Lean Management in der Pflege: QM-Pflege 4.0 [1. Aufl.] 978-3-658-20300-9;978-3-658-20301-6

Das Buch beschreibt QM-Pflege 4.0 als ein innovatives, schlankes und aktives System, das Antworten auf Strukturfragen gr

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German Pages X, 250 [254] Year 2019

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Lean Management in der Pflege: QM-Pflege 4.0 [1. Aufl.]
 978-3-658-20300-9;978-3-658-20301-6

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-X
Geleitwort von Siegfried Loewenguth (David Thiele)....Pages 1-6
Einleitung (David Thiele)....Pages 7-16
Potenziale in der Pflege (David Thiele)....Pages 17-29
Theoretische Grundlagen (David Thiele)....Pages 31-32
Begriffe im Bereich der Pflege 4.0 (David Thiele)....Pages 33-35
Qualitätsmanagement (David Thiele)....Pages 37-50
Das Lean Management – schlank ist in (David Thiele)....Pages 51-167
QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie (David Thiele)....Pages 169-200
QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt – Eine kleine Projektbeschreibung (David Thiele)....Pages 201-229
Marketing 2.0 (David Thiele)....Pages 231-236
Schlusswort (David Thiele)....Pages 237-245
Back Matter ....Pages 247-250

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David Thiele

Lean Management in der Pflege QM-Pflege 4.0

Lean Management in der Pflege

David Thiele

Lean Management in der Pflege QM-Pflege 4.0

David Thiele ThieleBeratung Nordkirchen, Deutschland

ISBN 978-3-658-20300-9 ISBN 978-3-658-20301-6  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Inhalt

Danksagung 

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IX

Geleitwort von Siegfried Loewenguth  . . . . . . . . . . . . . . . . 

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2 Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 

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Potenziale in der Pflege  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 

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Theoretische Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 

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Begriffe im Bereich der Pflege 4.0  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 

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6 Qualitätsmanagement  . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Die evolutionären Stufen der Zusammenarbeit  6.2 Qualitätsverbesserungen . . . . . . . . . . . 6.3 KVP  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 PDCA  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Vom Wissenstransfer zur Wissenszirkulation als Schlüssel zum Erfolg  . . . . . . . . . . . 7

Das Lean Management – schlank ist in  . . . . . . 7.1 Geschichte des Lean Managements  . . . . . 7.2 Lean Management in der Pflege  . . . . . . 7.3 SMART . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Unternehmensziele SMART definieren   . . . 7.5 Identifizieren und Verbessern aller Prozesse 

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37 37 38 39 43

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46

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51 51 52 59 62 67 V

VI Inhalt

7.6

Optimierung anfallender Notwendigkeiten – Gesetze, Verordnungen, MDK etc.  . . . . . . . . . . . . 7.7 Prozessoptimierung an der Basis  . . . . . . . . . . . . 7.8 Kosten von schlechter Qualität – COPQ  . . . . . . . . . 7.9 Die drei Feinde des Lean Managements  . . . . . . . . 7.10 VUCA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.11 Von der Verschwendung zur Wertschöpfung  . . . . . . 7.12 Lean-Verbesserungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.13 Arbeitsinstrumente in die Pflege implementieren – A3-PLP, Kanban etc.   . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.14 Lean Thinking  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.15 Gemba in der Pflege  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.16 Digitalisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.17 Einheitliche Handlungsmuster entwickeln – 5A etc.  . . . 7.18 Ishikawa-Diagramm, auch Ursache-Wirkungs-Diagramm  7.19 Brainstorming  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.20 FMEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.21 Agilität in der Pflege  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.22 Arbeiten in Netzwerken  . . . . . . . . . . . . . . . . 7.23 Konzentration auf das Wesentliche  . . . . . . . . . . . 7.24 Empowerment: die Lösung für Unternehmen  . . . . . . 7.25 Cross-Corporate Happiness – Leitstrahl für ein neues Management   . . . . . . . . . . 7.26 Intrinsische Motivation – Neue Denk- und Handlungsprozesse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.27 Achtsamkeit – Führungsinstrument der Zukunft  . . . . 7.28 Change-Management – Chance und Grundhaltung  . . 7.29 Homo Oeconomicus vs. ganzheitliches Menschenbild  .

8

QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie  . . . . . . . . . . . . 8.1 Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Top-down-/Bottom-up-Implementierungsstrategie  . . 8.3 Lean-Verbesserung mit PDCA in der Pflege  . . . . . . 8.4 Verschwendungsminimierung in der Pflege  . . . . . 8.5 Just-in-Time  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Kanban in der Pflege  . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Management by Objectives (MbO) – Führen zu Zielvereinbarungen  . . . . . . . . . . . . 8.8 Digitalisierung und seine praktischen Potenziale  . . .

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68 70 74 77 79 84 85

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86 87 87 96 97 105 107 108 109 111 115 118

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134 154 162 163

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169 182 185 190 192 193

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Inhalt VII

9

QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt – Eine kleine Projektbeschreibung  . . . . . . . . . . 9.1 Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive  9.2 Befähigungsschulungen als Weg zum Erfolg  . . 9.3 5A-Workshop analog/digital  . . . . . . . . . .

10 Marketing 2.0  11 Schlusswort 

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201 204 214 225

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Literaturverzeichnis 

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Der Autor  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  245 Register  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  247

Danksagung

„Der Undank ist immer eine Art Schwäche. Ich habe nie gesehen, dass tüchtige Menschen undankbar gewesen wären.“ Johann Wolfgang von Goethe Für Anna ! © Die größte Herausforderung meines Lebens ! Ich habe Dich lieb ! In diesem Sinne möchte ich mich von ganzem Herzen bei all denen bedanken, die es mir wieder einmal ermöglicht haben, dieses, mein drittes, Buch zu schreiben. Am wichtigsten ist da meine Familie ! Sie gab und gibt mir die Kraft, das alles noch neben meiner Tätigkeit als Unternehmensberater zu schaffen ! Meinem Freund und zugleich unserem Sohn Christoph möchte ich besonderen Dank aussprechen. Seine unermüdlichen Ideen und seine Diskussionsfreude waren für mich ein steter Quell der Inspiration ! Danke für alles, lieber Christoph ! Danke, meine liebe Frau Sylvana ! Deine Leistung ist eine viel Höhere als die meine. Den Rücken freizuhalten, ist so viel mehr wert als das Schreiben an sich ! Hab Dank dafür ! Herrn Siegfried Loewenguth, der mit einer unendlichen Geduld dieses Buch begleitet hat, es mit seinem Wissen und Erfahrungen wesentlich beeinflusste, ist mit Worten nicht zu danken ! Als mein „Mentor“ verdanke ich ihm mehr, als er zugeben möchte ! Danke für alles ! Ganz herzlich möchte ich meinem hochgeschätzten Kollegen Andreas Vossen danken, der in vielen Gesprächen und Diskussionen mich immer wieder neu zum Denken angeregt hat. Seine Erfahrung im Umgang mit Mitarbeitern und seine Weitsicht sind bereichernd ! IX

X Danksagung

Herrn Jan Wandschneider von Wandschneider-Kommunikation danke ich für seine kreativen Ideen zur Titelfindung ! Dank auch allen Menschen, die einfach nur zugehört haben, sowie den Menschen, die mir geholfen haben, dieses Buch zu denken und zu fühlen. Danke meinen Geschäftspartnern, die mir die Gelegenheit gegeben haben, Dinge auszuprobieren.

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Geleitwort von Siegfried Loewenguth

Abbildung 1.1  Siegfried Loewenguth©

Wer sich unter den aktuellen und sich abzeichnenden wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gegebenheiten in der Bundesrepublik Deutschland mit zukunftsweisenden Strukturen und Organisationsformen im Gesundheitswesen beschäftigt, kommt um eine Betrachtung der teils erheblichen Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf diese Strukturen und Organisationsformen nicht herum. Folgt man der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015 (Statistisches Bundesamt (Destatis), 2015), ergibt sich, wie in Abbildung 2 dargestellt, unter der Annahme einer leichteren Zuwanderung, ein Schrumpfen der Bevölkerung auf 83 % des heutigen Standes. Gleichzeitig erhöht sich der Anteil der über 65-jährigen Bevölkerung von heute ca. 32 % auf ca. 42 %. Der Anteil der Bevölkerung zwischen 20 und 65 Jahren und damit das Potenzial für Erwerbstätige sinkt von ca. 52 % auf ca. 44 %. Erkennbar gilt, dass gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufgaben künftig von immer weniger und zunehmend immer älteren Menschen übernommen und © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_1

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Geleitwort von Siegfried Loewenguth

Abbildung 1.2  Destatis 2015©

bewältigt werden müssen. Dies betrifft uneingeschränkt auch alle Organisationsformen, die sich in unserer Gesellschaft haupt- oder ehrenamtlich, ob mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht, um pflege- und betreuungsbedürftige1 Seniorinnen und Senioren kümmern und die auf kompetente, motivierte und leistungsfähige Pflege- und Betreuungskräfte angewiesen sein werden. Neben der absoluten Erhöhung des Bevölkerungsanteils über 65 Jahre ist entsprechend der Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes weiter davon auszugehen, dass sich auch der Anteil der hochaltrigen Bevölkerung überproportional zu den anderen Altersgruppen über 65 Jahren erhöhen wird. Geht man weiter davon aus, dass sich mit zunehmend höherem Alter auch der Pflegegrad der dann tatsächlich pflegebedürftig werdenden Menschen erhöhen wird und dies in Folge zu einem entsprechend höheren Bedarf an qualifizierten Pflegekräften führen wird, erhält die zuvor getroffene Feststellung des geringer werdenden Arbeitskräftepotenzials eine besondere Brisanz. Bereits unter den heute geltenden Rahmenparametern kann vielerorts der Bedarf an qualifizierten Fachkräften für ambulante und stationäre Pflege kaum gedeckt werden. Ohne ge-

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Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen (§ 14 Absatz 1 SGB XI). Betreuungsbedürftig im Sinne des § 1896 BGB sind volljährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können.

Geleitwort von Siegfried Loewenguth 3

Abbildung 1.3  Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen 2014 – ​2060, Destatis Stand: 26. 01. ​2017©

eignete Maßnahmen in allen Bereichen der Versorgung pflegebedürftiger Menschen wird sich dieser Zustand weiter verschärfen. Der vielfach schon heute zitierte „Pflegenotstand“ wird weiter eskalieren. Bei der Betrachtung der künftigen Anforderungen älterer Menschen müssen jedoch nicht nur die Auswirkungen der zunehmenden Hochaltrigkeit, sondern auch die der in den letzten Jahren zunehmenden Zahl an in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden. Sprachbarrieren, kulturelle und religiöse Gewohnheiten führen zwangsläufig zu Nachteilen oder sogar Ausgrenzungen, wenn nicht rechtzeitig Lösungsansätze für diese Besonderheiten entwickelt werden. Bei der Entwicklung von Lösun-

Abbildung 1.4  Destatis© Bevölkerung nach Migrationshintergrund 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0%

0–5

10–15

20–25

30–35

40–45

Personen ohne Migrationshintergrund

50–55

(Stand: 2016)

55–60

70–75

80–85

90–95

Personen mit Migrationshintergrund

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Geleitwort von Siegfried Loewenguth

gen ist es nicht wirklich hilfreich, von Integration zu reden oder sie lediglich mit guten Argumenten zu fordern, wo sich bereits, gleich aus welchem Grund, Strukturen, z. B. durch die Konzentration von Bürgern mit Migrationshintergrund in bestimmten Regionen oder Stadtteilen, gebildet haben. Bereits heute haben sich vereinzelt landsmannschaftlich organisierte Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege etabliert. Folgt man den Hochrechnungen der Bundesrepublik Deutschland auch in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund, wird sich der Anteil dieses Personenkreises und somit auch die Zahl der landsmannschaftlich organisierten Einrichtungen langfristig deutlich erhöhen. Dies wiederum führt zu einem Bedarf an Pflegekräften mit speziellem, z. B. sprachlichem Profil, die damit für die Deckung des allgemeinen Bedarfs an qualifizierten Pflegekräften dem allgemeinen Angebotsmarkt entzogen werden. Schließlich ist als weiterer Aspekt des demografischen Wandels in der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften für die Betreuung und Pflege älterer Menschen die zunehmende Konzentration der Bevölkerung auf Ballungsgebiete von herausragender Bedeutung. Diese Wanderungen von ländlichen Regionen bzw. von Regionen mit schwacher wirtschaftlicher Infrastruktur in die Ballungsgebiete werden überwiegend von jungen Menschen vorgenommen, da hier in der Regel ein vielfältigeres Angebot an Arbeitsplätzen, an Bildungseinrichtungen sowie Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und so mit einer höheren Lebensqualität angeboten wird. Nicht allein dadurch, sondern auch durch die Tatsache, dass diese jungen Menschen Familien ausgründen und damit Kinder großziehen, werden sich diese Ballungsgebiete künftig erheblich verjüngen, die ländlichen Räume dagegen schneller „altern“ und entvölkert werden. Der Wegzug junger Menschen bei gleichzeitigem Verbleib älterer Menschen hat damit die doppelte Wirkung eines fehlenden Arbeitskräftepotenzials bei gleichzeitig zunehmender Zahl pflegebedürftiger Menschen und damit einem steigenden Bedarf an entsprechenden Einrichtungen. Bevölkerungsrückgang und gleichzeitige „Vergreisung“ sind aber auch unmittelbar dafür verantwortlich, dass „die einwohnerbezogenen Finanzzuweisungen und Einnahmen der Kommunen und Landkreise sinken“ (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2018). Dies wiederum bedingt erhebliche Probleme z. B. bei der Finanzierung bzw. dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder der Einkaufsmöglichkeiten mit wiederum entsprechenden Folgen für die Attraktivität dieser Regionen für junge Menschen. Alle bisher genannten Faktoren mit ihren unmittelbaren und mittelbaren Folgen insbesondere hinsichtlich der erforderlichen und verfügbaren Arbeitskräfte werden seit geraumer Zeit diskutiert. Festzustellen ist, dass sich die demografische Entwicklung eben nicht nur in Bezug auf die Deckung des Bedarfs an Pflege- und Betreuungskräften für die Altenhilfe negativ auswirkt. Es wird das zentrale künf­

Geleitwort von Siegfried Loewenguth 5

tige Problem für alle Sektoren des Gesundheitswesens in Deutschland, die damit in unmittelbarer Konkurrenz zueinanderstehen. Hier gilt es, die vorhandenen Schnittstellen der Sektoren in synergetischer Art und Weise auszugestalten, um zumindest durch optimierte organisatorische Maßnahmen unnötige Prozessschritte zwischen diesen Sektoren und somit unnötigem Zeitaufwand in Form von Personaleinsatz vermeiden zu können. Wesentliche gesellschaftliche Aufgabe muss es sein, in proaktiver (und nicht wie bisher geübt, in reaktiver) Weise die tatsächlichen Anforderungen älterer, pflege­bedürftiger Menschen in unserer Gesellschaft zu ermitteln, zu beschreiben und letztendlich ein den Anforderungen entsprechend differenziertes Angebot an Betreuungs- und Pflegeleistungen zu definieren. Dies muss konsequenterweise in ebenso differenzierte Berufsbilder führen, um so die vorhandenen, knapper werdenden menschlichen Ressourcen optimal und entsprechend ihres Alters sowie ihrer Leistungsfähigkeit einsetzen zu können. Alle im Bereich des Gesundheitswesens tätigen Träger und Einrichtungen sind aufgefordert, Strukturen und Prozesse so zu gestalten, dass vor allem bei der wertvollsten einzusetzenden Ressource, der menschlichen Arbeitskraft, der Wertschöpfungsanteil einer jeden Berufsgruppe auf ein optimales Niveau geführt werden kann. Im Verständnis vieler Führungskräfte von Einrichtungen des Gesundheitswesens wird regelmäßig und in einseitiger Art und Weise der Begriff der „Kernaufgabe“ von der Einrichtung als Organisation („institutioneller Begriff“ der Organisation), in der Altenhilfe die der Pflege und Betreuung alter Menschen, auf eine einzige Berufsgruppe, die der Pflegekräfte, übertragen. Die Erfüllung der Kernaufgaben einer Altenhilfeeinrichtung wird jedoch durch das Zusammenwirken aller in der Einrichtung tätigen Berufsgruppen bestimmt, die ihrerseits jeweils in ihrem Berufsfeld Kernaufgaben zu erfüllen haben. Eine optimierte und auch betriebswirtschaftlich sinnvolle Ausgestaltung einer Einrichtung als Organisation setzt selbstredend voraus, dass eben diese Kernaufgaben bekannt und eindeutig definiert sind. Weiterhin sind alle Aufgaben und Prozesse zu identifizieren, die zu einer Minderung dieser „Wertschöpfungszeit“ führen und die auf andere Berufsgruppen übertragen bzw. durch Einsatz technischer Hilfsmittel optimiert werden können. Ungeachtet der immer vielfältigeren und ausgereifteren Möglichkeiten des Einsatzes von Robotern als Unterstützung von Pflege- und Betreuungskräften, können auf der Ebene der Betriebsorganisation, d. h. der Optimierung, Ausgestaltung und täglichen Umsetzung von Prozessen und Aufgaben in vielfältiger Weise digitale Mittel zur Unterstützung im Bereich der Altenhilfe herangezogen werden. Allerdings bleibt jedes digitale System in seiner Wirkung beschränkt, wenn die Kompetenz zur Ausschöpfung des tatsächlichen Leistungsumfangs eines Hilfsmittels fehlt, wenn die Bedienung von Hardware und Software unangemessen kom-

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Geleitwort von Siegfried Loewenguth

plex oder kompliziert ist oder wenn die eingesetzten Mittel am tatsächlichen Bedarf vorbeigeplant und beschafft werden. Ein digitales System kann einen optimalen Prozess nicht generieren, es kann ihn lediglich unterstützen und als Hilfsmittel zu deren Einhaltung herangezogen werden. Voraussetzung ist und bleibt daher das Wissen um alle für die in Einrichtungen der Altenhilfe geforderten und erforderlichen Aufgaben und der für die Umsetzung dieser Aufgaben geeigneten und optimal ausgestalteten Prozesse. Voraussetzung ist aber auch die Fähigkeit von Verantwortlichen und Führungskräften im Bereich der Altenhilfe, die dort tätigen Menschen in angemessener Weise einzu­ setzen, zu entwickeln, zu fördern, zu fordern, d. h. konkret zu führen. Führungskräfte müssen geeignete Instrumente kennen und einsetzen, die bei der Definition und Umsetzung, aber auch bei der bedarfsgerechten Anpassung erforderlicher Prozesse helfen können. Das vorliegende Buch soll insbesondere dazu beitragen, das Bewusstsein für das Erfordernis von Prozessoptimierungen zu wecken und durch konkrete Hinweise und die Darstellung geeigneter Prozesse Führungskräften in Einrichtungen der Altenhilfe eine Hilfestellung zu geben. Ein organisierter Prozess, der regelmäßig hinterfragt und angepasst wird und der vor allem auf die Vermeidung der Verschwendung von Wertschöpfungszeit aller Berufsgruppen ausgelegt ist, kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das zuvor dargestellte Problem des Arbeitskräftemangels zumindest zu mildern. Literaturverzeichnis Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. (2018). Demografieportal des Bundes und der Länder. Abgerufen am 26. August 2018 von https://www.demografie-portal. de/SharedDocs/Informieren/DE/ZahlenFakten/Bevoelkerungswachstum_Gemeinden.html Statistisches Bundesamt (Destatis). (2015). Bevölkerung Deutschlands bis 2060, Ergebnisse der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung – Tabellenband. Statistisches Bundesamt (Destatis). (2017). Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus – Fachserie 1 Reihe 2.2.

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Einleitung

„Jede Herausforderung, die dir im Leben begegnet, ist eine Weggabelung. Du hast die Wahl, in welche Richtung du gehen willst – nach vorn, nach hinten, Zusammenbruch oder Durchbruch.“ (Ifeamyi Enoch Onuoha) Hinweis   In diesem Buch werden Mitarbeiter zu Partnern. Die Geschlechter werden in neutraler Form (Partner bzw. Mitarbeiter) gewürdigt. Die Menschen in Ihren Unternehmen sollen ja schließlich nicht nur „mit“arbeiten, sondern aktive Partner des Geschehens sein ! Eigenverantwortliche Persönlichkeiten, die bereit sind, Aufgaben im Team zu lösen.

Überall und an jeder Ecke wird ein neues Zeitalter ausgerufen. Das Zeitalter der Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Pflege 4.0 der modernen Qualitätsmanagementsysteme, neuer Technologien, sauberer und nachhaltiger Lebens- und Wirtschaftsweisen. Dabei merken sehr viele Menschen sehr deutlich und bewusst, dass bei den meisten Trends, Strömungen und Systemen irgendetwas nicht richtig läuft. Dass der wirkliche Wille, etwas zu bewegen, etwas zu verändern, nicht so vorherrscht, wie es für das Ziel, einen zufriedenen Kunden, angemessen wäre. Somit bleibt es beim „Handeln mit Bauchgefühl“ aber auch sehr viel Aktionismus. Trotz vielversprechender Vorgehensweisen bedarf es der fundierten Aufarbeitung dieses Themas in der Pflege allgemein und der Sozialwirtschaft im speziellen, da die Begriff‌lichkeit Pflege 4.0 für die meisten Profis so nicht tiefgreifend fassbar ist. Lassen Sie uns in diesem Buch gemeinsam den Bogen spannen, den Bogen der kleinen Veränderungen und Verbesserungen ganz praktisch auf den Wohnbereichen, Stationen und beim Kunden zu Hause bis zu einer neuen Unternehmens-, Führungs- und Mitarbeiterkultur. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_2

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8 Einleitung

Lassen Sie uns vor allem in diesem Buch zunächst den Anfang machen, den ersten Schritt, die Thematik der Veränderung, des Change-Managements tiefgreifend in Unternehmen anzupacken. Ich sprach vom Spannen eines Bogens, mehr kann es nicht sein, weniger aber auch nicht. Am Ende haben wir alle eine Ahnung von der Aufgabe und dem Weg, den wir gehen müssen, hier werden noch viele Überlegungen, Versuche und Fehlversuche stattfinden, die dann, so hoffe ich, auch allen mitgeteilt werden, vielleicht in Form weiterer Publikationen. Vielschichtig und umfangreich sind die Managementansätze, die heute bereits Lösungsansätze für Ihr Unternehmen anbieten: ■■ Empowerment, ■■ Integral-evolutionäre Organisation, ■■ Heterarchie1 (es gibt keine Vorgesetzten und keine nachgeordneten Instanzen in einem Unternehmen, sie stehen gleichberechtigt nebeneinander). Alle neuen Systeme und Konzepte versprechen dem Unternehmer, wirkliche Veränderungen herbeiführen zu können, die durch Kennzahlen nachhaltig dargestellt werden können und auch sollten. Veränderungen werden in Projekte verpackt, die zeitlich durch ein Team abgearbeitet werden. Erfolgreiche Projekte sollten zwingend am Ende dazu führen, dass Menschen mehr Zeit für die wesentlichen Dinge des Lebens und Arbeitens bekommen. Unserer Erfahrung nach geht es aber oft eher um Rationalisierung und Optimierung mit dem Ziel einer Kostenreduktion. Das ist nicht Lean ! Das ist nicht Pflege 4.0 ! Ein – allerdings wesentliches – Ziel von Pflege 4.0 ist es, mit den vorgegebenen Ressourcen besser und zielführender arbeiten und wirtschaften zu können. Mehr Zeit für die Kernprozesse (Dienstleistung am Kunden) zu haben und mit schlankem administrativem Aufwand alles andere (Hilfsprozesse) bewältigen zu können. Überbordende Verwaltung gehört der Vergangenheit an. Nicht zuletzt geht es darum, Lebensräume zu schaffen. Für die Partner und die Kunden ! In diesem Buch werden wir uns eingehend mit den Prozessen in Ihrem Unternehmen auseinandersetzen. Pflege 4.0 soll dabei lediglich der Oberbegriff, systemtheoretisch ein Gesamtsystem, sein. Als Subsystem und damit Teilziel steht im Mittelpunkt dieses Buches der Begriff Qualitätsmanagement-Pflege 4.0. Ziel dieses Subsystems ist nicht die Kontrolle der Prozesse durch den Unternehmer, sondern das Controlling von Prozessen. Controlling steht für eine ziel- und ergebnisorientierte Steuerung Ihrer Kern- und Hilfsprozesse. Prozesse müssen mit wenigen sinnstiftenden Kennzahlen und durch Reduzierung auf das Wesentliche, also durch Verschlankung, so führ- und steuerbar gemacht werden, dass Ihnen 1

Gegenstück zur Hierarchie.

Einleitung 9

als Prozessowner2 die Möglichkeit gegeben wird, das Unternehmen strategisch zu entwickeln. Falsch definierte und umgesetzte Prozesse verschwenden wertvolle Ressourcen in Zeit und Geld, hervorgerufen z. B. durch ungeeignete Software, überdimensioniertes Reporting, ständige Einweisungen, zielloses Controlling und überflüssige oder überdimensionierte Meetings. Jetzt ist es raus, die Kernbegriff‌lichkeit der Lean Management-Philosophie: „Verschwendung“ bzw. die „Verschwendungsminimierung“. Wobei die Kennzahlensteuerung hier in diesem Buch noch nicht unser Thema sein kann. Im nächsten Buch auf jeden Fall. Erfolgreiche Industrieunternehmen setzen das Wissen und die Erfahrung ihrer Mitarbeiter (Menschen) bei der Entwicklung und Anwendung von Prozessen so geschickt ein, dass ständige kleine VerbesserunAbbildung 2.1  Drei Erfolgsgen eigenverantwortlich und verantwortungsvoll faktoren in der vernetzten von den Mitarbeitern durchgeführt werden, ohne einen Wildwuchs an neuen parallelen Prozessen Sozialwirtschaft; Quelle: Darstellung angelehnt an (Fox, befürchten zu müssen. Dazu kennen die Mitarbei- 2017) S. 30© ter die Unternehmensziele, sprechen im Unternehmen die gleiche Sprache und haben auch die gleiche Vorgehensweise, wenn es um Optimierungen an Prozessen geht. Primäre Zielsetzung von Industrieunternehmen ist es, entweder mit möglichst wenig Mitarbeitern und Ressourcen einen hohen Gewinn zu erwirtschaften oder mit der gleichen Anzahl an Mitarbeitern mehr Zeit für Produktionserweiterungen zu erschließen. Die Parallele in der Sozialwirtschaft liegt eindeutig in der gemeinsam mit den Mitarbeitern vorgenommenen Zielfindung und Zieldefinition, deren Kommunikation sowie dem sich anschließenden gemeinsamen Arbeiten an diesem Ziel. Dabei kann man davon ausgehen, dass der Sprung, den die Sozialwirtschaft im Rahmen der Qualitätsmanagemententwicklung machen muss, einem Quantensprung sehr nahekommt. Steht vielerorts Pflege noch auf dem Entwicklungsstand der Wirtschaft Mitte des 20. Jahrhunderts, irgendwo zwischen (Pflege) 1.0 und 2.0, geht es im 21. Jahrhundert bereits um Pflege 4.0. Die Herausforderung ist es also jetzt, ein bis zwei Stufen zu überspringen und direkt im digitalen Zeitalter von QM-Pflege-4.0 zu landen.

2

Prozesseigner, Prozessverantwortlicher.

10 Einleitung

Eine Frage ist in diesem Zusammenhang klar erkennbar: Was wird unter diesen Bedingungen aus dem Menschen ? Aber eine Antwort ist ebenso klar erkennbar: Wir brauchen nicht weniger Menschen zur Umsetzung der erforderlichen Prozesse, sondern mehr motivierte, mitdenkende und sich selbst reflektierende Mitarbeiter, die damit die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse herbeiführen können und wollen. Schauen wir uns doch für einen Moment einmal die Quote der Menschen an, die die Pflege bzw. die Pflegeberufe verlassen. So liegt entsprechend der Position der Techniker Krankenkasse vom November 2017 die Verweildauer von MitarbeiterInnen/PartnerInnen in der Altenpflege bei ca. 8,4 Jahren und in der Krankenpflege bei ca. 13,7 Jahren. Das ist eindeutig zu wenig. Es ist durchaus davon auszugehen, dass nicht zuletzt auch die Arbeitsbedingungen einen längeren Verbleib nicht rechtfertigen ! Es geht demnach nicht nur darum, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mehr Menschen für die Pflege gewinnt, sondern vor allem darum, wie man die Menschen, die man bereits gewonnen hat, länger in der Pflege hält. Hier sind auch die Auswirkungen auf die sogenannten Opportunitätskosten, denen wir uns in den nachfolgenden Kapiteln widmen werden, zu betrachten. Weit darüber hinaus bedeutet QM-Pflege-4.0 auch, dass Organisationen als hybrider Organismus betrachtet werden sollten. Hybride Organismen im Zeitalter 4.0 haben drei weitere entscheidende Eigenschaften zum Erfolg: (siehe dazu Schaubild oben) 1) Effizienz in der Vielfalt 2) Kontinuierliche Innovation 3) Arbeiten in Netzwerken Klare Antworten bietet in diesem Kontext nur ein System: QM-Pflege-4.0, welches eine funktionale Kombination aus agiler Unternehmensentwicklung mit effizienter Vielfalt, kontinuierlicher Innovation und dem konsequenten Arbeiten in Netzwerkstrukturen bedeutet. Dabei bedient sich QM-Pflege-4.0 den bewährten und ausgereiften Instrumenten und Herangehensweisen des Lean Managements und bildet daraus eine Symbiose aus dynamischer Anpassungsfähigkeit und standardisiertem Vorgehen. Lean Management „richtig angewandt“ führt zu besten Ergebnissen bei der Gestaltung und Optimierung von Prozessen. Leider werden oftmals Programme, die eigentlich das Unternehmen unterstützen sollen, schlecht eingeführt, so dass der Unternehmer den Erfolg gar nicht oder nur kurzfristig ernten kann. In Industrieunternehmen spricht man von „verbrannter Erde“, wenn ein Berater etwas eingeführt hat, was nicht funktioniert. Es wird dann dem Programm die Schuld gegeben und nicht dem Berater, der als meist externer Ideen- und Impulsgeber

Einleitung 11

letztlich nicht für die Umsetzung verantwortlich ist. Denn Lean Management funktioniert „richtig angewandt“ – in nahezu jedem Unternehmen ! Das Lean Management beschäftigt sich mit organisatorischen Verbesserungen in der Form, dass Tätigkeiten innerhalb eines Prozesses, die nicht zum positiven Prozessergebnis beitragen, sog. Verschwendungen, reduziert werden. Dadurch wird nicht zuletzt auch die Prozessgeschwindigkeit erhöht. Das ist in der Industrie genauso wie in der Sozialwirtschaft. Die Frage am Ende ist nur, wie setzt man die dadurch freiwerdende Zeit richtig ein ? Die Einführung von Unternehmensführungs- und Qualitätsmanagementsystemen in Unternehmen führt oftmals zunächst zu Ablehnung und Widerstand bei den Mitarbeitern, die, vor allem bei mangelhafter Kommunikation und Information der Unternehmensführung, Neuem überwiegend skeptisch gegenüberstehen. Die Erfahrung zeigt, dass diese Ablehnung bei Lean Management geringer ist als bei den anderen Systemen, da mit einfachen Mitteln Erfolge erzielt werden können. Die Lernkurve stellt sich verhältnismäßig schnell ein, da die Werkzeuge und Methoden aus dem Lean Management oftmals einfacher zu verstehen sind. Lean Management ist nahe am Prozess. Dort, wo Ihre Mitarbeiter die Leistung erbringen. Direkt beim Kunden, Bewohner, Patienten. Lean Management in seiner modernen, dem 21. Jahrhundert angepassten Art und Weise, der Prozessoptimierung unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten, passt so gut zu den ethisch-moralischen Ansprüchen der Sozialwirtschaft, dass es eine wunderbare Grundlage für neue Denk- und Handlungssystematiken bietet. Systematiken, die dem Qualitätsdenken dienen und zwar aus der Kunden- und Unternehmersicht. QM-Pflege-4.0 kann das leisten. Dieser Ansatz geht in die Tiefe, bis zu dem Mitarbeiter, denn es braucht, um die Herausforderungen der nächsten 50 Jahre in unserem Land, in Europa aber auch in den Schwellenländern des asiatischen Raums bewältigen zu können. Der dramatische demografische Entwicklungsprozess und das Bevölkerungswachstum zwingen uns dazu, heute und in Zukunft weitaus effizientere Wege zu gehen. Bis 2050 werden wir voraussichtlich ca. 4,5 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland haben. Ende 2015 waren es laut dem Statistischen Bundesamt 2,9 Millionen Menschen. Das sind in 2050 gut 50 % mehr pflegebedürftige Menschen. Dagegen sinkt die Anzahl der Menschen im erwerbstätigen Alter. Die Anzahl der Singlehaushalte wächst rapide. Nichts Neues ist es hingegen, dass gut qualifizierte Pflege­ kräfte nur schwer zu bekommen sind. Antworten darauf sind so noch nicht in Sicht. Deshalb beschäftigen sich Unternehmen der Sozialwirtschaft oftmals mit den Thematiken der: ■■ Mitarbeiterbeschaffung, ■■ Qualifizierung,

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■■ Gewinnung, ■■ Motivation. Das ist voll und ganz richtig. Jedoch: Diese Punkte sind nur die halbe Wahrheit, die halbe Notwendigkeit, die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Attraktivität und Effizienz der Arbeit und somit die Kosten der Pflege. Die oben beschriebenen Themen, wie Mitarbeiterbeschaffung, sind nicht nur mit Mühe, sondern auch mit Geld verbunden. Die Herausforderung ist es, viel früher anzusetzen. Viel eher für ein hohes Maß an Professionalität, Akzeptanz und Attraktivität in den Pflegeberufen zu sorgen. Die Probleme nicht nur aufzunehmen, sondern sie fundiert und nachhaltig zu lösen. In der Darstellung unten ist das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Aspekten zu erkennen.

Abbildung 2.2  Attraktivität und Begeisterung für das Berufsbild Pflege; Verfasser© Attraktivität, Effizienz, Kostenoptimierung

Motivation, Qualifikation, Gewinnung, Begeisterung

Der Pflegeberuf, egal ob direkt in der Pflege oder in einer leitenden Position, bringt wenig extrinsische Begeisterungsfaktoren mit sich, die die Attraktivität dieses Berufsbildes steigern könnten. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist oft nur ein Lippenbekenntnis und die planwirtschaftliche Regulierung der Kosten­träger zwingt zu Lohn- und Gehaltsgefügen, die hinter denen anderer Branchen zurückliegen. Das ist bedauerlich und so nicht notwendig. So stehen wir als Gesellschaft vor einem Paradigmenwechsel. Die Sozialwirtschaft kann ein wunderbares Betätigungsfeld sein. Für junge Berufseinsteiger ebenso wie für Quereinsteiger ! Die Einführung von Lean Management führt in Unternehmen dazu, dass die Mitarbeiter sich nicht mehr als kleines Rädchen im Getriebe fühlen, sondern aktiv am Prozesserfolg mitarbeiten können. Das motiviert die Mitarbeiter ungemein. Motivierte Mitarbeiter wiederum führen zu optimierten Prozessen und besten Ergebnissen für das Unternehmen. Damit ist es möglich, die intrinsischen Begeisterungsfaktoren zu wecken und auszubauen.

Einleitung 13

Um diesen zukunftsorientierten Paradigmenwechsel zu realisieren, ist mehr notwendig als die Veränderung von Begriff‌lichkeiten (siehe neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff). So viel mehr, hin zu schlanken und effizienten Prozessen, bei denen die Mitarbeiter die Zeit für die Kunden und deren Wünsche zur Verfügung haben, die sie auch wirklich benötigen. Es ist notwendig, das System Pflege einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen, mit dem Ergebnis, einen Kulturwandel innerhalb der Gesellschaft und vor allem der Unternehmensorganisation anzustoßen und zielführend zu realisieren. QM-Pflege-4.0 ist nicht, wie es den Eindruck macht, die reine Digitalisierung der Pflege, sondern ein Wertewandel hin zum Menschen. QM-Pflege-4.0 steht u. a. auch für einen Change-Management-Prozess, der sich mit den unternehmensinternen Organisationsprozessen beschäftigt. Wie bei allen Prozessen erfolgt die Steuerung von oben nach unten (Top-down) und die operative Ausführung von unten nach oben (Bottom-up). Durch dieses umfängliche Gegenstromprinzip, welches das gesamte Unternehmen durchspült, wird jeder Mitarbeiter angesprochen, mitgenommen und gefordert. Jeder muss sich mit seinen Erfahrungen, seinem Wissen und Engagement einbringen. Meine Erfahrung zeigt, dass es für eine erfolgreiche Einführung und Umsetzung neuer Programme einer Top-down-Zündung bedarf. Diese sogenannte Zündung kann nicht durch eine langsame oder partielle Einführung in Gang gebracht werden, sondern nur durch die „richtige“ und vollständige Einführung. Einmal in Gang gesetzt stellt sich der Prozesserfolg schnell – in Kennzahlen sichtbar – ein. Das QM-Pflege-4.0 wird zum Erfolgsmodell, in dem der Unternehmer weniger Kontrolle und Nacharbeit hat. Möchten Sie der Zukunft gerecht werden, geht es um Dienstleistungszentren, um Hot-Spots der gesundheits- und pflegerischen Versorgung.3 Diese Vernetzung von unterschiedlichen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen bedarf eines übergreifenden und einheitlichen Systems, des miteinander Arbeitens, Lebens und Gestaltens. Den Einstieg in das QM-Pflege-4.0 bekommen Unternehmen durch den fundamentalen Wechsel der Perspektive auf die Prozesssicht, aus Kundensicht. Es geht dabei nicht darum, was der Unternehmer, der Mitarbeiter, der MDK oder die Heimaufsicht möchte, sondern was der Kunde will, welche Bedürfnisse und Anforderungen er an das Unternehmen bzw. den Prozess stellt.

3

Gemeint ist damit, dass der Kunde zukünftig „alles aus einer Hand“ möchte: ein Ansprechpartner, ein Kontakt. Das hilft, die Unübersichtlichkeit des Angebotmarktes transparenter zu gestalten.

14 Einleitung

Man muss das Ziel kennen, bevor man den Weg definiert bzw. optimiert. Die unbedingte Fokussierung auf den Kundenwillen mit dem Ziel, die Qualität und Geschwindigkeit aller Prozesse (Kern- und Hilfsprozesse) auf den Kunden auszurichten, geben dem Change-Management-Prozess seine Bedeutung. D. h. der Unternehmer kann diese Aufgabe nur durch mitdenkende Mitarbeiter erreichen, die die, im Rahmen ihrer Aufgaben, gleiche Sicht auf die Prozesse haben. In Lean-Programmen müssen sich alle Mitarbeiter aktiv in neue Prozesse einlassen. Die Grundlage dazu bilden die zehn Grundprinzipien des Lean Managements. 1) 2) 3) 4)

Ausrichtung aller Tätigkeiten auf den Kunden (Kundenorientierung), Konzentration auf die eigenen Stärken, Optimierung von Geschäftsprozessen, Ständige Verbesserung der Qualität (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, KVP), 5) Interne Kundenorientierung als Leitprinzip, 6) Eigenverantwortung, Empowerment und Teamarbeit, 7) Dezentrale, kundenorientierte Strukturen, 8) Führen ist Service am Mitarbeiter, 9) Offene Informations- und Feedback-Prozesse sowie 10) Einstellungs- und Kulturwandel im Unternehmen (Graf-Götz & Glatz, 2001). Betrachten Sie diese zehn Punkte genauer, stellen Sie sehr schnell fest, dass diese Punkte eines gemeinsam haben: den Prozess bzw. die Prozessoptimierung. Diese zehn Punkte spiegeln aber auch eine tiefgreifende Konzeption wider, die alle wesentlichen Bereiche eines Unternehmens mit deren Aufgaben umfasst. Sie sind auch die Roadmap für die erfolgreiche Einführung des QM-Pflege-4.0. Nicht außer Acht lassen dürfen und werden wir in diesem Werk die drei Feinde des Lean Managements, die zur erfolgreichen Implementierung von QM-Pflege-4.0 unbedingt vermieden werden müssen. Ja, es gibt sie. Es gibt immer Bedrohungen, die ein gutes System in seiner Umsetzung bzw. Realisation gefährden können. Sie lauten: 1) Variabilität, 2) Inflexibilität und 3) Verschwendung. Was genau sich dahinter verbirgt und wie Sie diese erfolgreich bei der Umsetzung von QM-Pflege-4.0 beseitigen können, werden wir in der Folge detailliert beleuchten. Hier dazu nur kurz:

Einleitung 15

Mit der Variabilität meint Lean Management, dass einmal definierte Ziele und Prozesse verbindlich sind. Änderungen sind nur im Team gemeinsam als Justierung zu verstehen und durchzuführen. Die Inflexibilität meint u. a. auch die Unfähigkeit, sich den veränderlichen Marktbedingungen anzupassen. Mit Verschwendung kann all das gemeint sein, was nicht Kundenwille ist. Ein weiteres Grundprinzip des Lean Managements und des Autors ist das der Einfachheit. Prozesse, Lösungen und Ziele müssen einfach sein. Einfache Lösungen werden von den Mitarbeitern verstanden, getragen und aufrechterhalten. Komplexität ist ein weiterer Feind des QM-Pflege-4.0. Das Gesundheits- und Pflege­system ist an sich komplex und auch kompliziert, die Prozesse in diesem sollten hingegen, wie gesagt, einfach sein. Dass die bekannten Qualitätsmanagementsysteme oft nicht optimal oder auch überhaupt nicht richtig funktionieren, liegt nicht an zu wenigen finanziellen Ressourcen, sondern hauptsächlich an mangelnder Kommunikation. Genau hier liegt es, das entscheidende Alleinstellungsmerkmal für QM-Pflege-4.0. Das tiefgreifende Verständnis, dass Qualitätsmanagement kein abstrakter Begriff ist, dass die QM-Handbücher, die Formulare und die Mitarbeiter des QM keine gesonderte Abteilung bzw. Welt sind. Die Realität in den Wohnbereichen, Stationen bzw. Prozessen beim Kunden und zu Hause sieht oft anders aus. Die Flamme der Begeisterung muss mit neuen Denk- und Handlungsansätzen entfacht werden, in einer neuen einheitlichen und gemeinsamen Sprache. Aspekte wie ein schlankes QM-Handbuch, sinnvolle und selbsterklärende Formulare, Mitarbeiter des QM als Dienstleister, optimierte Kern- (also die Pflege selbst) und Hilfsprozesse (z. B. Verwaltung) sowie Verbesserungsprozesse (Kaizen/KVP) bilden die Basis für das Lean Management und wiederum die Basis für QM-Pflege-4.0. Zu einer Einfachheit gehört es auch, dass eine verständliche Fehler- und Beschwerdekultur intern/extern auf die Beine zu stellen ist und als Lokomotive durch einen KVP-Prozess zu führen. Die Stimme des Kunden in Verbindung mit der gezielten und ständigen Suche aller Mitarbeiter nach Fehlern und deren Verbesserung gibt den Treibstoff für ein neues Qualitätsmanagementsystem. Transparenz kann und muss man lernen. Wir alle wissen, dass in der Sozial­ wirtschaft die umfassende Transparenz nicht zu den traditionellen Verfahren zählt. Nicht jedem Mitarbeiter, von der Reinigungskraft bis zum Geschäftsführer, sind die für ihn zutreffenden Prozessaspekte klar. Dieser Klarheit bedarf es jedoch, wenn Unternehmen nicht nur effektiv4, sondern auch effizient5 durch informierte Mitarbeiter beste Ergebnisse erreichen wollen. Dafür müssen Mitarbeiter 4 5

Wirksame Zielerreichung (Verfasser). Damit meint der Verfasser die wirksame und dabei auch wirtschaftliche Zielerreichung.

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nicht nur ihren Beitrag an diesem Ziel kennen, sondern auch ihren Nutzen. Wenn alle an einem Strang ziehen, werden die Ziele gemeinsam und schnell in höchster Qualität erreicht. Literaturverzeichnis Fox, R. (2017). Bionische Unternehmensführung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden Gmbh.

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Potenziale in der Pflege

An dieser Stelle ist es einerseits einfach, aber andererseits nicht so leicht, die Potenziale mit ihrer gesamten Tragweite einzufangen und so zu Papier zu bringen, dass es einen Mehrwert für Sie als Leser und vor allem Entscheider bietet. Am Ende dieses Kapitels werden Sie einen fundierten Überblick über folgende Zahlen/Daten/Fakten haben: 1) Demografische Entwicklung in den nächsten Jahren. 2) Pflegelandschaft in Deutschland vollstationär/teilstationär/ambulant. 3) Synergieeffekte. 4) Wertschöpfungsketten. 5) Portfolioerweiterungschancen. 6) Pflegestärkungsgesetze II und III und die Potenziale für Ihr Unternehmen. 7) Besonderheiten im Krankenhausbetrieb. Punkt 1: Demografische Entwicklungen in den nächsten Jahren Stellen wir uns zunächst zu Ihren Kunden folgende Fragen: ■■ Wie wird sich Ihr Markt in den nächsten Jahren entwickeln ? ■■ Wie steigen die Bedarfe an sozialen Dienstleistungen wie die für Pflege und für Betreuung ? Punkt 2: Pflegelandschaft in Deutschland vollstationär/teilstationär/ ambulant Die Grafik macht sehr schön deutlich, wie stark in den letzten Jahren der Markt der Pflegedienstleistungen gewachsen ist, und wo er sich im voll- und teilstationären Bereich konzentriert. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_3

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Potenziale in der Pflege

Abbildung 3.1  Entwicklung Pflegeangebote 1999 – ​2015 (Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, 2018)© nur Nachtpflege

−100 %

nur Tagespflege nur Kurzzeitpflege nur Dauerpflege

−29 % −62 % −40 %

nur Tages- und Nachtpflege

16 %

nur Kurzzeitpflege und Tagespflege

158 %

nur Dauerpflege und Tagespflege

16 %

nur Dauer- und Kurzzeitpflege

409 %

Dauer- und Kurzzeitpflege und Tagespflege

35 %

Pflegeangebote insgesamt −150 %

53 % −50 %

50 %

150 %

250 %

350 %

Ambulante Pflegedienste In Deutschland hatten wir im Jahr 2016 2 860 293 Millionen pflegebedürftige Menschen (Statistisches Bundesamt, 26. 01. ​2017), bei gesamt ca. 81,6 Millionen Einwohnern. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren, bis in das Jahr 2060 wie folgt fortsetzen: Rund 5 Millionen Menschen werden im Jahr 2060 in irgendeiner Form pflege­ bedürftig sein. Das sind ca. 72 % mehr Menschen, die einen Hilfebedarf haben. Das aber ist nur ein Teil der Problematik. Gleichzeitig wird nämlich die Anzahl der erwerbstätigen Menschen unter 65 Jahren deutlich sinken. Das heißt, immer weniger Menschen müssen für immer mehr Menschen arbeiten. Das heißt auch, dass der Konkurrenzkampf zwischen den Branchen in unserer Gesellschaft weiter an Brisanz gewinnen wird. Zwei von vielen weiteren Fragen, die in den kommenden Jahren an die Gesellschaft gestellt werden: ■■ Welches Berufs- und Arbeitsfeld ist attraktiv ? ■■ Wer bietet die besten Arbeitsbedingungen und Löhne ? Sie sehen, es geht in diesem Buch, ja, in diesem neuen System QM-Pflege-4.0 keineswegs nur um ein neues Qualitätsmanagementsystem. Vielmehr geht es um einen Wertewandel hin zu einem attraktiven, wertgeschätzten und effektiven Unternehmensführungs- und Steuerungssystem, welches den Anforderungen der kommenden Jahre an gute Pflege, ausreichende Mitarbeiter und eine gute Refinanzierungsquote voll und ganz gerecht werden soll.

Potenziale in der Pflege 19

Punkt 3: Synergieeffekte Wie kann man Synergieeffekte (Duden, 2017) wirklich sinnvoll nutzen ? Zunächst arbeiten wir die Begriff‌lichkeit Synergieeffekte in ihrem speziellen Zusammenhang heraus. Synergieeffekte in der Sozialwirtschaft sind im ersten Schritt die Erkenntnis des Unternehmers, was er bereits an Dienstleistungen (z. B. ambulante Pflege, Tagespflege, Wohngemeinschaften etc.) am Markt platziert hat. Im zweiten Schritt ist es ratsam, eine Analyse über mögliche Dienstleistungspotenziale anzufertigen. Welche Dienstleistungen bieten Sie als Unternehmer zwar jetzt noch nicht an, können sich jedoch sicher vorstellen, dieses Potenzial in den nächsten Jahren im Rahmen einer Portfolioerweiterung auszuschöpfen ? Dieser Teil der Planung fällt unter den Bereich der strategischen Unternehmensplanung und -entwicklung. Hier werden Ziele für die nächsten 5 – ​10 Jahre definiert. Dieser Zeitraum kann auch kürzer ausfallen, je nachdem, in welchen individuellen Zeitkorridoren Sie denken, planen und kalkulieren. Die für die Nutzung von Synergieeffekten bereitete Marktlage ist seit der Einführung der ersten Stufe des Pflegestärkungsgesetzes und besonders seit der zweiten Stufe desselben Gesetzes als optimal zu bezeichnen. Optimal im Hinblick auf die gesellschaftlich erwünschten Kombinationsmöglichkeiten von vernetzten Dienstleistungsangeboten seitens der ambulanten aber auch stationären Träger. Es wurde nicht nur von dem Gesetzgeber erkannt, dass der zentrale Aussagekontext „Ambulant vor stationär“1 nur dann sinnvoll umzusetzen geht, wenn auch der zweite wesentliche Punkt der Gesetzesphilosophie seine Berücksichtigung findet. Dieser lautet „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben…“. Genau diese Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die in § 55 SGB IX bzw. im neuen BTHG2 festgeschrieben worden ist, findet sich in verbal abgeänderter Form auch im SGB XI wieder. Immer geht es darum, den pflegebedürftigen Menschen ein selbstbestimmtes Leben an dem Ort zu ermöglichen, den sie für sich als geeignet halten. Das kann zu Hause sein wie auch in einer Wohngemeinschaft, einem betreuten Wohnen oder einem Pflegeheim der klassischen bzw. besonderen Art. Und genau hier an dieser Stelle setzen die Marktmöglichkeiten der Zukunft für Sie als Unternehmer an. Genau hier eröffnen sich Möglichkeiten, mit einer Portfolioerweiterung auch neue Ansätze des Qualitätsdenkens und -handelns zu implementieren. QM-Pflege-4.0 bietet in diesem Stadium der Unternehmensentwicklung die Chance, der Zukunftsfähigkeit ein Qualitätsverständnis an die Seite zu stellen, das in der Lage ist, die Elastizität aufzubringen, die es benötigt, um den volatilen Entwicklungen dieser Branche eine angemessene Antwort geben zu können.

1 2

Siehe § 3 SGB XI. § 1 BTHG.

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Potenziale in der Pflege

Zurück zum Synergieeffekt. Diesen sichtbar zu machen und dann sinnvoll zu verknüpfen, ist die „Aufgabe“. Was wird bereits wie erledigt, ist die „Frage“. Es geht dann darum, zu schauen, wie es schneller, besser und für mehrere Abteilungen gleichzeitig funktionieren kann. Die Kosten, die an dieser Stelle eingespart werden können, sind dann anderweitig einsetzbar. Punkt 4: Wertschöpfungsketten „Jedes Unternehmen ist eine Ansammlung von Tätigkeiten, durch die sein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben, ausgeliefert und unterstützt wird. All diese Tätigkeiten lassen sich in einer Wertkette darstellen.“ (Porter, 1986)

Übersetzt in die Sprache und die Gedankengänge der Sozialwirtschaft kann das bedeuten: Jedes Unternehmen ist eine Ansammlung von Tätigkeiten, durch die Dienstleistungen, wie ambulante, stationäre oder teilstationäre Pflege, entworfen, geleistet, vertrieben und unterstützt werden. Reiht man dann diese Tätigkeiten so aneinander, dass daraus eine wertschöpfende Verkettung wird, dann sprechen wir von einer Wertschöpfungskette. Eine solche Kette wird erst dann zu einer Kette, wenn nicht zwingend Mehraufwand entsteht, sondern Synergieeffekte so genutzt werden können, dass verbindende oder auch gemeinsame Leistungen, die auch gemeinsam erbracht werden können, zusammengefügt werden. Verwaltung, Management, Unterhaltsreinigung, Küche und Einkauf sind nur fünf Beispiele für eine wertschöpfende und somit wirtschaftliche Synergiemöglichkeit.

Abbildung 3.2  Synergieeffekte in der Sozialwirtschaft; Verfasser©

Potenziale in der Pflege 21

Das Schema soll musterhaft aufzeigen, wie Wertschöpfungsketten zu verstehen sind (Tagespflegeeinrichtungen als teilstationäres Verbindungsangebot zählen an dieser Stelle genauso mit dazu). Der Grundgedanke dahinter ist der, dass Kunden an die Dienstleistungen sowie die Unternehmensphilosophie gebunden werden. Diese Bindung wird zum einen durch die Herangehensweise des Unternehmens an den Markt, sein Leitbild, sein Menschenbild und seinen tatsächlichen Umgang damit bestimmt, zum anderen ist auch die Leistung (alle Leistungen) aus einer Hand, der Servicegedanke des Unternehmers („der Kunde braucht sich um nichts zu kümmern, wir erledigen das“) entscheidend. Für die Realisation dieser Ansätze waren die Voraussetzungen nie besser als heute ! Gehen wir somit davon aus, dass eine nüchterne und zielführende Betrachtungsweise Ihrer Möglichkeiten jetzt an der richtigen Zeit ist. Ausgehend, auf der Erlösseite, von dem Minimalprinzip (Ökonomisches Prinzip) (Olfert & Rahn, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 2008) kann man sagen, dass ein vorgegebenes Ergebnis mit möglichst minimalem Aufwand zu erzielen ist. Im weitestgehenden System der Planwirtschaft, welches in sozialwirtschaftlichen Unternehmen anliegt, ist das Ergebnis meist vorherbestimmt. Sie können nur schwer Ihren Erlös steigern. Bei einer maximalen Bettenanzahl von z. B. 80 Betten (= 100 %), lässt sich der Erlös eben nicht weiter steigern, es sei denn, Sie würden über die Maximalauslastung gehen wollen. Sie können durch geschickte Organisation sehr wohl Ihre Ausgaben senken. Aus Sichtweise des Pflegeprozesses (Kosten) sollte eher von dem Optimalprinzip gesprochen werden. Dieses besagt, dass mit möglichst minimalem Aufwand (Zeit, Ressourcen) ein maximaler Nutzen zu erzielen ist. Festmachen können wir es an dem Beispiel des Wundmanagements in einer vollstationären Einrichtung. Der Einsatz von Spezialisten, z. B. Wundmanagern, führt durch die höhere Routine in diesem Spezialgebiet dazu, dass bei gleichem Zeitaufwand mehr Bewohner effektiver versorgt werden können. Umgekehrt lässt sich so bei gleichem Bedarf an Wundversorgung der benötigte zeitliche Pflegeaufwand senken. Damit befeuert in diesem Fall das Optimalprinzip der Kostenseite das Minimalprinzip der Erlösseite. Hier verbinden sich Ihr Aufwand, Ihre Portfolioerweiterung und ein effizien­ tes Qualitätsmanagement miteinander. Immer neue Dienstleistungen zu planen und an den Markt zu bringen, bedeutet auch, dass sich die Komplexität Ihres Unternehmens verstärkt. Dieser Komplexitätszuwachs sollte zwingend mit der Schaffung eines Qualitätsmanagements einhergehen, welches eine zielführende Steuerung ermöglicht und gleichzeitig die Schaffung einfacher, verständlicher und effektiver Strukturen unterstützt. Mitarbeiter, als Teil des komplexen Systems, müssen in die Unternehmensstrukturen wertschätzend und verantwortlich so eingebunden werden, dass sie langfristig motiviert das Unternehmen, in dem sie tätig sind, voranbringen und entwickeln können. Ein in diesem Punkt funk-

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Potenziale in der Pflege

tionierendes und gut ausgearbeitetes QM-System kann nicht zuletzt auch bei der Lösung essentieller Fragen im Mitarbeiterbereich beitragen: Fachkräftequalifikation, Fachkräftemangel, Mitarbeitermangel im Allgemeinen und insbesondere auf den Ebenen der Führungskräfte, von denen ein besonderes Maß an Loyalität und Identifikation (Corporate Identity) erwartet wird. Mit der Komplexität der Aufgabe wächst auch der Anspruch an Unternehmer und Führungskräfte um ein Vielfaches im Vergleich zu den Aufgaben noch vor 10 oder 20 Jahren. Heute bedeutet Führungskraft in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft, dass ein großer, wenn nicht sogar der überwiegende Teil der Arbeitszeit und des Anspruches an Führungskräfte in der eher unmittelbaren Steuerung und Anleitung der im Unternehmen eingesetzten Mitarbeiter liegt. Moderne Führungskräfte sollten den ihnen anvertrauten Bereich jedoch so führen, dass alle Aspekte der Unternehmensführung im Sinne eines modernen Managements3 gleichermaßen berücksichtigt werden. Schlagwörter wie ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Management by Delegation Management by Cooperation Management by Motivation OKR (Objectives and Key Results) zukünftig Empowerment

sind dabei selbstverständlich und bedürfen des professionellen Ausbaus. Hier setzt die Wertschöpfungskette QM-Pflege-4.0 mit seinem Lean-Managementansatz an. Management by Information ist die Grundlage transparenten Wertschöpfens zu Gunsten des Kunden. Wirklich effiziente Wertschöpfung entsteht erst dann, wenn alle Mitarbeiter informiert und verantwortlich ihre Aufgabe in dem Unternehmen erfüllen können. Punkt 5: Portfolioerweiterung Für unsere Zwecke treffend hat der Duden das Wort Portfolio definiert als „gesamtes, aufeinander abgestimmtes Angebot eines Unternehmens“. Wir können hier also von der Gesamtheit aller Ihrer am Markt auftretenden Dienstleistungen

3 Zu den Managementaufgaben gehören nach Auffassung des Autors insbesondere die Ge­ staltung der Ablauf- und Aufbauorganisation der Einrichtung sowie ein „Führungsprozess“ als strategisch ausgerichteter Wirkungskreis von Planung, Zielsetzung und Entscheidung.

Potenziale in der Pflege 23

sprechen. Diese Kombination von Leistungen muss den Marktbedürfnissen entsprechen. Ansonsten machen das unter Umständen die anderen, Ihre Mitbewerber marktfest zu machen und auf die Herausforderungen von heute, morgen und übermorgen vorzubereiten. Dafür ist die umfassende und „ehrliche“ Erhebung eines IST-Zustandes von essentieller Bedeutung: ■■ Wie genau sieht mein Dienstleistungsspektrum aus ? ■■ Welche Dienstleistung ist besonders gut angenommen (Cash Cow) ? ■■ Welche Dienstleistungen werden nicht gut angenommen, machen Sie aber einzigartig ? ■■ Welche Dienstleistungen sind überflüssig ? Die anfängliche Bewertung aller Ihrer Leistungen ist für eine Abschätzung „lohnender“ oder „nicht lohnender“ Angebote von erheblicher Bedeutung. Lohnen allerdings nicht immer nur im Sinne von monetären Entlohnungen, es zählen auch die nichtmonetären, wie Ansehen, Verortung in der Gemeinde und im Umfeld, Alleinstellungsmerkmale, die dann wiederum die Cash Cows Ihres Unternehmens mit Kunden versorgen. Im zweiten Schritt erfassen Sie Ihr Portfolio der Zukunft (strategische Unternehmensentwicklung): ■■ Was kann mein Unternehmen in 5 oder 10 Jahren leisten ? ■■ Was will der Markt in 5 oder 10 Jahren von mir ? ■■ Was brauche ich dafür, um diese Dienstleistung erbringen zu können ? Abschließend werden diesen Überlegungen Aktions- oder auch Maßnahmenpläne hinterlegt. Diese Maßnahmen bilden dann Ihre Roadmap für die kommenden Geschäftsjahre ! Punkt 6: Pflegestärkungsgesetze II und III und die Potenziale für Ihr Unternehmen Das Pflegestärkungsgesetz I – III bietet große Möglichkeiten, Wertschöpfung zu realisieren und massiv auszubauen. Folgende Kombinationsmöglichkeiten eröffnen sich beispielhaft sowohl für Sozial- wie auch Gesundheitsunternehmen4:

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Beispiele sind in ihren Kombinationsmöglichkeiten nicht vollständig.

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Abbildung 3.3  Dienstleistungen und ihre Kombinationsmöglichkeiten; Verfasser©

Punkt 7: Besonderheiten im Krankenhausbetrieb Auch für Träger von Krankenhauseinrichtungen, ganz gleich welcher Ausrichtung und Spezialisierung, bietet sich die Chance, ihr Portfolio, ihr Angebot an die Patienten, deutlich auszubauen, hin zu SGB XI- und ggf. -IX-Leistungen. Zentralisierung bzw. die Konzentration von Leistungen auf Anbieter, die in geriatrischen Dienstleistungszentren (z. B. Tagespflege, ambulante Pflege, Wohngemeinschaften) Leistungen aus einer Hand anbieten können, schreitet voran. Bis dato haben viele Krankenhausdienstleistungsanbieter keine oder nur wenige Angebote für langzeitpflegebedürftige Menschen, ganz gleich welchen Alters. Genau jetzt stehen die Chancen gut, sich neue Märkte zu erobern und neue Dienstleistungen Abbildung 3.4  Wandel in der Krankenhauslandschaft (Quelle: Statistische Bundesin das Gesamtportfolio aufzunehmen. amt, Wiesbaden 2016)© Leis­ tungen wie Langzeitpflege, Ta­ gespflege, am­bulante Pflege und alternative Wohnformen bis hin zum betreuten Wohnen. Die Grafik links führt mich persönlich zu dem Schluss, dass deutlich wird, dass der Wandel von Krankenhäusern hin zu schnell agierenden Dienstleistern weit vorangeschritten ist. So ist die Anzahl der Krankhäuser seit 1991 stetig gesunken, während die Fallzahlen stetig gestiegen sind. Die Konzentration auf Umfang und Geschwindigkeit mit ein­hergehender

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Komplexität der Versorgung ist die Herausforderung der kommenden Jahre. Dabei kann ein reibungsloses und professionelles Überleitungsmanagement eine nicht unwesentliche Rolle übernehmen. In diesem Zusammenhang könnte die Möglichkeit einer eigenen Wertschöpfungskette, konkret die Fähigkeit der Überleitung von Menschen innerhalb der einzelnen Bereiche des Gesundheitswesens, eine wesentliche Voraussetzung für einen unternehmerischen Erfolg sein. Qualitativ hochwertige Überleitungen innerhalb des gleichen Versorgers können reibungsloser und fehlerfreier organisiert werden, als dies zwischen zwei völlig unterschiedlichen Dienstleistungsanbietern möglich ist. Potenziale in der Unternehmenskultur Nicht versäumen möchte ich, in aller Deutlichkeit auf ein grundsätzliches, meist strukturelles Problem im Bereich der Unternehmenskultur aufmerksam zu machen: Häufig werden Unternehmensziele und Ziele des Qualitätsmanagements meist nicht so transparent und auch nicht an alle betroffenen Mitarbeiter kommuniziert, so dass den Mitarbeitern diese Ziele nicht eindeutig klar sind und sie ihre individuelle Rolle bzw. ihren Beitrag innerhalb des Systems an dieser Zielerreichung nicht kennen. Unternehmens- und Qualitätsmanagementziele dürfen dem Grundsatz nach auch nicht getrennt werden, da ein Unternehmensziel immer Voraussetzung für die sich daraus ergebenden Maßnahmen darstellt, deren Einhaltung durch Qualitätssicherungsmaßnahmen gewährleistet werden soll. Die Signale, die eine Trennung der beiden Zielstrukturen beinhalten, können dazu führen, dass Mitarbeiter Unternehmen und Qualität als nicht essentiell zusammengehörend bewerten. Damit erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeiter den großen Zusammenhang zwischen dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) und ihrem eigenen Tun und Handeln nicht verstehen. Unternehmensziele lösen immer auch die Definition von Qualitätszielen aus. Die Einhaltung dieser Qualitätsziele bei der Erbringung der Dienstleistung führen zwangsläufig zur Erfüllung von Unternehmenszielen; Qualität und Dienstleistung als Gegenstand der Unternehmensziele sind damit untrennbar miteinander verbunden. Fallbeispiel   Das Unternehmensziel ist 3 % mehr Belegung ! Qualitätsziele sind dabei andere. Dem Partner ist nicht wirklich klar, was der Unterschied ist. Meist kennt er die internen Unternehmensziele nicht. Frage an Sie: Wie kann ein Mitarbeiter, sagen wir ein Pflegehelfer, aktiv daran mitwirken, die 3 % mehr Belegung zu erreichen, wenn er dieses Ziel nicht kennt ? Wenn ihm nicht transparent und vor allem verständlich erklärt wird, was genau

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Potenziale in der Pflege

er dazu beitragen kann und auch muss, damit dieses Unternehmensziel von 3 % erreicht werden kann. Dem Mitarbeiter muss bei diesem Beispiel verdeutlicht werden, dass z. B. ein Mehr an Belegung (3 %) auch z. B. durch eine positive „Mund-zu-Mund-Propaganda“ als das stärkste Akquiseinstrument erreicht werden kann, ausgelöst durch die von außen wahrnehmbar motivierten und freundlichen Mitarbeitern oder durch eine Atmosphäre der Sauberkeit und Wärme in der Einrichtung: in der es eben nicht nach Ausscheidungen riecht, in der Mitarbeiter vor Gästen und Angehörigen fair und kollegial miteinander umgehen und sich nicht gegenseitig Vorwürfe machen oder gar beleidigen, in der erkennbar alle Mitarbeiter Verantwortung übernehmen und sich gegenüber Gästen und Angehörigen nicht als nicht zuständig wegstehlen usw. Diese Handlungen oder Unterlassungen bestimmen wesentlich die Innen- und Außenwirkung von Einrichtungen und tragen dazu bei, dass Interessenten, die das Haus zum ersten Mal betreten, einen guten Ersteindruck bekommen und behalten, dass auch Angehörige, die bereits Bewohner bei Ihnen haben, zufrieden nach Hause gehen und gut bzw. positiv über Ihre Einrichtung reden. Diese Wirkungen erzielen Sie am effektivsten, wenn Mitarbeiter verantwortlich in den Unternehmenszielerreichungsprozess involviert werden. Wenn sie es verstehen und sich mit den Zielen identifizieren können, wenn sie letztendlich zu echten Partnern werden.

Dieses Fallbeispiel ist nur eines von sehr vielen, die der Autor tagtäglich in der Praxis erlebt. Hinweis   Grundsätzlich können und werden sich strategische Ziele mit den Marktbedingungen im unmittelbaren Umkreis verändern. Für jede Einrichtung sind daher individuelle Analysen der Marktbedingungen und damit auch die Entwicklung der jeweils für einen Unternehmenserfolg erforderlichen strategischen Ziele zwingend erforderlich. In einem Umfeld mit wenigen Konkurrenzeinrichtungen können, ungeachtet der Zielsetzung einer hohen pflegerischen Qualität, andere z. B. infrastrukturelle Zielsetzungen gelten.

