und glorreichen Sieg«. Delfino gab gleich zu Beginn seines Schreibens an, dass er dem Herzog Informationen zum Seesieg senden wolle, weil dieser ihn als besonders frommen und den Angelegenheiten der res publica christiana besonders wohlgeneigten Herrscher einschätze. Dabei übermittelte Delfino nicht einfach einige Informationen zu einem beliebigen Erfolg, sondern vielmehr zu einem Sieg, der stellvertretend für die »bewunderungswürdige Wohltat Gottes« stehe, welche dieser der Christenheit im Kampf gegen die »Feinde des christlichen Namens« zukommen lassen habe.1881 Einem solchen Verständnis zufolge verwies das Schlachtereignis selbst auf den Status der res publica christiana,1882 in welche Delfino nicht nur sich selbst, sondern auch den Empfänger der Nachricht einschrieb. Angesichts der im Reich nach der Seeschlacht einsetzenden Debatten um einen Liga-Beitritt dürfte also die Lepanto-Nachricht von Delfino bewusst an den Landesherrn versandt worden sein.1883 Denn nach der hier präsentierten Logik wird der Liga-Sieg, den »uns Gott gegeben habe«, zu einem Erfolg der res publica christiana. Entsprechend betont Delfino auch zum Ende des Schreibens, dass der vom Papst, vom spanischen König und von der Republik Venedig erlangte Sieg »gegen die Ungläubigen« ebenso ein Sieg gegen einen »Feind Deutschlands« darstelle.1884 Damit präsentiert Delfino den Herzog, dessen Frömmigkeit der Absender betont, textstrategisch als potentiellen Befürworter der ›Heiligen Liga‹. Der Nuntius nutzte folglich bewusst die Siegesnachricht sowie die diese interpretierende päpstliche Breve, um konfessionelle Zugehörigkeiten auszudrücken und aus dieser erwachsende politische Konsequenzen einzufordern. Dieses Vorgehen erschien aus päpstlicher Sicht umso dringlicher, als dass des Herzogs kirchenpolitische Neuerungen bereits Ende der 1560er Jahre das Unverständnis katholischer Machthaber – beispielsweise in den Spanischen Niederlanden – auf sich gezogen hatten. Ein römischer Novellant berichtete dem Kaiser, dass der Papst mit solchen an Reichsfürsten und deutsche Territorialherren versandten 1881 LA NRW Abt. Rhld., Kleve-Mark, Akten, Nr. 1104, fol. 15r f., Giovanni Delfino an Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg, Wien, 24. November 1571: »maxima et gloriosissima uictoria«; »admirabili Dei beneficio«; »Chr[ist]iani no[min]is hostibus«. 1882 So betonte es auch Pius V. in der dem Schreiben Delfinos beiliegenden Breven-Abschrift (dort auch mit Hinweis auf die »Rempub. Chr[ist]ianam beneficio gr[ati]as ingentes Deo omnipotenti«). Ebd. 1883 Zu diesen Debatten vgl. das Kapitel II.3.viii. Das Ereignis Lepanto und die Diskussionen um einen Liga-Beitritt: Die Debatten der Jahre 1571 bis 1573. 1884 LA NRW Abt. Rhld., Kleve-Mark, Akten, Nr. 1104, fol. 15v, Giovanni Delfino an Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg, Wien, 24. November 1571: »uictoria […], nobis dederit Deus«; »aduersus infideles«; »hostis Germanie˛«.

Ein Sieg, viele Nachrichten

521

Lepanto-Schreiben »beger[e] Sy wellen Gott derwegen loben, vnnd disen Pundt auch furdern«.1885 Wenn nun die Lepanto-Zeittung – als Kunde und Nachrichtenbrief – eine Ressource darstellte, so musste in diese zunächst investiert werden. Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts hatte eine »Tarifisierung« der Postdienste stattgefunden, wobei neben der Besoldung der in die Nachrichtenübermittlung involvierten Personen auch schnell eine Portogebühr erhoben wurde, die sich nach dem Gewicht der Schreiben richtete.1886 Der habsburgische Botschafter Veit von Dornberg zahlte dem Kurier, der am 19. Oktober die erste Lepanto-Nachricht dem Kaiserhof übermitteln sollte, 90 scudi für die Hin- und Rückreise zwischen Venedig und Wien. Denselben Betrag sollte auch der vom venezianischen Postamt nach Wien gesandte Postreiter vom Kaiser erhalten. Zum Vergleich: Zur Dokumentenübermittlung von Rom nach Neapel übersandten die Venezianer ihrem Botschafter in Rom 30 scudi. Dem Kurier, den Venedig seinem Botschafter in Rom Paolo Tiepolo abbestellte, zahlte die Lagunenstadt 10 Golddukaten pro Monat. Der venezianische Gesandte zu Don Juan hingegen erhielt 20 Dukaten für seinen Boten, was mit der längeren Strecke zu begründen ist.1887 Um diese Angaben zu kontextualisieren, sind die außerordentlich umfangreichen Dokumentationen des spanischen Botschafters in Venedig, Diego Guzmán de Silva, aufschlussreich (Grafik II.6.17). Er notierte mitunter sehr genau die Anzahl der vom päpstlichen Postmeister bei ihm eingehenden Briefe und Briefbündel, vor allem aber die Geldsummen, die er dafür dem Boten vermachte. Für fünf Briefe zahlte er 3 lire, da die Angaben jedoch auch halbe oder 5/2 Briefe anführen, ist davon auszugehen, dass die Bezahlung nach Format und Bogenanzahl variierte. Für drei Monate erhielt der Postagent insgesamt 15 scudi, 2 lire und 9 soldi (was 107 lire und 9 soldi entsprach).1888 Die Grafik II.6.16 verdeutlicht zum einen, dass die päpstliche Postübermittlung zum spanischen Botschafter in Venedig keinen 1885 Woldemar Harleß: Wilhelm III. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 43. Leipzig 1898, S. 110; ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 127r f., Rom, 03. November 1571. 1886 Behringer: Im Zeichen des Merkur, S. 83–86. 1887 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571, Postskriptum, fol. 2r; ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 375, fol. 71v, Roger von Taxis an Maximilian II., Venedig, 19. Oktober 1571; ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 22. Oktober 1571, an Giovanni Soranzo, venezianischer Botschafter in Rom.ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 173r, 12. November 1571. Zum Vergleich erhielt der Sekretär 100 Dukaten und der Botschafter selbst 300 Dukaten (ebd., fol. 173v). Die Ausgaben für Sekretär und Botschafter sind identisch mit jenen für Rom. 1888 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 72. Zu den Ausgaben von März bis Mai 1571 und Januar bis Mai 1572 vgl. Ebd., doc. 53; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 54.

522

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

nennenswerten Anstieg durch die Ankunft der ersten Lepanto-Avvisi verzeichnete. Erstmals nach dem Bekanntwerden der Siegesnachricht in Rom trafen bei Guzmán de Silva am 23. und 25. Oktober zwölf Briefe für den Gegenwert von 7 lire und 4 soldi ein.1889 Zum anderen veranschaulichen Guzmán de Silvas Aufzeichnungen die immensen Verdienstmöglichkeiten, die Lepanto-Kuriere besaßen. Denn der mit der Siegesnachricht von Venedig nach Wien gesandte Bote verdiente mit der Überbringung dieser einen Nachricht (auf freilich längerer Strecke) insgesamt 18 Mal so viel, wie der Bote für sämtliche in einem Monat von Rom nach Venedig gebrachten Briefe ausgezahlt bekam. Es waren also immense Summen, die die mit Lepanto-Nachrichten ausgestatteten Briefträger erhielten. Wie diese Summen einzuschätzen sind, führt auch Fernand Braudel an. Er schreibt, dass der 1560 vom spanischen Botschafter von Chartres nach Toledo gesandte Bote zwei Dukaten pro Poststation erhielt, was insgesamt 358 Dukaten waren. Insgesamt entsprach das »weit mehr als das Jahreseinkommen eines Lehrers an der Universität von Padua oder Salamanca« ausmachte.1890 lire 14 12 10 8

Bekanntwerden Lepantos in Rom

6 4 2 0 01.10.

31.10.

30.11.

30.12.

Grafik II.6.16: Von Diego Guzmán de Silva getätigte Ausgaben an den päpstlichen age[n]te del[l]a posta Andrea da Mozio im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1571 (Geldbeträge werden in lire angegeben). AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 72.

Zum Themenzusammenhang Kostenaufwendung, Belohnungspraktiken und Schnelligkeit der Übermittlung der frühesten Lepanto-Zeittungen ist das Schreiben eines venezianischen Novellanten aufschlussreich. Dieser berichtete 1889 Ebd., doc. 72, fol. 1r [134r]. Der spätere Anstieg der Ausgaben mag – bei Bogenberechnungen – mit den dann kursierenden, umfangreicheren Schlachtrelationen zusammenhängen. 1890 Braudel: Mittelmeer. Bd. 2, S. 35.

Ein Sieg, viele Nachrichten

523

dem Kaiserhof, dass dem mit der Lepanto-Nachricht nach Spanien gesandten, venezianischen Kurier eine »verehrung« von sage und schreibe 2.000 Dukaten in Aussicht gestellt worden sei, insofern »er der erst seÿ, der dem Kunig die Zeitung zuebring«.1891 In diesem Fall war also die Schnelligkeit der Nachrichtenübermittlung die Bedingung der Belohnung. Die Herrschaft setzte also einen finanziellen Anreiz aus, damit der Bote sicherstellte, dass die Herrschaft selbst zuerst die Siegeskunde einer anderen Herrschaft übermittelte. Insofern die Übermittlung von Zeittungen, wie bereits gezeigt worden ist, mit Vertrauen zusammenhing und soziale Beziehungen repräsentierte sowie konstituierte, kann vermutet werden, dass Venedig die Überbringung der Siegesnachricht als eine Möglichkeit verstand, dem Liga-Bündnispartner Spanien gegenüber, mit dem sich Venedig häufig in Auseinandersetzungen verstrickte, durch diesen vertrauensvollen Dienst zu signalisieren, wie wichtig es der Lagunenstadt um das Bündnis war. Zudem wurde gezeigt, welche Resultate ein gemeinsames Vorgehen mitsichbringen könne und welche zentrale Rolle Venedig dabei – nämlich im Kampf selbst und in der Übermittlung der Avvisi – zukomme. Vor allem aber dürfte der Status des Ersten in der Übermittlung der Lepanto-Nachrichten eine Nähe der Herrschaft zum Ereignis und der Teilhabe daran impliziert sowie der Vermittlung des eigenen Deutungsanspruches auf das Ereignis Lepanto gedient haben. Insofern kam den Absendern durch das Übersenden und Empfangen der Nachricht besondere Ehre zu – wobei diese aber offensichtlich maßgeblich daran gebunden war, die erste Herrschaft zu sein, welche die Nachricht versandte. Dass ein über Lepanto schreibender Novellant hier die Belohnung eines mit Lepanto-Schreiben ausgestatteten Kuriers betont, ist insofern auf textueller Ebene aufschlussreich, als dass dies implizit eine Wertschätzung seiner eigenen Tätigkeit kommunizierte und in einer Parallelgeschichte mögliche Reaktionen auf seine eigenen Zeittungen darlegte. Die Novellanten waren sich also durchaus dessen bewusst, dass ihre Berichte einen entsprechenden Gewinn versprechen konnten, und suchten dieses Wissen strategisch einzusetzen. Dass Belohnungen für die schnelle Überbringung herausspringen konnten, lag daran, dass der Absender, der als erster die Nachricht eines solch außergewöhnlichen Sieges überbrachte, besondere Wertschätzung erfuhr. Der venezianische Kurier, der die Belohnungsversprechungen erhalten hatte, wurde dann nach dem Eintreffen in Madrid auch von spanischer Seite aus reichlich belohnt. Der venezianische Botschafter Donado informierte den Dogen, er denke, dass der König noch nie so viel Geld für einen Boten ausgegeben habe – womit Donado sicherlich zugleich die Wertschätzung der Nachricht und ihres Absenders, nämlich seiner Herrschaft Venedig, herauszustellen beabsichtigte. 1891 ÖStA, HHStA, Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen, fasc. 7a, fol. 119v, Venedig, 26. Oktober 1571.

524

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Auffällig ist, dass der Kurier belohnt wurde, wenngleich er nicht der erste Überbringer der Nachricht war. Denn der venezianische Bote hatte zwar dem Botschafter als erster Kurier die Siegesnachricht überbracht, doch ehe dieser beim König erschien, war bereits – eine halbe Stunde zuvor – ein vom genuesischen Postmeister entsandter Bote beim König eingetroffen. Der entscheidende Unterschied war hier jedoch, dass der Genueser lediglich von dem Sieg berichtete, ohne das Ereignis Lepanto belegen zu können, was der Venezianer durch das offizielle Schreiben des Dogen jedoch vermochte.1892 Aus herrschaftlicher Perspektive dienten den Kurieren in Aussicht gestellte finanzielle Belohnungen dazu, die Schnelligkeit des Transports der Zeittung sicherzustellen, ja, sogar einen Anreiz für eine besonders schnelle Übermittlung anlässlich dieser wichtigen Neuigkeit und dem erheblichen Ehrgewinn, der mit deren Übermittlung einherging, bereitzustellen. Damit wurde durch die Botenübermittlung selbst der Ereignischarakter der Schlacht maßgeblich mitbestimmt. Denn das informationspolitische Streben nach Schnelligkeit, das durch Rückmeldungen kontrollierbar und durch Belohnungspraktiken intensiviert wurde, definierte zugleich die Ehre der Überbringer und Boten, weshalb dies die Nachricht von Lepanto als außergewöhnliche Nachricht über ein ebenso außergewöhnlich einzuschätzendes Ereignis konstituierte, nämlich als noua della gloriosissima uittoria.1893 Dass sich die Verfasser der ersten Lepanto-Avvisi bewusst in diese Rhetoriken einschrieben, kann für Diego Guzmán de Silva belegt werden. Denn für die vom spanischen Botschafter von Venedig aus nach Madrid gesandte Lepanto-Nachricht ist ein Konzeptschreiben überliefert, das belegt, dass er an einer Stelle ursprünglich einfach von der Schlacht sprechen wollte und diese Wortwahl dann zugunsten der Rede von der Zerstörung und Niederlage der osmanischen Armada ersetzte.1894 Lepanto wurde als Ereignis also nicht nur durch die Nachrichtennetzwerke distribuiert, sondern zugleich durch diese Nachrichten und die an deren Übermittlung beteiligten Akteure als Ereignis konstituiert. Dabei waren die Türkengefahr und die damit verbundene Lobpreisung Gottes zentrale Bestandteile der Praxis der Ereigniskonzeption und Nachrichtenzirkulation. Ladislaus d. Ä. von Lobkowitz etwa gab an, die »Post und Zeittungen« (posstou a snowynamy) zum 1892 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 3r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571. 1893 So der venezianische Botschafter in Spanien: ebd., fol. 1r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571. 1894 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1500, doc. 129, Konzeptschreiben Diego Guzmán de Silvas, 19. Oktober 1571, fol. 1r: »q[ue] las Armadas auian combatido a los .7. deste [Streichung und Einschub in Handschrift2: del mesmo] desde quatro horas del dia hasta la noche junto a la boca del golfo de lepanto y que auia durado la batalla [Streichung in Handschrift1] y que fue rota la del Turco auiendo que dado en mano de la Christiana 180. galeras«.

Ein Sieg, viele Nachrichten

525

Seesieg der ›Heiligen Liga‹ »zur Ehre und Lob Gottes« (pro cziest a chwalu Bozy) an Heinrich d. Ä. von Schwanberg weitergeleitet zu haben.1895 Damit wird die Nachrichtenversendung als Dienst zu Ehren Gottes konzipiert, die zugleich das Verständnis des Nachrichteninhaltes als für den Heilsplan wesentliches Ereignis perpetuiert.1896 Und als der Doge dem habsburgischen Botschafter Anfang November eine Audienz gewährte, während der er im Namen des Kaisers Venedig zum erlangten Sieg gratulierte, tat Alvise Mocenigo I. seine Freude über die Lepanto-Nachricht dadurch bekannt, dass er diese als eine noua bezeichnete, »die die ganze Christenheit berühre«.1897 Die Lepanto-Zeittung stellte also keine bloße Nachricht dar, sondern in ihr selbst war bereits die an die Türkengefahr angelehnte Siegesrhetorik eingeschrieben, was auch die entsprechenden Reaktionen bedingte. Lunardo Donado, venezianischer Botschafter in Madrid, informierte beispielsweise den Dogen, er habe eine unbändige Freude und Heiterkeit empfunden (giocondissima alegrezza), als er den Avviso erstmals wahrnahm, weil er die Liebe und das Erbarmen Gottes zeige – die noua della gloriosissima uittoria übertreffe alle Hoffnungen.1898 Lepanto war damit nicht weniger als ein göttlicher Gnadenakt, den die handschriftlichen Nachrichtenbriefe kundtaten und in ihrer Übermittlung selbst verehrten – nicht umsonst war die Siegesnachricht auf großformatiges Pergament geschrieben und vom Dogen dem spanischen König übermittelt worden.1899 Donado schreibt selbst weiter, er habe sich nach dem Erhalt des Lepanto-Avviso auf die Knie geworfen. Mit dem Gesicht und Mund auf dem Boden liegend, habe er Gott in einem Gebet für seine Barmherzigkeit gedankt.1900 Es war nicht irgendeine Nachricht, die diese Reaktionen hervorrief, sondern die Benachrichtigung über einen Sieg – ein auiso della uittoria, wie es Donado

1895 SoaT, Sammlung Historica, 4813, fol. 1r f., Ladislaus d. Ä. von Lobkowitz an Heinrich d. Ä. von Schwanberg, Vysoký Chlumec, 01. November 1571. Für die Übersetzung des tschechischsprachigen Originals danke ich Mgr. Katerˇina Prazˇáková, Ph. D. (Südböhmische ˇ eské Budeˇjovice). Universität C 1896 Mauelshagen: Verbreitung von Wundernachrichten. 1897 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 04. November 1571: »noua che tocca à tutta la Christianità«. 1898 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 1r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571: »La p.ma notitia delle quale cosi comi mi riempi subito di giocondissima alegrezza, cosi mi fece ancora molto b[ene] riconoscere che l’abondantia della pietà di Dio uerso di noi eccede non solam.e i n[ost]ri meriti, ma insieme ancora le n[ost]re med.me speranze«. 1899 Das beeindruckende Exemplar findet sich in AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 103, Alvise Mocenigo I. an Philipp II., Venedig, 19. Oktober 1571. 1900 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna, filza 8, Nr. 62, fol. 1r, Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 02. November 1571.

526

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

treffend formulierte.1901 Er war mit dieser Konzeption der Nachricht keineswegs allein. Als der venezianische Residente in Neapel, Alvise Bonrizzo, am 23. Oktober vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ gegen das Osmanische Reich erfuhr, setzte er ein Schreiben an den Dogen Alvise Mocenigo I. auf, das zusammengefaltet und verschlossen wurde. Auf der Außenseite prangte nicht allein der Name des Adressaten, sondern Bonrizzo hatte auch mit großen Buchstaben »Sieg« (Vittoria) darauf geschrieben.1902 Ebenso war auf der Außenseite des kaiserlichen Schreibens nach Brandenburg zu lesen, dass Maximilian »fröhliche Zeittung von der Christlichen Armada grossen Victori wider den Turck[en]« schicke.1903 Das unterstreicht eine wesentliche Erkenntnis, die sich der Kartografie der ersten Lepanto-Nachrichten in Bezug auf deren Beitrag zur zeitgenössischen Ereigniswerdung entnehmen lässt: Die Zeittungen beschrieben nicht einfach ein Ereignis,1904 sondern konstituierten ein Geschehnis erst als Ereignis, indem sie Lepanto als Sieg thematisierten. Die Übermittlung von Lepanto-Zeittungen in den Nachrichtennetzwerken stellte damit selbst eine Reaktion auf solche Geschehnisse dar, denen so durch die Zeitgenossen Ereignischarakter zugeschrieben worden war. Wenn die Avvisi Lepanto als Sieg beschrieben, von dem man noch niemals gehört, geschweige denn jemals gelesen habe, und wenn zeitgenössischen Stellungnahmen zu entnehmen ist, dass es mitunter bei den Lesern zu einer beinahe wortwörtlichen Memorierung eintreffender Zeittungen kam, dann veranschaulicht dies den Stellenwert, den handschriftlichen Nachrichtenbriefen bei der Konzeption des Ereignisses Lepantos zukam.1905 Damit wurde ein Ereignis als Nachricht in einer Logik übermittelt, derzufolge die Nachricht selbst das Ereignis war. Derjenige Avviso, der die weltweite Zirkulation der Siegesnachricht auslöste und prägte, umfasste dabei gerade einmal anderthalb Seiten.1906 1901 Ebd., Nr. 68bis, fol. 5r, Antonio Tiepolo und Lunardo Donado an Alvise Mocenigo I., Madrid, 26. November 1571. 1902 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 108, fol. 1r–2v [326r–327v], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 23. Oktober 1571. 1903 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 24v, Maximilian II. an Johann Georg von Brandenburg, 26. Oktober 1571. 1904 So setzen etwa Zsuzsa Barbarics und Renate Pieper in ihrer Studie den Ereignischarakter Lepantos voraus, um die Bedeutung der Zirkulation handschriftlicher Nachrichtenbriefe in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu veranschaulichen, wenn sie ihre Lepanto-Fallstudie wie folgt beginnen: »We propose to begin analysing the evolution of newsletters by examining the information provided about an outstanding event […]«. Barbarics / Pieper: Handwritten Newsletters, S. 65. 1905 ASGe, Archivio Segreto, 2413, fasc. 6, Governo von Genua an Marcantonio Sauli, genuesischer Botschafter in Spanien, Genua, 03. November 1571, fol. 1r (»questa non mai [Einschub: più] udita, ne mai più vn seguita [Einschub: letta] Vittoria«); ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 3, fol. 88v, Johann Hegenmüller und Philipp von Winnenberg an Maximilian II., Heidelberg, 18. April 1573. 1906 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648r f., Sebastiano Venier, Astakos, 09. Oktober 1571.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

527

II.7. Ein Sieg, viele Lebensläufe: Lepanto als biografisches Ereignis II.7.i. Mit Lepanto wirtschaften: Bittsteller und Belohnungen Wie das Kapitel zur Ereignisformierung Lepantos in den spanischen Überseegebieten verdeutlicht hat, war es die Mobilität solcher Akteure wie Hernando de Bazán, Antonio Mirón und Francisco Paniagua, die Lepanto zu einem glokalen Ereignis werden ließen und es als solches gestalteten. Insofern die in Totenmessen, Leichenreden, Drucken, Gemälden und Statuen manifestierte, kultische Verehrung von Schlachtteilnehmern und -toten als Lepanto-Helden integraler Bestandteil der zeitgenössischen Verfertigung Lepantos gewesen ist,1907 stellt sich eine weitere Frage: Wie griffen diejenigen, die aus der Seeschlacht zurückkamen, und die Nachkommen derjenigen, die während der Seeschlacht verstorben waren, auf diese Rhetoriken der Heroifizierung zurück, um ihre Belange zu artikulieren und durchzusetzen? Inwieweit suchten sie diese Interessen durchzusetzen, indem sie Deutungsansprüche auf Lepanto als Ereignis erhoben? Eine solche Frageperspektive auf die Ereignisverfertigung Lepantos durch autobiografische Erzähl- und Aneignungspraktiken dezentriert die bis dato vorherrschenden religions- und staatsfokussierten (Helden)Narrative um die Seeschlacht und zeigt, wie diese durch historische Akteure selbst produziert wurden. Um dies zu untersuchen, wende ich mich in diesem Kapitel vor allem den Suppliken zu, die Rückkehrer und Nachkommen bei Herrschaften einreichten, um von und über Lepanto zu erzählen und so eine Teilhabe am und einen Nutzen aus der Seeschlacht zu ziehen, indem sie diese als ›ihr Ereignis‹ schilderten. Einführend sei hier angeführt, dass bereits kurz nach der Seeschlacht beim König von Spanien die ersten Bitten um finanzielle Unterstützung und Belohnungen für den geleisteten Kriegsdienst (reconpensa de los seruiçios passados) seitens vormaliger Schlachtteilnehmer eingingen.1908 Dass diese im Zusammenhang mit Lepanto formulierten Suppliken auch noch Jahre später sowie regionenübergreifend aufgesetzt wurden, belegen die Lepanto-Bittschriften, die Francisco Paniagua in Quito (1582), Hernando de Bazán in Mexiko-Stadt/ 1907 Gibellini: L’immagine di Lepanto, S. 75 spricht daher passend von »gli eroi di Lepanto«. Zur Verehrung Don Juan de Austrias siehe etwa Sánchez-Marcos: Don Juan de Austria; Bartolomé Bennassar: Juan de Austria. El héroe de Lepanto. In: Historia y vida 32 (2001), Nr. 394, S. 56–65; Michele Olivari: Avisos, pasquines y rumores. Los comienzos de la opinión pública en la España del siglo XVII. (Historia. Serie menor). Madrid 2014, S. 40–47. Zu Venedig bspw. Fenlon: Ceremonial City, S. 181; Rasario: DE VICTORIA CHRISTIAnorum. (AL, Turcica XI.174/15950). Zu Pisa etwa ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Consiglio dei XII Cavalieri, Zibaldone, n. 1409, fol. 882r, 28. November 1571. 1908 AGS, Estado, Sicilia, leg. 1135, doc. 96, Andres de Mesa an Antonio Perez, Korfu, 27. Oktober 1571; Ricardo Magdaleno: Papeles de Estado Sicilia. Virreinato Español. (Catalogo XIX del Archivo de Simancas). Valladolid 1951, S. 94 zu Agustín Delgado.

528

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Teno¯chtitlan (1584) und Antonio Mirón in Guatemala-Stadt (1584) einreichten.1909 Methodisch stütze ich mich auf die brillanten Ausführungen von Natalie Zemon Davis, die bereits 1988 französische Gnadengesuche – also spezifische Suppliken – des 16. Jahrhunderts auf ihre ›fiktionale‹ Erzählpraxis hin untersuchte. »Unter ›fiktional‹«, so schrieb Davis damals, »verstehe ich nicht, was an ihnen falsch oder vorgetäuscht ist; ich gebrauche den Ausdruck im anderen und weitgefaßteren Sinn der sprachlichen Wurzel fingere und meine damit die Elemente der Quellen, die eine Geschichte hervorbringen, formen und gestalten.« Wenn sie erforschte, »wie die Autoren dieser Texte aus den Geschehnissen im Umkreis eines Verbrechens eine Geschichte schaffen«, so ist hier analog dazu zu fragen, wie die Supplikantinnen und Supplikanten aus den Geschehnissen im Umkreis der Schlacht ein Ereignis der Teilhabe formierten, indem sie ihre Geschichten verfassten.1910 Ein solcher Bittsteller war der Venezianer Pataro Buzzacarina. Er schrieb im Juli 1573 an den Dogen, dass er – dem Andenken seiner Vorfahren folgend – der Republik unter Einsatz seines Lebens gedient und so auch das Ansehen seiner Familie in Ehren gehalten habe. Entsprechend nahm er gemeinsam mit seinen Brüdern in den 1550er Jahren im Dienst Pietro Strozzis an den kriegerischen Auseinandersetzungen um Mirandola, Parma und Siena teil und engagierte sich auch im Krieg gegen die Osmanen in Ungarn. Für diesen »guten und ehrenwerten Dienst« nahm die Familie, so Buzzacarina weiter, große Ausgaben auf sich; auch sei ein Bruder verstorben. Als entscheidendes Argument seiner Supplik führt Buzzacarina jedoch seine Teilnahme an der Seeschlacht von Lepanto an: Als Sopracomito einer Galeere Paduas habe er am »Tag des glücklichen Sieges« gemeinsam mit zwei seiner Brüder und einem seiner Söhne für die venezianische Armada gekämpft:1911 »Wir alle kämpften mutig und ich nahm die Galeere Caracossas [Ka¯ra¯ Hogˇa, S. H.] ein, ˘ welche von mir dem […] General Venier gemeinsam mit den Sklaven und den von anderen osmanischen Galeeren abgenommenen neun Abzeichen [Fahnen und Standarten, S. H.] überreicht wurde, die gleichfalls von mir erbeutet wurden. Verwundet

1909 Zu diesen siehe Kapitel II.4.iii. Lepanto: Ein mediterranes Ereignis und seine Rezeption in den spanischen Überseegebieten. 1910 Davis: Kopf in der Schlinge, S. 15f. Zum frühneuzeitlichen Supplizieren vgl. Cecilia Nubola/ Andreas Würgler (Hg.): Bittschriften und Gravamina. Politik, Verwaltung und Justiz in Europa. 14.–18. Jahrhundert. Berlin 2005; Helmut Neuhaus: »Supplizieren und Wassertrinken sind jedem gestattet«. Über den Zugang des Einzelnen zum frühneuzeitlichen Ständestaat. In: Staat – Souveränität – Verfassung. Festschrift für Helmut Quaritsch zum 70. Geburtstag. Hg. v. Dietrich Murswiek. (Schriften zum öffentlichen Recht, Bd. 814). Berlin 2000, S. 475–492. 1911 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573, beiliegende, undatierte Supplik des Pataro Buzzacarina, fol. 1r: »buon, et honorato seruicio«; »il giorno della felice uittoria«.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

529

wurde ich (ich mit sieben Verletzungen) und ebenso zwei meiner Brüder, der eine mit drei Wunden, der andere mit zwei, und mein Sohn mit vier Verletzungen.«1912

Pataro präsentierte demnach die militärischen Verdienste seiner Familie – die er durch die Anzahl der Verletzungen und der dem Befehlshaber überreichten Beutestücke quantifizierte und symbolisierte – während der Schlacht als Dienstbarkeit (seruitù) der Familie Buzzacarina für Venedig. Damit stellte Lepanto in dieser Logik ein familiales Ereignis Venedigs dar. Er griff also jene Rhetorik auf, mit denen Rasario und Paruta die verstorbenen Schlachtteilnehmer als Tote im Dienst des Vaterlandes (patria) stilisierten, um sie auf seine Familie als lebende Lepanto-Ligisten anzuwenden.1913 Seinen als Dienstbarkeit thematisierten Lepanto-Einsatz belegte er mit den beigefügten Schreiben des venezianischen Admirals Sebastiano Venier und des damaligen Kapitäns Francesco Duodo. Venier bestätigte, dass Buzzacarina in der besagten Funktion an der Seeschlacht teilgenommen und »sehr tapfer und gehorsam« gekämpft und dort die Galeere Ka¯ra¯ Hogˇas erobert hatte. Wegen seiner zahlreichen Verletzungen, so ˘ Venier weiter, sei Buzzacarina nach Italien zurückgekehrt, um sich dort zu kurieren. Allerdings habe währenddessen ein Bruder Pataro in der Armada vertreten. Venier schließt mit der Beteuerung, dass der Bittsteller verständig und beredt sowie gut im Dienste Venedigs einzusetzen sei.1914 Francesco Duodo betonte in seinem Schreiben, dass er Buzzacarina nicht vor seiner Zeit als Sopracomito in der ›Heiligen Liga‹ gekannt habe. Duodo beteuerte jedoch, mit eigenen Augen gesehen zu haben, dass sich Buzzacarina während der Seeschlacht wie ein »Ritter von Ehre« geschlagen habe und dabei verwundet worden sei. Die beiden Adligen verbürgten sich also aufgrund ihrer (Augen-)Zeugenschaft für die Richtigkeit der Aussagen des Bittstellers. In seiner Supplik führte Pataro Buzzacarina außerdem Antonio Bragadin und Andrea da Pesaro als Leumund an, die als Governatori venezianischer Galeeren wirkten.1915 1912 Ebd.: »combattessimo tutti arditamte, et io pres[o] la galea di Caracoza la quale fù da me presentata all’Ecc.mo G[e]n[er]al Venier insieme con li schiaui con .9. jnsegne tolte sopra altre galee Turchesche, che furono p[a]rimente da me prese, essendo restato ferito io di sette ferite; et due miei fratelli percossi, l’uno di tre ferite, l’altro di due, et mio fig.lo di quatro ferite.« 1913 Rasario: DE VICTORIA CHRISTIAnorum. (AL, Turcica XI.174/15950). 1914 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573, beiliegende, undatierte Supplik des Pataro Buzzacarina, fol. 1r; ebd., beliegendes Beglaubigungsschreiben von Sebastiano Venier (10. Juli 1573), fol. 1r (»et ch’egli è molto ualoroso, et obediente in ogni cosa ch’io gli commandaua senza alc.a repplica«; »esso Buzzacarina ueramte è huomo di buon giudicio, et discorso et è degno di maneggio«); ebd., beliegendes Beglaubigungsschreiben von Francesco Duodo (10. Juli 1573). 1915 Ebd. (»Et per quanto ho potuto ueder, et intender il giorno d[e]lla battaglia, egli non ha mancato di far quanto conuien ad ogni cauall[iere] d’honor p[er] il suo principe […]«); ebd., 11. Juli 1573, beiliegende, undatierte Supplik des Pataro Buzzacarina, fol. 1r.

530

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Ob er so zahlreiche und so hochkarätige Fürsprecher wirklich benötigt hätte, ist angesichts des Umstandes fragwürdig, dass seine Schlachtrelation mit der Galeere Giustinianis in Venedig eingetroffen und so eine der ersten, handschriftlich bis nach Wien zirkulierenden Schlachtbeschreibungen gewesen ist.1916 Umso nachdrücklicher fungierten die von ihm angebrachten sozialen Beziehungen als symbolisches Kapital, das er zu aktivieren gedachte, um sein Gesuchen durchzusetzen.1917 Buzzacarina supplizierte, dass er nun, da er und seine Brüder vom jahrzehntelangen erfolgreichen Kriegsdienst für Venedig ermüdet seien, von diesem zurücktreten möchte. Weiterhin wolle er aber – der Familientradition folgend – im Dienste Venedigs sein Auskommen finden. Sein Anliegen kam einen Tag nachdem Venier und Duodo ihre Schreiben aufgesetzt hatten im Senat auf die Tagesordnung, wo der Beschluss gefasst wurde, dass Pataro Buzzacarina den scheidenden Governator dei fanti von Legnago, Zuan Marcello, in seinem Amt ablösen solle, das ihm ein Jahreseinkommen von 240 Dukaten sicherte.1918 Offensichtlich hatte der Supplikant kurz nach dem Inkrafttreten des osmanisch-venezianischen Friedensschlusses diejenigen Argumente, Schilderungen und Fürsprecher vorgebracht, die ihm letztlich ein Auskommen einbrachten, als keine soldatischen Einnahmemöglichkeiten mehr in Aussicht standen. Unter diesen Erzählweisen ist an Buzzacarinas Bittschrift auffällig, wie genau er die Anzahl der Beute beschrieb. Bereits in seiner zwei Tage nach der Seeschlacht aufgesetzten und nach Venedig geschickten Schlachtbeschreibung betonte er, gemeinsam mit seinen an Bord befindlichen Mitsoldaten mehr als 150 turchi der Galeere Ka¯ra¯ Hogˇas »in Stücke gehackt« zu haben.1919 Ebenso fallen ˘ die Bezifferung seiner Verwundungen sowie der quantitative Verweis auf die körperlichen Verletzungen auf, die er und seine Familienangehörigen sich bei Lepanto zugezogen hatten. Auch Venier und Duodo führten nachdrücklich seine Handverletzung an.1920 1916 Der habsburgische Botschafter hatte diese seinem Schreiben ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571 beigelegt, ohne den Autor zu nennen (»dalla galera Buzacharina«, ebd., Relation, fol. 1r). 1917 Bourdieu: Sozialer Sinn, S. 205–221. 1918 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573, beiliegende, undatierte Supplik des Pataro Buzzacarina, fol. 1r; ebd., 11. Juli 1573 (159 Pro-, 19 Kontra-Stimmen, 6 Enthaltungen). 1919 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571, beiliegende Abschrift der Relation, fol. 2v: »lo habbiamo ammazzato, et tagliato in pezzi più di .i50. turchi«. 1920 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 11. Juli 1573, beliegendes Beglaubigungsschreiben von Sebastiano Venier (10. Juli 1573), fol. 1r; ebd., beliegendes Beglaubigungsschreiben von Francesco Duodo (10. Juli 1573), fol. 1r.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

531

Solche ausführlichen Thematisierungen von Verletzungen, Wunden und Narben, die sich Liga-Soldaten bei Lepanto zugezogen hatten, sind immer wieder in den Quellen anzutreffen. Sie memorierten den eigenen, körperlichen Einsatz bei der Schlacht und gaben Anlass dazu, von dieser zu berichten. Mit der Ankunft der Lepanto-Teilnehmer erzählten diese ausführlich ihre Version des Schlachtgeschehens.1921 Mit denjenigen, die diese hörten, kursierten die Erzählungen der Teilnehmer weiter. So empfing Don Juan einen toskanischen Gesandten, der direkt danach für einige Tage im Haus seiner Schwester verweilte und dort die eine um die andere Lepanto-Geschichte berichtet haben dürfte.1922 Auch nahmen Schiffe, die an Lepanto teilgenommen hatten, auf ihrer Rückfahrt Händler mit in die Heimathäfen, die ebenfalls von den an Bord befindlichen Soldaten Geschichten über die Seeschlacht vernahmen und weitertrugen.1923 Die Schlachtteilnehmer, die ihre Heldentaten sowie diejenigen anderer Ligisten schilderten, zeigten dabei sicher auch jene Zertifikate vor, die sie von LigaBefehlshabern erhalten hatten und die ihren eigenen, heldenhaften Kriegseinsatz bei Lepanto dokumentieren sollten.1924 Dass solche Schriftstücke aufbewahrt worden sind, um mithilfe dieser später gegebenenfalls den eigenen Einsatz bei Lepanto zu bezeugen, belegt eine im Jahr 1578 vorgebrachte Supplik, in der Hernando de Bazán durch den Verweis auf seinen königstreuen Dienst bei Lepanto erhoffte, eine Lizenz für den Erwerb von Land zu erlangen. Um seinen Kampfeinsatz zu belegen, verwies er auf von Juan de Austria und vom Marques de Santa Cruz ausgestellte carta[s], die er mit der Einreichung der Supplik vorgelegt hatte. In diesen führten der Liga-Befehlshaber und Flottenkommandant, unter dessen Kommando Hernando stand, an, dass er während des Schlachtgeschehens Mut und Tatendrang (valor y animo) gezeigt habe. Als er sich 1584 erneut in einer Supplik an den spanischen König und die Real Audiencia von Nueva España wandte, bezog sich Hernando de Bazán abermals auf die beiden Schriftstücke, die seinen bei Lepanto bewiesenen Heldenmut bestätigen sollten, und zeigte diese in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan vor.1925 In der dortigen Audiencia 1921 So anschaulich berichtet von »El Baroncello«, der in Livorno den Lepanto-Erzählungen toskanischer Schlachtteilnehmer lauschte. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 28r, »El Baro[n]cello« an Ferdinando I. de’ Medici, Livorno, 26. November 1571. 1922 Ebd., fol. 239r, Ferrante di Rossi an Ferdinando I. de’ Medici, Gaiazzo, 26. November 1571. 1923 Zu sieben Händlern, die Paolo Giordano Orsini in die Toskana überführte, siehe ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 411r, Francesco Gerini an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 10. November 1571. 1924 Zu einem solchen von Juan de Austria ausgestellten Zertifikat siehe ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 91r, Neapel, 13. November 1571. 1925 AGI, Indiferente General, 739, N.55, Supplik des Hernando de Bazán, Madrid, 05. März 1578, fol. 1r; AGI, Patronato Real, 78B, N.1, R.10, fol. 1r, 2r. Zu einer ausgiebigeren Besprechung dieses Falles siehe II.5.iii. Lepanto: Ein mediterranes Ereignis und seine Rezeption in den spanischen Überseegebieten.

532

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

sind daraufhin Abschriften dieser Lepanto-Zertifikate angefertigt und nach Madrid geschickt worden, wo über den Ausgang seiner Supplik zu entscheiden war. Offensichtlich waren die Zertifikate also in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan als zentrale Bestandteile der Supplik gewertet worden. Die Abschriften führen insgesamt drei solcher Schreiben an: In einem ersten bestätigte Don Juan im November 1572 Hernando de Bazán, während der Schlacht »als sehr guter Soldat« in spanischen Diensten ([a] seruido al Rey) gekämpft zu haben. Ein zweites Schreiben war ähnlichen Inhaltes und nur wenige Tage zuvor aufgesetzt worden, das dessen Lepanto-Teilnahme gegenüber dem spanischen Monarchen selbst bestätigte. Offensichtlich hatte sich Hernando de Bazán ein Jahr nach der Seeschlacht zwei Zertifikate des Liga-Oberbefehlshabers ausstellen lassen, die er – das legt zumindest die Ausstellung getrennter Schreiben für ihn selbst und den König nahe – gegebenenfalls beim Monarchen einreichen und dabei dennoch ein persönliches Exemplar behalten konnte. Eine dritte Zertifikation stellte ihm der Marques de Santa Cruz aus, auf dessen Galeere er gekämpft hatte. Darin war zu lesen, dass de Bazán während der Seeschlacht (batalla naual) als »Ritter und guter Soldat« gekämpft habe.1926 Dass dieses Schreiben erst 1575 ausgestellt wurde, belegt, dass die Einholung der Zertifikate, die ihn als Lepanto-Teilnehmer präsentierten, eine jahrelanger Prozess war, der schließlich zur Einreichung der ersten und zweiten Supplik bei König Philipp II. in den Jahren 1578 und 1584 führte, in denen er sich dann sicher auf Lepanto beziehen und seine diesbezüglichen Aussagen wohl belegen konnte. Wenngleich er sie damals vorlegte, behielt er sie offensichtlich persönlich ein (sonst wären die carta[s] original[es]1927 nicht bei der zweiten Bittschrift in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan abgeschrieben worden), was darauf schließen lässt, dass er bereits 1578 seine LepantoTeilnahme-Zertifikate auch für zukünftige Gelegenheiten aufzubewahren gedachte. Hernando de Bazán war nicht der einzige, der sich seine Schlachtteilnahme schriftlich bestätigen ließ und dieses Zertifikat strategisch vorzuzeigen wusste. Auch Jacomo Crispo war noch am 24. Oktober 1571 in Korfu von Juan de Austria bestätigt worden, dass er sich bei Lepanto als »guter Ritter« (buen cauallero) bewährt habe.1928 Dass Don Juan das Schriftstück dem spanischen Botschafter in Venedig zusandte, mag ein Indiz dafür sein, dass Crispo die Zirkulation in den entsprechenden Kreisen – entweder in Venedig selbst oder aber von dort aus nach Genua und Madrid – beabsichtigte. Ähnlich verhielt es sich auch bei Antonio Mirón, der von Guatemala-Stadt aus um finanzielle Zuwendungen auf1926 AGI, Audiencia de México, 217, N.29, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, April 1584, fol. 8r f. (Messina, 02. und 08. November 1572, 06. März 1575): »cauallero y buen soldado«. 1927 Ebd., Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, April 1584, fol. 8r. 1928 AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 4, Juan de Austria an Diego Guzmán de Silva, Korfu, 24. Oktober 1571, fol. 1r [10r].

Ein Sieg, viele Lebensläufe

533

grund der militärischen Dienste bat, die er und seine Familienangehörigen in spanischen Diensten geleistet hatten. Um die heldenhaften Taten seines Schwiegervaters – eines Konquistadors – zu belegen, überreichte er dem königlichen Sekretär ein Schreiben seiner Ehefrau. Ein weiteres vom Kapitän Diego de Herrera ausgestelltes Dokument sollte seinen Einsatz im Kampf gegen Francis Drake beweisen. Und um seinen Einsatz für die ›Heilige Liga‹ zu dokumentieren, verwies er auf ein von Don Juan in Korfu ausgestelltes, gesiegeltes Schreiben.1929 Mirón erwähnte in seiner Bittschrift nicht nur diese Schriftstücke, sondern auch die drei Wunden, die er sich bei Lepanto zugezogen hatte. Und auf diese bezog er sich nicht allein in seiner Bittschrift, sondern auch in seinem alltäglichen Leben als Soldat und Schreiber. Deshalb konnte einer der Zeugen, die für Antonio Mirón in der Real Audiencia in Guatemala-Stadt im September 1584 vorsprachen, angeben, dessen Lepanto-Wunden genau zu kennen: Eine Narbe, die von einem bei Lepanto abgeschossenen, osmanischen Pfeil stammte, befände sich an Antonio Miróns rechten Arm und zwei weitere seien an dessen Beinen zu finden.1930 Antonio dürfte also seine Narben das ein ums andere Mal präsentiert haben. Ganz sicher aber zeigte er die Schriftstücke als çertificaçion[es] für seine Geschichten. Der Zeuge bezeichnete die Dokumente gar als »öffentliche Sache« ([c]osa [p]ublica). Er selbst hatte Don Juans cédula gesehen, die Miróns LigaDienst für den neapolitanisch-spanischen Kommandanten Pedro de Padilla belegte. Ein weiterer Zeuge sagte ebenfalls aus, dass Mirón ihm das LepantoZertifikat Don Juans gezeigt habe. Diese Schriftstücke belegten, zumindest den Zeugenaussagen zufolge, Antonio Miróns Dienst als »sehr guten Soldaten«.1931 Solche Schriftstücke memorierten also die eigene Teilhabe an der Seeschlacht, wobei gerade diese dokumentierte Teilhabe und Tugendhaftigkeit – nicht zuletzt durch die Ereigniswerdung Lepantos und die Heldennarrative um deren Kapitäne – als Ressource aktualisiert und für eigene Ziele strategisch mobilisiert werden konnte; zumindest glaubte das der Bittsteller. Dass sie nicht allein in offiziellen Ersuchen eine wesentliche Rolle spielten, sondern auch im Alltag anderen Soldaten oder Nachbarn vorgezeigt wurden, belegen die Zeugenaussagen zu Antonio Miróns Gesuch. Aber auch die nach Hernando de Bazáns Supplik in der Audiencia von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan eingeholten Zeugenaussagen Alonso de Sonates und Luis de Castillas gaben an, dass sie dessen Lepantocertificaçiones gesehen hätten.1932 Im Alltag sind diese also von zurückgekehrten Schlachtteilnehmern anderen Soldaten, aber sicher auch Familienangehörigen, Nachbarn und Zechkumpanen vorgezeigt worden. Damit war ihre Biografie im 1929 AGI, Patronato Real, 78B, N.2, R.10, fol. 1r. 1930 Ebd., fol. 1r, 2v, 6r. 1931 Ebd., fol. 2r f. (»muy buen soldado«), 3v. Don Juans cédula sei in Korfu am 20. Oktober 1572 aufgesetzt worden. 1932 AGI, Audiencia de México, 217, N.29, Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan, April 1584, fol. 4v, 6v.

534

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

sozialen Leben mit Lepanto verbunden, das dadurch zu einem dokumentierten Ereignis der persönlichen Teilhabe wurde. Auch der in Buzzacarinas Bittschrift und in deren durch Venier und Duodo ausgestellte Beglaubigungen anzutreffende, explizite Verweis auf die eigenen Lepanto-Verwundungen ist in diesem Zusammenhang zu sehen: Nämlich als eine Aktualisierung von Heldennarrativen, die sich bereits um das Ereignis Lepanto in Bezugnahme auf Liga-Kapitäne in den zeitgenössischen Diskursen herausgebildet hatten und nun Bittstellern wie Buzzacarina eine Möglichkeit boten, ihre eigene Tugendhaftigkeit durch die Referenz auf Lepanto zu unterstreichen und so ihre eigenen Interessen ihrer Meinung nach strategisch sinnvoll zu positionieren. Venier, der hier als Lepanto-Held und Fürsprecher auftrat, hatte selbst Verwundungen erlitten, die auch andere venezianische Kapitäne detailliert schilderten: Ein Pfeil hatte sein Knie durchbohrt.1933 Bereits die erste, in Venedig eingetreffone Siegesnachricht Veniers enthielt Hinweise auf die Verletzungen Barbarigos.1934 Juan de Austria selbst informierte Erzherzog Rudolf über die tödliche Verletzung, die Bernardino de Cárdenas y Carillo de Albornoz während der Seeschlacht durch ein Messer erlitten hatte.1935 Orsini beschrieb seine eigenen Verletzungen bereits einen Tag nach der Seeschlacht in einem Brief: Er sei am Arm von einer Arkebuse und am Oberschenkel von einem weiteren Kriegsgeschoss (einer pignatta di fuoco) verletzt worden. In seiner ersten, nach Rom gesandten Schlachtrelation gab er hingegen an, es habe ihn ein osmanischer Pfeil am Oberschenkel verletzt. Ein von Orsini über Venedig nach Rom gesandter Adliger berichtete, dass zwei Ligisten aus dem Hause Orsini (casa orsina) verstorben sein. Der apostolische Protonotario Alessandro de’ Medici informierte den Großherzog der Toskana über Paolo Giordano Orsinis Verwundung am Bein – er war der Schwiegersohn des Herrschers – und relativierte sogleich, um keine Beunruhigung zu schüren, es handle sich um eine »kleine« Verletzung »von geringer Bedeutung«. Zudem berichtete er nach Florenz, Orazio Orsini schwebe nach schweren Verletzungen in Lebensgefahr, Sforza Sforza sei von einer Arkebuse an der Schulter getroffen worden und Onorio Savelli habe sogar zwei abbekommen, doch könne er dennoch auf Genesung hoffen.1936 Als Marco 1933 AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Bericht des Antonio da Canale, Astakos, 08. Oktober 1571, fol. 4r. 1934 ASVe, Secreta, Avvisi, Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572, fol. 648r, Sebastiano Venier, Astakos, 09. Oktober 1571. 1935 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 5, fol. 5v, Juan de Austria an Erzherzog Rudolf, aufgesetzt am 10. Oktober 1571. 1936 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 569r, Paolo Giordano Orsini an Pietro Valentino, Petala, 08. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 138r, Rom, 27. Oktober 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz, 40, fol. 80v, Prospero d’Arco an Maximilian II., Rom, 27. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3290, fol. 388r ff., Alessandro de’ Medici an Cosimo I. de’ Medici, Rom, 25. Oktober 1571 (»di

Ein Sieg, viele Lebensläufe

535

Cicogna erstmals wieder in Venedig eintraf, sprach sich schnell herum, dass er während der Seeschlacht von vielen osmanischen Pfeilen – unter anderem am Knie – verletzt worden war und dass er sich darüber hinaus die Hände verbrannt hatte. Die dazugehörige Geschichte klang besonders schaurig: Er gab an, ein Feuergeschoss (palla di fuoco artefitiale), das von Ligisten selbst abgeschossen und bedauerlicherweise auf seinem Schiff gelandet war, eigenhändig von Bord geworfen zu haben, um so zu verhindern, dass seine Galeere abbrennen würde.1937 Der toskanische Kapitän Alfonso d’Appiano klagte noch zwei Wochen nach der Schlacht darüber, dass er nach wie vor den Tod zahlreicher Ligisten erwarte. Allerdings betonte er, dass nur wenige an den Folgen ihrer Schlachtverletzungen erliegen dürften; für die meisten erwartete er einen »gewöhnlichen Tod«. Dennoch betonte er, dass der Sieg »nicht ohne Blut[vergießen]« vonstatten gegangen sei.1938 In einem einen Tag nach der Schlacht aufgesetzten Schreiben Sforza Sforzas schrieb dieser, er sei von einer osmanischen Arkebuse getroffen worden, doch seine Rüstung habe ihn vor einer schlimmeren Verletzung bewahrt. In diesem Zusammenhang erschien es dem Schlachtteilnehmer wichtig, zu betonen, dass es sich bei besagter Rüstung um ein Geschenk des französischen Königs handelte. Dieser Hinweis diente zugleich der Selbststilisierung als durch Gaben gekennzeichneten, ehrenwerten Soldaten.1939 Ebenso verwiesen LepantoKapitäne darauf, dass sich unter den auf ihrer Galeere kämpfenden Soldaten zahlreiche während der Seeschlacht gefährliche Verletztungen zugezogen hätten, was deren Kampfeinsatz sowie die Ehre ihres Kapitäns hervorhob. Zugleich diente der Verweis auf die eigenen, bei Lepanto erlittenen und nun ausführlich beschriebenen Wunden dazu, recht spät abgesandte oder nur kurzgefasste Schlachtberichte zu entschuldigen.1940

1937 1938

1939 1940

certa piccola ferita di poca importa[n]za riceuuta in una gamba«). Paolo Giordano und Orazio Orsinis Verletzungen werden auch von ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 578v, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571 erwähnt, allerdings lokalisiert er die Verwundung Paolo Giordano Orsinis am Fuß und Orazios Verletzung sei »senza pericolo«. ÖNB, Cod. 8949, fol. 288v, Venedig, 14. Dezember 1571. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 566, fol. 103r, Alfonso d’Appiano an Cosimo I. de’ Medici, Korfu, 22. Oktober 1571 (»morte ordinaria«); ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 106r, Alfonso d’Appiano an den »Padrone ossmo Il Sig:r di Piombino« (Obrigkeit von Piombino oder aber direkt an Cosimo I. de’ Medici), Messina, 01. November 1571 (»[la] Vitt:ria no[n] e stata senza sangue«). ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 188v, Avvisi Cosimo Bartolis aus Venedig an Cosimo I. de’ Medici. AGS, Estado, Sicilia, leg. 1134, doc. 78, »Ju˚ rruujo« an Antonio Perez, »golfo de lepanto«, 09. Oktober 1571, fol. 2r; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 567, fol. 91r, Neapel, 13. November 1571; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift einer Schlachtrelation vom 09. Oktober 1571, fol. 1r.

536

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

All diese Beispiele zeigen, wie weit verbreitet die Beschreibung von LepantoVerletzungen war, die nicht nur die Teilhabe der Soldaten am Sieg und den ihn umgebendenen Narrativen materialisierten, sondern auch deren heldenhaften Einsatz während der Schlacht symbolisierten, auf den die Verletzten vor allem dann verwiesen, wenn sie ihre eigenen Wünsche durchzusetzen beabsichtigten. Das zeigt sich nicht allein in Buzzacarinas Supplik, sondern auch in einer weiteren, die der Galeerenkommandant Ferigo Rhenier nach der Seeschlacht von Korfu aus verfasste. Er gab an, dass er sich »im Seekrieg des glücklichen Sieges« heldenhaft geschlagen habe, was nicht allein die zwei durch ihn erbeuteten osmanischen Galeeren belegten, sondern auch das Blut und die erlittenenen Verluste seiner Mannschaft. Er selbst habe sich eine so starke und blutreiche Verletzung zugezogen, dass er mit starken Fieberschüben zu kämpfen hatte und deshalb im Haus des venezianischen Bailo von Korfu vorerst zur Genesung verblieben war. Nun bat er darum, den Winter über nach Venedig zurückkehren zu dürfen, um sich dort erholen und genesen zu können. Das gewährten ihm die Senatoren – nicht zuletzt aufgrund der Tapferkeit (ualor), die er während der Seeschlacht gezeigt habe und die seine Wunden vor Augen führten.1941 Auch der Galeerenkommandant Marco Cicogna hoffte, nach Venedig zurückkehren zu können, um dort seine Gesundheit wiederzuerlangen. In seiner Supplik verwies er auf die Vielzahl der von ihm erbeuteten muslimischen Sklaven, die 75 Toten und über 100 Verletzten unter seinem Lepanto-Kommando sowie seine eigenen Verletzungen, die er sich an »dem glücklichen Tag« (la felica giornata) zugezogen hatte. Cicognas Bittschrift war gleichfalls erfolgreich.1942 Das Wissen um Lepanto-Verletzungen konnte also gezielt bekanntgemacht und eingesetzt werden. So supplizierten toskanische Liga-Soldaten nach ihrer Rückkehr um die Erstattung von Arztkosten, die sie während ihres Einsatzes gegen die Osmanen aufgrund von Erkrankungen aufzubringen hatten.1943 Ein vergleichbar distribuiertes Wissen um Lepanto-Verletzungen ist für den savoyischen Kapitän Andrea Provana di Leynì besonders dicht dokumentiert. Bereits am 22. Oktober entschieden sich die Mitglieder des venezianischen Collegio mit großer Mehrheit dafür, diesen in einem Schreiben ihren Dank für dessen Einsatz während des »großen Sieges gegen den Türken, den gemeinsamen Feind,« auszusprechen. Mit seinem tapferen Einsatz »für das universelle Wohl« habe er während der Gelegenheit (occasione) Lepanto sein Wohlwollen gezeigt, dass er und der savoyische Herzog gegenüber der Republik Venedig besitzen würden. 1941 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 49, 22. November 1571, mit beiliegender Supplik des Ferigo Rhenier: »guerra nauale della felice uittoria«. 1942 Ebd., 24. November 1571, mit beliegender Bittschrift Marco Cicognas vom 28. Oktober 1571. 1943 ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Auditori, Negozi dell’Auditore, n. 2127, Nr. 380, Supplik des Stephansritters Raffaello Carnesecchi, 03. Juli 1574.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

537

Dafür dankte ihm der Collegio.1944 Dieses Dokument belegt, dass die LigaHerrschaften nicht nur ihren eigenen Befehlshabern für ihren Lepanto-Einsatz dankten, sondern auch jenen, die im Auftrage anderer Liga-Verbündeter an der Schlacht teilgenommen und so die eigenen Truppen gestärkt hatten. Ersichtlich wird aus dem Schriftstück zudem, dass sich die Serenissima genau über den Kampfeinsatz informieren ließ. Auf vergleichbare Weise versicherte der venezianische Botschafter aus Turin dem Dogen, dass Andrea Provana di Leynì höchst angetan von diesen Zeilen gewesen sei und sich zutiefst dankbar gegenüber Venedig gezeigt habe.1945 Dessen Reaktion wurde auch vom venezianischen Residente in Neapel, Alvise Bonrizzo, beschrieben, der das Gratulationsschreiben überreicht hatte. Demnach habe di Leynì gesagt, dass ihn das venezianische Schreiben »die Freude über diesen Sieg doppelt empfinden lasse«, denn er kenne nichts Kostbareres, als diesen Brief, den er seinen Söhnen als Ausdruck seiner treuen Ergebenheit gegenüber Venedig vermachen könne.1946 Damit stellte er die als Dienstverhältnis memorierte Lepanto-Teilhabe in einen familialen Kontext der erinnerbaren Ehrbekundung. Der Empfänger derartiger Dank- und Informationsschreiben zu sein, galt folglich als Ausdruck von Ehrzuschreibungen und -bekundungen, für die sich der Adressat bedankte. Entsprechend habe Colonna in Reaktion auf ein vergleichbares venezianisches Gratulationsschreiben, das ebenfalls Bonrizzo überbrachte, gegenüber diesem verlautbaren lassen, dass er die Verpflichtungen, die er gegenüber Venedig empfinde, nicht ausdrücken könne.1947 1944 ASVe, Collegio, Lettere comuni, filza 45, 22. Oktober 1571, an Andrea Provana di Leynì, fol. 1r: »[…] gran vittoria contra il Turco, commune inimico […]«. In der Abstimmung im Collegio gab es 20 Pro- und keine Kontra-Stimmen, allerdings zwei Enthaltungen. Ebd.: »Et con molta consolatione habbiamo inteso con quanto ualore ella si sia dimostrata ardente nel combatterre per il beneficio uniuersale. Per lo q[u]al rispetto habbiamo uoluto farle q[ue]ste poche righe [Einschub: per rallegrarsene con lei, et] per renderla certa, che si com’habbiamo molto ben conosciuta [Einschub: sempre] ottima uolonta d[e]ll’jll.mo Sr Duca sop.to uerso la Rep.ca n[ost]ra, cosi in q[ue]st’occasione con il mezo di .V. S. habbiamo chiaramente ueduto con quanto Zela n’è stata à pieno confermata con il mezo di .V. S. alla q[u]ale attribuimo quelle laudi, che si comengono al molto ualor suo, et le desideramo ogni prospero auenim.to«. 1945 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 110ar, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 02. Dezember 1571. 1946 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 114, fol. 1r [338r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 14. November 1571: »Mons.r de ligni m’ha detto, ch[e] questo fauor ch[e] V. Ser.ta li ha fatto, li fa sentir doppiam:te l’allegrezza di questa Vittoria, p[er]ch[e] sa di no[n] poter lassar à suoi figliuoli, cosa più cara ch[e] detta l[ette]ra, in testimonio del Deuotiss.o animo suo uerso quel Ser.mo D[omin]io«. 1947 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 99, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo I., Mailand, Ende Oktober 1571, fol. 1r-2v [359r–360v]. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 114, fol. 1r [338r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mo-

538

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Die von Venedig gerühmte (Kampfes-)Ehre di Leynìs zeigte sich vor allem in dessen Verwundungen, die der savoyische Kapitän in seinem zwei Tage nach der Seeschlacht aufgesetzten Brief an Herzog Emanuel Philibert selbst detailliert beschrieb. Eine osmanische Arkebuse habe ihn, so di Leynì, während der Seeschlacht so schwer mitten am Kopf getroffen, dass er auf der Stelle umgefallen sei und das Bewusstsein für eine gute halbe Stunde verloren habe. Interessant ist, dass di Leynì mit diesem Verweis darauf, dass er ungefähr 30 Minuten lang nichts gesehen und anschließend auch nicht mehr gewusst habe, wo er sich genau befand, offensichtlich keinen Glaubwürdigkeitsverlust seiner Schlachtbeschreibung befürchtete. Der Bewusstseinsverlust und das damit verbundene Nichtsehen-können der Geschehnisse verminderte von di Leynìs Standpunkt aus offenbar keineswegs den epistemischen Status seiner Augenzeugenschaft, auf dem sein Bericht beruhte, und minderte auch nicht dessen Anerkennung als LepantoHelden. Vielmehr intensivierte die Schwere der Verwundung die Kohärenz der erzählten Heldenhaftigkeit. Wenngleich di Leynì von einer schweren Verletzung (gran ferita) spricht, ist er dennoch bemüht, deren Auswirkungen herunterzuspielen: Zwar dröhne ihm zwei Tage nach der Schlacht noch immer der Kopf und nun habe er auch ein wenig Fieber, doch er hoffe mit Gott auf eine baldige Genesung, wofür auch die Aussagen des Arztpersonals sprächen.1948 Di Leynìs Verletzungen waren auch Gegenstand der savoyisch-venezianischen Botschafterkorrespondenz. Girolamo Lippomano, der venezianische Botschafter in Turin, berichtete dem Dogen ausführlich über die Verletzungen und schrieb, dass sich di Leynì davon noch zwei Wochen nach der Schlacht, ja, auch nach seiner Rückkehr nach Turin am 01. Dezember 1571 noch immer nicht erholt hätte. Dass der Botschafter über di Leynìs Verletzungen sogar vom savoyischen Herzog informiert worden war, zeigt, dass die Wunden der Kapitäne nicht nur den ehrenwerten Kampf der Verletzten, sondern zugleich auch den ehrenwerten Einsatz der Herrschaften symbolisierten, für die sie kämpften. Das wiederum galt Lippomano in seinen nach Venedig gesandten Schreiben als besonders erwähnenswert, da diese Schlachtverletzungen und -verluste Lippomanos Einschätzung nach Savoyens besonderes Wohlwollen gegenüber Venedig ausdrückten – und damit dem venezianischen Dogen zugleich den Erfolg verdeutlichten, den Lippomano auf seiner Botschaftermission hatte. Entsprechend notierte Lippomano, dass zahlreiche piemontesische Adlige und Soldaten, vor allem aber auch zwei aus dem savoyischen Hause, während Lepanto gestorben

cenigo I., Neapel, 14. November 1571 stellt ein Antwortschreiben di Leynìs in Aussicht. Ebd.: »dicendo l’Ecc.mo Colonna, ch[e] non puo esprimere li oblighi ch[e] ha à quella Ser.ma Rep[ubb]lica«. 1948 AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petala, 09. Oktober 1571, fol. 2r, 3r.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

539

seien.1949 Damit meinte Lippomano sicherlich Don Francesco di Savoia, den Sohn des Conte di Racconigi, der mit seiner gesamten Gefolgschaft sowie sämtlichen officiali bei Lepanto verstarb. Unter den Toten (di Leynì berichtete kurz nach der Schlacht nach Turin, es seien zwölf nahmhafte Piemontesen gestorben) befanden sich auch der Capitano Ottaviano Moretti, der Conte Chiaberto di Scalenghe, Cesare di Leynì und der Cavaliere di San Vitale. Andrea Provana di Leynì erwähnte in seinem ersten, nach Turin gesandten Schlachtbericht ausdrücklich, dass Don Francesco di Savoia im Gesicht schwer verletzt worden war.1950 Verstorbene und Verwundete gehörten also zum festen Bestandteil der Siegesrhetoriken nach Lepanto und so ist es kaum erstaunlich, dass mit dem Ausbleiben der den Sieg bestätigenden Nachrichten Don Juans auch die Befürchtung einer Verletzung seinerseits am spanischen Hof wuchs. Entsprechend froh zeigte sich Philipp II. dann nach dem Eintreffen der Nachricht de Figueroas gegenüber seinem Halbbruder, dass dieser bei guter Gesundheit sei.1951 Der Kapitän Corbinelli schrieb, er habe nach der Seeschlacht das Meer gänzlich in roter Farbe – getränkt vom Blut der »Türken« und der »Unseren« – gesehen. Der Verweis auf das vergossene Blut brachte Corbinelli mit den erhofften Auswirkungen des Sieges in Verbindung, nämlich einem baldigen Zug gegen Istanbul.1952 Pataro Buzzacarina, der 1573 die eingangs besprochene Supplik beim venezianischen Senat erfolgreich eingereicht hatte, betonte ebenfalls, dass das Meer nach der Schlacht »rot vom Blut war. Und wo es zuerst rein war, war [nun] alles voller Galeerenteile und toter Körper.«1953 In einem gedruckten Schlachtbericht ist gar zu lesen, dass die Meeresoberfläche im Umfeld von vier italienischen Meilen »überall rot vom Blut und voller toter Körper war«.1954 Andere Zeitgenossen 1949 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia, filza 1, fol. 108ar, Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen, an Alvise Mocenigo I., Doge von Venedig, Turin, 19. November 1571; ebd., fol. 110ar, ders. an dens., Turin, 02. Dezember 1571. 1950 Ricotti: Storia della monarchia piemontese. Bd. 2, S. 333; AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petala, 09. Oktober 1571, fol. 2v; Gioffredo: Storia delle alpi marittime. Bd. 5, S. 497 (Schreiben von Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Korfu, 26. Oktober 1571); Claretta: Ordine Mauriziano, S. 37. 1951 AGS, Estado, Sicilia, leg. 1136, doc. 181, El Escorial, 25. November 1571. 1952 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 578r, 579r, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571: »ch’hoggi hauemo speranza d’andarà buon tempo in Cost:li et se non fusse, che nono stata senza gran sangue«. Siehe auch Roberto Gargiulo. La battaglia di Lepanto. 7 ottobre 1571. Pordenone 2004, S. 171–174. 1953 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 19. Oktober 1571, beiliegende Abschrift der Relation, fol. 2v: »che certo del sangue il mare era rosso, et doue p.a era netto, tutto era ripieno di cose di galere, et corpi morti«. 1954 Anonym: INTIERO, E MINVTO RAGGVAGLIO. (AL, Turcica VIII.130/15900), fol. 2r: »Dicono che per quattro miglia il mare era tutto rosso di sangue, & pieno de corpi morti«.

540

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

berichten davon, dass die Leichenteile im Umkreis von 50 solcher Meilen herumgeschwommen seien. Derartige Hinweise auf Lepanto als ›blutiges Ereignis‹ gingen mit einer Gegenüberstellung von Christianos und Mahometanos einher und fanden auch Eingang in die zeitgenössische Panegyrik.1955 Die Wunden-Kulte der Lepanto-Teilnehmer zeichneten sich aber vor allem durch die Persistenz ihrer Rhetorik aus. Noch zwei Jahre nach der Schlacht wies Lippomano in seiner Finalrelation darauf hin, dass Savoyen mit eigenen Galeeren an der Schlacht bei Lepanto teilgenommen und di Leynì in dieser einen »allerehrenwertesten Dienst« geleistet hatte.1956 Noch im Jahre 1573, so Lippomano weiter, habe ihm Leynì mitgeteilt, dass er nach wie vor die Verletzung spüre, die er von der Seeschlacht davongetragen hatte.1957 Lippomanos Finalrelation verdeutlicht im Hinblick auf die bei Lepanto erlittenen Verletzungen vor allem viererlei: Erstens betonten verwundete Kapitäne die Folgen ihrer Verletzungen, was ihren Tatendrang und Kampfesmut stilisierte. Im Falle di Leynìs war dies durchaus erfolgreich, denn nach seiner Rückkehr aus Lepanto gehörte er zu den wichtigsten Personen am Hof, wie auch die spanischen und venezianischen Botschafter bestätigen.1958 Zweitens schützte der Verweis auf die Verletzungen die Verwundeten zugleich vor den Konsequenzen etwaiger Falschmeldungen in ihren Berichten. Denn Leynì notierte ausdrücklich, dass er aufgrund seiner Verletzung das Bett noch nicht verlassen habe und deshalb nichts Genaueres dem savoyischen Herzog mitteilen könne, als dass es sich um einen allumfassenden Sieg handle, den die Liga-Flotte errungen habe.1959 Drittens berichteten aber auch andere Botschafter gern über diese Verletzungen und perpetuierten damit nicht nur die Selbstinszenierungen verletzter Kapitäne, sondern deuteten diese als Körperzeichen für den pro-ligistischen und pro-venezianischen Einsatz der Herrschaften, für welche diese Kapitäne bei Lepanto gekämpft hatten. Damit unterstrichen die Botschafter viertens den Erfolg ihrer eigenen diplomatischen Mission. Die auf Wunden als Schlachtstigmata bezogenen Heroenkulte boten also nicht nur denjenigen eine Stilisierungsplattform, die bei Lepanto gekämpft 1955 Poggio: APPARATO MARETIMO DI CATHOLICA VNIONE. (AL, Turcica XI.170/15946), fol. 7v; RAH, 9/4254 (nº 2), fol. 1r; Anonym: CANZONE SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA CONTRA LA TVRCHESCA. Venedig 1571. (AL, Turcica XX.5/10545), fol. 3r. 1956 Albèri: Relazioni degli ambasciatori veneti. Serie II. Bd. 2. Florenz 1841, S. 221, relazione des Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen (1573): »onoratissimo servizio«. 1957 Eugenio Albèri: Relazioni degli ambasciatori veneti. Bd. 5 (II, 2), S. 221, relazione des Girolamo Lippomano, venezianischer Botschafter in Savoyen (1573). 1958 Andrea Merlotti: Leinì (Leynì), Andrea Provana. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 64. Rom 2005, S. 319–324. 1959 AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petala, 09. Oktober 1571, fol. 3r.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

541

und sich so die Verletzungen zugezogen hatten, sondern erlaubten es auch Außenstehenden, sich in die durch Wunden und Narben kodifzierten Heldenkulte einzuschreiben, um sich selbst entsprechend eines speziellen Entwurfes darstellen zu können – im Falle Lippomanos als erfolgreicher Botschafter, der Savoyens Wohlwollen gegenüber Venedigs dokumentierte. Als solches waren die Lepanto-Wunden fester Bestandteil der Memoria an einen ›blutigen Sieg‹ und konnten auch noch Jahre später textuell evoziert und in Erinnerung gerufen werden. Dabei konnte die an die – strategische und mitunter wohl auch gekünstelte – Zurschaustellung des Blutes, des Fleisches und der Narben gebundene LepantoHeroifizierungs- und -glorifizierungsrhetorik durchaus Kritik hervorrufen, wie sie etwa auch in zeitgenössischen, humanistischen Diskursen anzutreffen ist, in denen Bettlern ein ganz ähnliches Verhalten vorgeworfen wurde. In einer 1585 in Venedig erschienenen Abhandlung warf etwa Tomaso Garzoni diesen vor, sie würden, um durch das vorgetäuschte Elend die Zahlungsbereitschaft der Passanten zu erhöhen, offene Geschwüre simulieren, die sie mit altem Blut, Menstrualblut, Mehl und Brotkrumen formten. Für solche Beschreibungen frühneuzeitlicher Bettler ist überzeugend argumentiert worden, dass sie vor allem veranschaulichen, wie Bettler von anderen beispielsweise durch Unreinheitszuschreibungen als soziale Gruppe wahrgenommen und beschrieben wurden – nicht unbedingt, wie sie waren.1960 Entsprechend ist auch für die Kritik an der Zurschaustellung der Lepanto-Wunden zu schlussfolgern, dass hier einerseits Gruppenzugehörigkeiten durch die Präsentation von Wunden beansprucht und andererseits durch die Zuschreibung etwaiger Täuschungen und gezielter Nutzungen zurückgewiesen wurden. Ein wenig drängt sich ein solcher Verdacht der Zurschaustellung der eigenen Verletzung auch bei di Leynì auf, der von seiner »großen Verletzung« (gran ferita) berichtet, wenngleich ein venezianischer Kapitän schreibt, dass di Leynìs Verletzung nicht weiter gefährlich sei.1961 Bereits die ersten Berichte vom Schlachtfeld betonten den Stellenwert des Blutes, indem Lepanto als »blutige Schlacht«1962 beschrieben wurde. So wenig auch über den genauen Ausgang der Schlacht bekannt war, dass sie »sehr blut1960 Tomaso Garzoni: La piazza universale di tutte le professioni del mondo. Hg. v. Paolo Cherchi u. Beatrice Collina. Bd. 2. Turin 1996, S. 934f.; Peter Burke: Bettler, Diebe, Gauner – die Wahrnehmung einer Gegenkultur. In: Ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 67–78; Roger Chartier: Les élites et les gueux. In: Revue d’histoire moderne 21 (1974), S. 376–388; Douglas: Purity and Danger. 1961 AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petala, 09. Oktober 1571, fol. 2r; ebd., Bericht des Antonio da Canale, Astakos, 08. Oktober 1571, fol. 5r. In diesem Sinne auch Merlotti: Leinì. 1962 ASGe, Archivio Segreto, 1966 (Litterarum [Fogliazzi], 1570–1571), Ettore Spinola an die Signoria von Genua, Lefkada, 11. Oktober 1571, fol. 2r: »sanguino bataglia«.

542

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

reich« gewesen ist, betonten sowohl genuesische, savoyische, spanische und venezianische Kapitäne nachdrücklich.1963 Dass eine solche Rhetorik keineswegs zwingend war, zeigt der Umstand, dass Doria notierte, dass die Schlacht, gemessen an der Bedeutung des Sieges, nicht besonders blutig gewesen sei. Hier wird zwar die Zuschreibung der Seeschlacht als ›blutreiches Ereignis‹ unterlaufen, doch Doria adaptiert diese letztlich eher, als sie grundlegend in Frage zu stellen. Die Verbindung zwischen der Seeschlacht und dem Blutvergießen blieb also in der Ereignis-Narration der Schlacht auch dann zentral, wenn die Menge an Blut als nicht adäquat zur Größe (grandezza) des Sieges eingeschätzt wurde. Das Ereignis selbst war als blutreich zu beschreiben. Derartige Beschreibungen der Schlacht als ›blutiges Ereignis‹ finden sich bis heute in der Lepanto-Memoria wieder, wobei diese Schilderung einen wesentlichen Anteil daran besitzt, der Seeschlacht den Charakter eines vermeintlich einzigartigen, historischen Ereignisses zuzusprechen.1964 Solche Zuschreibungen basieren, wie gezeigt, letztlich auf den Ausführungen der historischen Schlachtteilnehmer. So bezeichnete auch der Genuese Ettore Spinola Lepanto als blutiges Gemetzel. Vier Tage nach der eigentlichen Schlacht schrieb er vom Krankenbett aus einen Brief mit der Siegesnachricht nach Genua, in der er auch seine eigenen Verwundungen detailliert beschrieb. Insgesamt sei er von drei Pfeilen getroffen worden. Einer von ihnen verletzte ihn am Bein und war »meine Erlösung«. Denn als Spinola sich daraufhin beugte, um den Pfeil aus dem Fleisch herauszuziehen, sei ein Arkebusengeschoss direkt über seinen Kopf durch die Luft gesäuselt. Trotz seiner Verletzungen gab er an, nach dem Kampf auf die Galeere Reale gegangen zu sein, um nach den dortigen Soldaten zu sehen; den Anblick beschreibt er als grauenhaft: Er habe gesehen, »dass jedem das Blut entrann«. Damit zeigt Spinolas Bericht, dass die in der Lepanto-Erzählpraxis der Schlachtteilnehmer fest verankerte Bezugnahme auf Blut und Wunden nicht allein dazu diente, Lepanto Ereignischarakter zuzuschreiben, sondern auch dazu, um die eigene Teilnahme an einem göttlichen Ereignis als wundersame Errettung zu beschreiben.1965 1963 ÖNB, Cod. 8949, fol. 273v, Venedig, 26. Oktober 1571: »molto sanguinosa«; ASGe, Archivio Segreto, 1966 (Litterarum [Fogliazzi], 1570–1571), Ettore Spinola an die Signoria von Genua, Lefkada, 11. Oktober 1571, fol. 2r; AST, Materie militarie, Imprese, m. 1, Nr. 5, Andrea Provana di Leynì an Emanuel Philibert von Savoyen, Petala, 09. Oktober 1571, fol. 3r; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 20. Oktober 1571, Abschrift einer Schlachtrelation vom 09. Oktober 1571, fol. 1r; Figueroa: RELACION DELA IORNADA. (BVR, S. Borr. Q. I. 301(9)), fol. 3r. 1964 ADP, Scaff. 79, b. 53, int. 10, fol. 1v: »lauittoria[sic!], rispetto alla grandezza non è stata molto sanguinosa«. Siehe u. a. Vecsey: Following 9/11, S. 311: »one of the bloodiest one-day battles in history«. 1965 ASGe, Archivio Segreto, 1966 (Litterarum [Fogliazzi], 1570–1571), Ettore Spinola an die

Ein Sieg, viele Lebensläufe

543

Grundsätzlich steht es selbstverständlich außer Frage, dass viele der Schlachtteilnehmer verwundet waren. Diese zahlreichen Verletzungen dokumentieren auch die Rechnungen für die Kosten, die Liga-Anführer für ihre Verwundeten aufbrachten: Allein Miguel de Cervantes erhielt beispielsweise 22 escudos – immerhin die Hälfte eines Kapitänlohnes – für die Verarztung seines Armstummels.1966 Zur Versorgung der Verwundeten von Lepanto spendete Don Juan im Jahr 1572 insgesamt 5.000 scudi zur Errichtung des Ospedale Santa Maria della Vittoria alle mortelle in Neapel, das den Beinamen »Sieg von Lepanto« (Vittoria di Lepanto) erhielt. Auch im Nuovo Ospedale in Palermo wurden Verletzte in den Monaten nach der Seeschlacht verpflegt, wie der Krankenpfleger Gilberto Candida für den Spanier Diego Motagnis bestätigt, der zwischen 21. März und 02. April 1572 darin verarztet wurde. Gleichfalls waren in Ospedali in Messina Lepanto-Verwundete kuriert worden. Die venezianische Liga-Flotte zählte neben angeblich 4.040 Toten auch 4.566 Verwundete, was Juan de Austrias Einschätzung von insgesamt immerhin 5.000 verletzten Ligisten relativiert. Mitte November erreichte Venedig schließlich eine Nachricht Veniers, dass beinahe alle bei Lepanto verwundeten Venezianer an den Folgen ihrer Verletzungen gestorben seien, was sie zu Märtyrern transformierte, die ihr Blut Venedig ›geopfert‹ hätten.1967 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch weniger, dass es zahlreiche Verletzte gab, sondern vielmehr, wie die Soldaten über ihre Verletzungen und diejenigen anderer Ligisten berichteten, um Lepanto in einen kohärenten Erzählzusammenhang zu transferieren, der einerseits das Geschehnis (die Schlacht) in ein Ereignis (einen blutigen Sieg) transformierte und andererseits dieses Ereignis als (narrativierte) körperliche Zeugenschaft präsentierte. Diese vermochte dann wiederum Anwesenheit, tugend- und ehrenhaften Einsatz sowie eine Teilhabe am Sieg zu belegen. Doch die supplizierenden Erzählungen der Lepanto-Teilhabe sind nicht allein von Zurückkehrenden präsentiert worden, sondern ebenso von deren Angehörigen und den Hinterbliebenen der Lepanto-Toten. Jerónima de Vilanova wandte sich beispielsweise an den Consejo Supremo de Aragón mit einem Gesuch um Signoria von Genua, Lefkada, 11. Oktober 1571, fol. 1v f. (»la mia saluatione«; »sanguino bataglia«; »che ogn’uno correua sangue«). Der dritte Pfeil habe ihn am Fußhals getroffen. Vgl. weiterführend Roger Chartier: Die wundersam errettete Gehenkte. Über eine Flugschrift des 16. Jahrhunderts. In: Ders.: Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung. Berlin 1989, S. 83–119. 1966 García Hernán: Price of Spying, S. 247; Garcés: Cervantes in Algiers; Göllner: Tvrcica. Bd. 3, S. 148. 1967 Grimaldi: Città di Napoli, S. 326, 347, 365; ASN, Excerpta, fasc. 556 I, fol. 14r–15v; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 151r, Rom, 08. Dezember 1571; De Austria: COPIA DELLA LETTERA. (BNCR, 69.4.A.22), fol. 2r f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 281r, Venedig, 16. November 1571 (Auflistung nach Berufsgruppen); ebd., fol. 283v, Venedig, 23. November 1571; Rasario: DE VICTORIA CHRISTIAnorum. (AL, Turcica XI.174/15950).

