Leitfaden für den Unterricht in der Geographie: Teil 2 (Quinta.) [Reprint 2021 ed.]
 9783112399767, 9783112399750

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Leitfaden für den

Unterricht in -er Geographie an höheren Lehranstalten von

Dr. Ad. Dronke, Director der Realschule I. O- und Prov.-Gewerbeschule in Trier.

EursirS II. (Quinta.)

Bonn, Eduard Webcr's Verlag (Rudolf Weber). 1877.

Die außereuropäischen Welttheile.

I. Süd-Ämerika. (320000 Q Ml.

SO Mill. Ein».)

8- 1. Lage und allgemeine Gestalt. Süd-Amerika bildet die kleinere Hälfte der neuen Welt, liegt mit mehr als zwei Drittel seiner Ländermafsc im Gebiete der heißen Zone und ragt mit dem nach Süden spitz zulaufcndcn letzten Drittel in die südliche gemäßigte Zone. Mit Mittel-Amerika hängt es im Nordwesten durch die schmale (10 Ml. breite) Landenge von Dorten (oder Panama) zusammen. Von dieser Landenge, die von der Bai von Panama (im S.) und dem Golf von Dorten (int 9t.) eingeschlosse» wird, zieht sich die Nordküste zunächst nach Nordosten bis zum Cap Gallinas, bildet alsdann die nach Norden offene Bai von Maracaybo, welche nach Süden mit dem Süßwassersee von Maracaybo zusammen­ hängt, und wendet sich alsdann ganz nach Osten bis zur Mündung des Orinoco; von hier an bis zum Cap San Roque läuft die Küste nach ostsüdöstlicher Richtung und tritt nur unter dem Acquator stärker zurück. Von Cap San Roane bis zur Magalhacnsstraße verfolgt die Küste eine säst rein südwestliche Richtung ohne bedeutendere Gliederung. Die Bai von Bahia (auch Bai de Todos os Santos genannt) liegt etwa in gleicher (Entfernung vom Aequator und dem Wendekreise ocs Steinbocks. Im südlichen Theile greift der atlantische Ocean an mehreren Stellen in die Küste etwas stärker ein und bildet

4 so mehrere Busen, deren beide bedeutendsten der Golf von S. Matias und von S. Georae find. Der südlichste Punkt des Festlandes, das Cap Froward, in der Magalhaensstraße gelegen, ist fast ebensoweit nach Süden von dem Wendekreise entfernt, als die Nordküste von demsel­ ben nördlich gelegen ist. Von diesem Punkt aus wendet sich die anfänglich sehr felsige, vielfach zerrissene Küste fast rein nach Norden, erst jenseit des Wendekreises — bei der Stadt Arica — ändert sie ihre Richtung nach Nordwesten bis zur Punta Parina, wo sie alsdann die Bai von Guayaquil und dann durch Zurücktreten nach Nordnordost die Bai von Panama bildet. Verbindet man der Reihe nach miteinander die Punkte Cap Gallinas, Orinocomündung, Cap San Roque, Cap Fro­ ward, Arica, Punta Parina, Cap Gallinas, so schließt die entstandene Figur den Continent von Süo-Amcrika ein. Dabei bemerke man sich, daß der westlichste und öst­ lichste Punkt «.Punta Parina und C. S. Roque) fast unter demselben Breitegrade und die Maaalhaensstraße mit der Bai von Maracaybo unter demselben Meridiane liegen. Die größte Längenausdehnuna von Süden nach Norden ist l*/s bis 1*7» mal so groß als die oben näher bezeichnete von Westen nach Osten, die Längenausdehnuna beträgt etwa 975, die Breite 675 geogr. Meilen und Star schneiden sich die Gcaden, welche die beiden größten usdehnungcn bestimmen, so, daß von derjenigen der Länge >/« "äch Norden und von derjenigen der Breite auch ’/< nach Westen liegt. (Der Schnittpunkt dieser beiden Linien liegt etwa an der Stelle der Vereinigung des Javari mit dem Amazonenstrom.) 8- 2.

Die Anden.

Die der Südspitze Amerikas vorgelagerte Gruppe der Feuerlandsinseln ist ganz von steilen zerrissenen und zum Theil hohen Gebirgen gebildet, die man ihrer ganzen Bildung nach als das Südende des großen Gebirgszuges der Anden (Cordillercn) betrachten muß; sie sind nur durch das eindringende stürmische