Die Potenziale für die Steigerung der Dienstleistungsqualität in der Pflege sind genauso gegeben wie in Industriebetrieben auch. Im Gegenteil sind diese Potenziale noch größer als in der Industrie – aufgrund der Tatsache, dass Qualitätsmanagementprozesse (mehr dazu im Kapitel Qualitätsmanagement; gemeint ist damit, dass Qualitätsmanagement in der Pflege sich, im Gegensatz zur Industrie, in den letzten Jahren, meiner Auffassung nach, nicht wirklich weiterentwickelt hat, gro-

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ße Fortschritte sind nicht passiert) in Einrichtungen des Gesundheitswesens erheblich früher als in Industriebetrieben etabliert wurden ! Nicht zuletzt können diese sehr hohen Potenziale dann erschlossen werden, wenn es gelingt, die in vielen Einrichtungen feststellbare „Sättigung, ja sogar einen gewissen Überdruss“ in Bezug auf die Regularien von QM-Systemen aufzulösen. Qualitätsmanagement der aktuellen Generation hat es nicht geschafft, so das Resümee des Autors, an der Basis so anzukommen, dass es wirklich – und ich betone „wirklich“ – von den Mitarbeitern, von der Reinigungskraft bis zum Geschäftsführer, gelebt wird. QM ist nun einmal gesetzliche Pflicht. QM ist prüfungsrelevant seitens der Heimaufsichten und der MDKs5. Unter „wirklich gelebt“ meine ich mehr, als Formulare richtig auszufüllen und zur Verfügung zu haben, wenn sie gebraucht werden. Es ist viel mehr als das ! Es ist ein grundtiefes Identifizieren mit dem Unternehmen, der Aufgabe und dem Verständnis über den Gesamtprozess, in dem ein jeder Mitarbeiter (s)einen wichtigen Beitrag leistet. Warum ist das so ? Es ist so, weil bereits während der Ausbildung die neue Generation an Pflege­ kräften nicht nur eine Profession ergreift, sondern auch eine feste Überzeugung mitbringen muss, dass ethisch-moralische Grundsätze die Qualität der täglichen Arbeit maßgebend mitbestimmen. Hier eine der Antworten des Bundesrates auf die obige Frage nach dem War­ um ist das so: Gesetz zur Reform der Pflegeberufe (Pflegeberufereformgesetz PflBRefG)   Der Bundesrat hat in seiner 959. Sitzung am 7. Juli 2017 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 22. Juni 2017 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Absatz 1 Satz 5 und Satz 6 sowie Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zuzustimmen. Das bedeutet, dass die Ausbildungen der Pflegeberufe ab 2020 in den ersten beiden Jahren gemeinsam durchgeführt werden. Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege verfügen dann über den gleichen Grundstock an Ausbildungsinhalten und sie entscheiden sich für das dritte Jahr, welche Art der Spezialisierung sie durchlaufen möchten. Auch hier an dieser Stelle wird eine vergleichbare Herangehensweise notwendig und sinnvoll werden. Sind die Ausbildungen vergleichbar, wird es so sein, dass die Inhalte in den Fächern Qualitätsmanagement vergleichbar sind. Hier an dieser Stelle werden in Zukunft die Grundlagen für ein tiefes und subsidiäres Verständnis und Handeln in Bezug auf das Qualitätsmanagement gelegt. Nicht „die 5

Medizinische Dienste der Krankenkassen.

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Potenziale in der Pflege

da oben“ sind für Qualität und Qualitätsmanagement verantwortlich, sondern jeder einzelne für sich. Jeder einzelne bestimmt die Qualität so lange, bis er an seine Grenzen stößt und die Gemeinschaft für ihn übernimmt. Die zweite Antwort für die Welt der Gesundheitswirtschaft ist die, dass mit der zunehmenden Verdichtung von Leistungen in Dienstleistungszentren, den Maximalversorgerprinzipien und der Schaffung von sogenannten Gesundheitscampussen eine so intensive Vernetzung zwischen den Angeboten des Gesundheitssystems und denen des Sozialsystems stattfinden wird, dass eine Unterscheidung praktisch kaum mehr möglich ist. Lehre, Forschung und praktische Realisation erfolgt zukünftig nicht nur vernetzt, sondern vor allem auch lean ! Kleine und dezentrale Strukturen haben in Zukunft nur eine Chance, wenn sie sehr gut vernetzt und spezialisiert sind. Diese Vernetzung ist es eben, die vergleichbar hohe Anforderungen an Prozesse und deren Ablauf stellt. Anforderungen an ganzheitliches, schlankes Prozessdenken. Fazit   Die Herangehensweise an QM-Pflege-4.0 ist unabhängig davon, ob Sozialwirtschaft oder Gesundheitswirtschaft die Gleiche Herangehensweise an den Markt haben oder nicht. Der Weg in eine schlanke und effiziente Qualitäts­ managementzukunft beginnt mit einem tiefen Verständnis für die Prozesse, die Notwendigkeit der Prozesse und das Wissen um seine individuelle Rolle in diesem Prozess. Das Zauberwort ist effiziente Einfachheit. So einfach, dass jeder Mitarbeiter genau versteht, worum es geht und auch Lust darauf hat, seinen wertschöpfenden Beitrag zu diesem Prozess beizutragen. Digitalisierung nimmt seinen Weg in der Pflegewelt. Jetzt ist es an der Zeit, darin seinen Anspruch zu finden und diese u. a. auch an die Softwarehersteller weiterzugeben. „Inzwischen steht immer häufiger lediglich die Schnelligkeit im Vordergrund, mit der eine Lösung für das Erreichen des neuen Zustandes gefunden werden kann. Dies gilt besonders im auf Effizienz ausgerichteten Wirtschaftskontext, da sich hier an diesem Wettlauf nicht nur die tatsächlich Betroffenen beteiligen, sondern darüber hinaus auch viele renommierte Beratungsunternehmen, die aus verständlichen Gründen keinesfalls den Eindruck bei ihren Kunden hinterlassen wollen, dass sie für einen neuen Zukunftstrend noch keine leicht implementierbare Patentlösung im Portfolio haben. Anstatt jedoch ehrlich anzuerkennen, dass jede organisatorische Kulturveränderung nicht nur mangels Erfahrung mit dem angestrebten zukünftigen Zustand, sondern auch aufgrund der extrem unterschiedlichen kulturellen Ausgangsituation zwangsläufig durch experimentelle Phasen gehen muss, werden

Potenziale in der Pflege 29

immer häufiger bereits vorhandene Konzepte ‚umgelabled‘ oder es wird versucht, angeblich effizienten Sofortlösungen durch extensive Präsentation hohe Glaubwürdigkeit zu verschaffen.“ (Fox, 2017, S. 230 – ​231) Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.

Literaturverzeichnis Fox, R. (2017). Bionische Unternehmensführung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden Gmbh. Olfert, K., & Rahn, H.-J. (2008). Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. Friedrich Kiehl Verlag. Porter, M. (1986). Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage). Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Frankfurt am Main: Campus Verlag.

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Theoretische Grundlagen

Wie bei allen Wegen, so auch bei diesem: Ohne Grundlagen geht es nicht; Grundlagen des Wissens, des Verstehens und der Einheitlichkeit. Wie in jedem meiner vorherigen Bücher lege ich auch in diesem sehr viel Wert darauf, dass wir alle die gleiche Ausgangsbasis haben. Dass die Wörter, Begriffe und Denkmuster vergleichbar angewandt werden und am Ende Missverständnisse vermieden werden.

Abbildung 4.1  Der Weg in der Sozialwirtschaft Quelle: www. pixabay.com ©

Mehrwert aus diesem Kapitel Der Mehrwert wird in einem Grundverständnis der Systematik der Begriff‌lichkeiten und Ansätze liegen. Das, was nicht in den laufenden Kapiteln des Buches erklärt wird, findet hier seine Heimat. Vergessen werden sollte nichts. Entscheidend ist, Trends, Strömungen und die unterschiedlichen Ansätze zur Sprache zu bringen. Ganz gleich, ob ich diese dann im fortlaufenden Buch als weiterführenden Lösungsweg verwende oder eben nicht. Auch hier ist zu sagen: Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit und vor allem nicht auf den Stein der Weisen. Ihnen steht es frei, das Gelesene mit Ihrem ganz persönlichen Erfahrungs- und Wis­ senshorizont abzugleichen und zu ganz anderen Schlüssen zu kommen. Das ist gut so ! Sie werden einen Überblick über Begriff‌lichkeiten, Qualitätsmanagementansätze und Verbesserung bekommen, so dass Ihnen die Kontexteinordnung in der Folge leichter fällt. Und so blicken wir alle immer wieder mehr oder weniger „naiv“ auf Situationen, Ereignisse und Prozesse. Wir blicken auf die gleichen Prozesse und Ereignisse in vergleichbaren Organisationsstrukturen. Lediglich unser Blickwin© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_4

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Abbildung 4.2  Der Blick auf Situationen, Ereignisse, Prozesse; Quelle: www.pixabay.com©

Theoretische Grundlagen

kel, der Standpunkt zur Aufgabe ist ein anderer. So verfügen wir über unterschiedliche Wissenshorizonte, Erfahrungen und manchmal Träume. Entscheidend für das Verständnis dieses Buches ist es, sich freizumachen von diesen Dogmen, erlernten und konditionierten Handlungs- und Verfahrensweisen. Sich zu leeren wie ein Gefäß. In ein volles Glas Wasser können Sie auch nicht noch mehr Wasser einfüllen. Die Verdünnungstechnik funktioniert, aber sie ist langwierig und aufwändig.

„Wir müssen von ganzem Herzen alles, was uns trifft, willkommen heißen, wir dürfen auch innerlich nicht murren, ja uns nicht einmal wundern.“ (Mark Aurel) Viele Dinge beeinflussen uns in unserem Handeln. Und doch sind viele Dinge nicht notwendig, nicht zielführend und nicht zum Wohle des Kunden. Regeln und Normen dienen in erster Linie dem einheitlichen, verlässlichen Umgang zwischen Menschen, UnAbbildung 4.3  Der Handternehmen, Kollegen, Partnern. schlag ! Symbol für Regeln; Wir müssen uns freimachen von den GedanQuelle: www.pixabay.com© ken, dass Unternehmen ganz ohne diese Regeln und Normen funktionieren. Das ist auch nicht notwendig. Entscheidend ist, sich Gedanken über die Sinnhaftigkeit dieser zu machen und mit seinen Mitarbeitern/Partnern gemeinsam darüber nachzudenken: Welche Verfahrensweisen, Normen, Regeln, Standards wollen wir verwenden und welche sind uns nicht dienlich. Dabei reden wir hier nicht über gesetzliche Selbstverständlichkeiten ! In diesem Buch wird lediglich der Teil angesprochen, den wir bestimmen und gestalten können.

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Begriffe im Bereich der Pflege 4.0

Gern würde ich jetzt mit Ihnen eine kleine Reise durch die Begriffe und Worte aus der Welt der Pflege 4.0 vollführen. Ja, eine Reise in neue Welten und Dimensionen, die jeden von uns in gleicher Art und Weise bestimmen und beeinflussen werden. Sie werden unser Leben nicht nur verändern, sondern es entscheidend bewegen ! Zunächst werfe ich Ihnen diese Begriffe nur in den Raum, dann werden wir auf die wichtigsten davon näher eingehen. Okay ? Fangen wir an ! ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Agilität Innovativität Flexibilität Netzwerk/diversifizierte soziale Netzwerke „Schwarmintelligenz“ Mikroschulungen durch Coaches KVP PDCA PLP

Lean Management Verschwendung Ziele als Nordstern Effektivität Effizienz Nachhaltigkeit Fehlerkultur Ursache-Wirkung Zeit als Ressource Farben/Bilder/interaktive Flussdiagramme

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_5

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Begriffe im Bereich der Pflege 4.0

Poka Yoke FMEA zur Risikominimierung Gemba Walk Wissenszirkulation …

Das sind nicht alle ! Die Liste ist bei weitem nicht vollständig, ich bin lediglich der Meinung, dass das für den Anfang genügt; das genügt für den ersten, zweiten und auch dritten Schritt hin zu einer neuen und hochspannenden Management- und Unternehmensstruktur. Lassen Sie uns die ersten Begriff‌lichkeiten hier an dieser Stelle näher betrachten, alle weiteren fließen aktiv in den weiteren Verlauf dieses Buches ein. Die Agilität sehe ich als die Charaktereigenschaft, die Unternehmen und ihre Mitarbeiter/Partner mitbringen müssen, um erfolgreich zu sein. Mehr finden Sie dazu im Verlauf dieses Buches ! Eines sei jedoch hier schon gesagt: Agilität bedeutet ganz wesentlich die Fähigkeit, von einer Situation der Reaktion auf Veränderungen, Ereignisse und Situationen in die Situation der Aktion zu kommen. Agile Unternehmen sind vorbereitet, erkennen potenzielle Gefahren, bevor sie eintreten, haben einen Plan und laufen nicht den Ereignissen hinterher. Proaktiv sein, antizipatives und initiatives Verhalten sind Charaktereigenschaften der Unternehmenslenker in einem solchen Unternehmen. Die Innovation ist ein Prozess, der mit einer nützlichen und relativ neuartigen Idee beginnt. Näher werde ich im Verlauf des Buches darauf eingehen. Gestatten Sie mir trotzdem noch ein paar Worte dazu. Innovativität ist nur dann möglich, wenn die Möglichkeit zur Entfaltung besteht, der Kopf frei gemacht werden kann und damit im nächsten Schritt Kreativität entsteht. Kreativität erzeugt und ist Voraussetzung für Innovation und zeigt neue Wege, Lösungen etc. auf. Sie werden diese Erfahrungen das eine oder andere Mal bereits gesammelt haben. Aber: ohne Ruhe und Konzentration auf das Wesentliche entsteht keine Atmosphäre, in der Kreativität und Innovativität möglich sind. Flexibilität ist die Fähigkeit des flexiblen, anpassungsfähigen Verhaltens, so beschreibt es der Duden und ich stimme dem vollumfänglich zu. Mehr dazu im Verlauf des Buches. So wie viele Grundlagen des Lean-Managements, so wurden die Ziele als Nordstern von Toyota entwickelt. Die nachvollziehbare Philosophie dahinter besagt, dass jedes Unternehmen ein langfristiges Ziel haben sollte oder auch mehrere ! Das wäre dann Ihr Fünf- oder Zehnjahresplan. Hier stellt sich die Frage: Wo wollen Sie mit Ihrem Unternehmen in fünf oder auch in zehn Jahren stehen ? Was

Begriffe im Bereich der Pflege 4.0 35

wollen Sie bis dahin erreicht haben ? Der Nordstern ist Ihre Vision von einem Unternehmen, welches sich so am Markt entwickelt hat, dass es stabil und verlässlich agieren kann. Diesen Nordstern bezieht jeder Partner im Unternehmen in seine persönlichen Ziele mit ein. Jedes operative und auch taktische Ziel wird gelenkt von den übergeordneten Zielen, wo das Unternehmen in fünf oder auch in bis zu zehn Jahren stehen will und soll ! Das hilft, nicht das große Ganze aus den Augen zu verlieren, auch wenn das operative Tagesgeschäft alle Ressourcen bindet. Wissen Sie das, dann ist der Kern der, dass Sie Ihre operativen und taktischen Ziele und dazugehörigen Maßnahmen so ausrichten, dass Sie den Nordstern (Langfristziel) nie aus den Augen verlieren. Frage ist hier und auch überall: ■■ Ist das, was wir hier geplant haben und gerade tun, dem Nordsternziel zuträglich, also dienlich ? ■■ Ist es zielführend ? ■■ Trägt es in irgendeiner Weise nachvollziehbar dazu bei ? •• Wenn ja, dann sind Sie noch in der Spur. •• Wenn nein, das ist eine Nachjustierung, Disziplinierung und Abstimmung mit Ihren Partnern dringend notwendig. Ein besonderer Fokus muss auf Ihre Fehlerkultur gerichtet werden. Zumeist gibt es diese in Ihren Unternehmen nicht. Nicht so, wie es notwendig sein müsste, um die Erkenntnisse aus Fehlern effektiv ziehen zu können. Fehler, die angesprochen werden, sind in meinen Augen ein Glücksumstand. Vielleicht nicht, dass sie passiert sind, aber werden sie angesprochen, geben dem Unternehmen die Chance, eine weitere Schwachstelle im System zu erkennen und nachhaltig zu eliminieren. Ziel muss es daher sein, eine positive Kultur gegenüber der Aufdeckung von Fehlern zu entwickeln. Lob und Anerkennung für die Partner und Kunden gibt es in besonderem Maße, wenn ein Fehler aufgedeckt worden ist. An dieser Stelle gehört auch die Erkenntnis dazu, anzuerkennen, dass es eine hundertprozentige Fehlerfreiheit nicht geben kann. Aber eine höchstmögliche Annäherung an diesen Zustand ! Das sollte das Ziel sein. Ursache-Wirkung allen Handelns ist ein Bewusstwerdungsprozess, der bei allen Partnern notwendig ist. Alles, was Sie tun, sich geben, wie Sie auftreten und agieren, hat eine Wirkung. Diese Wirkung ist gut oder schlecht für das Ziel, das Unternehmen, die Sache. An dieser Stelle ist die Unternehmenskultur als Grundlage allen Miteinanders von ausschlaggebender Bedeutung. Sie muss entwickelt und kultiviert werden, um gemeinsam erfolgreich zu sein. Alle weiteren obigen Begriffe werden vertiefend auf den kommenden Seiten ihren Platz finden.

6

Qualitätsmanagement

6.1 Die evolutionären Stufen der Zusammenarbeit Vor dem Detail wollen wir näher auf die Entwicklungsstufen blicken, die die Menschheit in den Formen des Zusammenlebens seit vielen Jahrtausenden bewegen, prägen und voranbringen. Wichtig ist mir, dass Sie sehen, dass wir mit alldem nicht am Ende sind, wir befinden uns in einem ständigen Transformationsprozess, der nicht endet, der sich immer weiterentwickelt – im Gleichschritt mit der Entwicklung unserer Gesellschaften. Wobei keiner wirklich vorhersagen kann, wie es weiter- oder gar ausgeht. Das meiste sind Annahmen, die auf vermeintlich bessere Organisationsformen und -zustände blicken, in denen Menschen (Mitarbeiter = Partner) sich wohler fühlen als in anderen Organisationsformen von Unternehmen. John Naisbitt, der US-amerikanische Trend- und Zukunftsforscher, bringt es auf den Punkt: „Die aufregendsten Durchbrüche im 21. Jahrhundert werden nicht durch Technologien entstehen, sondern durch ein sich erweiterndes Verständnis unseres Menschseins.“ (Laloux, 2015, S. 43)

In der Folge möchte ich auf vier Organisationsmodelle näher eingehen, die in der heutigen Zeit die Gesellschaften prägen und in denen wir uns bewegen. Sie kommen alle parallel vor und ihnen allen gemeinsam ist, dass aus ihrem Dasein eine neue Form entstehen kann, die dann aufbauend auf diesen das Zusammenleben und -arbeiten völlig neu aufstellt. Frederic Laloux beschreibt diese in seinem Buch Reinventing Organizations:

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_6

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38 Qualitätsmanagement

Abbildung 6.1  Organisationsmodelle; Quelle: Darstellung angelehnt an: (Laloux, 2015) S. 15 ff. ©

Arbeitsteilung Befehlsautorität

Tribale impulsive Organisation (Rot)

Traditionelle konformistische Organisation (Bernstein) Katholische Kirche Militär Regierungsbehörden öffentliches Schulsystem

multinationale Unternehmen Privatschulen

Moderne leistungsorientierte Organisation (Orange)

Postmoderne pluralistische Organisation (Grün) Kulturorientierte Organisationen Empowerment (!)

? ?

Integrale evolutionäre Organisation (Petrol)

Sicherlich erkennen Sie alle Formen wieder. Sie existieren zumeist gemeinsam. Zumindest die Organisationsmodelle 1 – ​3 sind allgegenwertig. Das vierte Organisationsmodell ist nicht so häufig anzutreffen und spiegelt durchaus die kurz- und mittelfristige Zukunft wider. Um diesen Teil geht es auch in diesem Buch. Er lässt den Schritt von QM-Pflege-1.0 zu QM-Pflege-4.0 deutlich werden. Es zeigt aber auch, dass mit Empowerment1, werteorientierter Kultur, Berücksichtigung aller Interessengruppen (Stakeholder-Modell) noch lange nicht Schluss ist. Hier geht die Herausforderung erst richtig los. Wie Sie bemerken, bekommen wir es an dieser Stelle mit langen Wegen und Prozessen zu tun, die nicht nur unsere Arbeitswelt, sondern unsere Lebenswelt radikal verändern werden. Die ganz jungen Berufsanfänger unter Ihnen werden das Gefühl haben, dass es da mehr gibt, als nur Geldverdienen und Arbeit nach Vorschrift. Dass es da mehr gibt, als Geld für ein Unternehmen zu verdienen, von dem ich als Arbeitnehmer nur bedingt etwas habe. Das Arbeit und Leben so nicht mehr zu trennen sind, vor allem nicht in einer Welt der Vernetzung und Digitalisierung.

6.2 Qualitätsverbesserungen Mehrwert aus diesem Kapitel Sie bekommen einen Überblick über den „Kontinuierlichen Verbesserungsprozess“ und den Zusammenhang von KVP und PDCA.

1

„… vom Management initiierte Maßnahmen, die die Autonomie und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Mitarbeitern rund um ihren Arbeitsplatz erweitern“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018).

KVP 39

Wir erarbeiten uns ein Verständnis für die Notwendigkeit, dass alle Mitarbeiter Ihres Unternehmens verstehen müssen. Verstehen kommt von Wissen, von Kenntnissen, von Beteiligung. Wenn wir über Qualitätsverbesserung sprechen, ist es wichtig, ja essentiell sich über den Status Quo auszutauschen. Dabei sind die folgenden Fragen zu stellen: ■■ Von welchem Standpunkt aus wird denn die Qualität verbessert ? Startpunkt definieren. ■■ Welche Qualität in welcher Form ? SOLL-Zustand definieren. ■■ Welche Instrumente möchten wir einsetzen ? Sind diese Fragen einmal geklärt kann der nächste Schritt gegangen werden. Der wird in Zukunft die Ganzheitlichkeit und deren Betrachtungsweise präferieren.

6.3 KVP Wenden wir uns zunächst der Definition des „Überbegriffs“ KVP zu. Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) oder auch Continual Im­ prove­ment Process (CIP) bedeutet: „Kaizen ist die Philosophie, das kontinuierliche Verbesserung in allen Bereichen unter Einbeziehung aller beteiligten Menschen anzustreben sind.“2 Kurz, Kaizen ist die japanische Bezeichnung für KVP ! Es geht hierbei noch lange nicht um die einzusetzenden Methoden ! Die kommen später. Genau an dieser Stelle liegt der entscheidende Unterschied ! Sehen Sie ihn ? Es geht hier nicht nur um eine kontinuierliche Verbesserung; nein, es geht vor allem dar- Abbildung 6.2  Begeisterung um, alle Bereiche, alle Mitarbeiter gleich in den bildlich ausgedrückt; Quelle: www.pixabay.com© Prozess des Verbesserns einzubeziehen. Des Weiteren geht es darum, die Mitarbeiter zu begeistern, sie in die Lage zu versetzen, zu verstehen, zu begreifen, um daraus die intrinsische Motivation zu wecken, daran mitarbeiten zu wollen. Begeisterung und Erfolg liegen sehr nahe beieinander !

2

Brüggemann & Bremer (2015). Grundlagen Qualitätsmanagement. S. 185.

40 Qualitätsmanagement

Aus der folgenden Definition lässt sich eindeutig schließen, dass mit altherge­ brachten Unternehmensführungsstrukturen diese Ziele so nicht erreicht werden können:

Definition Kaizen   „1. Charakterisierung: Verfahren aus der japanischen Fertigungstechnik; bedeutet konsequentes Innovationsmanagement oder einfach Verbesserung. Kaizen stellt einen permanenten Verbesserungsprozess dar. Kaizen bedeutet nicht nur Produktverbesserung, sondern Verbesserung aller betrieblichen Prozesse (Entwicklung, Produktion, Vertrieb, Distribution etc.). Die Zielsetzungen sind: (1) Qualität von Anfang an; (2) Standardisierung der Arbeitsvorgänge nach den Überlegungen der beteiligten Mitarbeiter durch Identifikation mit der Aufgabe und korrektes Befolgen der selbst gesetzten Standards; (3) bewusste und eigenverantwortliche Vermeidung von Ressourcenverschwen­ dung (Zeit, Material); (4) eigenständiges Erkennen und Beseitigen von Schwachstellen. 2. Voraussetzungen: Kaizen setzt einen kooperativen Führungsstil voraus. Funktionsübergreifende, interdisziplinäre Zusammenarbeit in Gruppen ist ein Grundsatz der Arbeitsorganisation. Konsens statt Einzelentscheidung durch Vorgesetzte, gemeinsame klare Zielformulierungen und intensive Informa­tions­ vermittlung von oben nach unten sowie umgekehrt sind weitere wichtige Aspekte des Konzeptes. 3. Die Idealvorstellung ist der qualifizierte, aktive, eigenverantwortliche und kreative Mitarbeiter, der für seinen Einsatz eine differenzierte und individuelle Anerkennung und finanzielle Entlohnung erhält.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

An dieser Stelle möchte ich mit Ihnen weitergehen. Viel weiter. Ein kooperativer Führungsstil, heute als das erstrebenswerte Ziel des gemeinsamen Umgangs miteinander ausgegeben, allein genügt nicht mehr. Er ist nicht die Antwort, den die Pflege im 21. Jahrhundert braucht. Er ist ein wesentlicher Schritt hin zu mehr Verantwortung, hin zu Teamdenken und Teamhandeln, zu Empowerment und letztendlich zu einem völlig neuen Umgang miteinander, z. B. dem integral-evolutionären Ansatz. Aber Schritt für Schritt !

KVP 41

KVP in QM-Pflege-4.0 bedeutet, die Hierarchiestrukturen, wie wir sie kennen, in Frage zu stellen. Niels Pfläging (Pfläging, 2014, S. 47) nennt diese in seinem Buch Organisation für Komplexität, „Design-Prinzip Alpha“. Sie stehen für die Unternehmenskonstruktionen, wie wir sie alle bis heute kennen. Die Organigramme in den Unternehmen sind ein wesentliches Indiz dafür. Unter diesen Führungsstrukturen lassen sich nur sehr bedingt neue Ansätze von Mitarbeiterbeteiligung und Em­ powerment realisieren. Aus diesem Grund steht nicht nur Herr Pfläging mit seinem Buch und seinem Ansatz für neue Weg in der Teamstruktur von erfolgreichen Unternehmen der heutigen Zeit, sondern auch ich bin der Meinung, dass für Pflege 4.0, wie wir Sie in diesem Buch verstehen, andere Wege der Organisationstruktur gefunden werden müssen. Nein, auch moderne Unternehmen, gleich welcher Trägerstruktur, machen sich auf den Weg, Lebensräume nicht nur für Bewohner, Patienten, zu Pflegende zu schaffen, sondern auch für die Menschen, die diese Dienstleistungen erbringen und zwar Tag für Tag ! Kontinuierlich ! KVP hat also u. a. das Design-Prinzip Beta zur Grundlage. Hier reden wir dann von Business Teams, von Profitcentern, in denen ein Team gemeinsam an einem bestimmten, vorher definierten Ziel arbeitet. Dabei erbringen die Teams die dafür notwendigen Aufgaben autark. In Zukunft wird nicht mit den Partnern kooperiert, sondern die Partner werden beteiligt. Eine Weiterentwicklung wird nur möglich sein, wenn wir lernen, Mitarbeiter nicht nur zu fragen, sondern sie aktiv in die Prozesse und deren kontinuierliche Verbesserung einzubeziehen, ja, sie daran zu beteiligen. Wie Sie sich denken können, sind dabei beide Seiten gemeint: die Arbeit und der Erfolg. Das Team muss die Arbeit (ver-)teilen und den Erfolg nicht nur sehen, sondern auch spüren. Das setzt neues Denken über Unternehmensbeteiligungen und Erfolgsbeteiligungen voraus. Zurück zum KVP. Teams sind nicht mehr hierarchisch aufgebaut. Das bedeutet, dass von den Reinigungskräften über die Küchenmitarbeiter bis zur Führungskraft, die Zielfokussierung eindeutig, verständlich und nachvollziehbar sein muss. Jeder kennt seine Aufgabe, seinen Beitrag am Erfolg. Jeder hat ein vitales Interesse daran, dass diese Ziele auch erreicht werden. Jeder partizipiert von den Graden der Zielerreichung. Die Kontinuität wird u. a. dadurch erreicht, dass alle Mitarbeiter zeitnah oder optimalerweise in Echtzeit über die Informationen verfügen, die sie für die Erbringung ihrer Leistungen benötigen. Die sie auch dafür benötigen, um sich intrinsisch zu motivieren. Und trotz alledem ist es nicht so, dass jeder alles entscheiden sollte bzw. könnte. Nein, es sind immer sogenannte Kompetenzteams, die sich einer Aufgabe/einem Prozess widmen und auch die notwendigen Entscheidungen treffen. Sie sind dann für die Entscheidung und deren Umsetzung

42 Qualitätsmanagement

verantwortlich. Letztlich ist es, egal in welchem System, so, dass Verantwortlichkeiten nicht delegiert werden können. Das deutsche Gesundheits- und Sozialsystem verlangt momentan diese Verantwortlichkeiten und spricht diese auch klar an. Heim- und Pflegedienstleitungen sind die prozessverantwortlichen Kräfte in Einrichtungen der stationären, ambulanten und teilstationären Pflege. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang der Umgang im Innenverhältnis und das Auftreten im Außenverhältnis. Grundsatz: Verantwortung ist unteilbar Wie stellen Sie das sicher ? Hier ergibt sich die Frage, wer braucht welche Informationen für welche Aufgaben ? Grundsätzlich brauchen alle Mitarbeiter die großen Informationen ! Wo stehen wir als UnternehAbbildung 6.3  Teamarbeit; men ? Hier geht es um Belegung, Krankenstände, Quelle: www.pixabay.com© Erlöse, Kosten, Beschwerden, Kundenmeinungen, Feedbacks. Dann müssen die Daten für den jeweiligen Mitarbeiter aufbereitet und mit diesem verständlich kommuniziert werden. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf der Verständlichkeit. Kontinuität heißt, dass jedes Teammitglied beständig ein hohes Interesse daran hat, dass die zu erbringende Dienstleistungen jeden Tag etwas besser wird. Dass die Mängel und Beschwerden jeden Tag kritisch bewertet und an deren Beseitigung gearbeitet wird. Hinweis   Lassen Sie den Blick auf das große Ganze zur Gewohnheit werden. Lassen Sie dies auch zur Gewohnheit für jeden Partner werden. Geben Sie dem Team die Möglichkeit, die Zusammenhänge innerhalb Ihres Unternehmens zu verstehen und zu begreifen, dass jede Aufgabe – und scheint sie noch so „nieder“ – wesentlich ist für das große Ziel. Das Ziel lautet: zufriedene Kunden ! Nur so ist es möglich, Engagement, Fleiß und am Ende des Wandlungsprozesses, Empowerment als Unternehmenskultur zu pflegen. KVP heißt auch, die Schritte, Prozesse, Entwicklungen zu dokumentieren, sie fest-

zuhalten. Damit eine Nachvollziehbarkeit eintreten kann. Ein mögliches Medium dafür ist das Verbesserungs- und Beschwerdemanagement. Jede Abweichung von der idealen Zieldefinierung kann eine Beschwerde sein, die eine Verbesserungsmaßnahme nach sich zieht. Dabei ist es wichtig, nicht zu viele Medien für den

PDCA 43

Ausdruck von Abweichungen von der Norm zu haben. Ein einfaches Formular für Verbesserungen und Beschwerden in Verbindung mit einem strukturierten Problemlösungsprozess (auf den ich später etwas näher eingehen werde) ist mehr als ausreichend. Es soll keinen Mitarbeiter überfordern. Jeder muss es verstehen können und in der Anwendung sicher sein. Zusammenfassend kann man sagen: Alles ist kontinuierliche Verbesserung ! Alles vom „Guten Morgen“ bis zum Lächeln der einzelnen Partner hat unmittelbar etwas mit der kontinuierlichen Verbesserung der Qualität der Dienstleistung zu tun. Nichts kann davon ausgenommen werden.

6.4 PDCA Und schon sind wir beim PDCA-Zyklus. Das eine (KVP) können Sie nicht ohne das andere haben (PDCA). Zumindest in der Zukunft (ab heute) nicht mehr. Bis dato erlebten Sie den PDCA-Zyklus losgelöst vom kontinuierlichen Verbesserungsprozess, wie er oben beschrieben wurde. Von der Geschäftsführung bis zur Reinigungskraft ist es wenigen Menschen in wenigen Unternehmen wirklich klar, warum der PDCA nicht ohne den KVP und dem damit in Verbindung stehenden tieferen Verständnis steht. Aber einen Schritt zurück. Wie war das mit dem Zusammenhang ? Betrachten wir den KVP als eine sich ständig verbessernde Qualität der Dienstleistung, also „ergebnisorientiert“, so ist der PDCA-Zyklus das Instrument, mit dem die aus dem KVP resultierenden Maßnahmen zur Steigerung der Dienstleistungsqualität im Rahmen von Einzelprojekten prozessorientiert umgesetzt werden. Ziel ist es: 100 % Qualität ! Ist das jeweilige Projekt (z. B. Einführung der SIS etc.) beendet, sind die entsprechenden Standards bzw. einheitlichen Verfahrensregeln eingeführt. Ef­fektive Qualitätssicherung sorgt für die dauerhafte Sicherung bzw. Einhaltung dieser erreichten Ziele. Wenn Abbildung 6.4  PDCA Abweichungen auftreten, werden diese Stellen nach- Zyklus; Verfasser© justiert. Es wird dafür Sorge getragen, dass die Ergebnisse des Projektes in allen Bereichen, wo sie Sinn ergeben, auch wirklich umgesetzt werden. Das führt Act Plan dann automatisch zum nächsten Projekt, welches dem großen Ziel der hundertprozentigen Qualität beitragen kann. Check Do Das ist er nun, der berühmte und allerorts prä­ sente PDCA-Zyklus. In diesem Kapitel geht es darum, dieses wunderbare und einfache Instrument

44 Qualitätsmanagement

ken­nenzulernen und ein tieferes Verständnis für die Systematik zu er­langen, die hinter diesen vier Buchstaben/Wörtern steckt. Basierend auf dem logischen Gedankengang, dass alle Handlungen und Aktionen eines Unternehmens daran orientiert sein müssen, die Qualität des Produktes/der Dienstleistung zu verbessern und zwar stetig und kontinuierlich, dann ist einleuchtend, dass mit diesem KVP der PDCA-Zyklus zwingend notwendig ist. Die Verbesserung im konkreten Projekt, Schritt, Detail ist nur effektiv möglich, wenn man konsequent den PDCA-Zyklus des Herrn Deming (Demingkreis oder auch Demingrad) anwendet. Der Vollständigkeit halber ist auch hier zu erwähnen, dass Herr Deming mit seinem Kreislauf, der auf den vier Komponenten basiert, wiederum auf der Arbeit des Herrn Shewhart fußt. An dieser Stelle sei damit auch schon genug gesagt. Möchten Sie mehr darüber erfahren, empfehle ich Ihnen, die einschlägige Literatur zu lesen (zum Beispiel: The New Economics for Industry, Government, Education – 2nd Edition: For Industry, Government, Education; 2000 von W. Edwards Deming). Die Qualitätstechnik, die man benötigt, um Kaizen/KVP umzusetzen, ist der PDCA-Zyklus. „Beim PDCA-Zyklus handelt es sich sowohl um ein Anwendungswie auch Erklärungsmodell, dessen Phasen wie folgt benannt werden: ■■ ■■ ■■ ■■

Plan (plan – P) Ausführen (do – D) Überprüfen (check – C) Verbessern (act – A)

Die Phasen sind als nie endender Prozess zu verstehen.“ (Zollondz, 2013, S. 13) Plan (P): Es steht für die Zielsetzung, die Planung, Definierung, Festlegung, Einigung eines Projektes. An dieser Stelle sollten Sie die Begriff‌lichkeit nicht allzu eng fassen. Wichtig ist, dass es über die Projektbeschreibung und die Zieldefinierung einen Konsens gibt, der so weit gefasst ist, dass jeder sich mit seinen Aufgaben bzw. Fähigkeiten wiederfindet und eng genug gefasst sein muss, um das Projekt zu einem erfolgreichen Ende führen zu können. Dafür müssen Sie zunächst den Kundenbedarf so detailliert wie möglich eruieren. Je genauer Sie vorgehen, umso präziser werden Sie den Rest des Projektes realisieren können. Do (D): An dieser Stelle setzen Sie zunächst in einem geschützten Rahmen das um, was Sie gemeinsam in der Planphase zusammengetragen und erarbeitet haben. Tes-

PDCA 45

ten Sie ! Probieren Sie aus ! Fehler sind ausdrücklich erwünscht ! Wichtig ist nur, dass Sie alles genau beobachten und dokumentieren. In der Fachsprache sagt man auch Pretest3. Check (C): Jetzt sind Sie an der Stelle, wo Sie in einem PDCA-Projekt die gesammelten Daten und Erfahrungen auswerten und daraus Ihre Schlüsse ziehen. Lessons Learned4 ! Seien Sie sich an dieser Stelle bewusst: Bevor Sie nicht alle Details erfasst und ausgewertet haben, bevor Sie nicht aus allen diesen Erfahrungen, Daten, Fakten die notwendige Anpassung im Plan (P) machen, können Sie nicht in die nächste Stufe gehen. Sie würden Gefahr laufen, dass die dauerhafte Umsetzung im „großen“ Stil schiefgeht und zum Schaden für Sie und das Unternehmen wird. Act (A): In der letzten Phase des PDCA-Zyklus wird der gesamte, vorher durchlaufene PDCA-Prozess reflektiert. Es werden zudem Audits durchgeführt, die den ISTZustand abgleichen. Zudem stehen während dieser Phase die Fragen im Vordergrund, welche Ziele etabliert werden sollen, welche Abweichungen und deren Ursachen identifiziert werden können und wie diese angegangen werden. Was optimiert werden kann und wo sich weitere Potenziale befinden. Wird in der ActPhase festgestellt, dass das vorherige Ziel nicht erreicht worden ist, so wird der PDCA-Zyklus erneut durchlaufen (REFA Group, 2018). Und einen Schritt weiter kann festgestellt werden, dass der Sinn und die Grundphilosophie des Qualitätsmanagements bedeutet, dass noch im Verlauf von Act die Frage gestellt wird: Kann man das nicht noch besser machen ? Getreu dem Grundsatz des Lean Managements: Nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen könnte. Und so beginnt der PDCA Kreislauf von vorn. Die gesunde Skepsis ist zu jeder Zeit angebracht und ist wirklich gut, wenn Sie diese mit einer ebenso gesunden Neugier verknüpfen. Nicht Ehrgeiz ! Dieser vergiftet oft die Situation der Kreativität und Lösungsfindung ! KVP und PDCA Jetzt ist es an der Zeit, einmal etwas genauer auf die Abkürzungen KVP und PDCA zu schauen. Bewegen sie ja nicht erst seit zehn Jahren die Branche der Pflege maßgeblich. Wobei festzustellen ist, dass viele Führungskräfte in der Pflege den „Begriff“ PDCA kennen, ihn aber nicht exakt zuordnen können. Das liegt überwie3 Vortest. 4 Gewonnene Erkenntnisse.

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gend an der etwas veralteten Art und Weise, wie Qualitätsmanagement in der Pflege, vor allem aber für Führungskräfte, unterrichtet wird. Diese Lücken führen dazu, dass kein tiefes Verständnis für Prozessqualität in der Pflege entsteht. Dieses Verständnis wäre notwendig, um die anfallenden Prozesse richtig in einen Gesamtkontext, der Leistungserbringung, in den jeweiligen Unternehmen und deren Dienstleistungen bringen zu können. Spricht man bei dem KVP vom großen Ganzen, so ist der PDCA ein Führungs-/Management-/Entscheidungsinstrument, auch jenseits von Projekten. Nicht jeder Zyklus wird aufgrund eines Projektes durchlaufen, jedes Projekt sollte dagegen im Sinne eines PDCA durchlaufen werden.

6.5 Vom Wissenstransfer zur Wissenszirkulation als Schlüssel zum Erfolg Um überhaupt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) optimal anstoßen und entwickeln zu können, ist es entscheidend, dass in Ihrem Unternehmen vorhandenes Wissen nicht nur zu haben, sondern es effektiv dorthin zirkulieren zu lasAbbildung 6.5  Wissenszirku­ lation; Quelle: www.pixabay. sen, wo Sie es benötigen. Dafür ist ebenfalls ein com© Umdenkprozess notwendig, der von bekannten Pfaden abweicht. Wie schauen wir uns auf den kommenden Seiten genauer an. Sagen wir zunächst: Gestern wurde Wissen transferiert und zwar Top-down, von oben nach unten. Vom Chef zu den Mitarbeitern. Von der Wissenschaft an die umsetzende Basis. Von den Ärzten auf die Schwestern. Wissen hat man dabei wie durch einen Trichter durchsickern lassen. Die Erfahrung lehrt uns, dass diese Methode zu nicht erwünschten Filterungen, konkret subjektiven Reduzierungen des Informationsgehaltes oder auch subjektiven, weil individuellen Partikularinteressen folgenden Ergänzungen führt und daher nicht dauerhaft so weitergeführt werden sollte. Da sind wir heute schon weiter.

Vom Wissenstransfer zur Wissenszirkulation als Schlüssel zum Erfolg 47

Abbildung 6.6  Wissenszirkulation als Basis des Erfolges; Verfasser©; Fotos: www.pixabay.com©

Was ist letztendlich der praktische Sinn dahinter ? Es geht um Schwarmintelligenz. Das heißt, dass das HC (Human Capital5 (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)) in den meisten ihrer Unternehmen so reichhaltig ist, dass so gut wie keine fachliche Frage nicht intern beantwortet werden kann. Das heißt auch, dass die Vielzahl der Mitarbeiter über einige hundert Jahre Erfahrungen verfügt. Viele Jahre Ausbildung, Fort- und Weiterbildungen, bei denen so viel Wissen und Kenntnis angehäuft wurden, dass es grob fahrlässigem Verhalten gleichkommt, dieses Wissenspotenzial nicht zu nutzen. Durch Learning Communities ist es möglich, die Wissens- und Erfahrungspotenziale effizient einzu­ 5

Abbildung 6.7  Schwarmintelligenz; Quelle: www.pixabay. com©

Human Capital. Das auf Ausbildung und Erziehung beruhende Leistungspotenzial der Arbeitskräfte (Arbeitsvermögen). Der Begriff Humankapital erklärt sich aus den zur Ausbildung dieser Fähigkeiten hohen finanziellen Aufwendungen und der damit geschaffenen Ertragskraft.

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setzen. Ein Nachteil ist der Faktor „Zeit“. Learning Communities neigen dazu, die Ressource „Zeit“ in höherem Maße zu verbrauchen. Hier bedarf es klaren Regeln (Ort, Zeit, Ziele) und stringenter Unterstützung (Coaching, Anleitung). Die Methode der Wissenszirkulation ist nur dann wirklich erfolgreich, wenn die vorhandene Expertise in sinnvoller Weise zwischen den Menschen zirkulieren kann, die essentiell für den Zielerreichungsprozess verantwortlich sind. Anders ausgedrückt: Menschen, die in einem gemeinsamen Zielerreichungsprozess involviert sind. Hier hat sich das „Triple-Helix-Modell“ durchgesetzt.

Abbildung 6.8  Wissenszirkulation Aktionsbereich für sinnvolle Umsetzung; Verfasser©

Es geht um den Schnittpunkt aller drei Bereiche. In diesem Schnittpunkt vereinigen sich die theoretischen und praktischen Ansätze mit dem Blickwinkel aus jeder Perspektive. Die Wissenschaft wird ebenso ihre Berücksichtigung erfahren wie die Administration, die Kosten und Strukturen im Blick hat, aber auch diejenigen, die diese Entscheidungen an der „Basis“ umsetzen sollen. Das ist zwar nicht ganz neu, aber es ist entscheidend im Umgang miteinander. Hier sind drei Partner gleich­berechtigt und nur das Ergebnis in der Schnittstelle dieser drei Bereiche ist der verwertbare Output. Wobei zu beachten ist, dass die Anteile der einzelnen Akteure durchaus nicht statisch sind. Sie sind veränderlich und können je nach Themenstellung in ihrem Anteil variieren. Hier liegt die Herausforderung: die sich

Vom Wissenstransfer zur Wissenszirkulation als Schlüssel zum Erfolg 49

stetig verändernden Schnittstellen müssen beobachtet und auf deren Auswirkungen bzw. Änderungen entsprechend reagiert werden. Wie nutzen Sie es nun ? Es geht darum, die Gleichwertigkeit der MENSCHEN in Ihrem Unternehmen anzuerkennen. Wissens- und Informationstransfer kennt keine hierarchischen Unterschiede, keine besseren, wertvolleren oder weniger wichtigen Partner. Jeder Partner in Ihrem Team hat eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Eine Aufgabe, die einem klar definierten Zweck dient: dem Unternehmensziel. Die Reinigungskraft ist wesentlich und essentiell für den Erfolg Ihres Unternehmens. Sauberkeit und Ordnung sind das Aushängeschild einer jeden vollstationären Einrichtung, als Beispiel. Versagt dieses Leistungsglied in der Kette Ihrer Dienstleistungen, dann wird sich das direkt auf Ihren Erfolg auswirken. Jeder Mitarbeiter hat seine wesentliche Aufgabe. Immer wieder vergleiche ich dies mit einem Uhrwerk. Egal, ich betone: Egal, wie groß das Zahnrad im Uhrwerk ist, wenn es nicht optimal funktioniert, kann keines der Zahnräder davor oder danach seine Aufgabe Abbildung 6.9  Wissenszirkuerfüllen. Ergebnis: Die Uhr geht nicht mehr oder lation als funktionierendes Uhrfalsch ! An dieser Stelle liegt auch der entschei- werk in einem erfolgreichen Unternehmen; Quelle: www. dende Motivationsfaktor, der den Übergang von pixabay.com© der extrinsischen hin zur intrinsischen Motivation ermöglicht. Das Bewusstsein der Partner, dass Sie absolut essentiell für den Erfolg des „Gesamtorganismus“ Unternehmen sind, dass sie Bestandteil von etwas sind, nicht nur Erfüllungsgehilfen oder gar „Mit-arbeiter“, führt zu einem entscheidenden Effekt. Praktisch geht dies nur, wenn sichergestellt wird, dass aktuelles und neustes Wissen in das Unternehmen kommt. Durch Fort- und Weiterbildungen, Schüler, Praktikanten, Fachbücher, Fachzeitungen oder auch die gezielte Zusammenarbeit mit einer wissenschaftlichen Fakultät. Warum nicht Projekte gemeinsam mit einer Hochschule gemeinsam planen ? Der Studiengang Pflegewissenschaften, Pflegemanagement, Pflege etc. ist oft froh über Projektpartner, die spannende Projekte im Feldversuch zur Verfügung stellen. Fazit   Entscheidend ist, dass jedes Teammitglied versteht, dass Qualität jederzeit immer und an jedem Ort und durch jede Tätigkeit im Unternehmen erbracht wird. Es gibt keine Loslösung von Qualität und Unternehmenszielen. Es gibt auch keine Zeiten für Qualität. Qualität ist immer und überall. Qualität zu erreichen,

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ist ein Prozess, der in jeder Minute mit jeder Handlung, mit jedem Wort, Mimik oder Gestik passiert. Sie ist das Unternehmen, die Dienstleistung, der Kundenwille. Qualität ist nicht die Aufgabe des einen, des Qualitätsbeauftragten, des Chefs, der Verwaltung. Die Gewährleistung von Qualität ist die fundamentale Aufgabe aller Prozessbeteiligten ! Dabei muss verinnerlicht werden, dass der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) alles ist, was in einem Unternehmen getan, gedacht und geredet wird. Der PDCA-Zyklus ist ein Werkzeug für die sinnvolle Durchführung von Einzelprojekten innerhalb des Gesamtprozesses KVP. Wissen und Verstehen seitens aller Teammitglieder ist die Basis bzw. die Grundlage für erfolgreiches Umsetzen und Durchführen kontinuierlichen Qualitätsstrebens.

Literaturverzeichnis Fox, R. (2017). Bionische Unternehmensführung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden Gmbh.

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Das Lean Management – schlank ist in

7.1 Geschichte des Lean Managements Der Einfachheit halber und weil es in diesem Buch nicht um die Geschichte geht, zitiere ich die zeitlichen Hintergründe zum Lean Management an dieser Stelle: „Entstanden sind die Methoden des Lean Managements seit Mitte des 20. Jahrhunderts bei dem japanischen Automobilhersteller Toyota, dem es auf diese Weise gelungen ist, stabile Prozessorganisationen zu gestalten, die Grundlage des erreichten Qualitätsniveaus seiner Produkte sind. Beschrieben wurden die Methoden zuerst in den Büchern von James P. Womack und Daniel T. Jones (The Machine that Changed the World, Lean Thinking1), am Beispiel von Toyota, aber auch anderer Unternehmen. Womack und Jones haben auch den Begriff „Lean Thinking“ geprägt, der in der deutschen Übersetzung („lean“ = „schlank“) häufig missverstanden wird. Lean Management wird inzwischen weltweit in nahezu allen Branchen erfolgreich angewendet und beschränkt sich nicht mehr nur auf fertigende Prozesse (Lean Production), sondern bezieht auch andere Geschäftsbereiche ein, wie etwa die Instandhaltung (Lean Maintenance) oder die Geschäftsprozesse (Lean Administration) zum Beispiel bei der Erstellung von Dienstleistungen oder als unterstützende Prozesse zum Beispiel bei der Auftragsabwicklung. Viele namhafte Unternehmen haben Lean-Projekte und -Produktionssysteme eingerichtet, die das Toyota Production System zum Vorbild haben. Auch in Deutschland ist seit einigen Jahren wieder vermehrtes Interesse an Lean Management zu beobachten, das auch in der Forschung zum Thema wurde.“ (Wikipedia, 2018)

1

Schlankes oder auch mageres Denken.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_7

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Das Lean Management – schlank ist in

Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass Lean Management eigentlich mit Henry Ford begonnen hat. Er hat, durch Fließbandarbeit seine Produktion zu verschlanken und somit den Output seines Unternehmens zu verbessern versucht. Das war schlankes Denken. Kommen wir nochmals zum Lean Thinking zurück. Hierbei ist es wichtig, dass ein Unternehmen es schafft, dass alle Partner diesen schlanken Gedanken­ ansatz verinnerlichen und leben. Mit möglichst wenig Ressourcen die höchst mögliche Leistung, Qualität, Kundenzufriedenheit erreichen. Das sind die Grundpfeiler des Lean Thinkings ! Die Partner selbst sollten die sie konfrontierenden Prozesse durchdenken und kritisch hinterfragen. Fragen wie: ■■ Muss das jetzt sein ? ■■ Ist das in diesem Ausmaß notwendig ? ■■ Welche Auswirkungen hat das auf mich, mein Team und den Kunden ? Müssen in Zukunft vermehrt gestellt und beantwortet werden.

7.2 Lean Management in der Pflege Worauf kommt es in diesem zentralen Kapitel an 1) Wissen über die einmaligen Chancen, die in diesem neuen System liegen. 2) Überzeugung, dass intrinsische Motivation, effiziente Innovationen sowie Vielfalt, Kreativität, das Arbeiten in Netzwerken, Empathie und Autonomie, die Eckpfeiler sind, die in Zukunft die Antworten auf die Fragen der Unternehmen, unabhängig ob klein oder groß, in der Pflege sein können. 3) Wenige aber sinnvolle Lean-Instrumente, die Pflege effektiver werden lassen. 4) Agilität in großen wie in kleinen Pflegeunternehmen ist existenziell. Was bedeutet eigentlich schlanke Unternehmensführung bzw. Unternehmenskultur in der Pflege ? Beginnen wir zunächst, wie in Kapitel 3 „Potenziale in der Pflege“ darüber nachzudenken, wie in den nächsten Jahren die Anforderungen an Pflege im Allgemeinen und Speziellen sich entwickeln werden und welche Antworten Ihre Organisation darauf finden kann. Lean Management im Kontext mit Pflege 4.0 ist weit mehr als einfach nur schlank und effizient.

Lean Management in der Pflege 53

Lean Management in seiner Reinform ist ein Qualitätsmanagementsystem, welches aus dem Zeitalter von Wirtschaft 3.0 stammt. Wir könnten auch sagen, aus der Zeit von Pflege 3.0. Aus diesem Grund ist der Ansatz heute nicht nur schlank, einfach und standardisiert, sondern auch innovativer, autonomer und emphatischer. Ergänzende Unternehmensführungsansätze wie die bionische Unternehmensführung kommen hinzu. Die Betrachtungsebene ist bereits höher geworden. Genau dieser Grund ist es auch, der alle Prozessbeteiligten auf die gleiche Wissensbasis stellt. Die Vereinheitlichung der Pflegeausbildung ist da ein mög­ licher Weg. So können wir heute mit Fug und Recht sagen, QM-Pflege-4.0 ist ein weiterentwickeltes Unternehmensführungssystem, welches sich der Lean-Managementgrundätze und -Handlungsweisen bedient, diese jedoch entscheidend weiterentwickelt – hin zu einer vernetzten Form von erfahrungs- und wissensbasierter, gemeinsamer Unternehmensentwicklung, -führung und -steuerung. Etwas Neues, etwas anderes in einem Unternehmen einzuführen, bedarf einer Herangehensweise, die zeitgleich alle beteiligten Personen nicht nur mitnimmt, sondern begeistert und die betroffenen Prozesse so kalibriert, dass der eindeutige Mehrwert für die beteiligten Personen klar im Vordergrund steht. Diese Personen sind nicht nur Ihre Mitarbeiter, sondern auch Ihre Kunden. So können wir für die Einführung von QM-Pflege-4.0 festhalten: 1) Philosophie und der Umgang werden sich bei Einführung und dem darauffolgenden Prozess verändern (Nahziel: Prozesse optimieren; Fernziel: Unternehmenskultur verändern). 2) Strukturen und Prozesse werden sich als effizienter und sinnstiftender erweisen. Lean Management: Was heißt das ? Nähern wir uns zunächst der Begriffserklärung an, um in der Folge besser die Par­ allelen zur Pflege finden zu können.

Definition 1   „Unter Lean Management wird ein Managementansatz verstanden, der sich insbesondere durch die Grundprinzipien der Dezentralisierung und der Simultanisierung auszeichnet und dabei sowohl unternehmensintern als auch unternehmensübergreifend das Ziel verfolgt, eine stärkere Kundenorientierung bei konsequenter Kostensenkung für die gesamte Unternehmensführung herbeizuführen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

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Das Lean Management – schlank ist in

Definition 2   „In unserem Verständnis repräsentiert Lean Management die permanente, konsequente und integrierte Anwendung eines Bündels von Prinzipien, Methoden und Maßnahmen zur effektiven und effizienten Planung, Gestaltung und Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette von Gütern und Dienstleistungen.“ (Weiß, 2007)

Die zweite Definition ist weitgefasst und sagt noch nicht viel darüber aus, wie genau Sie QM-Pflege-4.0 in Ihrem Unternehmen umsetzen sollen bzw. wie genau dieses System bei der Umsetzung von QM-Pflege-4.0 helfen kann. Beide Definitionen teilen zunächst nichts über Mitarbeiter, Organisationstrukturen und zukünftige Anforderungen diesbezüglich mit. Diesen Bogen werden wir jetzt gemeinsam spannen. Zunächst gilt es, Anforderungen und Ziele so miteinander zu verbinden, dass sie annähernd kongruent sind. Mögliche Ziele in dem Zusammenhang mit QM-Pflege-4.0 an Ihr Unternehmen können sein: 1) Pflegezeiten optimieren und den Nutzungsgrad2 optimaler gestalten. 2) Nicht wertschöpfende Tätigkeiten reduzieren. 3) Verhältnis der wertschöpfenden zu der nicht wertschöpfenden Zeit zu Gunsten der wertschöpfenden Zeit optimieren. 4) Einfache Prozessorientierung und Stabilisierung durch z. B. strukturierte Problemlösungsprozesse wie „Poka Yoke“ und „Kanban“. 5) Neue Mitarbeiterführungsansätze wie z. B. Management by Delegation einführen. 6) Mitarbeiter vom Kostenfaktor hin zu dem wirtschaftlich entscheidenden Treiber für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg entwickeln. 7) Effiziente Innovativität mit Agilität zu dem einen Change-Managementprozess so vereinen, dass Unternehmen auch noch in 20 Jahren ganz vorn mitspielen. 8) Intrinsische Motivation stärken. 9) Kreativität fördern. 10) Arbeiten in Netzwerken (intern wie auch extern). Spätestens an dieser Stelle merken Sie, dass die Anforderungen ganz andere sind, als die, denen Sie heute ausgesetzt sind.

2

Was können Sie der der vorgegebenen Zeit für den Kunden tun ?

Lean Management in der Pflege 55

These 1: Heute läuft sich der Kreislauf nach besseren MDK-Noten, besseren Heim-

aufsichtsbegehungsergebnissen, fehlerfreien Gesundheitsamtskontrollen und teilweise abweichungsfreien Zertifizierungsaudits zunehmend heiß. Dazu kommen bei großen Betreibern noch die internen Audits, die den Druck und die Prüfungsbelastung noch zusätzlich anheizen. Dieser zum Teil fatale Weg hat zu einer Qualitäts- und Dokumentationswut geführt, die in allen Bereichen der Wirtschaft in Deutschland seines Gleichen sucht.

These 2: Andere Anforderungen sind die der Belegungssicherung, Gewinnsteige-

rung, Mitarbeiterkostenoptimierung usw. Dafür erfassen und übermitteln Füh­ rungskräfte ständig eine Vielzahl an Zahlen und Daten, die dann als Kennzahlen in Steuerungstools wieder auftauchen. Diese kennzahlenorientierte Steuerungswut ist zeitintensiv und nicht immer effektiv ! Es ist gut, wenn Sie der einen oder anderen These wiedersprechen können, weil bei Ihnen diese Prozesse bereits in dienliche Instrumente umgewandelt worden sind und somit ihren Beitrag an der notwendigen Transparenz und Effektivität leisten. Dabei, Hand aufs Herz, wie effizient sind Ihre Qualitätssicherungs- und Controllingtools wirklich ? Wie oft finden Sie sich als „Knechte“ der Zahlen sowie deren Generierung und Weiterleitung wieder ? Worum geht es zukünftig in der Pflege wirklich ? Es geht um den Kundenwillen, den Kundenwunsch, das Kundenbedürfnis. Es geht darum, diese im ersten Schritt effektiv3 zu ermitteln, mit geeigneten Instrumenten zu ermitteln und nachhaltig zu sichern. Diese drei Aspekte sind leider nicht immer mit den im vorhergehenden Absatz aufgeführten Anforderungen seitens der Gesetzgeber übereinstimmend. An dieser Stelle setzt das neue QM-Pflege-4.0 als Unternehmenskulturansatz an. Mit der Konzentration auf die wesentlichen Prozesse zur Erlangung des Kundenwunsches, dem die Kundenzufriedenheit inhärent ist, erschöpfen sich die Anforderungen an einen Gesundheits- und Sozialdienstleister eigentlich. Das klingt banal, ist es jedoch in keiner Weise ! Wie können die unterschiedlichen Basisschwerpunkte für QM-Pflege-4.0 aussehen ?

3

Wir haben ja gemeinsam erarbeitet, dass Effektivität ebenso ein Ansporn zu Ehrgeiz ist. Effektivität ist im zweiten Schritt jedoch nicht mehr von zentraler Bedeutung.

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Das Lean Management – schlank ist in

Abbildung 7.1  Basisschwerpunkt für QM-Pflege-4.0; Verfasser©

Unternehmensziele SMART zu definieren und zu formulieren, ist unter den Gesichtspunkten von QM-Pflege-4.0 eine echte Herausforderung und zwar für die gesamte Organisation. Als Unternehmensziele haben sich folgende Anforderungen in der Praxis bewährt: 1) So wenige wie möglich. 2) So kurz wie möglich. 3) So erreichbar wie möglich. Fallbeispiel   Große Träger der vollstationären Pflege arbeiten nicht nur mit ausgeklügelten und sehr umfangreichen Qualitätsmanagementsystemen, sie definieren auch Top-down-Qualitätsziele für die jeweilige Einrichtung. Fatal ist dabei lediglich, dass die Führungskräfte der unteren und mittleren Führungsebene die Inhalte und den Umfang der Ziele weder kennen, noch in deren Umsetzung involviert sind. Ziele werden bei Fälligkeit ad hoc versucht zu realisieren. Ohne tiefes Wissen über die Hintergründe, den Nutzen und die Unternehmensstrategie dahinter. Transparenz gleich Null. Somit findet auch kein Bottom-up-Rückkopplungsprozess statt, der dringend notwendig wäre, um dauerhaft Qualität sichern zu können.

Lean Management in der Pflege 57

Es ist für ein Unternehmen zwar durchaus üblich, aber nicht richtig, wenn es nur ein einziges Unternehmensziel hat. Dieses eine Ziel oder die Ziele ist/sind dann das Thema des Jahres. Der Schwerpunkt des Jahres (ohne dabei die anderen ebenfalls wichtigen Punkt völlig unter den Tisch fallen zu lassen). Die Konzentration des Jahres aller Kräfte hin auf das eine Ziel ! Der Fokus wird dabei zumeist auf den größten „Schmerz“ gelegt. Kann aber auch auf die größten Chancen für die Zukunft gelegt werden, wenn Sie im Rahmen einer SWOT-Analyse4 (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018) festgestellt haben, dass Ihr Unternehmen jetzt das eine oder andere tun sollte. Bleiben wir bei dem Schmerz: Als solcher wird bezeichnet, wenn sich unternehmerische Herausforderungen (Probleme) herauskristallisiert haben, die dem Unternehmen jetzt oder zukünftig Probleme bereiten können. Hinweis   Wenn Sie Ihre Mitarbeiter von der Küchenhilfe bis zur Topführungskraft auf dem Weg der Ziele nicht verlieren wollen, sollten Sie dringend darauf achten, dass Sie nur eine wirklich sehr begrenzte Anzahl von Zielen pro Jahr definieren. Diese sollten darüber hinaus einfach formuliert, nachvollziehbar in der Zielstellung und realistisch in der Erreichbarkeit sein. Eben SMART !

Kurz und gut, es geht um schlankes Arbeiten, schlankes Managen, schlankes Denken. Klingt einfach, ist es auch. Der Haken an der Sache ist nur, dass man durch „Betriebsblindheit“, Bequemlichkeit und Desinteresse ständig daran gehindert wird, Prozesse kritisch zu hinterfragen. Dieses kritische Hinterfragen braucht es, um dem Grundsatz des Lean Managements zu entsprechen: Nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen kann. Dabei den goldenen Mittelweg zwischen der sinnhaften Prozessoptimierung und sinnloser Zeit- und Ressourcenverschwendung zu finden, ist nicht leicht. Der Verfasser ist sich sicher: Sie schaffen das mit Leichtigkeit ! „Wie ?“, werden Sie sich fragen. Mit Recht. Gehen Sie stets von dem Grundsatz aus: „Alles, wofür der Kunde nicht bereit ist, zu bezahlen, ist Verschwendung (Muda5).“

4 5

Dt. Abk. für Analysis of strengths, weakness, opportunities and threats; die Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse stellt eine Positionierungsanalyse der eigenen Aktivitäten gegenüber dem Wettbewerb dar. Muda (jap.) = Verschwendung.

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Das Lean Management – schlank ist in

Anders erklärt, alles was nicht unmittelbar an ihrer Tätigkeit wertschöpfend, das heißt: abrechenbar ist, ist Verschwendung und gehört minimiert. Jetzt werden die „vollstationären“ unter Ihnen sagen, wir werden „leider“ pauschal vergütet, das heißt, wir können nicht so genau sagen, was wertschöpfend ist und was nicht. Nein ? Können Sie das wirklich nicht ? Ich sage: ja, Sie können ! Woran wird Ihre Arbeit in vollstationären Pflegeeinrichtungen gemessen ? Richtig: Aufbau-, Ablauf- und Ergebnisqualität. Dazu kommt die Behandlungspflege, die noch in dieser Pauschale inkludiert ist.

Abbildung 7.2  Bestandteile der Ergebnisqualität; Verfasser©

Vollstationär wird die Frage nach den qualifikationsbezogenen Aufgaben aufge­ worfen. Diese enthalten sehr viel Verschwendungspotenzial. Vor allem, wenn der ständig erwähnte Personal- und Fachkräftemangel erwähnt wird. Es stellt sich die Frage: ■■ Wenn ich zu wenige Fachkräfte habe, warum setze ich diese so oft völlig falsch und verschwenderisch ein ? ■■ Warum macht diese knappe Ressource „Fachkraft“ Tätigkeiten, für die ich nicht zwingend eine Fachkraft benötige ? ■■ Warum schaffen es viele Träger nicht durchgängig, die Aufgaben unter dem Gesichtspunkt der Verschwendungsminimierung zu verteilen ? Weiter stellt sich die Frage: ■■ Könnte man die Fachkraftquote von z. Zt. 50 % in vollstationären Einrichtungen auf z. B. 30 % senken, ohne dabei die Qualität zu gefährden ? ■■ Wie müsste Organisation und Einsatzplanung aufgebaut sein, um mit diesen 30 % Fachkräften eine adäquate Pflege zu garantieren ? Die Annahme, dass die quantitative Fachkraftquote für Qualität steht und diese garantiert, ist irrig und hat sich längst überholt. Das bedeutet nicht, dass es ratsam

SMART 59

ist, die Minimalforderung von 50 % Fachkräften in Pflegeeinrichtungen soweit abzusenken, wie es dem vorhandenen Markt entspricht, sondern die Flexibilität zwischen den vorhandenen und realistisch zu bekommenden Fachkräften und den Bedarfen des Marktes zu halten. Niemanden ist damit geholfen, dass die Versorgung der Bevölkerung nicht sichergestellt ist, weil starr an Fachkraftquoten festgehalten wird. Vielmehr sollten wir über realistische Pflegeschlüssel sprechen, die verbindlich für alle Einrichtungen ihre Gültigkeit haben. Auch die Kopplung von Fachkraft an Pflegegradmix ist ein Denkansatz, der zu diskutieren ist. Diese Kopplung sagt, je höher der Pflegegradmix ausfällt, desto mehr examinierte Fachkräfte werden benötigt. Entscheidend würde dann sein, wo die Minimalanforderung oder die maximal vorzuhaltende Anzahl an examinierten Mitarbeitern ist.