544

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

finanzielle Unterstützung, das sie durch den dreißigjährigen, königstreuen Dienst ihres verstorbenen Gatten, des capitán Jerónimo de Vilanova, rechtertigte. Dieser habe sich ruhmreich in verschiedenen »Feldzügen und Gelegenheiten« geschlagen – insbesondere aber in der Seeschlacht (batalla naual), wo er sich schwere Verletzungen zugezogen habe. Die Witwe verwies also explizit auf Lepanto und die dort erlittenen Wunden, die die geleisteten Dienste (serui.os) ihres Gatten symbolisierten. Außerdem habe er in spanischem Liga-Dienst in der Seeschlacht von Navarino (1572) sowie als Kapitän einer sizilianischen Galeere (1574) gewirkt. Im Anschluss daran habe er in Diensten des katalanischen Vizekönigs gesegelt und dafür vom König monatlich 25 escudos erhalten. Daraufhin soll er zunächst dem Herzog von Feria und anschließend erneut direkt dem spanischen König gedient haben. Dass sie nun trotz der dargestellten (Ver-) Dienste ihres Mannes um Unterstützung bat, begründete Jerónima de Vilanova mit persönlichen Schicksalsschlägen. Zum einen habe ihr Mann während all dieser Jahre seiner Majestät mit großen persönlichen, finanziellen und gesundheitlichen Aufwendungen sowie Rückschlägen gedient. Diese Aussage impliziert, dass die durch ihn getroffenen Verausgabungen angesichts dessen Leistungen – hier ist die Betonung der Teilnahme an der Seeschlacht und der Verwundung bei Lepanto zentral – nicht hinreichend vergütet worden seien. Zum anderen besitze sie vier Söhne von denen der Älteste erblindet sei.1968 Dabei emfpand es Jerónima offensichtlich nicht hinderlich, um eine finanzielle Zuwendung (renta) zu bitten, obwohl sie bereits zuvor Geldbeträge in Reaktion auf zwei zuvor eingereichte Bittschriften erhalten hatte. Dennoch erschien es ihr notwendig, dieses vorherige, erfolgreiche Supplizieren anzuführen, um nicht dem Verdacht des Verschweigens ausgesetzt zu sein. Erstens habe der spanische König Philipp II. in Reaktion auf eine von ihrem Mann eingereichte Supplik bereits 1588 ihn für 30 escudos dem Dienst Juan de Cardonas unterstellt. Der Hinweis auf diese unterstreicht Jerónimas Argumentation, wonach sich ihr Mann in königlichen Diensten bewährt habe, denn sowohl die erwiderte Supplik als auch der daraufhin fortgeführte Militärdienst dürfte Jerónima als Hinweise darauf verstanden wissen wollen, dass Philipp II. schon einmal – nicht grundlos – den Dienst ihres Mann wertgeschätzt habe. Zweitens habe sie bereits im Jahr 1592 2.000 quarteras Weizen erhalten, die aber nicht den gewünschten Effekt der längerfristigen Ernährung ihrer Familie erzielt hätten, weil sie der cancellería für deren Verbriefung (drecho de sello) insgesamt 1.000 reales habe zahlen müs-

1968 ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 84, Supplik der Jerónima de Vilanova (ca. 1593), fol. 1r: »el d[ic]ho su marido hizo por espacio de treinta años el Rey n[uest]ro S.r que aya gloria en las Jornadas y ocasiones q[ue] en este tiempo se han offrecido, y en particular en la batalla naual, de donde salio mal herido«; »con grande costa suya y daño de su salud«.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

545

sen.1969 Keine Erwähnung findet hingegen, dass Jerónimo selbst eine Supplik beim Consejo Supremo de Aragón eingereicht hatte, die diesen erst im Juli 1597 zu einer jährlichen Auszahlung von 150 escudos bewegte. Damals hatte der Consejo ausführliche Erkundigung eingeholt; etwa ließ der spanische Monarch den katalanischen Vizekönig in den Urkunden, Patenten und Zertifikaten Recherchen unternehmen. In einer buena relacion bestätigte dieser dann die Angaben, die Jerónimo angegeben hatte.1970 Aufschlussreich ist vor allem der Umstand, dass die Supplik der Witwe jener ihres Mannes beinahe im Wortlaut glich.1971 Jerónima de Vilanova griff also auf eine Rhetorik zurück, die sich bereits in dem Gesuch ihres nunmehr verstorbenen Mannes bewährt hatte. Einem Antwortschreiben ist zu entnehmen, dass Jerónima de Vilanova mit ihrer Supplik abermals Erfolg hatte. Der Consejo Supremo de Aragón ließ ihr einmalig immerhin 300 libras auszahlen.1972 Was letztlich zur Geldzahlung führte, ist in der Antwort explizit thematisiert worden: Demzufolge waren es die von der Bittstellerin angeführten Gelegenheiten (occasiones), die dem Consejo den von Jerónimo de Vilanova geleisteten Dienst (seruicio) »sehr offenkundig« verdeutlichten.1973 Was also entscheidend war, ist die Anführung der Schlachten und Dienstverhältnisse gewesen, in denen die Witwe ihren Gatten textuell situierte. Auf Lepanto verwies sie als batalla naual – die Schlacht war damit eine von mehreren Aspekten, die die Durchsetzung ihres Gesuchs gewährleisteten und die den Consejo dazu bewegten, Hilfsleistungen (libras de ayuda) zu gewähren.1974 Doch Jerónima de Vilanova ist nicht die einzige, die mit in Suppliken geäußerten Lepanto-Bezugnahmen auf verstorbene Verwandte politische Eliten zum Handeln zu bewegen vermochte – auch direkt im Anschluss an die Seeschlacht. So konnte etwa der Zypriote Giovanni Alvise Benedetti mit einem Hinweis auf seinen verstorbenen Bruder, der bei Lepanto heldenhaft gekämpft habe, die 1969 Ebd. 1970 ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 93, Stellungnahme des Consejo Supremo de Aragón, 27. September 1598, fol. 1r–4v (»Cedulas de V. Mag.d patentes, Certificaciones, y otros papeles«). 1971 Vgl. ebd., fol. 1r; ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 84, fol. 1r. 1972 Ebd., Antwort des Consejo Supremo de Aragón auf die Supplik der Jerónima de Vilanova, 27. September 1598, fol. 1v; ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 93, fol. 2v, Stellungnahme des Consejo Supremo de Aragón, 27. September 1598. Ebd., fol. 3v gibt an, dass die Antwort in Madrid am 03. Oktober 1598 aufgesetzt wurde. 1973 ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 84, Antwort des Consejo Supremo de Aragón auf die Supplik der Jerónima de Vilanova, 27. September 1598, fol. 1r f.: »Los seruicio que el dicho Capitan Vilanoua hizo en las occasiones q[ue] la Supp.te refiere son muy notorios a este Con.o«. 1974 Ebd., Supplik der Jerónima de Vilanova, undatiert, fol. 1r (»el d[ic]ho su marido hizo por espacio de treinta años el Rey n[uest]ro S.r que aya gloria en las Jornadas y ocasiones q[ue] en este tiempo se han offrecido, y en particular en la batalla naual, de donde salio mal herido«); ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 93, fol. 2v, 27. September 1598.

546

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

venezianischen Senatoren dazu bewegen, die Botschafter in Rom zu einer Audienz beim Papst aufzufordern, um dort Unterstützung für die Familie Benedetti zu erfragen.1975 Ausgehend vom Alter der während der Seeschlacht Verstorbenen, dürften diese unterschiedlichen familialen Kontexten entrissen worden sein. Rechnungsbücher zu den bei Lepanto kämpfenden spanischen Infanteristen belegen, dass sie zwischen zwanzig und fünfzig Jahren alt waren – die Soldaten hinterließen also Eltern, Geschwister, Ehefrauen, Kinder und Verwandte wie Onkel und Tanten, Cousins, Neffen und Nichten.1976 Die zahlreichen Todesvermerke in den Rechnungsbüchern zu den Soldauszahlungen an spanische Infanteristen belegen, dass die Kapitäne sich einen exakten Überblick zu verschaffen suchten, wer genau während der Schlacht bei Lepanto verstorben war. Hierzu notierten sie nicht nur die Namen und Altersangaben der Getöteten,1977 sondern beschrieben auch ausführlich ihr Erscheinungsbild. Alonso Ruiz habe über dem braunen Schnurrbart eine Wunde besessen; der 20-jährige Pedro Medel – von gutem Körperbau – sei bartlos gewesen und habe sich durch eine markante Warze ausgezeichnet; und der 25-jährige Andrés Tomé habe ein von Pockennarben überzogenes Gesicht mit nur geringem Bartwuchs. In einer solchen Beschreibungsweise unterschieden sich die Einträge zu den bei Lepanto Verstorbenen keineswegs von denjenigen der anderen Soldaten. Auch für sie wurde generell das Erscheinungsbild notiert. Bei Francesco Sanchez ist beispielsweise zu lesen, er stamme aus Jerez und habe einen großen, blonden Oberlippenschnurrbart.1978 Es handelt sich bei den Nennungen von Körpermerkmalen um Körperzeichen, anhand derer die korrekte Zuordnung zwischen Person und Geldzuwendung sichergestellt werden sollte.1979 Beispielsweise wurde auch bei für den Loskauf vorgesehenen christlichen Sklaven in Nordafrika ihre Erscheinung genau notiert: Der Kapuzinermönch Francesco di Conea, den Neapel 1599 loskaufte, habe eine stattliche Erscheinung mit einem langen braunen Bart und krausem Kopf besessen und sowieso spreche er ein wenig überhastet.1980 Was die Einträge zu den Lepanto-Toten in den Rechnungsbüchern einzig und allein von 1975 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, reg. 48, fol. 173v f., 15. November 1571 (153-0-0). 1976 Vgl. u. a. ASN, Excerpta, fasc. 556 I, fol. 8r, 14v, 42v f. 1977 Vgl. etwa ebd., fol. 8r, Pedro Lopez, im Alter von 45 Jahren; ebd., fol. 14v, nicht lesbarer Name, im Alter von 50 Jahren; ebd., fol. 44r, Juan Ruyz, im Alter von 25 Jahren; ebd., fol. 46r, Cristóbal de Saullounte, im Alter von 34 Jahren. 1978 Ebd., fol. 33r, Alonso Ruiz. Eine Wunde wird auch bei dem bei Lepanto verstorbenen Pedro Lopez angeführt: ebd., fol. 8r.Ebd., fol. 39r, Pedro Medel. Zum Rekrutierungsverbot bartloser Jünglinge und dem Sodomieverdacht auf päpstlichen Liga-Galeeren, siehe Noel Malcolm: Agents of Empire, S. 156. Weiterhin ASN, Excerpta, fasc. 556 I, fol. 45v (Andres Tome), 19r. Weitere Soldauszahlunsübersichten aus den Jahren 1570 bis 1573 befinden sich im ASN, Sommaria, Documenti di contabilità, Galere, n° 143. 1979 Groebner: Schein der Person. 1980 ASN, La Santa Casa della Redenzione dei cattivi, 5, fol. 59v.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

547

denjenigen der lebenden Soldaten unterscheidet, ist der nächträglich hinzugeschriebene Hinweis auf ihren Tod während der Seeschlacht von Lepanto. Diese war Ende 1571 so sehr in aller Munde, dass es genügte, wenn die Kapitäne und Galeerenschreiber notierten, die entsprechenden Soldaten seien »in der Schlacht, am 7. Oktober ’71, gestorben«. An anderer Stelle reichte der Hinweis aus, dass der Soldat »in der Schlacht« verstorben ist.1981 Dass solche Totenlisten im Zuge der nach eingereichten Suppliken einsetzenden, umfangreichen Recherchen konsultiert wurden, kann lediglich vermutet werden.1982 Vor allem verdeutlichen diese Eintragungen jedoch den Aufwand, der mit dem Ableben der LepantoToten zur Finanzregulierung notwendigen, administrativen Kennzeichnung anfiel. Belegt ist das auch für den St.-Stephans-Orden, wo zeitnah die Nachfolge der drei während der Seeschlacht verstorbenen Ritter zu klären war, die eine Ordenskommende innehatten.1983 Unter ihnen befand sich auch Cristofano Buonaguisi, der 1570 in den Ritterorden aufgenommen worden und »in dem ruhmreichen Sieg der Christen« verstorben war. Diesen Tod bewerteten die ranghohen Ordensmitglieder als Treuebeweis im Dienst für den toskanischen Großherzog. Da Buonaguisi keine Söhne hinterließ, sollte die Kommende mit sämtlichen Erträgen erneut an den Orden fallen.1984 Dann jedoch wandten sich die jungen Adligen Domenico und Orazio Martelli an den St.-Stephans-Orden und supplizierten, selbst zu Ordensrittern ernannt zu werden und Buonaguisis Kommende als dessen Neffen übernehmen zu dürfen. Gleichfalls bat Domenico Martelli im Januar 1572 in einer Supplik den Großherzog der Toskana, die Kommende allein zu übernehmen, da er der Erstgeborene sei und diese zu wenige Einkünfte abwerfe, um sie zu teilen. Darauf setzte eine formale Untersuchung unter Leitung des Ordensgroßmeisters Domenico Bonsi ein, in der Zeugen bestätigten, dass die Familien (Case) Martelli, Pitti und Gherardi – also die Familienangehörigen von Buonaguisis Neffen sowie deren Vorfahren väterlicherseits und mütterlicherseits – ehrenwert seien: Sie hatten bereits einige Male 1981 ASN, Excerpta, fasc. 556 I, fol. 8r (Pedro Lopez: »mu.to en la batalla en 7 de 8bre 71«); 46r (Cristóbal de Saullounte: »Enla batalla« [Hervorhebung durch den Autor, S. H.]). 1982 Vgl. hierzu etwa ACA, Consejo Supremo de Aragón, leg. 254, nº 93, fol. 2v, ebd., Stellungnahme des Consejo Supremo de Aragón, 27. September 1598, fol. 1v. 1983 Die Komturen waren Pomponio Quistelli, Orazio Orsini und Cristofano Buonagiusi. ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Consiglio dei XII Cavalieri, Copialettere del Consiglio, poi della Cancelleria, n. 843, fol. 105r ff.; ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Consiglio dei XII Cavalieri, Partiti del Consiglio, Bozze di Partiti del Consiglio, n. 681, fol. 3v, 01. Dezember 1571. 1984 ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Auditori, Negozi dell’Auditore, n. 2128, Nr. 19, fol. 1r (»nella gloriosa Vittoria de Christianj«), 2r (»mancando senza linea masculina leg[iti]ma«; »senza hauer’lassato descendenti maschi legittimi, et n[at]ali«); ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Consiglio dei XII Cavalieri, Partiti del Consiglio, Bozze di Partiti del Consiglio, n. 681, fol. 3v, 01. Dezember 1571.

548

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Gonfaloniere und Prioren gestellt und unter den Vorfahren befand sich auch der einstige toskanische Bailo von Istanbul, Luigi Gherardi.1985 Die Ehre der Familien konstituierte sich in der Untersuchung dieses, dem Großherzog unterstehendem Ritterordens folglich durch den Dienst für die de’ Medici. Die somit dokumentierte Ehre galt als Voraussetzung für die Aufnahme in den Ritterorden, die somit also familiale Besitzansprüche nach Lepanto rechtfertigen konnten, die offensichtlich nicht nur von Ehepartnern und deren Kindern, sondern auch von Geschwistern und deren Kindern vorgebracht werden konnten. Dass die Dienstrhetorik sowie die Anführung von Fürsprechern und Belegschreiben für die Durchsetzung der in Suppliken vorgebrachten Gesuche wesentlich waren, ist auch für Venedig zu belegen. Dort hatte sich die Ehegattin Malatesta di Rimini am 27. März 1572 mit ihrer Bittschrift an den Dogen gewandt, in der sie schrieb, dass ihr Ehemann, der Governatore von Treviso (Peschiera del Garda), bereits 1556 verstorben war und ihren gemeinsamen Söhnen nun im Dienste Venedigs Schreckliches zugestoßen sei: Der älteste Sohn (Pandolfo) leistete Militärdienste in Korfu und Malta, kehrte 1571 von der venezianischen Armada, in der Krankheit und Tod krassierte, nach Italien zurück. In der Lagunenstadt habe er sich erneut entschlossen, die venezianische Armada zu unterstützen, doch fiel er am 16. Februar 1572 einem Mordanschlag in Padua zum Opfer. In ihrer knapp fünf Wochen später eingereichten Supplik bat sie Venedig um ein entschiedendes Vorgehen gegen die Täter. Zudem supplizierte sie, dass die Herrschaft sich für die Freilassung ihres anderen Sohnes (Roberto) einsetze, der während der Belagerung Famagustas 1570 von Osmanen versklavt worden war. Sich selbst beschrieb sie in der Bittschrift als »unglückliche und trostlose Mutter«, die Unterstützung erbete.1986 Ein beigelegtes Beglaubigungsschreiben bestätigte, dass Roberto Malatesta di Rimini tatsächlich in venezianischen Diensten in Zypern gestanden habe. Bei dem Verfasser handelte es sich um niemand geringeren als Nestore Martinengo, der am 03. Dezember aus Zypern in Venedig eingetroffen war und in der Lagunenstadt ausführlich von der osmanischen Einnahme Famagustas und hier insbesondere von den Gewaltaktionen gegen Venezianer sowie die Konversion des Venezianers Scipio Costanzo berichtet hatte. Er selbst gab an, auf abenteuerliche Weise nach Venedig gelangt zu sein, weil er einen Osmanen mit 700 Zecchini bestochen haben und anschließend mit einem Fischerboot geflohen sein soll. Seine Beschreibung der osmanischen 1985 ASPi, Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano, Auditori, Negozi dell’Auditore, n. 2128. Die Bittschriften lassen folglich innerfamiliale Auseinandersetzungen um die Einnahmen der Kommende vermuten. Cristofano Buonaguisi hatte immerhin ein Haus in Florenz sowie einen Wollladen zum Erhalt der Kommende gegeben. 1986 ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 09. Mai 1573, beiliegende Supplik von D. Malatesta di Rimini, 27. März 1572. Zitat in ebd., fol. 1r: »una infelice, e sconsolata madre come son io«.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

549

Einnahme erschien zudem in Flugschriften, die weit zirkulierten und auch noch in Augsburg, am Kaiserhof, in Böhmen und in diplomatischen Kreisen rezipiert wurden.1987 Die Supplik wurde offensichtlich nicht gerade zügig bearbeitet, denn ihre Verlesung im Collegio fand erst am 19. August 1572 statt, ein knappes halbes Jahr nach deren Niederschrift. Dort wurde sie schließlich mit großer Mehrheit bewilligt. Eine Notiz belegt allerdings (ohne Angabe von Gründen), dass die Bittschrift am 16. Oktober 1572 erneut im Collegio vorgetragen wurde. Erst am 09. Mai des Folgejahres beschlossen die Senatoren mit 151 Pro-Stimmen gegenüber fünf Enthaltungen, dass die Bittstellerin monatlich acht Dukaten erhalten sollte. Diese waren rückwirkend ab dem Todestag ihres Sohnes Pandolfo auszuzahlen. Weitere acht Dukaten wurden für die Freilassung Robertos in der Zecca verwahrt.1988 Dass den Hinterbliebenen der im Krieg gegen die Osmanen sowie bei Lepanto Verstorbenen, die in solchen Suppliken ihre finanzielle Notlage schilderten, die Verarmung und damit auch das etwaige Absinken in die Kriminalität drohte, belegt ein Fall aus Schwäbisch Hall. Die dort lebende Agatha, die den Spitznamen des »Türckenmichels weib« sicherlich deshalb erhalten hatte, weil ihr Mann gegen die Osmanen kämpfte, wurde im April 1575 vom Stadtrat für schuldig befunden, ein Waisenmädchen namens Barbara dazu »angericht« zu haben, »gelt zu[o] stelen«. Nachdem diese den Spitalfrauen einen Thaler entwendet und ihn zu Agatha gebracht hatte, sollen »denselben bede miteinand[er] verprast« haben. Daraufhin sind Agatha und Barbara inhaftiert und zu einer Gefängnisstrafe von drei Nächten verurteilt worden. Zudem verstieß der Rat Agatha mitsamt ihrer

1987 ÖNB, Cod. 8949, fol. 286v f., Venedig, 07. Dezember 1571; Anonym: Aigentlicher Bericht. (SUSBA, 4 Gs 2359-140), fol. 2r. Auch der habsburgische Botschafter legte Martinengo: L’INTERO RAGGVAGLIO DEL SVCCESSO DI FAMAGOSTA. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, B, 12) seinen Schreiben bei: ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 12, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter, an Kaiser Maximilian II., Venedig, 02. Februar 1572; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1329, doc. 148, durch Diego Guzmán de Silva nach Madrid übermittelte Relation Nestore Martinengos; SoaT, Sammlung Historica, 4816, im Besitz des obersten Landeskämmerers von Böhmen, Wilhelm von Rosenberg, befindliche Abschrift von Martinengos Bericht. Die von Nestore Martinengo: RELATIONE DI TVTTO IL SVCCESSO DI FAMAGOSTA. Doue s’intende minutissimamente tutte le scaramuccie, batterie, mine, [et] assalti dati ad essa Fortezza. Et ancora i nomi de i Capitani, & numero delle genti morte, cosi de Christiani, come de Turchi. Et medesimamente di quelli, che sono restati pregioni. Venedig 1572. (AL, Turcica XV.215/16017; BSB, 4 Eur. 181; BNM, Misc. 2096.26; OSK, Röpl. 288 = Röpl. 283 (6)) angeführte Liste der Versklavten nennt einen Ercole Malatesta, jedoch nicht Roberto. ASVe, Senato, Deliberazioni, Terra, filza 61, 09. Mai 1573, beiliegendes Schreiben von Nestore Martinengo, Venedig, 18. März 1572. 1988 Ebd., 09. Mai 1573 (151 Pro-, keine Kontra-Stimmen, 5 Enthaltungen im Senat; 19. August 1572: 23 Pro-, keine Kontra-Stimmen, 1 Enthaltung im Collegio; 16. Oktober 1572: Erneut im Collegio verlesen; abschließend mit 6 Zustimmungen der Savii notiert).

550

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Kinder aus der Stadt.1989 Ihr Fall verdeutlicht damit, dass die zuvor genannten Suppliken die Reaktion auf durchaus existentielle Nöte sein konnten und dass diese vor Gericht durch die Abwesenheit der gegen die Osmanen kämpfenden Familienväter und Ehemänner zu rechtfertigen versucht wurden. Folglich war es in einer Subsistenzwirtschaft angesichts des Unheils, das durch den Tod des Ehepartners im Krieg der gesamten Familie drohte, wichtig, die finanziellen Belange bereits vor dem Aufbrechen in den Kriegsdienst zu klären. Deshalb organisierte das Konstanzer Ehepaar Schlöch, bevor Wendel Schlöch im Sommer 1566 als Soldat in den Krieg gegen die Osmanen zog, ein nachbarschaftliches Trinkgelage, in dem sie ein mündliches Testament aufsetzten. Dieses regelte, dass im Falle eines Todes der Ehepartner den Besitz des Verstorbenen erbte.1990 Neben dem Fest stellte vor allem die örtliche Amtsstube den Ort dar, an dem solche, das Erbe betreffenden Vorkehrungen unmittelbar vor dem Auszug gegen die Osmanen geregelt wurden. In der Münsteraner Siegelkammer trafen beispielsweise im Juli 1585 die Brüder Ludolf und Eberhard von Galen eine entsprechende Vereinbarung, bevor letzterer gen Malta mit dem Vorhaben zog, dort dem Johanniterorden beizutreten. Dies stellte den Anlass dar, die Erbangelegenheiten neu zu regeln. Die Mutter, die nach dem Tod des Vaters den Ermelinghof mitgeführt hatte, sollte sich nun von dieser Funktion zurückziehen und das väterliche Erbe an die Söhne verteilen. Während Ludolf die Gutsleitung übernahm, vereinbarten die Brüder, den Resterbteil für Eberhards Malta-Unternehmungen zu verwenden. Ludolf bezahlte seinem Bruder die Hinreise und steuerte, wenn eine Rückreise anfallen sollte, für diese weitere 100 Kronen bei. Bis Eberhard eine Komturei erhalte – dass dies das ausführliche Ziel der Unternehmung war, belegt, dass der Kampf gegen die Osmanen im Dienste des Ritterordens den familialen Einnahmen und Ehren diente –, verpflichtete sich sein Bruder Ludolf zu einer jährlich über Neapel nach Malta zu transferierenden Zahlung von 60 Goldkronen beziehungsweise 90 Reichstalern. Sollte Eberhard in osmanische Gefangenschaft geraten, hatte Ludolf 1.500 Reichstaler bereitzustellen, und wenn Eberhard seine Johanniter-Komturei aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen verlieren solle, stehe ihm neben der Rückkehr an den heimischen Hof eine lebenslängliche Unterhaltung durch Kost, Unterbringung und Geldzuwendungen auf dem Ermelinghof zu.1991 Diese Dokumente regelten 1989 StadtASH, 4/480, fol. 247v f., 16. April 1575. Zitat hier auf ebd., fol. 248r. Erstmals aufgezeigt von Rublack: Magd, Metz’ oder Mörderin, S. 171. 1990 Auch auf diesen Fall verwies ebd., S. 295. Die Quelle befindet sich im StadtAKon, H III, Band 10 (alt: H IX, F. 53), 02. Juli 1566. 1991 LA NRW Abt. Westf., Haus Ermelinghof, Urkunden, Nr. 153 (26. Juli 1585). Eine Zweitausfertigung findet sich ebd., Nr. 154. Eine ausführliche Beschreibung des Dokuments ist im Findbuch A 442, URL: http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archiv Nr=1&tektId=3278&id=0820&klassId=1&seite=1 [Zugriff: 12. Mai 2014].

Ein Sieg, viele Lebensläufe

551

also den Zugriff auf das finanzielle Erbe und den Familienbesitz für Eventualitäten, die sich mit dem Kriegszug gegen die Osmanen ergeben konnten. Notarielle Vereinbarungen regelten aber auch die Besitzweitergabe und religiöse Andacht für den Fall des im Kampf eintretenden Todes. Ein in Messina lebender Grieche, der 1571 mit den spanischen Truppen gegen die Osmanen kämpfte, hatte vor seiner Abfahrt beispielsweise ein Testament aufgesetzt, in dem er die Kirche San Giovanni (dei Greci) als Erben seines gesamten Vermögens einsetzte.1992 Auch gesellschaftlich exponierte Akteure wie etwa Paolo Giordano Orsini setzten ein Testament auf, bevor sie in die Schlacht zogen, um Besitzangelegheiten, Herrschaftsfragen und soziale Beziehungen im Beisein der Gattin performativ zu festigen.1993 Damit antizipierten Schlachtteilnehmer vor ihrem Lepanto-Einsatz einen etwaigen Tod, um die Ansprüche ihrer Hinterbliebenen zu wahren, die diese dann auch in Suppliken einforderten.

II.7.ii. Bittsteller, Lepanto und imaginierte Lebensläufe Doch Lepanto konnte als biografisches Ereignis nicht nur zum Ende eines Lebens werden, sondern vermochte auch ein Neuanfang zu sein. Wenn also bisher die Innovativität auffiel, mithilfe derer Schlachtteilnehmer und deren Verwandte Lepanto als biografisches Ereignis strategisch narrativierten, so soll nunmehr das Imaginationspotential untersucht werden, das Lepanto bei Akteuren evozierte, um eigene Lebensläufe neu zu denken und zu ermöglichen. Dass noch im Winter 1574, als die genuesischen Galeeren zum Überwintern zurückkehrten, viele der Spanien unterstellten, genuesischen Soldaten zu ihren Familien an der ligurischen Riviera zurückgekehrt waren, als sich die Gelegenheit dazu ergab, belegt, dass die Rückkehr vom Kriegsdienst nicht unbedingt zur Weiterführung des soldatischen Einsatzes führen musste. Daraufhin forderte ein obrigkeitlicher Erlass die zu ihren Familien heimgekehrten Soldaten auf, die an der Küste entlangziehenden Galeeren wieder als Soldaten zu betreten. Sollten sie sich dem Dienst entziehen, drohten ihnen schwere Strafen.1994 Auch Lepanto selbst stellte für die Zurückkehrenden eine Gelegenheit dar, ihr Leben neu zu gestalten. Der aus St. Pölten stammende Schneidersohn Leupolt Eckel (mitunter auch als Eckert bezeichnet), war zum Ruderdienst auf den LigaGaleeren verurteilt worden. Im Zuge der Seeschlacht von Lepanto nahm er die Möglichkeit wahr, sich dieser Strafe zu entziehen. Er floh und nutzte seine Un1992 García Hernán: Price of Spying, S. 245. 1993 Mori: L’onore perduto, S. 206, 209ff.; ASC, Archivio Orsini, b. 158 I, doc. 102, Lepanto-Brief Paolo Giordano Orsinis an seine Gattin Isabella de’ Medici, 10. Oktober 1571. 1994 ASGe, Archivio Segreto, 461 (Salutationum et cerimoniarum, filza 1), 20. Dezember 1574, Genua.

552

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

bekanntheit, um sich als »Christoph von Dannhausen, Freiherr von Stambs, kaiserlicher Truchseß und Johanniterritter« auszugeben. Dass er durchaus erfolgreich darin war, seine neue Identität überzeugend zu spielen, belegt der Umstand, dass er sich in Salzburg so den dreimaligen Zugang zur Tafel des Erzbischofs erschlichen hatte. Schließlich verschlug es ihn auch nach Nürnberg, wo er zur Fastnacht 1576 im Haus eines Patriziers nächtigte und dessen Tochter Anna »verführt und geschwängert« haben soll. Es wird berichtet, dass Eckel »[m]it falschen Siegeln […] ›viele hohe und ansehnliche Personen‹ angeführt, auch ›etliche Weiber von Adel‹ betört« habe. Nachdem der Betrug ans Licht kam, wurde er am 25. Oktober 1576 vom Scharfrichter mit dem Schwert gerichtet.1995 Leupolt Eckels Geschichte erinnert an jene des französischen Bauern Martin Guerre, der Mitte des 16. Jahrhunderts seine Ehefrau Bertrande de Rols zurückließ, und nach acht Jahren zurückkam, mit ihr zusammenlebte, Kinder bekam und schließlich, als vier Jahre darauf ein anderer Mann sich als Martin Guerre identifizierte, des Betrugs beschuldigt und als Arnaud du Tilh verurteilt wurde. Wie Natalie Z. Davis gezeigt hat, ist die Konstellation nicht nach den Kategorien ›wahr‹ und ›falsch‹ zu beurteilen. So war die Anklage ebenso durch familiale Besitzstreitigkeiten mit dem Ehemann der Schwiegermutter bedingt. Davis betont vielmehr, dass die Akteure Martin Guerre, Arnaud du Tilh und Bertrande de Rols innerhalb dieser Konstellation die Möglichkeit und Akzeptanz eines anderen Lebens verhandelten.1996 Ähnlich verhielt es sich auch mit Leupolt Eckel: Lepanto stellte für ihn keine solche Gelegenheit (occasione) dar, wie sie aus herrschaftlicher Perspektive als zu nutzender Sieg konzipiert wurde,1997 sondern vielmehr die Gelegenheit eines sozialen Neustarts. Fortan verhandelte Eckel seine soziale Position innerhalb der Ständegesellschaft neu und präsentierte sich als illustrer Adliger und Kämpfer gegen die Osmanen, als solcher er auch so lange akzeptiert wurde, bis seine sexuelle Übertretung – die selbst die Akzeptanz dieser Rolle durch Anna verdeutlicht – zu Fastnacht die Szenerie auf den Kopf stellte. Das Karnevalsmotiv der ›verkehrten Welt‹ ist hier gewissermaßen selbst invertiert worden, was die durch Lepanto ermöglichte soziale Inversion als solche vor Gericht brachte.

1995 Hans von Hentig: Zur Psychologie der Einzeldelikte. Bd. 3: Der Betrug. Tübingen 1957, S. 18; Lochner: Sittengeschichte, S. 235 (Zitat); Theodor Hampe: Die Nürnberger Malefizbücher. Bamberg 1927, S. 47f. Franz Schmidt: Meister Frantzen Nachrichter alhier in Nürnberg, all sein Richten am Leben, so wohl seine Leibs Strafen, so Er ver Richt[sic!], alles hierin Ordentlich beschrieben, […]. Hg. v. Johann M. F. von Endter. Nürnberg 1801, S. 5f. nennt den Vorfall leider nicht. 1996 Davis: Return of Martin Guerre. 1997 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania, filza 3, Nr. 187, fol. 1r [563r], Giovanni Correr an Alvise Mocenigo I., Wien, 13. November 1571.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

553

Dass Eckels Biografie nur eine von vielen solcher möglichen, neuen Lebensläufe darstellte, zeigt der Fall des Gabriel Wolff. Er gab vor, im Osmanischen Reich die Kleidungsstücke und Siegel eines höherrangigen Verstorbenen an sich genommen zu haben. Nach seiner Rückkehr nach Italien soll er ein sexuelles Verhältnis mit einer Äbtissin eingegangen sein und diese gar zur Klosterflucht verleiten haben. Zudem habe er einige Diebstähle nach seiner Rückkehr begangen. In Prag hatte er als kaiserlicher »Ratschier« gewirkt und falsche Siegel genutzt, um seine inszenierte Identität zu belegen. Nach seiner Überführung war er durch den Nürnberger Scharfrichter mit dem Schwert gerichtet worden.1998 Mit dem Osmanischen Reich verbundene Lebens-Neuinszenierungen kamen also durchaus vor und so stellte auch Lepanto eine biografische Möglichkeit dar, Lebensläufe neu zu verhandeln. Dass dies nicht nur für diejenigen galt, die an der Seeschlacht teilgenommen hatten, sondern auch für einige von jenen, die von ihr gehört hatten, soll im Folgenden anhand der nach Lepanto einsetzenden Freiwilligenmeldungen zum Liga-Kriegsdienst gezeigt werden. Bereits vor der Seeschlacht und nachdem die ›Heilige Liga‹ ins Leben gerufen worden war, begründeten Freiwillige ihren Willen zur Teilnahme an den Liga-Unternehmungen mit dem Ruhm (fama) und der Wertschätzung (ualore), die Juan de Austria als Befehlshaber entgegengebracht wurden, sodass sich die Freiwilligen von ihren Herrschern diesem empfehlen ließen. Weitere obrigkeitliche Empfehlungsschreiben für Kriegsfreiwillige erhielten Liga-Kapitäne wie etwa Paolo Giordano Orsini. Auch traten zahlreiche Adlige in Ritterorden wie beispielsweise den toskanischen St.-Stephans-Orden ein.1999 Der nach Lepanto einsetzende Heroenkult und die Memoria an die Verstorbenen trugen dann wiederum dazu bei, dass sich umso mehr meldeten, freiwillig für die Liga in den Krieg ziehen zu wollen. Als in Turin bekannt wurde, dass sich Don Francesco di Savoia unter den Toten befand, setzte Herzog Emanuel Philibert sogleich ein Schreiben an den spanischen König auf, in dem er Francescos Bruder Don Luis di Savoia zum Liga-Dienst empfahl. Der Dienst für den König (Real seruiçio), so ist darin zu lesen, sei zugleich der Dienst des savoyischen Hauses (casa). Die Lepanto-Memoria sowie jene an die im Zuge der Seeschlacht 1998 Schmidt: Meister Frantzen. (BSB, Crim. 81), S. 56ff.; Hentig: Psychologie der Einzeldelikte. Bd. 3, S. 18. Zum Tod durch das Schwert sowie zu Franz Schmidt siehe Harrington: Faithful Executioner. 1999 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 240, Konzeptentwürfe Cosimo I. de’ Medici, fol. 3v, an Juan de Austria, Pisa, 29. April 1571 (zu »Mons.r d’Ensi Cau:re Fiammingo«); ebd., fol. 9v, an Paolo Giordano Orsini, Florenz, 14. Mai 1571 (»Ferra[n]do[sic!] Carnesecchi gentilhuomo Fior.no«); ebd., fol. 4r ff., Livorno, 29. April 1571. Weitere Empfehlungsschreiben Cosimos I. de’ Medici bei Juan de Austria für toskanische Kriegsfreiwillige finden sich in ebd., fol. 10v.

554

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Verstorbenen stellte demnach für das savoyische Herrscherhaus und die Nachkommen des Conte di Racconigi eine familiale und herrschaftliche Memoria dar, die die Familie an das spanische Königshaus band. Eine Konzeption, die sich im andauernden Kriegsdienst des Bruders des Verstorbenen ausdrückte. Ähnlich verhielt es sich mit der genuesischen Familie Doria, von der einige Mitglieder an der Seeschlacht als Soldaten in spanischen Diensten teilnahmen. Entsprechend bot auch Sinibaldo Doria Philipp II. seine Dienste an.2000 Solche Freiwilligenmeldungen stellten nach Lepanto keine Seltenheit dar und die Heroenkulte beförderten, dass sich nach dem Seesieg massenhaft Soldaten für den Dienst in der ›Heiligen Liga‹ meldeten. Das kam auch der Obrigkeit zugute, denn Venier suchte beispielsweise händeringend nach jungen Adligen, die sich in der venezianischen Liga-Flotte statt der Verstorbenen verdienen könnten (immerhin 100 an der Zahl). Ein Vorhaben, das bei den Venezianern auf offene Ohren stieß.2001 Nachdem Hieronymo Venier den Folgen der bei Lepanto erlittenen Verletzungen erlegen war, wandte sich dessen Bruder Antonio mit dem Ersuchen an den Senat, er wolle seines Bruders statt in den Krieg ziehen und dessen Galeere übernehmen. Er rechtfertigte das Ersuchen jedoch nicht allein durch die Ausgaben, die in der Familie für die Galeere getätigt worden waren und noch weiterhin vorzunehmen seien, sondern er verwies vor allem auf den Tod seines Bruders im Zuge der Seeschlacht vom Oktober 1571. Es habe Gott – so wie dieser auch den Sieg verliehen hatte – gefallen, Hieronymos Leben durch Lepanto zu beenden und so wolle nun Antonio den Dienst für die Republik Venedig mit derselben Tapferkeit ausüben, wie sein Bruder dies bereits tat.2002 Antonio Venier griff also auf ebenjene Rhetoriken zurück, die in der Markusbasilika zur Heroifizierung der Lepanto-Toten vorgetragen worden waren: Ihr Tod wurde als Dienst für Gott und Vaterland glorifiziert.2003 Die Überhöhung Lepantos als göttlichen Sieg stilisierte die Verstorbenen als göttlich auserwählte Tote und damit als Quasi-Märtyrer, deren Andacht und Erinnerung an die familiale Memoria geknüpft war, die sich in enger Bezugnahme zum Dienst für die Republik

2000 AGS, Estado, Milán, leg. 1232, doc. 67, Emanuel Philibert von Savoyen an Philipp II., Turin, 27. November 1571; AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 217. 2001 ÖNB, Cod. 8949, fol. 273v, Venedig, 26. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 136r f., Venedig, 23. Oktober 1571; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 2980, fol. 298rf., Paolo Geri an Cosimo I. de’ Medici, Venedig, 20. Oktober 1571. 2002 ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 49, 22. November 1571: »è, piaciuto al S.or Dio di far terminar la uita del p.to suo fr[ate]llo, egli desidera di continuar il seruitio n[ost]ro collistessa buona dispositione, et ualore, ch[e] hà fatto il detto S Hieronymo«. 2003 Fenlon: Ceremonial City, S. 181; ASVe, Collegio, Cerimoniali, reg. 1, fol. 41r; Benedetti: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE. (BL, 1312.c.47), fol. 4v f.; ÖNB, Cod. 8949, fol. 274r, Venedig, 26. Oktober 1571; Rasario: DE VICTORIA CHRISTIAnorum. (AL, Turcica XI.174/ 15950).

Ein Sieg, viele Lebensläufe

555

von Familienmitgliedern aktualisieren ließ, um familiale Interessen zu artikulieren und durchzusetzen. Dieses Charakteristikum der familial-herrschaftlichen Memoria der Gefallenen galt nicht allein für die sich zahlreich meldenden Freiwilligen, sondern auch für solche Venezianer, die nach Lepanto zum Liga-Dienst ernannt wurden. Bereits eine Woche nach dem Eintreffen der Siegesnachricht bestimmten die Senatoren fünfzehn Adlige, welche die während der Seeschlacht verstorbenen Governatori und Sopracomiti ersetzen sollten, deren Galeeren nun eines neuen Kapitäns bedurften. Den neu Ernannten kamen nicht nur finanzielle Vergütungen zu; ihre Ernennung selbst war Ausdruck des ehrenhaften Herkommens (ancianità) der Familien, die durch die Rüstung Venedigs in den Dienst der Republik traten.2004 Die Glorifizierung des Ereignisses sowie der Lepanto-Teilnehmer brachte folglich eine Reihe von Freiwilligenmeldungen und neuen Ämterbesetzungen nach der Seeschlacht mit sich, mit denen sich die neuen Soldaten und Amtsinhaber in die Memoria der Schlacht als Helden-Nachfolger und potentielle Heroen einschrieben. Dass diese mit familialer Memoria zusammenhingen, wird zudem darin ersichtlich, dass im November 1571 auch Daniel Venier zum Provveditore generale von Kreta erwählt wurde.2005 Die mit der Siegesbegeisterung eintretende Bereitschaft zum Militärdienst ist vielfach belegbar. Als der venezianische Residente dem spanischen Statthalter Mailands Álvaro de Sande in einer Audienz persönlich vom Seesieg bei Lepanto berichtete, beteuerte der Statthalter, dass er nie daran geglaubt hatte, dass die Ligisten nicht in der Lage sein würden, gegen die Osmanen zu gewinnen. Daraufhin räsonierte de Sande über die Möglichkeiten der Liga im kommenden Jahr: Nun, da das Osmanische Reich durch die Seeschlacht geschwächt schien, träumte er von weiteren Siegen und gab sofort bekannt, dass er 1572 persönlich für die ›Heilige Liga‹ kämpfen wolle.2006 Der venezianische Diplomat schrieb vertraulich nach Venedig, dass er vermutet, dass de Sande statt Luis de Zúñiga y Requesens die Liga unterstützen könnte, da der Generalleutnant zum neuen Statthalter Mailands ernannt werde.2007 Das Gerücht eines möglichen Liga-Einsatzes de

2004 Venedig ließ immerhin 9.922 Dukaten zur Verfügung stellen, was den ersten vier Zahlungen (paghe ordinarie) entsprach, die ihnen jeweils zur Hälfte in contadi und in groppo ausgezahlt werden sollten. Sie waren »p[er] il loro salario, spese de scapoli, viuanda de Galeotti, & altro« gedacht. ASVe, Senato, Deliberazioni, Mar, filza 49, 26. Oktober 1571 (176-0-3). 2005 ÖNB, Cod. 8949, fol. 280v, Venedig, 16. November 1571. 2006 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 101, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo, Mailand, 01. November 1571, fol. 1r [363r]. 2007 ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano, filza 2-II, Nr. 101, Francesco Gerardo, venezianischer Residente in Mailand, an Alvise Mocenigo I., Mailand, 01. November 1571, fol. 1r [363r]; ebd., Nr. 100, ders. an dens., Mailand, 28. Oktober 1571,

556

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Sandes sprach sich bereits im November 1571 bis nach Neapel herum.2008 Weitere Freiwilligenmeldungen sind nach der Seeschlacht für die Toskana belegbar. Hier ersuchte unter anderem ein aus Zakynthos stammender Adliger den Großherzog um eine Mitgliedschaft im St.-Stephans-Orden, wobei er Fürsprache durch den toskanischen Repräsentanten in Venedig, Cosimo Bartoli, erhielt.2009 Zahlreiche Freiwilligenmeldungen sind jedoch vor allem für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation zu rekonstruieren, was wiederum auf den Enthusiasmus schließen lässt, der mancherorts angesichts der Siegesnachricht zu Tage getreten sein dürfte. Hinweise auf Freiwilligenmeldungen liefern etwa Passbriefe aus dem Frühjahr 1572, in denen der Kaiser den neuen Soldaten freies Geleit für ihre »Kriegs Expedition […] auf dem Mär wider algemainer [Einschub: Erbefeindt] [der] Christenheit[,] den Turcken«, gewährte.2010 Solche Passbriefe sind für Veit Stadler zu Pach, Andreas Saurer, Johannes Christophorus von Rosenberg, Adam von Lobkowitz und Hassenstein, Elias Corvinus, Konrad von Kunigsperg, Sigismund Talhammer, Julius von Herberstein, Adrian Eckersdorff, Hartmann Goltacker d. J., Melchior Matthäus »à Wagenstam« und einen gewissen »Matthia Parman« belegt. Sie existieren zudem für den camerarius und seruitore [e]quos Juan Manrique, für den Fahnenträger Casparo Ramberger sowie für die als Hofbegleiter tätigen Hiob von Tanzka und Johann Andrea Durner.2011

2008 2009

2010 2011

fol. 1v [361v]. Weitere Dienstbekundungen gehobenerer Protagonisten sind beispielsweise für Alessandro Farnese überliefert: AGS, Estado, Génova, leg. 1401, doc. 235. ASVe, Senato, Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli, filza 2, Nr. 113, fol. 1r [336r], Alvise Bonrizzo an Alvise Mocenigo I., Neapel, 21. November 1571. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 238, registri Cosimo I. de’ Medicis, fol. 94v, Cosimo I. de’ Medici an Juan de Austria, Livorno, 13. April 1572, den cavaliere Bernardo Ridolfi betreffend; ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 568, fol. 101r, Cosimo Bartoli an Ferdinando I. de’ Medici, Venedig, 08. Dezember 1571 (»il Caualiere Giouanni litarchi da Zante: nobile ge[n]tilhomo. et caualiere di .S. Gior[g]io« betreffend). ÖStA, HHStA, Reichshofrat, Passbriefe, 16-2-32, fol. 192r, Veit Stadler zu Pach, 26. März 1572. Ebd.; ÖStA, HHStA, Reichshofrat, Passbriefe, 15-1-46, Andreas Saurer, undatiert; ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 121r f., Wien, 11. März 1572, Johannes Christophorus von Rosenberg; ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 168r f., Wien, 27. März 1572, Adam von Lobkowitz und Hassenstein; ebd., fol. 134r–135v, Wien, 17. März 1572, Elias Corvinus; ebd., fol. 136r f., Wien, 17. März 1572, Konrad von Kunigsperg; ebd., fol. 147r f., Wien, 19. März 1572, Sigismund Talhammer; ebd., fol. 162r f., Wien, 24. März 1572, Julius von Herberstein; ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. C, fol. 17r f., Wien, 04. April 1572, Adrian Eckersdorff; ebd., fol. 2r f., Wien, 01. April 1572, Hartmann Goltacker d. J.; ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 137r f., Wien, 17. März 1572, »Melchiore Mattheo à Wagenstam«; ebd., fol. 144r f., Wien, 18. März 1572, »Matthia Parman« (eventuell aus den ungarischen Grenzregionen stammend – Mátyás); ebd., fol. 133r f., Wien, 17. März 1572, Juan Manrique; ebd., fol. 142r f., Casparo Ramberger; ebd., fol. 108r f., Wien, 07. März 1572 (»satellite Cæsareo«). Andreas Saurers Passbrief ist leider undatiert, kann aber aufgrund der Formulierung – er wurde

Ein Sieg, viele Lebensläufe

557

Um ihren Wunsch der Kriegsteilnahme zu verwirklichen, griffen die Freiwilligen nach der Seeschlacht auf etablierte soziale Netzwerke zurück, die sich jenseits der Passbriefe in Dokumenten niedergeschlagen haben. Die Brüder Marx und Johann Spiller beispielsweise, die für Juan de Austria gegen die Osmanen kämpfen wollten, wandten sich zunächst an den Reichshofrat Leonhard von Harrach. Der kaiserliche Obersthofmeister und Landeshauptmann hielt dann im Februar 1572 Fürsprache für die beiden und bat Maximilian II. um die Ausstellung einer »Furschrifft« an den Liga-Oberbefehlshaber. Das Vorgehen der Gebrüder Spiller erwies sich offensichtlich als erfolgreich, denn der Kaiser beauftragte daraufhin den Vizekanzler, ein solches Schreiben dem spanischen Secretari zu übersenden.2012 In den darauffolgenden Wochen stellte Maximilian II. zahlreiche solcher Empfehlungsschreiben für Kriegsfreiwillige aus, die er nicht allein an den Oberbefehlshaber, sondern auch an andere Ligisten übermitteln ließ. Francisco Formentino und Huldrich von Kunigsperg empfahl der Kaiser sowohl Don Juan als auch dem venezianischen Dogen zum Dienst in der Armada, wobei er nicht zu erwähnen vergaß, dass Formentino einer seiner Vertrauten sei.2013 Dem Dogen überstellte Maximilian II. auch ein Empfehlungsschreiben für Conrad von Kunigsperg, der sich offensichtlich gemeinsam mit seinem Verwandten Huldrich zum Liga-Kriegsdienst entschlossen hatte.2014 Theodor von Haym zum Reichenstein ist Marc’antonio Colonna empfohlen worden. Maximilian unterstrich dabei, dass der niederösterreichische Soldat aus einer adligen Familie stamme, die sich für den Kaiser sehr verdient gemacht habe.2015 Johannes Christophorus von Rosenberg, der sich entschlossen hatte, für das »Vaterland« gegen »den Feind christlichen Namens« zu kämpfen, erhielt eine kaiserliche Empfehlung für Juan de Austria sowie eine weitere für Giovanni Andrea Doria.2016 Auch Adam von Lobkowitz und Hassenstein erhielt einen Passbrief und ein kaiserliches Emp-

2012

2013 2014 2015 2016

zum Kampf gegen die Osmanen im Meer ausgestellt – in diesem Kontext verortet werden. Zu vier weiteren Passbriefen mährischer und schlesischer Adliger siehe unten, Fußnoten 2021, 2031f. ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. A, fol. 62r–63v, Leonhard von Harrach an Maximilian II., 13. Februar 1572. Zur Funktion Leonhard von Harrachs vgl. Hermann Kellenbenz/ Hans Wager: Harrach, Grafen v. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 7. Berlin 1966, S. 697. ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 105r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 06. März 1572; ebd., fol. 106r, Maximilian II. an Alvise Mocenigo I., Wien, 06. März 1572. Ebd., fol. 106r zu Formentinus: »Aulæ nostræ Cæs.æ familiarem«. Ebd., fol. 132r f., Maximilian II. an Alvise Mocenigo I., Wien, 17. März 1572. Ebd., fol. 115r–116v, Maximilian II. an Marc’antonio Colonna, Wien, 10. März 1572. Ebd., fol. 119r, Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 11. März 1572: »patriæ«, »Christiani no[m]is hoste[m]«. Ebd. fol. 123r f., Maximilian II. an Giovanni Andrea Doria, Wien, 14. März 1572.

558

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

fehlungsschreiben an Don Juan ausgestellt.2017 Maximilian II. betonte darin, dass dessen Vater Bohuslav Felix von Lobkowitz und Hassenstein ein angesehener böhmischer Adliger sei, der auch als kaiserlicher Rat fungiere.2018 Dieses Beispiel zeigt besonders deutlich, wie derartige Lepanto-Freiwilligenmeldungen mit den zeitgenössischen Heldenkulten und familialer Memoria zusammenhingen, denn der Humanist Bohuslav Lobkowitz von Hassenstein hatte ein Gedicht verfasst, in dem er die gegen den »Tyrannen« kämpfenden Herrscher und Soldaten als antike Helden stilisierte.2019 Die Glorifizierung der Lepanto-Teilnehmer als milites christiani besaß also auch für böhmische Adlige eine Strahlkraft, die der familialen Glorifizierung antiosmanischer Kriegsdienste dienen konnte.2020 Darüber hinaus stellte der Kaiser für drei mährischen Adligen, die sich nach Lepanto freiwillig zum Liga-Dienst gemeldet hatten, ein an Juan de Austria gerichtetes Dokument aus.2021 Ein weiteres, an den Oberbefehlshaber gesandtes Empfehlungsschreiben setzte Maximilian II. für den Fahnenträger Casparo Ramberger auf, wobei der Kaiser anführte, dass Ramberger bereits unter Karl V. »gegen den ewigen Feind christlichen Namens« gekämpft hatte und dies nun erneut beabsichtige.2022 Hier war es also abermals eine familiale Dienstrhetorik, die nach Lepanto die Durchsetzung eigener Wünsche ermöglichen sollte. Zusätzlich legte der Kaiser für Ramberger beim venezianischen Dogen Fürbitte ein.2023 Auf ver2017 Ebd., fol. 168r f., Wien, 27. März 1572, Adam von Lobkowitz und Hassenstein; ebd., fol. 169r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 27. März 1572. 2018 Vgl. etwa ebd., fol. 168r, Wien, 27. März 1572, Adam von Lobkowitz und Hassenstein. 2019 Das Gedicht erschien erst 1688 als Druck: Bohuslav Lobkowitz von Hassenstein: CARMEN Summos Christiani Orbis Principes excitans ad bellum CONTRA TURCAS. Leipzig 1688. (ULB Sachsen-Anhalt, Pon Vb 230 (7)). Zitat ebd., fol. 1v: »tyrannum«. Zu dessen Antikenrezeption und der Stellung gegenüber den Osmanen und dem Islam vgl. die edierten Briefe: Bohuslav Lobkowitz von Hassenstein: Bohvslai Hassensteinii a Lobkowicz Epistvlae. Hg. v. Jan Martínek u. Dana Martínkova. 2 Bde. (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für griechisch-römische Altertumskunde. Bibliotheca Scriptorum Graecorvm et Romanorvm Tevbneriana). Leipzig 1969–1980. 2020 Václav Bu˚zˇek: Türkische Motive in der Selbstdarstellung von Adeligen in den böhmischen Ländern zu Beginn der Neuzeit. In: Repräsentationen der islamischen Welt im Europa der Frühen Neuzeit. Hg. v. Gabriele Haug-Moritz u. Ludolf Pelizaeus. Münster 2010, S. 95–126; Gianclaudio Civale: Guerrieri di Cristo. Inquisitori, gesuiti e soldati alla battaglia di Lepanto. (Early Modern. Studi di storia europea protomoderna, Bd. 22). Mailand 2009. 2021 Es handelte sich um »Scheborus Prazma de Bilkaw« (Praschma von Bilkov), »Victorinus Zletzkij«, »Burian Orzechowskij de Hanwitz in Marchionatu«. ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. C, fol. 56r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 15. April 1572. Auch deren Passbriefe sind als Konzeptschreiben überliefert. Ich führte sie oben jedoch nicht an, da mir die eindeutige Identifikation nicht möglich war. Ebd., fol. 64r f., Wien, 16. April 1572. 2022 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 138r–139v, Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 18. März 1572. Ebd., fol. 138v: »aduersus perpetuum Christianj no[m]is hostem«. 2023 Ebd., fol. 140r–141v, Maximilian II. an Alvise Mocenigo I., Wien, 18. März 1572.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

559

gleichbare Weise stellte Maximilian II. Fürsprachen für Heinrich von Kienritz zu Haggenberg bei Don Juan und Alvise Mocenigo I. aus.2024 Den Freiherrn von Stübing-Fladnitz, Johann Breuner, empfahl Maximilian II. gegenüber Juan de Austria als einen Krieger für die Republica Chr[ist]iana, der sich der »türkischen Raserei« entgegenstellen wolle, und auch der steirische Adlige Julius von Herberstein sowie ein gewisser »Eitelio de Gotfrid« erhielten ein vergleichbares kaiserliches Schreiben an Don Juan aufgesetzt.2025 In den Genuss einer kaiserlichen Empfehlung kam auch Wolfgang Christophorus Rueber, dessen Cousin niemand geringeres als Hans Rueber zu Pixendorf war, der kaiserlicher Rat und Generalobrist Ungarns. Dass sich dieser in Ungarn besonders verdient gemacht habe, betonte Maximilian ausdrücklich bei der Empfehlung Wolfgangs gegenüber dem Liga-Oberbefehlshaber.2026 Solche habsburgischen Empfehlungsschreiben sind also entweder nur an Don Juan oder aber an diesen sowie an Colonna oder den venezianischen Dogen ausgestellt worden. Diese Zustellpolitik richtete sich danach, ob der militärische Einsatz des Freiwilligen in spanischen, römischen oder venezianischen Diensten gewährleistet werden sollte. Die sowohl an Marc’antonio Colonna als auch an Alvise Mocenigo I. gerichteten kaiserlichen Empfehlungsschreiben für den LigaFreiwilligen Adrian Eckersdorff belegen allerdings, dass es auch möglich war, einen Einsatz auf den römischen oder venezianischen Galeeren sicherzustellen.2027 Weiterhin stellte Vinciguerra d’Arco, dem als Liga-Kapitän einige Tausend »Deutsche« (alemános beziehungsweise tedeschi) unterstanden,2028 einen zusätzlichen Adressaten solcher Korrespondenzen dar. An diesen wandte sich Maximilian II. beispielsweise mit einem Schreiben für Enoch Schaller, der bereits unter Ferdinand I. in der Reitergarde gedient und sich fortan auch in Kämpfen in

2024 Ebd., fol. 151r f., Maximilian II. an Alvise Mocenigo I., Wien, 20. März 1572; ebd., fol. 152r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 20. März 1572. 2025 Ebd., fol. 150r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 20. März 1572 (»furorj Turcico«); ebd., fol. 161r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 24. März 1572; ebd., fol. 163r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 25. März 1572. Zitat ebd., fol. 163r. 2026 Ebd., fol. 164r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 25. März 1572. Zu Hans Rueber zu Pixendorf vgl. die auf ihn gehaltene Leichenpredigt von Wilhelm F. Lutz: Eine Christliche Predigt/ Uber der Leich/ Deß Wolgebornen Herrn/ Hernn Hansen Ru[e]bers/ Zu Bu[e]xendorff/ vnd Gravenwo[e]rth Freyherrn […] wolseeliger Geda[e]chtnu[e]ß […]. Tübingen 1585. (ULB Sachsen-Anhalt, Pon IIn 8981, QK). 2027 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. C, fol. 15r–16v, Maximilian II. an Marc’antonio Colonna und Alvise Mocenigo I., Wien, 04. April 1572. 2028 Daher auch die Titulatur in ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 165v, Maximilian II. an Vinciguerra d’Arco, Wien, 26. März 1572 als »Militu[m] Germanoru[m] Legionis supremo Capitanos«. Vgl. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 3081, fol. 164v, venezianischer Avviso aus Korfu, von Cosimo Bartoli nach Florenz geschickt, 29. September 1571.

560

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Ungarn verdient gemacht hatte, wie der Kaiser betonte.2029 Eine weitere Option, den eigenen militärischen Einsatz gegen die Osmanen nach Lepanto aktiv zu gestalten, waren an die Orden gerichtete habsburgische Empfehlungsschreiben. So empfahl Maximilian II. einen gewissen Hartmann Goltacker d. J. dem Großmeister des Malteserordens zum Kampf gegen die »Ungläubigen«.2030 Wiederum anders verhielt es sich, wenn besonders hochrangige Personen den Kaiser nach Lepanto um solche Empfehlungsschreiben ersuchten – diese konnten dann nämlich an eine Vielzahl verschiedener Herrschaftsträger und -repräsentanten der ›Heiligen Liga‹ ausgestellt werden. Als der Machthaber des schlesischen Legnica um solche Schreiben bat, die ihm den Liga-Dienst gegen die Osmanen ermöglichen sollten, setzte der Kaiser an Juan de Austria, an den venezianischen Dogen Alvise Mocenigo I. und an den mantuanischen Herzog Guglielmo Gonzaga gerichtete Dokumente auf. Darüber hinaus händigte Maximilian dem schlesischen Territorialherrn einen Passbrief aus und informierte den habsburgischen Botschafter in Venedig.2031 Freiwillige meldeten sich jedoch nicht stets allein zum Liga-Dienst, sondern stellten mitunter eigene, kleine Söldnerheere. »Matthia Giugho« erhielt beispielsweise einen Passbrief für sich und fünfzig Soldaten und Paolo Pallavicino verhandelte über den in Venedig residierenden Botschafter Veit von Dornberg seinen Wunsch, in kaiserlichen Diensten gegen die Osmanen zu kämpfen.2032 Diesen mehrheitlich im Frühjahr 1572 aufgesetzten Dokumenten ist folglich zu entnehmen, dass sich nach der Seeschlacht eine ganze Reihe von Adligen und Hofangestellten aus den böhmischen, mährischen, österreichischen, schlesischen und ungarischen Reichsgebieten an den Kaiser wandten. Von ihm erbaten sie sich entweder direkt oder über Mittelsmänner schriftliche Fürsprache bei den Liga-Kommandanten, auf deren Galeeren sie eingesetzt zu werden hofften. In diesen Dokumenten beschrieb der Kaiser sie als Adlige oder Hofnahe, die sich persönlich oder aber aufgrund der Tätigkeiten anderer Familienangehöriger im Dienst der Habsburger verdient gemacht hatten. Dabei bezog sich der Kaiser mit 2029 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 165r f., Maximilian II. an Vinciguerra d’Arco, Wien, 26. März 1572. 2030 Ebd., fol. 184r f., Maximilian II. an Jean de la Cassière, Großmeister des Malteserordens, Wien, 31. März 1572. Zitat ebd., fol. 184r: »infideles«. 2031 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. C, fol. 69r f., Maximilian II. an Juan de Austria, Wien, 21. April 1572; ebd., fol. 71r f., Maximilian II. an Alvise Mocenigo I., Wien, 21. April 1572; ebd., fol. 70r f., 72r f., Maximilian II. an Guglielmo Gonzaga, Wien, 21. April. 1571; ebd., fol. 67r f., Wien, 21. April 1572; ebd., fol. 68r, Maximilian II. an Veit von Dornberg, Wien, 21. April 1572. 2032 Ebd., fol. 79r f., Wien, 29. April 1572, »Matthia Giugho«; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, 11, IV, Veit von Dornberg, habsburgischer Botschafter in Venedig, an den Kaiserhof, Venedig, 17. November 1571; ebd., ders. an dens., Venedig, 24. November 1571; ebd., ders. an dens., Venedig, 29. Dezember 1571.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

561

den Hinweisen auf Ferdinand I. und Karl V. zudem auf die dynastische Memoria, in welche manche dieser Freiwilligen eingeschrieben wurden. Somit kennzeichnete das verfertigte Dokument selbst deren Nähe zum Hof und zeichnete diese gegenüber den anderen Freiwilligen aus, die kein solches Schriftstück erhalten hatten. Die Dokumente, so ist zu schlussfolgern, stellten einen Versuch dieser Freiwilligen dar, ihre imaginierten Lebensentwürfe umzusetzen. Wenn das jeweilige Dokument sie gegenüber den Befehlshabern als hofnahe Edelleute beschrieb, erhofften sie damit sicherlich die Verwirklichung jener Vorstellungen, die sie sich gemacht hatten (wie eben den Einsatz für Don Juan oder aber doch für die Venezianer oder Papsttruppen). Damit trugen diese Schreiben dazu bei, ihre Stellung in der Liga als Ligisten zu definieren, indem der Kaiser deren sozialen Stand, Herkunft sowie ihre Verdienste quasi verbriefte. Wie sich die Freiwilligen ihren Liga-Einsatz ausmalten, dürfte im Februar, März und April 1572 jedoch maßgeblich von der Wahrnehmung Lepantos als Ereignis, das auf künftige Siege verweise, geprägt gewesen sein. An solchen etwaigen Siegen wollten die Freiwilligen teilhaben, um sich als milites christiani zu stilisieren und den antiosmanischen Militäreinsatz als biografisches Ereignis familial zu memorieren, indem die (imaginierten) Lebensläufe als Heldenviten memoriert worden wären. Deutlich wird dieser Wunsch nach Teilhabe an der Liga als biografischem Ereignis, das Lebensentwürfe und die familiale Memoria verhandelte, aus einer Supplik: Damals wandte sich Hans von Haym zum Reichenstein an den Kaiser und klagte, dass sein Vater Christoph verstorben sei und acht Kinder hinterlassen habe. Als Ältester der Söhne bat Hans den Kaiser um ein an Marc’antonio Colonna gerichtetes Empfehlungsschreiben für seinen Bruder Dietrich, der sich zum Liga-Kampfeinsatz gegen die Osmanen freiwillig melde. Wozu das Schreiben dienen sollte, legte Hans deutlich dar: Der Kaiser möge »bei dem hochberuembten Obristen, in Jetziger Wällischen Liga herrn M. Anthonio di Colonna durch derselben Khaÿserlichen gnaden fuerschrifft allergenedigist souill […] Jntercediern, Das Er gedachten mein Brueder vntter seinem Beuelch zu ainer Haubtmanschafft Fanen oder doch sunst ehrlichen lukhen vntterknumen, vnd Jme den als ain Allt heerkhumen vom Adl […] fur Ainen Andern beuolhen sein lasse«.2033

Eine kaiserliche »fuerschrifft«, stellte also für die Freiwilligen ein Privileg dar, um dessen Erhalt es zu supplizieren galt, und das wiederum selbst tradierte Privilegien sichern sollte. Denn Hans wollte seinen Bruder Dietrich nicht allein gut und sicher versorgt wissen, sondern er beabsichtigte, abzusichern, dass ihm auch in der ›Heiligen Liga‹ jene Privilegien zukommen würden, die er im kaiserlichen

2033 ÖStA, HHStA, Kriegsakten, 22, Konv. 2, Supplik von Hans von Haym zum Reichenstein an Maximilian II., undatiert, fol. 1r.

562

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

Kriegsdienst erhalten hätte. Demnach sollte Dietrich nicht als beliebiger Soldat enden, sondern als direkter Unterstellter eines Liga-Befehlshabers und als Truppenanführer, was ihm aus adliger Tradition her gebühre und als solcher er sich im Kampf gegen die Osmanen verdient machen könne. Hans leitete diesen Anspruch jedoch nicht allein aus dem Herkommen und der familialen Memoria her, sondern auch aus dem persönlichen Einsatz Dietrichs »auf den Windischen Gränitzen, vnd in der Saggmärischen Besatzung, gleichsfals in dem Maltesischen Socorß, vnd Andern Khriegsortten«. Zudem habe er sich in »gantz Jtaliam auch Hispaniam perlustriert« und »[d]ieselben Sprachen woll begriffen, vnd Also vor ain andern bißher ettwas gesehen gelernt vnd erfarn«. Dietrich habe sich also der Meinung seines Bruders zufolge auch durch Kriegsdienste, Reisen und Spracherwerb für einen gehobenen militärischen Posten in der ›Heiligen Liga‹ qualifiziert. Den Verweis auf die erlangte Militär-, Reise- und Lern-Erfahrung wandte Hans auch für die Zukunft seines Bruders an, denn Dietrich habe »auch noch Jmerdar merers sonderlich aber diese Trefliche Khriegs Armada zusehen, vnd den Cristlichen Erbfeindt baser erkhennen zu lernen grossen lust vnd gefallen«.2034 Diese Supplik für den zum Liga-Dienst »[a]lberait[en]« Dietrich von Haym zum Reichenstein zeigt, dass die kaiserlichen Empfehlungsschreiben ein Mittel waren, um Vorstellungen über den weiteren Verlauf des Lebens zu gestalten und den Liga-Dienst als biografisch-familiales Ereignis den eigenen Vorstellungen gemäß umzusetzen. Dass sich solche Ideen und eine derartige Kriegseuphorie in den Wochen und Monaten nach Lepanto herausgebildet hatten, belegt, dass die Wahrnehmung Lepantos als Ereignis ein imaginatives Moment besaß, dass es diesen Adligen und Hofnahen ermöglichte, ihre Biografie auf den Liga-Einsatz hin zu imaginieren und den Wunsch des freiwilligen, gehobenen Militärdienstes entsprechend solcher Vorstellungen umzusetzen. Dass die Supplik hierfür ein geeignetes Mittel war, zeigen die Reaktionen. Maximilian II. bewilligte das Gesuch am 07. März 1572 und ließ durch die Hofkanzlei eine lateinische »furschrifft« ausstellen. Drei Tage darauf erhielt auch ein anderer von Hans’ Brüdern, Theodor von Haym zum Reichenstein, ein an Marc’antonio Colonna gerichtetes, kaiserliches Empfehlungsschreiben, das die Verdienste der Familie für das Kaiserhaus unterstrich.2035 Bei solchen kaiserlichen Fürsprachen handelte es sich allerdings vor allem um Belege für die Freiwilligenmeldungen hofnaher Personen; dass das Phänomen der nach der Seeschlacht auf Lepanto hin imaginierten Lebensläufe viel umfassender gewesen sein muss, zeigt der Umstand, dass die spanische Armada unter Juan de Austria 1573 angeblich bereits auf 2034 Ebd., fol. 1r f. 2035 Ebd., fol. 1v, 4v; ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 98, Konv. B, fol. 115r–116v, Maximilian II. an Marc’antonio Colonna, Wien, 10. März 1572.

Ein Sieg, viele Lebensläufe

563

7.000 »Deutsche« (Todeschi) während der Einnahme von Tunis zurückgreifen konnte.2036 Eingangs dieses Kapitels ist auf Natalie Zemon Davis’ Monografie ›Der Kopf in der Schlinge‹ verwiesen worden. Zu den Begnadigungssuppliken resümierte sie: »Bittsteller, Zuhörer und der begnadigende Herrscher verfolgten jeweils verschiedene Ziele, aber innerhalb der Auseinandersetzung über Gewalt und der Wiederherstellung des sozialen Friedens.«2037 Für die hier untersuchten LepantoSuppliken ließe sich parallel dazu schlussfolgern: Bittsteller, Vermittler und Herrschaften verfolgten eigene Interessen, aber innerhalb des imaginativen Potentials, das die Seeschlacht entfachte, als es als Ereignis imaginiert wurde. Die Heroifizierung der Schlachtteilnehmer ermöglichte damit die Imagination einer potentiellen, familialen Memoria. Zugleich bot die Teilnahme an der Schlacht und die verbreitete Stilisierung dieser als Lepanto-Heroen den Heimkehrern sowie den hinterbliebenen Verwandten die Möglichkeit, eigene Interessen zu artikulieren und durchzusetzen. Der Verweis auf die Teilnahme an der Seeschlacht von Lepanto diente sowohl den zurückkehrenden Soldaten als Möglichkeit, in Suppliken ihre zukünftigen Dienstverhältnisse zu verhandeln, als auch den Hinterbliebenden, finanzielle Unterstützung für den Dienst ihrer verstorbenen Verwandten zu erbitten. Um diese erfolgreich beanspruchen zu können, bedurfte es einer Erzählpraxis, die Lepanto als biografisches und familiales Ereignis im Dienst einer Herrschaft Sinn und Kohärenz vermittelte. Damit stellt sich nicht die Frage, ob die Schilderungen wahr oder falsch sind, sondern vielmehr, wie genau diese konstruiert waren, um das Ereignis mit dem Lebenslauf in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Mein Untersuchungsfokus lag deshalb darauf, wie die Schlacht als Ereignis narrativiert wurde.2038 Dies geschah wesentlich durch die Evozierung von materiell belegter Zeugenschaft, wozu beispielsweise Zertifikate und Wunden angeführt wurden, die die ereigniskonstituierenden Narrative um Lepanto in Erzählungen von familialer Teilhabe an dem Ereignis als Rhetorik des Dienstes und Verdienstes transformierten. Die Suppliken zeugen damit vor allem davon, wie vielfältig sich Akteure Ereignis-Narrationen aneignen konnten und diese mitgestalteten. Lepanto stellte, so ist hier zu schlussfolgern, eine Ressource dar, wenn es die Ak2036 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Tunisia, b. 1, Fra Alfonso Maleguzzi an Alfonso II. d’Este, Palermo, 13. September 1573. 2037 Davis: Kopf in der Schlinge, S. 124. 2038 Ebd., S. 17, 64; Koselleck: Zeitschichten, S. 328. Zu strategischem Erzählen auch Natailie Z. Davis: Enthüllen und Verbergen. Autobiographische Erzählweisen in der Frühen Neuzeit. In: L’homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 24 (2013), H. 2, S. 103– 118; Claudia Ulbrich: Tränenspektakel. Die Lebensgeschichte der Luise Charlotte von Schwerin (1731) zwischen Frömmigkeitspraxis und Selbstinszenierung. In: L’homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 23 (2012), H. 1, S. 27–42.

564

Lepanto: Ein europäisches Ereignis?

teure verstanden, einen Zusammenhang zwischen Ereignis und familialer Memoria überzeugend zu narrativieren. Vor allem dokumentieren die Quellen aber eine grundsätzliche Einsicht, die wesentlich die bisher unhinterfragt tradierten Heldennarrative von Schlachtteilnehmern dezentriert, die der religiösen, herrschaftlichen und staatlichen Vereinnahmung der Schlacht dienten: Lepanto war nicht einfach ein Ereignis, das beschrieben wurde, sondern indem Menschen Lepanto beschrieben, formten sie die Schlacht als Ereignis.

III.

Das Ereignis Lepanto: Dezentrierende Geschichtsschreibung und histoire de l’événement

III.1. Universalität und Partikularität eines Ereignisses Im Jahr 2001 stellte der US-amerikanische Künstler Cy Twombly einen seither viel gefeierten Gemäldezyklus zur Seeschlacht von Lepanto vor (Abb. III.1.1), den heute Besucherinnen und Besucher des Münchener Museums Brandhorst in einem eigenen Saal bestaunen können. Auf einem Dutzend großformatiger Leinwände von jeweils circa zwei mal drei Metern präsentierte er ein »Gemälde in zwölf Teilen«.2039 Zu sehen sind darauf schemenhafte und flächige Schiffsrümpfe sowie Galeerenruder, die sich aus Pinselstrichen, verlaufenen Farben sowie Farbflecken aus Rot-, Gelb- und Blautönen vor einem hellblau-weißen Hintergrund zusammensetzen, der die Meeresoberfläche geradezu wässrig darstellt. Auch ich gehörte zu den – vielfachen – Besuchern dieses Museums, die diese Leinwände betrachteten. Je häufiger und intensiver ich sie ansah, desto klarer wurde mir, dass Twombly bewusst mit der seit Jahrhunderten tradierten Bildmotivik Lepantos als Triumph des Christentums – die der Künstler und Italienkenner genauestens kannte2040 – brach. Was er damit leistete, ist letztlich nichts geringeres, als deren Beitrag zur Formierung des Seesieges der ›Heiligen Liga‹ als historischem Ereignis zu problematisieren. 2039 Cy Twombly: Lepanto. A Painting in Twelve Parts. Hg. v. Bob Monk u. Jennifer Loh. New York 2002. Die genauen Bildmaße lauten (ebd.): I = 210,8 x 287,7 cm; II = 217,2 x 312, 4 cm; III = 215,9 x 334 cm; IV = 214 x 293,4 cm; V = 215,9 x 303,5 cm; VI = 211,5 x 304,2 cm; VII = 216,5 x 340,4 cm; VIII = 215,9 x 334 cm; IX = 215,3 x 335,3 cm; X = 215,9 x 334 cm; XI = 216,2 x 335,9 cm; XII = 214,6 x 293,4 cm. 2040 Ebd., S. 52–61; Anna Pallucchini: Echi della battaglia di Lepanto nella pittura veneziana del ’500. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 279–287; Paul: Identità e alterità; Rick Scorza: Vasari’s Lepanto Frescoes. Apparati, Medals, Prints and the Celebration of Victory. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 75 (2012), S. 141–203; Anthony Blunt: El Greco’s »Dream of Philipp II«. An Allegory of the Holy League. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 3 (1939/1940), H. 1/2, S. 58–69; Contant: Kruisbeeld tegen kromzwaard.