5 Meer von dem Festlande getrennt. Auf letzterem erhebt sich gleich an den Küsten der Magalhaensstraße das Ge­ birge steil empor und durchzieht den ganzen Continent bis in die Landenge von Panama hinein, überall der Westküste folgend. Richtiger würde man sagen: die Küste folgt der Richtung des Gebirges. Es ist das ausge­ dehnteste Ketten- und vulkanische Gebirge der Erde, das mit seinen Spitzen allcrwärts über die Grenzen des ewigen Schnees hinausragt. Nach seiner Lage unter­ scheidet man mehrere Theile. 1. Die Anden von Patagonien bilden den südlichsten Theil der ganzen Kette bis gcgcilüber der Insel Chiloö (bis zum Passe Perez Rosalcs). Dieses Gebirge ist in seinem Innern noch sehr wenig bekannt, cs scheint aber mehr plateauartig die ganze Südspitze Amerikas auszufüllen mit steilen West- und flacheren Ostabhängen. 2. Die Cordilleren von Chile bilden eine fast genau von Süden nach Norden streichende hohe Kette, die Fortsetzung der pcitagonischen Anden bis zum Wende­ kreise des Stkinbocks. Ihr hoher Kamm, der nur wenige gute Pässe bietet, ist die natürliche Grenze zwischen dem westlichen schmalen Küstcnlande (Chiles und den weiten Pampas des Rio de la Plata. Häufige und bedeutende Erdbeben, sowie stets thätige Vulcanc beweisen hier wie an allen andern Theilen des Gebirges die vulkanische Natur desselben. Die höchste Svitze ist der Acon­ cagua (über 7000 M. hoch, der höchste bekannte thätige Bulcan der Erde). 3. Die Cordilleren von Bolivia undPeru theilen sich unter dem Wendekreise des Steinbockes in zwei Ketten, deren westliche (bis zu der Punta Parina) nahe der Küste und mit dieser parallel nach Nordwesten läuft. Ihre höchste Spitze, der S a Ham a (6900 M.) bildet den Wendepunkt, von welchem ab sich die Kette aus der nördlichen Richtung zu der nordwestlichen abbiegt. Die östliche Kette entfernt sich zunächst auf größeren Abstand und wird von dem Pilcomayo, einem Auflusse des Para­ guav durchbrochen, darauf wendet sie sich auch nach Nordwesten und nähert sich wiederum stark der Westkette,

6 mit der sie dann parallel läuft und mit der sie durch mehrere Querketten (Querriegel), verbunden ist. So ent­ stehen verschiedene, zum Theil sehr hoch gelegene Plateaux. Das bekannteste ist das Plateau des Titicacasees (ca. 3800 M.hoch gelegen), ein reiches und prachtvolles, weites Alpenthal, an dessen Ostseite die höchste Spitze der Anden, der Pic von Sorata (7560 M.) liegt. 4. Die Cordilleren von Quito bilden in itoei nach Norden streichenden parallelen Ketten von dem Durchbruche des Amazonenstromes durch die östliche Kette die Fortsetzung der peruanischen Anden; sie schlie­ ßen ein schmales (2900 M. hohes) Plateau (das Plateau von Quito) ein. Zahlreiche Schneeberge, wie der Chim­ borazo (6400 M ), der Bulcan Cotapari u. s. f., umaürten die ewig grüne, mit Palmen bewachsene Hoch­ fläche, welche häufig von heftigen Erdbeben erschüt­ tert wird. 5. In den Cordilleren von Rcugranada nördlich des Aequators spaltet sich die östliche Kette in zwei; die drei parallelen Ketten sttcichen nach Nor­ den (etwas nach Osten abgelenkt) und verlausen allmäh­ lich gegen das caraibische Meer hin, von diesem durch eine fruchtbare Ebene getrennt. Ihre höchste Spitze, der Tolima, liegt in der mittleren Kette. Zwischen diesen ©ebitg^itoen liegen bedeutende Hochflächen. Äon der westlichen Kette zweigt sich ein nicht so hoher GebirgHua av, der durch die schmale Landenge von Panama die Anden fortsetzt. Das ganze Gebirge der Anden ist ausgezeichnet durch seinen Reichthum an edlen Metallen, namentlich an Sil­ ber, Gold, und außerdem an Kupfer. Da es durch die heißen Zonen bis nahe , zu der süd­ lichen kalten Zone hinabreicht, so bietet es an Pflanzen und Thieren große Mannigfaltigkeit. Mchttg vor Allem find die Cincho na-Bäume in den Urwäldern namentlich der Ostabhänge der Anden von Bolivia und Peru, aus deren Rinden das wichtige Chinin bereitet wird. Be­ kannte Thiere sind in den warmen Gegenden daS Lama und der Condor.

7 8 3. Die abgetrennten Gebirgssysteme Süd-Amerikas.

