Lehrbuch der Mathematik: Einführung in die Differential- und Integralrechnung und in die Analytische Geometrie [2., verb. Aufl. Reprint 2020] 9783112382349, 9783112382332

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Lehrbuch der Mathematik: Einführung in die Differential- und Integralrechnung und in die Analytische Geometrie [2., verb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112382349, 9783112382332

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LEHRBUCH DER

MATHEMATIK FÜR STUDIERENDE DER NATURWISSENSCHAFTEN UND DER

TECHNIK

EINFÜHRUNG IN DIE DIFFERENTIAL- UND INTEGRALRECHNUNG UND IN DIE ANALYTISCHE GEOMETRÌE

VON

DR. GEORG S C H E F F E R S PROFESSOR D E R DARSTELLENDEN GEOMETRIE AN DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE B E R L I N - C H A R L O T T E N B U R G

ZWEITE VERBESSERTE AUFLAGE MIT 413 FIGUREN

LEIPZIG V E R L A G V O N V E I T & COMP.

1911

D r u c k von Metzger & Wit tig in Leipzig

Alis

dem Vorworte zur ersten Auflage.

Dies Buch nur

eine

ist für solche geschrieben,

Hilfswissenschaft

Naturwissenschaften

ist,

denen die Mathematik

namentlich

und der T e c h n i k .

für das S e l b s t s t u d i u m

bestimmt.

Es

für

Studierende

der

In erster Linie ist es geht

deshalb

von

dem

denkbar geringsten Maße von Vorkenntnissen aus: Der Leser braucht nur im Buchstabenrechnen, in der Auflösung von Gleichungen ersten Grades mit einer Unbekannten und in der niederen Geometrie bewandert zu sein. Ich habe mir nämlich den Leser vorgestellt als jemanden, der zwar seinen regulären Schulkursus in der Mathematik durchgemacht, jedoch manches

davon wieder vergessen,

davon nicht ganz verstanden hat. Betrachtungen

alte

Schulkenntnisse

vielleicht auch

manches

Daher habe ich im Laufe der wieder aufgefrischt; so z. B.

wird die Goniometrie mit den Hauptsätzen der Trigonometrie von Grund aus abgeleitet, rithmischen Rechnens, tischer Gleichungen.

ebenso die Theorie und Praxis des sogar die Methode zur Auflösung Ein

loga-

quadra-

verehrter Kollege gab mir, als er von

dem Plane zu diesem Buche hörte, im Scherze den E a t ,

es als

Lehrbuch für Anfänger und solche, die es bleiben wollen, zu bezeichnen.

Man wird jedoch bemerken, daß es meine Absicht ge-

wesen ist, den Anfänger von dem denkbar niedrigsten Stande an Vorkenntnissen dennoch zu einer solchen Höhe in mathematischen Dingen zu bringen, daß er nach dem Studium dieses Buches ohne weiteres fähig ist, die in seinem besonderen Forschungsgebiete auftretenden Anwendungen der Mathematik

zu verstehen und ebenso,

wenn er es gebrauchen sollte, schwierigere mathematische Literatur

IV

Vorwort.

mit Verständnis zu lesen. Man darf sich daher nicht über den Umfang des Buches wundern, denn es ist ein weiter Weg zurückzulegen, und er muß langsam durchschritten werden. Erst in den allerletzten Kapiteln wird ein schnelleres Tempo eingeschlagen. Dem Leser möchte ich dringend raten, bei der Lektüre stets Papier und Schreibstift zur Hand zu haben, namentlich auch kariertes Papier zum Einzeichnen von Skizzen. Es wäre, um es drastisch auszudrücken, erwünscht, daß der Leser dem Verfasser aufs äußerste mißtraue und alle Rechnungen selbst nachprüfe. Der Studierende, der diesem Buche ernste Arbeit widmet, ist vielleicht dafür dankbar, daß ich, abweichend von der Gepflogenheit der meisten anderen mathematischen Lehrbücher, die Lehre in einer gewissen behaglichen Breite vortrage. Wem der Schritt zu langsam ist, der wird ja leicht das, was er schneller erfaßt, mit raschem Blicke überfliegen können. In der Auswahl des Stoffes habe ich mich durchaus nicht an irgendwelche herkömmlichen Festlegungen, an Vorlesungsprogramme oder dergl., gebunden. Vielmehr habe ich gebracht, was nach meiner Meinung jemand, der die Mathematik nur als Hilfswissenschaft braucht, am allergründlichsten kennen lernen sollte. Man wird daher manches hier nicht finden, das man sonst vorzutragen pflegt. Dagegen erfahren aber manche für den Techniker und Naturwissenschaftler wichtige Dinge hier eine sonst nicht gewohnte ausführliche Behandlung, z. B. die polytropischen Kurven für Gase und Dämpfe, die so außerordentlich oft auftretenden Exponentialfunktionen und -kurven, die Schwingungen wie überhaupt die periodischen Vorgänge, die gedämpften Schwingungen und anderes mehr. Für Geodäten und Physiker wurde die Fehlerfunktion in der Wahrscheinlichkeitsrechnung abgeleitet. Dem Physiker und Elektrotechniker wird der Abriß der Theorie der FOURIEB sehen Reiten willkommen sein. Dem Maschinenbauer und Ingenieur wird es lieb sein, daß mancherlei Betrachtungen aus der Mechanik gebracht werden. Besonders habe ich überall danach gestrebt, die tote Formel durch Zahlenbeispiele und graphische Konstruktionen zu beleben. Die ungewohnte Fülle von Figuren wird das Verstehen des Textes wirksam unterstützen.

V

Es ist nicht meine Absicht, hier die Gründe auseinanderzusetzen, aus denen ich einen von den meisten Lehrbüchern stark abweichenden Weg eingeschlagen habe. In dieser Hinsicht möge dies Buch als ein Versuch betrachtet werden; auf Widerspruch von verschiedenen Seiten her bin ich gefaßt. D a r m s t a d t , im August 1905.

Vorwort zur zweiten Auflage. Lebhaft zweifelte ich beim ersten Erscheinen dieses Buches daran, ob es überhaupt irgendwelche Beachtung finden würde; und da nun doch die erste Auflage in wenig mehr als fünf Jahren vergriffen ist, bin ich mit Vergnügen an die neue Bearbeitung herangegangen. Dabei erfreute ich mich mancher guter Ratschläge von verschiedenen Seiten. Insbesondere hat Herr R U D O L F R O T H E in Clausthal auf meine Bitte hin vielerlei Verbesserungsvorschläge gemacht, von denen ich eine große Anzahl berücksichtigt habe; ihm sei hier für seine wertvolle Unterstützung aufrichtiger Dank gesagt! Von den kritischen Bemerkungen über das Buch erwähne ich ferner besonders die von Herrn F. K L E I N in seiner „Elementarmathematik vom höheren Standpunkte aus", 1. Teil, Leipzig 1908, worin des Buches an einigen Stellen mit freundlichen Worten gedacht wird. Der Tadel, daß zuviel Gewicht auf die unendlichen Reihen anstelle der endlichen mit Restabschätzung gelegt werde, ist bei der neuen Bearbeitung berücksichtigt worden. Ein zweiter Einwänd, der auch von verschiedenen anderen Seiten gemacht wurde, bezieht sich auf die Art der Einführung des Infinitesimalen. Auch in diesem Punkte habe ich durch schärfere Fassung des Grenzbegriffes, immer aber mit Rücksicht auf das bei dem angenommenen Niveau des Lesers zunächst wirklich Erreichbare, eine Verbesserung angestrebt. Einige Abschnitte sind infolge dieser Änderungen gänzlich umgearbeitet worden. Auch habe ich den Abschnitt über die

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Es ist nicht meine Absicht, hier die Gründe auseinanderzusetzen, aus denen ich einen von den meisten Lehrbüchern stark abweichenden Weg eingeschlagen habe. In dieser Hinsicht möge dies Buch als ein Versuch betrachtet werden; auf Widerspruch von verschiedenen Seiten her bin ich gefaßt. D a r m s t a d t , im August 1905.

Vorwort zur zweiten Auflage. Lebhaft zweifelte ich beim ersten Erscheinen dieses Buches daran, ob es überhaupt irgendwelche Beachtung finden würde; und da nun doch die erste Auflage in wenig mehr als fünf Jahren vergriffen ist, bin ich mit Vergnügen an die neue Bearbeitung herangegangen. Dabei erfreute ich mich mancher guter Ratschläge von verschiedenen Seiten. Insbesondere hat Herr R U D O L F R O T H E in Clausthal auf meine Bitte hin vielerlei Verbesserungsvorschläge gemacht, von denen ich eine große Anzahl berücksichtigt habe; ihm sei hier für seine wertvolle Unterstützung aufrichtiger Dank gesagt! Von den kritischen Bemerkungen über das Buch erwähne ich ferner besonders die von Herrn F. K L E I N in seiner „Elementarmathematik vom höheren Standpunkte aus", 1. Teil, Leipzig 1908, worin des Buches an einigen Stellen mit freundlichen Worten gedacht wird. Der Tadel, daß zuviel Gewicht auf die unendlichen Reihen anstelle der endlichen mit Restabschätzung gelegt werde, ist bei der neuen Bearbeitung berücksichtigt worden. Ein zweiter Einwänd, der auch von verschiedenen anderen Seiten gemacht wurde, bezieht sich auf die Art der Einführung des Infinitesimalen. Auch in diesem Punkte habe ich durch schärfere Fassung des Grenzbegriffes, immer aber mit Rücksicht auf das bei dem angenommenen Niveau des Lesers zunächst wirklich Erreichbare, eine Verbesserung angestrebt. Einige Abschnitte sind infolge dieser Änderungen gänzlich umgearbeitet worden. Auch habe ich den Abschnitt über die

VI

sehe Reihe durchaus erneuert; der Grund dafür leuchtet wohl bei der Vergleichung mit der früheren Fassung von selbst ein. Wenige alte Beispiele wurden entfernt, dafür zahlreiche neue aufgenommen. Die Anzahl der Figuren ist um nicht weniger als neunundsechzig gewachsen. Besonders sorgfältig wurde das sehr ausführliche Sachregister am Schlüsse ausgestaltet. In e i n e m Punkte habe ich allen Versuchungen widerstanden: Man findet, das Buch enthalte manche Dinge, die der Leser schon kenne oder doch schon kennen müßte. In dieser Beziehung bin ich, möchte ich sagen, Realpolitiker; ich baue nicht auf das auf, was meine Leser wissen müßten, sondern auf das, was sie durchschnittlich wirklich wissen. Wie manche Zuschriften zeigten, wird mir dafür Dank gesagt von denen, die gern in die Hallen unserer Wissenschaft eintreten möchten, aber an der Eingangsschwelle gestolpert sind. Ihnen will das Buch wie bisher ein mehr kameradschaftlicher als lehrhafter Führer sein, unter dessen Leitung sie in jenen Bau eindringen können. FOURIER

B e r l i n - S t e g l i t z , im Februar 1911.

Georg Scheft'ers.

Inhalt.1 Erstes § § § §

1. 2. 3. 4.

G r ö ß e n und Funktionen. Vorläufiger Überblick . . Das Messen der Größen Konstanten, Veränderliche, Funktionen Koordinaten

1. 2. 3. 4. 5.

B e g r i f f des Differentialquotienten. Lineare Funktionen Quadratische Funktionen Grenzwerte, Unendlichkleines, Differentiale u. Differentialquotienten Differentialquotienten von Summen, Produkten und Brüchen . . Ein Rückblick

Zweites § § § § §

Drittes § § § § 4 §

1. 2. 3. 4.

Ausdrücke.

.215 .222 236 . 250

Kapitel.

Die logarithmischen Funktionen. Der natürliche Logarithmus Berechnung des natürlichen Logarithmus Eigenschaften des natürlichen Logarithmus Der gewöhnliche Logarithmus Ein Rückblick und Folgerungen

1. 2. 3. 4.

Die Exponentialfunktionen. Das Gesetz des organischen Wachsens Exponentialfunktionen und Exponentialkurven Polarkoordinaten und logarithmische Spiralen Beispiele 1

103 121 142 1K3 ISO 190

Kapitel.

1. 2. 3. 4. 5.

Buches.

31 46 64 77 94

Kapitel.

Grundbegriffe der Integralrechnung. Funktionen mit demselben Differentialquotienten . . Das Integral . Beispiele zur Flächenmessung Verschiedene Anwendungen des Integralbegriffes . .

Sechstes § § § §

Kapitel.

D a s Differenzieren a l g e b r a i s c h e r Ganze Funktionen U b e r die A u f l ö s u n g von Gleichungen Gebrochene Funktionen Die Kettenregel Beispiele Einiges aus der analytischen Geometrie

Fünftes § § § § §

seit« t 3 15 27

l. 2. 3. 4. 5. 6.

Viertes § § § §

Kapitel.

271 279 293 303 315

Kapitel. 320 332 353 367

Ein alphabetisch geordnetes Sachregister findet sich am Schlüsse des

VIII

Siebentes Kapitel. Die g o n i o m e t r i s c h e n und zyklometrischen Funktionen. § § § §

1. 2. 3. 4.

g

Die goniometrischen Punktionen .. Anwendungen der goniometrischen Funktionen Periodische Vorgänge Die zyklometrischen Funktionen

,t 387 407 423 445

Achtes Kapitel. Höhere § § § § §

1. 2. 3. 4. 5.

Differentialquotienten.

Die Differentialquotienten und Differentialkurven Kennzeichen eines Maximums oder Minimums Krümmung, Evolute und Evolventen Geradlinige Bewegungen Krummlinige Bewegungen

453 466 484 502 518

Neuntes Kapitel. B e r e c h n u n g der Funktionen. § 1.

Der Mittelwertsatz

§ 2.

D i e F o r m e l v o n LAGRAXGE

529 532

§ 3. § 4.

Die TiviOKSche Formel Verschiedene Anwendungen der TAYLOR sehen Formel

544 561

Zehntes Kapitel. Methoden der I n t e g r a l r e c h n u n g . § fä § §

1. 2. 3. 4.

Allgemeine Integrationsmethoden Übersicht und Beispiele Besondere Integrationsmethoden Die FOURIER sehe Reihe

581 594 614 631

Elftes Kapitel. Funktionen v o n mehreren § § § §

1. 2. 3. 4.

Veränderlichen.

Partielle Differentialquotienten Differentiation unentwickelter Funktionen Funktionen von zwei Veränderlichen Rückblicke und SchlußbemerkuDgen

.

646 662 675 695

Anhang. Tafel I. Bogenmaß der Winkel „ II. Natürliche Logarithmen „ III. Die Vielfachen von M und 1 : M „ IV. Hyperbolische Funktionen „ V. Differerentialquotienten „ VI. Näherungäformeln „ VII. Integralformeln Sachregister Berichtigungen



. . . .

708 708 709 710 710 711 712 715 732

Erstes Kapitel.

Größen und Funktionen. § 1.

Vorläufiger Überblick.

Auf zwei Wegen kann man versuchen, eine mathematische Aufgabe zu lösen, durch die Z e i c h n u n g und durch die R e c h n u n g . Die d a r s t e l l e n d e G e o m e t r i e und g r a p h i s c h e S t a t i k lehren, daß sich viele Aufgaben am besten durch Konstruktion mit Zirkel und Lineal auf dem Zeichenbrette bewältigen lassen. Die zeichnerischen Hilfsmittel sind jedoch beschränkt und erlauben nicht, über einen gewissen Grad der Genauigkeit hinauszugehen. Dieser Grad reicht für viele Zwecke vollkommen aus, aber nicht immer. Der Zeichnung haftet noch ein anderes Übel an: sie sagt etwas ganz Bestimmtes aus, so daß sie, einmal hergestellt, keine Abänderungen von Grund aus mehr verträgt. Es kommt aber gerade bei den Anwendungen der Mathematik oft darauf an, in den Voraussetzungen, auf denen man aufbaut, gewisse Willkürlichkeiten zu lassen, einstweilen noch nicht festzusetzen, wie groß dieser oder jener dabei auftretende Faktor sein soll, vielmehr die geeignete Wahl erst späterer, nachträglicher Überlegung vorzubehalten. Diese absichtliche Unbestimmtheit kann man bei der zeichnerischen Lösung häufig nur schwer, ja zuweilen gar nicht berücksichtigen. Dagegen ist die Rechnung auch dann bis zu einem gewissen Ziele durchführbar, wenn darin noch Buchstaben a, b, c . . . vorkommen, die irgendwie gewählte Zahlen bedeuten. Gerade auf dem Rechnen mit Buchstaben, auf der A l g e b r a , gründet sich die Tragweite der rechnenden Mathematik und ihre Überlegenheit über der konstruierenden. Dazu tritt ein anderer Vorteil: Das r e c h n e n d e oder a n a l y t i s c h e V e r f a h r e n gestattet, die Lösung einer Aufgabe mit jedem beliebigen gewünschten Grade der Genauigkeit zu gewinnen. Außerdem gibt es viele Probleme, die sich schlechterdings nur rechnerisch SCHEFFERS, Mathematik.

2. Aufl.

1

2 lösen lassen, ebenso wie es auf der anderen Seite Probleme gibt, die der rechnerischen Behandlung die größten Hindernisse bieten, während ihre angenäherte Lösung auf zeichnerischem Wege leicht gelingt. Wir legen in diesem Buche das Hauptgewicht auf die rechnerische Behandlung der Aufgaben. Dennoch wird man beim Durchblättern der folgenden Seiten viele Figuren bemerken. Sie sollen dazu dienen, dem Leser eine bessere Anschauung von der Sache zu geben, als es die ausführlichste Durchrechnung vermag. Denn das muß man zugunsten der konstruierenden Mathematik ohne Einschränkung zugestehen, daß ihre Figuren bedeutend weniger Abstraktion verlangen als Formeln und daher das Verstehen der Betrachtungen erheblich unterstützen. Und von diesem Vorzuge wollen wir auch für die Rechnung Nutzen ziehen, indem wir die Formeln durch Figuren erläutern. Eigentliche graphische Methoden werden wir nur in bescheidenem Umfange benutzen und zwar da, wo sie wirklich besonders einfach oder besonders interessant sind, oder da, wo sie das Verstehen erleichtern. Ausführlichen Unterricht über zeichnerische Verfahren muß man in den Lehrbüchern der darstellenden Geometrie und der graphischen Statik suchen. Damit sich nun der Leser in der großen Lehrbücherliteratur zurechtfinde, erklären wir hier noch ganz knapp, und demnach natürlich auch nur unvollkommen, einige dort vorkommende Schlagworte. Das Verfahren, geometrische Untersuchungen durch rechnerische Methoden durchzuführen, pflegt man die a n a l y t i s c h e G e o m e t r i e zu nennen. Wie man ferner mit sogenannten unendlich kleinen Größen zu rechnen hat, lehrt die I n f i n i t e s i m a l r e c h n u n g . Gerade ihrer Entwickelung ist zu nicht geringem Teile der großartige Aufschwung der Naturwissenschaften seit dem siebzehnten Jahrhundert zu danken, seitdem die Naturforscher von der bloß qualitativen Erfassung ihrer Aufgaben zur exakt quantitativen übergingen. Bei den verwickelten Beziehungen nämlich, die zumeist in den Problemen vorkommen, muß sich der Forscher häufig damit begnügen, zu erkennen, welcher Einfluß auf die Ergebnisse seiner Versuche geübt wird, wenn er einige Bedingungen oder Voraussetzungen seiner Experimente nur außerordentlich wenig abändert. Dagegen wird es ihm oft nicht mehr möglich sein, ohne weiteres die Tragweite solcher Abänderungen zu erkennen, die beträchtlich sind. Hier ist vielmehr das Hilfsmittel anzuwenden, das die Infinitesimalrechnung darbietet, die den Zusammenhang zwischen sogenannten unendlich kleinen und beträchtlichen Änderungen zu erkennen ge-

£ 2.

Das Messen der

Größen.

3

stattet. Auch das Umgekehrte ist häufig der Fall. Der Forscher kann oft experimentell nur solche Einflüsse untersuchen, die durch beträchtliche Abänderungen der Voraussetzungen seiner Versuche verursacht werden. Andererseits aber ist es ihm klar, daß ein gewisser großer Zug der Stetigkeit sehr vielen Naturerscheinungen innewohnt, d. h. daß sich jene beträchtlichen Änderungen als eine Summe von lauter sehr kleinen darstellen werden und daß in den Wirkungen dieser sehr kleinen Änderungen die eigentlichen Grundgesetze der Erscheinungen zum Ausdrucke kommen. Auch hier ist die Infinitesimalrechnung am Platze; sie zeigt, wie man aus beträchtlichen Veränderungen auf ihre Elemente, auf die sehr kleinen Veränderungen, zurückschließen kann. Die Lehrbücher der Infinitesimalrechnung zerlegen ihre Betrachtungen meistens in zwei Teile, in die D i f f e r e n t i a l r e c h n u n g und die I n t e g r a l r e c h n u n g . Das Wort Differential bedeutet eine sogenannte unendlich kleine Größe, das Wort Integral eine aus Differentialen gebildete Summe. Wir werden jene Scheidung in einzelne Teile außer acht lassen; was wir dadurch an methodischer Einheitlichkeit verlieren, hoffen wir an besserer Verständlichkeit zu gewinnen. Die vorstehenden Bemerkungen können, da sie sich auf erst noch zu lehrende Dinge beziehen, nur sehr oberflächlicher Natur sein. Notwendigerweise sind sie daher auch nicht von jener bestimmten Klarheit, die der Leser von mathematischen Auseinandersetzungen zu verlangen berechtigt ist. Sie sollen eben nur einen vorläufigen Überblick geben. § 2.

Das Messen der Größen.

Da wir rechnende Mathematik lehren wollen, sind die Gegenstände unserer Betrachtungen G r ö ß e n , d. h. Dinge oder Begriffe, die m e ß b a r sind. Es gibt sehr verschiedene Arten von Größen, die nicht miteinander durch Abmessen vergleichbar sind, wie z. B. Zeiten und Temperaturen. Vielmehr steht jede Größen a r t für sich, indem sie nur durch eine Größe von derselben Art meßbar ist, d. h.: alle Größen derselben Art lassen sich als Vielfache einer G r ö ß e d e r s e l b e n A r t , a l s o a l s Z a h l e n a u s d r ü c k e n . Z. B. alle geradlinigen Strecken lassen sich mit dem Meter messen, alle Zeiten mit der Stunde, alle Temperaturen mit dem Grad Celsius usw. Die eine Größe, mit der man alle Größen derselben Art mißt, nennt man die E i n h e i t der Größenart. Das Abmessen kann nur bis zu l*

4

Erstes Kapitel:

Größen und

Funktionen.

einem gewissen Grade der Genauigkeit getrieben werden. Wenn ich sage, eine Länge beträgt 2,439 m, so heißt dies nur. daß sie zwischen 2,4385 und 2,4395 m liegt. Die Zahlen, die man bei der praktischen Anwendung der Mathematik benutzt, sind eben stets mit Ungenauigkeiten behaftet. Daraus folgt, daß man bei der Anwendung exakter mathematischer Methoden doch immer nur einen gewissen Grad der Genauigkeit erreichen kann, der von Umständen abhängt, die außerhalb des Bereiches der Mathematik liegen. Und hieraus ziehen wir einen wichtigen Schluß: Wir dürfen unsere Methoden so einrichten, daß sie nur bis zu dem praktisch gewünschten Grade der Genauigkeit ausreichen. Häufig werden wir daher solche Lösungen von Problemen, die mathematisch vollkommen richtig sind, vernünftigerweise für den Gebrauch durch angenäherte Lösungen ersetzen, die für die Anwendungen ausreichen. Die W a h l d e r E i n h e i t einer bestimmten Größenart ist eigentlich willkürlich, doch muß sie so getroffen werden, daß man die Einheit im Bedarfsfalle immer hinreichend genau herstellen kann. So sind z. B. besondere Vorkehrungen getroffen worden, um die Einheit der Länge, das in Paris aufbewahrte Urmeter, vor schädlichen äußeren Einflüssen möglichst zu schützen. Jedermann könnte sich, theoretisch genommen, die Einheit nach Belieben wählen. Dies würde zu Unzuträglichkeiten führen, sobald man sich anderen mitzuteilen wünschte. Man wird daher ein Ubereinkommen treffen. Solche Vereinbarungen liegen zum Teil geschichtlich sehr weit zurück (z. B. „Stunde"), zum Teil sind sie neueren Datums. Sie sind für die Allgemeinheit von solcher Bedeutung, daß sie geradezu wichtige Gegenstände diplomatischer Verhandlungen und der Gesetzgebung gewesen sind. Allerdings sieht man sich bei besonderen Untersuchungen doch oft genötigt, von solchen vernünftigen Vereinbarungen bewußt abzuweichen. So zeigt die Optik, daß die Wellenlänge des roten Lichtes bei der F R A U N H O F E R sehen Linie C des Spektrums gleich 0,000000656 m ist. Statt dessen sagt man, sie betrage 0,656 fi, indem man nicht das Meter, sondern sein Milliontel ¡i als Einheit benutzt, nur um bequemere Zahlen zu haben. Hier ist eben die gebräuchliche Längeneinheit viel zu groß; man weicht absichtlich davon ab, wählt aber als neue Einheit eine Länge, die zum Meter in einem „runden" Zahlenverhältnisse steht, so hier 0,000001 m, um, wenn nötig, ohne Mühe wieder zur sonst gebräuchlichen Einheit übergehen zu können. Wenn wir in der Folge Zeichnungen herstellen, die in karriertes Papier eingetragen werden, wählen wir die

§ 2.

Das Messen der

5

Größen.

Längeneinheit je nach Bedarf bald als den Abstand zweier aufeinander folgender Linien des Netzes, bald als das Doppelte, Zehnfache usw. oder als den zehnten, hunderten Teil usw. dieses Stückes. Wir scheuen uns dabei auch nicht, z. B. ein Meter durch eine ganz kurze Strecke, etwa durch ein Zentimeter, graphisch darzustellen. Unsere Figur ist alsdann ein verkleinertes, aber sonst getreues Abbild der eigentlichen Figur, die zu groß ausfallen würde. Die E i n h e i t d e r Z e i t ist die S t u n d e oder, wenn dies Maß für feinere Beobachtungen unverhältnismäßig groß ist, ihr sechzigster Teil, die M i n u t e , oder auch der sechzigste Teil der Minute, die Sekunde. Wir besprechen nur noch einige Größenarten, die rein mathematischer Natur sind: Zunächst die F l ä c h e n i n h a l t e ebener Figuren. Als Einheit benutzt man den Inhalt eines Quadrates, dessen Seitenlänge man zweckmäßig gleich der Längeneinheit, also gleich dem Meter wählt, so daß die Flächeneinheit das Quadratmeter ist. Entsprechendes gilt von den R a u m g r ö ß e n oder V o l u m e n . Hier wird als Einheit das Kubikmeter benutzt. Dies Maß ist für viele Zwecke zu groß, so daß man meistens eine viel kleinere Einheit anwendet, so namentlich den Inhalt eines Würfels, dessen Kantenlänge ein Dezimeter beträgt, also das Liter. Von rein mathematischen Größenarten wären jetzt nur noch die Winkel zu besprechen. Vorher aber wollen wir einen wichtigen Umstand hervorheben: Alle G r ö ß e n einer b e s t i m m t e n G r ö ß e n a r t sind graphisch als S t r e c k e n d a r s t e l l b a r , sobald man die E i n h e i t der b e t r e f f e n d e n A r t d u r c h eine S t r e c k e d a r g e s t e l l t hat. Wird z. B. eine Stunde durch ein Zentimeter dargestellt, so bedeuten 3,4 cm der Zeichnung 3,4 Stunden. Beim Thermometer werden die Temperaturgrade durch die Skala direkt als Strecken dargestellt. Ein Vorteil der graphischen Darstellung von Größen durch Strecken liegt in der großen Anschaulichkeit, da sich die Längen von Strecken schon durch den bloßen Anblick leicht ziemlich genau vergleichen lassen. In Fig. 1 haben wir die Flächeninhalte einiger Länder: Deutschland, Osterreich - Ungarn, Italien, nn D

Ö

F

I Fig. l.

S

E

6

Erstes Kapitel:

Größen und

Funktionen.

Frankreich, Spanien und England als Inhalte von Quadraten veranschaulicht. Das besonders angegebene kleine Quadrat bedeutet dabei 40 000 qkm. In Fig. 2 sind dieselben Inhalte als Strecken veranschaulicht, wobei die besonders angegebene kleine Strecke 100000 qkm vorstellen soll. Man sieht sofort, daß sich die Flächeninhalte mittels der zweiten Figur viel leichter als mittels der ersten vergleichen lassen. Treten mehrere Größenarten, z. B. zwei, auf, so kann man die Einheit einer jeden durch eine beliebig gewählte Strecke darstellen, also beide Einheiten v e r s c h i e d e n lang in der Figur wählen. Es hat dies seinen Grund darin, daß Größen verschiedener Art überhaupt nicht miteinander vergleichbar sind, jede Art vielmehr nur durch eine Größe ihrer eigenen Art meßbar ist. Schließlich wenden wir uns nun zur Besprechung der Winkel. Der Handwerker benutzt als Einheit den rechten Winkel und spricht etwa von einem halben, drittel usw. rechten Winkel. In der Nautik ist eine andere Einheit gebräuchlich: Die Windrose hat 32 Striche, so daß ein Strich ein Achtel des rechten "Winkels bedeutet. Hier ist also die Einheit ein Strich. Der Astronom benutzt zu gewissen Zwecken als Winkeleinheit die Stunde, indem er eine naheliegende Vergleichung mit der Zeit heranzieht: Da die Sonne in 24 Stunden scheinbar einen Kreis am Himmel D O I JF S E durchläuft, teilt der Astronom den ganzen Umlauf um einen Punkt in 24 gleiche Teile und Fig. 2. nennt einen Teil, d. h. also den sechsten Teil des rechten Winkels, eine Stunde. Hier ist mithin die Stunde eine Winkeleinheit und nur scheinbar eine Zeiteinheit. In der niederen Mathematik und in ihren Anwendungen pflegt man als Winkeleinheit den G r a d , d. h. den neunzigsten Teil des rechten Winkels, anzuwenden. Ihn zerlegt man bekanntlich in sechzig Minuten, jede Minute in sechzig S e k u n d e n . Minute und Sekunde sind hier also wieder nur scheinbar Zeitgrößen, in Wirklichkeit Winkelgrößen. Gegen die Einheit: Grad läßt sich einwenden, daß sie nur durch die Überlieferung begründet ist. Eine starke Bewegung ist im Gange, die dahin strebt, die Teilung des rechten Winkels in hundert Grade — die Z e n t e s i m a l t e i l u n g — einzubürgern, wobei ein Grad in hundert Minuten, eine Minute in hundert Sekunden zerlegt werden soll. Aber auch diese dem Dezimalsystem unserer Zahlenrechnung angepaßte neue Winkeleinheit wäre in der reinen Mathematik häufig

7 unbequem und zwar aus Gründen, die wir erst an einer späteren Stelle in voller Deutlichkeit auseinandersetzen können. Als Notbehelf möge hier die folgende Erläuterung dienen: W i r können in der Ebene und im Eaume die gegenseitigen Lagenbeziehungen zwischen verschiedenen Punkten vollkommen erschöpfend dadurch feststellen, daß wir ihre Entfernungen voneinander, also Längen, abmessen. A b e r man kann dabei, wie es der Feldmesser tut, auch Winkel benutzen. So z. B. ist Gestalt und Größe eines Dreiecks einerseits vollkommen bestimmt, sobald man die drei Seitenlangen kennt, andererseits aber auch, sobald man eine Seitenlange und die Größen der beiden anliegenden Winkel kennt. Zwischen Längen und Winkeln müssen demnach innige Wechselbeziehungen bestehen. Auf diese Beziehungen, die der Gegenstand der Trigonometrie sind, gehen wir hier nicht genauer ein. Es genügt uns, nur die eine Folgerung zu ziehen, daß es wünschenswert ist, d a s M e s s e n d e r W i n k e l in e n g e r e B e z i e h u n g z u m M e s s e n d e r L ä n g e n zu b r i n g e n . (siehe Fig. 3) Dies geschieht, indem wir einen Winkel AOB dadurch bestimmen, daß wir einerseits die Länge des R a d i u s O A eines um seinen Scheitel 0 geschlagenen Kreises und andererseits die Länge des B o g e n s A B abmessen, den der Winkel auf diesem Kreise abschneidet. Wählen wir den Radius größer als soeben, etwa gleich 0 A', so wird auch der Bogen länger, gleich Ä B'. Aber die Figuren 0 AB und 0 Ä B' sind einander ähnlich. Daher ist das V e r h ä l t n i s d e r B o g e n l ä n g e z u r R a d i u s l ä n g e , AB-.OA, für einen bestimmt gewählten Winkel immer dasselbe, wie groß auch der Kreisradius sein mag. Man spricht dies auch so aus: Die Bogenlänge A B eines bestimmt gewählten Winkels ist der Radiuslänge O A p r o p o r t i o n a l . W i r m e s s e n d e m n a c h e i n e n W i n k e l AOB durch das V e r h ä l t n i s d e r B o g e n l ä n g e AB, d i e d e r W i n k e l auf e i n e m b e l i e b i g e n K r e i s e um s e i n e n S c h e i t e l 0 a u s s c h n e i d e t , z u r L ä n g e d e s g e w ä h l t e n R a d i u s 0 A. Da es sich nur um das Verhältnis zweier Längenmaße handelt, ist die Wahl der Längeneinheit ohne Einfluß auf diese Maßzahl des Winkels. Ob wir mit Meter oder Zoll oder Meile usw. messen, jenes Verhältnis wird für einen Winkel immer dieselbe Maßzahl ergeben. Diese Maßzahl nennt man das B o g e n m a ß d e s W i n k e l s . Unter

dem

Winkel

Eins,

d. h. unter

der

Winkeleinheit,

8

Erstes Kapitel:

Größen und Funktionen.

haben wir hiernach denjenigen Winkel AOB zu verstehen, dessen Bogen A B gerade so lang wie der Radius 0 A ist (siehe Fig. 4). Um diesen Winkel zu zeichnen, schlägt man um 0 irgend einen Kreis und trägt auf seinem Umfange von dem Punkte A aus den Kadius OA als B o g e n ein. Dies geschieht a n g e n ä h e r t dadurch, daß man 0 A in eine größere Anzahl von recht kleinen Teilen teilt und diese kleinen Teile als S e h n e n nacheinander von A aus auf dem Kreise einträgt. Uber die genaue Bestimmung dieses Winkels sprechen wir nachher. W e n n wir den Radius OA nicht als Bogen, sondern als S e h n e AC von A aus in den Kreis eintragen, gelangen ' wir zu einem Punkte C, der augenscheinlich weiter 4 von A entfernt ist als der richtige P u n k t B. D a das Dreieck AOC gleichseitig ist, hat der Winkel AO C gerade 60°. Mithin ist d i e W i n k e l e i n h e i t e t w a s k l e i n e r a l s d e r W i n k e l v o n 60°. Gehen wir zu Fig. 3 zurück und lassen wir den Schenkel 0 B sich um 0 drehen, während wir die Radiuslänge beibehalten, so ändert sich der Winkel A O B . Dabei bleibt aber das Verhältnis aus seiner Grad zahl und der zugehörigen Bogenlänge A B immer dasselbe, d . h . d a s G r a d m a ß i s t d e r B o g e n l ä n g e p r o p o r t i o n a l . D a der Radius 0 A dabei unverändert bleibt, ist das G r a d m a ß auch proportional dem Verhältnisse aus der Bogenlänge und der Radiuslänge, mit anderen W o r t e n : D a s G r a d m a ß e i n e s W i n k e l s i s t seinem Bogenmaße proportional. Eine entsprechende Erscheinung tritt stets ein, wenn man f ü r ein und dieselbe Größenart zwei verschiedene Einheiten benutzt. 1 W e n n man z. B. Längen mit dem Meter oder Zoll mißt, ist die Zahl der Meter, die eine beliebige Strecke hat, stets p r o p o r t i o n a l der Zahl ihrer Zolle. Das Verhältnis aus beiden Maßzahlen ist eben gleich dem Verhältnisse der Länge eines Zolls zur L ä n g e eines Meters. Das G r a d m a ß des gestreckten Winkels beträgt 180, und sein Bogenmaß ist gleich dem Verhältnisse des halben Kreisumfanges it r zum Radius r, also gleich Wegen der Proportionalität von G r a d m a ß g und Bogenmaß b muß daher auch f ü r jeden anderen Winkel (1)

1

Über eine scheinbare Ausnahme sprechen wir auf S. 14.