566

Das Ereignis Lepanto

Twomblys künstlerisches Schaffen vermag damit zwei wesentliche Punkte zu Lepanto als Ereignis bildstrategisch zu veranschaulichen: Erstens, er positionierte malerisch die Schlacht zwischen dem Spannungsfeld von Geschehnis und Ereignishaftigkeit als Geschichte(n) neu. Bereits die Konzeption des Gemäldezyklus als Ensemble, das aus verschiedenen Teilen besteht, partikularisiert tradierte Narrationen der Seeschlacht als universalem Ereignis. Lepanto wird hier nicht als eine Geschichte oder ein Ereignis dargestellt, sondern als eine Schlacht, die in mehreren Scharmützeln geschlagen wurde, und als Ereignis, das aus vielen Geschehnissen und Geschichten besteht. Insofern der Künstler dadurch die Darstellung Lepantos jenseits tradierter triumphalistischer Bildtopoi erprobte, wird zweitens deutlich, dass die Art und Weise, wie Lepanto als Ereignis den Betrachtern erscheint, das Resultat der Darstellungs- und Repräsentationsmodi der Schlacht ist. Die Einzelgeschichten öffnen den Blick für Verluste, Abweichungen, Differenzen und Diskontinuitäten, auf Überraschendes und Unerwartetes, das oftmals in der Gesamtnarration Lepantos verloren ging. Das Verschwinden der Konturen in Twomblys Gemäldezyklus korreliert insofern mit der Schemenhaftigkeit der Geschichten und Geschehnisse sowie mit der Fragwürdigkeit der Geschichte und des Ereignisses. Die in Drucken, Fresken und Gemälden seit Jahrhunderten repräsentierte Schlachtordnung der Armadas ist in Twomblys Gemäldezyklus nicht mehr erkennbar, was das dichotomische Narrativ der Gegnerschaft selbst nicht mehr sichtbar werden lässt. Hier ist ein Geschehnis in seiner Momenthaftigkeit künstlerisch repräsentiert, das die Galeeren zwar darstellt, deren Gegnerschaft, Fahrtrichtung und Kampfhandlungen jedoch nur durch die Bildkomposition und im Akt des Betrachtens – mit den Geschichtsvorstellungen über dieses Ereignis, die die Betrachter an die Gemälde herantragen – imaginiert werden können. So ist auch der Kanonenbeschuss selbst nicht dargestellt, wenngleich dessen Folgen sichtbar sind. Hier gehen die verschwommenen Konturen des Dargestellten mit denjenigen des Abgebildeten einher. Zur Verbildlichung dessen wählte Twombly eine Perspektivierung des Schlachtgeschehens zwischen dem Blickpunkt eines Teilnehmers und der Vogelperspektive, was in einer Darstellungsweise resultiert, die eine Drauf- und Seitenansicht evoziert, ohne Horizontlinien zu zeigen.2041 Betrachter sind so sehr Teil des Geschehens wie zugleich auch nicht; sie sind in einzelnen Lepanto-Geschichten so sehr involviert wie sie sich einen Überblick über Lepantos Geschichte zu machen versuchen. Damit »hat Twombly«, wie es in einem Ausstellungskatalog zu lesen ist, »ein

2041 Hierzu siehe Twombly: Lepanto, S. 57.

Universalität und Partikularität

567

Lepanto geschaffen, das wir alle gewonnen und verloren haben: the battle of making art.«2042

Abb. III.1.1: Cy Twomblys ›Lepanto‹-Gemäldezyklus (Detail). Bildzitat von Heiner Bastian (Hg.): Cy Twombly. Catalogue Raisonné of the Paintings. Bd. 5. München 2009, S. 8 aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/large/ber lin_udk-2140ccc1214c388e59928773d3d584bba66dab47 [Zugriff am: 15. Oktober 2015].

Diese malerische Auseinandersetzung mit der Schlacht besitzt einige bedeutsame Parallelen zur geschichtswissenschaftlichen Beschäftigung mit Lepanto, wie sie in der vorliegenden Arbeit vorgestellt wurde. Analog zu Twombly habe ich hier die Seeschlacht aus dem Jahr 1571 als battle of making history untersucht. So wie Twombly eine Neuperspektivierung von Bildtraditionen vornahm, repositionierte ich die Versatzstücke historischer Überlieferung, um damit die Narrativierung Lepantos als historische Ereignisproduktion innerhalb konkreter Geschichten zu dezentrieren.2043 Somit liegt mit dieser Studie eine andere, dezentrierende Erzählweise der Seeschlacht als historisches Ereignis vor, die Anschlussmöglichkeiten für künftige Arbeiten zu historischen Geschehnissen bietet. Hierfür war es wesentlich, die historischen Zusammenhänge zwischen der gemeinhin veranschlagten Universalität Lepantos und der zu rekonstruierenden Partikularität der Schlacht als Ereignis zu problematisieren. Die Seeschlacht von Lepanto ist in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder als Sieg ›des Christentums‹, ›des Abendlandes‹ oder ›Europas‹ gegenüber dem Osmanischen Reich imaginiert worden, das eine Gleichsetzung mit ›dem Islam‹ fand. Auffällig 2042 Richard Howard: On Lepanto. In: Ebd., S. 40: »Twombly has created a Lepanto we have all won and lost, the battle of making art« [Kursivierung durch den Autor, S. H.]. 2043 Trouillot: Silencing the Past, S. 27.

568

Das Ereignis Lepanto

ist, dass solche Zuschreibungen durchaus historisch parallel – beispielsweise als Sieg eines »christlichen Europas« – auftreten konnten.2044 Damit wurde der Schlacht als ›christlicher‹ Sieg geschichtliche Bedeutung zugesprochen und sie so als ›europäisches‹ Ereignis memoriert. Die unhinterfragte Dominanz einer solchen Interpretation ist zudem darin ersichtlich, dass sie zugleich Erklärungen für diejenigen Umstände lieferte, die zunächst einmal konträr zu einer derartigen Deutung der Schlacht als Ereignis standen: So ist beispielsweise der ausbleibende Beitritt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zur ›Heiligen Liga‹ in der Forschung als Folge der Reformation gedeutet worden, die zu einer Spaltung der ›Christenheit‹ geführt und so die dem Ereignis als immanent zugesprochene ›christliche‹ Bedeutung unterlaufen habe. Denn als Sieg ›des christlichen Europas‹ hätte Lepanto, einer solchen Einschätzung zufolge, zu einer militärischen Unterstützung der Liga durch das Heilige Römische Reich führen müssen, zu der es jedoch nicht kam. Der Verweis auf die reformatorischen Strömungen dient hierbei der Kohärenz der bereits skizzierten, vorherrschenden Erzählung über Lepanto: Religiöse Uneinigkeit und herrschaftliche Instabilität hätten die Folgen verhindert, die die Seeschlacht als Ereignis charakterisierten. Genau eine solche Einschätzung festigt die Imagination Lepantos als ›christlichen Sieg‹, insofern dessen Partikularisierung als Verhinderung der als immanent veranschlagten, universellen Bedeutung der Schlacht interpretiert wird. Dass diese als Ereignis beschrieben wurde, in dem ›die Christen‹ und ›Europa‹ ›den Osmanen‹ und ›dem Islam‹ den »Nimbus der Unbesiegbarkeit« genommen hätten, verlieh Lepanto also selbst den Nimbus historischer Bedeutsamkeit: Als universeller Sieg des »christlichen Westens« und »christlichen Europas« wurde und wird Lepanto als Ereignis definiert.2045

2044 Ich habe bewusst auf weiterführende Einzelnachweise verzichtet, da die Belege detailliert der vorliegenden Studie zu entnehmen sind. Zitate und zentrale Konzepte sind mit Fußnotennachweisen angeführt. Zitat von Fenlon: Ceremonial City, S. 176 (»Christian Europe«). Vgl. aber z. B. auch Petacco: La croce e la mezzaluna; Capponi: Victory of the West; Hopkins: Confrontation at Lepanto. 2045 Wrede: Türkenkriege, Sp. 830; Hadler: Zugehörigkeit, S. 113. Siehe aber auch Fenlon: Ceremonial City, S. 176 (»Christian West«; »Christian Europe«); Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 279f.; Capotorti: Lepanto tra storia e mito; Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration; Cacciavillani: Lepanto, S. 173–180; Hartlaub: Don Juan d’Austria, S. 175f.

Silencing Lepanto

569

III.2. Silencing Lepanto: Die historische Ereignisproduktion und deren Reproduktion als Geschichte Im Zuge dieser Arbeit ist gezeigt worden, dass die Inanspruchnahme und Instrumentalisierung Lepantos im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zu beobachten ist. Deutlich wurde auch, dass solche Einstellungen sowohl geschichtswissenschaftliche als auch populäre Kontexte betrafen. Heute formen vor allem die im Internet vielfältig auffindbaren Stellungnahmen zur »Schlacht, die den christlichen Westen« und »Europa rettete«, die Erinnerung an Lepanto als eine Vorgeschichte zu Kämpfen zwischen ›dem Westen‹ und ›dem Islam‹.Verbreitung finden sie aber ebenso in zeitgenössischer Ratgeberliteratur und ebenso in geschichtswissenschaftlichen Veröffentlichungen.2046 Die Diskurse, innerhalb derer Nachgeborene – und unter ihnen auch zahlreiche Historiker – Lepanto als ein derartig konzipiertes Ereignis Bedeutsamkeit zusprachen, stellten die Türkengefahr und Türkenfurcht dar, deren Formationen letztlich Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts im Rückgriff auf vorherrschende Narrative gestalteten. Sie fungierten als Gedankengerüst einer Dichotomie von europäischer unitas christiana und ›dem Islam‹, das Lepanto als ›christlich-europäischen‹ Sieg zu deuten und so als Ereignis zu stilisieren vermochte. Insofern dessen historische Bedeutsamkeit innerhalb ebenjenes Narrativs bestimmt wurde, verlor die Ereignishaftigkeit der Schlacht selbst ihre Fragwürdigkeit, weil die Mechanismen der frühneuzeitlichen Produktion von Geschichte im Laufe der Zeit selbst enthistorisiert wurden und sich so der Untersuchung entzogen.2047 In der vorgelegten Studie konnte ich nun jedoch zeigen, dass solche Diskurse, die somit das Ereignis als von vermeintlich ahistorischer Bedeutung definierten, allerdings den historischen Begebenheiten widersprechen. Denn Lepanto war keineswegs der Sieg eines geeinten ›christlichen Europas‹: Gerade indem Zeitgenossen den Ausgang der Schlacht in einer religiös gedeuteten Welt als durch Gott verliehenen Sieg interpretierten, der als Gnadenakt des Dankes bedurfte, inszenierten Obrigkeiten Lepanto als einen ihnen durch Gott dargebotenen Sieg. Als ›christliches Ereignis‹ wurde die Schlacht so zu einem Sieg der Spanier, Venezianer, des Papsttums, Savoyens, der Toskana, Neapels, Genuas und zahl2046 Michael Novak: How the 1571 Battle of Lepanto saved Europe. In: CERC. Catholic Education Resource Center. URL: http://www.catholiceducation.org/en/culture/history/howthe-1571-battle-of-lepanto-saved-europe.html [Zugriff: 13. Oktober 2015]; Christopher Check: The Battle that Saved the Christian West. In: Catholic Answers to Explain and Defend the Faith. URL: http://www.catholic.com/magazine/articles/the-battle-that-savedthe-christian-west [Zugriff: 13. Oktober 2015]; Diane Moczar: Ten Dates Every Catholic Should Know. The Divine Surprises and Chastisements That Shaped the Church and Changed the World. Manchester, New Hampshire 2005; Capponi: Victory of the West. 2047 Höfert: Den Feind beschreiben.

570

Das Ereignis Lepanto

reicher weiterer Herrschaften. Indem sich diese so als ›christlich‹ repräsentierten, kolportierte die partikulare Deutung Lepantos Ansprüche von Machtausübung. Damit erhielt das ›christliche‹ Ereignis Relevanz für den politisch-rituellen Kult der venezianischen Serenissima oder für die religiöse Legitimierung der spanischen Herrschaftsrepräsentation auf der Italienischen Halbinsel, in Mesoamerika sowie in den Niederlanden. Lepanto konnte als derart gedeutetes Ereignis nicht allein gegen Indigene und Calvinisten, sondern auch in Frankreich als monarchische Stellungnahme gegen Hugenotten inszeniert werden. Gerade indem Lepanto als ›christlicher‹ Sieg im Sinne der Türkengefahr als Ereignis gedeutet wurde, vermochten sich Obrigkeiten als christliche Herrschaften zu stilisieren, was den Sieg Einzelnen zusprach und so die in der Türkengefahr veranschlagte Einheit ›der Christenheit‹ unterlief. Lepanto stellte damit ein herrschaftliches Ereignis dar, das zur Aushandlung relationaler Beziehungen von Obrigkeiten und Untertanen herangezogen wurde, um konkrete Einzelpositionen mithilfe der Beanspruchung einer solchen Deutungshoheit über Lepanto als Ereignis durchzusetzen. Zu nennen wären hier etwa englisch-spanische Konflikte und die Konkurrenzen innerstädtischer Gruppierungen, wie Gilden und Zünfte. Die Deutung Lepantos als ›christliches‹ Symbol nutzten Akteure folglich zur Austragung konkreter Symbolkonflikte, was der veranschlagten unitas christiana widersprach. Als ›christlicher‹ Sieg Gottes war Lepanto also vor allem ein herrschaftliches und partikulares Ereignis. Die Türkengefahr, mithilfe derer Akteure im 16. Jahrhundert Lepanto als Ereignis von universeller Bedeutung als Sieg eines ›christlichen Europas‹ stilisierten,2048 ist für lokale Inanspruchnahmen genutzt worden und brachte somit die Partikularisierung einer beanspruchten Universalität des Ereignisses mit sich. Diese auf der Dichotomisierung von ›Christentum‹ und ›Islam‹ basierende Interpretation des Seesieges der ›Heiligen Liga‹ als Ereignis ist in der Folgezeit immer wieder als geschichtsteleologische Konzeption Lepantos tradiert worden. Bald sprachen alle nur noch von der battaglia navale, gloriosa vittoria sowie felice vittoria einerseits,2049 oder aber von der rotta [t]urchesca andererseits.2050 Indem diese dichotomisierende Siegesrhetorik an die Türkengefahr-Diskurse gebunden war, im Zuge derer ›Europa‹ als ›Christentum‹ ›Africa‹ und ›Asia‹ als ›Islam‹ gegenübergestellt wurde, schuf die Beanspruchung solcher Deutungen eine 2048 Siehe z. B. Agaccio: CANZONE. (AL, Turcica II.41/15800); Corvinus: Trophæum. (AL, Turcica VI.98/15858). 2049 ÖNB, Cod. 8949, fol. 272v, Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., fol. 276r, Rom, 27. Oktober 1571; BAV, Urb. lat. 1042, fol. 133v, Venedig, 19. Oktober 1571; ebd., fol. 136r f., Venedig, 23. Oktober 1571. 2050 ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 239, Konzeptschreiben Francesco I. de’ Medici, fol. 23r, an Cosimo Bartoli, Florenz, 01. November 1571. Siehe auch ebd., fol. 21v, an Francesco Babbi, Florenz, 01. November 1571.

Revoicing Lepanto

571

geografisch-diskursive Koinzidenz: Die geschichtliche Deutung Lepantos als göttliches Ereignis ging mit derjenigen eines christlich-europäischen Sieges einher, dem so durch die vermeintliche Ahistorizität dieser Seeschlacht – nämlich aufgrund ihrer perpetuierten Singularität – historische Bedeutsamkeit generiert wurde. Wenn Historiker diese Zuschreibungen übernahmen, griffen sie die Rhetorik unhinterfragt auf und perpetuierten zugleich Lepanto als Sieg eines ›christlichen Europas‹. Damit entkontextualisierten sie diese Interpretationen der Schlacht als Ereignis und thematisierten sie nicht mehr als eine von vielen historischen Deutungen. Indem sie nicht mehr als von Akteuren in spezifischen Situationen vorgebrachte Deutungsansprüche thematisiert, sondern als vermeintliche Tatsachen übernommen wurden, produzierten Historiker eine Ereignisgeschichte Lepantos ohne ebenjene Menschen, die Lepanto zu einem Ereignis machten. Dies tradierte die vermeintliche Ahistorizität Lepantos als geschichtlich bedeutsames Ereignis und verschwieg somit die historisch komplexe Verfertigung einer solchen Deutung, was zugleich das mit der Produktion von Geschichte einhergehende silencing perpetuierte: Dass es Akteuren in konkreten Machtgefügen gelang, Deutungen Lepantos historische Wirksamkeit zu verleihen, verbarg zugleich divergierende Positionen und reduziert(e) historische Vielfalt.2051 Damit verschweigt die tradierte Geschichte Lepantos jene pluralen Geschichten, die zur historischen Produktion dieser Deutung der Schlacht als Ereignis führten.

III.3. Revoicing Lepanto: Multiple Geschichten eines Ereignisses und Glocal Storytelling In der vorliegenden Arbeit untersuchte ich nun erstmals, wer wann und wie Lepanto als Ereignis thematisierte. Damit richtete sich das Forschungsinteresse auf die historische Produktion von Geschichte, durch die Zeitgenossen ihre jeweils eigenen Interessen mit der Inanspruchnahme von Deutungshoheiten positionierten und sich damit einzelne Stimmen Gehör verschafften, andere jedoch verschwiegen wurden. Die Stimmen, die aus den Unmengen dokumentarischer Fülle zur Darstellung der Seeschlacht von Lepanto bisher herangezogen wurden, sind klar hierarchisiert. Es wurden eher Christen als Muslime oder Juden, häufiger Katholiken als Lutheraner oder Calvinisten, vor allem humanistische Schriftsteller statt Flugblattautoren, eher Männer als Frauen oder Kinder, zumeist Kapitäne statt Soldaten und dann wiederum auch eher deren Aussagen herangezogen, die in Übereinstimmung mit dem Türkengefahr-Diskurs ste2051 Trouillot: Silencing the Past; Sider/ Smith: Between History and Histories; Cohen: Combing of History.

572

Das Ereignis Lepanto

hen.2052 Da eine solche Quellenselektion selbst wiederum Lepanto-Konzeptionen perpetuierte, bedarf es einer selbstreflexiven geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Ereignissen. Es ist daher vonnöten, die Geschichte Lepantos als ›europäisches‹ Ereignis und ›christlichen‹ Sieg zu problematisieren, indem die Historizität Lepantos als vermeintlich ahistorisch narrativiertes Ereignis akzeptiert und selbst zum Untersuchungsgegenstand gemacht wird. Damit wird die Vorherrschaft ›der‹ Geschichte ›des‹ Ereignisses zugunsten einer Vielzahl multipler Geschichten der historischen Ereignisproduktion negiert, die es selbst zu untersuchen und zu kontextualisieren gilt.2053 Ein solcher Ansatz basiert auf dem »historiographische[n] Durcharbeiten und Diskutieren vieler möglicher« und »vieler konkurrierender Geschichten«, um so »eine Vielzahl von Stimmen hörbar« zu machen.2054 Möglich wird dieses revoicing durch eine dezentrierende Geschichtsschreibung, die das lokal-, situations- und akteursspezifische Aushandeln von Deutungsansprüchen auf die Seeschlacht als Ereignis zum Untersuchungsgegenstand erhebt. Dieses provincializing Lepanto präsentiert die Schlacht als glokales Ereignis, dessen regionenübergreifende, lokale Situiertheit selbst historisch zu rekonstruieren ist.2055 Besonders deutlich wurde dies beispielsweise anhand der durch Lepanto-Deutungen von weltlichen und klerikalen Amtsträgern ausgetragenen, lokalen Symbolkonflikte um die Herrschaftsausübung und spanisch-indigene Kriegsführung im mexikanischen Guadalajara (1572). Die Fallstudien zu den im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, in Venedig und im Osmanischen Reich stattgefundenen Reaktionen auf die 2052 Luigi Monga (Hg.): Galee toscane e corsari barbareschi. Il diario di Aurelio Scetti galeotto fiorentino (1565–1577). Fornacette 1999 (in englischer Sprache als ders.: The Journal of Aurelio Scetti. A Florentine Galley Slave at Lepanto (1565–1577). (Medieval and Renaissance Texts and Studies, Bd. 266). Tempe, Arizona 2004); Ahmet Karatas¸: Bir I˙nebahtı Gâzisinin Esâret Hâtıraları. Sergüzes¸tnâme-i Hindî Mahmûd. In: Osmanlı Aras¸tırmaları. The Journal of Ottoman Studies 37 (2011), S. 17–48; Stefan Hanß: Gefangen und versklavt. Muslimische Sklaven aus der Seeschlacht von Lepanto in Rom. In: Mediterranean Slavery Revisited (500–1800). Neue Perspektiven auf mediterrane Sklaverei (500–1800). Hg. v. dems. u. Juliane Schiel. Zürich 2014, S. 337–379 sowie Hanß: Die materielle Kultur der Seeschlacht von Lepanto (1571) sollen hier als Ausnahmen explizit angeführt werden. Zu den Schriftstellern ist vor allem die Cervantes-Rezeption vielsagend: Anthony J. Cascardi: Don Quixote and the Invention of the Novel. In: The Cambridge Companion to Cervantes. Hg. v. dems. Cambridge u. a. 2002, S. 58–79. 2053 Eisenstadt: Multiple Modernities; Chakrabarty: Provincializing Europe; Davis: What is Universal about History?; dies.: Decentering History. 2054 Hausen: Die Nicht-Einheit der Geschichte, S. 38f.; Davis: Dezentrierende Geschichtsschreibung S. 150. 2055 Hausen: Die Nicht-Einheit der Geschichte; Chakrabarty: Provincializing Europe; Davis: Decentering History; dies.: What is Universal about History?; Scott: Storytelling; Trouillot: Silencing the Past; Sider/ Smith: Between History and Histories; Cohen: Combing of History; Ulbrich: Shulamit und Margarete.

Revoicing Lepanto

573

Seeschlacht dezentrierten zudem die Art und Weise, wie die Kategorien ›Konfession‹, ›Religion‹ und ›Türkenfurcht‹ in der Ereigniskonzeption Lepantos tradiert wurden. Solche Fallstudien verdeutlichen, dass die in der Forschung vorgetragene Annahme der katholischen Euphorie und protestantischen Aversion gegenüber Lepanto auf den Aussagen basiert, die katholische Beobachter trafen. Dabei bildet die Konfessionalisierung Lepantos allerdings nicht die historischen Realitäten ab, sondern ist immanenter Bestandteil der Ereignisrhetorik, die der Stilisierung Lepantos als ›katholischen‹ Sieg diente. Eine solche Einschätzung rekurriert dabei auf Konfessionspolemiken, wenngleich Lepanto-Feste 1571 konfessionsübergreifend stattfanden. Gleichfalls unterschied sich die lutherische Auslegung Lepantos als ›christliches Ereignis‹ – nämlich eines durch Gott verliehenen Sieges – zunächst nicht von derjenigen der Katholiken. Verschieden sind allerdings die Frömmigkeitspraktiken gewesen, mit denen Gläubige meinten, dass Gott als Dank für dessen Wirken zu entgegnen war, um dadurch den ›wahren Glauben‹ und Gottes Werk selbst zu befördern. So konnte die Seeschlacht im Alltag des bikonfessionellen Augsburgs durch Prediger, Autoren, Drucker und Knaben, die den Tod des sulta¯nischen und päpstlichen Antichristen ˙ besangen, zu einer Konfessionspolemik führen, die die Obrigkeit zu unterbinden suchte, indem sie die konfessionsübergreifende Lepanto-Euphorie zur Stilisierung einer geeinten Stadtgemeinschaft nutzte. Diese konfessionellen Differenzen betrafen also nicht die Deutung Lepantos als Ereignis, sondern die als nötig und richtig erachteten Reaktionen darauf. Gerade als ›christlicher‹ Sieg konnten Zeitgenossen Lepanto folglich zu einem lutherischen oder katholischen Ereignis machen. Als reformiertes Ereignis war Lepanto in eschatologischem Verständnis als Zeichen der Endzeit gedeutet worden, das ein Vorgehen der Katholiken gegen Nichtkatholiken bezeichnete, insofern der ›christliche‹ zu einem katholischen Sieg zu werden drohte. Mit der Bartholomäusnacht, als durch Lepanto bezeichnetes Ereignis, bußte die Seeschlacht dann auch ihren Ereignischarakter im Kontext reformierter Deutungen schnell ein. Die Erforschung der unmittelbaren Reaktionen in Wien, Nürnberg, Augsburg, Zürich und Genf auf die Seeschlacht verdeutlicht damit vor allem, dass die tradierte und für die Ereignisdefinition Lepantos bedeutsame Dichotomie zwischen katholischen und protestantischen Reaktionen zu einseitig ist, weil nicht-katholische Reaktion selbst vielschichtig und konfessionsübergreifende Deutungen verbreitet waren. Die zahlreich im Reich erschienenen Lepanto-Drucke verdeutlichten darüber hinaus die weitläufige Bekanntheit und durch die Typografie und Mnemotechniken intendierte Memorierung des Ereignisses. Solche persönlichen Aneignungen schlugen sich in der Anführung Lepantos in Selbstzeugnissen nieder, wo das Ereignis als Exempelgeschichte in familiale Kontexte überführt wurde, um Nachkommen zur guten Lebensführung und zu Gottvertrauen zu ermahnen. Die religiöse Über-

574

Das Ereignis Lepanto

höhung des Schlachtgeschehens transformierte das Ereignis geografischer Ferne deshalb in eine Nähe, weil es die eigene Situierung ermöglichte.2056 Diese Nähe des Ereignisses ließ sich für das Heilige Römische Reich zudem durch die deutschen Infanteristen veranschaulichen, die zahlreich an der Seeschlacht teilnahmen. Hingegen entpuppte sich die Behauptung, süddeutsche Galeerensträflinge hätten maßgeblich zum Seesieg beigetragen, als lokalgeschichtliche Mär: Es waren hingegen die Ereigniskonzeption Lepantos und der Wunsch, an dem als ehrenvoll imaginierten Kampf gegen die Osmanen teilzuhaben, die zu einer Intensivierung dieser Strafpraxis führten. Damit werden die Logiken der Ereignisproduktion – wie etwa die als verdienstvoll gedeutete Tötung von Muslimen durch Christen – in der lokalgeschichtlichen Forschung tradiert, die bereits in den frühneuzeitlichen Chroniken als Modus städtischer Ehrzuschreibung anzutreffen sind. Ebenso ist die verbreitete Meinung widerlegt worden, wonach der ausbleibende Beitritt des Kaisers zur ›Heiligen Liga‹ protestantischem Widerspruch geschuldet gewesen sei. Solcher regte sich – genauso wie Fürspruch – vielmehr konfessionsübergreifend, sodass vor allem Sachvorbehalte einen LigaBeitritt verzögerten, ohne dass dies jedoch durch Konfessionszugehörigkeiten intendiert gewesen wäre. Da die Meinungsbildung innerhalb etablierter Entscheidungsfindungsprozesse stattfand, hatte sich das Anliegen selbst mit dem venezianisch-osmanischen Friedensschluss erübrigt, bevor die politische Elite des Reiches eine Entscheidung letztlich überhaupt getroffen hatte. Gerade weil konfessionsübergreifende Bedenken bestanden, vermochten die in den ligistischen Gesuchen aufgegriffenen Türkengefahr-Diskurse den Kaiser auch nach der Seeschlacht – dieser »[c]hristliche[n] Victori« – nicht zu einem Liga-Beitritt zu bewegen, wenngleich er darin als christlicher Monarch ersucht wurde, »wider de[n] allgemaine[n] Erbfeinden gantzer Christenhaÿtt« militärisch vorzugehen.2057 Die Rekonstruktion zeitgenössischer Lepanto-Reaktionen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, die hier erstmals unternommen wurde, stellte dementsprechend wesentliche Einsichten zur Dezentrierung Lepantos bereit. Doch nicht allein hier stellte sich die in der Ereignisstilisierung veranschlagte Dichotomie zwischen christlichen ›Gläubigen‹ und muslimischen ›Ungläubigen‹ als historische Illusion heraus, sondern auch in Venedig. Indem diese Herrschaft als plurireligiöser Begegnungsraum von Katholiken, Muslimen, Juden und Orthodoxen untersucht wurde, gelang es zu zeigen, dass sich die zeitgenössische Ereignisformierung Lepantos im Rückgriff auf die Türkenfurcht in zweierlei Weise auf dort lebende Nicht-Christen auswirkte: Zum einen ist die veranschlagte 2056 Medick: Sondershausen als »Schindershausen«; ders./ Krusenstjern: Einleitung. 2057 ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz, 5, Fasz. II, Kardinal Otto von Waldburg an Maximilian II., Rom, 22. Oktober 1571, fol. 47r.

Revoicing Lepanto

575

Dichotomie von Christen und Muslimen obrigkeitlich normiert worden, was zu konkreten Übergriffen auf Muslime (Gewaltexzesse), Juden (Verweisung der Stadt) und Orthodoxe (Kooperationsverdacht) führte. Dass die Ausweisung der venezianischen Juden als Dankaktion für den von Gott Venedig verliehenen Sieg bei Lepanto konzipiert war, belegt besonders eindringlich, dass die Türkengefahr-Diskurse auch Nicht-Christen und Nicht-Muslime tangierten. Der obrigkeitliche Zugriff zur Zeit der Seeschlacht, der sich beispielsweise durch die Neuregulierung des veneto-osmanischen Handels und die Konfiskation von Waren osmanischer Händler manifestierte, führte zwar zu einer juristischen Kodifzierung der Dichotomie, unterlief diese aber zugleich, als mit dem Ausschluss der ›christlichen Sulta¯nsuntertanen‹ von den Beschlagnahmung eine im ˙ Osmanischen Reich etablierte Kategorie (reʿa¯ya¯ und zimmı¯) in Venedig juristische Anwendung fand. Diese durch die venezianische Obrigkeit als homogen konzipierte christlich-muslimische Dichotomie widersprach jedoch der lebensweltlichen Pluralität und Heterogenität, die zu Kooperationen und Spannungen führte. Ersichtlich wurde aber auch, dass die Ereignisstilisierung Lepantos angesichts der Türkengefahr ebenso Nicht-Christen die Gelegenheit bot, Zugehörigkeit und Fremdheit in Venedig aktiv zu verhandeln: Akteure konnten aufgrund ihrer Doppelsituierung, beispielsweise als christliche Sulta¯nsuntertanen, ˙ als venezianische oder osmanische Juden oder Orthodoxe und als in Venedig lebende Muslime, gerade durch die veranschlagte Dichotomie situativ ihre Zugehörigkeit als turchi oder cristiani verhandeln. Muslime, Orthodoxe und Juden nutzten Suppliken, Drucke und politische Traktate als Mittel, um die Auswirkungen Lepantos auf ihre Lebenswelten aktiv zu verhandeln. Turchi-Zuschreibungen stellten folglich das Resultat von Aushandlungen im alltäglichen Mit-, Neben- und Gegeneinander dar. Als drittes Beispiel, das – neben demjenigen Venedigs und des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation – die Ereignisformierung Lepantos (g)lokal dezentriert, untersuchte ich das Osmanische Reich. Hier konnte gezeigt werden, dass ligistische Berichte über osmanische Lepanto-Reaktionen eine Inversion der Türkenfurcht-Narrative darstellten: Die beschriebene Furcht, die Lepanto bei Muslimen in Istanbul, Anatolien, auf der Arabischen Halbinsel und in Nordafrika bewirkt habe, unterstrich dieser Logik zufolge selbst Lepantos Bedeutsamkeit als Ereignis innerhalb des Türkengefahr-Diskurses. Eine solche Auslegung basierte auf der Deutung des beschriebenen (und teilweise auch fiktiv imaginierten) Verhaltens der Osmanen anhand eines gesamtmediterranen Kanons der Freuden- und Trauerbekundungen, was die veranschlagte Dichotomie der Türkengefahr-Diskurse zugleich unterlief. Ein ähnlicher Befund ist auch in osmanischen Konzeptionalisierungen der Seeschlacht festzustellen, insofern zum einen deren Ausgang in solchen Quellen als Gottes Wille und zum anderen der Krieg selbst als ›heilige‹ Unternehmung von Muslimen gegen Christen be-

576

Das Ereignis Lepanto

schrieben wurde. Folglich war die Annahme einer Dichotomie der Religionen selbst religionsübergreifend, was auch darin ersichtlich ist, dass im Osmanischen Reich – vergleichbar zu den Reaktionen in Venedig, Spanien und Rom – vielfach Lepanto-Gebete nach der Schlacht stattfanden. Ebenso glich die in Festakten erfolgte Inszenierung der Schlachtrückkehrer als Lepanto-Sieger und damit die szenische Darbietung der Deutungshoheit über Lepanto als Sieg jener in den Liga-Herrschaften. In Istanbul konnte der Ausgang der Seeschlacht so zum einen als Niederlage zwischen zahlreichen weiteren Siegen, die die osmanische Armada 1571 erlangt hatte, und zum anderen als Teilsieg ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇas gefeiert und gedeutet werden. Als für die osmanische Ereigniskonzeption bedeutsam stellten sich zudem die im höfischen Umfeld zu situierenden Chroniken heraus, die Lepanto als »Expedition der geschlagenen Flotte« (sefer-i sıng˙ın donanma)2058 als ˙ siegreiche Niederlage beschrieben, nämlich als gottgewollten Verlust, der nicht das Verdienst ligistischer Gegner darstellte, sondern zu osmanischem Nutzen gereichte. Diese Fallstudie dezentrierte insofern die vorherrschende Narration Lepantos als ›christlich-europäischen‹ Sieg, weil sie die historische Imagination der Schlacht als Sieg ohne Verlierer und siegreiche Niederlage verdeutlichte. Daher stellt sich nicht die Frage, wer der Sieger und Verlierer Lepantos war, sondern vielmehr, wie sich wer gegenüber wem und in welchen, historischen Situationen als Sieger bezeichnen und darstellen lassen konnte. Eine solche Annäherung bringt multiple Geschichten über die Ereignisformierung zu Tage, die selbst einer homogenisierenden Deutung Lepantos widersprechen. Zentrales Mittel der jeweiligen, historischen Ereignisnarrationen waren die in konkreten Kontexten zu verortende Schriftproduktion und -zirkulation. Indem diese hier als soziale Praktiken untersucht wurden, stellte sich heraus, dass sie die in der Beschreibung Lepantos als Ereignis veranschlagten Dichotomien dadurch unterliefen, dass Akteure die Lepanto-Schriftlichkeit in ligistischen und osmanischen Kontexten vergleichbar situierten: So waren die sozialen Logiken, wie zum Beispiel die Patronage- und Klientelbeziehungen, innerhalb derer Lepanto als Religionen dichotomisierendes Ereignis beschrieben wurde, selbst religionsübergreifend. Den Zypernkrieg führten nicht Christen gegen Muslime, sondern Herrschaften untereinander; es war kein Krieg gegen, sondern mit Osmanen, dessen Deutung als Ereignis Machtansprüche (de-)legitimierte und dichotomisierte, die in einer gemeinsamen Welt zu verorten sind.2059 Wie sich auch anhand der Person des Bailo zeigen ließ, der in Istanbul in Interaktion mit Osmanen Informationen sammelte, die dann in Liga-Herrschaften als Nachrichten über osmanische Lepanto-Reaktionen kursierten, sind die multiplen Lepanto2058 Yildirim: Battle of Lepanto, S. 547; Brummett: Lepanto Paradigm, S. 64; Mantran: L’écho de la Bataille de Lépante, S. 246. 2059 Greene: A Shared World.

Connected Histories

577

Geschichten keine parallelen, sondern verbundene und zusammenhängende Geschichten. Die Konzeption der Schlacht als dichotomisches Ereignis war somit selbst auf vielfältige Weise Teil der historischen Ereignisformierung Lepantos, die in deren Zuge zwar veranschlagt, jedoch zugleich dadurch selbst auf unterschiedlichste Weise unterlaufen worden ist. Dieser Umstand ist einer der wesentlichsten Aspekte einer Dezentrierung Lepantos, insofern er ebenjene historischen Deutungskonflikte und die zeitgenössische Produktion von Geschichte offenlegt, die im Zuge des silencing histories während der Ereignis- und Geschichtsproduktion selbst in Vergessenheit geraten sind.

III.4. Connected Histories eines Ereignisses: Histoire de l’événement und die Dezentrierung der Geschichte Indem ich die Seeschlacht von Lepanto als ein historisches Geschehnis untersuchte, auf das Akteure im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verschiedentlich als Ereignis Bezug nahmen, um dichotomische Weltbilder zu artikulieren, verstehe ich Lepanto zugleich als eine Möglichkeit, das Verhältnis von Geschichte und Ereignis im Allgemeinen und von der Konzeptionalisierung historischer Geschehnisse und Ereignisse innerhalb der Geschichtswissenschaft im Besonderen beispielhaft zu problematisieren. Nahmhafte Historiker interpretierten die Schlacht einerseits als »universal=historische Entscheidung«,2060 wonach »Lepanto das Ende einer genuinen Selbstbewusstseinskrise der Länder des christlichen Europas markierte«, insofern mit dem Sieg der ›Heiligen Liga‹ »der Schrecken der christlichen Welt«, also die osmanische »Bedrohung«, »ausgetrieben« worden sei.2061 Andererseits sprachen Autoren wie Fernand Braudel und Andrew C. Hess – und auch Voltaire, der den Seesieg aufgrund der darauffolgenden Geschehnisse eher bei den »Türken« sah – Lepanto den Ereignisstatus ab, weil es Strukturen nicht transformiert habe.2062 So verschieden diese Positionen auf den ersten Blick auch sein mögen, sie basieren doch auf einer gemeinsamen, strukturrelativen Ereignis-Definition, die als retrospektiver Maßstab fungiert. Damit fragen solche Forschungen danach, ob Lepanto ein 2060 Ranke: Die Osmanen und die Spanische Monarchie, S. 364. 2061 Fenlon: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration, S. 139 [Kursivierung des Autors, S. H.]: »Lepanto marked the end of a genuine crisis of confidence among the countries of Christian Europe. After a period of some 300 years in which the Ottoman state had risen from obscure origins to become the terror of the Christian world, it now finally seemed that Turkish power was on the wane, that the threat had been exorcized.« 2062 Voltaire: Battle of Lepanto, S. 271 (»so that the victory of Lepanto seemed rather to have been on the side of the Turks«); Braudel: Mittelmeer. Bd. 3, S. 257, 279; Braudel: Méditerranée, S. 939; ders.: Bilan; Hess: Battle of Lepanto, S. 67–70.

578

Das Ereignis Lepanto

historisches Ereignis war oder nicht; zugleich verstellen sie den Blick auf die historische Formierung der Schlacht als Ereignis durch die Akteure und deren Geschichte(n). Ein wesentliches Anliegen dieser Studie war es daher, alternative Erzählweisen von Geschichte zu erproben, die Ereignisse nicht im Vorhinein ahistorisch essentialisieren, sondern selbst als historische Produkte in das Blickfeld der Untersuchung rücken, die als Geschichte der historischen Ereignisforschung bezeichnet werden könnte. Den augenscheinlichsten Niederschlag fand dieses Bemühen in einer Darstellungsform, die zu den meisten Lepanto-Veröffentlichungen variiert: Während bisherige Darstellungen zu Lepanto vor allem die Vorgeschichte und den Verlauf der Seeschlacht fokussierten und mit den Geschehnissen vom 07. Oktober endeten, setzt der Untersuchungsschwerpunkt meiner Studie gerade mit ebenjenem Tag erst ein.2063 Statt einer Ereignisgeschichte, die den Verlauf von Schlachten erzählt und anhand derer Resultate beurteilt, ob Lepanto ein Ereignis war oder nicht, präsentierte ich eine Geschichte des Ereignisses, welche die historische Ereigniswerdung selbst erforscht und so ergebnisoffen fragt, wer Lepanto wann und wie als Ereignis thematisierte oder nicht. Eine solche Herangehensweise bedarf einer konsequenten Historisierung der Kategorie des ›historischen Ereignisses‹. In Rezeption geschichtswissenschaftlicher Studien der Annales, soziologischer, geschichtstheoretischer und anthropologischer Debatten setze ich der traditionellen Ereignisgeschichte – der histoire événementielle – eine Geschichte des Ereignisses – die histoire de l’événement – entgegen. Ereignisse erscheinen dann nicht mehr fraglos, sondern als menschlich wahrgenommene, medial vermittelte Geschehnisse, denen innerhalb spezifischer Narrationen und diskursiver Formationen Bedeutungen (oder auch gerade Bedeutungslosigkeit) zugeschrieben wurde und wird. In Anlehnung an Medicks und Chalines Studien zum Dreißigjährigen Krieg ließe sich sagen, dass Ereignisse weniger Einblicke in geschichtliche Prozesse als vielmehr die Möglichkeit einer »Detailgeschichte des Ganzen« liefern, wie Geschichte selbst historisch produziert wurde.2064 Wichtig waren hierfür vor allem zwei methodische Anleihen: Erstens, die anthropologischen Arbeiten von Trouillot, Borofsky, Cohen und Wolf, die zeigen, dass die Produktion von Geschichte ein Aushandlungsprozess um Wissen und Macht ist, in denen Akteuren Geschichtsrelevanz zu- oder abgesprochen wird. Um die Selbstverständlichkeit von Ereignissen also zu gewährleisten, werden widersprüchliche Aussagen nicht verschriftlicht, nicht

2063 Eine seltene Ausnahme ist David García Hernán/ Enrique García Hernán: Lepanto. El día después. Madrid 1999. 2064 Zitat von Medick: Weben und Überleben, S. 24. Siehe weiterhin ders.: Historisches Ereignis und zeitgenössische Erfahrung; ders.: Sondershausen als »Schindershausen«; ders.: The Thirty Years’ War as Experience and Memory; Chaline: La Bataille de la Montagne Blanche.

Connected Histories

579

überliefert oder nicht rezipiert, was Trouillot als silencing the past bezeichnete.2065 Zweitens, die dezentrierende Geschichtsschreibung, die in Folge Davis’ Geschichte aus pluralen Perspektiven rekonstruiert und so bestehende Geschichtsnarrative mit Geschichten konfrontiert, um diese anhand konkreter Personen, Situationen und Lokalitäten zu brechen und neu zu verorten. Es geht also darum, ›die‹ Geschichte eines Ereignisses durch das revoicing verschwiegener Geschichten des Geschehnisses zu dezentrieren. Diese Dezentrierung zeigte, dass Lepanto ein glokales Ereignis gewesen ist, das sich aus multiplen Geschichten formierte, die nicht parallel, sondern zusammenhängend und verflochten waren.2066 Untersucht wurde dies vor allem anhand der mesoamerikanischen und japanischen Reaktionen auf die Seeschlacht, der mobilen Lebensläufe einiger Schlachtteilnehmer sowie der zeitgenössischen Nachrichtenzirkulation, die Verbindungen konturierten und lokale Ereignisverfertigungen gestalteten. Diese connected histories führten dazu, das Verhältnis von Peripherie und Zentrum immer wieder neu zu refigurieren,2067 sodass Lepanto nicht mehr als vermeintlich ›europäisches‹ Ereignis zu denken ist: Die Formierung der Seeschlacht als Ereignis fand während des 16. Jahrhunderts weltweit statt und umspannte Regionen von Südamerika bis Moskau und Persien sowie von London bis Sizilien und Äthiopien.2068 Die Ereignisstilisierung war selbst lokal polysem, insofern die Deutungen Lepantos vor Ort im wenig kontrollierbaren Zusammenspiel indigener und iberischer Bild-, Text- und Symboltraditionen stattfanden. Solche connected histories Lepantos als glokales Ereignis resultierten in einer dezentrierenden »Detailgeschichte des Ganzen«,2069 die zeigte, dass Lepanto kein ›europäisches‹ Ereignis war, aber von Akteuren zu einem solchen gemacht werden konnte, indem sie über die Deutung Lepantos als Ereignis Ideen über ›Europa‹ positionierten und perpetuierten, die kulturelle Hierarchien und Machtlegitimationen beanspruchten. Dass Lepanto nicht das Resultat eines Aufeinanderprallens zweier getrennter Welten war, sondern vielmehr selbst als Ausdruck einer gemeinsamen, verbundenen Welt zu erforschen ist, soll abschließend anhand der hierzu in der vorliegenden Studie erlangten Einsichten verdeutlicht werden.

2065 Trouillot: Silencing the Past; Borofsky: Making History; Cohen: Combing of History; Wolf: Europe and the People Without History. 2066 Davis: Decentering History; dies.: What is Universal about History?; Eisenstadt: Multiple Modernities; Chakrabarty: Provincializing Europe; Ulbrich: Verflochtene Geschichte(n). 2067 Subrahmanyam: Connected Histories; ders.: Courtly Encounters; ders.: From the Tagus to the Ganges; ders.: Mughals and Franks; Davis: Decentering History; dies.: What is Universal about History?; Gruzinski: Les quatre parties du monde. 2068 Verkürzend ist daher auch Pettegree: Invention of News, S. 139, der die Seeschlacht von Lepanto als europäisches Ereignis interpretiert. 2069 Medick: Weben und Überleben, S. 24.

580

Das Ereignis Lepanto

Solche verflochtenen Geschichten Lepantos ließen sich vor allem anhand der mobilen Lebensläufe historischer Akteure rekonstruieren, die die Schlacht als biografisches Ereignis zu einem glokalen Ereignis machten. Wenn Bürger von Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan an der Seeschlacht teilnahmen und andere LigaSoldaten später in Südamerika oder auf den Philippinen lebten, reisten mit ihnen die Lepanto-Geschichten um die Welt. Vor Ort erzählten sie über die Schlacht und inszenierten sich auch in Suppliken als milites christiani, womit die Lebensläufe innerhalb des spanischen Imperiums die Generierung eines glokalen Ereignisses beförderten, dass daraufhin für die Deutung lokaler Begebenheiten in Übersee herangezogen werden konnte. Festzustellen ist dies etwa, wenn Zeitgenossen auf Lepanto als Eroberungs- und Machtlegitimation bezugnahmen, um spanische Expansionen in Nordmexiko, Chile und auf den Philippinen zu legitimieren und umzusetzen. Möglich war dies durch die mit der Artikulation des Deutungsanspruches über Lepanto erfolgte Proklamation eines imaginierten, ›christlichen‹ Herrschaftsraumes, der letztlich auch durch die Tradierung spanischer, diskursgenerierender Termini in Nahuatl-sprachigen Chroniken beansprucht wurde: »Diesen Krieg und diese Schlacht hat man ›Die Seeschlacht‹ genannt« (Ynin yaoyotl necaliliztli mochiuh motenehua la batalla naval).2070 Die so rekonstruierten, verbundenen und verflochtenen Geschichten Lepantos brachten es mit sich, das Verhältnis zwischen Peripherie und Zentrum neu zu bestimmen. Lepanto zu dezentrieren, heißt dabei vor allem, diese Relation immer wieder historiografisch und historisch neu zu perspektivieren, was sich insbesondere in der Fallstudie zu Mittel- und Südamerika zeigt. Als universeller, ›christlicher‹ Sieg war die Schlacht als Ereignis im Heilsgeschehen verortet, womit Lepanto auch Relevanz für nicht-mediterrane Regionen zugesprochen werden konnte. Als partikularer, herrschaftlicher Sieg, den Gott der habsburgischen Dynastie und der spanischen Monarchie verliehen habe, führte dies zu einer bewussten Parallelisierung der spanisch-osmanischen Konflikte im Mediterraneum mit spanisch-indigenen Auseinandersetzungen in der ›Neuen Welt‹. Damit diente die in diesen Regionen durch liturgische Rituale, Schriftstücke und in Festakten präsentierte Choreografie der Deutung Lepantos als Inanspruchnahme spanischer Autorität und Macht in Mittel- und Südamerika einerseits und im Mediterraneum andererseits. Dies basierte auf einer symbolischen, textuellen und performativen Gleichsetzung von Muslimen und Indigenen als ›Ungläubige‹, die von der spanischen Monarchie in göttlichem Auftrag unterjocht werden müssten. Die angesprochene, ständige Neuperspektivierung von Peripherie und Zentrum, die in einer Dezentrierung Lepantos als heuristisches Instrument zum Einsatz kommt, führte zu einer Untersuchung der mesoamerikanischen Ortschaften selbst als Zentren der historischen Ereignisproduktion. Ersichtlich 2070 Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 240.

Connected Histories

581

wurde dabei, dass die partikulare Interpretation Lepantos als spanisch-dynastischer Sieg von universeller Bedeutung zwar von der Iberischen Halbinsel aus in die Welt getragen wurde, dass sie dort aber jeweils lokal zu situierenden Deutungslogiken der Akteure vor Ort ausgesetzt war, die von Madrid/ El Escorial aus – wenn überhaupt – nur schwer zu kontrollieren waren. So basierten mittelamerikanische Lepanto-Inszenierungen beispielsweise, erstens, auf spanischkatholischen Deutungen, wie etwa der Schlacht als göttliche Auszeichnung einer christlichen Universalmonarchie, und zugleich, zweitens, auf indigenen Imaginationshaushalten, wie beispielsweise aztekischen Siegesfesten oder indigenen Parodisierungen spanischer Festivitäten, die, drittens, im Laufe der Jahrhunderte auch neuen Lepanto-Interpretationen ausgesetzt sein konnten, wenn sich diese mit der nationalstaatlichen Memoria mexikanisch-französischer Dualität überlagerten. Das Zusammenspiel gemeinsamer, spanisch-indigener Lepanto-Interpretationen ist ebenso am Beispiel des Vokabulars deutlich geworden, das zur Übersetzung Lepantos in indigene Kontexte herangezogen wurde. Wenn Nahua die Schlacht als Sieg über den huey Turco beschrieben, bezeichnete dies nicht allein den »Großtürken«, sondern evozierte zugleich Assoziationen an das altehrwürdige Herkommen indigener Vorfahren.2071 Dies verweist nicht lediglich auf eine semantische Polysemie der Bezeichnung fremder Kontexte mithilfe vertrauter Konnotationen, sondern vor allem auf die polysemen Deutungen der Seeschlacht von Lepanto als Ereignis. Deutlich wurde dies zudem in der Untersuchung außereuropäischer Gegenstände, die die Seeschlacht wenige Jahre später darstellten. Die Erforschung eines mittelamerikanischen Federschildes und eines japanischen Wandschirmes zur Seeschlacht von Lepanto veranschaulichte die Verfertigung Lepantos als umdeutetes, glokales Ereignis vor Ort. Ersichtlich wurde hierbei, dass diese Gegenstände nicht einfach als Hierarchisierungen, als solche ihr Aussagewert beispielsweise in der spanisch-dynastischen Sammlung intendiert war, zu tradieren sind. Vielmehr unterliefen die konkreten Praktiken des Kunstschaffens vor Ort teilweise die spanisch-imperialen und jesuitisch-missionarischen Aussageintentionen solcher Gegenstände. Damit ergab ein solches material revoicing, dass die lokalen Kontaktnahmen eigensinnige, pluriperspektivische Lepanto-Deutungen hervorbrachten, die sich in der Produktion und Rezeption solcher Gegenstände niederschlugen. Ersichtlich wird dies beispielsweise dann, wenn ein japanischer Lepanto-Wandschirm des 16. Jahrhunderts in einer Burg aufgestellt wurde und zugleich eine als osmanisch definierte, aber japanisch visualisierte Burg darstellte, von der aus in das Geschehen der Seeschlacht von Lepanto durch den Beschuss der Liga-Galeeren eingegriffen wird. Dann nämlich diente ein solcher Wandschirm der Inszenierung christlicher Herrschaft und fungierte 2071 Chimalpáhin: Los ocho relaciones, S. 240f.

582

Das Ereignis Lepanto

zugleich als Stellungnahme zur Ausbreitung und Zurückweisung des Katholizismus im Japan jener Jahre, die aufgrund einer geschickten, japanisch-jesuitischen Kombination von Bildtopoi um Lepanto vorgetragen werden konnte, um Loyalitäten zu demonstrieren. Eine vergleichbar innovative mittelamerikanische Kombination iberisch-indigener Bildtraditionen ist für das Federschild festzustellen, das ein habsburgisch-dynastisches Gottkönigtum durch eine LepantoTributabgabe und Trophäe zu glorifizieren vermochte. Diese Ausführungen unterstrichen die Notwendigkeit, das Verhältnis von Peripherie und Zentrum historischer Lepanto-Zuschreibungen ständig neu als connected histories zu überdenken. Es sind also nicht die Deutungshoheiten über Lepanto, die ›ein Europa‹ in ›die Welt‹ trägt, sondern es sind die Artikulations-, Adaptions-, Rezeptions- und Zirkulationsweisen, die Lepanto als umdeutetes Ereignis glokal konzipierten und bedeutsam machten. Die Neuperspektivierung von Peripherie und Zentrum lässt Lepanto nicht mehr als ›europäisch-christliches‹ Ereignis erscheinen, sondern situiert dies vielmehr in den glokalen Zentren der historischen Ereignisproduktion. Die connected histories Lepantos, die eine Repositionierung der Versatzstücke historischer Überlieferungen ergaben,2072 führten somit zu einer dezentrierenden »Detailgeschichte des Ganzen«,2073 die verdeutlicht, dass Lepanto kein ›europäisches‹ Ereignis war, aber von Akteuren zu einem solchen gemacht werden konnte. Das glocal storytelling brachte damit viele, verbundene und verbindende, historische Deutungen zu Tage, die in einer shared world zu situieren sind.2074 Diese Verbindungen, Überschneidungen und Übersetzungen stellten vor allem das Produkt mobiler Lebensläufe und kursierender Nachrichtenschreiben dar. Wenn Nora die historische création von Ereignissen dadurch beschrieb, dass sie »in Umlauf gebracht, übersandt, empfangen [wurden]«,2075 so hat diese Studie verdeutlicht, dass die spezifisch frühneuzeitlichen Modi der Medialität selbst grundlegend waren, um Lepanto als Ereignis zu formieren. Dabei ist Lepanto nicht anachronistisch als ›Medienereignis‹ definiert,2076 sondern Medialität selbst als soziale Praxis untersucht worden, um die Ereignisformierung historisch zu kontextualisieren. Dadurch zeigte sich, dass der Nachrichtenaustausch über die Seeschlacht innerhalb sozialer Gruppen stattfand, der diese somit zugleich mit konstituierte und Lepanto formierte. Beispielsweise transformierten die Akteure spanischer Nachrichtennetzwerke Lepanto in ein spanisches Ereignis. Die 2072 Trouillot: Silencing the Past, S. 27. 2073 Medick: Weben und Überleben, S. 24. 2074 Greene: A Shared World; Davis: What is Universal about History?; dies.: Decentering History. 2075 Nora: Retour de l’événement, S. 219: »L’événement était émis, transmis, reçu«. 2076 Hierzu siehe etwa Bösch: Europäische Medienereignisse; Eibach/ Carl: Europäische Wahrnehmungen; Weißbrich/ Carl: Präsenz und Information.

Connected Histories

583

Lepanto-Korrespondenz etablierte damit über die an diesen Netzwerken teilhabenden Akteuren Ehrgemeinschaften, die sich wesentlich über die Schnelligkeit der Distribution definierten. Die rasche und strategische Zirkulation schlug sich somit in einem Wettlauf der an der Lepanto-Nachrichtenübermittlung beteiligten Akteure nieder. Dabei aktivierten diese geschickt bestehende Netzwerke und Strukturen der Nachrichtenübermittlung, um Informationsmonopole bewusst als Deutungshoheiten über Lepanto als herrschaftlichen Sieg zu etablieren, was auch mit Zensurmaßnahmen als Instrumenten obrigkeitlicher Kontrolle des Lepanto-Wissens einherging. Eingebettet in Korrespondenznetzwerke, die als reziproker Gabentausch konzipiert waren, stellte die Lepanto-Zeittung eine Ressource dar, die zur Verhandlung zwischenherrschaftlicher Beziehungen genutzt werden konnte, da sie Dienstverhältnisse, Ehrbekundungen und soziale Wertschätzung manifestierte und so auch zur reichlichen Belohnung der Kuriere führte.2077 Insofern die Nachrichtenübermittlung als Dienst für Gott und Dank für den von ihm verliehenen Sieg konzipiert war, der in den Nachrichten als solcher beschrieben wurde, forderte der Empfang der Nachricht Lepanto entsprechende Dankaktionen als Verhalten ein. Damit etablierte die Vermittlung der Zeittung Lepanto als religiös gedeutetes Ereignis, womit die Absender und Übermittelnden zugleich Gruppenzugehörigkeiten verhandelten. Genau daher konnte die Zeittung als Ressource für den weiteren Lebenslauf und zur strategischen Aktivierung sozialer Netzwerke herangezogen werden. Es war damit weniger die Schlacht als Ereignis, denn vielmehr die Aneignung der Nachricht, die Lepanto zu einem erinnerungswürdigen Ereignis transformierte. Denn es handelte sich weniger um die Übermittlung der Nachricht über ein Ereignis, als vielmehr darum, dass die Nachrichtenübermittlung selbst ein Ereignis darstellte, innerhalb dessen Akteure durch Ressourcennutzung und verhandelter Ehrzusprüche die Lepanto-Zeittung als Siegesnachricht konstituierten. Anders formuliert, wurde nicht das Ereignis distribuiert, sondern durch die Logiken und Handlungsräume der an der repetitiven Distribution beteiligten Akteure konstituierten diese Lepanto als Ereignis, nämlich als erinnerungswürdigen ›christlichen‹ Sieg. Die obrigkeitliche Übermittlung der Siegeskunde kommunizierte dabei selbst die Konzeption Lepantos als herrschaftlich relevantes Ereignis, so wie das venezianische Monopol bei der Übermittlung erster Avvisi zur Seeschlacht diese als venezianischen Sieg bekannt machten. Damit handhabten Akteure durch die Korrespondenznetzwerke zugleich das Wissen und die (beanspruchten Informationsmonopole über) Deutungen Lepantos als Ereignis, was sich am Eklat um Veniers Entsendung der ersten Lepanto-Nachrichten beispielhaft veranschaulicht.

2077 Jancke/ Schläppi: Ökonomie sozialer Beziehungen.

584

Das Ereignis Lepanto

Die Deutung, Inanspruchnahme und Erinnerung Lepantos fand auch bei den zeitgenössischen Suppliken innerhalb von Gruppenzugehörigkeiten statt, die sich um Heroenkulte, Familie und Verwandtschaft der Schlachtteilnehmer konstitutierten. Diese Texte gerieten als entscheidendes Mittel der Ereignisformierung Lepantos in das Blickfeld. Denn in diesen narrativierten die Bittstellerinnen und Bittsteller Lepanto als biografisches Ereignis innerhalb einer strategisch erzählten Lebensgeschichte, die die Schlacht zu einem Ereignis der persönlichen und familialen Teilhabe transformierte. Möglich war dies durch ein strategisches Erzählen, das Elemente des gezielten Verschweigens und Hevorhebens verband, um einen Zusammenhang zwischen Ereignis und familialer Memoria überzeugend zu narrativieren. Dabei griffen die Supplikanten auf Dienstrhetoriken, Heldenkulte und die Konzeption der Schlacht als göttliches Ereignis zurück, um die Teilnahme beispielsweise als Wundergeschichte zu präsentieren. Durch Lepanto-Wunden, die die Verletzten noch Jahre nach der Seeschlacht zu schmerzen vorgaben und als Narben bleibende Zeugenschaft des biografischen Lepanto-›Heldentums‹ abzulegen vermochten, fand eine Materialisierung der Lepanto-Teilhabe und der sie heroifizierenden Symbole statt. Gleichfalls beschrieben sie die Schlacht als blutiges Ereignis, um die grandezza des Sieges zu präsentieren, was zeigt, wie sehr solche Ereignissemantiken in ihren sozialen Kontexten auf ihr Lepanto-konstitutives Moment zu hinterfragen sind. Zeugenschaft der Teilhabe generierten sie aber auch über die von anderen, hochrangigen Schlachtteilnehmern ausgestellten Zertifikate, die ihre Gruppenzugehörigkeit zu Lepanto-Helden materialisierten und im Alltag auch noch Jahre später sorgfältig verwahrt sowie als Belege der Lepanto-Teilhabe vorgezeigt wurden. Als dokumentierte Ressource waren solche Schreiben nutzbar, um mit Lepanto als biografischem Ereignis zu wirtschaften und beispielsweise in Suppliken Gesuche um finanzielle Zuwendungen durchsetzen zu können. Lepanto stellte aber auch insofern ein biografisches Ereignis dar, als dass es die Gelegenheit zu einem sozialen Neustart sein konnte. So konnte die Schlacht als Bruch im Lebenslauf zur Ermöglichung eines anderen Lebens genutzt werden, wenn sich geflohene Galeerensträflinge nach der Seeschlacht beispielsweise als Adlige ausgaben und Standeszugehörigkeiten unterliefen. Lepanto konnte aber auch dadurch Bestandteil eines imaginierten Lebenslaufes sein, weil der Wunsch nach der Teilhabe an den Lepanto folgenden und durch dessen Ereigniskonzeption verhießenen Siegen sowie die Imaginierung der familialen Memorierung der damit verbundenen, möglichen Heldenviten zu massenhaften Freiwilligenmeldungen nach der Seeschlacht von Lepanto führten. Um diese erhoffte Teilnahme zu ermöglichen, aktivierten Bittsteller mithilfe etablierter Dienstrhetoriken soziale Netzwerke, um durch in kaiserlichen Empfehlungsschreiben dokumentierten Ver-Diensten einen standesgemäßen und ehrenhaften Zugang zu den hochrangigen Liga-Kommandeuren zu erhalten. Damit besaß die Wahrnehmung

Connected Histories

585

Lepantos als Ereignis ein imaginatives Moment, für dessen Umsetzung Akteure soziale Beziehungen aktivierten, um neue zu etablieren und darüber persönliche und familiale Ehre zu generieren. Es waren folglich nicht allein mobile Lebenswege, die Lepanto als Ereignis formierten, sondern Lepantos Potenzial der Mobilisierung von Biografien trug selbst maßgeblich zur Ereignisformierung bei. Ein solcher Fokus dezentriert religiöse und herrschaftliche Lepanto-Narrative. Damit konnte zugleich belegt werden, dass historische Akteure Lepanto als herrschaftliches oder biografisches Ereignis thematisierten, um eigene Interessen durchzusetzen. Sie nutzten folglich Lepanto als memorierte und aktualisierte Ressource, um soziokulturelle Gemeinschaften durch den mit dem Ereignis verbundenen Ehrzuspruch zu konstituieren und zu beanspruchen. Damit ist Lepanto kein Ereignis der Abgrenzung und Dichotomien, sondern vielmehr ein solches der Zugehörigkeit und Teilhabe. Lepanto trennte nicht, sondern vereinte. Was die Seeschlacht von Lepanto historisch bedeutsam machte, war folglich weniger das militärische Geschehnis, als vielmehr das soziale Ereignis.2078 Die histoire de l’événement und Dezentrierung Lepantos beansprucht damit selbst, anhand multipler Geschichten die Möglichkeiten und Grenzen historischer Geschichtsproduktion ernst zu nehmen, auf die bereits Marc Bloch grundlegend verwies: Ereignisse entstehen aus den begrenzten und entgrenzenden Möglichkeiten historischer Akteure, im Nachhinein Deutungensansprüche auf Geschehnisse zu artikulieren, zu positionieren und durchzusetzen.2079 Ein hierzu für die Lepanto-Forschung aufschlussreicher Fall trug sich knapp ein Jahr nach der Seeschlacht zu. Im August 1572 erhielt Hans Fugger in Augsburg einen in Korfu von Hieronimus von Lodron aufgesetzten Brief mit Informationen darüber, dass Don Juan de Austria mit der Liga-Flotte ʿUlu¯gˇ ʿAlı¯ Pasˇa nachgesetzt sei. Sogleich antwortete Hans Fugger am 27. September, wenige Tage bevor sich die Seeschlacht von Lepanto das erste Mal jährte: Er bete darum, »Gott d[er] herr [ver]leih zu sollichem grossen W[er]kh sein göttliche gnad, vnd ain solliche Victorj wie vhoriges Jar. Amen.«2080 Einen Tag darauf, am 28. September 1572, traf in Rom der Avviso ein, dass die Liga-Flotte am 19. September vor Patras tatsächlich – wie bereits im Vorjahr – die osmanische Flotte vernichtend geschlagen habe. Von Rom aus gelangte die Nachricht sogleich nach Venedig. Die Signoria lud sämtliche in Venedig residierenden Repräsentanten 2078 Dazu auch Hanß: Die materielle Kultur der Seeschlacht von Lepanto. 2079 Marc Bloch: The Historian’s Craft. Eingeleitet v. Peter Burke. Manchester 1992, S. 47: »Anyone who has taken even the humblest part in a great battle is very well aware that it sometimes becomes impossible to be precise about a major episode after only a few hours.« Siehe auch Ulinka Rublack: The Status of Historical Knowledge. In: A Concise Companion to History. Hg. v. Ulinka Rublack. Oxford u. a. 2011, S. 57–78. 2080 FA, 1.2.6a, S. 271f. (Zitat: S. 271), Hans Fugger an Hieronimus von Lodron, Augsburg, 27. September 1572.

586

Das Ereignis Lepanto

vor; nur die Vertreter Frankreichs und Ferraras waren nicht anwesend. Die Venezianer zeigten sich zurückhaltend und wollten mit der Freudenbekundung zunächst abwarten, bis eine Bestätigung des Papstes oder der venezianischen Botschafter in der Lagunenstadt eintreffe. Dennoch leitete der savoyische Gesandte sogleich am 01. Oktober 1572, also noch am selben Tag des Eintreffens des ersten Schreibens aus Rom, überschwänglich die Nachricht vom Sieg der ›Heiligen Liga‹ weiter nach Turin. Der Gesandte war dabei offensichtlich der Annahme, dass der savoyische Herzog auch von seinem Botschafter aus Rom eine vergleichbare Nachricht erhalte.2081 Drei Tage später – damals zirkulierte die Nachricht durch einen während der Schlacht entflohenen, christlichen Sklaven bereits in Kreisen der Kardinäle – setzte der ferraresische Botschafter in Venedig ein Schreiben an seinen Herzog auf. Darin berichtete er, die Liga-Flotte habe die osmanische Armada nur wenige Meilen entfernt von jenem Ort besiegt, »wo im Vorjahr die andere giornata veranstaltet wurde«.2082 Die Nachricht vom Seesieg nahmen italienische Zeitgenossen 1572 folglich als neues Lepanto auf und beschrieben sie anhand der damals etablierten Erzählmuster als quasi-Lepanto. Dass Zeitgenossen nun den am ersten Jahrestag verkündeten Seesieg ebenfalls als neues Lepanto beschrieben, geschah sicherlich auch deshalb, weil er auf ähnliche Weise als Siegesnachricht aufgenommen wurde, wie der Lepanto-Avviso im Vorjahr. So berichtete der ferraresische Botschafter 1572 weiterhin, dass angesichts dieses Sieges (uittoria) Venedig einigen Inhaftierten Straferlass gewährt habe.2083 Die Kunde gelangte an den Kaiserhof und wurde von dort aus – gleichfalls wie im Vorjahr – an die Kurfürsten gesandt. So erhielt Johann Georg von Brandenburg aus Wien den »gewisse[n] bericht«, »das der Almechtig Godt vns Christen widerummen wid[er] den Erbfeindt einen grossen Siech hatt gebenn«, wofür Gott zu ehren und lobpreisen sei. Die Osmanen seien zahlreich umgekommen und zum Teil auch gefangengesetzt worden, vor allem aber hätten die Ligisten – »die vnseren«, wie es in der kaiserlichen Zeittung heißt – zahlreiche Schiffe mit immenser Beute eingenommen.2084 Wenige Tage darauf traf eine weitere Zeittung beim brandenburgischen Kurfürsten ein, die in expliziter Anlehnung an Lepanto weitere Details zur Seeschlacht von 1572 gab. Darin war zu lesen, dass 2081 AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Venezia, m. 1, fasc. 6, Gioseffo Parpaglia an Emanuel Philibert von Savoyen, Venedig, 01. Oktober 1572. 2082 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Venezia, b. 54, fasc. 96 XII, Claudio Ariosto an Alfonso II. d’Este, Venedig, 04. Oktober 1572, hier fol. 3r: »d’esser seguito .30. miglia lontano doue l’anno passato fù fatta l’altra giornata«. 2083 ASMo, Cancelleria ducale, Estero, carteggio ambasciatori, Venezia, b. 54, fasc. 96 XII, Claudio Ariosto an Alfonso II. d’Este, Venedig, 04. Oktober 1572, fol. 4v. 2084 GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253, fol. 36r, Zeittungen vom Kaiserhof an Johann Georg von Brandenburg, Wien, 12. Oktober 1572.

Connected Histories

587

»Don Juan de Austria newlicher tagen Abermahlen Victorj gegen den Erbfeindt Christlichs nahmens vnd gebluts den Turcken gehapt. vnd nit weit von dem orth dha er im vorschinen Jahr gesieget, das er auch 208 Galleen zu grundt erlegt vnd erobert hatt, Dar[o]b wir hochlich erfrewet. vnd Gott dem hern billich darfur zu dancken«.2085

Die Interpretation der Schlacht als Sieg über den osmanischen »Erbfeindt«2086 präsentierte das Geschehnis als Ereignis, das nahe zu jenem Ort stattfand, an dem im Vorjahr Lepanto errungen wurde. Zudem hätten sich die Geschehnisse insofern geglichen, als dass nun erneut zahlreiche osmanische Kriegsschiffe versenkt und erbeutet wurden. Doch nicht allein inhaltlich interpretierten Zeitgenossen diese Schlacht im Sinne der Türkengefahr als neues Lepanto, sondern auch aufgrund ihrer Praktiken, die sie beim Umgang mit dieser Zeittung an den Tag legten: sie kopierten die Nachrichtenschreiben und versandten sie schnell weiter, um herrschaftliche und soziale Gruppenzugehörigkeiten sowie Relationen zu demonstrieren; sie feierten die Schlacht als einen von Gott verliehen Sieg und dankten ihm dafür in frommen Taten wie beispielsweise mit Gottesdiensten oder Straferlässen. Es waren die Praktiken, die diesen Sieg als Ereignis konstituierten und dabei Lepanto memorierten, ja, geradezu perpetuierten. Zugleich waren es aber auch ebenjene Praktiken der historischen Ereignisproduktion, die diese Interpretation der Schlacht von 1572 als historisch bedeutsam gefährdeten. Was damit gemeint ist, lässt sich aus der Korrespondenz des in Venedig residierenden, savoyischen Diplomaten erschließen. Bereits am 04. Oktober 1572 schrieb Gioseffo Parpaglia nach Turin, dass nun weitere Neuigkeiten zur Siegesnachricht (auiso della vittoria di n[ost]ra armata) in der Lagunenstadt eingetroffen waren. Zwei christliche Abenteurer hätten von einer Fregatte nahe am Hafen von Patras aus beobachtet, wie die Flotten der ›Heiligen Liga‹ und des Osmanischen Reiches einander bekämpften. Sie berichteten auch, dass der gesamte rechte, osmanische Flügel zerstört und auch der linke Flügel im Begriff war, vernichtet zu werden. Noch während des Schlachtgeschehens seien die beiden dann nach Otranto übergesetzt und von dort aus weiter nach Rom gereist, weil sie sich vom Papst und anderen Herrschern eine reiche Belohnung dafür versprachen, dass sie als erste die Siegesnachricht überbrachten. Der römische Kurier, so Parpaglia weiter, habe in Venedig dann von einem sicheren Sieg gesprochen, um noch gößere finanzielle Zuwendungen zu erhalten. Parpaglia mahnte zur Zurückhaltung angesichts dessen, dass die Information zum Ausgang der Schlacht von einem Zeitpunkt stammte, als die Schlacht selbst noch gar nicht entschieden war. Dennoch ging er von der grundsätzlichen Richtigkeit dieser Zeittung auch dann aus, wenn dem in der Zwischenzeit in Venedig ein2085 Ebd., fol. 39r, Zeittungen (aus dem Kaiserhofumfeld) an Johann Georg von Brandenburg, Altenkirchen, 23. Oktober 1572. 2086 Ebd.

588

Das Ereignis Lepanto

getroffenen Schreiben des in Rom residierenden Botschafters zu entnehmen war, dass dieser bislang nichts von einem solchen Sieg wisse. Laut Parpaglia müsse das daran liegen, dass das Schreiben in Rom aufgesetzt worden ist, als dort die Siegesnachricht noch gar nicht bekannt war. Offensichtlich war der venezianische Rom-Botschafter also noch nicht informiert gewesen, als er seinen Brief an die Serenissima sandte. Optimistisch stimmte den savoyischen Repräsentanten auch, dass andere Avvisi gleichfalls von einem Sieg berichteten. Diese Kunde sei von versklavten Christen überbracht worden, die während der Schlacht fliehen konnten.2087 Doch der Diplomat täuschte sich: Elf Tage nach dem ersten Eintreffen der in Venedig euphorisch aufgenommenen Nachricht eines zweiten Lepantos schrieb Parpaglia voller Ernüchterung einen weiteren Brief an den savoyischen Herzog. Es habe sich alles, so der Repräsentant, um die Erfindung eines Sklaven gehandelt und auch der römische Kurier habe sein Übriges zur Ausschmückung der überaus wagen Siegesnachricht (auiso della vittoria) beigetragen. Wegen seiner »Gier« nach finanzieller Belohnung für einen als sicher geglaubten Sieg der ›Heiligen Liga‹ sei er in der Zwischenzeit auch inhaftiert worden.2088 Aufgrund der Praktiken der Ereignisproduktion, die im Vorjahr zahlreiche Akteure beispielsweise durch die rasche Übermittlung der Lepanto-Zeittung zum Erhalt beachtlicher Belohnungen genutzt hatten, konnte also auch dieses Geschehnis als vermeintliches Ereignis – und letztlich eben als Fehlmeldung gerade als NichtEreignis – definiert werden.2089 2087 AST, Materie politiche per rapporto all’estero, Lettere Ministri, Venezia, m. 1, fasc. 6, Gioseffo Parpaglia an Emanuel Philibert von Savoyen, Venedig, 04. Oktober 1572. 2088 Ebd., Gioseffo Parpaglia an Emanuel Philibert von Savoyen, Venedig, 11. Oktober 1572, fol. 1r: »ingordigia di mancia«. 2089 Hierzu siehe Kapitel II.6.ii. Die Nachricht als Ereignis: Eine Kartografie der ersten LepantoNachrichtenzirkulation. Folglich ließe sich auch die Frage stellen (und ich danke Dr. Kate Fleet, University of Cambridge, dass sie mich auf diese hinwies), weshalb Lepanto (1571) und nicht Malta (1565) eine solche Bedeutsamkeit als Ereignis zu generieren vermochte. Eine Antwort darauf liegt in der Vielzahl an Herrschaften, die während der Seeschlacht von Lepanto, nicht jedoch bei Malta mit den Osmanen kämpften. Damit multiplizierten sich auch die Inanspruchnahmen Lepantos als herrschaftliches Ereignis, das dieses als christlichen Sieg memorierte. Dennoch war der Vergleich zwischen Malta und Lepanto bei Zeitgenossen nicht ungewöhnlich: Beispielsweise schrieb Scipione Corbinelli drei Tage nach der Seeschlacht an seinen Bruder, dass die Schlacht ihm als »ein neues Malta« mit »großem Elend der unglücklichen Türken« erscheine. Doch noch am Ende desselben Briefes relativierte er den Vergleich, denn einen solchen Sieg wie Lepanto habe er weder in Malta noch in Frankreich oder andernorts in der Welt gesehen. Eine »größere und schönere Schlacht als diese« Lepantos habe es nirgends zuvor gegeben. ASFi, Archivio Mediceo del Principato, 4025, fol. 579r, Scipione Corbinelli an seinen Bruder, »Porto Candela«, 10. Oktober 1571: »che à me è parso di ueder una nuoua Malta; mà gran miseria de l’infelici Turchi«; »ueder cosi bella giornata con Vitt.a et sanità, che di tante, che n’hò uisto, e, à Malta, et in Francia non credo, che mai al Mondo si possa uederla maggiore, et più bella battaglia di questa«. Vgl. zudem Mas: Les turcs dans la littérature espagnole. Bd. 1, S. 190f.

Connected Histories

589

Das Beispiel verdeutlicht damit anschaulich eine grundlegende Erkenntnis dieser Studie, die nicht allein für die Erforschung der Seeschlacht von Lepanto, sondern ebenso für die Geschichtswissenschaft bedeutsam ist. Es sind weniger Strukturen, über die Historiker Ereignisse definieren, als vielmehr die konkreten Praktiken der Zeitgenossen, die als Produktionsweisen historischer Wirkmächtigkeit und Deutungen zu untersuchen sind. Wenn statt einer Ereignisgeschichte eine Geschichte des Ereignisses erforscht wird, so untersucht diese histoire de l’événement die Produktion von Geschichte innerhalb konkreter, historischer Machtkonstellationen. Um den Fallstricken der »trügerischen Selbstverständlichkeit«2090 historischer Ereignisse zu entgehen, lohnt sich eine reflexive Dezentrierung, in der die Existenz »vieler konkurrierender Geschichten« durch das »historiographische Durcharbeiten und Diskutieren vieler möglicher Geschichten« ernst genommen wird.2091 Damit wird eine histoire de l’événement als »relationale«2092 und »offene Geschichte«2093 konzipiert, in der vermeintlich ahistorische Ereignisse als événements humaines akteursspezifisch und lokal historisier- sowie kontextualisierbar sind.2094 Mit anderen Worten: Lepanto war kein Ereignis per se, sondern wurde durch Akteure und deren Praktiken der Teilhabe historisch zu einem solchen gemacht.

2090 2091 2092 2093

Ricœur: Temps et récrit. Bd. 1, S. 138: »l’évidence trompeuse«. Hausen: Nicht-Einheit der Geschichte, S. 38f. Davis: Decentering History, S. 190: »history is always relational«. Ulbrich: Shulamit und Margarete, S. 306. Siehe auch ebd., S. 8. In literarischem Sinne auch Elias Canetti: Aufzeichnungen. 1973–1984. München/ Wien 1999, S. 20, 62: »So sind die Aufzeichnungen zu einer Form geworden. Es ist kein Ende ihrer Fassungskraft. Alles, was darin fehlt, ist wichtig. Der Leser bringt sich selbst als Ergänzung.«; »Gedanken, die sich in den falschen Schwanz beißen. Gute Gedanken enden wie ein offener Mund.« 2094 Braudel: Geschichte als Schlüssel zur Welt, S. 30; Trouillot: Silencing the Past, S. 27; Nora: Retour de l’événement. Zu einer kritischen Besprechung dieses Terminus’ siehe Kapitel I.3.i. Histoire de l’événement.

IV.

Anhang

IV.1. Quellenverzeichnis IV.1.i. Handschriftliche Quellen und museale Artefakte Antwerpen Museum Plantin-Moretus (MPM)

Plantin-Moretus Archief: 7; 49; 76; 77; 81; 82; 84; 87; 89–91; 95bis, A.c.1; 95bis, A.c.2; 95bis, B.a.6.