Außer dem großen Kettengebirge der Anden besitzt Süd-Amerika noch mehrere abgetrennte Gebirgssysteme von theilwcise großer Bedeutung. 1. Die Sierra nevada de Santa Marta ist ein an der Küste des caraibischen Meeres Mich der Mündung des Magdalcnenstromes gelegenes Massengebirgc von uncicheblichem Umfange, aber mit bedeutenden Gipfeln (5500 SW.) Dasselbe steht mit der an der West­ küste des Sees von Maracaybo bis zum Cap Gallinas laufenden Gebirgskette nicht in Verbindung, letztere ist vielmehr ein Ausläufer der Ostkette der Cordilleren von Neu-Granada. 2. Das Küstengebirge von Venezuela zieht sich — von den Anden durch eine Einsattlung geschieden — nach Nordosten der Süd- und Ostscite des Süßwas­ sersces von Maracaybo entlang, wendet sich dann nach Osten und folgt der Küste des caraioischcn Meeres bis zur Mündung des Orinoco. Häufige und furchtbare Erbeben erschüttern das ganze Gebiet dieses Gebirges. 3. Das Hochland von Guyana umfaßt das nördlichdesAequatorsu.östlich desOrinocoliegende t. Große undurchdringliche Urwälder und Sumpfe haben dem Eindringen in dies Hochland bis jetzt immer unüberwindliche Hindernisse in oen Weg gelegt, so daß dasselbe in seinem Innern noch fast gänzlich unvekannt ist. Einzelne Berggipfel sollen bis zu 3300 SW. ansteigen. 4. Das Hochland von Brasilien besteht aus einer größeren Zahl von einzelnen Ketten mit dazwischen liegenden Plateaux. Ocstlich folgt der Küste von der Mündung des Rio de la Plata bis zum Cap San Roque eine Kette unter den verschiedensten Namen (Serra do mar u. s. f.) und steigt im Jtacolumi — etwas nördlich des Wendekreises — zu mehr als 2400 M. an. Bon diesem Knotenpunte zieht nach Westen eine

«

8 Hauptkette, welche in der Serra Gerat bis zu dem Madeira reicht und zwischen den Qucllflüsscn dieses Stro­ mes und des Paraguay durch eine nach Norden und Süden ganz allmählich abfallende Hochfläche mit den Cordillcrcn von Bolivia in Zusammenhang tritt. Bon die­ ser Qucrkette wenden sich nach Norden eine Reihe van GebirgZzügen, zwischen denen die dem Amazonenstrom und dem atlantischen Oceane zuflicßenden Gewässer ihren Oberlauf haben. Der Waldreichthum der Küstenaebirge weicht im Innern der Hochflächen vielfach undurchdrin'glichem Gestrüpp. Bekannt ist das ganze Hochland durch seinen großen Reichthum an edlen Metallen und Edel­ steinen (namentlich an Diamanten). 8- 4.

Die Tiefländer Süd-AmerikaS. Zwischen den Gebirgen Süd-Amerikas liegen weite Ebenen, die von zahlreichen mächtigen Flüssen durchströmt werden. Die großen, undurchdringlichen Urwälder und die zahlreichen Sümpfe und Wasserlachen (in denen der Zitteraal sich aufhält) machen das Klima ungesund und hindern die Erforschung der Länder, sodaß noch weite Striche ?iar nicht oder nur an den Ufern der schiffbaren Ströme bcannt sind. 1. Das Tief land des Maadalcnenstroms füllt den Raum zwischen dem Golf von Dänen, der Sierra nevada de Santa Marta und den Cordilleren von NeuGranada aus. Es ist eine feuchte, heiße Niederung, welche von dem Magdalenen ströme in mehreren Armen durch­ schnitten wird. 2. Die Llanos des Orinoco — etwa so groß als Norddeutschland — nehmen das ganze Gebiet'ein, welches von den Cordilleren von Neu-Granada, dem Küstengebirge von Neu-Granada und dem Hochlande von Guyana eingeschlossen wird. Gegen Süden waldreich, bil­ den sie gen Norden weite baumlose Weideländer, die in der Regenzeit von dem Orinoco jährlich weithin über­ schwemmt werden. Die wenigen Indianer — Otomaken — leben alsdann auf den nicht überschwemmten ein-

s zclnen Hügeln und ernähren sich, wenn die übrigen Lebens­ mittel zu frühe verzehrt sind, von fetthaltiger Erde. 3. Die Selvas (oder Llanos) des Amazonen­ stromes nehmen den großen Raum östlich der Cordilleren von Peru und Quito bis zu dem atlantischen Oceane ein, nördlich von dem Hochlande von Guyana, südlich von dem Hochlande von Brasilien begrenzt. Sic bilden das weite Becken des Amazonenstromes. Ungeheure Wälder, die zum großen Theil noch keines Menschen Fuß betre­ ten, bieten den Aufenthalt für viele merkwürdige Thiere und Pflanzen. Bon letztern sind namentlich die prächti­ gen Schmarotzerpflanzen aus der Familie der Orchideen, viele Palmenarten, der Kuhbaum u. s. f. bekannt. Aus der Thierwclt zeichnen sich die farbenreichen Schmetterlinge, die Kolibriarten, das Ai (Faulthier), die Affen und in den zahlreichen^Äewässern die Schildkröten und Zitter­ aale aus. 4. Die Pampas liegen östlich der Cordilleren von Chile und umfassen den mittleren und unteren Lauf des Paraguay, Parana und deren Zuflüsse. Weite Gras­ flächen dienen den zahllosen Heerden von Rindvieh und Pferden, welche von Gauchos gehütet werden, zur Weide. Große Strecken überzieht jetzt im Frühlinge die von Europäern mit anderem Samen hergebrachte Distel, welche hier undurchdringliches, hohes Gestrüpp bildet.