7.3 SMART An dieser Stelle ein kurzer Ausflug in die Welt von SMART:

Abbildung 7.3  SMART; Verfasser©

Abbildung 7.4  SMART und Thielefaktor; Verfasser©

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Das Lean Management – schlank ist in

Für alles gibt es Regeln. Diese sollen den Prozess zur Erreichung von gewissen Ergebnissen erleichtern. Die SMART-Regeln helfen dabei, den roten Faden bei der Suche und Festlegung von Zielen nicht zu verlieren. Ein Ziel sollte zu jedem Zeitpunkt absolut S spezifisch auf den Punkt gebracht werden, ohne Missverständnisse, Zweideutigkeiten oder ähnliches. M messbar sein, also sowohl das Ergebnis wie auch die Zielvorgaben müssen mit Zahlen, Daten und/oder Fakten beleg- und nachweisbar sein. A attraktiv sein: Nur Ziele, die von allen Mitarbeitern auch angenommen werden, weil sie gemeinsam erarbeitet wurden und ein tiefes Verständnis für dieses Ziel vorherrscht, werden alles dafür geben, dass diese Ziele auch erreicht werden. R realistisch sein: Nur Ziele, die auch wirklich erreichbar sind und zwar in der dafür vorgesehenen Zeit, werden auch erfolgreich abgeschlossen. Nur wenn Ihre Mitarbeiter Ziele erfolgreich erreichen und für sich einen spürbaren Mehrwert daraus ziehen können, werden sie auch an den nächsten Zielen vereint arbeiten. T terminiert sein: Jedes Ziel, jede Vereinbarung, Absprache benötigt für seine Verbindlichkeit eine klare Zeitvorgabe. Dadurch kommt Dynamik und Verbindlichkeit in die tägliche Arbeit. Was ist nun der Thielefaktor ? Der Thielefaktor zieht mit einer zusätzlichen Dimension den Kreis erst rund. Er besagt, dass der SMART-Prozess nicht mit der Festlegung des zeitlichen Rahmens beendet ist. Er ist erst dann beendet, wenn die Führungskräfte mit den verantwortlichen Mitarbeitern und dem Team gemeinsam festgelegt haben, was sie dafür benötigen, um das Ziel auch erreichen zu können. Es geht darum, nicht nur die Verantwortung abzugeben, sondern auch dazu zu befähigen ! Das sind zumeist Ressourcen in zeitlicher, materieller oder personeller Hinsicht. Durch die Beachtung dieses Faktors erhöht sich die Zielerreichungsquote signifikant. Auch erhöht sich die Akzeptanzrate für diese Ziele. Wenn der Mitarbeiter und das Team die Wertschätzung erhalten, die durch eine Frage nach den Ressourcen, und Notwendigkeiten, die für eine Zielerreichung notwendig sind, auch tatsächlich gestellt werden. So viel zu der handwerklichen Abfolge bei der Zieldefinierung. Wichtig und entscheidend ist die Beachtung des psychologischen Hintergrundes im Rahmen der Zieldefinierung. Es ist nicht einfach, Probleme, Aufgaben und Herausforderungen so in ein Ziel zu gießen, dass es für alle am Ende nachvollziehbar ist.

SMART 61

Transparenz ist dabei das Zauberwort. Wenn Mitarbeiter nicht wissen, wo die Aufgaben für das Unternehmen liegen, können sie auch nicht aktiv an der Lösung dieser Aufgaben mitwirken. Die Schaffung einer solchen Transparenz ist eine große Hürde, die es zu nehmen gilt. Im QM-Pflege-4.0 gibt es keine Wissenslücken und keine Transparenzlöcher mehr. Zumindest wird jeden Tag an dessen Minimierung gearbeitet. Die Schnittstellen und deren Problemstellungen sind ein weiteres Thema. Schnittstellen sind grundsätzlich anfällig für Störungen. Unklare Zuständigkeiten und unterschiedliche Auslegung der Aufgaben sind da nur zwei Beispiele für nicht funktionierende Schnittstellen. Ein wesentlicher Beitrag zur Beseitigung dieser Probleme bietet dabei QM-Pflege-4.0. Durch die abteilungsübergreifenden Zielformulierungen und die verantwortliche Herangehensweise an die Belange des Unternehmens ist jedem einzelnen Mitarbeiter, unabhängig von der Abteilung, klar, welche Folgen sein Handeln oder auch Nichthandeln für das Unternehmen und somit auch für ihn hat. Fallbeispiel   Das Essen ist in den oberen Wohnbereichen oft zum Mittag zu kalt. Schnittstelle: Küche – Wohnbereiche/Stationen Dadurch, dass Mitarbeiter sich nicht ausreichend mit dem Unternehmen und dessen Aufgaben/Zielen identifizieren, sehen die Hauswirtschafts- bzw. Küchenmitarbeiter nicht immer ihre größte Priorität darin, dass das Essen, wenn es ihren Zuständigkeitsbereich verlassen hat, auch für längere Zeit auf dem Wohnbereich/der Station so warm bleibt, dass es vom Kunden auch wirklich als Qualität empfunden wird.

Andere Situation   Dem Mitarbeiter sind die Unternehmens-, Abteilungs- und persönlichen Ziele bekannt. Er weiß, wie wertvoll sein Beitrag am Gesamterfolg ist und wie wichtig dieser Erfolg für das Unternehmen ist. Er wird also auch auf dem Wohnbereich/der Station alles dafür tun, dass das Essen noch ausreichend warm bei Bewohnern/Patienten ankommt (intrinsische Motivation). Das sind nicht viel mehr Handgriffe, meist nur wenige, die auch nicht viel mehr Zeit benötigen. Sie werden getan und verbessern damit das Gesamtergebnis. Sie sind dem gemeinsamen Ziel etwas näher.

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Das Lean Management – schlank ist in

7.4 Unternehmensziele SMART definieren SMART haben wir bereits weiter oben erläutert.

Unternehmensziele konsequent kontextbasiert mit den Mitarbeitern, dem Team gemeinsam zu erarbeiten, ist ein völlig neuer Gedankengang, der auf Vertrauen, Zutrauen und Autonomie basiert. Nicht nur die Umsetzung ist in der Verantwortung der Mitarbeiter, sondern auch die vorhergehende Planung und Zieldefinierung. Das setzt, wie ebenfalls erwähnt, voraus, dass zum einen die quantitative Zielmenge überschaubar und machbar bleibt, und zum anderen die Ziele erreichbar sind. Die Partizipation der Mitarbeiter bzw. der Teams als Ganzes ist die nächste Stufe. Die beteiligten Teams merken sichtbar den Erfolg ihrer Arbeit. Der Anspruch an den Arbeitgeber steigt erheblich, muss er doch jetzt sein Tun und Handeln, seine Gedanken, Pläne und Ziele verständlich und nachvollziehbar mit den beteiligten Teams/Mitarbeitern diskutieren und diese aktiv einbinden. Hier an dieser Stelle möchte ich meine Ausführung aus dem Buch Wohngemeinschaft für Senioren und Menschen mit Behinderungen einfügen. Dieses Buch ist das erste einer Reihe von drei Büchern, wobei Sie das Dritte davon soeben in Ihrer Hand halten. Die Frage der Fragen ! Oder anders ausgedrückt: „Wer den Hafen nicht kennt, dem ist kein Wind der richtige.“ (Seneca) Aus diesem nicht unwesentlichen Grund ist die legitime Frage nach dem Ziel die entscheidende für Ihr bestehendes oder auch zukünftiges Unternehmen. Olfert und Rahn schreiben in ihrem Lexikon der Betriebswirtschaftslehre zur Thematik Ziel (Olfert & Rahn, Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 1996, S. 992): „Das Ziel ist eine Aussage mit normativem Charakter, die einen gewünschten, zukünftigen Zustand der Realität beschreibt. Es hat drei Dimensionen: ■■ Inhalt ■■ Ausmaß ■■ Zeitbezug.“

Sehr theoretisch, was ? Was will es dem Praktiker sagen ? Eine Zieldefinierung ist wie ein Gesetz, eine Norm, eine feste Regel, die der Unternehmer vorgibt und an die sich alle im Unternehmen Beschäftigten bzw. am Zielerreichungsprozess Beteiligten zwingend

Unternehmensziele SMART definieren 63

orientieren und halten müssen ! Zu ergänzen ist diese Aussage noch um die Dimension der Ressourcen. Dazu später mehr. Wie definiert man, nein besser, wie definieren Sie „das Ziel“ ? Hier muss jeder Unternehmer mit sich selbst ins Benehmen kommen.

Abbildung 7.5  Bildliche Darstellung von Zieldefinierung/ Fokussierung; Quelle: www.pixabay.com©

Mögliche Ziele: a) Höherer Umsatz b) Mehr Kunden c) Größerer Marktanteil d) Mehr Mitarbeiter e) Dienstleistungsdiversifikation/Portfolioerweiterung Sind Sie sich sicher, dass das alle Ihre Ziele sind ? Was ist mit: f) g) h) i)

Macht, Konkurrenten überflügeln/Marktpositionierung, Konkurrenten aus dem Markt drängen, Gewinnsteigerung ?

Kann es sein, dass vielleicht f–i die Ursachen für a–e sind ? Man sollte UrsacheWirkung nicht verkennen. Dies führt zur falschen Zielsetzung bzw. zum Ignorieren von echten Zielen und somit zur fehlerhaften Priorisierung von Maßnahmen. In der Kausalität steht immer der Mensch an erster Stelle, der Mensch mit seinen psychischen, emotionalen und sozialen Befindlichkeiten, Hintergründen und Ausrichtungen. Diese definieren auch das Ziel. So gibt es nicht wenige Pflege­ dienstinhaber, die weder eine Wohngemeinschaft (WG) noch eine Tagespflege (TP) planen oder sich vorstellen können, diese zu betreiben. Sie genügen sich in ihrem Angebot, und das ist gut so ! Andere „Mitbewerber“ neigen zu expansivem Denken und Handeln und wollen mehr aus ihrem Unternehmen machen. Dafür benötigen sie neue Dienstleistungen und vor allem neue (alte) Kunden, die diese Leistungen in Anspruch nehmen. Der Autor ist der Ansicht: Wer stehen bleibt, der läuft unter Umständen Gefahr, sich zurückzuentwickeln. Der Markt verändert sich. Er wird nicht nur breiter, sondern auch tiefer. Breit meint, dass mehr unterschiedliche Angebote auf den Markt drängen. Die Individualität ist dabei eine der Ansatzpunkte für Angebotsdiversifikation. Tief meint, dass das Anspruchsniveau für die einzelnen

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Das Lean Management – schlank ist in

Dienstleistungen stetig wächst. Für diese Entwicklung ist unter anderem die wissenschaftliche Weiterentwicklung verantwortlich, aber auch die Ansprüche der Kunden und Dienstleister. „Einfach nur versorgt“ ist nicht mehr der Anspruch, den wir haben. Es geht um Lebensqualität, um Teilhabe, um den richtigen Umgang miteinander. Kundenwünsche und Anforderungen verändern sich nicht nur proportional zu den Veränderungen unserer Gesellschaft. Aus dieser Sicht kann die sinnvolle Fokussierung auf ein Fachgebiet (z. B. ambulanter Pflegedienst), die zu einer hohen Form der Spezialisierung führt, gut und richtig sein, wenn der das Unternehmen umgebende Markt dies hergibt und stabil in seiner Ausformung ist. Ballungszentren, Städte und andere dichter besiedelte Regionen erleben z. Zt. eine dynamische Umschichtung. Diese Umschichtung hat den demografischen Wandel als eine Ursache. Die andere ist die Veränderung der Lebensthemen und der Prioritäten, die die Menschen in ihrem Leben setzen. Familie sowie die Pflege und Betreuung verlieren gegenüber der Karriere an Dominanz. Auch die Zunahme von Komplexitäten innerhalb der Gesellschaft machen gebündelte Angebote aus Sicht der Kunden notwendiger denn je. Hier setzt dieses Buch an. Nicht zuletzt ist das Thema der Digitalisierung (Pflege 4.0) von hoher Relevanz für die Änderung des Marktes. Notwendigkeit von schnelleren Entscheidungen, schnellere und höhere Verfügbarkeit von Daten, mediale Präsenz, Transparenz gegenüber medienerfahrenen Kunden, stärkeres Selbstbewusstsein der Kunden etc. Karriere ist in einem modernen Unternehmenssystem nicht mehr die zentrale Motivation. Der sogenannte „ranghierarchische Aufstieg“ (Spiesshofer, 1991, S. 36) findet so nicht mehr statt. „Karriere“ wird in Zukunft anders definiert werden müssen. Wie können in einem modernen Führungssystem Erfolg und Karriere aussehen ? Durch Wertsteigerung für das Team. Ihre Erfahrungen in vernetzten, hierarchiearmen oder sogar hierarchielosen Organisationen sind im wahrsten Sinne des Wortes „Gold“ wert ! So erfordert das effiziente Arbeiten im 21. Jahrhundert nicht nur ein hohes Maß an Fachwissen, nein, es erfordert vor allem soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Transparenzwillen und Teamgeist ! Dazu kommen Eigenverantwortungsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Zielorientierung, Motivationskompetenz und Begeisterungsfähigkeit. Und sind Sie immer noch der Meinung, dass es in einer solchen neuen Unternehmensform keine Möglichkeiten der Entwicklung gibt ? Damit haben wir auch gleich die Kriterien für die Partnerauswahl enger gefasst. Im Rahmen von „Cultural fit“6 zählen in Zukunft auf jeden Fall ganz andere Schwerpunkte für eine Persönlichkeit, die in einem solchen Unternehmen arbeiten kann. 6 Kann mit einer größtmöglichen Übereinstimmung von Partner und Unternehmen hinsichtlich der Wertevorstellungen und somit der Unternehmenskultur definiert werden.

Unternehmensziele SMART definieren 65

Zu beobachten ist im ambulanten Bereich der Sozialwirtschaft, dass die meisten Pflegedienste in Deutschland eher klein sind. Die Unternehmensvielfalt bzw. die Volatilität spielen sich ebenfalls bei den eher kleinen Pflegediensten ab. Die größeren Pflegedienste (ab 75 Kunden aufwärts) stecken Schwankungen in der Erlösstruktur besser weg. Aus diesem Blickwinkel und dem weiteren Blickwinkel des stark umkämpften Pflegemarktes ist es eher sinnvoll, sich breiter aufzustellen und die einzelnen Dienstleistungskomponenten so zu platzieren, dass diese für sich genommen zur Bewirtschaftung geeignet sind und bleiben. Ungeachtet dessen, sind sie wesentliche Teile der gesamten Unternehmenswertschöpfungskette. Also werden Sie sich darüber im Klaren, was Sie wollen. Was ist Ihr wirkliches Ziel ? Meistens geht es um die Durchsetzung am Markt. Sie wollen schneller mit einer Leistung vor Ort sein als die Mitbewerber. Sie möchten Ihrer bestehenden Klientel eine Leistung anbieten, die es dieser ermöglicht, bei Ihnen in der Versorgung (Wertschöpfungskette) zu bleiben. Ansonsten wandert diese Klientel in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung oder eine Wohngemeinschaft eines Mitbewerbers ab. Tatsache ist dann, der Kunde und somit der mit ihm erwirtschaftete Erlös ist für Sie unwiederbringlich verloren und zwar auf der gesamten Wertschöpfungslinie ! Wie oft kann und will man sich das als Pflegedienst leisten ? Überwiegend gehen Kunden mit Pflegestufe II oder auch III und erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz in eine Pflegeeinrichtung. Das heißt für Sie als Pflegedienst zumeist weit mehr als 1 000 €, 1 500 € oder sogar 3 000 € im Monat Erlös. Wir reden somit von ca. 12 000 – ​36 000 € Erlöseinbußen pro Jahr. Können Sie sich das leisten ? Wollen Sie sich das leisten ? Im Umkehrschluss heißt es auch, Ihr Mitbewerber setzt 12 000 – ​36 000 € pro Jahr mehr um. Wie oft kann und darf so etwas passieren, bis Sie abgehängt sind ? Diese Frage können Sie nur ganz allein für sich beantworten. Somit ist Ihnen jetzt klar, was Ihr Ziel ist ! Der nächste Schritt ist, alle Maßnahmen Abbildung 7.6  Bildliche Darund Risiken zu definieren, die notwendig bzw. stellung einen Plan zu haben; Quelle: www.pixabay.com© da sein können. Wichtig bei den Maßnahmen ist, genau zu überlegen, was Sie alles tun müssen, was Sie benötigen und wer Ihnen dabei behilflich sein kann. Die Risiken sind alle Umstände, die Sie an der Erreichung Ihres Zieles hindern oder es gar ganz unmöglich machen. An dieser Stelle reden wir auch schon von dem berühmten Plan B ! Den sollte man immer

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Das Lean Management – schlank ist in

im Leben haben, für alles, für jedes und ständig. Das bedeutet, wir beschäftigen uns am Rande auch mit Alternativlösungen, wenn es mit dem von Ihnen geplanten Projekt, aus welchen Gründen auch immer, nicht so funktioniert, wie Sie es wollen/planen/benötigen. Sie merken, wir nähern uns der Thematik der Partnerschaft, des Empowerments und in der weiteren Folge der integral-evolutionären Organisation ! Sollten Sie sich an dieser Stelle die Frage stellen, warum ich so detailliert auf Ordnung, Sauberkeit und Systeme eingehe, dann aus dem Grund, dass kein Führungssystem, keine Veränderung (Change-Management-Prozess) ohne einheitliche und vor Abbildung 7.7  Bildliche Darstellung für den „Neuen Weg“; allem verschwendungsreduzierte sowie effektive Quelle: www.pixabay.com© Strukturen funktioniert. Erst kommen die Hausaufgaben, das kehren vor der eigenen Tür, die kleinteilige Arbeit, bevor über Managementveränderungen nachgedacht werden kann. Diesen Weg müssen Sie einmal gehen. Nur nett sein, nur beteiligen, ohne dabei das „Chaos“ zu beseitigen, Verschwendung zu minimieren und dafür zu sensibilisieren, wird nicht funktionieren. Ja, ich weiß, ich wiederhole mich. Tut mir leid, aber das muss sein. „Wenn wir auch nicht sicher wissen, wie eine Handlung ausgeht, so müssen wir doch handeln, denn sonst kommt es zu keiner Veränderung. Ein Fehlgreifen in der Wahl der Mittel ist besser, als nichts zu tun.“ (Carl von Clausewitz)

Fallbeispiel vollstationär   Eine vollstationäre Pflegeeinrichtung mit 80 Betten kämpft mit erheblichem Personalmangel und einer hohen Ausfallquote durch Krankheit. Bei intensiver Betrachtung fällt auf, dass durch das u. a. despotische Führungsverhalten der Leitungskraft die Motivation der „Partner“ einen Tiefpunkt erreicht hat. Die Parameter dafür sind: (1) Bewerberquote gleich Null; (2) Arbeitsunfähigkeitsquote bei 18 % Der Träger erkennt dies und legt neben geeigneten Maßnahmen (Gespräch, Coaching etc.) Ziele für die Einrichtung fest. Ziel: 1) AU-Quote unter 12 % in dem betreffenden Geschäftsjahr 2) Anfragenquote bei mind. zwei Bewerbungen pro Ausschreibung

Identifizieren und Verbessern aller Prozesse 67

Sie sehen: zwei Ziele. Das genügt auch, wenn man bedenkt, was alles für diese Ziele notwendig ist. Hier steht ein langer und für die Leitung beschwerlicher ChangeProzess an. Nicht selten ist die Ursache für Personalmangel und hohe Ausfallquoten der mangelnde wertschätzende Umgang mit den Mitarbeitern. Diese werden hier eben nicht zu Partnern. Ein weiteres Beispiel für Ziele im vollstationären, aber auch im ambulanten Bereich ist die hohe Fluktuationsquote. Dies wurde weiter vorne im Buch bereits besprochen. Nachdem wir uns jetzt diese Schwerpunkte intensiver betrachtet haben, wird es Zeit sich mit den anderen Schwerpunkten, die darüber hinausgehen und die die Pflege maßgeblich tangieren, weiter auseinanderzusetzen. Schauen wir uns die oben aufgeführten Schwerpunkte zu Lean Management in der Pflege einmal genauer an.

7.5 Identifizieren und Verbessern aller Prozesse Es ist nicht zu unterschätzen, dass es schwerer ist als gedacht, Prozesse als solche zu erkennen und zu identifizieren. Ausgehend von der Annahme, dass in jedem Unternehmen Primär- bzw. Kern- und Unterstützungsprozesse existieren, können wir auch an dieser Stelle beginnen.

Abbildung 7.8  Prozessdarstellung Pflege; Verfasser©

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Das Lean Management – schlank ist in

Bringen wir es auf den Punkt: Alles, was Sie dem Kunden nicht in Rechnung stellen können oder anders ausgedrückt, alles wofür der Kunde nicht bereit ist, zu zahlen, ist ein Unterstützungsprozess. An dieser Stelle noch ganz unabhängig, ob sinnvoll, sinnstiftend oder nicht. Anders ausgedrückt: Alles, wofür der Kunde bereit ist, Geld auszugeben, kann man als Primär- oder auch Kernprozess bezeichnen. Um diese Prozesse geht es im ersten Schritt. Welches sind die Prozesse, mit denen Sie Ihr Geld verdienen ? Wo wird der Wertstrom durch Ihr Unternehmen „gepullt“7 ? Hier gilt es als Unternehmen einen großen Teil seiner Konzentration zu fokussieren. Die Mitarbeiter in diesem Unternehmensbereich benötigen die volle Unterstützung und Befähigung, optimal an der Dienstleistungserbringung für den Kunden arbeiten zu können. Das gilt einmal mehr im Bereich der Pflege. Die Refinanzierung pflegerischer Dienstleistungen, gleich ob sie ambulant, teilstationär oder vollstationär erbracht werden, ist so knapp gesetzt, dass der Bedarf an optimalen Prozessen und maximal unterstützenden Prozessen als besonders hoch einzustufen ist. Ein weiterer Aspekt ist der der Sinnhaftigkeit. Welche Prozesse sind in welcher Form und Ausprägung wie sinnvoll ? Das ist die Frage ! Muss dabei jeder vermeintliche Prozess beschrieben werden ? Ist es notwendig, Selbstverständlichkeiten doppelt und dreifach aufzulisten und festzuhalten ? Ist es nicht eher sinnvoll, den einen oder anderen Prozess als professionell gegeben hinzunehmen und mit der Motivation zu mehr Verantwortung und Autonomie für deren optimale Erledigung zu sorgen ? Nein, wenn es kein Prozess ist, dann muss er nicht beschrieben werden. Ist es ein Prozess, egal wie unbedeutend oder auch momentan nicht änderbar, muss er identifiziert und beschrieben werden. Oft reicht als Beschreibung der Vermerk auf einen Standard oder auch auf die aktuelle pflegewissenschaftliche Publikation.

7.6 Optimierung anfallender Notwendigkeiten – Gesetze, Verordnungen, MDK etc. Wichtig, wesentlich und nicht zu unter-, aber auch nicht zu überschätzen, sind die gesetzlichen Rahmenvorgaben in dieser Branche ! Entscheidend ist der Gedanken- und Wertewandel, weg von dem alleinseligmachenden Qualitätsdogma, hin zu einer zu erfüllenden Nebensächlichkeit. Nicht

7 Gezogen.

Optimierung anfallender Notwendigkeiten 69

die MDK-Note allein sagt etwas über die Qualität, den Umgang miteinander in einem Pflegeunternehmen aus. Dafür bedarf es einer Unternehmenskultur. Diese Kultur muss definiert und gelebt werden. Das dauert, ist aber sinnvoll. Natürlich muss auch Qualität einheitlich gemessen werden. Nur nach innen gerichtet, genügt dies nicht und muss durch eigene Parameter wesentlich ergänzt werden. Fallbeispiel   Sie können überall Werbung von Unternehmen am Pflegemarkt an Autos, in Zeitungen und auf Bussen beobachten, in denen die Prüfungsnoten des Medizinischen Dienstes der Pflegekassen herausgestellt werden, um auf sich und ihre vermeintliche Qualität aufmerksam zu machen.

Ist das so richtig ? Mit was wird an dieser Stelle wirklich geworben ? Wird ein grundsätzlich vom Gesetzgeber geforderter Sachverhalt durch diese Aktionen nicht das eine oder andere Mal überstrapaziert ? Soll dem Kunden hier eine außergewöhnliche Qualität nähergebracht werden, die so nicht als Alleinstellungsmerkmal bezeichnet werden kann. Halten wir an dieser Stelle fest: Ja, es ist absolut notwendig, sich an die Vorgaben seitens der Gesetzgeber zu halten. Ja, es ist notwendig, die nötigen Prüfkataloge mit ihren Anforderungen umzusetzen und im eigenen Unternehmen dauerhaft zu gewährleisten. Die Erreichung dieser z. Zt. noch gültigen MDK-Prüfnote bzw. Folgeinstrumente ist nicht das einzige, was in seiner Folge zu qualitätserzeugenden Maßnahmen führen sollte. Man kann es als Minimalprinzip im Qualitätsmanagement bezeichnen. Es genügt zum Betreiben des Unternehmens. Es genügt nicht, um auch im 21. Jahrhundert den Anforderungen dieses Marktes gerecht werden zu können. Anforderungen wie Fachkräfte- und Personalmangel. Motivationsprobleme, die sich in der Verweildauer der Mitarbeiter in dieser Branche widerspiegeln. Arbeitsunfähigkeitsquoten. Digitalisierung und die eben gelisteten, daraus resultierenden Konsequenzen für QM-Pflege-4.0 sowohl in der Quantität als auch der Qualität. Hier auch nicht zu vergessen, der Wertwandel innerhalb des Unternehmens als Anforderung der Mitarbeiter an das Unternehmen, ihren Arbeitsplatz und nicht zuletzt an das Leben an sich.

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Das Lean Management – schlank ist in

7.7 Prozessoptimierung an der Basis Weder das externe Controlling ist dauerhaft effektiv noch das ständige Pushen zu „noch besser, schneller und günstiger“ durch die Mitarbeiter der einzelnen Hierarchieebenen eines Unternehmens. Dauerhaft hat sich bewiesen, dass nur die intrinsischen Motivationsfaktoren der Mitarbeiter an der Basis der Schlüssel zum Erfolg in den nächsten Jahren sein werden. Die wertschöpfenden Mitarbeiter brauchen ein fundiertes und sinnstiftendes Gefühl für sinnvoll und nicht sinnvoll. Dafür sind mehrere Aspekte zu betrachten: 1) Autonomie: Als ein Schritt des Management by Delegation. Hierbei wird dem einzelnen Mitarbeiter Prozessverantwortung anvertraut. Er wird befähigt und geführt, für seine Arbeit, das Umfeld und die ihn tangierenden Prozesse Verantwortung für Effektivität und Effizienz zu übernehmen. Das klingt nicht einfach, ist es aber. Dabei beginnt alles damit, dass den Mitarbeitern durchaus zugetraut werden kann, dass sie mit Informationen, Zielen und Anforderungen etwas anfangen können. Somit ist festzuhalten, dass drei Faktoren für Autonomie notwendig sind:

Abbildung 7.9  Drei Faktoren für Autonomie; Verfasser©

Prozessoptimierung an der Basis 71

2) Transparenz: Die Unternehmensstruktur beginnt Top-down und beinhaltet Aspekte wie Unternehmensziele, Umsatz, Erlös, Belegung, Aufgaben bis hin zu Gehältern. Wer bekommt für welche Arbeit wie viel monetäre Entlohnung ? Warum werden die einen oder anderen Ziele so definiert ? Ziele werden mit den umsetzenden Mitarbeitern gemeinsam gesteckt. Das Warum wird erläutert und verstanden. 3) Innovation: Jeder Mitarbeiter kann und soll sich aktiv an der Weiterentwicklung des Unternehmens beteiligen. Nichts ist statisch. Nichts ist in Dogmen gegossen und darf nicht infrage gestellt werden. Man kann es nicht nur immer noch besser machen, man es auch unter Umständen „anders“ machen. Neue Wege gehen. Dazu gehört ein Maß an Kreativität und Innovativität. Der Feind jeder Kreativität ist die Angst: um den Arbeitsplatz, um die Position, um das Weihnachtsgeld usw. Gelingt es, den Mitarbeitern diese Form von destruktiver Angst zu nehmen, dann kommen viele in eine Situation der Beteiligung, der Kreativität und der Partizipation. 4) Partizipation: An der Zielerreichung partizipiert jeder im Unternehmen bzw. dem Team, mit dem dieses Ziel vereinbart und abgestimmt wurde. Der Kontext der Informationen und wo der einzelne Mitarbeiter sowie das Team sich darin befindet, wird herausgearbeitet. 5) Identifikation: Der Mitarbeiter kennt zu jedem Zeitpunkt seine Rolle und seinen Grad an dem Zielerreichungsprozess. Er kennt den Wert seiner Tätigkeit. Dabei ist es völlig egal, ob er dem Primär- oder Unterstützungsprozess angehört. Jeder hat in dem komplexen Gefüge Unternehmen seine Aufgabe. Er wurde befähigt, diese seine Aufgabe im Gesamtkontext der Unternehmensaufgabe zu betrachten. Z. B. gute Pflege… 6) Effektivität: Jede Handlung muss einem Ziel folgen. Handlungen ohne Ziel verlieren auch den unternehmerischen Kontext. Die Maßnahmen oder besser die erbrachten Dienstleistungen gehen im schlimmsten Fall an dem Bedarf und Wunsch des Kunden vorbei. Aus diesem Grund ist es so immanent wichtig, das Ziel exakt und eindeutig zu identifizieren und zu verifizieren. Dann und erst dann vereinbaren Sie mit Ihrem Team die Erbringung der dafür notwendigen Dienstleistung. 7) Effizienz: Steht das Ziel fest und jedes Teammitglied kennt die Aufgaben, die zu dieser Zielerreichung notwendig sind, geht es im nächsten Schritt darum, diese Ziele mit möglichst ressourcenschonenden Methoden umzusetzen. Nachhaltigkeit ist dabei ein Stichwort. Nachhaltigkeit hat mindestens drei mögliche Ebenen: 1) soziale Nachhaltigkeit, 2) ökologische Nachhaltigkeit, 3) ökonomische Nachhaltigkeit.

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Das Lean Management – schlank ist in

Abbildung 7.10  Nachhaltigkeitsprinzip; Verfasser©; Quelle Fotos: www.pixapay.com©

sozial

ökologisch

ökonomisch

Den Grad hoher Effizienz hat Ihr Unternehmen dann erreicht, wenn Sie die sozialen, das heißt ethisch-moralischen Eckpunkte genauso berücksichtigen wie die ökologischen und ökonomischen. Hier gelangen wir an den Ansatz der Ganzheitlichkeit allen unternehmerischen Handelns. Effizient ist es, den vertraglich vereinbarten Prozess (z. B. ambulante Pflege) unter Berücksichtigung der drei Eckpunkte oben mit hoher Qualität zu erbringen. Hinweis   Befähigen Sie Ihre Mitarbeiter an dieser Stelle darin, einen Wert ihrer Leistung zu erkennen und ihre täglichen Arbeiten danach zu bemessen, dann kann jeder Mitarbeiter auch besser die Sinnhaftigkeit seines Tuns einschätzen.

Fallbeispiel ambulant   Gehen wir in unserer Annahme einmal pauschal davon aus, dass eine examinierte Fachkraft bei Ihnen 50 €/h in Vollkostenrechnung kostet. Dann bedeutet dies zum einen, dass pro Minute ein Kostensatz für den Kunden von rund

Prozessoptimierung an der Basis 73

0,83 € anfällt. Sie wissen das ! Wissen das so in dieser Form auch Ihre Mitarbeiter ? Ist Ihren Mitarbeitern bewusst, dass jede Leistung, auch wenn es nur zwei Minuten extra sind, das Unternehmen ca. 1,66 € kostet ? Das nur bei diesem einen Beispiel. Machen Sie das bei diesem Kunden täglich, dann sind Sie im Monat im schlimmsten Fall bei: 50,22 € und im Jahr bei rund 600 €. Ja, Sie haben richtig gelesen: 600 € ! Bei nur einem Kunden, bei nur einer Leistung von nur 2 Minuten täglich !

Wenn ein solches unbewusste Verhalten kein Einzelfall ist, dann verlieren Ihre Mitarbeiter und Sie jedes Jahr viele Tausend Euro dadurch.

Fallbeispiel stationär   Es ist schon immer so, dass alle Mitarbeiter Wäsche auffüllen, Geschirr abräumen und dass die Wohnbereichsleitung einspringt und aushilft, wenn es „mal wieder“ brennt. Eine Pflegedienstleitung kostet nicht nur 50 €/h, sondern wahrscheinlich zwischen 60 und 75 €/h. Das sind zwischen 1 und 1,25 €/Minute.

Wie schärft sich jetzt Ihr Blick, wenn Sie auf dem Wohnbereich stehen und die Pflegedienstleitung mit Pflege beschäftigt ist oder das Geschirr abräumt, weil es schnell gehen muss ? Wie schärft sich Ihr Blick, wenn Ihre PDL zum wiederholten Male in der Pflege aushilft, weil eine weitere Arbeitsunfähigkeitsmeldung sie ereilt hat ? Teure Pflege, oder nicht ? Ist es da nicht sinnvoller einmal über eine dauerhafte Problemlösung nachzudenken und im Team zu erarbeiten ? Alles beginnt also damit, dass Ihre Mitarbeiter und Sie den Wert ihrer Arbeit transparent kennen und schätzen lernen. So wie das in anderen Branchen seit vielen Jahren selbstverständlich ist. In der Folge beginnt ein Prozess des sinnhaften Hinterfragens von Aufgaben und Tätigkeiten. Hinweis   An dieser Stelle ist es dem Verfasser noch einmal wichtig, klarzustellen, dass in deutschen Sozialunternehmen Positionen wie verantwortliche Pflegefachkraft gesetzlich vorgeschrieben und somit notwendig sind. Dies gilt im Außenverhältnis. Im Innenverhältnis kann auch mit diesen Vorschriften eine weitestgehende hierarchielose Organisationsstruktur umgesetzt werden.

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Das Lean Management – schlank ist in

7.8 Kosten von schlechter Qualität – COPQ „Die Kosten einer Sache entsprechen dem, was Sie dafür aufzugeben bereit sind.“ (Greg Mankiw) Was nun genau verstehen wir unter COPQ ? Kosten, die vorwiegend dadurch entstehen, dass Qualitätsforderungen aufgrund von Fehlern nicht erfüllt werden. Kategorien: Um ein hohes Qualitätsniveau der Produkte zu erreichen und zu erhalten, müssen v. a. vier Arten von Kosten gedeckt werden: 1) Inspektionskosten zur ständigen Überprüfung der Produkteigenschaften und des Produktionsprozesses; 2) Kosten zur Vermeidung von Produktionsfehlern, z. B. Fehleranalyse, Konstruk­ tionsänderungen des Produktes, Personaltraining, Änderung des Produktions­ prozesses. In der Realität erreicht kein Unternehmen eine vollständig fehlerlose Qualität seiner Produkte, daher müssen zusätzlich die folgenden Kostenarten berücksichtigt werden: 3) interne Fehlerkosten durch defekte Produkte/Produktteile, die repariert, nachgebessert oder verschrottet werden müssen; 4) „externe Fehlerkosten durch defekte Produkte, die verkauft wurden: Reparatur oder Neulieferung im Rahmen der Garantie, Kundenärger, Verlust von Goodwill. Nach amerikanischen Untersuchungen können diese Kosten 15 bis 20 Prozent des Umsatzes ausmachen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018) An dieser Stelle können wir konkret werden. Kosten sind definierbar. Kosten sind eindeutig, meistens zumindest. Wenn es um die Kosten geht, die durch verminderte Qualität entstehen, wird es leider komplizierter. Wir können nicht immer sagen, wie viele Erlöse uns verloren gegangen sind, nur weil wir nicht erreichbar waren. Weil der Ruf des Unternehmens an dem Standort nicht ganz so ist, wie es gewünscht oder auch notwendig ist, um erfolgreich zu sein. Wir sprechen an dieser Stelle von den sogenannten Opportunitätskosten.. Darunter versteht man „Alternativkosten; entgangene Erträge oder Nutzen im Vergleich zur besten, nicht realisierten Handlungsalternative. Die Vermeidung von Opportunitätskosten folgt aus dem Wirtschaftlichkeitsprinzip“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). Was wäre, wenn ? Das ist hier die Frage. Gleichwohl bedeutet jedes freie Bett, jede nicht opti-

Kosten von schlechter Qualität – COPQ 75

mal ausgelastete Tour, jeder Tagespflege- oder Wohngemeinschaftsplatz, der nicht belegt oder optimal (siehe Profitcenter) kalkuliert ist, einen Verlust. Über diesen Weg lassen sich die Opportunitätskosten dann doch besser eingrenzen. „Jede Stunde unserer Zeit hat einen bestimmten Wert. In jeder Stunde, die wir mit einer Tätigkeit verbringen, könnten wir auch etwas anderes tun – zum Beispiel schlafen oder einen Film anschauen. Jede Option hat andere Opportunitätskosten – der Preis, den wir für die verpassten Chancen zahlen.“ (Conway, 50 Schlüsselideen Wirtschaftswissenschaften, 2011, S. 18)

Opportunitätskosten sind auch die Kosten, die durch Mitarbeiterfluktuation entstehen. Der Wechsel von Mitarbeitern oder Führungskräften ist bzw. kommt viele Unternehmen teuer zu stehen. Kosten für Leih- oder Zeitarbeit, für Freelancer, für Anzeigen, für das Führen von Bewerbungsgesprächen, für die Auswertung eingegangener Bewerbungen, für Bearbeitung von Einstellungen/Entlassungen, für Gerichtsprozesse, Vergleiche und für entgangene Qualität (Beschwerden, MDK/ Heimaufsichtsmaßnahmenkataloge etc.) sind nur ein paar Beispiele für Verluste, die es zu quantifizieren und zu meiden gilt ! Der reine Wechsel von Mitarbeitern ist nicht der alleinige Faktor. Hier ist ersichtlich, dass die Kosten für Mitarbeiterwechsel bereits viel früher beginnen. Wir reden hier von den sogenannten indirekten Kosten und Opportunitätskosten. Die Anhäufung von Fehlzeiten ist bei den meisten Mitarbeitern mit Kündigungswillen sichtbar. Auch sind das Engagement und Verantwortungsbewusstsein vieler wechselwilliger Mitarbeiter oft mangelhaft. Nicht zu unterschätzen, ist der Knowhow-Verlust, den Sie durch den Weggang Ihres Mitarbeiters zu verzeichnen haben. Dieser muss nicht nur ausgeglichen, sondern auch gezielt wiederaufgebaut werden. Das heißt, dass es durchaus beträchtlich viel Zeit und Geld kostet, den neuen Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, die Tätigkeiten mit der gleichen oder besseren Qualität auszuführen, wie das der ehemalige Mitarbeiter getan hat. Nachdem Günther Wolf von IOGW Consulting in seiner aktuellen Studie von 2016 errechnet hat, dass ein Mitarbeiterwechsel durchschnittlich ca. 43 000 € kostet, wird es jedem Verantwortlichen bewusst, wie viel Geld in einem Unternehmen gehalten werden kann, wenn man den Fokus auf Mitarbeiterbindung satt Neueinstellung legt. So unterscheidet Herr Wolf zwischen folgenden Kostenpositionen: 1) direkte Austrittskosten, 2) indirekte Austrittskosten, 3) direkte Such- und Auswahlkosten,

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4) 5) 6) 7) 8)

Das Lean Management – schlank ist in

indirekte Such- und Auswahlkosten, direkte Eintrittskosten, indirekte Eintrittskosten, Opportunitätskosten der Fluktuation und Aufschlag für Fehlbesetzung.

Imagekosten bzw. Imageverlustkosten sind hier dann nur indirekt erfasst ! Es ist davon auszugehen, dass bis jetzt so gut wie kein Unternehmen wirklich die Kosten der Mitarbeiterfluktuation erfasst hat und somit auch nicht die Kosten, das Phänomen Mitarbeiterfluktuation in den Griff (bzw. nicht in den Griff) zu bekommen. Andere Fachleute geben an, dass ein Mitarbeiterwechsel das bis zu 2,5-Fache des Jahresgehaltes betragen kann. Summen sind das ! Da lohnt es sich schon, sich Gedanken über einen Werte- und Unternehmenswandel zu machen. Ja sicher, es kostet Geld, neue Systeme, neue Denkmuster, neue Unternehmenskulturansätze bis hin zur konsequenten und sinnvollen Digitalisierung auszuprobieren. Es kostet jedoch noch mehr Geld, so weiter zu machen wie bisher ! Zumal die Fachkräftesituation die Unternehmen dazu zwingen wird, neue Wege im gemeinsamen Umgang zu finden. Opportunitätskosten sind auch die Kosten, die Sie zahlen, wenn die Qualität im Bereich der Pflege nicht so ist, wie sie vom Gesetzgeber vorgegeben wurde. Die damit in Verbindung stehenden Kosten für die z. B. Abarbeitung von Korrekturmaßnahmen, die in den Bescheiden der Prüfbehörden verankert sind, sind messbar und belaufen sich auf viele Tausend Euro. Wäre es nicht sinnvoller, dieses Geld in optimierte Prozesse und Systeme zu investieren, die dafür Sorge tragen, dass die Qualität sich dem optimalen Korridor nähert ? Opportunitätskosten sind auch die Kosten, die Sie für die vielen Angehörigengespräche aufwenden, die Sie so nicht führen müssten, wenn es keinen Anlass für Beschwerden oder Ärger gäbe. Probleme mit der Wäsche, dem Essen, der Betreuung, den unfreundlichen Mitarbeitern, wechselndes Personal usw. Diese Liste kann nahezu beliebig erweitert werden. Hinweis   Gehen Sie jetzt mit QM-Pflege-4.0 systematisch diese Aufgaben an, wird sich auch systematisch die Rentabilität Ihres Unternehmens steigern. Sie werden gelassener auf Veränderungen reagieren können und können sich als Führungskraft besser der strategischen Entwicklung Ihres Unternehmens widmen, als Sie das bis heute tun konnten.

Die drei Feinde des Lean Managements 77

Hier fängt sie an, die Zielformulierung für Ihr Unternehmen und Ihre DesignBeta-Teams (Pfläging, 2014, S. 47). Ziel: Fluktuationsquote um beispielsweise 3 % oder auch 30 % senken !

Ganz im Sinne der Qualität müsste ausgesagt werden: Fluktuationsquote um 100 % senken ! Jeder Annährungswert ist ein Schritt in die richtige Richtung. Kehren wir zu unseren drei Faktoren für schlechte Qualität zurück. Im Lean Management spricht man landläufig von den drei Feinden des Lean Management und somit der Qualität.

7.9 Die drei Feinde des Lean Managements Die drei Feinde der Qualität: 1) Variabilität 2) Inflexibilität 3) Verschwendung Beschäftigen wir uns zunächst mit der Variabilität.

Definition Variabilität   Sie bezeichnet jede Abweichung von ei- Abbildung 7.11  Variabilität der Feind des Systems; Quelle: www. ner vorher definierten Norm. Eine definierte pixabay.com© Norm kann die Medikamentengabe sein, die nach einem bestimmten Ablauf zeit- und ressourcensparend erfolgt. Alles, was ihre Teammitglieder davon abhält, die Medikamente ungestört und zügig zu stellen, zu verteilen und zu dokumentieren, ist eine Form von Variabilität. Mal dauert es z. B. 30 Minuten, die Medikamente zu verteilen, mal dauert es 45 Minuten. Diese Schwankung hat Ursachen. Diese Ursachen müssen Sie finden. Natürlich erst, nachdem Sie die optimale Zeit herausgefunden haben. Hier sind es 30 Minuten.

Die Frage lautet: ■■ Warum brauchte die Pflegekraft heute 15 Minuten länger für diese Tätigkeit ?

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Das Lean Management – schlank ist in

■■ Wie können wir zukünftig sicherstellen, dass die vorgegebenen 30 Minuten auch eingehalten werden ? Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen, überhaupt die Notwendigkeit der Fragen ergibt sich aus dem Wissen und den Kenntnissen über den Wert der Mitarbeiter und ihrer Tätigkeiten. Weiß der jeweilige Mitarbeiter, was seine Aufgaben sind, wie die Ziele des Teams lauten, was er pro Minute kostet, kann er bereits besser einordnen, was es das Team kostet, wenn er 15 Minuten länger für die Aufgabe benötigt, für die eigentlich maximal 30 Minuten vorgesehen waren. Kommt eine solche Abweichung oft vor, ergeben sich auch an dieser Stelle nicht unerhebliche Kosteneinsparpotenziale. Beispiel   Gehen wir davon aus, dass eine examinierte Krankenschwester in einem vollstationären Pflegeheim eines tarifgebundenen Trägers in Vollkostenrechnung ca. 50 €/h (Stand: 2018) kostet. Dann können wir weiter davon ausgehen, dass eine Leistungsminute ca. 0,83 € kostet. Nehmen wir jetzt die 15 Minuten und multiplizieren diese mit den 0,83 €, dann ergeben sich 12,45 € für diese eine Medikamentengabe auf dem einen Wohnbereich an dem einen Tag ! Mindestens drei am Tag sind normal. Gehen wir davon aus, dass nur ein Drittel dieser Medikamentengaben um nur diese 15 Minuten im Jahr überschritten werden, dann sprechen wir hier über ein Optimierungspotenzial von rund 4 550 €. Nur dieser eine Wohnbereich, nur ein Drittel der Medikamentengaben !

Es ist jetzt an Ihnen, zu kalkulieren, wie viel das in Ihrer Einrichtung bei Ihrer Bettenzahl sein könnte. Klar ist, es lohnt sich ! Das ist nur ein Beispiel von vielen. Es ist falsch, diese Kosten für schlechte Qualität nicht zu sehen, weil das Personal sowieso da ist. Nein, ist es nicht. Es ist eigentlich dafür da, 100 % Qualität und 100 % zufriedene Kunden zu erwirtschaften. Es ist nicht dafür da, Fehler bzw. Qualitätsabweichungen zu kultivieren. An dieser Stelle rutschen wir dann wieder in die Opportunitätskosten. Grundsatz: Jede Tätigkeit, die notwendig wird, weil keine 100 % Qualität erbracht werden, müssen identifiziert, bewertet und nach Prioritäten dargestellt werden.

VUCA 79

These: Besprechungen im Zeitalter der Digitalisierung sind Verschwendung. Die

Dauer einer Besprechung sinkt diametral zum steigenden Perfektionsgrad der Digitalisierung. Mehr zu dieser These im weiteren Verlauf dieses Buches.

Gehen wir jetzt auf den zweiten Punkt der Gefahren für Qualität ein: Die Inflexibilität kann für die Dienstleistungsunternehmen der Sozialwirtschaft mit mangelnder Reaktionsfähigkeit auf veränderliche Gegebenheiten verstanden werden. Sich verändernde Ansprüche der Kunden an das Unternehmen. Neue Märkte die sich als Portfolioerweiterung eröffnen. Dies sind nur zwei Beispiele von Anforderungen, die ein hohes Maß an Flexibilität voraussetzen. Fordern nicht nur von den Führungskräften, sondern von den Design-Beta-Teams als Ganzes. Denn genau hier ergänzt sich die Fähigkeit des Unternehmens als Ganzes, den Wissensschatz, die „Schwarmintelligenz“ als Ressource nutzen zu können. Die Fähigkeit, zu kultivieren, die Ressourcen im Bereich Wissen/Erfahrungen der Mitarbeiter aktiv zu fördern und zu nutzen. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine angemessene Reaktion auf die Marktanforderungen. Andreas Scholz schreibt in seinem Werk Die Lean-Methode im Krankenhaus sehr treffend: „Flexibilität ist also die Prozesseigenschaft, die benötigt wird, nachdem in einem ersten Schritt die Variabilität maximal reduziert wurde. Was an Schwankung nicht vermeidbar ist, muss im Prozess als Eingangsgröße beherrscht werden können. Leider versuchen viele Prozesseigner nicht ausreichend intensiv, die Variabilität zu reduzieren und richten deshalb ihre Prozesse auf die gesamte Schwankungsbreite aus. Die damit verbundene Verschwendung nehmen sie als ‚Faktum‘ hin und rühmen sich ihrer Flexibilität.“ (Scholz, 2016, S. 19)

7.10 VUCA „Es ist nicht notwendigerweise ‚besser‘, auf einer höheren Entwicklungsebene zu sein, so wie ein Jugendlicher nicht ‚besser‘ ist als ein Kleinkind. Aber es ist trotz alle­dem eine Tatsache, dass ein Jugendlicher mehr tun kann als ein Kleinkind, weil er oder sie ein ausgereifteres Denken entwickelt hat. Jede Ebene der Entwicklung ist gut; die Frage ist aber, ob diese Entwicklungsebene zum Handeln passt, dass in einer bestimmten Situation angemessen ist.“ (Nick Petrie) Genauso ist es. Es geht um Authentizität, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit. Kurz: um „VUCA“ !

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Das Lean Management – schlank ist in

VUCA ? Was ist das denn ? VUCA ist das Gegenteil von Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Authentizität usw. VUCA steht für „volatility, uncertainty, complexity and ambiguity“.

Abbildung 7.12  VUCA; Verfasser©

Zu Deutsch kann man sagen: Volatilität8, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. Organisationen, Führungskräfte, die sich weiterentwickeln wollen und müssen, müssen sich auch den Auswirkungen dieser vier Begriffe stellen. Klingt das einfach für Sie ? Nein, das ist es ganz und gar nicht. Wenn Sie viele Jahre nach ein und demselben Schema gearbeitet haben, mehr oder weniger erfolgreich sind, jedoch merken, dass für die nächsten Jahre eine andere Art des Umganges miteinander von Nöten ist, um den Erfolg für die nächsten Jahre fortzuschreiben. Diesen anfänglichen Schritt im Wertewandel von Managementsystemen nennt man VUCA.

8 Ausmaß der kurzfristigen Fluktuation einer Zeitreihe um ihren Mittelwert oder Trend, gemessen durch die Standardabweichung bzw. den Variationskoeffizienten. (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

VUCA 81

Im Lean Management wird VUCA als Feind des Projekterfolges gesehen und gezielt angegangen. Ich sage, es ist nicht technisch zu sehen, sondern moralisch. Es muss zu einer Grundwertehaltung kommen, in der ein Verhalten, das volatil ist, also das sich ständig verändert, somit nicht verlässlich und berechenbar ist, vermieden wird. Volatilität schafft Unsicherheit bei den Teammitgliedern. Sie wissen nicht, ob das, was gesagt, getan, beschlossen wurde, auch wirklich Bestand hat. Somit kommt eine abwartende Haltung zu Tage, die wiederum zum Stillstand führt. Wer abwartet und verharrt, erreicht keine Ziele. Es wird Energie und Kraft zurückgehalten, die der gemeinsame Erfolgsprozess jedoch gebraucht hätte. Die Unsicherheit im nächsten VUCA-Schritt wird in Organisationen ausgestrahlt, wo Befähigung, Verantwortung und Befugnis nicht oder nicht eindeutig geregelt sind. Keiner weiß wirklich, für was er zuständig und verantwortlich ist. Weiß er es gar, dann ist er nicht sicher, ob er es auch wirklich richtig macht. Diese Unsicherheit führt ebenfalls zu Stillstand des Prozesses. Der Prozess kann bei weitem nicht das erreichen, was er könnte, wenn Mitarbeiter/Partner nicht un­ sicher wären. Komplexität ist der Feind jeder Prozesssicherheit. Der Autor ist der Meinung, dass wir Stand heute vor dem Problem stehen, dass egozentrierte Führungs- und Managementsysteme davon leben, dass immer mehr Menschen von immer weniger immer mehr Ahnung haben, bis sie von nichts alles wissen. Oft werden Prozesse unnötig kompliziert gestaltet, damit die einen oder anderen Mitarbeiter/Partner eine Daseinsberechtigung haben. Dieses falsche Denken und Handeln führt genau dazu, dass sich keiner zuständig fühlt, dass die Übernahme von Verantwortung nur auf dem jeweiligen beschränkten, spezialisierten Gebiet übernommen wird – wenn überhaupt. Hier muss künftig angesetzt werden. Weg mit der Komplexität an den Stellen, wo dies möglich und sinnvoll ist, denn Komplexität kann Stillstand im Prozess bedeutet. Hin vom Spezialisten zum Generalisten in Führungsebenen. Mehrdeutigkeit in Wort und Schrift aber auch im Handeln sind Katastrophen für menschliche Kommunikation und Führungsverhalten. Mehrdeutigkeit gibt die vermeintliche Sicherheit, dass man nicht verantwortlich ist, wenn etwas schiefgeht. Sie wurden nur falsch verstanden. Diese Mehrdeutigkeit basiert auf Unsicherheiten, die wiederum auf den vorangegangenen drei Faktoren von VUCA basieren. Unsicherheit wird nach unten Top-down weitergegeben und führt zum Stillstand im Prozess. Auch Begriff‌lichkeiten, die in unterschiedlichen Systemen oder gar Organisationsbereichen unterschiedlich eingesetzt werden, führen ebenso zu einer Mehrdeutigkeit, die mitunter zu groben Fehleinschätzungen und Fehlern führen kann.

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Das Lean Management – schlank ist in

Jetzt haben wir die vier Faktoren von VUCA kennengelernt. Die Auflösung dieser Muster ist mit einem Top-down-Wertewandel verbunden. Sind Sie nicht mehr mehrdeutig, sind Sie klar und eindeutig in dem, was Sie sagen und tun. Sie werden dadurch verlässlich. Sie müssen auf der anderen Seite damit leben können, dass Sie auch angreifbarer werden. Diesen Fakt fängt der Bottom-up-Werte­ wandel wieder auf. Fehler dürfen gemacht werden. Sie dienen dem KVP, dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess ! Sie sind die Chance, jeden Tag etwas besser zu werden und näher am Kundenwillen dran zu sein. Gestalten Sie Prozesse so einfach, dass jeder – ich betone: jeder – Mitarbeiter diese versteht und anwenden kann ! Bleiben Sie bei dem, was Sie sagen und tun, es sei denn, es ist falsch und Sie kommunizieren es transparent in der Folge ! Widmen wir der Angst und dem Egoismus noch ein paar gemeinsame Gedanken. Sie sind schließlich die beiden Hauptauslöser für VUCA-Verhaltensmuster. „Angst ist der schäbigste Raum im Haus. Ich möchte, dass du in einer besseren Umgebung lebst.“ (Hafis) Das Mangel-, Ziel- und Erfolgsdenken bringt Menschen hervor bzw. spricht die Menschen an, die eine besondere Affinität zu Erfolg, Ehrgeiz, Zielvereinbarungen, Top-down-Druckeskalation haben. Versagensangst ist zwangsläufig ein ständiger Begleiter. Diese Form von Angst wird als Druck weitergegeben. Ziele müssen erreicht werden. In der Praxis überwiegend vom anderen Ende der Hierarchie­skala. Verstärkt wird diese Systematik durch die unterschiedlichsten Prüfinstanzen in der Sozialwirtschaft. Die Frage aller Fragen, ob privat oder beruflich (in Zukunft trennen wir das nicht mehr so9), ist diese: „Was tritt an die Stelle der Angst ? Die Fähigkeit, der Fülle des Lebens zu vertrauen. Alle Weisheitstraditionen haben die tiefe Wahrheit formuliert, dass es zwei grundlegende Wege gibt, um dieses Leben zu leben: aus Angst und Mangel oder aus Vertrauen und Fülle. Auf der integralen evolutionären Stufe gehen wir von der Angst zum Vertrauen, und unser Bedürfnis, Menschen und Ereignisse zu kontrollieren, verringert sich.“ (Laloux, 2015, S. 44)

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Work-Life-Balance vs. Life-Balance: dazu später mehr.

VUCA 83

Abbildung 7.13  Work-Life-Balance „Angst oder Liebe“; Verfasser©

Hier liegt die Essenz. Wenn dem Mitarbeiter das Vertrauen in seine Fähigkeiten, Fertigkeiten, Befugnisse und Verantwortlichkeiten bewusst ist, braucht es viel weniger Kontrolle. Somit entfällt der Grund, Angst zu haben. So geht der Weg eindeutig weg vom Allein- und Hauptfokus auf Effektivität und Erfolg, hin zu Zugehörigkeit und Harmonie, ohne dabei die beiden betriebswirtschaftlich relevanten Eckpunkte zu vernachlässigen. Sie merken es sicherlich von selbst, wir befinden uns im Maslowschen System – gedacht auf der obersten Stufe, der Selbstverwirklichung. Stehen wir heute noch darunter, so wird in Zukunft dieser oberste Bereich, wenn wir die Transformationsebene (erweitertes Modell von 1970) einmal nicht mitbetrachten, also das hehre Ziel genau darin bestehen: Wie verwirkliche ich mich selbst in meinem Leben ? Arbeit ist ein (integraler) Teil meines Lebens und wird nahtlos gestaltet. Ein Leben, ein Weg. Alles ist im Fluss (panta rhei (altgriechisch)). Die Betonung liegt auf Fluss, einem Fluss. Nicht zwei Parallelströme: Arbeit und Leben ! Ein weiterer wesentlicher Punkt, der Ängste hervorbringt, verstärkt und kultiviert, ist der veraltete Ansatz, Schwächen überwinden zu wollen und aus Schwächen im besten Fall Stärken machen zu wollen. Die dafür notwendige Energie ist immens und hat nichts mit dem Punkt der Selbstverwirklichung zu tun. Nichts ! Selbstverwirklichung geht davon aus, dass ich die Anlagen und Eigenschaften kultiviere, die mir immanent sind. Das, was ich als mein Potenzial bezeichne, ist meine Stärke. Die Botschaftet lautet: „… dass wir Menschen keine Probleme sind, die auf eine Lösung, sondern auf die Entfaltung ihrer Potenziale warten.“ (Laloux, 2015, S. 46)

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Das Lean Management – schlank ist in

Bei Vorstellungsgesprächen – die übrigens sehr oft völlig falsch ablaufen – wird meist die Frage nach den Schwächen stellt. Hand aufs Herz: Wenn wir einen Kandidaten zu einem Gespräch einladen, ist die Vorauswahl meist getroffen worden. Es ist klar, dass er die notwendige Qualifikation für diese Stelle mitbringt. Wen interessieren dann primär seine Schwächen  ? So sie nicht zu eklatant sind, dass es unternehmensschädigend ist ! Entscheidend ist, herauszufinden, wo seine Stärken liegen. Denn diese Stärken/Potenziale gedenke ich zu heben, zu verstärken und in dem Team ziel­ orientiert und partnerschaftlich einzusetzen bzw. zu entwickeln. Der Weg zu den Potenzialen ist nicht der leichtere. Zumindest nicht für das Management. Jetzt werden Mitarbeiter/Partner aus mehr als einer Perspektive betrachtet. Wir reden zumindest über mehrdimensionale Or­ganisationsentwicklung. Jetzt werden die ohnehin angelegten Potenziale Abbildung 7.15  Bildliche Darherausgearbeitet und verstärkt. Das führt zu eistellung Stärken und Potenziale nem neuen Selbstverständnis, welches mit der im Team; Quelle Foto: www.pixanotwendigen Demut kultiviert werden muss. bay.com© Wichtig ist, dass jeder sich als Teil eines Gesamtorganismus betrachtet, der nur deshalb so gut ist und so großartige Arbeit machen kann, weil andere mit ihren Potenzialen genauso an der richtigen Stelle stehen und ihr Bestes tun. Jeder allein genommen ist gut, wird aber nicht das erreichen, wofür ein Team angetreten ist: den Kunden und seine Bedürfnisse/Wünsche zu erfüllen. Abbildung 7.14  Stärken stärken; Quelle Foto: www.pixabay. com©

7.11 Von der Verschwendung zur Wertschöpfung Und so ist der Weg offen, um zu erkennen, dass der überwiegende Teil unserer täglichen Arbeit von „Verschwendung“ geprägt ist. Allein dieses Bewusstwerden einer solchen Tatsache hilft, den Weg der Optimierung hin zu einer effizienten Wertschöpfung einzuschlagen. Einige Lean-Experten gehen davon aus, dass mehr als 90 % der Abläufe in einem Prozess Verschwendung sind. Sie sehen: hier sind ausreichend Ressourcen für Verbesserungen, die sich am Ende auf die Margen der Unternehmen niederschlagen können und müssen ! Lassen Sie sich diese Zahlen einmal auf der Zunge

Lean-Verbesserungen 85

zergehen. So viele Möglichkeiten, besser, schnel- Abbildung 7.16  Bildliche Darstellung von Leistung und Zielen; ler, profitabler zu werden. So viele Chancen. Fängt man, wie beschrieben klein an, über- Quelle Foto: www.pixabay.com© fordert nicht sich und seine Partner, dann ist es möglich, wie ich immer sage, jeden Tag ein bisschen besser zu werden ! Nur so funktionieren solche Wege. Nie aufhören, Fragen zu stellen, ja zu hinterfragen, dass ist die Lösung. Nie zufrieden sein, nicht im Sinne von ständigem nörgeln, sondern von ständiger Energie, es besser zu können und zu machen. Mit dem Ziel: zufriedene Kunden, zufriedene Partner. Arbeiten, Unternehmensführung ist dabei nichts, aber auch gar nichts anderes als Sport. Beim Sport akzeptieren Sie meist auch nicht die Leistung von heute, Sie sind versucht, besser zu werden. Sie haben Ziele und arbeiten daran. Warum nicht genauso auch im Unternehmen ? Nie stillstehen und zufrieden sein mit dem Erreichten. Immer Abbildung 7.17  Bildliche Dardas Ziel vor Augen, es besser, schneller, effekti- stellung von Leistung und Zielen; Quelle Foto: www.pixabay.com© ver, effizienter hinzubekommen. Die Moral, die Unternehmenskultur und der Qualitätsgedanke sind dabei der Kompass ! Die Richtschnur, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Dabei ist das Team die Zusammensetzung aus mehreren Einzelindividuen. Jeder läuft für sich und doch im Team ! Keiner der Partner kann sich hinter dem anderen verstecken und doch ist man im Team stärker.

7.12 Lean-Verbesserungen Ist der Wert geschöpft, geht es darum die Verbesserungen mit dem größtmöglichen Nutzen und dem geringst möglichen Aufwand zu realisieren. Wie genau das geht, lesen Sie in den folgenden Kapiteln genauer.

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Das Lean Management – schlank ist in

7.13 Arbeitsinstrumente in die Pflege implementieren – A3-PLP, Kanban etc. Im Rahmen dieses Buches schreibe ich nur von handfesten Instrumenten des Qualitätsmanagements, die ein maximales Maß an Praxisrelevanz besitzen. Sie müssen von den Mitarbeitern erarbeitet, akzeptiert und eingesetzt werden. Das sind aus meiner Sicht nicht wirklich viele ! Sie mögen dies anders sehen, aber „lean“ bedeutet eben auch: so wenig wie möglich, so viel wie nötig ! Der Anstoß hierzu erfolgt Top-down. Die Erarbeitung und dauerhafte Umsetzung erfolgt Bottom-up ! In der Vergangenheit wurde sehr oft der Fehler gemacht, dass Systeme und, damit verbunden, Instrumente der Qualitätssicherung ihre Verwendung gefunden hatten, die nur mit erheblichen Aufwänden regelmäßig praktisch umgesetzt werden konnte. Zu diesem Aufwand gehört in der Regel ein Qualitätsmanagementbeauftragter als Stabstelle, der nicht immer für die Einfachheit und Machbarkeit an der Basis zuständig war und ist, sondern für die Übersetzung der komplizierten und komplexen Zusammenhänge der Qualitätssicherung innerhalb eines Unternehmens. In diesem Kapitel des Buches nähern wir uns den bewährten und einfachen Instrumenten des Lean Managements so an, dass diese schnell und unbürokratisch in den täglichen KVP involviert werden können. Als erstes Beispiel kann an dieser Stelle der A3-Problemlösungsprozess genannt werden. Er besticht durch seine absolute Einfachheit sowie leichte Verständlichkeit. Dadurch ist er in modernen Unternehmensstrukturen wie QM-Pflege-4.0 unter Berücksichtigung auch bionischer Unternehmensführungsschwerpunkte bestens geeignet. Die bestechende Effektivität dieses Instrumentes ermöglicht autonomes Handeln und die Konzentration auf die Kernaufgaben, aber auch auf Innovativität und Kreativität in vernetzen Strukturen. Keine Beschäftigung zum Selbstzweck ! Schauen wir uns das zweite Beispiel an: Mit der grundphilosophischen Herangehensweise des Poka Yoke ist es möglich, im Team Prozesse so lange zu durchdenken und zu hinterfragen, bis ein Prozess eine Stabilität erreicht hat, die es den Prozessbeteiligten nicht oder nur sehr schwer möglich macht, Fehler bzw. Abweichungen zu begehen. Poka Yoke bedeutet Vermeidung zufälliger Fehler. „Unter Poka Yoke werden Gestaltungsmaßnahmen an Produkten und/oder Prozessen verstanden, die entweder verhindern, dass aus menschlichen Fehlverhalten Fehler am Produkt werden oder aber dafür sorgen, dass Fehler sofort entdeckt werden und das Auftreten weiterer Fehler verhindert wird.“ (Brüggemann & Bremer, 2015, S. 52)

Gemba in der Pflege 87

Wichtig ist, zu erkennen, dass nur Sie für die Prozessstabilität verantwortlich sind. Der Prozess muss nicht perfekt sein, er sollte jedoch immer wieder hinterfragt werden, vor allem dann, wenn es zu Abweichungen von der Norm kommt.

7.14 Lean Thinking Das „schlanke Denken“ ist eine wichtige Begriff‌lichkeit, die in diesem Buch auf jeden Fall zu kurz kommt. Warum ist das so ? Weil das ganze Buch eigentlich einen Lean Thinking-Prozess anstößt. Es ist das Bewusstmachen und das Nachdenken über verschlankte Prozesse. Das sind die Eckpunkte dieses Ansatzes: 1) Alles in Frage stellen. 2) Immer wieder neu überdenken. 3) Nicht zufriedengeben.

7.15 Gemba in der Pflege Aber zurück zu unserem Thema: der schlanken Qualität. Wendet man das japanische Prinzip des Gemba-Walk an, dann kann jeder ziemlich schnell entdecken, an welcher Stelle Verschwendung aufläuft. Gemba steht für den realen Ort des Geschehens. Dort, wo die Dienstleistung erbracht wird, ist auch der Ort, wo Fehler erkannt und gemeinsam abgestellt werden müssen. Da fängt es an, dort beginnt der Weg zur ständigen Verbesserung. Mit diesem ersten Schritt. Das folgende Vorgehen bezeichnet die sechs Prinzipien von Gemba: 1) 2) 3) 4) 5) 6)

Gehe zu Gemba (dem Ort der Fertigung), wenn eine Abweichung auftritt. Überprüfe Gembutsu (Mitarbeiter und Maschinen im Herstellungsprozess). Leite Sofortmaßnahmen ein. Finde die Ursachen der Abweichungen heraus. Beseitige die Ursache an der Quelle. Standardisiere, um einem Wiederauftreten der Abweichungen vorzubeugen. (Wikipedia, 2018)

Erfolg entsteht an der Basis. Erfolg entsteht im direkten Austausch zwischen den Mitarbeitern/Partnern, die die soziale Dienstleistung erbringen und dem Management. Mit „direkt“ meine ich, dass Geschäftsführung, Regional-, Bereichs- oder Abteilungsleitung, Heimleitung, Pflegedienstleitung Qualität sowie das Delta zwi-

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Das Lean Management – schlank ist in

schen den Dienstleistungen und dem Kundenwunsch nicht herausfinden werden, wenn Sie sich nicht permanent von der Dienstleistung vor Ort überzeugen. Wenn Sie es nicht schaffen, zu verinnerlichen, dass eine jede „Schlacht“ dort geschlagen wird, wo sie stattfindet, auf dem „Schlachtfeld“. Es bedarf immer der richtigen Frage sowie der Frage hinter der Frage (Kausalität), dann kommen die Antworten meist von allein. Dabei ist das Prinzip des Gemba so denkbar einfach. So einfach, weil die richtigen Fragen knapp und verständlich gestellt werden und so ganz automatisch die erste Kenngröße, die erste Erkenntnis, der erste Eindruck entsteht. Sie fragen in einer konkreten Situation die erste zunächst einfache Frage und sehen sofort die Reaktion darauf, die wiederum Aufschluss über die Prozesssicherheit und die Aufbauorganisation des Unternehmens, Ihres Unternehmens, gibt. Zwei Fragen werden gestellt und eine Aufforderung, die Antworten darauf sollten im Team erarbeitet werden:

Abbildung 7.18  Gemba-Fragen zur Umsetzung; Verfasser©

Erkennen Sie das Prinzip wieder ? An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass es eine Grundvoraussetzung ist, dass alle betreffenden Mitarbeiter die dafür notwendigen „SOLL-Vorschriften/Regeln“ kennen. Was sind diese „SOLL-Vorschriften/Regeln“ ? Die Frage lautet also: 1. Was sollte passieren ? Geläufig sind hierbei, neben den hoffentlich bekannten Prozessen und ihren Abläufen u. a. die folgenden Punkte:

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■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Qualitätsmanagementhandbuch Expertenstandards Heimrecht und seine Mitwirkungsverordnungen Sozialgesetzbücher (V, IX, XI, XII) Altenpflegegesetze der Länder, die u. a. die Investitionskosten regeln Medizinproduktegesetz Medizinproduktebetreiberverordnung Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Betäubungsmittelgesetz usw.