Stadsarchief (SA) PK: ## 106; 916.

Augsburg Stadtarchiv Augsburg (StadtAA)

Evangelisches Wesensarchiv, Akten: Nr. 48. Militaria: Fasz. 56; 195. Reichsstadt Chroniken: Nr. 14/I; 14/II; 15/I; 15/II; 22–25. Rat, Literaliensammlung: Karton 119. Rat, Protokolle: Nr. 37. Strafamt: Nr. 99; 100.

Barcelona Arxiu de la Corona d’Aragó (ACA)

Consejo Supremo de Aragón: leg. 254, nº 84; leg. 254, nº 84a; leg. 254, nº 93.

592

Anhang

Arxiu de la Catedral (ACB)

Cartes enviades: vol. 4. Cartes rebudes: vols. 8; 9. Liber resolutionum dictus de la civella ab anno 1501 ad 1624: t. 1. Llibre de Deliberacions capitulars: 1523–1555; 1575–1581. Llibre de la Confraria del Santo Cristo de Lepanto: t. 1; 2. Llibre de Resolucions capitulars: 1600 (maig)–1608 (maig). Notaris de l’escrivania del Capítol de la Catedral de Barcelona: vol. 650. Notaris públics de la ciutat: vol. 578.

Arxiu Històric de la Ciutat de Barcelona (AHCB) Bosses de deliberacions: 1C.XIII-17. Deliberacions, 1B. II: 79–81. Dietari: 19. Lletres closes: 1B. VI-59.

Berlin Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK)

I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten: Nr. 11253.

Brüssel (Bruxelles) Archives de la ville de Bruxelles/ Archief van de Stad Brussel (AVB/ASB)

Cartulaires. Actes des magistrats. Registres aux privilèges. Règlements. Ordonnances et placards: XIII; XV.

Rijksarchief te Brussel I (Anderlecht) / Archives de l’État à Bruxelles I (Anderlecht), (RBA/ AEBA)

Oud archief van de kapittelkerk van Sint-Michiel en Sint-Goedele te Brussel, Acta Capitularia: 915.

Budapest Országos Széchényi Könyvtár Budapest (OSK) Röpl.: 281.n [Röpl. 283 (10)].

Cambridge Fitzwilliam Museum Cambridge (FMC)

C.: 100–1927; 1406–1928.

Quellenverzeichnis

M.: 29.

Magdalene College (MCC)

Pepys Library: 1477; 2425; Vol. II (2870).

Trinity College (TCC) 0.17.2.

Chicago Newberry Library (NL) Case MS.: J93.154.

Dessau Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung DE (LHASA, DE) Z 4 V, 405: Nr. 17. Z 6: Nr. 72; 1311. Z 6 Anhalt. F. Bernhard VIII.: Nr. 8. Z 70, A 17a: Nr. 48.

Dillingen Fugger-Archiv (FA)

1.1.8 c 1/3; 1.2.5–1.2.7. Hs. F6h.

Dresden Kupferstichkabinett Ca 170.

Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsHStA Dresden)

10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv) 063. Handschreiben: Loc. 08501/04; Loc. 08503/11. 188. Türkei: Loc. 10520/02–03. 203. Zeitungen: Loc. 10696/11; Loc. 10696/12; Loc. 10720/11.

Sächsische Landesbibliothek (SLUB) Mscr. Dresd.: J2a; F.128.

593

594

Anhang

Staatliche Kunstsammlungen Dresden (SKD) Inv.-Nr.: Y 72.

Stadtarchiv Dresden (StadtAD)

2.1 Ratsarchiv: A.II.100.c; A.XXIV.63.h; A.XXIV.63.i. 2.2 Landtagsvertretung: L.A.1.

Düsseldorf Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland (LA NRW Abt. Rhld.) Kleve-Mark, Akten: Nr. 1104.

Edirne Selimiye Yazma Eser Kütüphanesi (SYEK)

Nr.: 2162.

Florenz (Firenze) Archivio Capitolo Metropolitano Fiorentino (ACMF)

Atti in originale e in copia, scritture varie: 3 (scaffale H-139); 14 (scaffale H-137). Libri di feste e uffizi: 12 (scaffale G-92). Partiti e deliberazioni: 3 (scaffale A-16).

Archivio di Stato di Firenze (ASFi)

Archivio Mediceo del Principato: 1; 54a; 231; 238–241; 481; 482; 566–569; 571; 576; 579; 581; 1212/B; 1830–1837; 2131; 2635; 2636; 2860; 2880; 2892; 2976; 2980; 2981; 3005; 3080; 3081; 3090; 3110; 3254; 3290; 3474; 3597; 3736; 4025; 4051; 4153; 4274; 4277; 4279; 4331. Consiglio dei Dugento: 5; 6. Guardaroba Mediceo: 79; 87; 142. Manoscritti: 125–146; 147; 171; 659. Miscellanea Medicea: 370; 452; 513.

Biblioteca Medicea Laurenziana (BML) Mediceo Palatino: 218–220.

Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze (BNCF) R. C.: 199.

Quellenverzeichnis

595

Genua (Genova) Archivio Diocesano (ADG) Nr.: 186; 382; 400–402.

Archivio di Stato di Genova (ASGe)

Archivio Segreto: 461; 473B; 816; 1015; 1966; 1967; 2170; 2328; 2342; 2413; 2414; 2525; 2635; 2647. Camera del governo e finanze: 41; 1986; 2232; 2233. Magistrato delle galee: 1–3. Senato, Senarega: 1384–1391.

Konstanz Stadtarchiv Konstanz (StadtAKon) H III: Band 10 (alt: H IX, F. 53).

Kraków (Krakau) Museum Czartoryski (MC) XIV-792/1–9.

Köln Historisches Archiv der Stadt Köln (HAStK) Best. 7008 (Handschriften (GB oktav)): 170.

Leiden Universiteitsbibliotheek Leiden (UBLeid) BPL: 1758. Cod. Or.: 222; 228.

Leipzig Stadtarchiv Leipzig (StadtAL) Jahresrechnung des Rats: 1571. Ratsbeschlüsse: 1479–1531. Ratsbuch: 1571; 1572.

596

Anhang

Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (SML) Inv.-Nr.: MS/886/2004.

Lissabon (Lisboa) Biblioteca da Ajuda (BAL) BA - 49-X-5.

London Arcadian Library (Arc. Lib.) Turcica: I–XXXII.

British Library (BL)

Add: 8314. Or: 12173.

British Museum (BM)

Department of Prints and Drawings: Y.8-113; 1845,0809.1476; 1861,0810.4; 1862,1011.588; 1868,0822.8563; 1871,0812.4656; 1871,0812.4657; 1871,0812.4658; 1871,1209.4735; 1872,0608.515; 1873,0809.799; 1895,0612.41; 1895,0612.42; 1902,0617.166; 1947,0319.26.75; 1957,0413.165. Am2006,Drg.31219.

The National Archives of the UK (TNA)

PRO [Public Record Office]: 30/25/17. SP: 70/120–122; 70/129 A; 70/130; 70/132.

Los Angeles The Getty Research Institute, Research Library (GRI) Accession Number: 940050.

Madrid Archivo Histórico Nacional (AHN)

Colección Documentos de Indias, diversos colecciónes: 25, N.11–17. Consejo de Órdenes, Caballeros Santiago: Exp. 3084. Tribunal de Distrito de la Inquisición de Toledo: 68, Exp. 12.

Quellenverzeichnis

Archivo de Villa (AVM)

Actas: 19 [Microfilm 396/87].

Biblioteca Nacional de España (BNE) MS: 783; 18634/3.

Museo Naval (MNM)

Inv. n°: 75; 78; 87; 98; 99; 103; 105; 109; 1630; 1713; 1851; 3095.

Real Academia de la Historia (RAH)

2/Ms Caja 3 nº 39. 9/4247 (nº 139); 9/4254 (nº 2).

Real Armería, Palacio Real (RA)

D: 88. E: 62bis. H: 15; 16; 20; 26. J: 150–158. K: 181. L: 16–18. M: 1–41.

Real Biblioteca, El Escorial (RB)

Fondo Gondomar: II/2211, 56; II/2211, 68.

Mailand (Milano) Archivio di Stato di Milano (ASMi)

Archivio Ducale, atti sovrani, dispacci reali: 22. Atti di governo, potenze estere post 1535: 91; 190; 219; 220. Carteggio delle Cancellerie dello stato: 285.

Biblioteca Ambrosiana (BAM) A: 244 inf.

Mantua (Mantova) Archivio di Stato di Mantova (ASMa) Archivio Gonzaga: 301; 731; 1504.

597

598

Anhang

Modena Archivio di Stato di Modena (ASMo)

Archivio per materie, spettacoli pubblici: 9/A; 9/B. Cancelleria ducale Carteggio principi esteri: b. 1300/15. Estero, avvisi e notizie dall’estero: 7. Estero, carteggio ambasciatori, Francia: b. 60. Estero, carteggio ambasciatori, Levante: b. 1. Estero, carteggio ambasciatori, Napoli: b. 11. Estero, carteggio ambasciatori, Roma: b. 84. Estero, carteggio ambasciatori, Spagna: b. 10. Estero, carteggio ambasciatori, Tunisia: b. 1. Estero, carteggio ambasciatori, Venezia: b. 54. Casa e stato, corte: 455; 461; 473. Casa e stato, ramo ducale, principi regnanti: 331; 332.

Biblioteca Estense (BE)

Fondo Estense: Italiano 981, alpha H.9.2.

Mühlhausen Stadtarchiv Mühlhausen (StadtAMühlhausen)

10/G 26: Nr. 1.

München Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (BHStAM)

Pfalz-Neuburg Akten: 793 VI (1); 793 VII (1); 798; 804; 821–824; 852–867; 888; 892; 896/2; 896/3; 918–927; 1121; 1341; 1445; 1509/2; 1967; 2838; 3159. Kopialbücher: 142.

Bayerische Staatsbibliothek München (BSB)

Cod. germ.: 929; 5020; 5864 (1–5); 9460. Cod. icon.: 380; 392a. Cod. ital.: 90; 300.

Münster Stadtarchiv Münster (StadtAM)

Ratsarchiv (Altes Archiv), A XV Fürstbischöfe: Nr. 17.

Quellenverzeichnis

599

Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen (LA NRW Abt. Westf.) Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Akten: Nr. 8423a. Haus Ermelinghof, Urkunden: Nr. 153, 154.

Neapel (Napoli) Archivio di Stato di Napoli (ASN)

Archivio dei vicerè Carte delle galere: n. 6; 7; 10; 11. Scritture diverse della Segreteria del Vicerè (Viglietto originali): 1. Castelli del Regno: b. 3. Consiglio Collaterale, serie Curiae: vol. 23–26. Sommaria, Documenti di contabilità, Galere: n° 143–145. Excerpta: fasc. 556. La Santa Casa della Redenzione dei cattivi: 3; 4; 21; 38. Corporazioni religiose soppresse, Primo versamento, SS. Severino e Sossio – Benedettini di Napoli: 1833.

Archivio Storico Diocesano di Napoli (ASDN)

Sant’Ufficio: 4.79 (1567); 9.125 (1569–1573); 9.129 (1569–1570); 11.145 (156?-156?); 11.146 (1570–1571); 12.155 (1571); 12.159 (1571); 14.177 (1571); 14.178 (1571); 14.181–189 (1572); 15.191–202 (1572); 15.205–210 (1572); 15.221 (1573); 16.212 (1572–1573); 17.217 (1572–1573); 17.221 (1573); 18.237 (1573); 19.242 (1574–1585); 23.271 (1575–1576); 23.273 (1575–1581); 25.280 (1575–1578).

Biblioteca nazionale Vittorio Emanuele III Napoli (BNN) Ms.: XIII, AA. 63.

Conservatorio di Musica San Pietro a Majella (CMSPM) OA: 507113.

Nürnberg Germanisches Nationalmuseum (GNM) Med: 350; 912; 1218; 1770; 4079. T: 555; 560. W: 1217; 1218; 1220.

Staatsarchiv Nürnberg (StAN)

Reichsstadt Nürnberg (Rst. Nbg) Geheime Verlässe der Herren Älteren: Nr. 1. Handschriften: Nr. 22–33a; 46–53; 106; 210/I–VIII.

600

Anhang

Ratsbücher: Nr. 34. Ratskanzlei, Briefbücher des Inneren Rates: Nr. 184; 185. Verlässe der Herren Älteren: Nr. 6. Verlässe des Inneren Rates: Nr. 1334–1336; 1338; 1339; 1341.

Stadtarchiv Nürnberg (StadtAN) A 6/I F 1: Nr. 25; 33–35; 41; 42.

Oxford Bodleian Library (Bodl.) Baroc.: 170.

Paris Archives nationales (AN)

Archives du Bureau de la Ville de Paris, Registres des délibérations: H 1786; H 1786². Archives du Bureau de la Ville de Paris, troisième série chronologique (fêtes et cérémonies organisées par le corps de ville ou auxquelles il a participé à l’occasion d’événements divers): K 998. Monuments ecclésiastiques, registres, archevêché et église cathédrale de Paris, Chapitre de Notre-Dame et établissements dépendants Extraits de Sarrasin: LL 260. Registres capitulaires: LL 156–158. Monuments ecclésiastiques, registres, archevêché et église cathédrale de Paris, collégiales et paroisses du diocèse de Paris, Sainte-Chapelle du Palais, Registres capitulaires: LL 599. Parlement de Paris, Parlement civil Lettres reçues ou envoyées par le Parlement: X1A 9317–9324bis. Minutes, Conseil: X1B 625; X1B 626. Parlement de Paris, registres du Conseil: X1A 1633.

Bibliothèque national de France (BnF)

Département des estampes et de la photographie, rés.: 4-AD-134. Département des manuscrits arabe: 438.

Quellenverzeichnis

601

Pisa Archivio di Stato di Pisa (ASPi)

Ordine dei Cavalieri di Santo Stefano (OSS) Auditori, Filze straordinarie: n. 2315, affare 525. Auditori, Negozi dell’Auditore: n. 2127; 2128; 2209, affare 99. Consiglio dei XII Cavalieri, Zibaldone: n. 1409. Consiglio dei XII Cavalieri, Partiti del Consiglio, Bozze di Partiti del Consiglio: n. 681. Consiglio dei XII Cavalieri, Copialettere del Consiglio, poi della Cancelleria: n. 843. Contabilità della Chiesa, Messe: n. 7299. Soprintendente ed operaio, Inventari dei Palazzi, delle Chiese e degli altri beni dell’Ordine: n. 2642.

Biblioteca Universitaria di Pisa (BUP) Ms.: 1033.

Princeton Princeton University Library (PUL)

John Hinsdale Scheide Collection: # 262–7908. Kane MS.: 57.

Recklinghausen Stadt- und Vestisches Archiv (SVA)

St.A. I, R 4a.

Rom (Roma) Accademia Nazionale dei Lincei, Biblioteca Corsiniana (BCors) Cod.: 33-G-24.

Archivio di Stato di Roma (ASR) Archivio Santacroce: vol. 40.

Archivio Doria Pamphilj (ADP)

Scaff.: 70, b. 24, int. 1; 70, b. 24, int. 2; 70, b. 24, int. 15; 70, b. 25, int. 7; 70, b. 25, int. 14; 70, b. 25, int. 15; 70, b. 25, int. 16; 76, b. 21, int. 4; 76, b. 33, int. 1; 79, b. 53, int. 4; 79, b. 53, int. 4 A; 79, b. 53, int. 4C; 79, b. 53, int. 5 A; 79, b. 53, int. 10; 79, b. 53, int. 11; 80, b. 22, int. 16.

602

Anhang

Archivio Storico Capitolino (ASC)

Camera Capitolina: cred. I, t. 24; cred. I, t. 25. Archivio Orsini b.: 158 I.

Deutsches Historisches Institut Rom/ Istituto Storico Germanico di Roma (DHIR)

Cod. Min.: 7, 31a; 7, 34–39; 7, 42; 21, 13; 21, 14; 29, 22; 29, 23; 31, 18–21; 32, 1–4; 33, 3; 34, 2; 34, 3; 34, 6.

Fondazione Camillo Caetani (FCC)

Archivio Caetani (AC), Fondo generale: 1571 dicembre 30, 27209 (c-8924); 1573 marzo 15, 14589 (c-9197); 1573 marzo 15, 14590 (c-9198).

San Marino The Huntington Library (HL) EL 9 H 13.

Schwäbisch Hall Stadtarchiv Schwäbisch Hall (StadtASH)

4/480.

Sevilla Archivo de la Santa Catedral Metropolitana (ACS)

Secretaria, Actas Capitulares (Autos Capitulares): L.31; L.32.

Archivo General de Indias (AGI)

Audiencia de Guadalajara: 28, R.12, N.61; 30, N.13; 230, L.2; 230, L.3. Audiencia de Lima: 28 A; 28B. Audiencia de México: 19, N.74; 217, N.29. Catálogos de Pasajeros a Indias: L.6., E.462. Filipinas: 8, R.1, N.19; 19, R.7, N.104; 28, N.67; 76, N.15; 76, N.57; 77, N.21; 79, N.59; 84, N.145; 165, N.79; 166, N.2; 290, N 33; 294, N.37; 296, N.59; 296, N.64; 296, N.69. Indiferente General: 416, L.6; 421,L.11; 426, L.25; 427, L.30; 739, N.55; 739, N.56; 1222; 1646; 1804; 1969, L. 22. Justicia: 148, N.2, R.1; 1168, N.2. Patronato Real: 78B, N.1, R.10; 78B, N.2, R.10; 126, R.8; 127, N.2, R.4; 130, R.5; 137, N.1, R.3; 152, N.5, R.2; 215, R.2; 292, N.3, R.41; 293, N.8, R.1.

Quellenverzeichnis

Archivo Municipal de Sevilla (AMS)

Sec. X. Actas Capitulares: H-1531; H-1534.

Siena Biblioteca Comunale (BCS) Ms.: L. IV. 39.

Simancas Archivo General de Simancas (AGS)

Contaduria Mayor de Cuentas, segunda epoca: leg. 135; 810; 820; 983. Estado Génova: leg. 1401. Milán: leg. 1230–1232; 1235. Nápoles, Virreinato: leg. 1060; 1061. Roma: leg. 915–917. Sicilia: leg. 1134–1136. Venecia e Islas Jónicas: leg. 1328–1331; 1500–1502; 1504; 1507; 1509; 1520. MDP: 10, 23; 10, 81. Patronato Real: leg. 17; 38.

Stuttgart Württembergische Landesbibliothek (WLB)

Cod. hist.: 4° 298. 299.

Subiaco Biblioteca di Santa Scolastica (BSS)

Archivio Colonna: II.C.: E.25; F.1–4; F.6. Carteggi, Personaggi illustri, Cassetta BZ: fasc. 62.

Turin (Torino) Archivio di Stato di Torino (AST)

Archivio Provana di Leynì, Conti per le galere, categoria prima: m. 1.

603

604

Anhang

Camera dei Conti Piemonte, Real casa: art. 217, m. 4; art. 232 (Conti approvati, miscellanea. Lettera A in Z per stipendi, ambasciate, viaggi, imprese, bastimenti, galere, crediti verso il sovrano), m. 1; art. 232 (Conti approvati, miscellanea. Lettera A in Z per stipendi, ambasciate, viaggi, imprese, bastimenti, galere, crediti verso il sovrano), m. 3; art. 232 (Conti approvati, miscellanea. Lettera A in Z per stipendi, ambasciate, viaggi, imprese, bastimenti, galere, crediti verso il sovrano), m. 4. Materie militarie, Imprese: m. 1. Materie politiche per rapporto all’estero Corti estere, Turchia – Porta Ottomana: m. 1. Lettere Ministri, Francia: m. 3. Lettere Ministri, Roma: m. 4; 5. Lettere Ministri, Spagna: m. 1. Lettere Ministri, Venezia: m. 1.

Valencia Archivo del Reino de Valencia (ARV) Registro de Baylía: 207.

Vatikan (Città del Vaticano) Archivio della Congregazione per la Dottrina della Fede (ACDF) Siena, processi: 11.

Archivio Segreto Vaticano (ASVat)

A. A. Arm. I–XVIII: 2690. Fondo Pio: 112; 117 Segreteria di Stato Avvisi: 126. Napoli: 1. Spagna: 2.

Biblioteca Apostolica Vaticana (BAV)

Barb. lat. (Barberiniani latini): 4791; 5367. Chig. (Chigiani): L. II. 27. Urb. lat. (Urbinati latini): 818, 1; 841; 848; 854/II; 855; 857; 870; 1020; 1113; 1040–1043. Vat. lat. (Vaticani latini): 3351; 6190/II; 6792; 7484; 7750; 8663; 8877.

Quellenverzeichnis

605

Venedig (Venezia) Archivio di Stato di Venezia (ASVe)

Cinque Savi alla Mercanzia, N. S.: b. 187. Collegio Cerimoniali: reg. 1. Lettere comuni: filza 45. Lettere secrete: filza 26. Notatorio: filza 33; reg. 38. Relazioni finali di ambasciatori e pubblici rappresentanti, Provveditori generali da mar: b. 75. Suppliche: filza 3. Commemoriali: reg. 24. Compilazione leggi: b. 341. Consiglio di dieci Deliberazioni, Secrete: filza 15; reg. 8. Miscellanea, Codici: reg. 110. Lettere e Scritture turchesche: filza 3. Miscellanea materie miste notabili: b. 116–119. Miscellanea Codici, s. I: storia veneta: regg. 1–7 (= 17–23). Procuratori di San Marco, Procuratori »de supra«, chiesa: b. 98. Savi all’eresia (Santo Ufficio): b. 29; 33; 35. Scuola detta grande di S. Maria del Rosario, Atti: b. 315. Secreta, Avvisi: Sommari di Avvisi diversi, 1550–1572. Senato Deliberazioni, Costantinopoli: regg. 5; 8; 22; 46. Deliberazioni, Incanti di galere: reg. 5. Deliberazioni, Mar: filza 44; filza 49. Deliberazioni, Terra: filza 58; 61; regg. 39; 48; 49. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Costantinopoli: filza 5. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Francia: filza 7. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Germania: filza 3. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Milano: filza 2-II. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Napoli: filza 2. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Roma: filze 7; 8. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Savoia: filza 1. Dispacci, Dispacci degli ambasciatori e residenti, Spagna: filza 8.

Biblioteca Nazionale Marciana (BNM) MS gr. VII.: 3; 22. MS. It. VII: 390 (8872); 391 (8873).

Museo Civico Correr (MCCV)

Gabinetto dei Disegni e delle Stampe: Vol. St. E 9 bis. P.D.: 8114.

606

Anhang

Wien Kunsthistorisches Museum Wien (KHM)

Gemäldegalerie Inv.-Nr.: GG_8270. Hofjagd- und Rüstkammer Inv.-Nr.: A 547; A 693; A 878; A 1048a; A 1049; A 1106; A 1132; C 85; C 195.

Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA)

Finanz- und Hofkammerarchiv (FHKA) SUS: KS, S-095/1-2. Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA): Kriegsakten: 21–24. Länderabteilungen (LA): ÖA Kärnten 20-7; ÖA Kärnten 21-5. Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten: 42-1; 53-1; 63. Mainzer Erzkanzlerarchiv, Militaria: 5-3. Reichshofkanzlei, Ältere Zeremonialakten, Varia: 1. Reichshofkanzlei, Geschriebene Zeitungen: Fasc. 7a; 8; 10. Reichshofkanzlei, Zeremonialakten: Fasz. 35a; 35b. Reichshofrat, Grat. et Feud.: Mandate 3–36; Patentes und Steckbriefe 2–95; Patentes und Steckbriefe 4–93. Reichshofrat, Passbriefe: 3-3-27; 11-2-36; 15-1–46; 16-2-32. Staatenabteilung, Rom, Hofkorrespondenz: 5. Staatenabteilung, Rom, Korrespondenz: 39; 40. Staatenabteilung, Rom, Varia: 5. Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz: 7; 8. Staatenabteilung, Spanien, Varia: 3. Staatenabteilungen, Türkei I (Turcica): 28. Staatenabteilung, Venedig, Berichte: 11; 12. Ungarische Akten: Fasz. 97; 98; 375. Urkundenreihen, Lothringische Urkunden: 220.

Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB)

Cod.: 3325*; 8615; 8626; 8880*; 8949–8975; 10206.

Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)

Oberkammeramt, B 1/1. Reihe: Rechnungen: 1/103 (1571); 1/104 (1572).

Trˇebonˇ (Wittingau) Státní oblastní archiv v Trˇeboni/ Staatliches Regionalarchiv Wittingau (SoaT) Sammlung Historica: 4554; 4557; 4688; 4809; 4813; 4816; 4816a.

Quellenverzeichnis

607

Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek (HAB) 5.3 Geom.: (2–7); (2–28); (2–36).

Zürich Zentralbibliothek Zürich (ZBZ)

Handschriftenabteilung: MS A: 43–69. MS. F: 12–35.

Staatsarchiv des Kantons Zürich (StAKZ) E II: 335–383.

IV.1.ii. Gedruckte und edierte Quellen A., F.: SONETTO A M. CELIO MAGNO, SOPRA LA SVA CANZONE, NELLA VITTORIA DELL’ARMATA Christiana, contra la Turchesca. Venedig 1572. (AL, Turcica XII.187/ 15978; BNCF, Palat. 12.3.4.38XI). Academia de la Historia (Hg.): Colección de documentos inéditos para la historia de España. Bd. 3. Madrid 1843. Academia de la Historia (Hg.): Colección de documentos inéditos para la historia de España. Bd. 41. Madrid 1862. Accademia della Crusca (Hg.): Vocabolario degli accademici della crvsca […]. Venedig 1612. (BSB, 2 L.lat.f. 67). Adam, Konrad: Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen. Die Seeschlacht von Lepanto ist über 400 Jahre her. Der AfD-Politiker Konrad Adam ruft die Erinnerung wach. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 04. Januar 2015, S. 2. Adrario, Antonio: PER LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA, Di M. Antonio Adrario, da Cherso. O. O. O. J. (AL, Turcica II.40/15799; BNCF, Palat. 12.3.4.38III). Agaccio, Giovanni M.: AL SIG. DON GIOVANNI D’AVSTRIA, CANZONE. DI M. GIO. MARIA AGACCIO. Parma 1573. (AL, Turcica II.41/15800). Albèri, Eugenio (Hg.): Le relazioni degli ambasciatori veneti al Senato durante il secolo decimosesto. Appendice. Florenz 1863. Albèri, Eugenio (Hg.): Relazioni degli ambasciatori veneti al Senato. Bde. III, 1–3. Florenz 1840–1855. Albèri, Eugenio (Hg.): Relazioni degli ambasciatori veneti al Senato. Bd. 5 (II, 2). Florenz 1841. Albèri, Eugenio: Relazioni degli ambasciatori veneti al Senato. Serie II. Bd. 2. Florenz 1841. Albertonio, Francesco: L’ENTRATA CHE FECE L’ECCLLENTISSIMO SIGNOR MARC’ANTONIO COLONNA IN ROMA ALLI 4. DI DECEMBRE 1571. Doue minuta-

608

Anhang

mente si narra il viaggio, il numero delle genti, l’ordin, e le liuree, & altre cose simili, che v’interuennero. Con l’auiso della solennità, che fu poi fatta in Santa Maria d’Aracæli il giorno di Santa Lucia. Cauata d’vna lettera di M. Francesco Albertonio Gentil’huomo Romano. Viterbo 1571. (BCas, Vol. Misc. 2244.13; BnF, Italian books before 1601, 190.4). Alfen, H. van: Kroniek eener kloosterzuster van het voormalig bossche klooster »Marienburg« over de troebelen te ’s-Hertogenbosch e. e. in de jaren 1566–1575. ’s-Hertogenbosch 1931. Aliprandi, Ortensia N.: CANZONE DELL’ILLVSTRE SIGNORA HORTENSIA NVVOLONA Aliprandi, per occasion della Vittoria. O. O. O. J. (AL, Turcica II.42/15801). Allegri, Giovanni: Salus autem Iustorum A Domino Deo est. Venedig 1570. (AL, Turcica II.43./15802). Altani, Federigo: MEMORIE INTORNO ALLA VITA DI MONSIGNOR MINUCCIO MINUCCI ARCIVESCOVO DI ZARA ec. DESCRITTE DAL CONTE FEDERIGO ALTAN DE’CONTI DI SALVAROLO. Venedig 1757. (DHI, Fk 2145). Álvarez de Toledo, Fernando: COPIE. Don Fernando Aluarez de Toledo, Duc d’Alua, &c. Lieutenant, Gouuerneur, & Capitaine general. TReschiers & bien amez. Nous vous tenons records des exhortations […]. Gent 1571. (UBGent, 1498). Álvarez de Toledo, Fernando: Epistolario del III Duque de Alba, Don Fernando Álvarez de Toledo. Bd. 2. Madrid 1952. Amalteo, Cornelio: CORNELII AMALTHEI PROTHEVS. Hoc poe[m]mate auctor multo ante pugnam naualem ad Echinadas, futuram uictoriam uaticinatus est. Venedig 1572. (AL, Turcica II.44/15803). Amalteo, Cornelio: SERENISSIMO PRINCIPI IOANNI AVSTRIO, DIVI CAROLI V. AVG. F. ET Christianæ claßis Imperatori. CORNELIVS AMALTHEVS. PROTEVS. Venedig 1572. (AL, Turcica II.45/15804). Amalteo, Giovanni B.: CANZONE DI M. GIO. BATTISTA Amaltheo. ALL’ILLVSTRISS.mo ET ECCELL.mo SIG. MARC’ANTONIO COLONNA General dell’Armata di S. Chiesa, Sopra la Vittoria seguita contra l’Armata Turchesca. Venedig O. J. (AL, Turcica II.46/ 15805) Amalteo, Giovanni B.: CANZONE DI M. GIO. BATTISTA Amaltheo. ALL’ILLVSTRISS.mo ET ECCELL.mo SIG. MARC’ANTONIO COLONNA General dell’Armata di S. Chiesa, Sopra la Vittoria seguita contra l’Armata Turchesca. Venedig 1572. (AL, Turcica II.47/ 15806; BNCF, Palat. 12.3.4.38IV; BNF, Italian books before 1601, 20.9). Angioli, Nicola degli: A PIO QVINTO NELLA VITTORIA DE CRISTIANI CONTRA TVRCHI, CANZONE DI NICOLA DE GLI ANGIOLI. O. O. O. J. (AL, Turcica II.48/ 15807). Anonym (B. L.): CAPITOLO A SELIN IMPERATOR de Turchi: Delle feste & allegrezze ch’ei faceua in Costantinopoli, & per tutta la Turchia: Della presa d’Isola di Cipro. Nuouamente composta & data in luce: Con tre Sonetti bellißimi. O. O. [Venedig] O. O. [1571]. (BL, 1071.g.7 (81)). Anonym (J. A. F Pauwels?/ Petrus Antonissen?): BESCHRYVING VAN DE KONSTRYKE VERCIERING EN VOORTREFFELYKEN TOESTEL, Verrykt door 56. Zinnebeêlden onder andere Verbeêldingen, Lof-schriften en doorwrogte Konst-çierzels zegenpraelgewys opgeregt, ter gelegentheyd van het TWEE HONDERD-JAERIG JUBILÉ Van de gedenkweerdige en overal beroemde VICTORIE, Door een Christene Vloot gelukkiglyk

Quellenverzeichnis

609

behaeld over een veel talryker Turksche Vloot by Lepanten in ’t Jaer 1571. […]. Antwerpen 1771. (UBGent, DEPD.B1126; SPK, L10). Anonym (Lope de Figueroa): Raccolto DI TVTTO IL SVCCESSO SEGVITO DA CHE SI FERMÒ LA SANTA LEGA DE’ Christiani per N. S. Pio Quinto sino a questo giorno. NEL QVALE SI CONTIENE OGNI PARTICOLAR auuiso della Battaglia & Rotta Nauale data dall’Armata Turchesca per il Sereniss. Don Giouanni d’Austria Generale dell’Armata di detta Santa Lega. PER AVVISI HAVVTI DA SVA SERENITA e da altri Signori ritrouatisi presenti in detto conflitto. Florenz 1571. (BAV, R.G.Miscell.III.806(int. 3); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 86r–91v). Anonym [Celio Magno?]: CANZONE SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA Della Santissima Lega NOVAMENTE SEGVITA contra il Turco. Venedig 1571. (AL, Turcica XX.11/10588). Anonym: AD DEVM DEPRAECATIONES DVAE, Psalmistico ordine, et ex Dauidicis Psalmis, alijsq[ue] Sacris scripturis de promptæ, Ob partam Victoriam contra Turcas. Venedig 1571. (AL, Turcica II.39/15798; BNM, Misc. 2046.22). Anonym: Aigentlicher Bericht: Wie es mit vbergebung der gewaltigen Statt Famagosta inn der Insel Zippern gelegen/ (nach lang werender vnd harter Belegerung deß Tu[e]rckischen Erbfeindes) ergangen ist. O. O. [Augsburg] O. J. (SUSBA, 4 Gs 2359-140). Anonym: Aller des Heiligen Ro[e]mis. Reichs gehaltenen Reichs=Ta[e]ge, Abschiede und Satzungen, Samt andern Kayserlichen und Ko[e]niglichen CONSTITUTIONEN […]. Frankfurt a. M. 1720. (UBLeip, Bibliotheca Albertina, Jus.publ.12). Anonym: Andere Warhafftige Newe Zeitung/ von dem grossen Sieg der Christen/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wider den Tu[e]rcken/ so bey dem Porto Le Pante (sonsten Naupactus genandt) aus sonderbarer schickung Gottes erhalten worden/ den 7. Octobris/ Jm Jar 1571. Sampt gewisser verzeichnus/ was auff beiden seiten/ von fürtrefflichen Leuten gewesen/ vnd zum theil gefangen vnd blieben sein. Leipzig 1571. (ULB Sachsen-Anhalt, AB 155691 (7)). Anonym: Außzug Newer zeitungen. Auß der Ro[e]m. Kai. Mei. Feldleger in Vngern/ zwischen Raab vnd Gamorrenn/ vonn dem 8. vnd 11. tag September. Anno 1566. Augsburg O. J. (AL, Turcica I.28/15787). Anonym: Auusi nuouamente venuti da Corfù, ne quali si contengono alcuni segno apparsi auanti la giornata nauale, il vero numero delle galere Turchesche prese, delle artiglierie, delli Schiaui, & d’altri bottini ricchi. E la diuisione de tutte le sudette cose, tra il Papa, il Re nostro Signore, & Venetiani, e cosi anco de i prigioni di co[n]to, & altre cose notabili e degni, non piu stampate. Mailand 1571. (AGS, Estado (EST), Sicilia, leg. 1134, doc. 168). Anonym: AVISI DE DIVERSE PARTE, SI DE CONSTANTINOPOLI, COME DE Negroponte, de Rodi, quali da minutissimo raguaglio de molte cose degne da esser intese, con diuersi auisi delle Armate della Santa Lega, circa delle honorate prouesione fatte dopo la felice giornata, descrite dal S. Don Gioan d’Austria Generalissimo della Santa Lega. Verona O. J. [ca. 1571]. (AL, Turcica I.35/15794). Anonym: AVISO DE CAPITOLI DELLA LEGA Tra Sua Santità, e’l Re Cattolico, e la Signoria di Vinezia, contro allo stato, e confederati del Turco. […]. Florenz 1571. (AL, Turcica III.58/15817). Anonym: AVVISI DI TVTTO IL SVCCESSO DELLA ARMATA. SCRITTI DA VN GENTIL’huomo Viniziano, & con tutti i particolari, e co[n] tutto il danno de’paesi, e città

610

Anhang

prese da’Turchi, dalla partita di Costantinopoli, fino all’ariuo delle Cruciolare. Con altri auuisi del Moscouito, e dell’Ammiraglio di Francia. Et con l’allegrezza fatta da Sua Santità, per la felicißima Vittoria. Florenz 1571. (AL, Turcica III.59/15818). Anonym: BELLA; DOTTA; ET GIVDITIOSA CANZONE VENVTA DA VERONA, FATTA IN LODE DELL’ECCELLENtissimo General Veniero, per causa della già felicissima ottenuta VITTORIA. Venedig 1573. (AL, Turcica III.55/15814). Anonym: BREVE RELATIONE Di quello, che appartiene allo STENDARDO principale preso nella rotta data all’Esercito Ottomano sotto Vienna, E MANDATO IN DONO ALLA SANTITA’ DI N. S. PAPA INNOCENTIO XI. DALL’INVITTISSIMO RE’ DI POLONIA GIOVANNI III. Rom 1683. (BCors, 173.A.13 (10)). Anonym: CANTICO REPREHENSIBILE DE SIER ALESSIO DE I DISCONZI A SELIN IMPERATOR DE TVRCHI. O. O. O. J. (AL, Turcica IV.76/15835; BNM, Misc. 2046.13). Anonym: CANZONE AL SIGNOR DIO SOPRA LA FELIC.ma VITTORIA DELL’ARMATA DELLA SANT.ma Lega, contra la Turchesca. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica IV.78/ 15837; ÖNB, 74.J.125). Anonym: CANZONE BELLISSIMA FATTA NOVAMENTE DA VNA nobile Venetiana, in lode dell’Illustrissimo Procurator Veniero, per causa della ottenuta uittoria. Venedig 1573. (AL, Turcica III.56/15815). Anonym: CANZONE NON MEN BELLA CHE DOTTA, ET GIVDITIOSA, FATTA DA VN NOBILE VENEtiano, per causa della ottenuta Vittoria. Venedig 1573. (AL, Turcica III.57/15816). Anonym: CANZONE OVERO BARZELLETTA SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA CONTRA LA TVRCHESCA. In Lingua Forlana. Venedig 1571. (BL, 11426.d.15; BAless, N. C. 185.7). Anonym: CANZONE PER la Gloriosa Vittoria contra il Turco. CON DVE SONETTI, ET VN’EPIGRAMMA LATINO. Venedig 1571. (AL, Turcica V.80/15839). Anonym: CANZONE SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA CONTRA LA TVRCHESCA. Venedig 1571. (AL, Turcica XX.5/10545). Anonym: CANZZONE SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA contra la Turchesca. CON VN SONETTO APPRESSO. Venedig 1572. (AL, Turcica XX.7/10547). Anonym: CAPITOLO IN LODE DI TVTTI LI SOPRACOMITI, ET D’ALCVNI PRENCIPI, […]. Venedig 1572. (AL, Turcica V.84/15843). Anonym: CARMINA DE VICTORIA CHRISTIANORVM. Padua 1572. (AL, Turcica V.87/ 15846). Anonym: COMPOSITIONI DI DIVERSE SOPRA LA VITTORIA DE L’ARmata del Turcho cioe Stanze, Sonetti sopra, uarii suggetti in tal matteria. Et Vn sonetto in lingua Bergamascha ridichuloso tutte cose non piu stampate. O. O.[Venedig] O. J.[1571?] (AL, Turcica VI.91/15850; BL, 1071.g.7.(93)). Anonym: COPIA D’VNA LETTERA DELLA SIGNORIA DI VENEZIA. Al Signor Don Giouanni d’Austria, sopra l’allegrezza della vittoria, & offerta sopra l’impresa dell’Anno futuro. O. O. [Venedig?] 1571. (AL, Turcica VI.94./15853). Anonym: COPIA DEL VERO AVVISO DELLA PRESA DI TVNESI. CON IL PROGRESSO della felicissima Armata di sua Maestà Cattolica. Rom 1573. (BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 89r–92v).

Quellenverzeichnis

611

Anonym: COPIA DELL’AVISO VENVTO da Vinegia della felicissima vittoria ottenuta dalla potentissima armata della santa lega Christiana. La Dominica che fu alli 7. D’ottobrio. 1571. Pesaro 1571. (AL, Turcica VI.95/15855). Anonym: COPIA Di vna Lettera del Signore Secretario dell’Illustrissimo Signore Gio. Andrea D’oria. Con il vero disegno del luogo, doue è seguita la giornata, che fu il di de S. Marco Papa, & confeßore il di 7. d’Ottobre 1571. 40. miglia sopra Lepanto. O. O. O. J. (BCas, Vol. misc. 2244.9, BVR, S. Borr. Q. I. 301(5)). Anonym: COPIA DI VNA LETTERA VENVTA DA COSTANTINOPOLI ALLA SERENISSIMA SIGNORIA DI VENETIA, doue intenderete la solennissima audienza data dal gran Turco alli tre Clarissimi Ambasciatori Venetiani, insieme con la marauigliosa, & spauenteuole ordinanza di Caualeria, & di Gianizzeri ch’erano all’entrata di detti Signori Ambasiatori. Intenderete ancora l’apparato superbissimo delle stanze del gran Turco, & in che modo sta à dar audientia, con la marauigliose vista, & grandezza de’Bassa, si descriue ancora il superbo, & trionfante conuito fatto dalli Turchi alli Signori Ambasciatori, con altre cose degne di memoria. Ancona 1574. (AL, Turcica VI.97/15857). Anonym: Descriptione generale de gli auisi della gloriosissima & trionfante vittoria dela Almata Christiana, contra i Turchi, Venuta vltimamente, conseguita prima per miracolo del omnipotente Dio, & poi dalle inuittissime forze della sacra Lega, con tutto il successo de le grandi & marauigliose prodezze fatte dalli signori Christiani in combattere. Et le allegrezze grandi fatte nella Magnifica Citta di Venetia, con la liberatione de tutti i pregioni, in honore de la vittoria, & altre belle cose degne di esser lette. O. O. O. J. (AL, Turcica VI.101/15861). Anonym: DIALOGO DI CARACOSA, E CARONTE, IL quale gli nega il paßo della sua Barca. CON DVE BARZELLETTE noue sopra la Vittoria de Christiani, vna del Magagnò in lingua Rustica, et l’altra alla Venetiana. et vn Sonetto in Lingua Bergamesca. Cose piaceuole, et belle. O. O. [Venedig?] O. J. [1571?]. (BNM, Misc. 0169.012.B; BL, 1071.g.7 (91)). Anonym: DISCORSO SOPRA DVE GRANDI E MEMORABILI BATTAGLIE NAVALI FATTE NEL MONDO […]. Bologna 1572. (AL, Turcica VI.103/15863; CUL, Acton.d.23.442). Anonym: DISCORSO SOPRA IL PATER NOSTER IN LINGVA RVSTICA, Per LA VITTORIA DE’CHRISTIANI, contra Turchi. O. O. O. D. [1571]. (AL, Turcica VII.104/15864). Anonym: DISTINTA RELAZIONE DELLA NOBILISSIMA CAVALCATA FATTA Coll’occasione del Possesso del Senatorato di Roma preso alli 24. Gennaro 1712. Dall’Illustr.mo, & Eccell.mo Signor MARIO FRANGIPANE Marchese di Nemi, Con la Descrizione della Facciata, e Feste fatte NEL CAMPIDOGLIO. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 154r–157v). Anonym: DISTINTA RELAZIONE DELLA NOBILISSIMA CAVALCATA FATTA Dall’Illustrissimo, & Eccellentissimo Signor MARCHESE MARIO FRANGIPANI SENATORE DI ROMA. In occasione del Possesso preso da Sua Eccellenza nel Campidoglio. Con un racconto esattissimo delle Cerimonie seguite dell’Apparato Trionfale, e dell’Allegrezze fatte in tale occorenza. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 158r– 161v). Anonym: DISTINTA RELAZIONE DELLA SONTUOSA SPOSIZIONE DEL SS. SAGRAMENTO FATTA Nella Chiesa de’SS. LORENZO, e DAMASO Dall’Eminentiss., e Re-

612

Anhang

verendiss. Prencipe, IL SIGNOR CARDINALE PIETRO OTTOBONI VICE CANCELLIERE DI S. CHIESA &c. Nel Giovedì Grasso del Carnovale dell’Anno 1713. Rom 1713. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 164r–165v). Anonym: DISTINTA RELAZIONE DELLE DUE NOBILISSIME CAVALCATE, FATTE, UNA Per l’Eminentissimo, e Reverendiss. Sig. Cardinale ANNIBALE ALBANI Nipote di N. Signore Papa CLEMENTE XI. già Nunzio Apostolico in Germania; in occasione che l’Eminenza Sua si portò à ricevere il Cappello Cardinalizio, E L’ALTRA Per l’Eminentiss., e Reverendissimo Sig. Cardinale GIUSEPPE RENATO IMPERIALI Legato à Latere della S. Sede Apostolica all’Augustissimo Rè CALO III. in occasione che Sua Eminenza ritornò da Milano a Roma. Con un Racconto esattissimo delle Cerimonie, e Funzioni fatte ne’Concistori Publici, tenuti da Sua Santità, in tali occorrenze. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 150r–151v). Anonym: DVE CANZONI IN BARZELETTA, per i Putti da Cantar per S. Martino. Nuouamente poste in luce. O. O. [Venedig?] O. J. [1571?]. (BL, 1071.g.7.(95)). Anonym: Goleta Warhafftige/ eigentliche beschreibung/ wie der Türck (ein Feind Christliches Nammens) die Herrliche vnd Gewaltige Vestung Goleta/ dergleichen die newe Vestung/ beide bey Thunis in Affrica/ bela[e]gert/ gestu[e]rmt/ endtlich erobert/ vnd zersto[e]ret/ Was sich vom Julio an/ biß auff neunvndzwentzigsten Septembris deß 1574. Jars/ diß orts verloffen vnd zugetragen. […]. Basel 1575. (UBB, ED III 46:2). Anonym: I NVOVI, ET BELLISSIMI AVISI CHE VENGANO di diuersi parti del Mondo, Et specialmente dell’armata de gli Illustrissimi Signori, & ancora de gli altri Prencipi Christiani. Con la dichiarazione di scaramazze occorse tra Turchi & l’Eccellentiss. Signor Sforza Palauicino, doue sono stati presi molti prigioni, fra quali ui e un Capitanio di molta importanza. O. O. [Venedig] O. J. [1570]. (AL, Turcica XIX.90/13603). Anonym: IL BELLISSIMO ET SONTVOSO TRIONFO fatto nella Magnifica Città di Venetia nella publicatione della Lega; Con tutti i particolari degni, che in simile negotio sono occorsi. Et Appresso alcuni auisi di Famagosta & di Candia. Brescia 1571. (BL, 1071.g.7.(9.)). Anonym: IL FATE BEN PER VOI. Nel quale si descriuono le piissime operationi, il grandissimo valore, e mirabili fatti di Fate Ben per Voi. Nella battaglia di Lepanto li sette d’Ottobre. M. D. LXXI. Venedig 1571. (BCT, t.II.12). Anonym: IL FELICISSIMO SVCCESSO DELLA GIORNATA fatta dall’Armata Christiana contra l’Armata Turchesca; […]. Brescia 1571. (AL, Turcica VII.109/15869). Anonym: Il Giornalino Nr. 195528 (I prigionieri di Lepanto). Cinisello Balsamo 1955. Anonym: IL GRANDISSIMO LAMENTO CHE HA FATTO Occchialì, nel scampo della sanguinosa guerra; Ridotta in Terza Rima. Nouamente posta in luce. O. O. [Venedig] O. J. [1571]. (BL, 1071.g.7 (82)). Anonym: Il Te Deum laudamus. DELLA VITTORIA C’HEBBONO I CHRISTIANI CONTRA IL TVRCHO L’anno 1571. Il dì di Santa Iustina. O. O. [Venedig?] O. J. [1571] (AL, Turcica XIII.189/15980). Anonym: Il vero disegno della Citta di Tunisi, e Biserta. O. O. 1573. (BHStAM, PfalzNeuburg, Akten, 927, fol. 96r). Anonym: IL VERO E, MIRABILISSIMO APPARATO OVER CONCIERO con il glorioso trionfo Nell’inclita Città di Venetia, IN RIVOALTO CELEBRATO, PER I degnissimi, e integerrimi Merchanti Drapieri, in essaltatione de la Santa Fede con cerimonie Sante per

Quellenverzeichnis

613

la gloriosa, Vitoria auuta Contra lo in’humanissimo Selim imperator di Turchi. O. O. [Venedig] O. J. (BL, 1071.g.7.(87); AL, Turcica XIV.206/15997). Anonym: IL VERO RAGGVAGLIO DELLA PRESA DI BISERTA, CON L’VLTIMO AVVISO del successo di Tunisi, ET LA SENTENTIA DATA A CONtra al Re Muley Hamida, CON LA INVESTITVRA DEL Infante Muliazen nuouo Re di Tunisi. Con il disegno di quelli paesi. Rom 1573. (BHStAM, Pfalz-Neuburg, Akten, 927, fol. 96v). Anonym: IL VERO SVCCESSO DELLA GRANDE BATAGLIA ET FELICISSIMA VITTORIA CHE HA Hauuta l’Armata Della Santissima Lega Contra Alla Superba & Orgoliosa Armata Turchesca Nel Golpho Di Lepanto Alli 7. D’Ottobre. 1571. CON L’ORDINE DELLE GALERE ET LE INSEGNE Loro, Con Li Fanò, Nomi, & Cognomi Delli Magnifici, & Generosi Patroni Di esse, Che Si Ritrouorno Nella Armata Della Santissima Lega Al Tempo Della Vittoria. ET CON L’ORDINE DELLA BATAGLIA DELLI Inimici & Della Quantita Delli Pregioni & Morti De’ Principali Di Essi Turchi Con La Liberatione de Molti Schiaui Christiani & De Altri Progressi & ordini seguiti in essa Bataglia Nauale Come Legendo Intenderetti. FIDELMENTE POSTO IN LVCE. Trino 1571. (OSK, Röpl. 279 = Röpl. 283 (4)). Anonym: IN DVAS NAVALES VICTORIAS VENETAS PRAE CETERIS ILLVSTRIORES Carmina. Venedig 1573. (AL, Turcica VIII.129/15894). Anonym: INTIERO, E MINVTO RAGGVAGLIO Della gran Vittoria contra Turchi, con alcuni versi sopra il Signor D. Giouanni d’Austria. O. O. 1571. (AL, Turcica VIII.130/ 15900). Anonym: INVOCATIONE, NVOVAMENTE POSTA in luce, Nellaquale si inuita tutti gli Principi Christiani a douer uenir a questa Santa impresa. […]. Venedig 1570. (AL, Turcica VIII.131/15901). Anonym: ISTORICO MOTIVO Per il quale in Piazza Navona è stata inalzata la Machina del fuoco artificiale per la sora delli 14. del presente Mese di Agosto, rappresentante l’Armata Navale sì Cristiana, che Turca, in memoria della celebre Vittoria di Lepanto riportata dalla Sacra Lega Cristiana in tempo del glorioso Pontificato di S. PIO QUINTO In cui si dà distinto raguaglio di tutta quella Vittoria, e di quanto di curioso, e singolare accedde nella medesima. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 132r– 133v). Anonym: L’ORDINE DELLE GALERE ET LE INSEGNE LORO, Con li Fano, Nomi, & cognomi delli Magnifici, & generrosi patroni di esse, che si ritrouorno nella armata della santissima Lega, al tempo della vittoriosa, & miracolosa Impresa ottenuta, & fata con lo aiuto Diuino, […]. Venedig 1571. (AL, Turcica XI.164/15940). Anonym: L’ordine DELLE GALERE ET LE INSEGNE LORO, Con li Fanò, Nomi, & cognomi delli Magnifici, & generosi patroni di esse, che si ritrouorno nella armata della santissima Lega, al tempo della vittoriosa, & miracolosa Impresa ottenuta, & fatta con lo aiuto Diuino, […]. Venedig 1571. (AL, Turcica XI.163/15939; OSK, Röpl. 281 = Röpl. 283 (3)). Anonym: L’ordine Delle Galere Et Le Insegne Loro, Con li Fanò, Nomi, & cognomi delli Magnifici, & generosi patroni di esse, che si ritrouorno nella armata della santissima Lega, al tempo della vittoriosa, & miracolosa Impresa ottenuta […]. Venedig 1571. (BNM, Misc. 2573, op. 33, cc. 6). Anonym: L’ORDINE, CHE HA TENVTO L’ARMATA DELLA SANTA LEGA, COMINCIANDO DAL DI CHE SI PARTI DA MESSINA, Con li Nomi di Tutte le Galere, & di Tutti li

614

Anhang

Capitani di eße. […]. Rom O. J. (AL, Turcica XI.161/15937; BCas, Vol. misc. 2244.10; BVR, S. Borr. Q. I. 301(8)). Anonym: LA CONQVESTE DE TVNES EN L’ANNEE PRESENTE M. D. LXXIII. PAR don Iean d’Austriche chef de l’armee Chrestienne. Auec autres particulieres obseruations. Lyon 1573. (BnF, 16-O3i-1230; BSB, Gall.g. 755a). Anonym: LA FAMOSA ET HORRENDA BATTAGLIA NAVALE DELLI TRE POTENTATI CHRISTIANI COLLEGATI CONTRA L’ARMATA TVRCHESCA, Et la felicissima Vittoria de Christiani, con alcuni Sonetti di eleuatissimi ingegni, doue si lauda le famose proue del Signor Don Giouanni d’Austria, e de molti Signori Christiani. Rom 1571. (AL, Turcica VII.107/15866). Anonym: LA FELICE VITTORIA DELA SANTA LEGA, FATTA PER L’ALTEZZA DEL SERENIS. DON GIOVANN D’AVSTRIA. L’ANNO. Neapel 1571. (AL, Turcica VII.108/ 15868). Anonym: LA GRAN VITORIA DELLARMATA CHRISTIANA CONTRA Larmata Turchescha […]. O. O. O. J. (AL, Turcica VIII.119/15884). Anonym: LA HONORATA ET GLORIOSA VITTORIA OTTENVTA DA L’ARMATA CHRISTIANA DELLA SANTISSIMA LEGHA, Contra quella di Sultan Selin Ottoma[n]no Gran Turco, con il numero delle Galere prese, affondate, & il numero de Turchi morti, e presi, e la quantità de Schiaui Christiani, da nostri liberati, Con vna Rotta data in Inghilterra da li Catolici a gli Vgonotti, e la liberazione del Re di Scotia, & il conte di Nottomberlant, & altri nuouissimi raguagli. Ancona 1571. (AL, Turcica VIII.128/15893). Anonym: LA PRESA DI TVNIS del Re Catolico L’anno .1573. O. O. 1573. (BHStAM, PfalzNeuburg, Akten, 927, fol. 95r–95v). Anonym: LA TROMBETTA DE TOGNON. A I SLEZAORE. O. O. O. J. (AL, Turcica XIII.194/ 15985). Anonym: LAMENTO ET VLTIMA DISPERATIONE DI SELIM GRAN TVRCO per la perdita della sua armata, il qual dolendosi di Occhialì, & di se stesso & d’altri, RACCONTA COSE DEGNE d’esser intese. Con vn Dialogo di Caronte, & Caracosa, & altre compositioni piaceuolissime nel medesimo genere. Venedig O. J. [1571]. (BL, 1071.g.7 (85)). Anonym: LETTERA DEL SECRETARIO DELL’ILLVSTRISSIMO S. Giouan’andrea Doria. NELLA QVALE SI RACCONTA LA felicißima Vittoria hauuta per il Ser. D. Giouanni d’Austria Generale della S. Lega contro l’Armata Turchesca. Il di 7. d’Ottobre 1571. INSIEME CON L’INTERROGATIONI FATTE PER IL S. Giouanni de Soto Segretario di S. A. Sereniss. A Mahumet Constantinopolitano Maestro di creanza delli due figliuoli d’Alì Bascià Generale dell’Armata del Turco, che furno presi nella detta giornata. Florenz 1571. (BAV, R.G.Miscell.III.806(int. 4)). Anonym: LETTERA SCRITTA DA ROMA NELLA QVAL SI CONTIENE FEDELMENTE; TVTTO IL PROGRESSO DELL’ARMATE CHRISTIANA, ET OTOMANNA. […]. Rom O. J. (AL, Turcica IX.134/15904). Anonym: LETTERS sent from Venice. ANNO. 1571. Containing the certaine and true newes of the most noble victorie of the Christians ouer the armie of the great Turke: And the names of the Lordes & Gentlemen of the Christians slaine in the same battell. Translated oute of the Frenche Copie Printed at Paris by Guillem de Niuerd, with the Kings Priuiledge. London O. J. [1571]. (BL, C.33.a.7.).

Quellenverzeichnis

615

Anonym: MANES ILLVSTRORIVM VIRORVM AVGVSTINI BARBADICI PRAEFECTI Claßi Venetæ […]. O. O. 1571. (AL, Turcica IX.144/15914). Anonym: NARATIONE SOPRA DELLA GRANDE BATTALIA NAuale de Christiani contra Turchi da cantar in aiere di un uero amante & un soneto sopra Selim gra[n] Turrco cosa bella e sente[n]tiosa. Ad instantia di che le Comprera. O. O. O. J. (BCT, t.II.12). Anonym: Newe Zeittung, Und Bericht des Jemmerlichen Polnischen Kriegßwesens, so für Pitzschen in Schlesien geschehen […]. Beyneben Kurtzer vermeldung, des jetzigen Königes Sigismundi in Polen. Olomouc 1588. (HAB, H: K 348.4° Helmst. (15)). Anonym: Newe Zeittung/ Des wunderbarlichen Sigs/ so die Venediger/ mit hilff des Babsts/ vnd des Künigs auß Hispanien/ wider den Türcken erlangt haben/ auff den vij. Weinmonat/ dises 1571. Jars. Basel 1571. (ZBZ, 3.279,3). Anonym: Newe zeytung von vereinigung vnd fridt/ so zwischen Ro[e]. Kü. Maiestat vnd de[m] großmechtigisten Türckische[n] Kayser in kurz verschiner zeit beschehen. Nürnberg 1533. (AL, Turcica I.15/15773). Anonym: Noua, & Dotta CANZONE NELLA Gloriosa Vittoria contra Turchi. Venedig 1571. (AL, Turcica XX.14/10591). Anonym: NOVA CANZONE PER LA GLORIOSISSIMA VITTORIA dell’Armata Christiana contra la Turchesca. Venedig 1572. (AL, Turcica X.155/15931; BNCF, Palat. 12.3.4.38II). Anonym: NVOVA CANZONE A SELIN IMPERATOR DE TVRCHI. IN LINGVA VENETIANA. Venedig 1572. (AL, Turcica X.156/15932). Anonym: NVOVI AVVISI DI TVTTE LE COSE SVCCESSE DOPO LA VITTORIA CONTRA TVRCHI. Venuti da Roma alli 4. di Nouembre, & da Venezia. […]. Florenz 1571. (AL, Turcica X.157/15933). Anonym: OB SALVATORIS IESV PERPETVAM LAVDEM, Sacræq[ue] triplicis confœderationis classium Christianarum in Turcam insignem Victoriam quorundam & pioru[m] & doctorum virorum carmina xenij loco ædita. Augsburg O. J. (OSK, Röpl. 283 (8); SUSBA, 4 Gs 2359-143b). Anonym: OPERA NVOVA IN LAVDE DELLA FELICISSIma vittoria dell’armata Christiana contra quella del Turco. CON DVE BELLISSIME BARzellette in laude della vittoria dell’armata della sanctissima Lega. O. O. O. J. (AL, Turcica X.158/15934). Anonym: OPERINA NOVA DOVE SI CONTIENE VNA ESSORTATIONE a i Principi Christiani a douer andar nella Santa impresa; […]. O. O. O. J. [1570?]. (AL, Turcica X.159/15935). Anonym: Ordenliche/vnd mehr dann hie zu[o]uor noch niemals außgegangne aigentliche Beschreybung: Mit was (von Gott dem Allmechtigen verlihenem) grossem Sig/ vn[d] wunderbarlichem glu[e]ck/ etliche der Christenhait hoche[n] Potentaten vnnd Bundesuerwandte/ deß allgemainen Türgkischen Erbfeindes gantze Armada erobert/ vnd auff dem Meer geschlagen/ auch biß auffs haupt erlegt haben. Wie solliches nit allein der fürnembsten Hauptleüt ab der Christlichen Armada gethone schrifftliche vrkunden/ sondern auch etlicher namhafften vnd gen Venedig gebrachter gefangner Türgken selbs aigne aussag/ erweysen/ Sampt angehenckter hernacher gefolgter confirmation vnd bestettigung. Auß Italianischer sprach/ in vnsere hoch Teutsche gebracht. Augsburg 1571. (AL, Turcica X.160/15936; BSB, Res/4 Belg. 186 c#Beibd. 10; SUSBA, 4 Gs 2359142). Anonym: ORDINE Col quale l’Illustriss. & Eccellentiss. Signor Marc’Antonio Colonna, INSIEME CON L’ECCELLENTISSIMO General Venetiano, sono andati a trouare l’Ar-

616

Anhang

mata Turchesca, CON LI NOMI, ET CON L’INSEGNE delle Galere, & de’Signori, & Capitani d’esse. […]. Rom 1572. (AL, Turcica XI.162/15938). Anonym: ORDINE, ET DECHIARATIONE DI TVTTA LA MASCHERATA, Fatta nella Città di Venetia la Domenica di Carneuale. M. D. LXXI. Per la Gloriosa Vittoria contra Turchi. Venedig 1572. (BL, 1071.g.7.(14.)). Anonym: QVESTI SONO I VERI NOMI, ET COGNOMI DEI BASSÀ, & Capitani, ch’erano nell’Armata Turchesca, Con il numero delle Galere prese dall’Armata Christiana. O. O. O. D. [1571]. (AL, Turcica XI.173/15949; BNM, Misc. 2926.25). Anonym: RACCOLTA DI VARII POEMI Latini, Greci, e Volgari. Fatti da diuersi bellissimi ingegni nella felice Vittoria riportata da Christiani contra Turchi alli VII. d’Ottobre del MDLXXI. […] Con la Relatione di tutto il successo di Famagosta. Et i nomi de i Baßà, & Capitani ch’erano nell’armata Turchesca. 2 Teile. Venedig 1572. (BSS, Archivio Colonna, II. C.D. 1, fasc. b). Anonym: RACCONTO, OVVERO ESATTISSIMA RELAZIONE Della Ruina fatta dal FVLMIME, caduto sopra la Chiesa, e Conuento di S. MARIA de’Miracoli in Roma: […]. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 148r–149v). Anonym: RAGUAGLIO ISTORICO In occasione delle Feste celebrate in Roma PER LA CANONIZAZIONE DEL SANTO PONTEFICE PIO QUINTO Dalla Religione Domenicana in memoria della Vittoria, che ottenne la S. Lega contra l’Armata Turchesca profetizata dal sudetto Santo. Colla distinta notizia de’morti, e feriti dell’Armata Christiana, e Nomi de’ Bassà &c. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 134r–135v). Anonym: RELATIONE FATTA ALLA MAESTA CATtolica in Madrid alli XV. di Luglio, 1571. di tutta la spesa ordinaria, che correra per la lega in 200 Galere, 100 naui, & 50 mila Fanti ogn’anno. Rom 1571. (BNCR, 68.13.G.23). Anonym: RELATIONE FATTA ALLA MAESTA CATtolica in Madrid alli xv. di Luglio, 1571 […]. Rom O. J. (AL, Turcica XII.175/15951; ASMa, Archivio Gonzaga, b. 800). Anonym: RIPORTI DI ROMA, DI Napoli, di Venetia, & di alter parti, Per i quail s’intende la dimanda di S. Santità li Principi d’Italia, per il nouo preparamento per terra, & per mare co[n]tra Turchi, Co[n] l’aiuto della C. M. de l’Imp. & il solleuamento de’Moscouiti, con la finta morte del Re, fatta i un seruo. & la presa di Margaritino, fortezza importa[n]te in Albania. Col Trionfo fatto in Roma al S. Marc’Antonio Colonna, per la Vittoria, & altri noui particolari. O. O. O. J. (AL, Turcica XII.177/15968). Anonym: RITRATTO D’VNA LETTERA SCRITTA ALL’ILLmo ET ECC.mo S.or AMBASCIATOR CESAREO DALLA ARMATA. […]. Rom O. J. (AL, Turcica XII.178/15969; BCas, Vol. misc. 2244.11; BVR, S. Borr. Q. I. 301(6); OSK, Röpl. 283 (1)). Anonym: TRE CANZONI AL SERENISSIMO PRINCIPE DI VENETIA Nella felicissima Vittoria dell’Armata Christiana contro l’infedele. Venedig 1572. (AL, Turcica XIII.198/ 15989). Anonym: VARII COMPONIMENTI DI DIVERSI AVTTORI, Sopra la Vittoria dell’Armata della Santissima Lega. O. O. O. J. (AL, Turcica XIV.201/15992). Anonym: VATICINIVM SEVERI, ET LEONIS IMPERATORVM, IN QVO VIDETVR FINIS TVRcarum in præsenti eorum Imperatore, Vnà cum alijs nonnullis in hac re Vaticinijs. PROFETIA DI SEVERO, ET LEONE IMPERATORI, NELLA QVALE SI VEDE IL FINE de Turchi nel presente loro Imperatore, Con alcune altre Profetie in questo proposito. Brescia 1596. (BSB, Astr.p. 176 m).

Quellenverzeichnis

617

Anonym: Vera dispositione, et ordine di tutta l’Armata della santa Lega, dato nel santo nome d’Jddio, nella sua felice partita dalla fossa di san Giouanni di Messina di doue si parti alli XVI. di Settembre 1571. alla notte, con risolutione di combattere l’armata nemica, contra la quale Jddio ne dia Vittoria. Rom O. J. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 30r–30v). Anonym: Volkom[m]ne/ warhaffte vnnd gründtliche beschreibung/ der Christlichen Armada außfart/ erlangten herrlichen Victori wider den Erbfeind Christlichen nammens/ alles deß nechst verschinen 71. Jars verloffen. In welcher kürtzlich zufinden/ alle particulariteten, vn[d] was zu[o] volkomner historischer warhafften beschreibung zuwissen. Dergleich hieuor niemalen im druck außgangen. Alles von ansehenlichen Beuelchsleüthen/ die selbsten mit vnd darbey geweßt/ beschriben/ vnd auß Italianischer inn Teutsche Sprachen verdolmetscht. Dillingen 1572. (OSK, Röpl. 289 = Röpl. 283 (7); SUSBA, 4 Gs 2359-149). Anonym: Vray discours De la notable Victoire, dernierement obtenu sur la mer, par les Chrestiens contre l’armée du grand Turcq, auecques tout le succes d’icelle, du commenceme[n]t iusques à la fin; Soub la conduitte du tresillustre Seigneur Don Iean d’Austriche. Aueques le nombre des galleres prinses, & mises à fond: les no[m]s des Capitaines morts & prisonniers, & choses plus notables aduenues en ladicte cruelle & sanglante battaille. Antwerpen 1572. (AL, Turcica XIV.210/16001). Anonym: VVarhaftige vnd aiigendliche Contrafactvr der cristeliche Armada solches noch bis hero nitt am Tag khemen vvie ritterlich der hochgeboren Furst vnd Her Don Zuan de Austria sambt seiinen Bundtz Genossen gegen den Erb Feiindt, den Tirchen, gesenher am Sontag den .7. Octobris fuor mittag dess .71. Iars, sampt aijner kurtze Historia […]. O. O. O. J. (ÖNB F 000021-B Flu). Anonym: Warhafftige newe Zeittung/ Von dem gewaltigen vnnd frewdenreichen Sieg/ welcher den VII. Octobris/ inn einem Golfo oder Port auff dem Meer/ Delepando genant/ von der Venediger vnd des Ko[e]nigs aus Hispanien Kriegßvolck/ wider den grewlichen Erbfeind der gantzen Christienheit den Tu[e]rcken (durch Gottes hu[e]lff) ritterlich erhalten worden/ &c. Wrocław 1571. (ULB Sachsen-Anhalt, Ung VI 67 (19)). Anonym: Warhafftige Newe Zeitung des Kayserlichen Sigs/ zu[o] Galetta vnd Thunis geschehen. Augsburg 1535. (BSB, Res/4 Diss. 913#Beibd. 9). Anonym: Warhafftige Newe Zeitung von den gewaltigen vnd freudenreichen Sieg/ welcher den 7. October in einem Golfo oder Port auff dem Meer/ Delepando genandt/ von der Venediger vnd des Ko[e]nigs aus Hispanien Krigesuolck/ wider den grewlichen Erbfeindt der gantzen Christenheit den Tu[e]rcken/ durch Gottes hu[e]lff ritterlich erhalten worden/ etc. O. O. 1571. (GStA PK, I. HA, Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 11253). Anonym: Warhafftige Vnd Vnterschiedliche Beschreibung/ wie die Tu[e]rcken die Statt vnd Portum Famagustam in Cypern bela[e]gert/ gestu[e]rmet/ vnd auß mangel Prophiant vnd Munition/ durch einen vortrag vnter jren gewalt gebracht. Verrers: Wie Tyrannisch vnd vnmenschlicher weiß/ wider allen trawen vnd glauben/ der Herrschafft zu Venedig Oberisten/ Beuelchs vnd gemeyne Ehrliche Kriegsleut/ zum teyl ja[e]mmerlichen vmbbracht/ zum teyl/ zu ewiger gefengknus angenommen haben. Nürnberg 1572. (SUSBA, 4 Gs 2359-150). Anonym: Warhafftige Zeittung/ Von dem grossen CHristen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wieder den Tu[e]rcken/ so bey dem Port Le Pante (sonsten Nau-

618

Anhang

pactus genandt) auss sonderbarer schickung Gottes erhalten worden ist/ Den vij. Octobris/ Jm M. D. Lxxj. Jare. Sampt einer verzeichnuss/ was auff beyden seitten/ von fu[e]rtrefflichen Leuten gewesen/ vnd zum theil gefangen vnd blieben sein. Wolfenbüttel 1571. (ULB Sachsen-Anhalt, AB 155711 (5)). Anonym: Warhafftige/ eigentliche Beschreibung/ Wie der Türck (ein Feind Christliches Namens) die herrliche vnd gewaltige Vestung Goleta/ Dergleichen die Newe Vestung beyde bey Tunis in Affrica belegert/ gestu[e]rmt/ entlich ero[e]bert/ vnd zersto[e]ret/ Was sich auch vom Julio an/ bis auff den 29. Septembris/ diß 1574. Jars/ des Orts verlauffen vnd zugetragen hat. […]. Erfurt 1574. (ThULB, 4 Theol.XLVII,13(20)). Anonym: Warhafftiger vnd kurtzer Bericht/ der frewdenreichen vnnd herrlichen Victori, So di Christlich Armada der Bundßverwandten in Italia/ auff dem Adriatischen Meer/ Nechst verschienens Siebenden tages diß Monats Octobris, vnnd lauffenden Ein vnd siebentzigisten Jahrs/ Vormittelst Go[e]ttlicher verleihung/ gegen dem gemainen Erbfeind Christliches Namens/ dem Tu[e]rcken erhalten hat: Auß einem Schreiben der Herrschafft Venedig Christen selbst/ vnter Dato des Neundten berurts Monats/an den Hertzogen daselbst gethan/trewlich verdeutscht. Wrocław 1571. (AL, Turcica I.36./ 15795). Anonym: Warhafftiger vnnd khurtzer bericht der Freydenreichen vnnd Herrlichen Victori, So die Christlich Armada der Bundtsverwanten inn Jtalia auff dem Adriatischen Meer/ Nechst verschienens Sibenden Tags diß Monats Octobris, vnnd lauffenden Einvndsibentzigsten Jahrs/ Vermittelst Go[e]ttlicher verleyhung/ gegen den gemainen Erbfeindt Christliches Namens/ dem Türcken erhalten hatt/ Auß ainem Schreiben der Herrschafft Venedig Obristen selbst/ vnter Dato des Neundten beru[e]rts Monats/ an den Hertzogen daselbst gethan/ trewlich verdeutscht. Wien 1571. (BSB, Res4 Turc. 84,23). Anonym: Zeittungen/ Von dem grossen Christen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wider den Tu[e]rcken/ so bey dem porto Le Pante (sonsten Naupactus genant) aus sonderbarer schickung Gotees erhallten worden ist/ […]. Wrocław 1571 (VD 16, Z 324). Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ wider den Tu[e]rcken/ so bey dem Porto Le Pante (sonsten Naupactus genandt) auss sonderbarer schickung Gottes erhalten worden ist/ Den 7. Octobris/ Jm 1571. Sampt einer verzeychnuss/ was auff beyden seitten/ von fu[e]rtreflichen Leuten gewesen/ vnd zum theyl gefangen vnd bliben sein. Nürnberg 1571. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9; BSB, Res4 Eur. 411,44). Anonym: Zeytung vnd bericht/ Von der gantz Herrlichen vnnd seer gewaltigen obsigung vnnd Victoria, der Christlichen/ wider die Türckische Armada/ dergleychen hieuor niemals vorgangen ist. Beschehen 40. Welscher Meyl/ oberhalb Lepantho/ Son[n]tags den 7. Octobris/ diß 1571. Jars. Basel 1571. (ZBZ, Ms F 19, Bl 320r–323v (110)). Anonym: Zeytungen/ Von dem grossen Christen Sieg/ auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer, wider den/ Türcken, so bey dem Porto Le Pante […] erhalten worden ist, Den sibenden/ Octobris, im Jahr 1571. Frankfurt a. M. 1571. (VD 16, Z 325). Anonym: Zwo erschro[e]ckliche Newe Zeittung/ welche sich diß lxxj. Jar. hant zugetragen. Die erst ist/ Wie der Tu[e]rck/ die Statt Nicosiam/ in Cypern hat eingenommen/ auch wie vil Tausent Christen er gefangen/ etliche Tausent Gesebelt/ Was von gmeinem Kriegsuolck/ gewesen ist/ was aber Junckern/ vnd ansehenliche Leute waren/ hat er gehn Constantinopel/ vnd Alexandria geschickt/ etliche Tausent haben sich/ jhr Weib vnd

Quellenverzeichnis

619

Kindt/ das sie den Tu[e]rcken nicht in die Hende kemen/ jemmerlich erstochen/ vnd vmbbracht. Die ander ist/ Von dem Christlichen Ritter/ Herrn Turj Georgs/ wie er von den Tu[e]rcken durch verra[e]terey/ diß 1571. Jars erba[e]rmlich vmbkommen ist/ in der Vestung Cammiß. O. O. 1571. (SUSBA, 4 Gs 2359-148). Aquilari, Francisco: FRANCISCI AQVILARII ELEGIA, in qua Mars loquitur ad Selinum, Turcarum regem, ei’q[ue] exitium praedicit. Venedig 1572. (AL, Turcica II.49/15808). Archivio di Stato di Napoli (Hg.): Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Neapel 1998. Arnigio, Bartolomeo: ALL’INVITTISSIMO DON GIOVANNI D’AVSTRIA GENERALE DELLA CHRISTIANA LEGA, NELLA CELEBRATISSIMA VITTORIA SVA CONTRA LA POTENTISSIMA ARMATA DI SELIN SVLTAN IMPERADOR DE’ TVRCHI. CANZONE DEL SIGNOR ARNIGIO. Brescia 1571. (AL, Turcica II.50/15809). Arnigio, Bartolomeo: PRIMA CANZONE DEL SIG. BARTOLOMEI ARNIGIO, Nellaquale si celebra la Gloriosissima Vittoria della Christiana Lega in Mare contra l’Armata Turchesca. Venedig 1572. (AL, Turcica II.51/15810). Arnigio, Bartolomeo: VN’ALTRA CANZONE DEL SIG. BARTOLOMEO ARNIGIO, ALL’INVITTISSIMO DON GIOVANNI D’AVSTRIA, Nella celebratissima Vittoria dell’Armata Christiana contra la Turchesca. Venedig 1572. (AL, Turcica II.52/15811; BNCF, Palat. 12.3.4.38V). Arroyo, Marco A.: RELACION DEL PROGRESSO DE LA ARMADA DE LA SANTA LIGA, hecha entre el papa Pio Quinto, el rey catholico Phelippe segundo, y venetianos contra el turco debaxo del caudillo y gouierno del serenissimo Don Inan de Austria Capitan general della. Escritto por Marco Antonio Arroyo, con vn breue discurso del mismo sobre el accrescentamiento delos turcos, Mailand 1576. (ÖNB, 42.W.12). Arturo, Lattantio: PREDICA DELLA VITTORIA NAVALE CONTRA TVRCHI L’ANNO M. D. LXXI. IL SETTIMO D’OTTOBRE. ALLA PRESENTIA DEL SERENISsimo Don Giouanni d’Austria ritornato vittorioso in Meßina. DEL R. P. M. LATTANTIO ARTVRO di Cropani di Calabria dell’Ordine Min. Con. di S. Francesco Theologo ordinario nel Vescouado di Squillaci dell’Illustrissimo & Reuereodissimo Card. Sirleto. Neapel 1577. (AL, Turcica II.53/15812). ¯ ¸sık Çelebi. Hg. v. Glyn M. Meredith-Owens. ¯ sˇıq Cˇelebi: Mes¸a¯ʿir üs¸-s¸uʿara¯ or Tezkere of ʿA ʿA (E. J. W. Gibb Memorial. New Series, Bd. 24). London 1971. Atıl, Esin: Images of Imperial I˙stanbul. Fascimile Edition of Eight Panoramic Views made by Zacharias Wehme in 1582 from an Album in the Sächsische Landesbibliothek Dresden (Mscr. J 2a). Istanbul 1993. Attendolo, Giovanni B.: ORATIONE MILITARE DI GIO. BATTISTA ATTENDOLO CAPVANO ALL’ALTEZZA DEL SERENISS. SIG. D. GIOVANNI D’AVSTRIA PER LA VITTORIA NAVALE OTTENVTA DALLA SANTA LEGA NELL’ECHINADI. […]. Neapel 1573. (AL, Turcica III.54/15813). Aubert, Hippolyte (Hg.): Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 14: 1573. (Travaux d’humanisme et renaissance, Bd. 242). Genf 1990. Aubert, Hippolyte (Hg.): Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 13: 1572. (Travaux d’humanisme et renaissance, Bd. 229). Genf 1988. Aubert, Hippolyte (Hg.): Correspondance de Théodore de Bèze. Bd. 12: 1571. (Travaux d’humanisme et renaissance, Bd. 212). Genf 1986.