§. 5.

Die Flüsse Süd-Amerikas.

1. Der Magdalenenstrom entspringt auf den südlichen Cordilleren von Neu-Granada und durchfließt in feinem oberen und mittleren Lause das zwischen den zwei östlichen Ketten der Anden gelegene Plateau (von Bogota) und ergießt sich in drei Haupt- und mehreren Nebenarmen in das caraibische Meer. Links nimmt er bei seinem Eintritt in die Ebene den von dem west­ lichen Hochlande der Cordilleren von Neu-Granada strö­ menden Cauca auf. 2. Die Quellen des Drinoco int Innern des Hoch-

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landes von Guyana sind noch nicht erforscht. Der mächtige Strom wendet sich zunächst nach Westen und theilt^nch unterhalb der Missionsstation Esmeralda in zwei Arme, deren linker unter dem Namen.Cafsiquiaxe* zu dem Stromgebiete des MaraLon eilt. In nördlichem Laufe durchbricht der Orinoco in mächtigen Stromschncllen (namentlich bei Mavpures und Atures) die westlichen Ausläufer des Hochlandes von Guyana und durcheilt alsdann in östlichem Laufe die Llanos; in zahlreichen Armen, ein sumpfiges Delta bildend, mündet er der Insel Trinidad gegenüber in den atlantischen Ocean. Auf der linken Seite nimmt er den Guaviari, Meta und Apurc auf, welche alle drei auf der östlichen Kette der Cordillcren von Neu-Granada entspringen und in östlicher Richtung dem Orinoco zufließen. 3. Der Essequibo entströmt dem Innern des Plateaus von Guyana und fließt in nördlicher Richtung dem atlantischen Ocean zu. 4. Der Maranon oder Amazonenström, der größte Strom der Erde, entspringt auf den Anden von Peru und fließt zunächst in nordwestlicher Richtung zwi­ schen den beiden Ketten der genannten Cordilleren, durch­ bricht alsdann die östliche Kette in reißenden Strom­ schnellen, deren letzte unter dem Namen Pongo de Manserichc bekannt sind, und durchströmt in östlichem Laufe, viele Inseln bildend, das weite Gebiet der Selvas. An der Mündung, die gerade unter dem Aequator liegt, ist er 20 Meilen breit. Nebenflüsse: A. links: a. der Japura entspringt an dem Knotenpunkte, an welchem sich die Cordilleren von Neu-Granada in drei Ketten spalten, durchströmt die Ebene in östlichem Laufe und vereinigt seine Gewäsier in einem Gewirre von Armen mit denen des Maraüon; b. der Rio negro (auch Parana, Pishuna enannt) entsteht aus dem von Westen kommenden iacaiari und dem von Norden kommenden Arme des Orinoco, dem Cassiquiare. Er nimmt in seinem östlichen Laufe die dem Südabhanae des Hochlandes von Guyana entspringenden Gewässer durch den Rio Branco auf;

S

11 B. rechts: a. der Huallaaa entspringt auf den mittleren Anden von Peru, fließt in nordwestlicher Richtung der Ostkettc derselben entlang, dieselbe von den Borbergen trennend; b. der Ucayali entspringt in einer Reihe von Quellflüssen auf dem Hochlande von Peru, deren Ost­ rand sie durchbrechen; er fließt dann parallxl dem Huallaga und wendet sich erst in seinem unteren Laufe nach Nordosten; c. der Rio Purus kommt von den äußersten Nordostabhängen der Peruanischen Anden und fließt nordöstlich durch die Ebenen dem Maraöon iu; d. der Madeira entspringt unter dem Namen Rio Grande auf dem südlichen Plateau von Bolivia. In seinem Oberläufe, der ganz nach Osten gerichtet ist, durchbricht er dieses Hochlandes Ostabhänge und um­ strömt dieselben in nordwestlichem Laufe. In zahlreichen Stromschnellen durchbricht er nie östlichen Ausläufer des brasilischen Hochlandes und fließt in seinem Unterlaufe nordöstlich durch waldreiche Ebenen; e. der Tapajos kommt in nördlichem Laufe aus dem Hochlande von Brasilien. 5. Der To c ant ins kommt aus dem Innern des Hochlandes von Brasilien, dessen Ketten ihn in seinem nördlichen Laufe begleiten. An seiner mehrere Meilen breiten Mündung, welche nur durch die Jvhannesinsel von der Mükdung des Amazonenstromes getrennt ist, führt er den Namen Rio Parü. 6. Die Quellen des S. Francisco liegen west­ lich des Jtacolumi. In nördlichem Laufe strömt er durch das Hochland von Brasilien, durchbricht dann in öst­ lichem Laufe die östlichen Ketten desselben und mündet nördlich der Bai von Bahia. 7. Der Rio de la Plata, der breiteste Strom der Erde, entsteht durch die Vereinigung des Uruguay mit dem Parana. Der erstere entspringt auf der Gerra do mar, wendet sich zuerst südwestlich und dann südlich. Die Quellen des Parana liegen an den Südabhängen des Jtacolumi. Sein westlicher Oberlauf nimmt in zahl-