9 sein, und hieraus gehen die beiden Formeln hervor: (2) (3)

Die erste dient zur Berechnung des Gradmaßes g bei gegebenem Bogenmaße b und die zweite zur Berechnung des Bogenmaßes b bei gegebenem Gradmaße g. So einfach diese beiden Formeln sind, sollen sie uns doch noch einige Zeit beschäftigen, indem wir über die Art ihrer praktischen Benutzung sprechen. Die in ihnen auftretende Zahl n = 3 , 1 4 1 5 9 2 6 . . . nämlich können wir immer nur irgendwie abgerundet in Rechnung stellen, so daß also bei der Anwendung der an sich exakten Formeln stets ein F e h l e r gemacht wird. Dieser Fehler ist die Differenz zwischen dem wirklichen Werte der zu berechnenden Größe und ihrem durch die angenäherte Formel gewonnenen Werte. Man muß sich darüber Klarheit verschaffen, u m w e l c h e n B r u c h t e i l das Ergebnis falsch ausfallen kann, d. h. wie groß das Verhältnis dieses Fehlers zum wahren Werte sein kann. Dies Verhältnis heißt der r e l a t i v e F e h l e r ; es ist der vorhin erwähnte Fehler, jedoch gemessen mit dem wirklichen Werte der zu berechnenden Größe, also dividiert mit dieser Größe. In den beiden vorliegenden F ä l l e n (2) und (3) gestaltet sich nun die Betrachtung so: Wird statt des wahren Wertes der Zahl n ein Näherungswert n benutzt, z. B. 3,14 oder 3,142 oder 3 1 / , usw., und ist das Bogenmaß b eines Winkels gegeben, so liefert die F o r m e l , die nun an die Stelle von (2) tritt, nur einen angenähert richtigen Wert für das Gradmaß g, nämlich 180 , g = - -b. 71 Die Differenz zwischen g' und dem in (2) angegebenen richtigen Werte g ist der F e h l e r : 9 - 9

180

= n

h_

180

I = 1 8 0 1 L Z J Í . b.

Der r e l a t i v e F e h l e r geht hieraus durch Division mit dem richtigen Werte g hervor. E r ist also ~ 9 _ 180 " ~ 9

.A

ti' n

wofür man wegen (1) auch schreiben kann f( - nÍ )

g' 9- g _

n - ri

g

10

Erstes Kapitel:

Größen und Funktionen.

Wenden wir uns jetzt zur Formel (3), indem wir annehmen, daß das Gradmaß g eines Winkels gegeben sei. Wenn statt tr ein Näherungswert % angewandt wird, ergibt sich für das Bogenmaß b des Winkels nur ein angenähert richtiger Wert, nämlich

,, ri

b =

180

a.

y

Die Differenz zwischen b' und dem in (3) angegebenen Werte b ist der F e h l e r : h

' -

b

=

-

= isö^'

richtigen

~

Der r e l a t i v e F e h l e r geht hieraus durch Division mit dem wahren Wert b hervor und ist daher: V - b 1 , , . g wofür man wegen (1) auch schreiben kann: b' — b n — n Die Zähler der beiden relativen Fehler (4) und (5) unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen. Dieser Unterschied ist erklärlich, denn wenn man statt n z. B. einen Näherungswert ri größer als n annimmt, wird die Formel (2) den Wert von g zu k l e i n , dagegen die Formel (3) den Wert von h zu g r o ß ergeben, d. h. dann wird g' — g negativ und b' — b positiv. Gerade umgekehrt liegt die Sache, wenn der Näherungswert ji' kleiner als % gewählt wird. Die Nenner der beiden relativen Fehler (4) und (5) sind %' und jt und weichen daher wenig voneinander ab. Wenn man z. B. statt n den sehr rohen Näherungswert ri = 3 benutzt, ist n - ri _

0,1415926 . . .

ri

- n •JI

0,1415926 . . . 3,1415926...

und die beiden Werte weichen abgesehen von ihren verschiedenen Vorzeichen doch nur wenig voneinander ab, nämlich um weniger als 0,05, obgleich n durch den sehr rohen Näherungswert 3 ersetzt worden war. Noch viel größer wird die Ubereinstimmung, falls man für % einen besseren Näherungswert anwendet. Da es sich nun doch nur um eine Abschätzung des Fehlers handelt, dürfen wir also sagen: Der bei der Anwendung der Formel (2) entstehende relative Fehler ist abgesehen vom Vorzeichen fast genau derselbe wie der bei der Anwendung der Formel (3) entstehende, nämlich wie der Wert (6)

Z ^

1

^ "

11 D i e s e r B r u c h a b e r e n t h ä l t im Z ä h l e r d e n F e h l e r von % u n d im N e n n e r % selbst, ist a l s o n i c h t s a n d e r s a l s d e r r e l a t i v e F e h l e r der s t a t t 7t benutzten Z a h l n . A l s o w i r d b e i d e r A n w e n d u n g d e r b e i d e n F o r m e l n (2) u n d (3) e i n r e l a t i v e r F e h l e r b e g a n g e n , d e r a b g e s e h e n v o m Vorzeichen gleich dem relativen Fehler des statt n ben u t z t e n N ä h e r u n g s w e r t e s i s t . W e n n m a n z. B . d i e Z a h l 71 bis a u f h ö c h s t e n s 1 °/ 0 f a l s c h w ä h l t , w e r d e n a u c h die E r g e b n i s s e der F o r m e l n (2) und (3) h ö c h s t e n s u m 1 °/ 0 f a l s c h a u s f a l l e n . Ü b r i g e n s sind die in (2) u n d (3) v o r k o m m e n d e n B r ü c h e u n d n : 1 8 0 bis a u f vier D e z i m a l s t e l l e n g e n a u d i e s e : ^ = 0 , 0 1 7 5 ,

^

=

180

57,2958.

W i r e r l a u b e n u n s hier die A n m e r k u n g , d a ß es S a c h e d e s L e s e r s ist, d i e s e B e h a u p t u n g a u f ihre R i c h t i g k e i t hin zu u n t e r s u c h e n ! 1. B e i s p i e l : Auf Gruud der Formel (2) soll das C-radmaß g eines Winkels, der nicht größer als ein rechter ist, b i s a u f d i e S e k u n d e n z a h l g e n a u berechnet werden. Welcher Näherungswert darf dabei für n benutzt werden? Der gesuchte Winkel beträgt höchstens 90° oder 324 000"; gestattet ist ein Fehler von Y,", d. h. der relative Fehler darf höchstens gleich 324 000

0,0000015 . . .

sein. Dies sind rund 1 1 / 2 Milliontel. Daher genügt es, statt n einen Näherungswert zu verwenden, der um nicht mehr als 1 l / a Milliontel der Zahl n oder also nm nicht mehr als 0,000004 7 . . . von n abweicht. Ein derartiger Wert ist z. B. 3,14159. Mithin gibt die Formel 180 o = b * 3,14159 das Gradmaß g genau bis auf die Sekundenzahl. 2. B e i s p i e l : Wieviel Grad, Minuten und Sekunden hat die Winkeleinheit, d. h. der Winkel mit dem Bogenmaße Eins? Wir sahen schon oben, daß die Gradzahl ein wenig kleiner als 60 ist (siehe Fig. 4, S. 8). Auf Grund des ersten Beispiels ergibt sich die Gradzahl 180 _ 3714159" ~~ °

92937 314159

Der Überschuß über 57° beträgt, in Minuten ausgedrückt: 92937-60 „„ 235517 = 17 314159 314159 der Überschuß über 17', in Sekunden ausgedrückt: 235517 «60 314159

= 45 .

12

Erstes Kapitel:

Größen und

Funktionen.

Hierbei deutet der Strich über der 5 an, daß sich eine Zahl zwischen 44,5 und 45 ergibt. Die Winkeleinheit hat also 57° IT 45". 3. B e i s p i e l : Es soll das Bogenmaß von 1° berechnet werden, indem man n durch den Näherungswert 3 '/7 ersetzt. Zugleich soll man den Fehler abschätzen. Die Formel (3) gibt, wenn man darin n = 3 1 / 7 und g = 1 setzt, das Bogenmaß 0 , 0 1 7 4 6 0 3 . . . Da 3'/ 7 von n um weniger als '/»¿"/o abweicht, ist auch dieser Wert bis auf % genau, woraus man wieder leicht schließt, daß das Bogenmaß von 1° auf vier Dezimalstellen abgerundet genau den Wert 0,0175 hat, der schon oben (auf S. 11) genannt wurde.

Um das U m r e c h n e n von G r a d m a ß in Bogenmaß u n d u m g e k e h r t zu erleichtern, h a t m a n eine Tafel hergestellt, die zu j e d e r ganzen Gradzahl, zu j e d e r ganzen Minutenzahl u n d zu j e d e r ganzen Sekundenzahl das B o g e n m a ß angibt. Man findet sie in den S a m m l u n g e n von L o g a r i t h m e n t a f e l n u n t e r der Uberschrift: „ L ä n g e d e r K r e i s b ö g e n f ü r d e n H a l b m e s s e r E i n s . " Z u r E r k l ä r u n g dieser Uberschrift sei b e m e r k t : D a das Bogenmaß gleich Bogen durch R a d i u s ist, so folgt: Das B o g e n m a ß eines Winkels ist gleich der L ä n g e des Bogens, den der W i n k e l auf einem K r e i s e u m seinen Scheitel mit dem Radius Eins abschneidet. Diese B e m e r k u n g dient d a z u , daß m a n sich mit Leichtigkeit die Beziehung zwischen B o g e n m a ß u n d G r a d m a ß merkt. D a d e r Kreis vom R a d i u s E i n s den Umfang 2 n h a t , gehört zu 4 R e c h t e n das B o g e n m a ß 2TI, also z u 9 0 ° d a s B o g e n m a ß J j r . W e n n wir künftig von den W i n k e l n n, -i n, •>- n, J- n usw. sprechen, b r a u c h t der L e s e r n u r % d u r c h 180 zu ersetzen, um die G r a d m a ß e 180°, 9 0 ° , 4 5 ° , 6 0 ° , 3 0 ° dieser Winkel vor A u g e n zu h a b e n . Es i s t n ü t z l i c h , s i c h d a r a n zu g e w ö h n e n , s t a t t v o n e i n e m r e c h t e n W i n k e l von d e m W i n k e l z u s p r e c h e n . Man wird nämlich, u m es nochmals zu wiederholen, s p ä t e r erkennen, daß die Benutzung des neu eingeführten Bogenmaßes der W i n k e l keine Spielerei ist, wie der A n f ä n g e r denken k ö n n t e , daß m a n vielmehr dazu geradezu gezwungen wird. Der L e s e r möge das V e r t r a u e n haben, d a ß wir hier keine f ü r ihn nutzlosen m a t h e m a t i s c h e n Ü b u n g e n anstellen. Unsere T a f e l I im A n h a n g e gibt einen kurzen Auszug der vorhin erwähnten Tafel. D a r i n sind f ü r 1 bis 9 G r a d , 1 bis 9 Minuten u n d f ü r 1 bis 9 Sekunden die B o g e n m a ß e fünf Dezimalstellen a b g e r u n d e t angegeben. Querstriche ü b e r letzten Dezimalen b e d e u t e n dabei, daß die Zahlen n a c h oben gerundet sind.

aus für auf den ab-

§ 2. 4. B e i s p i e l : gibt das Schema:

Das

Messen

der Größen.

Wie groß ist das Bogenmaß von 27° 36'45"? 20° = 2 10 70 30' = 3'- 10 6' 40" = 4"- 10 5"

13 Die Tafel I

0,3491 0,1222 0,0087 0,0017 0,0002 0,0000 0,4819

Daß wir auf höchstens vier Dezimalstellen abrunden m ü s s e n , ist klar. W i r haben hier die Zahl 0,00175 auf 0,0017 abgerundet, nicht auf 0,0018, weil j a 0,00175 schon zu groß ist. Von den letzten Dezimalen der Zahlenreihe sind drei zu groß, drei zu klein. Es ist also w a h r s c h e i n l i c h , daß sich die Fehler ziemlich ausgleichen, d. h. daß das Ergebnis 0,4819 auch in der vierten Dezimalstelle richtig ist. E x a k t können wir nur folgern, daß das Ergebnis zwischen 0,4819 - 3-0,00005 und 0,4819 + 3-0,00005, also zwischen 0,48175 und 0,48205 liegt, so daß wir nur auf drei Dezimalstellen 0,482 abrunden dürfen. In Praxi aber wird der obige Wahrscheinlichkeitsschluß zur Ausgleichung der Fehler vollkommen genügen. In der Tat gibt genauere Berechnung, abgerundet auf fünf Dezimalstellen, 0,48193. 5. B e i s p i e l : Aus einem Kreise von 3,4000 m Radius soll ein Zentriwinkel von 27° 36' 45" ausgeschnitten werden. Wie lang ist der zugehörige Bogen? Er ist gleich dem soeben gefundenen Bogenmaße 0,4819, multipliziert mit dem Kadius 3,4000. Wir benutzen hier abgekürzte Multiplikation, da es nur auf vier Dezimalstellen ankommt: 0,4819-3,400 1,4457 1928 1,6385 m. 6. B e i s p i e l : Eine Kreisscheibe von 0,2300 m Kadius soll 200 Zähne bekommen. Wie lang ist der Bogen eines jeden Zahns ? Die Summe der Zähne und Zahnlücken ist 400. Der zu einem Zahne gehörige Zentriwinkel ist in Gradmaß gleich 360°: 400 = 0,9° = 54'. Nach Tafel I ist das zugehörige Bogenmaß gleich 0,0157. Also ist zu rechnen: 0,0157-0,2300 Ö7>Ö31 5 0,0036 m. Zum S c h l ü s s e

dieses Paragraphen

m ü s s e n wir n o c h

erwähnen,

d a ß es G r ö ß e n g i b t , die n e g a t i v e M a ß z a h l e n h a b e n . dings,

die

Länge

eines

M e t a l l s t a b e s z. B. k ö n n e n w i r

uns

n e g a t i v v o r s t e l l e n , weil es u n t e r allen S t ä b e n e i n e n k ü r z e s t e n den von der L ä n g e N u l l .

Allernicht gibt,

H a n d e l t es sich a b e r n i c h t u m d i e L ä n g e

eines k o n k r e t e n G e g e n s t a n d e s ,

so kann das L ä n g e n m a ß sehr wohl

14

Erstes Kapitel:

Größen und Funktionen.

gleich Null oder negativ sein. Dies ist z. B. der Fall bei der Angabe der Höbe eines Punktes über der Meeresoberfläche. Minus 4 m Meereshöhe bedeutet ja 4 m Tiefe unterhalb der Meeresoberfläche. Hat ein Punkt die Höhe a m und ein anderer die Höhe b m über dem Meere, so ist der erste Punkt stets (a — b) m höher als der zweite, wobei es ganz gleichgültig ist, ob a oder b oder beide negativ sind. Wenn das Ergebnis (a — b) m negativ ist, bedeutet dies eben, daß der erste Punkt tiefer als der zweite liegt. Wenn z. B. der erste Punkt 4 m unter der Meereshöhe und der zweite 7 m über der Meereshöhe liegt, ist a = — 4, b — -}- 7, als a — b = — 4 — 7 = — 11, d. h. der erste Punkt liegt l i m t i e f e r als der zweite. — Wir sprechen auch von negativen Temperaturen, da der Vorstellung immer niedrigerer Temperaturen keine Grenze gesetzt ist. Man bezeichnet deshalb mit 0° Wärme eine ziemlich willkürlich gewählte Temperatur, so nach Celsius und Röaumur die des schmelzenden Schnees, nach Fahrenheit dagegen die einer gewissen Mischung aus Eis und Salmiak. Temperaturen unterhalb des Nullpunktes werden negativ in Rechnung gesetzt. Auch hier ist es stets richtig, daß der Unterschied zweier Temperaturen gleich der Differenz ihrer Gradzablen ist, ganz gleichgültig, ob die Gradzahlen positiv oder negativ sind. Die Willkür bei der Wahl des Nullpunktes zeigt, daß es unsinnig ist, z. B. zu sagen, daß 80° C. eine doppelt so hohe Temperatur als 40° C. sei, denn in Fahrenheit sind dies 176° und 104°. Man darf höchstens sagen: Der Temperaturunterschied von 80° C. und von schmelzendem Eise ist doppelt so groß wie der von 40° C. und von schmelzendem Eise, d. h. m a n m u ß d i e T a x a t i o n auf d e n w i l l k ü r l i c h g e w ä h l t e n N u l l punkt zurückführen. Beispiele von negativen Größen sind jedoch dem Leser so massenhaft bekannt, daß wir uns hierbei nicht weiter aufzuhalten brauchen. Wenn wir auf S. 8 sagten, daß die Maßzahlen einer Größenart, sobald man eine neue Einheit einführt, den alten Maßzahlen proportional sind, wie z. B., wenn wir Längen durch das Meter oder durch den Zoll messen, so gilt dies, wie es das Beispiel der Temperaturen zeigt, nur unter der Einschränkung, daß bei beiden Methoden der Messung von demselben Nullpunkte ausgegangen wird. So sind die Celsiusangaben den ßöaumurangaben proportional — sie verhalten sich zueinander wie 5 zu 4 — , dagegen nicht den Fahrenheitangaben.

15

§ 3. Konstanten, Veränderliche, Funktionen. Erfahrung hat den Menschen gelehrt, zwischen den mannigfaltigen in der Natur auftretenden Größen verborgene gesetzmäßige Beziehungen zu vermuten, eine Uberzeugung, die ihren sprachlichen Ausdruck darin findet, daß man sagt, jede bestimmte Ursache rufe bestimmte Wirkungen hervor. Wir haben die feste Vorstellung, daß die anorganische Natur an sich keine Willkür duldet, daß vielmehr mit Notwendigkeit aus jedem bestimmten Geschehnisse nach Gesetzen bestimmte neue Geschehnisse hervorgehen. Auch auf einen großen Teil der Erscheinungen im Gebiete der organischen Natur erstreckt sich diese Vorstellung, so weit eben, als nicht die willkürlichen Lebensäußerungen mit ins Spiel kommen. J e n e verborgenen Gesetze zu erkennen und zu benutzen, ist die Aufgabe der Naturforschung und der Technik. Nun aber treten bei jeder Naturerscheinung mancherlei Größenarten auf, so daß es häufig sehr schwer fallen würde, diese noch unbekannten Zusammenhänge zu ergründen, wenn wir nicht imstande wären, die Wirkungen jener einzelnen Gesetze gewissermaßen zu isolieren. Dies geschieht durch das E x p e r i m e n t , den V e r s u c h , bei dem man dafür sorgt, s o w e i t m ö g l i c h d i e v e r s c h i e d e n e n Größen durch geeignete V o r k e h r u n g e n bei bestimmten W e r t e n zu e r h a l t e n , so d a ß s i c h n u r e i n i g e w e n i g e G r ö ß e n n o c h zu ä n d e r n v e r m ö g e n . Will man z. B . erkennen, wie Temperaturänderungen auf das Volumen eines Gases einwirken, so sorgt man dafür, daß die Spannung des Gases bei jenen Temperaturänderungen immer dieselbe bleibt, da man bemerkt, daß auch die Spannung wesentlich auf das Volumen des Gases einwirkt. Will man die Gesetze der Schwere untersuchen, indem man den freien F a l l beobachtet, so muß man daran denken, daß die Gesetze an verschiedenen Stellen der Erde verschieden sein werden. Man muß daher zunächst die Untersuchung an einem bestimmten Orte, d. h. für eine bestimmte geographische Länge und Breite anstellen. Man wird also dafür sorgen, daß eine Eeihe von vorkommenden Größen während des Experimentes unverändert bleiben. Sie heißen Konstanten. Natürlich kann man nachher, indem man weitere Experimente anstellt, diese Größen doch wieder sich ändern lassen. E i n e G r ö ß e heißt eben k o n s t a n t nur insofern, als sie sich w ä h r e n d der g e r a d e im G a n g e b e f i n d l i c h e n U n t e r s u c h u n g oder Überlegung nicht ändert.

16 Sorgen wir so dafür, daß sich nur noch einige Größen ändern können, so sind dies alsdann die V e r ä n d e r l i c h e n des Problems. Bei einer bestimmten Experimentenreihe, die dazu dienen soll, ein" verborgenes Naturgesetz herauszubringen, spielen nun die Veränderlichen zwei wesentlich verschiedene Rollen. Man wird nämlich dafür Sorge tragen, daß einige Größen während des Experimentes nach und nach verschiedene bestimmt gewählte Werte annehmen und durch die Experimente feststellen, welche Werte der übrigen veränderlichen Größen sie nach sich ziehen. Wenn man z. B. die Wechselwirkung zwischen Volumen, Temperatur und Spannung einer Gasmenge feststellen will, wird man zunächst etwa die Temperatur durch ein Wasserbad k o n s t a n t erhalten, so daß noch zwei Veränderliche, das Volumen und die Spannung, verbleiben. Gibt man nun dem Volumen nach und nach verschiedene bestimmte Werte, so ziehen sie verschiedene bestimmte Werte der Spannung nach sich. Da man hier die Volumina nach eigenem Ermessen verschiedenartig hat wählen können, ohne an bestimmte Werte gebunden zu sein, so heißt bei diesem Experiment das Volumen die u n a b h ä n g i g e V e r ä n d e r l i c h e . Die zugehörige Spannung dagegen, die der Beobachter durch das Experiment erkennt, heißt hier die abh ä n g i g e V e r ä n d e r l i c h e . Man kann aber auch das Experiment insofern komplizierter gestalten, als man der Temperatur und dem Volumen nach und nach verschiedene bestimmte Werte gibt. Die Erfahrung lehrt, daß dann zu jeder bestimmten Temperatur und zu jedem bestimmten Volumen eine bestimmte Spannung des Gases gehört. Hier sind die Temperatur und das Volumen die b e i d e n unabhängigen Veränderlichen, während die Spannung die einzige abhängige Veränderliche ist. Wie in diesen einfachen Beispielen wird es bei allen Versuchen unter den Veränderlichen zwei verschiedene Klassen von Größen geben. Die Größen der einen Klasse kann man durch geeignete Vorkehrungen nach und nach auf verschiedene irgendwie gewählte bestimmte Werte bringen, während die Größen der anderen Klasse durch die Wahl jener in ihren Werten vollkommen bedingt werden, indem sie sich durch das Experiment ergeben, ohne daß der Experimentator noch irgend einen bestimmenden Einfluß hat. Die Größen der ersten Klasse sind die u n a b h ä n g i g e n V e r ä n d e r l i c h e n , die der zweiten die a b h ä n g i g e n V e r ä n d e r l i c h e n . Zunächst wollen wir — und zwar für ziemlich lange Zeit — nur gesetzmäßige Beziehungen zwischen zwei veränderlichen Größen betrachten. Erst später nehmen wir dann mehrere an.

17 Unsere Ausdrucksweise: g e s e t z m ä ß i g e B e z i e h u n g z w i s c h e n zwei v e r ä n d e r l i c h e n Größen ist allerdings vorerst noch nicht scharf mathematisch definiert. Ehe wir zu einer mathematischen Formulierung übergehen, empfiehlt sich die Betrachtung einiger Beispiele. Namentlich die Physik bietet massenhaft Beispiele, unter anderen das folgende: 1. B e i s p i e l : Wird 1 cdm Waaser von 4° C. erwärmt oder abgekühlt, so wird sein Volumen größer. Doch ist der Uberschuß über 1 cdm so gering, daß wir ihn in Kubikzentimetern ausdrücken. E r beträgt nämlich bei ccm 0° 2° 4° 6°

0,03

8° 10°

0,00

12°

0,45

0,03

14»

0,70

0,13

ccm

0,11

16°

0,99

0,25

18°

1,35

20°

1,74

Diese Tabelle wird übersichtlicher, wenn wir sie durch eine Figur veranschaulichen. Auf karriertem Papier ziehen wir (siehe Fig. 5) eine der wage" rechten Linien stärker aus und bringen auf ihr eine Skala an, indem wir von einem Punkte, dem Nullpunkte O, ausgehend in immer gleichem, übrigens beliebig wählbaren Abstände die Bezeichnungen 1 2°, 3°... eintragen. Die Strecke von O bis zum Punkte einer dieser Zahlen soll graphisch die Temperatur andeuten, so O A die Temperatur von 8 An den Stellen 0 2 4 0 . . . bis 20° tragen wir auf den lotrechten Linien des Papiers Strecken a u f , die uns die oben angegebenen Kubikzentimeter versinnlichen sollen. Dabei kann die Strecke, die 1 ccm bedeutet, beA liebig lang gewählt werden. Am O bequemsten ist es, die lotrechte Fig. 5. Grade durch O von diesem Punkte

A

t

aus in gleichen Abständen mit den Bezeichnungen 0,1 ccm, 0,2 ccm usw. zu versehen, also hier die Skala der Kubikzentimeter anzugeben. Alsdann geht jenes Eintragen rasch vonstatten. So bedeutet z. B. die Strecke AB nach der Skala 0,11 ccm. Unsere Tabelle liefert uns so 11 P u n k t e ; und man ist von vornherein nicht überrascht durch die Regelmäßigkeit, in der sie aufeinander folgen. J a man erwartet, daß sich, wenn mehr als jene 11 Daten vorliegen, wenn z . B . jener Volumenüberschuß auch bei 1 3 ° . . . , bei 0 , 5 ° , 1 , 5 ° . . . oder für andere zwischen 0° und 20° gelegene Temperaturen durch Experimente bestimmt wird, alsdann die zugehörigen neuen Bildpunkte so in die Reihe der elf Punkte einordnen, daß die Regelmäßigkeit nur noch stärker hervortritt. Man vermutet also, daß alle zwischen 0° und 20° gelegenen Temperaturen SCHEFFERS, Mathematik.

2. Aufl.

2

18

Erstes Kapitel:

Größen und

Funktionen.

solche Volumenüberschüsse ergeben, für die die Bildpunkte in der Figur eine gewisse stetig fortschreitende K u r v e liefern. D i e s e K u r v e ist d a s geomet r i s c h e A b b i l d der g e s e t z m ä ß i g e n B e z i e h u n g zwischen der Temperatur und der Volumenvergrößerung, die 1 cdm Wasser von 4°C. erfährt, sobald seine Temperatur geändert wird. Analoges wie in diesem Beispiele wird man immer erwarten, sobald man aus dem Studium der Naturerscheinungen die Überzeugung gewonnen hat, daß eine physikalische Größe gesetzmäßig von einer anderen abhängt und daß dieser Zusammenhang nicht für gewisse Werte der einen oder anderen Größe plötzliche Störungen erfährt. Ganz andere Verhältnisse liegen in dem folgenden Beispiele vor: 2. B e i s p i e l : Auf Grund zahlreicher Messungen an einzelnen Individuen hat ein Forscher die mittlere Körperlänge von männlichen Personen in Deutschland für die Lebensalter von 0 bis zu 20 Jahren wie folgt festgestellt: Jahre

j

0 1 2 3 4 5 6

cm

Jahre

50 71 80 87 93 99 105

7 8 9 10 11 12 13

cm 1

110 Vi 116 122 128 133 Vi 137 7 , , 142

Jahre

|

cm

14 15 16 17 18

^ !

147 152 156 162 166 167 168

1 9

20

! :

Ein anderer Forscher hat gleicherweise in Belgien folgende mittlere Zahlenwerte gefunden: Jahre 0 1 2 3 4 5 6

cm .

50,0 69,8 79,1 86,4 92,7 98,7 104,6

j Jahre !