620

Anhang

Avanzi, Marziale: AVISO DELLA SOLENISS. E TRIONFANTE ENTRATA NELLA INCLITA CITTÀ DI VENETIA, DEL VALOROSISSIMO, E PRVDENTISS. Capitano Generale dell’Armata della Sereniss. Republica Venetiana, L’ILLVST. S. SEBASTIAN VENIERO, benemeritissimo Procurator della Chiesa di San Marco. AL MAG. M. MARIO FRANCO, Gentil’huomo Veronese. Venedig 1574. (BNM, Misc. 1226.024). B., C.: NVOVA CANZONE NELLA FELICISSIMA VITTORIA CHRISTIANA CONTRA INFIDELI, […]. Venedig 1571. (AL, Turcica VII.110/15870; ÖNB, 5065-B). Baldini, Bernardino: BERNARDINI BALDINI libellus de bello a Christianis cum Ottomanicis gesto. Mailand 1571. (AL, Turcica III.60/15819). Baldini, Bernardino: BERNARDINI BALDINI LIBER DE BELLO OTTOMANICORVM APVD MANES GESTO. Mailand 1572. (AL, Turcica III.61/15820). Baldini, Vittorio: PRONOSTICO Et Giudicio sopra l’Anno M D LXVII. Di V. Baldini, discepolo di M. Pandolfo Ricci Lucchese Filosofo, & Astrologo famosissimo. Padua 1566. (BSL, IT\ICCU\CNCE\004002). Ballino, Giulio: TRE CANZONI SOPRA LA GVERRA TVRCHESCA, Et sopra la Vittoria, nuovamente contra quella natione ottenuta. Venedig 1571. (AL, Turcica XIII.199/15990; BNM, Misc. 2046.2; BNFC, Palat. 12.3.4.38I). Barbante, Andrea: CANZONA DI ANDREA BARBANTE RHODIGINO, In allegrezza della felicissima Vittoria riceuuta dall’armata Christiana contro l’armata Turchesca. O. O. O. J. (AL, Turcica III.62/15821; BNCF, Palat. 12.2.4.14II; BNCF, Palat. 12.3.4.38VI). Barozzi, Nicolò/ Guglielmo Berchet (Hg.): Le relazioni degli stati europei lette al Senato dagli ambasciatori veneziani nel secolo decimosettimo. Bd. V, 1: Turchia. Venedig 1871/ 1872. Bartholi, Christoforo: RIME DEL SIGNOR CHRISTOFORO BARTHOLI. IN LAVDE DELLA GRAN VITtoria Nauale ottenuta dalla Sacra Legha contra Turchi, alli Curzolari. L’Anno M D LXXI. Venedig 1574. (AL, Turcica III.63/15822). Bartolucci, Guido: Venezia nel pensiero politico ebraico rinascimentale. Un testo ritrovato di David de Pomis. In: Rinascimento. Seconda Serie 44 (2004), S. 225–247. Bauer, Rotraud/ Herbert Haupt (Hg.): Das Kunstkammerinventar Kaiser Rudolfs II., 1607– 1611. (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien, Bd. 72/N. F., Bd. 36). Wien 1976. Beck, David: Spiegel van mijn leven. Een Haags dagboek uit 1624. Hg. v. Svend E. Veldhuizen. Hilversum 1993. Bellaso, Giovanbattista: IL VERO MODO DI SCRIVERE IN CIFRA CON FACILITA, PRESTEZZA, ET SECVREZZA. […] Bressa 1564. (ÖNB, 73.F.43). Belon, Pierre: Les Observations de plusiers singularitez et choses mémorables, trouvées en Grèce, Asie, Judée, Egypte, Arabie et autres pays estranges, Paris 1553. (BnF, French books before 1601, 281.4). Benedetti, Rocco: AD VRBEM VENETIARVM TEMPORE BELLI ADVERSVS TVRCAS PSALMVS, Rochus Benedictus Venetus. Venedig 1570. (AL, Turcica III.64/15823; BL, 11409.bb.51). Benedetti, Rocco: AL SERENISSIMO D. GIO. D’AVSTRIA. Inuittissimo Cap. Generale della Lega Christiana. Salmo di Benedettto Rocchi Venetiano. Per la Diuina, e gloriosa vittoria ottenuta nella battaglia nauale contra Turchi. Fedelmente tradotto. Perugia 1571. (AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 208).

Quellenverzeichnis

621

Benedetti, Rocco: AL SERENISSIMO SIG. DON GIOVANNI D’AVSTRIA CAPITANO GENERALE DELLA LEGA, INVITTO DEFENSORE della Christiana Fede. […]. Bologna 1571. (AL, Turcica IV.67/15826). Benedetti, Rocco: RAGGVAGLIO DELLE ALLEGREZZE, SOLENNITÀ, E FESTE FATTE IN VENETIA PER LA FELICE VITTORIA, Al Clariss. Sig. Girolamo Diedo digniss. Consigliere di Corfù. Venedig 1571. (BL, 1312.c.47; AL, Turcica IV.65/15824; BNM, Misc. 2096.28). Benedetti, Rocco: SERENISSIMO IOANNI AVSTRIACO, Inuictissimo foederis Christianorum Imperatori. PSALMVS. […]. Venedig 1571. (BNM, Miscellanea 0168.026; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 211; AL, Turcica IV. 66./15825). Benitez Licuanan, Virginia/ José Llavador Mira (Hg.): The Philippines under Spain. A Compilation and Translation of Original Documents. Bd. 2: 1564–1573. The Legazpi Expedition. Conquest and Colonization. Manila O. J. [1993]. Berchet, Guglielmo (Hg.): Relazioni dei consoli veneti nella Siria. Turin 1866. Bertelli, Ferdinando: LAROTTA d[e]ll’armata Turchesca Occorsa alli Cuzzolari alli 7 di otobre nel .i.5.7.i. co[n] Segnalata Vittoria de Christiani. Venedig 1572. (GNM, HB14309; BAV, Barb. lat., 5367, fol. 153r). Berwick, Andrew [Anders B. Breivik]: 2083. A European Declaration of Independence. London 2011. Biblioteca Medicea Laurenziana (Hg.): Il mondo degli aztechi nel Codice Fiorentino. (La biblioteca in mostra, Bd. 1). Florenz 2007. Bocchi, Francisci: FRANCISCI BOCCHII ORATIO DE LAVDIBVS SERENISSIMI IOANNIS AVSTRII, SVMMI, FORTISSIMIQVE DVCIS. Florenz 1578. (AL, Turcica IV.71/ 15830). Bodin, Jean: Colloquium of the Seven about Secrets of the Sublime. Hg. v. Marion L. Kuntz. Philadelphia, Pennsylvania 2008. Boeheim, Wendelin: Urkunden und Regesten aus der k. k. Hofbibliothek. In: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses 7 (1888), S. XCI– CCCXIII. Bolognetti, Francesco: LA CHRISTIANA VITTORIA MARITIMA DEL SIG. FRANCESCO BOLOGNETTI. Bologna 1572. (BSB, Turc. 230 d; BCas, CC B.VII.65 2). Bonamore, Bonamor: IN OBITV SERENISS. PRINCIPIS VENETIARVM, SEBASTIANI VENERII BONI AMORIS ORATIO. Venedig 1578. (AL, Turcica IV.72/15831). Borghesi, Diomede: IL QVINTO VOLUME DELLE RIME DI M. DIOMEDE BORGHESI, GENTIL’HVOMO SENESE, ET ACCADEMICO INTRONATO. AL MAGNANIMO CARDINAL DI TRENTO. Viterbo 1571. (BNCF, Palat. 12.2.1.2). Brambilla, Ambrogio/ Claudio Duchetti, CASTELLO S. ANGELO CON LA GIRANDOLA, Rom, 1579. (BM, Department of Prints and Drawings, 1862,1011.588; MET, 2012.136.943). Braun, Georg: Civitates Orbis Terrarum. Köln 1593. (HAAB, Kt 700–58 L). Braunsberger, Otto: Beati Petri Canisii Societatis Iesu epistolae et acta. Bd. 6. Freiburg i. Br. 1913. Braunsberger, Otto: Beati Petri Canisii Societatis Iesu epistolae et acta. Bd. 7. Freiburg i. Br. 1922.

622

Anhang

Brown, Rawdon/ G. Cavendish Bentinck (Hg.): Calendar of State Papers and Manuscripts, relating to English Affairs, existing in the Archives and Collections of Venice, and in other Libraries of Northern Italy. Bd. 7: 1558–1580. London 1890. Buccio, Pietro: ORATIONE DI PIETRO BVCCIO BRESCIANO, AL SERENISSIMO PRENCIPE, ET ILLVSTRISSIMA SIGNORIA DI VENETIA, SOPRA LA VITTORIA CHRISTIANA, CONTRA TVRCHI, Ottenuta L’Anno felicissimo. M. D. LXXI. Il Settimo d’Ottobre. […]. Venedig 1571. (AL, Turcica IV.73/15832). Bullinger, Heinrich: Diarium (Annales vitae) der Jahre 1504–1574. Hg. v. Emil Egli. (Quellen zur schweizerischen Reformationsgeschichte, Bd. 2). Basel 1904. Bullinger, Heinrich: Reformationsgeschichte. Hg. v. J. J. Hottinger u. H. H. Vögeli. 3 Bde. Zürich 1984 [1838–1840]. Bullinger, Heinrich: Vermanung An alle Diener des worts Gottes vnd der kyrchen Jesu Christi/ daß sy jre spa[e]nn/ die sy gegen andern habend vnd u[e]bend/ hinlegen/ vnd in disen letsten verderbten gefaarlichen zyten/ der wa[e]lt einha[e]llig allein vnnd einfaltig den waaren glouben in Jesum Christum/ vn[d] die besserung des la[e]bens/ predigen wo[e]llind/ […]. Zürich 1572. (ZBZ, 5.253,3). Bullinger, Heinrich: Veruolgung Von der schweren/ langwirigen veruolgung der Heiligen Christlichen Kirchen: ouch von der vrsachen der veruolgung: vnd vermanung zur gedult/ vnd bestant/ sampt erzellung der raach vnnd straff Gottes/ wider die veruolger […]. Zürich 1573. (ZBZ, Zm IDC PBU-248). Caburaccio, Francesco: CANZONE DI M. FRANCESCO CABORACCIO, Nella Vittoria dell’Armata Christiana, Contra la Turchesca. Rom 1571. (AL, Turcica IV.74/15833). Caetani, Camillo: ILLVSTRISSIMI. VIRI CAMILLI. CAETANI O D E IN. TVRCARVM. TYRANNVM BELLVM. RENOVANTEM. O. O. O. J. [1571?](AL, Turcica IV.75/15834). Caetani, Onorato/ Gerolamo Diedo: La battaglia di Lepanto (1571). Con una nota di Salvatore Mazzarella. (Il mare, Bd. 13). Palermo 1995. Cancellieri, Francesco: Storia de’ solenni possessi de’ sommi pontefici […]. Rom 1802. Canevari, Giovanni: IN MVSTAFAM. Brixen 1572. (BNM, Misc. 2046.28). Cantalupo, Ambrosio: MIRACOLO DELLA MADONNA della santissima Trinità di VITERBO. Viterbo 1577. (BAR, R.11.14*/2). Capri, Michele: DELLE LODI DEL SERENISSIMO SIGNOR DON GIOVANNI D’AVSTRIA. Alla Illustrißima, et Eccellentissima Signora D. ISABELLA de Medici Orsina, Duchessa di Bracciano. CANZONE DI MICHEL CAPRI. Florenz 1571. (AL, Turcica V.85/15844). Carafa, Ferrante: L’AVSTRIA DELL’ILLVSTRISS. S. FERRANTE CARRAFA MARCHESE DI S. LVCIDO ALLA MAESTA DELL’INVITTISS. RE FILIPPO SVO SIGNORE. DOVE SI CONTIENE LA VITTORIA DELLA SANTA Lega all’Hechinadi nell’anno 1571. PRIEGHI per la Vnione. GIOIE hauute per quella. SVCCESSI auuenuti dopò la Vittoria per tutto l’anno 1572. LODI della Santiß. Madre distinte in xxxiij. Sonetti. ALCVNE lettere scritte à Papi, à S. Maestà, all’Altezza del S. D. Giouanni, à Prencipi, à Prelati, & altre persone Illustri, con le risposte. VNA Oratione alla Santità di GREGORIO XIII. intorno all’accrescimento della Lega, et all’espeditione della Santiß. Crociata. Neapel 1573. (BNN, Rari Branc. G 35; BNCR, 7.10.D.15). Carignano, Scipione: LA FELICE VITTORIA DE LA SANTA LEGA FATTA PER L’ALTEZZA DI DON GIOVANNI D’AVSTRIA […]. Neapel O. J. (AL, Turcica V. 86/15845). Carputus, Donati: DONATI CARPVTI EBOLITANI ORATIO, PRO BELLO CONFICIENDO in Turcas, […]. Neapel 1573. (AL, Turcica V.88/15847).

Quellenverzeichnis

623

Carrafa, Giovanni B.: DELL’HISTORIE DEL REGNO DI NAPOLI DEL S. GIAN BATISTA CARRAFA, […]. Neapel 1572. (BSB, 4 Ital. 98). Carrara, Giovanni F.: IOANNIS FRANCISCI CARRARAE FOROIVLIENSIS IVRECONSVLTI ORATIO Ad Pium Quintum Pon. Max. qua Principes ad bellum contra Selinum excitantur post victam classen Turcicam. Venedig 1572. (AL, Turcica V.89/ 15848; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1504, doc. 208). Carrillo Cázares, Alberto: El debate sobra la guerra chichimeca, 1531–1585. Derecho y política en la Nueva España. 2 Bde. Zamora 2000. Castellani, Giulio: CANZONETA ALLA S. DI N. S. PAPA PIO V. PER LA GRAN VITTORIA DA Christiani, ottenuta contra Turchi. O. O. O. J. (AL, Turcica V.90/15849; BAR, o.3.21/ 41). Catena, Girolamo: VITA DEL GLORIOSISSIMO PAPA PIO QVINTO SCRITTA DA GIROLAMO CATENA DEDICATA AL SANTISSIMO Signor Nostro SISTO Quinto. Con vna raccolta di lettere di Pio V. à diuersi Principi, & le risposte, con altri particolari. E i Nomi delle Galere, & di Capitani, così Christiani, come Turchi, che si trouarono alla battaglia nauale. Dall’istesso Autore riueduta & ampliata. Rom 1587. (DHIR, Fk 1140). Celsi, Giacomo: ORDENI DEL CLARISSIMO M. GIACOMO CELSI, degnissimo Proueditor DELL’ARMATA DELL’ILLVSTRISSIMA SIGNORIA DI VENETIA. O. O. O. J. (AL, Turcica I.34/15793). Cemerino, Vergelli da: LITTERA VENVTA DA L’INFERNO, A Selim gra[n] Turco, mandata da Sultan suo Padre. […]. O. O. O. J. (AL, Turcica XIV.205/15996; BL, 1071.g.7 (83)). Cermann, Regina: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters. (Veröffentlichungen der Kommission für Deutsche Literatur des Mittelalters der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 5, 1/2: Gebetbücher). München 2002. Check, Christopher: The Battle that Saved the Christian West. In: Catholic Answers to Explain and Defend the Faith. URL: http://www.catholic.com/magazine/articles/thebattle-that-saved-the-christian-west [Zugriff am: 13. Oktober 2015]. Cherler, Paul/ Georg Spindler: Zwey Hüpsche Newe Geistliche Lieder/ Das erst/ wie man Gott umb ein fruchtbar geho[e]r des H. wort Gottes bitten soll. Das ander/ wie man Gott umb Sieg und beystandt wider den blu[o]tdurstigen Feind der Christenheit den Thürcken bitter vnnd anru[e]ffen soll. Basel O. J. (UBB, Sar 151:83). Cherubini, Laertio: Bvllarivm sive nova collectio plurimarum constitutionum apostolicarum diuersorum romanorum pont. Bd. 2: A Pio qvarto vsqve ad Innocentivm nonvm. Rom 1617. (BSB, 2 J.can.f. 15 k-2/3). Cherubini, Laertio: Magnvm Bvllarivm Romanvm […]. Bd. 2. Leiden 1655. (BNN, RAVE007923). Chimalpáhin, Domingo: Los ocho relaciones y el memorial de Colhuacan. Hg. v. Rafael Tena. Mexiko-Stadt 2003. Chracas, Luca A.: DESCRIZIONE Di tutto il magnifico apparato, e di quanto si fece nella solennità di tutto l’Ottovario celebrato nella Chiesa di S. Maria sopra Minerva, principiato il dì 6. Agosto 1712. e terminato il dì 14. detto PER LA FESTA DI S. PIO QUINTO […]. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 126r–131v). Chracas, Luca A.: DISTINTO RACCONTO Di quanto si è operato nella Canonizatione de’quattro Santi PIO V. PONTEFICE, dell’Ordine de’Predicatori. S. ANDREA A VELLINO, de’Chierici Regolari Teatini. S. FELICE DA CANTALICE, Laico professo

624

Anhang

dell’Ordine minore di S. Francesco Capuccino. S. CATARINA DA BOLOGNA, dell’Ordine di S. Chiara. […] Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 136r–143v). Chracas, Luca A.: SUCCINTA NARRAZIONE Della Solenne Festa DEL GLORIOSO PONTEFICE S. PIO QUINTO Celebrata sontuosamente nella Basilica di S. Maria Maggiore di Roma li 2. Ottobre Domenica prima di d. Mese, con li due giorni seguenti dell’anno 1712. […]. Rom 1712. (ASC, Camera Capitolina cred. XIV, t. 38, fol. 120r– 125v). Chuchiak, John F. (Hg.): The Inquisition in New Spain, 1536–1820. A Documentary History. Baltimore 2012. Codignac, Michel: COPIA DE VNA LETTERA DE LAMBASCIATORE DEL RE DE FRANCIA IN CONSTANTINOPOLI. A Monsignor di Lodeua Ambasciator del Christianissimo Re de Francia appresso la Signoria di Venetia, Laquale narra cose marauigliose del gran successo intrauenuto Tra Sulta[n] Suliman, co[n] la morte delli dui Figlioli vno chiamato Mustafa e l’altro il Gobbo. Neapel 1564. (AL, Turcica XXI.27/ 10606). Cohen, Mark R. (Hg.): The Autobiography of a Seventeenth-Century Venetian Rabbi. Leon Modena’s Life of Judah. Princeton u. a. 1988. Conegliano, Francesco: Due Sonetti DI M. FRANCESCO CONEGLIANO TEST. ET COMPOSITORE OPITERGINO, A consolazione della Spettabil Comunità di ODERZO. Per la Gloriosa Vittoria contra TVRCHI. Venedig 1571. (AL, Turcica VI.92/15851). Contarini, Giovanni P.: HISTORIA DELLE COSE SVCCESSE DAL PRINCIPIO DELLA GVERRA MOSSA DA SELIM OTTOMANO A’VENETIANI, Fino al dì della gran Giornata Vittoriosa contra Turchi, Descritta non meno particolare che fedelmente da M. Gio. Pietro Contarini Venetiano. Venedig 1572. (AL, 15852; BVR, S. Borr. Q. I. 301(2)). Cordan, Wolfgang (Hg.): Popol Vuh. Das Buch des Rates. Mythos und Geschichte der Maya. O. O. O. J. Cornia, Ascanio della: DVE DISCORSI DELL’ILL.mo S.or MARCHESE ASCANIO DELLA CORNIA MAESTRO DI CAMPO GENERALE DELLA SANTISSIMA LEGA. Dati da lui al Sereniss. S. Don Giouanni d’Austria circa al combattere con l’Armata Turchesca. Con la descrittione dell’esequie fatte in Perugia: nella morte del Medesimo. Et vna Canzone in lode del detto d’Incerto Autore. Florenz 1571. (BAV, R.G.Miscell.III.806(int.6)). Corte Real, Jerónimo de: FELICISSIMA VICTORIA CONCEDIda del cielo al señor don Iuan d’Austria, en el golfo de Lepanto de la poderosa armada Othomana. En el año de nuestra saluacion de 1572. Compuesta por Hieronymo Corte Real, Cauallero Portugues. (†). Lissabon 1578. (RAH, 3/7293). Corvinus, Elias: IOANNI DE AVSTRIA SERENISS: PRINCIPI CLASSIS CHRISTIANÆ PRÆFECTO GENERALI Classis Turcarum Victori feliciss. Trophæum P. P. Venedig 1572. (AL, Turcica VI.98/15858). Crosby, Allan J. (Hg.): Calendar of State Papers. Foreign, Elizabeth. Bd. 9: 1569–1571. London 1874. Crotta, Antonio: ANTONII CROTTAE, CANONICI TRIDENTINI, pro victoria ad Echinadas. […]. Brixen 1572. (AL, Turcica VI.99/15859). Crusius, Martinus: TVRCOGRAECIAE LIBRI OCTO […]. Basel 1584. (AL, 16026; UBM, Wk 2214).

Quellenverzeichnis

625

Dal Borgo, Michela: La descrizione del Peloponneso di Andrea Londano alla Repubblica di Venezia (1570). In: Mediterranean World 20 (2010), S. 133–150. Dallmeier, Martin (Hg.): Quellen zur Geschichte des Europäischen Postwesens. 1501–1806. T. 1: Quellen – Literatur – Einleitung. (Thurn und Taxis-Studien, Bd. 9). Kallmünz 1977. De Austria, Juan: LA COPIA DELLA LETTERA DEL Serenissimo Signor Don Gio. d’Austria. MANDATA PER IL SIG. Don Pietro Zapada suo Ambasciatore. ALL’ILLVSTRISS. & Eccellentiß. Sig. Doge di Vinegia. Di più vi è la vera relatione di tutto quello, ch’è seguito dalli dieci d’Ottobre per fino allo arriuo di Sua Altezza in Messina. Con la pompa, & fausto della sua felicissima entrata. Bologna 1571. (BNCR, 69.4.A.22; AL, Turcica VI.96/15856). De Austria, Juan: Relacion de lo succedido en la armada de la Sa[n]cta Liga, desde los treynta del mes de Septiembre, hasta los veynte y quatro de Octubre de este año, embiada a esta ciudad, al muy Illustre Señor Licenciado, Pero Lopez de Mesa, Assistente de Seuilla. Assimismo va aqui la relacion de los Turcos muertos y presos, y el numero de baxeles que se tomaron al Turco, y artilleria, y la particion que de todo esto se hizo, co[n]forme a los Capitulos de la liga. Y los Christianos que se rescataron, y la gente que de los nuestros falto, y vnas preguntas que declaro Mahomet de Constantinopla, ayo de los hijos de Ali Baxa, Capitan General de la armada del Turco. El qual Mahomet y los dos hijos de Ali Baxa, yerno del Turco passado, fueron presos, con otras particularidades de que se ha tenido cierta relacion. Con licencia impressa. Sevilla 1571. (BNE, R 3418211). Deciano, Giovanni F.: IO. FRANCISCI DECIANI IVRIS VTR. DOCTORIS, PSALMVS. Ad implorandum diuinum auxilium in Bello CLAVDIIQ. COR. FRANGIPANIS AD DEVM OPT. MAX. HYMNVS. Venedig 1570. (AL, Turcica VI. 100./15860). Dekker, Thomas: THE MAGNIFICENT ENTERTAINMENT: Giuen to King Iames, Queene Anne his wife, and Henry Frederick the Prince, vpon the day of his Maiesties Tryumphant Passage (from the Tower) through his honourable citie (and chamber) of London, being the 15. of March. 1603. As well by the English as by the Strangers. Vvith the speeches and Songes, deliuered in the seuerall Pageants. London 1604. (HL, 53895). Dekker, Thomas: THE MAGNIFICENT ENTERTAINMENT: Giuen to King James, Queene Anne his wife, and Henry Frederick the Prince, vpon the day of his Maiesties Tryumphant Passage (from the Tower) through his Honorable Citie (and Chamber) of LONDON, 15. of March. 1603. As well by the English as by the Strangers: With his speeches and Songs, deliuered in the seuerall Pageants. […]. Edinburgh 1604. (BL, C.33.d.15.). Dekker, Thomas: THE VVhole Magnifycent Entertainment: GIVEN TO KING James, Queene Anne his wife, and Henry Frederick the Prince, vpon the day of his Majesties Tryumphant Passage (from the Tower) through his Honorable Citie (and Chamber) of London, 15. of March. 1603. Aswell by the English, as by the Strangers, with his speeches and Songs, deliuered in the seuerall Pageants. And those speeches that before were publish’t in Latin, now newly set forth in English. London 1604. (Bodl., A2 B-I4). Diedo, Girolamo: LETTERA DEL CLARISSIMO S. GIROLAMO DIEDO Nobile Venitiano, ALL’ILLVSTRISSIMO SIGNOR MARC’ANTONIO BARBARO, Allhora dignissimo Bailo in Costantinopoli, & hora meritissimo Procurator di S. Marco: NELLA QVALE, COSI FEDELMENTE, COME particolarmente, & à pieno si descriue la gran Battaglia Nauale seguita l’Anno M. D. LXXI. a’ Curzolari, nuouamente corretta, & ristampata. Venedig 1588. (AL, Turcica XXXII.102/15862; BAR, Z.XXXVIII.2).

626

Anhang

Diefenbacher, Michael (Hg.): Die Henker von Nürnberg und ihre Opfer. Folter und Hinrichtungen in den Nürnberger Ratsverlässen 1501 bis 1806. (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg). Nürnberg 2010. Diercxsens, Jean C.: ANTVERPIA CHRISTO NASCENS ET CRESCENS SEU ACTA Ecclesiam Antverpiensem ejusque Apostolos ac Viros pietate conspicuos concernentia usque ad seculum XVIII. […]. Bd. 5: 1567–1579. Antwerpen 1773. (UBLeip, Hist.Belg.542-t:5). Döderlein, Johann A.: MATTHAEUS à BAPPENHAIM enucleatus, emendatus, illustratus & continuatus. Das ist: Historische Nachrichten Von dem Ur=alten Hochpreißlichen Hauß Der Kayserlichen und des Reichs Marschallen von Palatin, Und der Davon abstammenden ehe= und dermahligen Reichs=Erb=Marschallen, Herren und Grafen zu Pappenheim […]. Schwabach 1739. (BSB, 4 Geneal. 21–1). Dragonetti de Torres, A.: La Lega di Lepanto nel carteggio diplomatico inedito di Don Luys de Torres, nunzio straordinario di S. Pio V a Filippo II. Turin 1931. Duodo, Pietro/ Antonio Venier/Pietro Basadonna: CAPITOLI, ORDINI, E TERMINATIONI De gl’Illustrissimi, & Eccellentissimi Signori CINQVE SAVII ALLA MERCANTIA. De di 28. Luglio 1723. In Materia de Sanseri, & altri che Negotiano con Turchi, Armeni, & simili Nationi. Venedig 1723. (ASVe, Cinque Savi alla Mercanzia, N. S., b. 187, Konvolut 9). Durajová, Miroslava/ Rostislav Smísˇek (Hg.): Hieronymus der Ältere Schlick. Das Tagebuch. Eine Selbstdarstellung aus den Jahren 1580–1582. (Prameny k cˇeským deˇjinám 16.–18. století. Documenta res gestas Bohemicas saeculorum XVI.–XVIII. illustrantia. ˇ eské Budeˇjovice 2008. Series B, Bd. 2). C Egizio, Antonio: AVISI Particulari ultimamente mandati dal magnifico m. Antonio Egiptio maggiordomo dell’Illustrissimo & Eccellentissimo Signor Pauolo Giordano, Al Mag. M. Pietro Egiptio suo fratello, Doue minutamente si narra tutto il successo, e conflitto fra l’armata Turchesca, e Christiana. O. O. O. J. (BCas, Vol. Misc. 2244.3; AL, Turcica VII.105/ 15867). Erasmus, Desiderius: De conscribendis epistolis. Anleitung zum Briefeschreiben. Übers. v. Kurt Smolak. (Ausgewählte Schriften, Bd. 8). Darmstadt 1980. Ercilla y Zúñiga, Alonso de: La Araucana. Hg. v. Concha de Salamanca. 6. Aufl. Madrid 1968. Erizzo, Sebastiano: DISCORSO DI M. SEBASTIANO ERIZZO. Sopra le Medaglie de gli Antichi. Con la Dichiaratione delle Monete Consulari, & delle Medaglie de gli Imperadori Romani. Nella qual si contiene una piena & varia cognitione dell’Istoria di quei tempi. Di nuouo in questa terza Editione ristampato. Venedig 1571. (BCompl, BH DER 1201). Eusebius von Caesarea: De vita Constantini. Eingel. v. Bruno Bleckmann. Übers. v. Horst Schneider. (Fontes christiani, Bd. 83). Turnhout 2007. Fabretti, Santo: NVOVA CANZONE SOPRA LA SANTISS. LEGA FATTA INNANZI LA CONSEGVITA VITTORIA. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica VII.106/15865; BNM, Miscellanea 2573, op. 12, cc. 4). Fabri, Johann: SERMO IOANNIS FABRI Episcopi Vienen[sis], pro fœlici victoria, aduersus infideleis, habitus in sancta ecclesia Metropolitana Pragen[sis]. Anno à Christo nato Ihesu. M D XXXVII. Quinta die Mensis Augusti. Prag 1537.

Quellenverzeichnis

627

Fatio, Olivier/ Olivier Labarthe (Hg.): Registres de la Compagnie des pasteurs de Genève. Bd. 3: 1565–1574. Genf 1969. Fausti, Giulio: JVLII FAVSTI EPIGRAMMA PRO VICTORIA. CLARISS. ANDREAE DELPHINO. O. O. O. J. (AL, Turcica IV.75/15834). Ferri, Guido P.: CANZONE IN MORTE DELLO ILLVSTRISS.MO SIG. MARCHESE ASCANIO DALLA CORGNIA DI GVIDO POSTVMIO FERRI. Bologna 1572. (BNM, Misc. 2677.004). Fiamma, Gabriele: PARAFRASI POETICA Sopra alcuni Salmi di Dauid Profeta, molto accomodate per render gratie a Dio della vittoria donata al christianesmo contra Turchi. Venedig O. J. (AL, Turcica XI.166/15942). Fickler, Johann B.: Johann Baptist Fickler. Das Inventar der Münchner herzoglichen Kunstkammer von 1598. Editionsband. Transkription der Inventarhandschrift cgm 2133. Hg. v. Peter Diemer in Zusammenarbeit mit Elke Bujok u. Dorothea Diemer. (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Abhandlungen. Neue Folge, H. 125). München 2004. Fickler, Johann Baptista: LITERAE SVLTANI SVLEMANNI TVRCARVM IMP. MISSAE CONSTANtinopoli ad Ferd. Imperatorem Rom. & ab Ebrahimo Strotschio, Polono, apostata, redditæ Francofordiæ, in sacri Imperij Electorum, cæterorumq[ue] Principum consessu, cum in Rom. Regem elegeretur Maximil. Ferdinand. F. & qua oratione Cæsarem compellatus sit Legatus ille, antequam literas redderet. ANNO MDLXII. DIE MEN. NOVEMB. XXVII. REVISAE AB INTERPRETE, ET A mendis innumeris, quibus ex Repensi Typographia prodierant, uindicatæ. HIS ACCESSIT DECLARATIO PRAEliminaris, qua breuiter describitur processus totius fere negotij, & literarum Turcicarum inusitata forma. POSTREMO LOCO PONITVR CAthalogus Seruorum, equorum, Camelorum & Epirhediorum, quibus legationis caterua instructa uenit. Padua 1563. (AL, XXIX/14265). Figueroa, Lope de (Juan de Austria): RELATIONE FATTA IN ROMA A SUA SANTITA Dal S. Maestro di Campo del Terzo di Granata DON LOPES DI FIGHEROA Imbasciatore del Signor Don Giouanni d’Austria. MANDATO ALLA CATOLICA MAESTA Del Re Filippo. Florenz 1571. (AL, Turcica I.37/15796; BAV, R.G.Miscell.III.806(int.5)). Figueroa, Lope de: RELACION DELA IORNADA SVCCEDIDA ALOS Sieie del mes de Octubre mil Quinientos setenta y vno. Rom 1571. (BVR, S. Borr. Q. I. 301(9)). Fink, August (Hg.): Die Schwarzschen Trachtenbücher. Berlin 1963. Firpo, Luigi (Hg.): Relazioni di ambasciatori veneti al Senato tratte dalle migliori edizioni disponibili e ordinate cronologicamente. Bd. 13: Costantinopoli (1590–1793). Turin 1984. Forzanini, Giovanni P.: CANZONE CINQVE, DEL P. F. GIO. PAOLO FORZANINI DA CASTEGNEDOLO, GIESVATO BRESCIANO. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica VII.111/ 15871). François, Jean: Bibliothèque générale des écrivains de l’ordre de Saint Benoît, patriarche des moines d’Occident. Bd. 1. Bouillon 1777. (BnF, département Littérature et art, Q463). Fürer von Haimendorf, Christoph: Christoph Fürers von Haimendorff, Ritters, Deß Eltern geheimen Raths/ vorderste Losungers/ Schultheissen/ vnd Obristen Kriegshaubtmanns der Stadt Nu[e]rnberg/ auch des lo[e]blichen Fra[e]nkischen Kraises Kriegsrahts. Reis=Beschreibung. In Egypten/ Arabien/ Pala[e]stinam/ Syrien/ etc. mit beygefügter

628

Anhang

Landtafel/ vnd derselben Erkla[e]rung: Sambt kurzem Anhang. Jacob Fu[e]rer von Haimendorff/ seines Bruders/ Constantinopolitanischer Reise. Nürnberg 1646. (HAB, QuN 228). Furttenbach, Joseph: ARCHITECTURA NAVALIS. Das ist: Von dem Schiff=Geba[e]w/ Auff dem Meer vnd Seekusten zugebrauchen. […]. Ulm 1629. (BSB, Res/2 A. hydr. 13). Furttenbach, Joseph: ARCHITECTURA VNIVERSALIS. Das ist: Von Kriegs: Statt= vnd Wasser Geba[e]wen. […]. Ulm 1635. (UBH, T 2130 RES). Furttenbach, Joseph: ARCHITECTVRA PRIVATA. Das ist: Gru[e]ndtliche Beschreibung/ Neben conterfetischer Vorstellung/ inn was Form vnd Manier/ ein gar Irregular, Burgerliches Wohn=Hauß: Jedoch mit seinen sehr guten Commoditeten erbawet/ darbey ein Ru[e]st: vnd Kunst Kammer auffgericht: Jngleichem mit Garten/ Blumen: Wasser: neben einem Grottenwercklin versehen/ vnnd also schon zu gutem Ende ist gebracht worden. […]. Augsburg 1641. (SLUB, Archit.146,misc.1). Furttenbach, Joseph: Inventarium, Viler Nutzbaren/ immerdenckwu[e]rdigen Militar: Civil: Naval: vnd dergleichen Architectonischen Modellen, vnd Abrissen/ auch andern wolfundirten Mannhafften Sachen/ welche in deß Heyl: Reichs Statt Vlm/ vnd daselbsten in deß Herrn Joseph Furttenbachs deß Raths/ vnd Bauherrn [et]c. Ru[e]st: vnd KunstCammer/ in natura zufinden seind. […]. Augsburg 1660. (HAB, M: Uf 172). FVGGERORVM. ET FVGGERARVM. QVAE IN FAMILIA NATAE. QUAÈVE IN FAMILIAM TRANSIERVNT. QVOT EXTANT AERE EXPRESSAE IMAGINES. Augsburg 1618. (FA, Drucke Y 168). G., M.: DEI OPT. MAX GRATIA, Vincitur, ac penè tota deleteri perquam magna Turcarum claßis: PIO QVINTO PONTIFICE, PHILIPPO HISPANIARVM REGE, ALOYSIOQ. MOCENICO VENETIARVM PRINCIPE, Nonis Octobris. MDLXXI. O. O. O. J. [1571]. (AL, Turcica X.149/15922). Gambara, Lorenzo: AD DEVM GRATIARVM ACTIO PRO VICTORIADE TVRCIS HABITA. Laurentij Gambaræ Brixiani. EIVSDEM In Regem Turcarum post amissam classem. Antwerpen 1572. (CUL, I*.10.18(D)). Gamberini, Giovanni D.: DI GIO. DOMENICO GAMBERINI Fiorentino, detto il Poetino. O. O. O. J. (AL, Turcica VII.113/15873). Garzoni, Tomaso: La piazza universale di tutte le professioni del mondo. Hg. v. Paolo Cherchi u. Beatrice Collina. Bd. 2. Turin 1996. Gasser, Achilles P.: Dritter Theil/ Der Weitberhu[e]mpten Keyserlichen freyen Reichßstatt Augspurg in Schwaben/ historischer Beschreibung vnd Chronicen. Basel 1596. (BSB, Res/2 Germ.sp. 160-1/4). Gaye, Giovanni (Hg.): Carteggio inedito d’artisti dei secoli XIV. XV. XVI. Pubblicato ed illustrato con documenti pure inediti. Bd. 3: 1501–1672. Florenz 1890. Geizkofler, Lukas: Lucas Geizkofler und seine Selbstbiographie. 1550–1620. Hg. v. Adam Wolf. Wien 1873. Genua, Signoria: Capitoli di nuouo formati nel vestire, tanto per le donne quanto huomini, che si hanno da osseruare in l’auenire per decreto, sotto le pene contenute in esso, ne i quali è distinto quel che si consente. Genua o. J. [1572?]. (BSRGS). Gerlach, Stephan: Stephan Gerlachs deß Aeltern Tage=Buch/ Der von zween Glorwu[e]rdigsten Ro[e]mischen Ka[e]ysern/ MAXIMILIANO und RUDOLPHO, Beyderseits den Andern dieses Nahmens/ Ho[e]chstseeligster Geda[e]chtnu[e]ß/ An die Ottomannische Pforte zu Constantinopel Abgefertigten/ Und durch den Wohlgebohr-

Quellenverzeichnis

629

nen Herrn Hn. DAVID VNGNAD/Freyherrn zu Sonnegk und Preyburg &c. Ro[e]misch=Ka[e]yserl. Raht/ Mit wu[o]rcklicher Erhalt= und Verla[e]ngerung deß Friedens/ zwischen dem Ottomannischen und Ro[e]mischen Ka[e]yserthum und demselben angeho[e]rigen Landen und Ko[e]nigreichen &c. Glu[e]cklichst=vollbrachter Gesandtschaft: Auß denen GERLACHISCHEN/ Zeit Seiner hierbey bedienten Hoff=Prediger=Ampts=Stelle/ eygenha[e]ndig auffgesetzten und nachgelassenen Schrifften/ herfu[e]r gegeben durch Seinen Enckel M. SAMUELEM GERLACHIUM, Special-Superintendenten zu Gro[e]ningen/ in dem Hertzogthum Wu[e]rtemberg. Mit einer Vorrede/ Herrn TOBIÆ WAGNERI, der H. Schrift D. und Prof. auch Cantzlers bey der Hohen=Schul/ und Propstes der Kirchen zu Tu[e]bingen. Frankfurt a. M. 1674. (LBC, Cas A 1716). Gherardi, Petro: IN FOEDVS ET VICTORIAM CONTRA TVRCAS IVXTA SINVM CORINTHIACVM Non. Octob. dlxxi partam Poemata uaria. Petri Gherardii Burgensis studio, & diligentia conquisita, ac disposita. AD GVLIELMVM SIRLETVM S. R. E. CARD. AMPLISS. Venedig 1572. (CUL, Y.11.54; BNCF, B. 17.7.5.). Ghini, Leonardo: ORATIONE DI M. LEONARDO GHINI DA CORTONA. Ad esortare i Principi Christiani à preservare nell’Impresa contra Turchi, […]. Perugia 1572. (AL, Turcica VII.114/15874). Gilles, Pierre: PETRI GYLLII DE TOPOGRAPHIA CONSTANTINOPOLEOS, ET DE ILLIVS ANTIQVITATIBVS LIBRI QVATVOR. Ad Reuerendiß. & Illustriß. D. Georgium Cardinalem Armaïgnacum. Leiden 1561. (AL, 13894). Giusti, Vincenzo: BOSCHEREZZA CANZONE Nella felicissima Vittoria Christiana contra Infideli DI M. VINCENTIO GIVSTO DA VDINE. Venedig 1571. (AL, Turcica VII.115/ 15875). Gleich, Johann A.: JO. ANDR. GLEICHI, Conc. Aul. Elect. Sax. HISTORIA NUMISMATUM SUCCINCTA, IMPRIMIS DE QVIBUSDAM NUMMIS OB VICTORIAS NAVALES, OLIM A TURCIS, M D L XXI. D. VII. OCTOBR. ET NUPER A GALLIS, M DC XCII. D. XIX. & XXIX. MAII. DEPORTATAS, CUSIS, EX ARGUMENTIS VETERUM ILLUSTRATA ET AD MULTORUM DESIDERIA CUM FIG. ÆNEIS IN LUCEM EMISSA. […]. Leipzig 1698. (UBLeip, Bibliotheca Albertina, Num. 108-m). Gleich, Johann A.: MICHEÆ UBISERI, POETÆ CL. DE NAVALI CHRISTIANORUM AD ECHINADAS OLIM PARTA VICTORIA CARMEN, […]. Torgau 1694. (SLUB, Coll.diss.B.33,misc.41). Gomberti, Massimiliano: MAXIMILIANI GOMBERTI RAVENNATIS. Pro gratiarum actione ob victoriam acceptam hac in præsenti Naumachia contra Turcas; […]. Perugia 1572. (AL, Turcica VII.116/15876). Gonzaga, Curzio: Tre canzoni del molto illustre Curtio Gonzaga nella felicissima vittoria christiana contra turchi. Dillingen 1572. (EDIT 16, CNCE 75848). Goselini, Giuliano: NELLA MORTE, DEL SERENISSIMO DON GIOVANNI D’AVSTRIA. Mantua 1579. (AL, Turcica VII.117/15877). Gradenico, Francesco: CANZONE SOPRA LA GVERRA ET VITTORIA OTTENVTA DA CHRISTIANI CONTRA TVRCHI. Venedig O. J. (AL, Turcica VIII.118/15883). Granado, Juan: COPLAS Y VERA RELACION NVEVAMENTE COMPVESTAS Por Ioan Granado Elandaluz, autor de Comedias y natural de Baeça, SOBRE LA FAMOSISSIMA VITORIA QVE Elarmada de la Santa liga a tenido, vistas y esaminadas por los Señores

630

Anhang

Inquisidores, y con priuilegio de Su Excelencia por dos Meses. Son las mas copiosas y largas de qua[n]tas an salido hasta aqui. Barcelona 1571. (UB CRAI, B-59/3/42-2). Gravazzi, Egidio: NVOVA CANZONE DEL R. P. F. EGIDIO GRAVATIO EREMITANO, Nella felicissima vittoria contra Turchi. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica VIII.120/ 15885). Greyerz, Kaspar von/ Kim Siebenhüner/ Roberto Zaugg (Hg.): Joseph Furttenbach. Lebenslauff 1652–1664. Unter Mitarbeit v. Andreas Trautmann. (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 22). Köln/ Weimar/ Wien 2013. Groto, Luigi: CANZONE DI LVIGI GROTO CIECO D’HADRIA, NELLA MORTE DEL CLARISS. M. Agostin Barbarigo. AL CLARISS. M. GIOVANNI Dolfino, del Clariß. M. Giuseppe Sig. suo singolare. Venedig 1572. (BNCF, Palat. 12.3.4.38VII). Groto, Luigi: ORATIONE DI LVIGI GROTO CIECO, AMBASCIATOR DI HADRIA. Fatta in Vinegia, per l’allegrezza della uittoria ottenuta contra Turchi dalla santissima Lega. […]. Venedig 1571. (AL, Turcica VIII.122/15887; AL, Turcica XVII.13/13593). Groto, Luigi: ORATIONE DI LVIGI GROTO Cieco, Ambasciatore di Hadria; […]. Mailand O. J. (AL, Turcica VIII.123/15888). Groto, Luigi: ORATIONE DI LVIGI GROTTO CIECO D’HADRIA; […]. Venedig 1570. (AL, Turcica VIII.121/15886). Groto, Luigi: TROFEO DELLA VITTORIA SACRA, Ottenuta dalla Christianiss. Lega contra Turchi nell’anno M D LXXI. […]. Venedig 1572. (AL, 16020). Gualtieri, Felice: CORONA PER LA VITTORIA DEL SERENISS. DON GIO. D’AVSTRIA […]. Venedig 1572. (AL, Turcica VIII.124/15889). Gualtieri, Felice: CORONA Per la Vittoria DELLA SANTA LEGA CONTRA INFIDELI DI M. FELICE GVALTIERI. Venedig 1572. (BNM, Misc. 2573, op. 35, cc. 4; AL, Turcica VIII.125/15890). Gualtieri, Guido: CANZONE SOPRA LA VITTORIA OTTENVTA DALL’ARMATA DE’ PRENCIPI CHRISTIANI contra la Turchesca. Al Santiß. S. N. Papa Pio Quinto. Venedig 1571. (AL, Turcica V.83/15842; BNM, Misc. 2046.1; BNCF, Palat. 12.2.4.14I). Gualtieri, Guido: LE TRE SORELLE CANZONI DI GVIDO GVALTIERI DA SAN GENESI, Per la felicissima Vittoria Nauale de Christiani contra Infideli. All’Illustrissimo & Reuerendissimo Monsignor Gieronimo Rusticucci, Cardinal di Santa Chiesa. Venedig O. J. (AL, Turcica VIII. 126/15891; BNCF, Palat. 12.2.4.14V). Guarnello, Alessandro: CANZONE NELLA FELICISSIMA VITTORIA CHRISTIANA CONTRA INFIDELI AL SERENISS. D. GIO. D’AVSTRIA. Del Caualier Guarnello. Venedig 1571. (AL, Turcica VIII.127/15892; BNCF, Palat. 12.3.4.38VIII). Guazzo, Marco: HISTORIE DI MESER MARCO GVAZZO OVE SE CONTENENO LE GVERRE DI Mahometto imperatore de turchi haute p[er] quindeci anni continui con la Signoria di Venetia poi con il Re di Persia vsuncassano il Re di Napoli Ferdinando; & lassedio di Rodi: & in che guisa; & in che luogo mori Con le guerre di suo figliuolo Baiesit fatte con il Carabogdan Vaiuoda della Valachia: Et con il Soldan del Cairo, & molte giornate Con la morte de i ualorosi capitani il magnifico Bertoldo, il Conte Girolamo da nouello, il Conte Giulio patre del duca dAtri, e molti altri: […]. Venedig 1545. (AL, Turcica XXXI.23/15782). Guérin, Paul (Hg.): Registres des délibérations du Bureau de la Ville de Paris publiés par les soins du service historique. Bd. 6: 1568–1572. Paris 1892.

Quellenverzeichnis

631

Guerra, Domenico: NOVISSIMA CANZONE AL SERENISS. SIG. D. GIOVANNI D’AVSTRIA GENERALE DELL’ARMATA DELLA SANTISSIMA LEGA SOPRA LA VITTORIA Seguita contra l’armata Turchesca, il VII. giorno di Ottobre M D LXXI. Con tre Sonetti vno all’Eccell.mo Sig. Sebastiano Veniero General dell’armata Venetiana: Vno all’ Eccell.mo Sig. Marc’Antonio Colonna General dell’armata di Santa Chiesa: Et vno à N. S. Papa PIO Quinto. Venedig 1571. (AL, Turcica XX.9/10586). Guillen Tato, Julio F.: Hallazgo de la crónica inédita de un soldado en la Batalla de Lepanto. Madrid 1971. Haecht, Godevaert van: Kroniek over de troebelen van 1565 tot 1574 te Antwerpen en elders. Hg. v. Rob van Roosbroeck. Antwerpen 1929–1930. Ha-Kohen, Joseph: Emek habacha von R. Joseph ha Cohen. Hg. u. übers. v. M. Wiener. Leipzig 1858. Ha-Kohen, Joseph: Sefer ʽEmeq Ha-Bakha (The Vale of Tears) with the chronicle of the anonymous corrector. ‫ספר עמק הבכה‬. Hg. v. Karin Almbladh. (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Semitica Upsaliensia, Bd. 5). Uppsala 1981. Harms, Wolfgang/ Michael Schilling (Hg.): Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 7/ 2: Die Sammlung der Zentralbibliothek Zürich. Kommentierte Ausgabe. Die Wickiana II (1570–1588). Tübingen 1997. Harms, Wolfgang/ Michael Schilling (Hg.): Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 6/ 1: Die Sammlung der Zentralbibliothek Zürich. Kommentierte Ausgabe. Die Wickiana I (1500–1569). Tübingen 2005. Harms, Wolfgang/ Michael Schilling/ Andreas Wang (Hg.): Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Bd. 2/ 2: Die Sammlung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Kommentierte Ausgabe. Historica. München 1980. Hartlaub, Felix: »In den eigenen Umriss gebannt«. Kriegsaufzeichnungen, literarische Fragmente und Briefe aus den Jahren 1939 bis 1945. Hg. v. Gabriele L. Ewenz. 2 Bde. 3. Aufl. Frankfurt a. M. 2007. Hartlaub, Felix: Kriegsaufzeichnungen aus Paris. Mit einem Nachw. v. Durs Grünbein. Berlin 2011. Hartmann, Alfred (Hg.): Die Amerbachkorrespondenz. 11 Bde. Basel 1942–2010. Heberer, Michael: ÆGYPTIACA SERVITVS: Das ist/ Warhafte Beschreibung einer Dreyja[e]hrigen Dienstbarkeit/ So zu Alexandrien in Egypten jhren Anfang/ vnd zu Constantinopel jhr Endschafft genommen. Gott zu Ehre/ vnd dem Nechsten zur Nachrichtung/ in Drey vnterschiedene Bu[e]cher außgetheilet/ vnd mit etlichen Kupfferstu[e]cken in Druck verfertigt. Durch Michael Heberer von Bretten/ Churfürstlicher Pfaltz Cantzley Registratorn/ der solche in der Person außgestanden. Mit zwo angehenckten Reisen/ die er nach seiner Dienstbarkeit/ in Vier Ko[e]nigreich/ Bo[e]hem/ Polen/ Schweden/ Dennemarckt/ Auch nechstligende Fu[e]rstenthumb vnd Seesta[e]dt vollbracht. Heidelberg 1610. (LBZ RP, E-111). Herberstein, Siegmund von: Moscouiter wunderbare Historien […]. Basel 1563. (BSB, 11665278 2 Russ. 10). Hernighem, Augustyn van: Eerste bouck van beschryfvinghe van alle gheschiedenesse (1562–1572). Hg. v. A. L. E. Verheyden. Brüssel 1978. Hirsch, Carl C./ Andreas Würfel: DIPTYCHORVM ECCLESIARVM NORIMBERGENSIVM SVCCINTA ENVCLEATIO, das ist: Ausfu[e]hrliche Beschreibung aller und jeder Kirchen, Klo[e]ster, Capellen und der annoch in denenselben befindlichen merk-

632

Anhang

wu[e]rdigen Monumenten, […] in und vor Nu[e]rnberg, […]. Nürnberg 1766. (BSB, Bavar. 4840 e). Hogenberg, Frans: Ware eigentliche ordnungh vnd gelegenheit, der Liga vnd bvndtniß auffgericht vnd gemacht im Iar vnseres Herrn 1571. Am 16 Septemb. Jnder Abreiss von de Foßa D. S. Joan. zu Meßina. O. O. O. J. (RMA, 45H3(+3)). Holinshed, Raphael: Holinshed’s Chronicles of England, Scotland, and Ireland. In Six Volumes. Bd. 4: England. London 1808. Hornschuch, Hieronymus: Ορθοτυπογραφία. Das ist: Ein kurtzer Vnterricht/ fu[e]r diejenigen/ die gedruckte Werck corrigiren wollen; Vnd Eine erjnnerung fu[e]r die/ welche jhre Schrifften/ oder verfertigte Werck ausgehen lassen […]. Leipzig 1634. (SLUB, Technol.B.658). Houwaert, Jan B.: Sommare beschrijuinghe va[n]de triumphelijcke Incomst vanden doorluchtighen ende hooghgheboren Aeerts-hertoge Matthias/ binnen die Princelijcke stadt van Brussele, in t’iaer ons Heeren M.D.LXXVIII. den xviij dach Januarij. Midtsgaders die tanneelen, poincten, figuren ende spectaculen, die inde voorseyde incompeste (ter eeren van sijne doorluchticheyt) zijn verthoont ghevveest, met meer ander saken, die doen ter tijt gheschiet zijn. Gheinventeert ende ghecomponeert deur IEAN BAPTISTA HOVWAERT, Consiellier ende Meester vanden Rekeninghen ons Heeren des Coninckx in Brabant. Antwerpen 1579. (BL, 9930.d.11). Ioly Zorattini, Pier C.: Processi del S. Uffizio di Venezia contro ebrei e giudaizzanti (1571– 1580). (Storia dell’ebraismo in Italia. Sezione veneta, Bd. 5/ Studi e testi, Bd. 6). Florenz 1985. Isler-de Jongh, Ariane/ François Fossier: Le voyage de Charles Magius. 1568–1573. Arcueil 1992. Jakob I.: HIS MAIESTIES LEPANTO, or, HEROICAL SONG, being part of his Poeticall exercises at vacant hours. 2. Aufl. London 1603. (HUL, 14379.3). Jakob I.: NAVPACTIADOS, SIVE LEPANTIADOS IACOBI MAGNI, Britanniarum, Franciæ, & Hiberniæ Regis, fidei verè Christianæ vindicis, [et] assertoris verè Christianissimi. METAPHRASIS POETICA Authore THOMA MORAVIO Scoto. […]. London 1604. (NLS, H.31.c.40). Jenichen, Balthasar: WARHAFTIGE CONTERFETTVNG DER GROSSEN GALLEEN SO VON NEVEN ZV VENEDIG ARMIERT V VND AVSGERV[e]ST WORDEn IST. O. O. 1571. (GNM, HB9823). Jenny, Markus (Hg.): Luthers Geistliche Lieder und Kirchengesänge. Vollständige Neuedition in Ergänzung zu Band 35 der Weimarer Ausgabe. (Archiv zur Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers. Texte und Untersuchungen, Bd. 4). Köln/ Wien 1985. Karnehm, Christl (Hg.): Die Korrespondenz Hans Fuggers von 1566 bis 1594. Regesten der Kopierbücher aus dem Fuggerarchiv. 2 Bde. (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns, Bd. 3). München 2003. Keller, Ludwig: Die Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein. Actenstücke und Erläuterungen. T. 1: 1555–1585. (Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven, Bd. 9, T. 1). Osnabrück 1965 [1881]. Kempenare, Philips de: Vlaemsche kronijk, of Dagregister van al het gene gedenkweerdig voorgevallen is, binnen de stad Gent, sedert den 15 July 1566 tot 15 Juny 1585. Gent 1839. Khevenhüller-Metsch, Georg (Hg.): Hans Khevenhüller an Kaiser Maximilian II. 1571– 1574. Die geheime Korrespondenz des Kaiserlichen Botschafters am Königlich Spani-

Quellenverzeichnis

633

schen Hof. 1. Band, 1. Teil. O. O. O. J. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, 8, 20). Kitto, John V. (Hg.): St. Martin=in=the=Fields. The Accounts of The Churchwardens. 1525–1603. London 1901. Koch, Hans-Albrecht (Hg.): Das Kostümbuch des Lambert de Vos. Facsimile edition of Ms. Or. 9 in Staats- and Universitätsbibliothek in Bremen. Graz 1991. Kramer, Hans (Hg.): Nuntius Biglia 1570 (Jänner) – 1571 (April). Aus dem Nachlasse von Ignaz P. Dengel. (Nuntiaturberichte aus Deutschland 1560–1572 nebst ergänzenden Aktenstücke. 2. Abt., 7. Bd.). Graz/ Köln 1952. Krauss, Erna/ Gustav F. Hartlaub (Hg.): Felix Hartlaub in seinen Briefen. Tübingen 1958. La Baume Le Blanc, Louis César de: DESCRIPTION HISTORIQUE D’UN VOLUME COMPOSÉ DE TABLEAUX PEINTS EN MINIATURE. QUI représentent les Voyages & les Aventures de CHARLES MAGIUS, Noble Vénitien, depuis que les Turcs attaquèrent & prirent l’île de Chypre sur les Vénitiens, jusqu’après la fameuse Bataille de Lépanthe, gagnée par les Chrétiens contre les Infidèles, en 1571. Paris 1761. (BnF, Département des estampes et de la photographie, rés. 4-AD-134). Landa, Diego de: Bericht aus Yucatán. Hg. v. Carlos Rincón. Übers. v. Ulrich Kunzmann. Stuttgart 2007. Lanfranchi, Marcantonio: AL PRINCIPE ET SENATO VENETIANO Canzoni Di M. Marc’Antonio Lanfranco Sopra la Vittoria Nauale. Rom O. J. [1571]. (AL, Turcica IX.132/15902). Lanzinner, Maximilian (Bearb.): Deutsche Reichstagsakten. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 4: Reichsversammlungen 1556–1662. 1570. Der Reichstag zu Speyer. 2 Teilbde. Göttingen 1988. Latham, Robert (Hg.): Catalogue of the Pepys Library at Magdalene College, Cambridge. Bd. 5: Manuscripts. Part ii: Modern. Compiled by C. S. Knighton. Cambridge 1981. Lavater, Ludwig: Von thüwre vn[d] hunger dry Predigen/ vß dem 6. cap. deß anderen bu[o]chs Paralipom oder der Chronick geprediget/ vnd volgendts zur leer vnd zum trost beschriben/ durch Ludwig Lauater/ diener der kyrchen zu[o] Zürych […]. Zürich 1571. (ZBZ, 5.344). Legrand, Émile (Hg.): Les oracles de Léon le Sage. La bataille de Varna, la prise de Constantinople. Poèmes en Grec vulgaire. Paris 1875. Leoni, Giovanni F.: IOANNIS FRANCISCI LEONIS ante & post Victoriam. O. O. O. J. (AL, Turcica IX.133/15903; OSK, Röpl. 283 (9)). Livelli, Beneto: STANZE ALLA VENITIANA DEL’ORIGINE, E SVCESso de la Verra contra Turchi per fin alla ottegnuda Vittoria. […]. O. O. [Venedig] O. J. [1572] (AL, Turcica IX.135/15905). Lobkowitz von Hassenstein, Bohuslav: Bohvslai Hassensteinii a Lobkowicz Epistvlae. Hg. v. Jan Martínek u. Dana Martínkova. 2 Bde. (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für griechisch-römische Altertumskunde. Bibliotheca Scriptorum Graecorvm et Romanorvm Tevbneriana). Leipzig 1969–1980. Lobkowitz von Hassenstein, Bohuslav: CARMEN Summos Christiani Orbis Principes excitans ad bellum CONTRA TURCAS. Leipzig 1688. (ULB Sachsen-Anhalt, Pon Vb 230 (7)). Loon, Gerard van: Antwerpsch Chronykje, in het welk zeer veele en elders te vergeefsch gezogte geschiedenissen, sedert den jare 1500. tot het jaar 1574. zoo in die toen zoo zeer

634

Anhang

vermaarde koopstad, als de andere steden van Nederland […]. Leiden 1743. (UML, DH811.A6 A5). Los Amigos de la Historia (Hg.): La batalla de Lepanto (1571). Textos basados en manuscritos y crónicas de la época existentes en el Archivo Histórico y Biblioteca del Museo Naval de Madrid y Biblioteca Nacional de Paris. Madrid 1972. Löwenklau, Johannes: Neuwe Chronica Tu[e]rckischer nation von Tu[e]rcken selbs beschrieben […]. Frankfurt a. M. 1590. (BSB, 4 Turc. 109 l). Luther, Martin/ Philipp Melanchton: Zwen trostbrieue/ geschriben an den Durchleuchtigen/ vnd hochgebornen Fürsten vnd Herrn/ Herrn Joachim Churfürste[n]/ vnd Marckgrauen zu Brandenburg &c. vom Türcken zuge. D. Martin. Luther. Philip. Melanthon. Nürnberg o. J. [1532 bzw. ca. 1545]. (AL, Turcica I.13/15771). Luther, Martin: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort. In: Ders.: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe [Weimarer Ausgabe]. Bd. 35. Weimar 1923, S. 235–248. Luther, Martin: Herrpredigt wider den Türken. In: Ders: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe [Weimarer Ausgabe]. Bd. 30, 2. Weimar 1909, S. 149–197. Luther, Martin: Tischreden. Bd. 5. [Weimarer Ausgabe]. Weimar 1919. Luther, Martin: Vom Kriege wider die Türken. In: Ders: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe [Weimarer Ausgabe]. Bd. 30, 2. Weimar 1909, S. 81–148. Lutz, Wilhelm F.: Eine Christliche Predigt/ Uber der Leich/ Deß Wolgebornen Herrn/ Hernn Hansen Ru[e]bers/ Zu Bu[e]xendorff/ vnd Gravenwo[e]rth Freyherrn […] wolseeliger Geda[e]chtnu[e]ß […]. Tübingen 1585. (ULB Sachsen-Anhalt, Pon IIn 8981, QK). Luzzatto, Aldo (Hg.): La comunità ebraica di Venezia e il suo antico cimitero. 2 Bde. Mailand 2000. M. G.: DE VICTORIA, QVAM DEVM OPT. MAX. […]. O. O. O. J. [1571]. (AL, Turcica IX.148/15921). Maganza, Giovanni B.: CANZONE DI M. GIO. BATTISTA MAGANZA. O. O. [Venedig] 1571. (AL, Turcica IX.136/15906). Maganza, Giovanni B.: HERCVLANA, IN LINGVA VENETIANA, […]. Venedig 1571. (AL, Turcica IX.137/15907; BL, 1071.g.7(7)). Magno, Celio: CANZONE NELLA VITTORIA DELL’ARMATA DELLA SANTISSIMA LEGA Contra la Turchesca. Venedig 1571. (AL, Turcica IX.138/15908; AL, Turcica XX.10/ 10587). Magno, Celio: LA BELLA ET DOTTA CANZONE Sopra la vittoria dell’Armata della Santissima Lega, nuouamente seguita contra la Turchescha. O. O. O. J. (AL, Turcica XX.12/ 10589). Magno, Celio: TRIONFO DI CHRISTO PER LA VITTORIA CONTRA TVRCHI RAPPRESENTATO AL SERENISS. PRENCIPE DI VENETIA IL DI DI SAN STEFANO. Venedig 1571. (AL, Turcica IX.139/15909). Malatesta, Carlo: IN OBITV SERENISSIMI IOANNIS AVSTRIACI. Caroli Malatestæ Ariminensis Carmen. Venedig O. J. [1571?]. (AL, Turcica IX.140/15910; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1501, doc. 209). Malaxos, Gregorios: GRATIARVM ACTIONES, GRAECE SCRIPTAE, PRO A DEO NOSTRIS DONATA nauali Victoria contra Turcicam classem. Anno D. 1571. Non. Oct. Interprete CORNELIO Franciscio Veneto, Monacho Benedictino se˛uerioris instituti

Quellenverzeichnis

635

sacre˛ Congregationis Melitensis. Venedig 1572. (AL, Turcica IX.141/15911; BNM, MISC 2380. 020). Malombra, Bartolomeo: CANZONE DI M. BARTOLOMEO MALOMBRA A CRISTIANI, ESSORTANDOLI A BENE OPERARE, ET TEMERE L’INFINITA POTENZA DI DIO, ET ACCINGERSI alla santissima unione contra gli infideli. Venedig 1573. (AL, Turcica IX.142/15912). Malombra, Bartolomeo: NVOVA CANZONE NELLA FELICISSIMA VITTORIA CONTRA INFIDELI […]. Venedig 1571. (AL, Turcica IX.143/15913; BNCF, Palat. 12.2.4.14III; BNCF, Palat. 12.3.4.38IX). Manolesso, Emilio M.: HISTORIA NOVA, NELLA QVALE SI CONTENGONO tutti i successi della guerra Turchescha, la Congiura del Duca di Nortfolch contra la Regina d’Inghilterra; la guerra di Fiandra, Flisinga, Zelanda, & Hollanda; l’uccissione d’Vgonotti, le morti de Prencipi, l’elettioni di noui, e finalmente tutto quello che nel mondo è occorso, da l’anno. MDLXX. fino all’hora presente, Composta dal Molto Magnifico, & Eccellentissimo Sig. Emilio Maria Manolesso, Dottor dell’Arti, delle leggi Ciuili, e Canoniche, e della Sacra Theologia. Dedicata al Serenissimo Prencipe di Venetia &c. & alli Illustrissimi Legato Apostolico, & Orator Catolico. Padua 1572. (CUL, Acton.d.23.440; AL, 15915; BSB, 4 H.misc. 119). Marani, Alberto (Hg.): Atti pastorali di Minuccio Minucci, archivescovo di Zara (1596– 1604). (Thesaurus ecclesiarum italiae. Bd. 3, 2). Rom 1970. Marani, Alberto: Relazione inedita sui Tartari precopensi scritta dal 1585 da Minuccio Minucci poi arcivescovo di Zara. In: Il Mamiani 4 (1969), S. 213–226. Martin, Lynn (Hg.): Correspondance du Nonce en France Fabio Mirto Frangipani (1568– 1572 et 1586–1587), Nonce extraordinaire en France en 1574, 1575–1576 et 1578. (Acta Nuntiaturae Gallicae, Bd. 16). Rom 1984. Martinengo, Nestore: L’INTERO RAGGVAGLIO DEL SVCCESSO DI FAMAGOSTA, Doue minutamente s’intendono tutti gli abbattimenti et assalti dal principio della guerra infino alla resa di essa Città a patti non seruati. Et della crudelissima morte & martirio del Clariss. Bragadino. Per Relatione fatta dal Signor Nestorre Martinengo, al Sereniss. Doge di Venetia. Rom 1572. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, B, 12). Martinengo, Nestore: RELATIONE DI TVTTO IL SVCCESSO DI FAMAGOSTA. Doue s’intende minutissimamente tutte le scaramuccie, batterie, mine, & assalti dati ad essa Fortezza. Et ancora i nomi de i Capitani, [et] numero delle genti morte, cosi de Christiani, come de Turchi. Et medesimamente di quelli, che sono restati pregioni. Venedig 1572. (AL, Turcica XV.215/16017; BSB, 4 Eur. 181; BNM, Misc. 2096.26; OSK, Röpl. 288 = Röpl. 283 (6)). Massarella, Derek (Hg.): Japanese Travellers in Sixteenth-Century Europe. A Dialogue Concerning the Mission of the Japanese Ambassadors to the Roman Curia (1590). Übers. v. Joseph F. Moran. (The Hakluyt Society. Serie III, Bd. 25). London 2012. Maximilian I.: Der Weiß Kunig. Eine Erzehlung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten. Von Marx Treitzsaurwein auf dessen Angeben zusammengetragen, nebst den von Hannsen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten. Hrsg. aus dem Manuscripte der kaiserl. Königl. Hofbibliothek. Wien 1775. (ÖNB, 781932-D). Meduna, Bartolomeo: DIALOGO SOPRA LA MIRACOLOSA VITTORIA OTENVTA dall’Armata della Santissima Lega Christiana, contra la Turchesca. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica IX.146/15919).

636

Anhang

Membré, Philippus: WArhafftige vnd vnterschiedliche Beschreibung/ wie die Tu[e]rcken anfengklich das treffliche Ko[e]nigreich vnd Jnsel Cypern/ mit grosser Macht vberfallen/ vn[d] darinnen die Hauptstadt Nicosia mit gewalt erobert/ Auch volgent solches ausserhalb der eynigen Statt vnd Port Famagusta/ vnter jhren gewalt gebracht. Erstlich/ beschrieben in Jtalienischer Sprach/ Durch Philippum Membre/ gewesnen Tolmetsch/ in Tu[e]rckischer vnd Arabischer Sprach/ zu Nicosia/ Vnd jetzt ins Teutsch verfertigt. Sampt einer kurtzen Vorred Vnd Summarische beschreibung/ der Jnsel Cypern/ sehr nu[e]tzlich zu lesen. Nürnberg 1571. (BSB, Res/4 Turc. 84, 27; SUSBA, 4 Gs 2359-144). Meredith-Owens, Glyn M.: Traces of a Lost Autobiographical Work by a Courtier of Selim II. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 23 (1960), S. 456–463. Mertens, F. H./ K. L. Torfs: Geschiedenis van Antwerpen sedert de stichting der stad tot onze tyden. T. 5. Antwerpen 1840. Meyer, Christian (Hg.): Die Chronik der Familie Fugger vom Jahre 1599. München 1902. Micheli dal Vasto, Salvestro: CANZONE DI D. SALVESTRO MICHELI DAL VASTO, DELL’ORDINE DI S. BENEDETTO CELESTINO. Al Serenißimo Signor D. GIOVANNI D’AVSTRIA GENERALE della Santa, e vittoriosa Lega. Florenz 1571. (AL, Turcica X.150/15926). Migne, Jacques-Paul: Patrologiæ cursus completus seu bibliotheca universalis, integra, uniformis, commoda, oeconomica, omnium ss. patrum, doctorum scriptorumque ecclesiasticorum, […]. Series græca posterior […]. Bd. 107. Paris 1863. Moffan, Nicolas: SOLTANI SOLYMANNI TVRCARVM IMPERATORIS HORRENdum facinus, scelerato in propriu[m] filium, natur maximum Soltanum Mustapham, parricidio, patratum. Authore Nicolao à Moffan Burgundo. Paris 1556. (AL, Turcica I.26/ 15785). Molino, Antonio: DIALOGO DE SELIN, CON GIOSVF HEBREO DI MANOLI BLESSI. Et vna Barzelletta contra Mustafà Baßà. De tonda Theriarcchi Cipriotto. Venedig O. J. (AL, Turcica IV.68/15827; BL, 1071.g.7 (86)). Molino, Antonio: MANOLI BLESSI NELLA ROTTA DELL’ARMATA DE SVLTAN SELIN, VLTIMO RE DE TVRCHI. Venedig 1571. (AL, Turcica IV.69/15828). Molino, Antonio: MANOLI BLESSI SOPRA LA PRESA DE MARGARITIN. Con vn Dialogo piaceuole di vn Greco, [et] di vn Fachino. […]. Venedig 1571. (AL, Turcica IV.70/15829; BNCF, Palat. 12.3.4.38XIII). Monelo, Zolante da: ZOLANTE DE MONELO CHE CANZONA LE SO VALENTISIE FATTE CONTRA L’ARMADA TVRCHESCA. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.214/16005). Monga, Luigi (Hg.): Galee toscane e corsari barbareschi. Il diario di Aurelio Scetti galeotto fiorentino (1565–1577). Fornacette 1999. Monga, Luigi (Hg.): The Journal of Aurelio Scetti. A Florentine Galley Slave at Lepanto (1565–1577). (Medieval and Renaissance Texts and Studies, Bd. 266). Tempe, Arizona 2004. Montaigne, Michel de: Essais de Montaigne. Hg. v. Amaury Duval. Bd. 5. Paris 1827. Moscheta, Valerio: VITA, E TRIONFO DI GIVSTINA VERGINE, ET MARTIRE SANTISSIMA: Nell’allegrezza della Vittoria ottenuta contra Turchi, il giorno della sua passione, del r.p.f. Valerio Moscheta padoano. Con alcune annotazioni, oue si dichiarano molte historie, & anco si ragiona de tutti li corpi santi, che sono nella chiesa di S. Giustina di Padoa. Venedig 1572. (AL, Turcica X.151/15927).

Quellenverzeichnis

637

Müller, Hans: Die Kunst des Sklavenkaufs nach arabischen, persischen und türkischen Ratgebern vom 10. bis zum 18. Jahrhundert. (Islamkundliche Untersuchungen, Bd. 57). Freiburg i. Br. 1980. Muret, Marc A.: M. ANTONII MVRETI. I. C. AC CIVIS ROMANI ORATIO mandatu S. P. Q. R. habita in reditu ad urbem. M. ANTONII. COLUMNAE post Turcas nauali prœlio uictos. HABITA. EST. IN. AEDE. SACRA. BEATAE. MARIAE. VIRGINIS. QVAE EST. IN. CAPITOLIO. IDIB. DECEMBR. MDLXXI […]. Padua 1572. (AL, Turcica XV.217/ 16019). Muret, Marc A.: M. ANTONII MVRETI. I. C. AC CIVIS ROMANI. ORATIO Mandatu S. P. Q. R. habita in reditu ad vrbem. M. ANTONII. COLUMNAE post Turcas nauali proelio victos. Rom O. J. [1571]. (BSS, Archivio Colonna, II. C.D. 1, fasc. a). Muret, Marc A.: M. ANTONII. MVRETI I. C. AC. CIVIS. R. CARMEN. VOTIVVM AD BEATISS. VIRGINEM. DEI. MATREM Quae religiosissime colitur in aede Lauretana. Rom 1572. (BNCR, Misc. VAL.671.8). Muret, Marc A.: ORATIONE DI M. ANTONIO MVRETO DOTTORE ET CITTADINO ROMANO RECITATA Per ordine del Popolo Romano dopo’l ritorno in Roma de l’Illustrissimo, & Eccellentissimo Signor MARC’ANTONIO COLONNA, da la felicissima vittoria di mare contra Turchi. Tradotta di latino in volgare. Rom 1571. (BNCR, 68.13.D.8). Muret, Marc A.: The Iuvenilia of Marc-Antoine Muret. Hg. v. Kirk M. Summers. Columbus, Ohio 2006. Musculus, Andreas: Beider Antichrist/ des Constantinopolitanischen/ vnd Ro[e]mischen/ einstimmig vnd gleichfo[e]rmig Leer/ Glauben/ vnd Religion/ Wieder Christum den Son deß lebendigen Gottes. Frankfurt a. d. O. 1557. (AL, Turcica XXXI/15786). Muzio, Achille: IN MARITIMAM CONTRA TVRCAS VICTORIAM; ACHILLIS MVCII BERGOMATIS CARMEN ELEGVM. Brescia 1572. (AL, Turcica X.152/15928). Muzio, Girolamo: RIME DEL MVTIO IVSTINOPOLITANO, PER LA GLORIOSA VITTORIA CONTRA TVRCHI. O. O. O. J. [1572?]. (AL, Turcica X.153/15929; ÖNB, 74.J.136). Nanni, Luigi/ Tomislav Mrkonjic´ (Hg.): Epistolae ad principi. Bd. 2: S. Pius V-Gregorius XIII (1566–1585). Vatikan 1994. Nas, Johannes: Ein scho[e]ne Tro[e]stliche Neweiarspredig. Vber das Euangeliu[m]/ wie Christus im Schifflein schlaffend/ von seinen Ju[e]ngern/ in ho[e]chsten no[e]ten erweckt/ vnd das vngestüm Meer gestilt wirt. Matth. 8. Darinn vnder andern Exempeln auch zu[o]m thail beschriben wirt/ die Go[e]ttlich gu[o]t bottschafft der gewaltigen sighafften newenzeytung/ welche Gott seinen glaubigen/ wider den grewlichen Türcken/ vn[n] Ertzfeind des Christlichen Namens/ gena[e]digst verliehen hat/ Anno Christi 1571. den 7. Octo. Ehr sey Gott in der ho[e]he/ vnd auff Erden fridden Menschen/ so eines gu[o]ten willens sein Luc. 2. Ingolstadt 1572. (BSB, Hom. 1069). Naudé, Gabriel: Advis pour dresser une bibliothèque […]. Paris 1644. (BnF, Q-3537). Nelli, Atanasio: ORIGINE DELLA MADONNA DELLA QVERCIA di Viterbo. Doue seco[n]do i tempi distintame[n]te si narra, come incominciasse la sua apparitione, & auuenimento, Con alcuni Miracoli, de quali essa Città di Viterbo ha maggior cognitione. Composta per il R.P.F. Athanasio Nelli, da Viterbo Dell’Ordine de Predicatori. Riuista & ridotta alla lingua Toscana, per F. Aurelio Cosimi Senese, del medesimo ordine. Viterbo 1571. (BAR, R.11.14*/1; BnF, Italian books before 1601, 178.7).