12 reichen Zuflüssen die Gewässer der brasilianischen Gebirge auf. Sein Mittellauf ist nach Süden gerichtet, durch­ bricht mit bedeutenden Stromschnellcn dre Gebirgsketten und nähert sich stark dem Uruguay, wendet sich aber bann nach Westen Sein Unterlauf, in den weiten Pam­ pas, die er häufig weithin überfluthet, ist wieder ganz nach Süden, zuletzt Südostcn gewendet. Er vereinigt in mehreren Armen seine Gewässer mit denen des Uruguay, ©eine Nebenflüsse sind (rechts): a. der Paraguay, der aus mehreren kleinen Seen des inneren brasilianischen Hochlandes kommt und in seinem rein südlichen Lause durch den RioPilcomayo die Gewässer des südlichen Plateaus von Bolivia auf­ nimmt ; b. der Rio Salado, welcher den Ostabhängen der nördlichen Cordilleren von Chile entspringt.

§. 6.

Die Bewohner Süd-Amerikas. (Geschichtlicher.)

Schon Christoph Columbus sah auf seiner dritten Entdeckungsreise von der Insel Trinidad aus das Fest­ land Süd-Amerika, betrat dasselbe aber, weil er krank war, selbst nicht. Die spanischen Abenteurer, welche in Amerika rasch reich zu werden hassten und welche auf den mittel-amerikanischen Inseln ihren Golddurst nicht zu stillen vermochten, wandten sich bald nach Westen und Süden. Unter Balboa überschritten sic die Land­ enge von Panama und fanden den großen Ocean. Unter Franz Pizarro und seinem Freunde Almagro eroberten sie die in der heißen Zone gelegenen fruchtbaren, goldund silbcrreichcn Hochländer an der Westrüste und brei­ teten allmählich die spanische Herrschaft über die ganze westliche Seite Süd-Amerikas bis hinab zu den unwirthbaren Steppen Patagoniens aus. Die Portugiesen besetzten das Gebiet des Amazoncnstroms — in seinem mittleren und unteren Laufe — und die Ostküsten. Die

13 früheren Einwohner des Landes — Indianer — besaßen zum Theil bereits eine hohe Cultur; so hatten die Be­ wohner der Andenplateaux geordnetes Staatswesen, eine Religion, in welcher das Licht (die Sonne als Sinnbild der Reinheit und Wahrheit) eine hohe Verehrung genoß. Die Bauten - namentlich die prachtvollen Wege über die Anden — beweisen noch heute die hohe Kunst­ fertigkeit der alten Peruaner. Die meisten übrigen Jndianerstämme — namentlich die Jäger und Nomaden in den weiten Niederungen — standen auf einer sehr tiefen Culturstufe. Die kräftig gebauten Caraiben (im Norden) und andere Stämme waren Menschenfresser, ihre Religion ein niedriger Naturdienst. Im Anfänge dieses Jahrhunderts suchten sich die Colonien Von Spanien zu befreien, was ihnen fedoch erst nach langjährigen Kämpfen, in denen sich namentlich der General Bolivar auszeichnete, gelang. Brasilien trennte sich ebenfalls von seinem Mutterlande Portugal, jedoch auf friedlichem Wege. Die Gesammtzahl der Einwohner Süd-Amerikas wird auf etwa 30 Millionen geschätzt; dieselben sind im Westen — in den Anden und Deren Abhängen — im Gebiete des Orinoco und der Quellflüsse des Rio de la Plata hauptsächlich Nachkommen der einaewanderten Spanier, vielfach vermischt mit Indianern (Mestizen). Die Bra­ silianer sind Nachkommen der Portugiesen, vermischt mit Indianern und Negern (Mulatten, Quadronen u. s. f.) Einzelne Jndianerstämme — namentlich in den weiten Nicoerungen der großen Ströme — sind noch nicht an­ sässig, streifen vielmehr als Jäger und Nomaden umher; sie sind meist noch Heiden. (Bekannte Stämme sind: die Pcscherähs im Süden, die Guanas im Quellgebiet des Paraguay, die Botokuden am Madeira, die Otomaken am Orinoco u. s. f.) Deutsche Ansiedler finden sich überall zerstreut, namentlich in Süd-Brasilien, Bnenos-Ayrcs und Chile. Bedeutend ist jetzt die Einwanderung von Chi­ nesen in die westlichen Lander. Die herrschende Religion ist überall der Katholicis­ mus, die herrschende Sprache im Westen und Süden die spanische, tm Osten die portugiesische.