7 8 9 10 11 12 13

cm

Jahre

cm

110,4 116,2 121,8 127,3 132,5 137,5 142,3

14 15 16 17 18 19 20

146,9 151,3 155,4 159,4 163,0 165,5 167,0

Man erkennt, daß der erste Forscher auf halbe, der zweite auf zehntel Zentimeter abgerundet hat. Beide Tabellen führen wir uns graphisch vor Augen, indem wir auf karriertem Papier eine Skala für die Jahre horizontal und eine für die Zentimeter vertikal herstellen. Da die Körpergrößen mit 50 cm beginnen, so werden wir, um Platz zu sparen, die cm-Skala mit 50 zu zählen anfangen. Die Einheiten beider Skalen kann man beliebig annehmen. Unsere Fig. 6 enthält die Wertepaare beider Tabellen, dargestellt durch kleine leere

19 bzw. gefüllte Kreise, deren Höhen die Zentimeter über 50 angeben. Man sieht, daß beide Tabellen nur geringfügig voneinander abweichen. Uber diese A b weichungen wird man nicht über_ ! j rascht sein. Ja man wird ver! muten, daß andere Forscher auf Grund

von

Messungen

wieder

kft andere Ergebnisse finden werden. fflass Andererseits aber ist man darauf

gefaßt,

daß

sich ein Bild von der mittleren Körpergröße der Individuen etwa in Mitteleuropa in den Jahren

-

ZIZ

vielmehr

eine

L i n i e von solcher Stärke, daß ihre Breite einen ¡Spielraum lalit, der jenen Schwankungen vermutlieh gerecht werden wird. So

| I i

ZZ!

cm Mm-,

~

sondern

1

ZZZZZZ L

spiels voraussieht, nicht wie im vorigen Beispiele eine feine K u r v e

! 11

da man Schwankungen

tigerweise bei der A r t dieses Bei-

— —



! i - ' --

-

;

0—20 machen, so wird man hier, vernünf-

Hi" j, i

ZZZZZZL

solche neue Ergeb-

nisse doch nicht allzusehr von den mitgeteilten abweichen. W i l l man

ziehen,

-

-

~Z

Ii

-

—"

¿ Z— Z- Z Z Z Z

M



60

-

Z1ZZZZ_L_ZZZZZZZZJZZZZ

SC cm 0 T

L _

^ ^

i

-J

— - — >• V

F i g . 6.

gelangt man etwa zu F i g . 7. H i e r also wird die gesetzmäßige Beziehung zwischen Lebensalter und Körpergröße nicht durch eine K u r v e , sondern durch einen K u r v e n s t r e i f e n bildlich zum Ausdrucke gebracht. Solche Kurvenstreifen statt scharfer, feingezogener Kurven wird man überall da erwarten, wo die gesetzmäßige Beziehung zwischen den beiden betrachteten Größen nicht nur von physikalischen, sondern wie hier auch von organischen Ursachen abhängt, überdies d a , w o man nur mit Mittelwerten operiert, wie es hier der Fall ist.

Etwas anderes bietet wiederum das folgende 3. B e i s p i e l : zug von Luzern

Ein

über

Schnelldie

Gott-

hardbahn nach Chiasso hält unterwegs an fünf Stationen.

I n der

folgenden T a b e l l e sind nach dem Kursbuche

statt

der

Stations-

namen ihre Entfernungen von Luzern in Kilometern angegeben sowie die Zeiten, zu denen der Zug an den betreifenden Stellen ist.

2*

20

Erstes Kapitel: km

j

Zeit

Größen und

Funktionen.

0

28

60

89

170

199

225

9" 8

9" 37—42

10h 20

l l b 5—13

12h34—40

l h 24

lh54

Auch hier können wir die graphische Darstellung benutzen, indem wir eine wagerechte Zeitskala und eine lotrechte Kilometerskala zeichnen und nun diejenigen Punkte eintragen, die den angegebenen Zeiten und Kilometern entsprechen. So geht Fig. 8 hervor. Wir haben die Kilometerskala vertikal nach unten gerechnet, weil der Zug von Nord nach Süd — im großen ganzen — fährt und wir gewohnt sind, diese Richtung vertikal nach unten zu zeichnen. -A. y i)\

A U 7-

w fU h

1 0* \

\

y

7T

4

T

z

1

i

A

V \

k

t

1

t s

£ \

\

\ \

\

T

f Tangente der Stelle P l t und indem wir die kr Punktreihe durch eine stetige Kurve ersetzt / \ // \ haben. Das Einzeichnen der Tangente ge/ schieht ja sehr einfach: Ihre Steigung soll 2 /l \ sein; da wir die Einheiten beider Achsen L s /4 hier gleich groß gewählt haben, tragen wir nf / also von P 1 aus irgendeine Strecke (in Fig. 35 ist die Strecke 3 gewählt worden) horizontal Fig. 35. an und errichten im Endpunkt eine d o p p e l t so lange Strecke. Ihr Endpunkt Tx ist ein Punkt der Tangente. — Wir können auch an jeder anderen Stelle der Kurve die Tangente konstruieren, wir werden sogar, ehe wir die K u r v e z e i c h n e n , zunächst nur für einzelne Punkte von ihr die Tangenten konstruieren. So haben wir in Fig. 36 die Punkte gewählt:

/ // //

\

54

Zweites Kapitel: Begriff des Differentialquotienten. X= y=

-4 16

-3 9

-2

4 i

-1 1

1 1

0 0

2 4

4 1(5,

3 9

bei denen die Steigung der Tangente (gleich 2x) die Werte hat: -8

| -6 | - 4 | -2 | 0

| 2

| 4

| .6

] 8.

Z. B. im Punkte (2; 4) ist die Steigung der Tangente gleich 4. Wir gehen daher vom Punkte (2; 4) um z. B. zwei Einheiten nach rechts und vom Ende um das V i e r f a c h e , d. h. um acht Einheiten, nach oben, um einen Punkt der Tangente dieser Stelle zu erhalten. Indem wir ihn geradlinig mit dem Punkte (2; 4) verbinden, bekommen wir die Tangente des Punktes (2; 4). An der Stelle (0; 0), dem Anfangspunkte 0 , ist die Steigung gleich Null, d. h. die ar-Achse r- -i—|

4

(

n-

"

t

+

\

\

\



\ \

w

—— i1

\

- --H-t-^rfffb 1 W

-

•i rl

1

-

-

-

\

-

1
« 4 usw -> so s a g t m a n , d a ß u n a c h e i n e r Z a h l a s t r e b e o d e r d a ß u d e n G r e n z w e r t a h a b e , f a l l s die A n n ä h e r u n g d e r Z a h l e n d e r F o l g e an e i n e b e s t i m m t e Z a h l a n a c h h i n r e i c h e n d v i e l e n S c h r i t t e n so s t a r k w i r d , a l s m a n n u r i r g e n d v o r s c h r e i b e n mag. Diese Forderung ist so zu fassen: Bedeutet h irgend eine b e l i e b i g k l e i n gewählte p o s i t i v e Zahl, so soll es stets dazu eine Stellenzahl oder einen I n d e x n derart geben, daß a l l e Werte der Zahlenfolge von un an, d. h. also alle Werte un, w n + i, wn+2 usw. um weniger als h von a abweichen. Zu j e d e r beliebig klein gewählten positiven Zahl h soll es also einen Index n derart geben, daß alle absoluten Beträge 1

"» — a |,

| w n+1 — a |,

| u„+2 — a \ usw.

kleiner als h werden. Für verschiedene Annahmen von h kann übrigens der Index n verschieden groß sein. Statt zu sagen: die Veränderliche u strebt nach a, braucht man auch die Formel: lim u = a, gelesen: „limes u gleich a", indem man das lateinische Wort limes für die Grenze benutzt. Es handelt sich nun im folgenden immer um Betrachtungen, bei denen eine Veränderliche nach einem Grenzwerte streben soll, und zwar sollen diese Betrachtungen so beschaffen sein, daß sie gelten, auf welche Art auch immer dieses Streben nach dem Grenzwerte stattfindet. Deshalb lassen wir uns dabei nicht auf eine bestimmte endlose Zahlenfolge unter den unzählig vielen vorhandenen ein, sondern denken uns bloß irgend eine. Das einzig als wesentlich Übrigbleibende ist also dies: Strebt die Veränderliche u nach einem Grenzwerte a, so soll dies heißen: N a c h g e n ü g e n d v i e l e n S c h r i t t e n s o l l u von a um w e n i g e r a l s e i n e b e l i e b i g k l e i n g e w ä h l t e p o s i t i v e Z a h l h a b w e i c h e n , d. h. j

u — a |< k

70

Zweites Kapitel:

Begriff des

Differentialquotienten.

sein. Dies also ist die Bedeutung der Formel lim u = a. Für die Praxis bedient man sich einer noch kürzeren Redeweise. Man sagt: die D i f f e r e n z u — a soll u n e n d l i c h k l e i n werden. Das „Unendlichkleine" ist hiernach in der Mathematik nur eine zur Vereinfachung des sonst umständlichen Ausdruckes eingeführte Abkürzung und hat nichts mit irgendwelchen metaphysischen Spekulationen der Philosophie zu tun. Nachdem wir die D e f i n i t i o n erläutert haben, wollen wir einige einfache S ä t z e aufstellen. Wenn z. B. zwei Veränderliche u und v nach Grenzwerten n und b streben, erhebt sich die Frage, ob überhaupt und nach welchen Werten dabei ihre Summe u + v, ihre Differenz u — v, ihr Produkt uv oder ihr Quotient u:v strebt. Daß, falls u sich immer mehr der Zahl a und v immer mehr der Zahl b nähert, auch u + v nach a + b und u — v nach a — b strebt, wird der Leser für selbstverständlich halten. Natürlich kann man es ausführlich auf Grund der gegebenen Definition beweisen, aber damit wollen wir den Leser nicht langweilen. Im Falle eines P r o d u k t e s uv dagegen ist der strenge mathematische Beweis dafür, daß es nach ab strebt, doch nicht ganz so einfach; es wird daher nützlich sein, ihn zu geben. Dabei gehen wir von der Formel aus: uv — ab — (m — a)

(i>

— b) + a (v



b)

+

b (u — a).

Durch Ausrechnung ihrer rechten Seite überzeuge man sich davon, daß sie gilt. Der absolute Betrag der rechts stehenden Summe ist nach Satz 8 nicht größer als die Summe der absoluten Beträge der drei Summanden. Diese Summanden sind Produkte, und nach Satz 9 sind ihre absoluten Beträge gleich den Produkten der absoluten Beträge der Faktoren. Folglich kommt die Ungleichung: (6)

\uv —

— a\.\v — Z> j + | a |. J » — A | + | ¿.|. | it — a [ .

Nun sollen u und v nach a und b streben. Wenn also eine beliebig kleine positive Zahl h gewählt wird, sollen j u — a \ und ] v — b j kleiner als h geworden sein. Werden | u — a ] und [ v — b | in der Formel (6), die nur positive Größen enthält, durch die größere Zahl h ersetzt, so wird die rechte Seite größer. Daher ist um so mehr \uv — aÄ| 0 voraussetzen. Da der Quotient u: v als Produkt

darstellbar ist und wir vorhin sahen, daß ein Produkt uv den Grenzwert ab hat, falls u nach a und v nach b strebt, daß also lim (u v) = lim u. lim v

72

Zweites Kapitel: Begriff des Differentialquotienten.

ist, folgt aus (7) lim — = lim u . lim — . V

V

Der gewünschte Beweis dafür, daß 1.

u a I i i u lim ti lim — = -=-, d. h. hm — — — v b v lim v

ist, wäre also erbracht, sobald nur noch bewiesen wäre, daß 1: v den Grenzwert 1: b hat. Wir betrachten demnach eine Veränderliche v, die nach einer Grenze b =j= 0 strebt, und untersuchen, wohin ihr reziproker Wert 1: v strebt. Es ist jl _ b- v v b bv' folglich nach Satz 9 : i b- VI l l 61.!® Bedeutet h eine beliebig klein gewählte positive Zahl, so soll [ t> -— ¿> [ nach Voraussetzung kleiner als h werden. Daher kommt:


+ Wertes von b bezieht, und die ih , Intervalle, in denen der EndFig. 58. punkt der vom Nullpunkt ausgehenden Strecke v liegen darf, stark gekennzeichnet sind. Wenn b positiv ist, darf man h \b. Ist b negativ, so darf man h < annehmen, und dann ist | v \ > b |. Wir können also in jedem Falle erreichen, daß | » | > \ \ b | wird. Dann aber wird die rechte Seite von (8) vergrößert, wenn man | w | im Nenner durch den kleineren W e r t \\b\ ersetzt. Also ist um so mehr: l

l

„ 2h

§ 3.

Grenzwerte,

Unendlichkleines,

Differentiale

usw.

73

Bedeutet schließlich h eine beliebig klein gewählte positive Zahl, so kann man auch i ^

h
0) völlig oberhalb der Geraden und im zweiten Falle (a < 0) völlig unterhalb der Geraden verläuft. Weil ferner die w-Kurve nur für x — 0 die Ordinate Null hat, erhellt, daß die Summenkurve nur für x = 0 an die Gerade herankommt und zwar in dem vorhin erwähnten Punkte (0, —5), allgemein, da v — b x c ist, in dem 5

//

&

Jm

7*

100 Punkte (0, c). Mithin wird die Summenkurve hier die Gerade berühren müssen, wie es auch beide Figuren zeigen. Dies Beispiel hat aber noch weiterhin etwas Interessantes: Man sieht in den Abbildungen, daß die S u m m e n k u r v e der w-Kurve k o n g r u e n t ist. Daß dies stets der Fall ist, sobald es sich um irgend eine quadratische Funktion y = a xa -f b x2 -f- c handelt, können wir leicht beweisen. Zu' diesem Zwecke vollen wir mit der w-Kurve zweierlei vornehmen: Zuerst verschieben wir sie längs der .¿--Achse um eine gewisse Strecke m, dann verschieben wir die hervorgehende Kurve längs der y-Achse um eine gewisse Strecke n. Die schließlich entstehende Kurve muß das Bild einer gewissen Funktion sein, wir fragen uns, welcher Funktion. Wenn man zunächst die »/-Kurve, d. h. das Bild von ax2, längs der x-Achse um m verschiebt, geht jeder ihrer Punkte in einen Punkt mit unveränderter Ordinate, aber mit um m größerer Abszisse über. Die a l t e n Abszissen sind daher gleich der neuen, vermindert um m, d. h. die durch diese Verschiebung entstandene Kurve ist das Bild der Funktion a (x — mf. In Fig. 65 ist aus einem nachher ersichtlichen Grunde m = — 5, in Fig. 66 dagegen m = 5 angenommen worden. Im ersten Falle hat also eine Verschiebung nach der negativen Kichtung der x-Achse hin stattgefunden. In beiden Figuren ist die entstandene Bildkurve von a{x — m)2 durch eine gestrichelte Linie dargestellt, und zwar ist es in Fig. 65 die Bildkurve von {x + 5 f und in Fig. 66 die Bildkurve von — y L (x — 5)2. Weiterhin soll die entstandene Kurve längs der y-Achse um eine Strecke n verschoben werden. Man sieht, daß dabei alle Ordinaten, d. h. alle Funktionswerte, um n wachsen. Aus der Funktion a{x — m)2 wird somit jetzt die Funktion a(x — m ) 2 n , deutlicher gesagt: Die jetzt entstandene Kurve ist das Bild der Funktion (2) a(x-m)2+«. In Fig. 65 ist n = — in Fig. 66 dagegen n = — 2} gewählt worden. Da sich als Funktion a{x — m)2 bei Fig. 65 die Funktion ^ ( x + 5)2 und bei Fig. 66 die Funktion — ^ ( x — 5)2 ergeben hatte, geht demnach hier durch die Verschiebung parallel der y-Achse das Bild der Funktion 8 bzw. - T L ( * - 5 ) * - 2 i t V(x + 5 ) - 7 | hervor. Man bemerkt nun, wenn man die Quadrate ausrechnet, daß diese Funktionen dieselben sind wie •Jy X + X — 5 bzw. — y ^ X + X — 5 , 2

1

2

101 also genau diejenigen Funktionen, deren Bilder die Summenkurven in Fig. 65 und 66 sind. F ü r die beiden in den Figuren dargestellten besonderen Fälle ist also bewiesen, daß die ursprüngliche «-Kurve durch geeignete Verschiebungen in die Summenkurve verwandelt werden kann und daher der Summenkurve kongruent ist, wie oben behauptet wurde. Daß dies aber auch sonst eintritt, sieht man so ein: Die w-Kurve, das Bild von ax2, ist durch die Verschiebung parallel der x-Achse um m und parallel der y-Achse um n schließlich in die Bildkurve der Funktion (2) übergegangen. Es braucht nur noch gezeigt zu werden, daß man m und n so wählen kann, daß diese Funktion (2) mit der allgemeinen quadratischen Funktion (1) übereinstimmt. Deshalb formen wir (1) um. Zuerst schreiben wir dafür: y = a {x2 -f- - - xj + c. Nun addieren wir innerhalb der Klammer b2: 4 a2. Dies bedeutet, daß zur Funktion der Wert b2: 4 a addiert wird. Also muß schließlich ¿ 2 : 4 a noch subtrahiert werden. Demnach ist y = a \ x- H x + —l + c — — • \ a ia J 4a Jetzt aber steht in der Klammer das Quadrat von ^ 2a

Also kommt:

Vergleicht man dies mit (2), so sieht man, das die Funktion (2) mit der Funktion (3) übereinstimmt, wenn man die Verschiebungsstrecken fA\

Ji

b

(4) w

m — — —— und 2a

&

n = c — -— ia

annimmt. Damit ist der Beweis beendet. Man sieht jetzt auch, weshalb wir in den beiden durch die Figuren dargestellten Beispielen y =

to

x L

' +

x

-

5

und

y = -

to

+

x

-

5

gerade die vorhin angegebenen Werte benutzt haben. Denn im ersten Falle ist a = S = l, c = — 5, so daß (4) die Werte m = — 5, n = - 1 \ liefert, und im zweiten Falle ist a = — 6 = 1 , c = 5, so daß (4) die Werte m = 5, n = — 2J- liefert.

102

Zweites Kapitel:

Begriff des

Differentialquotienten.

Hiernach können wir sagen: Satz 23: Funktion

Die Bildkurve der allgemeinen y —

quadratischen

axi-\-bx-\-c

i s t d e r B i l d k u r v e d e r s p e z i e l l e n q u a d r a t i s c h e n F u n k t i o n ax2 k o n g r u e n t . Diese n ä m l i c h g e h t in j e n e ü b e r , wenn man s i e g e e i g n e t v e r s c h i e b t , o h n e sie d a b e i zu d r e h e n . Da uns nun der allgemeine Charakter der Bildkurve von ax2 bekannt ist, wie es in § 2 und auf S. 98, 99 auseinandergesetzt wurde, so folgt, daß j e d e quadratische Funktion y =

ax2-\-bx-\-c

durch eine Kurve dargestellt wird, die im Falle a > 0 aus einem einzigen Tale und im Falle a < 0 aus einem einzigen Berge bestellt. Alle Bildkurven von quadratischen Funktionen heißen P a r a b e l n . Hierauf kommen wir später zurück. Die letzten Betrachtungen schlössen sich an die geometrische Verwertung der Summenregel an. Man kann nun auch die Faktorregel geometrisch verwerten: Hat man eine Funktion u von x als Kurve mit den Ordinaten u dargestellt, so geht aus der Kurve das Bild der Funktion y — cu

(c = konst.)

hervor, wenn man alle Ordinaten c-fach nimmt. Siehe Fig. 67, worin c = 2 gewählt worden ist. In der darstellenden Geometrie (vgl.S. 1) heißen die u- und ^-Kurven zueinander a f f i n (zu deutsch: verwandt), und die x-Achse nennt man dabei die A f f i n i t ä t s a c h s e . Die Faktorregel dy dx

du dx

besagt nun: W e n n d i e T a n g e n t e e i n e s P u n k t e s Px d e r uK u r v e d i e . r - A c h s e in S t r i f f t , g e h t die T a n g e n t e des z u g e h ö r i g e n P u n k t e s P d e r yK u r v e e b e n d a h i n . In der Tat, falls Q der gemeinsame Fußpunkt der Ordinaten von P und P1 ist, stellt ja QP1: SQ die Steigung der Tangente der u- Kurve in P1 dar. Nach der Faktorregel ist

§ 1. Ganze Funktionen.

103

daher c .Q1\:SQ die Steigung der Tangente der ¿/-Kurve in P, und da c . Q P ^ gerade gleich (¡)P ist, liegt die Richtigkeit der Behauptung auf der Hand. In ähnlicher Weise könnte man die Produktregel sowie die Bruchregel geometrisch verwerten. Aber da liegen die Verhältnisse doch nicht so einfach wie bei der Summen- und Faktorregel, weshalb wir davon absehen wollen.

Drittes Kapitel.

Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke. § 1. Ganze Funktionen.

Die linearen Funktionen y = ax + b und die quadratischen Funktionen y — a x2 -f- b x -f- c, die wir in § 1 und 2 des vorigen Kapitels genauer untersuchten, sind besondere Fälle von g a n z e n F u n k t i o n e n . Darunter versteht man Funktionen von x, die Summen von mehreren Gliedern sind, von denen jedes eine g a n z e p o s i t i v e Potenz von x multipliziert mit einer Konstanten ist, wie z. B. __

7 xi +

5x

+

ß a .s j

3 + 26 a-8 + 32 .r2 - 7 .r 9 .

Es sollen also k e i n e n e g a t i v e n Potenzen von x, wie x'1 oder 1 : x, x~2 oder 1 : x2 usw. vorkommen, auch keine gebrochenen Potenzen wie xi oder Liegt eine ganze Funktion vor, so kann man die Glieder der Summe nach fallenden Potenzen von x ordnen, in den beiden soeben angegebenen Beispielen also in dieser Weise: - 7 x 9 + 26 xa + 32 x2 + 3. 6 x 5 - 7 x* + .r3 + 5 x, Ist die höchste vorkommende Potenz von x die nte, so nennt man die Funktion eine ganze Funktion nteu Grades. In den Beispielen liegen also ganze Funktionen vom 5. bzw. 9. Grade vor. Die allgemeine F o r m e i n e r g a n z e n F u n k t i o n w t e n G r a d e s ist: (1)

y = anx* + an_x a—1 + an_2

2

+ ... + a2 x2 + ax x + a0,

§ 1. Ganze Funktionen.

103

daher c .Q1\:SQ die Steigung der Tangente der ¿/-Kurve in P, und da c . Q P ^ gerade gleich (¡)P ist, liegt die Richtigkeit der Behauptung auf der Hand. In ähnlicher Weise könnte man die Produktregel sowie die Bruchregel geometrisch verwerten. Aber da liegen die Verhältnisse doch nicht so einfach wie bei der Summen- und Faktorregel, weshalb wir davon absehen wollen.

Drittes Kapitel.

Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke. § 1. Ganze Funktionen.

Die linearen Funktionen y = ax + b und die quadratischen Funktionen y — a x2 -f- b x -f- c, die wir in § 1 und 2 des vorigen Kapitels genauer untersuchten, sind besondere Fälle von g a n z e n F u n k t i o n e n . Darunter versteht man Funktionen von x, die Summen von mehreren Gliedern sind, von denen jedes eine g a n z e p o s i t i v e Potenz von x multipliziert mit einer Konstanten ist, wie z. B. __

7 xi +

5x

+

ß a .s j

3 + 26 a-8 + 32 .r2 - 7 .r 9 .

Es sollen also k e i n e n e g a t i v e n Potenzen von x, wie x'1 oder 1 : x, x~2 oder 1 : x2 usw. vorkommen, auch keine gebrochenen Potenzen wie xi oder Liegt eine ganze Funktion vor, so kann man die Glieder der Summe nach fallenden Potenzen von x ordnen, in den beiden soeben angegebenen Beispielen also in dieser Weise: - 7 x 9 + 26 xa + 32 x2 + 3. 6 x 5 - 7 x* + .r3 + 5 x, Ist die höchste vorkommende Potenz von x die nte, so nennt man die Funktion eine ganze Funktion nteu Grades. In den Beispielen liegen also ganze Funktionen vom 5. bzw. 9. Grade vor. Die allgemeine F o r m e i n e r g a n z e n F u n k t i o n w t e n G r a d e s ist: (1)

y = anx* + an_x a—1 + an_2

2

+ ... + a2 x2 + ax x + a0,

104

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

wo an, an_x, an_2, ...a2, alt a0, die K o e f f i z i e n t e n , irgendwelche Konstanten bedeuten, die auch teilweise gleich Null sein können. Die einfachsten ganzen Funktionen sind die vom ersten Grade. Sie werden, wie wir wissen, durch gerade Linien dargestellt und sind stetig. Ebenso sind die ganzen Funktionen zweiten Grades stetig. Dasselbe gilt von allen ganzen Funktionen, denn da y = x, y = x2 stetig sind, so ist auch y = x. x2 = xs stetig, nach Satz 17, S. 86. Also nach demselben Satze auch y = .r. x 3 = x* usw. Alle ganzen Potenzen von x sind also stetige Funktionen von x, daher auch «»*">

a

n i xn~li

a

n-2xn~~'

•••a2x2,

alX,

a0,

vgl. Satz 15, S. 83. Nach Satz 11, S. 81, ist mithin auch die aus ihnen gebildete Summe stetig. Demnach gilt der Satz 24: J e d e g a n z e F u n k t i o n i s t s t e t i g . Folglich gehört bei ihr allemal zu einem unendlich kleinen Zuwachs von x auch ein unendlich kleiner Zuwachs von y. Der Differentialquotient der Funktion (1) ist leicht zu berechnen. Denn nach der Summenregel, S. 95, hat man sie gliedweise zu differenzieren. Das erste Glied a n xn hat den konstanten Faktor an. Der bleibt nach der Faktorregel (S. 95) als Faktor stehen. xn aber hat nach der Potenzregel (S. 97) den Differentialquotienten nxn~x, also anxn den Differentialquotienten nanx,'~1. Ebenso behandeln wir an-1. xn~1. Zunächst ist a n-1, ein konstanter Faktor,7 der bleibt

gibt nach der Regel für xn differenziert, indem hier n — 1 an die Stelle von n tritt, den Differentialquotienten (n— l ) ^ » - 1 ) - 1 oder (n — l ) x " - 2 . Also hat a ^ , ! * " 1 den Differentialquotienten (n — 1) an_1 x"~2. So fährt man fort. Schließlich hat das letzte Glied a0 den Differentialquotienten Null. Es ergibt sich also als Differentialquotient der Funktion (1):

x n-\

(2)

= nanx»-i

+ (n-l)an_1x"-*

+ {n-2)an_2x»~3+

So hat die Funktion y = 6 x5 — 7 x* + x3 + 5 .r

den Differentialquotienten: 3 2 P- = 6 . 5 x* - 7 . 4 a- + 3 a- + 5 dz

=

30/r4-

28x 3 + 3a-2 + 5

und die Funktion: y =

_ 7 ¿-9 + 26 x* + 32

+ 3

... +2atx

+ ar

105 d e n Differentialquotienten: p = ax

-

7 . 9 .r8 + 26 . 8 x1 +

= -

63 x8 +

32.2.V

2 0 8 z 7 + 6 4 .r.

M a n sieht also, d a ß m a n d e n Differentialquotienten einer ganzen Funktion ohne weiteres hinschreiben kann. A u c h h a t sich e r g e b e n : Satz 25: D e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e i n e r g a n z e n F u n k t i o n teu G r a d e s i s t e i n e g a n z e F u n k t i o n (n — l) t e u G r a d e s . n D i e A n g a b e des D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n ist a u c h d a n n leicht, wenn die F u n k t i o n noch n i c h t g e o r d n e t ist. So h a t die ganze Funktion d r i t t e n Grades: ,f = -

5 + 6 .r 2 -

2 X3 + .r

den Differentialquotienten: g

= 6 . 2 x - 2 . 3 * 2 + 1 = 12 x -

6 x 2 + 1.

1. B e i s p i e l : Wenn ein elastischer Stab horizontal mit dem einen Ende in einer vertikalen Wand befestigt ist und am anderen Ende eine Last zu tragen hat (siehe Fig. 68), wird er nach unten gebogen. Wenn man Beine Stärke vernachlässigt, heißt die Linie, in die er verbogen wird, eine e l a s t i s c h e L i n i e . In der Mechanik wird gezeigt, daß sie mit großer Annäherung durch die Funktion (3) y = a(Zlx*- - x3) dargestellt wird. Dabei bedeutet l die Länge des freien Stabes in Metern und o eine durch das Material und die Größe der Last bedingte Konstante. Als x-Achse ist der ursprüngliche unverbogene Stab gewählt, als »/-Achse die durch die Befestigungsstelle in der Wand gezogene Vertikale nach u n t e n . 0_ Das Achsenkreuz hat also hier eine andere Lage als B gewöhnlich. Die ^-Einheit ist gleich der »/-Einheit, nämlich gleich einem Meter angenommen. Für x = l ist y — 2a, l3. Dies ist die Strecke AB, um die der Stab am freien Ende B nach unten gebogen wird. Die Gleichung (3), die, wie gesagt, nur eine Näherungsformel ist, gibt nur dann angenähert das Richtige, wenn die Strecke A B gegenüber der Stablänge 0 A oder l ziemlich gering ist. Um aber die Form des gebogenen Stabes deutlicher hervortreten zu lassen, haben wir A B in Fig. 68 ziemlich groß gewählt. Setzt man A B = b, so ist 6 = 2

oder, da Q P = y den Wert (4) hat:

TO = Also kommt:

- ~-X3 ' 21 — x '



x (3 l - 2 x) 0 T = 0 Q — TQ = x — TQ = 3 (2 1- x)

F ü r a; = 1 1 z. B . (wie in der Figur) ist y = f f b und OT= ^l, so daß 1 sehr nahe bei 0 liegt. Die Kurve wird durch die drei Punkte 0, P, B und ihre Tangenten praktisch genau genug bestimmt. Werte von x über l hinaus sowie negative Werte von x haben für die Aufgabe keine Bedeutung. 2. B e i s p i e l : Wird derselbe Stab nicht am Ende, sondern überall gleichmäßig belastet, so biegt er sich, wie ebenfalls in der Mechanik gezeigt wird, so, daß die entstehende e l a s t i s c h e L i n i e angenähert durch die Funktion

y = a^V-x1 - 4lx% + xl) wiedergegeben wird. Dabei bedeutet wieder a eine vom Material und von der Belastung bedingte Konstante. Das Ende B ist hier um die Strecke herab-

§ 1.

Ganze

Funktionen.

107

gebogen, die sich aus der Gleichung für x = l ergibt, also um 3 a / 4 . Diese Strecke sei mit b bezeichnet, so daß 3 a l l = b, also a = b: 31* ist und daher:

(6Tz2 - 4Ix* + x*)

y=

kommt. Die Formel ist nur für k l e i n e Werte von b:l statthaft, wie die Mechanik lehrt. Man berechne den Differentialquotienten und zeige, daß die Tangente in B von der Länge l jetzt ein Viertel abschneidet. 3. B e i s p i e l : Aus einem rechteckigen Stück Pappe von 8 cm Länge und 5 cm Breite soll dadurch, daß man an den Ecken gleich große Quadrate ausschneidet und alsdann die Ränder umknickt, eine w, offene Schachtel hergestellt werden (siehe Fig. 69). J e nachdem man die Länge der Quadratseite, d. h. die Höhe 4// der Schachtel, wählt, wird die Form und damit auch der 8-2X Rauminhalt der Schachtel verschieden ausfallen. Der X ü Rauminhalt (iu ccm) ist also eine Funktion der Höhe W (in cm). Diese Funktion soll untersucht werden. Die Fig. 69. unabhängige Veränderliche x ist die Schachtelhöhe, die abhängige y der Rauminhalt. Die Grundfläche ist ein Rechteck von den Seitenlängen 8 — 2.r und 5 — 2®. Also wird

$

y = (8 - 2x) (5 -

(6)

Dies ist eine ganze Funktion dritten Grades. 3

y = ix

(7)

%

2x)x. Ausmultiplizieren gibt:

- 26x- -t- 40a;.

Also ist: d

, - = \2x°- - 52x + 40. dx

(8)

Die Schachtelhöhe ist höchstens halb so lang wie die kurze Rechtecksseite, d . h . höchstens gleich 2j- cm. Uns interessieren also nur Werte von x zwischen 0 und 2,}. Nehmen wir nacheinander für x eine Reihe von Werten in diesem Intervalle an, so kommt 1 : X

y

0 l 1

0 14 18 15 8 0

H 2 n

d y dx

40 | positiv. 17 0 -11 - 1 6 negativ. — 15

Wenn man die Funktion y graphisch darstellt, so daß die Abszissen die Schachtelhöhen, die Ordinaten die Schachtelinhalte durch Strecken veranschaulichen, so findet man eine Kurve, die vom Anfangspunkt zuerst s t e i g t —• da dy.dx zunächst positive Werte hat. F ü r x = 1 i s t d i e S t e i g u n g d e r T a n g e n t e g l e i c h N u l l . Hier ist der G i p f e l der Kurve. Für x > 1 wird 1

y berechnet man dabei am bequemsten mittels (6), nicht mittels (7).

108

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrückt.

die Steigung negativ, d. h. die Kurve f ä l l t , bis sie die x-Achse an der Stelle trifft, siehe Fig. 70.' Allerdings haben wir dies alles noch niclt genau bewiesen, da wir in obiger Tabelle nur einige Stellen vor uns haben. Um es exakt einzusehen, formen wir den W e r t von dy.dx etwas um. Die Steile x. — 1 ist besonders interessant, weil hier d y : d x gleich Null wird. W i r können nun dy.dx so ausdrücken, daß x — 1 stat; x vor] 1 kommt, also der W e r t , der gerade für x = 1 i ] o c, r. tgleich Null ist. In der T a t , wenn wir in (8) statt 12z 2 zunächst 12(x — 1)' scbreiber, so ist / m dies fehlerhaft, nämlich um — 24 a; + 12 größer Q ( als 1 'Ix'-. Daher ist exakt:

1

.f

s\

/

lc i

/

cj n

't

£

\

!

i

i

•n

dy = 12(a; - l) 2 + 24® - 12 - 52z + 40 = dx = 12 (x — l) 2 — 28 (x — 1) = 12 (x - l)(x - 3|).