Für Sie wird hoffentlich deutlich, das ist viel. Nach meiner Auffassung oft zu viel ! Warum sage ich das ? Ich sage das, weil Gesetze, Verordnungen und allgemeine Regelungen in der Pflege weder umgangen noch negiert werden dürfen. Sie sind da, sie machen uns aus und sie können ggf. nur langsam der Wirklichkeit angepasst werden, so sie angepasst werden sollten. Welche Änderungen Sie jedoch in Ihrer Hand haben, was Sie anpassen und praktikabel gestalten können, ist Ihr Qualitätsmanagement. Es sagt, was sollte passieren, indem es die Prozesse definiert, beschreibt und deren Abläufe darstellt. Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, warum nahezu keiner Ihrer Mitarbeiter den Inhalt des Qualitätsmanagementhandbuches wirklich kennt ? Vielleicht wissen Sie die Antwort bereits. Vielleicht erhellt dies sich Ihnen jetzt. Viele der Handbücher in den sozialen Dienstleistungsunternehmen sind völlig überfrachtet. Sie sind viel zu umfangreich, viel zu kompliziert und vor allem überreguliert. Der Grundsatz des Lean Managements lautet: Alles was nicht wertschöpfend ist, ist Verschwendung ! Auch das Qualitätsmanagementhandbuch ist Verschwendung, wenn ich das, was ich suche, länger als 30 Sekunden suchen muss. Alles, was nicht unmittelbar in das Handbuch muss, ist Verschwendung. Und weitergedacht: Alles, was nicht in angemessener Form benutzt worden ist, ist Verschwendung. Im Rahmen digitaler Qualitätsmanagementhandbücher besteht die Möglichkeit, die Inhalte zu controllen. Wie oft wurde welcher Teil des Handbuches angeklickt, benutzt, runtergeladen. Alles, was nicht oder nur sehr wenig geladen wird, scheint keinen praxisrelevanten Bezug zu haben. Das liegt zum einen an zu komplizierten und somit nicht praxistauglichen Inhalten oder Aufbaustrukturen oder es ist überholt bzw. zur Selbstverständlichkeit geworden. Vielleicht steht es auch an anderer Stelle und ist somit im Handbuch überflüssig. So sollte es den Handbüchern genauso ergehen wie den Pflegestandards. Die Pflegestandards, die in ihrer Regelungswut in die Hunderte gingen, die in dicken Ordnern in den Dienstzimmern standen und

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Das Lean Management – schlank ist in

verstaubten, wurden und werden nach und nach durch die aktuelle pflegewissenschaftliche Literatur ersetzt. Warum einen Standard extra entwickeln, wenn das, was aktuell State of the Art ist, in der einschlägigen Literatur zu finden ist ? So wird es von Prüfbehörden akzeptiert, wenn auf den Wohnbereichen, ambulanten Pflegediensten oder Tagespflegen ein Standardwerk für die Pflege steht (Beispiel: Pflege Heute oder Thiemes Pflege etc.). Genauso ist es gut und richtig, wenn Inhalte aus den Qualitätshandbüchern verschwinden, die entweder selbstverständlich oder anderweitig ohnehin geregelt sind. Der Rest des Handbuches kann aus Prozessbeschreibungen bestehen, die sinnvollerweise in Flussdiagrammform aufgebaut werden sollten. Ziel der Übung: eine radikale Verschlankung und Konzentration auf das absolut Wesentliche ! Flussdiagramme haben den großen Vorteil, dass in diesen alle Schnittstellen und Querverbindungen transparent aufgeführt werden können. Der Prozessverlauf ist sofort ersichtlich und Ihre Mitarbeiter/Partner ersparen sich das lange Suchen nach eben diesen Querverweisen und Schnittstellen. Mitgeltende Dokumente sind auf den ersten Blick ersichtlich, stets aktuell und im Rahmen von interaktiven Flussdiagrammen mit einem Klick ansteuerbar. An diesem Punkt finden Sie auch den ersten sinnstiftenden digitalen Ansatz. Hier ist Digitalisierung wirklich sinnvoll, wenn sie konsequent gelebt und eingesetzt wird. Sie darf auf keinen Fall zu einer Dopplung in der Verwaltung führen. Nämlich zum einen die physischen Ordner mit Kopiervorlagen, Handbüchern, Anweisungen etc. und der andere Teil im PC. Wie Sie vorgehen sollten, lesen Sie in Kapitel 6. In Kapitel 6 habe ich einmal die einfachste Art eines Prozessablaufes gezeichnet. Bei digitaler Arbeitsweise ist jeweils nur der Klick auf den zugehörigen Button notwendig, um die Informationen zu erhalten, die man unmittelbar benötigt. Kein Suchen, kein Fehlen von Unterlagen mehr. Nahezu jeder kann ohne Einarbeitung diesen Prozess erledigen. Wichtig ist nur, die Prozesslandschaft im Blick zu haben. Alles andere ist immer aktuell. Ihre Mitarbeiter/Partner brauchen sich keine Gedanken mehr über die Aktualität der Dokumente zu machen. Das Suchen von Dokumenten und Unterlagen ist vorbei. Ein Klick und die notwendigen Unterlagen sind da. Das gilt auch für Beratungsbroschüren und Informationsmaterial. Drucken Sie es dann aus, wenn Sie es benötigen. Schritt für Schritt in einwandfreier Qualität. Das ist wichtig. Es sollte so hinterlegt sein, dass es gut ist. Das einzige, was Sie physisch vor Ort benötigen ist ggf. die Einlegemappe, wo alle diese Informationen hinkommen. Nicht mehr und nicht weniger. Können Sie dies nicht sicherstellen, dann finden Sie eine an­ dere interne für Sie passende Lösung. Im gleichen Atemzug ist die Thematik Nachhaltigkeit im Boot. Werden nur die Unterlagen und Informationen ausgedruckt, die unmittelbar für die Tätigkeit

Gemba in der Pflege 91

benötigt werden, an der in diesem Moment gearbeitet wird, dann kommt es nicht zu einer Überproduktion von Unterlagen, die im schlimmsten Fall nicht mehr aktuell sind oder optisch so aussehen, dass sie nicht mehr an einen Interessenten oder Kunden herausgegeben werden können. Auch hier kann Digitalisierung helfen, den Nachhaltigkeitsauftrag konsequent zu erfüllen. Vorteile: 1) Auch an dieser Stelle ist die Controlling-Schnittstelle gegeben. 2) Es ist jeder Zeit auswertbar, wie oft, wie viel was ausgedruckt worden ist. 3) Passen diese Daten zum Beispiel zu der Anzahl der Interessentenanfragen ? 4) Bekommt jeder, der anfragt, auch die Informationen, die er benötigt ? Werden Gespräch standardisiert und somit in gleicher Qualität durchgeführt ?

Abbildung 7.19  Schema Flussdiagramm; Verfasser© Kundenanfrage

Gesprächsannahme

Informationsaufnahme

Link zur Beratunsbroschüre Heimaufsicht

Ende

Gründe ermitteln

nein

Beratung

Kunde entscheidet

V

Kundenanfrage

Checkliste Beratung Neukunden

Link zum Dokument

V

Link zur Checkliste

EL

ja

Zimmer besichtigen

Beratungsbroschüre des Landes

Vertrag schließen

Einzug

EL/HT

Heimvertrag

Checkliste Heimeinzug

Link zum Heimvertrag

Link zur Dienstanweisung Verträge

EL

Link zur Checkliste

Link zur Dienstanweisung Heimeinzug

PDL/HT

Prozess Ende

Sie sehen: auf einem Blick, auf einem Blatt sind alle Informationen und Wege, die für den vollständigen Prozess benötigt werden, inklusive der Verantwortlichkeiten. Dadurch das keiner mehr sucht, läuft es reibungslos ab. Wichtig ist – ich betone es nochmals –, dass eine transparente Prozesslandschaft vorherrscht. Schnelles Auf‌fi nden des richtigen Prozesses muss interaktiv

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Das Lean Management – schlank ist in

möglich sein. Die Mitarbeiter/Partner müssen im Umgang mit diesen Instrumen­ ten geschult und trainiert werden. Hier ist Learning by doing und die Mikroschulung das Mittel der Wahl. Keine langen Schulungen, die zu viele Ressourcen binden. Kurz prägnant und effektiv müssen Schulungen für die notwendigen Transparenzen sorgen. Ich betone es immer und immer wieder. Ein Prozessablauf ist erst dann richtig dargestellt, wenn anhand dieses Flussdiagramms eine 450-Euro-Kraft, die lediglich zwei Tage im Monat aushilft, sofort weiß, was zu tun ist und spätestens nach 30 Sekunden gefunden hat, wonach sie sucht. Alles andere ist völlig falsch verstandener Kundenwille und somit Verschwendung. Sie denken, „unmöglich“ ? Nein, nicht unmöglich, nur in seiner Einfachheit sehr komplex. Es ist nicht leicht, Prozesse so herunterzubrechen, dass sie jeder versteht. Erst wenn Sie jeder versteht, der mit dem Prozess in Berührung kommt, kann der Prozess dienlich und zielführend sein. Mark Aurel sagte treffen dazu: „Es ist so leicht, unwillkommene und unliebsame Gedanken zurückzuweisen, und schon hat man seine Ruhe wieder.“ In der Sprache des Lean Management nennt man das Prinzip: Poka Yoke ! Nein, das ist keine Müslisorte und auch kein neues Spiel. Obwohl, als Spiel könnten man es verstehen. Wer schafft es, seine Prozesse so zu definieren und aufzubauen, dass es Mitarbeitern/Partnern schlicht nicht möglich ist, Fehler bzw. Abweichungen zu machen bzw. zuzulassen ? Toyota hat’s mal wieder erfunden – wie so oft und wie so vieles. Nicht alles davon kann und sollte man in Deutschland umsetzen. Poka Yoke gehört aber zu den Prinzipien, die umgesetzt werden sollten ! Poka Yoke bedeutet: unglückliche Fehler vermeiden. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Was bedeutet das im Leben ? Abbildung 7.20  Poka Yoke: Geldautomat als Beispiel; Quelle Das Beispiel Geldautomat: Nachdem viele Foto: www.pixabay.com© Menschen an den Geldautomaten beim Abheben, nachdem sie das Geld entnommen hatten, die Geldkarte im Schlitz vergessen hatten, mussten die Automatenhersteller aktiv werden. So wurde mit Poka Yoke das System so verändert, dass Sie, bevor Sie Ihr Geld bekommen, zunächst die Geldkarte aus dem Schlitz ziehen müssen, damit der Automat den Zugriff auf das

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Geld frei gibt ! Somit wurde erfolgreich verhindert, dass Menschen ihre Geldkarten an den Automaten vergessen. Ein weiteres, ganz konkretes Praxisbeispiel für die Sinnhaftigkeit solcher Prinzipien:

Abbildung 7.21  Poka Yoke-Darstellung; Verfasser©; Quelle Fotos: www.pixabay.com©

Man kann den Strom durchaus mit der händischen Verbindung von drei Kabeln aus der Wand holen. Das ist jedoch, wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können, mit nicht zu unterschätzenden Risiken verbunden. Somit sahen sich die Entwickler veranlasst, sich Gedanken über den Schutz der Bevölkerung zu machen. Ständige Kurzschlüsse und Friseurbesuche wurden zu teuer. So erfand man die Steckdose. Die Steckdose ermöglicht es jedem Laien, Strom aus der Wand in das Gerät zu holen, unabhängig von seinem Bildungsstand, seinem technischen Verständnis oder seiner Motivation. Stecker in Steckdose = Strom fließt. So einfach ist das ! Genauso sinnstiftend ist dieses Prinzip in der Pflege. Vor allem im Bereich des flussdiagrammgestützten Qualitätsmanagementhandbuches, der digitalen Dokumentation, der Leistungserfassung über MDAs gibt es jede Menge Ansatzpunkt für Poka Yoke, für fehlervermeidende Prozessabläufe. Es ist Ihren Mitarbeitern/Partnern schlicht nicht möglich im Flussdiagramm den nächsten Schritt aufzurufen, die nächste Checkliste auszudrucken oder den Vertrag zu generieren, bevor nicht die vorhergehenden Schritte abgearbeitet und erledigt sind. Die Bestätigung des Prozessdurchführenden ist notwendig, damit der nächste Schritt aktiviert werden kann. Das gibt Sicherheit, dass vor einer Aufnahme auch ein adäquates Beratungsgespräch stattgefunden hat. Dass alle Informationen geflossen sind, die im Nachhinein Probleme hätten verursachen können. Zurück zu unseren drei Fragen !

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Sie erinnern sich: ging es bis zu dieser Stelle um die Erfassung des SOLL-Zustandes, so geht es jetzt um das Erkennen des IST-Zustandes und entscheidend dem Delta dazwischen. Die Frage lautet also: 2. Was passiert wirklich ? An dieser Stelle ist die tiefgreifende Analyse durch die Betroffenen notwendig. Die Partner, Führungskräfte und ggf. die beratenden Personen nehmen die IST-Situation auf. Sie beobachten, erfassen und ordnen ein, was sie sehen, hören und erkennen. Wer macht:

Abbildung 7.22  IST-Analysefragen; Verfasser©

Dieser Prozesse ist mit Zeit verbunden. Nicht jedes Handeln und Tun zeigt sich sofort. Oft sieht man Abläufe und Prozessschritte erst nach einer Weile der Interaktion mit dem Prozessbeteiligten und dem Prozess selbst. Am besten und am akzeptiertesten (in guten Partnerteams) ist die Kreidekreis-Methode. „Die Methode des Kreidekreis geht auf Taichii Ohno zurück, der sich von Zeit zu Zeit einen Kreidekreis auf den Boden seiner Fabrikhalle gemalt hat. In diesen Kreidekreis stellte er sich, und beobachtete in Ruhe das Geschehen. Dies dient dazu, in einem ‚abgegrenzten Raum‘ zu stehen und zu sehen, welche Verbesserungspotenziale in den beobachteten Abläufen stecken. Wenn es einem gelingt, die gegenseitige Beobachtung nicht als Kontrolle wahrzunehmen, sondern als ein Miteinander und Füreinander betrachtet, dann können die Potenziale, im Sinne eines gemeinsamen Ganzen, erschlossen werden. Im Sinne von ‚Erkenne dich selbst‘ ist die Kreidekreis-Methode ein wichtiges Element im Veränderungsprozess. Nur wenn man erkennt, was Mühe macht, kann man helfen es leichter zu machen. Helfen es leicht zu machen, ist die Aufgabe de-

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rer, die die Mittel verwalten. Ergo sollen diese auch in den Kreidekreis.“ (Leanmagazin, 2018)

Probieren Sie es einmal aus, Sie werden sehen, es bewirkt nahezu „Wunder“ ! Die Erkenntnisse, die mit dieser Form der Informationssammlung errungen werden, können so viel mehr Klarheit bringen, die Sie für die Prozessoptimierung benötigen. Dieser selbstkritische Blick auf die tatsächliche Arbeitsleistung ist nur dann wirklich effektiv möglich, wenn das Arbeiten an „mehr“ Qualität ohne Angst vonstattengeht. Angst ist einer der größten Feinde des KVP. Angst verhindert beim Menschen den unbedingten Willen zur Veränderung. Er verhaftet den Mitarbeiter/Partner auf der Stelle, auf der er vermeintlich „sicher“ steht. Mut für Neues, Mut, Prozesse und Handlungsweisen in Frage zu stellen, basiert auf einer Kultur des Vertrauens. Einem Umgang miteinander, der auf Achtsamkeit, Respekt und Wertschätzung basiert. Mut allein nutzt natürlich nicht viel, wenn es um die gemeinsame Erreichung von Unternehmenszielen geht. Mut muss mit Kenntnis, Transparenz und Können gepaart sein. Dann und erst dann ist der Weg frei für echtes Empowerment, wie es in diesem Buch als eines der Ziele für moderne und erfolgreiche Unternehmensführung beschrieben wird. Genau dieser modernen Unternehmensführung bedarf es, um Antworten für eine gute Personalbesetzung in Zukunft parat zu haben. 3. Erkläre ! Damit geht es weiter. Ist geklärt, wie es seine sollte und wie es tatsächlich ist, dann muss sich mit dem Warum auseinandergesetzt werden. Hat man die Erklärung für eine Abweichung, dann hat man in der Regel auch die Lösung dafür. Die Lösung wird, wie bereits erwähnt, mit dem bekannten Instrument des „strukturierten Problemlösungsprozesses (PLP)“ erarbeitet. Zu Beginn sollten Sie die Anforderungen kennen. Sie müssen wissen, wie ein bestimmter Prozess in Ihrem Unternehmen ablaufen muss.

Fallbeispiel – Thema Abrechnung im ambulanten Pflegedienst   Situation: Die Abrechnungen der Leistungen im ambulanten Pflegedienst erfolgen in der Regel abschließend bis frühestens zum 25. des Folgemonats. In Anbetracht der Situation, dass die Pflege- und Krankenkassen sich bis zu zwölf Wochen und mehr Zeit nehmen, um den abgerechneten Betrag zu überweisen, kann es bei dem einen oder anderen Unternehmen zu Liquiditätsengpässen kommen.

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Das Lean Management – schlank ist in

Viele können oder wollen sich das nicht leisten. Wie sollte es sein ? Läuft ein Monat ab, sollte die erste und höchste Priorität auf der Abrechnung der erbrachten Leistungen liegen. Es ist wichtig, dass die Gelder, für die der Dienstleister in Vorleistung gegangen ist, auch zügig in das Unternehmen zurückfließen. Diese Abrechnung kann spätestens am 5. des Folgemonats erledigt sein. Erkläre, warum dies nicht der Fall ist ? ■■ So kann es sein, dass Leistungsnachweise fehlerhaft oder nicht unterschrieben sind. ■■ So kann es sein, dass Leistungsnachweise unvollständig sind. ■■ So kann es sein, dass die Verwaltungskraft auf Grund von permanenten Störungen und Aufgabenüberlagerungen nicht zu dieser Tätigkeit kommt. Und so weiter ! Sie werden sicherlich noch den einen oder anderen Grund kennen, der die zügige Abrechnung verhindert. Die Digitalisierung bzw. der richtige und umfängliche Einsatz von den richtigen Instrumenten (Software, Smartphone, geschulte Partner) ist hier eine Lösung.

7.16 Digitalisierung „Die“ Digitalisierung gibt es aus meiner Sicht in unserer Branche, der Sozialwirtschaft, nicht. Zumindest nicht so in seiner Reinform. In der Gesundheits- und Sozialwirtschaft bedeutet Digitalisierung immer ein Kultur- und Wertewandel in Verbindung mit dem Einsatz digitaler Medien. So ist, nach meiner Auffassung, Digitalisierung auch grundsätzlich zu verstehen. Die Möglichkeiten und Chancen, die mit der weiteren Optimierung von Prozessen einhergehen, müssen auch gesellschaftlich über- und durchdacht werden. So heißt die Digitalisierung Einsparungen durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) auch, dass Arbeitsplätz wegfallen, mehr Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihre freien Ressourcen sinnvoll einsetzen können. Hier müssen „vor“ – und ich betone: vor – der Einsetzung von digitalen Hilfsmitteln bis hin zur KI Alternativen und Neuausrichtungen vorgeschlagen und initiiert werden. Menschen brauchen neue Aufgaben, Perspektiven und Prioritäten im Leben. Arbeit an sich kann es nicht mehr nur sein. In unseren Branchen müssen Arbeitsaufgaben neu definiert werden. Digitale Instrumente sind dann im nächsten Schritt maximal Helfer eines zielorientiert-wertschöpfenden Unternehmensverständnisses.

Einheitliche Handlungsmuster entwickeln – 5A etc. 97

Digitalisierung bedeutet auch, dass getreu der neuen Unternehmensführungsansätze (bionische Unternehmensführung, integral-evolutionäre Organisation, Heterarchie…) die digitale Schaffung der Unternehmenssteuerungslandschaft ausschließlich mit den Partnern gemeinsam entwickelt werden muss. Der Grundsatz: 1) Die digitale Landschaft ist der Diener der wertschöpfenden Prozesse ! Sie hilft bei der Beschleunigung von Prozessen und trägt damit zur Entschleunigung der händischen Arbeit bei. Sie reduziert Risiken, wenn richtige Daten erstellt bzw. erfasst werden. 2) Die wertschöpfenden Prozesse dienen als Leitfaden für die Softwareanpassung, an die sich schnell entwickelnde reale Landschaft in den Unternehmungen vor Ort anpassen müssen. Fallstrick   Digitales Umfeld wird vom Zeichenbrett ausgestaltet, ohne die Praktiker einzubeziehen. Ziele und Kennzahlen zur Digitalisierung müssen gemeinsam entwickelt und gelebt werden: ■■ Kernprozessressourcen freimachen zur Qualitätsverbesserung. ■■ Zeiteinsparung zur Intensivierung menschenwürdiger Versorgung. ■■ Deutlich verkürzte Prozessabläufe (Durchlaufzeiten) zur höheren Geschwindigkeit zur Entscheidungsfindung (Marktvorteile schaffen). ■■ Gewinnerhöhung durch Prozessstraffung in den Hilfsprozessen. ■■ …

Die Dienstleister (Softwarefirmen) müssen sich dabei konsequent an der Minimierung der Ressource Zeit beteiligen. Jeder Klick, jeder Wechsel von Bearbeitungsfenstern, der nicht automatisch vollzogen werden kann, ist Verschwendung. Ziel: die Anzahl der Klicks zu reduzieren.

7.17 Einheitliche Handlungsmuster entwickeln – 5A etc. Die große Stärke des Lean Managements ist die Prozessstabilisierung durch Standardisierung. Die Pflegebranche ist durch Standards in den letzten Jahren in Bedrängnis geraten. Pflegestandards, Expertenstandards sowie Qualitätsmanagementstandards – um nur drei zu nennen, die Prozesse beschreiben. Keiner davon hat sich wirklich im tiefen Verständnis der einzelnen Mitarbeiter von der Basis bis

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zum Management so implementiert, dass er sinnstiftend realisiert wird. Realisiert werden die Standards, weil sie Prüfungsgegenstand sind. Weil man haftungsrechtlich gegensteuern kann und erst zuletzt, weil es mehr Sicherheit und Transparenz in der täglichen Arbeit vermittelt. Fallbeispiel   Bis noch vor wenigen Jahren waren die Pflegestandards modern und überwiegend das alleinige Mittel, um Qualität zu sichern. Jedes Unternehmen in der Pflegebranche hatte davon ein paar Hundert im Regal stehen. Genauso viele Hundert wurden auch in die tägliche Arbeit am Bett des Kunden einbezogen. Diese Standards sollten etwas standardisieren, was im professionellen Selbstverständnis der Pflege seine Verankerung hat (siehe Ausbildungsrichtlinien für Kranken- und Altenpflege). Heute gibt es diese Standards per se so nicht mehr. Heute wird die Professionalität der Pflegefachkräfte gestärkt und die Wertigkeit von aktuell gültiger Fachliteratur hervorgehoben.

Konsequenz daraus ist, dass Selbstverständlichkeiten nicht noch einmal extra aufgeschrieben und standardisiert werden müssen. Sie sind so und gut. Die Fachausbildungen sind dabei der leitende Maßstab, der von den ohnehin vorhandenen Veröffentlichungen stetig aktualisiert wird. Der gesunde Menschenverstand ist ebenfalls ein Anzeiger für Sinn und Unsinn. Zwingend, wie bereits erwähnt, ist die aktuelle pflegewissenschaftliche Literatur hinzuzuziehen. Anders sieht es in dem Bereich aus, wo ein einheitliches und zeitsparendes (schlankes, verschwendungsarmes) Zusammenarbeiten notwendig ist. Hier ist als Beispiel die Büroorganisation oder auch der Fuhrpark zu nennen. Die Tourenkommunikation ist ein weiteres wesentliches Beispiel dafür. Es ist wichtig und wesentlich, dass Abläufe und Strukturen geregelt und vereinheitlicht werden ! Der 5A-Workshop und das 5A-System ist dabei eine Möglichkeit, einheitliche Strukturen zu implementieren. Ordnung, Sauberkeit und Disziplin sind die Zauberwörter. Es ergibt wenig Sinn, über neue Wege zu sprechen, wenn nicht alle die gleiche Sprache in einem Unternehmen sprechen. Dabei ist auch die Sprache der Ordnung zu nennen. Einheitliche Ablagesysteme, Zeiteinsparung durch Minimierung von Suchzeiten, Redundanz von Arbeitsplätzen etc. Grundsätzlich beginnen die meisten Probleme mit fehlender Ordnung, Sauberkeit, Sicherheit ! Hier fängt er an, der Weg und er beginnt mit einem 5A-Workshop. Der Ablauf klingt simpel, ist jedoch mit harter Arbeit und dem Grundverständnis verbunden, dass ohne Ordnung und Ordnungssysteme eine qualifizierte Arbeit nicht möglich ist.

Einheitliche Handlungsmuster entwickeln – 5A etc. 99

Unserer oben benannten 30-Sekunden-Regel werden wir gleich im 5A-Workshop nochmals begegnen. Die Formel des 5A-Systems lautet:

Abbildung 7.23  5A-(5S)-System; Verfasser©

An dieser Stelle wollen wir uns näher mit diesem wunderbaren und notwendigen System beschäftigen. Es ist die Grundlage eines jeden Qualitätsprozesses. Im Rahmen von Lean Management ist er fundamental ! Die 5 A (S) stehen für:

Abbildung 7.24  5A-Ablauf; Verfasser©

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Das Lean Management – schlank ist in

Schritt 1 ist das Aussortieren Grundregel hierbei ist, alles, was nicht unmittelbar für die tägliche Arbeit benötigt wird, verschwindet aus dem Büro/Arbeitsplatz. Ordner/Arbeitsmaterialien, die Sie nicht brauchen bzw. in den letzten sechs Monaten nicht angefasst haben, gehören nicht in Ihr Büro/Arbeitsplatz, sondern ins Archiv/Lager/Müll. Wie stellen Sie das fest ? Ganz einfach, Sie markieren den Ordner mit einem Klebezettel und schreiben das Datum des aktuellen Tages darauf. Wenn Sie ab diesem Tag den Ordner/Arbeitsmaterial sechs Monate nicht angefasst haben, gehört er nicht in Ihr Büro. Sie können diese Zeiträume auch individuell verkürzen. Je kürzer, desto besser. Es sollte jedoch noch sinnvoll sein. Sehr gut bewährt hat sich, dass „bin mir nicht sicher“-Materialien/Ordner separat gestellt werden (Schrank oder besser ein anderer Raum !). So sind sie sofort aus Ihrem direkten Arbeitsumfeld und Sie können dann entscheiden, ob sie gänzlich verschwinden oder eben nicht. Nur schaffen Sie Regeln. Machen Sie das nicht willkürlich, sondern geplant. Legen Sie den Zeitraum fest und ziehen Sie es durch. Vergessen Sie nicht die Arbeitsmaterialien, die doppelt, verschlissen, unbrauchbar oder unpraktisch sind. Weg damit. Denken Sie auch an Aktenordner, die überfüllt und somit nicht brauchbar sind. Ordner sollten max. zu ¾ gefüllt sein, damit ein effizientes Arbeiten überhaupt möglich ist. Der Mensch braucht so wenig, um glücklich zu sein. Das gilt auch und vor allem für die Arbeitswelt. So wenige Dinge benutzen Sie regelmäßig. So viele Dinge so gut wie nicht oder gar nicht. An dieser Stelle ergibt sich bereits die nächste Priorität. Dinge, die nicht oder nur selten gebraucht werden, verschwinden aus Ihrem Arbeitsbereich. Sie belasten, aber helfen nicht. Seien Sie beim Aussortieren großzügig. Werfen Sie weg, legen Sie ab, archivieren Sie. Nutzen Sie die Chance und stellen Sie Ihr Verhaltensmuster um. Stopp ! Wir sind noch nicht fertig. Alle diese Aufräumaktionen und Hinweise betreffen auch und vor allem Ihren Computer. Der Computer ist mittlerweile oft ebenso ein Arbeitsplatz wie die Pflege, Verwaltung, Führung usw. Auch hier muss die gleiche effiziente Ordnung herrschen wie im Rest des Unternehmens. Also frisch ans Werk und aufräumen. Betrachten Sie alle Dateien. Wann haben Sie diese für was zuletzt verwendet. Ist sie wichtig und wenn ja, was für Daten enthält sie. Brauchen Sie diese kurz-, mittel- oder langfristig ? Ist das Projekt abgeschlossen oder läuft es noch ? Wie lange haben Sie gebraucht, um die notwendigen Daten zu finden ? Löschen Sie, was sie nicht brauchen, den Rest archivieren Sie nach den im Unternehmen gültigen Regeln.

Einheitliche Handlungsmuster entwickeln – 5A etc. 101

Oft gibt es Regeln für Computerarbeitsplätze, feste Speicher- bzw. Ablagewege und Archivierungsregeln. Öfters hält sich nicht jeder daran. Nicht aus Unwillen, sondern mehr aus Unkenntnis. Schritt 2 ist das Aufräumen Sind Sie befreit von all dem Müll, Überflüssigen, Defekten und Unbrauchbarem, dann wird es Zeit, für eine Ordnung zu sorgen. Ordnung an Ihrem Arbeitsplatz, Ordnung auch in Ihrem Arbeitsplatz (PC). Ziehen Sie in Gedanken um Ihren direkten Arbeitsplatz fünf Kreise:

Abbildung 7.25  Aufgabenhäufigkeit am Arbeitsplatz; Verfasser©

In Ihrem direkten Arbeitsumfeld sollten sich wirklich nur die Dinge aufhalten, die Sie auch nur unbedingt ständig in Gebrauch haben. Was das ist:

Abbildung 7.26  Dinge im Arbeitsumfeld, die Sie ständig brauchen; Quelle Fotos: www. pixabay.com©

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Das Lean Management – schlank ist in

Das Bild links zeigt die Schublade im Schreibtisch des Verfassers. Das sind die „Werkzeuge, die im unmittelbaren Umfeld ausreichend sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Am Ende entscheiden Sie, wo Sie was hinlegen und wie Sie es für sich erreichbar machen. Im Lena Management gibt es für die Sortierung von Schubladen sogenannte Lean-Tool-Matten, diese bestehen aus Schaumstoff in zwei Schichten. Eine untere feste und eine obere etwas weichere. Die untere dient als Grundlage für den Schieber, die obere kann in der Form des Gegenstands ausgeschnitten werden. Somit ist sichergestellt, dass die Dinge ihren Platz haben und auch immer wieder genau an diesen Platz kommen ! Dass sie an den Platz kommen, dafür braucht es noch Sie !  Der käufliche Erwerb solcher Matten ist schwierig. Zu empfehlen ist ein Fachgeschäft für Schaumstoffe. Dort kann man sich seine Maße schneiden lassen. Alles, was Sie nicht unmittelbar und ständig benötigen, kann in Griffweite, jedoch nicht unmittelbar bei Ihnen aufbewahrt werden. Umso seltener der Gebrauch eines bestimmten Ordners/Materials ist, desto weiter weg können Sie dies dann auch lagern. Dinge, die Sie nur einmal täglich/wöchentlich/monatlich in Anspruch nehmen, können ruhig in einem Schrank in Ihrem Büro ihr Dasein fristen. So ist das Vorgehen einfach zu strukturieren und Sie finden schnell die richtige Art und Weise, wie das Büro eingerichtet werden muss. In Büros, die nach dem DeskSharing-Prinzip arbeiten, ist die Ordnung und das einheitliche System von besonderer Bedeutung. Was bedeutet Desk-Sharing-Prinzip ? Zu Deutsch kann man es mit „Teilen des Arbeitsplatzes“ bezeichnen. Mitarbeiter nutzen Arbeitsplätze nie wirklich voll. Im Maximalfall sind diese ca. 8 Stunden im Büro. In Zeiten, wo attraktive Arbeitsbedingungen geschaffen werden müssen, wo sich Arbeitgeber Gedanken darüber machen sollten, wie sie sich für alleinerziehende Eltern, Familienmütter, kurz: Menschen, die nur in Teilzeit arbeiten wollen, attraktiv positionieren, ist das Prinzip des Desk Sharing gut geeignet. Und hier fängt es an. Es funktioniert nur dann, wenn Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit als absolute Grundeinstellungen gelebt werden. Arbeitsplätze, die gemeinsam genutzt werden, sollten Abbildung 7.27  Arbeitsmaterial im Schreibtisch nach Lean Management; Quelle Foto: Verfasser©

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möglichst digital sein, aufgeräumt sein, keine persönlichen Dinge enthalten, sauber und desinfiziert sein (Tastatur, Maus, Tischplatte…) und alle Materialien einsatzbereit an ihrem Platz haben.

Einheitliche Handlungsmuster entwickeln – 5A etc. 103

Im Idealfall sieht der Arbeitsplatz so aus wie auf dem Bild rechts. Gut, okay, vielleicht nicht ganz so. Ein Bildschirm und die Tastatur dürfen auf dem Schreibtisch stehen. Läuft es standardisiert, das heißt alle haben die gleichen Laptops, dann ist eine Dockingstation fest installiert auf dem Schreibtisch sehr zu empfehlen. Ein Doppelbildschirmarbeitsplatz (mindestens je 22 Zoll) ist momentan das Mindeste an Ausstattung, was gut und richtig ist. Aber dafür gibt es auch Vorschriften (technische Regeln für Arbeitsstätten etc.).

Abbildung 7.28  Materialien am Arbeitsplatz; Quelle Foto: www. pixabay.com©

Schritt 3 ist das Säubern des Arbeitsplatzes Sie denken, dass dies nur für die Produktion/Pflege etc. von Bedeutung ist. Ich sage: nein. So viele unsaubere Büros, wie ich gesehen habe, veranlasst mich zu der Aussage: Jeder Arbeitsplatz bedarf der konsequenten Sauberkeit und der Verantwortung für diese ! Hier kommt es darauf an, dass zu Beginn eine Grundreinigung durchgeführt wird. Hierzu zähle ich auch das Malern von Wänden, wenn dies notwendig erscheint. Im zweiten Schritt werden Reinigungsintervalle festgelegt, die von „tgl. nach Schicht- Abbildung 7.29  Arbeitsplatz selbst sauber halten; Quelle Foto: ende“ Schreibtisch beinhalten bis „wöchentliche Reinigung der Böden“ etc. Dieses Intervall kann www.pixabay.com© mit einer Checkliste transparent gemacht werden und dient auch dem Controlling über die Effektivität der vereinbarten Maßnahmen. Die Grundlage der Unternehmensphilosophie sollte es sein, dass sich niemand zu schade dafür ist, seinen direkten Arbeitsbereich (Schreibtisch) auch selbst sauber zu halten. Auch hier ist es gut, wenn das Prinzip Top-down eingeführt und gelebt wird. Transparent und offen. Wenn der Chef es tut, gibt es für die Mitarbeiter auch keinen Grund, es nicht zu tun. Arbeit haben alle, Stress ebenfalls.

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Das Lean Management – schlank ist in

Schritt 4 ist die Anordnung der notwenigen Dinge In diesem Schritt geht es darum, das Erreichte festzuhalten. Hier liegt die Stärke, ja der Erfolg des Lean Managements. Es trägt dafür Sorge, dass erreichte Ergebnisse, die gut sind, auch in Zukunft gut bleiben. Zum einem gut durch Standardisierung und somit die Sicherheit, dass die Ergebnisse von allen genauso weiterbetrieben werden, und zum anderen dadurch, dass das Ergebnis konstruktiv in Frage gestellt wird. Nichts ist ebenso gut, dass man es nicht Abbildung 7.30  Anordnung von notwendigen Dingen; Quelle noch besser machen könnte. Wir erinnern uns: Foto: www.pixabay.com© das war eine der Grundregeln des Lean Managements. Change-Management ist nun mal die Grundordnung von Unternehmen. Ständige Veränderung heißt auch ständige Verbesserung und schon sind wir wieder bei dem notwendigen Instrument, dem 5A-Workshop ! Hilfreich dabei können Aufzeichnungen, Skizzen und am besten Fotos sein. Ich habe Ihnen meine Schublade fotografiert. So muss sie aussehen. So möchte ich sie immer haben. Genau so können Sie dies von Regalen, Schreibtischen, Teeküchen, Lagerräumen, Bettenwagen etc. anfertigen. Diese Fotos werden laminiert und an die betreffenden Einsatzstellen gehängt. Damit ist sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter unabhängig von seiner Sprachfähigkeit versteht, worauf es an dieser Stelle ankommt. Das erhöht die Qualität vor Ort und die Effizienz. Last, but not least: Schritt 5 Schritt 5 ist die Regel, dass alle Schritte wiederholt durchlaufen werden. Und zwar immer und immer wieder. Von Mal zu Mal werden Sie mutiger. Sie stellen Dinge infrage, die Sie beim letzten Mal noch unbedingt gebraucht haben. Sie merken, wie viel Sie mit wie wenig schaffen können. Sie merken, wie befreit es sich arbeitet, wenn kein Müll herumliegt. Wenn Schreibtische sauber und aufgeräumt sind. Wenn Ordnung herrscht. Und zum Schluss, wenn Sie nichts länger als 30 Sekunden suchen müssen. Definieren Sie gemeinsam sogenannte Zyklen oder auch Ereignisse, in denen bzw. bei denen Sie diesen Vorgang mit allen fünf Schritten wiederholt durchlaufen. Wichtig ist die Regelmäßigkeit. Die dafür benötigte Zeit verkürzt sich immer weiter. Sie werden routinierter dabei und empfinden eine gewisse Freude darin. Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu der Ordnung in Ihrer digitalen Welt verlieren. Das Gleiche, was Sie in Ihrem Büro machen, sollten Sie auch in Ihrem

Ishikawa-Diagramm, auch Ursache-Wirkungs-Diagramm 105

PC machen. Ihr Schreibtisch ist der Desktop. Dieser

sollte genauso aussehen wie Ihr physischer Schreibtisch. Leer ! Fast leer. Nur der Link zu Ihrer Arbeitsfestplatte oder Cloud befindet sich darauf. Fertig. Bis auf die Grundsymbole. Ihr Outlook ist das gleiche. Ihr Posteingang ist kein Parkplatz. Am Ende des Tages muss der Posteingang immer leer sein ! Jede Mail hat ihren Platz. Bevorzugter Ordner: der Papierkorb ! Nur das, was Sie nicht wegschmeißen bzw. löschen können, sollten Sie einem klaren Unterordner zuteilen. Das kann im zweiten Schritt Outlook auch allein. An dieser Stelle machen wir zunächst Schluss. Das Feld ist weit und bietet Stoff für ein weiteres Buch.

Abbildung 7.31  Digitale Ablage „der Mülleimer“; Quelle Bild: www. pixabay.com©

7.18 Ishikawa-Diagramm, auch Ursache-Wirkungs-Diagramm Wird es etwas komplexer und komplizierter, so dass Sie im Rahmen der 5-WhyMethode nicht mehr weiterkommen, dann empfiehlt sich das sogenannte Fischgrätendiagramm, das Ishikawa-Diagramm. Herr Ishikawa entwickelt es als Instrument der Ursachenforschung, wenn nicht gleich klar wird, wo genau welche Ursachen liegen. Aber auch, wenn es mehrere Ursachen auf mehreren Gebieten gibt. Abbildung 7.32  Ishikawa-/Fischgräten-Diagramm; Verfasser©

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Sie können die Begriff‌lichkeiten selbstverständlich frei wählen. Sie können Dinge weglassen. Oft genügen auch fünf Faktoren der Betrachtung. Wichtig ist, sich aus verschiedenen Perspektiven dem Problem zu nähern. Wenn wir auf unseren Wärmewagen zurückblicken, würde diese bedeuten, dass die Ursachen für kaltes Essen an mehreren Stellen zu suchen sind. So kann die Heizschleife defekt sein und die Mitarbeiter vergessen schlicht, den Stecker in die Steckdose zu stecken. So heißt hier die Frage: ■■ Was kann der „Mensch“ falsch machen, wenn am Ende das Essen kalt ist ? Er vergisst, den Stecker in die Steckdose zu stecken. Die weiterführende Frage wäre dann, wie kann man verhindern, dass der Mitarbeiter es vergisst ? Wie müssen Abläufe und Routinen gestaltet werden, dass der Mitarbeiter schlicht „gezwungen“ wird, den Stecker in die Steckdose zu stecken ? ■■ Die nächste Frage ist die nach der Maschine. Was kann an dem Wärmewagen falsch sein, dass er es nicht schafft, das Wasser so zu erwärmen, dass es das Essen wiederum heiß hält ? Die Heizschleife vielleicht ? ■■ Was kann an der Methode des Essenstransports um diese Zeit falsch sein ? Wird das Essen eventuell zu spät oder zu früh zur Verfügung gestellt ? Was müsste man an dieser Methode des Transports verändern, um heißeres Essen auf dem Wohnbereich/der Station zu haben ? ■■ Material: Hier stellt sich die Frage, ob die Utensilien, die für den Transport verwendet werden, noch den neusten Isolationsvorgaben entsprechen. Vielleicht sind die Essensabdeckungen defekt oder nicht mehr effektiv ? Neuanschaffung von Essenstelleraufbewahrungen oder Behältern kann helfen, das Problem zu reduzieren oder zu beheben. ■■ Das Management kann auch eine weitere Ursache bieten. So können nicht die richtigen Mitarbeiter zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Oder die notwendigen Reparaturen/Neuanschaffung wurden nicht genehmigt oder liegen auf Wiedervorlage. ■■ Mitwelt bedeutet, dass andere Abteilungen oder Schnittstellen nicht konstruktiv mitwirken. So werden die dringend benötigten zwei Fahrstühle ständig durch andere Mitarbeiter und deren Transfer von Rollstühlen besetzt. Somit verzögern sich Transportzeiten unnötig. Durch eine Schnittstellenklärung lässt sich das Problem oft gut beheben.

Brainstorming 107

7.19 Brainstorming Im Rahmen der sinnvollen und zielorientierten Einbeziehung von Mitarbeiten in den PLP gehört auch das Brainstorming. 1. Begriff: Kreativitätstechnik, bei der mehrere Personen nach bestimmten Regeln in einer Gruppe Lösungsalternativen sammeln. 2. Ablauf: a) Dem Brainstorming wird eine Problemanalyse vorangestellt, aus der eine Frage­stellung entwickelt wird. b) Der Moderator stellt die Fragestellung vor und gibt die Regeln bekannt. c) Während der Sitzung motiviert der Moderator die Teilnehmer zur Abgabe von Ideen, achtet auf die Einhaltung der Regeln und protokolliert die Ideen und Diskussionen. d) Nach der Sitzung werden die gesammelten Ideen geordnet und protokolliert. Diese werden anschließend an die Gruppe oder Experten zur weiteren Entwicklung und Ausarbeitung versandt. 3. Regeln: a) Freies Spiel der Gedanken ist erwünscht, jede Idee ist willkommen. b) Die Quantität und nicht die Qualität oder Realisierbarkeit der Vorschläge ist das entscheidende Kriterium. c) Ideen der anderen sollen aufgenommen und weiterentwickelt werden, es gibt kein Urheberrecht auf Ideen. d) Killerphrasen, Kritik und Selbstkritik an den genannten Ideen sind streng verboten. 4. Kritik: Obwohl diese Methode vielfach eingesetzt wird, scheint sie doch hinsichtlich Anzahl und Qualität der gesammelten Ideen schlechter zu sein als Methoden, bei denen zunächst in Einzelarbeit Ideen gesammelt werden, an denen dann in der Gruppe weitergearbeitet wird. Beim Brainstorming wird gesprochen, beim Brainwriting werden schriftliche Impulse weiterentwickelt. (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018) Achten Sie darauf, dass nicht zu viel Zeit dabei ins Land geht. Fünf Minuten Brainstorming kann als Ziel anvisiert werden. Beginnen können Sie mit zehn Minuten. Vergessen Sie nicht: Zeit ist Geld !

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Das Lean Management – schlank ist in

7.20 FMEA

Definition FMEA   „Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (engl.: Failure-Mode-and-EffectsAnalysis), kurz FMEA, wird im Rahmen des Qualitätsmanagements zur präventiven Fehlervermeidung eingesetzt. Es handelt sich um eine ‚formalisierte‘ (qualitative) Methode, um mögliche Probleme sowie deren Risiken und Folgen bereits vor ihrer Entstehung systematisch und vollständig zu erfassen“ (Kamiske & Brauer, 2003, S. 74). Frehr beschreibt die FMEA als eine Maßnahme, die „vor allem in Planungsphasen wie Entwicklung, Konstruktion, Prozess- und Arbeitsablaufplanung, Betriebsorganisation“, d. h., in den frühen Phasen des Produktentstehungsprozesses, „potenzielle Fehler aufspüren, bewerten und Maßnahmen zu ihrer Abstellung initiieren“ (Frehr, 1994, S. 234) soll.

Die FMEA wird in der Regel von einem interdisziplinären Arbeitsteam bestehend aus etwa fünf bis sieben Fachleuten durchgeführt, die einen engen Bezug zum Untersuchungsgegenstand haben. Die FMEA beginnt mit einer Fehleranalyse, bei der im Rahmen eines Brainstormings des Teams alle denkbaren Fehlerarten, die bei dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand auftreten könnten, gesammelt werden. Jede Fehlerart wird daraufhin hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Ursachen untersucht. Im Anschluss daran erfolgt die sogenannte Risikobeurteilung. Dazu werden zunächst „Kontrollmaßnahmen, die zur Entdeckung potenzieller Fehler führen oder deren Auswirkungen verringern können“ (Kamiske & Brauer, 2003, S. 77), festgelegt. Daraufhin vergibt das Team für jede mögliche Fehlerursache Punkte in einer Skala von 1 bis 10 in folgenden Kategorien: ■■ Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Fehlers (1 = unwahrscheinlich, 10 = hoch), ■■ Bedeutung des Fehlers (1 = kaum wahrnehmbare Auswirkungen, 10 = äußerst schwerwiegender Fehler), ■■ Wahrscheinlichkeit der Entdeckung des Fehlers (1 = hoch, 10 = unwahrscheinlich). Die vergebenen Punkte werden durch Multiplikation zu der sogenannten Risiko­ prioritätszahl (RPZ) zusammengefasst, um so jeden Fehler zu quantifizieren. „Die Risikoprioritätszahl kann dann einen Wert zwischen eins und 1 000 annehmen und stellt so eine Rangfolge für die Optimierung durch entsprechende Lösungsvorschläge dar“ (Kamiske & Brauer, 2003, S. 77). „Die Fehlerursachen mit dem

Agilität in der Pflege 109

höchsten Zahlenwert sind vorrangig zu beseitigen“ (Kamiske & Brauer, 2003, S. 78), mit Hilfe geeigneter Maßnahmen bzw. Lösungen. „Von den vorgeschlagenen Maßnahmen werden die Erfolgversprechendsten diskutiert, ausgewählt und anschließend durchgeführt“ (Kamiske & Brauer, 2003). Und „nach der Durchführung der Maßnahmen wird eine weitere Risikobeurteilung vorgenommen“ (Syska, 2006).

7.21 Agilität in der Pflege „Wer nicht manchmal das Unmögliche wagt, wird das Mögliche nie erreichen.“ (Max von Eyth) Agilität – und schon sind wir bei einer der nächsten Begriff‌lichkeiten, die den Markt des neuen Jahrhunderts maßgeblich bewegt. Nicht falsch verstehen. Nicht Industrie 4.0, sondern wirklich QM-Pflege-4.0 ! Wie nähern wir uns diesem inflationär eingesetzten Begriff, der oft nicht richtig und noch öfter falsch eingesetzt wird ? Agilität wird nicht selten als noch schneller, weiter, besser und kostengünstiger verstanden. Mit KPIs10 bzw. Kennzahlen werden noch bessere Zielerreichungen und Projekterfolge gemessen und der Druck somit auf die Ausführenden und die Geschäftsführer erhöht. Stopp ! Das ist nicht agil. Das ist nicht der Weg, den wir in diesem Buch beschreiten. Agilität wird im Duden einfach und präzise auf den Punkt gebracht (Duden, 2017): Gewandtheit, Vitalität Wendigkeit = Agilität ! „Agilität ist die Qualität einer Organisation, sich reaktiv an sich verändernde Bedingungen anzupassen, kontinuierlich zu lernen und sich als Ganzes weiterzuentwickeln.“ (thinkagile, 2018)

10 Key Performance Indicator = Kennzahlen, mit denen die Leistung von Aktivitäten in Unternehmen ermittelt werden.

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Das Lean Management – schlank ist in

Abbildung 7.33  Agilität und seine Bestandteile; Verfasser©

Agilität ist aber auch der proaktive Umgang mit Marktherausforderungen heute und morgen. Vorbereitet sein, ist dabei wichtig. Agilität ist ein Stück weit die konsequente Weiterentwicklung von Zentralität. Obwohl Dezentralität das Gegenstück von Zentralität ist, so muss das eine das andere durchaus nicht ausschließen. Das heißt, der Trend hin zu zentralen Betreiberstrukturen ist ungebrochen und wird sich auch noch eine Weile fortsetzen. Immer weniger große Betreiber von sozialen Dienstleistungen konzentrieren immer mehr Dienstleistungen sowohl im ambulanten, teilstationären und vollstationären Bereich auf sich. Ob das richtig oder falsch, gut oder schlecht ist, maßt sich der Autor nicht an, zu beurteilen. Die Zeit wird es richten. Hier kann festgehalten werden: beliebig expandieren, ohne dabei agile, dezentrale Strukturen zu implementieren, wird nicht funktionieren. Verantwortung, Autonomie, Kreativität, Innovativität und das aus einer stabilen intrinsischen Motivation heraus, ist mit zentralen Strukturen nur sehr schwer zu realisieren. Kleine, effektive, dezentrale, quartiersnahe oder auch wohnortnahe Strukturen mit sich selbstverantwortenden Einheiten ohne große Hierarchien können da die Antwort sein. Flache Strukturen mit minimalem Overhead sind auch das zentrale Anliegen, wenn es um Lean Management in der Pflege geht. Wobei Sie sicher merken: es vermischt sich. Lean Management allein ist keine vollumfängliche Lösung. Die zukunftssichere Kombination der verschiedenen Ansätze bietet an dieser Stelle die richtigen Ansatzpunkte. Die Frage lautet:

Arbeiten in Netzwerken 111

Wie flach können Strukturen in ambulanten und vollstationären Trägerschaften werden ? Sehr flach. Sie enden dort, wo Kompetenzen und der Wille nach Autonomie der Teams vor Ort enden. Vorausgesetzt, dass Betreiber/Träger gewillt sind, Verantwortung in die Hände der Teams zu geben. Absichtlich ist hier nicht die Rede von einzelnen Mitarbeitern oder Regionalleitern. Nein, es geht hier um gemeinsam agierende Teams. Sie bilden einen „Organismus“, der nur dann gut funktioniert, wenn jeder Teil dieses Organismus seine frei gewählte Aufgabe, seinen Platz gefunden hat und diesen ganzheitlich und verantwortlich ausfüllt. Ob und wie stark Führungskräfte zu Coaches werden können und müssen, wird im Verlauf dieses Buches und des Systems der QM-Pflege-4.0 beantwortet. So viel vorweg: Coaches sind keine Krisenmanager. Coaches stehen auf der Stufe der zu Coachenden. Das ist Chance und Risiko zugleich. Nicht immer sind Coaches gefragt. Was dann ? Mit einer besseren Diversifikation von Aufgaben, bei der sich jedes Teammitglied wiederfindet und einem fachkundigen und einem professionellen Coaching, kann sehr viel bewegt werden. Im weiteren Verlauf stellt sich dann die Frage: Sind überhaupt Hierarchien notwendig, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen ? Die Antwort für die Zukunft kann lauten: nein ! Sie sind nicht notwendig. Im weiteren Verlauf eines Change-Management-Prozesses steht die integral-evolutionäre Organisation, die Teams vollumfänglich die Verantwortung für „ihre“ Arbeit zurückgibt. Dieser Weg ist, wie bereits erwähnt, nicht von heute auf morgen zu bewältigen, aber er ist auch nicht unmöglich. Das löst nicht die Problematik der Verantwortlichkeiten. Diese bleiben bei Geschäftsführern, Einrichtungsleitungen, verantwortlichen Pflegefachkräften. Diese werden zur Verantwortung gezogen, wenn etwas fehlerhaft läuft. Das hat aber nicht ausschließlich etwas mit der Verteilung von Aufgaben innerhalb einer Organisation zu tun. Das hat nichts mit dem Einsatz von Partnern nach ihren Stärken zu tun. Natürlich müssen gesetzliche Vorgaben (Behandlungspflegen etc.) berücksichtigt werden. Das ist nicht der alleinige Punkt. Ein Punkt ist, dass Teamentscheidungen gemeinsam und ohne Hierarchien getroffen werden, so diese verantwortbar sind und das Unternehmen sich damit nicht selbst blockiert, weil Verständnis bzw. Verstehen fehlen.

7.22 Arbeiten in Netzwerken Wir möchten behaupten, dass das Arbeiten in Netzwerken im Zeitalter der Digitalisierung etwas einfacher und effektiver geworden ist. Informationen können in

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Das Lean Management – schlank ist in

Echtzeit allen Teammitgliedern gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden. Übergaben und Besprechungen bekommen in diesem Zusammenhang eine andere Bedeutung. Es geht nicht mehr um Informationserlangung, sondern um die gemeinsame Gewichtung, Auswertung und Abstimmung geeigneter Maßnahmen. Die Anzahl der Netzwerke, die notwendig sind, um eine Dienstleistung in der Pflege erbringen zu können, sind in den letzten Jahren nicht nur quantitativ gestiegen, sie haben auch an qualitativen Ansprüchen stark zugenommen. Die Qualität besteht in der interdisziplinären und kundenwunschorientierten Erbringung von Leistungen. Diese reibungslose und interdisziplinäre Leistungserbringung funktioniert nur dann effektiv, wenn Informationen widerstandsfrei über Netzwerke ausgetauscht und koordiniert werden können. Sie werden jetzt einwenden, dass das Datenschutzgesetz da eine Hürde darstellt. Das ist richtig. Doch wird es in Zukunft Wege und Möglichkeiten geben müssen, mit diesen Barrieren, barrierefrei umgehen zu können. Die Barrierefreiheit ist nicht nur in der DIN ISO 18040 ein Thema, nein, sie ist vor allem in der zweckdienlichen Kommunikation zwischen den einzelnen Prozessbeteiligten absolut zwingend. Auch zu berücksichtigen ist die Qualität der Daten. Wer benötigt welche Daten in welcher Qualität, um was machen oder entscheiden zu können ? Wie ist es möglich, dass alle Prozessbeteiligten sich gleichermaßen dem Kundenwunsch verpflichtet fühlen und ihr Maximales tun, damit das Netzwerk optimal funktioniert ? Fallbeispiel   Das Überleitungsmanagement vom Krankenhaus in die Pflegesituation zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung läuft nicht immer so, wie es der Kunde benötigt. Da werden Menschen Mittwochmittag oder Freitagnachmittag aus dem Krankenhaus entlassen und zwar ohne die ausreichende Medikation bis Montag ! Auch andersherum geht es nicht immer gut. Aufnahmen in Krankenhäusern müssen ohne richtige bzw. ausreichende Informationen des Pflegedienstes oder der Pflegeeinrichtung ablaufen. Informationen sind unvollständig, veraltet oder nicht vorhanden. So geht es auch nicht ! Quantitativ erweitert sich das Netzwerk um den Kunden herum. Apotheken, Pflegedienst, vollstationäre Pflegeheime, Ärzte, Therapeuten, Krankenund Pflegekassen, Freunde, Verwandte, Nachbarn und Angehörige – um nur die wichtigsten zu nennen. Alle benötigen von ein und derselben Person Informationen. Diese müssen richtig, vollständig und jederzeit an der dafür vorgesehenen Stelle verfügbar sein. Die Vernetzung und Koordinierung dieser Netzwerkteilnehmer fallen oft dem ambulanten Pflegedienst zu. Hier wird sich auch

Arbeiten in Netzwerken 113

zur Entlastung dieser in den nächsten Jahren einiges tun. Mehr Verantwortung von allen professionell beteiligten Prozessteilnehmern ist dabei das Ziel ! Warum soll es in Zukunft nicht denkbar sein, dass Angehörige, Hausärzte, Apotheken, Sanitätshäuser, Krankenkassen, Pflegekassen gleichzeitig Zugriff auf die Pflegesoftware in einer vollstationären/ambulanten Einrichtung haben ? So wären alle Netzwerkbeteiligten zum Wohle des Kunden informiert und könnten in „Echtzeit“ an den Bedürfnissen des Kunden arbeiten. Keine Reibungsverluste durch Fehlinformationen. Kein Zeitverlust durch Transfers usw.

Hinzu kommt eine weitere Dimension des vernetzten Arbeitens. Ohne oder mit nur sehr flachen Hierarchien fallen viele Aufgaben weg, die bis dato von Verwaltungsmitarbeitern oder auch Führungskräften durchgeführt worden sind. Wir denken dabei an Abrechnungen, Kommunikation mit Angehörigen, Krankenund Pflegekassen, Verträge, Dienstleister usw. „Früher arbeiteten wir in einer großen Organisation und machten oft Witze über die Idioten in der Zentrale, die auf alle möglichen merkwürdigen Ideen kamen. Jetzt machen wir alles selbst und können uns über niemand mehr beschweren.“ – eine Krankenschwester bei Buurtzorg11 über die Arbeit ohne Unterstützungsfunktionen (Laloux, 2015, S. 71). Einschränkend muss erwähnt werden, dass auch bei dem erwähnten holländischen Unternehmen zentrale Dienstleistungen erbracht werden, ja erbracht werden müssen. Schlussrechnungen werden zentral erstellt, genauso wie die Festlegung der zu erbringenden Dienstleistungen. Die Verantwortlichkeit liegt beim Geschäftsführer. Genau da liegt der Zauber dieser Organisationsform. Integral-evolutionäre Organisationsformen wie z. B. Buurtzorg aus den Niederlanden, verzichten fast völlig auf diese Unterstützungsfunktionen. Es gibt keine Verwaltungskräfte, kein mittleres Management, keine Chefs. Nur befähigte und verantwortliche Partner. Die Diversifikation von Aufgaben hat ein Ende. Gemba-Walk weitergedacht. Geht nicht nur an den Ursprung zurück bzw. an den Ort des Geschehens, nein, mache sie gleich selbst. Nicht unterschiedliche Mitarbeiter erbringen um ein und denselben Kunden herum Dienstleistungen, sondern das Pflegeteam erbringt alle prozessrelevanten Dienstleistungen selbst. Aus dem Kern- und Hilfsprozess wird ein Kernprozess. Nahezu alle anderen nichtwertschöpfenden Stellen entfallen. Somit werden ganz anders prozessrele11 Buurtzorg ist eine niederländische Organisation zur häuslichen Altenpflege, die wegen ihres neuen Ansatzes, unabhängige Pflegeteams aufzustellen, dabei qualitativ hochwertige Pflege zu leisten und dennoch bei einem niedrigen Kostenlevel zu arbeiten, für internationale Aufmerksamkeit sorgt. Das Motto der Organisation lautet „Menschlichkeit vor Bürokratie“. Buurtzorg bedeutet „Nachbarschaftsbetreuung“ (Wikipedia, 2018).

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Das Lean Management – schlank ist in

vante Tätigkeiten, ob wertschöpfend oder nicht, nach ihrer Sinnhaftigkeit klassifiziert. Es wird automatisch nur noch das getan, was absolut notwendig und sinnvoll ist.

Abbildung 7.34  Prozesslandschaft Pflege – Stand heute; Verfasser©; Quelle Foto: www. pixabay.com©

Die Einsparpotenziale sind enorm. Allein dadurch, dass sämtliche Unterstützungsstellen entfallen. Dies funktioniert nur mit ausgefeilten Kommunikationsstrukturen und -instrumenten sowie digitaler Unterstützung. Hier ist dann die Schnittstelle zu einer wirklichkeitsnahen und den Kernprozess unterstützenden Softwarelösung. Die Software muss den Ansprüchen von Praktikern der Pflege genügen. Abrechnung, Touren- und Dienstplanung dürfen kein „Hexenwerk“ sein. Dies Hürde ist hoch und stellt extreme Anforderungen an die Softwareentwickler. Der gesamte Softwareprozess muss auf die eigentliche Dienstleistung so abgestimmt sein, dass viele Schritte sich automatisch erledigen und die Verknüpfungen es den Pflegekräften leicht machen, die anfallenden Leistungen zu erbringen. Hier kommt der Übergang von einer Software, die mehr oder weniger Spezialisten brauchte, hin zu einem Instrument, was den echten Praktiker bei der täglichen Arbeit effektiv und vollumfänglich unterstützt. Tut sie das nicht, wird sie abgewählt. Im weiteren Verlauf wird die gesamte Kommunikation über diese Software abgebildet. Übergaben, Abstimmungen, Termine und Erfahrungsaustausch. Chats und Informationscentren dienen dem Austausch. Chatgruppen für bestimmten

Konzentration auf das Wesentliche 115

Spezialisierungen dienen der fachlichen Begleitung aller vernetzten Mitarbeiter und Gruppen. Moderne Kommunikation findet heute über externe Portale statt. So können in Unternehmen geschlossene Gruppe über Facebook eingerichtet werden, die es dem Unternehmen, aber auch den Mitarbeitern ermöglicht, Informationen, die nicht dem Datenschutz unterliegen, in Echtzeit zu übermitteln. Das heißt, über die Smartphones, die den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden, ist eine Informationsübermittlung, die sich auf das Wesentliche beschränkt, möglich. Hier kann man große Gruppen (das gesamte Unternehmen) und kleine Gruppen (der Wohnbereich, das ambulante Pflegeteam vor Ort) einrichten und somit vernetzen. Hinweis   Es geht hier nicht um ständige Erreichbarkeit oder Haftung. Es geht um Informationen. Dinge, die es wert sind, dass sie ausgetauscht werden. Einspringen ist damit nicht gemeint. Es besteht auch keine Verpflichtung, dieses Netzwerk ständig zu beobachten und es entsteht daraus, wie oben beschreiben, keine Haftung.

7.23 Konzentration auf das Wesentliche Ein wesentlicher Schwerpunkt von QM-Pflege-4.0 ist die Konzentration auf das Wesentliche ! Was ist das Wesentliche ? Das Wesentliche ist das Einfache. Das Wesentliche sind die Eckpunkte, Rahmenbedingungen und Ziele, die für jedes Teammitglied verständlich, nachvollziehbar und zielführend sind. Kann ein Teammitglied Ihnen nicht in 60 Sekunden die Aufgaben und Ziele Ihres Unternehmens darstellen, dann sind Sie bereits zu komplex. Komplexität ist der Feind der agilen Unternehmensführung. Je komplexer Prozesse werden, umso mehr Energie benötigen Sie, diese zu überschauen, zu controllen und den Mitarbeitern zu verdeutlichen. Pflege ist an sich eine Dienstleistung mit einem hohen Maß an Komplexität. Sie arbeitet mit vielen Professionen und diese bedürfen eines hohen Maßes an Vernetzung. Somit wird es deutlich, wie notwendig es ist, dass QM-Pflege-4.0 so einfach und verständlich wie möglich ist und bleibt. Das Instrument des Flussdiagramms als eine der Möglichkeiten, Prozesse einfach darzustellen, ist ein zentraler Schwerpunkt im effektiven Flow der täglichen Aufgaben. Dazu in den nächsten Kapiteln mehr !

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Das Lean Management – schlank ist in

Das Lean Management verfügt über eine Vielzahl von Instrumenten, um Qualität in einer Organisation zu sichern. In QM-Pflege-4.0 werden nur wenige davon ausgewählt, um Ihnen absolut zielführend Handwerkszeug an die Hand geben zu können. Der tägliche Einsatz auf den Wohnberiechen, Stationen oder zu Hause bei den Kunden ist der Maßstab für die Sinnhaftigkeit oder eben nicht. Dazu gehört auch ein gutes und aussagekräftiges Kennzahlensystem. Sie brauchen als Team nur wenige KPIs bzw. Kennzahlen, die Sie täglich in die Lage versetzen, Ihre Effektivität und Effizienz zu messen. Aber diese brauchen Sie. Hier muss das Team auf die Erstellung und das Einpflegen der notwendigen Basisdaten akribisch achten. Auch dazu in den nächsten Kapiteln mehr. Achtung   Kennzahlen, die wirtschaftliche Rahmendaten abbilden, genügen für eine moderne Sozialwirtschaft im Zeitalter von Pflege 4.0 längst nicht mehr. Wichtig ist gleichermaßen, dass Werte zur Qualität der Managementkultur, aber auch dem Entwicklungsstand der intrinsischen Motivationsfaktoren ermittelt werden !

In der Folge möchte ich, in Anlehnung an Rüdiger Fox, ein ganzheitliches Kennzahlensystem aufzeigen, welches mehrdimensional Daten erfasst, die in der Folge zu ganzheitlichen Reaktions- und Aktionsmustern führen. Sie merken, wir spannen den Bogen zu den Opportunitätskosten, den Kosten für schlechte Qualität (CoPQ) und den daraus folgenden Managementansätzen.

Abbildung 7.35  Struktur Kennzahlensystem in Pflege 4.0; Quelle: Darstellung angelehnt an (Fox, 2017) S. 268©; Fotos: www.pixabay.com©

Konzentration auf das Wesentliche 117

Tipp   Stellen Sie sich vor, dass Sie als Führungskraft/Teamcoaches (vielleicht Unternehmer) Ihre Führungskräfte/Teamcoaches nach den beiden letzten Faktorengruppen beurteilen. Dass die Zahlen stimmen müssen in Hinblick auf die Betriebswirtschaft, ist klar. Nicht klar ist, dass die neuen Management-KPIs die Kulturpflege und Motivationsfähigkeit sein müssen, wenn Unternehmen in der Zukunft überhaupt noch eine Chance haben wollen. Führungskräfte, bei denen die ökonomischen KPIs die wesentlichen sind, werden in den kommenden Jahren immer wieder vor den gleichen Problemen stehen. Sie werden keine „Partner“ mehr finden, die in ihrem Unternehmen tätig sein möchten.