14 8- 7.

Die Staate» Süd-Amerikas. 1. Die Republik Venezuela umfaßt das Gebiet des Orinoco und des Sees von Maracaybo. Die Haupt­ stadt Caracas (etwa 50000 Einwohner) liegt aus einer Hochfläche, bekannt durch das große Erdbeben, durch wel­ ches am Gründonnerstage 1812 die Stadt fast gänzlich zerstört wurde. Ihr Hafenort ist la Guayra. Andere bekannte Orte sind: Die Handelsstadt Anaostura am Orinoko, Maracaybo am Ausflusie des gleichnamigen Sees in das caraibische Meer, Barinas (Tabakbau) im Ouellgebict des Äpure. 2. Die vereinigten Republiken von Colum­ bia (Neu-Granada) nehmen den nordwestlichsten Theil Süd-Amerikas, namentlich das Gebiet des Magdalenenstroms und den Isthmus von Panama ein. Die Bundes­ hauptstadt ist Santa FL de Bogota (50000 Einw.), auf dem Plateau östlich des Magdalenenstroms gelegen. Andere bedeutende Orte sind die Hafen- und Handels­ städte Cartagena und Santa Marta an der Nord­ küste, Panama am gleichnamigen Busen; eine über den Isthmus führende Eisenbahn verbindet sie mit dem Hafen­ orte Colon oder Aspin wall am caraibischen Meere; im Gebiete des Cauca die Handelsfdldt Antio q uia. 3. Quito (oder Ecuador von seiner Lage unter dem Aequator genannt) liegt südlich der eben genannten Republiken. Das Land wird durch häufige Revolutionen verwüstet (ebenso wie auch die beiden nächst genannten Republiken) und kann daher trotz seines großen natür­ lichen Reichthums nicht recht gedeihen. Der bevölkertste Theil ist das zwischen den Anden gelegene Plateau mit einem äußerst milden und gesunden Klima. Die Hauptstadt Quito (80000 Einw.) ist umgeben von zahlreichen hohen Bergen und Vulkanen, wie der Cotopaxi, Antisana, Pichincha, und wird daher häufig durch Erdbeben erschüttert. Eine berühmte von den alten Peruanern erbaute Straße führt auf der Hochfläche von R i o b am b a nach Süden über

15 Cuenca, Loja und dann links nach dem Meere, rechts in das Gebiet des Amaronenstroms. Der bedeutendste Safenort des Landes ist Guayaquil am gleichnamigen olfe. 4. Peru umfaßt den ganzen schmalen Küstenstrich an den Anden von der Bai von Guayaquil bis fast »um Wendekreise des Steinbocks, die großen Hochflächen der peruanischen Anden, sowie den Oberlauf und einen Theil des Mittellaufs des Maran on -sowie das Gebiet des Huallcma und Ucayali. Das Plateau des Titicacasees gehört ebenfalls zur größeren westlichen Hälfte zu Peru. Die Haupt­ stadt Lim a (160000 Einw.), auf den Dorbergen der Anden gelegen, eine schöne regelmäßige Stadt, ist mit ihrem nicht sehr entfernten Hafenorte Callao durch eine Eisen­ bahn verbunden; letztere wird in das Innere deS Landes durch die Kette der Cordilleren durchgeführt. Die alte Hauptstadt der Inkas (Könige der Peruaner) war Cuzc o im Ouellgebiete des Ucayali, jetzt öde und nicht mehr be­ deutend: ' von hier führen die alten Peruaner-Straßen nach allen Richtungen durch das Gebirge. . Puno liegt am Titicacasee, westlich davon, der Küste näher, Are­ quipa. Das Küstenland von Arica ist bekannt dadurch, daß hier im ganzen Jahre kein Regen fällt. An der Küste von Peru liegen Die felsigen Chinchainseln, auf welchen der Guano gewonnen wird. 5. Bolivia (auch Oberperu genannt) liegt süd­ östlich von Peru und grenzt nur mit einem ganz schmale» Streifen (unter dem Wendekreise) an das Meer. Da dies Küstenland eine regenlose Wüste (von Atacama) bildet, so ist Bolivia in seinem Verkehre mehr auf die nach ©iibcit und Osten strömenden Flüsse, angewiesen. Der Haupttheil des Landes ist das große Plateau der Cor­ dilleren und die östlichen Abhänge der letztem, also die Ouellgebiete des Madeira und Pilcomayo bis zum ParaS. Die Hauptstadt ist Sucre (Chuquisaca). Bemder ist la Paz auf der Ostseite des Titicaca­ sees, am Fuße des Jllimani. Am bekanntesten ist P oto si, tn dessen Nähe die bedeutendsten Silbcraruben liegen; letztere sind jetzt nicht mehr so ergiebig uno vielfach ver­ lassen. Der einzige Hafen ist Cobija.