Fig. 70.

Da x zwischen 0 und 2J- liegen soll, wird die zweite Klammer n e g a t i v . Die erste dagegen ist negativ für x kleiner als 1 und positiv für x größer als 1. Also für x zwischen 0 und 1 ist die Steigung positiv, für x zwischen 1 und 2£ negativ. Für x = 1 hat die Kurve daher ihre höchste Stelle erreicht, d. h. für x = 1 ist y am größten. In Worten: Die Schachtel wird größten Inhalt haben, wenn man den Band gerade 1 cm hoch wählt. Ihr Inhalt ist dann 18 ccm.

Schon früher, im 3. Beispiele auf S. 60 und im 5. Beispiele auf S. 62, haben wir wie soeben d e n j e n i g e n W e r t von x b e s p r o c h e n , f ü r den e i n e F u n k t i o n ? / a m g r ö ß t e n / wird. Es ist klar, daß, wenn die FunkT tion stetig ist, d i e h ö c h s t e n S t e l l e n /S\ / d e r B i l d k u r v e , also die größten Werte O / I) X von y, dadurch charakterisiert sind, daß die Steigung der Kurventangente kurz vorher (d. h. links davon) positiv, an der c Stelle selbst gleich Null, kurz nachher (d. h. rechts davon) negativ ist. Siehe Fig. 71. Fig. 71 an den Stellen Ä und B. D i e t i e f s t e n S t e l l e n der B i l d k u r v e dagegen, wie die Stelle C oder B, werden dadurch charakterisiert, daß die Steigung kurz vorher negativ ist, au der Stelle selbst gleich Null und kurz nachher positiv ist. D e n n w e n n w i r die K u r v e i m m e r in s o l c h e m S i n n e d u r c h l a u f e n , d a ß d a b e i der F u ß p u n k t d e s L o t e s v o m K u r v e n p u n k t e auf d i e ar-Achse d i e s e A c h s e in i h r e r p o s i t i v e n E i c h t u n g d u r c h e i l t (vgl. S. 36), oder, wie wir uns kurz ausdrücken:

1 Die »/-Einheit wählt man hier bedeutend kleiner als die x-Einheit, weil die y Werte so groß sind.

109 wenn wir die Kurve im positiven Sinne der ;r-Achse durchlaufen, so steigt sie, wenn die Steigung der Tangente positiv ist, und fällt, wenn diese Steigung negativ ist. Daher haben wir den Satz 26: W i r d d i e F u n k t i o n y = f[x) d u r c h e i n e s t e t i g e K u r v e d a r g e s t e l l t und diese K u r v e im Sinne d e r p o s i t i v e n . r - A c h s e d u r c h l a u f e n , so s t e i g t d i e K u r v e , d. h. s o w ä c h s t y, s o l a n g e d e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t p o s i t i v i s t , u n d so f ä l l t d i e K u r v e , d. h. so n i m m t y a b , s o l a n g e d e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t n e g a t i v ist. W e n n die Kurve an einer Stelle eine zur ar-Achse parallele Tangente h a t , d. h. wenn hier die Steigung oder der Differentialquotient gleich Null ist, sind f ü r d i e k u r z v o r h e r o d e r n a c h h e r k o m m e n d e n P u n k t e folgende Möglichkeiten d e n k b a r : I

Die Steigung ist:

vorher

positiv

positiv

negativ

negativ

nachher

positiv

negativ

positiv

negativ

1.

2.

3.

4.

Der erste B'all tritt in Fig. 72 an der Stelle 1 auf, der zweite an der Stelle 2 usw. Man sieht, daß die Kurve im 1. u n d 4. Falle

Fig. 72.

eine Art von T e r r a s s e aufweist. Im 2. Falle dagegen hat die Kurve eine h ö c h s t e S t e l l e , einen M a x i m a l w e r t von y, im 3. Falle eine t i e f s t e S t e l l e , einen M i n i m a l w e r t v o n y. E s kann sehr wohl vorkommen, daß mehrere Maximalwerte von y auftreten oder auch mehrere Minimal werte, wie in der vorigen Fig. 71. W i r sagen überhaupt: y h a t e i n M a x i m u m ( M i n i m u m ) , w e n n die u n m i t t e l b a r v o r h e r g e h e n d e n und die u n m i t t e l b a r n a c h f o l g e n d e n W e r t e von y k l e i n e r (größer) sind.

110

Drittes Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

Es können aber noch sogenannte G r e n z m a x i m a und G r e n z m i n i m a vorkommen. Es kann nämlich in der Natur einer Aufgabe liegen, daß für x nur solche Werte in Betracht kommen, die innerhalb eines gewissen Intervalles liegen, wie oben im dritten Beispiele x auf die Werte zwischen 0 und beschränkt war. Dies bedeutet dann, daß wir nur ein Stück der Kurve, wie z. B. in Fig. 72 das Stück von A bis B, ins Auge zu fassen haben. An den Grenzen dieses Stückes, in A und B, treten alsdann Werte von y auf, die nur mit denjenigen unmittelbar benachbarten Werten zu vergleichen sind, die im Intervalle liegen, so in A nur mit den weiter rechts, in B nur mit den weiter links liegenden Werten. An einer solchen Grenze werden wir die Höhe y als ein Maximum bezeichnen, wenn die unmittelbar daneben, aber im Intervalle liegenden Höhen kleiner sind, dagegen als ein Minimum, wenn sie größer sind. So ist in Fig. 72 in A ein Minimum und in B ein Maximum von y. Derartige Maxima und Minima nennen wir Grenzmaxima und -minima. Also: Satz 27: I s t y — f{x) e i n e s t e t i g e F u n k t i o n von x, die e i n e n D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n dy.dx h a t , so k a n n y n u r d a e i n M a x i m u m o d e r M i n i m u m h a b e n , wo der Differentialquotient gleich Null ist. D a s e l b s t t r i t t w i r k l i c h ein Maximum auf, wenn der D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t u n m i t t e l b a r vorher positiv u n d u n m i t t e l b a r n a c h h e r n e g a t i v ist, wenn er also b e i m D u r c h s c h r e i t e n d e r S t e l l e abnimmt. D a g e g e n t r i t t a l s d a n n ein Minimum a u f , w e n n d e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t u n m i t t e l b a r vorher negativ und u n m i t t e l b a r n a c h h e r positiv i s t , w e n n er a l s o b e i m D u r c h s c h r e i t e n d e r S t e l l e zunimmt. I n a l l e n a n d e r e n F ä l l e n t r i t t an d e r b e t r e f f e n d e n S t e l l e w e d e r ein M a x i m u m n o c h ein M i n i m u m auf. I s t x n u r a u f ein I n t e r v a l l b e s c h r ä n k t , so t r e t e n zu d i e s e n M a x i m i s u n d M i n i m i s von y n o c h an d e n G r e n z e n d e s I n t e r v a l l e s Grenzmaxima o d e r Grenzminima h i n z u . Hat man einmal diesen Satz völlig durchdacht, so wird man gar nicht mehr die zeichnerische Darstellung nötig haben, um bei einer vorgelegten Aufgabe die Maxima und Minima zu finden, sondern direkt die Werte von x suchen, für die der Differential quotient gleich Null ist. So fanden wir in dem letzten Beispiele: ax

= 12* 2 - 52* + 4 0 .

Um hier die Maxima und Minima von y zu finden, fragen wir also, f ü r w e l c h e n W e r t von x d e r A u s d r u c k 12z 2 — 52x + 40 g l e i c h

§ 1.

Ganze

Funktionen.

N u l l w i r d . Bei dieser A u f g a b e h a n d e l t es sich eine beliebig veränderliche Größe x , sondern u m ganz bestimmter, aber noch u n b e k a n n t e r n ä m l i c h u m die B e r e c h n u n g d e r Unbekannten x chung: 12a-2 - 52.v + 40 = 0 .

111 nicht m e h r u m die Auffindung W e r t e von x, aus der Glei-

D a x in der zweiten Potenz a u f t r i t t , ist dies eine sogenannte q u a d r a t i s c h e G l e i c h u n g . I n u n s e r e m Beispiele gelang es uns, dy.dx auf die F o r m zu bringen:

u n d dieser Differentialquotient ist, da rechts ein P r o d u k t steht, n u r d a n n gleich Null, wenn einer der F a k t o r e n des P r o d u k t e s gleich Null ist, d. h. wenn entweder x — 1 = 0 und daher x = 1 oder x — 3 ^ = 0 und daher x = ist. W e i l x in unserem Beispiele auf die W e r t e zwischen 0 und 2±- b e s c h r ä n k t war, folgt: Ein Maxim u m oder Minimum des I n h a l t e s y k a n n sich n u r f ü r x = 1 ergeben. W i r erläuterten schon oben, daß f ü r x < 1 der Differentialquotient positiv, f ü r x > 1 negativ ist, d. h. x = 1 gibt ein M a x i m u m von ?/. A u ß e r d e m t r a t e n an den Grenzen des Intervalles, nämlich f ü r x = 0 und x = G r e n z m i n i m a auf, da hier y = 0 wird, w ä h r e n d y sonst im ganzen Intervalle größer als Null ist. Diese G r e n z m i n i m a haben für die d a m a l s gestellte Aufgabe keine Bedeutung. Dem einen, f ü r x = 0 , würde eine Schachtel von der Höhe Null, dem andern, f ü r x — 2 1 , w ü r d e eine Schachtel von der Bodenfläche Null entsprechen. 4. B e i s p i e l : In einer Wand ist eine Blechplatte wagerecht eingemauert, so daß ein Rechteck vorsteht, dessen Breite von der Wand bis vorn 9 cm beträgt, während es 48 cm Länge hat. Schneidet man an den beiden freien Ecken kleine gleichgroße Quadrate aus und kippt dann die Ränder um, so entsteht ein längs der Wand laufender langer schmaler und niedriger offener Behälter. Wie hoch muß der Rand oder, was dasselbe ist, die Quadratseite gewählt werden, damit der Behälter einen möglichst großen Inhalt faßt? Diese Aufgabe erinnert an das 3. Beispiel. Ist x die Quadratseite in Zentimetern, so ist der Inhalt y in Kubikzentimetern: y = (48 - 2x) (9 -

x)x.

Der Unterschied gegenüber der vorigen Aufgabe liegt, abgesehen von den geänderten Zahlenwerten, darin, daß der zweite Faktor nur — x, nicht —2x, enthält. Hier ist, wie man berechnen möge: ax = 6x' - 132z + 432 .

112

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

Die Quadratseite x kann höchstens gleich 9 gewählt werden. Denken wir uns y für die Werte von x zwischen 0 und 9 berechnet und in ein Achsenkreuz eingetragen, so entsteht eine K u r v e , die vom Nullpunkte ausgeht und die »-Achse wieder an der Stelle x — 9 trifft, denn y ist gleich Null für x — 9. Dazwischen ist y überall positiv. Zu Anfang ist die Steigung gleich 432, an der Stelle x = 9 gleich — 270, d. h. zuerst steigt die Kurve, nachher fällt sie. Sie wird deshalb einen Gipfel haben, d . h . z w i s c h e n x = 0 u n d x = 9 h a t y s i c h e r i r g e n d w o e i n M a x i m u m . Dies wird gesucht. An der gesuchten Stelle ist die Steigung gleich Null, also haben wir einen solchen Wert von x zwischen 0 und 9 zu suchen, f ü r den: 6a;2 - 132a; + 432 = 0 ist. Dies ist e i n e q u a d r a t i s c h e G l e i c h u n g für die U n b e k a n n t e (jetzt nicht Veränderliche) x. Um die L ö s u n g e n dieser Gleichung zu finden, verfahren wir so: Zuerst schaffen wir das konstante Glied auf die rechte Seite und dann dividieren wir beide Seiten mit 6. Es kommt:

x> - 22x = - 72 . 1

Jetzt e r g ä n z e n w i r x — 22a; z u m Q u a d r a t e , wie man sich ausdrückt, d. h. wir erinnern uns daran, daß (x — df = x"1 — 2 a x + a 2 ist, und sehen, daß die Gleichung links zwei Glieder x"-— 2.11a; hat, ¿lie als Anfang dieses Quadrates gebraucht werden können. Offenbar müssen wir a = 11 nehmen, denn es ist dann (x— 11)« = a;2 — 2.11a; + 121. Dieses v o l l s t ä n d i g e Q u a d r a t (x — II) 1 wird in der Gleichung links stehen, wenn links noch der Summand 121 vorkommt. Den dürfen wir hinsetzen, sobald wir es auch rechts tun. Also schreiben wir zunächst: x"- - 22a; + 121 = - 72 + 121 oder:

(x - II)2 = 7*.

Ziehen wir die Quadratwurzeln aus, so folgt, daß entweder: x — 11 = oder:

7,

also

x = 18

x — 11 = — 7 ,

also

x = 4

sein muß. Da x zwischen 0 und 9 liegt, ist nur x = 4 zu gebrauchen. F ü r x = 4 ist die Steigung der Bildkurve gleich Null, sonst für keine Stelle zwischen 0 und 9. D a , wie gesagt, zwischen x = Ö und x = 9 sicher ein Maximum vorkommt, muß es also für x = 4 eintreten. Man wird mithin 4 cm des Randes der Blechplatte umknicken und erhält dadurch, wie man berechnen möge, einen Behälter von 800 ccm Inhalt. Es ist nützlich, die Bildkurve der Funktion y von x = 0 bis x = 9 zur Übung zu konstruieren. Wir haben es absichtlich nicht getan, um zu zeigen, daß auch die nur gedachte Bildkurve f ü r die Lösung der Aufgabe ausreicht. 5. B e i s p i e l : Aus allen o b e n o f f e n e n zylindrischen Gefäßen von derselben v o r g e s c h r i e b e n e n O b e r f l ä c h e (gleich Mantel plus Grundfläche) soll dasjenige herausgefunden werden, das den größten Inhalt hat. W i r d der Radius des Grundkreises groß gewählt, so wird für die Bodenfläche so viel Material verbraucht, daß für den Mantel wenig übrig bleibt, da die Fläche

113 von Boden und Mantel zusammen gegeben ist. Das Gefäß wird also sehr flach und daher wenig Inhalt haben. Wählt man andererseits den Radius der Grundfläche klein, so bleibt zwar für den Mantel sehr viel übrig, das Gefäß wird sehr hoch, schon mehr röhrenförmig, hat aber auch wegen der geringen Dicke nur geringen Inhalt. Zwischen beiden Extremen wird die gewünschte Form liegen. Gegeben ist die Gesamtfläche des Mantels und Bodens. Sie betrage .Fqcm. Beliebig wählen können wir zunächst den Radius der Bodenfläche, allerdings offenbar nicht über alle Grenzen groß. Wir setzen den Radius der Grundfläche gleich x cm. Wie groß ist dann der Inhalt y in Kubikzentimetern? Die Grundfläche ist n x- cjcm groß; es bleiben also für den Mantel ( F — n x * ) qcm. Der Mantel wird auseinandergebreitet, ein Rechteck, dessen Grundlinie gleich dem Umfange 2 n x des Bodens ist. Also ist seine Höhe h gleich der zur Verfügung stehenden Fläche F — n x 2 , dividiert mit 2 n x , d . h .

h = F 2-71n Xx*

Dies ist in Zentimetern auch die Höhe h des Gefäßes. D a der Inhalt y gleich Grundfläche n x " ' mal Höhe h ist, kommt:

y = n x „ F I-n xnx'

oder: Hier ist:

y = \ F x — j n x'.

Dies ist gleich Null, wenn:

dx

2

\ n x ' l- - = \ F ,

F

also

3tt

ist, d. h. für

x

= 1 Natürlich muß die Wurzel positiv gewählt werden. Wir sahen schon, daß sicher ein Maximum von y vorhanden sein muß. Da sich andererseits nur dieser eine Wert von x ergibt, für den y nach Satz 27 ein Maximum haben kann, tritt sicher für diesen Wert von x das Maximum ein. Alsdann ergibt sich als Gefaßhöhe:

h=

F———

F — 71

3 7i

M / - / -

y

3 7i

F 3 T I I / ^ -

y

3 7i

-V-

l _ 3 71

Dies ist aber derselbe Wert wie der von x . Also sehen wir: D a s G e f ä ß wird den g r ö ß t e n I n h a l t h a b e n , wenn seine H ö h e g l e i c h dem R a d i u s d e s G r u n d k r e i s e s ist. 6. B e i s p i e l : Man behandle ebenso die Aufgabe: Aus allen o b e n g e s c h l o s s e n e n zylindrischen Gefäßen von derselben vorgeschriebenen Oberfläche (gleich Mantel plus Bodenfläche p l u s D e c k e l f l ä c h e ) soll dasjenige herausgefunden werden, das den größten Inhalt hat. SCHEFFERS, Mathematik. 2. Aufl.

8

114

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

7. B e i s p i e l : Wie stellen sich die Lösungen der beiden letzten Aufgaben dar, wenn man annimmt, daß das Stück des Materials, das beim Herausschneiden der kreisförmigen Bodenfläche (bzw. des Deckels) von dem umschriebenen Quadrate übrig bleibt (siehe Fig. 73), als Abfall nicht benutzt werden kann? Wir wollen dies nur für den Fall des offenen Gefäßes kurz erläutern. Ist wieder x der Radius, so wird durch die Herstellung der Grundfläche Fig. 73. nicht 7ia 2 , sondern 4a;2, der Quadratinhalt, verbraucht. Also bleibt für den Mantel nur F — ix1 übrig, so daß die Höhe

h

=

ist, usw.

F -

4x 2

2nx

Wie wir sahen, ist jede ganze Funktion: V =

a

n

xU

+

a

n-\

xn

~x + • • • +

a

2

+

a

i

x

+

a

o

stetig, d. h. zu jeder unendlich kleinen Änderung von x gehört eine unendlich kleine Änderung von y und zwar, wie man auch x wählen mag. Die ganze Funktion wird daher durch eine Kurve dargestellt, die für keinen endlichen positiven oder negativen Wert von x eine Unstetigkeit hat. Wird nun x sehr groß, so gilt dasselbe von y, denn wir können ja schreiben:

Wird x sehr groß, so werden alle Glieder der Summe in der Klammer, abgesehen vom ersten, an, sehr klein. Also folgt: Ist der absolute Betrag von x sehr groß, so kommt von der Funktion fast nur das erste Glied anxn in Betracht. Es gibt insbesondere allein , Ausschlag für den Verlauf der Kurve, sobald x nach + oo oder — oo strebt, in welchen Fällen auch y unendlich groß wird. Das Vorzeichen von y richtet sich dabei nach dem von anxn. Ist n gerade, so ist xn positiv, so daß dann das Vorzeichen von an allein den Ausschlag gibt. Daher sind die verschiedenen Fälle möglich: 1)

gerade

positiv

2)

gerade

negativ

3) ungerade

positiv

4) ungerade

negativ

x — - 00 x = + 00 x = + 00 X + 00

y y y y

= + 00 = - 00 = + 00 = - CO

X = x = x = x =

— 00 — 00 — 00 — 00

y y y y

= + CO = - CO = - 00 = + oo

Im ersten Falle kommt die Kurve links oben aus dem Unendlichen und geht rechts oben wieder ins Unendliche. Im zweiten Falle gilt dasselbe, nur tritt unten an die Stelle von oben. Im dritten Falle kommt die Kurve links unten aus dem Unendlichen

115 und geht n a c h rechts oben ins Unendliche. I m vierten F a l l e endlich k o m m t sie von links oben aus dem Unendlichen u n d geht n a c h rechts u n t e n ins Unendliche. I n allen F ä l l e n dachten wir uns d i e K u r v e i m S i n n e w a c h s e n d e r A b s z i s s e n x d u r c h l a u f e n (siehe S. 108). I n den Beispielen h a b e n wir i m m e r n u r ein Stück der Kurve b e t r a c h t e t , da x n a c h der N a t u r der vorgelegten Aufgaben stets auf ein gewisses Intervall b e s c h r ä n k t war. Dies h i n d e r t uns aber nicht, die K u r v e a u c h a u ß e r h a l b des f ü r x vernünftigen Intervalles zu betrachten.

wten (9)

W i r wollen noch die F r a g e erwähnen: Wo s c h n e i d e t die Bildkurve der Grades y =

a XH

n

+ «n-l

+ • • • +

a

ganzen

2 *2 +

a

\

X

+

Funktion a

O

die a--Achse? F ü r j e d e n P u n k t der »-Achse ist die 1/ = 0. Die F r a g e ist also dieselbe wie folgende: F ü r w e l c h e W e r t e von x ist (10)

Ordinate

anx so wächst die Abszisse insgesamt um x2 — xv während die Ordinate der Geraden um y2 — zunimmt (wie auch die Vorzeichen sein mögen). Wir wollen aber nur bis zur Stelle Q gehen, d. h. bis zur Stelle, für die die Ordinate der Geraden gleich Null ist, d. h. für die sich die Ordinate von y} bis 0 geändert, also um — y1 zugenommen hat. Mithin gilt die Proportion

-

u _ Vi ~

xt — Xx Vi ~ Vi

124

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

aus der folgt: u oder, da x3 =

J1

+ u ist:

x% Vi - Vi

(4) -

Vi

Dieses einfache Näherungsverfahren, das man die R e g u l a f a l s o r u m oder die F e h l e r r e g e l nennt, kann man natürlich fortsetzen, wodurch man sich mehr und mehr dem gesuchten Werte, nämlich der Abszisse des Punktes 8 nähert. Ü b r i g e n s g i b t d i e G l e i c h u n g (4) a u c h d a n n , w e n n yx u n d y2 d a s s e l b e V o r zeichen h a b e n , die Abszisse des S c h n i t t p u n k t e s Q der Ger a d e n P j P 2 m i t d e r ar-Achse (siehe Fig. 78). Doch kann man in diesem Falle nicht s i c h e r sein, ob die Fehlerkurve überhaupt j/

k o ssf**

f

Fig. 78.

Fig. 79.

in der Nähe von P j und P 2 die «-Achse schneidet. Sie könnte j a wie in Fig. 79 verlaufen. Immerhin kann man doch auch, wenn yl und y2 mit demselben Vorzeichen vorliegen, versuchen, mittels (4) einen besseren Näherungswert zu erhalten. Die Methode wird am deutlichsten durch ein Beispiel: 1. B e i s p i e l : Wie lang ist die Kante eines Würfels, dessen Inhalt 10 Liter beträgt? Ist x die Kantenlänge in Zentimetern, so ist der Inhalt x3 ccm. Jedes Liter enthält 1000 ccm. Also wird gefordert, es soll sein.

Hier ist:

xl - 10000 = 0 y = x 8 - 10000

die Fehlerfunktion. Das gesuchte x liegt augenscheinlich zwischen 21 und 22. Es kommt:

x

y

21 22

- 739 + 648

Da die Werte y ungefähr gleich groß mit verschiedenen Vorzeichen sind, vermuten wir, daß das gesuchte x ziemlich in der Mitte zwischen 21 und 22 liegt.

125 F ü r x = 21,5 ist abgerundet y = — 62, also noch negativ wie f ü r x — 21. her wählen wir noch x = 21,6. E s kommt a b g e r u n d e t :

H i e r gilt Ahnliches wie vorher.

x

y

21.5 21.6

- 62 + 78

Da-

D a h e r berechnen w i r : x

y

21.54 21.55

- 6,1 + 7,8

wobei natürlich abgekürzte Multiplikation a n g e w a n d t wird. Diese beiden Wertep a a r e liegen hinreichend nahe beieinander. W i r benutzen sie als die W e r t e p a a r e xl, yx u n d x2, yt. Nach (4) ergibt sich n u n der neue N ä h e r u n g s w e r t : *J

=

21,54 + 6 , 1 - M L ,

den wir natürlich nur auf wenige weitere Dezimalen berechnen. W i r kommen so zu dem W e r t e 21,5444. F ü r dies x ergibt sich der F e h l e r y auf ebenfalls vier Dezimalstellen abgerundet gleich + 0,0745. D a er positiv ist, vermuten wir, daß ein kleineres x einen negativen Fehler geben wird. D e m n a c h berechnen w i r : 21.5443 21.5444

- 0,06 + 0,07

Benutzen wir nunmehr diese W e r t e p a a r e als xt, Formel (4) den neuen Näherungswert:

yt u n d x1, y.c, so liefert die

21,5443 + 0,06 oder auf sechs Dezimalstellen abgerundet: 21,544346. H i e r ist y = — 0,0013, abgerundet auf vier Dezimalstellen. D a h e r vermuten wir, daß der wahre W e r t von x etwas größer als 21,544346 ist. W i r berechnen deshalb: x y 21.544346 21.544347

- 0,0013 + 0,0001

Die Formel (4) liefert nunmehr den N ä h e r u n g s w e r t : 21,544346 + 0,0013.-

0,000001 ^

oder: ' 21,5443469 . D a der wahre W e r t zwischen 21,544346 u n d 21,544347 liegt, ist dieB Ergebnis mindestens bis auf sechs Dezimalstellen genau, u n d es ist sehr wahrscheinlich, daß auch die siebente Dezimale stimmt.

126

Drittes Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

Bei der Anwendung der Methode soll man n i c h t u n n ö t i g g e n a u r e c h n e n . Wir haben die Fehler y immer nur auf wenige Dezimalstellen berechnet, nämlich nur so weit, bis man deutlich das ungefähre V e r h ä l t n i s der beiden Fehler yY und y2 erkennt, denn augenscheinlich kommt es bei der Anwendung der Regula falsorum nur auf das Verhältnis von yx zu y2 an. In der Tat läßt sich ja die Formel (4) so schreiben: —- l Vi worin yY und y2 nur in ihrem V e r h ä l t n i s s e y%:y1 auftreten. Die hierbei nötige Voraussicht erlangt man besser durch Übung als durch theoretische Auseinandersetzungen. Wir wenden uns jetzt zu einem zweiten V e r f a h r e n , die Lösungen einer vorgelegten Gleichung angenähert zu bestimmen. Bei der Regula falsorum besteht das Wesen der Methode darin, daß wir ein kleines Stück Pl P2 der Fehlerkurve durch eine gerade Linie ersetzen und dadurch eine Stelle Q finden, die im Intervalle zwischen xx und x2 liegt und einen besseren Näherungswert gibt, als es einer der beiden Werte xx und x2 ist. Das zweite Verfahren nun macht nur von e i n e r schon bekannten Stelle P der Fehlerkurve Gebrauch. Ist für diese Stelle, deren Abszisse x und deren Ordinate y sei, die Ordinate sehr klein, d. h. liegt die Stelle vermutlich nahe bei einer Schnittstelle S der Fehlerkurve mit der Abszissenachse (siehe Fig. 80. so können wir das Kurvenstück SP, von dem ja S selbst noch nicht bekannt ist, wohl aber P, angenähert durch die T a n g e n t e in P ersetzen. Sie trifft die a>Achse an einer Stelle T, die dann der gesuchten Stelle S vermutlich näher liegt. Die Abszisse von T gibt somit einen neuen und häufig besseren Näherungswert, als es die Abszisse von P war. Ist x die Abszisse von 1\ so ist die Steigung der Tangente gleich y.{x — x"), welches auch die Vorzeichen von x, y, x sein mögen. Sie ist andererseits gleich dem Werte des Diflerentialquotienten dy.dx für P; diesen Wert können wir aus (3) auf S. 122 berechnen. Also kommt: oder:

y_ _ dy x — x' dx —

~

y ii. dx '

127

d. h. der bessere Näherungswert ist: (5)

y =

.r_-JL. dy d x

Dies Verfahren, mit Hilfe des Differentialquotienten zu einem besseren Näherungswerte zu gelangen, heißt nach seinem Erfinder die NEWTONSche

Näherungsmethode.

2. B e i s p i e l : Wir nehmen wieder die vorige Aufgabe, die Lösung x der Gleichung x 3 = 10000 zu finden. Es ergab sich schon oben, daß x = 21,54,

y = - 6,1

einen nahe beim fraglichen Punkte 8 gelegenen Punkt gibt.

Aus

1

y = x - 10 000 folgt:

so daß die Formel (5) lautet:

dy 7 dx

„ .,

= 3 X-, y 3x ä

Also kommt als besserer Näherungswert:

Wählen wir jetzt x = 21,5444, so ist y = 4- 0,07, und die Näherungsformel (5) ergibt den besseren Näherungswert: 21,5444 oder: usw.

— 1392,48

21,544350

Man kann jedoch sagen, d a ß m a n im a l l g e m e i n e n s c h n e l l e r zum Ziele k o m m t , wenn man die e r s t e M e t h o d e b e n u t z t , aber so, wie es im 1. Beispiele geschah, d. h. wenn man a b w e c h s e l n d zuerst nahe beieinander liegende Punkte der Fehlerkurve bestimmt, darauf nach der Methode einen besseren Näherungswert berechnet, alsdann durch Probieren, indem man einen Wert dicht neben dem berechneten wählt, zwei noch viel näher beieinander liegende Punkte der Fehler kurve bestimmt, alsdann wieder nach der Methode aus ihnen einen besseren Näherungswert ableitet usw. Was beide Näherungsmethoden besonders auszeichnet, ist, d a ß sie n i c h t n u r b e i G l e i c h u n g e n rctCD G r a d e s a n w e n d b a r s i n d , sondern auch bei s o g e n a n n t e n t r a n s z e n d e n t e n G l e i c h u n g e n ,

128

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

d. h. bei Gleichungen, die x auch in anderer Weise enthalten, wie z. B. zur Bestimmung der Werte von x, für die xx = 100 ist oder für die cos x = x ist und dergl. Sie sind überhaupt auf jede Gleichung /•(*•) = 0 anwendbar, deren linke Seite f{x) eine stetige Funktion von x ist, wenigstens stetig in der Nähe der gesuchten Lösungen x. Allerdings ist die zweite Methode nur dann anwendbar, wenn man f{x) zu differenzieren vermag. Bei der Anwendung der Näherungsmethoden muß man immer berücksichtigen, w i e w e i t ü b e r h a u p t d i e D a t e n d e r A u f g a b e e i n e g r ö ß e r e G e n a u i g k e i t g e s t a t t e n . Dies erläutert das folgende 3. B e i s p i e l : Eine eiserne Kugel von 1 Dezimeter Radius schwimmt in Quecksilber. Wie tief sinkt sie ein? Das spezifische Gewicht von Eisen bzw. Quecksilber ist dabei gegeben durch die Zahl 7,88 bzw. 13,60. Die Kugel sinkt so tief, bis das Gewicht des von dem untergetauchten Teile verdrängten Quecksilbers gleich dem Ge/ ¡•rcfll\ samtgewichte der eisernen Kugel ist, d. h. bis sich /:_•_::] das Volumen des untergetauchten Teiles zum Volumen EF^fl ttö^j^^T der ganzen Kugel wie 7,88 zu 13,60 verhält, also — F e das Volumen des oben herausragenden Kugelstiickes ¿fj _ \ 7 IT zum Volumen der ganzen Kugel wie 13,60 — 7,88 zu 13,60, d. h. wie 5,72 zu 13,60. Augenscheinlich sinkt Fig. 81. also mehr als die Kugelhälfte ein; die Höhe des herausragenden Kugelabschnittes liegt zwischen 0 und 10 cm; sie betrage x cm, siehe Fig. 81. Das Volumen dieses Kugelabschnittes ist, wie die Stereometrie lehrt, gleich (nrx1 — -J- n x*) ccai, wenn r den Radius der Kugel in Zentimetern bedeutet. Es ist andererseits \ n r 3 das Volumen der Kugel. Daher kommt wegen r = 10: 10 7r a;2 — i 7i a;3 | . 1000 . n

5,72 13,60

oder: 5 72 x3 - 30 x* -f- - j — - • 4000 = 0. lo,bU Da die Zahlen 5,72 und 13,60 bis auf zwei Dezimalstellen abgerundet sind, wissen wir über den Wert des letzten Gliedes nur, daß es zwischen

oder zwischen

5 7U ' 13,605

4000 und 1680 und

13,595

• 4000

1685

liegt. Die Aufgabe ist also die, einen Wert für x derart zu berechnen, daß der Wert von y = x> - 30 x1 + 1682,5

129 von Null um weniger als ± 2,5 abweicht. Man weiß, daß x etwas kleiner 10 ist. Es kommt: 1 x y 8 9

4- 274,5 - 18,5

Die Gleichung (4) liefert demnach den Näherungswert: 274,5 3 + ^ = 8,94. Für dies x ist y = — 0,8. Also erfüllt dieser Wert tatsächlich die Forderung. Aber es wäre wohl denkbar, daß es auch für benachbarte Werte von x eintrifft. Für x = 8,93 kommt y = 2,2 und für x = 8,95 kommt y= — 3,8. Dieser Wert ist seinem absoluten Betrage nach größer als 2,5, also zu groß. Auch x = 8,92 ist unbrauchbar, da dann y = 5,2 wird. Unser Ergebnis ist also: Von" der Kugel ragt ein Stück in der Höhe von 8,93 cm bis zu 8,94 cm über der Oberfläche des Quecksilbers heraus. G e n a u e r k ö n n e n w i r n i c h t r e c h n e n , wenn nicht für die spezifischen Gewichte genauere Zahlen gegeben werden. Die Näherungsmethode reicht also v o l l k o m m e n aus. Verweilen wir noch ein wenig bei diesem Beispiele. Natürlich hat das physikalische Problem nur e i n e Lösung, aber die Gleichung x:< - 30 .r2 + 1682,5 = 0 hat ihrer mehr. Wir werden sehen, daß sie noch zwei Lösungen hat, von denen aber keine, wie es das physikalische Problem verlangt, zwischen 0 und 20 liegt. Um einige Einzelheiten über die Auflösung von Gleichungen klar zu machen, wollen wir diese beiden Lösungen noch bestimmen. Wir können so vorgehen: Wenn die Gleichung die Lösung 8,94 hat, muß ihre linke Seite nach Satz 29, S. 120, den Faktor x — 8,94 haben. Diesen Faktor können wir durch Partialdivision entfernen. Da jedoch 8,94 bloß ein Näherungswert der Lösung ist, können wir nur erwarten, daß die Partialdivision b e i n a h e aufgeht. In der Tat kommt: (a;3 - 30 a 2 x 3 - 8,94 x"-

+ 1682,5): (x - 8,94) = x1 - 21,06 x - 188,27

- 21,06 x 2 - 21.06 x1 + 188,27 a; - 188,27 a; 4- 1682,5 - 188,27 a; + 1683,1 - 0,6 Es bleibt also der Rest — 0,6, den wir vernachlässigen. Jetzt handelt es sich nur noch um die Auflösung der q u a d r a t i s c h e n Gleichung: xp- — 21,06 a; = 188,27. 1

Die Dezimale 5 wird hier bei den Werten von y nur deshalb hinzugefügt, weil die angenäherte Berechnung Zweifel darüber läßt, ob die Einer zu erhöhen sind oder nicht. Sciieffebs, Mathematik.