Was tun ? Maßnahme für Unternehmen: Finanzcontrolling wird zu einer Selbstverständlichkeit und so automatisiert, dass Führungskräfte dabei minimal beansprucht werden. Hier ist 4.0 im wahrsten Sinne sinnvoll ! Kulturcontrolling und vor allem Motivationscontrolling werden zu den neuen Schlüsselqualifikationen und -faktoren. Hiernach muss Bilanz gezogen werden. Hiernach werden Beurteilungen und am Ende Beteiligungen gewährt. Die Partner und Kunden sind die entscheidenden Schlüssel zum Erfolg. Dadurch zeigt sich ein weiterer Weg aus der Opportunitätskostenfalle auf. Führungskräfte, die Sie verstehen, nach diesen Kriterien auszuwählen, im Unternehmen zu halten und zu motivieren, werden auch vollen Erfolg bei den Partnern und Kunden haben. Diese Kulturumgangskaskade wird am Ende den Vorsprung vor anderen Mitbewerbern ausmachen, denen die Mitarbeiter durch fehlerhaftes Kultur- und Motivationscontrolling davonlaufen. Fazit   Ein Wertewandel ist kein Hexenwerk. Auch hier beginnt dieser Weg mit dem ersten Schritt. Getreu der Aussage: Der Fisch stinkt immer vom Kopfe… ! Beginnt es mit einem Umdenk- und Handlungsprozess in der Führung eines (Ihres) Unternehmens. Die dafür notwendigen Schwerpunkte wurden in diesem Kapitel angerissen und für die detaillierte und handlungsanleitende Bearbeitung so aufbereitet, dass Sie einmal das „große Ganze“ überblicken können. Am Ende dieses Kapitels wird deutlich, dass Lean Management allein den Anforderungen von QM-Pflege-4.0 nicht genügt. Dieser Ansatz zur Sicherung der Qualität in den nächsten Jahrzehnten geht weit darüber hinaus. Und trotzdem ist das Lean Management ein wesentlicher und gewichtiger Aspekt der vierten Generation des Qualitätsmanagements in der Pflege.

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7.24 Empowerment: die Lösung für Unternehmen „Wir müssen uns vom Funktionieren verabschieden, um wirklich über uns hinauszuwachsen.“ (Silvia Follmann) Am Ende dieses spannenden Kapitels beschäftigen wir uns eingehend mit der Zielthematik dieses Buches, dem Empowerment. Dieses Empowerment ist sicherlich noch lange nicht die endgültige Lösung, nicht der Stein der Weisen und auch nicht der Königsweg. Stattdessen ist es ein Schritt, ein großer Schritt in die Richtung, Menschen in Unternehmen partnerschaftlich und langfristig für die Tätigkeit, die Mitwirkung an Prozessen zu begeistern. Sie fit zu machen für mehr Autonomie, Verantwortung und aktive Gestaltung von Produkten und Prozessen. Dieser Anfang ist bereits lang genug. Geredet und gewartet hat die Branche bereits viele Jahre. Jetzt muss es losgehen. Wie Sie mich kennen, geht es jetzt nicht um die Diskussion und nicht um das Reden über die Wege, die man gehen könnte, sondern es geht mir um das Loslaufen. Das Tun. Das Lernen auf dem Weg des Tuns. Nicht, dass die Theorie hinter der Praxis wichtig ist, nur ist heute nicht der richtige Zeitpunkt zum Reden. Wir müssen handeln. Jetzt !

Definition Empowerment   „1. Personalführung: engl. für Bevollmächtigung; Bezeichnung für vom Management initiierte Maßnahmen, die die Autonomie und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Mitarbeitern rund um ihren Arbeitsplatz erweitern. Empowerment bezeichnet somit die Weitergabe von Entscheidungsbefugnissen und Verantwortung durch Vorgesetzte an Mitarbeiter. Empowerment konkretisiert sich u. a. in einer (weitgehend) selbstbestimmten Gestaltung des Arbeitsablaufs, dem Zugang zu gewünschten Informationen und intensivierter (aufgaben­ bezo­gener) Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten. Vorteile des Empowerments sind auf organisationaler Ebene die Reduzierung Entscheidungen in den oberen Hierarchieebenen, weniger Bürokratie und Leistungsoptimierung sowie auf Mitarbeiterebene motivationale Effekte bzw. das vermehrte Top-down durchreichen von Entscheidungsprozessen. 2. Psychosoziale Praxis: Empowerment, zu verstehen als Selbstbefähigung, Stärkung von Autonomie und Eigenmacht, ist eine Sammelkategorie für alle solchen Arbeitsansätze in der psychosozialen Praxis (Soziale Arbeit), die Menschen zur Entdeckung eigener Stärken ermutigen und ihnen Hilfestellungen bei der Aneignung von Selbstbestimmung und Lebensautonomie vermitteln.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Empowerment: die Lösung für Unternehmen 119

Ganz zu Beginn dieser Definition von Prof. Dr. Bartscher steht der Begriff des „vom Management initiierte Maßnahmen“. Genau aus diesem Grund ist es nur der Anfang eines Weges der gemeinsamen, hierarchiearmen Organisation von Unternehmensprozessen. Es bedarf immer noch einer Ebene des Managements. Für mehr ist der Markt heute noch nicht reif. Das genügt aber auch voll und ganz, wenn Dinge davon Stück für Stück umgesetzt werden würden. Die Organisation von Prozessen hat im Empowerment eine ganz kon­krete Ausprägung. Sie steht unter der Vorgabe, dass Mitarbeiter, die gemeinsam an einem Prozess arbeiten unter Verwendung entscheidender Informationen, Entscheidungen, die dem Prozess inhärent sind, selbstverantwortlich treffen können. Immer noch getreu der Empowerment-Vorgabe: Jede Entscheidung, die das Management trifft, ist eine verlorene Chance für die Mitarbeiter, diese Entscheidung selbst zu treffen. Eine verlorene Chance, daraus zu lernen, zu wachsen und sich agil zu entwickeln. Wir reden hier von Chancen ! Chancen, aktiv mitzuwirken. Oder eben von vertanen Möglichkeiten für all die guten Seiten oder auch Vorteile des Empowerments in Hinblick auf Motivation (hier intrinsische…) und somit mehr Qualität, mehr Prozesstreue, mehr Ausstrahlung nach außen, mehr Zuspruch, mehr inter­ essierte Mitarbeiter, die in diesem Unternehmen arbeiten wollen. Die Liste der Vorteile kann ich weiter ausführen, genau wie Sie. An dieser Stelle ziehen wir, zurück in die Zukunft, Parallelen zum Subsidiari­ tätsprinzip. Kommt Ihnen dieser Begriff mehr oder weniger bekannt vor ? Sicherlich ! Aber gut, widmen wir uns diesem Prinzip näher und arbeiten die Vergleichbarkeiten heraus:

Definition Subsidiarität   „Prinzip, das auf die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten, der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung abstellt. Nur dort, wo die Möglichkeiten des Einzelnen bzw. einer kleinen Gruppe nicht ausreichen, Aufgaben zu lösen, sollen staatliche Institutionen subsidiär eingreifen. Dabei ist der Hilfe zur Selbsthilfe der Vorrang vor einer unmittelbaren Aufgabenübernahme durch den Staat zu geben.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Dem vorangestellt sind zwei Erkenntnisprozesse, die im Rahmen unseres Change Management-Weges durchlaufen werden: 1) „Handle so, als wäre es dein eigenes Unternehmen“ (WirtschaftsWoche Kaeser Joe, 2014) 2) Aus Betroffenen müssen Beteiligte werden !

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Das klingt gut, nicht wahr ? Der Weg dorthin ist durch die Maßnahmen und Erkenntnisprozesse, die in diesem Weg aufgedeckt und angestoßen werden, machbar und absolut notwendig. Das Subsidiaritätsprinzip befähigt Ihre Mitarbeiter, Probleme da zu lösen, wo sie entstehen. Den Mut, die Kompetenz und die Reife zu besitzen, Probleme und die für ihre Lösung notwendigen Entscheidungen anzugehen. Wie Sie sicherlich richtig erkannt haben, gehört dazu ein Top-down-Change-Management-Prozess. Subsidiarität und somit Empowerment haben als Grundfeste des Erfolges das Loslassen von Verantwortlichkeiten, von gewohnten Prozessabläufen und von vermeintlicher Macht seitens der Vorgesetzten. Die Subsidiarität geht dabei nicht so weit, Hierarchien völlig infrage zu stellen. Bei diesem Prinzip können diese bestehen bleiben. Das Aushalten von Aufgabenlösungen an der Stelle, von den Mitarbeitern, den Teams, die es unmittelbar betrifft, ist die Essenz. Hier entsteht auch die Schnittstelle zum Gemba-Walk, den wir in diesem Kapitel als wesentlichen Grundbaustein des neuen Managementsystems sehen. Beiden Systemen ist immanent, dass Prozesse und somit auch Verantwortlichkeiten exakt und transparent geregelt sind. ■■ Wer darf was entscheiden und tun ? ■■ Welche Entscheidungen werden an welcher Stelle von wem oder welchem Team getroffen ? ■■ Wie sind die notwendigen Informationsflüsse geregelt ? Der Low-Performer Bevor wir die Möglichkeiten des Empowerments weiter vertiefen, müssen wir uns mit einem weiteren Stolperstein intensiv beschäftigen. Es geht um die Mitarbeiter, die aus Ihrer Sicht „schwach“ sind, die nicht die Leistung erbringen, die Sie von diesem Mitarbeiter ganz konkret erwarten. In der Managementsprache heißen diese Mitarbeiter „Low-Performer“. Wie kommt es zu dieser Situation ? Grundsätzlich ist festzustellen, dass dies meist kein Einzelfall ist. Warum ? Weil bis zu 20 % aller Ihrer Mitarbeiter durchaus in diese Kategorie gezählt werden können. Dies sind Mitarbeiter, die dauerhaft nicht die Leistung abrufen, die sie müssten und könnten und die sie durchaus einmal erreicht hatten. Sie nicken ! Sie wissen, wovon ich spreche. Sie wollen voranstürmen und merken, dass bis zu 1/5 Ihrer Mitarbeiter gar nicht richtig mitziehen, wollen oder können. Wollen die Mitarbeiter/Partner nicht oder können sie aus noch herauszufindenden Gründen nicht mitziehen ? Das ist hier die Frage ! So gibt es mehrere Ursachen dafür, dass Mitarbeiter/Partner Minderleistungen erbringen. Ursachen dafür können u. a. sein:

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mangelnde Anerkennung der Tätigkeit, keine oder zu wenige Entwicklungsmöglichkeiten, Burn-out oder eine Vorstufe dessen, schlechtes Arbeitsklima, Machtkämpfe.

Wie gehen Sie jetzt mit diesen 20 – ​30 % der Mitarbeiter um ? Wie schaffen Sie es, den im besten Fall „Dienst nach Vorschrift“ minimal motivierten Mitarbeiter zu einem zumindest durchschnittlich motivierten Mitarbeiter zu „mutieren“ ? Nicht einfach, aber Sie sollten mit der Grundlage zwischenmenschlichen Zusammenlebens und Arbeitens beginnen: der Kommunikation. Praxistipp   Mitarbeiter erreichen Sie am besten, wenn Sie diese direkt ansprechen. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, mit Ihren Mitarbeitern regelmäßig, mindestens jedoch einmal im Monat den glaubwürdigen, direkten Austausch zu suchen (Gemba).

Besser ist es, wenn Sie dies öfters machen. Direkte Gespräche haben den entscheidenden Vorteil, dass Mitarbeiter/Partner Sie auch umgekehrt direkt ansprechen können, so dass Sie selbst auf gestellte oder im Raum stehende Fragen verbindlich und direkt antworten können. Damit entfällt meist ein umständlicher Schriftverkehr. Anders als in Mitarbeiterbefragungen, die meist schriftlich sind, gibt es im direkten Austausch keine Ausweichmöglichkeiten. Gut, der Mitarbeiter könnte den Mund halten ! Aber Sie sind ja auch nicht blind, erkennen ein Ausweichen und können damit Problemsituationen zumindest erkennen. Umgekehrt sprechen Sie Mängel direkt an. So haben Sie die Möglichkeit, aus erster Hand zu erfahren, welche Faktoren zu Minderleistungen geführt haben könnten. Nehmen Sie regelmäßig an „Dienstübergaben“ teil. Auch wenn diese kleinen zeitlichen Investitionen aufwändig erscheinen, haben sie doch den Vorteil, dass Sie wesentliche Informationen aus Ihrem Betrieb unmittelbar aufnehmen können. Mitarbeiter öffnen sich in Anwesenheit von Kollegen leichter, und legen im Umfeld ihres Teams mehr Mut an den Tag. Sie sagen eher und ehrlicher, was sie bewegt. Richten Sie in der entsprechenden Software das Cockpit für GF/HL/PDL12 so ein, dass Sie mit wenigen Klicks den Gesamtüberblick über Ihr Unternehmen bekommen. Das geht ! Empowerment kann ein wirksames Mittel gegen diese Low-Performer sein. Wie wir besprochen hatten, ist ein Teil des Weges hin zum Empowerment die 12 Geschäftsführung/Heimleitung/Pflegedienstleitung

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Befähigung. Eine mögliche Ursache von Low-Performance kann auch das NichtKönnen sein. Vielleicht hat sich die Tätigkeit und deren Anforderungen im Rahmen des Change-Management-Prozesses so verändert, dass Mitarbeiter dabei abgehängt worden sind. Dieses „abgehängt sein“ muss erkannt und wirksam abgestellt werden. Finden Sie heraus, warum ein Mitarbeiter seine Leistung nicht erbringt. Haben Sie die Ursachen, kann wirksam gegengesteuert werden. Auch gemeinsam definierte Ziele13 helfen im ersten Schritt, die „Minderleistung“ zunächst zu definieren, diese sichtbar zu machen, um dann im Team gezielt anzusetzen. Auch hier sehen Sie, warum es so wichtig ist, gemeinsame Ziele zu definieren. Diese Ziele im Team festzulegen und die dafür notwendigen Schritte zu vereinbaren. Dadurch können „Schwachstellen“ identifiziert werden. Ist die Motivation klar, dann kann gehandelt werden. Besteht die Motivation Ihres Mitarbeiters/Partners aus der Einstellung, dass Arbeit nur dazu da ist, den Lebensunterhalt zu verdienen, er darüber hinaus keinerlei Ambitionen zur Selbstverwirklichung besitzt, dann muss zumindest die intrinsische Motivation soweit gesteigert werden, dass der Mitarbeiter die von ihm verlangte Arbeitsleistung erbringt. Nicht jeden kann man begeistern. Das ist aber auch nicht notwendig. Ziele von Menschen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. An dieser Stelle bewegen wir uns eindeutig im Bereich der Kultur, genauer der Unternehmenskultur. Empowerment ist keine Strategie, sondern die Unternehmenskultur. Sie regelt schließlich den gemeinsamen Umgang miteinander. Sie legt fest, wie kommuniziert wird, wie Entscheidungen getroffen werden und wie das Unternehmen mit flachen Hierarchien agil umgeht. Peter F. Drucker soll einmal ausgesagt haben: „Kultur isst die Strategie zum Frühstück.“ (Drucker, 2018)14 Er meinte wohl damit, dass, unabhängig von der Strategie eines Unternehmens, diese immer scheitern wird, wenn die Unternehmenskultur damit nicht im Einklang ist. Fallbeispiel   Ein autoritäres und kontrolldominiertes Unternehmen führt Teile des Em­ powerments ein, um für Mitarbeiter15 interessanter zu werden. Parallel dazu werden jedoch weder die Hierarchieebenen abgeflacht noch verändert. Mitarbeiter sollen lediglich mehr „Verantwortung“ übernehmen und auch dafür geradestehen. Die dafür notwendigen Kontrollen werden zwar nicht mehr in dem 13 Vorsicht Fallstrick: Keine Mitarbeitereinzelziele festlegen. Immer Teamziele anstreben ! 14 https://advance-online.de/whitepapers/ukultur (Zuletzt abgerufen 28. 12. ​2018) 15 Hier sind es Mitarbeiter.

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Maße durchgeführt, aber sie bleiben bestehen. Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit wird das Projekt Empowerment scheitern. Weder sind die bestehenden Führungskräfte daran interessiert, dass Verantwortung abwandert, die sie definiert und ihr Dasein berechtigt, noch haben die Mitarbeiter/Partner Lust auf mehr Verantwortung, da es meist nur mehr Arbeit bedeutet. Beobachten die Führungskräfte ja mit Argusaugen die Ergebnisse, um dann sagen zu können, „Seht Ihr, ohne uns geht es nicht“.

Bekanntlich lässt sich eine Unternehmenskultur nicht von heute auf morgen ändern. Das ist auch nicht nötig. Nötig ist es, den gemeinsamen Umgang mit den Partnern ehrlich und berechenbar zu regeln. Diese Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz werden diesen Umdenkprozess in Unternehmen anstoßen und in Gang halten. Frau Prof. Bruch beschreibt den Weg hin zur Arbeitswelt 4.016, der nichts anderes als die Pflege 4.0 ist, damit, dass drei wesentliche Schritte notwendig sind, wenn Unternehmen agil, modern und netzwerkbasiert arbeiten wollen: 1) Change Roadmap. 2) Roadmapping (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). 3) Vorbilder für Leadership (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). Im Austausch mit den Mitarbeitern/Partnern muss die Vision des Unternehmens, das große Ziel, die „Big Pictures“ besprochen und festgelegt werden. In Zukunft zählen nicht mehr in erster Linie die Kennzahlen (das „Klein-Klein“), deren Erreichung und der einzelne Partner im Verhältnis dazu, sondern eben genau diese gemeinsamen „Big Pictures“, um die Menschen mit einer Vision zu motivieren. Change Roadmap nicht nur als Vision, sondern als gemeinsame Vereinbarung, wo die „Reise“ hingeht. Wie diese mit wem wann gegangen werden kann. Der Weg für die Entwicklung von Arbeits- und Lebenskultur. Das Roadmapping betrachtet die Instrumente, die Sie auf dem Weg der Veränderung einsetzen und wie deren Wirkung und deren Ergebnis aussehen kann. Leadership in Bezug auf Pflege 4.0 bedeutet auch, dass eine neue Generation von Führungskräften notwendig ist, um den Aufgaben und Herausforderungen gewachsen sein zu können. Die Herausforderung beginnt bereits in der Auswahl der geeigneten Führungskräfte für ein Unternehmen. Positiv denkende Menschen mit einem gesunden Verhältnis zu sich selbst und ihrer Arbeit werden gefragt sein.

16 Siehe auch „Arbeitswelt 4.0. Führung zwischen Speed und Überhitzung“ Prof. Dr. Heike Bruch M+E Forum 2018, Heusenstamm Präsentation

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Nicht aus der Not heraus jeden nehmen, sondern hohe Werte an die in Frage kommenden Leader ansetzen. Frau Professor Bruch stellt in einem ihrer Vorträge auf dem M+E Forum 2018 in Heusenstamm folgenden Fragen an Unternehmen (Bruch, 2018): 1) Legen Sie oberste Priorität auf die Auswahl der richtigen Menschen ? 2) Sind die Selbst-Kompetenzen in Ihrem Unternehmen stark genug ausgeprägt ? 3) Ist Ihr Unternehmen attraktiv: Wie viele Bewerber haben Sie pro Stelle ? Abschließen möchte ich die Gedanken mit einem Zitat von Peter Drucker, der es so formulierte: „Die erste und vorrangige Aufgabe von Führungskräften ist es, sich um ihre eigene Energie zu kümmern und dann zu helfen, die Energie anderer nutzbar zu machen.“17

Werden diese Werte nicht nur definiert, sondern auch wirklich gelebt, dann kommt unwillkürlich der nächste Schritt, nämlich die viel stärkere Akzentuierung der Partnerauswahl („Cultural fit“). Sie merken, an dieser Stelle ist die direkte Verbindung zu den Opportunitätskosten. Die Wahl zwischen Bewerbern, die in Ihrem Unternehmen arbeiten „wollen“, haben Sie erst, wenn Ihre Kultur, der Umgang und die Ergebnisse so sind, dass Menschen bei Ihnen arbeiten wollen, dass Sie stabil mehr Bewerber haben als Sie benötigen. Dazu sollten wirklich neue Denkansätze praktiziert werden. Deshalb werden Schwerpunkt in Pflege 4.0 sein: ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Netzwerkarbeit Projektarbeit Mobilität Flexibilität Viel weniger Regeln als bisher

Sie fragen sich jetzt sicherlich, wie das in der Pflege funktionieren soll. Nun ja, viele Arbeitsbereiche in der Pflege bestehen aus den sogenannten projektbasierten Aufgaben. Das heißt, auch heute schon gibt es Projektgruppen, die gemeinsam Aufgaben angehen und teilweise lösen. Der Output steht meist nur nicht im Verhältnis zum Input. Denken Sie bitte nun an den Qualitätszirkel. Dieser wird oft fast regelmäßig durchgeführt. Die Motivation und die Arbeitsergebnisse sind sehr oft leider abso17 Prof. Dr. Heike Bruch; Leadership mit Energie und Fokus; Schweizer KMU-Tag St. Gallen, 23. 10. ​2015; Vortrag; Folie 23

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lut mangelhaft. Woran liegt das ? Es kann daran liegen, dass den Partnern das große Ganze fehlt. Sie wissen nicht, warum sie das tun. Sie kennen den Grund nicht, somit fehlt es auch an der notwendigen intrinsischen Motivation ! Jetzt stellen Sie sich vor, nicht nur Sie würden das Unternehmensziel für das Jahr und die nahe Zukunft kennen, nein, sie alle wüssten, wo es hingehen soll und was dafür gebraucht wird. Sie würden kommunizieren, wie man das, was man braucht, bekommt und wer dafür was tun müsste. Können Sie sich auch vorstellen, dass die Bereitschaft zur Mitarbeit, in einem solchen Fall, stark ansteigen würde ? Können Sie sich im weiteren Verlauf vorstellen, wie nochmals Motivation und Arbeitsbereitschaft steigen, wenn das erreichte Ergebnis/Ziel auch honoriert wird ? Sowohl monetär als auch nichtmonetär ! Ich denke, Sie können sich das sehr gut vorstellen. Die Frage wäre: ■■ Warum tun Sie es nicht ? ■■ Warum reden Sie nicht mit Ihren Mitarbeitern/Partnern über diese Ihre gemeinsamen Ziele ? ■■ Warum werden in vielen Unternehmen die Mitarbeiter behandelt, als wären Sie nicht aktive Partner, sondern allesamt nur Menschen, die arbeiten gehen, um das Geld für das Leben außerhalb des Unternehmens zu verdienen ? Also Passivfaktoren. ■■ Warum wird nicht aus Work-Life-Balance eine Life-Balance gemacht ? ■■ Warum ist es so schwierig, Pflegedienstleistungen mit so viel Begeisterung und Engagement durchzuführen, dass auch hier eine persönliche Entwicklung und Verwirklichung stattfinden kann ? Ja, Sie haben es richtig gesehen, die allen bekannte und hochgelobte Work-LifeBalance ist nicht das Ziel des modernen Managements. Es ist eben diese Life-Balance. Warum ist das so ? „Das Work-Life-Balance-Konzept basiert somit auf einem Dualismus zwischen Arbeit und Leben, den es auszugleichen gelte. Dabei kommt Arbeit automatisch die Rolle einer notwendigen, oftmals ungeliebten Tätigkeit hinzu, der der Arbeitnehmer unterworfen ist. Berufliches Vorankommen, Teamgeist oder ernsthaftes Interesse am Job spielen bei dieser Vorstellung keine Rolle.“ (Karrierebibel Mai, Jochen, 2015)

Das trifft es durchaus ziemlich gut. Die Unterscheidung von Arbeit auf der einen und dem Leben/Freizeit auf der anderen Seite impliziert, dass es nicht rund läuft. Arbeit ist eine Belastung, Stress, Ärger, eben keine Erfüllung und muss somit ständig und permanent ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich muss gefördert, finanziert und ständig ergänzt werden, weil die Konkurrenz nicht schläft. Bei diesem

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Wettlauf kann es keine Sieger geben. Der heutige Stand ist, dass die Firmen über Anreizsysteme nachdenken, wie sie besser an vor allem Fachkräfte herankommen als die Konkurrenz. Da werden Prämien für die Einstellung über Firmenwage, Gehaltszulagen, Sonderzulagen, Diensthandy, Laptop alle möglichen Ideen in die Realität umgesetzt. Nicht einer denkt einmal darüber nach, dass diese Schraube nach oben nicht das Ende der Fahnenstange sein kann. Das Kano18-Modell bietet dazu eine hinreichende Erklärung. So unterschiedet Herr Kano nach den folgenden Merkmalen (verkürzte Version):

Abbildung 7.36  Kano-Modell; Verfasser©; Quelle Fotos: www.pixabay.com©

Wofür ist dieses Modell nun entscheidend ? Es sagt uns, egal wie viel Begeisterungsfaktoren Sie für Ihre Partner extrinsisch wählen, sie alle unterliegen diesem „Kano-Modell“. Sie stellen Ihren Partnern jeden Tag ein tolles Frühstück zur Verfügung. Damit begeistern Sie diese mit Sicherheit. Arbeit ist das Basis-Merkmal, ein gutes Team ist das Leistungs-Merkmal, das Frühstück ist das BegeisterungsMerkmal. Begeisterung unterliegt, wie fast alles, der Gewöhnung und damit fällt dieses Merkmal Stück für Stück nach unten und wird zu einem Basis-Merkmal. Anders ausgedrückt, es wird selbstverständlich und Sie als Unternehmer befinden sich in einem Dilemma ! Was kommt nach dem Frühstück, dem Dienstwagen, dem Laptop, dem Smartphone ? Es kann nicht sein, dass es immer und immer mehr gibt für etwas, was nur einen begrenzten Erlös bietet. Das ist nun mal bei sozialen Dienstleistungen, die 18 Noriaki Kano (* 1940), Professor an der Universität Tokio.

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überwiegend öffentlich gefördert werden, so. Die Gewinnmargen in vollstationären Einrichtungen liegen z. Zt. zwischen 0,1 % und ca. 8,5 %. Alles, was mehr getan wird, fällt unter die Opportunitätskostenfalle und senkt unmittelbar die Gewinnmarge. Durchbrechen wir dieses Denkschema einmal radikal und überlegen: Was wäre, wenn ? Was wäre, wenn wir das viele Geld für personelle Fehlentscheidungen, eine hohe Fluktuationsquote, für Partnergewinnung, eine hohe Arbeitsunfähigkeitsquote, Low-Performance durch schlecht oder nicht richtig behandelte Partner etc. einmal nehmen und mit diesen erheblichen Mitteln die Arbeits-Lebens-Welt der Mitarbeiter/Partner so umgestalten, dass diese (wirklich) gern auf Arbeit kommen ? Arbeit wird zum Lebensraum. Arbeit wird Teil der Lebenswelt der Mitarbeiter/Partner. Wir bewegen uns in der Maslowschen Bedürfnishierarchie ziemlich weit oben. Dort entsteht jetzt auch Verantwortung für das „Leben“ als Ganzes. An dieser Stelle entfällt die Trennung nach Gut und Böse. Hier wird es jetzt interessant. Wie macht man das ? Zunächst werden alle Maßnahmen, wie oben beschrieben, erfasst. Was machen Sie alles ? Dann wird errechnet, wie viel Geld in Fehlentscheidungen gesteckt worden ist.

Abbildung 7.37  Kosten für falsche Entscheidungen; Verfasser©

Ist der Betrag ermittelt, dann hat man eine Investitionsbasis für den neuen Weg von Arbeit 4.0 zu Pflege 4.0 !

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Das Schaffen von Bedingungen, die eine Low-Performance stark erschweren, die es Mitarbeitern/Partnern schlicht kaum möglich machen, das Arbeits- und das Privatleben zu trennen. Die Identifikation mit dem Unternehmen wird massiv gestärkt. Das Ziel eines Unternehmens ist es, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die das Unternehmen so nach außen Darstellen (Corporate Identity), dass es den Partnern leichtfällt, sich damit zu identifizieren. Der Weg dahin ist die kleinteilige, projektbezogene und leuchtturmbasierte Einführung von sogenannten „Corporate Think Tanks“19. Sven Poguntke präzisiert weiter: „Corporate Think Tanks liegt eine spezielle Vorgehensweise zugrunde, die darauf abzielt, Kreativität und Dynamik auszulösen. Sie entfalten ihre volle Wirkung durch die Kombination aus einem für die Themenstellung passenden Format, kreativen Menschen, einem inspirierenden Durchführungsort sowie einem geeigneten Methodenset (z. B. Szenario-Technik, Design Thinking, Design Sprints, Business Model Canvas oder die Methode LEGO® SERIOUS PLAY®). Mit solchen Think Tanks wird versucht, den kreativen Spirit der Start-ups zu imitieren.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Sie merken: zusammenleben, zusammenarbeiten und Wissen schaffen funktioniert in einem Pflege-4.0-agilen Unternehmen durch Wissenszirkulation zwischen Partnern. Exakt hier entsteht sie, die intrinsische Motivation, die so viele Vorteile gegenüber der extrinsischen Motivation besitzt. Sie erschöpft sich nicht, sie ermüdet nicht, sie gewöhnt sich nicht. „Um die maximale Wirksamkeit einer agilen Organisationsform für ein komplexes Umfeld zu entwickeln, ist es darüber hinaus notwendig, in der internen Kultur einen häufig präsenten, primär selbst zentrierten Handlungsfokus der Mitarbeiter zu tran­ szendieren und neue Formen der selbstmotivierten Kooperation zu implementieren.“ (Fox, 2017, S. 232)

Der Life-Balance-Kreislauf zeigt die agile Arbeitsweise, die sich aus intrinsischen Faktoren nährt:

19 Seit einigen Jahren wird der Begriff „Think Tank“ im unternehmerischen Kontext verwendet. Man versteht darunter spezielle Organisationsformen zur Bearbeitung zukunftsgerichteter Themen. Corporate Think Tanks sind Foren, Projektgruppen oder Unternehmensbereiche, in denen sich interdisziplinäre Teams aus Mitarbeitern und/oder Externen (z. B. Experten, Kooperationspartnern, Kunden) mit zukunftsorientierten Fragestellungen beschäftigen. Corporate Think Tanks sollen einen Beitrag zur Entscheidungsfindung von Führungskräften sowie zur Erreichung von Unternehmenszielen leisten. (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Empowerment: die Lösung für Unternehmen 129

Abbildung 7.38  Life-Balance-Kreislauf; Verfasser©

Die Essenz des Erfolges ist die Kleinteiligkeit und die Vermeidung von Komplexität ! Mit Kleinteiligkeit ist gemeint, dass Aufgaben und Probleme so lange heruntergebrochen werden, bis sie zu verarbeitbaren „Größen“ geworden sind, so dass sie auch bewältigt werden können. Das ist der Punkt. Empowerment ist nicht nur ein Prinzip, sondern in erster Linie ein Managementansatz, eine Geisteshaltung und, ganz wichtig, eine Unternehmenskultur ! Damit wird klar, es geht nicht mit einem Mal, nicht mit einer Anweisung und schon gar nicht eben so nebenbei. Zeit spielt dabei eine „Nebenrolle“. Die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit (Effektivität) sind Hauptkriterien, die einen solchen Kulturwandel zum Erfolg führen. Das Schaubild unten zeigt, wie ich das meine: Abbildung 7.39  Einführung Empowerment; Verfasser©

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Wie oben beschrieben wird ein Leuchtturmprojekt definiert. Das kann bei einem großen Träger ein regionaler Verbund sein. Fassen Sie ca. ein bis fünf Einrichtungen zusammen20. Bilden Sie einen solchen Think Tank und fangen Sie an, moderiert an Lösungen von Problemen zu arbeiten. Fangen Sie an, ganz konkret aus einer Work-Life-Balance eine Life-Balance zu machen ! Vorab muss natürlich – und hier ist die Geschäftsführung im Boot – das Budget definiert werden. Wie viel Geld wird für die Ergebnisse zur Verfügung gestellt ? Wie werden die Arbeitsergebnisse verstetigt, wie viel Entscheidungsfreiraum bekommt der Think Tank ? Und, bevor ich es vergesse, von welchem Startpunkt aus wird das Projekt begonnen ? Wichtig ist, den Stichtag zu erfassen, die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse bis dahin festzuhalten und im Rahmen der Kennzahlen als Faktor 1.0 zu definieren. Achtung   Das erste Leuchtturmprojekt und dessen Arbeitsergebnisse müssen auf jeden Fall umgesetzt werden. Einmal durch die Geschäftsführung gestoppt, zurückgenommen oder nicht ernst genommen, ist die Motivation für alle Folgeprojekte weg.

Dann könnte es heißen: „Seht ihr, die da oben wollen ja gar nicht, dass es besser wird. Die wollen nur Geld verdienen und das auf unseren Rücken !“ An dieser Stelle noch eine abschließende Anmerkung zum Empowerment: Ein Gradmesser der Güte der Umsetzung des Empowerment-Prozesses ist die „Absicherung“. Wie meine ich das ? Abbildung 7.40  Zufriedenstellende Zusammenarbeit auf Absicherung ist ein Zeichen von Schwäche, den Punkt gebracht; Quelle Foto: mangelnder Fachkenntnis und Vertrauen in die www.pixabay.com© nachgeordneten Stellen/Funktionen. Was heißt Absicherung  ? Absichern heißt, den Vorgesetzten ständig in Kenntnis zu setzen, sich rückzuversichern und sich die „Frei­gabe“ zu holen. Diese Verhaltensweisen sind in einer stabilen, gut strukturierten/standardisierten, transparenten und fähigen Organisation nicht notwendig. Jeder weiß, was er zu tun hat, was seine 20 Es kommt auf die Größe der Einrichtungen und die Situation selbiger an. Häuser mit strukturellen Schwierigkeiten bedarf es einer anderen Geschwindigkeit und somit wird die Gruppe eher kleiner.

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Rolle ist; er ist geschult, befähigt und befugt, Entscheidungen zu treffen. Die Organisation ist stabil genug, eventuelle Fehler auszuhalten und aus ihnen nachhaltig zu lernen. Also lassen Sie den Gradmesser „Absicherung“ nur insoweit zu, als dass er Ihnen noch vorhandene Schwachstellen auf Ihrem Weg zum Empowerment aufzeigt. Diese werden dann konsequent beseitigt und führen in der Folge zu einem Absicherungsgrund weniger. Vorgesetzte, die Absicherung verlangen, vertrauen im Umkehrschluss ihren Partnern nicht ausreichend. Das ist für die freiheitliche Entwicklung selbstbewusster Partner fatal.

7.25 Cross-Corporate Happiness – Leitstrahl für ein neues Management „Doch obwohl bereits Maslow vor einem halben Jahrhundert darauf hingewiesen hat, dass das Empfinden von Glück (‚Happiness‘) ein Symptom für die Erfüllung von höherhierarchischen Bedürfnissen ist, gibt es trotz zunehmender gesellschaftlicher Glücksforschung nur wenige Untersuchungen, die der Frage nach der Wirkung von über reine Zufriedenheit hinausgehenden Emotionen in Bezug auf die Arbeitswelt nachgehen.“ (Fox, 2017, S. 74)

Das ist bedauerlich, aber Gott sei Dank zu ändern !  Wir alle haben am eigenen Leib festgestellt, dass Tätigkeiten, die aus einer intrinsischen Motivation heraus gemacht werden, mit wesentlich weniger Aufwand ablaufen, als wenn eine extrinsische Motivation dahintersteht. Wenn man etwas selbst will, dann wird das auch etwas ! Weiter schreibt Rüdiger Fox treffend: „Da Flow einem Zustand höchster intrinsischer Motivation entspricht, wird allerdings nicht nur das persönliche Wachstum unterstützt, sondern es werden gleichzeitig, genau diejenigen Kompetenzen optimal gefördert, die in unserer neuen Wirtschaftsrealität für Organisationen zukünftig erfolgsentscheidend sind.“ (Fox, 2017, S. 75)

Unter dem Flow versteht man die Überdeckung von Anforderungen einer ausreichend herausfordernden Aufgabe mit den persönlichen Fähigkeiten. Daraus entsteht eine Glückserfahrung, die im Optimalfall im völligen Aufgehen in der Tätigkeit mündet, auch „Optimal Experience“ (Csikszentmihalyi, 2012) genannt. Somit kann dem bisherigen Weg getrost eine vierte und wesentliche Stufe hinzugefügt werden. Die Stufe, die völlig neue Antworten auf die Fragen der Mitarbeiter/Partner/Kunden/Gesellschaft und Politik hat. Der Weg hingegen wird sehr lang. Es ist zwar wenig Zeit, über Nacht wird es trotzdem nicht zu erreichen

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Das Lean Management – schlank ist in

sein. Aber lassen Sie sich eins gesagt sein, es ist auch nicht notwendig, etwas zu überstürzen. Entscheidend ist, loszulaufen. Sich zu bewegen.

Abbildung 7.41  Change-Managementprozess zur integral-evolutionären Organisation; Verfasser©

Die Grafik soll Ihnen verdeutlichen, dass in den ersten drei Stufen der Entwicklung an den Hierarchiestufen in Ihrem Unternehmen nichts verändert wird. Es ändert sich das Bewusstsein, der Umgang, das Miteinander ! Hier findet der stärkste Transformationsprozess in der Führungsebene statt. Hier lernen die Führungskräfte aller Hierarchieebenen, Verantwortung abzugeben, sie zu teilen und sich auf ihre neue Rolle als Begleiter, Gestalter, Coaches vorzubereiten. Dieser Weg muss nicht lang sein, je nach Art und Größe der jeweiligen Organisation. Die Grafik zeigt außerdem sehr deutlich, dass der Break erst nach der Einführung von Empowerment kommt. Erst wenn Verantwortung geteilt worden ist, ist man in der Lage, sich völlig aufzulösen. Es gibt Situationen, da ist die unternehmerische Situation dergestalt, dass eine sofortige Umsetzung neuer Konzepte notwendig ist. Vielleicht, weil der Fachkräftemangel so stark ist, dass die Firma in Schieflage gerät oder die finanzielle Situation gefährlich wird. Dann muss sofort und vor allem schnell gehandelt werden. Alles oder nichts ! An dieser Stelle erscheint es mir essentiell wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass es einen mehr als deutlichen Unterschied zwischen einer rei-

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nen Umstellung oder Restrukturierung („Business Reengineering“) als Prozess in einem Unternehmen gibt und dem in diesem Buch favorisierten „organischen Transformationsprozess“. Bei ersterem reden wir über Projekte, die auf überwiegend extrinsischen Motivationsfaktoren beruhen und somit per se die Not haben, bei komplexen und umfassenden Unternehmensstrukturen die notwendige Akzeptanz zu finden. Da des Weiteren davon auszugehen ist, dass Menschen von Natur aus eher „faul“ sind, ist es in einem von außen initiierten Change-Management-Prozess auch notwendig, alles dauerhaft zu kontrollieren. Diese Unterstellung wird vor allem in einem Change-Prozess getätigt und damit begründet, warum eine besonders hohe Kontrolle notwendig sei. Erneut Rüdiger Fox bemühend: „Dies wird besonders während der Phasen einer Veränderung unterstellt, sodass bei diesen Projekten zusätzlich ein hoher Sonderaufwand betrieben wird, um durch ein systematisches Kennzahlenberichtswesen den Fortschritt gegenüber dem ursprünglichen Plan zu verfolgen und bei jeder Abweichung frühzeitig eingreifen zu können. Welche negativen Konse­ quenzen auf die intrinsische Motivation eine solche Kultur der Kontrolle und des Misstrauens hat“ (Fox, 2017, S. 239), hat jeder von Ihnen sicherlich bereits einmal erlebt. Mitarbeiter arbeiten und funktionieren wie Roboter. Sie sind schwer zu motivieren und haben den natürlichen Drang, sich dieser Situation zu entziehen. Krankheit, Kündigung und am Ende das ineffektive Scheitern eines solchen Projektes sind die mögliche Folge. So, das ist er: der Weg zum intelligenten Wirtschaften im 21. Jahrhundert. Der Weg, den alle Unternehmen gehen sollten, die auch in Zukunft ausreichend gut motivierte Mitarbeiter/Partner gewinnen wollen, die an der Unternehmensphilosophie mitwirken. Man kann es wie folgt auf den Punkt bringen: „Wer dieses Buch liest und umsetzt, sollten keine Partnerprobleme21 haben.“ Schlüssel zum erfolgreichen Empowerment sind zusammengefasst: 1) 2) 3) 4)

Teile deine Informationen deinem Team mit. Schaffe Selbstständigkeit innerhalb definierter Grenzen. Ersetze die alten Hierarchien durch selbständige Teams. Inhalte von Change-Management-Prozessen sollten von den Partnern initiiert werden !

Ist Ihnen an der einen oder anderen Stelle ein „Führungsloch“ entstanden, dann versuchen Sie nicht reflexhaft dieses Loch zu stopfen, sondern halten Sie inne und

21 Mitarbeiter

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Das Lean Management – schlank ist in

überlegen, wie dieses Loch durch Eigenverantwortung gefüllt werden kann. Nachhaltig und zum Wohle des Unternehmens !

7.26 Intrinsische Motivation – Neue Denk- und Handlungsprozesse „Warum arbeiten viele Menschen so hart, um dann nach Disneyland zu flüchten ? War­ um sind Videospiele beliebter als Arbeit ? … Warum verbringen viele Menschen viele Jahre damit, die Rente herbeizusehen und Pläne für diese Zeit zu schmieden ? Der Grund dafür ist einfach und desillusionierend. Wir haben unsere Arbeitsplätze zu frustrierenden und freudlosen Orten gemacht, wo Menschen tun, was ihnen gesagt wird. Nur wenige haben die Möglichkeiten, sich bei der Entscheidungsfindung einzubringen und ihre Talente zu nutzen. Als natürliche Folge fühlen sie sich von Aktivitäten angezogen, durch die sie ein gewisses Maß an Kontrolle über ihr Leben ausüben können. In den meisten Organisationen, die ich überall auf der Welt kennenlernte, … befinden sich die Büros immer noch ‚über‘ den Arbeitern. Dort werden oft ohne Rücksprache mit den einfachen Arbeitern oder Angestellten Entscheidungen getroffen, die deren Leben dramatisch beeinflussen.“ Dennis Bakke, in: (Laloux, 2015, S. 59) „Intensität des intrinsischen Motivationsanteils wird stark von der Höhe der Zielkongruenz zwischen den persönlichen Lebenszielen und der aktuellen Aufgabe bestimmt.“ (Fox, 2017, S. 44)

Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass ich mich erst richtig für eine Sache motivieren kann, wenn das Ziel dieser Sache (Aufgabe, Arbeit, Tätigkeit…) mit meinen ganz persönlichen Zielen möglichst maximal kongruent (übereinstimmend) ist. Für Ihre Organisation heißt das, dass Sie herausfinden müssen, was die Ziele Ihrer Partner sind. Versuchen Sie Ihre einzelnen Partner in Teams so zu vereinen, so dass das Teamziel möglichst hoch mit den individuellen Zielen der einzelnen übereinstimmt. Dabei spielen Aspekte wie die Maslowsche Bedürfnispyramide und das Vier-Farben-Modell der Typen von Frank M. Scheelen22 sicherlich eine nicht unwesentliche Rolle. Werden von Ihnen die Bedürfnisse Ihrer Teammitglieder ernstgenommen und respektiert, haben Sie bereits ein Stück des Weges hin zu einer agilen Unternehmensstruktur gemacht. Werden im zweiten Schritt die Teams u. a. auch nach ihren Typen zusammengestellt, dann ergibt sich an dieser Stelle die Möglichkeit, Energieverschleiß durch interne Reibungspunkte zu reduzieren. 22 Dazu lesen Sie bitte den Abschnitt über die Umsetzung.

Intrinsische Motivation – Neue Denk- und Handlungsprozesse 135

Was genau müssen wir uns eigentlich unter „intrinsischer Motivation“ vorstellen ? Intrinsische Motivation bezieht sich auf einen Zustand, bei dem wegen eines inneren Anreizes, der in der Tätigkeit selbst liegt, z. B. im Empfinden des FlowErlebnisses23, gehandelt wird. Eine hohe intrinsische Motivation wird oft als Voraussetzung für kreative Leistung angesehen. Früher war man der Auffassung, dass die intrinsische Motivation durch Anreize bzw. Belohnungen (z. B. Geld) vermindert würde. Der negative Einfluss von Anreizen auf die intrinsische Motivation tritt aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen auf, die leicht vermieden werden können: Nur wenn Personen allein für die Ausführung einer Tätigkeit ohne Bezug zu einem Leistungskriterium belohnt werden, vermindert sich die intrinsische Motivation für diese Tätigkeit. Maßnahmen zur Steigerung der intrinsischen Motivation liegen z. B. darin, Motivatoren verfügbar zu machen oder das Motivationspotenzial der Tätigkeit zu erhöhen (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). Hier finden Sie ganz deutlich die Parallele zu den Potenzialen, über die wir bereits gesprochen haben. Wir gehen noch weiter, eine Motivation von innenheraus ist auch eine Begeisterung von innenheraus. Um sich für etwas zu begeistern, brauche ich ein gutes Verständnis von der Sache, um die es geht. Ich muss Teil von etwas sein. Ich benötige sämtliche Informationen und es muss möglich sein, transparent über Veränderungen oder Neuerungen informiert zu werden. Auch Angst ist kein guter Motivator. Vor allem nicht für die große Kraft, die intrinsische Motivation. Wer war zuerst da: die Henne oder das Ei ? Ähnlich verhält es sich im Rahmen des Wertewandels innerhalb von Unternehmen. Der Kulturwandel innerhalb von Unternehmen hat zur Folge, dass intrinsische Motivationsfaktoren die extrinsischen Faktoren ablösen. Das ist auch das Ziel einer Un­ternehmenskultur des 21. Jahrhunderts. Ganz verteufeln hingegen muss man auch die extrinsischen Motivationsfaktoren nicht. Lediglich der Wertewandel weg vom Individuum, von der Einzelförderung und -motivation hin zu einem Teamfördern. So können durchaus Teamboni nicht schlecht und ein adäquates Mittel des Respektierens von Teamleistungen sein. Bemühen wir an dieser Stelle nochmals Herrn Fox: „Nur Organisationen, die von einem hohen Maß an intrinsischer Motivation angetrieben sind, können Fähigkeiten wie Kreativität, Verantwortung und Kollaborationsfähigkeit in dem

23 Mit Flow meint der Autor: den reibungslosen und perfekten Fluss von Dienstleistungen durch engagierte und motivierte Teammitglieder, die mit optimalen Zielvorgaben den Kundenwunsch erfüllen. Sie gehen in ihrer Aufgabe auf !

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Maß entwickeln, wie sie zukünftig in der (Pflege-)Wirtschaft überlebensnotwendig sind.“ (Fox, 2017, S. 96) Jedoch auch dieser Prozess beginnt Top-down. Er beginnt mit einem Neudenken der Geschäftsführung. Ein Umdenken, weg von herrschaftlichem Tun und Handeln, hin zu partizipativem, transparentem und Vertrauen schaffendem Gebaren. Dieser Weg ist lang und darf nicht überstürzt werden. Die Pflanze des Vertrauens ist zunächst zart und anfällig für jedwede Störung. Viele kleine Aktionen, sind in der Lage, die Grundlage zu schaffen, die notwendig ist, um diesen fundamentalen Wertewandel effektiv zu bewältigen. Pflege ist durch seine bis heute ausgeprägte hierarchische Führungsstruktur weit davon entfernt, Partner wirklich transparent an den Prozessen zu beteiligen. Diese bewirkt jedoch, dass Partner beginnen, sich auch wirklich verantwortlich für diesen ihren Prozess zu fühlen. Durch diese wertschätzende Beteiligung beginnt der neue Weg hin zu einer agilen Unternehmensstruktur. Rüdiger Fox schreibt in seinem Buch dazu: „Um agile Organisationsstrukturen zu schaffen, reicht es also nicht aus, strukturelle Lockerungen vorzunehmen, sondern es muss in gleichem Maße auf der Basis einer starken Identifikation mit der Unternehmensmission die intrinsische Motivation sowie die Bereitschaft zur Kollaboration24 gesteigert werden, damit die Organisation nicht instabil wird.“ (Fox, 2017, S. 232)

Dabei fußt das Ganze auch auf den Erkenntnissen des Herrn Maslow. Die Maslowsche Bedürfnispyramide zeigt, welche Bedürfnisse zunächst ihrer Befriedung bedürfen, bevor man sich als Mensch und Unternehmen an die nächste Stufe wagen kann und darf. Wirkliche Kreativität, Übernahme von intrinsisch motivierter Verantwortung entsteht erst, wenn die Grundbedürfnisse des Menschen befriedigt wurde. Sie entsteht auch erst, wenn vor allem die Angst soweit wie möglich beseitigt wurde, Angst vor Mobbing, vor dem Arbeitsplatzverlust usw. Das Vier-Farben-Modell nach Scheelen Neben all den erwähnten Faktoren ist das Vier-Farben-Modell nach Scheelen außerordentlich wichtig, um den Erfolg auch wirklich gewährleisten zu können. Die 24 „Zusammenarbeit eines Unternehmens mit seinen Kunden und Lieferanten unter Einsatz von modernen Informationstechnologien zur Integration von unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018) Anmerkung des Verfassers: Entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg von Kollaborationssystemen ist die Schnittstellendefinition und deren unbedingte Barrierefreiheit !

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Ganzheitlichkeit des Kontextes zwischen der Motivation, den Bedürfnissen, Zielen und der charakterlichen Eigenschaften ist hier zu sehen. Nur gemeinsam sind diese Instrumente sowie die Fähigkeit, diese anzuwenden, der Schlüssel zu einer erfolgreichen Unternehmensführung.

Abbildung 7.42  Vier-Farben-Modell nach Scheelen; Verfasser©

Wie der Name sagt, gibt es vier Persönlichkeitsgrundtypen, die dann im Modell von acht Rollen präzisiert werden. Vorweg sei ausdrücklich betont: Es gibt kein Gut oder Böse, kein Richtig und Falsch. Jeder Mensch hat alle vier Farben der Charaktere in sich. Lediglich der Anteil, die Gewichtung sind unterschiedlich und lassen Schlüsse auf unsere Ausrichtungen, Neigungen und Stärken zu. Diese in Kombination mit unseren Motiven und Bedürfnissen lassen pass- und zielgenau Aussagen über den richtigen, intrinsisch motivierten Arbeitsplatz in einem Unternehmen zu. Das Werten ist eine der menschlichsten Eigenschaften und sollte in kultivierter Form durchaus zur Führung gehören dürfen. Werten heißt, zuzugeben, dass Führungskräfte auch Menschen sind. Menschen mit Gefühlen, Einstellungen, Wertungen, Einschätzungen und Vorurteilen. Diese „Menschlichkeit“ heißt es nicht, wie in der Vergangenheit oft postuliert, auszurotten, sondern zu kultivieren. Nicht abgewöhnen, sondern bewusst machen. Es kommunizieren und reflektieren. Dieser kritische Umgang mit der Fehlbarkeit kann bereichernd und gewinnbringend

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Das Lean Management – schlank ist in

sein. In diesem Rahmen ist dann auch das Zugeben von Fehlern, von Irrwegen absolut menschlich und macht Führungskräfte „anfassbar“, auf keinen Fall „angreifbar“. Der Nimbus der Perfektion, nur weil man Chef ist, wird ein Stück weit entzaubert und passt so wunderbar zur Pflege 4.0. Das ist dann gelebte Authentizität ! Hier heißt es dann für Sie, sich über andere Formen des Respekts und der Achtung seitens Ihrer Partner Ihnen gegenüber Gedanken zu machen. Wofür, außer für Vollkommenheit, können Sie noch die Anerkennung und den Respekt Ihrer Partner erlangen ? Zurück zum Vier-Farben-Modell. Natürlich geht es hierbei auch um die Eigen- und Fremdwahrnehmung. Auch diese klafft oft weit oder gar sehr weit auseinander. Hier hilft die neue Feedbackkultur, die Sie in Ihrem Unternehmen einführen sollten. Ehrliche und direkte Feedbacks sind der beste Weg, Partner zu pflegen. Einer der am meisten demotivierenden Faktoren im Umgang miteinander ist das Ignorieren. Wenn der Partner nicht weiß, wo er steht, wenn er nicht weiß, ob es richtig oder falsch ist, dann wird er unsicher. Unsicherheit gilt es zu vermeiden. Sie senkt die Arbeitsleistung und reduziert die Life-Balance ! Ziel der Übung ist es, die Eigen- und Fremdwahrnehmung so nah wie möglich zusammenzubringen. Das geht nur durch Teamreflexionen und Gespräche. Arbeitsleistungen müssen auf eine gewisse Art und Weise gemessen werden. Nie allein, sondern immer im Team. Der kontinuierliche Austausch darüber erhöht die Transparenz und nimmt gewissen Partnern die Möglichkeit, sich eventuell zu verstecken. Gehen wir gemeinsam einmal die vier Farben und die dahinterstehenden Eigenschaften des Charakters durch: Sie sind der Managertyp. Sehr zielstrebig, entschlossen, selbstbewusst und sachorientiert. Ihre extrovertierte und zackige Art macht sie zu den Entscheidern. Mit Details gibt sich diese Seite der Charaktereigenschaften nicht ab. Kurze Exzerpte sind ausreichend. Erfahrungen machen den Rest ! Ihre optimistische und ausgelassene Art macht sie zu der Person, die gerne vorangeht und selten in der zweiten Reihe zufrieden ist. Der Übergang ist eher fließend als statisch. Die umgängliche Art des gelben Typs macht sie zu einem die Begeisterung weckenden Redner. Sie sind gern vorne, ohne dabei die dominanten Entscheider zu sein. Gelbe Typen ergreifen gern die Initiative und gehen los. Sie können ein Team durchaus überzeugen, wenn die Argumente schlüssig und sinnvoll sind. Dabei können sie sehr enthusiastisch sein.

Intrinsische Motivation – Neue Denk- und Handlungsprozesse 139

Ich sage gern, dass die Eigenschaften der Farbe Grün für den „Kitt“ in einem Team stehen. Menschen mit hoher sozialer Kompetenz und einem ausgleichenden Wesen dürfen sich die Farbe Grün ansehen. Grundsätzlich sind sie eher vertrauensvoll und geduldig. Eine Eigenschaft, die Rot und Gelb nicht ganz so in Perfektion gelingt. Das Mitfühlen macht sie zu gelungenen Zuhörern, ist gleichsam aber auch ihre Schwäche. Ein zu ausgeprägtes Mitfühlen kann belasten und von der eigentlichen Zielsetzung ablenken. Die entspannte Art trägt viel zur ruhigen und konzentrierten Arbeitsweise in einem Team bei ! Hier finden sich auch gern Ausbilder für den fachlichen Nachwuchs. Die Präzision, finde ich, ist eine der wesentlichen Eigenschaften, die einem Team die qualitative Tiefe gibt. Blaue Charaktere sind eher zurückhaltend, prüfend, besonnen und vorsichtig. Diese Vorsicht und Besonnenheit lässt sie Dinge hinterfragen. Sie sind das ordnende Korrektiv, welches einem Team die Professionalität gibt, die es benötigt. Blau prüft zweimal, bevor ja gesagt wird. Das ist gut so ! Diese Menschen neigen eher zur Introvertiertheit. Ich betone: neigen, nicht sind. Die Übergänge sind schließlich fließend und Ausnahmen bestätigen die Regel. Den vier Typen werden jetzt noch acht Rollen zugeteilt, die das ganz System präziser gestalten: 1) Der Direktor (rot): Extrovertiertes Denken, welches durchaus zu Spekulationen neigt, macht ihn aus. Einer Konfrontation geht er nicht aus dem Weg. Dabei kann er sehr kämpferisch sein. Sein Sinn für Prioritäten und die absolut ergebnisorientierte Art prädestinieren ihn für Führungsaufgaben. 2) Der Motivator (rot/gelb): Er handelt intuitiv und ist wie auch der Direktor ein extrovertierter Charakter. Wie auch der Direktor ist er optimistisch. Seine Unabhängigkeit und Veränderungsbereitschaft machen ihn so motivierend. 3) Der Inspirator (gelb): Er ist der Stürmer, der gern redet und die Inhalte im Team transportiert. Er kann mit seiner kontaktfreudigen und vertrauensvollen Art Menschen inspirieren. 4) Der Berater (gelb/grün): Hier kommt die Komponente des Fühlens stark ins Spiel. Entscheidungen und Handeln wird oft davon initiiert. Als Teamplayer ist er gut für die soziale Energie zuständig, die ein Team durchfließt. 5) Der Unterstützer (grün): Er ist der stille soziale Typ. Er hört zu, ist ausgleichend und geht jeder Konfrontation möglichst aus dem Weg. Er passt sich den Situationen an. 6) Der Koordinator (grün/blau): Er hat einen wichtigen Part, wenn es um das Durchhalten geht. Er verbleibt statisch bei den Zielen. Er ist nicht sonderlich veränderungsbereit. Das ist gut, weil nicht jede Veränderung von Vorteil ist !

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7) Der Beobachter (blau): Hier sind wir im Bereich des introvertierten Denkers. Er prüft, präzisiert, bringt auf den Punkt. Der Sinn für Details und deren Qualität geht ihm über alles. 8) Der Reformer (blau/rot): Er denkt sehr genau über die Dinge nach. Nimmt sich auch Zeit dafür. Hat er jedoch einmal seine Entscheidung getroffen, dann stürmt er los. Seine Unentschlossenheit zu Beginn kann ihn ein wenig sprunghaft wirken lassen. (Geffroy, 2017, S. 66) Werden diese beiden Betrachtungen zusammengenommen, dann ergibt sich die Möglichkeit, seine Partner besser kennenzulernen. Dieses bessere Wissen gibt die Möglichkeit, den natürlichen Stil eines Menschen zu erkennen. Daneben gibt es bei jedem Menschen noch den adaptierten Stil. Er ist die angenommene Rolle, die im Laufe einer Tätigkeit, der Arbeit, des Berufslebens aufgebaut wird. Diese kann mitunter erheblich von dem eigentlichen natürlichen Stil abweichen. Dies führt meist zu Unzufriedenheit, Dienst nach Vorschrift und unmotiviertem Verhalten. Jede dieser drei Formen ist ein Puzzlestein zu Arbeitsminderleistung. Partner, die nicht motiviert sind, haben auch kein Interesse daran, ihr Bestes zu geben. Das ist aber genau das, was ein Unternehmen benötigt, um voranzukommen. Damit haben wir den Bogen zur intrinsischen Motivation geschlossen. Sie ist es, die Menschen brauchen, um von allein mit Begeisterung an dem Projekt mitzuwirken. Egal, wie es heißt ! „Ideal ist es, wenn der natürliche und der adaptive Verhaltensstil eng beieinanderliegen, denn dies zeugt davon, dass jemand seine wahren Potenziale an seinem Arbeitsplatz in hohem Maße auslebt.“ (Geffroy, 2017, S. 69)

In diese Art der Teamgestaltung mehr Zeit und Geld zu investieren, kann dabei helfen, mittel- und langfristig erhebliche Ressourcen freizubekommen, die durch falsche Teamzusammensetzungen verschwendet werden ! Fallbeispiel   Ein Team in einer vollstationären Pflegeeinrichtung hat zwei Partner mit überwiegend roten Anteilen. Beide sind entscheidungsfreudig und wollen gern sagen, wo es langgeht. Beide sind nicht die Stations- oder Wohnbereichsleitungen. Diese Funktion hat Schwester Magenta inne. Sie ist der eher grün-blaue Typ. Sie beharrt auf den altbewährten Methoden. Ist nicht offen für Neues und bremst die jungen und forschen Partner eher. Was wird passieren ? Was denken Sie ?

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Richtig ! Stagnation, Demotivation, innere Kündigung. Wenn Sie sich und Ihre Partner kritisch beurteilen, nicht nur die Qualifikationen und Erfahrungen sehen, sondern auch die mitgebrachten und angeeigneten Charaktereigenschaften, dann fällt es Ihnen eventuell leichter, die Teams so zu gestalten, dass eine motivierte Arbeit überhaupt erst möglich wird. Die beiden Gipfelstürmer brauchen Aufgaben, Verantwortungen, Projekte, die sie fordern und fördern. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, ansonsten haben Sie bald zwei gute Partner weniger an Bord. Hinweis   Versuchen Sie, die Teams idealerweise mit allen Farben gut zu mischen. Sie brauchen alle, um effektiv sein zu können. Gelingt Ihnen dies, werden die Partner nach Ihren Stärken eingesetzt werden können und gut motiviert sein. Stärken stärken ist das Motto !

Transparenz als Grundlage für Vertrauen und Erfolg Der Duden bezeichnet den Begriff Transparenz u. a. als „Durchschaubarkeit“, „Nachvollziehbarkeit“. Hier findet sich auch unser Ansatzpunkt. Die Durchschaubarkeit ist etwas, was den Eindruck vermittelt, dass es keine oder nur wenige Geheimnisse gibt. Es vermittelt das Gefühl, man könne bis auf den Grund des Prozesses sehen. Ich habe alle da- Abbildung 7.43  Schaubild für Transparenz; Quelle Foto: www. für notwendigen Informationen und be­zeichne pixabay.com© mich selbst als „Herr des Geschehens“. Dass dies nicht immer so ist, wissen Sie genauso gut wie ich. Wie unendlich schwer ist es, wirklich alle notwendigen Informationen zu bekommen und dann auch noch richtig einzusortieren  ? Das bringt uns zu den Informationen. Es ist nicht leicht, die richtigen von den falschen zu unterscheiden. Hat man Daten, Informationen und macht daraus dann Wissen, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, was man mit ihnen anfangen soll. Welche Prioritäten setzt man an der einen oder anderen Stelle ? Vertiefen wir die Betrachtungsweise, wie aus Daten Können werden kann und wie lang bzw. komplex der Weg dorthin ist. Zunächst stürmen unendlich viele Daten auf uns ein. Sie sind unsortiert, unstrukturiert und chaotisch. Den überwiegenden Teil davon bräuchten wir nicht.

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Und trotzdem verwenden wir im Alltag sehr viel Energie auf unwichtige Datenpakete. Sie allein entscheiden jedes Mal, ob aus den Daten, die Sie erhalten, für Sie eine Information wird. Eine Information, die Sie für geeignet halten, sich damit weiter auseinanderzusetzen. Geeignet für die weitere Verwendung in Ihrem Berufs- oder Privatleben. Der Prozess des Filterns und Transformierens ist unten im Schaubild beschrieben. Informationen allein nutzen Ihnen noch gar nichts. Sie müssen von Ihnen mit Hilfe Ihres bereits erworbenen Wissens- und Erfahrungshorizonts in einen Kontext gebracht werden. Erst wenn der Kontext hergestellt wurde, sind Sie in der Lage, daraus Wissen zu generieren. Wissen allein ist jedoch noch immer nicht das Ende der einstigen Daten. Dann kommt der lange Weg, dieses theoretische Wissen in praktisch anwendbares Können umzuwandeln. Hier stehen dann Fertigkeiten, Veranlagungen, Willen, Ehrgeiz und andere Instrumente zur Verfügung, um diesen Prozess erfolgreich zu Ende zu führen. „Können“ Sie dann etwas, was auf den einstigen „Daten“ beruht, und wirkt sich das auf Sie erfolgreich aus, dann war der Transformationsprozess von den „Daten“ zum „Können“ erfolgreich.

Abbildung 7.44  Transformationsprozess von Daten zum Können; Quelle: Darstellung angelehnt an (Pfläging, 2014) S. 36 ©

An dieser Stelle ist sie: die Verbindung zur Transparenz. Läuft die Motivation zur Erlangung der Daten und am Ende des Könnens transparent ab, dann entstehen auch nicht die so oft beobachteten Unsicherheiten. Wissen Sie und Ihre Mitarbeiter/Partner, warum gewisses Können notwendig ist (SMART-Zieldefinierungen), dann ist die Erlangung der dafür notwendigen Daten und Informationen fast nur noch Nebensache.

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„Wissen ist Macht !“ – die Macht auch über die Motivation, die für die Zielerreichung notwendigen Ressourcen zu heben und gezielt einzusetzen. Aus diesem Grund ist Transparenz im Unternehmen so überaus wichtig. Das Vorgehen ist dabei unterschiedlich und doch gleich. Transparenz ist der Beginn des gemeinsamen Weges innerhalb eines Unternehmens. Gleichzeitig muss die Befähigung, siehe nächster Teil, angestoßen werden. Jeder Partner benötigt Informationen zur Erledigung seiner täglichen Aufgaben. Oft muss er sich diese mühevoll suchen und kann dann immer noch nicht sicher sein, ob diese dann auch wirklich richtig zum einen und vollständig zum anderen sind. Zunächst muss in den Teams ggf. unter Anleitung eines Moderators und Anwesenheit aller Ebenen erarbeitet werden, welche Zahlen notwendig und zielführend sind. In dieser Staffelung werden diese Zahlen dann aufbereitet und den betreffenden Partnern zur Verfügung gestellt. Sie merken, so einfach ist es nicht. Zahlen sind nur dann sinnvoll und kontextbezogen, wenn sie einem Zweck dienen. Der Zweck ist das Ziel.

Abbildung 7.45  Formen von Zielen in einem Unternehmen; Verfasser©

Die Begriff‌lichkeiten dabei sind austauschbar und von Ihnen festzulegen. Fakt ist, dass ein Organismus nur dann gesund funktioniert, wenn die einzelnen Zellen exakt wissen, was sie zu tun haben. Warum ist das in vielen Unternehmen nicht der Fall ? Warum wissen die Zellen (Einrichtungen, Wohnbereiche, Teams und am Ende Partner) nicht, wofür sie arbeiten ? Wie die gemeinsamen Ziele lauten.

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Das Lean Management – schlank ist in

Warum ? Hier stellt sich die Frage, um wie viel effektiver und effizienter Mitarbeiter/ Partner arbeiten könnten, wenn sie wüssten wofür. Wenn sie die notwendigen Informationen hätten und mit der richtigen Ansprache auch die richtige Motivation ! Da sind sie schon wieder, die Opportunitätskosten ! Motivation, ein weites Feld. Für jeden bedeutet Sie etwas anderes. Für jeden ist eine andere Form der Ansprache notwendig. Jeder Mensch hat seine ganz ureigenen Motive. Trotz alledem ist es interessant, hier einmal etwas näher die Motivation zu betrachten. Kennen Sie als Manager die Motivation, die Ihre Mitarbeiter/Partner antreibt, können Sie auch den richtigen Ansatz wählen, um mit den notwendigen Informationen das notwendige Wissen aufzubauen, um dann Ihre Unternehmensziele zu erreichen ? Klingt nicht einfach, ist es auch nicht. Wenn es einfach wäre, würde es jedes Unternehmen machen. Herr Maslow hat sich in seiner Theorie intensiv mit den Bedürfnissen der Menschen und den Konsequenzen auf ihre Leben beschäftigt. Weiterführend kann man daraus seine Schlüsse auf das Arbeitsleben ziehen. Dafür hat Herr Maslow, wie meist nicht beachtet, kurz vor seinem Tod die Bedürfnishierarchie überarbeitet und ergänzt.