16 6. Chile, welches sich von allen südamerikanischen Republiken der größten Ruhe erfreut, wird von dem schmalen Küstenstriche westlich der Cordilleren südlich des Wendekreises bis zum patagonischen Archipel gebildet. Es liegt also ganz hi der gemäßigten Zone, während die übrigen bis jetzt behandelten Länder alle in der heißen Zone liegen. Der nördliche Theil bildet die Fortsetzung der Wüste von Atacama; das übrige Land ist da­ gegen fruchtbar. Die Hauptstadt ist San Jago (ca. 120000 Einw.) etwas südlich des Vulcanes Aconca­ gua, eine schöngebaute, regelmäßige Stadt. Der west­ lich gelegene Haupthafenort ist Valparaiso (über 70000 Einw.). Im Süden des Landes wohnt der noch freie Indianer-Stamm der Araucos, in deren Gebiete die Handelsstadt Valdivia liegt. Zu Chile gehört die westlich gelegene kleine Insel Juan Fernandez, sowie das ®e Chiloö, die nördlichste Insel des patagonischen , pels. In der Magalhacnsstraße haben die Chilenen ebenfalls Niederlassungen gegründet.

8- 8. Fortsetzung. 7. DieSüdsvitzeSüd-Amerikas wird Patagonien genannt und wird nur von nomadisirenden Indianern ewohnt. Dieselben sind die größten Menschen der Erde, da sic meist eine Höhe von über 2 Metern erreichen. Die Küsten, namentlich im Westen und Süden, sind äußerst zerrissen und felsig und sind von zahlreichen Inseln umaürtet, deren südlich gelegene von Eis und ewigem Schnee starren. Das Land ist fast gämlich unfruchtbar. 8. Die Argentinischen Republiken, östlich von Chile bis zum Uruguay und la Plata, nehmen die weiten Pampas em; sie bilden einen Bund von dreizehn Staaten. Die Hauptstadt ist Buenos-Ayres am la Plata (nahe an 200000 Einw.), bekannt durch ihren bedeutenden Handel mit Häuten, welche von den großen Landgütern im Innern kommen. Andere Handelsstädte an den'Ufern

17 des Parana sind: Rosario, von wo eine Bahn nach Cordova im Innern des Landes führt, Corrientcs gegenüber dem Zusammenflüsse des Paraguay und Parana. 9. Uruguay (oder Banda oriental) nimmt den südlichen zwischen dem gleichnamigen Flusse und dem Meere eingeschlossenen Landstrich am la Plata ein. Die Hauptstadt Montevideo liegt am Ausfluffe des la Plata (über 120000 Einw.). Bekannt ist Fray Bentos am Uruguay durch die große Fabrik von Fleischcxtract (täglich werden jetzt nahe an 1000 Ochsen ge­ schlachtet, aus deren entfettetem Fleische das Extract hergcstellt wird).

10. Paraguay, die kleinste und wenigst bedeu­ tende der südamerikanischen Republiken ist das zwischen dem gleichnamigen Flusse und dem Parana gelegene, nördlich bis zum Wendekreise reichende Land; es ist ur­ sprünglich von den Jesuiten colonisirt und die Ein­ wohner sind meist Indianer — Guaram —, deren Sprache auch die herrschende ist. Die Hauptstadt Assuncion (50000 Einw.) liegt am Paraguay. 11. Das Kaiserreich Brasilien ist die einzige Monarchie Süd-Amerikas, alle bisher genannten Länder bilden Republiken. Es wird westlich und südlich von allen vorher aufgcführten Ländern — außer Chile und Pata­ gonien — begrenzt und reicht nördlich bis zu dem Kamme der Gebirge von Guyana. Es nimmt hauptsächlich das weite Gebiet des Amazonenstromes, des Tokantins, des San Francisco, sowie die Quellgebiete des Paraguay, Parana und Uruguay ein. Es liegt also hauptsächlich in der heißen Zone und ragt nur mit einem kleinen Theile in die südliche gemäßigte Zone hinein. Die geordneten staat­ lichen Verhältnisse haben zu der Entwicklung des Ackerbaues wesentlich beigetragen. In Brasilien werden fast */» des gestimmten Kaffees der Erde gezogen;' außerdem wird viel Baumwolle gebaut und liefern die großen Urwälder vorzügliches Holz (Mahagoni-, Rosen-, Farbholz u. s. f.), der Saft der Bäume liefert Kautschuk und Gummi, in den Gebirgen findet man Diamanten, Silber, Gold u. s- f. II.