638

Anhang

Nelli, Pietro: SONETTI ET EPIGRAMMI DI M. PIETRO NELLI SENESE. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica X.154/15930). Nerlich, Nickel: Eigentliche Contrafactur vnd verzeichnis der grossen gewaltigen Niderlage vnd Schlacht/ so die Christen mit dem Erbfeinde dem Tu[e]rcken gehalten haben auff dem Jonischen oder Ausonischen Meer/ ausser der Meerporten Leopanto/ zwischen Cephalonia vnd Cursolari/ Vnd aus sonderlicher schickung des Allmechtigen Gottes/ die gantze Tu[e]rckische Armada in die flucht geschlagen/ Ein grossen Teil erobert/ vnd viel gefangene Christen erlediget/ den 7. Octob. Anno 1571. Leipzig O. J. (GNM, HB5824). Neser, Augustin: Ein newe Catholische Predig. Auff des Türcken Niderlag/ mit hu[e]lff Gottes/ durch den drifachen heiligen Catholischen Bundt/ beschehen. Darinn vermeldet: 1. Warumb der Allmechtig Gott/ Gaisel vnd ruth (wie der Tu[e]rck ist) vber die Christenheit verhenge. 2. Ob man solcher Gaisel vnnd Ruth mit gegenwehr mo[e]ge begegnen. 3. Wie man sich/ wo solche Ruth gebrochen/ mit dancksagung von Hertzen vnnd Mundt/ zu Gott soll aufrichten. Darbey Ein kurtze Instruction an alle Stend der Christenheit/ wie sie jrem Erbfeindt/ dem Blutdurstigen Tyrannen dem Tu[e]rcken/ mit Gebet/ Waffen/ vnnd in ander weg begegnen ko[e]nden vnd so[e]llen. Durch M. Augustinus Neser, von Fu[e]rstenberg/ Theologiæ Candidatum, Fu[e]r: Bay: Capellan/ vnd Prediger zu Landsperg/ in Druck verfertigt. München 1572. (BSB, Res4 Asc. 663#Beibd.1). Nicolay, Nicolas de: Von der Schiffart unnd Raisz in die Türckey unnd gegen Oriennt beschriben durch H. N. Nicolai […]. Mit schönen Figuren. Wie beede Man und Weib irer Lanndtsart nach bekleidet seyen […]. Nürnberg 1572. (UBH, A 3542 Folio RES; BL, C.55.i.4.(1.)). Novak, Michael: How the 1571 Battle of Lepanto saved Europe. In: CERC. Catholic Education Resource Center. URL: http://www.catholiceducation.org/en/culture/history/ how-the-1571-battle-of-lepanto-saved-europe.html [Zugriff am: 13. Oktober 2015]. Ödön, Kárffy: Magyarok a lepantói csatában 1571-ben. In: Hadtörténelmi Közlemények 25 (1912), S. 308–309. Olmi, Giovanni F.: ODAE TRES IN AMPLISSIMAM CHRISTIANORVM ADVERSVS TVRCAS VICTORIAM. IO: FRANCISCI VLMI MEDICI. BRIXIANI. AD ILLVSTRISS. D. VINCENTIVM GONZAGAM BARVLI PRIOREM. Brixen 1572. (BMCC, Op. P. D. 11774). Omichius, Franciscus: Beschreibung Einer Legation und Reise/ von Wien aus Ostereich auff Constantinopel/ durch den Wolgebornen Herrn/ Herrn Dauid Ungnadn/ Freyherrn Zu Sonneck/ vnd Pfandsherrn auff Bleyburgk/ Auß Ro[e]mischer Keyserlichen Maiestat befehlig vnd abforderung an den Tu[e]rckischen Keyser/ Anno 72. verrichtet. Darinn die Geschenck so S. G. dem Tu[e]rcken/ seinen Ra[e]then vnd Befehlichhabern selbst vberantwortet/ vnd sonsten viel scho[e]ner Historien/ Antiquiteten vnd Geschichte/ gar lustig zu lesen/ beschrieben vnnd verfasset sein/ vormals nie außgangen. […]. Güstrow 1582. (BSB, Rar. 4137#Beibd.3). Osiander, Andreas: Vnterricht/vnd vermanung/wie man wider den Tu[e]rcken peten vnd streyten soll. Auff ansuchung etlicher guter herrn vnd freunde. An die jhenigen gestelt/ bey denen der Tu[e]rck schon angriffen/vnd schaden gethon/vnd sie desselben noch alle tag gewertig sein mu[e]ssen. Nürnberg 1542. (AL, Turcica I.21./15779). Overall, William H. (Hg.): The Accounts of the Churchwardens of the Parish of St. Michael, Cornhill, in the City of London, from 1456–1608. With Miscellaneous Memoranda

Quellenverzeichnis

639

contained in the Great Book of Accounts, and Extracts from the Proceedings of the Vestry, from 1563 to 1607. London 1871. Oviedo, Pedro de: RELACION DE LAS SVMPTVOSAS y ricas fiestas, que la insigne ciudad de Seuilla hizo, por el felice nascimie[n]to del principe nuestro señor. Y por el vencimiento de la batalla naual, contra el armada del Turco. Sevilla 1572. (BNE, R 22.747; BNE, Micro 3439). Pagès, Jean (Hg.): La bataille de Lépante. Traduction d’un texte anonyme. Biarritz 2011. Pagratis, Gerassimos D.: Οι εκθέσεις των Βενετών βάιλων και προνοτήτων της Κέρκυρας (16ος αιώνας). The Reports of the Venetian Baili and Provveditori of Corfu (16th Century). (National Hellenic Research Foundation. Institute for Byzantine Research. Sources, Bd. 10). Athen 2008. Pallavicino, Lorenzo: LETTERA DI LORENZO PALLAVICINO, AD ANTONIO PALLAVICINO IN SARAGOZA. SOPRA LA VITTORIA DI DON GIOVAN’ D’AVSTRIA. Genua 1571. (BCB, F. Ant. m. r. A.IV.1.18). Pandolfo, Ghirlanda: SONETTI E CANZONE DI M. PANDOLFO GHIRLANDA, Nella VITTORIA contro gli Infedeli. O. O. O. J. (AL, Turcica XI.165/15941). Pantera, Pantero: L’armata navale, del capitan Pantero Pantera gentil’hvomo comasco, & caualliero dell’habito di Cristo. […]. Rom 1614. (BNCF, PALAT.8.9.3.10). Panvinio, Onofrio: AMPLISSIMI ornatißimiq[ue] triumphi, vti. L. PAVLUS DE rege Macedonum Perse capto, P. Africanus Æmilianus de Carthagenensibus excisis, C N. Pompeius Magnus ex oriente, Julius Augustus, Vespasianus, Traianus, et alÿ Imperatores Romam Triumpharunt ex antiquißimis Lapidum, nummorum et libro rum monumentis accuratißima descriptio: Onuphrÿ, Panuinij Veronensis inuentoris Opera, et æneis formis Antwerpiæ primum, nunc autem Romæ apud Io: Iacobum de Rubeis ad Templ S.æ M.æ de Pace, cum Priuil. Sum. Pont., et Sup. perm. O. J. (BnF, département Réserve des livres rares, J-6071). Panvinio, Onofrio: F. O. PANVINII EREMITAE AVGVSTINIANI DE TRIVMPHO COMMENTARIVS. Venedig 1571. (BL, 144.g.2.(1.)). Papebroch, Daniel: Annales Antverpienses ab urbe condita ad annum M.DCC. […]. Hg. v. F. H. Mertens u. Ern. Buschmann. Bd. 3. Antwerpen 1846. (BSB, Belg. 198 h-3). Paruta, Paolo: ORATIONE FVNEBRE […]. In laude de’morti nella Vittoriosa battaglia contra Turchi […]. Venedig 1572. (BNM, Misc. 2573, op. 38, cc. 11; AL, Turcica XI.168/ 15944). Paruta, Paolo: Storia della guerra di Cipro. Libri tre. Siena 1827. Pedani-Fabris, Maria P. (Hg.): Relazioni di ambsciatori veneti al Senato. Bd. 14: Costantinopoli. Relazioni inedite (1512–1789). (Monumente politica et philosophica rariora. Serie II, numerus 24). Padua 1996. Peñafiel, Antonio (Hg.): Códice Aubin. Manuscrito azteca de la Biblioteca Real de Berlin, anales en mexicano y geroglificos desde la salida de las tribus de Aztlan hasta la muerte de Cuauhtemoc. Mexiko-Stadt 1902. Pérez de Ribas, Andrés: History of the Triumphs of Our Holy Faith Amongst the Most Barbarous and Fierce Peoples of the New World. Hg. v. Daniel T. Reff. Tucson 1999. Pius V.: S. D. N. D. PII PP. V. PRAECEPTUM De notificandis & non relaxandis Captiuis. Rom 1571. (BNCR, 68.13.F.23/139; AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 109; ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. XII, fol. 21r–21v).

640

Anhang

Poggio, Giovanni F.: APPARATO MARETIMO DI CATHOLICA VNIONE, CONTRA La tirannide del Turco e, Presa del Armata al Isole Cucciolare nel Golfo di Lepanto. Messina 1571. (AL, Turcica XI.170/15946). Pomis, David de: ‫]…[ חמצ דוד‬. DITTIONARIO NOVO Hebraico, molto copioso, […]. Venedig 1587. (BSB, 2 L. as. 58). Potter, Frans de (Hg.): Dagboek van Cornelis en Philip van Campene, behelzende het verhaal der merkwaardigste gebeurtenissen, voorgevallen te Gent sedert het begin der godsdienstberoerten tot den 5en april 1571. Gent 1870. Pratelli, Giacomo: CANZONE SOPRA LA FELICISSIMA, E MIRACOLOSA VITTORIA HAVVTA DELL’ARMATA TVRCHESCA DALLA SANTISSIMA LEGA CHRISTIANA […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XI.171/15947). Prati, Giovanni: IL TRIONFO DI CESARE PER LA MEMORABIL VITTORIA riportata sopra l’armi Ottomane, ch’assediauano la Imperial Vienna, generosamente liberata della zelante Assistenza di N. S. INNOCENZIO XI. P, O. M. E dal formidabile Essercito di GIO: TERZO Rè inuittissimo di Polonia. E PINICIO CONSEGRATO All’Illustrissimi, & Eccellentissimi Signori DON PAOLO, E DON SCIPIONE FRATELLI BORGHESI, Giouani nella loro adolescenza d’alte speranze. Da Gio: Prati, Accademia Infecondo di Roma, e Pacifico di Venezia. Rom 1683. (BCors, 172.H.17 (56)). Quad, Matthias: MEMORABILIA MVNDI. Daß ist/ Von namhafften vnd Gedenckwirdigen sachen der Welt […]. Köln 1601 (ULB Sachsen-Anhalt, AB 37 5/k, 2 (2)). Quintilianus, Marcus F.: Institutionis Oratoriae. Libri XII. Ausbildung des Redners. Zwölf Büche. Hg. u. übers. v. Helmut Rahn. 2 Bde. Darmstadt 1972–1975. Quirini, Marco: LETTERA DEL CLARISSIMO PROVEDITOR QVIRINI, VENUTA NVOVAMENTE DA L’ARMATA nella quale particolarmente si narra il fatto d’arme de gli Christiani contra i Turchi, & la sconfitta loro. ET LA FORMA DE LA ORDINANZA D’AMBEDVE le armate con l’ordine, che si è tenuto nel combattere di mano inmano, & il sito doue si è combattuto col uantagio del Sole; [et] altre bellissime cose appartenenti a la intera cognitione de la giornata. O. O. O. J. (BCas, Vol. Misc. 2244.7). Quirini, Sebastiani: SEBASTIANI QVIRINI PATRICII VENETI ORATIO PRO FELICISSIMA VICTORIA NAVALI AD VENETOS PATRICIOS. Cesena 1572. (AL, Turcica XI.172/15948). Raimondo, Annibale: PRONOSTICO DI ANNIBALE RAIMONDO VERONESE, Sopra la dispositione de l’Anno 1570. ALLI CLARISS. SIG. RETTORI DELLA MAG.CA CITTA DI VERONA SIGNORI, ET PATRONI SEMPRE OSSERVANDISSIMI. Venedig 1570. (BUB, UBOE122303). Rainer, Johann (Hg.): Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571– 1572. (Nuntiaturberichte aus Deutschland 1560–1572 nebst ergänzenden Aktenstücke. 2. Abt., 8. Bd.). Graz/ Köln 1967. Raineri, Osvaldo (Hg.): Lettere tra i pontefici romani e i principi etiopici (secoli XII–XX). (Studi e testi. Biblioteca Apostolica Vaticana, Bd. 412). Vatikan 2003. Rainolds, William: CALVINO-TVRCISMVS ID EST, CALVINISTICÆ PERFIDIAE, CVM MAHVMETANA COLLATIO, ET DILVCIDA VTRIVSQVE SECTAE CONFVSIO. Quatuor libris explicata. Ad stabiliendam, S. Romanæ Ecclesiæ, contra omnes omnium hæreses, fidem orthodoxam, accommodatissima. Authore GVGLIELMO REGINALDO Anglo, sacræ Theologiæ quondam in collegio Pontificio Anglorum apud Rhemenses professore. Antwerpen 1597. (BSB, Polem. 2282).

Quellenverzeichnis

641

Ranieri, Gabriel: STANZE IN LODE DI MARIA VERGINE. Raccolte da M. Gabriel Ranieri. Academico Romi. Viterbo 1571. (BAR, R.11.14*/1*). Raphelengius, Franciscus: FRANCISCI RAPHELENGII LEXICON ARABICVM. Leiden 1613. (UBGent, 876 C 13). Rasario, Giambattista: Ein Oration Von dem Sig/ welchen die Christen bey den Jnseln/ so vorzeiten Echinades/ jetzt Salie genant/ erhalten haben. Gethon durch den Hochgelerten Herrn Johann Battista Rasario &c. an den Hertzogen vnd Rath zu Venedig/ Jnn S. Marxen Kirchen alda/ den 19. Octobris/ im Jar &c. 1571. [Leipzig?] 1571. (BSB, 4 Hom. 1873). Rasario, Giambattista: IO. BAPTISTAE RASARII, DE VICTORIA CHRISTIAnorum ad Echinadas: Oratio. Venedig 1571. (AL, Turcica XI.174/15950). Rava, Agostino: EL TAMBVRO DE MENON. Venedig 1572. (AL, Turcica IX.147/15920). Reymundus: Reymundus Offenbarung. Ist gefunden worde[n] in aynem alten Bu[o]ch/ Vor vil Jaren geschriben. Die Propheceyen vnnd Weyssagungen/ so inn vnsern zeytten zum tayl erschynen/ vnd noch ergehen sollen/ vonn Türckischen Kaysern/ auch sonst anderem gewalt/ vor vil Jaren durch Cirillum/ Joachim/ Brigitten/ Franciscum/ Reinhart/ vnnd Methodium etc. beschriben. Augsburg 1532. (AL, Turcica I.14./15772). Ribadeneira, Pedro de: FLOS SANCTORVM, Ó LIBRO DE LAS VIDAS DE LOS SANTOS […]. Barcelona 1688. (BMB, CXLIIB 4° 12). Ribas, Francisco: SVMA DE DOS SERMONES HECHOS POR EL MVY REdo. PADRE FRAY FRANCISCO RIBAS, De la Horden de los minimos de S. Franco. de Paula, El vno en la diputacio[n] de Barcelona, bispera de todos Santos, deste año de 1571. Da[n]do gracias a Dios, por la vitoria q[ue] nuestro Señor dio al Inuitissimo Señor Don IOAN Daustria, Contra el gran Turco. Y el otro hecho enel Asseu, dela dicha Ciudad, En las honras que los Señores Consejeros hizieron, por los Caualleros, hidalgos, y Soldados, que en la dicha jornada, murieron. Barcelona 1571. (BC, F.Bon. 2375). Riccoboni, Antonio: ANTONII RICCOBONI RHODIGINI DE VICTORIA CHRISTIANORVM AD CROCYLEAM ORATIO […]. Padua 1572. (AL, Turcica XII.176/15952). Rigo, Antonio: Oracula Leonis. Tre manoscritti greco-veneziani degli oracoli attribuiti all’imperatore bizantino Leone il Saggio (Bodl. Baroc. 170, Marc. gr. VII.22, Marc. gr. VII.3). Padua 1988. Rivera Villanueva, José A./ Claudia S. Berumen Félix (Hg.): Documentos de los tlaxcaltecas en la Nueva Galicia y Nueva Vizcaya, siglos XVI–XVIII. Bd. 5: Introducción, compilación, selección y transcripción paleográfica. (Biblioteca Tlaxcalteca. Fondos documentales). Mexiko-Stadt 2011. Rivera Villanueva, José A./ Mónica Pérez Navarro (Hg.): Documentos de los tlaxcaltecas en la Nueva Vizcaya, siglos XVI–XVIII. Bd. 6: Introducción, compilación, selección y transcripción paleográfica. (Biblioteca Tlaxcalteca. Fondos documentales). MexikoStadt 2012. Romano, Casimiro: MEMORIE ISTORICHE DELLA CHIESA E CONVENTI DI S. MARIA IN ARACELI DI ROMA. RACCOLTE DAL P. F. CASIMIRO ROMANO Dell’Ordine de’Minori. Rom 1736. (DHIR, Lb 1159 m). Romegas (Mathurin d’Aux de Lescout): RELATIONE DELLA GIORNATA DELLE Scorciolare, fra l’armata Turchesca, & Christiana alli sette d’Ottobre 1571. ritratta dal Comendator Romagasso. Rom O. J. [1571]. (BCas, Vol. misc. 2244.6; BL, 1070.k.6(4); ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 24r–27v).

642

Anhang

Rooses, Max (Hg.): Correspondance de Christophe Plantin. 7 Bde. (Uitgaven der Antwerpsche Bibliophilen, Bde. 12, 15, 26, 29–32). Antwerpen 1883–1918. Rosaccio, Giuseppe: DISCORSO DI GIOSEPPE ROSACCIO COSMOGRAFO. ALL’INVITISS. IMPERATORE. & a’ Potentati Christiani. Nel quale si tratta breuemente l’origine della Setta Mahomettena, con tutti gl’acquisti fatti da Prencipi Ottomani; fino all’Anno 1599 Et si da pieno ragguaglio dell’entrate, Stati. e forze del Turco, & anco de i maggiori Principi Christiani. E si mostra coo ragioni naturali, o con l’autorità della Sacra Scrittura in breue douer mancare la Tirannica Monarchia Turchesca. Florenz 1599. (AL, Turcica XXIII.65/10644). Rosaccio, Giuseppe: VIAGGIO DA VENETIA, A COSTANTINOPOLI Per Marre, e per Terra, et insieme quello di Terra Santa. CIOE Citta, Castelli, Porti, Golfi, Isole, Monti, Fiumi, e Mari, Opera vtile, à Mercanti, Marinari, et à Studiosi di Geografia. Venedig o. J. [ca. 1610]. (AL, 16043). Rosell, Cayetano: Historia del combate naval de Lepanto, y jucio de la importancia y consecuencias de aquel suceso. Madrid 1853. Rosers, Miguel de: COPLAS EN LOOR DE LA SACROSANCTA CRVZ DE CHRISTO REDEMPTOR NVESTRO, ESCRIVE MIGVEL DE ROSERS VEZINO DE BARCELONA. Barcelona 1589. (UB, CRAI, B-59/3/42-20). Roth, Harriet (Hg.): Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat »Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi« von Samuel Quiccheberg. LateinischDeutsch. Berlin 2000. Ruiz Asencio, José M. (Hg.): ‫( ﺯﻳﺪﺍﻥ ﻣﻮﻻﻱ ﺍﻟﻜﺮﻳﻢ ﻗﺮﺁﻥ‬Corán de Muley Zaydán). Historia de un manuscrito árabe de la Real Biblioteca de El Escorial. Estudio critico. (Scriptorium, Bd. 8). Madrid 1996. Saetti, Giovanni: SOGNO DI GIOVANNI SAETTI DA SASSVOLO, SOPRA LA VITTORIA OTTENVTA da la Santa Lega contra il Turco. Venedig 1571. (AL, Turcica XII.179/15970). Saganta, Curzio: VLTIMA LETTERA CON AVISI PARTICOLARI VENVTI DA MESSINA AL MOLTO MAGNIFICO SIGNOR CAVALIER SARACINO, MAIORDOMO DEL SER. SIG. ET GRAN PRINCIPE DI TOSCANA […]. O. O. O. J. (BAV, R.G.Miscell.III.8068). Salvi, Beatrice/ Virginia Marostica: LA BELLA ET DOTTA CANZONE […]. O. O. O. J. (AL, Turcica XII.182/15973; BNCF, Palat. 12.3.4.38X). Salvi, Virginia/Beatrice Salvi: DVE SONETTI Di due Gentildonne Senesi, Madre, & Figliuola A M. CELIO MAGNO. Venedig 1571. (AL, Turcica XII.180/15971; AL, Turcica XVII.12/13592; BNCF, Palat. 12.3.4.38XII). Salvi, Virginia/Beatrice Salvi: Lettera, & Sonetti DELLA SIG. VIRGINIA SALVI, ET DELLA SIG. BEATRICE SVA FIGLIVOLA A M. CELIO MAGNO Con le risposte, Et vn Sonetto dell’istesso in lode di Venetia. Venedig 1571. (AL, Turcica XII.181/15972). San Clemente, Guillén de: Correspondencia inédita de Don Guillén de San Clemente, embajador en Alemania de los Reyes Don Felipe II y III sobre la intervención de España en los sucesos de Polonia y Hungría. 1581–1608. Hg. von Més de Ayerbe Cde. de San Clemente. Saragossa 1892. Sandizell, Moritz von: Wider den laydigen Türcken/vnnd sein grausam fürnemmen/gemaine Gebet/von der Cantzel zu[o] dieser Zeit abzulesen/vnd im Hauß ta[e]glich zugebrauchen. Dillingen 1566. (AL, Turcica I.31./15790). Sanleolino, Sebastiano: SEBASTIANI SANLEOLINI. I. C. FLORENTINI AD PRINCIPES CHRISTIANOS Carmina […]. Florenz 1572. (AL, Turcica XII.183/15974).

Quellenverzeichnis

643

Sansovino, Francesco: DEL SECRETARIO […] LIBRI VII. Nel quale si mostra & insegno il modo di scriuer lettere acconciamente & con arte in qual si voglia soggetto […]. Venedig 1588. (ÖNB, *38.S.81). Sansovino, Francesco: INFORMATIONE DI M. FRANCESCO SANSOVINO A SOLDATI CHRISTIANI ET A TVTTI COLORO CHE SONO SV LA POTENTISSIMA ARMATA della Serenißima Signoria di Venetia. FATTA CONTRA SELIM SECONDO RE DE’ TVRCHI L’ANNO M D LXX. Doue si mostrano tutte le rotte che hanno hauuto gli esserciti Turcheschi in diuersi tempi, & le cagioni per le quali sono uenuti a tanta grandezza. Et doue si veggono in disegno gli habiti de Iannizzeri & de gli altri huomini della Corte del Turco che lo seruono nella militia. O. O. [Venedig] 1570. (BAV, R.G.Miscell.III.806, fol. 7r–16v). Sansovino, Francesco: LETTERA O VERO DISCORSO SOPRA LE PREDITTIONI FATTE IN DIVERSI TEMPI DA DIVERSE PERSONE. Le quali pronosticano la nostra futura felicità, per la guerra del Turco l’anno 1570. Con un pienissimo albero della casa Othomana tratto dalle scritture Greche [et] Turchesche. Venedig 1570. (BNCR, 69.8.E.28; BAV, R.G.Miscell.III.806, fol. 1r–6r). Sansovino, Francesco: Sendbrieff/ darin Ware ausfuerung der weissagung/ so von etlichen zu vnderschiedlichen zeiten gemacht/ vnser künfftigs glück des kriegs wider den Tu[e]rcken auff das 1570 vnd etliche hernach folgende jar vo[e]rsagend begriffen. Mit ainem volkomnen baum des Othomanischen geschlechts auß Griechischen vnd Tu[e]rckischen schrifften gezogen. Von dem Italianischen ins Teusch verfertiget. Köln 1572. (UBU, S oct 1141 dl 2). Santonino, Agostino: CANZONE NELLA PVBLICA LETITIA, Per la felicissima Vittoria nauale ottenuta contra Turchi, à i Cuzzolari. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XII.184/ 15975). Scardantis, Palmerio: DE FVTVRO TVRCARVM IN REGNO CYPRI INTERITV PALMERII SCARDANTIS Elegia. Ad Clarissimum Ioannem Baptistam Calbum, Ascriuij Rectorem, Prouisoremq. designatum. Venedig 1572. (AL, Turcica XV.216/16018). Scarsaborsa, Giovanni B.: IO. BAPTISTAE SCARSABVRSAE FOROIVLIENSIS, DE FELICISSIMA ADVERSVS Turcas nauali Victoria ad Echinadas. LIBRI TRES. Venedig 1573. (AL, Turcica XII.185/15976). Scheurl, Christoph: Einrit Keyser Carlen in die alten Keyserlichen Haubtstatt Rom/ den 5. Aprili. 1536. […]. Nürnberg 1536. (BSB, Res/4 Eur. 412,28). Schiess, Traugott (Hg.): Bullingers Korrespondenz mit den Graubündern. T. 3: Oktober 1566–Juni 1575. (Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 25). Basel 1906. Schmidt, Franz: Meister Frantzen Nachrichter alhier in Nürnberg, all sein Richten am Leben, so wohl seine Leibs Strafen, so Er ver Richt[sic!], alles hierin Ordentlich beschrieben, […]. Hg. v. Johann M. F. von Endter. Nürnberg 1801. (BSB, Crim. 81). Schrenk von Notzingen, Jakob: ARMAMENTARIVM HEROICVM AMBRASIANVM A FERDINANDO ARCHIDVCE AUSTRIÆ […]. Nürnberg 1735. (SUBG, 8 H MISC 134/ 31). Schrenk von Notzingen, Jakob: AVGVSTISSIMORVM IMPERATORVM, SERENISSIMORVM REGVM, ATQVE ARCHIDVCVM, ILLVSTRISSIMORVM PRINCIpum, necnon Comitum, Baronum, Nobilium, aliorumq[ue] clarissimorum virorum, qui aut ipsi cum imperio bellorum Duces fuerunt, […]. QVORVM ARMA, AVT INTEGRA, AVT HORUM PARTES, QVIBVS INDVTI, VSIQVE ADVERSVS HOSTEM HEROICA

644

Anhang

FACINORA PATRARVNT, AVT QVORVM AVSPICIIS tàm prospera quàm aduersa fortuna res magnæ gestæ sunt, à Serenissimo Principe FERDINANDO, Archiduce Austriæ, Duce Burgundiæ, Comite Habspurgi & Tyrolis &c. […]. Innsbruck 1601. (HAB, 1a Hist. 2°). Schrenk von Notzingen, Jakob: DEr Aller Durchleuchtigisten vnd Großma[e]chtigen Kayser/ Durchleuchtigisten vnnd Großma[e]chtigen Ko[e]nigen vnd Ertzhertzogen/ Durchleuchtigen vnd hochgebornen Fu[e]rsten/ wie auch Grafen/ Herren/ vom Adel/ vnd anderer treflicher beru[e]hmter Kriegßhelden […] warhafftige Bildtnussen/ vnd kurtze Beschreibungen jhrer so wohl in Fridts: als Kriegßzeiten verrichten fürnembsten thaten vnd handlungen. Innsbruck 1603. (HAB, T 526.2° Helmst.). Schwartz y Luna, Frederich/ Francesch Carreras y Candi (Hg.): Manual de Novells Ardits volgarment apellat Dietari del Antich Consell Barceloní. Bd. 5. Barcelona 1896. Schwarz, Wilhelm E. (Hg.): Der Briefwechsel des Kaisers Maximilian II. mit Papst Pius V. (Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., T. 1). Paderborn 1889. Seiano, Publico P.: ODE AD BEATISS. PIVM QVINTVM PONTIFICEM MAXIMVM, […]. Cremona 1572. (AL, Turcica XII.186/15977). Sereno, Bartolomeo: Commentari della guerra di Cipro e della Lega dei principi cristiani contro il turco. Monte Cassino 1845. Serrano, Luciano (Hg.): Correspondencia diplomática entre España y la Santa Sede durante el pontificado de S. Pio V. 4 Bde. Madrid 1914. Simplicio, Oscar di (Hg.): Le lettere della congregazione del Sant’Ufficio all’inquisitore di Siena. 1581–1721. (Inquisizione e società. Fonti, Bd. 3). Triest 2009. Soto, Juan de: INTERROGATIONE DI GIOANNI SOTTO SECRETARIO DI SVA ALTEZZA; Fatta à Maumetto Maestro delli figlioli d’Ali Bassan, con le risposte d’esso Maumetto. Oue si vede l’ordine Turchesco che fu nel combattere, con i nomi d’i più famosi Turchi morti o prigioni nell’impresa. O. O. 1571. (AL, Turcica XXIX/14260; OSK, Röpl. 280 = Röpl. 283 (5)). Soto, Juan de: INTERROGATIONI FATTE PER IL SEGRETARIO del S. Don Giouanni d’Austria detto Gio. de Soto. A Mahemet Constantinopoli, Maestro di creanza delli due figli d’Ali Bassà Generale dell’Armata del Turco, I quali furono presi nella giornata di Lepanto, & hora sono prigioni dell’Altezza del S. Don Giouanni d’Austria. Con i nomi de principali di detta Armata del Turco, ridotta di Spagnuolo in Italiano, con molte belle cose degne di eßer lette. Et s’el Turco potrà fare grossa Armata per l’anno che viene o nò. O. O. O. J. [1571]. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Rom, Varia, 5, Fasz. X, fol. 31r–34v; BL, 1070.k.6(2)). Stella, Aldo (Hg.): Nunziature di Venezia. Bd. 10: 26 maggio 1571–4 luglio 1573. (Fonti per la storia d’Italia, Bd. 132). Rom 1977. Stetten, Paul von: Geschichte der Heil. Ro[e]m. Reichs Freyen Stadt Augspurg/ Aus Bewa[e]hrten Jahr=Bu[e]chern und Tu[e]chtigen Urkunden gezogen […]. Frankfurt a. M. 1743. (BSB, 4 Bavar. 3157 f-1). Stevenson, Joseph (Hg.): Calendar of State Papers. Foreign Series of the Reign of Elizabeth. Bd. 10: 1572–1574. London 1876. Stornajolo, Cosimus: Codices vrbinates latini. Bd. 3: Codices 1001–1779. Rom 1921. Struppe, Joachim: CONSENS Der fu[e]rnemsten/beide Alten vnnd Newen Historienschreiber/auch Medicorum, von etlichen ko[e]stlichen hochno[e]tigen frembden Artzneien/vnd erstlichen/Von der rechten warhafften Mumia/vnnd dergleichen Materia-

Quellenverzeichnis

645

lien/im heiligen Lande/auch in Arabia vnd Egypten gebreuchlichen. Welcher gestalt allhier jetzo zu schawen ist/Eine vnder etlich tausenten die scho[e]nste/so in der nehesten Tu[e]rckischen Niderlage in Golffo de Lepanto vff dem Meer im Schiffe bey einem alten Griechen/sampt andern predis erobert/vnnd zu Venedig thewr verkaufft/ nun hierausser gefu[e]hret worden/Dergleichen Antiquitet in Teutscher Nation oder sonsten nie gesehen. Auff bitt etlicher Herren zu Nutz allen Menschen/sonderlichen denen so mit beider Medicin vnd Chirurgen vmbgehen sollen/Auß dem Lateinischen Consens der Scribenten vffs ku[e]rtzest ins Teutsch außgezogen/Durch J. S. V. G. D. Frankfurt a. M. 1574. (BSB, 4 M.med. 295,11). Struppe, Joachim: CONSENSVS CELEBRIORVM MEDICORVM, HISTORICORVM, ET PHILOSOPHORM, SVPER SECRETISS. AC PRECIOSISS. QVIBUSdam Medicinis ferè exoticis, primumq[ue] super MVMIA eiq[ue] cognatis, maximè in Iudæa, Agypto, Arabia, &c. olim vsitatißimis. TRACTATVS PRIMI ΠΕΡΙΟΧΗ. Vbi Mumiæ, ad Pyramides ex concameratis Cæmiterijs Aegyptiacis erutæ VERVM EXEMPLAR, inter multa millia, vt carum valdè, sic venustissimum, simul & vetustissimum annis circiter 2000. reconditum, cum admiratione coràm aspiciendum exhibetur. HVIVS & aliorum proximè attexendorum argumenta vide circa calcem præfatiunculæ. Omnia germano pectore in vsum mortalium, præcipueque Medicinæ, tam veteris, quàm nouæ studiosorum, ob digniorem rerum abditarum consyderationem pernecessariam, congesta […]. Frankfurt a. M. 1574. (BSB, Res/4 A.gr.b. 704#Beibd.7). Subhat al-Ahba¯r: Rosenkranz der Weltgeschichte. Vollständige Wiedergabe im Original˙ ˘ format von Codex vindobonensis A. F. 50. Komment. v. Kurt Holter. Graz 1981. Taeschner, Franz: Alt-Stambuler Hof- und Volksleben. Ein türkisches Miniaturenalbum aus dem 17. Jahrhundert. Bd. 1. Hannover 1925. Taigeto, Giovanni A.: IO. ANTONII TAYGETI BRIXIANI ECLOGA NAVTICA IDMON; Seu Christianorum & Turcarum Nauale certamen. Brixen 1571. (AL, Turcica XIII.188/ 15979). Taigeto, Giovanni A.: IO. ANTONII TAYGETI BRIXIANI. DE CHRISTIANORVM VICTORIA CONTRA TVRCAS ELOGIVM. LVDOVICO FEDERICO IVRECON. Clarissimo Patritio Brixiano. Brixen 1571. (BNM, Misc. 168.30). Tassolo, Domenico/ Baldassare Mariotti: I TRIONFI FESTE, ET LIVREE FATTE DALLI SIGNORI CONSERVAtori, & Popolo Romano, & da tutte le arti di Roma, nella felicissima, & honorata entrata dell’Illustrissimo Signor Marcantonio Colonna. Venedig 1571. (BL, 811.d.31.(5); GRI, 94-B13228). Tassolo, Domenico/ Baldassare Mariotti: LA FELICISSIMA ET HONORATA INTRATA In Roma del Illustrissimo Signor Marcantonio Colonna con li trionfi e mostre de liuree fatte dalli Signori Conseruatori & Populo Romano & da tutte le arte di Roma. Cosa marauigliosa & bella si come legendo possete vedere. Viterbo 1571. (WIL, DCH 3246 c.2). Theiner, Augustin: Annales ecclesiastici qvos post Caesarem S. R. E. Card. Baronivm, Odoricvm Raynaldvm ac Iacobvm Laderchivm […]. Bd. 1. Rom 1856. Thomasi, Zaccaria: I FELICI PRONOSTICHI, DA VERIFICARSI, CONTRO A’INFEDELI A FAVOR DELLA CHIESA CHRISTIANA. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIII.190/ 15981; BL, 11426.d.75).

646

Anhang

Tiepolo, Giacomo: CANZONE DI M. GIACOMO Thiepoli Venetiano, IN LODE DELL’ ILLVSTRISSIMO & Eccellentiss. Signor MARC’ANTONIO COLONNA, […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIII.192/15983). Tiepolo, Giacomo: TRE SORELLE CORONE DI SONETTI […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIII.193/15984). Tlusty, B. Ann (Hg.): Augsburg During the Reformation Era. An Anthology of Sources. Indianapolis, Indiana 2012. Tomassetti, Aloysius (Hg.): Bullarum diplomatum et privilegiorum Sanctorum Romanorum Pontificium Taurinensis editio. Bd. 7. Augustae Taurinorum 1862. Tomeo, Cesare: TRIONFO DELLA LEGA DI CESARE TOMEO DELLA CITTA DI TROPEA, IN RAPPRESENTATIONE DISTINTA IN CINQVE ATTI. Dedicata alll’Altezza del Serenissimo Signor DON GIOVANI D’AVSTRIA inclito Principe dell’Armata Cristiana per la Lega. Neapel 1575. (BNCR, 34.3.B.8/4). Toralto, Gasparro: ORATIONE DE L’ILL: SIGNOR. D: GASPARRO TORALTO Al Sereniß. Signor: D: Giouan D’Austria. Neapel 1572. (AL, Turcica XIII.195/15986). Torrentius, Laevinus: LÆVINI TORRENTII DE BELLO TVRCICO AD M. Antonium Bobbam, Sctæ Romanæ Ecclesiæ Cardinalem, LIBER. Antwerpen 1574. (AL, Turcica XIII.196/15987; SUSBA, 4 Gs 2359-153). Toscanella, Orazio: ESSORTATIONE di M. ORATIO TOSCANELLA A i Cristiani contra il Turco. Venedig 1572. (AL, Turcica XVII.20/13600). Toscano, Rafaello: LE FESTE ET TRIONFI DE LI HONORATI Mercanti della seta, CON IL SVPERBO apparato fatto in Rialto nuouo. PER L’ALLEGREZza della Vittoria, ottenuta contra Turchi. Quest’anno. M. D. LXXI. a di .7. D’ottobrio. O. O. [Venedig] 1571. (BL, 1071.g.7.(12.); AL, Turcica XIII.191/15982). Valiero, Agostino: DELL’UTILITÀ CHE SI PUÒ RITRARRE DALLE COSE OPERATE DAI VENEZIANI LIBRI XIV. DEL CARDINALE AGOSTINO VALERIO VESCOVO DI VERONA TRADOTTI DAL LATINO ED ILLUSTRATI DA MONSIGNOR NICCOLÒ ANTONION GIUSTINIANI VESCOVO DI PADOVA. Padua 1787. (SBB, Rp4048). Valvasone, Erasmo di: AL SERENISSIMO DON GIOVANNI D’AVSTRIA GENERALE DELLA SANTA LEGA Sonetti, & Canzoni […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.200/ 15991). Vargas-Hidalgo, Rafael (Hg.): Guerra y diplomacia en el Mediterráneo. Correspondencia inédita de Felipe II con Andrea Doria y Juan Andrea Doria. Madrid 2002. Vasari, Giorgio: Le vite de’ più eccellenti pittori scultori ed architettori […]. Hg. v. Gaetano Milanesi. Bd. 7. Florenz 1881. Vecellio, Tiziano: TITIANI VECELLII EQVITIS PRO CADVBRIENSIBVS Ad Sereniss. Venetiarum Principem ALOYSIVM MOCENICVM ORATIO. Habita VI. Kalend. Ianuarii MDLXXI. Pro magna nauali Victoria Dei gratia contra Turcas. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.202/15993). Venier, Domenico: CANZONE SOPRA LA VITTORIA DELL’ARMATA CHRISTIANA contra la Turchesca. CON VN SONETTO APPRESSO. Venedig 1572. (AL, Turcica V.82/ 15841; BNCF, Palat. 12.2.4.14IV). Venier, Giacomo: L’ORDINE TENVTO DAL CLmo M. ALVISE GRIMANI. In consegnare lo Stendardo del Generalato all’Illmo & Eccmo S. GIACOMO Foscarini, dignißimo Capitanio Generale dell’Armata Venetiana. nella Città di Zara. CON LI TRIONFI, FESTE, ET CERIMONIE seguite in tal Consignatione. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.203/15994).

Quellenverzeichnis

647

Venier, Sebastiano: RAGVAGLIO Particolare della vittoria dell’armata Christiana contra la Turchesca. Per lettere del Capitan Generale di mare de Venetiani, infino alli noue del presente, date nel porto di Dragomeste, appresso la bocca del golfo di Lepanto. O. O. [Venedig] O. J. [1571]. (BCas, Vol. Misc. 2244.4). Verdizzotti, Giovanni M.: IO. MARII VERDIZOTI ORACVLVM Pro magna nauali victoria Christianorum de Turcis habita anno Christi 1571. nonis Octobris. […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.204/15995; BNM, Misc. 2046.20). Verzosa, Juan: EPINICIVM IN CLARISSIMA VICTORIA SERENISSIMI PRINCIPIS IOANNIS AB AVSTRIA, qua classem Turcarum potentissimam summo Christianæ Reipub. bono superauit, & cepit. […]. Salamanca 1572. (AL, Turcica XIV.207/15998). Verzosa, Juan: EPINICIVM In clarissima victoria Serenissimi Principis IOANNIS AB AVSTRIA, qua classem Turcarum potentissimam summo Christianæ Reip. bono superauit, & cepit. Alcalá de Henares 1571. (ÖStA, HHStA, Staatenabteilung, Venedig, Berichte, B, 12). Villani, Pasquale (Hg.): Nunziature di Napoli. Bd. 1: 26 luglio 1570–24 maggio 1577. (Fonti per la storia d’Italia. Nunziature d’Italia, Bd. 56). Rom 1962. Vintimille, Jacques de: DE VITTORIA NAVALI CHRISTIANORVM ADVERSVS TVRCAS, […]. Dijon 1572. (AL, Turcica XIV.208/15999). Vollari, Giovanni: F. IOANNIS VOLLARI NEAPOL. THEOL. ET MINORITAE ORATIO, […]. Neapel 1571. (AL, Turcica XIV.209/16000). Voltaire: The Battle of Lepanto. In: Ders.: Ancient and Modern History. Bd. 4. New York 1901, S. 266–271. Wackernagel, Rudolf (Hg.): Rechnungsbuch der Froben und Episcopius, Buchdrucker und Buchhändler zu Basel, 1557–1564. Basel 1881. Wagner, John A.: Voices of Shakespeare’s England. Contemporary Accounts of Elizabethan Daily Life. Santa Barbara, California 2010. Wagner, Wolfgang: Die Chronik des Wolfgang Wagner. 1566–1612. In: Linzer Regesten. Hg. v. Franz Wilflingseder. Bd. E 2. Linz 1953, S. 14–59. Wirrich, Heinrich: Ordenliche Beschreibung des Christlichen/ Hochlo[e]blichen vnd Fu[e]rstlichen Beylags oder Hochzeit/ so da gehalten ist worden durch den Durchleuchtigisten/ Hochgebornen Fu[e]rsten vnnd Herrn/ Herrn CAROLEN/ Ertzhertzog zu Osterreich/ Burgund/ Steyr/ Ka[e]rnten/ Crayn/ Graff zu Tirol/ Zilli vnd Go[e]rtz/ [et]c. mit dem Hochgebornen Fra[e]wlein Maria/ geborne Hertzogin zu Bayrn/ den XXVI. Augusti in der kayserlichen Statt Wienn/ dem hochermelten Fu[e]rsten vnnd Fra[e]wlein/ auch jrer beyder Hochlo[e]blichen Freundtschafft zu den ho[e]hist Ehren in Teutsche Carmina gestelt: Vnd einem Edlen/ Ehrvnd Vesten/ Wolweisen Raht/ der Fu[e]rstlichen Hauptstatt Gra[e]tz in der Steyrmarck dediciert/ Durch Heinrichen Wirrich/ Obrister Pritschenmaister in Osterreich/ Burger auff der Zell/ in der Herrschafft Gleyß/ an der Yps gelegen. Wien 1571. (BL, 9930.h.46). Wolf, Hieronymus/ Marc A. Muret: DE CHRISTIANÆ CLASSI DIVINITVS CONcessa victoria contra Turcos. Anno Domini M. D. LXXI. Nonis Octobris, Carmina quædam Hieronymi VVolfij: Et M. A. Mureti &c. oratio. Augsburg 1571. (SUSBA, 4 Gs 2359-145). Wright, Elizabeth R./ Sarah Spence/ Andrew Lemons (Hg.): The Battle of Lepanto. (The I Tatti Renaissance Library, Bd. 61). Cambridge, Massachusetts/ London 2014.

648

Anhang

Zanchi, Girolamo: De religione christiana fides. Confession of Christian Religion. Hg. v. Luca Baschera u. Christian Moser. 2 Bde. (Studies in the History of Christian Traditions, Bd. 135). Leiden u. a. 2007. Zanchi, Girolamo: DE TRIBVS ELOHIM, AETERNO PATRE, FILIO, ET SPIRITV SANCTO, VNO EODEMQVE IEHOVA, […]. Frankfurt a. M. 1573. (BSB, Res/2 Dogm. 363-1/ 2). Zanni, Francesco: DESCRIPTIO CELEBERRIMAE NAVALIS PVGNAE, ac felicissimae Palme ad Echinades Diuina ope habite. […]. Venedig 1572. (BNM, Misc. 1444.4). Zanni, Francesco: ODE QVAM SVPER DIVINA AC FOELICISSIMA VICTORIA ex celeberrima pugna ad scopulos Echineos Nonis Octob. M D LXXI. […]. Venedig 1571. (AL, Turcica XIV.211/16002; AL, Turcica XX.17/10594; ÖNB, *35.F.207). Zarotto, Giovanni: CONCETTI SOPRA LA GVERRA ET VITTORIA CONTRA TVRCHI […]. Venedig 1572. (AL, Turcica XIV.212/16003). Zedler, Johann H.: Gleich, (Johann Andreas). In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 10. Leipzig/ Halle a. d. S. 1735, Sp. 1621–1622. Zedler, Johann H.: Polweiler (Nicolaus von). In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 28. Leipzig/ Halle a. d. S. 1741, Sp. 1274. Zedler, Johann H.: Rieter, die Rieter von Kornburg. In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 31. Leipzig/ Halle a. d. S. 1732, Sp. 1579–1585. Zedler, Johann H.: Siegelerde (Lemnische). In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 37. Leipzig/ Halle a. d. S. 1743, Sp. 1076–1077. Zedler, Johann H.: Siegelerde. In: Ders.: Grosses vollsta[e]ndiges UNIVERSAL-LEXICON Aller Wissenschafften und Ku[e]nste, […]. Bd. 37. Leipzig/ Halle a. d. S. 1743, Sp. 1074– 1076. Zenzega [Girolamo Muzio]: CAPITOLO DELLA ACADEMIA de Altin, ditta la Sgionfa, corretto per el Zenzega Dottor e Legislator Poueiotto, Sopra la Vittoria Christiana. O. O. O. J. (AL, Turcica XIV.213/16004). Zingerle, Pius (Hg.): Marien-Rosen aus Damaskus. Gesänge zur Ehre der allerseligsten Jungfrau, aus dem Syrischen. 2. Aufl. Innsbruck 1855. Zoppio, Girolamo: LAVDE DEL SANTISS. ET GRANDISS. PIO QVINTO PONTEFICE, Per la gloriosiss. & feliciss. Vittoria contra Turchi. Bologna 1571. (AL, Turcica XVII.23/ 13509). Zsámboki, Ja´nos: ARCVS ALIQVOT TRIVMPHAL ET MONIMENTA VICTOR. CLASSICAE, IN HONOR. Jnuictißimi ac Jllustriß. IANI AVSTRIAE, VICTORIS NON QVIETVRI. AVCTOR. IOAN. SAMBVCO. QVIBVS ADIECTVM EST eiusdem argumenti Carmen Heroicum PER HVGONEM FAVOLIVM. Antwerpen 1572. (GRI, 2834– 571; ÖNB, 66.C.31). Zucchi, Bartolomeo: SCELTA DI LETTERE Di diuersi Eccellentiss. Scrittori […]. Bd. 2. Venedig 1595. (BSB, Epist. 964 y-2).

Literaturverzeichnis

649

IV.2. Literaturverzeichnis Abulafia, David: The Great Sea. A Human History of the Mediterranean. Oxford u. a. 2011. Afyoncu, Erhan: Court Chronicles. In: Encyclopedia of the Ottoman Empire. Hg. v. Gábor Ágoston u. Bruce Masters. New York 2009, S. 154–156. Agostino, Guido d’: Napoli al tempo di Filippo II. In: Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Hg. v. Archivio di Stato di Napoli. Neapel 1998, S. 27–34. Ágoston, Gábor: Information, Ideology, and Limits of Imperial Policy. Ottoman Grand Strategy in the Context of Ottoman-Habsburg Rivalry. In: The Early Modern Ottomans. Remapping the Empire. Hg. v. Virginia H. Aksan u. Daniel Goffman. Cambridge u. a. 2007, S. 75–103. Ágoston, Gábor: Lepanto, Battle of. In: Encyclopedia of the Ottoman Empire. Hg. v. dems. u. Bruce Masters. New York 2009, S. 331–332. Aguilar-Moreno, Manuel: Handbook to Life in the Aztec World. Eingeleitet v. John M. D. Pohl. Oxford u. a. 2006. Aikin, Roger C.: Romae de Dacia Triumphantis. Roma and Captives at the Capitoline Hill. In: The Art Bulletin 62 (1980), H. 4, S. 583–597. Alam, Muzaffar/ Sanjay Subrahmanyam: The Mug˙hal State. 1526–1750. (Oxford in India Readings. Themes in Indian History). Oxford u. a. 1998. Alberti, Maria: Battaglie navali, scorrerie corsare e politica dello spettacolo. Le Naumachie medicee del 1589. In: California Italian Studies 1 (2010), H. 1, S. 1–33. Algazi, Gadi: Kulturkult und die Rekonstruktion von Handlungsrepertoires. In: L’homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 11 (2000), H. 1, S. 105–119. Aliverti, Maria I.: Visits to Genoa. The Printed Sources. In: Europa Triumphans. Court and Civic Festivals in Early Modern Europe. Hg. v. J. R. Mulryne, Helen Watanabe-O’Kelly u. Margaret Shewring. Bd. 1. (Modern Humanities Research Association, Bd. 15/1). Aldershot 2004, S. 222–235. Allegri, Ettore/ Alessandro Cecchi: Palazzo Vecchio e i Medici. Guida storica. Florenz 1980. Allouche, Adel: The Origins and Development of the Ottoman-Safavid Conflict (906–962/ 1500–1555). (Islamkundliche Untersuchungen, Bd. 91). Berlin 1983. Amelang, James S.: Exchanges between Italy and Spain. Culture and Religion. In: Spain in Italy. Politics, Society, and Religion. 1500–1700. Hg. v. Thomas J. Dandelet u. John A. Marino. (The Medieval and Early Modern Iberian World, Bd. 32). Leiden/ Boston 2007, S. 433–455. Amelang, James S.: Historias paralelas. Judeoconversos y moriscos en la España moderna. (Akal universitaria. Serie Historia moderna, Bd. 321). Madrid 2011. Amelang, James S.: Mourning Becomes Eclectic. Ritual Lament and the Problem of Continuity. In: Past & Present 187 (2005), S. 3–31. Amelang, James S.: The Flight of Icarus. Artisan Autobiography in Early Modern Europe. Stanford, California u. a. 1998. Amitrano, Valeria/ Stefano Moscatelli (Hg.): Cerimoniale del viceregno spagnolo e austriaco di Napoli. 1650–1717. Neapel 2012. Anatra, Bruno/ Aurelio Musi (Hg.): Nel sistema imperiale. L’Italia spagnola. Neapel u. a. 1994.

650

Anhang

Andermann, Ulrich: Geschichtsdeutung und Prophetie. Krisenerfahrung und -bewältigung am Beispiel der osmanischen Expansion im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. In: Europa und die Türken in der Renaissance. Hg. v. Bodo Guthmüller u. Wilhelm Kühlmann. (Frühe Neuzeit, Bd. 54). Tübingen 2000, S. 29–54. Andretta, Stefano: Le biografie papali e l’informazione politica tra Cinque e Seicento. In: L’informazione politica in Italia (secoli XVI–XVIII). Hg. v. Elena F. Guarini u. Mario Rosa. Pisa 2002, S. 239–279. Andrews, Walter G./ Kalpaklı, Mehmet: The Age of the Beloveds. Love and the Beloved in Early-Modern Ottoman and European Culture and Society. Durham u. a. 2005. Anonym: Protest mit roten Rosen. Don Juan und sein Türkenschädel. In: regensburgdigital, URL: http://www.regensburg-digital.de/don-juan-und-sein-turkenschadel/05 022013/ [Zugriff am: 27. 01. 2014]. Anonym: Stammtafel des mediatisierten Hauses Fugger. O. O. 1904. Anselmi, Sergio: Motivazioni economiche della neutralità di Ragusa nel Cinquecento. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 33–70. Appelbaum, Robert: War and Peace in The Lepanto of James VI and I. In: Modern Philology 97 (2000), H. 3, S. 333–365. Apponyi, Alexander: Hungarica. Ungarn betreffende im Auslande gedruckte Bücher und Flugschriften. Neubearb. v. József Vekerdi. 3 Teile. Budapest 2004. Arbel, Benjamin: Jews in International Trade. The Emergence of the Levantines and Ponentines. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/ London 2001, S. 73–96. Arbel, Benjamin: Trading Nations. Jews and Venetians in the Early Modern Eastern Mediterranean. (Brill’s Series in Jewish Studies, Bd. 14). Leiden/ New York/ Köln 1995. Arbel, Benjamin: Venezia, gli ebrei e l’attività di Salomone Ashkenasi nella guerra di Cipro. In: Gli Ebrei e Venezia. Secoli XIV–XVIII. Hg. v. Gaetano Cozzi. Mailand 1987, S. 163– 190. Archivio di Stato di Napoli (Hg.): Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Neapel 1998. Archivio di Stato di Venezia (Hg.): Dispacci degli ambasciatori al Senato. Indice. (Ministero dell’interno. Pubblicazioni degli archivi di stato, Bd. 31). Rom 1959. Arenas, Hilario: Lepanto y el rosario. In: ABC Sevilla, 19. November 1971, S. 23. Arnade, Peter: Beggars, Iconoclasts, and Civic Patriots. The Political Culture of the Dutch Revolt. Ithaca/ London 2008. Aronna, Michael: The Mapping of Empire. Evolving Notions of Christendom and Europe in the Poetry of Fernando de Herrera Commemorating the Battle of Lepanto. In: Europe and its Boundaries. Words and Worlds, Within and Beyond. Hg. v. Andrew Davison u. Himadeep Muppidi. Lanham, Md. u. a. 2009, S. 145–170. Asad, Talal: The Concept of Cultural Translation in British Social Anthropology. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 141–164. Asch, Ronald G.: Jakob I. (1566–1625). König von England und Schottland. (KohlhammerUrban-Taschenbücher, Bd. 608). Stuttgart 2005.

Literaturverzeichnis

651

Aschoff, Hans-Georg: Otto IV., Graf von Schaumburg (auch Schauenburg). In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 19. Berlin 1999, S. 693–694. Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. 2. Aufl. Reinbek 2007. Baer, Marc D.: Male Virtue and History Writing at the Seventeenth-Century Ottoman Court. In: Gender & History 20 (2008), H. 1, S. 128–148. Bahlcke, Joachim: Regionalismus und Staatsintegration im Widerstreit. Die Länder der Böhmischen Krone im ersten Jahrhundert der Habsburgerherrschaft (1526–1619). (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte, Bd. 3). München 1994. Bähr, Andreas: »Unaussprechliche Furcht« und Theodizee. Geschichtsbewusstsein im Dreißigjährigen Krieg. In: WerkstattGeschichte Nr. 49 (2008), S. 9–31. Bähr, Andreas: Die Furcht der Frühen Neuzeit. Paradigmen, Hintergründe und Perspektiven einer Kontroverse. In: Historische Anthropologie 16 (2008), H. 2, S. 291–309. Bähr, Andreas: Furcht und Furchtlosigkeit. Göttliche Gewalt und Selbstkonstitution im 17. Jahrhundert. (Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung, Bd. 14). Göttingen 2013. Bähr, Andreas: Furcht, divinatorischer Traum und autobiographisches Schreiben in der Frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für Historische Forschung 34 (2007), S. 1–32. Bailey, Gauvin A.: Art on the Jesuit Missions in Asia and Latin America, 1542–1773. Toronto/ Buffalo/ London 1999. Baird, Henry M.: Theodore Beza. The Counsellor of the French Reformation. 1519–1605. New York 1970. Bakewell, Peter J.: Silver Mining and Society in Colonial Mexico, Zacatecas 1546–1700. (Cambridge Latin American Studies). Cambridge u. a. 1971. Balázs, Mihály: Early Transylvanian Antitrinitarianism (1566–1571). From Servet to Palaeologus. (Bibliotheca dissidentium. Scripta et studia, Bd. 7). Baden-Baden/ Bouxwiller 1996. Barbarics, Zsuzsa/ Renate Pieper: Handwritten Newsletters as a Means of Communication in Early Modern Europe. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike Egmond. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 53–79. Barbarics, Zsuzsa: »Türck ist mein Nahm in allen Landen…«. Kunst, Propaganda und die Wandlung des Türkenbildes im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae 54 (2001), H. 2/3, S. 257–317. Barbarics, Zsuzsa: Die Sammlungen handschriftlicher Zeitungen in Mittel- und Südostmitteleuropa in der Frühen Neuzeit. In: Spolecˇnost v zemích habsburské monarchie a její obraz v pramenech (1526–1740). Hg. v. Václav Bu˚zˇek u. Pavel Král. (Opera historica, Bd. 11). Budweis 2006, S. 219–244. Barbarics, Zsuzsa: The Coexistence of Manuscript and Print. Handwritten Newsletters in the Second Century of Print, 1540–1640. In: The Book Triumphant. Print in Transition in the Sixteenth and Seventeenth Centuries. Hg. v. Malcolm Walsby u. Graeme Kemp. (Library of the Written World, Bd. 15/ The Handpress World, Bd. 9). Leiden/ Boston 2011, S. 347–368.

652

Anhang

Barbarics-Hermanik, Zsuzsa: Reale oder gemachte Angst? Türkengefahr und Türkenpropaganda im 16. und 17. Jahrhundert. In: Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit und Mythos. Hg. v. Harald Heppner u. Zsuzsa Barbarics-Hermanik. (Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte, Bd. 1). Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 43–75. Barbeck, Hugo: Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth. Nürnberg 1878. Barbero, Alessandro: Lepanto. La battaglia dei tre imperi. 3. Aufl. Rom/ Bari 2010. Barbour, Richmond: Before Orientalism. London’s Theatre of the East, 1576–1626. Cambridge 2003. Barrantes y Moreno, Vicente: Apuntes interesantes sobre las Islas Filipinas que pueden ser utiles para hacer las reformas convenientes y productivas para el país y para nación. Madrid 1869. Bartelmeß, Albert: Lebensbeschreibung des Hans Rieter von Kornburg (1522–1584) und seine beiden Kopial-und Stammbücher. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 56 (1969), S. 360–383. Barthold, Friedrich W.: Geschichte der deutschen Seemacht. In: Historisches Taschenbuch 3 (1850), S. 59–192. Barton, Walter: Die Schlacht von Altenoythe (Weihnachten 1623) und das Ende von Mansfelds Herrschaft in Ostfriesland als Medienereignisse ihrer Zeit. (Oldenbourger Studien, Bd. 34). Oldenburg 1991. Bastian, Heiner (Hg.): Cy Twombly. Catalogue Raisonné of the Paintings. Bd. 5. München 2009. Bauer, Oswald: Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568–1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem. Berlin 2011. Baumann, Reinhard: Das Söldnerwesen im 16. Jahrhundert im bayerischen und süddeutschen Beispiel. Eine gesellschaftsgeschichtliche Untersuchung. (Miscellanea Bavarica Monacensia, H. 79). München 1978. Bazzano, Nicoletta: Marco Antonio Colonna. (Profili, Bd. 32). Rom 2003. Behringer, Wolfgang: Aviso. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Bd. 1. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Darmstadt 2005, Sp. 905–907. Behringer, Wolfgang: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 189). Göttingen 2003. Belting, Hans: Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks. München 2008. Bennassar, Bartolmé/Lucile Bennassar: Les Chrétiens d’Allah. L’histoire extraordinaire des renégats. XVIe–XVIIe siècles. Paris 1989. Bennassar, Bartolomé: Juan de Austria. El héroe de Lepanto. In: Historia y vida 32 (2001), Nr. 394, S. 56–65. Bentley, Jerry H./ Sanjay Subrahmanyam/ Merry E. Wiesner-Hanks (Hg.): The Cambridge World History. Vol. 6: The Construction of a Global World, 1400–1800 CE. 2 Teile. Cambridge u. a. 2015. Benzoni, Gino: Francesco Maria II della Rovere, duca di Urbino. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 50. Rom 1998, S. 55–60. Benzoni, Gino: Guidubaldo II Della Rovere. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 61. Rom 2003, S. 478–488.

Literaturverzeichnis

653

Benzoni, Gino: Il »farsi turco«, ossia l’ombra del rinnegato. In: Venezia e i Turchi. Scontri e confronti di due civiltà. Hg. v. Carlo Pirovano. Mailand 1985, S. 91–133. Berchet, Guglielmo: La Repubblica di Venezia e la Persia. Turin 1865. Berg, Maxine (Hg.): Writing the History of the Global. Challenges for the 21st Century. Oxford u. a. 2013. Berg, Maxine: In Pursuit of Luxury. Global History and British Consumer Goods in the Eighteenth Century. In: Past & Present Nr. 182 (2004), S. 85–142 Bergeron, David M.: Harrison, Jonson and Dekker. The Magnificent Entertainment for King James (1604). In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 31 (1968), S. 445–448. Bernardini, Rodolfo: L’istituzione dei Cavalieri di Santo Stefano. Origine, sviluppo, attività. Pisa 2005. Bernbeck, Reinhard: »La Jalousie« und Archäologie. Plädoyer für subjektloses Erzählen. In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 51 (2010), H. 1/2, S. 64–86. Berry, Mary E.: Hideyoshi. Cambridge, Massachusetts u. a. 1982. Bethencourt, Francisco/ Florike Egmond (Hg.): Cultural Exchange in Early Modern Europe. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007. Bhabha, Homi K.: The Location of Culture. London u. a. 1994. Bicheno, Hugh: Crescent and Cross. The Battle of Lepanto 1571. London 2003. Biénot, John: Toussain (Tossanus), Peter. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Hg. v. Albert Hauck. Bd. 20. 3. Aufl. Leipzig 1908, S. 5–7. Bin Wong, Roy: Causation. In: A Concise Companion to History. Hg. v. Ulinka Rublack. Oxford 2011, S. 27–54. Bisaha, Nancy: Creating East and West. Renaissance Humanists and the Ottoman Turks. Philadelphia, Pennsylvania 2004. Biscione, Francesco M.: Fedele, Pietro. In: Dizionario biografico degli italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 45. Rom 1995, S. 572–575. Bjork, Katharine: The Link That Kept the Philippines Spanish. Mexican Merchant Interests and the Manila Trade, 1571–1815. In: Journal of World History 9 (1998), H. 1, S. 25–50. Blaak, Jeroen: Literacy in Everyday Life. Reading and Writing in Early Modern Dutch Diaries. Übers. v. Beverly Jackson. (Egodocuments and History Series, Bd. 2). Leiden/ Boston 2009. Blendinger, Friedrich: Gasser (Gassarus), Achilles Pirminius. In: Neue deutsche Biographie. Hg. v. Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 6. Berlin 1964, S. 79–80. Bley, Helmut u. a.: Expansionen. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Bd. 3. Stuttgart 2006, Sp. 689–722. Bloch, Marc: The Historian’s Craft. Eingeleitet v. Peter Burke. Manchester 1992. Blunt, Anthony: El Greco’s »Dream of Philipp II«. An Allegory of the Holy League. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 3 (1939/1940), H. 1/2, S. 58–69. Bogdan Kopanski, Ataullah: Muslim Communities of the European North-East Frontiers. Islam in the Former Polish-Lithuanian Commonwealth. In: The Islamic World and the West. Managing Religious and Cultural Identities in the Age of Globalisation. Hg. v. Christoph Marcinkowski. Zürich/ Berlin 2009, S. 85–108.

654

Anhang

Bolitho, Harold: The han. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 183–234. Borino, Giovanni B./ Alberto Galieti/ Giulio Navone: Il trionfo di Marc’Antonio Colonna. (Miscellanea della R. Deputazione Romana di Storia Patria). Rom 1938. Borofsky, Robert: Cook, Lono, Obeyesekere, and Sahlins. In: Current Anthropology 38 (1997), H. 2, S. 255–282. Borofsky, Robert: Making History. Pukapukan and Anthropological Constructions of Knowledge. Cambridge u. a. 1987. Boscaro, Adriana: Sixteenth Century European Printed Works on the First Japanese Mission to Europe. A Descriptive Bibliography. Leiden 1973. Bösch, Frank: Europäische Medienereignisse. In: Europäische Geschichte Online 2010, URL: http://www.ieg-ego.eu/de/threads/europaeische-medien/europaeische-mediener eignisse [Zugriff am: 26. 11. 2011]. Bosworth, Clifford E./ Suraiya Faroqhi: Raʿiyya. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Clifford E. Bosworth u. a. Bd. 8. Leiden 1995, S. 403–406. Bourdieu, Pierre: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt a. M. 1993. Bousska, Hans W.: Philipp als Held von Wien im Türkenkrieg 1529. In: Philipp der Streitbare. Ein Fürst der Frühen Neuzeit. Hg. v. Tobias Appl. Regensburg 2003, S. 104– 120. Boutier, Jean: Fernand Braudel als Historiker des Ereignisses. In: Struktur und Ereignis. Hg. v. Andreas Suter u. Manfred Hettling. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001, S. 138–157. Boxer, Charles R.: Portuguese and Spanish Projects for the Conquest of South East Asia, 1580–1600. In: South East Asia. Colonial History. Hg. v. Paul H. Kratoska. London/ New York 2001, S. 126–140. Boxer, Charles R.: The Christian Century in Japan, 1549–1650. Berkeley u. a. 1951. Brading, D. A.: Civic Festivals in Colonial Spanish America. In: Europa Triumphans. Court and Civic Festivals in Early Modern Europe. Hg. v. J. R. Mulryne, Helen WatanabeO’Kelly u. Margaret Shewring. Bd. 2. (Modern Humanities Research Association, Bd. 15/ 2). Aldershot 2004, S. 350–351. Brancia di Apricena, Marianna: Il complesso dell’Aracoeli sul colle capitolino (IX–XIX secolo). Rom 2000. Braude, Benjamin: The Rise and Fall of Salonica Woollens, 1500–1650. Technology Transfer and Western Competition. In: Mediterranean Historical Review 6 (1991), H. 2, S. 216–236. Braudel, Fernand: Bilan d’une bataille. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 109–120. Braudel, Fernand: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. 3 Bde. Übers. nach der vierten, durchges. u. berichtigt. Auflage (1979) v. Günter Seib. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 2001. Braudel, Fernand: Die Suche nach einer Sprache der Geschichte. Wie ich Historiker wurde. In: Ders. u. a.: Der Historiker als Menschenfresser. Über den Beruf des Geschichtsschreibers. Berlin 1990, S. 7–14. Braudel, Fernand: Geschichte als Schlüssel zur Welt. Vorlesungen in deutscher Kriegsgefangenschaft 1941. Hg. v. Peter Schöttler. Stuttgart 2013.

Literaturverzeichnis

655

Braudel, Fernand: La Méditerranée et le Monde méditerranéen à l’époque de Philippe II. Paris 1949. Brecht, Bertolt: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band. 12. Aufl. Frankfurt a. M. 2004. Brendecke, Arndt: Imperium und Empirie. Funktionen des Wissens in der spanischen Kolonialherrschaft. Köln/ Weimar/ Wien 2009. Brooks, Allan: Castles of Northwest Greece. From the Early Byzantine Period to the Eve of the First World War. Huddersfield 2013. Brotton, Jerry: The Renaissance Bazaar. From the Silk Road to Michelangelo. Oxford u. a. 2002. Brouscari, Ersi: La Chiesa di San Giorgio dei Greci a Venezia e l’architettura. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 533–554. Brown, Nancy C.: The Mystery of Harry Potter. A Catholic Family Guide. Huntington 2007. Brummett, Palmira J.: Ottoman Seapower and Levantine Diplomacy in the Age of Discovery. (SUNY Series in the Social and Economic History of the Middle East). Albany 1994. Brummett, Palmira J.: The Lepanto Paradigm Revisited. Knowing the Ottomans in the Sixteenth Century. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. Anna Contadini u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 63–93. Bryant, David D.: Liturgy, Ceremonial and Sacred Music in Venice at the Time of the Counter-Reformation. PhD thesis, King’s College, University of London. London 1981. Bryce, Judith: Cosimo Bartoli. 1503–1572. The Career of a Florentine Polymath. (Travaux d’Humanisme et Renaissance, Bd. 191). Genf 1983. Bryner, Erich: Bullinger und Ostmitteleuropa. Bullingers Einfluss auf die Reformation in Ungarn und Polen. Ein Vergleich. In: Heinrich Bullinger. Life – Thought – Influence. Hg. v. Emidio Campi u. Peter Opitz. Bd. 2. (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte, Bd. 24). Zürich 2007, S. 799–820. Buchmann, Bertrand M.: Österreich und das Osmanische Reich. Eine bilaterale Geschichte. Wien 1999. Bulgarelli, Tullio: Gli avvisi a stampa in Roma nel cinquecento. Rom 1967. Bulgarelli, Tullio: La battaglia di Lepanto e il giornalismo romano del Cinquecento. In: Accademie e biblioteche d’Italia 29 (1961), H. 3–4, S. 231–239. Burger, Helene: Das evangelische Wesensarchiv in Augsburg. Uebersicht über dessen Bestände. Erlangen 1941. Burke, Ersie: Francesco di Demetri Litino, the Inquisition and the Fondaco dei Turchi. In: Θησαυρίσματα/ Thesaurismata 36 (2006), S. 79–96. Burke, Peter/ Ronnie Po-chia Hsia (Hg.): Cultural Translation in Early Modern Europe. Cambridge u. a. 2007. Burke, Peter: Beleidigung und Gotteslästerung im frühneuzeitlichen Italien. In: Ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 96–110. Burke, Peter: Bettler, Diebe, Gauner – die Wahrnehmung einer Gegenkultur. In: Ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 67–78. Burke, Peter: Cultura popolare nell’Europa moderna. Introduzione di Carlo Ginzburg. Mailand 1980.

656

Anhang

Burke, Peter: Early Modern Venice as a Center of Information and Communication. In: Venice Reconsidered. The History and Civilization of an Italian City-State, 1297–1797. Hg. v. John Martin u. Dennis Romano. Baltimore 2000, S. 389–419. Burke, Peter: Historians, Anthropologists, and Symbols. In: Culture Through Time. Anthropological Approaches. Hg. v. Emiko Ohnuki-Tierney. Stanford, Calif. 1990, S. 268– 323. Burke, Peter: History of Events and the Revival of Narrative. In: New Perspectives on Historical Writing. Hg. v. Peter Burke. Cambridge/ Oxford 1991, S. 233–248. Burke, Peter: Karneval in Venedig. In: Ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987, S. 146–154. Burke, Peter: Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs. Übers. v. Matthias Fienbork. 3. Aufl. Berlin 2009. Burke, Peter: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock. Eine historische Anthropologie. Berlin 1987. Burke, Peter: The French Historical Revolution. The Annales School, 1929–89. Cambridge 1990. Burkhardt, Johannes: Deutsche Geschichte in der Frühen Neuzeit. München 2009. Burton, Jonathan: Traffic and Turning. Islam and English Drama, 1579–1624. Newark 2005. Butler, Judith: Gefährdetes Leben. Politische Essays. (Edition Surhkamp, Bd. 2393). Frankfurt a. M. 2005. Butler, Judith: Sexual Politics, Torture, and Secular Time. In: The British Journal of Sociology 59 (2008), H. 1, S. 1–23. Buttay-Jutier, Florence: Fortuna. Usages politiques d’une allégorie morale à la Renaissance. Paris 2008. Buttay-Jutier, Florence: Les captivités de Giorgio del Giglio »Pannilini«, renégat italien. In: Captifs en Méditerranée. Histoires, récrits et légendes. Hg. v. François Moureau. Paris 2008, S. 59–75. Bu˚zˇek, Václav: Der Adel an der böhmisch-bayerischen Grenze zu Beginn der Neuzeit. In: Bayern und Böhmen. Kontakt, Konflikt, Kultur. Hg. v. Robert Luft u. Ludwig Eiber. (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, Bd. 111). München 2007, S. 85–106. Bu˚zˇek, Václav: Die politische Rolle der Residenz Peter Woks von Rosenberg in Trˇebonˇ/ Wittingau zur Zeit des Bruderzwists. In: Ein Bruderzwist Hause Habsburg (1608–1611). ˇ eské Budeˇjovice 2010, S. 307–330. Hg. v. dems. (Opera Historica, Bd. 14). C Bu˚zˇek, Václav: Ferdinand von Tirol zwischen Prag und Innsbruck. Der Adel aus den böhmischen Ländern auf dem Weg zu den Höfen der ersten Habsburger. Wien/ Köln/ Weimar 2009. Bu˚zˇek, Václav: Türkische Motive in der Selbstdarstellung von Adeligen in den böhmischen Ländern zu Beginn der Neuzeit. In: Repräsentationen der islamischen Welt im Europa der Frühen Neuzeit. Hg. v. Gabriele Haug-Moritz u. Ludolf Pelizaeus. Münster 2010, S. 95–126. Bu˚zˇek, Václav: Zwischen dem rudolfinischen Prag und den Höfen der Magnaten mit dem Wappen der fünfblättrigen Rose. In: Rudolf II, Prague and the World. Hg. v. Lubomír Konecˇný, Beket Bukovinská u. Ivan Muchka. Prag 1998, S. 75–80. Cacciavillani, Ivone: Lepanto. Prefazione di Giannantonio Paladini. Venedig 2003. Cacciavillani, Ivone: Otto storie veneziane. Padua 1998.

Literaturverzeichnis

657

Cahen, Claude: Dhimma. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Bernard Lewis, Charles Pellat und Joseph Schacht. Bd. 2. Leiden/ London 1965, S. 227–231. Calabi, Donatella: The »City of the Jews«. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/ London 2001, S. 31–49. Calimani, Riccardo: Storia del ghetto di Venetia. Mailand 2001. Cambiaso, Domenico: L’anno ecclesiastico e le feste dei Santi in Genova nel loro svolgimento storico. (Estratto dagli atti della società ligure di storia patria, Bd. 48). Genua 1917. Canetti, Elias: Aufzeichnungen. 1973–1984. München/ Wien 1999. Canosa, Romano: Lepanto. Storia della »Lega Santa« contro i Turchi. Rom 2000. Capotorti, Marino: Lepanto tra storia e mito. Arte e cultura visiva della Controriforma. (Università del Salento. Dipartimento dei beni delle arti e della storia. Saggi e testi, Bd. 44). Galatina 2011. Capponi, Niccolò: Victory of the West. The Story of the Battle of Lepanto. London 2006. Cardini, Franco: Europa und der Islam. Geschichte eines Mißverständnisses. München 2004. Carl, Horst/ Ute Planert: Einleitung. Militärische Erinnerungskulturen – Militär als Gegenstand und Träger kollektiver Erinnerung. In: Militärische Erinnerungskulturen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Träger – Medien – Deutungskonkurrenzen. Hg. v. dens. (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, Bd. 15). Göttingen 2012, S. 11– 26. Carlen, Louis: Aufsätze zur Rechtsgeschichte der Schweiz. Hg. v. Hans C. Faußner. Hildesheim 1994. Carlen, Louis: Die Galeerenstrafe in der Schweiz. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 88 (1976), H. 2, S. 557 (209)–579 (231). Carlos, Alfonso de: Armas y trofeos de Lepanto en la Real Armería de Madrid. In: Reales sitios 8 (1971), Nr. 29, S. 29–36. Carrasco, Davíd/ Scott Sessions: Daily Life of the Aztecs. 2. Aufl. Greenwood 2011. Carrero Blanco, Luis: La victoria del Cristo de Lepanto. Madrid 1948. Carrero Blanco, Luis: Lepanto (1571–1971). Madrid 1971. Casale, Giancarlo: The Ottoman Age of Exploration. Oxford u. a. 2010. Cascardi, Anthony J.: Don Quixote and the Invention of the Novel. In: The Cambridge Companion to Cervantes. Hg. v. dems. Cambridge u. a. 2002, S. 58–79. Castro Seoane, José: Aviamiento y catálogo de las misiones que en el siglo XVI pasaron de España a Indias y Filipinas según los libros de Contratación. In: Missionalia Hispanica 13 (1956), Nr. 37, S. 83–140. Chakrabarty, Dipesh: Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference. (Princeton Studies in Culture/ Power/ History). Princeton/ Oxford 2000. Chaline, Olivier: La bataille comme objet d’histoire. In: Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte 32 (2005), S. 1–14. Chaline, Olivier: La Bataille de la Montagne Blanche (8 novembre 1620). Un mystique chez les guerriers. Paris 1999. Charrière, Ernest: Négociations de la France dans le Levant […]. Bd. 3. Paris 1853. Chartier, Roger: Die wundersam errettete Gehenkte. Über eine Flugschrift des 16. Jahrhunderts. In: Ders.: Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung. Berlin 1989, S. 83–119.

658

Anhang

Chartier, Roger: Le monde comme représentation. In: Annales. Economies Sociétés Civilisations 44 (1989), H. 6, S. 1505–1520. Chartier, Roger: Les élites et les gueux. In: Revue d’histoire moderne 21 (1974), S. 376–388. Chauvard, Jean-François: Scale di osservazione e inserimento degli stranieri nello spazio veneziano tra XVII e XVIII secolo. In: La città italiana e i luoghi degli stranieri. XIV– XVIII secolo. Hg. v. Donatella Calabi u. Paola Lanaro. (Biblioteca di cultura moderna, Bd. 1141). Rom/ Bari 1998, S. 85–107. Checa Cremades, Fernando: Tapisseries flamandes pour les ducs de Bourgogne, l’empereur Charles Quint et le Roi Philippe II. Brüssel 2008. Çipa, H. Erdem/ Emine Fetvacı (Hg.): Writing History at the Ottoman Court. Editing the Past, Fashioning the Future. Bloomington, Indiana 2013. Civale, Gianclaudio: Guerrieri di Cristo. Inquisitori, gesuiti e soldati alla battaglia di Lepanto. (Early Modern. Studi di storia europea protomoderna, Bd. 22). Mailand 2009. Claretta, Gaudenzio: Dell’Ordine Mauriziano nel primo secolo dalla sua ricostituzione e del suo grand’ammiraglio Andrea Provana di Leinì. Notizie storiche con documenti. Florenz/ Turin/ Rom 1890. Clendinnen, Inga: Ambivalent Conquests. Maya and Spaniard in Yucatan, 1517–1570. (Cambridge Latin American Studies, Bd. 61). Cambridge u. a. 1987. Clendinnen, Inga: Disciplining the Indians. Franciscan Ideology and Missionary Violence in Sixteenth-Century Yucatán. In: Past & Present 94 (1982), H. 1, S. 27–48. Clendinnen, Inga: The Cost of Courage in Aztec Society. In: Past & Present 107 (1985), H. 1, S. 44–89. Clifford, James/ George E. Marcus (Hg.): Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986. Clifford, James: Introduction. Partial Truths. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 1–26. Cockx-Indestege, Elly/ Geneviève Glorieux/ Bart Op de Beck: Belgica typographica 1541– 1600. Catalogus librorum impressporum ab anno MDXLI ad annum MDC in regionibus quae nunc Regni Belgarum partes sunt. 4 Bde. Nieuwkoop 1968–1994. Coco, Carla/ Flora Manzonetto: Baili veneziani alla sublime porta. Storia e caratteristiche dell’ambasciata veneta a Costantinopoli. Venedig 1985. Cohen, David W.: Further Thoughts on the Production of History. In: Between History and Histories. The Making of Silences and Commemorations. Hg. v. Gerald Sider u. Gavin Smith. (Anthropological Horizons). Toronto/ Buffalo/ London 1997, S. 300–310. Cohen, David W.: The Combing of History. Chicago/ London 1994. Colasanti, Arduino: S. Maria in Aracoeli. Rom 1922. Conforti, Luigi: I napoletani a Lepanto. Ricerche storiche. Neapel 1886. Conrad, Sebastian: Enlightenment in Global History. A Historiographical Critique. In: American Historical Review 117 (2012), H. 4, S. 999–1027. Constable, Olivia R.: Housing the Stranger in the Mediterranean World. Lodging, Trade, and Travel in Late Antiquity and the Middle Ages. Cambridge u. a. 2003. Constantoudaki-Kitromilides, Maria: Le icone e l’arte dei pittori greci a Venezia. Maestri in rapporto con la confraternita greca. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazi-

Literaturverzeichnis

659

onale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 569–641. Contadini, Anna: Sharing a Taste? Material Culture and Intellectual Curiosity around the Mediterranean, from the Eleventh to the Sixteenth Century. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. ders. u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 23–61. Contant, Iris M.: Kruisbeeld tegen kromzwaard. De neerslag van de zeeslag van Lepanto in de Italiaanse kunst ten tijde van de Contrareformatie. Rotterdam 2005. Cooper, Michael: The Japanese Mission to Europe, 1582–1590. The Journey of Four Samurai Boys Through Portugal, Spain and Italy. Folkestone 2005. Coreth, Anna: Dietrichstein, Adam Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 3. Berlin 1957, S. 700–701. Couto, Dejanirah: Spying in the Ottoman Empire. Sixteenth-Century Encrypted Correspondence. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike Egmond. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400– 1700. Cambridge u. a. 2007, S. 274–312. Crapanzano, Vincent: Hermes’ Dilemma. The Masking of Subversion in Ethnographic Description. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 51–76. Cressy, David: Bonfires and Bells. National Memory and the Protestant Calendar in Elizabethan and Stuart England. Berkeley/ Los Angeles 1989. Crook y Navarrot, Juan: Catálogo Histórico-descriptivo de la Real Armería de Madrid. Madrid 1898. Cummins, Thomas B. F.: Adarga D-88 or the Wing of God. In: Images Take Flight: Feather Art in Mexico and Europe, 1400–1700. Hg. v. Alessandra Russo, Gerhard Wolf und Diana Fane. München 2015, S. 271–281. Curtius, Ernst R.: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. 8. Aufl. München 1973. Cvetkovich, Ann (Hg.): Articulating the Global and the Local. Globalization and Cultural Studies. (Politics and Culture, Bd. 5). Boulder/ Oxford 1997. Da Costa Fontes, Manuel: The Batalha de Lepanto in the Portuguese Oral Tradition. In: Hispanic Review 47 (1979), H. 4, S. 487–503. Dal Borgo, Michela: Le corporazioni di mestiere veneziane e le attività economico-commerciali delle nation foreste. Ebrei, turchi, tedeschi, greci e armeni. In: Mediterranean World 16 (2001), S. 183–195. Dal Borgo, Michela: Neo-convertiti aspiranti sensali (1569). In: Veneziani in Levante. Musulmani a Venezia. Hg. v. Francesca Lucchetta. (Quaderni di studi arabi, Suppl. al n. 15). Rom 1997, S. 163–165. Dandelet, Thomas J./ John A. Marino (Hg.): Spain in Italy. Politics, Society, and Religion. 1500–1700. (The Medieval and Early Modern Iberian World, Bd. 32). Leiden/ Boston 2007. Dandelet, Thomas J.: Spanish Rome. 1500–1700. New Haven u. a. 2001. Dandelet, Thomas J.: The Renaissance Empire in Early Modern Europe. Cambridge u. a. 2014.