2. Aufl.

130

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

W i r addieren beiderseits das Quadrat von } . 21,06, wodurch hervorgeht: (x - 10,53)2 = 188,27 + 10,53® = 299,16. Ausziehen der Quadratwurzel gibt: x - 10,53 -

t 17,3,

also x = 27,8 oder x = — 6,8. Aber wir werden nicht erwarten, daß diese Lösungen der vorgelegten Gleichung dritten Grades genügend genau sind. In der Tat, wenn wir die Fehler y = x* - 30 x 2 + 1682,5 berechnen, finden wir ihre absoluten Beträge größer als 2,5, was nicht sein darf. Aber in der Nähe der gefundenen Werte werden die beiden Lösungen liegen. Wir rechnen daher so: x

y

27.7 27.8

und

- 82 - 18

x

y

- 6.7 - 6,8

+ 35 - 19

Die Gleichung (4) liefert daher die Näherungswerte 27,828

und

- 6,765.

Im ersten Falle übrigens haben beide Fehler y dasselbe Vorzeichen. Wir machten oben (S. 124) auf dies Vorkommnis schon aufmerksam. Für beide Werte liegt y zwischen + 2,5 und — 2,5, d. h. der Fehler innerhalb der zulässigen Grenzen. Also ist das Gesamtergebnis: Die Lösungen der Gleichung sind hinreichend genau:

x3 - 30 x2 + 1682,5 = 0 8,93,

27,828,

- 6,765,

und zwar lassen sie sich nicht genauer bestimmen als so, weil die Zahl 1682,5 der Natur der Aufgabe nach mit dem Fehler ± 2,5 behaftet ist. In der Natur der Aufgabe liegt es auch, daß die einzig brauchbare Lösung zwischen 0 und 20 liegen muß, da die Kugel 20 cm dick ist. Demnach kommt nur die erste Lösung in Betracht. B e i d i e s e m und dem ersten Beispiele ist folgender U m s t a n d erw ä h n e n s w e r t : Infolge der Natur der A u f g a b e wissen wir von vornh e r e i n , wie groß u n g e f ä h r das g e s u c h t e x sein m u ß , wir finden also sofort die G e g e n d der S t e l l e , wo die F e h l e r k u r v e die x-Achse durchsetzt. B e i P r o b l e m e n , die den A n w e n d u n g e n der Mathematik auf die N a t u r w i s s e n s c h a f t e n und die T e c h n i k e n t n o m m e n sind, weiß m a n von vornherein fast i m m e r , wie groß u n g e f ä h r die g e s u c h t e n W e r t e der U n b e k a n n t e n sind. E i n E i n g e h e n auf den G e s a m t verlauf der Fehlerkurve ist dann nicht nötig. Stellt

man

sich dagegen

eine A u f g a b e ,

die

rein

rechnerisch

formuliert ist, wie z. B. die Aufgabe, die L ö s u n g e n x der G l e i c h u n g 7.9 x4 + 6,4 x3 -

3,2 a-2 + 1,9 x -

2,7 = 0

§ 2.

Über die Auflösung

von

131

Crleichungen.

zu finden, so muß man zunächst die Gegenden der Schnittstellen der Fehlerkurve: 4

3

y = 7,9 .v + 6,4 x -

3,2 .r2 + 1,0 a- - 2,7

mit der Abszissenachse s u c h e n . Dies geschieht, indem man eine größere Anzahl von verschiedenartigen Werten von x auswählt, die zugehörigen y berechnet und die Punkte [x; y) in karriertes Papier einträgt. Zugleich gibt der Differentialquotient näheren Anhalt für die Beurteilung des Verlaufes der Fehlerkurve. Endlich erwähnen wir noch einen Umstand: Die Ableitung neuer Näherungswerte aus alten haben wir oben rechnerisch durchgeführt, siehe (4) und (5). D i e s e k l e i n e n R e c h n u n g e n k a n n man aber durch eine schnell entw o r f e n e S k i z z e in k a r i e r t e m Papier u m g e h e n . Bei der Aufgabe über die schwimmende Kugel hatten wir z B. die Werte- zocK paare (S. 129) -f y x v

\

8 9

274,5 - 18,5

Zeichnen -wir die zugehörigen Punkte P1 und P2 rt~i ! !gs' bei geeignet gewählten Maßstäben in Fig. 82 ein, wobei wir von der x-Achse nur das InterFig. 82. vall von 8 bis 9 gebrauchen, so gibt der Schnittpunkt Q der Geraden P x P2 mit der Abszissenachse hinreichend genau den Wert x = 8,94 als besseren Näherungswert. Man wird auch den Wunsch haben, die zur Fehlerermittelung nötige Ausrechnung von Potenzen von x und ihre Multiplikation mit Koeffizienten durch ein graphisches Verfahren zu ersetzen. In der Tat ist es leicht, d u r c h e i n e e i n f a c h e K o n s t r u k t i o n die W e r t e zu b e s t i m m e n , d i e e i n e v o r g e l e g t e g a n z e F u n k t i o n f ü r g e g e b e n e W e r t e von x a n n i m m t . Angenommen, es liege irgend eine ganze Funktion vor, z. B. die Funktion 6. Grades:

m

y = ff6 x6 -f a6 x5 + ai xl + a3 x3 + a2 x'1 + a1 x +

ag.

Zunächst seien die Koeffizienten ae, ab, a4 . . . a0 p o s i t i v e Zahlen. Wir stellen dann, von einem Punkte A ausgehend, einen rechtwinklig gebrochenen Linienzug her, dessen Seiten gleich a 6 , a 5 , a 4 . . . av a0 sind, natürlich bei Zugrundelegung einer Längeneinheit. Jede 9*

132

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

folgende Strecke setzen wir dabei r e c h t e r Hand an die vorhergehende an. So entsteht ein Linienzug AC...B wie in Fig. 83. W i r wählen nun auf der z w e i t e n Strecke einen Punkt X b e l i e b i g und benutzen AX als erste Strecke eines zweiten rechtwinklig gebrochenen Linienzuges, dessen Ecken auf den Seiten des ersten Zuges liegen. Wir kommen so zu dem Linienzuge A X . . . Y . Ber t 1• J

«< 9 kOt PPIfl * ""»ilm „„, w a-j «f W v 1 J t p \ SB YM I i • Qg «i « *'* |o h » Ii 1,+'S W o T? J ™">'T 1y . i «W

'Tf ^ -15 .

Fig. 83. zeichnen wir wie in der Figur die kleinen Strecken C X usw. mit W6, M4, u3, u%, vv u0, SO folgt aus der Ähnlichkeit der schraffierten rechtwinkligen Dreiecke: «5 _

at

Ut

_

w8

a 5 — uh

_

at — ui

M2

_

aa — u3

Setzen wir nun: a6

so wird also: "s = ~ «6 x > U

i = ~ K ~

U

Ux

_

at — u.,

i) X ~ ~ («6 X"" + «5 X)>

a, —

§ 2.

Über die Auflösung

von Gleichungen.

133

i X —

-

3 x + — X

so können wir hierfür schreiben: _ ~

1

_ x ~ x"' + 3

X H

x

x? + 3 _ x4 + 3z2 + 3 +

x» + -ix ~

'

also eine gebrochene Funktion. Ist: !/ =

1 c + dx (a 4- b xf ~ T T fx '

so bringen wir beide Brüche auf denselben Nenner: _ y "

e + f x — (c + d x) (a + b x}2 (,r !• b xf (e ••• fx,

und dies ist eine gebrochene Funktion. Wie verhält es sich nun mit der S t e t i g k e i t Funktionen? Es liege die gebrochene Funktion:

gebrochener

V,

yu — — v

vor, wo u und v ganze Funktionen seien, etwa: u = an x" + «„_! a:"-1 + . . . + «, x2 + ax x + «0 , V = bmxm + ¿„-Ii"1"1

+ •••+

+ K

x

+

b

0•

§ 3.

Gebrochene Funktionen.

143

u und v sind nach Satz 24, S. 104, stetige Funktionen von x. Daher ist nach Satz 20, S. 91, auch y = u:v eine stetige Funktion von x für alle solche Werte von x, für die der Nenner v nicht gleich Null ist. Es fragt sich, wie sich die Funktion y für solche Werte von x verhält, für die der Nenner v gleich Null ist. Wenn für einen solchen Wert x — h der Zähler u nicht auch gleich Null ist, wird y für lim x = h nach einem positiv oder negativ unendlich großen Werte streben, vgl. S. 73. In diesem Falle also wird die Funktion y sicher unstetig sein. F ü r x = h rückt der Bildpunkt der Funktion ins Unendliche, indem die Ordinate y über alle Grenzen wächst. Aber es kann vorkommen, daß für einen solchen Wert h von x, für den der Nenner v gleich Null ist, auch der Zähler u gleich Null wird. Nach Satz 30, S. 120, läßt sich alsdann sowohl vom Zähler als auch vom Nenner der Faktor x — h mittels Partialdivision absondern. Die gebrochene Funktion z. B.: _ x3 - $x 4- 10 "x"- + 2x - S '

wo also u =

x

3

- 9 * + 10,

v = x* + 2x - 8

ist, hat die Eigenschaft, daß für x = 2 sowohl der Zähler u als auch der Nenner v gleich Null wird. Daraus schließen wir, daß sich von u und von v der Faktor x — 2 absondern läßt. Wir bewerkstelligen dies durch Partialdivision, nämlich erstens ist: (.E3 . - 9x + 10): (x - 2) = x2 4- 2x - 5 , ,T3 - 2x! 2a;2 9® 2x* - ix - bx + 10 - bx + 10

Ö~ und zweitens ist: (x2 4- 2x - 8): (x - 2) = x + 4 . x1 - 2x

ix - 8 ix - 8

Ö~ Also wird u = [x2 + 2x - 5) [x - 2),

v = (x + 4) (.r - 2).

144

Drittes Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

Daher: _ u _ (x2 + 2x - 5) (x - 2) ~ r ~ "~\x + 4) (x — 2) Wie man sieht, tritt der Faktor x — 2, dessen Existenz bewirkte, daß Zähler und Nenner im Falle x = 2 zu Null werden, nur s c h e i n b a r auf, da er sich fortheben läßt. Tatsächlich hat die vorgelegte Funktion y die einfachere Form: _ x + 2X - 5 y ~~ x +4 1

Jetzt ist weder Zähler noch Nenner für x = 2 gleich Null. Also ist diese Funktion y auch für x — 2 stetig. Dagegen nicht für x = — 4, denn für x = — 4 wird der Nenner gleich Null, während der Zähler gleich 3, also y = oo wird. Der Fall, daß Zähler und Nenner für denselben Wert x = h zu Null werden, also den Faktor x = h gemein haben, kann aber auch zu einem anderen Ergebnisse führen. Betrachten wir das Beispiel: _ xs+ 4 x^ + ix + S y ~~ a^ + öa;' + 3 a ; - 9 ' Man überzeuge sich davon, daß Zähler und Nenner gleich Null werden, wenn x = — 3 wird. Daraus schließen wir zunächst wieder, daß sich aus Zähler und Nenner der Faktor x — (— 3) oder .r + 3 absondern läßt. In der Tat ist: (X* + 4 xa- + 4 x + 3): (x + 3) = x2 + x + 1 x3 + 3 x1 x2 4- 4 x x2 + 3 x x+ 3 x+3 0

und

also und

(x3 + 5 x2 + 3 x - 9): (x + 3) = x2 + 2x - 3, x3 + 3 x2 2 x2 + 3 x 2 2x + 6x - 3a; - 9 - 3x - 9 0 .rs

+

4 r2

+

4x

+

3

=

( ir s

+

*

+

i)

+ 3)

x 3 + 5x2 + 3x - 9 = (.r2 + 2x - 3)(* + 3).

145 Daher läßt sich y so darstellen: (x2 + x+\)(x + 3) ~ (x! + 2 x - 3) {x + 3) ' =

so daß sich der Faktor x + 3, dessen Auftreten bewirkte, daß Zähler und Nenner für x = — 3 gleich Null werden, forthebt und also y die einfachere Form hat: _ X2 + X + \ y ~ x! + 2 ' Aber wenu wir jetzt für x den kritischen Wert — 3 setzen, bemerken wir, daß immer noch der Nenner zu Null wird, während der Zähler gleich 7 wird, also der Bruch y für l i m * = 0 nach oo strebt. Mithin ist die Funktion y für x = — 3 unstetig. Der Grund für diese Erscheinung liegt darin, daß der ursprüngliche Nenner: .r3 + 5 .r2 + 3 x - 9 nicht nur einmal den Faktor x + 3 hat, indem er sich auf die Form (.X2 + 2 x - '6)(x + 3) bringen läßt, sondern zweimal. division mit x + 3, daß:

In der Tat ergibt nochmalige Partial-

x2 + 2x - 3 = (* ist.

+ 3)

Also hat y zunächst diese Form: _ (x"- + x +_1) + 3) ~ ¡..r. 11 (;c -!• IS;2 '

Heben wir nun einmal den Faktor x -j- 3 in Zähler und Nenner fort, so bleibt er immer noch einmal im Nenner, während der übrigbleibende Zähler x2 + x + 1 den Faktor x + 3 n i c h t hat. Infolgedessen wird y unendlich groß für lima.- = — 3. U m also die Frage zu entscheiden, ob eine vorgelegte gebrochene Funktion u JV — — ' V wo u und v ganze Funktionen von x sind, für einen oder einige Werte h von x unstetig wird, haben wir zu untersuchen, w i e v i e l e g e m e i n s a m e F a k t o r e n x — h Z ä h l e r und N e n n e r haben und wie sich diese ermitteln und dann fortheben lassen. Das Verfahren hierfür entspricht vollständig dem Verfahren, durch das man in der Arithmetik feststellt, ob zwei ganze Zahlen einen gemeinsamen Faktor haben oder nicht. Will man methodisch SCHEFFERS, Mathematik. 2. Aufl. 10

146

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

feststellen, ob die beiden Zahlen 351 und 572 einen gemeinsamen Teiler haben, d. h. ob sich der Bruch 572:351 kürzen läßt, so schreibt man zunächst: 572 _ i , 22l_ 351 ~ 35f ' Die Frage ist daher auf die zurückgeführt, ob sich 221:351 kürzen läßt. Dies geht, wenn sich der umgekehrte Bruch 351:221 kürzen läßt. Das weitere Verfahren ist wie vorher, indem wir jedesmal den ßestbruch umkehren und dann die Ganzen herausziehen: 351 130 22J. j _ 1 i 3 ? 91 _ O i 1 3 3 9 _ Q 221 22l ' 130 ~~ + Ì30 ' TT ~ + 9l ' 39 ~ 39 ' 13 ~~ ' Diese letzte Division geht auf, d. h. die Zahl 572 und 351 lassen sich mit 3 und sonst mit keiner ganzen Zahl teilen. Ebenso schließen wir hier: Liegt die gebrochene Funktion

vor und ist u von höherem Grade als v, so können wir zunächst Partialdivision anwenden, um den Zähler auf einen niedrigeren Grad als den des Nenners zu bringen. Ist z. B.: _ xl_ -x" - 2x2 + 7 x - 2 y — » x-i + x ~ _ so gibt die Partialdivision: (x4 -

x" - 2 x2 + 7 x - 2): (x2 + x - 2) = x- - 2 x + 2 +1 x + x — 2 x* + x3 - 2 x2 - 2 a;3 ~ + Ix - 2 x3 - 2 x2 + 4 x 2~x2 + 3x - 2 2 x2 -f 2 x - 4 x+ 2

Es fragt sich also jetzt, ob der Bruch X2

x + 2 +x- 2

noch zu kürzen ist. Läßt er sich kürzen, so muß dasselbe von seinem reziproken Werte gelten, der sich weiterhin durch Partialdivision behandeln läßt: (x2 + x - 2 ) : (x + x2 + 2 x - x~- 2 x - 2

'

0

2) =

x - 1.

147 Da die Partialdivision aufgeht, folgt, daß sich der vorgelegte Bruch y mit x -f- 2 und sonst mit keinem Ausdrucke von der Form x — h kürzen läßt. Es ist nämlich hiernach: _ —+2 _ l X- + x —~2 ~~ x - 1 ' also: v

= x2 -

-2x + 2 + — : = x2 + x — 2

x2-2x

+ 2 + ——— •

'

X -

1

Wir haben so die gebrochene Funktion y in eine Summe zerlegt, die aus einer ganzen Funktion und einer gebrochenen Funktion besteht. Diese gebrochene Funktion läßt sich nicht weiter kürzen. Wenn y als Bruch u: v zweier ganzer Funktionen gegeben ist, wobei der Zähler von niedrigerem Grade als der Nenner ist, dreht man den Bruch um und dividiert. Z. B. sei gegeben: _ x3 - 7®+_6_ ~ x^+2

x,1 — ~4x3 - Tie2

x~6

'

Wir führen die Partialdivision aus: 1

(x'i + 2xi-4x3x-

ix- -

— Ix3 + 6s

. 1

2

4X 4- 4x 24 5 a ; - 6): (x3 - Ix + 6) = x2 + 2x + 3 + - ^ • x" — Tx + 6

2a; + 3a; — 10a;2 — 5a; 2x*

3

-14x'1 + 12x üx - 4x' 17a.

3

6 -21a;+ 18 4 x's + 4 x - 24

3a;'

.

Ferner rechnen wir aus: 2

. - Ix 4- 6): (4 a; + 4 a; - 24) = ] x - -J-. x« + x* - 6x

(t3

— x2 — x + 6 x 4- 6

- a;2 -

0 Also können umgekehrt:

wir mit

4x2-\-4x

— 24

4 x2 + ix - 24

kürzen. 4_

a;3 — 7 a; -t- 6 ~ x -

daher:

1 = ^ + 2 , +

also: V

3+

(a;2 + 2x +X 3) — (x 1 - 1) + 4

Es

l'

^-,, x3 + Xx-—+ 1 x + 1

und weitere Kürzungen sind unmöglich. 10*

ist nämlich

148

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

In jedem Falle also können wir eine gebrochene Funktion u: v soweit vereinfachen, daß keine weiteren Kürzungen möglich sind. Ist u nicht von niedrigerem Grade als v, so können wir u: v auf die Form einer Summe aus einer ganzen Funktion und einer gebrochenen Funktion bringen, wobei die gebrochene Funktion keine Kürzungen mehr gestattet. Ist dagegen u von niedrigerem Grade als v, so bringen wir u:v auf die Form einer gebrochenen Funktion, die keine Kürzungen erlaubt. Satz 33: J e d e g e b r o c h e n e F u n k t i o n u:v von x l ä ß t sich d u r c h f o r t g e s e t z t e P a r t i a l d i v i s i o n a u f die F o r m b r i n g e n : u w, —

V

=

«.'

+



,

wo 10, »j ganze F u n k t i o n e n von x sind, f e r n e r der B r u c h M j : ^ s i c h n i c h t k ü r z e n l ä ß t und a u ß e r d e m Wj von n i e d r i g e r e m G r a d e a l s Uj ist. Daß dieser Satz auch die zweite Möglichkeit umfaßt, wo w von niedrigerem Grade als v ist, leuchtet ein, weil j a w = 0 sein kann. Nachdem wir so die gebrochene Funktion auf eine nicht weiter zu kür/ende Form y =

+

-

gebracht haben, ist es klar, daß für diejenigen Werte h von x, für die »j gleich Null ist, w1 von Null verschieden wird, da sonst ux und «j doch noch beide mit x — h teilbar wären, nach Satz 30, S. 120. Für diejenigen Werte h von x nun, für die = 0 ist, wird y uns t e t i g , nämlich unendlich groß. Demnach haben wir den Satz 34: W i l l man f e s t s t e l l e n , für welche ( e n d l i c h e ) W e r t e von x eine v o r g e l e g t e g e b r o c h e n e F u n k t i o n u yJ = V— u n s t e t i g , n ä m l i c h u n e n d l i c h g r o ß wird, so b r i n g t m a n y durch f o r t g e s e t z t e P a r t i a l d i v i s i o n a u f die F o r m : y = W H

L,

wo w, uv »j g a n z e F u n k t i o n e n von x sind, ?/1 von n i e d r i gerem G r a d e a l s v1 i s t und ul : v1 s i c h n i c h t w e i t e r k ü r z e n l ä ß t . A l s d a n n wird y n u r f ü r d i e j e n i g e n ( e n d l i c h e n ) W e r t e von x u n e n d l i c h g r o ß , für die die g a n z e F u n k t i o n «j g l e i c h Null ist.

149

Hiernach sind wir in jedem vorgelegten Falle imstande, die Frage nach denjenigen Werten von x, für die eine gebrochene Funktion y von x unstetig wird, auf die Frage zurückzuführen, für welche Werte von x eine gewisse ganze Funktion von x gleich Null ist. Von Interesse sind dabei für uns nur die r e e l l e n Werte. Im vorigen Paragraphen aber haben wir gesehen, wie man die reellen Lösungen der Gleichung « ^ = 0 angenähert bestimmen kann. W i r sind h i e r n a c h i m s t a n d e , p r a k t i s c h mit j e d e r gew ü n s c h t e n G e n a u i g k e i t a n z u g e b e n , f ü r w e l c h e W e r t e von x e i n e v o r g e l e g t e g e b r o c h e n e F u n k t i o n von x u n e n d l i c h groß wird. Wenn sie z. B. für x = h unendlich groß wird, hat ihre Bildkurve folgende Eigenschaft: J e näher x an h kommt, um so größer

Fig. 95.

wird y, wobei y positiv oder negativ sein kann. Dies heißt: Ziehen wir die Gerade, für deren Punkte x = h ist, also die Parallele zur y-Achse mit der Abszisse x — h, so wird die Kurve rechts und links dieser Geraden immer näher kommen, sie aber im Endlichen nicht mehr erreichen. J e nach der Art des Vorzeichens von y können dabei v i e r Fälle eintreten, die in Fig. 95 veranschaulicht sind. Man sieht hieraus, daß die gebrochenen Funktionen B i l d k u r v e n h a b e n k ö n n e n , die in m e h r e r e Z w e i g e z e r f a l l e n , u n d z w a r in Z w e i g e , d i e s i c h im U n e n d l i c h e n p a a r w e i s e j e e i n e r G e r a d e n a n s c h m i e g e n werden, die d e r y - A c h s e p a r a l l e l ist. Aber es kann doch auch anders sein. Es ist sehr wohl möglich, daß für k e i n e n reellen Wert von x die Funktion vv die in

im Nenner vorkommt, gleich Null wird. Funktion

Dies tritt z. B. bei der

150

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

ein. Ihre Bildkurve zerfällt n i c h t in einzelne Zweige, sie bleibt für alle endlichen x im Endlichen (siehe Fig. 96). Um den Charakter der Bildkurve noch vollständiger zu erkennen, müssen wir uns aber in jedem Falle noch fragen, welchem Werte die gebrochene Funktion y von x zustrebt, wenn x selbst 4 | 1 / ! 2 / ! dem Werte + 0 0 oder —00 : 1 1/ ; I zustrebt, wie also — aller1 / dings höchst ungenau aus: / / gedrückt — die Bildkurve / rechts oder links weit draußen verläuft. [ / - i 2 0 2 / 1 A Die Antwort kann

-

--

!

/

sehr verschieden ausfallen. E s können alle Möglich_ keiten vorkommen. Am besten erkennt man dies, wenn man die Bildkurven _2 i einiger gebrochener Funk! 1 1 1 1 i _L_L 1 | ! ! 1 tionen von bestimmter Art genau untersucht. Dies Fig. 96. soll sogleich geschehen. Man wird dabei sehen, daß man die angeregte Frage in jedem Falle leicht beantworten kann. -

-

/

...

-

-

-

/

1

-

Vorher aber sprechen wir noch kurz über den D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n einer gebrochenen Funktion y. Sehen wir von den Stellen ab, wo die Funktion unstetig, nämlich unendlich groß wird, so gehört überall zu jedem unendlich kleinen Zuwachs dx von x ein unendlich kleiner Zuwachs dy von y (vgl. S. 142, 143), und der Bruch aus beiden ist der Differentialquotient dy.dx. Berechnet wird er, da wir in dem Bruche y — J

V

die ganzen Funktionen u und v im Zähler und Nenner zu differenzieren imstande sind, nach der Bruchregel (vgl. S. 96):

(1)

y

dx

V

du dx

dv udx

E r läßt sich also in jedem Falle ohne Schwierigkeiten angeben. Ist z. B.

§ 3.

Gebrochene

151

Funktionen.

so kommt: u — .r2 — 1,

v =

2 x

3

+ 4 x - 2 ,

also, wie bekannt: daher nach (1): (2a; 3 + 4x -

dy

2)2« -

{x- -

l)(6a; 2 4- 4)

(2x3 + ix, - 2f

da;

oder, wenn man im Zähler ausmultipliziert: dy dx

— aar -f \0x- — ix + 4 ' "(2i* + ix"- 2?

~

Satz 35: D e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e i n e r g e b r o c h e n e n F u n k t i o n ist e b e n f a l l s eine g e b r o c h e n e F u n k t i o n . Übrigens braucht man eine solche gebrochene Funktion, die nicht schon als ein Bruch gegeben ist, gar nicht erst auf die Bruchform zu bringen, um sie zu differenzieren, denn wenn z. B. 1 x

gegeben d. h. 1 : nämlich und den

oder:

a + bx 1— x

ist, wird man zuerst die Summenregel (S. 95) anwenden, x für sich und (a + h x): (1 — x) für sich differenzieren, den ersten Ausdruck 1: x oder nach der Regel für x" zweiten Ausdruck nach der Bruchregel. Es kommt: dy _ ~d x dy dx

_g X

1 x-

(1 - x)b - (a + bx).((1 - xf

1)

a + b (1 — xf

Nach diesen allgemeinen Erläuterungen wenden wir uns zu Beispielen, die alles, was noch fraglich sein sollte, genügend klären werden. 1. B e i s p i e l : Wir betrachten eine kreisförmige Bahn (Fig. 97), die im Punkte A von der Geraden g abgeht. Je größer der Radius des Kreises ist, um so schwächer ist der Kreis gekrümmt. Man bezeichnet daher den r e z i p r o k e n W e r t des Radius als die K r ü m m u n g der Bahn. Beträgt der Radius x m, so ist also die Krümmung: 1 y = xWird x immer kleiner, also der Kreis immer enger, so wird die Krümmung immer stärker. Ist x negativ, so Fig. 97. kann man dies so deuten: Wir betrachten eine Kreisbahn, die wieder von der Geraden g in A ausgeht, aber n a c h d e r a n d e r e n S e i t e v o n g hin g e k r ü m m t ist. Den links liegenden Kreisen schreiben wir also

152

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

n e g a t i v e Krümmung zu. Wollen wir die Krümmung graphisch als Funktion des Radius darstellen, so haben wir die Bildkurve der e i n f a c h s t e n , g e brochenen Funktion: 1 y = — = x 1 herzustellen.

Der Differentialquotient ist nach der Potenzregel: dy _ dx

l ^ x2 '

also stets negativ. Nach Satz 26, S. 109, fällt die Kurve also beständig. Sie ist unstetig für x = 0, nämlich dort wird y = oo, Ist x sehr nahe bei Null und positiv, so wird y sehr groß positiv. Ist dagegen x sehr nahe bei Null, aber negativ, so wird y zwar absolut genommen sehr groß, aber zugleich negativ. Links schmiegt sich die Kurve daher der negativen, rechts der positiven y-Achse im Unendlichfernen an. Ist x absolut genommen sehr groß, so liegt y sehr nahe bei Null. Für positives x ist y auch \ positiv, für negatives x negativ. Die Kurve zerfällt also in zwei Zweige im 1. und 3. Quadranten. i > Die Fig. 98 ist leicht mittels einiger Punkte Q X (x = ± 1, ± 2, ± 3, ± J , ± J) der Kurve und der zugehörigen Steigungen der Tangenten zu zeichnen. Diese Kurve gehört zu einer gewissen Klasse von Linien, die wir später genauer untersuchen werden und die H y p e r b e l n heißen. Der Fig. 98. Leser überlege, warum die eine Kurvenhälfte in die andere übergeht, sobald man die Halbebene um eine der beiden Winkelhalbierenden der Achsen herumklappt.

A

2. B e i s p i e l . In 0 sei eine Wärmequelle. Auf einer von 0 ausgehenden Geraden sei eine kleine vertikal gestellte Scheibe beweglich, die von 0 in der Zeiteinheit eine gewisse Wärmemenge erhält. Die Wärmemenge, die 0 der Scheibe in der Zeiteinheit und in der Einheit der Entfernung erteilt, werde als Wärmeeinheit benutzt. Hat die Scheibe nun die Entfernung x von 0 , so bestrahlt dasjenige Bündel von Wärmestrahlen, das in der Entfernung 1 gerade die Scheibe treffen würde, eine Fläche von anderen Dimensionen. Ist z. B. die Scheibe ein kleines Quadrat von der Seitenlänge o, so ist diese Fläche in der Entfernung x ein Quadrat von der SeitenFig. 99. länge a x . Das Strahlenbündel bestrahlt also in der Entfernung x eine Fläche von der Größe a* x-, die x'-ma\ die Fläche a- der Scheibe enthätt. Daraus folgt, daß die Scheibe in der Entfernung x nur den (x^fD Teil derjenigen Wärmemenge erhält, die ihr in der Entfernung 1 zukommt. Die Wärmemenge also, die der Scheibe in der Entfernung x während einer Zeiteinheit erteilt wird, hat den W e r t : 1

§ 3.

153

Gebrochene Funktionen.

Man sagt: Sie ist u m g e k e h r t p r o p o r t i o n a l d e m Q u a d r a t e d e r E n t f e r n u n g x. Fig. 99 gibt die zugehörige Bildkurve. Man möge sie konstruieren, indem man den Differentialquotienten zur Bestimmung der Steigung benutzt. F ü r x = ± '•*> wird y offenbar unendlich klein. Warum steigt die Kurve für x < 0 und fällt sie für x > 0? Warum ist die «/-Achse eine Symmetriegerade? W a r u m verläuft die Kurve nur im 1. und 2. Quadranten? 3. B e i s p i e l : Es mögen in 0 und in U Wärmequellen sein. Auf der Geraden, die durch 0 und V geht, sei wieder eine kleine und dünne Scheibe vertikal befestigt. Hat sie von 0 die Entfernung 1, so soll die Wärmemenge, die die Scheibe von 0 in der Zeiteinheit erfährt, wieder als Wärmeeinheit gewählt sein. W e n n die Scheibe von U die Entfernung 1 hat, so erhalte sie in der Zeiteinheit die Wärmemenge 8, d. h. die Wärmequelle U bestehe aus 8 Wärmequellen von der Stärke der Wärmequelle 0. Der Abstand von 0 bis U sei gleich 10 Längeneinheiten. Es soll untersucht werden, wie die Wärmemenge, die der Scheibe in der Zeiteinheit von beiden Wärmequellen zusammen zukommt, von der Lage der Scheibe auf der Geraden 0 U abhängt. Diese Wärmemenge ist die a b h ä n g i g e Veränderliche y. Die unabhängige Veränderliche ist eine für die Lage der Scheibe charakteristische Größe. W e n n

\

\v

i i : j! i i



-

i

«i's T'"! 7 T 5 j~4 - . . . . .