Abbildung 7.46  Maslowsche Bedürfnispyramide; Quelle: (wikipedia (Maslow), 2018)©

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Sie können jetzt fragen, was das mit Ihnen zu tun hat. Wieso sollte das für Sie als Manager von Interesse sein ? Die Antwort: Wenn Sie den aktuellen Stand der Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter/Partner nicht kennen, können Sie auch nicht angemessen motivieren. Nicht angemessene Motivation ist Verschwendung ! Sie verpufft nämlich und geht ins Leere ! Fallbeispiel   Sie sind Einrichtungsleiter und müssen die Belegung nach oben treiben. Zurzeit haben Sie 89,5 % Auslastung. Der Pflegestufenmix ist in Ordnung. Das Ziel liegt in diesem Jahr – und Sie haben noch elf Monate Zeit – bei 93 %. Das sind 3,5 % mehr Auslastung und zwar im Durchschnitt. Sie haben vier Wohnbereichsleiter, davon sind drei in Vollzeit tätig. Eine Wohnbereichsleiterin hat nur eine 75-Prozent-Stelle. Sie wissen, wenn Sie die Präsenzen dieser Ihrer besten WBL nach oben fahren können, ist es Ihnen auch möglich, mehr Akquisemaßnahmen und vor allem mehr Qualität zur Erreichung der Kundenzufriedenheit zu erzielen. Sie wissen: Zufriedene Kunden = Gute Auslastung ! Das Zauberwort ist „Mund-zu-Mund-Propaganda“. Sie wissen, dass diese Partnerin verheiratet und dass der Mann Bauunternehmer ist. Sie fährt jeden Tag mit einem relativ teuren Mercedes zur Arbeit. Frage an Sie: Ist das mehr an Geld durch die Aufstockung auf eine 100-ProzentStelle die richtige Art der Motivation für diese Partnerin ? Wo befindet sich diese in der obig beschriebenen Bedürfnishierarchie ?

Richtig ! Irgendwo zwischen Selbstverwirklichung und Transzendenz. Ist Geld an dieser Stelle die richtige Motivation bzw. Ansprache ? Wahrscheinlich eher nicht. Andere Argumente müssen her. Argumente wie mehr Mitbestimmung, Einfluss, „Macht“. Mehr Anerkennung durch die erfolgreiche Teilhabe an der Zielerreichung. Vielleicht auch eine befristete Hochstockung für den Zweck der Zielerreichung. Kennen Sie die Hintergründe Ihrer Partner (privater Natur) und wissen, in welchem Lebensumfeld sich Ihre Mitarbeiter/Partner bewegen, dann können Sie sich anhand der Maslowschen Bedürfnishierarchie gezielt Gedanken darüber machen, wie Sie diese Mitarbeiterin/Partnerin motivieren. Sie sehen: Die exakten Kenntnisse der Hintergründe und Lebensumstände Ihrer Partner sind wesentlich für die richtige Einschätzung und die Auswahl der zielführenden Ansprache.

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Ein Partner, der mit seiner fünfköpfigen Familie und dem neuen Haus einen riesigen Berg Verbindlichkeiten vor sich herschiebt, interessiert die Erweiterung seiner Befugnisse nur sekundär, wenn damit nicht auch die Aufstockung seiner Gehaltsklasse einhergeht. Beachten Sie das, werden Sie eben nicht auf die Kompetenzen des Partners uneingeschränkt Zugriff erhalten. Weiter auf dem Weg zur Transparenz ! Transparenz in sozialen Einrichtungen bedeutet, dass die Ziele den Mitarbeitern/Partnern bekannt sind. Jedoch nicht nur die Ziele, sondern vor allem ihr spezieller Beitrag an der Zielerreichung. Förderlich ist es dann auch, wenn der Partner weiß, wie sich die Erreichung der Ziele auf ihn ganz persönlich auswirkt. Motivation ! Also: Transparenzstufe 1: Allen Partnern ist das Unternehmensziel bekannt. Beispiel Gewinnmarge von 5 % ! Transparenzstufe 2: Der Abteilung ist bekannt, was ihr Beitrag daran ist. Beispiel: Auslastung 98 % bei einem Pflegegrademix von ca. 3,5. Keine Freelancer und die Anzahl der Stunden/ Monat für Zeitarbeit um 75 % senken. Transparenzstufe 3: Dem Partner ist bekannt, was er dafür leisten muss. Pro Monat mindestens zwei erfolgreiche Pflegegradhöherstufungen. Angehörigenabend. Mindestens zwei Beschwerden aufgenommen und zur Zufriedenheit der Kunden erledigt. Einen Akquisetermin erfolgreich durchgeführt. Rückkehrergespräche mit allen Partnern führen, die krank waren. Genesungswünsche an kranke Partner senden. Transparenzstufe 4: Dem Partner ist bekannt, was er bei Zielerreichung ganz konkret zu erwarten hat. Zum Beispiel eine Leistungszulage, Einmalzahlung, Weiterbildung etc. Um diese vier Transparenzstufen wiederum transparent zu machen, werden in allen Wohnbereichen sogenannte Informationsboards eingeführt. Diese Boards dienen der aktuellen Informationsübermittlung Top-down. Die für diese vier Stufen notwendigen Kennzahlen und Informationen werden vorab mit dem Team erarbeitet. Um die Gewinnmarge zu erreichen, können z. B. Zahlen wie:

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■■ Umsatz/Kosten/Erlöse pro Monat und in der Hochrechnung auf den Monat wichtig sein. Auf das Unternehmen bezogen und den Wohnbereich. ■■ Belegungszahlen des Monats im Vergleich zu den Soll-Zahlen nach Plan. Grad der Zielerreichung. ■■ Aktueller Pflegegradmix und Grad der Zielerreichung. ■■ Ziele für den Monat (Anzahl Akquise, Anzahl Beschwerden: welche und Stand der Bearbeitung). Nicht teuer ist die Lösung, sondern das, was ohnehin bereits meist vorhanden ist. Es sind die großen Magnettafeln, die in nahezu jedem Wohnbereich und in jeder ambulanten Pflegedienststation hängen. Sie sollten nicht kleiner als 180 × 90 mm sein, da- Abbildung 7.47  Transparenz durch Magnettafeln; Quelle Foto: mit auch ausreichend Informationen ihren Platz www.pixabay.com© finden. Teilen Sie diese Tafel ein und vergessen Sie nicht die Rubrik der aktuellen Informationen. An diese Tafel kommen die obig aufgeführten und für Sie wichtigen Informationen und zwar absolut aktuell. Auch die Tages-, Wochenund Monatsziele über die wir noch nicht gesprochen haben. Es sind die Maßnahmen, die Sie im Team vereinbart haben, damit die Unternehmensziele erreicht werden können. Dass jeder Partner seine Rolle/Aufgabe zur Erreichung der Unternehmensziele kennt, soll nicht bedeuten, dass Zielvereinbarungen mit jedem einzelnen Partner dergestalt abgeschlossen werden, dass er einen Bonus bekommt, wenn er besonders fleißig war. In modernen Unternehmen zählen nur Teamergebnisse. Einzelergebnisse setzen unnötig unter Druck und bringen auch nicht mehr Effektivität. Es geht um Teamleistung und Partnerschaft. Teams müssen dazu befähigt werden, dass die Starken die Schwachen mitziehen. Dass Teams sich tragen und unterstützen. Dass sie sich gegenseitig befähigen und qualifizieren. Teammitglieder sind in sich redundant und wertschöpfend. Das Prinzip lautet: Jede Ebene muss befähigt werden, die nächst höherer Ebene ersetzen zu können ! Das heißt, dass auf jedem Wohnbereich die stellvertretende Wohnbereichsleitung auch die Qualifikation zur Wohnbereichsleitung besitzen sollte. Mindestens eine Wohnbereichsleitung ist die stellvertretende Pflegedienstleitung und hat auch die Qualifikation zur Pflegedienstleitung. Die stellvertretende Heimleitung besitzt die Qualifikation zur Heimleitung.

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So werden Redundanzen geschaffen, die zu jeder Zeit Engpässe relativ problemlos aussitzen lassen. Weitere notwendige Qualifikationen in vor allem vollstationären Einrichtungen sollten ebenfalls redundant ausfallen. Wir reden über Hygienebeauftragte, Sicherheitsbeauftragte, Inkontinenz- und Wundbeauftragte usw. Bei größeren Trägerstrukturen sind Synergieeffekte dabei nicht außer Acht zu lassen. Aus diesem Grund ist es durchaus sinnvoll, zwei Einrichtungen in räumlicher Nähe zueinander zu betreiben. Synergieeffekte wie Küche, Reinigung, Einkauf, Management und natürlich die „Beauftragten“ können so im Verbund besser genutzt werden. Qualifikationen sind zugleich meist auch Motivationen. Motivation für gute oder exzellente Leistungen. Die Übernahme von Fort- und Weiterbildungen ist für viele Partner ein guter Ausdruck von Anerkennung, Dankbarkeit und Achtung ! Befähigung ist das Geheimrezept für flache Hierarchien und effiziente Kommunikation ! Menschen zu befähigen, etwas gut machen zu können, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Diese Selbstverständlichkeit wird auch von allen Betreibern sozialer Dienstleistungen mehr oder weniger gut organisiert und umgesetzt. Der bekannteste Plan ist dabei der Fortbildungsplan, der zumeist sogar in den länderspezifischen Heimrechten geregelt ist. Auch das Sozialgesetzbuch XI sagt u. a. etwas über den neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus (§ 43b und 53c SBG XI). Darum geht es hier jedoch nicht. Wir beschäftigen uns in diesem Buch schließlich mit neuen Denk- und Führungsansätzen, die den Anforderungen heute und der nächsten Jahre gerecht werden können. Dieses Denken und Handeln geht weit über die Fortbildungspläne hinaus, die von Heimaufsicht und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen gefordert und geprüft werden. Weit darüber hinaus, was in der überwiegenden Anzahl der sozialen Dienstleister bis heute praktiziert worden ist. Es bedarf neuer Schulungen, einer neuen Wissensvermittlung. In diesem Buch denken wir über die Abflachung von Hierarchien und den damit verbundenen Aufbau von Kompetenzen und Befugnissen in den heute unteren Hierarchieebenen nach. So wie in der folgenden Abbildung oder ganz ähnlich sind Organisationsstrukturen in Unternehmen aufgebaut. Oft sind die Hierarchieebenen noch weit komplexer. Mehr Führungskräfte sind den Geschäftsführungen nachgeschaltet. Das soll verhindern, dass zu viele Informationen nach oben durchdringen. Zumindest erweckt das den Eindruck. Der Effekt ist der, dass sehr viele Entscheidungen, fast alle, von Menschen in Hierarchieebenen getroffen werden, die überhaupt keinen Bezug zur sogenannten „Basis“ mehr haben.

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Abbildung 7.48  Organigramm; Verfasser©

Menschen, die zum Teil noch nie an dieser Basis gearbeitet haben, nicht wissen, wie die Welt der sozialen Dienstleistungen funktioniert und die rein aus kaufmännischer Sicht das Unternehmen führen. Das geht, die Frage ist, ob es besonders nachhaltig-effizient geht ! Dieser Problematik versucht man in japanischen Firmen entgegenzuwirken, indem man Manager regelmäßig in die Praxis schickt. Sie müssen zu definierten Zeiten im Produktionsprozess mitwirken, um zu sehen und zu fühlen, welche praktischen Auswirkungen ihre Entscheidungen tatsächlich haben. Genau das empfehle ich auch heute hier in unserem Land den Führungsebenen. Lassen Sie es sich nicht nehmen und arbeiten Sie mindestens eine Woche im Jahr an der Basis mit. Entweder in der Pflege direkt oder in der Heimleitung bzw. Leitung einer Sozialstation. Laufen Sie in der Praxis mit. Nehmen Sie an Dienstübergaben teil. Reden Sie mit Partnern, Angehörigen und Lieferanten. Fahren Sie ambulant zwei oder drei Touren mit. Schauen Sie sich die Wertschöpfung dort an, wo sie passiert. Sie passiert nämlich nicht in Ihrem Büro. Mit diesen Eindrücken und den Erkenntnissen lassen sich dann leichter gute Entscheidungen treffen oder im neuen System so vorbereiten, dass sie dann von den Akteuren an der Basis getroffen werden können.

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Versuchen wir jetzt einmal, uns in das neue Clusterdenken einer vielleicht zukünftigen Clusterorganisation hineinzudenken. Aussehen könnte diese wie im Bild unten: Jede einzelne Frucht dieser Traube ergibt das Gesamtwerk. Die Weinernte ist nur so gut wie seine einzelnen Trauben. Jede Traube hat den Anspruch die beste Traube der gesamten Rebe zu sein. Jede für sich ist das Ganz im Kleinen. Abbildung 7.49  Clusterorganisation; Quelle Foto: Genauso ist es dann in Ihrem Unternehmen. www.pixabay.com© Jede Abteilung, Station, jeder Wohnbereich, Unternehmensteil wird in sich allein gesehen. Jeder gibt für sich sein allerbestes, ist redundant so organisiert, dass Tätigkeiten übernommen und ausgetauscht werden können. In jeder einzelnen Traube sind die meisten Eigenschaften/Tätigkeiten autonom angelegt. Jede Traube an sich hat alles, um zu existieren und vor allem, um zu überleben/sich fortzupflanzen. Sie hängt lediglich an dem Stängel für die Ernährung. Das heißt, dass zentrale Leistungen in diesem System auch zentral erbracht werden können und sollten. Über den Stängel der Traube kommt der Lebenssaft (Wasser, Nährstoffe), den Rest macht die Traube. Bei Ihnen sind dies die Leistungen der Befähigung. Fort- und Weiterbildungen, Coaching, Begleitung, Training. Eventuell noch die Buchhaltung, Endabrechnung, nicht die Abrechnungserstellung. Fügt man die einzelnen Bereiche (Trauben) zusammen, hat man die Cluster als Gesamtunternehmen (Weinrebe). Auf den ersten Blick sehen Sie, dass wir hier über keine klassischen Hierarchien reden. Diese sind auch nicht mehr unbedingt notwendig. Hierarchien in flachen Strukturen, die lediglich steuernde und verantwortliche Zuständigkeiten festlegen. Mehr nicht. Beraten und coachen statt anzuweisen. Wir reden hier über gemeinsame Ziele ! Wir reden hier darüber, dass Unternehmen sich darüber Gedanken machen, wer genau diese Ziele erreichen muss. Wer die Werte schafft, die am Ende die Ziele (Rücklagen, Gewinn, Rendite etc.) ausmachen. Es sind die Einrichtungen, ambulanten Pflegedienste, Tagespflegen, die das Produkt Pflege an den Kunden auf den Markt bringen. Sie sind der Kernprozess, der als einziger in einem Unternehmen direkt wertschöpfend arbeitet. Das bedeutet in keinem Fall, dass die Hilfsprozesse, die notwenige Leistungen erbringen, nicht ebenso ihre Wichtigkeit haben. Eine Dienstleistung vor Ort wäre ohne diese ebenfalls nicht so einfach möglich. Wichtig ist lediglich, die Prioritäten nicht zu verschieben.

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Somit sind alle anderen Prozesse… ? Richtig, Hilfsprozesse. Wie der Name schon so schön zum Ausdruck bringt, geht es um helfen, um unterstützen, dienen. Jeder in einem Unternehmen ist ein Dienstleister an der Pflegekraft. Ich betone: jeder ! Und genau so muss er sich auch fühlen ! Nicht fordern, sondern fördern. Systeme und Strukturen müssen so ausgerichtet sein, dass sie den Menschen and der Basis die Arbeit so einfach wie nur möglich machen. Software muss reibungslos funktionieren, muss unterstützen, nicht abhalten. Ist das nicht der Fall, dann steht die Aufgabe: befähigen ! Das Ziel steht und ist jedem bekannt. Jetzt wird mit zunächst flachen Hierarchien gezielt an der Erreichung der gemeinsam festgelegten Ziele gearbeitet. Aus Bereichsleitern, COOs, werden Coaches. Menschen, die ohne den Top-downWeisungsgedanken im Team daran interessiert sind, dass die Einrichtungen ihre Ziele erreichen. Gemeinsam wird gearbeitet. Auf Augenhöhe und nicht in klassischen Hierarchien. Der Sinn dieser „Stabsstelle“ wird aus Sicht der Zieldefinierung gedacht. Wie kann ein ehemaliger Bereichsleiter/COO einer Einrichtung helfen, dass sie ihre Heimaufsichts- oder MDK Ziele in Verbindung mit Belegung und Erlös erreicht ? Was kann er ganz konkret tun ? Hier geht es nicht um Anwesenheiten, sondern um Handlungen. Wie kann eine Verwaltungsstruktur dazu beitragen, dass Abläufe in den Einrichtungen so reibungslos funktionieren, dass sie keine Behinderung, sondern eine Hilfe sind ? Wie können Verwaltungen zu Profitcentern gemacht werden ? Wie können hocheffiziente Verwaltungen die Basis so unterstützen, dass eine Zuarbeit seitens der Basis so gut wie nicht notwendig ist ? Die Digitalisierung ist dabei sicherlich eine große Hilfe. Vor allem, wenn es um zentral verwaltete Unternehmen geht, kann die Qualität der Verwaltungsarbeit daran gemessen werden, wie wenig sie die Basis braucht, um ihre tägliche Arbeit zu machen. Datenstrukturen müssen so perfektioniert werden, dass sämtliche Informationen digital abgerufen werden können. Übrig bleibt dann die Zeit, um persönlich zu beraten und zu coachen. Das ist ein Ziel. Zeit für persönlichen Kontakt zu den Kunden und Partnern. Sogenannte Hochrisikoeinrichtungen müssen von einem möglichst festen Team von professionellen Helfern (u. a. Einrichtungsleitung, Pflegedienstleitung, Qualitätsbeauftragter) unterstützt werden. Dieses Team sollte außerdem aus externen Coaches bestehen und einem zentralen Koordinator, der sich um alle Anforderungen sowie Verwaltungsbelange kümmert. Dabei müssen die Personen und Funktionen dem Bedarf angepasst werden. Regel: Jede Minute, die eine Führungskraft im Extremfall am Schreibtisch sitzen muss, um Listen, Statistiken, Formulare auszufüllen, ist eine verlorene Minute, die auf die Qualität der Wohnbereiche, am Bett, beim Kunden auf der Tour hätte eingesetzt werden können. Rücken freihalten und zwar bedingungslos und konsequent, ist hier der Anspruch.

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Auch hier reden wir von einem gemeinsamen Arbeiten auf Augenhöhe. Damit alle Prozessbeteiligten aktiv am Ziel arbeiten können, müssen sie befähigt werden, mit der neuen „Freiheit“ umgehen zu können. Entscheidungen müssen an der Stelle entschieden werden, wo sie in ihrer Konsequenz auch gelebt werden müssen. Im Zweifelsfall heißt dies, dass die Entscheidungsfähigkeit bis hinunter in die Wohnbereiche zu den Pflegekräften gesteigert werden muss. Damit so etwas funktioniert, muss im ersten Schritt das Potenzial in der Einrichtung erfasst werden. Dazu werden Partnergespräche anders, aber erneut geführt. ■■ ■■ ■■ ■■

Wo stehen die Partner ? Was können sie ? Was wollen sie ? Was ist ihre Motivation ?

Sind diese Fragen beantwortet, kann besser eingeschätzt werden, welche Partner mit welchem Wissen wie an dem neuen Prozess aktiv mitarbeiten können. Im zweiten Schritt wird darüber nachgedacht, was die Partner für weitere Befähigungen benötigen, um intensiver in den Entscheidungsprozess hineinzuwachsen. Entscheidungen können nur auf einer Basis des Wissens und der Transparenz richtig und zielführend getroffen werden. Aber wem erzähle ich dies ? Also wird der Fortbildungsplan ergänzt – um die Mikroschulungen, die das notwendige Wissen für die anfallenden Entscheidungen vermitteln. Das Prinzip Mikroschulungen in Verbindung mit Learning by Doing ist hier der richtige Weg.

Abbildung 7.50  Prinzip Mikroschulungen; Verfasser©

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Was für Themen könnten dort transportiert werden ? ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Unternehmensziele/Einrichtungsziele/Abteilungsziele Finanzierungswege Praktische Qualität Team- und Teamentwicklung Entscheidungen im Team fällen KVP

Digitale Unterstützung durch Arbeiten mit interaktiven Flussdiagrammen ….

Sie sind frei in der Gestaltung. Sie sind frei in den Themen. Diese müssen nur zu den Zielen passen. Die ehemaligen Führungskräfte sind jetzt die Coaches. Diejenigen, die sich aktiv an der Befähigung der einzelnen Akteure beteiligen. Jeder dieser einzelnen Akteure hat seinen ganz persönlichen Erfahrungshintergrund. Er verfügt über Wissen und ist in der Lage, dieses mehr oder weniger gut abzurufen und sogar weiterzugeben. In der neuen Clusterorganisation ist es wichtig, dass immer wieder eruiert wird, wo der Einzelne steht, was er kann und weiß, um sich in der Folge dessen Gedanken über die Nutzung des Wissens und der Erfahrungen zu machen. Diese Gedanken machen sich das Team. Dazu ist der Austausch wichtig. Wie auch, Mut zu machen, eine Aufgabe zu übernehmen. Sein Wissen und seine Erfahrungen auch wirklich weiterzugeben. Dazu gehört an das Transparenzboard in jedem Wohnbereich auch eine Ecke für Verbesserungsvorschläge. Diese werden dann im Team gemeinsam bewertet und auf ihre Praktikabilität hin geprüft. Ist die gemachte Verbesserung sinnvoll und wird akzeptiert, kann es an die Umsetzung gehen. Auch hierfür werden wieder die Schritte durchlaufen. Schauen, wer was gut kann und wie die Mitarbeiter/Partner befähigt werden müssen, damit es für alle verstetigt werden kann. Eine weitere Rubrik auf dem Transparenzboard ist: Was ist gut und was ist schlecht ? Was läuft gut und was läuft schlecht ? Auch diese werden regelmäßig ausgewertet und im Team besprochen. Dinge, die gut sind, werden auf den Transfer hin geprüft. Kann das auch auf anderen Wohnbereichen/Touren gut laufen ? Wenn ja, dann kann man es auf alle anderen übertragen. Dinge, die nicht gut laufen, werden ebenfalls vom Team dahingehend geprüft, ob es nur in dem einzelnen Bereich so ist oder ob es ein Ereignis ist, auch an anderer Stelle auftritt. Dann wird die Angelegenheit als Pilot/Leuchtturm für alle erarbeitet und dann in der Breite umgesetzt. Aber was ist eigentlich ein Leuchtturm ? Ein Leuchtturm oder auch Leuchtturmprojekt ist in einem Unternehmen genau das gleiche, wie in der Küstenwelt, die wir kennen. Schauen wir an einer Küs-

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te entlang, fällt unser Blick meist zuerst auf einen Leuchtturm, falls einer da ist. Er dominiert die Küste und hat eine klare Funktion: Schiffe davon abzuhalten, zu stranden. In Unternehmen, in denen neue Projekte, u. a. Wertewandel oder Kulturänderungen, anstehen, bilden die Leuchttürme die Möglichkeit, Dinge auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen, in kleineren Organisationseinheiten zu testen und nach erfolgreicher Umsetzung die Ergebnisse dann auf andere Bereiche und Abteilungen zu spiegeln. Projekte sofort auf die ganze Organisation aufzuoktroyieren, ist meist nicht von dem Erfolg gekrönt, den man sich dabei erhofft. Tipp   Fangen Sie stets klein an. Lassen Sie Projekte immer überschaubar in Umfang und Ziel beginnen (Fox, 2017, S. 234). Evaluieren Sie konsequent und lassen Sie die Ergebnisse daraus in den weiteren Verlauf des Projektes einfließen. Der PDCA-Zyklus ist dabei der stete Begleiter !

Am Ende jedoch steht bei allem immer die gleiche Frage: Inwieweit dient dieses Handeln, Reden, Coachen und Entscheiden im direkten Zusammenhang mit dem Ziel und wie trägt es zur Zielerreichung bei ?

7.27 Achtsamkeit – Führungsinstrument der Zukunft Lassen Sie uns einen kurzen Ausflug in die Managementwelt der Achtsamkeit unternehmen, ist sie es doch, die am Ende die Unternehmenskultur und somit die Qualität am „Bett“ wesentlich mitgestaltet. Grundsätzlich ist anzumerken, dass die früheren Softskills wie „Achtsamkeit“ vermeintlich etwas für „Weicheier“ waren. Heute gehört die Beachtung der Achtsamkeitsregeln zur den Hardskills für Führungskräfte. Sie machen den Unterschied zwischen gut und exzellent aus, zwischen „läuft gut“ und „absolut erfolgreich“, zwischen „auch dabei“ und „Marktbeherrschung“ ! Früher waren die Achtsamkeitsregeln den buddhistischen Mönchen vorbehalten. Sie wurden dann vom buddhistischen Volk übernommen und so gut es ging, gepflegt. Achtsamkeit ist das bewusste Wahrnehmen aller Ereignisse, die um einen herum passieren. Menschen, Gespräche, Gesten, Situationen usw. Das Präsentsein im Hier und Jetzt. Um sich den bereits erwähnten Herausforderungen stellen zu können (Personalmangel, Ansprüche an Arbeitgeber, Partnerschaft vs. Mitarbeiter usw.), müssen Führungskräfte neue Regeln des Zusammenspiels lernen, beherrschen und

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anwenden. Mit steigendem Selbstbewusstsein der Menschen steigt auch das Bildungsniveau. Die Ansprüche werden höher. Ansprüche an Arbeitsplätze und somit der Umgang miteinander an diesem Arbeitsplatz. Die Achtsamkeit ist die neue Kernkompetenz erfolgreicher Führungskräfte im 21. Jahrhundert. Das gilt für kleine Unternehmen ebenso wie für ganz große. Am Ende besteht auch der größte Organismus aus einzelnen Zellen. Hier gilt das gleiche Prinzip wie in allen Bereichen der Wirtschaft. Es muss sich rechnen von klein nach groß:

Abbildung 7.51  Prinzip der Wirtschaftlichkeit (oberes Schaubild: ambulant; unteres Schaubild: stationär); Verfasser©

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Der Umgang miteinander ist der Zieldefinierung hinterlegt, die am Ende den Erfolg einer Achtsamkeitskultur im Unternehmen messbar macht. Und schon sind sie wieder im Spiel, die Opportunitätskosten. Der Erfolg gibt einer Methode recht. Fakt ist, so wie in den letzten 50 Jahren brauchen wir mit Mitarbeitern nicht mehr umzugehen. Vor allem nicht, wenn ambitionierte Zieldefinierungen (Expansion, Rendite etc.) im Raum stehen. Da sind die Erfolgsfaktoren die wesentlichen Messpunkte für dieses System. Auch stellt sich eine weitere Frage, für Unternehmen und Manager: Brauchen wir in Zukunft mehr Spezialisten oder mehr Generalisten als Führungskräfte ?

Abbildung 7.52  Spezialist vs. Generalist; Verfasser©

Die Antwort auf diese Frage ist auch der Beginn eines Entwicklungsprozesses, den Unternehmen gemeinsam mit ihren Führungskräften durchlaufen. Die Antwort hat Auswirkungen auf die Auswahl, die Entwicklung, die Zielformulierungen und den Erfolg der Unternehmen. Ich, der Verfasser dieses Buches, bin der Meinung, dass der Weg vom Spezialisten zum Generalisten zielführend ist. Geht es um Pflege, ergibt es durchaus Sinn, wenn ein pflegerischer Hintergrund für Manager nicht von Nachteil ist. Zu wissen, worum es geht, zu wissen, was auf den Stationen, Wohnbereichen, Touren passiert, kann für SMARTe Entscheidungsfindungen von immanenter Bedeutung sein. Es geht um Akzeptanz, es geht um die richtige Art der Ansprache, es geht um Entscheidungen und Ziele, die von jedem Mitarbeiter/Partner im Unternehmen akzeptiert und umgesetzt werden können und wollen. Pflege befindet sich in einem Spannungsfeld von mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz und vergleichsweise niedriger monetärer Honorierung. Kommen dann noch Entscheidungen und Zielvorgaben hinzu, die nicht der Realität entsprechen, die von den Mitarbeitern und mittleren Führungs-

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ebenen vor Ort so wahrgenommen werden, dann ist die Akzeptanz nicht gegeben. Dies führt zu erhöhten Ausfallquoten und zu Minderleistungen. Somit sprechen wir auch hier über Opportunitätskosten. Dem Delta zwischen der besten Entscheidung, dem besten Weg und der gewählten Entscheidung, dem gewählten Weg. Was brauchen wir ? Die Pflege braucht eine neue Generation Manager, die für den Change-Management-Prozess leben, die aktive praktische Bezüge haben und die sich die Richtigkeit ihrer Entscheidungen an der Basis „bestätigen“ lassen. Die Feinjustierung von Entscheidungen, Zielen und Ausrichtungen muss an der Basis Bottomup erfolgen. Die Pflege braucht Manager, die bereit sind, Verantwortung abzugeben und diese der umsetzenden Basis in die Hände zu legen. Die Pflege braucht Manager, die verinnerlicht haben, dass jede Entscheidung, die vom Management gefällt wird, den Mitarbeitern/Partnern die Chance nimmt, aktiv gestaltend den Prozess zu leben, ihnen die Chance nimmt, selbst zu entscheiden, mitzugestalten. Somit fällt ein Motivationsfaktor weg, der dringend benötigt wird, um die Unternehmensziele erfolgreich umzusetzen. Die Pflege braucht Manager, die dem Zitat von Mark Aurel folgen: „Jeder ist nur so viel wert wie das Ziel seines Strebens.“ Folgende Erkenntnis und Handlung lassen sich daraus ableiten: Jedes Unternehmen ist nur so viel wert, wie es schafft, seine Ziele, sein Streben mit einer gesunden Unternehmensstruktur zu erreichen. Nur hier wird es langfristig den Erfolg sichern können. Denn Mark Aurel sagt weiter: „Ein hervorragendes Mittel der Verteidigung: Sei deinem Angreifer nie ebenbürtig.“ Richtig ! Sei ihm überlegen ! Doch wie ist es möglich diese Form von Überlegenheit zu erreichen ? Indem das Unternehmen anders ist. Sich abhebt. Attraktiv wird. Attraktiv für Manager, Mitarbeiter/Partner und Kunden. Indem das Unternehmen seine Marktposition dafür verwendet, den Markt zu verändern, Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, ja, sie zu begeistern. Dafür braucht es neues Denken, neue Köpfe und Geschwindigkeit ! Jetzt aber zu den Regeln der Achtsamkeit: Die erste Achtsamkeitsübung: Ehrfurcht vor dem Leben Jedes Individuum hat ein Recht darauf, zu leben. Die Grundeinstellung eines Unternehmens sollte auf diesem Grundsatz aufgebaut sein. „Leben und leben lassen“. Denkt man ehrlich so, dann findet man die Motive für abweichendes Verhalten und Handeln heraus und ist bemüht, gemeinsam mit dem Mitarbeiter/Partner

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eine Lösung zu erarbeiten, an die sich dann beide Seiten verbindlich halten. Partner geben sich nicht einfach auf. Partner denken nicht an Entlassungen, sondern an Aufgabenlösungen. Gemeinsam sind wir stark ! Unternehmensschädliche Handlungen entstehen meist aus Ärger, Angst, Gier und Intoleranz heraus. Diese Gedankenmuster gilt es, im ersten Schritt zu erkennen und im zweiten Schritt möglichst zu vermeiden. Dafür bedarf es einem hohen Maß an Aufmerksamkeit und Präsenz ! Die zweite Achtsamkeitsübung: wahres Glück Möchte ich, dass jeder in dem Unternehmen sein Bestes gibt, dann muss ich auch dafür Sorge tragen, dass er sich darauf mit aller Kraft und Konzentration fokussieren kann. Das ist nur dann möglich, wenn wahres Glück für jeden meiner Mitarbeiter gilt. Nicht nur für die Managementetagen. Wahres Glück heißt, dass ich erkenne, dass mein Glück nicht abgekoppelt von dem Glück anderer ist. Will ich glücklich sein, z. B. dadurch, dass die Renditeziele erreicht worden sind. Dadurch, dass die Opportunitätskosten soweit gesenkt wurden, dass die Rendite trotz erhöhter Kosten für bessere Bezahlung gesteigert wurde. Das geht ! Also setzen wir Glück mit Erfolg gleich, wir betrachten schließlich das Unternehmen, dann ist dieses Glück/dieser Erfolg nur dann sicher, wenn auch jeder Mitarbeiter/Partner als Zelle eines großen Organismus gesund, das heißt erfolgreich ist. Erfolgreiche Mitarbeiter/Partner sind fleißiger, produktiver, effizienter und vor allem gewillter, neue Wege zu beschreiten, ihre Arbeit infrage zu stellen und sich aktiv am KVP als Gesamtorganismus zu beteiligen. Die dritte Achtsamkeitsübung: wahre Liebe Mitarbeiter/Partner/Zellen können und wollen vor allem nicht allein agieren. Sie sind nur dann stark, wenn sie gerne in Gemeinschaft und dort auch akzeptiert sind. Die Familie ist dabei der stärkste Verbund, der wahrhaftiges Glück überhaupt erst möglich macht. Aus diesem Grund beziehen erfolgreiche Unternehmen die Familien der Mitarbeiter/Partner aktiv mit ein. Klingt schnulzig, aber jeder Mensch sollte stolz auf das sein, was er tut. Er sollte stolz sein auf den Ort, an dem er arbeitet und auf die Gemeinschaft, der er angehört. Das möchte er auch zeigen. Da wird er auch gern seine Familie einbinden. Fördern Sie diese „wahre Liebe“. Fördern Sie die Gemeinschaft, die Familie. Machen Sie keine Feste ohne Familie. Binden Sie die Partner und Kinder ein. Seien Sie attraktiv für alle Menschen, die dem Mitarbeiter/Partner wichtig sind. Investieren Sie in diese Menschen, so werden diese Menschen auch in Ihr Unternehmen investieren. Das ist wie mit der Rendite. Zunächst wird investiert/gekauft, dann wird durch gutes Wirtschaften eine Rendite erwartet. Nur der Lohn ist keine

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Investition. Der Lohn/Gehalt ist ein notwendiger Energieausgleich für die Arbeitsleistung. Lohn/Gehalt wird geschuldet. Ich betone es nochmals: Er ist kein Invest. Investitionen, die eine Rendite nach sich ziehen, müssen sinnvoll und zusätzlich sein. Dann ist es auch möglich, mit den geeigneten Kennzahlen den ROI25 zu berechnen. Die vierte Achtsamkeitsübung: liebevolles Sprechen und tiefes Zuhören Ich sehe täglich, wie viel Verlust und Schaden in Unternehmen durch die Missachtung dieser Regel entsteht. Viele Menschen werden krank und scheiden aus Unternehmen aus, weil der Umgang oft nicht anders als mit „unmenschlich“ bezeichnet werden kann. Warum ist das so ? Weil es kaum verbindliche weiterführende Regeln im professionellen Miteinander gibt. Weil Führungskräfte nicht automatisch ein Kommunikations- und Rhetorikseminar bei der Einstellung bekommen. Weil jede Führungskraft ihren Führungsstil und ihren Charakter umsetzen kann, wie sie es will. Der Schaden ist immens. Das Potenzial erheblich. Anders ausgedrückt: Keine Führungskraft sollte auf ein Unternehmen losge­ lassen werden, bevor sie nicht mindestens die Grundregeln des Unternehmens in einem Seminar beigebracht bekommen hat. Die Umsetzung ist messbar. Messbar am Erfolg. Jede Führungskraft sollte dann in den ersten 8 – ​12 Wochen ihrer Tätigkeit einen Coach an die Seite bekommen. Ein Coach, der zur Verfügung steht, begleitet und ggf. unterstützt. Die Kommunikation ist die wesentliche Schlüsselkompetenz, die eine Führungskraft beherrschen und praktizieren sollte. Dazu gehört die Fähigkeit, zuzuhören. Folgende Regeln sollten Sie verinnerlichen: ■■ Wenn Sie keine Zeit haben, um ungestört zuzuhören, dann vertagen Sie das Gespräch. ■■ Führen Sie nie ein Gespräch zwischen „Tür und Angel“. ■■ Lassen Sie das Gegenüber stets ausreden. ■■ Notieren Sie sich wesentliche Aussagen. ■■ Fragen Sie nach. ■■ Rekapitulieren Sie das Gesagte, um sicher zu gehen, dass es richtig verstanden worden ist. ■■ Beenden Sie das Gespräch stets mit einem SMARTen26 Ergebnis ■■ Geben Sie dem Gesprächspartner eine Rückmeldung zum Gespräch.

25 Return on Invest. 26 SMART = spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert.

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Die fünfte Achtsamkeitsübung: Nahrung und Heilung Diese Übung steht für Nachhaltigkeit und Bewusstsein. So gehen wir mit uns und unserem Körper um. Das Anbieten von Gesundheitsvorsorgeprogrammen ist zwar bei Weitem nicht der ganze Spielraum im Bereich des Gesundheitsmanagements, aber trotzdem nicht unwesentlich. So kann es Programme geben, die Mitarbeiter dabei unterstützen im Team abzunehmen, mit dem Rauchen aufzuhören oder an sportlichen Aktivitäten teilzunehmen. Anreize dafür sind gute und stabile Teams sowie auch Gutscheine und Prämien bei Zielerreichung. Einfach einmal ausprobieren. Nachhaltigkeit geht auch weiter an Stellen, wo der Alltag zuschlägt. Auf den Stationen und in den Wohnbereichen, wo oft zu viel weggeworfen wird. Wo Unachtsamkeit das Unternehmen und die Umwelt belastet. Achtsamkeit kommt in diesem Fall durch Wissen, Erkenntnis und konsequentes Reflektieren. Fragen, die gestellt werden können: ■■ ■■ ■■ ■■

Wie viele Lebensmittel kaufen wir ein und was kostet das ? Wie viele Lebensmittel haben wir in dem letzten Monat weggeworfen ? Wie viele Menschen könnten davon ein besseres Auskommen haben ? Wenn man dies einspart, um wie viel könnten man die Qualität der Lebensmittel am Kunden steigern ? ■■ Wie sieht der Benchmark zwischen den einzelnen Wohnbereichen aus ? Fassen wir zusammen ! Hier lassen sich die fünf Achtsamkeitsübungen auf drei Erfolgsfaktoren reduzieren, die erfolgreiche Manager von weniger erfolgreichen unterscheiden:

Abbildung 7.53  Erfolgsfaktoren erfolgreicher Manager; Verfasser©

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Seien Sie aufmerksam, seien Sie stets hellwach, seien Sie sensibel für Menschen und Situationen, mit denen Sie in Verbindung stehen. Hören Sie zunächst zu, fragen Sie sensibel nach, sammeln Sie Informationen. Bringen Sie sich nicht in Situationen, in denen Sie nicht hellwach sind. Körper, Geist und Seele müssen mit Disziplin und einer gewissen Eigenhygiene gepflegt werden. Dazu gehört auch ausreichender Schlaf, keine Rauschmittel, wenig und wenn dann guter Alkohol. Kaffee ist dabei nicht immer der richtige Tagesbegleiter. Seien Sie eben ein Vorbild ! Seien Sie großzügig, wenn es darum geht, sich nicht vom Ziel zu entfernen. Lassen Sie sich nicht provozieren von Angriffen, Beleidigungen oder Behauptungen. Gehen Sie großzügig darüber hinweg. Lassen Sie bloß nicht Ihr Ziel aus den Augen ! Anders benannt mit dem Wort der „Gelassenheit“. Ein taoistisches Sprichwort sagt sinngemäß: Sei wie der Bambus im Wind, biege dich, aber brich nicht.

Abbildung 7.54  Darstellung von Flexibilität; Quelle Foto: www.pixabay.com©

Schaffen Sie Zugehörigkeiten bei Ihren Mitarbeitern und Ihren Kollegen. Seien Sie verbindlich und beziehen Sie die Familien mit ein. Laden Sie zu Festen, die nicht nur die Integration der Mitarbeiter in das Unternehmen verbessern und festigen, sondern beachten Sie auch die kulturellen Hintergründe der Mitarbeiter und Kollegen. Vernetzen Sie sich. Schaffen Sie Gemeinsamkeiten, die am Ende eine stabile Basis für Erfolg in gemeinsamen Projekten bietet.

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7.28 Change-Management – Chance und Grundhaltung Change-Management ist die „laufende Anpassung von Unternehmensstrategien und -strukturen an veränderte Rahmenbedingungen. Wandel repräsentiert heute in Unternehmen nicht mehr den Sondervorgang, sondern eine häufig auftretende Regelerscheinung. Alle Prozesse der globalen Veränderung, sei es durch Revolution oder durch geplante Evolution, fallen in das Aufgabengebiet des Change-Managements.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018) Change-Management als wirkliche Chance zu begreifen, ist eine Anforderung, die es gilt, als Team zu meistern. Veränderung und die Anpassung an selbige ist keine Bedrohung, sondern die Möglichkeit, sich, seine Innovativität und Kreativität immer wieder unter Beweis zu stellen und dadurch auch der jungen und flexiblen/agilen/mobilen Generation dieses Berufsfeld als modern und attraktiv zu vermitteln. Bevor ein Unternehmen voll in diesem Change-Management-Prozess eingetaucht ist, muss es sich im Klaren sein, dass es statische Zustände mit dogmatischen Leitsätzen so nicht mehr geben wird. Die flexible Anpassung an Marktgegebenheiten ist die Zukunft und die Herausforderung. Zu diesem ChangeManagement-Prozess gehören eben auch die vorangegangenen Punkte dieses Kapitels. Eigentlich das gesamte Buch mit seiner Idee und dem System dahinter. Nicht der statische Zustand ist die Komfortzone/die Sicherheit des Unternehmens, sondern seine agile Reaktionsfähigkeit auf sich ständig ändernde Märkte. Dabei ist der Komfort daran die bewusste Ressourcenpflege und der gezielte Ausbau dieser Ressourcen. Zwei wesentliche Dinge benötigen Sie, um agil am Markt handeln zu können: 1) wertschätzende, angstfreie, mitbestimmende Unternehmenskultur und 2) autonom arbeitende kreative Partner (im besten Fall eine „integral-evolutionäre Organisation“). An beiden Aspekten haben Sie – als Betreiber, Träger, Besitzer, Geschäftsführer – eine wesentliche Rolle. Sie bestimmen die Werthaltung, den Umgang miteinander sowie den Grad an Autonomie und Verantwortlichkeit, die am Ende essentiell zu dem Ergebnis beitragen, welches dann Ihre gemeinsame Antwort auf die Fragen und Anforderungen des Marktes sind. Wissenstand und die Förderung der intrinsischen Motivation sind weitere wesentliche Faktoren, die jedoch sehr viel mit Wertschätzung und angstfreier Atmosphäre zu tun haben.

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Was tun ? Maßnahme für Unternehmen Finanzcontrolling wird zu einer Selbstverständlichkeit und so automatisiert, dass Führungskräfte dabei minimal beansprucht werden. Hier ist 4.0 im wahrsten Sinne sinnvoll ! Kulturcontrolling und vor allem Motivationscontrolling werden zu den neuen Schlüsselqualifikationen und -faktoren. Hiernach muss Bilanz gezogen werden. Hiernach werden Beurteilungen und am Ende Beteiligungen gewährt. Die Partner und Kunden sind die entscheidenden Schlüssel zum Erfolg. Dadurch zeigt sich ein weiterer Weg aus der Opportunitätskostenfalle auf. Führungskräfte, die es verstehen, nach diesen Kriterien auszuwählen, im Unternehmen zu halten und zu motivieren, werden auch vollen Erfolg bei den Partnern und Kunden haben. Diese Kulturumgangskaskade wird am Ende den Vorsprung vor anderen Mitbewerbern ausmachen, denen die Partner durch fehlerhaftes Kultur- und Motivationscontrolling davonlaufen. Fazit   Ein Wertewandel ist kein Hexenwerk. Auch hier beginnt dieser Weg mit dem ersten Schritt. Getreu der Aussage: Der Fisch stinkt immer vom Kopfe… ! Es beginnt mit einem Umdenk- und Handlungsprozess in der Führung eines (Ihres) Unternehmens. Die dafür notwendigen Schwerpunkte wurden in diesem Kapitel angerissen und für die detaillierte und handlungsanleitende Bearbeitung so aufbereitet, dass Sie einmal das „große Ganze“ überblicken können. Am Ende dieses Kapitels wird deutlich, dass Lean Management allein den Anforderungen von QM-Pflege-4.0 nicht genügt. Dieser Ansatz zur Sicherung der Qualität in den nächsten Jahrzehnten geht weit darüber hinaus. Und trotzdem ist das Lean Management ein wesentlicher und gewichtiger Aspekt der vierten Generation des Qualitätsmanagements in der Pflege.

7.29 Homo Oeconomicus vs. ganzheitliches Menschenbild Stand heute ist der, dass überwiegend Partner als Homo Oeconomicus bezeichnet werden. Sie sind per Definition: „Wissenschaftstheorie: Modell eines ausschließlich ‚wirtschaftlich‘ denkenden Menschen, das den Analysen der klassischen und neoklassischen Wirtschaftstheorie zugrunde liegt. Entscheidungstheorie: Idealtyp eines Entscheidungsträgers, der zu uneingeschränkt rationalem Verhalten (Rationalprinzip) fähig ist und damit in der Mehrzahl der bislang

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im Operations Research formulierten Entscheidungsmodelle unterstellt wird.“ (Ga­bler Wirtschaftslexikon, 2018)

Noch in Industrie 3.0 und in der Pflege bis heute sind das die Haupteigenschaften, die Führungskräfte in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft mitbringen müssen. Aus diesem Grund findet man äußerst selten Führungskräfte, die eine klassische Karrierelaufbahn – von der Pflegekraft bis zum Manager – hinter sich haben. Die Voraussetzung durch die Homo Oeconomicus-Ansprüche waren so grundverschieden, dass eine Kompatibilität nur recht selten zutraf. In Pflege 4.0 geht es um weit darüberhinausgehende Anforderungsprofile. Eigenschaften wie Empathie, vernetztes Denken und Handeln aber auch die Fähigkeit Crowdsourcing im weitesten Sinn seiner Bedeutung zu fördern, zu motivieren und zu nutzen, sind heute und in Zukunft wichtiger als rationale Denkmuster zugunsten des wirtschaftlichen Erfolges. Nicht einer allein ist der Retter der Probleme, der Finder der Lösung, sondern vernetzte Teams und das Wissen der Einzelnen, das intelligent als Ganzes genutzt wird. Einzelkämpfereigenschaften sind nicht wegzudenken, treten vor den Teamaktivierungsfähigkeiten aber in den Hintergrund. Nochmals einen Schritt zurück zum Crowdsourcing. Dies ist eine interaktive Form der Wertschöpfung unter Nutzung moderner IuK-Techniken (Web 2.0). Zusammengesetzt aus den Begriffen Crowd und Outsourcing. (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018) Einzelne Aufgaben, die bisher intern bearbeitet wurden, werden an eine Vielzahl von Nutzern oder Interessenten ausgelagert und häufig in Form eines Wettbewerbes ausgeführt. Die Aufgabe kann sich dabei sowohl auf eine Innovation beziehen oder aber auf bereits bestehende operative Aktivitäten oder Produkte. Bekanntester Vertreter für die Anwendung des Crowdsourcing dürfte das Online-Lexikon Wikipedia sein. Grundlegende Anforderungen sollten erfüllt sein, um ein Crowdsourcing erfolgreich einzusetzen: a) eine klare Aufgaben- und Zieldefinition, b) eine Auswahl der richtigen Crowd (Zielgruppe/Community) für die Bearbeitung der Aufgabe, c) Respekt vor den Bearbeitern und ihren Ergebnissen sowie d) die Klärung der Rechtslage. In sozialen Unternehmen wird es erst in Zukunft solche Gruppen geben, die sich kreativ den Aufgaben und somit den Lösungen stellen.

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Das Lean Management – schlank ist in

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

8.1 Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege Diese zehn Prinzipien können für Sie eine Art Roadmap darstellen. Sie hilft Ihnen, den Weg nicht aus den Augen zu verlieren, die klaren Ziele weiterzuverfolgen und immer am Wesentlichen zu bleiben.

Abbildung 8.1  Prinzip Roadmap als Schaubild; Quelle Foto: www.pixabay. com©

1) Ausrichtung aller Tätigkeiten auf den Kunden (Kundenorientierung). 2) Konzentration auf die eigenen Stärken. 3) Optimierung von Geschäftsprozessen. 4) Ständige Verbesserung der Qualität (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, KVP). 5) Interne Kundenorientierung als Unternehmensleitbild. 6) Eigenverantwortung, Empowerment und Team­ arbeit. 7) Dezentrale, kundenorientierte Strukturen. 8) Führen ist Service am Mitarbeiter. 9) Offene Informations- und Feedback-Prozesse. 10) Einstellungs- und Kulturwandel im Unternehmen (Kaikaku1). (Graf-Götz & Glatz, 2001) 1

1. Verankerung der Lean-Philosophie in den Köpfen der Mitarbeiter durch Schulungen (= Information) und durch „Learning by Doing“; bei Mitarbeitern aller Unternehmensbereiche

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_8

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Fangen wir an: Ganz zu Beginn sollten Sie sich die folgenden Fragen stellen und mit Ihrem Team gemeinsam beantworten: a) Sind Ihnen die Kundenwünsche bekannt ? b) Wo liegen Ihre Unternehmensstärken ? c) Wie lauten Ihre Unternehmensziele ? d) Wo finden sich in Ihren Zielen die Kundenwünsche wieder ? e) Inwieweit tragen diese Ziele zur kontinuierlichen Verbesserung (KVP) bei ? f) Sind Ihre Ziele SMART ? g) Steht die gesamte Unternehmensführung hinter diesem Weg ? h) Sind alle Ihre Mitarbeiter/Partner an den Zielfindungen beteiligt gewesen ? i) Ist allen Ihren Mitarbeitern/Partnern Ihre Zieldefinierung bekannt ? j) Kennt jeder Mitarbeiter seine Rolle im KVP ? k) Ist jeder Ihrer Mitarbeiter in der Lage, aktiv mit dem QM-Handbuch zu arbeiten ? l) Sind alle relevanten Prozesse jedem Mitarbeiter/Partner bekannt ? Ausrichtung aller Tätigkeiten auf den Kunden (Kundenorientierung) Für Sie ganz konkret ist damit die kundenorientierte Zieldefinierung gemeint. Die Kundenorientierung ist die Grundlage aller neuen Unternehmensführungsansätze. Konsequent wird diese Grundlage im Lean Management seit vielen Jahre umgesetzt. Hier gibt es die meisten Erfahrungen und die ausgereiftesten Instrumente dazu. Als Dienstleistungsunternehmen ist es Ihre Aufgabe, alle Ihre Tätigkeiten nicht dem Selbstzweck zu unterwerfen, sondern durchaus am Wunsch, Willen, Schmerz des Kunden zu orientieren. Dieser Kundenwunsch ist zum einen der Anspruch an Ihre Dienstleistung und zum anSchritt 1: Finden deren die Richtschnur für Ihre Qualitätsmanagementprozesse. Sie heraus, was Wie das ? Ein Wunsch ist mit einem Auftrag gleichzusetzen. Ihr Kunde wirkEin Auftrag ist der Auslöser für die Erbringung einer Dienstlich will ! leistung. Die erbrachte Dienstleistung ist etwas, was man dem Kunden auch direkt in Rechnung stellen kann. Somit sind wir wieder bei den wertschöpfenden Primärdienstleistungen (Prozessen). Sie und nur sie erfüllen den Auftrag (Wunsch) des Kunden. Somit beginnt Ihr Weg mit dem ersten Schritt: und Unternehmensebenen. 2. Aufbau einer Lean-Kultur durch konsequentes Führen, Entscheiden und Handeln nach Lean-Maßstäben, auf allen Unternehmensebenen. (Wikipedia, 2018)

Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege 171

Von Anfang an ist hier die operative, taktische und strategische Komponente inkludiert. Listen Sie die Kundenwünsche auf und ordnen Sie diese den Primärund Hilfsprozessen zu. Wofür können Sie eine Rechnung stellen und wofür (Stand heute) noch nicht. Sie müssen dann schauen, wie Sie die nichtabrechenbaren Leistungen entweder auf abrechenbare Leistungen umgestellt bekommen oder so minimieren (verschlanken), dass die Ausgaben als akzeptabel anzusehen sind. Konzentration auf die eigenen Stärken Frage b (Wo liegen Ihre Unternehmensstärken ?) ist u. a. hier für Sie wesentlich. An dieser Stelle scheiden sich die unterschiedlichen Theorien voneinander. Die einen sagen, man solle seine Stärken und seine Schwächen herausfinden und die Stärken stärken und die Schwächen zu Stärken machen. Andere sagen, man solle sich auf die Schwächen konzentrieren und diese abbauen. Ich sage: Erkennen Sie Ihre Stärken, bauen Sie diese systematisch und kontinuierlich aus ! Kurz: Stärken stärken ! Fertig. Schritt 2: Finden Sie Ihre absoluDefinieren, visualisieren und verdeutlichen Sie diese sich ten Stärken ! selbst und jedem Ihrer Mitarbeiter gegenüber. Jede Minute, jede Stunde Ihrer Zeit haben Sie exakt nur einmal zu vergeben. Wägen Sie klug ab, wofür Sie Ihre Zeit in Anspruch nehmen möchten. Für den Abbau Ihrer Schwächen oder den Ausbau Ihrer Stärken ? Zwei mögliche Wege stehen Ihnen zur Verfügung:

Abbildung 8.2  Weg zur Stärke; Verfasser©

Der erste Weg ist ausführlich und dann sinnvoll, wenn es nicht nur darum geht, herauszufinden, was Sie besonders gut können, sondern wenn es um Themen wie Portfolioerweiterung, Ausbau von Märkten, Verdrängungswettbewerb und andere

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existenzielle Entscheidungen geht. Jetzt nach der Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II und III ist die Voraussetzung geschaffen worden, sein Unternehmensportfolio nochmals kritisch zu überdenken. Die Möglichkeiten die Wertschöpfungskette drastisch auszubauen, waren selten so gut wie jetzt ! Der zweite Weg ist ausreichend, wenn Sie für die Zieldefinierung Ihre Stärken, Ihre Primärprozesse nochmals verdeutlichen und visualisieren möchten. Kennt man seine Stärken, kann man sie in den Zieldefinierungen besser in ein Verhältnis zu den Kundenwünschen setzen. In der Folge dessen fällt es Ihnen leichter, die geeigneten Maßnahmen dazu mit Ihren Mitarbeitern/Partnern gemeinsam festzulegen. Optimierung von Geschäftsprozessen Hinter diesen drei Wörtern stehen viele Überlegungen, gemeinsame Arbeitsgruppen, Verständnis, Verstehen und harte Entscheidungen. Es sieht aber auch schlimmer aus, als es wirklich ist. Dahinter steht tatsächlich die Verdeutlichung Ihrer ureigensten Prozesse ! Bevor Sie aber etwas optimieren können, müssen Sie es identifizieren und verdeutlichen. Dabei ist es zunächst unwichtig, welche davon in Rechnung gestellt werden können und welche nicht. Haben Sie das einmal mit Ihren Mitarbeitern/Partnern gemacht ? Jetzt gliedern Sie diese auf, in wertschöpfende Prozesse und nichtwertschöpfende Prozesse. In der Folge bewerten Sie zunächst die wertschöpfenden Prozesse nach dem Grad der Wertschöpfung. Das heißt: Wie viel trägt Schritt 3: Erfasdieser Prozess zum Überleben Ihres Unternehmens bei ? sen Sie zunächst Die Prozesse, die für Sie am aussichtsreichsten bzw. gewinnalle Prozesse, bringendsten sind, sind die, die Sie stärken, unterstützen bzw. die in Ihrem Unternehmen ausbauen können. Die weniger wertschöpfenden sind die, bei ablaufen ! denen Sie entscheiden müssen, ob Sie diese weiterführen wollen oder müssen, wenn ja, dann stärken Sie diese eventuell weiter, wenn nein, müssen Sie sich fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, diese Leistungen durch jemanden anders erbringen zu lassen. Im Pflegealltag ist das einfacher gesagt als getan. Oft sind komplexe Dienstleistungen zu erbringen, die nicht alle im Detail eine gleich hohe Wertschöpfungsquote aufweisen. Ständige Verbesserung der Qualität (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, KVP) Sich auf den Weg machen, ist die eine Seite der Medaille. Auf diesem Weg bleiben, sich nicht von links oder rechts ablenken zu lassen, ist die andere Seite. Es geht hier nicht um Modetrends, sondern um nichts Geringeres als Ihre Unternehmens-

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kultur. Es geht um die konsequente Verfolgung Ihrer Ziele unter Berücksichtigung aller notwendigen gesetzlichen und gesellschaftlichen Vorgaben. Hier an dieser Stelle geht es nicht nur um ein Verständnis, sondern um die Einführung einer neuen Fehler- und Beschwerdekultur, die in Kombination mit der kunden- und mitarbeiterzentrierten Feedbackkultur eine Einheit der wertschätzenden und agilen Unternehmensführung ausmacht. Schritt 4: Beginnen Sie ganz Freude statt Frust, wenn Fehler passieren. Entschlossenheit klein. statt Demotivation, wenn eine Beschwerde eingeht. Das sind die Maximen von QM-Pflege-4.0. Machen Sie keine großen Wellen, die Sie am Ende nicht „reiten“ können. Gehen Sie die kleinen Schritte. Step by step ! Beginnen Sie ganz persönlich, Ihre Sichtweise auf Beschwerden zu verändern, und das geht so: ■■ ■■ ■■ ■■

Angriff ist die beste Verteidigung. Suchen Sie die Beschwerden ! Suchen Sie den direkten Kontakt zu Ihren Kunden und Mitarbeitern/Partnern ! Werten Sie die nächste eingehende Beschwerde offiziell und gut sichtbar positiv. ■■ Beginnen Sie, die dahinterstehende Chance für das Unternehmen, das Team hervorzustellen und nur mit diesen positiven Aspekten weiterzuarbeiten. ■■ Beginnen Sie, Beschwerden und Fehler in der Führung, also bei sich selbst, zu suchen. Diese als positive Chance nicht nur zu „verkaufen“ und zu besprechen, sondern sichtbar für alle auch zu leben. ■■ Bearbeiten Sie anfänglich die Fehler bzw. Beschwerden persönlich. So lange, bis eine Kultur der Fehler-/Beschwerdeaufnahme und -bearbeitung eingesetzt hat. Grundregeln des Fehler- und Beschwerdemanagements im QM-Pflege-4.0 ist: ■■ Bei Fehlern und Beschwerden ist immer der Prozessverantwortliche für die Suche und die Beseitigung des Fehlers oder der Beschwerdeursache verantwortlich ! Nicht der Mitarbeiter. ■■ Passieren Fehler, ist der Prozess seitens des Prozessverantwortlichen nicht stabil genug gestaltet worden, so dass es dem Prozess möglich war, den Fehler zu machen. So beginnt ein Werte- und Kulturwandel, langsam, stetig und von der täglichen Arbeit ausgehend.

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Fallstrick   An dieser Stelle erliegen viele dem Fehler, mit großen Konzepten und Vorgaben beginnen zu wollen. Oft ist dann die neue Kultur bereits gescheitert, noch bevor sie richtig angefangen hat.

Machen Sie nicht diesen Fehler. Fangen Sie in der Praxis an. Fangen Sie an, zu handeln und durch Ihr Tun und Handeln zu zeigen, was Kultur in erster Linie für Sie bedeutet. Ein lebendiges Konstrukt von Interaktion und Kommunikation, von Werten im direkten Umgang miteinander. Die Vorschläge für Konzepte und Ideen für Standards kommen meist von allein und zwar Bottom-up von den Teams. Dann haben Sie gewonnen. Dann wird die neue Kultur auch ihren Lauf in Ihrem Unternehmen nehmen. Sie können bei der ersten Beschwerde oder dem ersten Fehler damit beginnen. Jetzt ! Aufschreiben und dokumentieren können Sie danach ! Interne Kundenorientierung als Unternehmensleitbild Die Frage stellt sich immer und immer wieder: Wie erzeugt man ein zielorientiertes Verständnis der internen Prozessbeteiligten ? Interne Kunden sind in Ihrem Unternehmen die jeweils nachgelagerten Prozesse. Das heißt, die Pflege ist der Kunde der Verwaltung. Die Mitarbeiter sind die Kunden des Managements. Die Küche ist der Lieferant der Pflege usw. Jede Abteilung, jedes Team hat in Ihrem Unternehmen einen „Kunden“. Intern und/oder extern. Diesen müssen die Teammitglieder auch als einen solchen „Kunden“ verstehen lernen. Ihr Prozess ist nur dann gut und vor allem stabil, wenn jedes Glied in der Kette der Wertschöpfung sich seiner Wichtigkeit und Bedeutung bewusstgeworden ist. Dieses Bewusstsein können nur Sie bewerkstelligen, nur Sie können die Wertschätzung hervorbringen, die es braucht, damit sich jeder Mitarbeiter gleich wichtig fühlt. Schritt 5: Jeder Partner, jedes Nicht selten ist das Pflegeteam der Hauptkontakt zu den Team muss lerEndkunden. Im ambulanten Pflegebereich ist das auf jeden Fall nen, sich als so. Selbst stationär sind die Teammitglieder der Pflege die MenDienstleister zu verstehen ! schen, die den intensivsten Kontakt zu den Bewohnern haben. Im internen Dienstleistungsverhältnis ist es somit so, dass zum Beispiel die Verwaltung der Pflege zuarbeitet. Verwaltungsteams tragen unter anderem dafür Sorge, dass die erbrachten Leistungen ordnungsgemäß und zeitnah abgerechnet werden können. Sie unterstützen auch bei der Erledigung von diversen Aufgaben im Bereich der Pflege. Denken Sie an zu erstellende Statistiken und andere Datenerhebungen. Die Verwaltung ist auch oft behilflich bei der Vervollständigung von Dokumenta­tions­

Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege 175

unterlagen und sie führen die Verwaltungsakten der Kunden. An dieser Stelle ist es ganz entscheidend, zu verstehen, inwieweit das Dienstleistungsdenken das Gesamtunternehmen voranbringt. Pflegemitarbeiter haben diesen Beruf sehr oft gewählt, weil sie neben ihrer starken emphatisch-sozialen Ausrichtung eine ausgeprägte Hands-on-Mentalität vorzuweisen haben. Administrative Aufgaben gehörten eher nicht zu den Schwerpunkten dieser Teams. Das muss man wissen und vor allem verstehen. Verstehen als Teammitglied der Verwaltung, deren Schwerpunkte oft im administrativen Sektor liegen. Legt man diese Stärken zusammen, ergibt sich zwangsläufig eine erhöhte Zufriedenheit im Team und ein fehlerfreierer Output. Das notwendige Verständnis dazu erreichen Sie zum einen über die Transparenz der einzelnen Prozesse und über den deutlich bewussten Anteil, den das Team an der Kundenzufriedenheit hat. Wird dieser Nutzen nicht erreicht, fehlt ein Schritt hin zur absoluten Kundenzufriedenheit. Da ist dann auch nicht die Schuld der anderen, sondern des nicht funktionierenden Prozesses und des mangelnden Bewusstseins für die Wichtigkeit am Gesamtziel. Fallbeispiel   Die Verwaltung erstellt die Pflegedokumentationsunterlagen für Neuaufnahmen. Anbei ist immer zuerst eine Checkliste „Kundenneuaufnahme“. Im Rahmen dieser Neuaufnahme ist es notwendig, eine Vielzahl wichtiger Parameter aufzunehmen. Sind diese Unterlagen nicht oder unvollständig vorhanden, kommt es zu einer Störung im Prozess der Neuaufnahme. Notwendige Daten sind nicht oder unvollständig und die reibungslose Aufnahme verzögert sich. Daten müssen mehrmals nachgefragt werden und Mitarbeiter sind immer wieder mit Tätigkeiten konfrontiert, die eigentlich hätten längst erledigt sein müssen.

Wie nun fangen Sie als Führungskraft an, dieses interne Dienstleistungsdenken zu implementieren ? Ganz einfach, Sie kommunizieren ! Kommunikation unabhängig von der Hierarchie, unabhängig von der Art der Tätigkeit, des Mitarbeiters, dem Sie gerade begegnen. Auch hier wieder: Vor der langen Dokumentation und der Konzeptionierung kommt das ganz Bodenständige und Normale. Sie beziehen alle Menschen in Ihrem Unternehmen in Ihren Prozess von Qualität von QM-Pflege-4.0 aktiv mit ein. Wie ? ■■ Bleiben Sie bei der Reinigungskraft, dem Pflegehelfer, der Küchenkraft, der Hauswirtschafterin stehen. Rede Sie mit ihm/ihr. Fragen Sie nach den Problemen. Machen Sie die essentielle Bedeutung der Arbeit klar. Sagen Sie danke !

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

■■ Nehmen Sie sich für jeden Ihrer Mitarbeiter immer einmal wieder etwas Zeit. Verknüpfen Sie dies stets mit der Klarlegung der Bedeutung der Tätigkeit für das gesamte Unternehmen. Machen Sie nie einen Unterschied zwischen den Positionen und Aufgaben der Mitarbeiter. Wenn Sie das verstetigt haben, fangen Sie an, das aufzuschreiben. Es ist dann ein Teil Ihrer Unternehmens- und Kommunikationskultur, Ihres Leitbildes. Eigenverantwortung, Empowerment und Teamarbeit Drei große Worte. Zunächst die Erläuterung zu „Empowerment“. Darunter wollen wir die Übernahme von Verantwortung an Prozessen/Aufgaben verstehen. Wichtig hierbei ist, dass die Übernahme ganz freiwillig und intrinsisch (aus sich selbst heraus) motiviert ist. Ganz und gar nicht geht es hierbei um Anweisungen, Befehle und Pflichten. Es geht um Bedürfnisse, Wollen und Können. Um dahin zu kommen, kann man kompliziert denken und handeln oder ganz einfach beginnen. Beginnen damit, Verantwortung selbst abgeben zu wollen und zu können. Sehr oft liegt das Problem nicht darin, dass Teams oder Teammitglieder keine Verantwortung übernehmen wollen oder können, sondern dass die Führungskräfte nicht imstande sind, diese auch wirklich ab­zugeben. Schritt 6: BeNicht wenige Manager und Forscher behaupten, dass Emginnen Sie wiederrum mit powerment der Führungsstil der Zukunft sei. Der Autor ist sich kleinen Schritsicher, es ist der Stil des gemeinsamen Umgehens, der den Herten. ausforderungen heute und morgen gewachsen sein wird. QMPflege-4.0 braucht, um effizient sein zu können, Mitarbeiter, die autonom und motiviert arbeiten, die Aufgaben verstanden haben und diese kreativ und innovativ angehen. Es liegt in der Natur des Menschen, Pflege, Hilfe, Fürsorge zu leben, diese bilden unsere Grundkompetenz. Geben Sie Aufgaben, Verantwortung an Ihre Teams und Mitarbeiter ab. Erteilen Sie nur positive Feedbacks. Auch Fehler sind posi­tiv. Sie bringen das Unternehmen weiter, wenn sie einmal begangen werden und zukünftig nachhaltig aus ihnen gelernt worden ist. Stärken Sie die Entscheidungsfreudigkeit Ihrer Teams. Dazu ist Wissen durch Transparenz notwendig. Das Wissen um die Konsequenzen des Handelns. Das Wissen darum, dass Fehler nicht zu Sanktionen, sondern zu einem gemeinsamen lernen führen. Jeder Fehler zeigt einen Weg auf, wie es vielleicht nicht effektiv zum Ziel geht. Ganz konkret: Was waren bis dato Ihre Aufgaben ? Warum soll und kann das Team diese nicht auch eigenverantwortlich übernehmen ? Mit wie viel Aufwand stecken Sie jeden Tag im operativen Tagesgeschäft fest ? Ist das wirklich Ihre Aufgabe ? Oft ist die Antwort: nein !

Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege 177

Schaffen Sie die Voraussetzung, damit Teams Aufgaben auch wirklich übernehmen können. Nicht immer sind es die großen Fortbildungen, die hier entscheiden. Das Coachen von konkreten Aufgaben ist an dieser Stelle sehr hilfreich. Zeigen Sie Ihren Teams, wie es geht. Learning by Doing, ist die Zauberformel ! Entscheidend für den Erfolg ist die Sinnhaftigkeit der delegierten Aufgaben. Der Zusammenhang oder auch Bezug zu den originären Aufgaben muss deutlich werden. Nur im Kontext der zu erbringenden Dienstleistungen ist ein tiefes Verständnis der neuen bzw. ergänzten Aufgaben zu erreichen. In diesem Zusammenhang ist jetzt die richtige Zeit, wirkliche Transparenz an den Tag zu legen. Die Teammitglieder wirklich zu beteiligen. An den Informationen, den Aufgaben und den Erfolgen. Stichwörter: ■■ Coaching ■■ Mikroschulungen Es ist meist sinnvoll, Führungskräfte von externen Unterstützern coachen zu lassen. Ihre Mitarbeiter werden dann wiederum durch die Führungskräfte so geführt, dass sie subsidiär, also selbstverantwortet und befähigt, die anstehenden Aufgaben bewältigen können. Treten Probleme auf, ergibt auch auf dieser Ebene der Einsatz von externen Coaches Sinn. Das Prinzip könnte lauten: Partner müssen nicht nur gecoacht, sondern auch geführt werden. Führungskräfte werden gecoacht, gute Führungskräfte zu werden. Das ist der Weg hin zum Empowerment, wo im Idealfall alle nur noch des Coachings bedürfen.

Abbildung 8.3  Stufe zum Empowerment; Verfasser©

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

Mikroschulungen in der Praxis am Ort der Wertschöpfung sind ein probates Mittel, um in Zeiten knapper Ressourcen Schulungen effektiv so durchzuführen, dass ein maximaler Nutzen in minimaler Zeit zu erzielen ist. Trainings in konkreten Praxissituation können durchaus die Motivation steigern und haben für Praktiker einen konkreten Mehrwert, einen Nutzen, den sie sofort überprüfen und sehen können. Dezentrale, kundenorientierte Strukturen Hier kann sie liegen, die Antwort auf immer größere Zentralisierungsbewegungen großer Betreiber. Wie in anderen Branchen auch, so ist es in der Sozialwirtschaft ebenfalls. Immer weniger Anbieter verfügen über immer größere Anteile am Gesamtmarkt. Ob das richtig oder falsch ist, vermag der Autor nicht zu sagen. Fakt ist, diese Organisationsdimensionen brauchen neue Wege, neue Antworten auf Administration, Führung und Prozesse. Die traditionellen Führungs- und Unternehmensstrukturen greifen nicht mehr effektiv genug. Da ist die Dezentralisierung, die ihre Wurzeln u. a. im Lean Management hat, eine mögliche Antwort. Dezentralisierung kann bedeuten, dass es sinnvoll ist, Einheiten in kleinere, aber hoch funktionale Profitcenter zu unterteilen. In diesen kleinen Profitcentern arbeiten autonome Teams mit einem Maximum an Autonomie in ihren Entscheidungen, Lösungswegen und Partnerkulturen.

Abbildung 8.4  Autonomie im Rahmen von Empowerment; Verfasser©

Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege 179

These: Je näher Sie es schaffen, Ihre Strukturen an den Herausforderungen des

jeweiligen Marktumfeldes zu orientieren, umso reibungsloser werden Sie den Anforderungen des Marktes auch gerecht werden können. Stadtteil, Quartier ist dabei als die kleinste Einheit zu bezeichnen. Regionen sind dabei die übergeordneten Struktureinheiten für die Cluster der Administration. Sie sind groß genug für ein effizientes Profitcenter und klein genug, um ausreichend nah am regionalen Markt sein zu können. Bilden Sie Cluster, die sich mehr an regionalen Besonderheiten und Gegebenheiten orientieren als an Stadt-, Kreis- oder Landesgrenzen. Setzen Sie in diesen Regionalclustern Menschen ein, die diese Region, die Mentalitäten und Strukturen sehr gut kennen. Gehen Sie dabei nach den Fähigkeiten und weniger nach den akademischen Titeln. Titel Schritt 7: können täuschen. Fähigkeiten nicht. Clusterbildung Fragen Sie Ihre Teams vor Ort. Reden Sie mit den verantwortlichen Menschen vor Ort. Überfordern Sie die Cluster nicht. Sie müssen in ihrer Größe handhabbar bleiben. Coach, nicht Chef, eines solchen Clusters muss die Arbeit auch noch schaffen können. Er muss in der Lage sein können, einzuspringen und vor Ort auf Augenhöhe die Arbeit für eine kurze und begrenzte Zeit zu machen. Dabei geht es nicht nur um Anweisungen, sondern um echte Unterstützung im täglichen Verbesserungsprozess dicht entlang an den Kundenwünschen. Es geht um Coaching und um Mikroschulungen. Es geht um Learning by Doing.

Führen ist Service am Mitarbeiter Nicht der Chef ist derjenige, der vom Kunden wahrgenommen wird. Es sind Ihre Partner, die Tag für Tag die Dienstleistungen erbringen, die den Kunden zufriedenstellen oder auch nicht. Das ist keine Aussage, die die Notwendigkeit und Wertigkeit von Führungspositionen infrage stellt. Nein, diese Aussage stellt lediglich die Hierarchienotwendigkeit infrage, warum „Führungskräfte“ Führungskräfte sein sollen und müssen. In QM-Pflege-4.0 besteht die Möglichkeit, Führungskräfte zu Dienstleistern an den Primärprozessteilnehmern zu machen. Sie stehen nicht über den Partnern in der Pflege, sondern neben oder hinter ihnen und unterstützen diese mit aller Kraft bei der Erfüllung des Kundenauftrages. Sie halten den Rücken frei, sie klären Rahmenbedingungen, legen mit den Behörden Spielregeln fest, klären die Kostensituation, nehmen vertiefenden Kontakt zu den Kostenträgern auf usw. An dieser Stelle beginnt ein weiterer langer, aber notwendiger Weg. Flache Hierarchiestrukturen sind motivationssteigernd, weil sie mehr verantwortliche Tätigkeiten auf die verbleibenden Strukturen verwenden.

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Wie groß, oder besser noch: wie klein muss eine Struktur sein, damit „Führen auch wirklich Service“ ist ? Diese Frage kann und sollte man nicht pauschal beantworten. Sicher ist: Je größer ein Unternehmen ist, umso größer ist der Bedarf an einem schlagkräftigen Controlling, das nicht sklavisch an einer Zahlenermittlung hängt. Dieser „Zahlenfetisch“ ist oft wie der „Knöterich“, der sich solange immer höher, besser, weiter um den Stamm „Pflege“ wickelt, bis er sich selbst abschnürt. Zahlen werden ohne Hintergründe, Sinn und VerSchritt 8: Fühstand zusammengetragen und dabei bleiben die wirklich wichren Sie einen moderierten tigen Dinge bzw. Aufgaben oft liegen. Es rührt daraus, dass 5A-Workshop nicht selten Menschen in Verantwortung sind, die nie die prakdurch. tische Arbeit am Bett, in der Einrichtung erlebt haben. Das ist keine generelle Verurteilung von Führungskräften, die nie an einem Pflegebett gestanden haben. Es gibt sehr viele richtige gute und fähige. Diese werden dieses Buch dankbar annehmen. Die das Wichtige von dem weniger Wichtigen aus dem Blickwinkel des Kernprozesses nicht zu differenzieren wissen. Hier entstehen die Differenzen zwischen „Führung“ und Partnern. Mit der Abflachung der Strukturen werden auch diese Aufgaben ganz nach oben gestellt. Das Gemba liefert eine bewährte Regel, deren Einhaltung ein Anfang ist. In allen Büros ! In der Hierarchie von oben nach unten ! Service beginnt mit der Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Das bedeutet auch, dass die „Führungskräfte“, die den Service an den ihnen nachgeordneten Menschen erbringen sollen, auch wirklich die Bedingungen vorfinden, die eine Unterstützung, nicht Arbeitsübernahme, überhaupt möglich machen. Das setzt voraus, dass sich jeder Mitarbeiter auch wirklich an die Regeln der gemeinsamen Zusammenarbeit hält. Dazu gehören auch Ordnung, Sauberkeit und Disziplin. Durch die regelmäßigen Einsätze von 5A-Workshops2 ist sichergestellt, dass in allen Clustern/Teams und darin wiederum in allen Unternehmensteilen die gleichen Voraussetzungen herrschen, um sich auch notfalls gegenseitig effektiv zu unterstützen. An dieser Stelle ist ein gemeinsames Verständnis von Disziplin notwendig. Disziplin dazu, die gleichen GrundSchritt 9: und Arbeitsbedingungen auch wirklich zu pflegen und konOffene Informations- und sequent aufrechtzuerhalten. Feedback-ProSie kennen das sicherlich. Je höher Sie in der Hierarchie zesse ! kommen, desto spärlicher werden die Informationen, die Sie

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Durchführung 5A-Workshop unter Kapitel 5.4.

Die zehn Grundprinzipien des Lean Managements in der Pflege 181

erhalten oder auch austauschen. In QM-Pflege-4.0 ist es ganz genau und völlig andersherum. Durch die flacheren Strukturen und die jedem jederzeit zugänglichen, wesentlichen Informationen, entsteht eine Kultur der Informiertheit, ja der Zugehörigkeit, der Mitverantwortung. Jeder ist jederzeit über alle relevanten Parameter eines Prozesses und seines Beitrages daran informiert. Jeder kann somit einschätzen, wie er Abbildung 8.5  Informationsdas Gesamtergebnis an seiner Stellschraube po- kultur; Quelle Bild: www.pixabay. sitiv beeinflussen kann und wen er motivieren com© muss, damit das Gesamtergebnis verbessert werden kann. Diese Informationen allein sind noch nicht die Lösung. Sie sind die Grundlage für Autono­ mie, Verantwortung, Motivation und letztlich zufriedenere Kunden und zwar in der Fläche. Die Art und Weise, wie diese Informationen kommuniziert und diskutiert werden, ist dann der zweite Schritt. Informationen sind im Weiteren immer nur so gut, wie diese auch in einem vorher definierten Kontext zu einem Zielzustand stehen. Da sind wir wieder am Anfang unserer Ausführungen. Ziele sind wichtig. Ziele, die jedem bekannt sind, sind sehr wichtig und Ziele, die jedem bekannt sind und von denen jeder Mitarbeiter seine Rolle zur Zielerreichung kennt, sind essentiell wichtig. Also halten wir fest: Informationen sind dann wichtig, wenn sie zielorientiert und sinnvoll aufbereitet sind. Die Art der Informationen und die Weise, wie diese aufbereitet werden, sind für den Erfolg von wesentlicher Bedeutung. Die auf dieser Informationsbasis gegründeten Feedbacks, die immer positiv und wertschätzend sein müssen, werden vertraulich und motivierend durchgeführt. Diese Feedbackkultur einzuführen, bedarf der kontinuierlichen Entwicklung. Da jede Einrichtung, jede Abteilung, jedes Team seine eigenen Ziele hat, ist es nicht kompliziert, Informationstafeln so aufzuhängen, dass jeder Mitarbeiter die notwendigen Informationen schnell und transparent einsehen kann. Diese Informationstafeln müssen einheitlich sein und einen Benchmark zulassen. Hängen Sie also in jeder Abteilung/jedem Wohnbereich/jeder Station eine Informationstafel zur Teamleistung auf. Veröffentlichen Sie an dieser Tafel die Ergebnisse der Einrichtung, der Abteilung, des Teams. Ziele/Soll-Zustand und IstZustand werden regelmäßig (z. B. 1-mal wöchentlich) erfasst und transparent gemacht. Maßnahmen im Rahmen von PLPs3 werden geplant und an dieser Tafel 3

Problemlösungsprozess.

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

nachverfolgt. Tages-, Wochen-, Monats- und Quartalsaufgaben gehen aus dieser Tafel hervor. Einstellungs- und Kulturwandel im Unternehmen (Kaikaku) Dieser Punkt beginnt am ersten Tag Ihres neuen Unternehmensweges und endet, wie Sie sich bereits denken können, nie ! Es ist ein kontinuierlich fortschreitender Prozess, den ein Unternehmen Tag für Tag pflegt und weiter fortentwickelt, ja, kultiviert. Kulturwandel heißt, die Grundfesten eines Unternehmens fundamental neu zu denken und zu gestalten. Das heißt auch, dass Mitarbeiter nicht nur als Ressource gesehen werden, sondern als „Schwarmintelligenz“, die in einem agilen Unternehmen der Zukunft abteilungs- und bereichsübergreifende Aufgaben angehen, um das Projekt erfolgreich und zum Kundennutzen zu beenden. Ganz konkret heißt das, wirklich gezielt nicht nur das Wissen, sondern vor allem auch die Erfahrungen der Mitarbeiter abzurufen und einzusetzen. Wissen und Erfahrungen der Mitarbeiter Sehen Sie also ab heute Ihre Mitarbeiter als Wissens- und Erfahrungsspeicher, die erst so richtig gut werden können, wenn man ihr Wissen vernetzt und gezielt gemeinsam nutzt. Starten Sie das nächste Projekt, egal wie klein, damit, gezielt mit den richtigen Mitarbeitern diese Aufgabe zu bearbeiten. Dann sitzen in Sitzungen und Arbeitsgruppen nur die Menschen, die auch wirklich etwas zu dem Projekt beizutragen haben sowie die, die auch etwas beitragen wollen.

8.2 Top-down-/Bottom-up-Implementierungsstrategie In den letzten Jahren habe ich als Führungskraft und Unternehmensberater viele gute, aber leider noch mehr weniger gute Ansätze von Implementierungsstrategien erlebt. Sie sind sehr stark davon abhängig, wie die Unternehmensphilosophie ausgerichtet ist und welcher Umgang akzeptiert wird. Ja, Sie haben richtig gelesen: akzeptiert wird ! Führungskräfte können exakt so lange so sein, wie sie sind, wie die Organisation – und damit meine ich Führungskräftekollegen und Mitarbeiter – es zulassen, es akzeptieren und tolerieren. Diesbezüglich hat sich in den letzten zehn Jahren spürbar etwas verändert. Die junge Generation der Führungskräfte hat andere Ansprüche, sie erlebten Führung noch nach autokratischen Ansätzen und schworen sich meist, dass sie es so nicht machen würde. Und so setzen sie es auch um. Auf diese Weise veränderte sich nicht zuletzt auch die Informationskette von dem Einstromlinienprinzip des Top-down hin zu dem Zweistromlinienprinzip

Top-down-/Bottom-up-Implementierungsstrategie 183

(Gegenstromprinzip) des Top-down ↓↑ Bottom-up. Hier arbeiten wir zweidimensional. Einmal geht es darum, Informationen von oben nach unten zu eskalieren und auch zu erwarten, dass daraus resultierende Informationen von unten nach oben zurückgespiegelt werden. Zum anderen, dass die Betrachtungs- oder auch Flughöhe von Aufgaben/Projekten mit absteigender Funktionsebene präziser und kleinteiliger wird. Das heißt, je weiter wir uns der Umsetzungsebenen nähern und von der Planungsebene entfernen, umso handhabbarer/umsetzbarer werden die Informationen. Andersherum ist es ebenso: die praktischen Informationen aus der Umsetzungsebenen werden immer mehr mit Daten (Zahlen-Daten-Fakten) angereichert, umso näher sie der Entscheidungsebene kommen. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Informationen so aufzubereiten, dass sie von den Umsetzungsebenen auch verstanden und realisiert werden können, ist sehr komplex. Genau wie am Ende die bei diesem Prozess entstandenen Informationen wieder so angereichert werden müssen, dass auf deren Grundlage hin Entscheidungen auf operativer, taktischer und strategischer Ebene getroffen werden können. Die Grafik unten zeigt es sehr deutlich. Erst wenn der Austausch von Informationen in einem Gleichgewicht ist, ist auch die Zusammenarbeit auf allen Ebenen effektiv an der Zielrichtung orientiert.

Abbildung 8.6  Top-down/Bottom-up; Verfasser©

Was bedeutet das für Sie konkret ? Konkret kann man festhalten: Ein „die da oben“ gibt es in einer agilen Unternehmensstrategie nicht. Diese Aussagen basieren auf einem tiefsitzenden Gefühl, ein Gefühl der Unsicherheit und vor allem ein Gefühl des „außen vor sein“ der Mitarbeiter, wenn es um Entscheidungen geht. „Ist doch sowieso egal, was wir sagen, die, die da oben entscheiden, haben doch längst entschieden…“ Solche oder ähnliche Aussagen habe ich vielfach gehört. Sie auch ? An dieser Stelle der Top-downs merkt man, dass es zunächst sehr viel Arbeit seitens der Führungskräfte geben muss. Das über Jahre hinweg verlorengegan­

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

gene Vertrauen muss durch Handlungen und Taten zu einem Besseren gewendet werden. Hier geht es nicht darum, zu reden, sondern um die konkrete Umsetzung. Die Mitarbeiter müssen in Projekte frühzeitig eingebunden werden. Sie müssen sich einbringen können und sie müssen über den Stand und Verlauf der jeweiligen Projekte lückenlos informiert werden. Sie müssen sich und ihren Input wiederfinden. Es muss darüber gesprochen und kommuniziert werden. Dann und nur dann beginnt ein Veränderungsprozess im Denken und dann im Handeln. Vertrauen braucht seine Zeit; es zu verlieren, braucht nur Minuten. Ein falsches Wort, ein falscher Blick, der nicht zu dem Propagierten passt und Sie fangen wieder von vorn an. Hier sind wir an der Stelle, wo es um Gedankenhygiene und um einheitlich vereinbarte Kommunikationsregeln geht. Schritt 1 von Top-down/Bottom-up Die Führungskräfte Ihres Unternehmens müssen dieses Prinzip und die Philosophie dahinter kennen- und akzeptieren lernen ! Damit ist gemeint, dass eine Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit in dem Geben von Informationen von oben nach unten vorhanden sein muss. Es muss allen Beteiligten klar sein, dass vernetztes Denken und die Schwarmintelligenz nur dann richtig funktionieren, wenn alle Beteiligten sich und ihren Beitrag an dem eindeutig definierten Projekt kennen, respektieren und achten. Das ist Agilität in Unternehmen. Das ist die Zukunft. Nicht wenige Spezialisten (Geschäftsführer, Regionalleiter/Bereichsleiter, Heimleiter…) bringen das Know-how und die Mitarbeiter setzen um, sondern alle gemeinsam werden durch Generalisten (Geschäftsführer, Regionalleiter/Bereichsleiter, Heimleiter…) dazu motiviert, die anstehenden Projekte aus dem Unternehmen/Team heraus zu lösen. Selbst der Gesetzgeber (SGB XI) bezieht in seinen Prüfungen die verantwortlichen Pflegefachkräfte und ihre pflegefachliche Einschätzung maßgebend in die Prüfung mit ein. Es geht hier um die Kompetenz des Einzelnen, der jedoch nur seine Kraft optimal entfalten kann, wenn er auf das Wissen und die Erfahrungen aller im Team/Unternehmen zurückgreifen kann. These: Wir brauchen nicht noch mehr Spezialisten, sondern mehr Generalisten.

Generalisten sind Menschen, die das große Ganze überblicken. Für sie gilt regelmäßig der Grundsatz: stets das Ganze vor seinem Teil sehen ! Sie können ein Unternehmen in seinem Gesamtkontext im Markt einordnen. Wer zu sehr im operativen Geschäft festhängt, hat wenig oder gar keine Ressourcen für die Strategien (das große Ganze, die Zukunft des Unternehmens). An dieser Stelle können wir den Schwenk hin zum Diversity Management machen. Dies ist ein anderer Begriff für die Nutzung der Vielfalt an Menschen, Kulturen, Sichtweisen, Strategien und auch Funktionen innerhalb eines Unterneh-

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mens, die es gilt, mit Hilfe des Diversity Management-Ansatzes so zu fokussieren, dass am Ende das gemeinsame Unternehmensziel innerhalb des Unternehmens auch wirklich erreicht werden kann. Und hier liegt die Herausforderung, diese Vielfalt anzunehmen und als Chance für intensivere, reichere und effektivere Ressourcennutzung einzusetzen. Schritt 2 von Top-down/Bottom-up Fangen Sie einfach an. Das nächste Projekt wird anständig kommuniziert, mit den Mitarbeitern besprochen und diese werden einbezogen. Ja, das dauert länger, ist aber nachhaltiger. Es geht auch nicht darum, alles totzureden, sondern zu machen. Es geht auch nicht darum, ob etwas gemacht wird oder nicht, sondern darum, wie es umgesetzt wird. An dieser Stelle können Sie Ihren erfahrenen Mitarbeitern ruhig vertrauen.

8.3 Lean-Verbesserung mit PDCA in der Pflege Die Grundlagen des PDCA-Zyklus wurde in Kapitel 3.1 näher beleuchtet. Sie wissen jetzt, wie dieser in der Gesamtsystematik des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses sowie des Problemlösungsprozesses anzuwenden ist. Trotz alledem ist es an dieser Stelle wichtig, die Schwerpunkte des PDCA hier nochmals im Kontext der Pflege zu erläutern. In einem Pflegebetrieb geht es nicht nur um die Beseitigung von Problemen. Es geht vor allem in Ihrem Pflegebetrieb um die stetige und kontinuierliche Verbesserung Ihrer Dienstleistungsqualität. Und das ganz definitiv im Rahmen der fi­nanzierbaren Abbildung 8.7  PDCA-Zyklus; Möglichkeiten. Qualitätserzielung und -siche- Quelle Bild: www.pixabay.com© rung sind nicht mehr das Stiefkind der Pflege. Der allseits bekannt PDCA-Zyklus ist nicht ein, sondern das Instrument, um Schritt für Schritt Ihre Organisation voranzubringen. Es sind die kleinen Schritte, die kleinen Projekte, die am Ende zum Erfolg führen. PDCA hilft auch dabei, die Komplexität aus Ihrem Unternehmen zu bekommen. Komplexität ist der Feind der schlanken Organisation. Komplex ist meist auch kompliziert. So kann gesagt werden: je komplexer ein Vorgang wird, um so komplizierter, zeit- und ressourcenraubender kann ein Prozess werden. Und es wird immer weniger Mitarbeiter geben, die den Prozess dann noch beherrschen.

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

Zurück zum PDCA-Zyklus: Machen Sie es sich zur Gewohnheit, jeden Prozessschritt nach dem Prinzip des PDCA zu erarbeiten. Praxisbeispiel   Gehen wir von der Situation aus, dass Sie in einer vollstationären Einrichtung wiederholt die Beschwerde bekommen haben, dass das Frühstück zu spät verteilt wird. Sie werden sich mit Ihrem Team zusammensetzen und auf Ursachenforschung gehen. Warum ist das so ? Haben Sie die Ursache gefunden, dann geht es daran, diese Ursache zu beseitigen, um am Ende das Ziel zu erreichen: ein zufriedener Kunde. ■■ Plan: Sie planen, die Grundpflege am Morgen so zu verteilen, dass nicht alle Bewohner geduscht werden müssen, sondern auch der Spätdienst am Abend noch einen Teil der Bewohner duscht. ■■ Do: Sie probieren es aus. Sie testen, Sie erproben das Duschen am Abend mit einigen wenigen Heimbewohnern oder in einem Wohnbereich. Dadurch sollten Sie mehr Zeit zur Verfügung haben, um mit den Frühstücksvorbereitungen eher beginnen zu können. ■■ Check: Sie überprüfen nach zwei Wochen die Ergebnisse Ihrer Tätigkeit. War das gut und richtig ? Was sagt das Personal dazu, was sagt der Kunde dazu ? ■■ Act: Sie erstellen einen Prozessstandard und sorgen dafür, dass es überall im Haus so gemacht wird. Es hat sich bewährt und Sie schaffen ein weiteres Stück Qualität für den Kunden ! Toll !

Wichtig ist: Geht nicht, gibt es nicht ! Sagen Sie nie, das ginge nicht, damit müsse man leben. Nein, jeder Prozess ist noch lange nicht so gut, dass er nicht noch besser gemacht werden kann. Arbeiten Sie dazu mit Hilfsmitteln. Eines dieser Hilfsmittel ist der PLP bzw. vielmehr: der strukturierte PLP ! Was heißt denn jetzt schon wieder PLP ? Das ist der Problemlösungsprozess. Ein wirklich sinnvolles, einfaches und zielführendes Instrument. Es gibt Ihnen die Chance, Ihre Mitarbeiter direkt in eine Beschwerdebearbeitung einzubeziehen. Auch wenn Beschwerden immer Chefsache sein sollten, so ist die Problemlösung immer ein Teamprozess. So sollte es zumindest sein. Aber gehen wir Schritt für Schritt vor. Wie ist nun ein solcher PLP aufgebaut ? Einfach und simpel, kann ich nur dazu sagen. Der Problemlösungsprozess basiert konsequent auf dem PDCA-Zyklus, der sich der Einfachheit halber mehrfach auf dem Blatt wiederfindet. Einmal oben, um den Stand der Gesamtbearbeitung anzuzeigen und ein anderes Mal, um am Ende den Stand der Einzelmaßnahmen-

Lean-Verbesserung mit PDCA in der Pflege 187

bearbeitung anzuzeigen. Wir sind somit mitten im Lean Management des 21. Jahrhunderts. Stellen Sie sich vor, wie effektiv Sie in Zukunft Beschwerden mit Ihren Mitarbeitern bearbeiten und erledigen können, wenn Sie konsequent mit diesem Formular arbeiten. Schritt 1: Zunächst beginnt alles mit der exakten Nennung des Problems. Ist das Problem ein Material bzw. Produktfehler, geht es um die Qualität des Materials oder ist der Prozess, um den es geht, fehlerhaft ? Wer hat es aufgenommen ? Wo ist es passiert ? Schritt 2: Jetzt wird der Prozess, um den es geht, direkt beschrieben. 1) Fehlerfolge/Auswirkung wird betrachtet. Dabei geht es um die Hintergrundbeschreibung. Warum sollte es wichtig sein, dass aufgetretene Problem zu lösen ? ZDF4 sowie ein Rück- und Ausblick. Je einfacher und treffender Sie es mit Ihrem Team formulieren, umso leichter werden dann die nächsten Schritte. 2) Problembeschreibung folgt an dieser Stelle. Was ist das Problem ? Welche Eigenschaft geht verloren ? Die Prozesskette bzw. der Entstehungsort des Problems müssen beschrieben werden. 3) Ursachenanalyse. Hier gibt es eigentlich nur zwei wirksame Instrumente. Das Ursache-Wirkungsdiagramm und die 5-Why-Methode (kommen wir weiter unten noch genauer dazu). Wobei gesagt werden muss, dass die 5W-Methode die einfachste und somit praxistauglichste für den Bereich der Sozialwirtschaft ist. 4) Maßnahmenplanung zur Problemlösung. Hier werden die von den Mitarbeitern erarbeiteten Einzelmaßnahmen aufgeschrieben und mit einer umsetzungsverantwortlichen Person und einem Erledigungsdatum versehen. Das Prinzip von „Wer macht was bis wann“. Oder anders: SMART ! Nach der Terminierung kommt erneut ein PDCA-Kreis, der den Stand der Bearbeitung der Einzelmaßnahmen angibt. Hier machen Sie bzw. der Einzelmaßnahmenverantwortliche einen Haken, an welcher Stelle des Prozesses er steht: Plan, Do, Check oder Act ! Sie erinnern sich ? Wir sind ausführlich darauf eingegangen. 5) Sind Sie soweit gekommen, folgt die Überprüfung der Wirksamkeit. Diese sollte dreimal durchgeführt werden. Der Zeitraum obliegt Ihnen. Wenn die Einzelmaßnahmen erledigt sind, werden sie nach ca. 2 – ​3 Wochen das erste Mal auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Nach zwei Monaten erfolgt ein zwei4 Zahlen-Daten-Fakten.

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ter Test und nach ca. 6 – ​8 Monaten der dritte. Dann können Sie fast sicher sein, dass der Fehler wirklich nachhaltig behoben worden ist. 6) Im letzten Schritt, der auch zum Teil parallel zu Schritt 5 laufen kann, folgt die Standardisierung. Standards sind entscheidend wichtig, damit verhindert wird, dass diese Probleme erneut auftreten, indem die gleichen Fehler wieder gemacht werden. Ist klar, dass es erledigt oder geplant ist und wer dies tut, kommt die Einschätzung, ob diese Lösung auf andere Wohnbereiche, Stationen oder Teams übertragbar ist. Wenn ja, muss auch hier zwingend festgelegt werden, wer dies bis wann macht und nachhält, ob es am Ende erledigt ist. Erst an dieser Stelle ist dieser PLP vollständig abgeschlossen. Je nach Komplexität der Thematik kann so etwas schneller oder langsamer vonstattengehen. Am Ende ist das nicht der springende Punkt. Es ist wichtiger, dass es überhaupt angegangen wird und am Ende das Ziel, der zufriedene Kunde, steht ! Probieren Sie es aus. Sie werden sehen, es geht recht einfach. Die 5-Why-Methode ist schlicht und ergreifend ein Instrument, das jeder ohne Mühe anwenden kann. Gut, zugegeben, ein bisschen Übung bedarf es, aber dann läuft es. Wie gehen Sie vor: Das Fragen nach dem Warum hat den Grund, dass sich Ihnen durch diese Fragetechnik die Chance eröffnet, den Ursachen von Problemen ziemlich zuverlässig auf die Schliche zu kommen. Fallbeispiel   Stellen Sie sich einmal vor, Sie arbeiten auf Wohnbereich/Station 5. In der Anlieferung des Essens ist dieser Bereich meist der letzte. Seit vier Wochen beschweren sich Ihre Bewohner/Patienten über kaltes Essen. Nachdem viel geredet, aber nichts getan worden ist, wird von Ihnen ein PLP angestoßen. Dieser soll Ihnen jetzt helfen, die Beschwerde schlussendlich vom Tisch zu bekommen. Sie rufen das Team zusammen, setzen den Küchenchef und die Haustechnik an den Tisch und fragen: In Szenario 1: 1) Warum kommt das Essen kalt an ? Weil das Essen immer nur mit Fahrstuhl 1 gefahren werden kann und somit als letztes auf den Wohnbereich/der Station 5 ankommt. 2) Warum wird immer nur Fahrstuhl 1 benutzt ? Weil der andere Fahrstuhl um diese Zeit von den Bewohnern und Patienten für die Fahrt in den Speisesaal genutzt wird.

Lean-Verbesserung mit PDCA in der Pflege 189

3) Warum nutzen die Essensfahrten und die Bewohner/Patienten die gleiche Zeit für die Fahrt ? Weil es Mittagszeit ist. 4) Warum kann das Essen nicht vor der Mittagszeit transportiert werden ? Weil es keine ausreichenden Steckdosen mit der notwendigen Absicherung im Fahrstuhlbereich des Eingangsbereiches gibt. Lösungsansatz: Haustechnik bringt Steckdosen im EG Bereich an und somit können die Wagen länger gut beheizt werden. In Szenario 2: 1) Warum kommt das Essen immer kalt auf dem Wohnbereich/der Station 5 an ? Weil die Wartezeit von der Portionierung und Einbringung in den Essenswagen bis zur Verteilung zu lang ist. 2) Warum ist diese Zeit zu lang ? Weil zu wenig Hauswirtschaftskräfte in der Mittagszeit eingesetzt werden. 3) Warum werden diese nicht eingesetzt ? Weil die Wohnbereichsleitung/Sta­ tionsleitung nicht zuständig ist für die Diensteinteilung der Hauswirtschaftskräfte. Es findet keine Kommunikation zwischen den beiden Leitungen statt. Lösungsansatz: Die Hauswirtschaftsleitung und die zuständige Wohn- oder Stationsleitung setzten sich zusammen und stimmen die Dienst- und Einsatzpläne ab. In Szenario 3: 1) Warum kommt das Essen zu kalt auf dem Wohnbereich/der Station 5 an ? Weil der Wärmewagen nicht konsequent an Stromquellen angeschlossen wird. 2) Warum wird er nicht konsequent an Stromquellen angeschlossen ? Weil es sowieso nichts bringt. Das Wasser bleibt auch mit Stromquelle nicht warm. 3) Warum bleibt das Wasser nicht warm ? Weil der Wärmewagen die Temperatur nicht leisten kann. 4) Warum kann er die Temperatur nicht leisten ? Weil eventuell eine der beiden oder beide Heizschleifen defekt sind. Lösungsansatz: Haustechnik überprüft die Heizschleifen und veranlasst ggf. sofort die Reparatur selbiger.

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An diesem Beispiel sehen, Sie, dass jeder die Fragen nach dem Warum stellen kann. Die Fragen müssen dann in der zweiten und dritten Ebene zielführend und konsequent eingesetzt werden. Im Rahmen des PLP befinden wir uns im Prozess der Ursachenfindung. Die Maßnahmen in der Folge werden dann festgelegt. Üben Sie es. Versuchen Sie es einmal. Meist engagieren sich die Mitarbeiter ziemlich intensiv, wenn sie merken, dass es nicht um abgehobene Qualitätsprozesse geht, sondern darum, dass ganz konkret etwas dadurch verbessert wird.

8.4 Verschwendungsminimierung in der Pflege Ach, herrje ! Was für ein weites Feld. Ich werde mich bemühen, es so knapp wie möglich zu halten und so ausführlich wie nötig zu beschreiben. Okay ? Ein wesentliches und entscheidendes Beispiel für Verschwendung sind die in Kapitel 8.8 beschriebenen Opportunitätskosten. Sie sind es doch, die einen nicht unwesentlichen Anteil an dem Unternehmenserfolg oder auch -misserfolg haben. Dabei ist es unerheblich, in welchem Bereich Ihres Unternehmens Sie beginnen, sich die Opportunitätskosten bewusst zu machen. Im Bereich HRM5 ist es am deutlichsten und drastischsten ! Ja, am drastischsten, wenn Sie davon ausgehen, dass eine hohe Personalfluktuation nicht nur Kosten im Sinne des Ersatzes nach sich zieht, sondern auch im Bereich der Qualität, Leistung etc. Der Autor spricht hierbei dann von Sekundärkosten in einem Unternehmen. Zunächst überlegen wir, wie wir Verschwendung und deren Minimierung einordnen. Zwei Hauptabschnitte lassen sich dabei identifizieren: 1) Erkenntnis über Ort und Ausmaß der Verschwendung sowie 2) Beseitigung der Verschwendung.

Abbildung 8.8  Verschwendungsminimierung Hauptabschnitte; Verfasser©

5

Human Ressource Management.

Verschwendungsminimierung in der Pflege 191

Zumeist lässt sich sehr gut beobachten, dass der erste Schritt der schwierigste ist. Die Erkenntnis, welche Prozesse in Ihrem Unternehmen eigentlich am Ende zu einem Ergebnis führen. Genau diese Identifikation dieser Prozesse und die darauffolgende kritische Betrachtung sind die Eckpunkte der Erfolgsgeschichte Ihres Unternehmens. Im Lean Management gibt es den Grundsatz, dass alle Handlungen, für die der Kunde nicht unmittelbar bereit ist, Geld zu bezahlen, Verschwendung sind. Sie haben richtig gehört, alles, wofür Sie kein Geld bekommen, ist Verschwendung ! Ich erläutere es Ihnen einmal kurz: Sie haben 8 Stunden Arbeit am Tag zu verrichten. Ideal wäre es, wenn Sie mit diesen 8 Stunden am Tag auch für 8 Stunden am Tag Geld bekommen würden. So ist es jedoch nicht. Bei Weitem nicht ! In der Realität ist es so, dass Sie für einen nicht unerheblichen Teil Ihrer täglichen Arbeit kein Geld bekommen. Besser ausgedrückt: Der Kunde nicht bereit ist, dafür Geld zu bezahlen. Wie sieht das in der Praxis aus ? Arbeit, für die der Kunde bezahlt: ■■ Grundpflegeleistung ■■ Behandlungspflege ■■ Betreuung ■■ Hauswirtschaftliche Verrichtungen ■■ Sonderleistungen, die vertraglich als Privatleistungen vereinbart sind ■■ … Arbeit, für die der Kunde nicht bezahlt: ■■ Wegezeiten (zum großen Teil) ■■ Dokumentation ■■ Pause ■■ Gespräch ■■ Vor- und Nachbereitung der Dienstleistungen ■■ Warten ■■ Arztbesuche ■■ Verordnungen holen und weiterleiten ■■ Fahrtenauto tanken und in Ordnung halten ■■ … Genau hier setzt Pflege 4.0 an. Sie müssen einmal erfassen, wo genau die Leistungen in welchem Umfang erbracht werden und durch wen. Ist dies gemacht, kann darüber nachgedacht werden, ob die richtigen Mitarbeiter zur richtigen Zeit am richtigen Platz sind.

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

Wie ? ■■ ■■ ■■ ■■

Wer genau erbringt die Dienstleistung ? Zu welchem Zeitpunkt wird die Dienstleistung erbracht und ist dies richtig ? Kann diese Leistung auch eine andere Kraft erbringen ? Besteht das Potenzial für eine Kombinationsleistung, um Weg- und Präsenzzeit zu optimieren ? ■■ Wie sieht eine solche optimierte Lösung aus ? (Opportunitätskosten…) ■■ … Die Grundfrage lautet: Können wir das, was wir hier tun, nicht noch besser machen ? Die Antwort lautet: Ja, Sie können es besser machen ! Immer ! Gehen Sie den Ursachen für Leistungsminderung, für mangelnde Zielerreichung auf den Grund. Finden Sie mit Ihrem Team heraus, wo der Bottleneck liegt. Wo die Schwachstellen sind, die es gilt, mit den Talenten und Stärken Ihrer Mitarbeiter zu kompensieren. Werden Sie sensibel für die Ein- und Ausgaben Ihres Unternehmens. Privat wie im Unternehmen kann nur ausgegeben werden, was auch vorher eingenommen wurde.

8.5 Just-in-Time Der Just-in-Time-Ansatz (JIT) in der Pflege ist nicht so dienstleistungsrelevant wie in anderen Bereichen der Wirtschaft. Zu vernachlässigen ist er jedoch nicht. Auch in den Bereichen der Pflegedienstleistungen werden Produkte für die Dienstleistungserbringung benötigt, angefordert, geliefert und ggf. gelagert. Es ist sinnvoll, sich über genau diesen Schritt Gedanken zu machen ! Im Gabler Wirtschaftslexikon ist dazu zu lesen: „Organisationsprinzip, das die bedarfsgesteuerte Implementierung unternehmensinterner und -übergreifender Güteraustauschprozesse zum Ziel hat. Die Just-in-time-Produktion und -Zulieferung zielt über durchgängige Material- und Informationsflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf eine hohe Markt- und Kundenorientierung unter gleichzeitiger Bestandsreduzierung in der Wertschöpfungskette.“ (Ga­ bler Wirtschaftslexikon, 2018)

Es geht also um Material- und Informationsflüsse. Auf die Pflege übertragen bedeutet dies, dass Waren und Produkte so zur Verfügung gestellt werden müssen, dass sie dann am Bewohner/Patienten sind, wenn sie gebraucht werden. Nicht früher, nicht später – und vor allem in ausreichender Menge.

Kanban in der Pflege 193

Fakt ist: Lagerraum kostet Geld. Lager kostet Zeit. Zeit für Kontrollen, sortieren, aufräumen und bestücken. Aus diesem Grund ergibt es durchaus Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, diese Aufgaben ein Stück weit auf den Lieferanten zu übertragen. Je weniger vor Ort gelagert wird, desto weniger fallen diese Tätigkeiten an. Das mag für Sie grundsätzlich einmal komisch klingen, bei näherer Betrachtung hingegen wird es logisch. Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden jede Form von Lieferung wöchentlich bekommen. Die Lieferung wird digital ausgelöst und wird digital erfasst, wenn sie das Lager „betritt“. Moderne Systeme können dies. Gleiches gilt für die Schaffung von Lebensmittellagern in sozialen Dienstleistungsangeboten der ambulanten Wohngemeinschaften und Tagespflegen (auch vollstationär gibt es Szenarien). Fallbeispiel   Bei der Neukonzeption einer ambulanten Wohngemeinschaft für Senioren wird oft und gern in der unmittelbaren Nähe der Küche ein Lagerraum für Lebensmittel des täglichen Bedarfes geplant. Diese Lagerräume sind nicht selten zu groß und somit unwirtschaftlich. Idee: Mit dem JIT-Prinzip lassen sich mit einigen Einschränkungen Lagerräume größtenteils vermeiden. Zumindest jedoch erheblich reduzieren. Eine tägliche Lebensmittellieferung ermöglicht die Einsparung von Lagerraum und somit die Senkung der Mietkosten für die Mieter einer solchen Wohnform.

Ähnlich kann in Tagespflegen gedacht werden. Achtung: Eine vorherige Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde ist dringend zu empfehlen !

8.6 Kanban in der Pflege „Jetzt ist er wohl völlig übergeschnappt,“ werden Sie vielleicht denken !  Kanban ist eines der wenigen Systeme, welches unter der Berücksichtigung der knappen Ressourcen in der Pflege durchaus sinnvoll und umsetzbar ist. Bemühen wir zunächst wieder das bewährte Gabler Wirtschaftslexikon, um uns diesem Begriff und dem dahinterstehenden System zu nähern. „1. Begriff: In Japan entwickeltes System zur flexiblen, dezentralen Produktionsprozesssteuerung; ‚Kanban‘ bedeutet wörtlich ‚Karte‘ und bezeichnet die Identifizierungs­karte,

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die sich bei jedem Endprodukt, jeder Baugruppe und jedem Einzelteil, das im Betrieb verwendet wird, befindet. 2. Vorgehensweise: Der Kanban hat zwei Funktionen: (1) Wird das entsprechende Teil in einer Produktionsstufe verbraucht, dient der Kanban als Bestellkarte, mit der die vorgelagerte Produktionsstufe zur erneuten Herstellung dieses Teils veranlasst wird. (2) Für das neu produzierte Teil dient der Kanban wieder als Identifikationskarte. Durch das Kanban-System werden jeweils zwei benachbarte Produktionsstufen zu einem Regelkreis verbunden. Das Kanban-System beruht auf dem Hol-Prinzip (Holsystem). Nur wenn eine Produktionsstufe ‚Nachfrage‘ entfaltet, wird auf der vorgelagerten Stufe produziert.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Flexible, dezentrale Produktionsprozesssteuerung steht da geschrieben. Übersetzt auf die konkrete Situation in der Pflege heißt dies: ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Schluss mit fehlendem Kopierpapier Schluss mit fehlenden Tonern Schluss mit fehlenden Medikamenten Schluss mit fehlenden Lebensmitteln Schluss mit fehlenden Pflegehilfsmitteln …

Diese Liste können Sie beliebig mit Ihren täglichen Erfahrungen anreichern. Hinter diesem System steht der kluge Gedanke, dass Produkte, die zur Dienstleistungserbringung unabdingbar wichtig sind, so in ihrer Beschaffung organisiert werden, dass sie nicht ausgehen und immer dann in der Menge verfügbar sind, wie sie auch wirklich benötigt werden. Sinnvoll ist dieses System im Bereich der Administration (Büro). Dort können diese „Kanban-Karten“ im Bereich der Bürologistik ihre Anwendung finden. Immer sinnvoll: das Kopierpapier. Praxisbeispiel   Bei einer Neulieferung von Handschuhen, die in das Lager eingeräumt werden, wird an die Stelle eine Karte eingelegt, die noch so viel Handschuhpackungen hinter sich hat, dass sie ohne Engpässe bis zur definierten Lieferung der Handschuhe auskommen. Auf dieser Karte stehen alle relevanten Informationen, die eine Verwaltungskraft benötigt, um dieses Produkt bestellen zu können. Diese Disponententätigkeiten werden zumeist von Pflegedienstleitungen durchgeführt. War­

Management by Objectives (MbO) – Führen zu Zielvereinbarungen 195

um ? Weil dieser Vorgang nicht so standardisiert wird, dass er im Zweifelsfall von „jedem“ ausgeführt werden kann ! Der Sinn des neuen Standards „Hilfsmittelbestellung“ ist, dass eine „teure“ Pflegedienstleitung keine Zeit mit Bestellungen verschwenden muss. Entscheidend ist der Weg, den diese KanbanKarte dann geht. Machen Sie es Ihren Mitarbeitern so leicht wie möglich dabei oder anders ausgedrückt: Sorgen Sie dafür, dass Ihr System so störungsresistent wie möglich ist. Lösung wäre, in dem Hauptlager, dort wo Sie die meisten Kanban-Karten verwenden, direkt einen Kasten anzubringen, in den diese Karten eingeworfen werden können. Die mit der Bestellung betrauten Mitarbeiter/Partnern lehren diesen Kasten täglich und führen die notwendigen Bestellungen durch. Das sinnvolle Zusammenfassen von Bestellungen ist dabei ebenso zu beachten wie die Zeitnahe JIT-Systematik. Diese Verfahren sind von den Rahmenverträgen mit den Lieferanten abhängig. Ist JIT nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden, dann sollten Sie über dieses Verfahren nachdenken. Hinweis   Das gilt für fast alle Produkte. Einmal definiert, standardisiert und mit dem richtigen Szenario versehen, kann die Bestellung von nahezu jedem ausgeführt werden.

8.7 Management by Objectives (MbO) – Führen zu Zielvereinbarungen Trotz einer Vielzahl von Führungs- und Managementinstrumenten hat sich der Verfasser entschieden, über Ziele und Zielvereinbarungen nachzudenken. Sind sie es doch, die einem Team die Ausrichtung geben, die es braucht, um am Ende erfolgreich zu sein. MbO bedeutet „Führung durch Zielvereinbarung; mehrdimensionales Führungskonzept, das auf Peter Drucker (1954) zurückgeht, der die Bedeutsamkeit von Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern betont. Management by Objectives (MbO) ist damit [als] eine Erscheinungsform der Transaktionalen Führung zu charakterisieren. Durch die Par­tizipation der Mitarbeiter am Zielfindungsprozess soll eine Verbesserung der Informationsbeschaffung erreicht werden. MbO beinhaltet die weit gehende Delegation von Entscheidungsbefugnissen an die Mitarbeiter, regelmäßige Rückkopplung zum Grad der

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Zielerreichung sowie die Kopplung von Belohnungen an den Grad der Zielerreichung.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Ich möchte mit Ihnen an dieser Stelle diesen Ansatz ein Stück weiterdenken und entwickeln. Es geht hierbei nicht um Zielvereinbarungen mit einzelnen Mitarbeitern/Partnern, sondern mit Teams. Der große Nachteil von Zielvereinbarungen ist, dass diese meist einseitig die Leistungsvorgaben definieren und den Partner mit seinen Vorgaben unnötig unter Druck setzen. Frei nach dem Spruch „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“, kommt es mir auf den Teamansatz an. Hier sind wir dann wieder bei den Informationsflüssen in Unternehmen. Aber von vorn.

Abbildung 8.9  Zielerreichung im Team; Verfasser©

Ziele sind wichtig. Zielvereinbarungen sind wichtig. Zielerreichungen sind wichtig. Jedoch noch wichtiger sind die Schritte, die ein Unternehmen unternimmt, um diese Ziele kooperativ zu erreichen. Um Ziele gemeinsam erreichen zu können, bedarf es vorläufig drei Schritte:

Management by Objectives (MbO) – Führen zu Zielvereinbarungen 197

Abbildung 8.10  Schritt zum Empowerment; Verfasser©; Quelle Foto: www.pixabay.com©

Nur Mitarbeiter/Partner, die über alle notwendigen Informationen verfügen und diese in ein sinnvolles Verhältnis zu ihrer Realität und somit Zielvereinbarung setzen können, sind am Ende in der Lage, partnerschaftlich im Team die richtigen Entscheidungen und im weiteren Verlauf die richtigen Handlungen durchzuführen. Transparenz ja, aber wie ? Hier setzt das Top-down-Prinzip an. Gemeinsam mit den Partnern wird festgelegt, welche Informationen für zuvor definierte Ziele notwendig sind. Des Weiteren geht es darum, dass Partner auch Informationen über Ergebnis ihrer Arbeit bekommen. Auch die Ergebnisse, an denen sie „nur“ mitgewirkt ha- Abbildung 8.11  Darstellung für ben. Mitgewirkt als Einzelperson oder als Team. Dashboard; Quelle Foto: www. Dafür ist das Einführen sogenannter Dash- pixabay.com© boards gut und richtig. Das Bild zeigt das wohl bekannteste Beispiel eines solchen Dashboards. Sie würden mit Ihrem Auto, zumindest die meisten von Ihnen, keinen Meter fahren, wenn Sie sich nicht vorab anhand dieses Dashboards von der vollen Funktionsfähigkeit Ihres Autos in Kenntnis gesetzt hätten. Die Informationen, die Sie da ablesen, sagen Ihnen, ob und wenn ja, wie Sie fahren können oder dürfen. Ist der Tank leer, dann bestimmt diese Anzeige auf dem Dashboard Ihr unmittelbares Handeln. Sind Sie zu schnell oder zu langsam, dann passen Sie Ihr Verhalten den Regeln, Normen und Zielen an. Mittlerweile

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QM-Pflege-4.0 Durchbruchstrategie

unbewusst. Machen Sie sich im nächsten Gedankengang diese Systematik bewusst und übertragen Sie diese auf Ihr Unternehmen. Dashboards, das sind Tafeln, die auf jeder Station/Wohnbereich/Abteilung etc. stehen. Sie enthalten die aktuellen Informationen, die für die Mitarbeiter wichtig sind. Belegung, Anwesenheiten, Ausfälle, Zielerreichungsgrade (z. B. Pflegegrademix (vollstationär), Auslastung pro Kopf (ambulant), Fahrtzeitenanteil usw.). Informationen, die Sie und Ihre Partner benötigen, um Ihre tägliche Arbeit tätigen zu können. Ausrichten an den Tages-, Wochen-, Monats- und Jahreszielen. Hier und jetzt kommt das Gegenstromprinzip zu tragen. Dort, wo Informationen Top-down fließen, müssen diese auch Bottom-up zurückgespiegelt werden. Informationen über Relevanz, Praxistauglichkeit, Sinnhaftigkeit, Mangel müssen evaluiert und weitergeleitet werden. Diese sollten stets zu einer kritischen Betrachtungsweise führen und das Informationsflusssystem ggf. anpassen. Wichtig dabei ist, dass keine Informationen fließen, die nicht zielführend sind, dass im Gegenzug die Informationen fließen müssen, die zielführend sind !

8.8 Digitalisierung und seine praktischen Potenziale Zunächst ist es wichtig, dass wir uns den Begriff der Digitalisierung einmal etwas genauer ansehen und versuchen, den Zusammenhang zur Pflege herzustellen. „Der Begriff der Digitalisierung hat mehrere Bedeutungen. Er kann die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen ebenso meinen wie die digitale Revolution, die auch als dritte Revolution bekannt ist, bzw. die digitale Wende. Im letzteren Kontext werden nicht zuletzt ‚Informationszeitalter‘ und ‚Computerisierung‘ genannt.“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018)

Hinweis   Vorweg ist es dem Verfasser wichtig, klar herauszustellen, dass die Digitalisierung ein Instrument zur weiteren Verbesserung der Ergebnisqualität zum Wohle des Kunden ist. Die Digitalisierung ist keine Lösung, kein Allheilmittel und auch keine vorweggeschobene Begründung für mangelnde Prozesssicherheit.

Digitalisierung und seine praktischen Potenziale 199

Beispiel   Wir konnten den Pflegeverlauf nicht adäquat dokumentieren, weil die Software nicht richtig funktioniert. Oder besser: Wir haben den Wundverband gemacht, aber das MDA hat es nicht richtig erfasst.

Grundsätzlich sollten, bevor über Digitalisierung nachgedacht wird, die Prozesse inkl. der Ergebnisqualität identifiziert und sicher sein. Sie sollten einwandfrei funktionieren. Analog, händisch – wie auch immer. Erst, wenn dies funktioniert, kann die technische Unterstützung sehr sinnvoll ergänzen und weiter dabei unterstützen, die Prozesse zu optimieren. Läuft es gut, kann es mit digitaler Unterstützung besser laufen. An welchen Stellen ergibt dies Sinn ? Die Leistungserfassung ist der zentrale Schwerpunkt der digitalen Unterstützung. Ambulant wie stationär werden Leistungen und die dafür notwendigen Nachweise zunehmend digital möglich. So kann ein ambulanter Pflegedienst zunehmend auch die Unterschriften auf den Leistungsnachweisen digital einholen und diese dann an die Pflege- und Krankenkassen weiterleiten. Auch ist es wirklich sinnvoll, wenn es soweit ist, dass Hausärzte ihre Me­ dikamentenverordnungen direkt in die Pflegedokumentation, eintragen, die wiederum diese neuen Anordnungen an die Apotheke weiterleitet, die als Dienstleister diese verordneten Medikamente verblistert. Die Lieferung der notwendigen Medikamente erfolgt dann umgehend jedoch nicht später als nach 24 Stunden. Der Punkt ist, dass diese Informationsübermittlungsketten möglichst reibungslos laufen müssen, so dass Fehler praktisch ausgeschlossen sind, lange Laufwege vermieden werden und der Kunde schnell und für den Dienstleister effizient seine Medikamente bekommt. Software ist in der Lage (mit der richtigen Hardware), die Anforderungen, Eingaben und Befehle der Mitarbeiter/Partner per Spracheingabe zu erkennen und zuverlässig umzuwandeln. Informationen fließen dann zuverlässig durch Übermittlung an die nachfolgenden Mitarbeiter/Partner. Wir reden hier über die Übergabesystematik. Es stellt sich die Herausforderung: Wie stellen wir sicher, dass wirklich alle relevanten Informationen nachweislich an die Folgeschicht übermittelt worden sind ? Mit den Führungskräftecockpits lässt sich dann der Bereich, ja das Unternehmen effektiv steuern. Alle relevanten Informationen fließen an der richtigen Stelle zusammen.

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Literaturverzeichnis Buckingham, Marcus, & Cliften, Donald O. (2002). Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt !: Das Gallup-Prinzip für individuelle Entwicklung und erfolgreiche Führung. Frankfurt am Main: Campus Verlag. Gabler Wirtschaftslexikon. (19. 02. ​2018). https://wirtschaftslexikon.gabler.de. Von https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/just-time-jit-38670/version262091 abgerufen Gabler Wirtschaftslexikon. (19. 02. ​2018). https://wirtschaftslexikon.gabler.de. Von https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/kanban-system-37372/version260808 abgerufen Gabler Wirtschaftslexikon. (14. 02. ​2018). https://wirtschaftslexikon.gabler.de. Von https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/management-objectives-40709/ version-264087 abgerufen Gabler Wirtschaftslexikon. (19. 02. ​2018). https://wirtschaftslexikon.gabler.de. Von https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/digitalisierung-54195/version277247 abgerufen Graf-Götz, F., & Glatz, H. (2001). Organisation gestalten. Weinheim Basel: Beltz-Verlag.

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt – Eine kleine Projektbeschreibung

„Die meisten Organisationen sind ein Puzzle, das in einem abgedunkelten Raum zusammengefügt wurde. Jedes Teil wird unbeholfen an seine Stelle gedrückt, und dann werden die Kanten gerieben, sodass sie sich einpassen. Aber ziehen Sie die Vorhänge auf, lassen Sie ein wenig Licht in den Raum, dann sehen Sie die Realität. Acht von zehn Teilen sitzen an der falschen Stelle.“ (Buckingham, Marcus & Cliften, Donald O, 2002)

In diesem letzten Abschnitt werden wir gemeinsam die einzelnen Schritte durchspielen, um zu sehen, inwieweit Sie in Ihrem Unternehmen diese vorangegangenen Maßnahmen und Gedanken umsetzen können. Wir werden versuchen, mit Ihnen gemeinsam aus acht falsch sitzenden Teilen weniger, viel weniger zu machen. Das ist der Ansatz, der Versuch, den wir in diesem Buch gehen möchten. Denn wie Henry Ford es auf den Punkt brachte: „Ein Geschäft, das nur Geld einbringt, ist ein schlechtes Geschäft.“ Nur um Geld geht es bei Weitem nicht. Das Geld ist in einem gut laufenden Unternehmen nicht die Herausforderung. Die Herausforderung ist der Spagat zwischen Zielorientierung (Effektivität) und dem Schaffen von Entwicklungsmöglichkeiten für die Partner. Es geht um die „Dreifaltigkeit“:

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_9

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

Abbildung 9.1  Dreifaltigkeit zufriedener Partner; Verfasser©

Sicherlich erinnern Sie sich an die Bedürfnispyramide, über die wir weiter vorn in diesem Buch berichteten. Das ist der zweite Aspekt, den es gilt, zu berücksichtigen. Nicht nur, dass Partner beteiligt werden müssen, wertgeschätzt werden sollten, nein, sie müssen auch nach ihrem individuellen Stand auf der Stufenskala erkannt und abgeholt werden. Dazu gehört die stärkenorientierte Analyse und der Umgang, damit keine Fehleinschätzungen vorstatten gehen, die wieder zu einer Demotivation und somit Minderleistung der Partner führen. Sehr schnell werden in einem solchen Fall aus Partnern wieder Mitarbeiter ! Sie erinnern sich auch an diesen Teil des Buches, als wir aus Ihren „Mit“-arbeitern, Partner machten. Die Menschen in Ihrem Unternehmen sollen nicht nur mitmachen, sondern sich aktiv beteiligen, einbringen und begeistern. Nur mitmachen bedeutet: danebenstehen, zusehen, nicht als aktiver Mitspieler, sondern eher ein passiv Ausführender zu sein. Das wollen Sie hoffentlich an dieser Stelle des Buches nicht mehr  ! ? Oder doch ! Die Zauberworte sind Beteiligung, aktives Engagement, der Prozess selbst sein, nicht nur Zuschauer.

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Abbildung 9.2  Weg vom Beobachter zum Selbermacher; Verfasser©; Quelle Fotos: www. pixabay.com©

Beginnend mit der praktischen Umsetzung betrachten wir uns mit der IST-Analyse. Sie ist ein Schritt, um „Herr des Geschehens“ zu werden. Hinweis   Es muss für die Partner einen direkten Zusammenhang zwischen ihrem persönlichen Engagement und dem Erfolg geben. Dabei definiert jeder Partner seinen Erfolg anders. Sie haben darüber gelesen, wie wichtig es ist, die Partner dort abzuholen, wo sie stehen (Maslowsche Bedürfnispyramide). Somit definiert sich Erfolg für jeden anders. Wichtig ist, dass er sichtbar ist. In jedem Fall und ohne Ausnahme. Fangen Sie an einer dieser Stellen an, zu schwächeln, werden Sie sehr schnell einen drastischen Engagementverlust feststellen können.

Grundsatz: Egal was Sie tun, egal was Sie vorhaben, dieser Weg beginnt immer mit einer objektiven Sachstandsanalyse1 ! Veränderung beginnt mit der Kenntnis des Vorhandenen ! Wandel funktioniert nur, wenn der Prozess bekannt ist und ein exakter Abgleich von IST und SOLL überhaupt stattfinden kann. Im Rahmen des Gemba-Walk stellte ich Ihnen die Kreidekreis-Methode zur Erlangung von IST-Zuständen vor. Hier an dieser Stelle wäre dann die Gelegenheit diese auch in der Praxis anzuwenden.

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Analyse: Untersuchung, bei der etwas zergliedert, ein Ganzes in seine Bestandteile zerlegt wird.

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

9.1 Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive IST-Stand-Analyse Nehmen wir einen ambulanten Pflegedienst – es kann aber auch jede andere Form eines Unternehmens sein, das spielt an dieser Stelle überhaupt keine Rolle !

Abbildung 9.3  IST-Analyse Empowerment; Verfasser©

Da wären wir angekommen. Die theoretischen Grundzüge von Empowerment haben wir hinreichend dargestellt. Hier und jetzt geht es jedoch um die konkrete Umsetzung. Das Wie ! Sicherlich erinnern Sie sich an diese Grafik:

Abbildung 9.4  Drei Stufen zum Empowerment; Verfasser©

Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive 205

Ganz recht: diese drei Begriffe stehen in Verbindung mit der anderen Grafik:

Abbildung 9.5  Einführung Empowerment; Verfasser©

Jetzt ist es möglich, sich Gedanken über die Umsetzung zu machen. Zunächst sehen wir uns einmal genauer an, was erfolgreiche Manager zur Thematik Transparenz zu sagen haben: „Ohne Transparenz werden Unternehmen keine Geschäftsbeziehung mehr mit ihren Kunden haben.“ (Martin Nitsche) (Küster, 2014) „In einer globalen Welt ist absolute Kontrolle nicht möglich. Gerade deshalb werde Vertrauen immer bedeutender, sagt Psychologe Martin Schweer. ‚Wenn wir die Möglichkeit haben, Verantwortung abzugeben, wird uns das Leben erleichtert. Dafür müssen wir uns aber besonders auf vorhandene Kompetenz und Glaubwürdigkeit, auf Berechenbarkeit und Transparenz des anderen verlassen können.‘“ (Schweer, 2019) „Ich denke, eine Führungskraft muss heute transparent sein und auch Schwäche zugeben können. Dazu gehören auch Ehrlichkeit und Demut und ganz klar die Fähigkeit, den Menschen Vertrauen zu vermitteln, und zwar direkt, ohne die Hierarchien zu berücksichtigen.“ (Howard Schultz, CEO von Starbucks) (DA VINCI 3000 GmbH, 2019) „Die Zukunft der Unternehmenskultur und Wertschöpfung liegt in einer aktiven freiwilligen Öffnung, da Vertrauen und Transparenz nicht wieder von der Agenda der An-

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

spruchsgruppen verschwinden werden.“ (Peter Eigen, Corporate Transparency, Geleitwort) (DA VINCI 3000 GmbH, 2019) „…Transparenz ist aus meiner Sicht ein hohes Gut – gerade, wenn es um die Sicherung der ‚licence to operate‘ geht. Das heißt, es braucht eben nicht nur Werbung und klassische PR, sondern echten Dialog mit verschiedenen Interessengruppen. …“ (Elisabeth Schick, war Leiterin der Abteilung Communications & Government Relations BASF Group) (Zerfaß & Kiesenbauer, 2014, S. 31) „Ich wage sogar die These, dass Erfolg und Transparenz sich gegenseitig bedingen.“ (Jan Runau, seit August 2006 Leiter Unternehmenskommunikation der adidas-Gruppe) (DA VINCI 3000 GmbH, 2019) „Die entscheidende Voraussetzung für Transparenz ist eine gelebte, werteorientierte Unternehmenskultur. Denn je stärker Menschen auf gemeinsame Werte und Ziele verpflichtet sind, umso weniger explizite Regeln fordern und benötigen sie. Verordnetes Vertrauen gibt es genauso wenig wie verordnete Moral. Beides muss in Unternehmen auf Basis bestimmter Werte beginnen und wachsen. Dann entsteht Transparenz. Und steigende Transparenz erhöht das Vertrauen in Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen sowie handelnde Personen. Höheres Vertrauen wiederum wirkt sich positiv auf die Reputation aus und damit auf den unternehmerischen Erfolg. Es ist für Firmen also unabdingbar, im Kontext von unternehmerischer Transparenz auch über ihre Werte nachzudenken.“ (Daniel J. Hanke, Director und Partner bei Klenk & Hoursch) „Wer kauft schon gern die Katze im Sack ? Eigentlich niemand. Und das ist auch der Grund, warum Transparenz so wichtig ist.“ (Nadja Picard, seit 2005 Partnerin bei Price­waterhouseCoopers (PwC) Deutschland) „Vor nicht allzu langer Zeit galt Transparenz als Wettbewerbsnachteil. Zu groß war die Befürchtung, dass ein zu offenes Informationsverhalten dem Wettbewerb Vorteile verschaffe. Nicht nur das: auch intern gab es Befürchtungen. Heute stellt sich heraus, dass richtig verstandene Transparenz das Vertrauen in ein Unternehmen stärkt und ihm die Rückmeldung gibt, die es zur Prozessoptimierung benötigt. Das Feedback führt zu einem besseren Einsatz der Ressourcen und damit zu einer Verbesserung des Unternehmens und eine Stärkung im Wettbewerb.“ (Dr. Herbert Heitmannn, verantwortete als Chief Communications Officer die Global Communications der SAP AG)

Mit diesem Zitat beenden wir die Aufzählung der Aussagen von erfolgreichen Unternehmenslenkern und Unternehmensbeeinflussern. Auf jeden Fall haben Sie

Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive 207

mit Ihrem Tun und Handeln dazu beigetragen, Erfolg zu erzielen – und den hatten sie wahrlich ! Transparenz2 und Authentizität wurden in einem der Zitate in Verbindung gebracht. Ja, Transparenz ohne Authentizität ist leer und wird nicht angenommen. Es lässt sich ziemlich gut auf die folgende Formel bringen:

Abbildung 9.6  Formel für Vertrauen; Verfasser©

Und hier hängt es wieder an den Menschen. An den Führungskräften ! Diese müssen wollen, sie müssen können und sie müssen es ehrlich meinen ! Denn Vertrauen = Erfolg:

Abbildung 9.7  Kreislauf der Transparenz; Verfasser©

2

Mit der Thematik Transparenz haben wir uns bereits ausführlich in Kapitel 4.6.5 auseinandergesetzt.

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

Die Transparenz wird in vier Stufen umgesetzt:

Abbildung 9.8  Stufen der Transparenz; Verfasser©

1. Was für wen ? Hier wird im Team entschieden, welche Informationen für den jeweiligen Partner bzw. das Team notwendig und wichtig sind. Welche Informationen haben informellen Charakter und welche davon sind von essentieller Zielerreichungsbedeutung ? Als Beispiel wären hier zu nennen: Ambulanter Pflegedienst: Welche Informationen benötigt die examinierte Pflegekraft, um ihren Job richtig machen zu können ? ■■ Wie lauten die gemeinsam bestimmten Unternehmens- bzw. Teamziele ? Umsatz, Qualität, Kundenzahl etc. ■■ Wie ist der IST-Stand der Zielerreichung in Bezug auf die SOLL-Zielerreichung ? ■■ Wie viele Kunden gibt es insgesamt ? ■■ Wie ist der Umsatz pro Kopf ? ■■ Wie setzen sich die Erlöse bei den Kunden zusammen ? SGB V/XI Leistungsmix etc. ■■ Welche Leistungen sind beim Kunden abrechenbar ? ■■ Fahrtzeitenanteil als Teilproduktivposten ? ■■ Welche Neuaufnahmen sind wann und mit welchen Leistungen angefragt ? ■■ Welche Bewerbungen von wem liegen vor ? Teamverstärkung. ■■ Wie wirken sich die beiden vorgenannten Punkte auf die Zielerreichung aus ? ■■ Wo liegen als Team unsere absoluten Stärken ? ■■ …

Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive 209

Tipp   Fangen Sie klein an, verfestigen Sie diese Informationen und nehmen Sie dann die nächste Information hinzu. Jede Information muss erhoben, nachgehalten und ins Verhältnis gesetzt werden. Also lieber etwas langsamer als zu schnell !