660

Anhang

Davis, Elizabeth B.: Myth and Identitiy in the Epic of Imperial Spain. Columbia, Missouri 2000. Davis, Natalie Z.: Beyond the Market. Books as Gifts in Sixteenth-Centuy France. In: Transactions of the Royal Historical Society. 5. Folge 33 (1983), S. 69–88. Davis, Natalie Z.: Boundaries and the Sense of Self in Sixteenth-Century France. In: Reconstructing Individualism. Autonomy, Individuality, and the Self in Western Thought. Hg. v. Thomas C. Heller, Morton Sosna u. David E. Wellbery. Stanford 1986, S. 53–63. Davis, Natalie Z.: Decentering History. Local Stories and Cultural Crossings in a Global World. In: History and Theory 50 (2011), H. 2, S. 188–202. Davis, Natalie Z.: Der Kopf in der Schlinge. Gnadengesuche und ihre Erzähler. Berlin 1988. Davis, Natalie Z.: Dezentrierende Geschichtsschreibung. Lokale Geschichten und kulturelle Übergänge in einer globalen Welt. In: Historische Anthropologie 19 (2011), H. 1, S. 144–156. Davis, Natalie Z.: Die schenkende Gesellschaft. Zur Kultur der französischen Renaissance. München 2002. Davis, Natalie Z.: Die wahrhaftige Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre. Mit einem Nachwort von Carlo Ginzburg. Berlin 2004. Davis, Natalie Z.: Enthüllen und Verbergen. Autobiographische Erzählweisen in der Frühen Neuzeit. In: L’homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 24 (2013), H. 2, S. 103–118. Davis, Natalie Z.: Fame and Secrecy. Leon Modena’s Life as an Early Modern Autobiography. In: The Autobiography in Seventeenth-Century Venetian Rabbi. Leon Modena’s Life of Judah. Übers. u. hg. v. Mark R. Cohen. Princeton 1988, S. 50–70. Davis, Natalie Z.: Fiction in the Archives. Pardon Tales and Their Tellers in SixteenthCentury France. Stanford, California 1987. Davis, Natalie Z.: Metamorphosen. Das Leben der Maria Sibylla Merian. Berlin 2003. Davis, Natalie Z.: The Return of Martin Guerre. Cambridge, Massachusetts u. a. 1983. Davis, Natalie Z.: The Rites of Violence. In: Past & Present 59 (1973), S. 51–91. Davis, Natalie Z.: Trickster Travels. A Sixteenth-Century Muslim Between Worlds. London 2008. Davis, Natalie Z.: Was ist an Geschichte universal? In: Historische Anthropologie 15 (2007), H. 1, S. 126–131. Davis, Natalie Z.: What is Universal about History? In: Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien. Hg. v. Gunilla Budde, Sebastian Conrad u. Oliver Janz. 2. Aufl. Göttingen 2010, S. 15–20. Davis, Natalie Z.: Women on the Margins. Three Seventeenth-Century Lives. Cambridge, Mass./ London 1995. De Groot, Alexander H.: The Ottoman Empire and the Dutch Republic. A History of the Earliest Diplomatic Relations 1610–1630. (Uitgaven van het Nederlands HistorischArcheologisch Instituut te Istanbul, Bd. 43). Leiden/ Istanbul 1978. Deeds, Susan M.: Defiance and Defence in Mexico’s Colonial North. Austin 2003. Degering, Hermann: Gottfried von Raesfeld. Sein Geschlecht, sein Leben und sein Testament. Ein Beitrag zur Geschichte des westfälischen Adels. Münster 1906. Dejob, Charles: Marc-Antoine Muret. Un professeur français en Italie dans la seconde moitié du XVIe siècle. Paris 1881. Di Montechiaro, Giuseppe A.: La Sicilia nella Battaglia di Lepanto. Pisa 1886.

Literaturverzeichnis

661

Diefenbacher, Michael: Rieter v. Kornburg. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 21. Bd. Berlin 2003, S. 611–612. Diefendorf, Barbara B.: Beneath the Cross. Catholics and Huguenots in Sixteenth-Century Paris. New York/ Oxford 1991. Dietz, Bernhard: Neo-Tories. Britische Konservative im Ausland gegen Demokratie und politische Moderne (1929–1939). (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Bd. 71). München 2012. Dimmock, Matthew: New Turkes. Dramatizing Islam and the Ottomans in Early Modern England. Aldershot 2005. Disney, Anthony R.: A History of Portugal and the Portuguese Empire. Bd. 2. Cambridge u. a. 2009. Distel, Theodor: Zur Galeerenstrafe in Kursachsen (1572f.). In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 18 (1898), H. 1, S. 830–831. Dominioni, Matteo: Lo sfascio dell’impero. Gli italiani in Etiopia. 1936–1941. Rom u. a. 2008. Douglas, Mary: Purity and Danger. An Analysis of Concepts of Pollution and Taboo. New York u. a. 1966. Droste, Heiko: Patronage in der Frühen Neuzeit – Institution und Kulturform. In: Zeitschrift für Historische Forschung 30 (2003), S. 555–590. Duby, Georges: Der Sonntag von Bouvines. 27. Juli 1214. Berlin 1988. Duby, Georges: Le dimanche de Bouvines. 27 juillet 1214. Paris 1973. Duffy, Christopher: Siege Warfare. The Fortress in the Early Modern World. 1494–1660. London 1997 [= 1979]. Dürr, Renate/ Ronnie Hsia/ Carina L. Johnson/ Ulrike Strasser/ Merry Wiesner-Hanks: Forum. Globalizing Early Modern German History. In: German History 31 (2013), H. 3, S. 366–382. Dursteler, Eric R.: Commerce and Coexistence. Veneto-Ottoman Trade in the Early Modern Era. In: Turcica 34 (2002), S. 105–133. Dursteler, Eric R.: Power and Information. The Venetian Postal System in the Early Modern Eastern Mediterranean. In: From Florence to the Mediterranean. Studies in Honor of Anthony Molho. Hg. v. Diogo R. Curto u. a. Bd. 2. Florenz 2009, S. 601–623. Dursteler, Eric R.: Renegade Women. Gender, Identity, and Boundaries in the Early Modern Mediterranean. Baltimore 2011. Dursteler, Eric R.: Venetians in Constantinople. Nation, Identity, and Coexistence in the Early Modern Mediterranean. Baltimore 2008. Ebermann, Richard: Die Türkenfurcht, ein Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Meinung in Deutschland während der Reformationszeit. Halle a. d. S. 1904. Edwards, Francis: Plots and Plotters in the Reign of Elizabeth I. Dublin 2002. Ehmann, Johannes: Luther, Türken und Islam. Eine Untersuchung zum Türken- und Islambild Martin Luthers (1515–1546). (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. 80). Heidelberg 2008. Ehrensberger, Hugo: Zur Geschichte der Türkensteuer, insbesondere in Franken, und das Subsidium charitativum des Kapitels Taubergau. In: Freiburger Diöcesan-Archiv. Zeitschrift des kirchengeschichtlichen Vereins für Geschichte, christliche Kunst, Al-

662

Anhang

tertums= und Litteraturkundes des Erzbistums Freiburg mit Berücksichtigung der angrenzenden Bistümer. Neue Folge 1 (1900), S. 396–433. Eibach, Joachim/ Horst Carl (Hg.): Europäische Wahrnehmungen 1650–1850. Interkulturelle Kommunikation und Medienereignisse. (The Formation of Europe. Historische Formationen Europas, Bd. 3). Hannover 2008. Eisenstadt, Shmuel N.: Multiple Modernities. New Brunswick u. a. 2002. Elison, George: Deus Destroyed. The Image of Christianity in Early Modern Japan. Harvard East Asian Monographs, Bd. 141). Cambridge, Massachusetts/ London 1988. Elisonas, Jurgis: Christianity and the Daimyo. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 301–372. Elisséeff, Nikita: Kha¯n. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Bernard Lewis u. a. Bd. 4. Leiden 1978, S. 1010–1017. Enenkel, Karl A. E./ Walter S. Melion (Hg.): Meditatio – Refashioning the Self. Theory and Practice in Late Medieval and Early Modern Intellectual Culture. (Intersections. Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture, Bd. 17). Leiden/ Boston 2011. Engammare, Max: Tägliche Zeit und recapitulatio bei Heinrich Bullinger. Von der Studiorum ratio zum Diarium. In: Heinrich Bullinger. Life – Thought – Influence. Hg. v. Emidio Campi u. Peter Opitz. Bd. 1. (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte, Bd. 24). Zürich 2007, S. 57–68. Esdaile, Katharine A.: St. Martin in the Fields. New and Old. London 1944. Essen, Léon van der: Alessandro Farnese, duca di Parma, Piacenza e Castro. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 2. Rom 1960, S. 219–230. Fabian, Johannes: Time and the Other. How Anthropology Makes its Object. Eingeleitet v. Matti Bunzl. New York 2002 [1983]. Fàbrega i Grau, Àngel/ Josep Baucells i Reig: Catàleg – Inventari general de l’Arxiu Capitular de la Catedral de Barcelona. Bd. 2: Capítol de la Catedral. Barcelona 2005. Fallows, Noel: Jousting in Medieval and Renaissance Iberia. Woodbridge 2010. Farge, Arlette: Le goût de l’archive. Paris 1989. Faroqhi, Suraiya/ Arzu Öztürkmen (Hg.): Celebration, Entertainment and Theatre in the Ottoman World. (Enactments). London/ New York/ Kalkutta 2014. Faroqhi, Suraiya: Approaching Ottoman History. An Introduction to the Sources. Cambridge u. a. 1999. Faroqhi, Suraiya: Geschichte des Osmanischen Reiches. 4. Aufl. München 2006. Faroqhi, Suraiya: Honour and Hurt Feelings. Complaints Addressed to an Ottoman Merchant trading in Venice. In: Merchants in the Ottoman Empire. Hg. v. ders. u. Gilles Veinstein. (Collection Turcica, Bd. 15). Paris/ Louvain/ Dudley 2008, S. 63–80. Faroqhi, Suraiya: Ottoman Textiles in European Markets. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. Anna Contadini u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 231–244. Faroqhi, Suraiya: Subjects of the Sultan. Culture and Daily Life in the Ottoman Empire. London u. a. 2005. Faroqhi, Suraiya: The Ottoman Empire and the World Around It. London u. a. 2004. Farriss, Nancy M.: Maya Society under Colonial Rule. The Collective Enterprise of Survival. Princeton 1984.

Literaturverzeichnis

663

Febvre, Lucien: Ein Historiker prüft sein Gewissen. Antrittsvorlesung am Collège de France 1933. In: Ders.: Das Gewissen des Historikers. Hg. u. übers. v. Ulrich Raulff. Berlin 1988, S. 9–22. Fedalto, Giorgio: La comunità greca, la chiesa di Venezia, la chiesa di Roma. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 83–102. Feindt, Gregor/ Félix Krawatzek/ Daniela Mehler/ Friedemann Pestel/ Rieke Trimçev: Europäische Erinnerung? Erinnerungsforschung jenseits der Nation. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. dens. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 11–36. Feindt, Gregor/ Félix Krawatzek/ Daniela Mehler/ Friedemann Pestel/ Rieke Trimçev: Funktionen europäischer Erinnerung in der postnationalen Konstellation. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. dens. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 237–263. Feindt, Gregor/ Félix Krawatzek/ Daniela Mehler/ Friedemann Pestel/ Rieke Trimçev: Entangled Memory. Toward a Thrid Wave in Memory Studies. In: History and Theory 53 (2014), S. 24–44. Feliciano, María J.: Picturing the Ottoman Threat in Sixteenth-Century New Spain. In: The Turk and Islam in the Western Eye, 1450–1750. Hg. v. James G. Harper. (Transculturalisms, 1400–1700). Farnham 2011, S. 243–265. Fenlon, Iain: In Destructione Turcharum. The Victory of Lepanto in Sixteenth-Century Music and Letters. In: Andrea Gabrieli e il suo tempo. Atti del convegno internazionale (Venezia 16–18 Settembre 1985). Hg. v. Francesca Degrada. (Studi di musica veneta, Bd. 11). Florenz 1987, S. 293–317. Fenlon, Iain: Lepanto. Le arti della celebrazione nella Venezia del rinascimento. In: Crisi e rinnovamenti nell’autunno del rinascimento a Venezia. Hg. v. Vittore Branca u. Carlo Ossola. (Civiltà veneziana. Saggi, Bd. 38). Florenz 1991, S. 373–406. Fenlon, Iain: Lepanto. Music, Ceremony, and Celebration in Counter-Reformation Rome. In: Ders.: Music and Culture in Late Renaissance Italy. Oxford 2002, S. 139–161. Fenlon, Iain: Old Testament Motets for the War of Cyprus (1570–71). In: »Recevez ce mien petit labeur«. Studies in Renaissance Music in Honour of Ignace Bossuyt. Hg. v. Mark Delaere u. Pieter Bergé. Leuven 2008, S. 71–82. Fenlon, Iain: Sung Histories. The Battle of Lepanto between Orality and Print. In: Antropologia della musica nelle culture mediterranee. Interpretazione, performance, identità. Alla memoria di Tullia Magrini. Hg. v. Philip V. Bohlman u. Marcell Sorce Keller. Bologna 2009, S. 71–80. Fenlon, Iain: The Ceremonial City. History, Memory and Myth in Renaissance Venice. New Haven/ London 2007. Fenlon, Iain: The Memoralization of Lepanto in Music, Liturgy, and Art. In: Celebrazione e autocritica. La Serenissima e la ricerca dell’identità veneziana nel tardo Cinquecento. Hg. v. Benjamin Paul. (Venetiana, Bd. 14). Venedig 2014, S. 61–78. Ferrari, Filippo: La battaglia di Lepanto e il P. Giovanni Battista da Guardiagrele. Guardiagrele 1925. Ferris, Kate: Everyday Life in Fascist Venice. 1929–40. Houndmills, Basingstoke 2012.

664

Anhang

Fetvacı, Emine: Picturing History at the Ottoman Court. Bloomington, Indiana 2013. Fichtner, Paula S.: Emperor Maximilian II. New Haven/ London 2001. Findlen, Paula (Hg.): Early Modern Things. Objects and Their Histories, 1500–1800. London/ New York 2013. Fischer-Galati, Stephen A.: Ottoman Imperialism and German Protestantism. 1521–1555. (Harvard Historical Monographs, Bd. 43). Cambridge, Massachusetts 1959. Fleischer, Cornell H.: Between the Lines. Realities of Scribal Life in the Sixteenth Century. In: Studies in Ottoman History in Honour of Professor V. L. Ménage. Hg. V. Colin Heywood u. Colin Imber. Istanbul 1994, S. 45–61. Fleischer, Cornell H.: Bureaucrat and Intellectual in the Ottoman Empire. The Historian Mustafa Âli (1541–1600). (Princeton Studies on the Near East). Princeton 1986. Fleischer, Cornell H.: The Lawgiver as Messiah. The Making of the Imperial Image in the Reign of Süleyman. In: Soliman le Magnifique et son temps. Hg. v. Gilles Veinstein. (Recontres de l’École du Louvre, Bd. 9). Paris 1992, S. 159–177. Fleisher, Kass: The Bear River Massacre and the Making of History. Albany, New York 2004. Flemming, B. H.: The Sultan’s Prayer Before Battle. In: Studies in Ottoman History in Honour of Professor V. L. Ménage. Hg. v. Colin Heywood u. Colin Imber. Istanbul 1994, S. 63–75. Formica, Marina: Lo specchio turco. Immagini dell’altro e riflessi del sé nella cultura italiana d’etá moderna. (Saggi. Storia e scienze sociali). Rom 2012. Fortis, Umberto/ Paolo Zolli: La parlata giudeo-veneziana. Assisi u. a. 1979. Foucault, Michel: Archäologie des Wissens. Frankfurt a. M. 1983. Frauenstädt, Paul: Zur Geschichte der Galeerenstrafe in Deutschland. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 16 (1896), S. 518–546. Friedman, Thomas L.: Longitudes and Attitudes. The World in the Age of Terrorism. New York 2003. Fuchs, Peter: Philipp Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 20. Berlin 2001, S. 383–384. Fujita, Neil S.: Japan’s Encounter with Christianity. The Catholic Mission in Pre-Modern Japan. New York/ Mahwah, N. J. 1991. Füssel, Marian/ Michael Sikora (Hg.): Kulturgeschichte der Schlacht. (Krieg in der Geschichte, Bd. 78). Paderborn 2014. Gamrath, Helge: Farnese. Pomp, Power and Politics in Renaissance Italy. Rom 2007. Garcés, María A.: Cervantes in Algiers. A Captive’s Tale. Nashville, Tennessee 2002. García Bernal, José J.: Velas y estandartes. Imágenes festivas de la Batalla de Lepanto. In: Revista científica de información y comunicación 99 (2007), H. 4, S. 178–217. García Hernán, David/ Enrique García Hernán: Lepanto. El día después. Madrid 1999. García Hernán, Enrique: The Price of Spying at the Battle of Lepanto. In: Eurasian Studies 11 (2003), H. 2, S. 227–250. García-Arenal, Mercedes/ Gerard Wiegers: Un hombre en tres mundos. Samuel Pallache, un judío marroquí en la Europa protestante y en la católica. Madrid 1999. Gargiulo, Roberto. La battaglia di Lepanto. 7 ottobre 1571. Pordenone 2004. Geanakoplos, Deno J.: Greek Scholars in Venice. Studies in the Dissemination of Greek Learning from Byzantium to Western Europe. Cambridge, Massachusetts 1962.

Literaturverzeichnis

665

Geisendorf, Paul-Frédéric: Théodore de Bèze. Genf 1967. Gerstenberg, Annette: Perspektiven einer länder- und textsortenvergleichenden Nachrichten-Geschichte. In: Historische Sprachwissenschaft als philologische Kulturwissenschaft. Festschrift für Franz Lebsanft zum 60. Geburtstag. Hg. v. Michael Bernsen, Elmar Eggert u. Angela Schrott. Göttingen 2015, S. 427–437. Ghobrial, John-Paul A.: The Secret Life of Elias of Babylon and the Uses of Global Microhistory. In: Past & Present 222 (2014), S. 51–93. Ghobrial, John-Paul A.: The Whispers of Cities. Information Flows in Istanbul, London, and Paris in the Age of William Trumbull. Oxford u. a. 2013. Gibellini, Cecilia: L’immagine di Lepanto. La celebrazione della vittoria nella letteratura e nell’arte veneziana. (Saggi Marsilio). Venedig 2008. Ginzburg, Carlo: Beweise und Möglichkeiten. Randbemerkungen zur Wahrhaftigen Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre. In: Natalie Z. Davis: Die wahrhaftige Geschichte von der Wiederkehr des Martin Guerre. Mit einem Nachwort von Carlo Ginzburg. Berlin 2004, S. 185–213. Ginzburg, Carlo: Il formaggio e i vermi. Il cosmo di un mugnaio del ’500. Turin 1976. Ginzburg, Carlo: Kunst und soziales Gedächtnis. Die Warburg-Tradition. In: Ders.: Spurensicherung. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst. Übers. v. Gisela Bonz u. Karl F. Hauber. 4. Aufl. Berlin 2011, S. 83–173. Ginzburg, Carlo: Spurensicherung. In: Ders.: Spurensicherung. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst. Übers. v. Gisela Bonz u. Karl F. Hauber. 4. Aufl. Berlin 2011, S. 7– 57. Gioffredo, Pietro: Storia delle alpi marittime. Bd. 5. Turin 1839. Goffman, Daniel: The Ottoman Empire and Early Modern Europe. (New Approaches to European History). Cambridge u. a. 2002. Goldberg, Jeremy: The Drowned Child. An Essay in Medieval Cultural History. In: WerkstattGeschichte Nr. 63 (2013), S. 7–23. Göllner, Carl: Die Türkenfrage im Spannungsfeld der Reformation. In: Südost-Forschungen 34 (1975), S. 61–78. Göllner, Carl: Tvrcica. Die europäischen Türkendrucke des XVI. Jahrhunderts. 3 Bde. Bukarest/ Berlin/ Baden-Baden 1961–1978. Gombrich, Ernst H.: Celebrations in Venice of the Holy League and of the Victory of Lepanto. In: Studies in Renaissance and Baroque Art presented to Anthony Blunt on his 60th Birthday. London/ New York 1967, S. 62–68. Gómez Gómez, Margarita: El sello y registro de Indias. Imagen y representación. (Lateinamerikanische Forschungen, Bd. 35). Köln/ Weimar/ Wien 2008. Goodman, David: Spanish Naval Power, 1589–1665. Reconstruction and Defeat. Cambridge u. a. 2002. Goodrich, Thomas D.: The Ottoman Turks and the New World. A Study of Tarih-i Hind-i Garbi and Sixteenth-Century Ottoman Americana. (Near and Middle East monographs. New Series, Bd. 3). Wiesbaden 1990. Goris, J. A.: Turksche Kooplieden te Antwerpen in de XVIe eeuw. In: Bijdragen tot de Geschiedenis 14 (1922), S. 30–38. Graf, Georg: Geschichte der christlichen arabischen Literatur. Bd. 3: Die Schriftsteller von der Mitte des 15. bis zum Ende des 19. Jahrhundert. Melchiten, Maroniten. (Studi e testi, Bd. 146). Vatikan 1949.

666

Anhang

Gräf, Holger T.: »Erbfeind der Christenheit« oder potentieller Bündnispartner? Das Osmanenreich im europäischen Mächtesystem des 16. und 17. Jahrhunderts – gegenwartspolitisch betrachtet. In: Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie. Hg. v. Marlene Kurz u. a. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 48). München 2005, S. 37–51. Grafton, Anthony: The Culture of Correction in Renaissance Europe. (The Panizzi Lectures 2009). London 2011. Grayzel, Solomon: Bulls, Papal. In: Encyclopaedia Judaica. Hg. v. Fred Skolnik u. a. 2. Aufl. Bd. 4. Detroit u. a. 2007, S. 277–278. Greene, Molly: A Shared World. Christians and Muslims in the Early Modern Mediterranean. Princeton 2000. Greene, Molly: Catholic Pirates and Greek Merchants. A Maritime History of the Mediterranean. Princeton/ Oxford 2010. Gregorio, Giuseppe de: Il copista greco Manouel Malaxos. Studio biografico e paleografico-codicologico. Eingeleit. v. Paul Canart. (Littera antiqua, Bd. 8). Vatikan 1991. Grendi, Edoardo: Micro-analisi e storia sociale. In: Quaderni storici 35 (1977), S. 506–520. Grimaldi, Francesco C.: Della città di Napoli al tempo della sua fondazione sino al presente. Neapel 1857. Grunebaum-Ballin, Paul: Joseph Naci duc de Naxos. (Études juives, Bd. 13). Paris/ La Haye 1968. Grünsteudel, Güntzer (Hg.): Augsburger Stadtlexikon. 2. Aufl. Augsburg 1998. Gruzinski, Serge: Les mondes mêlés de la monarchie catholique et autres »connectes histories«. In: Annales. Histoire, Sciences Sociales 56 (2001), H. 1, S. 85–117. Gruzinski, Serge: Les quatre parties du monde. Histoire d’une mondialisation. Paris 2006. Grygorieva, Tetiana: Zur Selbstdarstellung polnisch-litauischer Botschafter im frühneuzeitlichen Istanbul. In: Die Audienz. Ritualisierter Kulturkontakt in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Peter Burschel u. Christine Vogel. Köln/ Weimar/ Wien 2014, S. 81–99. Gschwend, Annemarie J./ Almudena Pérez de Tudela: Exotica habsburgica. La casa de Austria y las colecciones exóticas en el renacimiento temprano. In: Oriente en Palacio. Tesoros asiáticos en las colecciones reales españolas. Hg. v. Mar Sánchez-Ramón u. a. Madrid 2003, S. 27–38. Guarnieri, Gino: Il »Registro delle prede« dei Cavalieri di S. Stefano. In: Archivio storico italiano 131 (1973), S. 257–286. Guglielmotti, Alberto: Marcantonio Colonna alla battaglia di Lepanto 1570–1573, Florenz 1862. Gullino, Giuseppe: Dandolo, Nicolò. In: Dizionario biografico degli italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia italiana fondata da Giovanni Treccani. Bd. 32. Rom 1986, S. 502–504. Guth, Christine: Portraiture. In: Japan’s Golden Age. Momoyama. Hg. v. Money L. Hickman. New Haven/ London 1996, S. 59–85. Haderkatze. In: Jacob Grimm/ Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Bd. 4/ 2. Leipzig 1877, Sp. 114f. Hadler, Simon: Zugehörigkeit durch Abgrenzung – Der Türke als der Andere Europas. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. Gregor Feindt u. a. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 93–118.

Literaturverzeichnis

667

Hahn, Georg: Der Nachrichtendienst von Pfalz=Neuburg von den Anfängen bis zum Verfall der geschriebenen Zeitung (1544–1637). (Ein Beitrag zur Geschichte der geschriebenen Zeitungen). München 1933. Hall, John W.: Introduction. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. dems. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 1–39. Hall, John W.: The bakuhan System. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. dems. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 128–182. Hamilton, Alastair: Arab Culture and Ottoman Magnificence in Antwerp’s Golden Age. Oxford u. a. 2001. Hamilton, Alastair: Bridge of Knowledge. Western Appreciation of Arab and Islamic Civilization in the Arcadian Library. London/ Oxford 2011. Hampe, Theodor: Die Nürnberger Malefizbücher. Bamberg 1927. Hankins, James: Renaissance Crusaders. Humanist Crusade Literature in the Age of Mehmed II. In: Dumbarton Oaks Papers 49 (1995), S. 111–207. Hanson, Victor D.: Carnage and Culture. Landmark Battles in the Rise of Western Power. New York 2001. Hanß, Stefan: »Bin auff diße Welt gebohren worden«. Geburtsdatierungen in frühneuzeitlichen Selbstzeugnissen. In: Frühe Neue Zeiten. Zeitwissen zwischen Reformation und Revolution. Hg. v. Achim Landwehr (Mainzer Historische Kulturwissenschaften, Bd. 11). Bielefeld 2012, S. 105–153. Hanß, Stefan: »Io ritorno, serenissimo principe dal sultan Solimano […]«. Devs¸irme and Yeñi çeri in a Record of the Venetian Bailo Bernardo Navagero, 1553. In: Eurasian Studies 10 (2012), S. 97–125. Hanß, Stefan: »PER LA FELICE VITTORIA«. Venezianische Reaktionen auf die Seeschlacht von Lepanto (1571). In: Frühneuzeit-Info 22 (2011), H. 1/2, S. 98–111. Hanß, Stefan: »The Catholic Ambassador will sing the Mass«. Ambassadorial Service and Venetian Festivities after the Battle of Lepanto (1571). In: Culture of Politics or Cultural Politics. Ambassadors as Cultural Actors in the Ottoman-European Relations. Hg. v. Michael Hüttler u. Hans E. Weidinger. (Ottoman Empire & European Theatre). (Im Druck). Hanß, Stefan: Baili e ambasciatori. Bayloslar ve Büyükelçiler. In: Il Palazzo di Venezia a Istanbul e i suoi antichi abitanti: I˙stanbul’daki Venedik Sarayı ve Eski Yas¸ayanları. Hg. v. Maria P. Pedani. (Hilâl: studi turchi e ottomani, Bd. 3). Venedig 2013, S. 35–52. Hanß, Stefan: Die materielle Kultur der Seeschlacht von Lepanto (1571). Materialität, Medialität und die historische Produktion eines Ereignisses (Istanbuler Texte und Studien, Bd. 38). Würzburg 2017. Hanß, Stefan: Gefangen und versklavt. Muslimische Sklaven aus der Seeschlacht von Lepanto in Rom. In: Mediterranean Slavery Revisited (500–1800). Neue Perspektiven auf mediterrane Sklaverei (500–1800). Hg. v. dems. u. Juliane Schiel. Zürich 2014, S. 337– 379. Hanß, Stefan: Giorgio del Giglio Pannilini und die Seeschlacht von Lepanto. Rekonversionen, Selbstzeugnisse und Mehrfachzugehörigkeiten im 16. Jahrhundert. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 96 (2016), S. 264–307.

668

Anhang

Hanß, Stefan: Udienza und Divan-ı Hümayun. Venezianisch-osmanische Audienzen des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Die Audienz. Ritualisierter Kulturkontakt in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Peter Burschel u. Christine Vogel. Köln/ Weimar/ Wien 2014, S. 161–220. Haring, Clarence H.: The Spanish Empire in America. New York/ Oxford 1947. Harleß, Woldemar: Wilhelm III. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 43. Leipzig 1898, S. 106– 113. Harms, Wolfgang: Feindbilder im illustrierten Flugblatt der Frühen Neuzeit. In: Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit. Hg. v. Franz Bosbach. (Bayreuther Historisches Kolloquium, Bd. 6). Köln/ Wien/ Weimar 1992, S. 141–173. Harrington, Joel F.: The Faithful Executioner. Life and Death, Honor and Shame in the Turbulent Sixteenth Century. New York 2013. Harris, Max: Aztecs, Moors, and Christians. Festivals of Reconquest in Mexico and Spain. Austin 2000. Hartlaub, Felix: Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto. (Schriften der Kriegsgeschichtlichen Abteilung im Historischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, H. 28). Berlin 1940. Hartmann, Peter C.: Der bayerische Reichskreis im Zeichen konfessioneller Spannungen und türkischer Bedrohung. Die Zeit der letzten Regierungsjahre Herzog Wilhelms V. (1594–1598). In: Zeitschrift bayerische Landesgeschichte 60 (1997), H. 2, S. 599–616. Hathaway, Jane: The Arab Lands uner Ottoman Rule, 1516–1800. Mit Beiträgen v. Karl K. Barbir. Harlow 2008. Haub, Rita: Die Lepanto-Monstranz in Maria de Victoria in Ingolstadt. Würzburg 2008. Hausen, Karin: Die Nicht-Einheit der Geschichte als historiographische Herausforderung. Zur historischen Relevanz und Anstößigkeit der Geschlechtergeschichte. In: Geschlechtergeschichte und Allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven. Hg. v. Hans Medick u. Anne-Charlott Trepp. (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 5). Göttingen 1998, S. 15–55. Haynes, Alan: The Elizabethan Secret Service. Spies and Spycathers, 1570–1603. Stroud 2000. Hayoun, Maurice-Ruben: La filosofia ebraica. Dall Medioevo all’età contemporanea. Mailand 2009. Heal, Bridget: The Cult of the Virgin Mary in Early Modern Germany. Protestant and Catholic Piety. 1500–1648. (Past and Present Publications). Cambridge u. a. 2007. Heinz, Andreas: »Der Engel des Herrn«. Erlösungsgedächtnis als Volksgebet. In: Heiliger Dienst 33 (1979), S. 51–58. Heinz, Andreas: Rosenkranz. II. Im Christentum. In: Theologische Realenzyklopädie. Hg. v. Horst Balz u. a. Bd. 29. Berlin/ New York 1998, S. 403–407. Hentig, Hans von: Zur Psychologie der Einzeldelikte. Bd. 3: Der Betrug. Tübingen 1957. Heppner, Harald: Festung und Landschaft im Zeitalter der Türkenkriege. In: Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit und Mythos. Hg. v. Harald Heppner u. Zsuzsa BarbaricsHermanik. (Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte, Bd. 1). Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 175–192.

Literaturverzeichnis

669

Herkenrath, Erland: Bullinger zu Teuerung und Bettel im Jahre 1571. In: Heinrich Bullinger. 1504–1575. Gesammelte Aufsätze zum 400. Todestag. Hg. v. Ulrich Gäbler u. Erland Herkenrath. Bd. 1. Zürich 1975, S. 323–338. Hess, Andrew C.: The Battle of Lepanto and its Place in Mediterranean History. In: Past & Present 57 (1972), S. 53–73. Hess, Andrew C.: The Moriscos. An Ottoman Fifth Column in Sixteenth-Century Spain. In: The American Historical Review 74 (1968), H. 1, S. 1–25. Hibbert, Christopher: The Rise and Fall of the House of Medici. London u. a. 1979. Hickman, Money L.: Introduction. In: Japan’s Golden Age. Momoyama. Hg. v. dems. New Haven/ London 1996, S. 19–56. Hickman, Money L.: Painting. In: Japan’s Golden Age. Momoyama. Hg. v. dems. New Haven/ London 1996, S. 93–179. Hillenbrand, Carole: Turkish Myth and Muslim Symbol. The Battle of Manzikert. Edinburgh 2007. Hillgarth, Jocelyn N.: The Mirror of Spain, 1500–1700. The Formation of a Myth. (History, Languages, and Cultures of the Spanish and Portuguese Worlds). Ann Arbor 2000. Hipfinger, Anita/ Josef Löffler: Fuggerzeitungen. Digitales Bestandsverzeichnis. Wien 2007. URL: http://www.geschichtsforschung.ac.at/ressourcen/die-fuggerzeitungen [Zugriff am: 07. 12. 2009]. Hirschi, Caspar: The Origins of Nationalism. An Alternative History from Ancient Rome to Early Modern Germany. Cambridge u. a. 2012. Höfert, Almut: Den Feind beschreiben. »Türkengefahr« und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450–1600. (Campus Historische Studien, Bd. 35). Frankfurt a. M. u. a. 2003. Höfert, Almut: Ist das Böse schmutzig? Das Osmanische Reich in den Augen europäischer Reisender des 15. und 16. Jahrhunderts. In: Historische Anthropologie 11 (2003), H. 2, S. 176–192. Höfert, Almut: The Order of Things and the Discourse of the Turkish Threat. The Conceptualisation of Islam in the Rise of Occidental Anthropology in the Fifteenth and Sixteenth Centuries. In: Between Europe and Islam. Shaping Modernity in a Transcultural Space. Hg. v. ders. u. Armando Salvatore. (Multiple Europes, Bd. 14). Brüssel u. a. 2000, S. 39–69. Höfert, Almut: Thomas Kaufmann, »Türckenbüchlein«. Zur christlichen Wahrnehmung »türkischer Religion« in Spätmittelalter und Reformation. (Forschungen zur Kirchenund Dogmengeschichte, Bd. 97.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2008. 299 S., € 59,90. In: Historische Zeitschrift 151 (2010), Nr. 290, S. 417–418. Hoffmann, Carl A. u. a. (Hg.): Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden. Regensburg 2005. Hofmann, Siegfried: Geschichte der Stadt Ingolstadt. 1505–1600. Ingolstadt 2006. Hohkamp, Michaela: Herrschaft in der Herrschaft. Die vorderösterreichische Obervogtei Triberg von 1737 bis 1780. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 142). Göttingen 1998. Holt, Mack P.: The French Wars of Religion, 1562–1629. (New Approaches to European History, Bd. 8). Cambridge u. a. 1995.

670

Anhang

Hölzle, Gerhard: »MARIA die Siges=Frau«. Die literarische Marienverehrung in Bayern im Zuge der Lepanto-Schlacht. In: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 36 (2002), S. 530–550. Hopkins, T. C. F.: Confrontation at Lepanto. Christendom vs. Islam. New York 2006. Horodowich, Elizabeth: Civic Identity and the Control of Blasphemy in Sixteenth-Century Venice. In: Past & Present 181 (2003), S. 3–33. Horodowich, Elizabeth: Language and Statecraft in Early Modern Venice. Cambridge u. a. 2011. Horodowich, Elizabeth: The Gossiping Tongue. Oral Networks, Public Life and Political Culture in Early Modern Venice. In: Renaissance Studies 19 (2005), H. 1, S. 22–45. Houben, Hubert (Hg.): La conquista turca di Otranto (1480) tra storia e mito. Atti del convegno internazionale di studio, Otranto-Muro Leccese, 28–31 marzo 2007. Galatina 2008. Howard, Deborah: Cultural Transfer between Venice and the Ottomans in the Fifteenth and Sixteenth Centuries. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Herman Roodenburg. Bd. 4: Forging European Identities, 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 138–177. Howard, Deborah: Power and Practicality at Palmanova. The Role of Marc’Antonio Barbaro. In: Celebrazione e autocritica. La Serenissima e la ricerca dell’identità veneziana nel tardo Cinquecento. Hg. v. Benjamin Paul. (Venetiana, Bd. 14). Venedig 2014, S. 107– 121. Howard, Deborah: Venezia città »orientale«. In: Venezia e l’Islam. 828–1797. Hg. v. Stefano Carboni. Venedig 2007, S. 79–105. Howard, Deborah: Venice and the East. The Impact of the Islamic World on Venetian Architecture. 1100–1500. New Haven u. a. 2000. Howard, Deborah: Venice Disputed. Marc’Antonio Barbaro and Venetian Architecture, 1550–1600. New Haven/ London 2011. Howard, Richard: On Lepanto. In: Cy Twombly: Lepanto. A Painting in Twelve Parts. Hg. v. Bob Monk u. Jennifer Loh. New York 2002, S. 35–40. Huber, Werner: Ercilla y Zúñiga, Alonso de. In: Kinderls Literatur Lexikon. Hg. v. Walter Jens. Bd. 5. München 1989, S. 248–249. Hunt, Lynn (Hg.): The New Cultural History. Berkeley u. a. 1989. Huntington, Samuel P.: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. Hamburg 2007. Husain, Adnan A./ K. E. Fleming (Hg.): A Faithful Sea. The Religious Cultures of the Mediterranean, 1200–1700. Oxford 2007. Hüsing, Augustin: Der Kampf um die katholische Religion im Bisthum Münster, nach Vertreibung der Wiedertäufer 1535–1585. Actenstücke und Erläuterungen. Münster 1883. Husmeier, Gudrun: Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg (1517–1576). Landesherrschaft, Reichspolitik und Niederländischer Aufstand. (Schaumburger Studien, Bd. 60). Bielefeld 2002. Imber, Colin: The Navy of Süleyman the Magnificent. In: Archivum Ottomanicum 6 (1980), S. 211–282. Imber, Colin: The Ottoman Empire, 1300–1650. The Structure of Power. Houndmills, Basingstoke 2002.

Literaturverzeichnis

671

Imber, Colin: The Reconstruction of the Ottoman Fleet after the Battle of Lepanto. In: Ders. (Hg.): Studies in Ottoman History and Law. Istanbul 1996, S. 86–102. Imhaus, Brunehilde: Le minoranze orientali a Venezia. 1300–1510. Rom 1997. I˙nalcık, Halil/ Donald Quataert: An Economic and Social History of the Ottoman Empire. Bd. 1. 5. Aufl. Cambridge 2005. ¯ shik Pasha-Za¯de’s History. In: Studies in Ottoman History in I˙nalcık, Halil: How to Read ʿA Honour of Professor V. L. Ménage. Hg. v. Colin Heywood and Colin Imber. Istanbul 1994, S. 139–156. I˙nalcık, Halil: Lepanto in the Ottoman Documents. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 185–192. I˙nalcık, Halil: Ru¯meli. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Clifford E. Bosworth u. a. Bd. 8. Leiden 1995, S. 607–611. Infelise, Mario: From Merchants’ Letters to Handwritten Political Avvisi. Notes on the Origins of Public Information. In: Cultural Exchange in Early Modern Europe. Hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike Egmond. Bd. 3: Correspondence and Cultural Exchange in Europe. 1400–1700. Cambridge u. a. 2007, S. 33–52. Infelise, Mario: La circolazione dell’informazione commerciale. In: Commercio e cultura mercantile. Hg. v. Franco Franceschi, Richard A. Goldthwaite, Reinhold C. Mueller. (Il Rinascimento italiano e l’Europa, Bd. 4). Vicenza 2007, S. 499–522. Infelise, Mario: Le marché des informations à Venise au XVIIe siècle. In: Gazettes et information politique sous l’Ancien Régime. Hg. v. Henri Duranton u. Pierre Rétat. (Lire le Dix-huitième Siècle). Saint-Étienne 1999, S. 117–128. Infelise, Mario: Prima dei giornali. Alle origini della pubblica informazione (secoli XVI e XVII). (Quadrane Laterza, Bd. 115). Rom/ Bari 2002. Infelise, Mario: Roman Avvisi. Information and Politics in the Seventeenth Century. In: Court and Politics in Papal Rome, 1492–1700. Hg. v. Gianvittorio Signorotto u. Maria A. Visceglia. (Cambridge Studies in Italian History and Culture). Cambridge u. a. 2002, S. 212–228. Infelise, Mario: Sistemi di comunicazione e informazione manoscritta tra ’500 e ’700. In: Scripta volant, verba manent. Schriftkulturen in Europa zwischen 1500 und 1900. Les cultures de l’écrit en Europe entre 1500 et 1900. Hg. v. Alfred Messerli u. Roger Chartier. Basel 2007, S. 15–35. Infelise, Mario: The War, the News and the Curious. Military Gazettes in Italy. In: Politics of Information in Early Modern Europe. Hg. v. Brendan Dooley u. Sabrina A. Baron. (Routledge Studies in Cultural History, Bd. 1). London/ New York 2001, S. 216–236. Inkpen, Rob/ Peter Collier/ Mark Riley: Topographic Relations. Developing a Heuristic Device for Conceptualising Network Relations. In: Area 39 (2007), H. 4, S. 536–543. Jacoby, David: I greci e altre comunità tra Venezia e oltremare. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 41–82. Jaeger, Friedrich/ Jörn Rüsen: Geschichte des Historismus. Eine Einführung. München 1992. James, Allison/ Jenny Hockey/ Andrew Dawson (Hg.): After Writing Culture. Epistemology and Praxis in Contemporary Anthropology. (ASA Monographs, Bd. 34). London 1997.

672

Anhang

Jancke, Gabriele/ Claudia Ulbrich: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung. In: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung. Hg. v. dens. (Querelles. Jahrbuch für Frauen- und Geschlechterforschung, Bd. 10). Göttingen 2005, S. 7–27. Jancke, Gabriele/ Daniel Schläppi: Ökonomie sozialer Beziehungen. Wie Gruppen in frühneuzeitlichen Gesellschaften Ressourcen bewirtschafteten. In: L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft 22 (2011), H. 1, S. 85–97. Jancke, Gabriele: Autobiographie als soziale Praxis. Beziehungskonzepte in Selbstzeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 10). Köln/ Weimar/ Wien 2002. Jardine, Lisa/ Jerry Brotton: Global Interests. Renaissance Art Between East and West. London 2000. Jardine, Lisa: Worldly Goods. A New History of the Renaissance. London u. a. 1997. Jedin, Hubert: Papst Pius V., die Heilige Liga und der Kreuzzugsgedanke. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. Florenz 1974, S. 191–213. Johnson, Carina L.: Cultural Hierarchy in Sixteenth-Century Europe. The Ottomans and Mexicans. Cambridge u. a. 2011. Johnson, Eugene J.: Jacopo Sansovino, Giacomo Torelli, and the Theatricality of the Piazzetta in Venice. In: Journal of the Society of Architectural Historians 59 (2000), H. 4, S. 436–453. Jones, Emrys: Othello, Lepanto and the Cyprus Wars. In: Aspects of Othello. Articles reprinted from Shakespeare Survey. Hg. v. Kenneth Muir u. Philip Edwards. Cambridge 1977, S. 61–66. Jones, Oakah L. Jr.: Nueva Vizcaya. Heartland of the Spanish Frontier. Albuquerque 1988. Jordan, R.: Der Kurfürstentag zu Mühlhausen 1572. In: Mühlhäuser Geschichtsblätter. Zeitschrift des Altertumsvereins für Mühlhausen i. Thür. und Umgegend 5 (1904/1905), S. 1–5. Kafadar, Cemal: A Death in Venice (1575). Anatolian Muslim Merchants Trading in the Serenissima. In: Journal of Turkish Studies 10 (1986), S. 191–218. Kafadar, Cemal: Between Two Worlds. The Construction of the Ottoman State. Berkeley/ Los Angeles 1995. Karatas¸, Ahmet: Bir I˙nebahtı Gâzisinin Esâret Hâtıraları. Sergüzes¸tnâme-i Hindî Mahmûd. In: Osmanlı Aras¸tırmaları. The Journal of Ottoman Studies 37 (2011), S. 17–48. Karttunen, Frances E.: An Analytical Dictionary of Nahuatl. Austin, Texas 1983. Katritzky, Margret A.: The Art of Commedia. A Study in the Commedia dell’Arte 1560–1620 with Special Reference to the Visual Records. (Internationale Forschungen zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, Bd. 100). Amsterdam/ New York 2006. Kaufmann, David: Die Vertreibung der Marranen aus Venedig im Jahre 1550. In: The Jewish Quarterly Review 13 (1901), H. 3, S. 520–532. Kaufmann, Thomas: »Türckenbüchlein«. Zur christlichen Wahrnehmung »türkischer Religion« in Spätmittelalter und Reformation. (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 97). Göttingen 2008.

Literaturverzeichnis

673

Kellenbenz, Hermann/ Hans Wager: Harrach, Grafen v. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 7. Berlin 1966, S. 697–700. Kess, Alexandra: Heinrich Bullinger’s Correspondence. A Brief Insight into a Long Story. In: Reformation Sources. The Letters of Wolfgang Capito and His Fellow Reformers in Alsace and Switzerland. Hg. v. Erika Rummel u. Milton Kooistra. Toronto 2007, S. 131– 145. Kieser, Clemens: Die Memorialmonstranzen von Ingolstadt und Klosterneuburg. Studien zur Ikonologie der barocken Goldschmiedekunst. Heidelberg 2006. Kinsbruner, Jay: The Colonial Spanish-American City. Urban Life in the Age of Atlantic Capitalism. Austin 2005. Kissling, Hans J.: Türkenfurcht und Türkenhoffnung im 15./16. Jahrhundert. Zur Geschichte eines »Komplexes«. In: Südost-Forschungen 23 (1964), S. 1–18. Klaniczay, Tibor: A Bibliotheca Zriniana története és állománya. History and Stock of the Bibliotheca Zriniana. Budapest u. a. 1991. Kleinpaul, Johannes: Das Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten im 16. und 17. Jahrhundert. Leipzig 1930. Kleinpaul, Johannes: Zeitungskunde. Leipzig 1928. Kleiser, Alfons: Doña Gracia Hosokawa. Ihre Bekehrungsgeschiche nach einem Originalbericht des P. Antonio Prenestino. In: Monumena Nipponica 2 (1939), H. 2, S. 609–616. Kloosterhuis, Elisabeth M.: Erasmusjünger als politische Reformer. Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. (Rheinisches Archiv, Bd. 148). Köln/ Weimar/ Wien 2006. Kohl, Wilhelm: Das Domstift St. Paulus zu Münster. (Das Bistum Münster, Bd. 4/ Germania sacra. Neue Folge, Bd. 17,1). New York 1987. Kohler, Alfred: Karl V. 1500–1558. Eine Biographie. 3. Aufl. München 2005. Köhler, Esther-Beate: Der soziale Ort des Briefs im 16. Jahrhundert. In: Gespräche – Boten – Briefe. Körpergedächtnis und Schriftgedächtnis im Mittelalter. Hg. v. Horst Wenzel. (Philologische Studien und Quellen, H. 143). Berlin 1997, S. 244–258. Koller, Alexander (Hg.): Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung. (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Bd. 87). Tübingen 1998. Koller, Alexander: Imperator und Pontifex. Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555–1648). (Geschichte in der Epoche Karls V., Bd. 13). Münster 2012. Koller, Alexander: Traiano Mario, seine Gehimmission nach Graz und Prag und der gescheiterte antiosmanische Liga-Plan Gregors XIII. von 1579. In: Päpste, Privilegien, Provinzen, Festschrift für Werner Maleczek zum 65. Geburtstag. Hg. v. Johannes Gießauf, Martin Schennach u. Rainer Murauer. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 55). Wien 2010, S. 197–212. Konstam, Angus: Lepanto 1571. The Greatest Naval Battle of the Renaissance. (Osprey Military Campaign Series, Bd. 114). Oxford 2003. Koselleck, Reinhart: Vergangene Zukunft in der frühen Neuzeit. In: Ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a. M. 1989, S. 17–37. Koselleck, Reinhart: Zeitschichten. Studien zur Historik. Frankfurt a. M. 2003.

674

Anhang

Krawatzek, Félix/ Rieke Trimçev: Eine Kritik des Gedächtnisbegriffes als soziale Kategorie. In: Jahrbuch für Politik und Geschichte 4 (2013), S. 159–176. Kreutel, Richard F.: Osmanisch-türkische Chrestomathie. (Porta linguarum orientalum. Neue Serie, Bd. 7). Wiesbaden 1965. Kruse, Petra (Hg.): Hochrenaissance im Vatikan. Kunst und Kultur im Rom der Päpste. 1503–1534. Bonn 1999. Lahrkamp, Helmut: Rückwirkungen der Türkenkriege auf Münster. 1560–1685. In: Westfälische Zeitschrift. Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 129 (1979), S. 89–108. Landwehr, Achim: Die Kunst, sich nicht allzu sicher zu sein. Möglichkeiten kritischer Geschichtsschreibung. In: WerkstattGeschichte Nr. 61 (2013), S. 3–10. Laven, Mary: Mission to China. Matteo Ricci and the Jesuit Encounter with the East. London 2012. Layton, Evro: The Sixteenth Century Greek Book in Italy. Printers and Publishers for the Greek World. (Library of the Hellenic Institute of Byzantine and Post-Byzantine Studies, Bd. 16). Venedig 1994. Le Roy Ladurie, Emmanuel: Événement et longue durée dans l’histoire sociale. L’exemple chouan. In: Communications 18 (1972), S. 72–84. Le Roy Ladurie, Emmanuel: Le territoire de l’historien. Paris 1973. Le Roy Ladurie, Emmanuel: Montaillou, village occitan de 1294 à 1324. Paris 1975. Lemaitre, Nicole: Saint Pie V. Paris 1994. León-Portilla, Miguel: La embajada de los japoneses en Mexico, 1614. El testimonio en Nahuatl del cronista Chimalpahin. In: Estudios de Asia y Africa 16 (1981), H. 2, S. 215– 241. Lesure, Michel: Lépante. La crise de l’empire ottoman. Paris 1972. Levi, Giovanni: L’eredità immateriale. Carriera di un esorcista nel Piemonte del Seicento. Turin 1985. Levin, Michael J.: Agents of Empire. Spanish Ambassadors in Sixteenth-Century Italy. Ithaca/ London 2005. Levin, Michael J.: Diego Guzmán de Silva and Sixteenth-Century Venice. A Case Study in Structural Intelligence Failure. In: The Dangerous Trade. Spies, Spymasters and the Making of Europe. Hg. v. Daniel Szechi. Dundee 2010, S. 22–44. Lewis, Bernard: The Muslim Discovery of Europe. New York/ London 2001 [1981]. Lidin, Olof G.: Tanegashima. The Arrival of Europe in Japan. Kopenhagen 2002. Lieberman, Ralph: Real Architecture, Imaginary History. The Arsenal Gate as Venetian Mythology. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 54 (1991), S. 117–126. Lochner, Georg W. K.: Zur Sittengeschichte von Nürnberg in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. In: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Bilder und Züge aus dem Leben des deutschen Volkes 1 (1856), S. 221–236. Loh, Joseph F.: When Worlds Collide. Art, Cartography, and Japanese Nanban World Map Screens. PhD thesis, Columbia University. New York 2013. Lopes Don, Patricia: Carnivals, Triumphs, and Rain Gods in the New World. A Civic Festival in the City of México-Tenochtitlán in 1539. In: Colonial Latin American Review 6 (1997), H. 1, S. 17–40.

Literaturverzeichnis

675

Lowe, Kate: Elections of Abbesses and Notions of Identity in Fifteenth- and SixteenthCentury Italy, with Special Reference to Venice. In: Renaissance Quarterly 54 (2001), H. 2, S. 389–429. Lüdtke, Alf: Einleitung. Was ist und wer treibt Alltagsgeschichte? In: Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen. Hg. v. dems. Frankfurt a. M./ New York 1989, S. 9–47. Ludwig, Ferdinand: Spanische Galeere »Maria von Castilien«. Lepanto 1571. Eine europäische Entscheidung. Bearb. v. Uwe Greve. Hamburg 1999. Luttenberger, Albrecht P.: Kurfürsten, Kaiser und Reich. Politische Führung und Friedenssicherung unter Ferdinand I. und Maximilian II. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abt. Universalgeschichte, Bd. 12/ Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 12). Mainz 1994. Maasburg, Michael F. von: Die Galeerenstrafe in den deutschen und böhmischen Erblanden Österreichs. Ein Beitrag zur Geschichte der heimischen Strafrechtspflege. Wien 1885. Mack-Andrick, Jessica: Pietro Tacca. Hofbildhauer der Medici (1577–1640). Politische Funktion und Ikonographie des frühabsolutistischen Herrscherdenkmals unter den Großherzögen Ferdinando I., Cosimo II. und Ferdinando II. Weimar 2005. MacLean, Gerald/ William Dalrymple (Hg.): Re-Orienting the Renaissance. Cultural Exchanges with the East. Houndmills, Basingstoke 2005. MacLean, Gerald: Looking East. English Writing and the Ottoman Empire Before 1800. Basingstoke 2005. Magazin Estafeta literaria. Revista quincenal de libros, artes y espectáculos Nr. 477 (1971). Magdaleno, Ricardo: Papeles de Estado Sicilia. Virreinato Español. (Catalogo XIX del Archivo de Simancas). Valladolid 1951. Magno, Alessandro M.: Bound in Venice. The Serene Republic and the Dawn of the Book. New York 2013. Malcolm, Noel: Agents of Empire. Knights, Corsairs, Jesuits and Spies in the SixteenthCentury Mediterranean World. London 2015. Malcolm, Noel: Positive Views of Islam and of Ottoman Rule in the Sixteenth Century. The Case of Jean Bodin. In: The Renaissance and the Ottoman World. Hg. v. Anna Contadini u. Claire Norton. Farnham/ Burkington, Vermont 2013, S. 198–218. Malettke, Klaus: Die Vorstöße der Osmanen im 16. Jahrhundert aus französischer Sicht. In: Europa und die Türken in der Renaissance. Hg. v. Bodo Guthmüller u. Wilhelm Kühlmann. (Frühe Neuzeit. Bd. 54). Tübingen 2000, S. 373–394. Maltby, William S.: The Rise and Fall of the Spanish Empire. Basingstoke 2009. Mammana, Simona: Lèpanto. Rime per la vittoria sul Turco. Regesto (1571–1573) e studio critico. (Studi e testi. Serie di Filologia e Letteratura, Bd. 33). Rom 2007. Manoussacas, Manoussos: Lepanto e i Greci. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 215–241. ˇ a¯’u¯sh. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Charles Mantran, Robert: C Pellat u. a. Bd. 2. Leiden 1965, S. 16–17. Mantran, Robert: L’écho de la Bataille de Lépante à Constantinople. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 243–256.

676

Anhang

March, José M.: El Comendador Mayor de Castilla. Don Luis de Requeséns en el gobierno de Milán. 1571–1573. Estudio y narración documentada de fuentes inéditas. Madrid 1943. Marchand, Suzanne L.: German Orientalism in the Age of Empire. Religion, Race, and Scholarship. Cambridge u. a. 2010. Martin, Craig: Renaissance Meteorology. Pomponazzi to Descartes. Baltimore 2011. Martínez Baracs, Rodrigo: El Diario de Chimalpáhin. In: Estudios de cultura náhuatl 38 (2007), S. 283–312. Martínez y Martínez, Francisco: Fiestas en Valencia con motivo de la victoria de Lepanto. In: Estudios eruditos in memoriam de Adolfo Bonilla y San Martín (1875–1926). Mit einem Vorwort v. Jacinto Benavente. Hg. v. d. Facultad de Filosofía y Letras de la Universidad Central. Bd. 2. Madrid 1930, S. 163–175. Mas, Albert: Les turcs dans la littérature espagnole du Siècle d’or. Recherches sur l’évolution d’un thème littéraire. (Thèses, mémoires et travaux, Bd. 9). 2 Bde. Paris 1967. Masferré, Eduardo: A Tribute to the Philippine Cordillera. Makati City 1999. Masters, Bruce: Christians and Jews in the Ottoman Arab World. The Roots of Sectarianism. (Cambridge Studies in Islamic Civilization). Cambridge u. a. 2001. Matar, Nabil I.: Islam in Britain, 1558–1685. Cambridge u. a. 1998. Matsuda, Kiichi: Armaduras japonesas en la Real Armería de Madrid. In: Monumenta Nipponica 16 (1960), H. 3/4, S. 395–401. Matsunosuke, Nishiyama: Edo Culture. Daily Life and Diversions in Urban Japan, 1600– 1868. Honolulu 1997. Matuz, Josef: Das Kanzleiwesen Sultan Süleyma¯ns des Prächtigen. Wiesbaden 1974. Mauelshagen, Franz: Netzwerke des Nachrichtenaustauschs. Für einen Paradigmenwechsel in der Erforschung der ›neuen Zeitungen‹. In: Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Johannes Burkhardt u. Christine Werkstetter. (Historische Zeitschrift. Beihefte N. F., Bd. 41). München 2005, S. 409–425. Mauelshagen, Franz: Verbreitung von Wundernachrichten als christliche Pflicht. Das Weltbild legitimiert das Medium. In: Medien und Weltbilder im Wandel der Frühen Neuzeit. Hg. v. dems. u. Benedikt Mauer. (Documenta Augustana, Bd. 5). Augsburg 2000, S. 133–154. Mauelshagen, Franz: Wunderkammer auf Papier. Die »Wickiana« zwischen Reformation und Volksglaube. (Frühneuzeit-Forschungen, Bd. 15). Epfendorf a. Neckar 2011. McDermott, James: England and the Spanish Armada. A Necessary Quarrell. New Haven/ London 2005. Medick, Hans/ Benigna von Krusenstjern: Einleitung. Die Nähe und Ferne des Dreißigjährigen Krieges. In: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe. Hg. v. dens. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 148). Göttingen 1999, S. 13–36. Medick, Hans: Historisches Ereignis und zeitgenössische Erfahrung. Die Eroberung und Zerstörung Magdeburgs 1631. In: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe. Hg. v. Benigna von Krusenstjern u. Hans Medick. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 148). 2. Aufl. Göttingen 2001, S. 377–407. Medick, Hans: Quo vadis Historische Anthropologie? Geschichtsforschung zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Mikro-Historie. In: Historische Anthropologie 9 (2001), H. 1, S. 78–92.

Literaturverzeichnis

677

Medick, Hans: Sondershausen als »Schindershausen«. Selbstverortungen und Wahrnehmungshorizonte der Gewalt in Volkmar Happes Chronicon Thuringiae aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: Räume des Selbst. Selbstzeugnisforschung transkulturell. Hg. v. Andreas Bähr, Peter Burschel u. Gabriele Jancke. (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 19). Köln/ Weimar/ Wien 2007, S. 173–185. Medick, Hans: The Thirty Years’ War as Experience and Memory. Contemporary Perceptions of a Macro-Historical Event. In: Enduring Loss in Early Modern Germany. Cross Disciplinary Perspectives. Hg. v. Lynne Tatlock. (Studies in Central European Histories, Bd. 50). Leiden/ Boston 2010, S. 25–49. Medick, Hans: Wallensteins Tod. Auf den medialen Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Krieges. In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit 37 (2008), H. 1/2, S. 111–130. Medick, Hans: Weben und Überleben in Laichingen. 1650–1900. Lokalgeschichte als Allgemeine Geschichte. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 126). 2. Aufl. Göttingen 1997. Mehler, Daniela: Srebrenica und das Problem der einen Wahrheit. In: Europäische Erinnerung als verflochtene Erinnerung. Vielstimmige und vielschichtige Vergangenheitsdeutungen jenseits der Nation. Hg. v. Gregor Feindt u. a. (Formen der Erinnerung, Bd. 55). Göttingen 2014, S. 205–234. Mejías López, William: Las ideas de la guerra justa en Ercilla y en La Araucana. Santiago de Chile 1992. Melamed, Abrahàm: Jethro’s Advice in Medieval and Early Modern Jewish and Christian Political Thought. In: Jewish Political Studies Review 2 (1990), S. 3–41. Melamed, Abrahàm: The Myth of Venice in Italian Renaissance Jewish Thought. In: Italia Judaica. Atti del I convegno internazionale, Bari, 18–22 maggio 1981. Hg. v. Ministero per i Beni Culturali e Ambientali. Rom 1983, S. 401–413. Melvin, Karen: Building Colonial Cities of God. Mendicant Orders and Urban Culture in New Spain. Stanford, California 2012. Merlotti, Andrea: Leinì (Leynì), Andrea Provana. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 64. Rom 2005, S. 319–324. Merlotti, Andrea: Un sistema degli onori europea per Casa Savoia? I primi anni dell’Ordine dei santi Maurizio e Lazzaro (1573–1604). In: Rivista storica italiana 114 (2002), H. 2, S. 477–514. Mertens, F. H./K. L. Torfs: Geschiedenis van Antwerpen sedert de stichting der stad tot onze tyden. T. 5. Antwerpen 1840. Meserve, Margaret: Empires of Islam in Renaissance Historical Thought. (Harvard Historical Studies, Bd. 158). Cambridge, Massachusetts u. a. 2008. Mezger, G.: Wolf: Hieronymus W. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 43. Leipzig 1898, S. 755–757. Mikhail, Alan: The Animal in Ottoman Egypt. Oxford u. a. 2014. Mínguez, Víctor: Iconografía de Lepanto. Arte, propaganda y representación simbólica de una monarquía universal y católica. In: Obradoiro de Historia Moderna 20 (2011), S. 251–280. Mitchelhill, Jennifer: Castles of the Samurai. Power and Beauty. New York 2013.

678

Anhang

Molmenti, Pompeo: La battaglia di Lepanto nell’arte, nella poesia, nella storia. In: Rivista Marittima 31 (1898), S. 221–226. Momina, Maja A./ Nikolaos H. Trunte (Hg.): Triodion und Pentekostarion nach slavischen Handschriften des 11.–14. Jahrhunderts. Teil I: Vorfastenzeit. (Abhandlungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 110/ Patristica Slavica, Bd. 11). Paderborn 2004. Mondfeld, Wolfram zu: Der sinkende Halbmond. Die Seeschlacht von Lepanto im Jahre 1571. Vorbereitungen, Schlachtgeschehen, Auswirkungen. Würzburg 1973. Monter, Edward W.: Calvin’s Geneva. (New Dimensions in History. Historical Cities). New York u. a. 1967. Moretti, Silvia: Gli albanesi a Venezia tra XIV e XVI secolo. In: La città italiana e i luoghi degli stranieri. XIV–XVIII secolo. Hg. v. Donatella Calabi u. Paola Lanaro. (Biblioteca di cultura moderna, Bd. 1141). Rom/ Bari 1998, S. 5–20. Morin, Edgar: Le retour de l’événement. In: Communications 18 (1972), S. 6–20. Moschonas, Nikolaos G.: La comunità greca di Venezia. Aspetti sociali ed economici. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 221–242. Muir, Edward: Civic Ritual in Renaissance Venice. Princeton 1981. Muir, Edward: The Idea of Community in Renaissance Italy. In: Renaissance Quarterly 55 (2002), H. 1, S. 1–19. Mulcahy, Rosemarie: Celebrar o no celebrar: Felipe II y las representaciones de la Batalla de Lepanto. In: Reales Sitios 43 (2006), N. 168, S. 2–15. Mulsow, Martin: Socinianism, Islam and the Radical Uses of Arabic Scholarship. El socinianismo, el islam y los usos radicales de la erudición árabe. In: Al-Qantara 31 (2010), ˙ H. 2, S. 549–586. Murase, Miyeko: Masterpieces of Japanese Screen Painting. The American Collections. New York 1990. Murry, Gregory: The Medicean Succession. Monarchy and Sacral Politics in Ducke Cosimo dei Medici’s Florence. (I Tatti Studies in Italian Renaissance History). Cambridge, Mass. 2014. Musi, Aurelio: Alle origini di una nazione. Antispagnolismo e identità italiana. Mailand 2003. Nadin, Lucia: Migrazioni e integrazione. Il caso degli albanesi a Venezia (1479–1552). (Contesti adriatici, Bd. 1). Rom 2008. Nadwornicek, Franziska: Pfalz-Neuburg. In: Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500–1650. Hg. v. Anton Schindlin u. Walter Ziegler. Bd. 1. (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung, Bd. 49). 2. Aufl. Münster 1989, S. 44–55. Nanz, Tobias/ Johannes Pause: Politiken des Ereignisses. Einleitung. In: Dies. (Hg.): Politiken des Ereignisses. Mediale Formierung von Vergangenheit und Zukunft. Bielefeld 2015, S. 7–32. Naohiro, Asao: The Sixteenth-Century Unification. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 40–95. Narayana Rao, Velcheru/ David Shulman/ Sanjay Subrahmanyam: Textures of Time. Writing History in South India, 1600–1800. Neu Delhi 2001.

Literaturverzeichnis

679

Naujoks, Eberhard: Vorstufen der Parität in der Verfassungsgeschichte der schwäbischen Reichsstädte (1555–1648). Das Beispiel Augsburgs. In: Bürgerschaft und Kirche. Hg. v. Jürgen Sydow. (Stadt in der Geschichte, Bd. 7/ Südwestdeutscher Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, Bd. 17). Sigmaringen 1980, S. 38–66. Naumann-Unverhau, Claudia: Die Aufnahme türkischer Kaufleute bei Senat und Bevölkerung Venedigs. In: Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Hg. v. Odilo Engels und Peter Schreiner. Sigmaringen 1993, S. 157–166. Necipog˘lu, Gülru: Süleyman the Magnificent and the Representation of Power in the Context of Ottoman-Hapsburg-Papal Rivalry. In: The Art Bulletin 71 (1989), H. 3, S. 401–427. Neck, Rudolf (Hg.): Österreich und die Osmanen. Gemeinsame Ausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek und des Österreichischen Staatsarchivs. Wien 1983. Neu, Peter: Manderscheid. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 16. Berlin 1990, S. 13–16. Neuhaus, Helmut: »Supplizieren und Wassertrinken sind jedem gestattet«. Über den Zugang des Einzelnen zum frühneuzeitlichen Ständestaat. In: Staat – Souveränität – Verfassung. Festschrift für Helmut Quaritsch zum 70. Geburtstag. Hg. v. Dietrich Murswiek. (Schriften zum öffentlichen Recht, Bd. 814). Berlin 2000, S. 475–492. Neuhaus, Helmut: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert. Reichstag – Reichskreistag – Reichsdeputationstag. (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 33). Berlin 1982. Newson, Linda A.: Conquest and Pestilence in the Early Spanish Philippines. Honolulu 2009. Nicklas, Thomas: Schwendi, Lazarus von, Ritter, Freiherr von Hohenlandsberg. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 24. Berlin 2010, S. 65–66. Nicolai, Fausto: Pittura di storia e nascita di un mito. Il Trionfo di Marcantonio Colonna nella fortezza di Paliano. In: Arte e committenza nel Lazio nell’età di Cesare Baronio. Hg. v. Patrizia Tosini. Rom 2009, S. 267–292. Nicolopulos, James: The Poetics of Empire in the Indies. Prophecy and Imitation in La Araucana and Os Lusíadas. (Studies in Romance Literatures). University Park, Pennsylvania 2000. Niehans, Max: Die Bullinger-Briefsammlung. In: Zwingliana 8 (1944), H. 1, S. 141–167. Nocera, Immacolata di: Lepanto. La preparazione di un grande evento. In: Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Hg. v. Archivio di Stato di Napoli. Neapel 1998, S. 56–63. Nora, Pierre: Le retour de l’événement. In: Faire de l’histoire. Nouveaux problèmes. Hg. v. Jacques Le Goff u. Pierre Nora. Bd. 1. Paris 1974, S. 210–228. Notizen. In: Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale. N. F. 19 (1893), S. 185–198. Nubola, Cecilia/ Andreas Würgler (Hg.): Bittschriften und Gravamina. Politik, Verwaltung und Justiz in Europa. 14.–18. Jahrhundert. Berlin 2005. Nuttall, Zelia: Ancient Mexican Feather Work at the Columbian Historical Exposition at Madrid. Washington 1895. O’Malley, Michelle/ Evelyn Welch (Hg.): The Material Renaissance. Manchester u. a. 2007.

680

Anhang

O’Reilly, William: Turks and Indians on the Margins of Europe. In: Belleten 65 (2001), S. 243–256. Oberhuber, Konrad: Raffael. Das malerische Werk, München 1999. Obeyesekere, Gananath: The Apotheosis of Captain Cook. European Mythmaking in the Pacific. Princeton 1992. Olivari, Michele: Avisos, pasquines y rumores. Los comienzos de la opinión pública en la España del siglo XVII. (Historia. Serie menor). Madrid 2014. Olivari, Michele: Los discursos festivos en Barcelona tras la Batalla de Lepanto. Alcance e implicaciones de un gran acontecimiento sentimental. In: Historia social Nr. 74 (2012), S. 145–166. Olivieri, Achille: Il medico ebreo nella Venezia del Quattrocento e Cinquecento. In: Gli Ebrei e Venezia. Secoli XIV–XVIII. Hg. v. Gaetano Cozzi. Mailand 1987, S. 449–468. Olivieri, Achille: Il significativo escatologico di Lepanto nella storia religiosa del Mediterranea del Cinquecento. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 257–278. Osamu, Wakita: The Social and Economic Consequences of Unification. In: The Cambridge History of Japan. Bd. 4: Early Modern Japan. Hg. v. John W. Hall. 2. Aufl. Cambridge u. a. 1994, S. 96–127. Pallucchini, Anna: Echi della battaglia di Lepanto nella pittura veneziana del ’500. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 279–287. Pamuk, S¸evket: A Monetary History of the Ottoman Empire. Cambridge u. a. 2004. Panella, Antonio: Archivio Mediceo del Principato. Inventario Sommario. (Ministero dell’interno. Pubblicazioni degli Archivi di Stato, Bd. 1). Rom 1966. Panikkar, Kandiyur N./ Terence J. Byres/ Utsa Patnaik (Hg.): The Making of History. Essays presented to Irfan Habib. (Anthem South Asian Studies). London 2002. Panzer, Marita A.: Don Juan de Austria (1547–1578). Karriere eines Bastards. Regensburg 2004. Papatheodorou, George u. a.: The Battle of Lepanto Search and Survey Mission (Greece), 1971–72, by Throckmorton, Edgerton and Yalouris. Following their Traces 36 Years Later. In: 9th Symposium on Oceanography & Fisheries. Hg. v. Hellenic Centre for Marine Research. Bd. 1. Athen 2009, S. 134–139. Paris, Erato: La genèse intellectuelle de l’œuvre de Fernand Braudel. La Méditerranée et le Monde Méditerranéen à l’époque de Philippe II (1923–1947). Vorwort v. Emmanuel Le Roy Ladurie. Athen 1999. Parker, Charles H.: Global Interactions in the Early Modern Age. Cambridge u. a. 2010. Parker, Geoffrey/ I. A. A. Thompson: The Battle of Lepanto, 1571. The Costs of Victory. In: I. A. A. Thompson: War and Society in Habsburg Spain. Selected Essays. Aldershot 1992, S. (I)13–21. Parker, Geoffrey: The World Is Not Enough. The Imperial Vision of Philip II of Spain. Waco, Texas 2001. Parry, John H.: The Audiencia of New Galicia in the Sixteenth Century. A Study in Spanish Colonial Government. Cambridge 1948. Paul, Benjamin: Identità e alterità nella pittura veneziana al tempo della battaglia di Lepanto. In: Venezia Cinquecento 29 (2005), S. 155–187. Payne, Stanley G.: The Franco Regime, 1936–1975. Madison, Wisconsin/ London 1987.

Literaturverzeichnis

681

Pedani, Maria P.: Between Diplomacy and Trade. Ottoman Merchants in Venice. In: Merchants in the Ottoman Empire. Hg. v. Suraiya Faroqhi u. Gilles Veinstein. (Collection Turcica, Bd. 15). Paris/ Louvain/ Dudley 2008, S. 3–21. Pedani, Maria P.: Venezia porta d’Oriente. Bologna 2010. Pedani-Fabris, Maria P.: In nome del Gran Signore. Inviati ottomani a Venezia dalla caduta di Costantinopoli alla guerra di Candia. (Deputazione di storia patria per le Venezie. Miscellanea di studi e memoria, Bd. 30). Venedig 1994. Petacco, Arrigo: La croce e la mezzaluna. Lepanto 7 ottobre 1571. Quando la cristianità respinse l’islam. Mailand 2005. Petritsch, Ernst D.: Angst als politisches Instrument der Osmanen? In: Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit und Mythos. Hg. v. Harald Heppner u. Zsuzsa BarbaricsHermanik. (Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte, Bd. 1). Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 15–41. Pettegree, Andrew: The Book in the Renaissance. New Haven/ London 2011. Pettegree, Andrew: The Invention of News. How the World Came to Know About Itself. New Haven/ London 2014. Pfister, Rudolf: Bullinger, Johann Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 3. Berlin 1957, S. 12–13. Philipp, Marion: Ehrenpforten für Kaiser Karl V. Festdekorationen als Medien politischer Kommunikation. (Kunstgeschichte, Bd. 90). Münster 2011. Philips, Ruth B.: Materiality and Cultural Translation. Indigenous Arts, Colonial Exchange, and Postcolonial Perspectives. In: Cultural Histories of the Material World. Hg. v. Peter N. Miller. (The Bard Graduate Center Cultural Histories of the Material World). Ann Arbor 2013, S. 135–143. Phillips, Quitman E.: The Practices of Painting in Japan, 1475–1500. Stanford, Kalifornien 2000. Pieper, Renate: Die Vermittlung einer neuen Welt. Amerika im Nachrichtennetz des Habsburgischen Imperiums. 1493–1598. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte, Bd. 163). Mainz 2000. Pieper, Renate: Informationszentren im Vergleich. Die Stellung Venedigs und Antwerpens im 16. Jahrhundert. In: Kommunikationsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts. Hg. v. Michael North. (Wirtschafts- und sozialhistorische Studien, Bd. 3). Köln/ Weimar/ Wien 2001, S. 45–60. Pierce, Frank: Alonso de Ercilla y Zúñiga. (Biblioteca Hispanoamericana y española de Amsterdam, Bd. 4). Amsterdam 1984. Pierozzi, Letizia: La vittoria di Lepanto nell’escatologia e nell profezia. In: Rinascimento S. S. 34 (1994), S. 317–363. Pierson, Peter: Lepanto, Battle of. In: Encyclopedia of the Renaissance. Hg. v. Paul F. Grendler. Bd. 3. New York 1999, S. 413–415. Pietromarchi, Antonello: Alessandro Farnese. L’eroe italiano delle Fiandre. (Le storie della storia, Bd. 13). Rom 1998. Pigaillem, Henri: La bataille de Lépante (1571). Paris 2003. Ploumidis, Georghios: Le tipografie greche di Venezia. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 365–379.