— ..

. -

S

ö

j

t5

2d

X

Fig. 100. wir die Gerade O U von 0 in der Richtung nach U als positive a-Achse benutzen, wird diese unabhängige Veränderliche die Entfernung x der Scheibe vom Anfangspunkte 0 sein. Die Scheibe hat dann von U die Entfernung x —10 und zwar auch, wenn x kleiner als 10 oder negativ ist. Die Scheibe erfährt von 0 in der Zeiteinheit die Wärmemenge 1 : z 2 . Bei U tritt an die Stelle von x die Entfernung x — 10. Da ferner U achtmal so stark als 0 ist, so erfahrt die Scheibe von U in der Zeiteinheit das Achtfache der Wärmemenge 1 :(x — 10)2. Also ist die gesamte Wärmemenge V

1 ~ x'-

+

8 "(x-T(7f '

Dies ist eine stets positive gebrochene Funktion von x, die für x — 0 und x = 10 unendlich groß, für x = ± 0 0 dagegen unendlich klein wird. Daher zerfällt die Bildkurve in drei Zweige. 1 Siehe Fig. 100. Sie schmiegen sich bzw. der 1 Wir nehmen an, daß, wenn die Scheibe rechts von U oder links von 0 ist, die eine Wärmequelle die andere an der Bestrahlung der Scheibe nicht hindere.

154

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

X-Achse, der (/-Achse und der Parallelen zur y-Achse durch U im Unendlichfernen an. Der Differentialquotient von 1 : a;2 ergibt sich sofort nach der Potenzregel. Der von 8: (x — 10)2 kann nach der Bruchregel berechnet werden, indem man den Bruch so schreibt: 8 : (x2 — 20a; + 100).1 Danach finden wir: dy _ _ _2_ _ dx x¥ ~

16

- 10r '

was der Leser sorgfältig berechnen möge. Ist x negativ, so sind x 3 und (x — 10)3 als ungerade Potenzen auch negativ, d. h. dann ist dy.dx positiv, woraus nach Satz 26, S. 109, folgt, daß der linke Zweig der Bildkurve beständig steigt, wobei wir uns immer die Kurve im Sinne der positiven x-Ac.hse durchlaufen denken. Ist x > 10, so sind x3 und (x — 10)s beide positiv'; der rechte Zweig der Bildkurve fällt beständig. Wenn dagegen x zwischen 0 und 10, die Scheibe also zwischen 0 und U liegt, ist x3 positiv und (x — 10)3 negativ. Der Differentialquotient ist dann also eine Differenz. Einmal wird er gleich Null, nämlich für denjenigen Wert von x, für den 2

oder also d. h.

16

x" " ~~ (x - lOf (x - 10)3 = -

8z\

x - 10 = - 2x,

x = 3}

ist. Hier liegt also nach Satz 27, S. 110, die einzige Stelle, wo ein Maximum oder Minimum eintreten kann. Da nun, wenn x positiv sehr klein wird, a;3 sehr klein gegenüber dem absoluten Betrage von (x — 10)3 wird, ist die Steigung des mittleren Kurvenzweiges in der Nähe der i/-Achse negativ. Ebenso zeigt es sich, daß sie nahe bei der Geraden x = 10 durch U positiv ist. Jene Stelle ist daher notwendig das einzige Minimum; es gibt weder ein Maximum noch einen Terrassenpunkt (vgl. S. 109). In der Lage x = erfährt die Scheibe die gringste Erwärmung. Wie groß ist die Wärmemenge in dieser Lage? 4. B e i s p i e l : Man stelle analoge Überlegungen an, wenn O U die Länge a hat und sich die Wärmequellen O und U in ihrer Stärke nicht wie 1 : 8, sondern allgemein wie a: ß zueinander verhalten, und bestimme wieder die kühlste Stelle. 5. B e i s p i e l : Es mögen d r e i gleichstarke Wärmequellen V, O, U auf einer Geraden so liegen, daß sie in der Längeneinheit aufeinanderfolgen. Alsdann ist die Wärmemenge, definiert wie im 2. und 3. Beispiele, gegeben durch die Funktion: 1 J_ 1 y ~ (¿TT) 2 " + "i2" + ( a T l ) ^ ' Man berechne den Differentialquotienten.

Es kommt:

dy _ 2 2 ~dx ~~ ~ TaTTlF ~ 1

2 ~ (x - 1)' '

In § 4 wird sich ein Verfahren ergeben, durch das man schneller zum Ziele kommt.

155 Mau zeige, daß sich Maxiixia oder Minima von y nur da ergeben können, wo x eine Lösung der Gleichung sechsten Grades ist: 3a;9 4- 3x4 + 3 a:2 — 1 — 0. Diese Lösungen findet man leicht mittels der Regula falsorum (S. 124). Denn die F e h l e r k u r v e (vgl. S. 121) hat für x = 0 ihre tiefste Stelle mit der Ordinate — 1. Vorher fällst sie beständig, nachher steigt sie beständig, da 3a:6 + :ia;4 + 3a:2 - 1 den Differentialquotienten 18z 5 + 12a;3 4- 6x oder a;(18a;4 4- 12a:2 + 6) hat und der Inhalt der Klammer stets positiv bleibt. Die Fehlerkurve ist außerdem zur ^-Achse symmetrisch, da sich 3a;6 + 3a;4 + 3a;2 - 1 nicht ändert, wenn x durch — x ersetzt wird. Deshalb hat die Gleichung sechsten Grades nur zwei reelle entgegengesetzt gleiche Lösungen, nämlich, wie man berechnen möge: x — ± 0,503 7. Man untersuche, ob die Bildkurve von y für diese Werte von x Maxima oder Minima hat. 6. B e i s p i e l : Ebenso wie die Wärme in den vorhergehenden Beispielen ist auch die Anziehungskraft, die ein materielles Teilchen auf ein anderes nach dem N E W T O N sehen Gravitationsgesetze ausübt, umgekehrt proportional dem Quadrate der Entfernung. Ferner ist sie direkt proportional den Massen selbst. Sind also m und u zwei in Punkte konzentrierte Massen (etwa zwei homogene Kugeln, die durch ihre Mitten ersetzbar sind) und ist a ihre Entfernung voneinander, so ist die Anziehungskraft zwischen beiden gleich km ®¡i er

'

wo k eine Konstante bedeutet, die von der Wahl der Einheiten abhängt. Nun seien in den beiden Punkten 0 und U zwei Massen m und M fest angebracht. Auf der Geraden durch 0 und U sei eine dritte Masse ¡i beweglich. Hat sie von 0 den Abstand a, von U den Abstand b, so ist die Anziehungskraft, die sie von 0 bzw. U erfährt, gleich kmu a*

, h2W

-

kM u b'* '

Die Kraft wird ausgeübt in der Richtung nach 0 bzw. U hin. Beide Kräfte addieren sich also, wenn fi nicht zwischen O und U liegt, anderenfalls heben sie sich teilweise auf. Wir benutzen die Gerade 0 U als a;-Achse, 0 als Anfangspunkt, die Strecke 0 U als Längeneinheit, so daß U die Abszisse -I- 1 hat. Hat nun der bewegliche Massenpunkt die Abszisse x, so sind kmu a;2

, bzw.

kMu T (x — l)2

die beiden Kräfte. Die Resultante sei mit y bezeichnet. D a b e i r e c h n e n wir y p o s i t i v , w e n n n e i n e A n z i e h u n g in der R i c h t u n g d e r p o s i t i v e n x - A c h s e e r f ä h r t , dagegen negativ, wenn u eine Anziehung in der Richtung der negativen x-Achse erfährt. Ist x negativ, so tritt offenbar das erste ein. Außerdem sind beide Einzelkräfte dann gleich gerichtet. F ü r n e g a t i v e s x ist a l s o : kmu k M(i

156

Drittes

Kapitel:

Das

Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

Ist x positiv und größer als 1, so addieren sich beide Einzelkräfte ebenfalls und sind beide negativ, f ü r x > 1 i s t d a h e r : y

"

k m (i ^

k M fi xr^ir"

Ist x zwischen 0 und 1 gelegen, d. h. liegt die Masse fi zwischen den Massen m und M, so ist die erste Kraft negativ, die zweite positiv. F ü r 0 < x < 1 hat man also: km (i kMn V + " Ta^TF ' Hier liegt somit der interessante Fall vor, daß sich für verschiedene Intervalle des x verschiedene Funktionen y ergeben. Man möge die drei Funktionen, jede in ihrem Intervalle, für die besonderen Annahmen k m u — 2,

k Mfi = 1,

wobei also m : M = 2 : 1 ist, bildlich wiedergeben.

Man vgl. Fig. 101.

Die

mittlere Kurve erscheint darin unmerklich verschieden von einer wenig geneigten Geraden. Es ist dies die Bildkurve der Funktion: V

2 z5

+

1 'WzrW

im Intervalle 0 < x < 1. Um besser zu zeigen, wie sie wirklich verläuft, haben wir in Fig. 102 das Stück der Fig. 101, das zwischen den Vertikalen durch 0 und U liegt, in anderen Maßstäben wiederholt. Hier ist die ¡r-Einheit 10mal so groß, die (/-Einheit dagegen nur mal so groß wie in Fig. 101 gewählt. Das in Fig. 101 fast geradlinige Stück tritt in Fig. 102 auch deutlich auf und zwar in schräger Lage. Wir haben darin eine Gerade eingezeichnet, der sich die Kurve für ein längeres Stück auffallend stark nähert, indem sie sich ihr von der einen Seite anschmiegt und sie auf der anderen Seite, sich immer noch ihr anschmiegend, verläßt. Wir werden später sehen, wie man die Lage einer solchen Tangente (sog. W e n d e t a n g e n t e ) für eine solche Stelle der Kurve berechnen kann, an der sie einen sog. W e n d e p u n k t hat, und werden dann auf dieses Beispiel zurückkommen. Die Feststellung des Verlaufes der drei Kurven

§

3.

ist natürlich mit Hilfe der Auskunft geben. Keine Tangente (außer für x = Masse ¡1 auf der Geraden (außer für x = 0 und x wird einmal gleich Null. an der Stelle, für die

Gebrochene

F u n k t i o n e n .

Differentialquotienten zu leisten, die über die Steigung der drei Kurven hat eine Stelle mit horizontaler ± co). Die resultierende K r a f t hat also, wo auch die 0 U im Endlichen liegen mag, nirgends ein Maximum = 1, wo y = oo wird) oder ein Minimum. Aber sie Die mittlere Kurve nämlich schneidet die «-Achse

2 (x

x>

157

-

1f

d. 1,

'

= V2,

also x

V i

=

1/2-1

=

1/2 (V2 + l) = 2 + V2

ist. Da hier 0 < x < 1 sein muß, hat man die Wurzel offenbar negativ zu wählen: x = 2 - ]/2 = 0,586 . An dieser Stelle heben die beiden auf fi von rechts und links wirkenden Anziehungskräfte einander auf. 7. B e i s p i e l : Es soll ein aus einem Stockwerke bestehendes Häuschen mit drei Räumen, dessen Grundriß etwa die Form wie in Fig. 103 h a t , so projektiert werden, daß die rechteckige Grundfläche v o r g e s c h r i e b e n e Größe hat und daß A B gerade f der Frontlänge A G beträgt. Die inneren Mauern B 0 und D E sollen dünner als die äußeren sein, so daß das laufende Meter der inneren E Mauern nur -5- soviel kostet wie das laufende Meter der äußeren Mauern. W a s läßt sich über die Art sagen, wie verschiedene Projekte auf den Kostenbetrag einwirken werden? Die gegebene Grundfläche betrage F qm. Das A B < laufende Meter der äußeren Mauern koste k Mark. D a —--JSW—• nur die Gesamtfläche, nicht die Form des Grundrechteckes Fig. 103. vorgeschrieben ist, kann die Frontlänge A C noch beliebig, gleich x Metern, gewählt werden. Die Tiefe A I des Hauses ist dann gleich F: x Metern. Nun sind die Kosten f ü r die Herstellung aller Mauern in Mark: y

=

k [ A 0

Es ist aber A C = x, AB y

+

I U

— \x =

lc

2x

4- A

I +

C H

+

|(Z>

und AI = F:x, +2

F -

+

i

| ? x

oder

E + B Q ) } .

also: +

i)

y ist demnach eine gebrochene Funktion, von x. Negative Werte von x haben hier keine Bedeutung. Für x = 0 wird y unendlich groß. F ü r positives % ist y stets positiv, die Kosten y nehmen aber zunächst ab, da der Differentialquotient : d

y

d x

. kUV ,. _ 21 15

*

l \

x*J

158

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

für kleine positive Werte von x negativ wird, weil dann 1: xl sehr groß ist. Wächst aber x weiter, so wird 1 : x' immer kleiner. Für ein gewisses x wird der Differentialquotient gleich Null, nämlich wenn

ist. Wird x noch größer, so wird der Differentialquotient positiv, d. h. die Kosten y wachsen. Für x — co schließlich wird y wieder unendlich groß. Am günstigsten ist es also, x so zu wählen, daß F:x2 = ^ wird. Dann ist die Tiefe des Hauses, nämlich F : x , gleich fäx. Man wird also den Plan so herstellen, daß sich die Frontlänge zur Tiefe wie 20:17 verhält. Fig. 103 ist nach diesem Verhältnisse entworfen. Die bisher gebrachten Beispiele sind abgesehen von dem ersten und letzten der Physik entnommen. Dasselbe gilt von dem folgenden, das jedoch einen ganz anderen Charakter hat, indem es sieb auf ein nur angenähert richtig dargestelltes Naturgesetz bezieht. Oft nämlich ist man nicht in der Lage, diejenige Formel zu ermitteln, die einer Naturerscheinung vollkommen entspricht. Als Notbehelf konstruiert sich der Physiker dann eine möglichst einfach gebaute Formel, die hinreichend genau mit den experimentellen Erfahrungen im Einklänge steht. Dabei muß er selbstverständlich untersuchen, bis zu welchem Grade der Annäherung und in welchem Bereiche seine Formel der Wirklichkeit entspricht. Eine derartige Formel ist es nun, auf die sich das folgende Beispiel bezieht. Selbst wenn man von vornherein nicht weiß, daß sie nur näherungsweise gilt, deckt doch ihre mathematische Untersuchung, wie wir erkennen werden, ihren Charakter als bloßen Notbehelf auf. 8. B e i s p i e l : Bei t" C. üht ein Kilogramm Kohlensäure, dessen Volumen x Kubikmeter beträgt, auf ein Quadratmeter der Wand des Gefäßes einen Druck aus, der in Kilogrammen gemessen den Betrag hat: y

_ 0,003688(273 + t) ~ x - 0,000843

2,0935 (273 + t)(x + 0,000 977)2

Bei 15° C. ergibt sich hieraus z. B: (

'

V

_ 1,062 ~ x - 0,000843

0,007269 (x + 0,000 97 7)! '

Denn man hat hier 0,003 688 und 2,0935 mit 288 zu multiplizieren bzw. dividieren und darf, da jene Zahlen ja abgerundet sind, die Ergebnisse nur so weit benutzen, als sie sich für die Zahlen 0,0036875 und 0,003 688 5, sowie für die Zahlen 2,09345 und 2,09355 nicht voneinander unterscheiden. Nach (2) ist y eine gebrochene Funktion von x. Wir bilden ihren Differentialquotienten. Der des ersten Bruches ist nach der Bruchregel leicht zu finden, auch der des zweiten Bruches, da er die Form:

§ 3.

Gebrochene Funktionen.

a

(üT+W hat.

°

d61

159

a

~x'' + 2bx + b*

Es kommt: - _ 1,062 dx ~ (x - 0,000 843)'2

+

0,014 538 ~\x + 0,000 977)3 '

Negative Werte von x sind der Natur des Problems nach ausgeschlossen. Wir nehmen also x positiv an. Für sehr große Werte von x sind die Nenner angenähert x 2 und x3, wird also der Differentialquotient angenähert gleich - 1,062 .x + 0,015

'

d. h. negativ. In der Tat: wird das Volumen x recht groß, so wird die Spannung y recht klein werden; die Bildkurve fällt für große Werte von x (vgl. Satz 26, S. 109). Fragen wir uns, für welches x sie wagerecht verläuft, d . h . der Differentialquotient gleich Null wird. Es ist zu fordern: 1,062 (x + 0,000977)" = 0,014538 (x - 0.000843)2.

Dies ist eine Gleichung dritten Grades für x. Rechnet man die Potenzen aus, indem man natürlich immer abgekürzte Multiplikation entsprechend den gegebenen Dezimalstellen anwendet, so findet man, daß sich die von x freien Glieder, nämlich 1,062 . 0,0009773 und 0,0 1 4 5 38 . 0,00 0 8 432, gerade fortheben, so daß bleibt: 1,062 x 3 - 0,011 425 x 2 + 0,000027 x = 0 . Offenbar wird dieser Gleichung durch x = 0 genügt, der Faktor x — 0 oder also x läßt sich absondern (vgl. S. 30, S. 120). Es verbleibt die quadratische Gleichung: 1,062 x2 - 0,011 425 x + 0,000027 = 0 . Nach S. 140 sind ihre Lösungen ungefähr gleich 0,0035 und 0,0073. Also an den Stellen x = 0, av= 0,0035, x = 0,0073 hat die Bildkurve wagerechte Tangenten. Ferner sieht man aus den Nennern in (2), daß y nur für e i n e n positiven Wert von x, nämlich für x = 0,000843, unendlich groß wird, und dieser Wert von x ist noch kleiner als 0,003 5. Die Parallele x = 0,000843 zur ¡y-Achse wird also von der Kurve erst im Unendlichen erstrebt. Ist x wenig größer als diese Zahl, so wird in y das erste Glied sehr groß positiv,

160

Drittes

Kapitel:

Das

Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

d. h. dann wird auch y sehr groß positiv. Also ergibt sich: Der rechte Zweig der Kurve kommt aus dem Positiv-Unendlichen, sich dort der Geraden x = 0,000843 anschmiegend, fällt alsdann bis x = 0,0035, hebt sich darauf bis x = 0,007 3 und fällt weiterhin beständig, um sich für x = + co der x-Achse anzuschmiegen. Siehe Fig. 104. Für x zwischen 0 und 0,000 843 dagegen ist das erste Glied in (2) und daher auch y selbst negativ. Das hat aber für das physikalische Phänomen keinen Sinn, da die Spannung nicht negativ sein kann. Dies aber zeigt deutlich, daß die angegebene Formel nicht dem eigentlichen Wesen des Phänomens entspricht und nur mangels der Kenntnis des wahren Zusammenhanges zwischen Volumen und Spannung der Kohlensäure künstlich konstruiert worden ist. D e r L e s e r m ö g e aus diesem B e i s p i e l e die gute Lelire ziehen, nicht j e d e i h m b e g e g n e n d e F o r m e l als eine Art eisernen G e b o t e s bis zu ihren äußersten K o n s e q u e n z e n als n o r m g e b e n d zu betrachten. R e i n m a t h e m a t i s c h k a n n m a n dies j a mit jeder F o r m e l tun; bei d e n A n w e n d u n g e n der Mathematik muß m a n jedoch das vorliegende reale P r o b l e m im A u g e behalten und den G ü l t i g k e i t s b e r e i c h d e r k ü n s t l i c h k o n s t r u i e r t e n F o r m e l feststellen. 9. B e i s p i e l : Ist E die elektromotorische Kraft eines galvanischen Elementes, W sein innerer Widerstand und w der Widerstand im äußeren Stromkreise, so ist die Stromstärke nach dem OHM sehen Gesetze gleich E W + vi

, oder

E W

1 1 +

w ~W

Benutzen wir zwei derartige gleiche Elemente und schalten sie hintereinander, so ist ihre elektromotorische Kraft 2 E, ihr innerer Widerstand 2 W, während der äußere Stromkreis der alte sei, also wieder den Widerstand iv habe, so daß die Kette der beiden Elemente einen Strom erzeugt von der Stärke 2E 2 IV + w

E_ W '

°

2 2

+

_ w w

Bei einer Kette von x hintereinander geschalteten ebensolchen Elementen ergibt sich entsprechend die Stromstärke: E x _ Ex (3) V W w ~ Wx"+1T' X+ W Da x die Anzahl der Elemente bedeutet, ist x eine beliebige p o s i t i v e g a n z e Zahl. Sehen wir einmal davon ab, daß x ganzzahlig ist, so können wir unter x eine beliebige Veränderliche verstehen. Alsdann ist die Stromstärke y eine gebrochene Funktion von x. Sie wird nur für x. = — w. W, also für einen negativen Wert von x, unendlich groß. Wird x selbst + co , so wird y zu E:JV, was man sofort einsieht, wenn man y so schreibt: y

- A " W '

i

1 w

1

§ 3.

Gebrochene

da 1 : x dann unendlich klein wird. menten ist daher die Stromstärke quotient ist: dy dx

2?

w

Funktionen.

161

Bei einer sehr großen Anzahl von Elefast gleich E : W. Der DifferentialIV w x +

1 VI

wie sich nach der Eegel für den konstanten Koeffizienten (hier E : W) und nach der Bruchregel leicht ergibt. D i e s e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t i s t s t e t s p o s i t i v , d. h. y wächst mit wachsendem x. Wenn man ein Bild der Funktion y herstellen will — auch für negatives x —, so findet man also, daß die Kurve in zwei stets steigende Teile zerfällt. Der linke Teil verläuft völlig im zweiten Quadranten, er kommt aus dem Unendlichfernen, wo er sich derjenigen Geraden parallel zur x-Achse, anschmiegt, die die Ordinate E: XV hat; er steigt beständig, um für x = — w : W unendlich hoch zu werden. Der rechte Zweig kommt vom Unendlichfernen unten, indem er sich der Geraden x — iv : IV \ anschmiegt, steigt beständig, gellt durch den i_ B P-rAnfangspunkt 0 und hebt sich nun so weit, Y^V X um sich für x — + co der Geraden anzuA] / TT w schmiegen, die die Höhe y -- E: W über | der x-Achse hat. Siehe Fig. 105, in der | wir den Teil, für den x negativ ist, punk| tiert haben, da er für unser Problem keine Bedeutung hat. In dieser Figur sind Fig. 105. E : W und w : W durch zwei gleichlange Strecken wiedergegeben. Doch dient die Figur zur Veranschaulichung für jeden Fall, wie auch E:W und w: W gegeben sein mögen. Ist z. B. m-.W— 10, so ist die Einheit der x-Achse der zehnte Teil der Strecke A 0, so daß sich beispielsweise für x = 20, d. h. für 20 Elemente, die Stromstärke ergibt, die durch QP dargestellt wird. Dabei ist die Länge von Q P mit der von E:W oder O S zu vergleichen. Ist z B. E : W = 8, so verhält sich die Stromstärke zu 8 wie QP zu OB. Die Bildkurve ist eine der sog. H y p e r b e l n (vgl. S. 152), von denen wir später ausführlich sprechen werden. 10. B e i s p i e l : Indem wir an das vorige Beispiel anknüpfen, wollen wir annehmen, es sei eine größere Anzahl von galvanischen Elementen, etwa n, zu einer Batterie zu vereinigen. Jedes habe wieder die elektromotorische Kraft E und den inneren Widerstand W. Der Widerstand des äußeren Stromkreises sei wieder ic. Wir wollen jetzt aber nicht alle n Elemente hintereinander schalten, sondern je x von ihnen nebeneinander, indem wir also bei je x Elementen jedesmal die gleichen Pole verbinden. Aus je x Elementen wird dann ein Element von derselben elektromotorischen Kraft, aber von der a;-fachen Oberfläche, d. h. vom Widerstande W:x. Wir wollen annehmen, x gehe in n auf (z. B. seien 60 Elemente zu je 5 nebeneinander geschaltet). Alsdann liegen n: x Elemente vor, von denen jedes die elektromotorische Kraft E und den inneren Widerstand W:x hat. Jedes besteht aus x der ursprünglichen Elemente. Diese n:x Elemente schalten wir nun hintereinander. SCHEFFERS, Mathematik.

2. Aufl.

11

162

Drittes

Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke

Die Stromstärke y berechnet sich nach dem OHM sehen Gesetze wie im vorigen Beispiele, aber an die Stelle von x tritt hier n: x, an die Stelle von W tritt W-.x. Also kommt nach (3) n E. x V = IV n — . — • + w oder:

X

X

E

nx 11 + -jprX'

y ist jetzt eine gebrochene Funktion der Zahl x derjenigen Elemente, die wir zu je einem neuen Elemente durch Nebeneinanderschalten zusammenfügten. x bedeutet eine der positiven ganzen Zahlen, die in n, der Anzahl aller zur Verfügung stehenden Elemente, aufgeht. Lassen wir aber zunächst x irgendwelche p o s i t i v e Werte haben, so ist auch y stets p o s i t i v . Für x = +• oo wird y zu Null, wie man aus der ersten Form von y deutlich sieht. Da y auch für x = 0 zu Null wird, erreicht y für wenigstens ein positives x ein Maximum. Es ist , _ n2 — n -fjyr xdy _ E W dx ~ W ' 1 w „V ' x ( n + w ) Nach Satz 27, S. 110, muß das Maximum also eintreten, wenn n•

W 10

wird. Für alle anderen positiven Werte von x wird y kleiner als für diesen Wert, denn wenn x von 0 bis zu diesem Werte zunimmt, bleibt dy: dx positiv, wenn x größer als dieser Wert ist, wird dy: dx negativ. (Vgl. Satz 26, S. 109.) Es ist daher rätlich, die zur Verfügung stehenden n Elemente so in Reihen von je x Elementen nebeneinander zu schalten, daß x dem Werte der Quadratwurzel möglichst nahe kommt. Hieraus kann man auch dann einen Schluß ziehen, wenn % nicht in n aufgeht, d. h. wenn bei der Zusammenstellung von je x Elementen zu einem schließlich noch einige Elemente, nämlich weniger als x, übrig bleiben, die man alsdann für sich nebeneinander schalten wird. Auch dann wird man mit großer Wahrscheinlichkeit die größte Stromstärke erzielen, wenn man die Anzahl x nahe beim Werte jener Quadratwurzel wählt. 11. B e i s p i e l : Die Wärmemenge, die nötig ist, um 1 ccm trockner Luft bei dem k o n s t a n t e n Drucke von 760 mm Barometerstand von x" C. auf 100° C. zu erwärmen, ist: 0.307 , „„ y = !_—(100-s), 1 +

273

ausgedrückt in Kalorien oder Wärmeeinheiten. Für x > 100 wird sie natürlich frei. Rückt x nahe an — 273, den Nullpunkt der sogenannten absoluten Temperatur, bo gilt die Formel nicht mehr, um so weniger für x < — 273. Man konstruiere die Bildkurve, von der uns nur der Teil für x > — 273 inter-

163 esaiert. Siehe Fig. 106. Diese Kurve ist zusammen mit dem nicht dargestellten Zweige, der sich für x < — 273 ergibt, wieder eine H y p e r b e l (vgl. S. 152).

SS.

X

_i 80 - 100

I

Fig. 106. Wir fügen noch einige Beispiele hinzu, die der Leser selbst vollständig durchführen möge: 12. B e i s p i e l : Es soll eiu verschlossenes zylindrisches Litergefäß so hergestellt werden, daß für die gesamte Fläche (Mantel plus Bodenfläche plus Deckelfläche) möglichst wenig Material verbraucht wird. Beliebig zu wählen ist zunächst der Radius des Bodens; er betrage x cm. Wie groß ist dann die Grundfläche? Wie groß also die Höhe? Wie groß folglich die gesamte Fläche y in qcm ? y ist eine gebrochene Funktion von x, deren Minimum gesucht wird. Vgl. das 6. Beispiel, S. 113. 13. B e i s p i e l : Es soll ein Rohr von 30 qcm Querschnitt hergestellt werden. Der Querschnitt soll aus einem Rechtecke mit einem angesetzten Halbkreise bestehen. Wie wird man die Dimensionen wählen, damit der Umfang des Querschnittes möglichst gering wird? Um festzustellen, welche Größe hier die unabhängige Veränderliche x ist, überlege man sich, wie man irgend einen Querschnitt von der vorgeschriebenen Form zu zeichnen anfangen wird. Am besten beginnt man mit dem Zeichnen des Halbkreises. Welche Länge wählt man dabei beliebig? Welche Größe ist die abhäogige Veränderliche usw.? Man vergleiche das Ergebnis mit dem im 6. Beispiel, S. 63. § 4.

Die Kettenregel.

Handelt es sich darum, den Differentialquotienten einer Funktion zu bilden, so wissen wir, daß uns mehrere Regeln dazu zur Verfügung stehen (vgl. S. 95—97). Mittels ihrer kann man zwar kompliziertere 11*

164

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

A u s d r ü c k e differenzieren, jedoch zum Teil nur auf recht umständlichem Wege. E i n Beispiel d a f ü r m a g genügen. Wenn z. B. die Funktion: (1)

y = [a + b x + c x3 + g z 3 ) 100

vorliegt 1 , k ö n n e n wir sie t h e o r e t i s c h nach unseren Regeln so differenzieren: Z u e r s t wird die 100 t e Potenz ausgerechnet. Alsdann steht hier eine ganze F u n k t i o n vom G r a d e 300, die wir gliedweise mittels der Regel f ü r xn differenzieren können. Aber welche Schwierigkeiten bieten sich p r a k t i s c h dar! Die 100 te Potenz von einer viergliedrigen S u m m e k a n n m a n zwar immer ausmultiplizieren, wenn m a n v i e l Zeit dazu h a t ; es wäre aber schade um die Zeit. I n der T a t aber k a n n m a n die vorgelegte Funktion y viel schneller differenzieren, nämlich so: Z u n ä c h s t ist hier y als 100 te Potenz eines Ausdruckes gegeben. D i e s e r A u s d r u c k selbst ist eine ganze Funktion dritten Grades von x. y ist also nicht direkt als ganze F u n k t i o n 300 t e n G r a d e s von x gegeben, sondern indirekt, durch Vermittelung dieser F u n k t i o n dritten Grades. Geben wir dieser Funktion dritten Grades a + bx + cx2 + gx3 auch eine Bezeichnung, etwa z, so ist (2)

[ y = < u n d andererseits l z

=

a + h x + c x2 + g xs.

Diese beiden F o r m e l n sagen zusammen dasselbe aus wie die eine F o r m e l (1). Die zweite F o r m e l nämlich sagt, was z bedeutet, u n d die erste weiterhin, daß y die 100 te Potenz von eben diesem z ist. H a b e n wir also j e t z t statt e i n e r F o r m e l (1) deren z w e i , so steht dieser V e r m e h r u n g doch a u c h eine Erleichterung gegenüber. J e d e einzelne d e r beiden F o r m e l n (2) ist einfacher gebaut als (1). Ein Gleichnis liegt n a h e : W i r sehen vor uns eine Maschine, b e m e r k e n , d a ß , wenn wir ein Rädchen (x) d r e h e n , alsdann ein a n d e r e r Teil {y) d e r Maschine eine komplizierte Bewegung vollführt. Doch ist uns der Z u s a m m e n h a n g zu verwickelt. W i r blicken d a h e r in den inneren B a u der Maschine hinein und sehen, daß da ein Teil (z) eingeschaltet ist, so daß, wenn wir das R ä d c h e n (x) drehen, 1 Nebenbei eine praktische Bemerkung: Die letzte Konstante in der Basis der 100 ten Potenz haben wir g und nicht d genannt, obgleich die alphabetische Folge die Bezeichnung mit d nahe legt. Der Buchstabe d soll nämlich, da er beim Differential d x vorkommt, in der Differentialrechnung sonst überall vermieden werden, damit keine Verwechselungen möglich werden!