Ist das klar, dann ist es wichtig, die nächste Frage zu klären. 2. Wie für wen ? Auf welchem Weg werden die Informationen transparent gemacht. Hier an dieser Stelle kann man klar sagen: jede Information, jeder Schritt auf dem Weg hin zur Transparenz muss erarbeitet werden. Ohne Schulung, Erläuterung, Erklärung, Training passiert hier nichts. Keine Zahl, keine Information dringt nach außen, ohne dass sie nicht hinreichend besprochen, geschult und bewusst gemacht worden ist. Authentisch ist schon, wenn Sie sich mit Ihren Partnern auf den Weg machen. Wenn Sie Informationen zu gemeinsamen Zielen erarbeiten und erklären. Aber einmal ab von dem Gesagten: Wir leben in einem Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung ! Noch befinden wir uns in der Übergangsphase mit zum Teil nicht ausgereiften Softwareversionen und Doppeltätigkeiten. Noch wird analog und digital so miteinander vermischt, dass es nicht selten zu Doppel- oder gar Mehrfachtätigkeiten kommt. Auch arbeiten noch die Generationen von Menschen, die das analoge Arbeiten leben und lieben gelernt haben. Menschen, die mit Computern nicht auf „Du und Du“ stehen. Erst muss dieser Übergang geschafft werden. Erst müssen Internetverbindung stabil, schnell, sicher und überall verfügbar sein, bevor wir über wirkliche Erleichterungen sprechen können. Im Augenblick ist Augenmaß und normaler Menschenverstand der beste Wegweiser durch diesen Dschungel von digitalen Analogien ! Zwei Wege: 1) Digitale Übermittlung aller relevanten Infor- Abbildung 9.9  Digitale Datenmationen in Echtzeit via Smartphone, Tablet übermittlung; Quelle Foto: www. und Co. Dazu müssen alle Mitarbeiter mit pixabay.com© einem solchen Gerät ausgestattet sein, die Software muss logisch, nachvollziehbar und interaktiv sein. Es darf zu keinen Verständnisund somit Berührungsproblemen kommen. 2) Analoge Art der Daten- und Informationsübermittlung. Das wären dann das Dashboard, die Mindboards auf den Wohnbereichen, in

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Abbildung 9.10  Mindboards zur Informationsübermittlung; Quelle Foto: www.pixabay.com©

QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

den Stützpunkten der Pflegedienste, auf denen alle relevanten Informationen übermittelt werden. Hier wird ein Mehr an Neugier, Verantwortung, Disziplin vorausgesetzt, sich diese Informationen zu holen und zu verarbeiten. Jeder Mitarbeiter für sich. Das ist schwierig. Gehen relevante Informationen doch gern in der Hektik des Alltages unter. Die Schwelle zur Informa­ tionserlangung muss nahezu barrierefrei sein !

Tipp   Lassen Sie Ihrem Team etwas freie Hand. Der Weg kann unterschiedlich sein. Am Ende kommt es darauf an, wie der Erfolg aussieht ! Der Erfolg ist die bar­ rierefreie Erlangung relevanter Informationen und deren sinnvolle Verwendung zur Zielerreichung !

3. Wo für wen ? Der Ort, an dem relevante Informationen transparent gemacht werden, kann unterschiedlicher nicht sein. Sie legen ihn mit Ihren Partnern fest. Wird es eine Informationstafel (Infoboard), dann nutzen Sie die Mobiltelefone mit der entsprechenden Software in Echtzeit. Tipp   Zu Beginn ist die Visualisierung ganz wichtig. Sie sollten nicht auf Informa­ tionsboards verzichten. Machen Sie auf jedem Wohnbereich, in jedem Büro des Pflege­dienstes eine Tafel, an der die vereinbarten Informationen stehen. Die Unternehmens- und Teamziele, die Parameter, die zur Zielerreichung führen. Der Grad der Zielerreichung und eventuell bestimmte Maßnahmen, die Sie benötigen, um Ihre Ziele zu erreichen.

4. Wann für wen ? Nicht zu viel, aber auch auf keinen Fall zu wenig. Der Zeitpunkt für Informa­ tionsaktualisierungen ist so zu wählen, dass es sinnvoll und zu keiner Informa­ tionsüberforderung kommt. Zu viel ist auch nicht gut. Tagesziele sollten sparsam eingesetzt werden, weil die Zeit für ständige Aktualisierungen nicht immer gegeben ist. Wochen- und Monatsziele sind da schon viel entscheidender. Wichtig ist auch, den Raum zu schaffen, diese Zielerreichungsgrade zu besprechen und

Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive 211

eine Feinjustierung vorzunehmen. Auch hier ist es wichtig, dass jeder Partner seine Rolle kennt. Er muss wissen, wie er mit seiner Tätigkeit und seinen Ergebnissen dem Team hilft, die gemeinsam beschlossenen Ziele zu erreichen. Er muss auch wissen, was er und das Team davon haben, wenn die Ziele erreicht werden.

Abbildung 9.11  Transparenz für besseres Teamwork; Quelle Foto: www.pixabay.com©

Tipp   Fangen Sie auch hier klein an. Arbeiten Sie mit Wochenteamzielen. Wenn diese gut verinnerlicht sind, setzen Sie diese in einen Monatszielkontext. Wenn das gut läuft, dann nehmen Sie Jahresziele hinzu.

„Talent ist spezifische, Genie allgemeine Befähigung.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel)

Abbildung 9.12  Befähigung auf dem Weg zum Empowerment; Verfasser©

Nicht nur das Befähigen, mit den Informationen zur richtigen Zeit das Richtige zu tun, ist von fundamentaler Bedeutung, sondern auch die Entwicklung des Wissens und der praktischen Fertigkeiten der Partner. Dazu muss im ersten Schritt der Standort (aus Bildungssicht) des jeweiligen Mitarbeiters ermittelt werden. Auch der Standort seiner Fähigkeiten und seiner Motivation. Über Motivation haben wir uns bereits aus- Abbildung 9.13  Motivation für führlich unterhalten. Lesen Sie in den entspre- hohe Qualität Quelle Foto: www. chenden Kapiteln über die Maslowsche Bedürf- pixabay.com© nispyramide und die Charaktereigenschaften nach dem Vier-Farben-Modell von Scheelen nach. Haben Sie herausgefunden, was den Mitarbeiter bewegt, was ihn antreibt und wo er noch dringend Nachholbedarf hat, dann können Sie einen Plan aufstellen, der nicht nur die Stellung des Partners innerhalb des Teams und des Unternehmens beschreibt, sondern auch explizit seine Stärken stärkt, um maximale Ergebnisse an Zufriedenheit, Teamerfolg und Partnerschaftlichkeit zu erzielen.

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Also ist es jetzt wichtig, einen gezielten Entwicklungsplan für jedes Team aufzustellen. Die Frage, die gestellt werden muss, lautet: Wer braucht was, um welcher Zielerreichungsaufgabe nachkommen zu können ? Gehen wir davon aus, dass die endgültige Zielrichtung eine integral-evolutionäre Organisationsstruktur sein wird, dann ergibt es Sinn, bereits jetzt die Talente der Partner zu erkennen und auszubauen. Diese Talente sind meist Ergänzungen zu den eigentlichen Aufgaben im Team. So kann eine Krankenschwester oder ein Altenpfleger sehr gut mit Zahlen umgehen und ist somit durchaus in der Lage, die Abrechnung der Leistungen durchzuführen. Man muss es ihm nur erklären und zeigen. Ein anderer Partner hat ein besonders großes Feeling für Menschen und Ihre Kompatibilität zu anderen. Dann wird er sich mit der Vor­auswahl der Bewerbungsunterlagen für neue Teammitglieder beschäftigen. Andere haben gute Vorstellungskräfte für Räumlichkeiten, hier ist die Beratungsleistung für Menschen mit einer Einschränkung sicherAbbildung 9.14  Umsetzung lich der richtige zusätzliche Aufgabenansatzauf dem Weg zum Empowerpunkt. Dieser Ansatz kostet Zeit und Geld, zahlt ment; Verfasser© sich am Ende, sogar nicht erst am Ende, auf jeden Fall aus. Partner nicht nur nach ihren bekannten Stärken zu fördern, sondern auch die Eigenschaften herauszuarbeiten, die noch im Verborgenen schlummern, ist erfüllend und mit Begeisterungsfaktoren versehen. Genau diese Begeisterungsfaktoren sind es, die es braucht, um Ihr Unternehmen entscheidend nach vorn zu bringen, um am Ende den entscheidenden Vorteil zu erlangen, den es braucht, um vom Fachkräftemangel nicht betroffen zu sein. Am Ende ist es nicht die großartige Projektplanung, der lange Weg vieler kluger theoretischer Köpfe, sondern das Loslaufen an sich !

Abbildung 9.15  Hands-on-Mentalität; Verfasser©

Empowerment umsetzen: Transparenzoffensive 213

Im Rahmen solcher Projekte ist die „Hands-on-Mentalität“ der richtige Ansatz. Lieber die kleinen Ziele zu 80 % erreichen, als sich große Ziele zu setzen und diese mit 100 % Erfolg anzustreben. Diese 100 % werden Sie niemals erreichen. Aus diesem Grund gehen auch so viele Projekte schief. Sie scheitern an ihrer eigenen Komplexität und dem Umfang. Am Ende versteht keiner mehr den Sinn und das ursprüngliche Ziel des „Megaprojektes“. Tipp   Machen Sie es sich zur Gewohnheit, von jeder „Hierarchieebene“3 Mitarbeiter an den Tisch zu holen. Das sichert Ihnen die Minimierung von Komplexität. Jeder muss die Projektschritte verstehen können. Jeder muss folgen können und die Sinnhaftigkeit des Handelns mittragen (Stichwort: Wissenszirkulation).

Und natürlich, da Sie haben Recht, gehört zum professionellen Machen auch ein gutes Controlling. Selbstverständlich müssen ein paar Kennzahlen überprüfen, ob Sie mit Ihrem Team noch auf der Zielgeraden sind oder eben nicht. Auch das Controlling ist schlank und absolut auf die Ziele fokussiert. Abbildung 9.16  Kennzahlen; Was gilt es, zu erreichen, in welcher Zeit mit Quelle Foto: www.pixabay.com© welchen Ressourcen ? Das sind die Kennzahlen, die erhoben werden sollten. Beispielhaft sind hier zu nennen: 1) Zielerreichungsgrad. 2) Zeitlimit. 3) Grad des Ressourceneinsatzes nach SOLLVorgaben. Im nächsten Schritt sollten diese Kennzahlen so aufgearbeitet werden, dass Sie grafisch dargestellt werden können. Grafiken und Bilder sind für die meisten Menschen leichter zu verstehen als reine Zahlen.

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Solange Sie sich in der Stufe des Empowerments befinden. In der integral-evolutionären Organisation entfallen die Hierarchiestufen weitestgehend.

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Tipp   Zu Beginn eines solchen Projektes aber auch im steten Verlauf sind Grafiken und Bilder immer und grundsätzlich den nackten Zahlen vorzuziehen ! Sicherlich können Sie an dieser Stelle eine entsprechende Routine entwickeln.

9.2 Befähigungsschulungen als Weg zum Erfolg „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie.“ (Hennes Groddeck) „Ich höre und vergesse, ich sehe und behalte, ich tue und verstehe.“ (Konfuzius) Im vorangegangenen Text kamen Schulungen, Wissen, das Schaffen von Verständnis wiederholt vor. Ja, die „Befähigung“ ist in einem System des Empowerments und in dessen weiterer Folge der integral-evolutionären Organisation unabdingbar zu verstehen. Das ein Organismus namens Unternehmen nur dann funktioniert, wenn alle beteiligten Partner (Zellen) für ihre Aufgaben und das dafür notwendige Wissen befähigt worden sind sowie kontinuierlich auch weiter befähigt werden. Die Bedeutung dieser Phase, die ja nach der Transparenzphase kommt, kann nicht genug hervorgehoben werden. Nicht richtig informiert zu sein, ist schlimm. Nicht richtig ausgebildet und befähigt zu sein, führt zu Unzufriedenheit und Überforderung. Die nächste logische Konsequenz kann dann das Scheitern sein. Mindestens vier Felder sollten Sie schulen:

Abbildung 9.17  Befähigung und seine wichtigen Felder; Verfasser©

Befähigungsschulungen als Weg zum Erfolg 215

Dabei wirklich mit der Achtsamkeit beginnend ! Die Partner, ja das gesamte Unternehmen muss im Umgang mit- und untereinander geschult werden. Das nicht nur, weil es so toll ist, sondern tatsächlich aus ganz pragmatischen Gründen, weil die meiste (Arbeits-)Energie in Unternehmen für Reibungsverluste, Streitigkeiten, Uneinigkeit, Alphamännchengehabe etc. verpufft. Diese Energie in die Arbeit, die Leistung, die Zielerreichung zu investieren, kann so viel effektiver sein ! Laut einer Studie der KPMG (Havard Business Manager Däfler, Martin-Niels, 2014) kann davon ausgegangen werden, dass ca. 10 – ​15 % der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit durch Konflikte verloren gehen. Diese Zahl ist, gemessen an Ihrer Mitarbeitergesamtzahl, immens ! Wie immer, so auch hier, gehen wir von Vollkosten in einem Unternehmen aus. Das heißt, sieht man sich auch die Sekundär- und Folgekosten an, die aus solchen Konflikten entstehen können, so ist der Verlust wiederum erheblich. Über Opportunitätskosten haben wir ausführlich geschrieben und Sie gelesen. Auch dieser Bereich gehört dazu. Aus genau diesem Grund ist es wichtig, Achtsamkeit nicht als einen weichen Faktor zu betrachten, sondern wirklich als einen Faktor, der entscheidend dazu beitragen kann, ob ein Unternehmen erfolgreich oder nicht erfolgreich läuft. Geschafft, die Achtsamkeit haben Sie im Griff und leben Sie mehr oder weniger gut jeden Tag ! Dann geht es um die Schulung der Ziele. Auch hier stand in den vorangegangenen Seiten mehr dazu. Die Ziele müssen nicht nur transparent gemacht werden, sondern sie müssen vor allem SMART sein. Sie müssen von den Mitarbeitern nachvollzogen werden können. Tipp   Nehmen Sie sich nicht nur Zeit für die Schulung der Ziele, sondern vor allem für die Erarbeitung der Ziele gemeinsam mit den Mitarbeitern ! So stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter diese Ziele auch verfolgen und erreichen.

Zu den Schulungsthemen gehört auch immer die Sichtweise der Betriebswirtschaftslehre, zugegeben, kein einfaches Schulungsthema. Gut erklärt und anhand konkreter Beispiele und umsetzfähiger Projekte auch gelebt, verliert diese Sichtweise ihren Schrecken und kann sogar Spaß machen. Aber: die Dosis macht es aus. Daher empfehle ich diesbezüglich eine Strategie mit zwei Elementen:

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Abbildung 9.18  Weg zu einem verständlichen Kennzahlensystem; Verfasser©

Zum Schluss werden die einzelnen Leistungen besprochen. Ihre Kombinationsmöglichkeiten eruierten und diese in eine ganz konkrete Verbindung zur realen Praxis vor Ort beim Kunden gebracht. Tipp   Erarbeiten Sie diesen Stoff anhand von Fallbesprechungen ! Diese sind ein praxisbezogenes Instrument, das es den Partnern erleichtert, Zusammenhänge zu verstehen.

Jedes Bundesland hat seine eigenen Regelungen zu den Leistungen nach SGB V und XI. Hier muss wirklich individuell geschult werden. Dieses Bild, diesen Impuls nochmals aufnehmen, geht es jetzt an das konkrete Training. Trainieren, abgeben zu können, Aufgaben zu delegieren. Training gegen das überAbbildung 9.19  Empowerment-Training; Quelle Foto: steigerte Ego ! Partner haben oft eine geschwächwww.pixabay.com© te Position. Entscheidungen werden nicht von Ihnen, sondern von allen getroffen. Diese Ohnmacht muss umgewandelt werden in Stärke. Sie müssen es schaffen, dem Team den Willen und die Willenskraft einzuhauchen, die es in seiner Gesamtstärke verdient hat. Das Ergebnis kann so viel besser sein als die reine Summe seiner Teile.

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„Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus unbeugsamem Willen.“ (Mahatma Gandhi)

Abbildung 9.20  Gandhi als Wegweiser; Quelle Foto: www.pixabay. com©

Empowerment ist im Gegensatz zur evolutionär-integralen Organisationsform durchaus basierend auf bekannten, gewohnten und zum Teil gemochten Strukturen. Ihre Hierarchie ist nicht in Gefahr. Zumindest noch nicht. Es geht tatsächlich um die klassischen Top-downStrategien. Wir beschrieben diese im Verlauf dieses Buches. Sie sind bereits soweit, Ihre Prozesse zu kennen. Diese sind allen bekannt und die Mitarbeiter beherrschen diese mehr oder weniger gut, sind zumindest im Training dazu. Dann müssen Sie als Führungskraft jetzt entscheiden, welche Aufgaben in Zukunft von wem übernommen werden können. Was machen Sie bzw. welche Entscheidungen treffen Sie, die nicht auch von einem Ihrer Teams getroffen werden könnten ? Ist dieser Entscheidungsprozess durchlaufen, dann gilt es, anzufangen. Anzufangen mit dem ersten Schritt. Klein als Leuchtturmprojekt. Dann langsam mehr und mehr an Dynamik zunehmen. Ich berichtete im Verlauf dieses Buches bereits dar- Abbildung 9.21  Leuchtturmprojekte; Quelle Bild: www.pixaüber ! bay.com© Ja, wie konkret sieht es denn jetzt aus, das Training ? Entscheidungen, die von hierarchischen Ebenen getroffen werden, werden nach Rücksprache und dem Willen der Partner nach unten delegiert. Dienstpläne, Urlaubspläne, Einsatzpläne, Tourenpläne etc. wären so ein erster Schritt. Das notwendige Wissen dazu wird in Workshops und kurzen Schulungssequenzen vermittelt. Im nächsten Schritt sind Aufgaben wie Abrechnungen für Dienstpläne, Touren, Mehrarbeitsstunden etc. von den Mitarbeitern im Vier-Augen-Prinzip ein Vorschlag. Andere übernehmen die Überprüfungen der Fachlichkeit, Pflegevisiten, Arztvisiten und andere Controllingaufgaben, die vorher Führungskräfte durchgeführt haben. Vorsicht, jetzt kommen wir in die Gefahrenzone einer Identitätskrise bei Führungskräften. Hier ist es jetzt wichtig, dass andere, eher strategische Aufgaben die Schwerpunkttätigkeiten bilden.

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Was meine ich damit ? Ich meine damit die Wertekultur, die ein Unternehmen zu dem einen Unternehmen macht. Vor allem bei voranschreitender Dezentralisierung ist diese inspirierende Sinnausrichtung wichtig. „Den Mitarbeitern wird das Vertrauen entgegengebracht, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen, wobei sie sich an einer Reihe gemeinsamer Werte orientieren statt an dicken Regelbeschreibungen und Absprachen.“ (Laloux, 2015, S. 33)

Sehen heute Geschäftsführungen ihre Aufgabe eher in der Gewinnmaximierung und der Erreichung monetärer Ziele, so werden es jeden Tag mehr Unternehmen, in denen die Geschäftsführer ihre Aufgaben mehr in der Pflege und Perfektionierung der Unternehmenskultur sehen. Diese Kultivierung sichert langfristig den Fortbestand der Unternehmung und ist im weiteren Verlauf attraktiv für Menschen, die als Partner in einem solchen Unternehmen aktiv werden möchten. Menschen entscheiden sich im 21. Jahrhundert nicht mehr wegen des bezahlten Geldes für ein Unternehmen, sondern wegen der Attraktivität, dem Umgang, der Chance zur Selbstverwirklichung, der Freiheit, die Zeit zu haben, sich transzendent zu entwickeln (Life-Balance !). So schreibt Laloux weiter in seinem Buch treffend: „Moderne Organisationen gehen davon aus, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen auch das Interesse der Aktionäre berücksichtigen muss. Die wichtigste (für einige die einzige) Aufgabe des Managements besteht darin, maximale Profite für die Investoren zu erwirtschaften. Dabei wird oft an Adam Smiths ‚unsichtbare Hand‘ erinnert, um zu zeigen, wie dies auf längere Sicht allen Interessengruppen nutzen wird. Postmoderne Organisationen aber bestehen darauf, dass es solch eine Hierarchie unter den Inter­ essengruppen nicht geben sollte. Unternehmen haben nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Investoren, sondern auch gegenüber dem Management, den Partnern, den Kunden, den Zulieferern, den lokalen Gemeinschaften, der Gesellschaft als Ganzes und der Umwelt. Die Rolle der Leadership in diesem Kontext ist es, die richtigen Kompromisse zu finden, damit alle Interessengruppen profitieren.“ (Laloux, 2015, S. 34)

Und schon geraten wir in den Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR). Wichtig für Sie ist in diesem Zusammenhang auf jeden Fall das Wissen, dass ungewichtete (nicht im Gleichgewicht befindliche) Unternehmen in den kommenden Jahren kaum noch Akzeptanten bei den potenziellen Kunden und Partnern (Mitarbeiter) finden werden, wenn hier nicht entschieden ein Gleichgewicht hergestellt wird. Dabei sind Lippenbekenntnisse, Hochglanzbroschüren, dicke Konzepte nicht der richtige Weg.

Befähigungsschulungen als Weg zum Erfolg 219

Es geht um – Sie erinnern sich – Authentizität, Transparenz und zum Schluss um Vertrauen. So können wir davon ausgehen, dass die Nachhaltigkeit in ihren drei Aspekten (Drei-Säulen-Modell) an dieser Stelle ihr Gewicht in die Waagschale wirft. Dabei fokussieren wir uns auf nachhaltiges Agieren auf den Ebenen des sozialen Handelns, der ökologischen Nachhaltigkeit und der Wirtschaftlichkeit. Alle zu gleichen Teilen. Das ist entscheidend, keiner der drei Aspekte darf einen wesentlichen Überhang bekommen. Partiell, zeitlich limitiert sicherlich, aber auf keinen Fall dauerhaft, wiederkehrend und offensichtlich. So sieht dies grafisch aus:

Abbildung 9.22  Drei Säulen der Nachhaltigkeit; Verfasser©

Machen wir uns nichts vor, die Einführung von Empowerment-Strukturen ist eine Herkulesaufgabe und beinhaltet viele Unwägbarkeiten. Die wichtigste davon ist das menschliche Ego ! Das Ego hindert Menschen daran, Verantwortungen an andere Menschen abzugeben. Denn diese Verantwortungen waren es, die ihnen ihre vermeintliche Existenzberechtigung gegeben haben. „Postmoderne pluralistische Organisationen versuchen, auf das Problem der Machtungleichheit mit Empowerment zu reagieren, wobei Entscheidungen in der Pyramide nach unten verlagert werden. Dadurch erreichen sie oft eine weitaus bessere Arbeitseinstellung der Mitarbeiter. Aber Empowerment bedeutet, dass jemand an der Spitze so weise oder großzügig ist, dass er oder sie etwas von der eigenen Macht abgibt.“ (Laloux, 2015, S. 60)

Hier liegt die Schwäche dieses Ansatzes. Dieser zeigt deutlich auf, dass Empowerment lediglich eine „Übergangsmanagementlösung“ sein kann. Sie hilft komple-

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

xen Organisationen, sich zu entwirren und den einzelnen Partnern (Mitarbeitern) Verantwortung zu übergeben. Das geht nicht von heute auf morgen. Je länger ein Unternehmen besteht, desto mehr gibt es zu tun. Jetzt sehen Sie diese Aufgaben vor sich: wie schaffen Sie neue Aufgaben, die es den Führungskräften ermöglicht, weiterhin mit Spaß zur Arbeit zu kommen, auch wenn jetzt die meisten Entscheidungen da gefällt werden, wo sie auch umgesetzt werden müssen ? Dieses Subsidiaritätsprinzip ist diesem Ansatz immanent. Aus diesem Grund, wie weiter vorn erwähnt, stinkt der Fisch immer vom Kopfe her. Hier müssen die Führungskräfte gecoacht werden. Sie bedürfen einer intensiven Begleitung. Sie müssen den Prozess des Empowerments initiieren, voranbringen und im weiteren Verlauf motivierend auf die Umsetzungs- und jetzt Entscheidungsebenen wirken. „Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist ist sein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft geschaffen, die den Diener verehrt, aber das Geschenk vergessen hat.“ (Albert Einstein) Kernprozessanalyse 1. Teil: Tourvorbereitung

Sie beginnen, indem Sie sich am frühen Morgen, vor Beginn der Touren in den Raum stellen, in dem die Mitarbeiter sich auf die Tour vorbereiten. ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Wie bereiten sie sich vor ? Welche Gespräche werden geführt ? Wie ist die Stimmung ? Wie ist die Reaktion auf die Touren ? Welche Informationen werden übermittelt ? Wie werden diese Informationen übermittelt ? Wie werden diese Informationen aufgenommen ? Wie werden diese Informationen festgehalten ? Welche Materialien stehen zur Verfügung ? Wie stehen diese Materialien zur Verfügung ? Sind alle Materialien inkl. Mobiltelefon in einwandfreiem Zustand ? Sind die Autos nach Checkliste bereit ? Wie lange wird gebraucht, von der Ankunft bis zum Einsatz ? …

2. Teil: Tourausführung

Jetzt fahren Sie jede Tour einmal mit. Auch wenn Sie dies bereits einmal vor längerer Zeit gemacht haben. Egal, fahren Sie erneut mit. Es geht hier schließlich um

Befähigungsschulungen als Weg zum Erfolg 221

einen tiefgreifenden Wandel. Ein Wandel, der Ihr Unternehmen zukunftsfest machen soll. Da können Sie sich keine „Oberflächlichkeiten“ leisten. ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Wie ist die Tourtreue ? (Wird genauso gefahren, wie es geplant ist ?) Was sagt der Partner zu der geplanten Tour ? Was sagt der Partner zu den Abläufen ? Was sagt der Partner zum Unternehmen ? Was sagt der Partner zur Stimmung im Team ? Was sagt der Partner zu den anderen Partnern ? Würde der Partner sich wieder für das Unternehmen entscheiden ? Wo liegen die Probleme ? Was würde der Partner sofort anpacken, wenn er entscheiden könnte ? Unter welchen Bedingungen würde der Partner sich besonders wohlfühlen ? Wie viele Aufgaben wäre der Partner bereit, zu übernehmen ? Was bräuchte er dafür ? (Fortbildungen, Befähigung, Verantwortung, Honorierung…) Was sagen die Kunden ? Wie zufrieden sind die Kunden ? Wo liegen die größten Probleme ? Welches Material hat gefehlt ? Welches Material wäre sinnvoll gewesen ? Wo waren Mängel im Fach- und Sachkundewissen des Partners ? …

3. Teil: Tournachbereitung/Übergabe

Hierbei ist es wichtig, dass die vielen Informationen, die die Partner während einer Tour aufnehmen, zuverlässig und sinnstiftend verarbeitet, weitergeleitet und erledigt werden. Das Zauberwort hier ist erledigen. Nicht für den Nächsten aufheben (mit Ausnahmen), sondern wirklich Vorgänge abarbeiten. Wir nennen es „kümmern“ ! Hierin liegt die Essenz des Erfolges. Partner sollten ein Selbstverständnis besitzen, Aufgaben zu erfassen und zügig zu erledigen. Partner lassen nichts liegen. Partnern ist es nicht egal, wie es weitergeht. Partnern ist es nicht egal, wer ihre Aufgaben erledigt und abschließt. ■■ Sind alle angefallenen Aufgaben erfasst worden ? ■■ Sind alle angefallenen Aufgaben erledigt worden ? ■■ Sind angefallene Aufgaben an die entsprechenden Kümmerer weitergeleitet worden ? ■■ Ist der Verlauf der Aufgabenerledigung nachvollziehbar dokumentiert ? ■■ Erfolgte eine verbindliche Sachstandsrückmeldung an den Kunden ?

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

■■ Sind ggf. nachfolgende Partner umfänglich über die Aufgaben und den Stand der Erledigung informiert ? ■■ Wissen alle nachfolgenden Partner, die es betrifft, was sie ggf. zu tun haben ? ■■ Wie erfolgt die allgemeine und spezielle Informationsweitergaben ? ■■ Inwieweit werden die zur Verfügung stehenden Medien eingesetzt ? ■■ Welche Medien/Technik wäre noch zielführend ? Was sagen die Partner ? ■■ Wie funktioniert der Umgang mit den Medien ? ■■ Wie sieht der Abschluss einer Schicht aus ? ■■ Wie fühlt sich der Partner ? (Überfordert/unterfordert/gestresst/unsicher…) Hilfsprozessanalyse Prozesserfassung

Interessante Aspekte tun sich hierbei auf. Sich die Zeit nehmen und einmal das Umfeld genau betrachten, in dem Sie überwiegend selbst tätig sind. Hilfsprozesse sind alle Bereiche, Prozesse und Akteure, die Leistungen erbringen, die Sie dem Kunden nicht direkt in Rechnung stellen können. Ich sage meinen Studenten immer: Alles, wofür Sie keine Rechnung stellen können, oder anders, alles, wofür der Kunde nicht bereit ist, zu bezahlen, ist Verschwendung und somit ein Hilfsprozess ! Ich habe diesen Sachverhalt bereits zweimal in diesem Buch erwähnt. Das ist auch gut so, die Wiederholung dieses entscheidenden Sachverhaltes unterstützt Sie dabei, diese Dinge zu verinnerlichen. Wenn es noch relativ klar ist, welche Kernprozesse bei Ihnen vorherrschen und wie diese auf die Erlössituation Ihres Unternehmens wirken, so ist dies bei den sogenannten Hilfsprozessen nicht so ganz eindeutig. Oft zählen Unternehmen vermeintlich wichtige Aufgaben zu den Kernprozessen, obwohl sie aus dieser Tätigkeit keinen unmittelbaren Nutzen ziehen. Nicht selten wird es dann im Verlauf eines Projektes klar. Zurückkehrend zu unserem ambulanten Beispiel erkennen wir schnell, was denn alles ein Hilfsprozess ist: Wie oft erbringen Mitarbeiter Leistungen, Handgriffe, Tätigkeiten, die nicht im Leistungsverzeichnis bzw. in den vereinbarten Leistungen mit dem Kunden verzeichnet sind ? Leistungen wie: ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■

Zeitung holen/Briefkasten leeren, Rollos hoch oder runter, Brote schmieren, Betten eben beziehen, Betten richten, Einkauf mitbringen (meist Brötchen etc.), Beine schnell eincremen, …

Befähigungsschulungen als Weg zum Erfolg 223

Sie sind mit Sicherheit in der Lage, diese Liste beliebig zu erweitern. Alles das sind Hilfsdienstleistungen (Hilfsprozesse), die Ihre unternehmerische Kraft empfindlich schwächen können. Rechenbeispiel

Situationsbeschreibung: Sie haben 180 Kunden und ca. 25 Mitarbeiter. Bei nur der Hälfte der Kunden werden Leistungen aus falsch verstandener Nächstenliebe erbracht, für die Sie keine Rechnung stellen können. Wir bewegen uns fast immer im Bereich der „EDA-Leistungen4“. Bedeutet: nur zwei Minuten werden eingesetzt. Pro Minute kostet eine Pflegekraft durchschnittlich ca. 0,80 €. 2 Minuten × 0,80 € = 1,60 € bei einem Kunden am Tag in einer Schicht ! Bei 90 Kunden sind dies ca. 144 €/Tag. Der Monat wird mit 30,42 Tagen kalkuliert: 144 €/Tag × 30,42 Tage = 4 380 €/Monat Verlust Im Jahr: 4 380 € × 12 = 52 500 € Egal, wie Sie es rechnen, egal, wie Sie es sehen, egal, wie hoch oder wie niedrig Ihre Gehälter sind, der Schaden ist unnötig und sehr oft immens. Wenn wir also über Kostenreduktion bzw. Erlösmaximierung reden, dann kommen wir an diesem Thema auf keinen Fall vorbei ! Weitere Hilfsprozesse sind: 1) Buchhaltung, 2) Abrechnung, 3) Kundenverwaltung, 4) Leitungsfunktionen, 5) Qualitätsmanagement, 6) Personalbuchhaltung, 7) … Gehen Sie jetzt hin und schauen sich an, wie die tatsächlichen Leistungen liegen, dann bekommen Sie schnell erhellende Informationen. ■■ Wer erledigt welche Aufgaben ? 4

EDA = keine Abkürzung = sowieso (ehda) vor Ort sein.

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

Wie lange wird für die Aufgabenerledigung benötigt ? Stimmen die Aufgaben mit den Stellenbeschreibungen überein ? Sind Stelleninhaber mit Fremdaufgaben überlastet ? Sind die Aufgaben definiert ? Wer hat die Aufgaben definiert ? (der Partner selbst ?) …

Ein wichtiger Faktor ist die Zeit ! Wie viel Zeit kalkulieren Sie für welche Tätigkeiten ein ? Nur wenn Sie sich dies einmal bewusst machen, können Sie auch Leistungsparameter entwickeln, die Ihnen eine Richtschnur geben, wie viele Dienstleister Sie für welche Hilfsprozesse benötigen. Sehr wichtig ist der Teil, der nicht direkt in Pflegesatzverhandlungen und Punktwerten abbildbar ist. Dieser reduziert Ihre Gewinne direkt und bedarf im weiteren Verlauf Ihrer Aufmerksamkeit ! Die Leistungen, die rückvergütungsfähig sind (wie zum Beispiel Qualitätsmanagement etc.), müssen immer wieder in der notwendigen Effizienz optimiert werden. Sie dürfen keine Selbstläufer werden, die sich jeder Form von Kontrolle entziehen. Auch Führung ist ein Themenfeld, das hinterfragt wird: Wie viel Führung ist gesetzlich gefordert ? Die Antwort steht im § 21 WTG NRW 2014: Personelle Anforderungen

Die Einrichtung muss unter der Leitung einer persönlich und fachlich ausreichend qualifizierten Person stehen (Einrichtungsleitung). Diese muss zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergänzend zu den Qualifikationserfordernissen des § 4 Absatz 9 sowohl über grundlegende betriebs- und personalwirtschaftliche Kenntnisse sowie angebotsbezogen auch über grundlegende pflege- oder betreuungsfachliche Kompetenzen verfügen. Sie soll in der Regel eine mindestens zweijährige Leitungserfahrung nachweisen können. Einrichtungen, die vornehmlich auf die Erbringung von Pflegeleistungen ausgerichtet sind, müssen außerdem über eine verantwortliche Pflegefachkraft (Pflegedienstleitung) verfügen. Aber auch hier, wird die Dienstleistung dieser gesetzlich geforderten Führungskräfte nicht direkt in Rechnung gestellt, sondern über die Pflegesätze bzw. Punktwerte refinanziert. Abrechenbar ist sie somit mittelbar. Ich zähle sie zu den Hilfsprozessen, da auch Führungskräfte am Ende dafür Sorge zu tragen haben, dass die Kernprozesse, also die abrechenbaren Dienstleistungserbringer, möglichst reibungslos und verschwendungsarm tätig sein können.

5A-Workshop analog/digital 225

9.3 5A-Workshop analog/digital Analog Unter dem Gemba-Walk haben wir uns mit dem 5A-Workshop auseinandergesetzt. Er ist das Hilfsmittel schlechthin, um eine arbeitsfähige Grundlage für die Leistungserbringung zu erhalten. Sie erinnern sich hoffentlich an das folgende Schaubild, das die fünf Stufen der Erlangung von Ordnung und Struktur beschrieb:

Abbildung 9.23  5A-Workshop; Verfasser©

Praktisch ist der Ablauf wie folgt: 1) Sie legen einen Tag fest, der für eine bestimmte Abteilung zum Tag „X“ wird. An diesem Tag gibt es keine anderen Prioritäten als die des 5A ! Am besten eignet sich meist ein Samstag. 2) Alles raus aus dem Büro, was nicht unmittelbar zur täglichen Arbeit gehört. Alte Unterlagen, Ordner, die ins Archiv gehören etc., aber auch Möbel und Ausstattung, die nicht wirklich gebraucht wird, zählt dazu. 3) Alles wird gereinigt und einmal in einen einwandfreien Zustand versetzt. 4) Jetzt bekommt jeder Gegenstand seinen Platz. Überlegen Sie direkt mit Ihren Mitarbeitern, wofür Sie die einzelnen Gegenstände, Ordner etc. benötigen. Ist dies klar, weisen Sie diesen Platz zu. Ein Foto meines Schreibtischschiebers mit den unmittelbar benötigten Utensilien habe ich diesem Buch weiter vorn bereits beigelegt. Ordner bekommen ein Ordnersystem, welches einheitlich, redundant und verständlich ist. Auch sollte es nach Möglichkeit mit der Ordnerbeschriftung in Ihrem digitalen System übereinstimmen.

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

5) Sind Sie fertig, fangen Sie täglich von vorn an. Das heißt, nicht mit der Aktion, sondern mit der Verbesserung des Systems, welches Sie geschaffen haben. Digital Heute im Zeitalter von Pflege 4.0 unterscheiden wir nicht mehr nach analog und digital. Mehr und mehr Büros, Arbeitsplatze und Tätigkeiten werden digitalisiert. Aber was bedeutet das jetzt in Hinblick auf Effektivität und Effizienz ? Ja, ganz viel eigentlich. Es bedeutet, dass man niemanden mit diesem Thema allein lässt. Dass so viel Hilfe und Unterstützung wie möglich zur Verfügung gestellt werden sollte.

Abbildung 9.24  Digitale Arbeitsplätze; Quelle Foto: www. pixabay.com©

Grundregeln: 1) Absolut einheitliche Arbeitsstrukturen. 2) Einheitliche Ordnerstrukturen. 3) Einheitliche Arbeitsweise in der Kommunikation. Am einfachsten gelingt dies natürlich mit Softwarelösungen, die eine einheitliche Arbeitsweise voraussetzen. Aber alles der Reihe nach ! Beginnen werden wir mit dem zeitfressendsten Softwareprogramm: dem EMailprogramm. Meist ist dies Outlook oder etwas Vergleichbares. Stellen Sie sich zu Beginn die folgenden Fragen:

Abbildung 9.25  E-Mail-Postkasten aufgeräumt; Verfasser©

5A-Workshop analog/digital 227

Oh ja, bei den meisten herrscht ein heilloses Chaos im E-Mail-Verkehr. Es ist wichtig, dass es einheitliche Verhaltensregeln für die Kommunikation mit E-Mails gibt. Je nach Aufgaben innerhalb Ihres Unternehmens ist es wichtig, dass E-Mails zielorientiert eingesetzt und verwendet werden. So könnte es gehen: 1. Bewohnerverwaltung: 2-mal täglich E-Mails checken:

Abbildung 9.26  E-Mail-Check; Verfasser©

2. Personalverwaltung: 3-mal täglich E-Mails checken: Schema wie oben, nur dass in der Dienstmitte nochmals E-Mails überprüft werden ! 3. Führungskräfte: 3-mal täglich E-Mails checken: Lassen Sie sich hier nicht täuschen: Nur weil Führungskräfte wichtige Schlüsselfunktionen haben, müssen Sie nicht permanent auf E-Mails reagieren. Das ist nicht notwendig ! Dringende Angelegenheiten können viel besser am Telefon geklärt werden. Abbildung 9.27  E-Mail; Quelle Ansonsten hat es Zeit bis zum nächsten E-Mail- Bild: www.pixabay.com© Check, den intern auch alle kennen. 4. Empfangsmitarbeiter: Diese sind angehalten, stündlich die E-Mails zu checken, damit zeitnah eine unternehmensseitige Reaktion erfolgen kann. Sind die Regeln für die Häufigkeit in Outlook gesetzt, müssen Sie sich als nächstes mit der Einrichtung der E-Mail-Systematik beschäftigen.

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QM-Pflege-4.0 praktisch umgesetzt

■■ Jede E-Mail hat ihren Hafen. Dieser Hafen bedeutet, dass jeder wichtige Partner, der Ihnen E-Mails sendet diese in einen gesonderten Ordner sendet. Sie haben damit die Chance, das E-Mails sofort dort abgelegt werden, wo Sie hingehören. Das kann zum einen unter dem Namen, der Abteilung oder dem Projekt geschehen. ■■ Nicht jede E-Mail müssen Sie beantworten ! Stehen Sie in cc ? Dann brauchen Sie nicht zwangsläufig zu antworten. Ist es nicht wichtig, dann löschen oder archivieren Sie die Mail. ■■ E-Mails, die Sie sofort und ohne viel Zeitverlust (max. fünf Minuten) erledigen können, sollten Sie auch sofort erledigen. Alle anderen, die relevant sind, werden zu Aufgaben, die terminiert werden müssen. Vergessen Sie nicht, dem Empfänger der E-Mail vorab eine kurze Rückmeldung zu geben. ■■ Entschleunigung ist auch das Zauberwort im ewigen Spiel der E-Mails, die als Kommunikation in kurzer Taktfolge hin und her gehen. Es genügt oft, wenn Sie die Antwort erst kurz vor Feierabend am Abend oder am kommenden Morgen beantworten. Machen Sie nicht jeden Wahnsinn mit ! ■■ Wie oben bereits erwähnt, die Betreffzeile ist mit der wichtigste Teil. Hier sollte klar und deutlich stehen, um was es geht. So lassen Sie die E-Mails im Posteingang besser und vor allem viel schneller zuordnen und auch wiederfinden. Ach, und nicht vergessen, immer nur ein Thema in einer Mail. Vermeiden Sie Sammelmails, die viele Themen zu unterschiedlichen Aufgabenfeldern enthalten. Sie finden die niemals wieder . ■■ Machen Sie sich nicht verrückt mit vielen unterschiedlichen Programmen. Wenn Sie die Windowsfamilie verwenden, nutzen Sie auch die Programme dieser ! Outlook, OneNote. Das macht das Leben einfach leichter !

Abbildung 9.28  Windowsprogramme zur besseren Struktur; Quelle Bild: www.pixabay. com©

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Literaturverzeichnis DA VINCI 3000 GmbH. (15. 01. 2019). Wertesystem. Von https://www.wertesysteme.de/ transparenz/ abgerufen Havard Business Manager Däfler, Martin-Niels. (14. 05. ​2014). www.havardbusinessmanager.de. Von http://www.harvardbusinessmanager.de/blogs/welche-kostenkonflikte-verursachen-a-968863.html abgerufen Küster, R. (2014). Unternehmenskultur mit System. Berlin: epubli GmbH. Laloux, F. (2015). Reinventing Organizations. München: Verlag Franz Vahlen GmbH. Schweer, M. (15. 01. ​2019). Schweer-Info. Von http://www.schweer-info.de/data/file/index. php?id=235&tx_ttnews%5Btt_news%5D=120&cHash=cb7136329f3349c5 cc1dbdd0d06f8d3b abgerufen Zerfaß, A., & Kiesenbauer, J. (2014). Strategen, Visionäre und Netzwerker der Unternehmenskommunikation. Leipzig: zwonull media.

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Marketing 2.0

„Wer keine Probleme löst, darf sich nicht wundern, dass sich keiner für das Angebot interessiert.“ (Peter Sawtschenko) Wir können an dieser Stelle sicherlich bereits über Marketing 2.0 sprechen. Obwohl viele Unternehmen in der Sozialwirtschaft noch nicht einmal im Zeitalter von Marketing 1.0 angekommen sind, aber egal, ist nicht schlimm. Sie wissen ja: „Es ist keine Schande hinzufallen, aber es ist eine Schande einfach liegenzubleiben.“ (Theodor Heuss) Aus diesem Grund und in Ergänzung zu dem von mir bereits veröffentlichten Buch über Marketing in der Sozialwirtschaft (Marketing in der Sozialwirtschaft) ist es wichtig, dass wir uns noch ein paar ergänzende Gedanken zur sinnvollen Vermarktung Ihrer Dienstleistungen machen. Ein wesentlicher Punkt wird es sein, das Marketing überwiegend über die Persönlichkeit des Unternehmens und am Ende der Hierarchie über die Persönlichkeit des Teams an sich zu steuern. Geht eine positive, agile und nach vorn gewandte Stimmung vom Team aus, dann ist dies gleichbedeutend mit einer starken Corporate Identity, dieser Faktor sorgt dafür, dass Unternehmen für potenzielle Partner interessant werden. Wie geht das ? Beziehen Sie nicht nur die Partner in Ihre Aktivitäten ein, sondern auch das Umfeld der Partner: Familie, Freunde etc. Binden Sie das Umfeld positiv und emotional an das Unternehmen, ist ein einfacher Wechsel nicht so ohne weiteres möglich. Diese Bindung muss dann gepflegt und ausgebaut werden. Feste, Feiern, Erlebnisse, Kinderbetreuung sind nur vier Beispiele für viele mehr. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_10

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Marketing 2.0

Auch ist es mehr als sinnvoll, sich mit den Social-Media-Kanälen unserer Zeit zu beschäftigen. Es ist auch sicherlich angeraten, sich mit der kontinuierlichen Pflege dieser auseinanderzusetzen. Fakt ist, dass die Wahrnehmung unserer Zeit sehr stark von Social-Media-Kanälen beeinflusst wird (wertfrei). Facebook, Instagram, SnapChat, Youtube, Twitter sind die bekanntesten Informationsverbreitungsportale. Aus diesem Grund ist es unumgänglich, diese Informationskanäle zu nutzen, mit ihnen zu leben und präsent zu sein. Der Unterschied ist, dass alles wie aus einem Guss wirken muss. Das heißt, Logo, Farbe, Fotos, Filme müssen einer einheitlichen Linie folgen. Es sollten Geschichten erzählt werden, die auf keinen Fall gespielt oder unecht sein dürfen. Bleiben Sie authentisch, bleiben Sie ehrlich. Sie selbst wissen, dass man es sofort merkt, wenn es eine Kampagne ist. Kaum einer hat so viel Geld, dass selbst eine gespielte Kampagne noch so echt wirkt, dass man es guten Gewissens ins Netz stellen kann. Abbildung 10.1  Social Media; Quelle Foto: www.pixabay.com©

„Die Zukunft wird auf mehr Interaktion setzen. Das bedeutet die steigende Nutzung von mobilen Medien. Passanten gehen so an dem Büro Ihres Pflegedienstes vorbei und erhalten automatisch Informationen über Sie ! Via Bluetooth oder auch mit der Zukunftstechnologie Near Field Communication1 (NFC). Diese wird heute bereits im bargeldlosen Zahlungsverkehr eingesetzt. Genauso geeignet ist sie für Out-of-homeWerbung. Sie überträgt völlig unkompliziert Daten von Ihnen auf das Smartphone des Passanten. Mithilfe dieser Technologie wird es zukünftig möglich sein, Gutscheine, Informationen oder auch Aktionen dem Passanten an die Hand zu geben, um auf sich und seine Dienstleistung aufmerksam zu machen.“ (Thiele, 2017)

Der Punkt ist, Sie können so gut sein, wie Sie wollen, Geld und Manpower in diese Medien investieren, wenn Sie das vorangegangene Anliegen dieses Buches nicht umsetzen, wird Ihnen das auch nicht viel nutzen. Der springende Punkt ist: Das Internet ist mit der Wahrheit sehr schnell, aber nicht immer ist es die objektive

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Die Nahfeldkommunikation (Near Field Communication, Abkürzung NFC) „ist ein auf der RFID-Technik basierender internationaler Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten per elektromagnetischer Induktion mittels loser gekoppelter Spulen über kurze Strecken von wenigen Zentimetern und einer Datenübertragungsrate von maximal 424 kBit/s.“ (Wikipedia, 2018)

Marketing 2.0 233

Wahrheit. Meist sind es subjektive Erlebnisse, die eine Meinung bilden und dafür Sorge tragen, dass dies im Netz eine sehr schnelle Verbreitung findet. Der größte Werbefaktor auch in einer digitalen Welt ist und bleibt der Partner. Davon haben Sie viele in Ihrem Unternehmen. Alle sind vernetzt und tauschen sich aus. Beginnen Sie, das umzusetzen, was ich in diesem Buch versucht habe, anzufangen, beginnen Sie, den Weg zu gehen, beginnen Sie, zu tun, zu machen, ja in die Handlung zu kommen, dann werden Ihre Partner dies sehr schnell spüren. Dieses Gefühl wird transportiert, es wird bewegt. Das Netz ist auch in diesem Fall ein Katalysator. Sicherlich haben Sie sich in der Vergangenheit gefragt, war­um zwei Arbeitgeber im gleichen Einzugsgebiet unterschiedliche Herausforderungen an den Tag legen. Der eine hat Personalprobleme und der andere nicht in diesem Maße. Wenn Sie genauer hinsehen, sind nicht nur die Faktoren wie 1) 2) 3) 4)

Lohn-/Gehaltshöhe, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Anzahl der Partner

ausschlaggebend. Nein, es ist oft auch der etwas andere Umgang miteinander. Zufriedenheit ist das höchste Gut. Die Löhne werden in den nächsten Jahren steigen. Die Arbeitsbedingungen werden sich bei allen Arbeitgebern anpassen, dafür werden die Partner in den jeweiligen Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflege­ diensten schon sorgen. Es wird der wertschätzende Umgang sein, der am Ende darüber bestimmt, ob Sie ausreichend Pflegepersonal für Ihr Unternehmen haben oder eben nicht. Ergo gehört zu einem Marketing 2.0 im 21. Jahrhundert das Miteinander, der Umgang und die dafür bestens befähigten Führungskräfte. Marketingexperten heute und morgen sind Menschen mit hoher sozialer Kompetenz, keine Schwätzer, keine Menschen, die gut verkaufen können. Es werden die Füh­rungskräfte sein, die authentisch, ehrlich und umsetzungsorientiert sind sowie eine ausge­ prägte Netzwerkmentalität besitzen. Tipp   Ihre Aufgabe lautet also, nicht viel Geld in Marketingstrukturen zu investieren, bevor Sie nicht Ihre Einstellungsassessments grundlegend verändert haben. Bevor Sie nicht die Auswahl der Mitspieler anpassen, wird sich im dauerhaften Vermarkten als Anbieter sozialer Dienstleistungen und vor allem als Arbeitgeber nichts verändern. Sie bewerben sich als Unternehmen tagtäglich bei Ihren

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Marketing 2.0

Partnern neu dafür, dass diese mit Ihnen an den gemeinsamen Zielen arbeiten „wollen“ !

Ja, Sie haben richtig gehört, der Spieß hat sich bereits gedreht, nicht die Partner bewerben sich bei Ihnen, sondern Sie bei diesen. In dem Bewusstsein ist es notwendig, den Umgang, die Unternehmenskultur neu zu strukturieren und ein großes Augenmerk auf die Auswahl der „Führungskräfte“ zu legen. Damit kann man einen Marktvorteil erlangen. Nicht das Initiieren, sondern das Durchhalten ist der Unterschied ! Führen wir diesen Gedanken weiter, sind moderne Unternehmen in der Lage, den Zugang zu ihnen nahezu barrierefrei zu organisieren. Abbildung 10.2  Barrierefreie Zugänge; Quelle Foto: www.pixaDen Gedanken weitergespielt, dass sich das bay.com© Unternehmen bei den Mitarbeitern bewerben muss, ist der Gedanke des barrierefreien Bewerbungs- und Kommunikationszugangs sehr charmant. Wie sieht so eine Barrierefreiheit aus ? So nicht, um das gleich an dieser Stelle vorwegzunehmen. Jedoch sieht die Barrierefreiheit heute bei den meisten Unternehmen genauso aus. Haben Sie einmal geschaut, mit wie viel Aufwand, mit wie vielen Klicks ein potenzieller Partner den Zugang zu Ihnen findet ? Machen Sie einmal den Test ! ■■ Wie viele Klicks brauchen Sie, um sich über offene Stellen zu informieren ? ■■ Wie viele Klicks brauchen Sie, um Ihre Bewerbungsunterlagen hochzuladen ? ■■ Wie funktioniert das Uploaden von Bewerbungsunterlagen ? Haben Sie für sich diese Erkenntnis getroffen, dann kann im weiteren Verlauf einmal durchgespielt werden, was Sie von Ihrem Unternehmen erwarten würden, wenn Sie selbst sich bewerben würden. Nicht vergessen: Sie können sich überall bewerben. Überall wird mit guten Arbeits- und Entwicklungsmöglichkeiten geworben. Überall gibt es ein angemessenes Gehalt. Die Trägerschaft ist Ihnen egal. Sie sind da nicht festgelegt, wie so viele der jungen und modernen Partner auf dem Markt. Wo würden Sie dann Ihren Zuschlag geben ? In dem Unternehmen, das den Zugang für die Bewerbung kompliziert, mit vielen Klicks und dem aufwändigen Uploaden von Bewerbungsunterlagen alles erschwert oder das Unternehmen, das es Ihnen als Partner leicht macht, den „Zuschlag“ zu erteilen ?

Marketing 2.0 235

Barrierefreiheit 2.0 Stellen Sie sich vor, die Bewerbung in Ihrem Unternehmen ist in zehn Sekunden erledigt. Stellen Sie sich vor, das Unternehmen, bei dem Sie sich beworben haben, meldet sich innerhalb von weniger als 24 Stunden bei Ihnen. Sie haben innerhalb dieser 24 Stunden einen verbindlichen Vorstellungstermin zu einem persönlichen Kennenlernen. Geschwindigkeit und Authentizität sind die Schlüsselbegriffe !

Abbildung 10.3  Barrierefreie Bewerbung; Quelle Foto: www. pixabay.com©

Abbildung 10.4  Geschwindigkeit und Authentizität als Schlüssel zum Erfolg; Verfasser©

Die effektivsten Kanäle für barrierefreie Bewerbungen sind:

Abbildung 10.5  Social Media barrierefrei; Verfasser; Fotos: www.pixabay.com©

Sie müssen dabei differenzieren, wen Sie erreichen wollen. Welche Altersklasse und für welche Stellen !

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Marketing 2.0

Schüler und Mitarbeiter bis 302: Schüler/Azubis werden Sie sehr gut über Snapchat und Instagram erreichen (Achtung: SnapChat vernichtet die Bilder nach kurzer Zeit. Deshalb nur eingeschränkte Reichweite und Erreichbarkeit). Examinierte/Nichtexaminierte über 30: Examinierte Fachkräfte im mittleren Alter sind bei Facebook vertreten und gut vernetzt. Über 40: ebenfalls Facebook, E-Mail, SMS. Es ist dabei nicht so entscheidend, wie der Erstkontakt zu Ihrem Unternehmen hergestellt wird, sondern wie leicht Sie es den potenziellen Bewerbern machen. Man kann auch eine Rückrufbitte für eine Bewerbung per SMS an Sie senden oder lediglich eine Handynummer in einer E-Mail mit der entsprechenden Betreffzeile schicken. Wichtig ist, dass Sie Button einrichten, auf die geklickt werden kann, der Rest generiert sich von selbst, inkl. der entsprechenden Betreffzeile. Tipp   Auch hier fangen Sie einfach an. Beginnen Sie mit einem Portal und bauen Sie es dann aus ! Wichtig: Sie müssen einen Administrator und einen Vertreter (redundante Systeme !) benennen. Das muss nicht zwangsläufig ein IT-Experte sein. Suchen Sie unter Ihren Partnern, da finden Sie sicherlich jemand, der absolut Social Media-affin ist ! Gut, wenn das Einrichten komplizierter wird, dann braucht man ab und zu einen Experten, aber das ist überwiegend nicht notwendig.

„Moderne Markenführung heißt: Netzwerke und herrsche !“ (Oliver Hermes) Literaturverzeichnis Thiele, D. (2017). Marketing in der Sozialwirtschaft. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesebaden GmbH. Wikipedia. (28. 08 2018). www.wikipedia.org. Von https://de.wikipedia.org/wiki/Near_ Field_Communication abgerufen

2 Alle Angaben sind Näherungswerte und Annahmen des Verfassers, die fließend ineinander übergehen. So kann eine 60-jährige Pflegekraft durchaus über Instagram erreichbar sein. Und umgekehrt können 18-jährige Pflegehelfer bei Facebook vertreten sein.

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Schlusswort

Am Ende dieses Buches ist nicht Schluss ! Abbildung 11.1  Fünf vor zwölf; Es gibt so viel mehr zu sagen. Diese Thema- Quelle Foto: www.pixabay.com© tik ist so multidimensional, dass wir hier wirklich nur über einen Versuch sprechen können, einen Start zu wagen. Das Ende dieses Buches wird wohl der Anfang für einen neuen Weg, eine neue Denkweise, ein neues Miteinander sein. Jedoch, genug der Mahnung ! Arbeit sollte, nein: Arbeit muss Spaß machen und herausfordern. Nur so wird es uns gelingen, in den nächsten Jahren Mitarbeiter zu Partnern zu machen. Nur so wird es uns in den nächsten Jahren gelingen, durch Begeisterung ausreichend motivierte Partner an das jeweilige Unternehmen zu binden. Und nur so wird es uns gelingen, unsere Gesellschaft weiter- und fortzuentwickeln. Wir leben nicht mehr in einem reinen System, in dem wenige viel und viele wenig haben. Das wird in Zukunft nicht mehr genügen. Es wird nicht ausreichen. Was jetzt zählt, ist die Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit, mit der wir es verstehen, uns am Markt der Pflege zu behaupten. Nicht nur wir werden um die Besten der Branche konkurrieren, sondern mit uns viele andere. Schweden, Niederlande, England, Belgien, Norwegen usw. Sie alle haben sich vor Jahren auf den Weg gemacht, um ein besseres Versorgungssystem zu schaffen. Eine Versorgung, die nicht nur den zu Pflegenden gerecht wird, sondern vor allem auch den Pflegenden. Dieses Buch ist der Anfang mit der Auseinandersetzung zu dieser Thematik. Dabei sollte die Ganzheitlichkeit von Organisation und Kultur nicht aus den Augen verloren werden. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6_11

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238 Schlusswort

Ich hoffe, dass Sie an diesem Buch den Spaß erkannt haben. Dass in Ihnen jetzt ein bisschen das Feuer der Leidenschaft entfacht wurde und Sie neugierig sind, es auszuprobieren. Sich einfach auf den Weg zu machen. So ist der erste Schritt getan. Ich bin mir dessen bewusst, dass jetzt noch sehr viel „Fleisch an die Knochen“ gebracht werden muss. Das kann und wird nicht nur allein meine Aufgabe sein. Hier müssen alle unsere Erfahrungen zusammenfließen. Probieren Sie aus und geben Sie Ihre Erfahrungen weiter. Gern auch an mich. Ich würde mich freuen, wenn Sie den Kontakt zu mir suchen, um Ihre Erfahrungen mit mir zu teilen. Und ja, es wird auf jeden Fall ein weiteres präzisierendes Buch geben müssen ! Sie erreichen mich unter: [email protected] So bleibt mir zu diesem Zeitpunkt nur noch übrig, Ihnen viel Freude beim Ausprobieren zu wünschen. „Die Dinge sind nur so gut wie ihre Welt.“ (Anna Thiele) Wirklich enden möchte ich mit einem Gedicht von Hermann Hesse, der den tiefen Sinn dieses Buches mit wenigen Zeilen, wie ich finde, wunderbar zusammenfasst: Stufen Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern In andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an einer Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf ’ um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen; Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Schlusswort 239

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegen senden, Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden, Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde ! Herrmann Hesse

Ihr David Thiele Nordkirchen, 22. Juli 2018

Literaturverzeichnis

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Der Autor

Der Autor David Thiele ist deutschlandweit als gefragter Unternehmensberater, Bestsellerfachbuchautor, Powerspeaker sowie Lehrbeauftragter an Hochschulen unterwegs. Mehr als 27 Jahre Berufserfahrung in nahezu allen Fachdisziplinen der Sozialwirtschaft bilden das Portfolio des Bestsellerautors. Dabei konzentriert er sich nicht nur auf die Unternehmen der Sozialwirtschaft. In gleichen Teilen sind seine Managementansätze in Industrie, Handel und den Dienstleistungssektoren anwendbar. Zu seinen Kunden zählen Wohlfahrtsverbände genauso wie kleine und große private Anbieter vollstationärer und ambulanter Dienstleistungen. Investoren für Pflegeimmobilien greifen © David Thiele zunehmend auf die Expertiese der umfangreiche ThieleBeratung zurück. Aufgaben ganzheitlich zu betrachten und dabei Mitarbeiter zu Partnern zu machen, gehört zur Unternehmensphilosophie, die durch tiefgründiges Wissen um Qualitäts- und Managementprozesse fundiert wird. Branchenfremdes Wissen, wie das des Lean-Six-Sigma, wofür David Thiele den Lean-Six-Sigma-Black-Belt absolviert hat, ist zentraler Bestandteil seines Schaffens und Wirkens. Neue Weg, neue Ansätze, eben Change-Management, sind die Essenz seines Handelns. David Thiele sagt oft: „Wir alle treten im Spiel des Lebens an, um zu gewinnen !“ © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6

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Der Autor

Gaius Julius Caesar brachte es dabei auf den Punkt: „Veni, vidi, vici.“ (Ich kam, ich sah, ich siegte !) So plant, arbeitet und schreibt David Thiele !

Register

0–9

5W-Methode 187 A

A3-Problemlösungsprozess 86 Act  45, 186, 187 Agilität  33, 52, 54, 109, 110, 184 Arbeit-4.0 7 Authentizität 207 B

barrierefrei 112 Barrierefreiheit  112, 136, 234, 235 Barrierefreiheit 2.0  235 Beschwerdemanagement 42 Bewerbung  234, 235 Big-Picturs 123 Bluetooth 232 Bottom-up  86, 157, 183, 184, 198 Brainstorming 107 Buurtzorg 113 C

Changemanagementprozess 157 Change Roadmap  123 Check  44, 45, 186, 187

CIP 39 Coaches  33, 111, 151, 153, 177, 179 Coninuos Improvment Process  39 Controlling  8, 70, 103, 180 Corporate Identity  22 Crowdsourcing 164 Cultural fit  124 D

Dashboards 197 Demingkreis 44 Design-Prinzip Alpha  41 Design-Prinzip Beta  41 Digitalisierung  28, 69, 76, 90, 91, 111, 151, 198, 199 Diversity Management  184 Do  44, 186, 187 E

Effektivität  33, 55, 70, 71, 86, 103, 116, 147 Effizienz  33, 70, 71, 104, 116 Einstellungsassesment 233 Empowerment  8, 22, 38, 40, 41, 42, 95, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 132, 133, 169, 176, 177, 204, 219

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Thiele, Lean Management in der Pflege, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20301-6

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248 Register

Erfolg  10, 25, 39, 41, 46, 49, 70, 87, 104, 117, 136, 154, 156, 157, 158, 159, 161, 177, 181, 185, 203, 206, 207

J

F

K

Facebook  115, 232, 236 Feedbackkultur  173, 181 Feedbacks  42, 176, 181 Fehlerkultur  33, 35 Flexibilität 33 Flussdiagramme  33, 90 FMEA  34, 108

Kaizen  39, 40, 44 Kampanie 232 Kanban  54, 86, 193, 194, 195 Kausalität 88 Kennzahlen  8, 55, 109, 116, 123, 146, 159 Kennzahlensteuerung 9 Kernprozess  68, 113, 114, 150 Kernprozesse 8 Komplexität  21, 25, 41, 115, 185, 188 kontinuierliche Verbesserung  10, 39, 41, 43, 185 kooperativen Führungsstil  40 KPI 109 Kreidekreis 94 Kreidekreis-Methode  94, 203 kümmern 21 KVP  25, 33, 38, 39, 41, 42, 43, 44, 45, 50, 86, 95, 153, 158, 169, 170, 172

G

Gemba  34, 87, 88, 113, 120, 121, 180, 203 Gemba-Walk  87, 113, 120, 203 Grundkompetenz 176 H

Hands-On-Mentalität 175 Heimaufsicht 148 Heterarchie  8, 97 Hilfsprozess 113 Homo Oeconomicus  163, 164 Human Capital  47 Hybride Organismen  10 I

Industrie 4.0  7, 109 Innovation  34, 71, 164 Innovationsmanagement 40 Innovativität  33, 54, 71, 86, 110, 162 Instagramm 232 Integral-evolutionäre Organisation  8, 97, 162 interdisziplinäre Zusammenarbeit  40 intrinsische Motivation  39 intrinsischen Motivation  110, 162 intrinsischer Motivation  131

JIT  192, 193, 195 Just-In-Time 192

L

Leadership 123 Lean Management  51, 52, 53, 54, 187, 191 Lean-Management  33, 67, 92, 99, 110, 116, 117, 163, 170, 178 Lean Managementphilosophie  9 Lean Thinking  51, 87 Learning by doing  92, 177, 179 Learning Community  47 Lebensräume  8, 41 Leuchtturmprojekt 153 Low-Performer  120, 121

Register 249

M

Marketing 2.0  233 Maslow 144 Maslowsche Bedürfnispyramide  134 MDK  27, 55, 68, 75, 151 Medien 232 Mikroschulung 92 Mikroschulungen  33, 152, 177, 178, 179 Mitarbeiterbeteiligung 41 Mitbewerber 23

Profitcentern 41 Prozess 39 Prozesse  5, 6, 10, 28, 31, 40, 41, 42, 46, 53, 55, 67, 68, 70, 76, 86, 92, 95, 115, 120, 151, 162, 169, 170, 172, 174, 175, 178, 191, 199 Prozessowner 9 Prozessqualität 46 Q

Nachhaltigkeit  33, 71, 90, 160, 219 Near Field Communication  232 Netzwerke  33, 112

QM-Pflege-4.0  7, 8, 9, 10 Qualitätsmanagement-Pflege 4.0  8 Qualitätsmanagementsysteme 7 Qualitätsmanagementziele 25 Qualitätsziele  25, 56

O

R

Objectives and Key Results  22 OKR 22 Opportunitätskosten  75, 76, 116, 124, 144, 156, 157, 158, 190, 192 Organisationsmodelle  37, 38 Outlook 105 Out-of-home-Werbung 232

Ressource  5, 33, 182, 190 Ressourcenverschwendung 40 Risikominimierung 34 Roadmapping 123

N

P

PDCA  33, 38, 43, 44, 45, 50, 154, 185, 186, 187 Pflege-4.0  7, 8, 18, 19, 22, 28, 33, 38, 41, 53, 54, 55, 56, 69, 86, 109, 111, 115, 116, 117, 123, 163, 173, 175, 176, 179, 181, 191, 201 Pflegeausbildung 53 Pflegeberufereformgesetz 27 Pflegestärkungsgesetze 23 Plan  44, 45, 147, 148, 186, 187 PLP  33, 86, 95, 107, 181, 186, 188, 190 Poka Yoke  92, 93 Poke Yoke  86 Poke-Yoke  34, 54

S

Schwarmintelligenz  33, 47, 182, 184 SMART  56, 142, 159, 170, 187 SnapChat  232, 236 Sozialwirtschaft  7, 9, 19, 20, 28, 96, 116, 178, 187, 245 Standardisierung  40, 104, 188 Subsidiarität  119, 120 SWOT-Analyse 57 T

Top-down  46, 86, 120, 146, 151, 182, 183, 184, 197, 198 Transparenz  55, 56, 95, 98, 123, 141, 142, 143, 146, 152, 175, 176, 177, 197, 205, 206, 207, 208, 209 Twitter 232

250 Register

U

Y

Überleitungsmanagement  25, 112 Unternehmenskultur  25, 42, 52, 53, 122, 123, 154, 162, 173 Unternehmensziele  25, 56, 71, 144, 147, 153, 157, 170 Ursache-Wirkung 33

Youtube 232

V

Verbesserungsprozess  25, 38, 39, 40, 50, 169, 172, 179 Verschwendung  6, 9, 33, 57, 87, 89, 92, 145, 190, 191 Vier-Farben-Modell 134 W

Werbefaktor 233 Wirtschaftlichkeitsprinzip 74 Wissenszirkulation  34, 46, 48

Z

Zeit  8, 9, 21, 28, 33, 40, 41, 45, 53, 54, 67, 75, 91, 95, 101, 104, 106, 107, 110, 148, 159, 171, 176, 177, 178, 181, 184, 186, 188, 189, 191, 193, 195 Ziele 40 Zukunftstechnologie 232