682

Anhang

Pollard, J. Graham: Medaglie italiane del Rinascimento nel Museo Nazionale de Bargello. 3 Bde. Florenz 1984–1985. Pölnitz, Götz von: Die Fugger. 6. Aufl. Tübingen 1999. Porfyriou, Heleni: La presenza greca. Roma e Venezia tra XV e XVI secolo. In: La città italiana e i luoghi degli stranieri. XIV–XVIII secolo. Hg. v. Donatella Calabi u. Paola Lanaro. (Biblioteca di cultura moderna, Bd. 1141). Rom/ Bari 1998, S. 21–38. Porras Muñoz, Guillermo: Iglesia y estado en Nueva Vizcaya (1562–1821). (Instituto de investigaciones jurídicas. Serie C: Estudios históricos, Bd. 7). 2. Aufl. Mexiko-Stadt 1980. Posch, Andreas/ Heinrich Schauerte: Türkenkriege. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Hg. v. Josef Höfer u. Karl Rahner. Bd. 10. 2., völlig neu bearb. Aufl. Freiburg 1965, Sp. 409–411. Powell, Philip W.: Soldiers, Indians & Silver. The Northward Advance of New Spain, 1550– 1600. Berkeley/ Los Angeles 1952. Praga, Giuseppe: History of Dalmatia. Pisa 1993. Prazˇáková, Katerˇina: Das kommunikative Bild Ostmitteleuropas und des osmanischen Reichs in der Zeitungssammlung der letzten Rosenberger. In: Frühneuzeit-Info 21 (2010), H. 1/2, S. 180–197. Preto, Paolo: I servizi segreti di Venezia. (La cultura. Saggi, Bd. 499). Mailand 1994. Preto, Paolo: Venezia e i turchi. (Pubblicazioni della Facoltà di magistero dell’università di Padova, Bd. 20). Florenz 1975. Prieto, Andrés I.: El segundo Carlomagno. Las visiones proféticas de San Quintín y Lepanto en La Araucana de Ercilla. In: Hispanófila. Ensayos de literatura 140 (2004), S. 81–99. Proust, Jacques: Europe Through the Prism of Japan. Sixteenth to Eighteenth Centuries. Notre Dame, Indiana 1997. Pullan, Brian: »A Ship with two Rudders«. »Righetto Marrano« and the Inquisition of Venice. In: The Historical Journal 20 (1977), H. 1, S. 25–58. Pullan, Brian: Jewish Banks and Monti di Pietà. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/ London 2001, S. 53–72. Pullan, Brian: Rich and Poor in Renaissance Venice. The Social Institutions of a Catholic State, to 1620. Oxford 1971. Pullan, Brian: The Jews of Europe and the Inquisition of Venice, 1550–1670. Oxford 1983. Puppi, Lionello: El Greco a Venezia. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 643–667. Quarti, Guido A.: La battaglia di Lepanto nei canti popolari dell’epoca. Mailand 1930. Quarti, Guido A.: La guerra contro il turco a Cipro e a Lepanto. MDLXX-MDLXXI. Storia documentata. Venedig 1935. Rabasa, José: Without History. Subaltern Studies, the Zapatista Insurgency, and the Specter of History. Pittsburg, Pennsylvania 2010. Rabinow, Paul: Representations Are Social Facts. Modernity and Post-Modernity in Anthropology. In: Writing Culture. The Poetics and Politics of Ethnography. A School of American Research Advanced Seminar. Hg. v. James Clifford u. George E. Marcus. Berkeley/ Los Angeles/ London 1986, S. 234–261. Raines, Dorit: La storiografia pubblica allo specchio. La »ragion di Stato« della Repubblica da Paola Paruta ad Andrea Morosini. In: Celebrazione e autocritica. La Serenissima e la

Literaturverzeichnis

683

ricerca dell’identità veneziana nel tardo Cinquecento. Hg. v. Benjamin Paul. (Venetiana, Bd. 14). Venedig 2014, S. 157–176. Ranke, Leopold von: Die Osmanen und die Spanische Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert. Leipzig 1877. Ranke, Leopold von: Geschichten der romanischen und germanischen Völker von 1494 bis 1514. Zur Kritik neuerer Geschichtsschreiber. (Sämmtliche Werke. Bd. 33/34). 3. Aufl. Leipzig 1885. Rauscher, Peter: Die Erinnerung an den Erbfeind. Die »Zweite Türkenbelagerung« Wiens 1683 im öffentlichen Bewusstsein Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. (Vortrag im Rahmen des 46. Deutschen Historikertages, Konstanz, 19.–22. September 2006). URL: http://homepage.univie.ac.at/peter.rauscher/erinnerung%20an%20den%20erbfeind. pdf [Zugriff am: 06. 06. 2012]. Ravid, Benjamin: A Tale of Three Cities and their Raison d’État. Ancona, Venice, Livorno, and the Competition for Jewish Merchants in the Sixteenth Century. In: Mediterranean Historical Review 6 (1991), H. 2, S. 138–162. Ravid, Benjamin: The Socioeconomic Background of the Expulsion and Readmission of the Venetian Jews, 1571–1573. In: Essays in Modern Jewish History. A Tribute to Ben Halpern. Hg. v. Frances Mailno u. Phyllis Cohen Albert. Rutherfod u. a. 1982, S. 27–55. Ravid, Benjamin: The Venetian Government and the Jews. In: The Jews of Early Modern Venice. Hg. v. Robert C. Davis u. Benjamin Ravid. Baltimore/ London 2001, S. 3–30. Reinhardt, Volker: Metahistorische Tatenberichte. Die Papstgrabmäler der Cappella Sistina in S. Maria Maggiore. In: Totenkult und Wille zur Macht. Die unruhigen Ruhestätten der Päpste in St. Peter. Hg. v. Horst Bredekamp u. Volker Reinhardt. Darmstadt 2004, S. 141–157. Remensnyder, Amy G.: The Colonization of Sacred Architecture. The Virgin Mary, Mosques, and Temples in Medieval Spain and Early Sixteenth-Century Mexico. In: Monks and Nuns, Saints and Outcasts. Hg. v. Sharon Farmer u. Barbara H. Rosenwein. Ithaca 2000, S. 189–219. Revel, Jacques: Die Wiederkehr des Ereignisses – ein historiographischer Streifzug. In: Struktur und Ereignis. Hg. v. Andreas Suter u. Manfred Hettling. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001, S. 158–174. Rhodes, Dennis E.: La battaglia di Lepanto e la stampa popolare a Venezia. Studio bibliografico. In: Miscellanea Marciana 10–11 (1995–1996), S. 9–63. Ricci, Giovanni: Appello al Turco. I confini infranti del Rinascimento. (La storia. Temi, Bd. 21). Rom 2011. Ricci, Giovanni: Ossessione turca. In una retrovia cristiana dell’Europa moderna. Bologna 2002. Richardson, Brian: Manuscript Culture in Renaissance Italy. Cambridge u. a. 2009. Richardson, Brian: Print Culture in Renaissance Italy. The Editor and the Vernacular Text, 1470–1600. (Cambridge Studies in Publishing and Printing History). Cambridge 1994. Ricœur, Paul: Temps et récrit. 3 Bde. Paris 1983–1985. Ricotti, Ercole: Storia della monarchia piemontese. Bd. 2. Florenz 1861. Ridolfi, Roberta M.: Gonzaga, Curzio. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 57. Rom 2001, S. 704–706. Rieger, Paul/ Hermann Vogelstein: Geschichte der Juden in Rom. Bd. 2: 1420–1870. Berlin 1895.

684

Anhang

Riello, Giorgio: Cotton. The Fabric That Made the Modern World. Cambridge u. a. 2013. Riese, Bertold: Das Reich der Azteken. Geschichte und Kultur. München 2011. Rill, Gerhard: Geschichte der Grafen von Arco 1487–1614. Reichsvasallen und Landsassen. Horn 1975. Rodríguez, Rivero: La batalla de Lepanto. Cruzada, guerra santa e identidad confesional. Madrid 2008. Roeck, Bernd: Geschichte Augsburgs. München 2005. Roeck, Bernd: Kulturtransfer im Zeitalter des Humanismus. Venedig und das Reich. In: Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance. (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 19). Hg. v. Bodo Guthmüller. Wiesbaden 2000, S. 9–29. Roeck, Bernd: Rich and Poor in Reformation Augsburg. The City Council, the Fugger Bank and the Formation of a Bi-Confessional Society. In: The Impact of the European Reformation. Princes, Clergy, and People. Hg. v. Bridge Heal u. Ole P. Grell. (St. Andrews Studies in Reformation History). Aldershot u. a. 2008, S. 63–84. Roelker, Nancy L.: One King, One Faith. The Parlement of Paris and the Religious Reformations of the Sixteenth Century. Berkeley u. a. 1996. Roper, Lyndal: The Holy Household. Women and Morals in Reformation Augsburg. (Oxford Studies in Social History). Oxford u. a. 1989. Rosand, David: Myths of Venice. The Figuration of a State. Chapel Hill 2001. Rossbach, Hugo: Die Türkengefahr des Jahres 1541 und die Schlesier. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens 19 (1885), S. 338–353. Rostagno, Lucia: Mi faccio turco. Esperienze ed immagini dell’islam nell’Italia moderna. (Supplemento n. 1 a »Oriente Moderno«. Studi e materiali sulla conoscenza dell’Oriente in Italia, Bd. 4). Rom 1983. Rota, Giorgio: Safavid Envoys in Venice. In: Diplomatisches Zeremoniell in Europa und im Mittleren Osten in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Ralph Kauz, Giorgio Rota u. Jan P. Niederkorn. (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Bd. 796. Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 141. Veröffentlichungen für Iranistik, Bd. 52). Wien 2009, S. 213–249. Rothman, Ella-Natalie: Becoming Venetian. Conversion and Transformation in the Seventeenth-Century Mediterranean. In: Mediterranean Historical Review 21 (2006), H. 1, S. 39–75. Rouillard, Clarence D.: The Turk in French History. Thought and Literature (1520–1660). Paris 1938. Rozzo, Ugo: La battaglia di Lepanto nell’editoria dell’epoca e una miscellanea fontaniniana. In: Rara volumina 1/2 (2000), S. 41–69. Rublack, Ulinka: Dressing Up. Cultural Identity in Renaissance Europe. Oxford u. a. 2010. Rublack, Ulinka: Magd, Metz’ oder Mörderin. Frauen vor frühneuzeitlichen Gerichten. Frankfurt a. M. 1998. Rublack, Ulinka: Matter in the Material Renaissance. In: Past & Present Nr. 219 (2013), S. 41–85. Rudolph, Harriet: Lepanto – Die Ordnung der Schlacht und die Ordnung der Erinnerung. In: Militärische Erinnerungskulturen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Träger – Medien – Deutungskonkurrenzen. Hg. v. Horst Carl u. Ute Planert. (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, Bd. 15). Göttingen 2012, S. 101–127.

Literaturverzeichnis

685

Ruggiero, Guido: Violence in Early Renaissance Venice. New Brunswick 1980. Ruiz Martin, Felipe: Las finanzas de la monarquía hispanica y la Liga Santa. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 325–370. Rummel, Peter/ Wolfgang Zorn: Kirchengeschichte 1518–1650. In: Welt im Umbruch. Augsburg zwischen Renaissance und Barock. Ausstellung der Stadt Augsburg in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. Bd. 1. Augsburg 1980, S. 30–39. Russo, Alessandra/ Gerhard Wolf/ Diana Fane: El vuelo de las imágenes. Arte plumario en México y Europa. Images Take Flight. Feather Art in Mexico and Europe. Mexiko-Stadt 2011. Russo, Laura: Santa Maria in Aracoeli. Rom 2007. Rüther, Kirsten: Geschichte(n) des Globalen. Weltbilder für Europa und ein aufgeschobener Paradigmenwechsel. In: WerkstattGeschichte 19 (2010), H. 3 [56], S. 76–90. Sabau García, María L. (Hg.): Mexico en el mundo de las colecciones de arte. Bd. 3: Nueva España, Teilbd. 1. Mexico 1994. Sabean, David W.: Kinship in Neckarhausen, 1700–1870. Cambridge u. a. 1998. Sabean, David W.: Property, Production, and Family in Neckarhausen, 1500–1870. (Cambridge Studies in Social and Cultural Anthropology, Bd. 73). Cambridge u. a. 1990. Sachsenmaier, Dominic (Hg.): Reflections on Multiple Modernities. European, Chinese and Other Interpretations. Leiden u. a. 2002. Safa Gürkan, Emrah: The Efficacy of Ottoman Counter-Intelligence in the 16th Century. In: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae 65 (2012), H. 1, S. 1–38. Safley, Thomas M. (Hg.): A Companion to Multiconfessionalism in the Early Modern World. (Brill’s Companions to the Christian Tradition, Bd. 28). Leiden 2011. Safley, Thomas M.: Children of the Laboring Poor. Expectation and Experience Among the Orphans of Early Modern Augsburg. (Studies in Central European Histories, Bd. 38). Leiden/ Boston 2005. Sagredo, Agostino/ Federico Berchet: Il Fondaco dei Turchi in Venezia. Studi storici ed artistici. Mailand 1860. Sahlins, Marshall: Historical Metaphors and Mythical Realities. Structure in the Early History of the Sandwich Islands Kingdom. Ann Arbor 1981. Sahlins, Marshall: Islands of History. Chicago 1985. Said, Edward W.: Orientalism. London 1978. Said, Edward W.: The Edward Said Reader. Hg. v. Moustafa Bayoumi. London 2001. Said, Edward W.: The Scope of Orientalism (1978). In: The Edward Said Reader. Hg. v. Moustafa Bayoumi. London 2001, S. 93–113. Sánchez-Marcos, Fernando: Don Juan de Austria in European Historical Culture. The Twentieth-Century Metamorphosis of a Popular Hero. In: Popular History Now and Then. International Perspectives. Hg. v. Barbara Korte u. Sylvia Paletschek. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/ History in Popular Cultures, Bd. 6). Bielefeld 2012, S. 203–230. Sander, Stephan K.: Mobilität und Reisetätigkeit im venezianischen Adriaraum zwischen den Seeschlachten von Preveza und Lepanto. In: Migration und Reisen. Mobilität in der Neuzeit. Hg. v. Elena Taddei, Michael Müller u. Robert Rebitsch. (Innsbrucker Historische Studien, Bd. 28). Innsbruck/ Wien/ Bozen 2012, S. 29–42.

686

Anhang

Sanfilippo, Matteo: Leone XI. In: Enciclopedia dei Papi. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 3. Rom 2000, S. 269–277. Savettieri, Chiara: Lo spettacolo del potere. I luoghi, i simboli, le feste. In: Roma del Rinascimento. Hg. v. Antonio Pinelli. (Storia di Roma dall’antichità a oggi, Bd. 3). Rom/ Bari 2001, S. 161–198. Schiel, Juliane: Mongolensturm und Fall Konstantinopels. Dominikanische Erzählungen im diachronen Vergleich. (Europa im Mittelalter, Bd. 19). Berlin 2011. Schilling, Michael: Die Fuggerzeitungen. In: Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.–18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch. Hg. v. Josef Pauser, Martin Scheutz u. Thomas Winkelbauer. (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsbd. 44). Wien 2004, S. 875–880. Schilling, Ruth: Die ganze Stadt und die Christenheit? Feiern und Gedenken an die Schlacht von Lepanto im frühneuzeitlichen Venedig und Rom. In: Stadt und Religion in der frühen Neuzeit. Soziale Ordnungen und ihre Repräsentationen. Hg. v. Vera Isaiasz u. a. (Eigene und fremde Welt, Bd. 4). Frankfurt a. M./ New York 2007, S. 103–124. Schilling, Ruth: Osmanische ›Bedrohung‹, ›christliche Identität‹? Konfessionelle und politische Repräsentationen von Gruppenzugehörigkeit in den Reaktionen auf den Sieg von Lepanto in Venedig um 1600. In: Identität und Krise? Zur Deutung vormoderner Selbst-, Welt- und Fremderfahrungen. Hg. v. Christoph Dartmann u. Carla Meyer. (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme, Bd. 17). Münster 2007, S. 137–154. Schlosser, Hans: Die infamierende Strafe der Galeere. In: Festschrift für Hans Thieme zu seinem 80. Geburtstag. Hg. v. Karl Kroeschell. Sigmaringen 1986, S. 253–263. Schlosser, Hans: Die Strafe der Galeere als poena arbitraria in der mediterranen Strafpraxis. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte 10 (1988), S. 19–37. Schlosser, Hans: Galeerenstrafe. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. HRG. Hg. v. Albrecht Cordes u. a. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin 2008, Sp. 1914–1917. Schlosser, Hans: Tre secoli di criminali bavaresi sulle galere veneziane (secoli XVI–XVIII). (Centro Tedesco di Studi Veneziani. Quaderni 28). Venedig 1984. Schlosser, Hans: Zwangsarbeit als Strafe und Gnade. Bayerische Straftäter auf der Ruderbank venezianischer Galeeren. In: Von Bayern nach Italien. Transalpiner Transfer in der frühen Neuzeit. Hg. v. Alois Schmid. (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Beiheft 38). München 2010, S. 225–238. Schlumbohm, Jürgen: Lebensläufe, Familien, Höfe. Die Bauern und Heuerleute des Osnabrückischen Kirchspiels Belm in proto-industrieller Zeit, 1650–1860. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 110). Göttingen 1994. Schlumbohm, Jürgen: Mikrogeschichte – Makrogeschichte: Zur Eröffnung einer Debatte. In: Mikrogeschichte Makrogeschichte komplementär oder inkommensurabel? Hg. v. dems. (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 7). Göttingen 1998, S. 7–32. Schnitzler, Theodor: Angelusläuten. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Hg. v. Josef Höfer u. Karl Rahner. Bd. 1. 2., völlig neu bearb. Aufl. Freiburg 1957, Sp. 542–543. Scholz Williams, Gerhild/ William Layher: Consuming News. Newspaper and Print Culture in Early Modern Europe (1500–1800). In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit 37 (2008), H. 1/2, S. 3–10.

Literaturverzeichnis

687

Schreiber, Georg: Deutsche Türkennot und Westfalen. In: Westfälische Forschungen. Mitteilungen des Provinzialinstituts für westfälische Landes- und Volkskunde 7 (1953/ 1954), S. 62–79. Schröder, Thomas: Die ersten Zeitungen. Textgestaltung und Nachrichtenauswahl. Tübingen 1995. Schuchardt, Hugo: On Lingua Franca. In: Ders.: The Ethnography of Variation. Selected Writings on Pidgins and Creoles. (Linguistica extranea, Bd. 3). Ann Arbor 1979 [1909], S. 26–47. Schulze, Winfried: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung. München 1978. Scolieri, Paul A.: Dancing the New World. Aztecs, Spaniards, and the Choreography of Conquest. Austin 2013. Scorza, Rick: Vasari’s Lepanto Frescoes. Apparati, Medals, Prints and the Celebration of Victory. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 75 (2012), S. 141–203. Scott, Joan W.: Storytelling. In: History and Theory 50 (2011), H. 2, S. 203–209. Screech, Timon: Obtaining Images. Art, Production and Display in Edo Japan. London 2012. Seijas, Tatiana: Asian Slaves in Colonial Mexico. From Chinos to Indians. (Cambridge Latin American Studies, Bd. 100). Cambridge u. a. 2014. Senn, Matthias L.: Johann Jakob Wick (1522–1588) und seine Sammlung von Nachrichten zur Zeitgeschichte. Zürich 1973. Sewell, William H. Jr.: Eine Theorie des Ereignisses. Überlegungen zur »möglichen Theorie der Geschichte« von Marshall Sahlins. In: Struktur und Ereignis. Hg. v. Andreas Suter u. Manfred Hettling. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001, S. 46– 74. Sewell, William H. Jr.: Logics of History. Social Theory and Social Transformation. (Chicago Studies in Practices of Meaning). Chicago/ London 2005. Sider, Gerald/ Gavin Smith (Hg.): Between History and Histories. The Making of Silences and Commemorations. (Anthropological Horizons). Toronto/ Buffalo/ London 1997. Siebenhüner, Kim: Glaubenswechsel in der Frühen Neuzeit. Chancen und Tendenzen einer historischen Konversionsforschung. In: Zeitschrift für Historische Forschung 34 (2007), H. 2, S. 243–272. Siegmund, Stefanie B.: The Medici State and the Ghetto of Florence. The Construction of an Early Modern Jewish Communit. (Stanford Studies in Jewish History and Culture). Stanford, California 2006. Siméon, Rémi: Diccionario de la lengua náhuatl o mexicana. 17. Aufl. Mexiko-Stadt 2004. Simerka, Barbara: Discourses of Empire. Counter-Epic Literature in Early Modern Spain. (Penn State Studies in Romance Literatures). University Park, Pennsylvania 2003. Sirago, Maria: La flotta napoletana. In: Napoli e Filippo II. La nascita della società moderna nel secondo Cinquecento. Hg. v. Archivio di Stato di Napoli. Neapel 1998, S. 37–44. Slanicˇka, Simona: Bastarde als Grenzgänger, Kreuzfahrer und Eroberer. Von der mittelalterlichen Alexanderrezeption bis zu Juan de Austria. In: Werkstatt Geschichte 18 (2009), H. 51, S. 5–21. Sohrweide, Hanna: Lukma¯n, b. Sayyid Husayn. In: The Encyclopaedia of Islam. New ˙ ˙ Edition. Hg. v. Clifford E. Bosworth u. a. Bd. 5. Leiden 1986, S. 813–814.

688

Anhang

Soler del Campo, Álvaro: Embajadas japonesas en la Real Armería. In: Oriente en Palacio. Tesoros asiáticos en las colecciones reales españolas. Hg. v. Mar Sánchez-Ramón u. a. Madrid 2003, S. 59–67. Soler del Campo, Álvaro: Los trofeos de Lepanto en la Real Armería. In: Oriente en Palacio. Tesoros asiáticos en las colecciones reales españolas. Hg. v. Mar Sánchez-Ramón u. a. Madrid 2003, S. 45–57. Solera, Giovanni (Hg.): Storia di Crema raccolta per Alemanio Fino dagli annali di m. Pietro Terni. Bd. 2. Crema 1845. Sommer-Mathis, Andrea: Türckische Tragödia und Christliche Comödia. Die ›Türkenfeiern‹ 1683 in Europa. In: Geschichtspolitik und »Türkenbelagerung«. Hg. v. Johannes Feichtinger u. Johann Heiss. (Kritische Studien zur »Türkenbelagerung«, Bd. 1). Wien 2013, S. 89–118. Soucek, Svat: ‘Ulu¯dj ‘Alı¯. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Peri J. Bearman u. a. Bd. 10. Leiden 2000, S. 810–811. Spivak, Gayatri C.: Can the Subalter Speak? In: Marxism and the Interpretation of Culture. Hg. v. Cary Nelson u. Lawrence Grossberg. Urbana/ Chicago 1988, S. 271–313. Sporhan-Krempel, Lore: Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 und 1700. (Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, Bd. 10). Nürnberg 1968. St.-Stephans-Orden (Hg.): L’ordine di Santo Stefano e il mare. (Istituzione dei Cavalieri di S. Stefano). Pisa 2001. Stadtarchiv Nürnberg: Repertorium F 1. Nürnberger Chroniken und chronikähnliche Aufzeichnungen. Nürnberg O. J. Stahl, Ann B.: Making History in Banda. Anthropological Visions of Africa’s Past. (New Studies in Anthropology). Cambridge u. a. 2004. Stensland, Monica: Habsburg Communication in the Dutch Revolt. (Amsterdam Studies in the Dutch Golden Age). Amsterdam 2012. Stinger, Charles L.: Roma Triumphans. Triumphs in the Thought and Ceremonies of Rome. In: Medievalia et humanistica 10 (1981), S. 189–201. Stinger, Charles L.: The Campidoglio as the Locus of Renovatio Imperii in Renaissance Rome. In: Art and Politics in Late Medieval and Early Renaissance Italy. 1250–1500. Hg. v. Charles M. Rosenberg. (Notre Dame Conferences in Medieval Studies, Bd. 2). London 1990, S. 135–156. Stollberg-Rilinger, Barbara/ André Krischer (Hg.): Herstellung und Darstellung von Entscheidungen. Verfahren, Verwalten und Verhandeln in der Vormoderne. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beihefte 44). Berlin 2010. Stollberg-Rilinger, Barbara: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806. 4. Aufl. München 2009. Stollberg-Rilinger, Barbara: Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven. In: Zeitschrift für Historische Forschung 31 (2004), S. 489–527. Stone, Lawrence: The Revival of Narrative. Reflections on a New Old History. In: Past & Present 85 (1979), S. 3–24. Stouraiti, Anastasia: Costruendo un luogo della memoria. Lepanto. In: Storia di Venezia. Rivista 1 (2003), S. 65–88.

Literaturverzeichnis

689

Stow, Kenneth: Jewish Life in Early Modern Rome. Challenge, Conversion, and Private Life. (Variorum Collected Studies Series). Aldershot u. a. 2007. Strong, Roy: Art and Power. Renaissance Festivals. 1450–1650. Woodbridge 1984. Strunck, Christina: Berninis unbekanntes Meisterwerk. Die Galleria Colonna in Rom und die Kunstpatronage des römischen Uradels. (Römische Studien der Bibliotheca Hertziana, Bd. 20). München 2007. Strunck, Christina: Ein Machtkampf zwischen Florenz und Pisa. Genealogische Selbstdarstellung der Medici in der Pisaner Ordenskirche Santo Stefano dei Cavalieri. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 32 (2005), S. 167–202. Stumpo, Enrico: Emanuele Filiberto, duca di Savoia. In: Dizionario biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana. Bd. 42. Rom 1993, S. 553–566. Subrahmanyam, Sanjay: Connected Histories. Notes towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia. In: Modern Asian Studies 31 (1997), H. 3, S. 735–762. Subrahmanyam, Sanjay: Courtly Encounters. Translating Courtliness and Violence in Early Modern Eurasia. Cambridge, Massachusetts 2012. Subrahmanyam, Sanjay: From the Tagus to the Ganges. (Explorations in Connected History). Oxford u. a. 2005. Subrahmanyam, Sanjay: Mughals and Franks. (Explorations in Connected History). Oxford u. a. 2005. Subrahmanyam, Sanjay: On World Historians in the Sixteenth Century. In: Representations Nr. 91 (2005), H. 1, S. 26–57. Subrahmanyam, Sanjay: Three Ways to Be Alien. Travails and Encounters in the Early Modern World. Waltham, Mass. 2011. Suter, Andreas/ Manfred Hettling (Hg.): Struktur und Ereignis. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19). Göttingen 2001. Suter, Andreas: Der schweizerische Bauernkrieg von 1653. Politische Sozialgeschichte – Sozialgeschichte eines politischen Ereignisses. (Frühneuzeit-Forschungen, Bd. 3). Tübingen 1997. Suter, Andreas: Theorien und Methoden für eine Sozialgeschichte historischer Ereignisse Silencing the Past. In: Zeitschrift für Historische Forschung 25 (1998), H. 2, S. 209–243. Sweet, James H.: Domingos Álvares, African Healing, and the Intellectual History of the Atlantic World. Chapel Hill, North Carolina 2011. Swidler, Ann: What Anchors Cultural Practices. In: The Practice Turn in Contemporary Theory. Hg. v. Theodore R. Schatzki, Karin Knorr Cetina u. Eike von Savigny. London 2001, S. 74–92. Tamborra, Angelo: Gli stati italiani, l’Europa e il problema Turco dopo Lepanto. Florenz 1961. Tersch, Harald: Jankau und die Folgen. Kriegserfahrung und Identitätsstiftung in den habsburgischen Ländern. In: Spolecˇnost v zemích habsburské monarchie a její obraz v pramenech (1526–1740). Hg. v. Václav Bu˚zˇek u. Pavel Král. (Opera historica, Bd. 11). Budweis 2006, S. 507–540. Tersch, Harald: Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (1400–1650). Eine Darstellung in Einzelbeiträgen. Wien/ Köln/ Weimar 1998. Tezcan, Baki: The Second Ottoman Empire. Political and Social Transformation in the Early Modern World. Cambridge u. a. 2010. Thaller, Franz: Glaubensstreit und Türkennot. 1519–1648. Graz u. a. 1916.

690

Anhang

Thomas, Georg M.: Codices manu scripti Bibliothecae Regiae Monacensis Gallici, Hispanici, Italici, Anglici, Suecici, Danici, Slavici, Esthnici, Hungarici descripti. München 1858. Thöndl, Michael: Der Abessinienkrieg und das totalitäre Potential des italienischen Faschismus in Italienisch-Ostafrika (1935–1941). In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 87 (2007), S. 402–419. Throckmorton, Peter/ Harold E. Edgerton/ Eleftherios Yalouris: The Battle of Lepanto Search and Survey Mission (Greece), 1971–72. In: The International Journal of Nautical Archeology and Underwater Exploration 2 (1973), H. 1, S. 121–130. Thumser, Matthias: Türkenfrage und öffentliche Meinung. Zeitgenössische Zeugnisse nach dem Fall von Konstantinopel (1453). In: Europa und die osmanische Expansion im ausgehenden Mittelalter. Hg. v. Franz-Reiner Erkens. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 20). Berlin 1997, S. 59–78. Tiepolo, Maria F./ Eurigio Tonetti (Hg.): I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Venedig 2002. Toby, Ronald P.: The Originality of the ›Copy‹. Mimesis and Subversion in Hanegawa Tôei’s Chôsenjin Ukie. In: The Culture of Copying in Japan. Critical and Historical Perspectives. Hg. v. Rupert Cox. New York u. a. 2008, S. 71–110. Tolan, John/ Gilles Veinstein/ Henry Laurens: Europe and the Islamic World. A History. Princeton 2013. Tostmann, Oliver: »Plus Oultre« – Gedanken über die Tunis-Teppichserie nach Jan Vermeyen. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 71 (2008), H. 1, S. 73–100. Tóth, István G.: Der Islam in Mitteleuropa – Türkengefahr und Koexistenz. In: Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden. Hg. v. Carl A. Hoffmann u. a. Regensburg 2005, S. 152–158. Trivellato, Francesca: Is There a Future for Italian Microhistory in the Age of Global History? In: California Italian Studies 2 (2011), H. 1, URL: http://escholarship.org/uc/ item/0z94n9hq [Zugriff am: 01. September 2014]. Trivellato, Francesca: Renaissance Italy and the Muslim Mediterranean in Recent Historical Work. In: The Journal of Modern History 82 (2010), H. 1, S. 127–155. Trouillot, Michel-Rolph: Global Transformations. Anthropology and the Modern World. New York u. a. 2003. Trouillot, Michel-Rolph: Silencing the Past. Power and the Production of History. Boston, Massachusetts 1995. Truman, Ronald W.: Spanish Treatises on Government, Society and Religion in the Time of Philip II. The ›de regimine principium‹ and Associated Traditions. (Brill’s Studies in Intellectual History, Bd. 95). Leiden/ Boston/ Köln 1999. Tschopp, Silvia S.: Wie aus Nachrichten Geschichte wird. Die Bedeutung publizistischer Quellen für die Augsburger Chronik des Georg Kölderer. In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit 37 (2008), H. 1/2, S. 33–78. Tucci, Ugo: I greci nella vita marittima veneziana. In: I greci a Venezia. Atti del convegno internazionale di studio Venezia, 5–7 novembre 1998. Hg. v. Maria F. Tiepolo u. Eurigio Tonetti. Venedig 2002, S. 243–255. Tükel Yavuz, Ays¸ıl: The Concepts that Shape Anatolian Seljuq Caravanserais. In: Muqarnas. An Annual on the Visual Cultures of the Islamic World 14 (1997), S. 80–95.

Literaturverzeichnis

691

Tupputi, Carla L.: L’Archivio di Stato di Roma. (Inventario delle fonti manoscritte relative alla storia dell’Africa del Nord esistenti in Italia, Bd. 5). Rom 1989. Turnbull, Stephen: Japanese Castles. 1540–1640. Oxford u. a. 2003. Turpin, Adriana: The New World Collections of Duke Cosimo I de’ Medici and Their Role in the Creation of a Kunst- and Wunderkammer in the Palazzo Vecchio. In: Curiosity and Wonder from the Renaissance to the Enlightenment. Hg. v. Robert J. W. Evans u. Alexander Marr. Aldershot u. a. 2006, S. 63–85. Tusell, Javier: Carrero. La eminencia gris del regimen de Franco. Madrid 1993. Twombly, Cy: Lepanto. A Painting in Twelve Parts. Hg. v. Bob Monk u. Jennifer Loh. New York 2002. Üçerler, M. Antoni J.: The Jesuit Enterprise in Sixteenth- and Seventeenth-Century Japan. In: The Cambridge Companion to the Jesuits. Hg. v. Thomas Worcester. Cambridge u. a. 2008, S. 153–168. Ulbrich, Claudia: Libri di casa e di famiglia in area tedesca nel tardo medioevo. Un bilancio storiografico. In: Memoria, famiglia, identità tra Italia ed Europa nell’età moderna. Hg. v. Giovanni Ciappelli. Bologna 2009, S. 39–61. Ulbrich, Claudia: Shulamit und Margarete. Macht, Geschlecht und Religion in einer ländlichen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. (Aschkenas/‫אשכנו‬, Beiheft 4). Wien/ Köln/ Weimar 1999. Ulbrich, Claudia: Tränenspektakel. Die Lebensgeschichte der Luise Charlotte von Schwerin (1731) zwischen Frömmigkeitspraxis und Selbstinszenierung. In: L’homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 23 (2012), H. 1, S. 27–42. Ulbrich, Claudia: Verflochtene Geschichte(n). Ausgewählte Aufsätze zu Geschlecht, Macht und Religion in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Andrea Griesebner u. a. Köln/ Weimar/ Wien 2014. Ullán de la Rosa, Francisco J.: Jesuitas, omaguas, yurimaguas y la guerra hispano-lusa por el Alto Amazonas. Para un posible guión alternativo de »La misión«. In: Anales. Museo de América 15 (2007), S. 173–191. van Dülmen, Richard: Wider die Ehre Gottes. Unglaube und Gotteslästerung in der Frühen Neuzeit. In: Historische Anthropologie 2 (1994), H. 1, 20–38. Vaughan, Dorothy M.: Europe and the Turk. A Pattern of Alliances. 1350–1700. Liverpool 1954. Vecsey, Christopher: Following 9/11. Religion Coverage in the New York Times. Syracuse, New York 2011. Veit, Patrice: Entre violénce, résistance et affirmation identitaire. A propos du cantique de Luther »Erhalt uns Herr bei deinem Wort«. In: Religion und Gewalt. Konflikte, Rituale, Deutungen (1500–1800). Hg. v. Kaspar von Greyerz u. Kim Siebenhüner. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 215). Göttingen 2006, S. 267–304. Vercellin, Giorgio: Mercanti turchi e sensali a Venezia. In: Studi veneziani N. S. 4 (1980), S. 45–79. Verri, Pietro: Storia di Milano. Bd. 5. Mailand 1836. Vierhaus, Rudolf: Rankes Begriff der historischen Objektivität. In: Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft. Hg. v. Reinhart Koselleck, Wolfgang J. Mommsen u. Jörn Rüsen. (Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 1). München 1977, S. 63–76.

692

Anhang

Vitkus, Daniel J.: Turning Turk in Othello. The Conversion and Damnation of the Moor. In: Shakespeare Quarterly 48 (1997), H. 2, S. 145–176. Vitkus, Daniel: Turning Turk. English Theatre and the Multicultural Mediterranean, 1570– 1630. New York 2003. Vivo, Filippo de: Information and Communication in Venice. Rethinking Early Modern Politics. Oxford u. a. 2007. Vivo, Filippo de: Pharmacies as Centres of Communication in Early Modern Venice. In: Renaissance Studies 21 (2007), H. 4, S. 505–521. Vlam, Grace A. H.: Kings and Heroes. Western-Style Painting in Momoyama Japan. In: Artibus Asiae 39 (1977), H. 3/4, S. 220–250. Vogel, Christine/ Herbert Schneider/ Horst Carl (Hg.): Medienereignisse im 18. und 19. Jahrhundert. Beiträge zur interdisziplinären Tagung aus Anlass des 65. Geburtstages von Rolf Reichardt. (Ancien Régime. Aufklärung und Revolution, Bd. 38). München 2009. Wandruszka, Adam: L’impero, la casa d’Austria e la sacra lega. In: Il Mediterraneo nella seconda metà del ’500 alla luce di Lepanto. Hg. v. Gino Benzoni. (Civiltà veneziana studi, Bd. 30). Florenz 1974, S. 435–443. Wangemann, Hermann T.: Kurze Geschichte des Evangelischen Kirchenliedes […]. 5. Aufl. Berlin 1865. Weatherbe, Steve: The Spear of Lepanto by Leon J. Radomile. [Rezension]. In: Catholic Fiction.net, URL: http://catholicfiction.net/book-review/the-spear-of-lepanto-by-leonj-radomile/ [Zugriff am: 05. 07. 2012]. Webster, Richard A.: The Cross and the Fasces. Christian Democracy and Fascism in Italy. Stanford 1960. Weichmann, Birgit: Fliegende Türken, geköpfte Stiere und die Kraft des Herkules. Zur Geschichte des venezianischen Karnevals. In: Fastnacht – Karneval im europäischen Vergleich. Hg. v. Michael Matheus. (Mainzer Vorträge, Bd. 3). Stuttgart 1999, S. 175–198. Weißbrich, Thomas/ Horst Carl: Präsenz und Information. Frühneuzeitliche Konzeptionen von Medienereignissen. In: Europäische Wahrnehmungen 1650–1850. Interkulturelle Kommunikation und Medienereignisse. Hg. v. Joachim Eibach u. Horst Carl. (The Formation of Europe. Historische Formationen Europas, Bd. 3). Hannover 2008, S. 75– 98. Weisz, Leo: Die Bullinger Zeitungen. Zur Halbjahrhundertfeier des Vereins der Schweizerischen Presse. Zürich 1933. Welti, Ludwig: Hohenems, Jakob Hannibal. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 9. Berlin 1972, S. 480–481. Werner, Elke A.: Feindbild. In: Handbuch der politischen Ikonographie. Hg. v. Uwe Fleckner, Martin Warnke u. Hendrik Ziegler. Bd. 1. München 2011, S. 301–305. White, Hayden: Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen. Studien zur Tropologie des historischen Diskurses. (Sprache und Geschichte, Bd. 10). Stuttgart 1986. White, Hayden: Metahistory. Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa. Frankfurt a. M. 1991. Widmer, Paul: Bullinger und die Türken. Zeugnis des geistigen Widerstandes gegen eine Renaissance der Kreuzzüge. In: Heinrich Bullinger. Life – Thought – Influence. Hg. v.

Literaturverzeichnis

693

Emidio Campi u. Peter Opitz. Bd. 2. (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte, Bd. 24). Zürich 2007, S. 593–624. Wilke, Christian: Hartlaub, Felix. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 7. Berlin 1966, S. 718–719. Wislicenus, Georg: Deutschlands Seemacht. Leipzig 1896. Wolf, Eric R.: Europe and the People Without History. Berkeley/ Los Angeles/ London 1982. Wolter, Michael: Der Gegner als endzeitlicher Widersacher. Die Darstellung des Feindes in der jüdischen und christlichen Apokalyptik. In: Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit. Hg. v. Franz Bosbach. (Bayreuther Historische Kolloquien, Bd. 6). Köln/ Weimar/ Wien 1992, S. 23–40. Wolters, Wolfgang: Der Bilderschmuck des Dogenpalastes. Untersuchungen zur Selbstdarstellung der Republik Venedig im 16. Jahrhundert. Wiesbaden 1983. Woodhead, Christine u. a.: Tar’rı¯kh. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Hg. v. Peri J. Bearman u. a. Bd. 10. Leiden 2000, S. 257–302. Woodhead, Christine: Research on the Ottoman Scribal Service, c. 1574–1630. In: Osmanistik – Turkologie – Diplomatik. Festgabe an Josef Matuz. Hg. v. Christa Fragner u. Klaus Schwarz. (Islamkundliche Untersuchungen, Bd. 150). Berlin 1992, S. 311–328. Woodhead, Christine: Scribal Chaos? Observation on the Post of Re’isülküttab in the Late Sixteenth Century. In: The Ottoman Empire. Myths, Realities and ›Black Holes‹. Contributions in Honour of Colin Imber. Hg. v. Eugenia Kermeli u. Oktay Özel. Istanbul 2006, S. 155–172. Wrede, Martin: Feindbild. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Bd. 3. Stuttgart 2006, Sp. 878–890. Wrede, Martin: Türkenkriege. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger im Auftrag d. Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Bd. 13. Stuttgart 2011, Sp. 827–839. Wright, Elizabeth R.: Narrating the Ineffable Lepanto. The Austrias Carmen of Joannes Latinus (Juan Latino). In: Hispanic Review 77 (2009), H. 1, S. 71–91. Wyatt, Michael: Technologies. In: The Cambridge Companion to the Italian Renaissance. Hg. v. dems. Cambridge u. a. 2014, S. 100–138. Wyß, G. v.: Hohenems, Jakob Hannibal. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 13. Leipzig 1881, S. 509–511. Wyß, G. v.: Lavater, Ludwig L. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Commission b. d. Königl. Akademie der Wissenschaften. Bd. 18. Leipzig 1883, S. 83–84. Yildirim, Onur: The Battle of Lepanto and its Impact on Ottoman History and Historiography. In: Mediterraneo in armi (secc. XV–XVIII). Hg. v. Rossella Cancila. Bd. 2. (Mediterranea. Ricerche storiche, Quaderni 4). Palermo 2007, S. 533–556. Zezza, Andrea: Raffigurazioni di battaglie nell’arte meridionale del XVI secolo. In: La battaglia nel Rinascimento meridionale. Moduli narrativi tra parole e immagini. Hg. v. Giancarlo Abbamonte u. a. (I libri di Viella, Bd. 126). Rom 2011, S. 511–523. Zˇizˇek, Slavoj: Event. Philosophy in Transit. London 2014. Zöpf, Bernhard: Geschichte der Pfarrei Obertaufkirchen und der zu dieser Pfarrei gehörigen Filialen und ehemaligen Edelsitze. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte 3 (1861), S. 277–298.

694

Anhang

Zuijlen, R. A. van Jr.: Inventaris der Archieven van de Stad ’s Hertogenbosch, chronologisch opgemaakt en de voornaamste gebeurtenissen bevallende. 5. T. ’s Hertogenbosch 1863. Zwierlein, Cornel: Fuggerzeitungen als Eregnis von italienisch-deutschem Kulturtransfer 1552–1570. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 90 (2010), S. 169–224.

IV.3. Verzeichnis der Abbildungen, Grafiken und Karten Abb. II.1.1: Feuerwerk auf der Engelsburg zu Ehren Papst Gregors XIII. (1579). Ambrogio Brambilla/ Claudio Duchetti, CASTELLO S. ANGELO CON LA GIRANDOLA, Rom, 1579. (MET, 2012.136.943, www.metmuseum.org). Abb. II.1.2: Martin Rotas Flugblatt auf Papst Pius V. als Gründer der ›Heiligen Liga‹ und Sieger von Lepanto (1571). (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, 1873,0809.799). Abb. II.1.3: Flugblatt-Darstellung des römischen Lepanto-Triumphzugs vom 04. Dezember 1571. Michele Tramezzino: L’entrata solenne fatta dall’ec.mo sig.r Marcant.o Colonna in Roma doppo la felicissima vittoria havvta dall’armata christiana contra tvrchi l’anno 1571. a IIIJ. di decembre. Rom 1571. (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, Y.8–113). Abb. II.1.4: Die stadtrömische Lepanto-Ehrentafel Marc’antonio Colonnas in einem anonymen, zeitgenössischen Druck. (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, 1872,0608.515). Abb. II.1.5: Lepanto-Soffitto in der Kirche Santa Maria in Aracoeli, Rom (2012). Abb. II.1.6: Lepanto-Soffitto in der Chiesa di Santo Stefano dei Cavalieri, Pisa (2013). Abb. II.1.7: Eine Darstellung der Naumachia im Palazzo Pitti in Florenz. (Orazio Scarabelli da Bernardo Buontalenti, 1589). (MET, 31.72.5(11), www.metmuseum.org). Abb. II.3.1: Titelseite einer Nürnberger Lepanto-Flugschrift von 1571. Anonym: Zeittungen/ Von dem Grossen Christen Sieg. (BSB, Res4 Belg. 186 c#Beibd.9, Titelblatt). Abb. II.3.2: Zeichnung der zum Galeerendienst Verurteilten in einer Nürnberger Chronik. StadtAN, F 1 Nr. 42, fol. 115v. Karte II.5.1: Geografische Verteilung der direkt durch Philipp II. über Lepanto informierten, mittel- und südamerikanischen Ortschaften. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte. Abb. II.5.2: Beschreibung und Darstellung der Lepanto-Festivitäten in Mexiko-Stadt/ Teno¯chtitlan im Nahuatl-sprachigen ›Codex Aubin‹ (1572). (© The Trustees of the British Museum, Am2006, Drg.31219). Abb. II.5.3: Eine mittelamerikanische Feder-Adarga Philipps II. Copyright © Patrimonio Nacional. Abb. II.5.4: Ein amanteca bei der Arbeit. Bildaufnahme der digitalen Edition des Florentiner Codex durch Gary Francisco Keller, Fray Bernardino de Sahagún: The Florentine Codex. Complete Digital Facsimile Edition on 16 DVDs. Tempe, Arizona 2008. Abdruck mit Erlaubnis des Arizona State University Hispanic Research Center. Abb. II.5.5: Japanischer Wandschirm zur Seeschlacht von Lepanto (レパント戦闘). Ko¯setsu Museum of Art (Kobe). Bildzitat von To¯bu bijutsukan (Hrsg.): Dai zabieru-ten –

Verzeichnis der Abbildungen, Grafiken und Karten

695

Rainichi yon-hyaku go-ju¯ shu¯nen sono sho¯gai to nanban bunka no iho¯. To¯kyo¯ 1999, S. 26f. aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/ image/show/heidicon_zo-ddf0779de2083522c95629bbae9a3830ef1a8bd0 [Zugriff am: 01. November 2014]. Abb. II.5.6: Flandrischer Wandteppich zur Schlacht von Zama (Brüssel, 1523–1532, Real Palacio, Madrid). Bildzitat von Fernando Checa Cremades: Tapisseries flamandes pour les ducs de Bourgogne, l’empereur Charles Quint et le roi Philippe II. Brüssel 2008, S. 199, fig. 116 aus Bilddatenbank Prometheus, URL: http://prometheus.uni-koeln.de/ pandora/image/show/heidicon_kg-8d49776a272e9f411039430210444ebcde43b8ff [Zugriff am: 18. August 2014]. Abb. II.5.7: Giulio Romanos Fresko ›Die Schlacht an der Milvischen Brücke‹ (1520–1524, Sala di Constantino, vatikanischer Palast). Bildzitat von Petra Kruse (Hg.): Hochrenaissance im Vatikan. Kunst und Kultur im Rom der Päpste 1503–1534. Bonn 1999, S. 256 aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/ image/show/digidia-df02cddcf 763c81d0943a2210f3300f4b049e50f [Zugriff am: 18. August 2014]. Abb. II.5.8: Imperatoren-Darstellung in Panvinios Druck zu antiken Triumphzügen. Panvinio: AMPLISSIMI ornatißimiq[ue] triumphi. (CUL, LA.8.49), fol. 5v. Abb. II.5.9: Ausschnitt des japanischen Wandschirms zur Seeschlacht von Lepanto (レパン ト戦闘). Ko¯setsu Museum of Art (Kobe). Bildzitat von To¯bu bijutsukan (Hrsg.): Dai zabieru-ten – Rainichi yon-hyaku go-ju¯ shu¯nen sono sho¯gai to nanban bunka no iho¯. To¯kyo¯ 1999, S. 26f. aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln. de/pandora/image/show/heidicon_zo-ddf0779de2083522c95629bbae9a3830ef1a8bd0 [Zugriff am: 01. November 2014]. Abb. II.5.10: Caesaren-Darstellung des Druckes von Adriaen Collaert, nach Jan van der Straet (gedruckt in Antwerpen zu Beginn des 17. Jahrhunderts). (© The Trustees of the British Museum, Department of Prints and Drawings, 1957,0413.165). Grafik II.6.1: Die Zirkulation der Fugger-Zeittungen zu Lepanto (1571). Grafik II.6.2: Die Zirkulation der an das Herzogtum von Urbino gesandten Lepanto-Avvisi (1571). Grafik II.6.3: Die Zirkulation Pfalz-Neuburgischer Zeittungen zur Einnahme von Tunis (1573). Grafik II.6.4: Die Zirkulation der an Cosimo I. und Francesco I. de’ Medici versandten Lepanto-Nachrichten (1571). Grafik II.6.5: Die Zirkulation der an Philipp II. versandten Lepanto-Nachrichten (1571). Grafik II.6.6: Die Zirkulation der an das Kurfürstentum Sachsen gesandten LepantoZeittungen (1571). Grafik II.6.7: Die Zirkulation der an das Kurfürstentum Brandenburg gesandten LepantoZeittungen (1571). Karte II.6.8: Eine Kartografie zeitgenössischer Ortschaften, in denen im Zuge meiner Recherchen die Bekanntheit der Lepanto-Zeittung nachgewiesen werden kann. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte. Karte II.6.9: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten LepantoZeittungen I: Istanbul als Knotenpunkt der Nachrichtenzirkulation. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte.

696

Anhang

Karte II.6.10: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten Lepanto-Zeittungen II: Otranto als Knotenpunkt der Nachrichtenzirkulation. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte. Karte II.6.11: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten Lepanto-Zeittungen III: Die Zirkulation des venezianischen Lepanto-Avviso (Auswahl kultureller Zentren). Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte. Karte II.6.12: Eine Kartografie der Nachrichtenwege und -netzwerke der frühesten Lepanto-Zeittungen IV: Livorno als Knotenpunkt der Nachrichtenzirkulation. Mein Dank gilt Dr. Félix Krawatzek (University of Oxford) für die Erstellung der Karte. Tab. II.6.13: Dauer der Übermittlung der ersten Lepanto-Nachrichten von Venedig aus (19. Oktober 1571) anhand ausgewählter Ortschaften. Abb. II.6.14: Albrecht Dürer, Der kleine Postreiter, um 1496. (MET, 17.37.104, www.metmu seum.org). Grafik II.6.15: Die Postübermittlung des mantuanischen Botschafters in Venedig zur Zeit der Seeschlacht von Lepanto: Quantität und Intervalle. Basierend auf ASMa, Archivio Gonzaga, 1504. Grafik II.6.16: Von Diego Guzmán de Silva getätigte Ausgaben an den päpstlichen age[n]te del[l]a posta Andrea da Mozio im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1571 (Geldbeträge werden in lire angegeben). AGS, Estado, Venecia e Islas Jónicas, leg. 1502, doc. 72. Abb. III.1.1: Cy Twomblys ›Lepanto‹-Gemäldezyklus (Detail). Bildzitat von Heiner Bastian (Hg.): Cy Twombly. Catalogue Raisonné of the Paintings. Bd. 5. München 2009, S. 8 aus Bilddatenbank Prometheus. URL: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/ large/berlin_udk-2140ccc1214c388e59928773d3d584bba66dab47 [Zugriff am: 15. Oktober 2015].

IV.4. Abkürzungsverzeichnis IV.4.i. Allgemeine Abkürzungen art. b., bb. Bd., Bde. cred. doc. EDIT 16 Exp. f., ff. fasc. Fasz. fol. leg. m. v.

articolo; articoli busta, buste Band, Bände credenza documento, Dokument Censimento nazionale delle edizioni italiane del XVI secolo. exponente folgende, fortfolgende fascicolo; fascicoli Faszikel folio legajo; legajos more veneto

697

Abkürzungsverzeichnis

m. n°

mazzo; mazzi numero r recto reg., regg. registro, registri S. Seite(n) t. tomus; tomi. v verso VD 16 Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts vol., vols. volume(s); volum(e/-i)

IV.4.ii. Abkürzungen von Archiven, Bibliotheken und Museen ACA ACB ACDF ACMF ACPV ACS ADG ADP AGI AGS AHCB AHN AHN, SN AHU AIRE AL AM AMS AMT AN ANTT ARV ASC ASCF ASDN ASFe ASFi ASGe ASMa ASMi ASMo

Arxiu de la Corona d’Aragó, Barcelona Arxiu de la Catedral, Barcelona Archivio della Congregazione per la Dottrina della Fede, Vatikan Archivio Capitolo Metropolitano Fiorentino, Florenz Archivio della Curia Patriarcale di Venezia, Venedig Archivo de la Santa Catedral Metropolitana, Sevilla Archivio Diocesano, Genua Archivio Doria Pamphilj, Rom Archivo General de Indias, Sevilla Archivo General de Simancas Arxiu Històric de la Ciutat de Barcelona Archivo Histórico Nacional, Madrid Archivo Histórico Nacional, Sección Nobleza, Toledo Arquivo Historico Ultramarino, Lissabon Archivio delle Istituzioni di Ricovero e di Educazione, Venedig The Arcadian Library, London Arquivo da Marinha, Lissabon Archivo Municipal de Sevilla Archivo Municipal de Trujillo Archives nationales, Paris Arquivo Nacional da Torre do Tombo, Lissabon Archivo del Reino de Valencia Archivio Storico Capitolino, Rom Archivio Storico del comune di Ferrara Archivio Storico Diocesano di Napoli, Neapel Archivio di Stato di Ferrara Archivio di Stato di Firenze, Florenz Archivio di Stato di Genova, Genua Archivio di Stato di Mantova, Mantua Archivio di Stato di Milano, Mailand Archivio di Stato di Modena

698 ASN ASPi ASR AST ASU ASVat ASVe AVB/ ASB AVM BAL BAless BAM BAR BAV BC BCas BCB BCompl BCors BCS BCT BE BHStAM BL BM BMAG BMB BMCC BML BNCF BNCR BNE BnF BNL BNM BNN Bodl. BSB BSL BSRGS BSS BUB BUP BVA BVR

Anhang

Archivio di Stato di Napoli, Neapel Archivio di Stato di Pisa Archivio di Stato di Roma, Rom Archivio di Stato di Torino, Turin Archivio di Stato di Urbino Archivio Segreto Vaticano, Vatikan Archivio di Stato di Venezia, Venedig Archives de la ville de Bruxelles/Archief van de Stad Brussel, Brüssel Archivo de Villa, Madrid Biblioteca da Ajuda, Lissabon Biblioteca Alessandrina Roma Biblioteca Ambrosiana, Mailand Biblioteca Angelica, Rom Biblioteca Apostolica Vaticana, Vatikan Biblioteca de Catalunya, Barcelona Biblioteca Casanatense, Rom Biblioteca Civica Berio, Genua Biblioteca Complutense, Madrid Accademia Nazionale dei Lincei, Biblioteca Corsiniana, Rom Biblioteca Comunale, Siena Biblioteca comunale Teresiana, Mantua Biblioteca Estense, Modena Bayerisches Hauptstaatsarchiv München British Library, London British Museum, London Birmingham Museum and Art Gallery Biblioteca de Montserrat, Barcelona Biblioteca del Museo Civico Correr, Venedig Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Florenz Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II. Roma, Rom Biblioteca Nacional de España, Madrid Bibliothèque national de France, Paris Biblioteca Nacional, Lissabon Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III Napoli, Neapel Bodleian Library, Oxford Bayerische Staatsbibliothek München Biblioteca statale di Lucca Biblioteca del Senato della Repubblica Giovanni Spadolini, Rom Biblioteca di Santa Scolastica, Subiaco Biblioteca Universitaria di Bologna Biblioteca Universitaria di Pisa Bas¸vekâlet Ars¸ivi, Istanbul Biblioteca Vallicelliana, Rom

Abkürzungsverzeichnis

CMA CMSPM CUL DHIR DOZA FA FCC FLG FMC FSL GNM GRI GStA PK HAB HAStK HHStA HL HUL KHM LA NRW Abt. Rhld. LA NRW Abt. Westf. LBC LBZ RP LHAK LHASA, DE LMA LMU LPL MC MCC MCCV MET MNM MNP MOL MPM NA NAM NK NL NLS NMW ÖNB OSK

699 Cleveland Museum of Art Conservatorio di Musica San Pietro a Majella, Neapel Cambridge University Library Deutsches Historisches Institut, Rom Zentralarchiv des Deutschen Ordens, Wien Fugger-Archiv, Dillingen Fondazione Camillo Caetani, Rom Fundación Lázaro Galdiano, Madrid Fitzwilliam Museum Cambridge Folger Shakespeare Library, Washington D. C. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg The Getty Research Institute, Research Library, Los Angeles Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Historisches Archiv der Stadt Köln Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien The Huntington Library, San Marino Harvard University Library Kunsthistorisches Museum Wien Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland, Düsseldorf Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen, Münster Landesbibliothek Coburg Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Zweibrücken Landeshauptarchiv Koblenz Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung DE, Dessau London Metropolitan Archives Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München Lambeth Palace Library, London Museum Czartoryski, Krakau Magdalene College, Cambridge Museo Civico Correr, Venedig Metropolitan Museum of Art, New York Museo Naval, Madrid Museo Nacional del Prado, Madrid Magyar Országos Levéltár, Budapest Museum Plantin-Moretus, Antwerpen Národní archiv v Praze, Prag National Archives of Malta (Banca Giuratale), Mdina Národní knihovna, Prag Newberry Library, Chicago National Library of Scotland, Edinburgh Nationalmuseum Warschau Österreichische Nationalbibliothek, Wien Országos Széchényi Könyvtár, Budapest

700 ÖStA PUL QCC RA RAH RB RBA/ AEBA RMA SA SächsHStA Dresden SBB SK SKD SLUB SML SoaT SPK StadtAA StadtAD StadtAKon StadtAL StadtAM StadtAMühlhausen StadtAN StadtASH StAKZ StAN SUBG SUSBA SVA SYEK TCC ThULb TNA TSK UB, CRAI UBB UBGent UBH UBLeid UBLeip UBM UBT UBU ULB Sachsen-Anhalt

Anhang

Österreichisches Staatsarchiv, Wien Princeton University Library Queens’ College, Cambridge Real Armería, Palacio Real, Madrid Real Academia de la Historia, Madrid Real Biblioteca, El Escorial, Madrid Rijksarchief te Brussel I (Anderlecht)/ Archives de l’Etat à Bruxelles I (Anderlecht), Brüssel Rijksmuseum, Amsterdam Stadsarchief Antwerpen Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz Strahovska knihovna, Prag Staatliche Kunstsammlungen Dresden Sächsische Landesbibliothek Dresden Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Státní oblastní archiv v Trˇeboni, Trˇebonˇ Sint-Pauluskerk, Antwerpen Stadtarchiv Augsburg Stadtarchiv Dresden Stadtarchiv Konstanz Stadtarchiv Leipzig Stadtarchiv Münster Stadtarchiv Mühlhausen Stadtarchiv Nürnberg Stadtarchiv Schwäbisch Hall Staatsarchiv des Kantons Zürich Staatsarchiv Nürnberg Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Staats- und Stadtbibliothek Augsburg Stadt- und Vestisches Archiv, Recklinghausen Selimiye Yazma Eser Kütüphanesi, Edirne Trinity College, Cambridge Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Jena The National Archives of the UK, London Topkapı Sarayı Müzesi Kütüphanesi, Istanbul Universidad de Barcelona, CRAI Biblioteca de Reserva Universitätsbibliothek Basel Universiteitsbibliotheek Gent Universitätsbibliothek Heidelberg Universiteitsbibliotheek Leiden Universitätsbibliothek Leipzig Universitätsbibliothek Mannheim Universitätsbibliothek Tübingen Universiteitsbibliotheek Utrecht Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

701

Abkürzungsverzeichnis

UML WDA WIL WLB WStLA ZBZ

University of Michigan Library Wiener Diözesanarchiv Library of the Warburg Institute London Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart Wiener Stadt- und Landesarchiv Zentralbibliothek Zürich

V. Ortsregister

Acapulco 351, 357 Acla 341 Aden 302 Afrika 28, 231, 360, 570f., siehe Einzelnennungen Afrika, Nord- 201, 271, 273, 358, 409, 430f., 546, 575, siehe Einzelnennungen Afrika, Zentral- 56, siehe Einzelnennungen Ägypten 168, 355, 360, 409, siehe Einzelnennungen Aktium 43 Albanien 142f., 166, 360, siehe Einzelnennungen Alcácer-Quibir 49 Aleppo 475 Alessandria (Piemont) 480 Alexandria 140, 441 Algerien 45 Algier 245, 302, 420 Alicante 382, 446, 456f. Alpujarra 356 Amazonas 357 Anatolien 163, 166, 575 Ancona 158, 185, 417, 447, 456f., 477, 500, 507 Andalusien 26, 309 Anhalt 247 Ansbach 188, 199, 256f., 261, 437, 482, 496–498 Antequera 318 Antwerpen 69, 93f., 134, 219f., 320, 398, 401, 411f., 417, 420, 431, 435f., 448, 451, 453, 456f., 462, 481

Arabien 303, 355, 360, 460f., 575 Aragón 544f. Argentinien 318, 323 Armenien 142, 163, 166f., 360 Arta 143 Aschaffenburg 256, 287f. Asien 28, 570f., siehe Einzelnennungen Astakos 419, 422, 447, 456f., 460f., 463, 465 Asti 479 Asunción (Paraguay) 323 Äthiopien 39, 486, 579 Atlantik 43, 317–379 Augsburg 68, 198f., 207–216, 236, 248, 259–266, 268, 278f., 411, 413–420, 423, 427–433, 436, 438, 443, 459, 461–465, 467–469, 482, 486, 491, 500, 512–514, 549, 573, 585–588 Avignon 447, 456f. Balkan 40, 180, siehe Einzelnennungen Baltikum 425 Bamberg 188, 191, 199, 256f., 259, 261, 264, 473, 482, 496 Barcelona 66, 69, 85f., 319, 383, 460f., 466, 480, 500 Basel 236, 473 Bassano del Grappa 80 Bayern 190f., 215, 243, 249f., 256, 264, 278, 284, 292f., 296, 393, 437f., 469, 483 Bayreuth 261, 264 Beirut 302 Belgien 65 Belluno 80

704 Bergamo 80, 170 Berlin 11f., 21, 34f., 69, 285f., 462–465, 482, 496 Bern 234, 264 Besançon 417 Bogotá 323 Böhmen 195–197, 284, 485, 549, 560 Bolivien 318, 323 Bologna 446, 477 Bosnien 166 Bouvines 55 Brabant 93, 469 Brandenburg 190f., 199, 206, 256, 261, 268, 284–287, 289, 293, 296, 298, 414, 437, 462–465, 485, 496–498, 526, 586 Brasilien 51 Braunschweig 247 Breda 436 Brescia 80, 177, 473 Breslau 259, 261, 264 Brindisi 90f., 320 Brixen 237, 473 Brunei 355 Brüssel 69, 91, 320f., 382, 413, 417, 421f., 435, 460f., 481, 500 Budapest 69, 196, 276, 422, 454, 483 Bulgarien 360 Burghausen 261 Burglengenfeld 428–431 Burgund 40 Cambridge 13, 68 Campo 417 Candela 456f. Caracas 323 Cartagena 318, 323 Castello 456f. Cerreto 447, 456f., 485 Cesena 473f. ˇ eský Krumlov 484f. C Charcas 318 Chartres 522 Chiapas 318 Chicago 70 Chile 318, 322f., 358–362, 580 China 358, 385, 389

Ortsregister

Chur 219–222, 229f., 439, 482 Cividale del Friuli 80, 177 Civitavecchia 416, 419, 456f. Cobán 323 Colima 349 Cologna Veneta 80 Comayagua 323 Concepción de Chile 318, 322f. Conegliano 80 Cordignano 80 Córdoba 19 Crema 80f. Cremona 473 Crespina 449, 456f. Cressier 264 Cursolari-Inseln 456f. Cusco 318, 322f. Dalmatien 79, 138, 143, 181, 360, 462 Dänemark 277, 285, 466 Danzig 417 Desenzano del Garda 134 Dessau 69 Deutschland 21–23, 34f., 45, 65, siehe Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation sowie Einzelnennungen Dijon 473 Dillingen 69, 237, 427–431, 473 Diyarbakır 142 Dominikanische Republik 323 Dresden 69, 284–286, 459–463, 482 Dubrovnik, siehe Ragusa Durango 352 Ecuador 318, 323, 357f. Edirne 70, 301, 306, 311, 474 Edo 395 Eichstätt 191, 437, 473 El Escorial 326f., 383, 386, 458–461, 490f., 581 England 43, 65, 130–133, 225, 277, 285, 351, 357, 384f., 504, siehe Einzelnennungen Española 318 Esztergom 196f., 455–457 Euböa 222, 474

Ortsregister

Europa 17–42, 73–134, 410, 567–571, 577– 579, siehe Einzelnennungen Évora 127 Falkenstein 243 Famagusta 75, 191, 197, 210, 222, 227, 278, 417, 443, 451, 454, 509, 548 Feltre 80 Ferrara 67, 122–124, 184, 219, 245, 382, 416f., 419f., 454, 456f., 460f., 477, 500, 586 Finale Ligure 417 Fiskardo 419 Flandern 91, 358, 381, 387f. Florenz 67, 69, 112–116, 124, 169, 185, 192, 194, 264, 303, 320, 377, 382, 386, 445– 457, 466f., 477, 481, 485, 491, 499f., 502, 507f., 510f., 534 Franken 191, 254, 278 Frankfurt a. M. 28, 236, 412, 473 Frankreich 29, 45, 65, 67, 123–127, 225, 227f., 232, 235, 277, 285, 304, 340, 361, 417, 436, 458, 466, 473, 481, 494, 510f., 513f., 535, 552, 570, 581, 586, siehe Einzelnennungen Friedberg 256f. Fürth 188, 239 Gaiazzo 456f. Ganges 360, 409 Genf 198, 230–233, 235, 482, 573 Gent 92, 320, 481 Genua 66, 69, 80, 84, 89, 197, 244f., 249f., 252, 256, 260, 273, 300, 382, 386, 398, 417, 447–449, 456f., 460f., 467, 478, 480, 488, 490, 500, 502, 504f., 508, 524, 532, 542, 551, 554, 569 Georgien 282 Goa 382 Görlitz 261 Gotha 239 Grabsˇtejn 262 Gran 425 Granada 19, 368, 473 Graz 275, 291f., 295, 417, 562

705 Griechenland 36, 141f., 146–154, 164–172, 231, 360, 551, 574f., siehe Einzelnennungen Großbritannien 65, 68, siehe Einzelnennungen Guadalajara (Mexiko) 321–323, 327–343, 346, 371f., 374, 572 Guatemala 318, 321–323, 356f. Guatemala-Stadt 322f., 356f., 528, 532f. Haarlem 435 Hagenau 274 Haiti 56 Harlingen 95 Havanna 322f. Hawaii 45f. Heidelberg 232f., 288, 296, 513 Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 24, 29, 31, 34f., 60, 67, 177, 189–301, 360, 383, 393, 450, 458, 470, 482f., 520, 556–563, 568, 572–575, siehe Einzelnennungen Heraklion 417 Herceg Novi 79f. Heroica Puebla de Zaragoza siehe Puebla Hessen-Kassel 437 Hessen-Marburg 437 Hildesheim 191, 473 Hiltpoltstein 256 Hispaniola 317, 321f. Holstein-Schaumburg 516–519 Honduras 318, 322f., 357 Hrad Zvíkov 195, 484 Indischer Ozean 43, 309, 409 Indischer Subkontinent 360 Ingolstadt 237, 261, 473 Innsbruck 194f., 280–283, 292f., 370f., 483, 486, 500, 513 Istanbul 16, 28, 36, 54, 137, 140, 166, 246, 272, 276, 301, 304–317, 432, 436, 454, 457f., 460f., 466, 474f., 509, 539, 548, 575f. Italien 18, 25, 37, 39, 65f., 183, 222, 232f., 243, 249, 251, 257, 259, 274f., 356, 358,

706 360, 381–383, 386, 391, 432, 466, 504, 514f., 553, 570, siehe Einzelnennungen Japan 379–410, 581f., siehe Einzelnennungen Jemen 303 Jerusalem 234 Jülich-Kleve-Berg siehe Kleve Kairo 140 Kalabrien 246 Kap der Guten Hoffnung 382, 409 Karibik 317–326, siehe Einzelnennungen Katalonien 544f. Kefalonia 138, 167, 449 Kleve 191, 482f., 519f. Kobe 380, 400 Koblenz 288 Köln 40, 190, 287–289, 297f., 412, 417, 512 Kolumbien 318, 323, 331, 341 Konstantinopel siehe Istanbul Konstanz 69, 550f. Korfu 137f., 144, 148, 167, 180, 244, 415, 417, 419, 448, 456f., 460–462, 466, 477, 509, 532, 536, 548, 585 Kotor 79f., 417, 457 Kraftshof 253 Kraków 70, 128, 417, 421f., 475, 487, 511 Kreta 137f., 167, 170, 466 Kroatien 194, 360, 495 Kuba 318, 322f. Kulmbach 199, 437, 497f. Kythira 417 Kyu¯shu¯ 382, 396 La Goulette 229, 428 La Plata (de los Charcas) 321f. Landsberg 215 Landshut 261 Lecce 466, 476, 501 Lefkada 419, 460f. Legnago 80, 530 Legnica 560 Leiden 70 Leipzig 69, 236, 412, 425, 433–435, 473 Lentiai 80

Ortsregister

Levante 18, 42, 163, 166, 177, 181f., 207, 271, 453, 458, 462 Libyen 19, 360 Lido 155 Ligurien 551 Lima 318, 321–323, 325, 351 Linz 240f. Lissabon 68, 127f., 382f., 408, 417, 480, 485 Litauen 128–130, 433, 475 Livorno 382, 446–448, 456f., 485f. London 12, 68f., 130–133, 432, 451, 456f., 460f., 483, 579 Loreto 382 Los Angeles 70 Lyon 126, 413, 417, 420, 425, 436, 481, 500 Macao 404f. Madrid 66, 69f., 84f., 123, 127, 272, 274, 303, 319, 321, 326, 338, 347, 351, 358, 382f., 388, 413f., 417, 444, 448, 451, 456– 461, 476f., 480, 488, 490–492, 500–502, 509, 516–519, 523–525, 532, 581 Magdeburg 53 Mähren 560 Mailand 66, 86, 229, 274, 375, 378, 382, 417, 436, 449, 451, 458, 460f., 479f., 494, 500, 502, 504f., 555f. Mainz 190f., 197, 199, 244, 278, 284, 287, 289, 295, 297f., 482, 486, 496, 498 Malaca 354 Maliers 417 Mallorca 382 Malta 172, 244, 264, 417, 548, 550, 562 Managua 323 Manila 354f. Mantua 67, 91, 121, 382, 417, 478, 492f., 506f., 560 Manzikert 54 Marokko 26f., 243 Marsala 430 Medellín 331 Mel 80 Memmingen 279 Mérida (Mexiko) 323 Messina 87–89, 171, 245, 421f., 441, 447f., 456f., 459–462, 477, 485, 543, 551

Ortsregister

Messolonghi 393 Methoni 474, 485 Mexiko 322f., 326f., 331, 340, 347–351, 356f., 362–379, 408, 572, 580f. Mexiko-Stadt 318, 321–323, 325–327, 330, 336, 339, 341–346, 348, 350f., 355f., 363f., 372, 374f., 527, 531–533, 580 Michoacán 318, 323, 349 Mirandola 528 Mittelamerika 317–347, 408f., 480, 527, 570, 580f., siehe Einzelnennungen Mittelmeer siehe Einzelnennungen Modena 67, 176, 473 Moldawien 282 Mömpelgart 232, 437 Monemvasia 167 Montenegro 79 Mosambik 309 Moskau 129, 579 Mühlberg 368 Mühlhausen 69, 290, 295, 297f. München 69f., 215, 237, 240, 256, 261, 424, 565 Münster 69, 191, 194, 477, 516–519, 550 Nafpaktos 16, 18, 393, 415, 474, 539 Nafplio 167, 170 Nagasaki 382, 403 Nakashima 403 Namur 417 Nancy 481, 486 Navarino 350, 355f., 544 Neapel 66, 70, 87, 89f., 245f., 303, 320, 419–422, 429f., 432, 441, 447, 451f., 456– 458, 460f., 472, 476f., 489, 491–494, 500f., 507, 509, 521, 526, 537, 543, 546, 550, 556, 569 Neuburg a. d. Donau 424–438 New York 23 Nicaragua 318, 323 Niederlande 43, 65, 91–95, 225, 227, 231, 358, 381f., 417, 431, 436, 441, 462, 466, 473, 516, 520, 570, siehe Einzelnennungen Nijmegen 516 Nikosia 278

707 Nishinomura 396 Nizza 451 Norwegen 434f. Nueva España 318, 321f., 324, 327f., 331, 350f., 354, 373, 531 Nueva Galicia 318, 327–342 Nueva Granada 318, 321f. Nueva Vizcaya 350–353 Nürnberg 68f., 95, 185–188, 198–207, 236, 239, 241, 247–261, 263f., 412, 414, 425, 429, 432, 436, 463–466, 482, 496, 500, 552f., 573 Oaxaca de Juárez 318, 323, 341 Oberhausen 263 Olomouc 240 Oslo 25 Osmanisches Reich 17–44, 47, 60, 66f., 115, 128f., 137, 140–164, 172–188, 209, 211f., 221, 224–227, 230f., 233f., 239, 243, 267, 272–317, 351, 355, 360, 385, 393, 406, 421, 425, 434, 447, 466, 474f., 485, 499, 553, 567, 572, 575–577, 585– 587, siehe Einzelnennungen Österreich 31, 65 Otranto 54, 415–417, 419, 449, 453, 472, 475–478, 485, 509 Oxford 68 Padua 80f., 478, 522, 528, 548 Pahres an der Aisch 252 Palermo 429f., 432, 473, 543 Paliano 104 Panama 318, 321–323, 358 Panama-Stadt 321–323 Panay 355 Pánuco 349 Paraguay 318 Paris 40, 68f., 124–126, 225, 227f., 232, 235, 413, 417, 422, 432, 469, 480f., 496, 500, 510f., 513, 515, 573 Parma 121, 416, 479, 504, 528 Passau 191, 417, 473 Patras 180, 393, 451, 456f., 585 Pavia 473 Peloponnes 146–148, 170f., 222, 307

708 Persien/ Safawidenreich 142, 167, 309, 313, 385, 475, 579 Peru 318, 321–323, 331, 357f. Perugia 473 Pesaro 382, 417, 473f. Peschiera del Garda 548 Petala 456f., 460f., 465 Pfalz 190f., 278, 287f., 289f. Pfalz-Neuburg 278, 290, 299, 414, 424–438 Pfalz-Simmern 437 Philippinen 38, 353–355, 358, 383, 580 Pielenhofen 429, 430 Piemont 67, 480, 538 Piombino 447, 449, 456, 508 Pisa 67, 108, 111, 382, 386, 447, 456, 485, 547f., 553, 556 Polen 21, 65, 128–130, 268f., 282, 285, 383, 425, 466, 475, 487, 505, 511 Popoyán 318, 323 Poppelsdorf 288, 297f. Pordenone 80 Porto 80 Portugal 65, 84, 127f., 309, 382, 396, 504 Prag 40, 45, 54, 262, 267f., 420, 425, 484, 553 Puebla 322f., 340 Puerto Rico 318, 322f. Pukapuka 56 Pungarabato 350 Qazvin 475 Quito 318, 321–323, 357f., 527 Radkersburg 244 Ragusa 79, 153, 179, 302, 422, 441, 457, 460f. Regensburg 26–28, 277, 414 Rhodos 120, 223, 341 Rimini 417 Río de la Plata 318, 358 Rom 30, 36, 38, 40, 65, 67, 69f., 84, 94, 96– 110, 123, 126f., 134, 169, 193, 196f., 206, 210–212, 214f., 221, 224–227, 229, 232, 234, 243, 245f., 267–273, 291, 299, 303, 382, 384, 386–389, 398, 402, 411, 414– 423, 429–433, 436, 440f., 443, 448f., 451–

Ortsregister

468, 470, 472f., 476f., 481–484, 486, 488f., 492–494, 498–501, 505–507, 509, 519–521, 534, 546, 559, 561f., 569, 576, 585–588 Rouen 413 Rovinj 508 Rumänien 22 Russland 31f., 496 Sachsen 190f., 239, 264, 284–287, 289f., 293, 295, 298f., 320f., 414, 459–463, 466, 485 Saint-Quentin 361 Salamanca 473, 522 Salò 80 Salzburg 190f., 513, 552 San Cristobál de las Casas 323 San Giorgio 417 San Juan 318, 322f. San Polo di Piave 80 Santafé de Bogotá 318, 322 Santiago de Chile 318, 323 Santo Domingo 317, 323 Savoyen 67, 116–121, 126, 264, 417, 451, 458, 481, 492, 499, 502, 536–541, 553f., 569, 586–588 Schlesien 259, 560 Schottland 132f., 285 Schwaben 191, 278 Schwäbisch Hall 69, 549f. Schwandorf 437 Schweden 285, 466 Schweinfurt 256 Sevilla 66, 69, 85f., 319, 329, 378, 417, 500, 511 Shanksville 23 ’s-Hertogenbosch 93, 320, 481 Shkodra 166 Siebenbürgen 233, 275, 282, 360, 425, 433, 475 Siena 382, 528 Simancas 66 Sizilien 420, 430, 459, 509, 518, 544, 579 Skandinavien 434f., siehe Einzelnennungen Sowjetunion 35

Ortsregister

Spanien 19f., 29–31, 37f., 65–67, 84–96, 101f., 126, 133, 135, 168, 177, 193, 197, 210, 221, 224–229, 234, 243–246, 251, 267, 273f., 282, 291, 299, 301, 309, 317– 379, 381–383, 391, 402, 408, 420, 431– 433, 445, 448, 458–461, 466f., 488, 491f., 494, 504f., 509, 515, 520–523, 527, 539, 543, 546, 554f., 559, 561, 569, 576, siehe Einzelnennungen Speyer 191, 208, 278, 290, 482, 513 Split 417 St. Pölten 551 Sterzing 244, 513 Straßburg 482, 511–515 Straubing 261 Stübing-Fladnitz 559 Stuttgart 482 Subiaco 67 Sucre 323 Südamerika 317–347, 480, 527, 579–581, siehe Einzelnennungen Suez 302 Sumatra 355 Syrien 168, 271, 360 Tadamoco(?) 138 Tadena(?) 80 Teneriffa 19 Teno¯chtitlan siehe Mexiko-Stadt Ternate 355 Thessaloniki 180 Thüringen 290 Tirol 441 Tlailotlaca 363 Tlaxcala 318, 323, 341 Toledo 85, 382, 460f., 480, 522 Tordesillas 341 Toskana 67, 83f., 108–116, 124, 134, 185, 192, 197, 414, 445–457, 467, 481, 485, 488, 502 504f., 531, 534f., 547f., 553, 556, 569, siehe Einzelnennungen Tours 480 Trafalgar 43 Trapani 245, 429f. Trˇebonˇ 69, 418 Trento 460f.

709 Treviso 80, 450, 548 Trier 190f., 287, 290, 297–299, 512, 514 Trino 473 Tripoli 302 Trondheim 434f. Trujillo (Honduras) 322f. Trujillo (Spanien) 69 Tschechische Republik 65 Tucumán 318, 323 Tui 19 Tunis 104, 228f., 245, 358, 368, 420, 427– 433, 563 Turin 66f., 117–121, 126, 264, 418, 456f., 460f., 479–481, 500, 536–541, 553f., 586–588 Türkei 25f. Tursi 467 Udine 184 Ulcinj 311, 417 Ulm 434, 437 Ungarn 65, 196f., 268, 382, 421, 425f., 485, 495, 516, 528, 559f., siehe Einzelnennungen Urbino 65, 91, 121, 173, 243, 414, 420–424, 443, 468f., 478 USA siehe Vereinigte Staaten von Amerika Utøya 25 Valencia 66, 85 Valladolid 19 Vatikanstaat 65, 70, 420 Venedig 12, 29f., 36, 38, 44, 65–67, 69f., 73–84, 86, 96, 101f., 116, 119–121, 123, 126, 128–130, 134–188, 190–192, 194, 196f., 203, 207, 210, 220, 224, 227, 229, 231, 234, 236, 238f., 243, 245f., 262, 264, 267, 272, 278, 282f., 290, 296f., 299, 301f., 303f., 306, 308–311, 320, 382, 384– 386, 405, 411, 413–423, 425, 429, 431f., 434, 440–442, 445f., 450f., 453, 455–467, 469f., 472, 474, 476–526, 528–530, 534, 536–541, 543, 546, 548f., 554f., 559–561, 569, 572, 574–576, 583, 585–588 Venezuela 318, 323

710 Verapaz 318 Vereinigte Staaten von Amerika 23f., 45, 65, 565 Verona 80, 478, 502 Vicenza 80 Villena 330 Viterbo 473 Vysoký Chlumec 195f., 484, 500, 524f. Walachei 282, 422, 475, 487, 511 Warschau 417 Wertingen 279 Westfalen 516 Wien 26, 28, 37, 54, 68f., 190–194, 196f., 235, 239–241, 245f., 267–274, 287, 289, 299f., 413f., 417, 421f., 425f., 436, 439– 445, 451, 454–457, 460–465, 469f., 482– 484, 487f., 493–495, 500, 502, 504f., 521– 523, 526, 549, 556–563, 573, 586 Wittenberg 214 Wolfenbüttel 237, 473 Worms 513

Ortsregister

Wrocław 237, 473, 495 Württemberg 232, 437, 469 Würzburg 191, 199, 482, 496–498 Ypern 93, 481 Yucatán 318, 324 Za˛bkowice S´la˛skie 261 Zacatecas 338–342, 347 Zacatula 349 Zadar 79, 137, 181, 417, 457 Zakynthos 138, 144, 153, 167, 180, 417, 457, 556 Zama 381, 387f. Zemunik Donji 79 Zittau 261 Zürich 198, 217–232, 234f., 252, 414, 432, 438f., 482, 573 Zypern 107, 135–138, 144, 167, 174f., 179– 188, 191, 201f., 208, 220–224, 233, 243, 310f., 414, 420, 426, 451, 462, 466, 545, 548, 576