165 dieser Teil (2) eine leicht verständliche Bewegung ausführen muß, und sehen ferner, daß, wenn wir den Teil (z) bewegen, auch der Teil (y) eine daraus auf einfachem Wege folgende Tätigkeit ausübt. Nun haben wir über den Bau der Maschine Klarheit gewonnen. Ursprünglich betrachteten wir nur die Ursache (a.-) und ihr Endergebnis (?/). J e t z t haben wir bemerkt, daß die Ursache (.r) eine Folge (2) hat und daß die Ursache (2) eine Folge (y) hat. So auch in unserer mathematischen Aufgabe: y ist eine Funktion von x. W i r haben eine dritte Veränderliche z eingeführt. Aber von x, y, z ist nur eine Größe willkürlich veränderlich, nämlich x. Die Änderung von x bewirkt eine Änderung von z, — nach der zweiten Gleichung (2) ist j a z eine von x abhängige Veränderliche. Wenn sich aber z ändert, so ändert sich auch y, — nach der ersten Gleichung (2) ist ja y eine von z abhängige Veränderliche. Hiernach ist y als eine Funktion von z und ferner z als eine Funktion von x aufzufassen. Lassen wir x um irgend einen B e t r a g Ax wachsen, so nimmt 2 als Funktion von x um eine gewisse Größe A z zu. Da nun y von z abhängt, bewirkt das Wachsen von z um Az auch eine gewisse Zunahme Ay von ?/. Nach (2) und nach Satz 24, S. 104, ist überdies sowohl z eine s t e t i g e Funktion von x als auch y eine s t e t i g e Funktion von z, d . h . : wählt man den absoluten Betrag von Ax hinreichend klein, so wird auch \ A z \ so klein, wie man nur will, und wählt man | Az hinreichend klein, so wird auch | Ay\ so klein, wie man nur will. Dies aber bedeutet: Satz 36: I s t y e i n e s t e t i g e F u n k t i o n v o n z u n d f e r n e r z e i n e s t e t i g e F u n k t i o n v o n x, so i s t a u c h y a l s e i n e s t e t i g e F u n k t i o n von x a u f z u f a s s e n . E s leuchtet nämlich ein, daß die soeben gemachte Schlußfolgerung nicht nur für die speziellen Funktionen (2) gilt, sondern auch allgemein, sobald an die Stelle von (2) irgend zwei stetige Funktionen (3)

y

= m

und

Z =

f(x)

treten, da wir j a nur die Stetigkeit benutzt haben. Hiernach streben A z und A y beide nach Null, sobald A x nach Null strebt. J e t z t stellen wir die augenscheinlich richtige Formel auf:

166

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

Nach (2) und nach Satz 25, S. 105, haben die beiden Funktionen y von z und z von x Differentialquotienten, nämlich diese: (5) w

- J - = 100 z "

und

dz

= b + 2c x + 3 J gx*.

dx

'

Nach der allgemeinen Definition auf S. 78 sind die Differentialquotienten die Grenzwerte der Brüche , und

Ay Ax

Az —Ax

für den Fall, wo A z bzw. A x nach Null strebt. Wir wissen aber, daß, falls Ax nach Null strebt, dasselbe von Az gilt. Deshalb haben wir, wenn A x unendlich klein wird: l i m

-

Ay f

-

Ax

dy

=

- f - ,

dx

l i m

1

Ax

—¡— Ax

=

Nach (4) und nach Satz 10, S. 74, folgt also: strebt, wird lim Av Ax

dx

- 3 —

dx



Wenn A x nach Null

=4^.41. dx

dx

Links steht hier nach der allgemeinen Definition auf S. 78 der Differentialquotient der vorgelegten Funktion y von x, nämlich der Funktion (1). Also ergibt sich schließlich: dy

_

dx

dy

dz

dx

dx

Da nun die Differentialquotienten, die hier rechts auftreten, die Werte (5) haben, liefert die Substitution dieser Werte in (6): =

1 0 0 z " .



+

2

c x

+

Schließlich haben wir nur noch zu bedenken, daß die Bezeichnung z in der gegebenen Funktion (1), die ja differenziert werden sollte, gar nicht vorkommt. Wir erinnern uns deshalb daran, daß z den in (2) in der zweiten Formel angegebenen Wert hat. Also ergibt sich = 100 (a + bx + cx 2 +

+ 2 cx +

ar2),

und damit ist die gestellte Aufgabe, die vorgelegte Funktion (1) zu differenzieren, vollständig gelöst. Nur deshalb, weil man ein Beweisverfahren besser versteht, wenn man sofort ein bestimmtes Beispiel dazu ins Auge faßt, wurde von der Funktion (1) ausgegangen. Die Schlußfolgerungen, die im

§ 4. Die Kettenregel.

167

vorhergehenden gemacht wurden, gelten jedoch, wie man sofort sieht, viel allgemeiner, nämlich auch dann, wenn wie in (3) irgend zwei stetige Funktionen vorliegen. Nehmen wir also an, daß wie dort irgend eine stetige Funktion z von x und ferner irgend eine stetige Funktion y von z gegeben sei: (7)

*=/•(*),

y =

m ,

so ist die in der zweiten Formel vorkommende Veränderliche z auf Grund der ersten Formel als eine Funktion von x zu betrachten, daher auch y als eine Funktion von x aufzufassen. Man kann sie so ausdrücken: (8)

u =

F(f{x)).

Nach Satz 36 liegt hier eine s t e t i g e Funktion y von x vor. Die Aufgabe ist jetzt diese: Unter der Voraussetzung, daß die beiden gegebenen Funktionen (7) Differentialquotienten haben, soll bewiesen werden, daß auch die Funktion (8) einen Differentialquotienten hat; überdies soll er berechnet werden. W i e gesagt, gelten die vorhin gemachten Schlüsse auch jetzt. Aus der augenscheinlich richtigen Formel (4) gewinnen wir also die F o r m e l (6), die die Lösung der Aufgabe darstellt. Sie besagt: Satz 37: I s t y e i n e s t e t i g e F u n k t i o n s t e t i g e F u n k t i o n v o n x, i s t a l s o e t w a y — F(z)

und

und haben beide Funktionen dy / dx

von z und z eine

z = f[x)

Differentialquotienten j

und

dx , dx

ao k a n n m a n y a u c h a l s e i n e F u n k t i o n v o n x a u f f a s s e n :

v= Diese Funktion tialquotienten:

ist ebenfalls stetig und h a t den D i f f e r e n dy dx

dy dx

dz. dx '

der das P r o d u k t der beiden vorhin e r w ä h n t e n D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n ist. D a wir die Richtigkeit der Formel (6) nachgewiesen haben, in der die Differentiale dx, dy, dz vorkommen, d . h . die nach Null strebenden Differenzen Ax, Ay, Az, so besagt sie, d a ß m a n d i e D i f f e r e n t i a l e g e r a d e so w i e e n d l i c h e Z a h l e n g e g e n e i n a n d e r

168

Drittes Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

h e b e n d a r f , s o b a l d d i e s e l b e n D i f f e r e n t i a l e im Z ä h l e r u n d N e n n e r a u f t r e t e n . Denn die linke Seite von (6) geht aus der rechten Seite hervor, wenn man rechts d z im zweiten Zähler gegen d z im ersten Nenner forthebt. Man sieht gerade hieraus, wie äußerst bequem die von LEIBNIZ herrührende Bezeichnung der Differentialquotienten ist (vgl. S. 79). Der Satz 37 wird meistens nicht unmittelbar so angewandt, wie er formuliert worden ist, sondern so, wie es das zuerst besprochene Beispiel (1) lehrt. Meistens nämlich ist nicht von vornherein y als Funktion von z und z als Funktion von x gegeben, sondern es liegt eine komplizierte Funktion y von x vor. Erst dadurch, daß man eine darin auftretende einfachere Funktion von x als eine neue H i l f s v e r ä n d e r l i c h e z einführt, zerlegt man die komplizierte Funktion y von x so, wie es unter (2) für die Funktion (1) geschah. F ü r die Differentiation von komplizierteren Funktionen gilt also die folgende Regel, die die K e t t e n r e g e l heißen möge, weil man eine K e t t e von x über z nach y bildet, und die wir als s e c h s t e Regel zu den fünf in § 5 des zweiten Kapitels zusammengestellten Vorschriften für die Differentiation hinzufügen: 6. R e g e l ( K e t t e n r e g e l ) : I s t y e i n e k o m p l i z i e r t e F u n k t i o n von x, so f ü h r t m a n e i n e d a r i n a u f t r e t e n d e e i n f a c h e r e F u n k t i o n von x a l s H i l f s v e r ä n d e r l i c h e z ein, so d a ß y e i n e e i n f a c h e r e F u n k t i o n von z u n d z e i n e e i n f a c h e r e F u n k t i o n von x wird. S i n d d i e s e b e i d e n F u n k t i o n e n s t e t i g u n d k a n n m a n sie d i f f e r e n z i e r e n , so g e h t d e r D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t d e r v o r g e l e g t e n F u n k t i o n y von x auf G r u n d d e r F o r m e l hervor:

Ein zweites Beispiel:

dy

__ dy

dz

dx

dx

dx

Es sei

Dies ist ein Bruch, dessen Nenner eine n te Potenz ist; also schreiben wir, indem wir die Basis der Potenz mit z bezeichnen: (10)

•'/="»'

z = b + x.

Die erste Formel (10) sagt aus, daß y eine Funktion von z, die zweite, daß z eine Funktion von x ist, beide zusammen also, daß y schließlich doch eine Funktion von x als der einzigen hier auf-

§ 4. Die Kettenregel. tretenden wirklich unabhängigen Veränderlichen ist. auch so schreiben: y = az~n, z = b + x. Hiernach ist dy „ , dx , -;•- = — na z~n~l, ——=1. dx dx

169 Wir können

Multiplizieren wir beide Gleichungen miteinander, so kommt, da sich dann links dz forthebt: d n a y — _ — na„ z, - n - l _ _ ax z ist durch die zweite Formel (10) als Funktion von x definiert. Wir können daher schreiben: dy d .i:

na (b + : 0 sei. Wir führen eine neue Veränderliche t ein, indem wir setzen: (17)

\'x = t.

Dann ist x = ti und nach (16) y = f . (18)

* =

Also haben wir;

y^t»,

174

Drittes

Kapitel:

Das

Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

Diese beiden Formeln sagen zusammen dasselbe wie (16) aus. Lesen wir sie nämlich von rechts nach links, so sagen sie: y ist die p1' Potenz einer Größe, von der x die gte Potenz ist, d. h. einer Größe, die selbst die qWurzel aus x ist. Dies sagt aber auch (16) aus. Nach (18) sind x und y stetige Funktionen von t, wenn man von der Stelle t = 0 für p < 0 absieht. Daraus folgt: Ändert sich t unendlich wenig, um d t, so ändern sich auch x und y um unendlich wenig, um dx bzw. dy. Zu jeder unendlich kleinen Änderung dx von x gehört daher eine unendlich kleine Änderung dy von y. Mit anderen Worten: Die F u n k t i o n y von x, die d u r c h (16) d e f i n i e r t w i r d , i s t s t e t i g , abgesehen von x = 0 im Falle p < 0. Wir suchen ihren Differentialquotienten. Nach (18) ist: d9)

4T-*'"

1

i/r-p"-1'

'

denn nach Voraussetzung sind p und q g a n z e Zahlen, und wir wissen, daß die Potenzregel für ganzzahlige Potenzen gilt. Um nun dy: dx zu finden, beachten wir, daß in beiden Formeln (19) das uns nicht weiter interessierende Differential dt im Nenner auftritt. Es wird sich also fortheben, wenn wir die zweite Formel mit der ersten d i v i d i e r e n . So kommt: ptP

~)

qtq~

dx

oder

q

Wenn wir hierin wieder für t die ursprüngliche Bedeutung (17) einführen, haben wir das Ergebnis: (20) q

rV

Die Funktion \x hat also diesen Differentialquotienten. Derartige Funktionen kommen recht oft vor, so daß der Leser nun vielleicht befürchtet, er müsse die Formel (20) auswendig lernen. Das ist aber gar nicht nötig. Es zeigt sich in der Differentialrechnung wie überhaupt in der Mathematik oft, daß Einzelheiten, von einem höheren Standpunkte betrachtet, ihr Verwirrendes verlieren, indem sie zu einer harmonischen Einheit verschmelzen. Die Sache liegt hier im besonderen nämlich so: Man weiß, daß es für das Rechnen mit Potenzen und Wurzeln nützlich ist, ~)[~x mit xt, y x mit x* usw. zu bezeichnen. Denn dann zeigt sich, daß die Regeln für das Potenzrechnen, nämlich am.an=am+n und (am)n = amn, ohne weiteres die Regeln für das Wurzelrechnen

«¡> 4.

Die

Kettenregel.

175

liefern. Somit können wir die vorliegende Funktion y statt durch die Formel (16) durch die Formel: p

(21)

y =

x'i

definieren. Hier ist also y eine g e b r o c h e n e Potenz von x. Ebenso läßt sich (20) so schreiben: p-q

dy

oder auch: (22) v '

J L XX i

=

d X

q

dx

q

Wenn der Leser die Funktion (21) und ihren Differentialquotienten (22) betrachtet, wird er sicherlich dadurch an eine ihm längst vertraute Formel erinnert. E r weiß ja, daß y = .r"

den Differentialquotienten dy dx

= wx"- 1

hat. Aber freilich war dies aufS.94 nur für ganzzahlige Exponenten« bewiesen worden. H i e r j e d o c h s e h e n w i r , d a ß a u c h , w e n n n=p:q, a l s o e i n e gebrochene Z a h l i s t , d i e s e a l t e D i f f e r e n t i a t i o n s r e g e l i m m e r n o c h r i c h t i g b l e i b t . Wir sind also in der erfreulichen Lage, festzustellen, daß wir hier keinen neuen Satz über das Differenzieren haben, sondern nur den Gültigkeitsbereich eines uns längst vertrauten Satzes weiter auszudehnen brauchen: Satz 38: D e r S a t z , d a ß d i e F u n k t i o n y =

x"

den D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n

d

J=

dx

ns-i

h a t , gilt ü b e r h a u p t , wenn n irgend eine ganze oder brochene positive oder negative Konstante bedeutet. Wie nützlich dieser Satz ist, lehren folgende Beispiele: Gegeben sei: y =

]fx.

=

X^S .

"Wir schreiben dafür: Die Regel für x" gibt:

i

ge-

176

Drittes Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke. Ferner sei gegeben:

i_ v

Wir schreiben hierfür: y

=

~

1

• t~ X*

=

x

~J •

Die Regel für xn gibt nun, da hier n = — i ist: -

dx ~

1

_ 2i ^ -

- _ ~

- 2i - J L x*i -

~

i 1 2 ,y, -x3 •

Man muß also immer die beiden Regeln im Auge behalten, die für das Rechnen mit negativen und gebrochenen Potenzen gelten: X~n —

1 »X" = V X. '

l , X"

Jetzt sind wir in der Lage, mancherlei komplizierte Funktionen zu differenzieren. Es sei z. B.:

Wir wenden die Kettenregel an: y = ]/z = z3 . z =

z2 -

2

xs + 3

Aus der ersten Formel berechnen wir dy: d z mittels der Regel für xn (hier zi), aus der zweiten dz:dx mittels der Bruchregel. Es kommt: dy = _ i_; du 2 yi ' dx (,rs 4- 3) 2x3 - (x22 - 2) 3a;2 - z4 -t6x2 + 6a; dx (x + 3) (.c3 + 3)2 Wir suchen dy.dx. Dies ergibt sich, wenn wir die erste Formel mit der zweiten m u l t i p l i z i e r e n , da sich dann d% forthebt: dy dx

i 2 y%

- x* + 6a;2 + Gx (x3 + 3)a

z aber bedeutete den Bruch (a.-2— 2) :(ar3+3). Also kommt schließlich: "3 - xi hl±l dx ~ 2 V X* - 2i

- xl + 6®2 + 6 a; (z:3 + 3)2

§ 4.

Die

Kettenregel.

177

Wollen wir die F u n k t i o n : (23)

y = ( f i + xY

+

1 + VX

differenzieren, so bemerken wir zunächst, daß sie eine Summe ist. W i r setzen daher: y = 2 + t. Dabei i s t : =

tffi

+ x)2,

t =

i + ys

K e n n e n wir die Differentialquotienten von 2 und t, so kennen wir auch den von y, da nach der Summenregel: (24)

dx dx

d y

dx

dt dx

ist. Also sind z und t einzeln zu behandeln und zwar, da sie komplizierte Funktionen von x sind, nach der Kettenregel. Das Schema für z ist dieses: -

dx = 2u du 1-1 du - l-r 1 + 1 = dx

„2 - /

y x -f- x = x*- -{- x 1

1*

_2 3

+ 1

1 1 - 2 , ( ^ + 1 ) . Also kommt:

Das Schema für t ist dieses: dv

V

t>s

dv _ j -i _ 1 dx ~ ~ '2 Yx

v = 1 + y ar = 1 + x'i

dt dx Folglich wird

dt _ dx

2v']/x

_ 2 (i +

Nachdem wir so dz\dx und dt-.dx nach (24): dy = 2 ( j / * + *) dx }/x'

gefunden h a b e n ,

+

]

-

2(1 + 1 / x f M x

als Differentialquotient der Funktion (23). SCHEFFERS, Mathematik.

2. Aufl.

ergibt sich

12

178

Drittes Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

W i r s i n d j e t z t ü b e r h a u p t in d e r L a g e , a l l e F u n k t i o n e n von x zu d i f f e r e n z i e r e n , in d e n e n x m i t g a n z e n o d e r geb r o c h e n e n , positiven oder negativen, aber k o n s t a n t e n E x p o n e n t e n b e h a f t e t ist. D a r i n k ö n n e n a u c h G l i e d e r v o r kommen, die selbst irgend eine gebrochene P o t e n z einer d e r a r t i g e n F u n k t i o n s i n d , wie z. B.:

= W + fx.

y Denn hierfür schreiben wir: 8 — 1 y = }/z = z:1 ,

z = 1 + y.r,

und nun können wir die Kettenregel anwenden. Der Leser wird übersehen, daß wir jetzt alle Mittel zur Verfügung haben, um jede solche Funktion von x zu differenzieren, die aus x und Konstanten durch fortgesetzte Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division, durch Potenzieren und Radizieren mit ganzen oder gebrochenen, positiven oder negativen k o n s t a n t e n Exponenten gebildet wird. Man nennt solche Funktionen e n t w i c k e l t e a l g e b r a i s c h e F u n k t i o n e n , weil sie durch die sechs Spezies der niederen Algebra: Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division, Potenzieren und Radizieren zustande kommen. Was man unter einer entwickelten algebraischen Funktion von x versteht, wird noch deutlicher, wenn wir einige Beispiele von Funktionen nennen, die n i c h t dazu gehören. Daraus wird der Leser zugleich sehen, daß wir doch nur erst, allgemein gesprochen, einen beschränkten Kreis von Funktionen differenzieren können. Eine u n e n t w i c k e l t e a l g e b r a i s c h e F u n k t i o n wird z. B. durch diese Gleichung gegeben: y 5 + xiy4 + (x 2 - 2) ?y3 + (.r4 + .r3) if - y + x3 + 9.r2 - Ix + 8 = 0 . Geben wir nämlich x einen bestimmten Wert, so ist dies eine Gleichung 5. Grades für y, die gewisse Lösungen haben wird. 1 Geben wir x andere Werte, so wird auch die Gleichung für y anders, d. h. dann ergeben sich andere Werte von y. Also zu jedem Werte von x werden hier Werte von y gehören, y ist hier zwar eine Funktion von x\ aber sie ist nicht durch eine Gleichung gegeben, in der links nur y steht und rechts ein Ausdruck, der von y frei ist, also nur x enthält. Es ist dies eben eine sogenannte „unentwickelte" Funktion, d. h. die Gleichung ist nicht nach y aufgelöst. Wir können diese Funktion noch nicht differenzieren. 1

Man könnte sie mittels der Regula falsorum (S. 124) zu bestimmen suchen.

§ 4. F e r n e r ist die Funktion:

179

Die Kettenregel.

y

=

x

X

keine algebraische Funktion. Zwar ist es eine „entwickelte" Funktion, d. h. die Gleichung ist nach y aufgelöst, das j a links allein steht; aber rechts steht eine Potenz von x, d e r e n E x p o n e n t k e i n e K o n s t a n t e i s t . E s w ä r e e i n k r a s s e r F e h l e r , w o l l t e n w i r xx n a c h d e r R e g e l f ü r x" b e h a n d e l n und also schließen, daß diese Funktion den Differentialquotienten x.xz~l hätte. Denn j e n e R e g e l s e t z t v o r a u s , d a ß d e r E x p o n e n t von ./• k o n s t a n t sei. Die Funktion y = xx gehört zu der unübersehbaren Reihe derjenigen Funktionen, die man t r a n s z e n d e n t nennt. B i s jetzt können wir sie noch nicht differenzieren. W i r wollen weiter keine Beispiele nennen, da der Leser sonst ein Angstgefühl bekommt über alles das, was er noch n i c h t weiß. Aber wir können, um dieser Schattenseite eine Lichtseite entgegen zu stellen, hinzufügen, daß man bei den Anwendungen der Mathematik meistens nur noch einige wenige transzendente Funktionen braucht, die wir später behandeln werden und die interessanter sind als die bisher betrachteten Funktionen. Einen Umstand aber müssen wir, ehe wir zu Anwendungen übergehen, hier noch erwähnen: Die Funktion: // =

V*

ist das einfachste Beispiel einer m e h r w e r t i g e n Funktion. Die Quadratwurzel aus x hat j a , sobald x positiv ist, z w e i W e r t e , die sich durch ihr Vorzeichen unter• scheiden. Also gehören hier zu ! 1 jedem positiven x zwei Werte von y. - Sie liefern auf der Bildkurve z w e i 3Punkte, die auf e i n e r Vertikalen 4 i i f 0. zur .r-Achse liegen. F ü r negative .s: -- Werte von x dagegen gibt es bekanntlich keine reelle Quadrat1 1 wurzel. Also verläuft die Bildkurve vollständig im 1. und 4. QuaFig. 107. dranten. Fig. 107 stellt sie dar. W i r können mehrere Punkte der Kurve sofort konstruieren, wenn wir für x Zahlen setzen, deren Quadratwurzeln leicht auszuziehen sind. E s kommt so: ,r = 0 , y = o,

1, +1.

4,

9,

16

+ 2,

±3,

+ 4

usw. 12 *

180

Drilles Kapitel: Das Differenzieren algebraischer Ausdrücke.

Dazwischen können wir Punkte einschalten, z. B.: x =

1,44,

y =±1,2,

x =

5,29

y=±

2,3

U8W.

wo wir für x Quadrate von Dezimalbrüchen gewählt haben. Die mehrwertigen Funktionen wie die hier vorliegende, die z w e i w e r t i g ist, nämlich für jedes positive x zwei Werte für y gibt, werden, allgemein gesagt, durch Kurven dargestellt, die von Parallelen zur y-Achse in mehr als je einem Punkte geschnitten werden. D a s w a r b e i k e i n e r u n s e r e r f r ü h e r e n F u n k t i o n e n d e r F a l l ; die waren vielmehr alle e i n w e r t i g . Wenn man nun den Differentialquotienten bildet, muß man wohl beachten, zu welchem Wertepaare x, y er gehört. So hat die soeben betrachtete Funktion y = ]/* = xi den Differentialquotienten ¿IL = dx

l2 j ' L

1

_ .

2 ]/x

Für x = 4 etwa hat er die b e i d e n Werte + Da der positive zur positiven Wurzel von x gehört, bezieht er sich auf den Wert y = y i , der sich durch Ausziehen der positiven Wurzel ergibt, d. h. auf y = + 2. Dagegen gehört der Differentialquotient — \ zu y = — 2. In Fig. 107 hat also die Tangente der Stelle (4; 2) die Steigung + die Tangente der Stelle (4; — 2) dagegen die Steigung — i . Der Wert, den man für |/x bei der Berechnung von y wählt, muß also auch bei der Berechnung des Differentialquotienten benutzt werden. Beachtet man das Entsprechende bei sonstigen mehrwertigen Funktionen, die vorkommen werden, so ergeben sich keine Schwierigkeiten. Dies und alles Vorhergehende wird durch die Beispiele des folgenden Paragraphen weiterhin erläutert werden.

§ 5.

Beispiele.

1. B e i s p i e l : Eine Wandlampe L beleuchte eine Stelle A des Fußbodens, die gerade vor der Aufhängestelle der Lampe und zwar in der Entfernung AB = a Metern von der Wand ist (siehe Fig. 108). Es soll der Einfluß der Höhe BL der Aufhängestelle auf die Helligkeit der Stelle A untersucht werden. Diejenige Helligkeit, die ein kleines Scheibchen in 1 m Entfernung von der Lampe L bei v e r t i k a l e m A u f f a l l e n der S t r a h l e n erfährt, sei als Einheit

§ 5.

Beispiele.

181

der Helligkeit bezeichnet. Es gilt nun dasselbe Gesetz wie bei Wärmestrahlen (vgl. 2. Beispiel, S. 152). Wenn also LA = r Metern ist, wird das in A v e r t i k a l zu LA g e s t e l l t e kleine Scheibchen, das wir uns etwa als Quadrat von der Seitenlänge q denken können, die Helligkeit 1: r- erfahren. Dieselben Strahlen, die diese Scheibe treffen, werden, wenn die Scheibe fortgenommen wird, ein Stück des Fußbodens bei A treffen. Ist jenes Quadrat außerordentlich klein (viel kleiner als es in Fig. 108 der Deutlichkeit halber gezeichnet ist), so sind die Strahlen, die von L nach der Scheibe gehen, nahezu parallel, so daß der Fleck auf dem Fußboden nahezu ein Rechteck ist, dessen eine Seite gleich q und dessen andere Seite länger als q, etwa gleich p ist. Die Helligkeit des Quadrates verhält sich zur Helligkeit des Rechteckes umgekehrt

wie die Flächen beider, da dieselbe Lichtmenge, auf größeren Raum verteilt, weniger wirkt. Also ist Helligkeit des Rechteckes _ q1 _ q Helligkeit des Quadrates pq p ' so daß die Helligkeit des Rechteckes gleich q-.pr2 ist. Streng gilt dies nur dann, wenn das Quadrat unendlich klein wird, d. h. wenn wir nur die unendlich nahe Umgebung der Stelle A des Fußbodens ins Auge fassen. Das ist aber gerade unsere Aufgabe. In Fig. 109, wo der Querschnitt LBA der Fig. 108 noch einmal gezeichnet ist, sollen die Lichtstrahlen also unendlich nahe beieinander und daher parallel werden, so daß das Dreieck mit den Seiten q und p dem Dreiecke LBA mit den Seiten B L = x und LA — r ähnlich wird. Es ist daher zu setzen: q x px -2- = — , d. h. q = — • p r r Deshalb wird die Helligkeit y der Stelle A des Fußbodens gleich x: r 3 oder: y

=

vir-.—.. a'

Nur positive Werte von x haben eine Bedeutung für unsere Aufgabe, auch ist die Quadratwurzel positiv zu nehmen. Alsdann wird y auch positiv, aber nie unendlich groß, weil der Nenner nie unter a% abnimmt. Für x = 0 ist y — o. Wird x sehr groß positiv, so wird y sehr klein. Das ist wegen der

182

Drittes

Kapitel:

Das

Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

physikalischen Bedeutung klar, folgt aber auch rechnerisch. nämlich mit x kürzen: 1 1 V =

Wir können,

Wird nun x — + °°, so wird a-: x unendlich klein, das übrige im Nenner unendlich groß, also y selbst unendlich klein, y wird also, während x von 0 bis + oo geht, von Null ausgehend positiv und bleibt positiv, um schließlich wieder zu Null zu werden. Daher hat y sicher ein Maximum. Um dies zu finden, berechnen wir den Differentialquotienten. Zunächst ist \>'xl + = c2 (1 — e2)

ist. M i t h i n i s t die B a h n k u r v e von P ein Kreis. auf der Geraden Ft F2 liegt, erkennt man leicht.

Daß sein Mittelpunkt

§ 6.

Einiges

aus der analytischen

Geometrie.

199

6. B e i s p i e l : Eiu Punkt P bewege sich in der Ebene so, daß d i e S u m m e d e r Q u a d r a t e s e i n e r A b s t ä n d e v o n n f e s t e n P u n k t e n F„ I\,...Fn b e s t ä n d i g d i e s e l b e b l e i b t . Was für eine Bahn beschreibt er dann? Hier nehmen wir irgendein Achsenkreuz an. Der bewegliche Punkt P habe die Koordinaten x und y. Die festen Punkte 12 - ä» f ) a* (k1 + b2) b*-a*f

Die halbe Summe von beiden Lösungen ist: (23)

a1 y k

xl + x.t 2 ~

f

Dies ist also die halbe Summe der Abszissen derjenigen beiden Hyperbelpunkte und P2, in denen die Gerade g mit der Gleichung (22) die Hyperbel trifft, siehe Fig. 135. Die Asymptote OC

Fig. 135. ferner ist dadurch gekennzeichnet, daß sich die Ordinate irgend eines ihrer Punkte zu seiner Abszisse wie l zu a verhält. Wenn also der Schnittpunkt ^ der Geraden g mit der Asymptote 0 C die Koordinaten und ^ hat, muß einerseits

und nach (22) andererseits

Di Ei

=

f>_ o,

= / ii + * sein. Setzt man den aus der ersten Gleichung folgenden Wert = b j j : a in die zweite ein, so berechnet sich 1 =

ak To — a Y

Ferner sei sJß2 der Schnittpunkt der Geraden g mit der zweiten

211 Asymptote O B , und es seien j 2 und t)2 seine Koordinaten. dann t) 2 : j 2 = —b:a sein muß, ergibt sich entsprechend: — a k

ia

Also wird:

t, + 2

bi

=

~ 2

b +

'

1

( _ J \ b - a

b +

r

) a y )

oder, wenn man beide Brüche auf den Nenner bz — a-y2 j-, + 'i

Da

J.", _ "

~

bringt:

a* y k lF~-

~aff

'

D i e s a b e r i s t d e r s e l b e W e r t wie (23). Das hat eine einfache geometrische Bedeutung. Denn wenn zwei Punkte P x und P 2 einer Geraden ff die Abszissen und x% haben, hat die Mitte M zwischen beiden die Abszisse ^-(xj + x2). Daraus folgt: Der Mittelpunkt M von P P2 ist identisch mit dem Mittelpunkte von iß2. Anders ausgedrückt: D i e S t r e c k e n von Pj bis und von P2 bis sind gleichlang. Jede Gerade g also schneidet die Hyperbel und ihre Asymptoten derart, daß ihre zwischen den Hyperbelästen und Asymptoten gelegenen beiden Stücke gleichlang sind. Mithin können wir, falls uns nur die Asymptoten a, und a2 und ein Punkt P0 der Hyperbel gegeben sind, beliebig viele Punkte Pv P2, ... der Kurve so wie in Fig. 136 konstruieren, indem wir durch P0 irgend welche Geraden legen und jedesmal die Fig. 136. Strecke der Geraden von P0 bis zu einer Asymptote auf derselben Geraden von der anderen Asymptote aus abtragen und zwar ins Innere der beiden Winkelfelder hinein, in denen die Kurve verläuft. Die gefundene Eigenschaft der H y p e r b e l läßt sich noch etwas anders ausdrücken: Sind Px und P2 zwei Punkte der Kurve, so ziehen wir durch sie die Parallelen zu beiden Asymptoten. Die Asymptoten sind in Fig. 137 mit ax und a2 bezeichnet, und durch jene Parallelen entstehen die Parallelogramme 0 Jtl Pl S2 und OB2 P2 Sv

212

Drittes Kapitel:

Das Differenzieren

algebraischer

Ausdrücke.

die wir schraffiert haben. Die Gerade P1 P2 treffe ) j e d e Parallele zur Ordinatenachse in zwei solchen Punkten treffen, in denen die Tangente dieselbe Steigung hat, also in zwei P u n k t e n m i t p a r a l l e l e n T a n g e n t e n . Wir fragten vorhin also, was sich über zwei Kurven (u), (v) aussagen läßt, wenn wir wissen, daß sie in je zwei übereinanderliegenden Punkten wie A1 und J2, £1 und Bv Cx und C2 usw. parallele Tangenten haben. Unser Satz sagt aus, daß alsdann die Ordinatendifferenz u — v konstant, d. h. A1 A2 = B 1 B 2 = C1C2 = . . . ist. Die Kurve (B) entsteht daher durch Ver-

§ 1. Funktionen mit demselben Differentialquotienten.