1*

18 Die Hauptstadt ist Rio de Janeiro, wenig nörd­ lich vom Wendekreise an der Bai gleichen Namens ge­ legen. An der Einfahrt zu diesem von waldigen Höhen umgürteten größten Hafen liegt ein Berg, der seiner eigenthümlichm Gestalt wegen Zuckerhut genannt wird. Die regelmäßige, zum Theil schön gebaute Stadt, ist die bedeutendste Handelsstadt Süd-Amerikas. Ihre 400000 Einwohner find ein Gemisch von Europäern aller Natio­ nen und Negern. Südlich in den Küstengebieten liegen die blühenden deutschen Colonien Blumenau in der Provinz S. Catharina, San Leopoldo, Germania, Kröft u. s. f., bei der Stadt Porto Allcgre. Nördlich liegt die Handelsstadt Bahia (San Salvador da Bahia de todos os Santos) an der gleichnamigen Bai (120000 Einwohner); die Stadt wird häufig vom gelben Fieber heimgejucht. Pernambucö (c. 80000 Einwohner) und Parahyba, südlich vom Cap Roque gelegen, sind be­ kannt als Ausftihrorte für Farbholz. Para, an der Mündung des gleichnamigen Flusses gelegen, ist bedeu­ tend als Stapelplatz für die aus dem Innern kommen­ den Produkte. Da der Amazonenstrom und seine Neben­ flüsse zeitweise die Ebenen weithin überfluthcn, so ist das Klnna an den Flüssen meist sehr ungesund und sind nur an einzelnen, höher gelegenen Punkten kleine Colonien und Handelsplätze angelegt; der bedeutendste Ort ist Ma naos am Einfluß des Rio ncgro in den Amazonen­ strom. Dampfschiffe befahren jetzt die Hauptströme und vermitteln den Verkehr mit Peru und Bolivia. Die Wasserfälle des Madeira sind durch eine Eisenbahn um­ gangen. Im Innern — in den Hauptbergwerksdistrikten — liegen Ouro Preto (Billa Rica) am Fuße des Jtacolumi, weiter nördlich Diamantina, Cuyab a im Quellgebiet des Paraguay und Matto Grosso (Billa Bella) an einem Zuflusse des Madeira. 12. Die nördlichen Abfälle des Hochlandes von Guyana sind von Europäern colonisirt, welche in der äußerst üppigen Natur ergiebige Plantagen fiir Kaffee, Surfer , Baumwolle angelegt haben. Das Gebiet des ssequibo gehört England. Der Hauptort ist George­ town (oder Demerara 30000 Emw.) Oestlich hieran

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grenzt das holländische Guyana, dessen Hauptort Paramarib o sich durch gesunde Lage auszeichnct. Roch weiter nach Osten liegt französisch Guvana mit Cayenne, einem auf einer Insel gelegenen, sehr unge­ sunden Deportationsplatze (Berbannungsort). Die Falklandsinseln, nordöstlich vom Feuerland Öen, bilden einen Complex von zwei großen und mehre­ leinen Inseln. Bäume gedeihen nicht auf ihnen, da­ gegen bieten sie schöne Weideplätze dar. Sie sind von den Engländern besetzt und sollen als Bcrbrccher-Colonic dienen.

II.

Central-Amerika.

(20000 D®M.

7 Mill. Ein« )

8- 9. Lage und allgemeine Beschreibung des Festlandes.

Der Isthmus von Panama, der einen nach Süden offenen Bogen (bic Bai von Panama) bildet und noch — seiner politischen Beziehungen wegen — zu SüdAmerika gerechnet wird, setzt sich nach Rordwcsten bis Mir Bai von Tehuantepec als breitere Landbrücke fort, Den stillen Ocean von den Theilen des atlantischen Oceans trennend. Die Südwcstküste bildet fast eine grade Linie, der stille Ocean greift nur an einigen Stellen, kleinere Baien (wie den Golf Dulce, den Ricoya Golf, die Fonscca-Bai) bildend und kleinere Halbinseln abschnei­ dend ein. Rach Rordwcsten lagern fich zwei größere Halbinseln vor: die südliche, Honduras, die sich in das caraibische Meer erstreckt, bildet ein Dreieck, die nördliche, Ducatan, welche mit der südlichen die Bai von Honduras bildet, trennt diese letztere von der Campeche -Bai und bildet ein nach Norden sich erstrecken­ des Biereck. Diese ganze Landbrücke, etwa p groß wie Deutschland, liegt in dem nördlichen Theile der heißen Zone.