217

schieben der starr gedachten Kurve (u) um eine bestimmte Strecke parallel zur Ordinatenachse. Die Verschiebung kann dabei nach oben oder nach unten (wie in Fig. 140) stattfinden. Den Satz können wir noch etwas anders fassen: Satz 46: H a t die F u n k t i o n v{x) f ü r j e d e n W e r t von x d e n s e l b e n D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n wie die F u n k t i o n u[x), so h a t sie die F o r m : v [x) = u[x) + k o n s t. Diesen Satz werden wir in der Folge a u ß e r o r d e n t l i c h oft anwenden. Häufig, bei den praktischen Anwendungen sogar meistens, brauchen wir die unabhängige Veränderliche x nur in einem gewissen Intervalle, z. B. wird x auf alle W e r t e zwischen zwei b e s t i m m t e n W e r t e n a und b beschränkt. Wenn wir nun in Satz 45 und 46 von „jedem" Werte von x gesprochen haben, so heißt dies natürlich: j e d e r W e r t i n n e r h a l b des f ü r x e r l a u b t e n Intervalles. Aus unserem Satze 46 folgt, daß uns alle Funktionen mit einem vorgeschriebenen Differentialquotienten bekannt sind, sobald es uns gelungen ist, nur eine einzige derartige Funktion zu ermitteln. Fragen wir z. ß. nach allen Funktionen, deren Differentialquotient 2x ist. Eine Funktion von dieser Art ist x2\ nach dem Satze sind also a l l e Funktionen von der verlangten Art in der Form x2 + konst. enthalten, wobei die Konstante irgend einen Wert haben darf. Daß sich hierbei stets unendlich viele Funktionen ergeben, weil eine willkürliche additive Konstante vorkommt, soll noch auf andere Weise erläutert werden. Wir bleiben bei dem soeben erwähnten einfachen Beispiele. Da die Funktionen als Kurven abgebildet werden und die Differentialquotienten die Steigungen der Tangenten angeben, bedeutet die Frage geometrisch: Wie s i e h t eine K u r v e aus, bei d e r die S t e i g u n g der T a n g e n t e an j e d e r S t e l l e (x; y) gleich 2 x ist? Wir können leicht an jeder Stelle eine Gerade von dieser Steigung 2 x zeichnen. Wenn wir z. B. die Einheiten auf beiden Achsen gleich groß wählen und nun irgend einen Punkt P der Ebene annehmen (siehe Fig. 141), hat er ein bestimmtes x = 0 Q. Wir gehen daher von P horizontal etwa um eine Einheit nach rechts weiter und dann um die Strecke 2x

218

Viertes Kapitel:

Grundbegriffe der Integralrechnung.

nach oben weiter (nach unten, wenn x negativ ist, also P links von der y-Achse liegt). Dadurch kommen wir zu einem Punkte T, der, mit P verbunden, diejenige Gerade durch P liefert, die die vorgeschriebene Steigung hat. Weil die Tangente immer nur in nächster Nähe ihres Berührungspunktes von Bedeutung für den Verlauf der Kurve ist, tun wir gut, nur ein kurzes Stück der Geraden P T von P aus zu zeichnen. Führen wir diese Konstruktion für recht viele verschiedene Punkte der Ebene aus, so ergibt sich Fig. 142. Man bemerkt dabei, daß solchen Punkten P, die untereinanderliegen, parallele Geraden zukommen, weil sie dasselbe x haben. Die Auff f f f j1 \ \\\ \ \ \ gabe ist die, eine Kurve in der \ \ 'S \ \ \ / 1 f f f ? Ebene der Figur zu zeichnen, die \ % \ \ \ • t t f t f in jedem ihrer Punkte P die zuS f f jf f f gehörige konstruierte Gerade bes f t 1 1 1 rührt. Da wir die Konstruktion • / %ß i f f" doch n i e , wenn wir auch noch so - tf t i f f viele Punkte P wählen, für alle -sy? f t f t Punkte der Ebene ausführen können, • 'S f j i i jl ./ f f f f \ läßt sich die Aufgabe zeichnerisch / / / f f f nur angenähert lösen. Aber schon .y f f f f 1 beim Anblicke der Fig. 142 sieht man, welchen Weg man ungefähr Fig. 142. einzuschlagen hat. Man kann die Geraden als W e g w e i s e r auffassen, die uns stets die einzuschlagende Richtung angeben; man überläßt sich der S t r ö m u n g , die diese Wegweiser anzeigen. Man erhält dann Kurven wie die eingezeichnete, die wir absichtlich freihändig gezogen haben.

WJA i t t*

Die Fig. 142 bezieht sich auf den Fall, wo der vorgeschriebene Differentialquotient gleich 2 x ist. Ist ein anderer Wert vorgeschrieben, so hat man durch jeden Punkt (x; y) der Ebene diejenige Gerade zu legen, die dort gerade diesen Wert als Steigung hat. Statt des in Fig. 142 gegebenen Bildes erhalten wir alsdann ein anderes, das ebenfalls den Eindruck einer Strömung macht und bei dem wieder Punkte mit gleichem x parallele Wegweiser haben. Jedenfalls haben wir hiermit ein V e r f a h r e n g e f u n d e n , m i t t e l s d e s s e n man die A u f g a b e , zu einem g e g e b e n e n D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n die z u g e h ö r i g e n F u n k t i o n e n zu f i n d e n , w e n i g s t e n s a n g e n ä h e r t , auf g r a p h i s c h e m W e g e , durch das Z e i c h n e n von B i l d k u r v e n , von S t r o m l i n i e n , l ö s e n kann. Bei jeder derartigen Aufgabe sind, wie bewiesen wurde

# 1.

Funktionen

mit

demselben

Differentialquolienten.

219

(wir erinnern an Fig. 140), alle Bildkurven einander kongruent. H a b e n wir eine von ihnen möglichst g e n a u g e z e i c h n e t , so können wir alle anderen so h e r s t e l l e n : W i r p a u s e n die Kurve und die »/-Achse durch und verschieben a l s d a n n das P a u s p a p i e r so, daß die ?/-Achse in sich verschoben wird. In j e d e r L a g e gibt dann die Kurve auf dem Pauspapier eine Bildkurve an. D i e s Verfahren ist nur angenähert, außerdem gibt es uns auch nicht die F o r m e l für die erfragten F u n k t i o n e n . E s ist also in doppelter Hinsicht u n v o l l k o m m e n , immerhin aber ein g u t e r Notbehelf in dem F a l l e , w o uns nicht, wie in dem vorgeführten einfachen Beispiele ohne weiteres eine F u n k t i o n von der g e w ü n s c h t e n Art bekannt ist. D a ß die F r a g e n a c h d e n j e n i g e n F u n k t i o n e n , die e i n e n g e g e b e n e n D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t e n h a b e n , h ä u f i g in d e n A n w e n d u n g e n d e r M a t h e m a t i k a u f t r i t t , soll nun zunächst durch zwei Beispiele erläutert werden: 1. B e i s p i e l : In einem zylindrischen Gefäße, das um seine vertikale Achse gedreht werden kann, ist Wasser. Die bei der Drehung auftretende Zentrifugalkraft bewirkt, daß sich die sonst ebene Oberfläche des Wassers krümmt. Ist die Drehung gleichmäßig, so bildet sich ein Gleichgewichtszustand aus, und es ist die Frage, welche Oberfläche das Wasser dann hat. Natürlich ist sie eine R o t a t i o n s f l ä c h e , d.h. eine Fläche, die durch Drehen einer ebenen Kurve um die Achse entsteht. Wir fragen nach dieser ebenen Kurve, dem P r o f i l oder axialen Querschnitte der Oberfläche. Es sei — siehe Fig. 143 — irgend eine Stelle P dieses Profils ins Auge gefaßt. Benutzen wir Fig. 143. die Drehachse als y-Achse und die horizontale Gerade des Axialschnittes, die auf dem Gefäßboden liegt, als a>Achse, so hat der Punkt P gewisse Koordinaten x und y. Auf beiden Achsen benutzen wir dieselbe Längeneinheit. Zu jedem Abstände x von der Achse gehört eine gewisse Höhe y der Oberfläche; also ist y eine vorerst noch unbekannte Funktion von x. Natürlich ist x höchstens gleich dem Radius des Grundkreises. Um die Funktion zu ermitteln, denken wir uns die oberste Schicht des Wassers längs des Profils in lauter gleichschwere sehr kleine Teilchen zerlegt. Auf alle diese Teilchen wirkt dann die Schwere mit derselben Kraft vertikal nach unten. Sie sei mit a bezeichnet und graphisch durch die Strecke P S veranschaulicht. Die Zentrifugalkraft dagegen, die horizontal nach außen hin wirkt, ist nicht für alle jene Teilchen dieselbe, vielmehr ist sie bekanntlich (wie beim Gesetze des Hebels) proportional der Entfernung x des Teilchens von der Drehachse. Ist sie in der Entfernung Eins gleich b, so ist sie für das in P befindliche Teilchen gleich bx, graphisch dargestellt durch die Strecke P V. Wir konstruieren die Resultante P Q beider

220

Viertes Kapitel:

Grundbegriffe der

Integralrechnung.

Kräfte. Wir können diese eine längs der Tangente t durch P . Der Komponente Wassers das Gleichgewicht

Resultate wieder in zwei Komponenten zerlegen, der Profilkurve, eine längs der Normalen n zu t P N wird durch die Unzusammendriickbarkeit des gehalten, die Komponente P T dagegen bewirkt eine Fortbewegung des Teilchens P auf der Oberfläche nach oben oder unten hin. Wegen des erreichten Gleichgewichtszustandes aber darf das Teilchen P bei der Drehung nur um die Achse rotieren. Also muß die Komponente P T gleich Null, d. h. P Q senkrecht zu t sein, so daß Q mit N zusammenfällt, wie in Fig. 144, die wir von nun an benutzen. Bedeutet P' einen unendlich nahe an P heranrückenden P u n k t der Profilkurve, dessen Koordinaten um dx und dy größer als die von P sind, so kommt P' auf die Tangente t von P , und das rechtwinklige Dreieck mit den Katheten dx, dy wird dem rechtwinkligen Dreiecke mit den Katheten V N und P F ähnlich, da P P ' _l P N wird. Also folgt:

dy _ b x dx a

D i e P r o f i l k u r v e i s t s o m i t d a s B i l d e i n e r s o l c h e n F u n k t i o n y v o n x, d e r e n D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t g l e i c h bx:a i s t . Von jetzt an liegt die rein mathematische Aufgabe vor: Welche Funktionen y von x haben den Differentialquotienten bx: a ? Da x der Differentialquotient von x2 ist, so ist bx-.a der Differentialquotient von \ b x2 :a. Also fragen wir: Welche Funktionen überhaupt haben denselben Differentialquotienten wie die Funktion £ b x t : a ? Nach Satz 46 sind es die Funktionen:

y = l-_x-

+ c,

wo e irgend eine Konstante bedeutet. Es sind somit quadratische Funktionen, so daß die Profilkurve eine P a r a b e l ist (vgl. S. 102), die offenbar die Drehachse zur Symmetriegeraden hat. Für x = 0 ist y = c, also bedeutet c die Höhe des tiefsten Punktes über der Bodenfläche. Über die Feststellung der Werte von a und 6 sei kurz bemerkt: Hat das Teilchen bei P die Masse f i , so ist sein Gewicht a = g ¡1 kg, wo g die Gravitationskonstante 9,81 bedeutet. Macht das Gefäß in der Sekunde n Drehungen, so ist die Zentrifugalkraft b in der Entfernung eines Meters von der Achse gleich i n ^ n ^ f i . Daher ist, wenn wir alle Längen mit dem Meter als Einheit messen:

b

,

mithin:

2 a „ n2 » 2

y= 2

g > „ x* + e,

wo auch e, die Höhe der tiefsten Stelle, in Metern genommen ist. der Sekunde z. B. 2 Umdrehungen statt, so ist n = 2 und

y = 8,05 x2 + c.

Finden in

§ 1. Funktionen

mit demselben Differentialquotienten.

221

Messen wir dagegen x, y und die Höhe e in Zentimetern, so kommt: y = 0,0805 a;2 + e. Ist der Radius des Gefäßes 10 cm, so ist für die höchste Stelle x = 10, also y — ß = 8,05 cm. Diesen Fall zeigt Fig. 144, wobei also der Radius des Gefäßes 10 cm lang sein soll und 2 Umdrehungen in der Sekunde vorausgesetzt werden. 2. B e i s p i e l : Um die ungefähre Form der Kette einer H ä n g e b r ü c k e zu ermitteln, können wir uns vorstellen, zwischen zwei gleichhohen Punkten A und B hänge ein Faden, von dem vertikale Fäden ausgehen, die einen schweren Stab CD wagerecht tragen. Siehe Fig. 145. Gegenüber der Schwere dieses Stabes, der überall gleich stark sei, soll das Gewicht der Fäden vernachlässigt werden. Es sei 0 der tiefste Punkt des tragenden Fadens A B. Die Wagerechte durch 0 sei die a;-Achse, die Vertikale durch 0 die «/-Achse; auf beideu benutzen wir dieselbe Längeneinheit. Die Längeneinheit des Stabes habe das Gewicht k. Auf irgend ein Stück 0 P des Fadens wirkt das Gewicht des zugehörigen StabStücken U Q. Isi x die Abszisse, y die Ordinate von P, so ist dies Gewicht gleich kx. Das Gleichgewicht wird nicht gestört, wenn wir uns den Bogen O P starr denken. Auf ihn wirken dann drei Kräfte: Erstens die Schwere k x , die auf der Mittellinie zwischen der «/-Achse und der Vertikalen P Q angreift, zweitens die Spannung s„, die die andere Fadenhälfte in 0 nach der negativen Achse hin ausübt, drittens die Spannung s, die das obere Reststück PA des Fadens ausübt. Sie greift in P in der Richtung der Tangente von P an. Diese drei Kräfte können einander nur dann das Gleichgewicht halten, wenn sich aus ihnen, parallel verschoben, ein g e s c h l o s s e n e s Dreieck, und zwar mit Rücksicht auf die Fortschreitungssinne der drei Kräfte, bilden läßt. Vgl. die Nebenfigur. Wenn ein zu Punkt P benachbarter Punkt P' des Fadens nach P strebt, werden sich die Koordinaten von P' von denen von P um die Differentiale dx, dy unterscheiden, und P' kommt auf die Tangente von P. Da s die Richtung der Tangente hat, wird das rechtwinklige Dreieck mit den Katheten dx, dy dem rechtwinkligen Dreiecke in der Nebenfigur ähnlich und zu ihm ähnlich gelegen. Hieraus folgt: dy dx

kx s0

Da k und s0 Konstanten sind (weil ja s0 die Spannung an einer ganz bestimmten Stelle, nämlich 0 , bedeutet), haben wir jetzt die rein mathematische Frage: Die Kurve des krummen Fadens ist die Bildkurve einer Funktion y von x, deren Dififerentialquotient gleich kx:s0 ist. Welche Funktion ist dies? Die Frage ist also genau dieselbe wie im vorigen Beispiele, nur stehen k und s0 jetzt an Stelle von b und a. Daher kommt: k y = \ —x* + konst. s o

222

Viertes Kapitel:

Grundbegriffe der Integralrechnung.

Weil aber für x = 0 auch y = 0 (in 0) ist, wird die Konstante gleich Null. Es bleibt also:

. k 2X . 1/ J = }7 • s„

Der Faden bildet daher wieder eine P a r a b e l . 1

In diesen beiden Beispielen zerfällt die Lösung der Aufgabe in zwei Teile. Im ersten Teile, der Hilfsmittel aus der Mechanik heranzog, wurde festgestellt, daß die gesuchte Funktion einen bekannten Differentialquotienten haben muß. Alsdann liegt nur noch die rein mathematische Aufgabe vor, eine Funktion zu finden, die diesen Differentialquotienten hat, also eine Aufgabe, deren Charakter in diesem Paragraphen oben genauer besprochen wurde. Ebenso verhält es sich bei sehr vielen Problemen der Naturwissenschaften und der Technik. § 2.

Das Integral.

Handelt es sich darum, das noch unbekannte Gesetz zu ermitteln, das zwischen zwei Veränderlichen x und y besteht, so weiß man zunächst meistens von der gesuchten Funktion y von x, daß sie für e i n e n gewissen bekannten Wert von x auch einen bekannten Wert hat. Handelt es sich z. B. um die Bestimmung des beim freien Falle in x Sekunden zurückgelegten Weges von y Metern, so weiß man, daß für x — 0 auch y = 0 ist. Oder: will man das Gesetz ausfindig machen, nach dem sich ein erhitzter Körper mit der Zeit x allmählich abkühlt, so wird man von einem gewissen bestimmten Anfangszustande des Körpers ausgehen, also annehmen, daß er zur Zeit x = 0 so und so warm sei. Oder: will man die Absorption des Lichtes beim Durchgange durch eine dicke Platte feststellen, so wird man annehmen, daß der eintretende Strahl eine gewisse gegebene Lichtintensität habe, usw. Diese Daten, von denen man in den verschiedenen Fällen ausgeht, nennt man d i e g e g e b e n e n A n f a n g s w e r t e von x u n d y. Man wird zunächst nicht imstande sein, anzugeben, wie groß y für ein beliebiges x ist. Wohl aber wird es oft gelingen, in einem jeden Augenblickszustande festzustellen, um wieviel sich y von da ab ändern 1

Etwas ganz anderes ergibt sich, wenn ein s c h w e r e r homogener Faden a l l e i n aufgehängt wird, also ein Faden, bei dem das Gewicht des Teiles OP nicht proportional der Abszisse x von P , sondern proportional der Länge des Bogens OP des Fadens ist. Dann gebt die sog. K e t t e n l i n i e hervor, die wir später besprechen werden.

§ 2.

Das Integral.

223

wird, wenn sich nunmehr, von diesem Znstande aus, x weiter um eine sehr kleine und schließlich um eine unendlich kleine Größe ändert, weil eben sehr viele Naturerscheinungen erheblich einfachere Verhältnisse darbieten, wenn man sie nur für eine außerordentlich kleine Spanne von Veränderungen ins Auge faßt. Man ist also oft imstande, durch Betrachtungen, die nicht mathematischer Natur sind, das Folgende zu ermitteln: Vorausgesetzt, daß die unabhängige Veränderliche i r g e n d einen Wert x erreicht hat und sich nun um ihr Differential dx weiter ändert, so ändert sich die abhängige Veränderliche um das zugehörige Differential dy, und das Verhältnis dy.dx ist als Funktion von x bekannt. Wir kommen so zu der folgenden rein mathematischen Aufgabe: y sei eine n o c h u n b e k a n n t e F u n k t i o n von x. E s sei a b e r b e k a n n t , daß y für e i n e n gewissen A n f a n g s w e r t a von x einen gewissen A n f a n g s w e r t b h a t , a u ß e r d e m sei b e k a n n t , wie s i c h dy.dx durch x a u s d r ü c k t , d. h. es l i e g e a u ß e r d e m eine F o r m e l vor von der F o r m :

(i)

Ä = /».

Mit a n d e r e n W o r t e n : der D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t von y sei b e k a n n t . W i e d r ü c k t s i c h a l s d a n n y durch x aus? Dies aber ist die G r u n d a u f g a b e der I n t e g r a l r e c h n u n g . Man nennt die gesuchte Funktion y von x ein I n t e g r a l ; die Aufgabe, sie zu finden, bezeichnet man als die Aufgabe, f{x) zu i n t e g r i e r e n . Warum man die gesuchte Funktion ein I n t e g r a l nennt, das soll jetzt durch eine Betrachtung erläutert werden, die zugleich die zu lösende Aufgabe anschaulicher macht. Es wird sich dabei empfehlen, ein bestimmtes einfaches Beispiel ins Auge fassen. Betrachten wir etwa diese Aufgabe: G e s u c h t wird eine F u n k t i o n y von x. E r s t e n s s o l l y = 0 s e i n , wenn x = 3 ist. Z w e i t e n s soll y den D i f f e r e n t i a l quotienten haben: (2) & = Die Forderung (2) kann auch so geschrieben werden: 3)

dy = 0,1 x2

dx.

Sie zeigt, daß, wenn z. B. x den Wert 4 erreicht hat und dann von da aus um unendlich wenig, um dx, zunimmt, alsdann y um 0 , 1 . 1 6 . dx oder 1,6 dar zunimmt. So können wir für jeden Wert

224

Viertes Kapitel:

Grundbegriffe der Integralrechnung.

von x feststellen, um wieviel y wächst, wenn x unendlich wenig von dem angenommenen Werte an weiter wächst. W i r k e n n e n also a l l e k l e i n s t e n T e i l c h e n dy, aus denen s i c h y S c h r i t t für S c h r i t t durch f o r t w ä h r e n d e A d d i t i o n z u s a m m e n s e t z t . Deshalb hat LEIBNIZ (vgl. S. 79) die gesuchte Funktion y die f u n c t i o i n t e g r a l i s , das I n t e g r a l , nämlich den G e s a m t w e r t oder das G a n z e genannt in absichtlichem Gegensatze zu ihren kleinsten Teilchen dy, den D i f f e r e n t i a l e n . Wir können jetzt ein N ä h e r u n g s v e r f a h r e n angeben, das zwar sehr mühselig ist, aber uns doch zu einer besseren Einsicht in die Natur der Aufgabe verhilft: Zuerst ist nach Voraussetzung x — 3 und y = 0. Lassen wir x von 3 an um recht wenig, z. B. um 0,01 zunehmen und fassen wir diese Zunahme als das Differential dx auf, so zeigt (3), daß y um 0,1.3 2 .0,01, also um 0,009 zunimmt. Da y zuerst gleich Null war, haben wir jetzt zwei Wertepaare: y

X

3

0

3,01

0,009

Vom Werte 3,01 an wachse x wieder um 0,01. Wenden wir abermals die Formel (3) an, indem wir also x = 3,01 annehmen und dx durch 0,01 ersetzen, so ergibt sich als Zuwachs von y der Wert 0,1.3,01*. 0,01 oder 0,0090601. Daher haben wir das dritte Wertepaar erreicht: »

J

y

3.02

|

0,0180601

Von diesem Zustande aus wachse x abermals um 0,01. Die Formel (3) gibt jetzt ebenso wie vorher angewandt als Zuwachs von y den Wert 0,1.3,02 2 .0,01 oder 0,0091204, so daß das vierte Wertepaar hervorgeht: »

|

y

3.03

j

0,0271805

So können wir ohne Ende fortfahren. Während x Schritt für Schritt um d i e s e l b e Größe 0,01 wächst, ist die Zunahme von y Schritt für Schritt anders, nämlich zuerst 0,009, dann 0,0090601,

225

§ 2. Das Integral.

dann 0 . 0 0 9 1 2 0 4 usw. Dies hat seinen Grund darin, daß in (3) rechts die Größe x auftritt, die von Schritt zu Schritt einen anderen W e r t hat, nämlich zuerst 3, dann 3,01, dann 3,02, dann 3,03 usw. Dies Verfahren ist nur a n g e n ä h e r t richtig; streng wäre es nur dann, wenn der jeweilige Zuwachs von x nicht 0,01, sondern unendlich klein würde. Es häuft sich infolgedessen Fehler auf Fehler. Diese Fehler lassen sich allerdings verringern, wenn man viel kleinere Schritte macht, z. B. x immer um 0,000001 wachsen läßt. Aber dann kommt man noch viel langsamer vorwärts. Immerhin können wir uns eine Vorstellung davon machen, wie das y, das irgend einem Werte x entspricht, als S u m m e a l l e r d e r j e n i g e n u n e n d l i c h k l e i n e n Z u n a h m e n dy hervorgeht, die y Schritt für Schritt vom Werte Null an erfährt, wenn die unabhängige Veränderliche vom Werte 3 an bis x wächst. Diese Vorstellung führt uns zu der für die Integrale gebräuchlichen Bezeichnung: Eine Summe nämlich, die aus vielen Gliedern besteht, die nach einem gewissen Gesetze aufeinander folgen, schreibt man am bequemsten so, daß man nur ein allgemeines Glied der Summe angibt, davor das Zeichen S ( = Summe) setzt und sonst noch genügende Angaben macht, aus denen herauszulesen ist, was gemeint ist. Man kann z. B. die Summe so schreiben:

lJ_l_Lll _ L l j 1 1 I 2 ~ 3 ~ ' • • T (19 ' 10 0 100

i auch wird man sofort wissen, was der Ausdruck 10 S

«

3

4

bedeutet, nämlich die Summe der n 2 , gebildet für alle Werte n = 4, 5, . . . 10, also 4 2 + 5 2 + . . . + 10 2 . Ahnlich verfahren wir nun, um das Integral y auszudrücken. Hier handelt es sich aber um eine S u m m e v o n n a c h N u l l s t r e b e n d e n G r ö ß e n , deren Anzahl über jede Zahl wächst, und solche Summen bezeichnet man mit einem langgezogenen Summenzeichen, dem I n t e g r a l z e i c h e n f . E s verhält sich hier ähnlich wie beim Differential d x und der Differenz Ax. (Vgl. S. 78.) Wir schreiben also nach (3) so: X

(4)

y = Jo,l SCHEFFERS, Mathematik. 2. Aufl.

x"-dx. 15

226

Viertes Kapitel:

Cfrundbegriffe der Integralrechnung.

Diese Formel soll besagen: y i s t die S u m m e a l l e r n a c h N u l l s t r e b e n d e n Zun a h m e n dy, die die W e r t e 0,1 x* dx h a b e n , w o b e i j e d o c h in d i e s e m a l l g e m e i n e n A u s d r u c k e des S u m m a n d e n die Größe x n a c h und nach die W e r t e 3, 3 + dx, 3 + 2 dx, 3 + h a b e n s o l l , bis d i e u n a b h ä n g i g e V e r ä n d e r l i c h e irgend einen beliebig angenommenen allgemeinen Wert x erreicht. G e l e s e n wird die Formel (4) so: y i s t das I n t e g r a l über 0,1 xtdx von 3 bis x. Übersetzt man sich die Worte: „Integral über" mit „Gesamtheit aller", so ist diese Redeweise völlig verständlich. Aber die F o r m e l (4) ist nicht die L ö s u n g der g e s t e l l t e n A u f g a b e , s o n d e r n nur eine a n d e r e f o r m a l e A u s d r u c k s w e i s e der noch zu l ö s e n d e n Aufgabe. — Wir haben es, wie der Leser sieht, gar nicht eilig mit der Lösung der Aufgabe; die wird sich nachher sehr einfach ergeben. Vorläufig ist es uns viel wichtiger, den Anfänger mit dem Wesen der Aufgabe und der gebräuchlichen eigentümlichen Darstellung (4) vertraut zu machen. Und dies wird uns noch besser gelingen, wenn wir nunmehr daran gehen, dem Summenbegriffe (4) e i n e g r a p h i s c h e B e d e u t u n g beizulegen. Die Formel (3) lautete: dy

= 0,1 x2 dx;

sie gibt den jeweiligen Zuwachs von y als P r o d u k t von dx und 0,1 x'2 an. Dabei ist dx der wie vorhin immer gleich groß angenommene, aber nach Null strebende Zuwachs von x. In 0,1 x2 dagegen ist für x der jeweils schon erreichte Wert der unabhängigen Veränderlichen zu setzen, von dem aus sie alsdann beim nächsten Schritte wieder um dx bis zum folgenden Werte x + dx zunimmt. Jenes Produkt aus dx und 0,1 x2 denken wir uns nun graphisch durch die F l ä c h e e i n e s R e c h t e c k e s dargestellt, dessen Seiten die Längen dx und 0,1 x2 haben. Dies geschieht so: Wir nehmen eine Abszissenachse an, siehe Fig. 146, und errichten als Ordinaten die jeweiligen Werte von 0,1 x2. Da wir mit y die gesuchte, noch unbekannte Funktion, das Integral, bezeichnet haben, m ü s s e n wir die O r d i n a t e n zur V e r m e i d u n g von V e r w e c h s e l u n g e n a n d e r s b e z e i c h n e n , etwa mit z. Wir benutzen also ein ¿-z-Koordinatensystem. Zu einer beliebigen Abszisse OQ = x gehört dann eine Ordinate Q P = z = 0,1 x2. Wir gelangen so zu

§ 2.

Das

221

Integral.

einer K u r v e , die wir bei der Abszisse x = 3, dem Anfangswerte von x, beginnen. Hier ist z = 0,1 .9. Dazu gehört die Stelle B0 unserer Figur mit der Abszisse 0 A0 = 3. Die Kurve B0 P ist als Bildkurve der quadratischen Funktion 0,1 x 2 eine Parabel. Doch ist dies für unsere Betrachtung ziemlich Ä gleichgültig. Die Ordinaten z stellen allgemein den einen Faktor 0,1 x2 des

Produktes

0 , 1 x2.dx

dar.

Der

j ß A

andere Faktor d x ist als unendlich Jl kleiner Zuwachs von x eine unendlich O 4 > ,Q kurze Strecke der Abszissenachse. Statt ihrer nehmen wir eine kurze Fig. 146. Strecke A0 = A1 A2 = A2 A3 = . . . für das Differential d x an, so daß sich die Figur nur auf jene oben gegebene a n g e n ä h e r t e Behandlung der Aufgabe bezieht. J e t z t liegt die Sache so: Faktor 0,1 x2 des Produktes dy



Zuerst

0,1

x2

ist x = 3,

also der eine

dx

die Ordinate A0B0, der andere Faktor dx dagegen wird durch die kleine Strecke A0 A l dargestellt. Das erste Produkt ist daher die Fläche des aus A0 A1 und A0 B0 zu vervollständigenden Rechteckes. Nunmehr ist x von 3 oder OA0 bis zum Werte 3 dx oder O At gewachsen. Die Ordinate Al ßx stellt jetzt wieder den zugehörigen Wert 0,1.x 2 dar, also den ersten F a k t o r des zweiten Produktes, während der zweite F a k t o r wieder d x , d. h. die kleine Strecke AiA2( = A0A1) ist. Das zweite Produkt ist demnach der Inhalt des aus Ax A2 und Ax Bl zu vervollständigenden Rechteckes. Alsdann ist x bis zum Werte 3 + 2 dx oder O A2 gewachsen. Jetzt ist also 0,1 x2 oder 0,1. OA2 die Ordinate A2JB2 und dx gleich A2A3,

daher

hat

d a s a u s A2 As

und

A2B2

zu

vervollständigende

Rechteck als Inhalt den dritten Summanden jener Summe von Zunahmen dy, aus denen das gesuchte y gebildet ist, usw. Hierbei ist noch anzumerken: Wenn wir die z-Einheit gleich der x-Einheit wählen, wie es in Fig. 146 geschehen ist, gilt als die Flächeneinheit, mit der die Rechteckinhalte zu messen sind, das Quadrat über dieser Längeneinheit. Gehen wir so Schritt für Schritt weiter, bis die unabhängige Veränderliche x irgend einen Wert OQ erreicht hat, so i s t d i e g e s u c h t e F u n k t i o n y die S u m m e der I n h a l t e a l l e r j e n e r 15*

228

Viertes Kapitel:

Grundbegriffe

der

Integralrechnung.

n a c h e i n a n d e r zu k o n s t r u i e r e n d e n R e c h t e c k e . E x a k t wird diese Figur 146, wenn die Strecke A0 A1(= A1 A2 = A2 A3 = . . .) nach Null strebt. Das läßt sich aber nicht zeichnen. Die Punkte B0, £lt B2, B3 . . . sind die Stufeneckpunkte einer Art von T r e p p e , die unterhalb der Bildkurve der Funktion z = 0,l x 2 hinläuft. Alle Stufen sind gleichbreit, nämlich gleich der Strecke dx. Dagegen sind die Stufen verschieden hoch, weil die Bildkurve verschieden stark ansteigt. A b e r auch die S t u f e n h ö h e n werden u n e n d l i c h klein. Denn wir haben uns vorzustellen, daß die Ordinaten A0 B0, AlB1, A2B2 . . . unendlich dicht aufeinander folgen; daher ist jede folgende nur unendlich wenig von der vorhergehenden verschieden, weil ja 0,1 x2 als quadratische Funktion s t e t i g ist. Mittlerweile wird der Leser selbst schon zu einer Vermutung darüber gelangt sein, was durch die Summe y der Inhalte aller jener unendlich schmalen Rechtecke dargestellt wird, nämlich die F l ä c h e , die einerseits von der Abszissenachse, andererseits von der K u r v e B0P und rechts und links von den Ordinaten A0B0 und QP umgrenzt wird. In unserer Figur 146 freilich ist diese Fläche doch noch erheblich größer als die Summe der Rechtecke, da ja zwischen der Treppe und der Kurve noch lauter kleine Dreiecke liegen. Wenn man sich aber vorstellt, daß die Ordinaten A0 B0, AXBX, A2B2. . . unendlich nahe aufeinander folgen, kann man beweisen, daß die Summe der Inhalte dieser Dreiecke nach Null strebt. Dies geschieht so: In Fig. 147 haben wir Fig. 146 wiederholt und außerdem noch o b e r h a l b der Bildkurve eine zweite Treppe mit denselben ff£T Stufenbreiten eingezeichnet, deren

4A ^

j